Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in = Zürich. Herausgegeben von Prof. Dr. HANS SCHINZ Direktor des Botanischen Gartens und Museums der Universität Zürich. Einundsechzigster Jahrgang. 1916. f Mit 1 Porträt und 12 Tafeln. Zürich, in Kommission bei Beer & Co, in Zürich 1916. Inhalt. Erster Teil: Abhandlungen. . Seite Emil Baur. ee Chemie der Muskelwirkung ; i 5 215 : gegeben als Separatabdruck am 5. April 1916. Leopold Bloch. is mblase und die vier an Wirbel bei Cobitis taenia L. (Hiezu Tafel V und VI) 136 a Ausgegeben als Separatabdruck am 10. Tara? 1916. W. Bobilioff-Preisser. Aus dem pflanzenphysiologischen Institut der Eidg. Techn. Hochschule. Die ee in den Haar- zellen von Gucurbitaceen \ 644 nn als Bere am 31. Dezenibär 1916. K. Bretscher. Die Einwanderung und Abreise der Zugvögel im schwei- zorsche Mittelland : ; 297 er eben als Benär er amı 20. dan 19 J. W. Fe Die Selbstr en der Gewässer und die iigiche Kenia städtischer Abw ; 277 Ausgegeben als ansehen: am 20. Junt 1916. A. Fliegner. Die Integrationskonstante der inneren Arbeit von Gasen 73 Ausgegeben als Separatabdruck am 30. November 1915. — Kinetische ee über die Lufthülle der Erde . ; 651 ; usge n als Separatabdruck am 31. Dezember 1916. Eduard Graeffe. En Biographie in meinem 80. me ge- schrieben, (Mit einer Porträitafel) 1 nn als Serge am 15. Juli u. Grubenmann un d L. Hezner. Zusammenstellung der ae über die von 1900-1915 im mineralogisch-petrographischen Institut der Eidg. Techn. Rn chemischen Gesteins- und ee : 149 gegeben als Separalabdruck am 31. März 1916. age Heim. ce Nachles Die ERWEITERN er Schweiz in ihrem Verhältnis zum geologischen Bau. (Hiezu Tafel I) 33 Ausgegeben als Separatabdruck am 30, Bra 1915. 25. Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). Von Albert und Arnold Heim. (Hiezu Tafeln IX—XIH) A ee Ausgegeben als Separatabdruck am 31. Oktober 1916. 3 Arnold Heim. Über. Abwicklung und Facieszusammenhang. in den ” : z Decken der nördlichen Schweizeralpen 474 % Ausgegeben als Separatabdruck am 15. it 1916. ; = Alphonse Jeannet. Une date de chronologie ee La station —_.. du See pres de Villeneuve . Au ‚als nahe BERE am 31. Dezember 1a. Alfred Kienast. Über eine Integralformel und die Eigenschaften der darin vorkommenden Funktionen . Ausgegeben als Separ bar am 31. Dezember 1916. Alexander Müller. Messungen der thermischen Ausdehnung von kristal- lisiertem Quarz und von Gold zwischen 18 und 540°. (Hiezu Tafeln II und II). usgegeben als euch am 11. Oktober 1915. Georg Pölya. Über das Anwachsen von ganzen Funktionen, die einer en _ er algebraische Gleichungen imit nur roallaii Wurz in usgegeben als Separatabdruck am 30. November 1916. Martin Rikli. Zur Kenntnis der arktischen Zwergstrauchheiden *. Ausgegeben ab Separatabdruck am 18. April 1916. Ferdinand Rudio und Carl Schröter. Notizen zur schweizerischen Kultur- geschichte 43. ‚Die ecke (Fortsetzung) 44. Nekrologe: Friedrich Prym. Richard Dedekind. Gr äffe, Adolf Weiler. Alfred Kleiner. Amalie Hallm ‘ Marie Heim- Vögtlin. Laura Hezner. Carl Keller-Escher. en Schulthess. Eduard Ortgies Ausgegeben sc re am 31. Deanber 1916. Th. Schaeppi. Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie Ausgegeben als Separatabdruck am 30. November 1916. Hans Schinz. Mitteilungen aus dem botanischen Museum der Uni- versität Zürich (LXXV). . Beiträge zur Kenntnis der Schweizerflora (XV]) . 1. Diagnosen neuer Formen ete., z. T. aus: Ernst Free - Massimo Longa, Flora von Borm 2. Weitere Beiträge zur Nomenklatur Pr Seele (vn. Von- Hans Schinz (Zürich) Re Albert Thellung Sun, . Beiträge zur Kenntnis der afrikanischen Flora (XXVII) . Alabastra diversa Ausgegeben ai Gepareikbrick: am 15. Oktober 1916. — Mitteilungen aus dem botanischen Museum der Universität Zürich (LXXV]D). I. Beiträge zur Kenntnis der afrikanischen Flora (XXVII) II. Alabastra diversa . Ausgegeben als RUFEN E am i5. Desslnber 1916. * | FB u | =. Otto ee gmäenrassen Py und Pygmäenfrage usgegeben als Be am 31. Mai 1916. Rudolf et Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. (len Tafeln VII und VIN) . i 5 A eben als kinshabdinit am 17. Juli 1916. ' Walther Staub. Über die Verbreitung einiger lebender und versteinerter Lamellibranchier und Gastropodenarten am Ausgange der Sang- _ kulirangbai en einem Aestuarium der tropischen Zone. (Hiezu Tafel IV) Ausgegeben ah Bessksishärnck ı am 31. Dosibe 1915. Hans Steiner. Aus dem ae Institut der eis Zürich. Das Problem der Diastataxie des Vogelflügels ee. als en am 31, a 1916. 5 Seite Arthur Tröndle. Über die diosmotischen Eigenschaften der Pflanzenzelle 465 Ausgegeben als Separatabdruck am 18. SepLnbEr zu8D. Michael Twerdochlebow. Aus dem zoologisch-vergleichend 4 Institut der Universität Zürich. een und Histologie des ner Eee der Aphroditiden a R 04 n als Separnlabantik ı am 5. April Bi H. Weyl. Über "ie hei einer nn a Fläche Aue durch ihr Linienelem Ausgegeben u Re 10 am 30. ER 1915. Er Zweiter Teil: FE. | Sitzungsberichte. = Eduard Rübel. Sitzungsberichte von 1916 i e r e I Er: Darin sind folgende Autoreferate enthalten: ER. H. Brockmann-Jerosch. Die Anschauungen über Pflanzenaus- F: breitung « .KXXVU x Werner Fehlan Die Selstreinigung er Wei ad die biologische Reinigung städtischer Abwässer VIH K. Henschen. Die freie en De laning von 1 Geweben Fe Organteilen und Organen. Mit Röntgenlichtbildern ‘ XXV Ze Jakob Hug. Die letzte Eiszeit in der Umgebung von Zürich . XXXV i Adolf Oswald. Die innere Sekretion und ihre Bedeutung in « der Biologie und Medizin. Mit Lichtbildern XLH August Piccard. Die Stabilität der Flugmaschinen. Mit Ex- ; perimenten IV H. C. SckeHläube: erg. Die Vererinngercchälniske von Bassch mit gestreiften Blüten und Früchten XXIX Otto Schlaginhaufen. a, ind Premkentrage. Mit Lichtbildern ; a ‘ . vı Georg Wiegner. Kollditcheniis we Bodenkunde i : ; XL sowie: E. Rübel. Die Lägernexkursion. (Geologisches, Geographisches, Botanisches, Geschich echte der Freiherren von Regensberg und E. Rübel. Die Exkursion zur Besichti; der er reinigung durch Stadt und daiwert von Zürich und deren Wirkung auf Flora und Fauna der Limmat . M. Baumann-Naef. Bericht des Quästors über die Hackl der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich für das Jahr 1916 XI E. Rübel. Bericht des Sekretärs über die wissenschaftliche Tätig- keit und den Bestand der eigener Gesellschaft in - r Zürich 1915/16 . R ; : XV = Hatıs Bchins.:; Bihlioihekbericht :. - zu Vertrag mit der Stadt Zürich über den städtischen Beüreg ae AK Statuten ne Naturforschenden Gesellschaft in Zürich vom ar 8. Mai i ee Verzeichnis Fr a Bar N RER EIERN Gesellschaft i in Zürich auf den 31. Dezember 1916 . i ; * - — Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft 1n || & Zürich. „nn Herausgegeben \ von Prof. Dr. Hans Schinz ur Direktor des Botanischen Gartens und Museums der Universität Zürich. -. Mt DELETE TEEN F} Ausgegeben am 31. Mai 1916.' Zörich, 2 # ss in Kommission bei Beer & Co. wie we Inhalt. ae ‚Gractte Meine Biographie in meinem 80. Kenn ge- hrieben. (Mit einer Portraiitafel.) . v Ausgegeben als Separatabdruck am 1. Juli 1915. H. Weyl. Über die Bestimmung einer ie enternge konvexen Fläche durch ihr Linienelement. Ausgegeben als Bahirte am 30. Koksber 1915. Die Integrationskonstante der inneren Arbeit von Gasen Ausgegeben als Separatabdruck am 30. November 1915. Albert rs Geologische Nachlese, 4. Schwereabweichungen der Schweiz in ihrem Verhältnis zum geologischen Bau. (Hiezu Tafel I.) Ausgegeben als Separatabdruck am 30. Worsnber 1915. Kese Müller. Messungen der thermischen Ausdehnung von kristal- lisiertem Quarz und von Gold zwischen 18 und 540°, (Hiezu Tafel a Er il). sgegeben als Säparatähdrick am 11. Oktober 1915. an Fr She die Verbreitung einiger lebender und versteinerter Lamellibranchier und Gastropodenarten am Ausgange der Sang- kulirangbai (Ost orneo), einem Aestuarium der tropischen Zone. (Hiezü Tafel I ur usgege che al RATE am 31. Doseiber 1915. Leopold Bloch. Schwimmblase und die vier vordersten Wirbel bei Cobitis taenia L. (Hiezu Tafel V und VI.) ee 9“ ne, am 10. Java 1916. U. Grubenmann u er mmenstellung der Resultate über die von ae im enineraigiseh Belisreähichen Institut der Eidg. Tech an N chemischen Gesteins- und Mineralanalysen. . Ausgegeben = ‚Separatabiruck am at. März 106. Michael Twerdochlebow. A m zoolog Institut der Univeraiint Zürich. Topogr En und: Histologie des are der Aphroditiden. . gegeben als Separatabdruck am 5, April 1916. Piyektche Chemie der Muskelwirkung. Ausgegeben als Separa ratabdruck am 5. April 1916. Martin Rikli. Zur Kenntnis der arktischen Zwergstrauchheiden. ee 2 un am 18. April 1916. Otto Schlaginhaufen rassen u EREANENDe o p x am 31. Mai A. Fliegner. Emil Baur. 1916. 93 10 \ „ 4 NN FFF * 4 Dr. EpuArD Grar Meine Biographie in meinem 80. Lebensjahre geschrieben von . Dr. EpUARD GRAEFFE, Inspektor der k. k. zoologischen Station in Triest i. Tr. (Als Manuskript eingegangen am 27. April 1915.) Im Jahre 1833 am 27. Dezember in Zürich im Hause zum „Finken“ r (vis-} -a-vis der Wasserkirche) geboren, verlief auch meine erste Jugend- zeit in dieser Stadt. Von meinen Geschwistern war ich das zweit- Jüngste. Mein Vater, in Braunschweig geboren, war Schüler von Gauss in Göttingen und wurde als Professor der Mathematik und Mechanik nach Zürich berufen und erhielt das Ehrenbürgerrecht von Wipkingen in der Stadt Zürich. Meine Mutter, eine geborene - Sulzer, war eine hochgebildete Frau, die meinen Vater durch Stunden- geben in der englischen und französischen Sprache im Haushalt unter- stützte.‘ Von meiner Mutter habe ich die erste Anregung zu den = Naturwissenschaften erhalten, da sie mit Enthusiasmus von den grossen Gelehrten, wie Buffon, Linne, Daubenton etc. mir erzählte und mir Bilderbogen mit verschiedenen Tieren kaufte, die ich dann ausschnitt und in ein Buch klebte. — Mit dem sechsten Jahre besuchte ich die Elementarschule, die damals in den alten Klosterräumen der Frau- münsterabtei untergebracht war. Dort lernte ich einen Lehrer, namens Hess, einen Sammler von Lepidopteren, kennen. Derselbe hielt auch in seinem Haushof eine kleine Menagerie von Vögeln und Säugetieren. Seine Lieblingsschüler, worunter auch ich zählte, nahm ‘er öfters in sein Haus und zeigte und erklärte seine Lepidopteren- sammlung, auch mussten wir die Victualien für seine kleine Menagerie kaufen, und auch verfüttern. Ein anderer anregender Lehrer war in dieser Schule, der sich nicht auf den gewöhnlichen Schulunterricht "beschränkte, ‘sondern in fesselndem, freiem Vortrage uns in die Geographie fremder Länder einführte. — Später kam ich ins Gym- 'nasium, deren erste Klassen ich noch ziemlich gut absolvierte; aber Sr .-—. Klassen ging es mir immer schlechter, denn ich hatte den alten Sprachen absolut kein Talent. So kam ich denn an Meran & Bart, 0 ich. A 1916. 9 9 Eduard Graeffe. die Realschule, an der auch mein Vater Mathematik und Mechanik vortrug. Für die Naturwissenschaften hatte ich anfangs einen sehr eifrigen Professor, namens Volger, der aber bald Zürich verliess. Es trat ein Prof. Menzel an seine Stelle, der ausserordentlich anregend und lehrreich war. Da ich keine Matura am Gymnasium ablegen konnte, kam ich als Maturant der Realschule an die Hochschule. Dort studierte ich Medizin und Naturwissenschaften. Daselbst hatte ich das Glück, für letztere ausgezeichnete, vortreffliche Pro- fessoren zu haben, wie Prof. Heer, Escher von der Linth, Mousson und noch andere, deren Namen mir entfallen sind. Bei Prof. Heer hörte ich Botanik und Phytopalaeontologie. Seine botanischen Ex- kursionen mit seinen Schülern sind mir durch die Fülle interessanter Mitteilungen und liebenswürdiger Gesellschaft unvergesslich. Ebenso waren Vorträge und Ausflüge für Geologie von Prof. Escher von der Linth äusserst lehrreich und anziehend. Speziell für Zoologie hat mich Prof. Frey sehr angezogen, da er einen schönen Vortrag hatte; ausserdem war ich in ein freundschaftliches Verhältnis zu ihm ge- treten, da ich ihn in seinen lepidopterologischen Studien unterstützte. In meinen medizinischen Studien hatte ich namentlich an Prof. Lebert einen tüchtigen Kliniker, und da er auch in seinen freien Stunden sich mit naturhistorischen Studien abgab, fand eine Annäherung zwischen uns statt. Da Prof. Lebert damals an seinem grossen Werke über pathologische Anatomie schrieb, stellte er mich an, für ihn aus verschiedenen pathologischen, französischen Werken Ueber- setzungen zu machen. Prof. Lebert ermunterte mich zu meinen medizinischen Studien, indem er meinte, dass ein Arzt auf Reisen in überseeischen Ländern das beste Fortkommen finde. An Prof. Ludwig hatte ich für menschliche Anatomie und Physiologie einen vortref- | lichen Lehrer, ebenso an Prof. Meyer für pathologische Anatomie. An den phytopalaeontologischen Forschungen meines vortreff- lichen Prof. Heer nahm ich lebhaften Anteil, nahm auch für ihn eine kleine Reise über die Schweizergrenze nach Schrotzburg vor, wo ich eine grosse Sammlung fossiler Pflanzen zusammenbrachte. Es waren diese Pflanzenreste der heloischen Stufe sehr gut erhalten und gar viele mit Blüten und Früchten versehen. Auf der Rückreise von Schrotzburg passierte mir eine lächerliche Episode, indem die Zoll- beamten an der Grenze, in Stein, meinen Wagen mit den Versteine- rungen nicht durchpassieren lassen wollten und ich musste Zoll für Kalksteine zahlen, trotz meiner Einwendung, dass diese Versteine- rungen wissenschaftlichen und nicht industriellen Zwecken dienten. Während meiner Studienzeit gründete ich ein naturwissenschaft- liches Kränzchen mit gleichgesinnten Kollegen, wie Gustav Schoch, Meine Biographie. 3 Reiser und anderen, wo bei jeder Sitzung naturhistorische, namentlich zoologische Themata, vorgetragen und besprochen wurden. Ebenso kam ich mit Herrn Frey-Gessner, Meyer-Dürr und anderen Ento- .mologen bei einem Besuche der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft in Bern in einem Wäldchen zusammen und wir gründeten eine schweizerische entomologische Gesellschaft, die noch heute besteht, und viele Abhandlungen herausgegeben hat. ährend meiner Studienzeit im Jahre 1859 trat ein Ereignis ein, das meinem Leben eine wichtige Wendung gab. Es kam näm- lich aus Hamburg nach Zürich ein angesehener Industrieller, Herr Dr. H. A. Meyer, der auf einer Erholungsreise war. Da derselbe seine Mussezeit nicht unnütz verstreichen lassen wollte, hatte er Aquarien mitgebracht, um dieselben mit Süsswassertieren zur Be- obachtung zu versehen. Prof. Menzel, an den er sich mit der Bitte wandte, ihm einen jungen Mann vorzustellen, der ihm Süsswasser- tiere verschaffen könnte, schlug mich vor. Auf diese Weise kam ich in nähere Bekanntschaft mit diesem liebenswürdigen, intelligenten Manne. Der Herr Dr. H. A. Meyer wollte sich ferner mit Natur- wissenschaften ernstlich befassen, doch war er noch unschlüssig, ob er Botanik oder Zoologie wählen sollte. Nach einiger Zeit reiste Herr Dr. H. A. Meyer mit seiner Gemahlin nach Weggis am Vier- waldstättersee, wo er den Winterrest verbringen wollte. Gegen das Frühjahr schrieb mir Herr Dr. H. A. Meyer, dass er sich entschlossen habe, Zoologie zu studieren und lud mich ein, mit ihm nach Nizza zu reisen und ihm dort Unterricht in der Zoologie zu geben. Mit Freuden kam ich der Aufforderung nach, nahm Abschied von meiner Familie und reiste mit Herrn Dr. H. A. Meyer, seiner Gemahlin und einer Schwägerin nebst Dienerschaft, über den ‘Gotthard nach Genua. In Genua trennte sich die Gesellschaft, da Herr Dr. H. A. Meyer mit seiner Gemahlin, die nicht seefest war, mit der Bahn nach Nizza fuhr, während ich per Dampfer mit der Schwägerin nach Nizza reiste. Auf dieser Dampferfahrt hatte ich stürmisches Wetter, so dass ich meine erste Bekanntschaft mit der Seekrankheit machte, während die seefeste Schwägerin sich über mein elendes Aussehen lustig machte. In Nizza angekommen, mietete Herr Dr. H. A. Meyer eine Villa von einem katholischen Pfarrer. Dieselbe lag auf einer Anhöhe über Villafranca. Ein Zimmer im Erdgeschoss wurde ganz für unsere zoologischen Studien eingerichtet. Ein Fischer aus Villafranca, ein gewisser Martin, wurde in Dienst genommen, um uns mit seinem Boote jeden Tag, bei günstigem Wetter, morgens in die Bucht von Villafranca hinauszufahren, wobei wir Gelegenheit hatten, die reiche pelagische Seetierwelt zu fangen 4 . Eduard Graeffe. und in Gläsern nach der Villa zu schaffen. Dort wurden die Seetiere zergliedert, abgezeichnet und zum Teil konserviert. Abends und bei ungünstiger Witterung gab ich meine zoologischen Lektionen. Auf diese Weise verfloss der Sommer rasch, als im Herbst Herr Dr. H. A. Meyer, wegen einer in Hamburg ausgebrochenen Handelskrise, nach Hamburg reisen musste. So blieb ich denn mit der Schwägerin, Amalie mit Namen, und einem Teil der Dienerschaft in der Villa zurück. In dieser Zeit lernte ich einen jungen Gelehrten, C. Claus, Assistent des Prof. Leuckardt in Göttingen, kennen, der in Nizza Seetierstudien betrieb. Derselbe kam öfters nach Villafranca in unsere Villa und mikroskopierten und zeichneten wir zusammen Siphonophoren, auch machten wir zusammen mit der Schwägerin Meyers Ausflüge in die schönen Umgebungen der Riviera, nach Monaco etc. | | | Im Februar kehrte Herr Dr. H. A. Meyer nach Nizza zurück und arbeiteten wir noch ..eine Zeitlang zusammen.: Im März verreiste Hr. Dr. H. A. Meyer mit seiner Gemahlin und Schwägerin nach Neapel und ich kehrte, nach herzlichem 'Abschiede, reichbelohnt nach Zürich zurück, wo ich die in Nizza gemachten Seestudien bearbeitete und unter dem Titel: „Beobachtungen über Radiaten und Würmer in Nizza“ im XVII. Bande der Denkschriften der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft Zürich 1858 publizierte. Diese erste grössere zoologische Arbeit widmete ich meinem verehrten Gönner Herrn Dr. H. A. Meyer und sandte ihm ein Exemplar, was ihn sehr erfreute. Im Jahre 1859, den 15. März, wurde ich auf diese Arbeit hin zum Doktor der Universität Zürich ernannt. Im Jahre 1859 ging ich mit einem Stipendium des zürcherischen Kantons nach Paris, an den Jardin des plantes, Studien zu betreiben. Von dem Direktor Geoffroy de St. Hilaire freundlichst empfangen, hatte ich Gelegenheit, ausser den freien Vorlesungen am Jardin des plantes, Milne Edwards und andere Gelehrte zu hören, sowie die reiche Sammlung indisch-pacifischer Fische genau zu studieren und Notizen zu machen. Dies dauerte aber nicht lange, denn bald erkrankte ich am Typhus, den die aus Italien zurückkehrenden Armeen nach Paris gebracht hatten. Durch meine lieben Schweizer Kollegen wurde ich, schwer leidend, in ein Privatspital gebracht, das ich erst nach zwei Monaten verlassen konnte. Da ich körperlich sehr heruntergekommen war, fasste ich den Entschluss, zur Erholung nach dem Süden Frank- reichs, nach dem Universitätsstädtehen Montpellier, zu fahren. In Montpellier fand ich gute Aufnahme beim Prof. Gervais, der Zoologie i- vortrug. Ein Theekränzchen vereinigte in seiner Wohnung die Zoologie- Studierenden, ausserdem machte ich mit dem jovialen Professor Meine Biographie. 5 Ausflüge in die Umgegend, Fischbrut in die dortigen Gebirgsbäche einsetzend. In Montpellier verlobte ich mich mit der Tochter eines Offiziers, und da sie keine deutschen Sprachkenntnisse hatte, brachte ich sie in ein Lehrinstitut unter. Dann verliess ich Montpellier und kehrte nach Zürich zurück und reiste nach München, um bei Prof. von Siebold meine zoologischen Studien fortzusetzen. Prof. von Siebold arbeitete damals an seinem Werke über die Süsswasserfische Deutsch- lands, zu welchen Arbeiten ich einiges beitrug und überdies eine gründliche Kenntnis der Süsswasserfische erhielt. Die schöne Bibliothek Münchens besuchte ich öfters, um die Literatur durchzusehen. Dort traf ich eines Tages Herrn Dr. H. A. Meyer, der gerne weitere zoologische Studien mit mir treiben wollte. Da ihm aber das staubige, windige Klima Münchens nicht gefiel, lud er mich ein, nach Beendigung meiner Studien bei Prof. von Siebold, nach Hamburg zu kommen. Im Herbst 1859 reiste ich nach Hamburg, wo ich in dem Palaste Meyers in Uhlenhorst, am Alsterbassin, Wohnung und Verpflegung bekam. Neben dem Vortrage zoologischer Schriften hatten wir den Plan gefasst, die Fauna der Kieler Bucht zu bearbeiten. Es wurde mit der Bearbeitung der Nudibranchiaten (Mollusken) begonnen, zu welchem Zwecke ich oft nach Kiel, an die Ostsee reiste, um das nötige Material herbeizuschaffen. Die Nachtschnecken wurden in Aquarien gesetzt und von einem tüchtigen Künstler, in vortrefflich ausgeführten Aquarellen, nach dem Leben, abgebildet und dazu die Beschreibung jeder Art abgefasst. Nach Helgoland wurden ebenfalls Touren unternommen zur Einsammlung von. Nudibranchiaten (Mollusken), und zugleich ein Apparat, die Erfindung Meyers, kleine Seetiere aus dem Meeresgrunde heraufzuziehen, erprobt. In dieser Zeit frug ein angesehener Rheder Hamburgs, J. C. Godef- froy, den Kustos des naturhistorischen Museums, des Johanneums, ob er einen jungen Gelehrten wüsste, der Lust hätte, für ihn nach seiner Faktorei in Apia, den Samoa-Inseln, zu gehen. Da mich die Idee, überseeische Länder kennen zu lernen, ungemein anzog, besuchte ich Herrn J. C. Godeffroy im Wandrahm und erklärte mir derselbe, dass er den Wunsch hegte, die Naturprodukte der Samoa-Inseln näher kennen zu lernen und dachte, auch die Perlfischerei mit Netzen dort betreiben zu können, was letzteres freilich später sich als un- ausführbar ergab. Daraufhin erklärte ich mich bereit, seine Pläne auszuführen und wurde mir ein Kontrakt zur Zeichnung unterbreitet. Es begann nun die Ausrüstung für diese Samoa-Expedition, die sehr 3 'kostbar ausfiel. Grosse, mit Zink ausgekleidete Kisten, vortrefflich - für die Tropen hergerichtet, bargen naturhistorische Bücher, Gläser, allerlei Instrumente, Fliesspapier, Kleidungsstücke, Munition für die 6 Eduard Graeffe, Jagd ete. Kurz gesagt, es wurde alles vorbedacht, auch Netze aller Art und Taue hiezu, Weingeist in verlöteten Kannen, der Ausrüstung beigegeben. Herr Dr. H. A. Meyer entliess mich auf liberalste Weise aus seinem Dienste und war es für mich eine Erleichterung, dass Herr Prof. Möbius in Kiel sich anerboten hatte, die angefangene Arbeit über die Fauna der Kieler Bucht weiter zu fördern. Um mich mit dem Jagdgewehr einüben zu können, wurde ich von Godeffroys Jäger auf die Rebhuhnjagd mitgenommen, und im Abbalgen nahm ich Unterricht bei dem Kustos des Museums. Herr J. C. Godeffroy war die ganze Zeit, die ich noch vor meiner Abreise nach Samoa in Hamburg zubrachte, sehr freundlich und mitteilsam mit mir und gab mir auch die Versicherung, dass meine Braut mir nach Apia nachgeschickt werden sollte, sowie ich Nachricht gegeben hätte, das ich das Tropenklima gut vertragen könnte. Endlich kam die Zeit, wo die Barke „Sophie“, Kapitän Decker, bereit lag, den Hafen von Hamburg zu verlassen und stachen wir den 15. Oktober 1861 in See. Da solche lange Fahrten, wie die von Hamburg nach Australien (und später den Schifferinseln) mit Segelschiffen heutzutage nicht mehr vorkommen, und so manches Interessante darbieten, gebe hier die Beschreibung der Fahrt aus meinem an Bord der „Sophie“ geführten Tagebuche: Mittwoch den 2. Oktober 1861. Heute früh begab ich mich mit ‘verschiedenen Paketen bepackt an Bord der „Sophie“. Ein schöner Herbsttag mit warmem Sonnenschein verkündigte eine gute Abfahrt und machte den Abschied von Hamburg weniger schwer- mütig. Nach dreistündigem Aufenthalte im Hafen, verliessen wir denselben, von einem Schleppdampfer bugsiert. Schnell glitten noch einmal die schönen Ufer rechts von der Elbe, mit seinen Villen und Parkanlagen an uns vorüber. Der Herbst hatte noch wenig das grüne Laub der Bäume entfärbt und stattlich blickte der schöne Park von Doggenhuden, wo ich bei Herrn Godeffroy und seiner Familie so manche angenehme Stunde verlebt, von der Höhe herab. Bald langten wir in Glückstadt an, wo bei der eintretenden Ebbe Anker geworfen wurde und der Schleppdampfer uns verliess. Die Nacht über blieben wir vor Anker liegen und suchte ich zum ersten Male meine Kabine an Bord der „Sophie“ auf. Donnerstag den 3. Oktober. Der monotone Gesang der Matrosen, die den Anker aufzogen, weckte mich des Morgens 8 Uhr und nun ging es weiter die Elbe hinauf, aber diesmal langsamer mit den Segeln. Der Wind ging westlich, daher musste fortwährend gekreuzt werden, so gelangten wir langsam nach Otternburg, wo abermals Anker geworfen und die Nacht liegen geblieben wurde. Den Tag Meine Biographie. 7 über beschäftigte ich mich mit dem Verstauen meiner Effekten und Briefeschreiben. Machte auch nähere Bekanntschaft mit den Mit- passagieren, einem Herrn Lau, der schon zweimal in Australien ge- wesen war, und einem jungen Bremer, namens Hennings. Ausserdem waren noch Auswanderer nach Australien im Zwischendeck. Freitag den 4. Oktober. Heute ging es wieder früh unter Segel. Das Land entschwindet immer mehr den Blicken. Cuxhafen wird passiert, wehende Flaggen entsenden dem I. Steuermann, der dort gebürtig ist, die letzten Grüsse. Die schwarze Tonne erscheint und einige Landvögel umschwärmen unser Schiff. Der Lotse nimmt Abschied in seiner Galiote, die Briefe in die Heimat mit sich nehmend, und hinaus geht es in die wogende Nordsee. Am Abend sah ich Meerleuchten im Kielstrudel. Einzelne Punkte leuchten heller auf, ohne Zweifel kleine Quallen. Von ferne glänzte das Leuchtfeuer von Helgoland in den schönen Sternenhimmel hinaus. Samstag den 5. Oktober. Schönes, klares Wetter und kein Land zu sehen. Eine Drossel, „Turdus musicus“‘, hat sich auf unser Schiff niedergelassen. Die Seekrankheit bei den Passagieren arg im Gange. Mich hat sie noch ziemlich verschont, eine leichte Unbe- haglichkeit abgerechnet. Sonntag den 6. Oktober. Neblichtes, kaltes Wetter mit etwas Regen. Einige Quallen schwimmen am Schiff vorbei, daher warf das pelagische Seidennetz aus und fing eine Art T’haumantias und eine Oceania mit roten Fangarmen, sowie eine Cydippe pileus. Drei Buchfinken kamen an Bord, sowie ein Lanius (Würger), den ich in der Kajüte fing und tötete, um ihn abzubalgen. Hoch in der Luft wurden Gänse und Möven fliegend gesehen. Montag den 7. Oktober. Dichter Nebel ringsum, aber doch Sonnenschein. Das Schiff befindet sich zwischen Dover und Calais, wir können aber die Küste nicht sehen. Anfangs schwache Brise, gegen Nacht aber guter Wind. Wir sehen schon die beiden Leucht- ‘feuer von Calais und das rote Licht des Feuerschiffes auf der Sand- bank von Varne. Des Tags über einige schöne O’hrysaora gefangen. Diese Quallen zeigen sich eigentümlich vernarbt, indem die Scheibe tiefe Einschnürungen zeigt. Eine Zahnoperation am Schiffskoch vollzogen. ; Dienstag den 8. Oktober. Prachtvolles Wetter, ruhige See. Man sieht noch ein Stück der weissen, englischen Küste. Viele Segelschiffe und einige Dampfboote in Sicht. Nachmittags bewölkter Himmel und in der Ferne ein Gewitter. In der Nacht Regen und hoher Seegang. Ein Segelschiff kommt beim Kreuzen sehr nahe an unsere „Sophie‘. Die Buchfinken sind trotz der sichtbaren Küste 8 Eduard Graeffe, immer noch an Bord. Wir passieren die Insel Wight und sehen am Morgen folgenden Tages diese Insel in Form einer hohen, steilen Küste emporragen. Mittwoch den 9. Oktober. Ziemlich hochgehende See, aber schönes Wetter. Keine Küste, aber viel treibendes Tang zu sehen. Abends legt sich der Wind. Donnerstag den 10. Oktober. Hochgehende See, günstige Brise bei schönem Wetter. Eine Menge Möven fliegen an einer ziemlich umschriebenen Stelle auf der See umher. Wir segeln 7 bis 8 Meilen in der Stunde und befinden uns zwischen Cap Lizzard und der fran- zösischen Küste. Die Buchfinken sehr matt des kalten Windes wegen. Freitag den 11., Samstag den 12. und Sonntag den 13. Oktober war sehr stürmisches Wetter, die Wellen gingen sehr hoch und das Schaukeln des Schiffes war sehr stark.. Durch diesen Weststurm wurden wir stark in den Kanal zurückgetrieben. Litt an Seekrankheit. Montag den 14. Oktober. Heute wieder mehr ruhiges Wetter, die Wogen legten sich und am Abend spielten Delphine um das Schiff. Dienstag den 15. Oktober. Ziemlich neblichtes Wetter,. aber günstige Brise bei rollender See. Wir begegnen einem holländischen Segelschiff, das mit Flaggensignalen begrüsst wird. Nachts ist das Meerleuchten wieder zu sehen. Um die „Sophie“ ist nichts zu sehen als wogende See und der Himmel. Mittwoch den 16. Oktober. Wir befinden uns dem biscayischen Meerbusen gegenüber. Donnerstag den 17. Oktober. Schönes Wetter und steife Brise. Es kam ein Vogel, eine Anthus-Art an Bord, der sich mit den Händen fangen liess. Um die Fortschritte, welche das Schiff machte, zu kennen, schrieb ich jeden Tag die vom Kapitän und Steuer- mann astronomisch berechnete Position des Schiffes in Breiten- und Längengraden in mein Tagebuch ein und konnte so die ganze Reise auf der Karte einzeichnen. Wir befanden uns auf 42° 2° nördl. Breite und 15° 41° westl. Länge. Freitag den 18. und Samstag den 19. Oktober. Stürmisches Wetter die beiden Tage hindurch. Sonntag den 20. Oktober. Schönes, warmes Wetter, schwache Brise. Es wurde daher das pelagische Netz ausgeworfen. Fing eine Anzahl Seetiere: Salpa mucronata-demoecratica Forsk, die Colonien- form, 4—5 Stück kleine Exemplare von Firola coronata Forsk, ferner 6 Exemplare von Janthina bicolor Menk mit zahlreichen Eiertrauben an der schaumigen Schwimmiasse. Eine Glocke von. Hippodius lutea. Eine Cyclopide und zahlreiche wurstförmige Massen der Meerqualstern, Oollozoum-Arten nebst Thallassicola Ben Meine Biographie. 9 pelagica Haeckel. Wir befanden uns auf 41° 18’ nördl. Breite und 18° 25° westl. Länge. Montag den 21. Oktober. Steife Brise. Die Janthinen sind in einem Glase mit Seewasser noch lebend und haben sich die Eier weiter entwickelt. Wir befinden uns auf 39° 16° nördl. Breite und 14° 17° westl. Länge. Dienstag den 22, Oktober. Die See ist noch immer bewegt und das Schiff macht 7 Meilen die Stunde. Trotzdem warf (trotz Ein- sprache des Kapitäns, der eine Verzögerung der Fahrt befürchtete) mein pelagisches Netz hinter dem Schiffe aus und erhielt eine Menge Janthinen, eine metallisch glänzende /dotea-Art, eine blaue Pontia und einen kleinen Harpactiden, dann Ürescis subulata Ranz und Schwimmglocken von Stephanomia und Adyla. Wir befanden uns auf 37° 54° nördl. Breite und 17° 24° westl. Länge. Mittwoch den 23. Oktober. Beobachtete und zeichnete heute die lebhaft herumschwimmenden Larven der Janthina, die eine nautilus- artige Schale haben. Untersuchte die Zunge der erwachsenen blauen Janthina, die aus einer Reihe griffelförmiger spitzer Hacken auf einer chitinösen Platte stehen. Daneben war auch im Munde eine knorpelige Platte zu sehen. Den ganzen Tag wehte eine steife Brise, daher nichts zu fangen war, das Netz wäre sonst zerrissen. Sind auf 37° 6° nördl. Breite und 18° 14‘ westl. Länge. Donnerstag den 24. Oktober. Das gleiche Wetter wie gestern. Begegnen mehrere Segelschiffe. Sind auf 36° 13° nördl. Breite und 19° 17° westl. Länge. Freitag den 25. Oktober. Der Ostpassat und wärmere Luft machen sich bemerklich. Passieren in der Ferne Madeira, doch ist wegen Bewölkung nichts davon zu sehen. Sind auf 35° 4° nördl. Breite und 16° 36° westl. Länge. Samstag den 26. Oktober. Der Passatwind ist der Weiter- beförderung des Schiffes sehr günstig, wir machen nach dem Log 11 Meilen die Stunde. Passieren die kanarischen Inseln, ohne sie zu erblicken. Determinierte meine letzten Funde und fand, dass die silberglänzende /dotea der I. pelagica am nächsten steht, doch war auf dem zweiten Abdominalsegmente kein Kiel, wie bei 7. pelagica. Den kleinen, blauen Oyclops bestimmte als Pontia atlantica. Mobre Ed. Sonntag den 27. Oktober. Schönes Wetter, wenig Wind. Eine Menge Seetiere im pelagischen Netze gefangen. Zum ersten Male einzelne Exemplare von Salpa pinnata Forsk, eine kleine Geryonia _ (Rüsselqualle) mit rosenroten Fangfäden, dann Hetero- und Ptero- n als Oriseis subulata Ranz, eine Hyalea-Art, 3 Arten Ouvieria 10 Eduard Graeffe. und 2 Arten Atlanta. Verschiedene kleine Kruster, die zum Teil in der Salpa pinnata schmarotzten, eine kleine rote Cyclopide, die der Gattung Pontia verwandt ist. Eine Adbyla, wahrscheinlich A. hexagona kam häufig ins Netz. — Abends traten die Piero- poden und Heteropoden häufiger auf. Als es bereits Nacht war, fing ich 4 kleine pelagische Fische, 3 von einer Art und einen Scopelus. Prachtvoller Sonnenuntergang mit purpurner Färbung des Meeres. Gegen Morgen ein Gewitter mit Donner und Blitz und heftigem Regen. Wir sind auf 27° nördl. Breite. Montag den 28. Oktober. Morgens regnerisch und windstill, daher guter Fang mit dem Netze. Salpa pinnata Forsk. Ammen mit Jungen und Kettentiere S—10 im Kreise gestellt. Die schöne Molluske Glaucus atlanticus (hexapterygieus Car) mit silberner Beschuppung ging in 2 Exemplaren ins Netz. Mehrere Exemplare der stets auf hoher See lebenden Ruderwanzen, Halobates, zwei Schalen von Spirula Peronii erbeutete, das eine Gehäuse war von einem Kruster besetzt, die andere trug noch einige Hautfetzen des Cephalopoden. Wir befanden uns auf 27° nördl. Breite. Dienstag den 29. Oktober. Gute Brise, klares Wetter. Kamen auf 25° nördl. Breite und 26° 17‘ westl. Länge. Mittwoch den 30. Oktober. Wind flau, daher guter Fang mit dem pelagischen Netze. Viele der schon erwähnten Pieropoden und Heteropoden. Eine Anzahl interessanter Orustaceen-Larven. Es fiel mir wieder auf, dass mit Sonnenuntergang die pelagischen Tiere in grösserer Menge aus der Tiefe auftauchten. Eine kleine blaue Pontia und eine Mysis-Art mit rotem Kopfe und Thorax leuchtete lebhaft, ebenso die Pontia. Eine Art Sagitta, diese kristallhelle, schöne Wurmform zeigte sich auch erst Abends spät. Eine Art der Phronomiden fiel mir durch ihre grosse Durchsichtigkeit auf, so dass man sie kaum, im Wasser schwimmend, entdeckte. Pelagische Ruderwanzen (Halobates) und kleine ZLoligo-artige pelagische Cepha- lopoden fanden sich ebenfalls. Nachts heftiges Gewitter. Sind auf 28° 21‘ nördl. Breite und 26° 9° westl. Länge. i Donnerstag den 31. Oktober. Das Schiff stampft stark, weil hoher Seegang ist, obgleich das Wetter schön ist. Sind auf 23° 24° nördl. Breite und 25° 30° westl. Länge. Freitag den 1. November. Die See hat sich wiederum gelegt. Schöner, blauer Himmel und schnelle Fahrt bis Abends, wo die Brise abflaut und ich mein Netz auswerfen konnte. Es trat hier zum ersten Male eine „Phyllosoma“, Larvenform von der Languste, auf, dann fing eine gemshornförmig gebogene Criseis, sowie kleine Firola- ren rn BE 2 aa een Bl ee te eine a Meine Biographie. 11 Arten, nebst kleinen Exemplaren von Porpita und Velella. 25° 38° nördl. Breite und 25° 47‘ westl. Länge. Samstag den 2. November. Heute fast gänzliche Windstille, das Schiff rückt nur unmerklich weiter. Tropische Hitze 20° R. Der Fang pelagischer Seetiere nicht sehr erheblich. Herr Lau, mein Mitpassagier, fing ein schönes Exemplar von Glaucus atlanticus, jener pelagischen Nachtschnecke mit seiner schön himmelblauen Färbung, gehoben durch Silberglanz. So lange es lebte, senkte es sich nicht auf den Boden des Glasgefässes, auch sieht man den Glaucus stets nur an der Oberfläche der See. Es zeigten sich heute Fische, um das Schiff schwimmend, von denen es mir gelang, zwei an der Angel mit Speck zu fangen. Es war eine Balistes-Art, viel- leicht Balistes capriscus L. Einer der Fische hatte eine himmel- blaue Echeneis-Art auf dem Kopfe. Den Balistes betitelten die Matrosen mit dem Namen „Altes Weib“. Der Dalistes war braun mit blauen Flecken an der Leibeswandung und schräggestellten blauen Streifen am Bauche. Gegen Mittag erblickte einen Tigerhai von zirka 6 Fuss Länge. Befanden uns auf 21° 14° nördl. Breite und 25° westl. Länge. Sonntag den 3. November. Schöner, blauer Himmel mit Sonnen- schein und günstiger Passatwind. Die Abende sind jetzt wundervoll klar und es ist ein Genuss, auf dem Verdeck das Erscheinen der Sterne am Himmelszelt zu beobachten. Niemals sah ich früher die Venus und den Hesperus so hell leuchten und einen Schimmer über die Wasserfläche werfen. Heute zum ersten Male fliegende Fische gesehen. Diese silberglänzenden Fische fliegen meist in kleinen Schwärmen vom Wasser auf und senken sich mit Geräusch wieder ins Wasser. Sie fliegen stets dem Winde entgegen. Sind auf 19° 5% nördl. Breite und 25° 47’ westl. Länge. Montag den 4. November. Leichte Brise bei schönem Wetter. Überall sieht man fliegende Fische sich aus den Fluten erheben. Eine Diomedes flog ums Schiff. Einige kleine zu den Hyperiden ge- hörige Krebstiere mit sternförmigen Pigmentflecken (Typhis?) und eine Phyllosoma waren die einzigen Fänge mit dem pelagischen Netz. Bei der Untersuchung der Phyllosomen, von denen schon ein Dutzend habe, ist es mir aufgefallen, dass in diesen wenigen durch- schifften Breitegraden wenigstens 3 Arten sich vorfanden, während doch der atlantische Ozean, meiner Kenntnis nach, nicht mehr wie zwei Palinuvus-Arten hat und diese noch an sehr verschiedenen Küsten. 18° 6‘ nördl. Breite und 26° 38° westl. Länge. Dienstag den 5. November. Veränderliches Wetter; aber gute Passatbrise. Eine Menge kleiner, junger Physalien kamen ins 12 ‚Eduard Graeffe. pelagische Netz. Die giftigen Fangfäden waren von blauer Farbe, aber noch sehr kurz. Die Schwimmblase war noch sehr klein und glich der Schwimmblase einer Physophora mit einem rötlichen Fleck an dem einen Ende.. Später bildet sich durch seitliche Erweiterung der Schwimmblase dieselbe zu der bekannten grossen Schwimmblase aus. Sind auf 16° 24° nördl. Breite und 27° 28° westl. Länge. Mittwoch den 6. November. Sah heute einen grossen Hai von grauer Farbe mit hellgelben. Brustflossen. Porpita, diese schöne, blaue Dicuidea-Siphonophore ist jetzt alle Tage, an der Oberfläche der See schwimmend, zu beobachten, auch viele leere Luftkammern derselben. Eine Schwimmglocke der Siphonaphore Galeolaria be- obachtet. Abyla pentagona und Diphyiden waren jetzt die häufigsten Siphonophonen. Donnerstag den 7. November. Wenig Wind und häufige Regen- güsse. Die Pontia atlantica kommt immer noch vor, ebenso die pelagischen Kruster Typhis leucifer, Phronimus und Phyllosoma. Kleine Scopeliden gehen alle Nacht einige ins Netz. Sind auf 11° % nördl. Breite und 27° 38° westl. Länge. Freitag den 8. November. Böiges Wetter, öfters Gewitterregen. Eine Qualle ähnlich der Pelagia noctiluca Cuv., aber bedeutend kleiner. Kein Exemplar hatte mehr wie einen Zoll Scheibendurch- messer. Manche fliegende Fische gesehen. Diese Fische sieht man am meisten bei guter Brise. Sie fliegen alsdann nicht, wie man glauben sollte, mit dem Wind, sondern gegen den Wind. Eine Herde sehr grosser Delphine schwamm einige Zeit vor dem Kiele auf und ab. Ein verfehlter Harpunenwurf verscheuchte sie. 9° 31° nördl. Breite und 27° west. Länge. Samstag den 9. November, Wind flau. Das Netz bringt immer noch die Pelagia ähnliche Qualle, ebenso Zorpita. Eine Anzahl Bucephalus ähnlicher Phyllirhöen. Diese kleinen Mollusken erinnern in ihren Schwimmbewegungen an Mückenlarven. Von Pteropoden kommt seit dem Wendekreise Diavria einzeln vor. Oriseis subulata Ranz fehlt gänzlich, hingegen wird eine der Zricuspidata ähnliche ‚Cleodora etwas häufiger. Heute traf zum ersten Male Pyrosomen (Feuerzapfen) gegen Nacht, wie denn überhaupt alle diese nächt- lichen pelagischen Seetiere in der kurzen Dämmerung der Tropen am meisten ins Netz kamen. 8° 55° nördl. Breite und 27° 21° westl. Länge. Sonntag den 10. November. Wetter immer noch dasselbe, regnerisch mit Windstillen. Heute namentlich giesst es den ganzen Tag herunter. 8° nördl. Breite und 27° westl. Länge. Meine Biographie. 13 Montag den 11. November. Heute völlige Windstille Unser Kapitän schreitet verdriesslich das Deck ab und pfeift dem Winde, zu kommen. Las, um die Langeweile zu vertreiben, in Humboldts Reisen und dachte an alle Entbehrungen, die dieser grosse Forscher auf seinen Reisen am Orinoko ausgehalten hat. Das Beispiel dieses Forschers begeistert mich, mit demselben Mute den Mühseligkeiten und Strapazen auf den Südseeinseln entgegenzugehen. Ist doch schon der Aufenthalt auf dem Schiffe kein beneidenswertes Los. Die schwere Kost aus Hülsenfrüchten, gesalzenem Fleisch, schwerem hellgebackenem Roggenbrot und das schlechte Wasser aus den Tanks sind nicht ge- eignet, die Lage zu verbessern. Nur der Güte des Kapitäns Decker, der mir in allem, auch bei der Fischerei, den grösstmöglichsten Gefallen erwies, verdankte ich auch zuweilen eine bessere Kost. Doch was ist alles dieses kleine Ungemach, wenn kein Unglück geschieht. Ohne weitere Sorgen fliegt schnell ein Tag nach dem andern dahin und es erscheint mir wie ein Traum, dass ich so weit von der Heimat unter der glühenden Tropensonne bin. — Es zeigten sich heute in einiger Entfernung wohl an die 7 Schiffe, denn die Windstille gebietet ihnen auch einen Halt. Dienstag den 12. November. Schöner blauer Himmel, aber immer noch Windstille.. Es zeigt sich ein Hai in Begleitung eines Lootsenfisches. Mittwoch den 13. November. Es tritt eine schwache Brise, 1 Meile per Stunde, auf. Tropische Hitze an Bord, 24° R. Es er- scheinen einige grosse Delphine. Wir befinden uns auf 6° 17° nördl. Breite und 26° 17° westl. Länge. Donnerstag den 14. November. Wir sahen heute eine Menge Schiffe am Horizont, wohl an die 34. Der Kapitän erzählt uns, dass hier nahe dem Äquator dies oft der Fall sei, weil die Schiffe der Windstille wegen warten müssen, doch nur die von Europa kommenden Segelschiffe, und dann bei eintretender Brise sich alle zusammen in Bewegung setzen. Abends kam endlich die gewünschte Seebrise. Sind auf 5° 7‘ nördl. Breite und 26° 11‘ west). Länge. Freitag den 15. November. Von heute an ging die Fahrt ohne grosse Abwechslung und besondere Begebenheiten stetig weiter und zwar heute bis 3° 38° nördl. Breite und 27° 42° westl. Länge, bis Samstag den 16. November auf 2° 13° nördl. Br. und 28° 37° westl. Länge. Sonntag den 17. November kamen wir auf 1° 49° nördl. Breite, und 28° 13° westl. Länge. Montag den 18. November zeigte das Journal 1° 16° nördl. Breite und 28° 37‘ westl. Länge. Dienstag den ‚19. November 0° 27° nördl. Breite. Damit hatten wir den Äquator 14 Eduard Graeffe. passiert. Begiessungen der Passagiere und jüngeren Matrosen mit Seewasser zur Feier des Tages, wobei einer der Matrosen, als Neptun verkleidet, diese Taufe vornahm. Abends Harmoniemusik und Tanz. Mittwoch den 20. November befand sich das Schiff schon 2° 39° südl. Breite und 29° 37‘ westl. Länge und Donnerstag den 21. No- vember auf 5° 7° südl. Br. und 46° westl. Länge. Freitag den 22. November waren wir schon auf 7° 27° südl. Breite und 30° 3° westl. Länge, Samstag den 23. November auf 9° 37° südl. Breite und 30° 8° westl. Länge. Sonntag den 24. November kamen wir auf 11° 59‘ südl. Breite Ei; und 29° 2° westl. Länge, Montag den 25. November auf 14° 17° südl. Breite und 28° 45° westl. Länge. Dienstag den 26. November. Das Wetter war heute, wie die letzte Zeit hindurch, heiter; aber immer begrenzten Wolken auf einer Seite den Horizont. Der Südostpassat weht immer noch günstig fort, so dass wir schnell den Ozean durchfurchen. 16° 34° südl. Breite und 28° 4‘ westl. Länge. Mittwoch den 27. November bis Freitag den 29. November kam das Schiff auf 21° 20° südl. Breite und 26° 16‘ westl. Länge. Samstag den 30. November. Der günstige Wind hat bedeutend abgenommen, wir sind aus dem Passat hinausgetreten. Das Netz brachte eine Anzahl Orustaceen und Pteropoden (Diacria, Cuvieria, Hyalea, Cleodona) herauf. Das Wetter schön, klarer Himmel. Kamen auf 23° 13° südl. Breite, 26° 4° westl. Länge. Sonntag den 1. Dezember. Wind sehr abgeflaut. Fang um so ergiebiger: Porpita, Diphyes acuminata und Abyla trigona, Deck- blätter von Athorybia, Salpa runcinata Forsk. und Salpa affinis Chamisso, von Crustaceen eigentümliche Larvenformen. Drei Exem- plare jener eigentümlichen Glassfische des Leptocephalus (Larven- form der Mureniden) brachte das Netz herauf. Wir kamen auf 25° südl. Breite, 23° 43° westl. Länge. Montag den 2. Dezember. Beinahe vollständige Windstille. Das Meer ist voll jener kugel- und wurstförmigen Gallertklumpen der Polyeyltarien oder Meerqualstern, Spherozoum und Collozoum- Arten. Bei der mikroskopischen Untersuchung fand ich eine Anzahl scharf begrenzter Zellen in der gallertigen Wandung der inwendig hohlen, mit Wasser gefüllten Kugeln; auf der ganzen Oberfläche der Kugeln beobachtete ich ein feines Netzwerk von Nadeln und ‚eine Anzahl gelber, runder Körner. Auch jene rundlichen Kugeln ‘ mit einem schwärzlichen Kern, die sogenannte T'halassicola pelagica Haeckel war häufig zu treffen. Kamen nur auf 25° 47° südl. Breite und 22° 29° westl. Länge. Meine Biographie. 15 Dienstag den 3. Dezember. Schwache Brise, daher günstiger Fang pelagischer Seetiere: Wieder Massen von Polycyttarien, eine Firola coronata Forsk, Cuvieria, kleine nadelförmige Oleodoreus, 3 Arten Ayalea, Atlanta Peronis Cuv. und 1 Scopelus war die Ausbeute des pelagischen Netzes. Den ersten Albatros gesehen. Fand gegen Abend noch eine sehr hübsche, violett gefärbte Qualle, eine (unina in mehreren Exemplaren. Diese Quallen verbreiteten einen eigentümlich phosphorähnlichen Geruch. Bei näherer Unter- suchung konnte weder Övarien noch Otolithen beobachten, hingegen stand auf der Unterseite der Scheibe hinter jedem Lappen, zwischen je 2 Tentakeln eine kleine kegelförmige Erhöhung. Die Tentakeln zeigten eine grosszellige Struktur und ungemein kleine Nesselkapseln (0,001 mm). Kamen auf 26° 21° südl. Breite und 27° 37° westl. Länge. Mittwoch den 4. Dezember. Heute war die Brise kräftiger. Untersuchte die Fangfäden einer Physalia, welche Siphonophore ich nur ein ein einziges Mal bei starker Brise in seiner ganzen Grösse auf der See schwimmen sah. Die blauen Angelorgane der Physalia enthalten eine Menge grosser Nesselkapseln mit spiralig eingerolltem Nesselfaden. Der Nesselfaden schien mir aus 2 Fäden zusammen- gedreht. Kamen auf 27° 37° südl. Breite, 20° 51‘ westl. Länge. Donnerstag den 5. Dezember. Günstige Brise und schöner, reiner Himmel. Abends sah noch am hellen Tage Venus, Mond und Sonne zu gleicher Zeit am Himmel. Die Luft ist hier nach Aussage des alten Kapitäns so rein, dass man zuweilen am hellen Tage den Uranus sehen kann. 29° 22° südl. Breite, 18° 41’ westl. Länge. Freitag den 6. Dezember. Gestern abends flog um 10 Uhr ein fliegender Fisch durch das Kabinenfenster dem Steuermann auf die Nase. Das Exemplar von 1 Schuh Länge wurde der Sammlung konservierter Seetiere einverleibt. Samstag den 7. Dezember. Schönes Wetter, günstige Brise. Es gehen seit gestern zwei Diomedea fuliginosa unserem Schiffe nach. Der eine Vogel hatte eine weisse brillenartige Zeichnung. Sonntag den 8. Dezember. Flauer Wind, daher wurde wieder gefischt. Schon am Morgen bei Sonnenaufgang kam eine Menge Salpa mucronata democratica ins Netz. Ferner fing ich eine Firola und eine mir noch unbekannte Carinaria. Bei dieser, jedenfalls von der Mittelmeerform verschiedenen Art, war der Körper glatt und die Schale mit ihrem Eingeweideknäuel befand sich nicht in der Mitte des Körpers, sondern es sah aus, als wenn das Hinterleibs- ende in zwei Teile gespalten wäre, wovon der eine untere Teil die | Schale und den Nucleus trägt, während der andere eine kleine fadenförmige Spitze und ein eigentümliches blattförmiges Organ hat, 16 Eduard Graeffe. Die Schale war sehr klein und scharf gekielt. Das ganze Tier, männlichen Geschlechtes, hatte nur 2 Zoll Länge. Ferner kam das erste Exemplar des glashellen, mit grossen Augen versehenen Wurmes, der Alciope, ins Netz. Gleich nach Sonnenuntergang, halb 8 Uhr, fand sich eine grosse Menge der hornförmig gebogenen Oleodora, mehrere Diacria und eine Anzahl Urustaceen mit grossen eckigen, den ganzen Kopf einnehmenden Augen (Mysisart?) ein. Die Pontia atlantica, die silberfarbene /dotea, eine Anzahl Pneumodermon Peronii, Atlanta Peronii und Kerandreni, Hyalea globosa, Sa- gitta, Abyla, Physophora, Diphyiden, Hippopodius lutea waren waren das reiche Resultat des Tagfanges. Befanden uns auf 31° 47° südl. Breite und 12° westl. Länge. Montag den 9. Dezember. Sehr günstige Brise brachte die „Sophie“ auf 33° 44° südl. Breite und 11° 34° westl. Länge. Dienstag den 10. Dezember. Guter Wind, aber nebliges, kalt- feuchtes Wetter. Diomeda fuliginosa und exulans mit weisser Brust sah hinter dem Schiffe fliegend, sowie einen Wallfisch, der seinen Atem wie eine Rauchwolke ausstiess. Zwei Delphine spielten um das Schiff. 34° 51‘ südl. Breite, 8° 13° westl. Länge. Mittwoch den 11. Dezember. Günstige Brise bei klarem, heiterem Himmel. Das Meerwasser hat schon viel kältere Temperatur, von kalten Strömungen herrührend, was auch eine Nordabweichung des Schiffskurses beweist. Albatrosse zeitweise zu sehen. Befanden uns auf 35° 21° südl. Breite und 4° 48° westl. Länge. Donnerstag den 12. Dezember. Der Wind flaut etwas ab und das Wetter ist sonnig und warm. Das ausgeworfene Netz brachte eine Anzahl einer schönen Hyalea, der tricuspidata ähnlich, aber ohne Anhänge an den Schalenecken heraus. Die kleine (leodora lanceolata und einige andere schon früher erwähnte Pteropoden sind noch immer anzutreffen. Abends kamen eine Anzahl kleiner Salpen mit hellgelben Nucleus zum Vorschein. Diese Salpa geht nach unten in lange, spitze Anhänge aus, wie bei Salpa mucronata Forsk. Es scheint mir diese Salpa mit der Salpa vaginata-bieornis : übereinzustimmen. Wir sind auf 33° 49° südl. Breite und auf 1° 49° westl. Länge. Freitag den 13. Dezember. Schwache Brise, herrliches Wetter. Einige Sterna setzen sich auf den Bugspriet. Abends fing eine Menge anderer kleiner Salpen mit an beiden Enden zugespitzter Leibeswandung und rötlich-gelbem Nucleus, ferner Salpa gonaria Kettentiere in 5 Exemplaren, Pneumodermon Peronii Cuv. und jene grosse Ayalea. Mehrere Delphine (Tümmler) gesehen. Wir befanden uns auf 36° 20° südl. Breite und 0,57‘ östl. Länge. ONE B: ze ar Meine Biographie. 17 Samstag den 14. Dezember. Wetter wie gestern. Fing wieder eine grosse Anzahl jener Salpa vaginata-bicornis Chamisso, ferner jene Salpa mit dem rötlich-gelben Nucleus mit junger Brut im Innern, also Kettentiere, Diphyes acuminata, dann ein schönes grosses Exemplar von Scopelus mit metallisch glänzenden Flecken. Sind auf 36° 33° südl. Breite und 2° 45° östl. Länge. Sonntag den 15. Dezember. Schönes Wetter, beinahe Windstille. Das pelagische Netz brachte zwei grosse Salpen zum Vorschein: Salpa africana-maxima und Salpa confederata, ferner eine An- zahl Velella, eine kleine Physalia und eine Anzahl jener grossen Hyalea, die im hellen Sonnenschein an die Oberfläche der See kamen. Grosse Albatrosse schwebten über dem Meere. Kamen auf 36° 22° südl. Breite und 4° 7° östl. Länge. Montag den 16. Dezember. Heute Morgen früh war das Meer stellenweise ganz gelb gestreift von einer Unmasse Salpen, der S. bicornis Chamisso ähnlich. In das Netz kamen mit den Salpen eine Anzahl jener schillernder Copepoden der Gattung Saphyrina. Fing auch einen kleinen Krebs, der hinten und vorn am Thorax einen langen Dorn trug. Es wurden zwei Siterna-Arten geschossen, die vorne eine weisse Stirn hatten. Die Vögel wurden abgebalgt. Der Magen derselben hatte eine weite Ausbuchtung, in welcher zwei Fische (Caranx) lagen. Das Fleisch dieser Sterna schmeckte gebraten gar nicht tranig, sondern war ganz gut zu essen. Waren auf 36° 38° südl. Breite und 6° 16° östl. Länge. | Dienstag den 17. Dezember. Heute auf einmal hoher Seegang, der das Schiff gewaltig schlenkern machte, so dass alle Gegenstände, die nicht feststanden, durcheinander rollten. Der Wind war flau und der Seegang kam von der Seite. Das Rollen hielt den ganzen Tag an. 37° 55° südl. Breite und 9° 48° östl. Länge. Mittwoch den 13. Dezember. Schönes Wetter, aber noch immer hoher Seegang. Wir befanden uns heute auf der Längenbreite des Cap der guten Hoffnung; aber weit entfernt von demselben, da der Kapitän schon längere Zeit hindurch einen südlichen Kurs einge- schlagen hatte, um in die Region der dort stets wehenden West- winde zu gelangen. Eine Captaube und eine T’halassidroma mit weissem Unterleib und Bürzel, sowie eine Anzahl weisser Möven, ie in grossen Schwärmen über die Wogen fliegen, beleben die Meeresszenerie. : Albatrosse zeigen sich auch, folgen aber nicht dem = = Schiffe. Erreichten 38° 35° südl. Breite und 13° 15‘ östl. Länge. Donnerstag den 19. Dezember. Hoher Seegang, wie gestern. Das Bi ‚südliche Kreuz wieder deutlich gesehen. Wir befinden uns auf 38° 31° südl. Breite und 17° 38° östl. Länge. | Vierteljahrsschrift d. Haturt. Ges, Zürich, Jahrg. 61. 1916. 3 18 Eduard Graeffe. Freitag den 20. Dezember. Frische Brise und rasche Fahrt, 12 Meilen per Stunde. Wallfische in der Ferne auftauchen gesehen. 38° 36° südl. Breite und 21° 21‘ östl. Länge. Samstag den 21. Dezember. Fischte einige Salpen und Hyalea. Kamen auf 38° 51‘ südl. Breite und 25° 2° östl. Länge. Sonntag den 22. Dezember. Sehr flauer Wind, beinahe Wind- stille den ganzen Tag hindurch. In das ausgeworfene pelagische Netz kamen mehrere mir noch unbekannte pelagische Seetiere. Läng- liche Cleodora, dann die grosse Hyalea, Salpa runcinata Forsk, die Ammenform und endlich eine Unzahl kleiner Urustaceen, die zwei Gattungen angehörten. Namentlich häufig war eine Art, welche nachts so häufig war, dass man einen Eimer damit füllen konnte. Die Augen dieser Art Mysis leuchteten lebhaft mit wundervoll phosphorischem Lichte. Salpa mucronata-democratica Krohn, ein kleines Doliolum, Saphyrinen fanden sich. 38° 18° südl. Breite und 27° 24° östl. Länge. i Montag den 23. Dezember. Guter Wind bis nachts, wo ein Ge- witter mit Blitzen und Donner, heftigem Regen auftrat. Es war durch das unangenehme Stampfen des Schiffes und die Verbannung in die Kajüte eine unheimliche, ecklige Nacht. Wir waren auf 38° 18° südl. Breite und 27° 34° östl. Länge. Dienstag den 24. Dezember. Heute war Weihnachtsabend bei schönem Wetter, schwacher Brise. Feierten den Tag mit Cham- pagnerpunch, frischem Schweinefleisch, wozu das einzige Schwein geschlachtet wurde. Dann gab es Harmonikamusik, Gesang und Tanz bis spät in die Nacht, wobei auch die Zwischendeckspassagiere teilnahmen. Wir waren auf 39° 40° südl. Breite und 33° 45° östl. Länge gelangt. Mittwoch den 25. Dezember. Schönes Wetter, flauer Wind. Feierten Weihnachten. Sahen mehrere Schiffe am Horizont. Fing Salpen und Doliolum in grösserer Anzahl, sowie eine Abyla-Art mit helmförmigem oberem Schwimmstück und einem unteren, die Schwimm- glocke enthaltenden Schwimmstück, gelbe Flecken tragend. Das obere Schwimmstück mit dem zelligen Luftbehälter trug einen rosen- roten Polypen und Fangarmknospen. Mehrere grosse Hyalea von der schon erwähnten Art zeigten mir, dass der Mantel des Tieres durch die seitliche Schalenspalte hervortreten kann. Wir befinden uns auf 39° 34° südl. Breite und 36° 31’ östl. Länge. Donnerstag den 26. Dezember, wie Freitag den 27. Dissinber und Samstag den 28. Dezember hatten wir günstigen Wind und rasche Fahrt. Samstags war es nach einem nächtlichen Regen kühler Meine Biographie. 19 geworden, und zwar hatten wir nur 11°R. in der Kajüte. Wir ge- langten bis Samstags auf 40° 20° südl. Breite und 50° 32° östl. Länge. Sonntag den 29. Dezember, morgens 6 Uhr fast völlige Wind- stille. Eine Procellaria capensis flog hinter dem Schiffe, sich öfters aufs Wasser setzend und im Kielstrudel fischend. Das Netz aus- werfend, fing eine Anzahl der früher erwähnten Salpen. Der beste Fang aber war eine prächtige, grosse Onychotheutis, ein pelagischer Tintenfisch. Derselbe war ganz durchsichtig, glashell, mit metallisch glänzenden Eingeweiden im Innern und braunschwarzen Chroma- tophoren auf der Körperoberfläche. Der Wind fing ‘gegen Abend wieder stärker, und zwar aus Norden zu blasen an, daher es wärmer wurde (14° R.). 40° 2° südl. Breite und 52° 12° östl. Länge. Montag den 30. Dezember. Ein kräftiger Südostwind peitschte heute das Meer, die See ging hoch und viele Seen gingen über Bord, dabei stampfte das Schiff stark. Der Kapitän will beobachtet haben, dass in der Südsee zu Neu- und Vollmond stets ein hoher Seegang, selbst bei Windstille, besteht. Kamen auf 40° südl. Breite und 54° 42° östl. Länge. Dienstag den 31. Dezember. Als am Sylvestertag hatten wir stürmisches Wetter, hohen Seegang. Nahmen viel Wasser über Bord. Unser Sylvesterpunch ward durch eine gewaltige Sturzsee unangenehm unterbrochen. Viele Albatrosse und Procellarien umschwärmen unser Schiff. Wir gelangten auf 40° 28° südl. Breite und 61° 29 östl. Länge. Mittwoch den 1. Januar 1862. Die See legt sich zwar etwas mehr, geht aber immer noch hoch genug, um das Schiff in fort- währendem Schaukeln zu erhalten, daher das Neujahrsfest nicht be- sonders erfreulich war. Der Kapitän lässt nachts scharfen Ausguck auf Eisberge halten, die auf dieser Breite zuweilen auftreten sollen. Eine Menge Albatrosse umfliegen unser Schiff und setzen sich oft aufs Wasser nieder, bissen aber nicht auf die Angel. Sind auf 40° 19° . südl. Breite und 65° 51’ östl. Länge. Donnerstag den 2. Januar. Die See ist ruhiger geworden und günstige Brise lässt uns rasch vorwärts kommen. Dies ist der 90. Tag unserer Seereise. Eine Menge Albatrosse fliegen hinter unserem Schiffe. Gegen Abend sah ich im Meere lange, rote Streifen von über 100 Fuss Länge und zirka 10—20 Fuss Breite. Ein herab- gelassenes Netz ergab, dass die roten Streifen von einer unzähligen Menge einer kleinen, roten O'yelops-Art mit langen Fühlern herrührte. Wurden viele konserviert. Gelangten auf 40° 35° südl. eig und 68° 28° östl. Länge. 2 Freitag den 3.. Januar. Immer noch stürmisches Wetter und Es | starkes Schaukeln des Schiffes. Albatrosse fliegen hinter dem Schiff 20 Eduard Graeffe. her, lassen sich aber, der schnellen Fahrt wegen, nicht fangen. Ge- langten auf 41°7° südl. Breite und 73° 47‘ östl. Länge. Samstag den 4. Januar. Ein wenig Sonne morgens zu sehen. Wieder rote Streifen im Meere. Gelangten auf 41° 2° südl. Breite und 77° 42° östl. Länge. Sonntag den 5. Januar. Heute passierten wir in weiter Ferne die Insel St. Paul. Gelangten auf 42° 2‘ südl. Breite und 82° 43‘ östl. Länge. Montag den 6. Januar. Eine Menge Albatrosse und Procellarien umflogen das Schiff, hungrig jeden Brocken wegschnappend. Wenn die Albatrosse, die sich an der Angel fingen, frei auf Deck gesetzt wurden, konnten sie nicht mehr wegfliegen. Balgte einige davon ab. ‘ Auch eine schwarze Procellaria mit weissem Fleck unter dem Schnabel verstrickte sich in die Angelleine und ward an Bord ge- hoben. Als sie starb, floss eine klare, ölähnliche Flüssigkeit aus seinen röhrenförmigen Nasenlöchern des Schnabels. In ihrem Magen befanden sich eine Menge Üephalopoden-Schnäbel und Fischaugen- linsen. Es war ein Weibchen mit wenig entwickelten Eiern im Eierstock. Gegen Abend fing noch einige Oleodoren mit keilförmiger Schale. Gelangten auf 42° südl. Breite und 87° 28’ östl. Länge. Dienstag den 7. Januar. Günstiger Wind, schnelle Fahrt, 12 Meilen die Stunde. Kamen auf 42° 29° südl. Breite 91° 24° östl. Länge. Mittwoch den 8. Januar. Schönes, warmes Wetter, günstiger Wind. Nur 1 Albatros noch zu sehen. Kamen auf 42° 34° südl. Breite und 95° 2° östl. Länge. \ i Donnerstag den 9. Januar. Günstige Brise, schönes Wetter. Kamen auf 43° % südl. Breite und 100° 8° östl. Länge. Freitag den 10. Januar, mit Regenwetter kamen auf 43° 36‘ südl. Breite und 105° 24° östl. Länge. - Samstag den 11. Januar gelangten auf 43° 43° südl. Breite und 107° 30° östl. Länge und Sonntag den 12. Januar kamen bei rascher _ Fahrt auf 44° 28° südl. Breite und 112° 11’ östl. Länge. Montag den 13. Januar. Vergangene Nacht verspürte ich auf unserem Schiffe eine eigentümliche Erschütterung, mehrmals hinter- einander sich wiederholend. Es war das Gefühl, wie wenn das Schiff über Klippen fahre, dabei war das Barometer sehr niedrig, auf Sturm deutend, obgleich das Wetter nicht schlecht, nur etwas böig war. Der Kapitän vermutete, dass es ein Erdbeben war, das am ent- fernten Lande war und sich auf das Meer fortpflanzte. Kamen auf 44° 33° südl. Breite und 116° 5° östl. Länge. : Dienstag den 14. Januar. Wetter wie RER gänklie: Brise bei niedrigem Barometerstand.. Kamen auf 44° 37° südl. Breite und | 120° 17° östl. Länge. ve li Be TE ie Han _ sp A a ni 0 ei = See Bee ie = nn Meine Biographie. 31 Mittwoch den 15. Januar. Günstige Brise. Der Barometer hebt sich mit Vollmond. Kamen auf 44° 51° südl. Breite und 126° 51‘ östl. Länge. Donnerstag den 16. Januar. Wetter wie gestern. Kamen auf 45° 5° südl. Breite und 129° 17° östl. Länge. Freitag den 17. Januar. Flaue Brise. Warf das Netz aus, bekam aber nichts als einige kleine Orustaceen. Es scheint das Meer hier sehr tierarm zu sein. Die Temperatur des Seewassers betrug 9°’ R. und der Luft 10%. 45° 4‘ südl. Breite und 132° 4° östl. Länge. Samstag den 18. Januar. Schwache Brise, schönes Wetter. Kamen auf 45° 15° südl. Breite und 135° 24° östl. Länge. Sonntag den 19. Januar. Starker Wind mit Regen. Gestern Abend grosse leuchtende Körper im Wasser zu sehen (Pyrosoma ?). Kamen auf 45° 21° südl. Breite und 139° 15° östl. Länge. Montag den 20. Januar. Wetter wie gestern. Nachmittags er- schien eine Herde merkwürdiger Delphine. Dieselben hatten auf dem sonst schwarzen Leibe eine weisse Schnauze und auch der Hinter- leib und die Schwanzflosse waren weiss. Kamen auf 45° 21‘ südl. Breite und 143° 49‘ östl. Länge. Dienstag den 21. Januar. Heute Windstille. In das pelagische Netz gerieten Ketten von Salpa gonaria, Salpa runcinata und muero- nata-democratica. Dann eine Anzahl Adbylen und Diphyiden. Physalia caravella (jung). Kamen auf 44° 55° südl. Breite und 148° 8° östl. Länge. Mittwoch den 22. Januar. Eine Menge verkohlter Pflanzenteile ‚schwimmt auf dem Wasser. Fing Salpa cordata, gelb mit kleinen Warzen an der Körperwandung. Der Nucleus der Kettentiere war rot. Kamen auf 44° 33° südl. Breite und 150° 4° östl. Länge. Donnerstag den 23. Januar. Gewitterhaftes Wetter. Wir haben Van-Diemensland umschifft. Immer noch viel Kohle im Wasser. Kamen auf 40° 2° südl. Breite und 152° 1° östl. Länge. Freitag den 24. Januar. Günstiger Wind. Kamen auf 38° 41’ südl. Breite und 150° 23° östl. Länge. Samstag den 25. Januar. Konträrer Wind, gegen den man an- kreuzen muss, dabei schöner, blauer, wolkenloser Himmel. Nachts prachtvolles Meerleuchten von Pyrosoma gigantea herrührend. Fing eine Menge derselben. im Netze. Dieselben waren von kleineren Salpen begleitet, es war diese Salpa die mueronata-democratica Krohn. Kamen auf 38° 47° südl. Breite und 151° 32° östl. Länge. Sonntag den 26. Januar. Immer noch konträrer Wind, so dass . wir nach Südosten kreuzen müssen. Fing Salpa cordata Q. und G. und einige Pyrosomen. Kamen auf 38°45‘ südl. Breite und 153° östl. Länge. 153] 153) Eduard Graeffe. Montag den 27. Januar. Fast vollständige Windstille. Dienstag den 28. Januar, _Kreuzten bei konträrem Winde nur langsam vor- wärts, ebenso den folgenden Tag, bis Donnerstag den. 30. Januar ein günstiger Südwind uns rasch in die Nähe der australischen Küste und Freitag den 31. Januar vor Sidney brachte. Im Angesicht der schimmernden Küste blieben wir die Nacht über beigelegt liegen und segelten dann den folgenden Tag nach dem Eingang von Port Jackson. Hier endet mein Reisejournal. Es war ein schöner Tag, und jedem lachte das Herz, endlich nach den Entbehrungen einer 4 Monate langen Seereise das Land zu betreten. Immer näher rückte die Küste, schon unterschied man die Felsen und einzelne Häuser und Baumgruppen. Die Küste ist hier eine Steilküste und hebt sich ziemlich senkrecht aus dem Meere, was der ganzen Einfahrt ein malerisches Aussehen verleiht. Es kam jetzt ein Boot, das den Lotsen brachte. Wie staunten wir diese neuen Gesichter an, nach einer so langen Reise, auf der wir nur auf uns selbst beschränkt waren. Der Lotse kam nun an Bord und übernahm das Kommando. Es war ein korpulenter Mann, der sehr fein, sogar elegant gekleidet war. Das Moskitonetz, das in zierlichen' Windungen seinen Strohhut umwand, liess mich eine Landplage ahnen, wie sie warmen Ländern gemein ist. Die „Sophie“ glitt nun langsam, mit schwacher Brise den schönen, geräumigen Hafen von Port Jackson hinab. Von den Ufern schallte lautes Cicadengezirpe und die vielen Villen und andere Häuser belebten dieselben. Zuletzt legte sich die „Sophie“, nach Verabschiedung des Lotsen, an den Hafendamm, genannt Mac-Mama- ras, vor Anker und der Aufenthalt an Bord des nun ruhig liegenden Schiffes gefiel mir ausgezeichnet. Da gleich frische Früchte, Brot und Fleisch an Bord gebracht wurden, konnte ich neugestärkt auf- leben. Ein Zollbeamter installierte sich an Bord und blieb die ganze Zeit unseres Aufenthaltes daselbst. Die nächsten Tage besah ich mir die Stadt Sidney, die durch ihre schönen Häuser und Geschäfts- läden mit Sonnenzelten einen freundlichen, heiteren Anblick gewährte. Am meisten gefiel mir der nahe dem Strande liegende zoologische Garten, der die interessante Tierwelt Australiens in reicher Fülle enthielt.. Die australischen Strausse (Emus) und Kasuare spazierten gravitätisch umher, erstere ein sonderbares Kollern ausstossend. Känguruhs machten ihre Sprünge; der vielen andern Beuteltiere kann ich nicht Erwähnung tun. Ebenso interessierte mich ein Exemplar des sonderbaren Kivi-kivi Apterix australis Shavo, dann das Schnabeltier Ornithorynchus paradoxus Blumb., die seltenere Echidna hystrix Cuv. Unter den vielen Vögeln Australiens war besonders bemerkenswert ein Pärchen des Laubenvogels mit seiner Meine Biographie. 233 | Laube aus Zweigen, dessen Boden verziert war durch bunte Schnecken- schalen und gold- und silberglänzende Dinge. Kurz, ich war ganz entzückt über den Reichtum australischer Tiere dieses zoologischen E- Gartens. An Bord der „Sophie“ zurückgekehrt, vernahm ich vom - Kapitän, dass er wenigstens vier Wochen in Sidney bleiben müsste, um die kaufmännischen Geschäfte, Waren-Aus- und Einladung zu besorgen. Mit Herrn Lau, meinem Mitpassagier, verabredete ich daher, eine kleine Tour ins Land zu machen. Herr Lau war schon einmal in Australien gewesen und hatte eine kleine Schrift über seine dortigen Erlebnisse publiziert. Lau hatte in derselben besonders die Tierwelt Australiens vortrefflich geschildert, so z. B. hatte er zuerst die Tatsache festgestellt, dass das Schnabeltier Eier legt. Es galt die Landexkursion einem, wie mein Reisegefährte aussagte, schönsten Teile von Australien und der Provinz New South Wales, dem Tale von Shoalhaven, das von einem Flusse bewässert wird und | von welchem Tale mir Lau schon auf der Seereise sehr viel erzählt | hatte. Ein Dampfer brachte uns nach kurzer Fahrt nach Shoalhaven, wo wir an Land gingen. Sehr erfreut war ich von der prächtigen | Vegetation, die Shoalhaven darbot. Palmen und grosse Eucalypten und andere Bäume und die Matten mit den vielen. bunten Blumen brachten mir die Überzeugung bei, dass die Flora Australiens lange nicht so hässlich ist, wie sie in vielen Reisebeschreibungen geschildert wird. ‘Da es meine Pflicht war, für das Museum Godeffroy zu sam- | meln, so hatte ich meine Jagdgeräte, auch Weingeist in einem grossen Glase mitgebracht. Es gelang mir auch, verschiedene Reptilien und Amphibien zu erhaschen und zu konservieren. Auf einem nächtlichen | Jagdzuge gelang es mir, mehrere Wombats (Phascolomys Wombat) | zu erlegen. Diese Jagd war sehr eigentümlich. Wir begaben uns bei Nacht unter grosse Eucalyptenbäume und blieben ruhig unter denselben stehen, bis dunkle Massen, die Wombats, zwischen den Zweigen sich zeigten, die nun heruntergeschossen wurden. Die Wombats konservierte ich auch im Weingeist, da diese Beuteltiere interessante anatomische Verhältnisse darbieten, was beim Abbalgen verloren geht. Auch einige Vögel wurden geschossen und abgebalgt. j Nach einer Woche verliess mich Herr Lau, um ins Innere des Landes weiter zu reisen, was ihm wenig Spesen machte. Er erzählte mir, dass er überall bei den einsam wohnenden Kolonisten gast- freie Aufnahme fand, die gerne seine aus Europa mitgebrachten Neuigkeiten sich erzählen liessen. Nach Sidney zurückgekehrt, wohnte ich wieder auf der „Sophie“ und besuchte öfters den Direktor des naturhistorischen Museums in Sidney, Herrn Krefft, für den ich auch einige Bälge zum Tausch aus | f . | = 94 Eduard Graeffe. Hamburg mitgebracht hatte. Herrn Kreffts Spezialität waren die Schlangen Australiens, von denen er eine grosse Sammlung in einem Glaskäfig lebend hielt. Machte auch einige Exkursionen in der Umgegend Sidneys mit ihm und war erstaunt über die Menge zum Teil giftiger Schlangen, die fast unter jedem Steine sich fanden. Herr Krefft nahm dieselben kaltblütig beim Schweife in die Höhe und steckte jede für sich in einen leinenen Beutel, den er zugebunden in seine geräumige Brusttasche barg. Nach vier Wochen schlug endlich die Zeit der Abreise nach den Samoainseln. Mit günstigem Winde verliessen wir Port Jackson und segelte die „Sophie“ ziemlich rasch ostwärts durch die Fluten der Südsee. Auf diese Weise, ohne besondere Begebenheiten und ohne Land weiter zu sehen, gelangte das Schiff nach 1'/s Monaten an die Südküste der Insel Upolu. Langsam, bei konträrem Winde kreuzte das Schiff zwischen der Insel Upolu und Tutucle nach der Nordseite der Insel Upolu und gelangten nach dem Hafenort Apia. An Bord war es schon unerträglich heiss geworden und wir Passa- giere, nämlich ich und ein junger Bremer, namens Henning, sowie der Kapitän und die Matrosen sehnten sich nach dem Lande, das palmenumkränzt vor uns lag. Wir kamen nun an die enge Riffpassage von Apiahafen, wo uns ein Boot, von braunen Eingebornen gerudert, den Lotsen an Bord brachte, und bald darauf rasselte die Anker- kette hinab. Nun kam auch der Leiter der Godeffroyschen Faktorei, Herr Konsul Unselm, an Bord und geleitete nach herzlicher Be- grüssung Henning und mich mit seinem Boote ans Land. Ganz ent- zückt und betäubt ven all dieser fremdartigen Szenerie, dem grünen, stattlichen Kokospalmenwald, den eigenartigen Brotfruchtbäumen und Bananenstauden, den grünen Bergen, von denen Wasserfälle herabfielen, dem aussen schäumenden Korallenriffe, kam ich in die Faktorei. Es war dies ein einstöckiges, langes hölzernes Haus mit einer langen Veranda, daneben stand ein hoher Mastbaum mit der Hamburgerflagge. Konsul Unselm bestürmte mich gleich mit Fragen über die Verhältnisse in Europa und namentlich Hamburgs, die ich ihm gerne beantwortete, unterstützt durch Kapitän Decker, der in- zwischen auch an Land gekommen war. Es hatte sich nun eine Menge Eingeborner vor die Umzäunung des Hauses gesammelt und betrachtete ich mit ebensoviel Neugierde diese nackten, nur mit einem Lendenschurz bekleideten, braunen Gestalten, wie sie mich als neu- angekommenen Weissen ebenso neugierig betrachteten. Nachdem ich die hässlichen Aborigines Australiens gesehen hatte, machten die Samoaner mir den besten Eindruck. Nachdem ich noch dem Personal der Faktorei vorgestellt worden war, wurde ich mit Speise und Meine Biographie. 25 Trank gestärkt und war damit in ihren Kreis aufgenommen. Die erste Nacht schlief ich herrlich in dem weichen, kühlen Bette, statt in der heissen, harten Kabine. Die nun folgenden Tage wurde mit der Löschung meiner vielen Kisten, Netze und Taue begonnen, was mittelst Boten geschah. Dann begann ich gleich meine Sammel- tätigkeit, indem ich voller Neugierde gleich mit einem Boote ans Meer eilte und die schönen, bunten Korallen des Riffes besah und einige davon mit mir nahm. Um dieselben aber weiss zu erhalten, wie man sie in den Museen sieht, legte ich die Korallenstöcke in das mit Wasser gefüllte Waschbecken. Bald aber entstand ob dieser Manipulation ein übler Geruch im Hause und damit eine Kontroverse mit der Gemahlin des Leiters. Daher wurde ich nach einigen Tagen aus dem Hause verbannt und mir ein in der Nähe befindliches Haus für mich allein als Wohnung angewiesen. Siedelte daher gleich in die Wohnung über, die aus einem von Holz konstruierten Haus be- stand, das einen kleinen Grasplatz vor sich hatte, der von der bei allen Kolonisten üblichen Umzäunung umschlossen war. Das Innere des Hauses bestand aus einem mittleren grösseren Raume, an welchen seit- und rückwärts kleinere Kammern sich lehnten. Vorne befand sich vor dem Hause eine geräumige Veranda. In einem Raume wurden nun alle Kisten und Sammelgerätschaften untergebracht; ausserdem erhielt ich von Herrn Unselm eine vollständige Ausrüstung von Kolonialwaren, und in einer hinter dem Hause befindlichen kleinen Hütte wurde die Küche eingerichtet, der ein eingeborner Koch vor- stand. Meine Ausbeute an naturhistorischen Objekten war zunächst den Riffen, die Apia umgrenzen, zugedacht. Hier will ich gleich eine Schilderung dieser Korallenriffe und seiner Tierwelt geben. So tief und kanalartig die Küstenlagune an vielen Stellen ist, finden sich doch öfters Untiefen, sogenannte Shoals, und ist es gerade an solchen Stellen, wo man die Korallenbänke am besten beobachten kann. Viele Korallenarten lieben auch diese stillen Binnenwässer ‘und finden sich nicht am Aussenriff. Fährt man mit dem Boote bei hohem Wasserstand (Flutzeit) über diese Stellen, sieht man die Korallentiere in ihrer Farbenpracht den Meeresboden und hervor- ragende Blöcke bekleiden. Es sind meist knollige Massen, zur Fa- milie der Sternkorallen oder Astraeiden gehörend. Diese Korallen- stöcke zeigen die Eigentümlichkeit, dass die obere Schicht lebende Polypen enthält, während die unteren Partien tote Korallenmasse enthalten. Diese oberen lebenden Schichten sind es, welche die bunten Farben tragen, die wir bewundern. Diese Schicht der lebenden Korallen ist aber so dünn und vergänglich, da sie nur aus den kurzen _Fangarmen, der Mundöffnung und inneren Auskleidung des Korallen- 36 Eduard Graeffe. mauerblattes besteht, dass sie schon nach kurzer Zeit, dem Meere entnommen, als schleimige, eiweissartige Masse abtropft. Nur wenige Korallenarten, wie die Gattung Mussa und Acanthastrea, haben eine konsistentere, lederartige Beschaffenheit ihrer Polypenschicht. Gegen die Aussenseite des Riffes in tieferem Wasser finden sich die meisten verästelten Korallenstöcke, aus den Familien der Madre- poren und Milleporen, meist blau gefärbte, vielfach verästelte oder weniger verästelte, mehr hirschgeweihförmige Korallenstöcke, wie die rosenrot gefärbte Pecillopora damicornis. An anderen Orten des Riffes, in tieferem Wasser, sieht man den Meeresboden ganz bedeckt mit einem Walde von weichen Polypenstöcken, aus der Familie der Alcyonarien oder Meerfeigen, die sternförmige Polypen mit gefiederten Armen haben. Wo aber das Riff am höchsten über dem Meere steht und zur Zeit der niedrigsten Ebbe fast trocken liegt, ändert sich das Bild. Unzählige Trümmer von Korallen, von grossen Blöcken, bis zu kleinem Gerölle und Sand bedecken den Boden und nur hie und da in den kleinen, nie trocken werdenden Vertiefungen sieht man einige kümmerliche, dem Boden angeschmiegte lebende Korallenstöcke. Dafür aber ist zur Ebbezeit eine Mannig- faltigkeit von Seetieren in den zurückgebliebenen Lachen und unter den Korallensteinen zu finden. Vor allem in die Augen fallend sind die Holothurien oder Meerwalzen, oft sehr grosse walzenförmige Gestalten von brauner, bald weiss marmorierter, wie die Bohadschia ocellata, oder grüner Farbe und kantiger Körperform. Einige dieser Holothurien, die von den Eingebornen roh gegessen werden, haben die unangenehme Eigenschaft, in die Hand genommen, aus der hinteren Leibesöffnung eine Menge weisser Schläuche (Drüsen) aus- zuschleudern, die sich, ihrer Klebrigkeit wegen, schwer entfernen lassen. Lange schlangenförmige, graue, weiche Meerwalzen, mit gefiederten Fangarmen am Kopfe liegen im Sande. Es sind dies die . mit Kalkplatten, auf denen Anker stehen, in der Haut versehenen Synapten, wie Synapta Beseli Jäger. Andere Stachelhäuter oder Echinodermen, wie die Seeigel, finden sich auch in grösster Menge und mannigfaltigen Arten am Riffe. Eine dunkelgrüne Seeigelart mit weissgebänderten, langen, spitzen Stacheln fällt in die Augen und ist zum Glück nur in den Höhlungen der Korallenblöcke steckend, da die sehr scharf zugespitzten Stachelenden bei der leisesten Be- rührung abbrechen und in die Haut eindringend, schmerzliche Ver- wundungen verursachen. Sehr hübsch ist ein anderer Seeigel, weiss mit violetten Stacheln. An der Riffkante lebt eine sonderbare See- igelart mit dicken, keulenförmigen, kantigen Stacheln, die Acrocladia trigonaria L. Dieser Seeigel gräbt sich ganz in die Korallenblöcke Meine Biographie. 27 ein, so dass man ıhn nur mit Meissel und Hammer daraus entfernen kann Andere Echinodermen des Riffes sind die Schlangensterne, Ophiuriden, darunter eine schwarze Art mit langen mit Stacheln besetzten Armen, die oft dutzendweise unter einem Steine liegen. Diese lichtscheuen Tiere verlassen schleunigst ihren Standort, wenn der Stein aufge- hoben wird, um sich wieder unter einem andern Steine zu verkriechen. Eine andere Art Schlangensterne ist durch besondere Länge und Zerbrechlichkeit ihrer Arme ausgezeichnet. Es gelang mir nur selten, denselben unversehrt zu konservieren, da er fast jedesmal, wenn ergriffen, seine Arme abwarf. Von den Seesternen zeichnet sich eine grosse, bis 35 cm im Durchmesser haltende, purpurrote Art mit zollangen Stacheln auf den Armen, der Acanthaster solaris M. Fr., aus. Auch ein handgrosser, himmelblauer Seestern, der Ophiaster laevigatus L. ist bemerkenswert. Im trauten Vereine mit diesen Stachelhäutern fand sich eine Menge zum Teile seltener Schaltiere (Mollusken), welche unsere Conchyliensammlungen zieren. Hier liegt z. B. unter einem grossen Steine eine grosse, ovale, schwarze Masse. In die Hand genommen, ziehen sich links wie rechts zwei häutige, schwarze Lappen herab und eine prächtige, weisse Cypraeart, die Ovula ovum L. liegt vor mir. Ebenso sind die vielen anderen Arten der Uypraiden oder Porzellanschnecken durch den oft ver- schieden gefärbten Mantel, der sich über die Schale schlägt, unkennt- lich. Nachts und bei bedecktem Himmel kommen die Porzellan- schnecken aus ihren Verstecken hervor und lassen sich in Menge fangen. Neben diesen Porzellanschnecken finden sich auf dem Riffe in den Untertiefen eine Menge Kegelschnecken, Conus-Arten. Diese sind zwar auch sehr buntgefärbt, aber man glaube nicht, dass diese Conus-Arten sich so schön präsentieren, wie man sie in den Con- chyliensammlungen sieht. Meist ist schon ein Teil der Schale verwittert, oder von einer kleinen, mützenförmigen Schnecke, dem Capulus, angefressen, oder es liegt eine dicke Kalkkruste über der Schale, die erst mit schwachen Säuren oder dem Messer zu entfernen ist. Einige der Kegelschnecken muss man behutsam in die Hand nehmen, denn sie können mit ihrer Zunge, die giftig ist, selbst tötliche Ver- wundungen verursachen, wie der Conus tulipa L. Meist im Sande vergraben finden sich die schönen Mitra- und Harpa-Arten, dann die prächtigen Pleurotomarien und ein Heer anderer Mollusken findet sich am Riffe.e Von diesen erwähne noch die Pteroceras- und Strombus-Arten, die Ferebra usw. Näher dem Lande zwischen den Alpen leben die T'urbo- und Trochus-Arten, sowie eine Menge anderer kleiner Mollusken. Noch will ich einer eigenartigen Schnecke, der Käferschnecke, C'hiton spiniger Sow, erwähnen, die in Spalten der ! 38 Eduard Graeffe. Korallenblöcke lebt und durch ihre Grösse, gegen die europäische Art, sich auszeichnet. Von den vielen zweischaligen Mollusken, den Bivalven, will ich vor allem die grösste derselben, die Riesenmuschel Tridacna gigas erwähnen, die, tief in den Korallenblöcken des Riffes vergraben, sich vorfindet, dass man nur an dem bunten, grün und blau gefärbten Mantelsaum und einem kleinen, obern Teil der dieken Schale, das Muscheltier erkennt. Man muss sich wohl hüten, den Finger zwischen die geöffnete Schale zu stecken, denn durch die mit grosser Kraft sich schliessende Schale würde der Finger zerquetscht werden. Das Herausheben der oft viele Kilos schweren Schale der Riesenmuschel erfordert eine mühselige Arbeit mit eisernen Stangen. Die Tridaina birgt zuweilen schöne, weisse, rundliche oder eiförmige Perlen. Die ächte ‚Perlmuschel Margaritophora communis Meg. habe an den Riffen Samoas nicht beobachten können, sondern nur eine kleine Art von Margaritophora oder junge Exemplare, was ich nicht entscheiden konnte. Die Perna findet sich oft an den Zweigen der Korallen mit ihrem Byssus angeheftet. Auf festem Grunde liegen schöngefärbte Spondylus-Arten, mit der untern Schale fest verankert. Bohrmuscheln verschiedener Arten durchlöchern die harten Korallen- stöcke, und manche kleinere Arten graben sich bis zu den Spitzen der Äste lebender Madreporen ein. Sehr häufig sind ferner auf dem Riffe das Heer der Krebse (Urustaceen), namentlich treiben sich zwischen den Ästen der Madreporen eine Unzahl langschwänziger Krebse, wie Alpheus-, Pennaeus- und Hippolyte-Arten, herum. Auch die eigentlichen Krabben sind in vielen, oft grossen Formen vertreten, wie z.. B. die Parthenope horrida L. und über handgrosse Canceo- Arten, Calappa, Dromous ete. Von den verschiedenen Würmern hebe nur die prächtigen Phyllodoceen hervor, die smaragdgrüne Färbung der Hautlappen boten ferner die Nereiden, zu denen der be- kannte Palolo-Wurm gehört, der im Korallengestein der Riffe lebt und zur Fortpflanzung an ganz bestimmten Tagen des Novembers in Massen an die Seeoberfläche kommt. Auch schöne, grosse Turbellarien finden sich nicht selten am Riffe unter Steinen. Den Hauptschmuck des Küstenriffes bildet unstreitig die Fischwelt, die hier im schönsten Farbenschmucke sich entfaltet. Treibt man langsam mit dem Boote über die Madreporenwälder, so sieht man viele kleine, bunte Fische zwischen die Zweige der Korallenstöcke schwimmen. Namentlich fällt ein himmelblau gefärbtes Fischehen, Gliphydodon azureus ©. et G., ins Auge. In stetiger Gesellschaft mit diesen blauen Fischehen ist E ein schwarzes, mit einem breiten, schneeweissen Bande quer über dem Körper, der Daseyllus aruanus L. Neben diesen zwei Fisch arten treiben sich noch eine Menge anderer kleiner Fischehen von ee Meine Biographie. 29 allen möglichen Farben zwischen den Korallenästen herum. In tieferem Wasser, namentlich gegen die Riffkante, sieht man die prachtvoll gefärbten C'haetodon- und Holacanthus-Arten, die ebenfalls bunten Serranus-, Acanthurus-, Teuthis-Arten, dann die Juliden, Toma- centrus und noch viele durch Kolorit und Form ausgezeichnete Fische. An der Riffkante fing ich oft mit der Angel die schönen, gold- glänzenden Barsche, die Myripristis-Arten. Alle diese buntgefärbten Fische fingen die eingeborenen Frauen mit kleinen Netzen und brachten sie mir zum Tausch für Kleinigkeiten, wie Nadeln, Perlen und Tabak. Dieses geschilderte Riffgebiet bot mir nun für die erste Zeit meines Aufenthaltes in Apia hinreichend Gelegenheit, Sammlungen natur- historischer Objekte für das Museum Godeffroy in Hamburg zu machen. Ganze Bootsladungen von Korallenstöcken, Gläser ‘voll der Seetiere wurden ans Land gebracht. Die Korallenstöcke brachte ich in ein nahegelegenes Flüsschen, um sie zu reinigen; die Seetiere wurden in Blechkisten, die verlötet wurden, zum Transport nach Hamburg bereit gelegt. Nach einigen Wochen wurde ein Schoner der Faktorei für kommerzielle Geschäfte nach den Viti-Inseln bereit gelegt und benützte ich diese Gelegenheit, um auch diese Inselgruppe zu erforschen. Es war dies meine erste Reise nach den Viti-Inseln. Die Fahrt mit dem Schoner, Kapitän Rachau, war eine günstige und sah ich, vom Bord aus, mehrere Vulkaninseln der Tongagruppe, wie den Vulkan Lati, der in voller Tätigkeit bei Nacht durch die aufsteigenden Flammensäulen einen imposanten Anblick gewährte. Durch die Inseln und Riffe der Vitigruppe segelte der Schoner nach der Insel Loma-loma, wo nur ein kurzer Aufenthalt gemacht wurde und dann nach der kleinen Insel Moturiki, wo ein Kolonist, Herr Hennings, der Bruder meines früheren Mitpassagiers, allein mit seinem Personal wohnte. Mit einem Segelboote, dessen ganze Mannschaft aus einem Neger als Kapitän und einem alten Eingebornen der Vitirasse bestand, segelten wir längs der Küste der grossen Insel Viti-levu entlang. Überall, wo ein Dorf der Eingeborenen, meist in den Mangrovedickichten, verborgen lag, wurde geankert und wurden durch einen Gewehrschuss die Einwohner des Dorfes auf unsere Anwesenheit aufmerksam gemacht. Mit ihren Canoes kamen denn auch bald diese wilden, schwarzen, nackten Gestalten der Vitianer mit ihren Tauschartikeln: Kokosnussöl in Bambusröhren, Perlmutter- schalen, Yamswurzeln etc. längsseits unseres Bootes und wurde mit viel Lärm vom Kapitän der Handel abgeschlossen. An einigen grösseren, offen gelegenen Dorfschaften legten wir auch ans Land an ‚und hatte so Gelegenheit, manche naturhistorische und ethnographische Gersustanie zu ärger Nach. BiOkGHkE,. einer hübschen, mit 30 : Eduard Graeffe. Kokospalmen und Gebüsch bewachsenen Insel, in der Nähe der grösseren Insel Ovalau, zurückgekehrt, wurde mit dem Schoner die Rückfahrt nach Apia bewerkstelligt. Die Ausbeute dieses ersten und zweiten Besuches der Viti-Inseln wurde vom Konservator des Museums Godeffroys in den „Verhandlungen der zoologisch-botanischen Gesell- schaft in Wien“ als vorläufiger Bericht publiziert. Im Jahre 1863 im Mai kam mit der Barke „Wandrahm“, Kapitän Früchtenicht, meine Braut aus Hamburg in Apia an. Die Reise war für meine Brant nicht ohne Fährlichkeiten, denn es brachen Pocken an Bord aus, an denen zum Glück nur zwei Leute der Mannschaft starben, meine Braut ganz intakt und die zahlreichen Zwischendeck- passagiere nur milden Verlauf der Krankheit hatten. In aller Stille wurde nun die Hochzeit gefeiert, wobei der Kapitän Früchtenicht und sein erster Steuermann, Bruck, sowie der englische Konsul Pritchard als Zeugen fungierten ; ausserdem bestätigte die französische Mission in einem lateinischen Dokumente die Verehelichung. Durch die Ankunft meiner Gemahlin war ich nun erst recht häuslich ein- gerichtet und hatte ich eine mächtige Beihilfe für meine Sammel- tätigkeit, denn sie verstand es sehr geschickt mir bei der Konser- vierung, namentlich beim Abbalgen der Vögel und Anlegung der Herbarien, zu helfen. Unsere erste gemeinschaftliche Reise galt der im Norden, nahe dem Äquator gelegenen, ganz kleinen Guanoinsel Mac Keansinsel, wo eine Barke Godeffroys eine Ladung Guano ein- nehmen sollte. Den Bericht über diese Reise nach Mac Keansinsel publizierte ich in der „Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesell- schaft in Zürich, 9. Jahrgang, 3. Heft, pag. 208°. Im Jahre 1864 schenkte mir meine Gemahlin einen Sohn, den wir Eduard tauften. Im Jahre 1865 segelte ich mit Kind und Kegel, wie man sagt, nämlich meiner Gemahlin und Söhnlein, den wenigen Hausgeräten und einer samoanischen Kindsmagd, nebst allen Sammelutensilien in Kisten nach den Viti-Inseln, wo wir auf der Insel Ovalan im Hafenort Levuka ein Häuschen mieteten, um dort, häuslich eingerichtet, unsere Sammeltätigkeit entfalten zu können. Da das Haus, das wir zuerst bezogen, zu sehr von Ungeziefer, Tausendfüssern, Scolependren, Skorpionen und Küchenschaben wimmelte, bezogen wir ein kleines Haus mit schönen bemalten Glasfenstern. Unsere Sammeltätigkeit erstreckte sich zuerst auf die mit schönen Wäldern bestandenen Berge Ovalans und auf die Riffe der Insel. Da eine Barke Godeffroys, Kapitän Petersen, in der Gruppe kreuzen sollte, ging ich an Bord und besuche so verschiedene Inseln der Gruppe. Da wir nach Rück- kehr von dieser Tour nach Apia zurückkehren sollten, bezog meine Gemahlin mit dem Söhnlein interimistisch eine kleine Hütte auf dm Meine Biographie. 31 Grundstück des Agenten Godeffroys, Herrn Hennings. Während ich die Viti-Inseln bereiste, geschah es, dass ein Orkan, den die Barke im Schutze der Insel Mangio glücklich überstand, in Levuka die Hütte zerstörte, so dass meine Gemahlin, den kleinen Sohn im Arme, bei strömendem Regen in das Haus des Agenten’ flüchten musste, wobei sie glücklich der Gefahr entging, von einem niederstürzenden Baume erschlagen zu werden. Wie ich mit der Barke nach Levuka kam, zeigte die Insel das Bild grösster Zerstörung durch den Orkan. Alle kleinen Fahrzeuge waren hoch aufs Land verschlagen worden und nur ein englischer Schoner lag noch vor Anker im Hafen, aber mit gekappten Masten. Am Lande sah es trostlos aus, alle Bäume blätterlos und viel umgestürzt. Nachdem wieder. alle vorhandenen Hausgeräte und Mobilien, die Kisten mit den Sammlungen eingeschifft waren, segelten wir ohne Unfall nach Apia zurück, wo wir uns wieder häuslich einrichteten. Ich sandte nun ein Manuskript nach Zürich über meine Erlebnisse, namentlich über eine Reise ins Innere der Insel Viti-Levu, die im Neujahrsblatt der Naturforschenden Gesell- schaft in Zürich 1868 erschien. Nach meinen Berichten gab auch Petersen später in seinen „Mitteilungen“ 1869, Heft II, einen Auf- satz mit der Inschrift: „Die Kolonisierung der Viti-Inseln und Graeffes Reisen im Innern der Insel Viti-Levu“‘, nebst Karte. — Es wurde nun wieder tüchtig geforscht und zog ich fast täglich mit meinem Gewehr in die Waldungen des Apiaberges, Vögel und grosse Fleder- mäuse, Pferopus samoensis Peale erlegend, Insekten und Land- schnecken, sowie Pflanzen sammelnd. In diesem Jahr 1865 segelte der Konsul Unselm in kommerzieller Mission nach den Viti-Inseln. Bei der Rückfahrt aus der Gruppe wurde das Schiff in der Riffpassage von einem Orkan überfallen und scheiterte mit Mann und Maus. Nur Trümmer des Schiffes und treibende Kokosnussölfässer waren die traurigen Zeugen des Un- glückes. Die unglückliche Witwe blieb noch einige Zeit in Apia, bis später ein von Hamburg kommendes Schiff sie nach Hamburg brachte. Dies war schon das zweite Schiff. Godeffroys, das mit totalem Verlust der Mannschaft und Passagiere unterging. Ein junger Kommis des Handelshauses, Herr Theodor Weber, übernahm die Leitung der Faktorei und des deutschen Konsulats. Die nun folgenden Jahre machte ich verschiedene Reisen zu den , umliegenden Inseln, um auch diese zu erforschen, und gab darüber Berichte an das Ausland, „Übersicht der neuesten Forschungen auf dem Gebiete der Natur-, Erd- und Volkskunde“ unter dem Titel: „Reisen nach verschiedenen Inseln der Südsee. Nr. 22 und 23, dann Nr. 48, 49 und 50. Jahrgang 1867 und 68“. Dort publizierte ich 39 Eduard Graeffe. auch einen kurzen Aufsatz: „Beschreibung eines unterseeischen, vul- kanischen Ausbruches bei den Schifferinseln.“ Im Jahre 1868 trat ich zur Erforschung der Inseln des Tonga- archipels mit meinem ganzen Haushalt eine Reise dahin an und liess mich auf der grössern Insel, Tongatabu, dem Sitz des Königs Georg, häuslich nieder. Zur Zeit, da ich in Tongatabu eintraf, hatten die Tonganer, ein Volksstamm ähnlich den. Samoanern in Körperbildung und Sprache, gerade ein Volksfest, den Takataha. Derselbe ist eine Art Parlament, bei dem die Häuptlinge der ganzen Tongagruppe zusammenkommen, um mit dem König Georg und den Wesleyan Missionaren die Gesetze des Landes zu revidieren. Diese Festlich- keiten, die einige Wochen mit grossen Schmausereien dauerten, liessen mir anfangs keine passende Unterkunft finden. Erst als die Fest- gäste abgesegelt waren, konnte ich vom Häuptling von Mua, namens Tugi, eine grosse Tongahütte mieten. Diese Hütte war oval und recht geräumig, die Wände waren zwar nur aus Rohrgeflecht, aber der Fussboden aus Brettern mit einer erhöhten Bühne, sowie Glas- fenster und Türen gaben dem Hause einen europäischen Anstrich. Durch Tapezierung der Rohrwände mit Siapo, inländischem Papier- zeug, und den Möbeln wurde das Haus ganz wohnlich eingerichtet, auch eine kleine Hütte daneben wurde mit einem Campofen als Küche gebraucht. In dem kühleren Klima Tongas, 14 bis 16 Grad Reaumur, wurden wir ordentlich gestärkt und brachten eine reiche Sammlung und viele interessante Daten über die Tier- und Pflanzenwelt der Insel zusammen. Die Insel Tongatabu, fast ganz eben, nur mit kleinen Hügeln, ist ein gehobenes Korallenrif. Zum Beweise dafür gelang es mir, bei Grabung eines nn in der Tiefe von 60 Fuss eine Anzahl halbfossiler Seeti töcke, Mollusken- schalen und Echinodermen zu erhalten. Diese Seetierreste stimmen im wesentlichen mit der jetzt lebenden Fauna und muss die Hebung der Insel in der postpliocenen oder quaternären Periode erfolgt sein. Zahlreiche Höhlen, von denen einige sehr weit ins. Innere reichen, und die von zahllosen kleinen Salanganen, Schwalben, Callocatia spodispypia Peale bewohnt sind, öffnen sich im Süden der Insel, die dort am höchsten ist. Auf Tongatabu hat eine französische Kolonistenfamilie kleine Kaffeeplantagen angelegt. Aus den kleinen affeebohnen wird ein starker, wohlschmeckender Kaffee bereitet. Baumwolle wird von den Tonganern angebaut und ergibt gute Ernten. Elementarereignisse erlebten wir auf Tonga durch einen Orkan, dem aber doch das Haus widerstand, aber ein englisches Schiff auf den Aussenriffen zum Scheitern brachte. Ferner erlebten wir die grosse Flutwelle, die von dem Erdbeben an der amerikanischen Küste, quer Be Re au re ne Er ee Rn Meine Biographie. 33 durch die Südsee auch die Küste von Tongatabu ziemlich weit land- einwärts überflutete.. In Tonga sah ich zum erstenmal lebende Cyeadeen, die ziemlich hohe Stämme und viele Früchte ‘trugen. Meine Sammlungen, die ich in Tongatabu zusammenbrachte, ergaben, dass die Fauna und Flora Tongas, wenn auch ähnlich, doch sehr verschieden von derjenigen Samoas ist. Nach Jahresfrist kam ein von Sidney: kommendes englisches Segelschiff in den Hafen von Nukualofu, dem Hafen Tongatabus, auf welchem ich mich mit meinen Sammlungen und häuslichem Gepäck und @emahlin und Sohn einschiffte.e Die Seereise ging über die Hawaiinseln und Vavao, überall einige Zeit vor Anker liegend. Namentlich in Vavao mit seinem ganz geschützten Hafen blieb mir längere Zeit, so dass ich Gelegenheit hatte, auch diese gebirgige Insel zu erforschen, und sandte einen Aufsatz über die Vogelwelt Vavaos an die Ornithologische Zeitschrift von Cabanis, Jahrgang 1870. Nach der Rückkehr von den Tongainseln blieb ich nur kurze Zeit in Apia und sammelte weiter, was ich noch nicht gefunden hatte. Hier will ich noch eine Episode aus meinem Aufenthalt in Samoa erwähnen, die mir beinahe das Leben kostete. Segelte nämlich eines Tages mit einem in Apia frei verfertigten Boote und nur ein- geborenen Raratongaleuten als Mannschaft nach der Insel Lavad. Nicht weit vom Hafen traten starke Böen auf, wobei das Steuer- ruder brach. Wir wollten nun wieder nach Apia zurückkehren; da aber das Wetter immer stürmischer wurde und die Steuerung mit einem Bootsruder unvollkommen war, kenterte das Boot bei einem heftigen Windstoss und lagen wir alle im Wasser. Zum Glück sank das Boot nicht, da es leer und voll Luft war. An das umgekippte Boot uns anklammernd, trieben wir mit der Strömung bald aus Sicht des Landes. Da ich fürchtete, ganz von dem festen Lande wegzu- treiben, liess ich, nachdem ein Mann mit dem Luckendeckel gegen das Land geschwommen war, um Hülfe in Apia zu holen, die Segel, die platt auf dem Wasser schwammen, losbinden, so dass sie senk- recht standen. Dies Manöver nahm ich deswegen vor, weil ich wusste, dass es Flutzeit war und dachte, dass die Flut, in die Segel fassend, uns nach dem Lande brächte. Mit dem noch vorhandenen Ruder steuernd, kamen wir endlich gegen Morgen ans Riff der Küste von Upolus und eine stärkere Brandungswelle benutzend, sassen wir bald fest und gerettet auf dem Riffe. Nachdem ich die Mannschaft an Bord zur Bewachung gelassen hatte, schwamm ich durch die kurze Strecke, welche hinter dem Riffe liegt, an Land und wanderte mit meinem Jagdgewehr, das noch unversehrt im Boote lag, der Küste entlang nach Apia. Mit ganz roten Augen und Be Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916, 34 Eduard Graeffe. zerrissenen Kleidern erschreckte ich nicht wenig meine Gemahlin, welche geglaubt hatte, ich wäre nach Apia mit dem Boote zurück- gekehrt. Ein Wunder war es, dass die Haifische, die in diesen Ge- wässern so häufig sind, uns verschont hatten, wahrscheinlich der bewegten See wegen. Auch der Matrose kam glücklich schwimmend in Apia an und allarmierte die Faktorei, die gleich ein Boot aus- sandte, uns aufzusuchen, aber nur unser Boot auf dem Riffe vorfand, das nach Apia geschleppt wurde. Da Herr Godeffroy in einem Briefe den Wunsch geäussert hatte, ein Journal über die Südsee heraus- zugeben, sowie der Umstand, dass mein Sohn, der jetzt sieben Jahre alt war, zur Schule nach Europa gebracht werden musste, sowie meine etwas angegriffene Gesundheit bewogen mich, meine Tätigkeit auf Samoa aufzugeben und nach Hamburg zurückzukehren. Damals hatte ich einen kleinen Anfall des samoanischen Fefefiebers und waren meine Nerven sehr geschwächt, was ich dadurch wahrnahm, dass einige schwere chirurgische Operationen, die ich zu behandeln hatte, wie Amputation des Vorderarmes eines Matrosen und Pflege einer offenen Unterleibswunde des Plantagenaufsehers, obgleich beide Fälle günstig verliefen, mich sehr angriff. Verliess daher, nach Verab- schiedung von allen Freunden und Bekannten, schweren Herzens, die schönen Inseln, wo ich zehn Jahre zugebracht hatte, und segelte mit der Hamburger Bark „Wandrahm“, Kapitän Früchtenicht, im Jahre 1870 nach Europaab. Die Fahrt durch die weite Südsee bis zum Kap Horn war sehr eintönig, da ich kein Eiland, nicht einmal ein Segel zu sehen be- kam. Ein Sturm im südlichen Teil der Südsee brachte die im Schiffsraum gelagerte Copra zum Umkippen, so dass das Schiff fortan schief lag. Ein lebender Manu-nua, Didunculus strigirostris Jard, der sehr zahm geworden, die sorgfältige Pflege, welche ihm meine Gemahlin widmete, mit gurrenden Tönen zu verdanken schien, sowie Lektüre von Büchern gaben uns etwas Unterhaltung. Ein grosser Palmenkrebs Birgus latro, der, mehrmals die eisernen Stäbe seines Käfigs auseinander- biegend, entwich, amüsierte uns durch seine Kletterfertigkeit auf den Masten, doch hielt er die Gefangenschaft nicht lange aus. Die Umsegelung des Kap Horn brachte endlich eine Abwechslung. in die Einförmigkeit unseres Seelebens, da nun das Meer voller Schiffe sich zeigte, mit denen man durch Flaggensignale sich ver- ständigen konnte. Am Kap Horn sah auch mein Söhnlein zum ersten Male Schnee, der auf Deck fiel. Die Schneeflocken hielt er für Schmetterlinge; aber beim Schneeballenverfertigen machte das Ge- fühl der Kälte, das er zum ersten Male fühlte, ihn laute Ausrufe des Schmerzens und Erstaunens ausstossen. Ohne besondere Ereig- nisse ging nun die „Wandrahm“ nordwärts in den atlantischen Ozean. Re Eio Sa u Meine Biographie. 35 In der Breite von Montevideo hatte die „Wandrahm“ einen drei Tage währenden, sehr starken Sturm zu bestehen. Die See ging so hoch, wie ich es noch nie früher gesehen hatte, dabei war der Himmel klar, aber der Horizont ringsum von düstern Wolken begrenzt. Es brach durch den Sturmwind die oberste Stange des Hauptmastes und ein Teil der Schanzkleidung wurde von Sturzseen weggerissen. Die Ladung im Schiffsraume kippte auf die andere Seite über, so dass das Schiff nicht mehr schief lag. Wäre die „Wandrahm“ nicht ein so gutes Segelschiff gewesen, wäre es uns wohl schlecht ergangen. Auf der Weiterfahrt sahen wir nicht weit von uns ein deutsches Schiff, ein Oldenburger, denselben Kurs verfolgend.. Da wir an Bord keine Kartoffeln, die Lieblingsspeise des Didunculus, mehr hatten, sprach der Kapitän das Schiff an und bat ihn um Kartoffeln. Da ‚der Wind flau war, setzte der gute Kapitän des Oldenburger Schiffes ein Boot aus und überbrachte einen Sack voll Kartoffeln. Da wir schon ganz verzagt waren, ohne Kartoffeln den seltenen Vogel lebend nach Hamburg zu bringen, waren wir doppelt erfreut über die Be- gegnung mit dem gefälligen Kapitän. Wir segelten nun langsam durch die Sargasso-See, die voll schimmernden Tanges war, und ich konnte eine Anzahl Seetiere, die stetigen Bewohner desselben, kon- servieren. Da der Kapitän gerne seine Schiffsposition rektifizieren wollte, segelten wir ganz nahe der felsigen Azoren-Insel Flores. Nach sechs Monaten Fahrt sahen wir endlich den Leuchtturm von Helgo- land, als Wahrzeichen, dass wir nun bald in Hamburg waren. Im November liefen wir in die Elbe ein und bald darauf in den Hafen von Hamburg. Da wir alle, auch die Seeleute, an Erkältung litten, während wir auf der ganzen Seereise nicht einmal einen Schnupfen hatten, mussten wir alle drei uns in ein kleines Hotel am Hafen einlogieren und uns ins Bett legen. Nach einigen Tagen hatten wir uns soweit erholt, um Herrn J. C. Godeffroy besuchen zu können, der uns im Kreise seiner Familie sehr freundschaftlich empfing. Sehr erfreut war er über den lebenden Didunculus, des ersten lebend nach Europa gebrachten Exemplares, der zum Leidwesen meiner Gemahlin, die den Vogel sehr lieb gewonnen hatte, dem zoologischen Garten in Hamburg übergeben wurde. Herr Godeffroy war so gütig, um meine Gemahlin zu trösten, ihr eine goldene Kette nebst Uhr zu schenken. Darauf verliessen wir Hamburg, um nach Zürich zu reisen, wo ich meinen Vater und Schwestern wohlbehalten antraf, und freudig begrüsst wurde. Dann reisten wir nach Südfrankreich, da es in- zwischen Frühling geworden war, um den Vater meiner Gemahlin in Brusque, einem kleinen Städtchen in den Sevennen, zu besuchen. Aus Frankreich nach Zürich zurückgekehrt, erhielt ein Schreiben 36 Eduard Graeffe. und eine bedeutende Summe Geldes, meine Ersparnisse aus dem Ge- halt in den Südseeinseln. Im Schreiben rief mich Herr Godeffroy nach Hamburg zurück, um die Redaktion eines zu gründenden Jour- nales über die Südsee zu übernehmen. Reiste daher nach Hamburg und so kam das bekannte „Journal Godeffroys“ zustande. Nachdem ich mich in Hamburg in Eimsbüttel eingemietet und mit Möbeln und . Hausgerät versehen hatte, wobei mir der Kustos des Museums 'Godeffroy, Herr Schmety, wesentliche Hülfe leistete, begann ich die Redaktion des Journales mit der „Topographie der Samoainseln‘“. Dieser Arbeit folgten andere Aufsätze, wie die „Meteorologischen Erscheinungen in Samoa“, die Notizen über „Die geologischen Ver- hältnisse in Samoa“. Die Eingebornen Samoas in bezug auf Rassen- charakter und Krankheiten folgten. Ausserdem redigierte verschiedene Briefe von Cubary und andern Forschern der Südsee, auch einzelne zoologische Aufsätze. Im Jahre 1874 hatte sich aber die kommer- zielle Krise wegen der Konkurrenz der Dampfer gegen die Rhedereien mit Segelschiffen derart zugespitzt und gerade Herrn J. C. Godeffroy so viele Verluste gebracht, dass ich dem mir so gütig gewogenen Herrn Godeffroy nicht weiter zur Last fallen wollte und Herrn Fried- richsen, Verlagsbuchhändler in Hamburg, der übrigens schon früher die Redaktion des Journals an sich gerissen hatte, die Fortsetzung desselben übergab. Gegen den Willen Godeffroys, der mich ungern entliess, hatte eine Stellung als Direktor des Aquariums in Wien angenommen. . Im Jahre 1873 reiste ich mit Familie nach Wien, wo ich vom Verwaltungsrate des Wiener Aquariums, namentlich Herrn Hoch- stetter und Schüler, Direktor der Südbahn, freundlichst aufgenommen wurde. Sie weihten mich in ihren Plan ein, das Aquarium, ein hübsches Gebäude, welches für die Weltausstellung in Wien gebaut worden war, auch jetzt noch lebensfrisch zu erhalten. Es mussten aber gleich kostspielige Reparaturen vorgenommen werden. Obgleich ich nun mein Möglichstes tat durch Herbeischaffung frischer Fische und Seetiere aus der Adria bei Fiume, deren Ankauf und Übersendung ich auf mehreren Reisen dahin selbst leitete, sowie Reklameartikel, Herabsetzung des Eintrittspreises, das Aquarium zugkräftig zu ge- stalten, musste ich wahrnehmen, dass das Wiener Publikum kein Inter- esse für Aquarien hatte. Als daher eines Tages Hofrat Prof. C. Claus, mein Jugendfreund, mich besuchte, und mir die Hoffnung gab, für die neuerrichtete zoologische Station in Triest mich als Leiter der- selben zu empfehlen, war ich einer Sorge los, da ich die Liquidation des Aquariums voraussah. Die Herren des Verwaltungsrates des Aquariums standen meiner Abdankung von der Direktionsstelle nicht u RE. Meine Biographie. 37 im Wege, da sie die trostlosen Verhältnisse des Aquariums einsahen. In dieser Zeitepoche wurde von dem liberalen Unterrichtsminister Strohmeier und seiner Partei ein Professor, der den Darwinismus vertrat, für die Professur der zoologischen Lehrkanzel in Wien ge- fordert. Da dem hiezu berufenen Prof. Dr. Häckel der Aufenthalt in Wien nicht gefiel, berief man Hofrat Prof. Dr. C. Claus, welcher die Stelle annahm. Hofrat Prof. C. Claus und Prof. Eilhard Schulze hatten bei ihrer Berufung die Bedingung gestellt, dass ihnen eine Station zu zoologischen Forschungen an der Adria zugestanden werde. Die beiden Professoren begaben sich nach Triest, wo ihnen der Zoologe Prof. Stossich die Erwerbung einer Villa in St. Andrea, die als zoologische Station adoptiert werden sollte, verschaffte. Hofrat Prof. ©. Claus schlug mich nun beim Ministerium als Leiter dieser Station vor und Prof. Eilhard Schulze willigte in die Wahl ein. Darauf- hin wurde ich ins Ministerium für Kultus und Unterricht berufen und erhielt dort die Bestellung, als Inspektor der zoologischen Station in Triest, in der achten Rangsklasse. Bald darauf verliess ich Wien und reiste über Graz, wo ich Herrn Prof. Eilhard Schulze besuchte, nach Triest, wo ich im Januar 1875 anlangte. In der Villa, die ‘als Station adoptiert werden sollte, richtete ich mich in den unteren Räumen, die ich ganz schmutzig und verwahrlost vorfand, häuslich ein, so gut es ging. Es wurde nun gleich mit der Einrichtung der Station begonnen. Prof. Eilhard Schulze war es, der mir viele nützliche Ratschläge bei der Einrichtung der Studienräume erteilte und nach dessen Plane auch die Anschaffungen für die hauptsäch- lichsten Einrichtungen und Erfordernisse einer zoologischen Station machte. Herr Prof. ©. Claus bekümmerte sich in dieser Zeit wenig für die Adaptionsarbeiten, da er wahrscheinlich den praktischen Sinn Professor Schulzes kannte. In den oberen Räumen wurden Arbeits- pulte vor jedes Fenster aufgestellt, grosse Glasschränke sollten die Bibliothek aufnehmen; Lupen und einige Mikroskope wurden nebst allem Zubehör zur Untersuchung der Seetiere, wie Gläser der ver- schiedensten Art, Wäsche etc. wurde angeschafft. . In den geräumigen Kellerräumen wurden Steintische errichtet und darauf eine Anzahl Schieferaquarien, von einem Bekannten in Hamburg nach meinem Plane verfertigt, aufgestellt. In diesem Kellerraume des Hauses fehlte freilich das nötige Tageslicht, weshalb ich die kleinen Fenster, soweit als möglich, vergrössern und hinter die hölzerne Kellertüre ein Glas- fenster einsetzen liess. Da die in die Aquarien gebrachten Seetiere anfangs nicht recht gedeihen wollten, richtete, unterstützt von meinem Freunde, Herrn Prof. Eichhelter, einem tüchtigen Techniker, eine Luftleitung mittelst eines Gasometers in die Aquarien ein. Diese 38 Eduard Graeffe. nicht sehr kostbare Einrichtung entsprach ganz meinem Zwecke und konnte so von vielen Quallen die Polypen aus den Eiern ziehen und in dem ruhigen Wasser der Aquarien kleine Seeorganismen, wie Spongien und Würmer sich ansiedeln lassen, was durch eine Wasser- durchströmung nicht möglich war. Prof. Eilhard Schulze kam als erster Besucher auf die zoologische Station. Da inzwischen ein Boot angeschafft und ein Marinär, zwar nur ein gemeiner Bootsruderer, namens Kossel, von mir angestellt und von der Statthalterei beeidigt worden war, konnte gleich mit der Beschaffung der nötigen Seetiere begonnen werden. Beide Professoren sandten eine Anzahl ihrer Schüler in den Oster- und Herbstferien auf die Station mit bestimmten Weisungen, in welcher Richtung sie auf der Station arbeiten sollten. Mit dem Diener ging ich jetzt fast täglich auf den Seetierfang und lernte denselben die lateinischen Namen der verschiedenen Arten kennen, so dass er mit der Zeit ein sehr tüchtiger Seetierforscher wurde. Hofrat Prof. C. Claus kam nun auch auf die Station und erhielt, auf seinen Wunsch, das geräumigste Arbeitszimmer. Obgleich Hofrat Prof. C. Claus nicht für Anlegung einer Seetiersammlung der Adria war, liess er mich doch ruhig gewähren, da ich nur solche Seetiere konservierte, die er für seine Studien nicht brauchte und da ohnedies Prof. Eilhard Schulze mich dazu bewogen hatte. Die Anlegung dieser Sammlung hatte durch die Anwendung der neuesten Konservierungsmethoden und die Determination der einzelnen Arten vielen Nutzen für mich, um die Fauna der Adria kennen zu lernen und dienten auch die Objekte für den Anschauungsunterricht der Studierenden. Meine Arbeit auf der zoologischen Station war der- massen eingeteilt, dass ich vom Januar bis anfangs März die Fischerei und Versendung des für die zoologischen Institute nötigen Materiales zu besorgen hatte. In den Osterferien kamen dann die Professoren und Studierenden auf die Station; ich hatte dieselben nach Bedarf mit dem nötigen Seetiermaterial und Rat zu versehen. Im Mai, Juni und Juli hatte ich die meiste freie Zeit, da dann nur die Ver- sendungen von Seetiermaterial zu besorgen waren. In den Herbst- ferien kamen die Gäste, wie in den Osterferien, wieder zum Besuche der Station. In den Monaten November und Dezember war ich meist wieder allein auf der Station, hatte aber mit der Fischerei, Versendung und Rechnungsabschlüssen vollauf zu tun. Zu diesen Geschäften kam noch die Abfassung der „Übersichten der Fauna des Golfes von Triest nebst Notizen über die Laichzeit, Vorkommen und Erscheinungszeit“. Im ganzen gab ich bis dahin vier solcher „Übersichten“ heraus; gerne hätte ich mehr publiziert, aber die täglichen Fischereien und Versendungen, kurz gesagt, die praktischen Meine Biographie. 39 Arbeiten nahmen zuviel Zeit in Anspruch. In meinen freien Stunden legte ich eine Sammlung, über tausend Stück mikroskopische Präparate, Larvenformen und anatomische Präparate enthaltend, an. Diese mikroskopischen Präparate wurden in einem eigens hierzu ver- fertigten Schranke verwahrt und ein Katalog wies die Verfertigungs- weise und den Inhalt jeden Präparates nach. Die Doppeldirektion der zoologischen Station erlitt mit der Zeit einen Stoss, indem Prof. Dr. Eilhard Schulze .austrat, so dass Prof. C. Claus alleiniger Direktor wurde. Prof. Eilhard Schulze verliess dann auch bald Graz, einem ehrenvollen Ruf nach Berlin Folge gebend. Sehr anregend und instruktiv war mir der Umgang mit den fremden Gelehrten, die zahlreich die zoologische Station besuchten. Die Regierung hatte ihnen in liberalster Weise die Arbeitsplätze frei von Spesen überlassen. Von Russland kamen viele eminente Forscher, wie Metschnikof, Kowalevsky, Tichomiroff ete. Aus Deutsch- land und aus Österreich kamen die Gebrüder Hertwig, Prof. Strass- burger und Prof. Graff, Prof. ©. Keller aus Zürich, Prof. Dr. Korschelt, dann aus Belgien Van-Beneden. Die Namen aller der Gelehrten sind meinem Gedächtnisse entfallen, aber alle im Fremdenbuch der Station niedergelegt. Von den Studierenden, meist Schülern von Professor C. Claus, waren mir ihres Talentes wegen die liebsten: Garbowski, Grobben, Heider, Kerschner, Pintner, Steuer. Es wurden mit den- selben öfters recht vergnügliche Bootsfahrten an Sonn- und Feiertagen unternommen. Im Jahre 1899, den 15. Januar, verschied mein Direktor und Gönner, Hofrat Prof. C. Claus, nachdem er sich nur kurze Zeit wegen Krankheit vom Lehrfache zurückgezogen hatte. Zu dieser Zeit be- fand ich mich ebenfalls in gesundheitlich etwas unbefriedigendem Zustand. Da verschiedene neue Anordnungen geplant waren, nahm ich meinen Abschied und wurde von der österreichischen Regierung pensioniert. Zu meiner Erholung verweilte ich einige Zeit in Tunis, wo ich dem Studium der Insektenwelt oblag. Seither lebe ich als Privatmann in Triest. Über die Bestimmung einer geschlossenen konvexen Fläche durch ihr Linienelement. Von H. Weyr (Zürich). (Als Manuskript eingegangen am 10. Mai 1915.) $ 1. Formulierung des Problems. Es ist bereits von Herrn Liebmann!!) festgestellt worden, dass eine geschlossene konvexe Fläche keine unendlichkleine Verbiegung er- laubt, genauer: dass jede unendlichkleine Verbiegung derselben eine Bewegung der starren Fläche ist. Eleganter und befriedigender be- weist man diesen Satz auf Grund der Brunn-Minkowski’schen Theorie von Volumen und Oberfläche?), indem man mit Herrn Blaschke?) bemerkt, dass die „charakteristische Gleichung“, auf die Weingarten das Problem der unendlichkleinen Verbiegung zurückgeführt hat‘), identisch ist mit derjenigen, welche die Minkowski’sche Theorie beherrscht.°) Hingegen ist es bisher nicht gelungen zu entscheiden, ob ein entsprechender Satz auch für endliche Verbiegungen gültig ist, d.h. ob es unmöglich ist, zwei geschlossene konvexe Flächen in anderer Weise isometrisch aufeinander abzubilden als durch eine Be- wegung, welche die eine in die andere überführt.°) Nur für die Kugel konnte diese Frage — gleichfalls durch Liebmann ’) — im bejahenden Sinne entschieden werden. Einen andern Beweis für diesen !) Math. Ann., Bd. 53 (1900), S. 81—112; Bd. 54 (1901), S. 505—51 ?) Math. Ann., Bd. 57 (1903), S. 447 __495, Minkowski, Ges. an "Ba. I, —276. Vgl. auch Hilbert, Grundzüge rag et Theorie der linearen Integrigichungen (Leipzig 1912), Kap. XIX, S. 242—258. Nachr. der K. Ges. d. Veit zu Göttingen, math.-physik. KL, Sitzung vom 18. Mai 1912, *) Grelles ee Ba. 100: : ° 5) Siehe Hilbert, Ei 8. 385 6) Analogon. der Weingarten’ schen Theorie für endliche Verbiegungen wurde entwickelt von Bianchi (mehrere Noten in den Atti der Academia dei Lincei aus den Jahren 1903/04) und Blaschke (Jahresber. d. Deutschen Math.-Vereinigung, Bd. XXU (1913), S. eh Zur Lösung des im Text aufgestellten Problems leistet jedoch, wie ich glaube, diese Theorie keinen Beitrag. n der ersten der unter !) zitierten Arbeiten. Bestimmung einer geschlossenen konvexen Fläche durch ihr Linienelement. 41 auf die Kugel bezüglichen Satz hat Hilbert geführt); am schönsten ergibt er sich aber wieder als ein spezielles, in der Minkowski’schen Theorie enthaltenes Resultat. Ich will nun hier einen Weg angeben, auf dem man zur Kon- statierung der gleichen Tatsache für eine beliebige geschlossene Fläche gelangt; dabei werde ich zu diesem Unitätssatz: dass es nicht zwei verschiedene geschlossene konvexe Flächen mit demselben Linien- element gibt, gleich noch den entsprechenden Existenzsatz hinzu- fügen : Zu einem vorgegebenen Linienelement mit positiver Krümmung gibt es stets eine und nur eine geschlossene konvexe Fläche. Alle inneren Eigenschaften einer Fläche sind, wie man weiss, bestimmt durch das Linienelement. Durch Angabe desselben ist die Fläche so, wie sie in sich selber beschaffen ist, unabhängig von der Art ihres Ein- gebettetseins in den Raum, vollständig beschrieben. Durch eine positiv-definite quadratische Differentialform von zwei Variablen, die als Quadrat des Linienelements aufgefasst werden soll, wird dem- nach eine (metrische) Fläche in abstracto, losgelöst vom Raum, defi- niert.?) Dieselbe wird konvex heissen dürfen, wenn die Krümmung der Differentiailform durchweg positiv ist. Unsere Behauptung lässt sich demnach, prinzipieller gewendet, dahin aussprechen: dass eine jede in abstracto gegebene geschlossene konvexe Flüche eine einzige Reali- sierung im dreidimensionalen (Euklidischen) Raum zulässt. Die Be- ziehung zwischen „Idee“ und „Wirklichkeit“ ist hier also die denk- bar vollkommenste. Es ist in der Infinitesimalgeometrie üblich, die Punkte einer Fläche durch zwei Parameter «, v darzustellen, d.i. die Fläche auf eine u,v-Ebene abzubilden. Für eine als Ganzes zu nehmende ge- schlossene Fläche ist jedoch eine eineindeutige stetige Abbildung auf die Ebene offenbar nicht möglich, wohl aber eine solche auf die Kugeloberfläche — wenigstens dann, wenn die Fläche einfach zu- sammenhängend, insbesondere wenn sie konvex ist. Eine Abbildung dieser Art wird allgemein festgelegt durch die Formel r= KiE,; Eur &) rn r((8)). In ihr bedeutet (£) = (&,,&,,&,) einen variablen Punkt auf der Ein- heitskugel 2e+ 28-1, r aber denjenigen Vektor, dessen Komponenten die Koordinaten des dem Kugelpunkt (£) zugeordneten Flächenpunktes P sind: r = OP !) Grundlagen der Geometrie (3. Aufl., Leipzig 1909), Anh. V, S. 237. 2) Vgl. hierzu Riemanns Habilitationsvortrag „Über die Hypothesen welche der Geometrie zugrunde upen Werke (2. Aufl, Leipzig 1892), S. — 387. ee: - H, Wegl. r((£)) ist also ein auf der ganzen Einheitskugel definiertes Vektor- feld. Wir dehnen die Definition dieser Vektorfunktion auf alle Argu- mentwerte (&,, &, &,) # (0, 0,0) aus durch die Festsetzung | (1) (8,0, 0) tler für beliebiges *> 0. Eine Funktion mit der Eigenschaft (1) nennen wir „homogen von der Ordnung 0“; die Homogenitätseigenschaft bezieht sich demnach hier wie auch sonst, wo wir von homogenen Funk- tionen beliebiger Ordnung reden, nur auf Multiplikation mit einem positiven Proportionalitätsfaktor r. Wir nehmen an, dass r((£)) stetig differentiierbar ist, und können dann die erste Fundamentalform, das Quadrat des Linienelementes der Fläche bilden: = 9 Hr Br > ee EA HERE s = (di) = endE.der; ed de Die e;. sind dabei homogen von der Ordnung —2 und genügen den Gleichungen 3 (2) PH = 0 (i — 1; 2, 3). k=1 Ein Ausdruck 3 ei. & e,.dE;d$, (er = &i) kl \ wird nur dann als „quadratische Differentialform auf der Einheitskugel“ betrachtet, wenn die (auf der Kugel definierten) Koeffizienten e,, den Gleichungen (2) genügen. Positiv-definit heisst dieselbe, wenn in jedem Kugelpunkt (&) die quadratische Form 8 2 0,.%%, > 0 nReı ist für jedes Wertsystem x,,x,,2,, das den Bedingungen + =l,2, +%-+2%5 = 0 genügt. In diesem Sinne ist das Quadrat des Linienelementes positiv- definit. Bilden wir die zur Matrix der Koeffizienten (e,.) adjungierte (d;.) [welche aus den zweireihigen Unterdeterminanten besteht], so er- geben die Relationen (2), dass d, = 88, D ist. D heisst die Diskriminante der quadratischen Form. Sie ist für positiv-definite Formen positiv. Die positive Wurzel aus der Diskriminante von (dt)? bezeichnen wir mit A. do = 4-do Bestimmung einer geschlossenen konvexen Fläche durch ihr Linienelement. 43 ist dasjenige Oberflächenelement der Fläche (seiner Grösse nach), das dem Flächenelement do der Einheitskugel korrespondiert. Setzen wir nunmehr auch die Existenz und Stetigkeit der zweiten Differentialquotienten von r((£)) voraus, so können wir von der Gauss’schen Krümmung K = K((£)) der Fläche reden. Wir fassen eine geschlossene doppelpunktslose Kurve (3) C:&=&6) @=1,2,3) auf der Fläche ins Auge, die ein Gebiet ./ umschliesst, und nehmen dabei an, dass die &,(s) zweimal stetig differentiierbare Funktionen von s sind (die Kurve „stetig gekrümmt“ ist) und der Parameter s die Bogenlänge bedeutet. @ besitzt dann an jeder Stelle eine be- stimmte geodätische Krümmung 7 =y(s), die auf Grund der Kurven- gleichung (3) und der ersten Fundamentalform der Fläche berechnet werden kann.!) Wir nennen /yds die totale geodätische Krüm- mung von & und 2 — f yds ihren geodätischen Defekt. Derselbe ist, wie bekannt, gleich der totalen Gauss’schen Krümmung des um- schlossenen Gebietes’): (4) 2x — [yds = f Kdo. € J Ist s eine beliebig vorgegebene, positiv-definite quadratische Diffe- rentialform auf der Kugel, so wird eine Funktion K = K((£)), welche für jede Kurve € der erwähnten Beschaffenheit die Gleichung (4) be- friedigt, jedenfalls dann existieren, wenn die Koeffizienten e,. von 8 zweimal stetig differentiierbar sind. Diese hinreichende Bedingung ist aber — wie der soeben besprochene Fall zeigt, in dem s die erste Fundamentalform einer Raumfläche vorstellt — keineswegs notwendig. Damit ergibt sich naturgemäss folgende scharfe Fassung des Be- griffes der „Fläche an sich“: Jede positiv-definite quadratische Differentialform s auf der Ein- heitskugel bestimmt eine geschlossene Flüche in abstracto: (8). Jeder Punkt der Einheitskugel wird als Bild eines Punktes dieser Fläche be- trachtet, verschiedene Punkte auf der Kugel als Bilder verschiedener Punkte der Fläche. Die Länge einer beliebigen Flüchenkurve ist ge- geben durch das ne der Bildkurve zu erstreckende Integral von Ys. Das Vorzeichen von y hängt davon ab, welches der beiden re in die die bee durch & zerlegt wird, als das Innengebiet J aufgefasst ?) Die Gültigkeit dieser Beziehung wird in der Tat bereits Auch die Existenz und Stetigkeit der 2. Differentialquotienten von r((£)) sichergestellt; der 3. Ab- leitungen, die üblicherweise in der Flächentheorie zu ihrem Beweise herangezogen werden, bedarf es dazu nicht. 44 H. Weyl. Zwei Differentialformen bestimmen dann und nur dann dieselbe Fläche, wenn sie durch eineindeutige Abbildung der (&)-Kugel auf sich selbst ineinander übergeführt werden können. — Sind die Koeffizienten von 8 stetig differentiierbar und gibt es eine stetige Funktion K= K((£)) derart, dass für jede geschlossene, doppelpunktlose, stetig gekrümmte Kurve 4 der geodätische Defekt gleich dem Integral S Kdo (= [K4- do) über das umschlossene Gebiet wird, so sagen wir, die Fläche sei stetig gekrümmt und besitze die Krümmung K. Ist K überall positiv, so heisst die Fläche konvex. Wir haben zu zeigen: Ist 8 eine quadratische Differentialform auf der Kugel, die eine stetig gekrümmte konvexe Fläche in abstracto festlegt, so gibt es ein zweimal stetig differentiierbares Vektorfeld = v((&)) auf der Kugel, welches die Gleichung (dr)? = 8 befriedigt. Dasselbe ist in dem Sinne eindeutig bestimmt, dass je zwei verschiedene Lösungen x dieser Glei- chung durch eine (auf die Komponenten von tr anzuwendende) lineare orthogonale Transformation mit konstanten Koeffizienten auseinander hervorgehen. In der Tat wird, wenn die Gleichung (dr) = s gelöst ist, an zwei verschiedenen Kugelpunkten der Vektor r auch immer zwei verschiedene Werte haben. Sagt man nämlich von dem Kugelpunkt (&), dem durch r—= r(($)) der Raumpunkt P(OP = r) zugewiesen ist, er „liege über P“, so erscheint die Kugel als unverzweigte und un- begrenzte Überlagerungsfläche über der einfach zusammenhängenden konvexen Raumfläche r = r((£)), und diese Überlagerungsfläche muss infolgedessen einblättrig sein.') Um nirgendwo eine Lücke zu lassen, will ich noch die Formeln angeben, mit Hülfe deren die geodätische Krümmung 7 aus der Form s= 2 eds. der zu berechnen ist. Man ermittelt sie am einfachsten, indem man die erste Variation des Längenintegrals auf der Fläche bildet. Sei also = E&ls;e) (=1,2,3) HS3 t(r) ne ie; &, 85; r) so zu bestimmen, dass (8) (di (2)) = + (r)dE;dE, wird und für e—=0 sich r auf r° reduziert. Wenn diese Aufgabe überhaupt eine Lösung hat, so besitzt sie gewiss auch eine solche, bei der für jeden Wert von r (9) Srdo = 0 ist, wo sich die Integration über die ganze Kugel erstreckt.- Bezeichnen wir Differentiation nach r durch einen übergesetzten Punkt, so folgt aus (8): * 1 1 (10) de-di = =A wdEdE, = — und aus (9): # Bestimmung einer geschlossenen konvexen Fläche durch ihr Linienelement. 47 Betrachten wir in (10) für einen bestimmten Wert von r die konvexe Fläche r—=r((£)) und die Differentialform s als die gegebenen Grössen, das Vektorfeld r((&)) als das gesuchte, so ist uns damit offenbar fol- gendes inhomogene lineare Problem gestellt: Eine gegebene konvexe Fläche „unendlich wenig“ so zu deformieren, dass ihre erste Fundamental- form die „unendlichkleine“ Änderung 8 erführt ; x((£)) ist die „unendlich- kleine“ Verschiebung, welche der Punkt ($&) auf der Fläche bei der Deformation erleidet. Das zugehörige homogene Problem ist das der unendlichkleinen Verbiegung, dessen einzige Lösungen die „unendlich- kleinen“ Bewegungen t=a-+[b,r] sind (a und b zwei konstante Vektoren). Obwohl dieses somit sechs linear unabhängige Lösungen besitzt, werden wir feststellen, dass das inhomogene Problem stets lösbar ist, wie auch die rechte Seite, d.h. die Form 8 vorgeschrieben sein mag. Dies wird den 1. Teil unserer Untersuchung ausmachen. Es verhält sich demnach die lineare Gleichung (10) so, wie sich ein System von endlichvielen linearen Gleichungen mit endlichvielen Unbekannten verhalten würde, in wel- chem die Anzahl der Gleichungen um 6 geringer ist als die Zahl der Unbekannten. Ist r eine Lösung von (10), so erhält man die allgemeinste, indem man zu t eine beliebige Lösung des homogenen Problems hinzufügt. Man kann also zunächst dafür sorgen, dass die Gleichung (11) erfüllt ist. Wegen (9) befriedigt auch die den willkürlichen konstanten Vektor b enthaltende Lösung t + |b,r] die Gleichung (11). Man kann aber b so bestimmen, dass Sk +; r} r]do = 0 wird; denn für keinen konstanten Vektor b+0 kann das Integral t =/IIß, #1: r] do b-t= — [[b,r]’do +40. a = (99,)” (du? + dv?) = gi (du? + dv?), = (9’9)" (du? —+ dv?). Die Krümmung K, von (s,) bestimmt sich dann bekanntlich durch die Gleichung K- RN oe .Alg (909° )i wo A der Operator der Potentialtheorie ist, der hier (ohne Ein- führung zweiter Ableitungen) so interpretiert werden muss: Gibt es zu der stetig differentiierbaren Funktion f(uv) eine solche stetige Funktion, p, dass das Integral der normalen Ableitung von f, über eine beliebige geschlossene, doppelpunktlose Kurve der u, v-Ebene mit stetiger Tangente erstreckt, gleich dem Integral von g über das umschlossene Ebenenstück ist, so gibt es offenbar nur eine solche Funktion p, und sie wird mit Af bezeichnet. In unserm Fall existiert Algg,, da wir aber die Existenz einer stetigen Krümmung X, für (8,) voraussetzen, auch Alg(g,g), mithn 4 9 und daher auch 4 lg (9,9). Die Rechnung ergibt a R.—! a daraus geht hervor, dass K,>0 ausfällt für 0O - Hm (18) 6 lan +lelon Fun ferner gilt a = e 2 du -1,)+ {2} h Setzt man dies in (17) ein und macht von den SAMLUCHEN Gleichungen I) Gebrauch, so findet man dazu tritt die analoge Gleichung Gln-)—Fln-$) 1 Re I 1 In ihnen bedeutet c = (e,,c,) den zu $ gehörigen Codazzi’schen Vektor. Wegen iR Br n-.d= (n du) de +{n Zu)dv ist der Vektor p mit den Komponenten dr d a Tu re dv invarlant. Wir haben also (19) 2-Sp =c— gradg. Daraus ergibt sich durch Curl-Bildung: (20) Divp=+Curlc. Anderseits bestimmen wir an In Hd °. An ER ul Bein) Ich schreibe d [22] =()gE +9 . „=en& +22) wo die Zweiindizessymbole sich in bekannter Weise durch die Koeffizienten der 1. und 2. Fundamentalform U 2..B;: E any az u a TE TEE Bestimmung einer geschlossenen konvexen Fläche durch ihr Linienelement. 57 Führen wir [22] in [21] ein, so erhalten wir 24-Culp= (11) (f-4-)+(1)9— (AI)e— (AI) (f-+4-9), (23) Culp=+®—M-p, wo M a die mittlere Krümmung der Fläche ist und 9 HUN En} /—eNe — . ; Man überzeugt sich leicht, dass © eine invariante Funktion auf 75 ist. Bevor wir die Auflösung zu Ende führen, ist noch eine Bemer- kung über die Gleichung (20) zu machen. Wir nehmen an, dass die gegebene Funktion r(w, v) zweimal stetig differentiierbar ist. Sollen unsere Gleichungen eine zweimal stetig differentiierbare Lösung t (u, v) besitzen, so müssen die Koeffizienten von 8 stetige erste Ableitungen haben; ausserdem aber muss noch Curl c als stetige Funktion existieren. Bezeichnen wir nämlich. durch einen übergesetzten Punkt die Änderung, welche eine Grösse bei der zu bestimmenden unendlichkleinen Defor- mation t von f erleidet, und ist K die Gauss’sche Krümmung, so gilt (24) — .Cwe=&K+{E. Beweis: Es ist ne: 9, also ” entsprechend - Ir ee, Da ausserdem aus n? = 1 die Gleichung nıı — 0 folgt, der Vektor n dem- nach überall tangential gerichtet ist, ist p mit —n identisch. Wir finden In 9A\/[- On 9c\/- dr 69— Fp= -(# ”) (i + =) (n55) : On » 9 SPOEHT . = Es; ang] Aus den Komponenten il 58 H. Weyl. von Sp ergibt sich + nl ll =} Da aber (25) I | = vis KAn gilt, ist dasselbe — #(mn) —0. Ebenso findet sich das zweite Glied =0. Aus (25) folgt Ih An In hl _- er lt lm | ir + zii Durch skalare Multiplikation mit n erhält man — 4-Divp=3=KA+Ki. Der Vergleich mit (20) liefert uns die behauptete Beziehung (24). Drücken wir K durch die 1. Fundamentalform aus, so besagt dieses Resultat: Die Änderung, welche die totale geodätische Krümmung einer geschlossenen Kurve bei derjenigen unendlichkleinen Deformation erleidet, bei welcher s den Zuwachs 8 erführt, ist gleich dem über diese Kurve zu erstreckenden Integral von 2 c;. dr. Dieser Satz gilt natürlich unab- hängig davon, ob s die 1. Fundamentalform einer wirklichen Raum- fläche ist oder nicht, und kann auch ohne Heranziehung der Flächen- normale und der 2. Fundamentalform bewiesen werden. Dies bleibe jedoch dem Leser überlassen. Es handelt sich jetzt um die Integration der Gleichungen IL) gradp+2-H=u. I - Curlp+Mp = 4.0 für die Unbekannten p,p. Bestimmen wir p aus II,): : ; St N (26) | Yp— at 2% und setzen es in Il,) ein, so bekommen wir folgende Differential- gleichung für 9: (27) Div (EP) + 29 = E% ji Bestimmung einer geschlossenen konvexen Fläche durch ihr Linienelement. 59 Existiert Div r und ist stetig, so können wir dafür schreiben: (28) A(9)=A9)+2My = Insbesondere, wenn s = 0, daher ® = 0,c = 0 ist, muss op der Glei- chung A,(p) — 0 genügen; dies ist Weingartens „charakteristische Gleichung“ für das Problem der unendlichkleinen Verbiegung. Nach Minkowski, Hilbert und Blaschke!) besitzt sie genau drei linear unabhängige Lösungen, nämlich die drei Raumkomponenten von n; ihre allgemeinste Lösung, d. h. jede Funktion von der Form (an), wo a ein konstanter Vektor ist, bezeichnen wir mit n. Aus der Theorie der sich selbst adjungierten linearen Differentialgleichungen 2. Ordnung?) geht hervor, dass die inhomogene Gleichung A,(p) = 4 dann und nur dann eine Lösung besitzt, wenn die gegebene Funktion x der Bedingung Syndo —= 0 genügt; dies vorausgesetzt, lässt sich die Lösung @ durch die gleiche Integralbedingung normieren und mit Hülfe einer von zwei variablen Punkten 0,0 auf der Fläche ab- hängigen „Green’schen Funktion“ T,(00) — die bei o = o' logarith- misch unendlich wird — in der Gestalt | p(0) = ST, (00 )y(0’)do’ darstellen. I), besitzt die Symmetrieeigenschaft T, (00°) Fe T, (00), und es ist A,(I,) eine bilineare Kombination der drei Raumkompo- nenten von n(o) und n(o’) mit konstanten Koeffizienten. Machen wir die obige Annahme betreffs Div (+): so können wir die Lösung von II) folgendermassen erhalten: Mittels der Green’schen Funktion IT, bestimmen wir g aus 28) — wobei noch zu prüfen wäre, ob die rechte Seite von (28) die für die Lösbarkeit erforderliche lineare Integralbedingung erfüllt —, danach p aus (26). Dann ist auch unser Deformationsproblem gelöst, indem sich 2 aus L5 I) und Be — p, bestimmt; entsprechend Diese Art der Lösung ist aber für uns völlig unbrauchbar. Bei der Integration der in $ 2 besprochenen funktionalen Differentialgleichung (12) mittels einer Potenzreihe in r würde nämlich, wenn wir uns auf die soeben aus- einandergesetzte Lösung des Problems der unendlichkleinen Defor- mation stützen nn von Glied zu Glied ein eh zer rn ) l.e. 2) und °) (8. R 2) Hilbert, 1. c. ?) we », Br ee S. 219-242. h. 60 H. Weyl. verloren gehen, d. h. man müsste obere Grenzen für die absoluten Beträge der (k + 1)!e® Differentialquotienten eines Gliedes der Potenz- reihe haben, um absolute Grenzen für die ht“ Differentialquotienten des folgenden Gliedes angeben zu können; und unter solchen Um- ständen ist natürlich ein Konvergenzbeweis unmöglich. Darum müssen wir anders verfahren, dürfen insbesondere die Existenz von Div 42 nicht voraussetzen und sind daher gezwungen, die Differentialgleichung für in der Gestalt (27) zugrunde zu legen. Dafür dürfen wir aber von Curl c Gebrauch machen. Selbstverständlich kann 9 nach wie vor durch die Bedingung [gndo = 0 normiert werden. Multiplizieren wir (27) mit » und integrieren über die ganze Fläche, so kommt durch eine partielle Integration: F Fer grad "| do —= f(@© — 2My)ndo oder N- Aare], perl n) —- 2Mgn \do - [19 2 Weran); en ao. Die linke Seite aber ist = S{A(n) + 2 Mn} pdo = [A,(n)ydo = 0, da A,(n) = 0 ist. Also muss auch die rechte Seite 0 sein. Die so entstehende Gleichung fasst offenbar drei lineare Integralbedingungen für die Grössen &, f, 9 zusammen, die erfüllt sein müssen, wenn unser Problem eine Lösung haben soll. Merkwürdigerweise werden dieselben aber durch beliebige Werte der Koeffizienten von 8 befriedigt. Aus On In Ir In du % (Eu Fa) mt len Fu) Ee- Fk on On (Ei -Fy)n=0 folgt zunächst, dass 2 a ma 3 Ir on F F) dr Br a een var Ka Er und edenso A re ist. Also besagt unsere Forderung, dass (29) ion - aratelzre,.., sein muss. Der Integrand in (29) ist eine lineare Kombination von a. U 95 Go Dur Bu Won Bestimmung einer geschlossenen konvexen Fläche durch ihr Linienelement. 61 Beseitige ich die Ableitungen der e, f, 9, die hier auftreten, durch partielle Integration und setze für die dadurch eingeführten zweiten Ableitungen von r: BE usw. die Werte (18) ein, so verwandelt sich der Integrand offenbar in einen bilinearen Ausdruck der Grössen du’ grössen 1. und 2. Art der gegebenen Fläche enthalten. Die etwas mühselige Rechnung ergibt aber, dass alle diese Koeffizienten identisch =) sind: dn, (30) (ton — een. Multiplizieren wir (27) mit T\,(o0') statt mit n, integrieren wieder nach o über die ganze Fläche und unterwerfen die gewonnene Glei- chung derselben Behandlung wie soeben, so finden wir 06) = [[n.o- mind) p bestimmen wir nicht aus II,), sondern mittels II,) und der aus II,) folgenden Gleichung (20); wir lösen nämlich allgemein die Aufgabe, zu zwei gegebenen stetigen Funktionen o und 6 ein Vektor- feld p auf 3 ausfindig zu machen, für welches (e, $ 9) und (38 = n) mit Koeffizienten, die nur die Fundamental- Divp=o, Curlp=6 ist. Damit das möglich ist, muss jedenfalls fodo=0, S sdo = 0 sein. Die Lösung ist eindeutig, da aus Divg=0, Curlgq= 0 das identische Verschwinden von q folgt. Wegen der zweiten Glei- chung und weil 75 einfach zusammenhängend ist, ist q nämlich der Gradient einer skalaren Funktion y auf %; wegen der ersten Glei- chung gilt dann L(x) = 0, mithin y = const., g= grady =. Ich zerlege die Aufgabe, indem ich zunächst p, aus Divp, =e, Curlp, = 0, p, aus Dir —=®d, Curl p, = 6 bestimme; dann ist p=p, + p,. p, muss Gradient eines Skalar- feldes v, sein: p =gradd, ZW)=e 62 H. Weyl. Mittels der Green’schen Funktion @(00’) des Differentialausdrucks L erhalte ich dv, = S @e’do' + const., p, = [grad @: 0'do', wobei e' für g(0’) geschrieben ist. Ebenso finden wir Seradl’ ,,» PD; -[ TE e do ’ wenn wir unter I’ die Green’sche Funktion von A() verstehen. Wir haben also jetzt die Formeln erhalten: [9% {N 16) wen I N do, I u In-4 zjgrade- - (Curl ce)’ do + le (® _ 9 M p)do ’ müssen uns aber noch davon überzeugen, dass die so ermittelten Grössen Yp, p wirklich die Gleichungen II) befriedigen. Man beachte dabei, dass aus dem Ausdruck für p direkt nicht einmal die Existenz der ersten Ableitungen von p geschlossen werden kann. Wir konstatieren zu- nächst, dass (31) S{9' —2M'p}do = 0 ist. Weil Alam ist, gilt 25 I,(00)M’do = 1—.n(o) (mit einem gewissen »), daher S2M’p' do — fi A1—-n)9+ un) do, und dies ist wegen (30) = f ®do. (31) ist somit bewiesen. Daraus folgt, dass p(o) die Gleichungen befriedigt: Divp= 5 Cure, Curl p = 5 @ — Mg. Die erste besagt, dass Curl (c—2-.8p) = 0 und c— 2- Sp somit Gradient einer stetig differentiierbaren Funktion ı auf der Fläche ist: Ä c—2.Sp = gradv, Bestimmung einer geschlossenen konvexen Fläche durch ihr Linienelement. 63 Die zweite Gleichung lässt sich unter Einführung dieses % so schreiben: Div (RP IE) — @— 24p oder Div( FF ZE) 9 = B+2Uly—g). Daraus ergibt sich wie oben [to + 20@ — )}n — EIRI) 10 = 0 (für jedes n) ‚ df,, ‚ v0) = [({@ +29 — 9) — EEE) 10 +n(0). Subtrahiert man von der ersten dieser beiden Gleichungen (30), von der zweiten die @ definierende Gleichung III), so kommt S2M(d — Y)ndo = 0, v(0) — P(o)=ST,-2M(® — Y)do+n(0'). Unter Berücksichtigung der ersten folgt aus der zweiten also = 9 —-.const., grad dv = grad. Damit Ex das gewünschte Ziel erreicht. nr „„ bestimmt sich nunmehr aus Be RE DERTHER IT Or. Bu Be 8 rar 2-p), nn Pas entsprechend . d G-Mat+eitdE e-/5 Er du 22 24 ne IV) es, ai & % HE ArWEre-ME 15-1 ag Be 322 u 24 4 Pr Eee - diese beiden Vektoren aber zunächst mit r, statt dt 9u ’ aa t nach u und v sind, und führe ich das invariante Differential dr = r,du+ 1,dv ein (von dem gezeigt werden soll, dass es ein totales Difterential 64 H. Weyl. ist), so erkennt man leicht, ohne dass es notwendig wäre, von irgend- welchen Ableitungen der Grössen t,, t, Gebrauch zu machen, dass das Bestehen der Gleichungen II) auf Folgendes hinauskommt: es ist lim a = . en, m Br a Bar dt = 0, &) wenn die Integration über den Rand eines Quadrates von der Seiten- länge & in der (wv)-Ebene erstreckt wird, dessen Mittelpunkt = (w,v) ist; und zwar bestehen diese Limesgleichungen gleichmässig für alle Quadrate, deren Mittelpunkte einem abgeschlossenen Ebenenstück angehören, das im Innern des auf 5 abgebildeten Gebietes liegt. Daraus folgt offenbar in demselben Sinne u 1 . lim af ==, e=0 € (e) Durch die Exhaustionsmethode und unter Benutzung des einfachen Zusammenhangs der Fläche schliesst man nunmehr auf das Bestehen der Gleichung [dt — 0 für jede geschlossene Flächenkurve 6. Die Gleichungen II), IV) enthalten somit die vollständige Lösung des Problems der unendlichkleinen Deformation. $ 5. Herstellung einer von der Kugel wenig abweichenden Fläche aus ihrem Linienelement. Im Falle die gegebene Fläche r=r(uv) die Kugel ist, lassen sich die Green’schen Funktionen G, T', I, (ohne Hülfe der allgemeinen Theorie der linearen Differentialgleichungen 2. Ordnung) sehr leicht bestimmen. Es ist L identisch mit A und, wie längst bekannt, 1 G= L=.-Igr, wo r die räumliche Entfernung der beiden Kugelpunkte 0,0’ ist, von. denen die Green’sche Funktion abhängt. Auch I, kann aus Gründen der Symmetrie nur eine Funktion dieser Entfernung oder des kürzesten sphärischen Abstandes ® der beiden Kugelpunkte sein: I) = F(#): Nehmen wir 0’ als Pol eines Polarkoordinatensystems auf der Kugel, so erkennen wir, dass F der Diferentialglöichung: genügen muss: d A (B)=5: 4 (na op aems,, Bestimmung einer geschlossenen konvexen Fläche durch ihr Linienelement. 65 wo a eine Konstante = 0 ist, oder, wenn wir cos® = x als unab- hängige Variable benutzen, d — Man hat für F eine Lösung dieser Gleichung zu wählen, die für x = —1 regulär ist‘); F wird dann bei x = -+ 1 logarithmisch un- endlich, und zwar ist a so zu wählen, dass dort a un zi G I pyia? wird, wo P„FP, an der Stelle & = 1 regulär-analytische Funktionen bezeichnen und PA, (1) =1 ist. Durch die bequeme Form, welche hier die Green’schen Funk- tionen besitzen, werden die zum Konvergenzbeweis nötigen Ab- schätzungen gegenüber dem allgemeinen Fall ausserordentlich ver- einfacht. Wir haben uns nur auf einen potentialtheoretischen Hülfs- satz zu berufen, den Herr A. Korn bei Gelegenheit einer der hier angestellten analogen Untersuchung hergeleitet hat.?) Er be- trifft das Integral pur) = ff lg (u v‘) du'dv'; r bedeutet darin die Entfernung zweier Punkte (vv), (wv”) in einer (uv)-Ebene, die Integration erstrecke sich etwa über den Einheits- kreis W°—+-v’?<1, und x sei im Einheitskreis stetig und absolut kleiner als die Konstante 4. Dann gilt im Nullpunkt Iisz-#, jaulla Für die 2. Ableitungen von g lässt sich eine ähnliche absolute Grenze, die nur von H abhängt, offenbar nicht angeben, da ohne weitere Voraussetzungen über y nicht einmal die Existenz dieser Ableitungen feststeht. Das Vorhandensein der 2. Ableitungen von p ist aber be- kanntlich sichergestellt, wenn % einer Hölder’schen Bedingung genügt. Wir nehmen also an, es existiere ein Exponent «&>0 und <1 so, dass ku) —gWv)|1 eine Konstante H,, durch welche die 1. und 2. Diffe- (m) rentialquotienten von r begrenzt erscheinen. „ ist der Koeffizient von r* in der Potenzentwicklung des Quadrates der Reihe oo Be re, n=1 Wir können demnach die unendlichvielen Gleichungen (32) in die eine zusammenfassen: bH?’()= H(r)—H,;:r, aus der sich 1— yI—4bH,-r HG) = " > ergibt. Die Potenzreihe H(r) konvergiert folglich für 1 0 < T< 75H, $ und in demselben Bereich konvergieren die nach den & genommenen 1. und 2. Ableitungen von t—- rt=it+tır +... und werden daselbst durch die Konstante H(r) begrenzt. amit ist bewiesen, dass zu jedem Linienelement, das hinreichend wenig von dem der Kugel abweicht, unter gewissen Stetigkeitsannahmen eine geschlossene Fläche gehört. Die Stetigkeitsannahmen besagen, dass die Koeffizienten des Linienelements samt ihren 1. Ableitungen und die | Krümmung des Linienelementes stetig sein und einer Hölder’schen Be- dingung genügen müssen. Die Gleichung = x((£)) der zugehörigen Fläche ist dann zweimal stetig differentiierbar, und die 2. Ableitungen genügen einer Hölder'schen Bedingung mit dem gleichen Exponenten. Bestimmung einer geschlossenen konvexen Fläche durch ihr Linienelement. 69 $ 6. Anweisung zur Lösung des Hauptproblems. Es ist in $ 4 bei Einführung der Green’schen Funktionen ver- schwiegen worden, dass ihr Existenznachweis nur gelingt, wenn man betreffs der Koeffizienten E, F,@ der 2. Fundamentalform mehr vor- aussetzt als ihre Stetigkeit. Über die Bedingungen hinaus, welche in der allgemeinen Theorie der linearen Differentialgleichungen ge- stellt werden müssen, um die Bestimmung der Green’schen Funktion zu ermöglichen'), lässt sich hier behaupten, dass die Annahme aus- reicht, E,F,@ genügten einer Hölder’schen Bedingung. Um beispiels- weise die Gleichung AY)=4 bei gegebenem x zu integrieren, mache man für g den Ansatz 9(0) = SB(00) v0) do‘, wo B(0)—=1g (t (0) — r(0'), n(0)) ist. Die Grösse unter dem 1g ist (für konvexe Flächen) positiv und wird für o= 0’ von der 2. Ordnung unendlichklein, nämlich wie Ewa +2Fu an) —r)+ER@—r)M. Die Rechnung ergibt für den Vektor u? die Komponenten («-5,[75]) (1, [n & ) re pe ar Ta Dieser Vektor ist also (trotzdem wir von E, F,@ nicht die Existenz der Ableitungen vorausgesetzt haben) stetig differentiierbar. Ins- besondere existiert A(B) = Curl (22) = Pp und wird bei 0 = 0° von geringerer als 2. Ordnung unendlich. Unser Ansatz liefert demnach eine Integralgleichung 22 dv(0)-+ [P(oo)v(0)do = y(o), die nach der klassischen Theorie behandelt werden kann. Man wird demgemäss erwarten können, dass ein dem Hülfssatz A ($5) analoger Satz auch dann gültig ist, wenn man als Ausgangs- fläche nicht die Kugel, sondern eine beliebige konvexe Fläche nimmt, !) Hilbert, 1. c.2) (S. 40), Kap. XVII. 70 H. Wegl. für welche die Koeffizienten der 2. Fundamentalform und die ersten Ableitungen der Koeffizienten der 1. Fundamentalform einer Hölder'schen Bedingung genügen. Dabei wird freilich die Konstante b abhängig sein von der Natur dieser Fläche. Bezeichnen wir aber das Minimum der mit den Koeffizienten der 1. Fundamentalform gebildeten quadratischen Form Zen (E)EıT für solche Werte x,, die den Bedingungen Bel T T genügen, an jeder Stelle (&) mit e((£)), so wird b unterhalb einer festen positiven Konstanten bleiben, solange die 1. und 2. Ableitungen der Flächengleichung v=v(($8)) durch eine feste Konstante begrenzt sind und auch — , ; = für alle (&) unterhalb dieser Konstanten liegen. Ich will annehmen, dass die Abschätzungsarbeit, die zur Feststellung dieser Tatsachen führt, geleistet sei. Dann wird die in $ 2 geschil- derte Methode zum gewünschten Ziele (r = 1) führen, wenn es mög- lich ist, für eine Raumfläche x = ı(($)) aus der Kenntnis ihrer 1. Funda- mentalform heraus eine Zahl zu ermitteln, durch welche die 2. Ablei- tungen von x((&)) begrenzt werden. Ich will hier wenigstens eine derartige obere Grenze für die absoluten Beträge der 2. Ableitungen bestimmen. Die von vornherein gar nicht vorauszusehende Tatsache, dass eine solche Grenze existiert, ist der Hauptgrund dafür, dass. man durch analytische Fortsetzung der in $ 5 für kleine Werte von r dargestellten Lösung unseres Problems bis zur=1 gelangt. Die jetzt anzustellende Überlegung bildet also einen Kardinalpunkt der Methode. Ich setze wie früher Zs(p) = L(p), zur besseren Unterscheidung aber ZL,(p) = I(g), ferner (grad 9, grad dv), — d(9,%), (grad, grad Y)s = F(p,V). M bezeichne die mittlere Krümmung, und es werde | m’= M’— K(>0). gesetzt. Dann gilt die folgende Gleichung (38) LiM) + ö(K, m — 2Km’= 4 U(R). Sie ist eine Folge aus ER Eg+Ge—arf - ., (34) re K, a x 2M und den beiden Codazzi’schen Formeln Bestimmung einer geschlossenen konvexen Fläche durch ihr Linienelement. 71 dr a 1E+((9}- -Y)r-(%}6 IG IR RN (12) (22\\ p__ 122 = tle+(lT)- (Zur Bus (35) Differentiiert man jede der beiden Gleichungen (34) zweimal, nämlich nach «u, uv, vv, und jede der Gleichungen (35) einmal, nämlich nach « und nach v, so erhält man 10 Gleichungen für die 9 zweiten Ab- leitungen von E, F, @. Man übersieht leicht, dass bei der infolge- dessen möglichen Elimination sich ein Ausdruck für 0°M 0°?M G du 2E due +98 der ergibt, der die 2. Ableitungen von E, F, @ nicht ‚mehr enthält. Führt man die langwierige Rechnung durch, so lässt sich das Er- gebnis schliesslich auf die oben angegebene invariante Form bringen. Es kommt dabei im letzten Gliede — 2 Km? auf der linken Seite für K zunächst ein aus den Fundamentalgrössen 1. Art aufgebauter Aus- _ druck heraus, der überraschenderweise mit der Krümmung der 1. Fundamentalform, also der Krümmung K der Fläche überein- stimmt. Dies ist für das folgende samt dem negativen Vorzeichen von entscheidender Wichtigkeit. — Es ist wahrscheinlich, dass ein geschickterer Rechner die Formel (33) auf viel leichterem Wege wird ermitteln können, als es hier angedeutet wurde. In einem Punkt, wo M ein Maximum hat, ist öM 9M du N Be. c; 0, und für beliebige Werte x, y: d°M d°M 0°M du? “+2 dudr oyT dur Y 2<0, Daraus ergibt’ sich offenbar, dass an dieser Stelle LM)<0 sein muss, und nun aus unserer Gleichung (33): 1 1 > UR)+ 3,5 $(K, K)+2Km’<0, a fortiori -—UR) und ee e< ad 4x. 73 H. Weyl. (37) gilt insbesondere dort, wo M? auf der geschlossenen Fläche seinen grössten Wert annimmt. Das Maximum des auf der rechten Seite von (37) stehenden Ausdrucks, der allein auf Grund der 1. Funda- mentalform berechnet werden kann, ist also eine obere Schranke für M?. Da auf einer konvexen Fläche beide Hauptkrümmungen positiv sind, ist die grössere von ihnen <2M; infolgedessen gilt E<2Me, @<2Mg, und aus EG — F?>0 ergibt sich IFI<2 MV. Endlich folgt aus der ersten der Gleichungen (18): 11 eel 9 dur’ Da- mit sind wir am Ziel. Wenden wir die Ungleichung (37) auf eine Fläche mit X=1 an, so stellt sich heraus, dass auf ihr überall M=1 sein muss, d.h. dass die Fläche aus lauter Nabelpunkten besteht und folglich die Kugel ist. Damit haben wir einen neuen Beweis des Satzes, dass die Kugel als Ganzes sich nicht verbiegen lässt und die einzige geschlossene Fläche von der konstanten Krümmung +1 ist. Für eine beliebige konvexe Fläche lehrt die Ungleichung (36), dass dort, wo M ein Maximum hat, notwendig l(K) negativ sein muss. ZI(K) ist nun gewiss dort >0, wo X ein Minimum besitzt: Auf einer konvexen Fläche kann es somit niemals passieren, dass dort, wo die Gauss’sche Krümmung ein Minimum hat, die mittlere Krüm- mung einen maximalen Wert annimmt. Zürich, Ostern 1915. Die Integrationskonstante der innern Arbeit von Gasen. Von A. FLIEGNER. (Als Manuskript eingegangen am 15. Juli 1915.) Von der innern Arbeit U der Körper kann die Thermodynamik nur die Änderung beim Übergang aus einem Zustand in einen andern berechnen, dagegen ist es ihr nicht möglich, den wirklichen Wert dieser Arbeit in einem bestimmten Zustand anzugeben. Denn bei der Herleitung des analytischen Ausdruckes von U tritt eine Integrationskonstante U, auf, für deren "zahlenmässige Ausmitte- lung die Thermodynamik keinerlei Anhaltepunkte bietet. Beschränkt man sich auf Gase, und legt man ihrer Untersuchung die einfache Zustandsgleichung pv= RT zugrunde, so kann man sogar nicht einmal die Bedeutung dieser Konstanten gut erkennen. Um wenig- stens das zu ermöglichen, muss man von einer allgemeinern Zustands- gleichung ausgehen. Wählt man dazu, als die einfachste, die von van der Waals aufgestellte Gleichung +4) @-D=RZ, (1) und setzt man voraus, die spezifische Wärme c, bei konstantem Volumen ändere sich auf dem ganzen Gebiet nicht, so erhält man für die innere Arbeit den Ausdruck: U-=7 T—-—-+U,') (2) Dieser Ausdruck zeigt, dass die Integrationskonstante U, gleich ist der innern Arbeit für T=0 und v—=x, also beim absoluten Nullpunkt der Temperatur und bei unendlicher Zerstreuung der ) S. meine Veröffentlichung: „Die Kurven ‚konstanter Erzeugungswärme für elastische Flüssigkeite n* in dieser Vierteljahrsschrift, Jahrg. 55, 1910, S. 203. Auf iese Untersuchung muss ich bei den folgenden ne wiederholt zurück- greifen. 74 A. Fliegner. Molekeln. Da sich die Molekeln bei T= 0 in Ruhe befinden, so enthält der Körper dabei keine kinetische Energie mehr, sondern nur noch potentielle, und daher geht U, auch zu erklären als die potentielle Energie bei unendlicher Zerstreuung der Mo- lekeln. Das wäre die Arbeitsfähigkeit der zwischen den Molekeln wirkenden Kräfte in diesem Zustand. Die Molekularkräfte sind nun bei grösserm gegenseitigem Abstand der Molekeln anziehende Kräfte. Nähern sich aber die Molekeln einander immer mehr, so treten ein- mal abstossende Kräfte dazu, und es gibt schliesslich einen Molekular- abstand, bei dem sich die beiden Arten von Kräften gerade das Gleichgewicht halten. Brillouin') nennt diesen Abstand den neu- tralen Abstand. Ist er erreicht, so verschwindet vorübergehend die Arbeitsfähigkeit der Molekularkräfte und damit die potentielle Energie des Körpers. Bei noch stärkerer Annäherung ändert sich das Vorzeichen der potentiellen Energie. Hiernach geht die Inte- grationskonstante U, noch zu erklären als die Arbeit, die von den Molekularkräften verrichtet werden müsste, wenn sie die Molekeln aus unendlicher Zerstreuung in den neutralen Abstand zusammen- ziehen sollten. Daher wäre U, auch der grösste Wert, den die potentielle Energie des Körpers überhaupt annehmen könnte. Der Zahlenwert von U, ginge nur zu berechnen, wenn die Art der Molekularkräfte und das Gesetz, dem sie unterworfen sind, bekannt wären. Auf Beides scheint nun folgende Überlegung zu führen: Die allgemeine Gravitation wirkt in gleicher Weise zwi- schen den Himmelskörpern, wie zwischen den kleinsten Massen, die einer genauen Beobachtung in dieser Richtung überhaupt noch zu- gänglich sind. Man muss daraus schliessen, dass die Gravitation eine Eigenschaft der Massen ist, die immer dem gleichen Gesetz folgt, unabhängig von der Grösse der gerade beteiligten Massen. Daher liegt es nahe, anzunehmen, dass die Gravitation auch zwischen den Molekeln wirke, und dass sie es sei, der die potentielle Energie - ihre Entstehung verdankt. Und in der Tat wird diese Auffassung auch von Andern geteilt. So hat, um nur ein Beispiel anzuführen, Helmholtz die grosse Wärmemenge, die ununterbrochen von der Sonne ausgestrahlt wird, durch eine Verdichtung unter dem Ein- fluss der Gravitation zu erklären versucht. Dazu genügt für längere Zeiträume eine so geringe Abnahme des Sonnendurchmessers, dass sie mit unsern Hülfsmitteln noch gar nicht nachweisbar wäre. Bei einer rechnerischen Verfolgung dieser Frage darf man aber nicht von den Anschauungen über die Molekularbeschaffenheit der Körper 1) Ann, chim. phys., 28, S. 48-77, 1913. — Beiblätter, 1913, $. 1095. h i 4 { : 3 | i £ i a A ee Die Integrationskonstante der innern Arbeit von Gasen. 75 ausgehen, weil dieser Weg auf zu umständliche Summationen führt. Man muss vielmehr vorgehen wie in der Potentialtheorie, dazu aber allerdings die Körper als stetig mit Masse angefüllte Räume ansehen. Bei den nächsten Entwickelungen folge ich Autenheimer'), wie er als Beispiel für mehrfache Integration berechnet, welche Temperatur die Himmelskörper hätten annehmen müssen, wenn sie sich unter dem Einfluss der Gravitation, aber ohne dabei Wärme an den Weltraum abzugeben, aus streng genommen unendlicher Ver- dünnung in ihre jetzige Kugelgestalt zusammengezogen hätten. Da ich auch einige seiner Zwischenergebnisse brauche, so muss ich seinen Gedankengang hier kurz wiederholen. Es bezeichne dabei m,, m; zwei beliebig herausgegriffene Massenteilchen des Körpers, x ihren gegenseitigen Abstand, # die Anziehungskraft zwischen zwei Masseneinheiten in einem Abstand gleich der Längeneinheit, d.i. die Gauss’sche Zahl, r den Halbmesser der Kugel nach der Verdichtung, Y, "., die Abstände der Massenteilchen m, und m, vom Mittel- punkt dieser Kugel, | a die an allen Stellen in der Kugel gleich gross vorausgesetzte spezifische Masse der Raumeinheit. Infolge der Gravitation ziehen sich dann die beiden Massen- teilchen m, und m, gegenseitig an mit einer Kraft: MM; 2% Fr (3) Mit ihr berechnet Autenheimer zuerst die Arbeit bei Annähe- rung dieser beiden Massenteilchen aus dem Unendlichen bis auf den Abstand x. Darauf integriert er den erhaltenen Ausdruck nach m, und 7, über die ganze schliessliche Kugel und findet dadurch in ‚ seiner Gleichung (9) die Arbeit W (m,), die bei der Verdichtung aus unendlicher Zerstreuung in die Kugel vom Halbmesser r zwischen m, und allen übrigen Massenteilchen verrichtet wird. Für diese Arbeit erhält er den Ausdruck: W (m) =2axum, (»* Zn ) (4) Um schliesslich die ganze Arbeit W der Gravitation zwischen allen Massenteilchen bei der Verdichtung zu erhalten, integriert er ') Autenheimer, „Elementarbuch der Differential- und Integralrechnung‘*, 454, 6. Aufl, 1910, bearbeitet von Donath, $. 449— BE; A. Fliegner. noch W(m,) nach m, und r,, ebenfalls über die ganze Kugel. Das gibt ihm seine Gleichung (11): un 16 an, W=-; "zur. (5) Da es Autenheimer auf die Berechnung der Temperatur an- kam, so hat er in (5) # durch die Verhältnisse an der Oberfläche der Erde ausgedrückt und schliesslich die Temperatur als Funktion von r dargestellt. Für den vorliegenden Zweck ist es aber besser, statt des Kugel- halbmessers » das Gewicht @ der Kugel einzuführen. Dazu braucht man das spezifische Volumen v, und da bei den bisherigen Entwicke- lungen u als in allen Punkten der Kugel gleich angenommen war, so muss das auch mit v geschehen. Dann wird das Gewicht 4 r® G — iA Fe: (6) Zwischen diesem v, dem vorhin eingeführten u und der Be- schleunigung 9 der Schwere besteht noch der Zusammenhang: ugv =]. (7) Setzt man jetzt » aus (6) und u aus (7) in (5) ein, so erhält man nach einfacher Umformung in Grey Ww-;- 4/30 (8) einen andern Ausdruck für die Arbeit der Gravitationskräfte bei der Verdichtung von Gkg eines Körpers aus unendlicher Zerstreuung, entsprechend v= x, in eine homogene Kugel vom spezifischen Volumen v. Die Division mit @ ergibt daraus als die gleichartige, auf die Gewichtseinheit des vorhandenen Körpers bezogene Arbeit: 10% W=,5 5 YV8r (9) Diese Gleichungen gelten allerdings nur so lange, als die An- ziehungskräfte dem Gesetz (3) folgen, bei fortgesetzter Verdichtung. also nur bis zu dem spezifischen Volumen, bei dem die abstossenden Kräfte zwischen den Molekeln zu wirken beginnen. Um die weitere Verdichtungsarbeit bis zu dem mit 6 bezeichneten Grenzvolumen berechnen zu können, bei dem im Mittel der neutrale Abstand zwi- schen den Molekeln erreicht ist, müsste das Gesetz der abstossenden Die Integrationskonstante der innern Arbeit von Gasen. 77 Kräfte bekannt sein. Das ist aber noch nicht der Fall. Die An- nahme von Maxwell und von Boltzmann, die abstossenden Kräfte seien umgekehrt proportional mit der fünften Potenz des Abstandes zwischen den Molekeln, ist von ihnen nur gemacht worden, um eine Integration zu erleichtern, dagegen erhebt sie nicht den Anspruch, das wirkliche Gesetz der Abstossung darzustellen. Dieses müsste auch voraussichtlich in der Art unstetig verlaufen, dass die abstos- senden Kräfte nur bis zu einem bestimmten Molekularabstand wirken, bei grösserm Abstand aber überhaupt verschwinden. Bei der beab- sichtigten Berechnung von U, muss man sich daher mit einer An- näherung begnügen. Dann ist es am einfachsten, die Glchg. (9) bis zum Volumen v = 6 anzuwenden. So geht auch Autenheimer vor, indem er das Gesetz (3) sogar bis zur Erreichung des festen Aggregat- zustandes gültig voraussetzt. Diese Annäherung ist gleichbedeutend mit der Annahme, dass die abstossenden Kräfte beim Volumen 6 plötzlich mit einer endlichen Grösse auftreten, die gleich und entgegengesetzt ist der gleichzeitigen Stärke der Gravitation. In Wirklichkeit werden sie wohl schon bei einem etwas grössern Volumen mit der Stärke Null zu wirken beginnen, aber sehr rasch zunehmen. Vernachlässigt man diese abstossenden Kräfte, so erhält man aus (9) mit v= 6 für TD, einen zu grossen Wert. Da aber die Volumen- abnahme während der Einwirkung der abstossenden Kräfte jeden- ‘falls ungemein klein bleibt, so kann die Abweichung des so berech- neten Wertes vom wirklichen nicht gross sein, trotzdem die resul- tierende Kraft vor Erreichung von 6 immer kleiner wird. Daher darf man doch erwarten, dass dieser angenäherte Wert wenigstens die Grössenordnung der gesuchten Arbeit wesentlich richtig an- gibt. Hiernach sollte die Integrationskonstante U, ungefähr den Wert besitzen: 3. 1 TER U, = 32 Vs 7 = (10) Zur Berechnung des Zahlenwertes von U, fehlt noch die Kenntnis des Grenzvolumens 6. Über dieses sind mir aber keine Angaben bekannt, und ich musste mir daher mit einer möglichst wahrschein- lichen Annahme helfen. Jedenfalls muss das gesuchte Grenzvolumen in der Nähe des Volumens liegen, das der Körper einnimmt, wenn er sich entweder im festen oder im tropfbar flüssigen Aggregatzustand befindet. Denn in beiden Aggregatzuständen setzt er einer weitern Zusammendrückung einen bedeutenden Widerstand entgegen, ein Beweis, dass sofort rasch wachsende abstossende Kräfte auftreten. Umgekehrt kommen aber auch bei einer versuchten Ausdehnung 78 A. Fliegner. ebenfalls sofort anziehende Kräfte zur Erscheinung, die sich als Festigkeit oder als Kohäsion äussern. Daher müssen sich in beiden Agsregatzuständen die anziehenden und die abstossenden Kräfte an- genähert das Gleichgewicht halten. Welches von beiden Volumen | man als Grenzvolumen wählt, übt auf die folgenden Entwickelungen keinerlei wesentlichen Einfluss aus, da beide doch niemals stark verschieden sind, und da ausserdem 6 unter einer dritten Wurzel auftritt. Brillouin glaubt a.o. 0. den neutralen Abstand gleich dem mittlern Molekularabstand im festen Aggregatzustand annehmen zu dürfen. Da aber in den gewöhnlichen thermodynamischen Gleich- ungen nur das spezifische Volumen im tropfbar flüssigen Aggregat- zustand auftritt, so erscheint es hier zweckmässiger, das gesuchte Grenzvolumen 6 diesem Volumen gleich zu setzen. Nun hat aber das spezifische Volumen im tropfbar flüssigen Zustand für die ver- schiedenen Körper verschiedene Werte, und zwar liegt es bei den in den thermodynamischen Werken berücksichtigten Dampfarten zwischen den Grenzen (,000s und O,oo12. Das gibt als Mittelwert 0,001, wie für Wasser, und ich habe daher den Wert 6 — 0,001 benutzt. Die Gauss’sche Zahl hat im m-kg-Skd-System den Wert x = 6,...107; Das gibt aus (10): —= 6,47. 101%, @%» mkg/kg. (11) Hätte der Körper ein Gewicht von gerade @=1kg, so wäre hiernach RE m ande 111. (12) Der Wert von U, in den letzten Gleichungen stellt den grössten Wert dar, den die potentielle Energie eines Körpers überhaupt an- nehmen kann. Der wirkliche Grenzwert ist wegen der Mitwirkung der abstossenden Kräfte sogar noch etwas kleiner zu erwarten. Allerdings ist er auch insofern nicht ganz sicher, als für 6 nur ein eingeschätzter Mittelwert eingeführt wurde. Diese Unsicherheit kann aber die Grössenordnung von U, nicht beeinflussen. Bei einem Volumen v>6 wird nach (9) und (10) W T), rl (27) Setzt man endlich die beiden Werte aus (26) und (27) in (21) ein, so hebt sich ep,.v, weg und es wir W; = — = — P: Ve (28) Da die Konstante a der Zustandsgleichung von van der Waals mit den kritischen Grössen nach a = 3 PU“ (29) zusammenhängt, und da v=gv, ist, so hätte der letzte Ausdruck in (28) auch unmittelbar aus dem Quotienten a/v hergeleitet werden können. Fürv=b, oder g='/s, erhält man noch aus (28) den grössten Wert, den die Arbeit W, nach van der Waals überhaupt annehmen kann, zu: max. W= ;—= = 99,9: (30) Die Gleichungen (28) und (30) ergeben für die Arbeiten W, die nämlichen Zahlenwerte, die vorhin auf dem Umweg über die andern Arbeitsgrössen des Körpers in der 11. Spalte gefunden worden waren. 86 A. Fliegner. Aus Glchg. (26) geht noch zu ersehen, dass bei einer beliebigen Zustandsänderung auf einer Kurve konstanter Erzeugungswärme in der Differenz der Werte von p® +c,T/A die Grösse & wegfällt. Daher bleibt die Änderung der potentiellen Energie unabhängig von der besondern Kurve &= const., auf der man den Körper seinen Zustand ändern lässt. Sie wird vielmehr bestimmt allein durch die Änderung des Volumens, wobei die gleichzeitige Änderung von Druck und Temperatur ganz ohne Einfluss bleibt. Daraus folgt aber ganz allgemein, dass die potentielle Energie allein vom Volumen abhängt. Dieses Ergebnis war zu erwarten, weil die einwirkenden _ Kräfte als Funktionen nur vom gegenseitigen Abstand der Molekeln angesehen werden müssen. In der ersten Zeile der Zahlentafel ist das kleinste Volumen erreicht, das der Körper nach der Zustandsgleichung von. van der Waals annehmen kann. Bei diesem Volumen verhindern die ab- stossenden Kräfte eine weitere Verdichtung, während eine versuchte Ausdehnung sofort anziehende Kräfte in Tätigkeit treten lässt. Da- her kann das kleinste Volumen, v=b oder g='!/s, nicht wesentlich von dem vorhin eingeführten Grenzvolumen 6 verschieden sein, bei dem sich die anziehenden und die abstossenden Kräfte gerade das Gleichgewicht halten. Nimmt man an, es sei wirklich b = 6, so bedeutet der Wert von W, in der ersten Zeile der 11. Spalte die Arbeit der Anziehungskräfte bei einer Verdichtung von v=» bis v=6. Das ist aber auch die Arbeit, die nach der am Anfang gegebenen Erklärung durch die Integrationskonstante U, dargestellt wird. Man muss daher erwarten, dass U, für atmosphärische Luft den Zahlenwert OD, = max. W, = 13138,ı mkg/kg (31) besitzt. Für andere Gase ergibt sich unmittelbar aus (30): Sauerstoff U, = 13812 Kohlenoxyd U, = 13551 Stickstoff U, = 12915 Wasserstoff U, = 49562 Auch hier zeigt sich bei Wasserstoff ein ausnahmsweise grosser Wert. Wenn wirklich v= b dem Grenzvolumen 6 genau entspräche, so enthielte der Körper dabei keine potentielle Energie mehr. Dann könnte man die für die andern Volume geltenden Werte dieser Energie, U, — W,, aus der Zahlentafel dadurch bestimmen, dass man die Werte der 10. Spalte, mit Null beginnend, von oben nach unten zu summierte. Da aber der Ausgangspunkt doch nicht ganz sicher wäre, so wurden diese Werte nicht in die Zahlentafel aufgenommen. Sie böten auch nichts Besonderes. Die Integrationskonstante der innern Arbeit von Gasen. 87 In den vorstehenden Entwickelungen habe ich versucht, den Zahlen- wert der Integrationskonstanten U, der innern Arbeit auf zwei ganz verschiedenen Wegen zu berechnen. Wie eine Vergleichung der Ergeb- nisse in (12) und (31) zeigt, führen aber beide Wege auf Zahlen, die vollkommen verschiedenen Grössenordnungen angehören. Ihr Unterschied ist so bedeutend, dass sie in keiner Weise miteinander in Einklang zu bringen gehen. Denn dass 6 in beiden Fällen etwas ver- schieden eingeführt wurde, kommt umso weniger in Betracht, als der grössere dieser, im Nenner stehenden Werte auch den grössern Wert von U, ergeben hat. Daher muss mindestens der eine der eingeschla- genen Wege von durchaus falschen Annahmen ausgegangen sein. Nun stützt sich der Wert von U, in (31) auf die Zustands- gleichung von van der Waals. Diese gilt zwar nur angenähert, sie scheint aber doch die wirklichen Verhältnisse im grossen und ganzen recht gut darzustellen, so dass die mit ihr gefundenen Werte von U, als im wesentlichen durch Versuche bestätigt angesehen werden müssen. Man wird zwar zugeben müssen, dass die vorhin für einige Gase be- rechneten Werte von U, vielleicht noch ziemlich weit vom richtigen Zahlenwert entfernt sein können, doch darf man unbedingt erwarten, dass sie wenigstens die Grössenordnung richtig einhalten. Diese läge daher in der Nähe einer einstelligen Zahl mal 10%. Der ungemein viel kleinere Wert von U, in (12), der nur der Grössenordnung 10-!° angehörte, hatte sich dagegen aus der Annahme ergeben, dass die potentielle Energie durch die allgemeine Gravitation erzeugt werde. Diese Annahme erschien zwar durchaus wahrschein- lich, sie war aber doch nicht durch unmittelbare Beobachtungen bewiesen. Und da sie auf einen unbedingt viel zu kleinen Wert von U, führt, so kann sie unmöglich richtig sein. In Wirklichkeit müssen ganz bedeutend grössere Kräfte wirken, wenn die be- obachteten, grössern Änderungen der potentiellen Energie sollen erzeugt werden können. Ausserdem ändern sich diese Kräfte anders mit dem Abstand der Molekeln, als die Gravitation. Denn die Arbeit W, ergibt sich ‚bei der Gravitation, in Glchg. (9), umgekehrt pro- portional mit Fe nach van der Waals dagegen, in Glchg. (21), umgekehrt proportional mit «selbst. Der letzte Zusammenhang erfordert aber, worauf schon Mathews') hingewiesen hat, eine Kraft, die sich um- gekehrt proportional mit der vierten Potenz des Molekularabstandes ändert. Allerdings gilt die Gleichung von van der Waals nur ange- nähert, man darf aber, auf sie gestützt, doch den Schluss ziehen, dass die wirklich tätigen, grossen Anziehungskräfte mit wachsendem Volumen verhältnismässig rascher abnehmen, als die Brayıtalion., 2) J. phys. Chem. 17, S. 520-535, 1913. — Beiblätter, 1914, S. 34. 88 A. Fliegner. Es liegt nun nahe, zu versuchen, ob diese Kräfte vielleicht dem Gesetz P= — Ax”* folgen, wobei A und » Konstanten bedeuteten und n in der Nähe von 4 zu erwarten wäre. Führt man aber mit einer solchen Kraft eine im übrigen gleiche Entwickelung durch, wie sie vorhin mit der Gravitation angedeutet wurde, so erhält man für die Arbeiten unendlich grosse Werte. Das geschieht bei diesem Gesetz der Kraft überhaupt immer, sobald n>3 ist. Denn dann treten bei der Integration zur Bestimmung von W(m,) Glieder auf, die entweder unter einer gewissen positiven Potenz, oder unter einem Logarithmus, die Differenz », — r, im Nenner enthalten. Nun war die ganze Entwickelung unter der ausdrücklichen Voraussetzung durchgeführt worden, dass die Körper stetig mit Masse ausgefüllte Räume seien. Und daher wird bei der Integration nach r, diese Grösse an der einen Grenze gleich r,, so dass die Differenz r, — r5 verschwindet und die Arbeit W(m,) unendlich gross ausfällt. Könnte man dagegen die Aufgabe vom Molekularstandpunkt aus durch Sum- mationen lösen, so träte an die Stelle dieser Grenze Null der kleinste Abstand, bis auf den sich die Molekeln einander nähern können. Dieser Abstand ist zwar sehr klein, er bleibt aber doch endlich, und daher erhielten dann auch die Arbeiten endliche Werte. Der zuerst eingeschlagene Weg der Entwickelung führt aber auf noch andere Schwierigkeiten, die daher rühren, dass dabei Kräfte vorausgesetzt waren, die gegenseitig zwischen sämtlichen Teil- chen des Körpers wirken. Das hatte, zunächst mit der Gravi- tation als wirkender Kraft, zur Folge, dass sich für die Arbeit W(m,), die während der Verdichtung zwischen dem Massenteilchen m, und allen übrigen Teilchen des Körpers verrichtet wurde, in Glchg. (4) ein Ausdruck ergab, der noch », enthielt, der also von der Lage des Teilchens m, im Körper abhängig war. Diese Lage bestimmt sich bei einer Kugel durch den Abstand », vom Kugelmittelpunkt, also durch eine einzige Koordinate. Bei andern Körperformen hinge W(m,) dagegen von mehr Koordinaten ab. Wenn aber diese Arbeit wirklich an jedem Teilchen des Körpers einen besondern, von seiner Lage abhängigen Wert besässe, so könnte der Körper nach der potentiellen Energie gar nicht homogen sein, wenigstens nicht, wenn sich die Masse gleichmässig über sein ganzes Innere verteilte. Und die dortige Entwickelung war ja ausdrücklich unter der Voraus- setzung durchgeführt worden, dass «x in der ganzen Kugel überall den gleichen Wert besitze. Ferner ist die Bauart der Formeln für W(m,) in (4), für W in (5) und (8), für W, in (9) und für DT, in (10) von der geometrischen Gestalt abhängig, die der Körper nach der Verdichtung angenommen hat. Die oben entwickelten Formeln En a a en ae Fe a ee = ’ a a aaa ae u Die Integrationskonstante der innern Arbeit von Gasen. sg gelten nur für eine Kugel. Bei einer andern Gestalt ergäben sich für die Arbeiten anders gebaute Ausdrücke und daher auch andere Zahlenwerte. Endlich bleibt in den Gleichungen (9) und (10) für die auf die Gewichtseinheit bezogenen Arbeiten W, und U, das Gewicht des betrachteten Körpers in der Potenz @": stehen. Diese beiden Arbeiten müssten sich daher bei ungeändertem spezifischem Volumen mit dem Gesamtgewicht des Körpers im gleichen Sinne ändern. Nähme man nicht die Gravitation als Ursache der potentiellen Energie an, sondern eine Kraft P=— 4x", oder eine ähnlich ver- laufende, und ginge man, um auf endliche Arbeiten zu kommen, vom Molekularstandpunkt aus, so erhielte man für die Arbeiten zwar anders gebaute Ausdrücke, doch müsste sich der Natur der Sache nach W(m,) wieder mit der Lage des Teilchens im Körper ändern, so dass der Körper nach der potentiellen Energie auch nicht homogen sein könnte. Ferner ergäben sich ebenfalls sämtliche Arbeiten ab- hängig von der schliesslichen geometrischen Gestalt des Körpers, und die auf die Gewichtseinheit bezogenen Arbeiten W, und U, wären ausserdem beeinflusst vom gerade vorhandenen Gewicht des Körpers. Würde die potentielle Energie wirklich von Kräften erzeugt, die gegenseitig zwischen allen Teilchen des Körpers wirkten, so wäre hiernach die Grösse U, zwar von den Zustandsgrössen p, v, 7 der Thermodynamik unabhängig, sie wäre aber doch keine absolute Konstante, sondern sie änderte sich mit der geometrischen Gestalt und mit der Menge des Körpers. Daher fiele U, bei Rechnungen über Zustandsänderungen nur dann weg, wenn sich der Körper un- unterbrochen sich selbst ähnlich ausdehnte oder zusammenzöge und wenn gleichzeitig sein Gewicht ungeändert bliebe. In allen andern Fällen sollte eigentlich die Veränderlichkeit von U, berücksichtigt werden. Doch wäre es z. B. bei’ Strömungsvorgängen schwer, zu entscheiden, welche Gestalt und welche Menge man ihm an jeder Stelle des Stromes beilegen müsste. Da sich die Werte der Zahlentafel auf die nur angenähert richtige Zustandsgleichung von van der Waals stützen, so können sie aller- dings keinen Anspruch auf vollkommene Richtigkeit erheben. Doch kann man aus ihnen unbedingt den Schluss ziehen, dass die Ände- rungen der potentiellen Energie in Wirklichkeit derselben Grössen- ordnung angehören, wie die gleichzeitigen Änderungen der übrigen Energieen des Körpers, dass sie also bei Versuchen auch mit derselben Genauigkeit bestimmbar sein sollten wie jene. Und wenn die poten- tielle Energie wirklich durch Kräfte von der zuletzt besprochenen Art erzeugt würde, so sollte man doch eigentlich erwarten, dass sich bei den zahlreichen, schon mit Gasen durchgeführten Versuchen so- 90 A. Fliegner. wohl ein Mangel der Homogenität, als auch namentlich ein Einfluss der geometrischen Gestalt und der benutzten Menge des Körpers auf seine innere Arbeit irgendwie hätte bemerklich machen müssen. Es scheinen aber noch keinerlei Beobachtungen vorzuliegen, die auf derartige Einflüsse hindeuten, und daher muss man wohl, bis etwa einmal ein Gegenbeweis erbracht sein wird, annehmen, sie seien tat- sächlich gar nicht vorhanden. Die Molekularkräfte, von denen die potentielle Energie abhängt, sind jedenfalls die gleichen, die auch bei der Verdampfung eine Rolle spielen und die zu ihrer Überwindung die Zuführung der innern Verdampfungswärme nötig machen. Wären nun diese Kräfte gegenseitig zwischen allen beliebigen Molekelpaaren tätig, so müsste auch die Verdampfungswärme von der geometrischen Gestalt und namentlich von der Menge des tropfbar flüssigen Bestandteiles ab- hängen. Es müsste daher in Grosswasserraum-Kesseln eine verhältnis- mässig grössere Wärmemenge zugeführt werden, als in kleinen Ge- fässen, wie sie meistens bei wissenschaftlichen Untersuchungen Ver- wendung finden. Aber auch in dieser Richtung scheint noch niemals ein Unterschied beobachtet worden zu sein. Alle diese Überlegungen führen nun auf die Vermutung, dass die Anderungen der potentiellen Energie von ganz anders gearteten Kräften erzeugt werden. Die angedeuteten Schwierigkeiten ver- schwinden nämlich, sobald man voraussetzt, dass die anziehenden Kräfte nur zwischen je zwei benachbarten Molekeln auftreten, dass sie aber nicht durch eine Molekel hindurch auch noch auf eine entferntere einwirken können. Wären derartige Kräfte tätig, so wäre der Körper, eine, wie üblich, gleichförmige Verteilung seiner Molekeln vorausgesetzt, in seinem ganzen Innern auch nach der potentiellen Energie vollkommen\homogen. Nur seine Oberflächen- teilchen ständen unter bloss einseitigen Kraftwirkungen, wenn nicht vielleicht umgebende Körper von anderer Beschaffenheit in geeigneter Weise ergänzend eingriffen. Bei derartigen Kräften blieben aber auch alle Arbeiten von der geometrischen Gestalt und die auf die Gewichtseinheit bezogene potentielle Energie ausserdem von der gerade vorhandenen Menge des Körpers unabhängig. Denn etwa neu hinzutretende Teilchen könnten höchstens die alten Oberflächenteilchen beeinflussen oder dort an die Stelle eines frühern umgebenden Körpers treten. Auf die schon vorher im Innern befindlichen Teilchen könnten sie dagegen nicht einwirken, weil sich mindestens die alten Oberflächenteilchen als Hindernis der Einwirkung dazwischen befänden. Daher wäre es ganz gleichgültig, an welcher Stelle der alten Ober- fläche und in welcher Menge und räumlichen Anordnung solche neue Die Integrationskonstante der innern Arbeit von Gasen. 91 Teilchen hinzuträten und wie sie das Gewicht und die Gesamtgestalt des ganzen Körpers änderten. Ebenso dürfte man Teile des ur- sprünglichen Körpers entfernen. Das könnte nur die Verhältnisse an den neuen Öberflächenteilchen ändern, während das ganze Innere des von ihnen umschlossenen Raumes dabei vollständig unbeeinflusst bliebe. Bei derartigen Kräften wäre daher die Integrationskonstante U, eine wirklich in jeder Beziehung unveränderliche Grösse, so wie sie die Thermodynamik von jeher eingeführt hat. Dann verschwände U, bei allen Rechnungen über Zustandsänderungen vollkommen genau. Solche Kräfte hätten Ähnlichkeit mit den chemischen Kräften, die auch nur in unmittelbarer Nachbarschaft wirken, allerdings nicht zwischen den Molekeln, sondern zwischen den Atomen. Dabei muss man unter der chemischen Energie die Arbeit verstehen, die von den Anziehungskräften geleistet werden müsste, wenn sie die Atome aus unendlicher Zerstreuung zu Molekeln vereinigen sollten. Nun ist bei den vorstehenden Entwickelungen, im Anschluss an die übliche Behandlungsweise der gesättigten Dämpfe, die angenäherte Annahme zugelassen worden, dass das spezifische Volumen der tropfbaren Flüssig- keit bei allen Pressungen und namentlich auch bei allen Temperaturen ungeändert bleibe. Mit der gleichen Berechtigung darf man daher den Atomen in der Molekel feste gegenseitige Abstände beilegen und ausser- dem, ähnlich wie dort, annehmen, dass in der Molekel die anziehenden und abstossenden Atomkräfte angenähert im Gleichgewicht stehen. Dann hat aber die chemische Energie für die Atome wesentlich die gleiche Bedeutung, wie der grösste Wert der potentiellen Energie, also U,, für die Molekeln. Und da die Molekeln aus Atomen zusammen- gesetzt sind, so wäre es sogar nicht ausgeschlossen, dass es sich viel- leicht in beiden Fällen um dieselben Atomkräfte handelte, die nur, je nach den Verhältnissen, das eine Mal chemische, das andere Mal physikalisch-mechanische Vorgänge veranlassten. Für diese Auffassung würde auch sprechen, dass gewisse Atome sowohl einatomig bleiben, als auch zweiatomige Molekeln bilden können. Wie aber diese Kraftwirkungen zustande kommen und welchem Gesetz sie folgen, geht auf Grund der bis jetzt verfügbaren Ver- suchsergebnisse noch nicht zu entscheiden. Es sind allerdings schon einige analytische Ausdrücke für das Gesetz vorgeschlagen worden. So hat der schon erwähnte Brillouin a. o. O.,$. 64, eine verwickeltere Formel aufgestellt, die aber mit wachsendem Molekularabstand asymptotisch in den Ausdruck für die Gravitation übergeht. Er setzt also voraus, die Gravitation wirke mit. Järvinen!) vermutet da- ) ZS. £. physik. Chem., 82, 1913, S. 541—574. — Beiblätter, 1914, 3.1, 92 A. Fliegner. gegen, dass sich die Kraft durch eine Summe von Gliedern sollte darstellen lassen, die alle die Gestalt — 4x" hätten, nur mit ver- schiedenen Werten von n und wohl auch von A. Dabei könnte eines dieser Glieder, mit n— 2, von der Gravitation herrühren. Einen ähnlich gebauten Ausdruck gibt Kleeman?), nur beschränkt er sich auf drei Glieder mit » — 4, 5 und 6. Er schliesst also die Mitwirkung der Gravitation aus. Ausserdem nimmt er an, die Koeffizienten A seien von der Temperatur abhängig. Gegenüber diesen Vorschlägen wäre es aber auch denkbar, dass neben der Gravitation Kräfte wirkten, die mit wachsendem Molekularabstand nicht asymptotisch erst im Unendlichen verschwänden, sondern schon bei einem endlichen Abstand, so dass bei grössern Abständen die Gravitation allein übrig bliebe. Jedenfalls sind hiernach die Anschauungen über diese Mole- kularkräfte noch lange nicht abgeklärt. Die Gravitation wirkt selbstverständlich zwischen den Gas- molekeln einer- und der Erde andererseits und erzeugt dadurch das Gewicht des Gases. Daher muss es doch wohl als sehr wahrschein- lich bezeichnet werden, dass sie auch gegenseitig zwischen allen Molekelpaaren tätig ist und dass sie die potentielle Energie des Gases mit erzeugen hilft. Sie wird zwar durch die Zustandsgleichung von van der Waals ausgeschlossen. Das bildet aber keinen Gegen- beweis, da ja auch anders gebaute, genauere Zustandsgleichungen denkbar sind, die für die Kräfte auf Gesetze führen, wie sie eben besprochen wurden, Gesetze, die die Mitwirkung der Gravitation zulassen oder sogar verlangen. Doch ginge unter den Verhältnissen, unter denen die Versuche mit Gasen gewöhnlich durchgeführt werden, der Einfluss der Gravitation gegenüber dem der andern, weit grössern Kräfte noch gar nicht nachzuweisen. Denn dazu müssten Hülfsmittel zur Verfügung stehen, die es gestatten, die Arbeiten auf mindestens 10 bis 15 geltende Ziffern genau zu beobachten. Wirkte die Gravi- tation bei der potentiellen Energie mit, so wäre allerdings die Grösse U,, streng genommen, nicht unveränderlich. Wenn aber gleichzeitig die andern, grossen Molekularkräfte nur zwischen je zwei benach- barten Molekeln aufträten, so rührte die Änderung von U, von der Gravitation allein her, und sie bliebe folglich so klein, dass sie bei allen Zahlenrechnungen von selbst verschwände. Daher dürfte man doch die Integrationskonstante U, mit genügender Genauigkeit als unveränderlich ansehen und sie bei allen Anwendungen von vorn- herein ganz unberücksichtigt lassen. 2) Cambridge Proc., 16, 1912, S. 540, 584, 658. — Beiblätter, 1913, $, 1315— 1318. ET Geologische Nachlese. Von ALBERT HEm. (Als Manuskript eingegangen am 25. September 1915.) Nr. 24. Die Schwereabweichungen der Schweiz in ihrem Verhältnis zum geologischen Bau. Hiezu Tafel 1. I. : Mit den Entdeckungen von Helmert und Sterneck, dass in grossen Gebirgen durch Pendelbeobachtungen ein Massendefekt nach- weisbar sei, haben sich auch für die geologische Betrachtung neue Gesichtspunkte ergeben. Dass im grossen ganzen trotz vielen Unregelmässigkeiten die äusseren Rindenlagen der Erde aus spezifisch leichteren, die tieferen aus sukzessive spezifiisch schwereren Massen gebildet sind, war schon lange erkannt worden: Während das mittlere spezifische Gewicht der Erdkugel 5,6 beträgt, liegt dasjenige der grossen sedimentären Gesteinsmassen nur zwischen 2 und 3, ebenso dasjenige der sauren Eruptivmassen. Basische Eruptiva und ihre metamorphen Derivate können etwas dichter werden. Es gibt Andeutungen dafür, dass dieselben meistens aus grösseren Tiefen stammen, und dass sie mit der Tiefe ihres Ursprungsherdes reicher an Ausscheidungen von Erzen der Schwermetalle (Chromeisen, Magnetit, Eisen, Kupfer ete.) werden. Wir können auch Meteoriten mit den irdischen Gesteinen vergleichen. Es ist hier nicht notwendig, auf alle diese Dinge einzutreten. E. Süss unterschied tiefer als die Sedimente Zonen mit zunehmender Dichte („Sal“, „Sima“) und bezeichnete als „Nife“ die Barysphäre der Erde, die vorherrschend aus Schwermetallen (Nickeleisen etc.) bestehend, wohl die Erde in den inneren °/ı ihres Radius zusammen- setzt. Die Unregelmässigkeiten, die wir in den der direkten Beob- achtung zugänglichen Teilen der Erdrinde kennen, sind mannig- faltig, aber insofern einseitig, als hier beschränkte Massen schwerer Gesteine in die leichtere höhere Rinde eingedrungen sind, nicht aber begrenzte Stücke leichterer Massen in den tieferen schweren Teilen liegen. Die Unregelmässigkeiten innerhalb einer Tiefen- 94 Albert Heim. zone sind zudem gering, insofern als die hier gemischten Gesteins- dichten, abgesehen von lokalisierten Erzen, nicht weit voneinander abstehen. Es scheint darnach, dass wir berechtigt sind, unsere weiteren Betrachtungen aufzubauen auf der Tatsache, dass das Innere der Erde dichter ist als die Rinde und auf der Annahme, dass im grossen ganzen die Dichte nicht allzu unregelmässig in Erdenschalen stufen- artig von aussen nach innen zunimmt; ferner dass die Gebirgsdis- lokationen hauptsächlich nur den äusseren Schalen angehören, die gewissermassen auf den tieferen schwereren schwimmen, und sich bei Zusammenschub von der Unterlage abscheren können, während die letztere dem Druck in ganz anderen Formen ausweicht. Starke Schwereabweichungen müssen also wohl beruhen auf Ab- weichungen von der regelmässigen konzentrischen Schalen- form der verschieden dichten Gesteine. Eine Einsenkung der Schalen verschiedener Dichte wollen wir eine Schweresynklinale, eine Aufwölbung dagegen eine Schwereantiklinale nennen. Die erstere wird, auf Meerniveau bezogen, durch Pendelbeobachtungen eine zu geringe, die letztere eine zu grosse Schwere erkennen lassen — dort ein Massendefekt, hier ein Massenüberschuss. Schon früher hatte ich aus der Übertiefung der Gebirgstäler und ihrer Aufschüttung mit Alluvionen oder Wasser („Talseen*, „Rand- seen“) auf eine Einsenkung des schon durchtalten Gebirgskörpers in einer letzten Phase der Gebirgsbildung geschlossen. Aufgehäufte Massen aus dislozierten leichteren Rindenteilen sind dadurch an Stelle tieferer schwerer Massen getreten, woraus der im Gebirge beobachtete Massendefekt sich erklärte, während zugleich als Ur- sache der Einsenkung die Überlastung durch Dislokationshäufung zu erraten war. Die Einsenkung und dadurch die Ausbildung einer Schweresynklinale musste annähernd so weit gehen, bis die Differenz im Gewichte der verdrängten schwereren Tiefenmasse und der an ihre Stelle eingesunkenen, weniger dichten Masse das aussen vor- ragend noch gebliebene Gebirge gewissermassen schwimmend wieder zu tragen vermochte. Wir können in dieser theoretischen Gleich- gewichtsbetrachtung noch einen Schritt weiter gehen und sagen: Wenn später die Verwitterung das an der Aussenfläche vorragende, bereits statisch ausbalancierte Gebirge mehr und mehr abträgt, so wird an Stelle der Einsenkung infolge der Entlastung wieder eine Hebung eintreten können. Damit wird der Massendefekt dieses Gebirges wieder abnehmen, und es ist denkbar, dass er sich im Ge- biete der Narben alter, tief abgetragener Gebirge allmälich in einen Massenüberschuss umkehrt: Die Schweresynklinale wölbt sich in de Schwereabweichungen der Schweiz in ihrem Verhältnis zum geolog. Bau. 95 Höhe, bis sie zur Schwereantiklinale geworden ist. Wo also obere Teile der Erdrinde durch Dislokation mächtig zusammengedrängt und gehäuft sind, werden die leichteren Massen eine Verdicekung - .. \ "u L ’ r ) ’ N ‘ EN ' ’ Feen ame — nun u 4 ‘ ’ BE .=——.— Pepsi ee ee - 4/71 =. Be Dr Dom um Wi — _— x.’ ! , ' fi} t 4 en ee en, , { Ba: — ee LER —. PB A — I De eeT SEEN EZ m -— — ——— Sn. Ag Be ’ er A ir“; Mg —-r — rg Fig. 1. Schema eines Gebirgsprofiles mit Massendefekt. nn. Gebirgsoberfläche an er Mer VBau a Faltung der Schichten ae > -- Verlauf der Flächen gleicher Dichte. Decken - Gebirge OR Le Rn Le eraerer Piz S. ee eg m—— ur Ben N SIE sn re, N . Im Ter Tg RR \\ z r SEHEEEFZZEI EAN NIE FE En Ha is nn In NS fi 17 fi LT, Zr Ran = - a Fe = T ET ur Rx Pe —— ” en m L > > en =Z EENIEEETR, IS > Rn I ET az “ei . h. ir N 1 we. 853 er Be - ‘ —. .. S=,zaRT mu DD 5 .. RRETFERRN ae en“ zZ SZ 4 Wurzelregion”” aa ei ng an „ - — m ,, “€ . ee re u ER se a ES TRTR N —, Pd Ehe na an x Fig. 2. Schema eines Gebirgsprofiles mit Deckfalten und starkem Massendefekt z. B. Alpen). Fig. 3. Schema eines Gebirgsprofils mit Schwereüberschuss (z. B. Schwarzwald). auch nach unten und die Barysphäre eine kessel- oder grabenförmige Einbiegung, eine Synklinale ihrer Oberfläche aufweisen, es wird Massendefekt vorhanden sein. Wo dagegen die tiefsten Teile der Erdrinde nach aussen vorragen, da wird auch die Barysphäre eine dem Gebirge entsprechende Antiklinale bilden und der Oberfläche 96 Albert Heim. näher treten, da werden wir auf ein bestimmtes Niveau bezogen, . einen Massenüberschuss über das Mittel, eine Schwereantiklinale finden. Massendefekt ist zu erwarten in allen noch vorhandenen Gebirgen aus Sedimentgesteinen und leichteren metamorphen Gesteinen, die durch Horizontalschub in der Erdrinde entstanden sind, ferner in Senkungsfeldern; Massenüberschuss ist zu erwarten in Horsten, in Gebirgen, die durch Vertikalhebung entstanden sind, in tief abge- tragenen Narben verschiedener, ganz alter Gebirge („Rumpfgebirge*). Zur Verdeutlichung dieser Vorstellungen seien hier einige schema- tische Profile gegeben, welche unsere Gedanken über das Verhältnis von Gebirgsbau zur Schwere kundgeben. Das sind vorerst nichts als tastende Gesichtspunkte und Fragen. Es muss noch viel über Schwereabweichungen beobachtet werden, bis dieselben durchgeprüft und als ganz oder teilweise richtig oder als irrtümlich bezeichnet werden können. Es sind auch schon eine Anzahl von Gebieten auf diese Gesichtspunkte hin diskutiert worden. Die Geodätische Kommission der Schweizerischen Natur- forschenden Gesellschaft hat für die Schweiz die Schweremes- sungen übernommen und organisiert und die Resultate in ihren Sitzungs-Protokollen und Jahresberichten publiziert. Zuerst wurden die Schweremessungen von Ingenieur Dr. Messerschmidt, später von Dr. Th. Niethammer ausgeführt. 1914 wurde eine Karte mit den Kurven gleicher Schwereabweichungen als Resultat der Beobachtungen 1900—1913 gegeben. Seither ist noch einiges erweitert worden. Für 1915 und 1916 ist das Gebiet der Kantone Glarus und St. Gallen (Oberland) zur Bearbeitung in Aussicht genommen. Ost-Graubünden und Süd-Tessin werden den Schluss bilden. Die grosse Beobachtungs- arbeit ist also noch nicht abgeschlossen, sie bietet indessen schon heute Resultate, welche zu einer vorläufigen Betrachtung nach geologischen Gesichtspunkten herausfordern. Wir stützen uns hierin ganz und ausschliesslich auf die kartographische Darstellung von Th. Niethammer, die wir in einer etwas modifizierten und vereinfachten Wiedergabe mit gütiger Erlaubnis der Geodätischen Kommission hier beilegen. Zur Erklärung der Karte (s. Taf .T) dient folgendes: Die hier gege- benen Schwereabweichungen sind alle auf Meerniveau reduziert. Die Kurve OÖ verbindet alle Punkte der als normal angenommenen, also der mittleren Schwere. Die Kurven mit dem Vorzeichen $# gehören den Gebieten mit Schwereübermass, diejenigen mit dem Vorzeichen — solchen mit zu geringer Schwere (Massendefekt) an. Die den Schwere- abweichungskurven in den Darstellungen der Geodätischen Kommis- sion zugrunde gelegten Zahlen (g,—7,) drücken die Schwereab- "CL6L "XI Uassogosodqn Fa IN 3so7y2DN "Boyoas) “warar] "AV (usauny-s240WN 001) -8U14899 Jaram UN Jyonupadsn | vi61-0061 } FI (owweyeNn 'YL) m uoIssiwwoy Jepoag 'zıemyag | ! 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Wir verweisen hier bezüglich der Beobachtung am Pendel, der Rechnung und Umrechnung auf die eingehenden Dar- stellungen in den Publikationen von Dr. Messerschmitt und Dr. - Niethammer, und betonen noch die Relativität der Zahlen. Niethammer hat schon wiederholt, so z. B. in einem Vortrage vor der Naturf. Gesellschaft bei der Jahresversammlung in Glarus (Verhandlungen der Schweiz. Naturf. Gesellschaft 1908) auf die Beziehungen der Schwereabweichungen zum geologischen Bau hinge- wiesen, und damit unser heutiges Thema berührt. Ebenso ist dies auch schon durch mich geschehen. Die seitherige Ergänzung der Messungen erlaubt uns nun weiter zu gehen und Allgemeineres zu überblicken. Bisher sind die Schweremessungen mittelst Pendel an zirka 180 Stationen der Schweiz ausgeführt worden. Selbstverständlich wäre in manchen Gebieten, z. B. in der Umgebung des Rheingraben- bruches, des Ostabbruches des Randen, in der Zone der subalpinen Molasse und im Molasselande überhaupt etc. ein dichteres Beobach- tungsnetz sehr wünschenswert, um die Beziehungen zur geologischen Struktur genauer ermitteln zu können. In einem dichteren Netz von Punkten werden die Kurven den geologischen Bau noch besser nachzeichnen. Wir sind für unsere Betrachtungen zunächst ganz auf das bisher Gewonnene, vorläufige Kurvenbild angewiesen. IL. ;: Wir finden Übereinstimmung oder doch deutlich verständ- liche Beziehungen zwischen den Schwereabweichungen und dem geo- logischen Bau in einer ganzen Anzahl von Erscheinungen, die hier, soweit ich sie sehen kann, genannt werden sollen. 1. Der Schwarzwald vom Rhein an nördlich und östlich hat Schwereüberschuss und die Schwerekurven laufen fast wie Horizon- talkurven. Allerdings war der Schwarzwald ein paläozoisches Falten- gebirge. Allein er ist dann durch Verwitterung tief — Vierteljahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916 98 Albert Heim. worden und nachher versunken und ist erst am Schlusse der Jura- zeit, besonders während der Tertiärzeit durch eine relative, rein vertikale Hebung wieder zum Gebirge geworden. Dass unter dem gehobenen alten Rumpfe die schwereren Teile mitgehoben sind, ist schon aus dem Gebirgsbau wahrscheinlich und die Überschwere ist die Folge dieser tertiären Hebung. (Vergl. Figur 3.) 2. Vom Schwarzwald fallen die Schichten gegen die Alpen bis unter den Südrand der Molasse fast beständig ein. Die Überlagerung mit jüngeren Schichten nimmt gegen SSE beständig zu. Sie mag über der Linie Luzern-Thun 2000 bis 3000 m mehr betragen, als am Südabhang des Schwarzwaldes bei Laufenburg. Ganz in Über- einstimmung damit steht eine auffallend gleichmässige Zunahme des Massendefektes vom Schwarzwald gegen die Alpen, wobei die Kurven gleicher Defekte von SW nach NE parallel dem Jura und dem Alpen- rande streichen. 3. Recht auffallend ist schon auf den ersten Blick, dass der Massendefekt vom Schwarzwald gegen die Alpen in einer Regel- mässigkeit zunimmt, als ob der Kettenjura gar nicht vorhanden wäre. Eine Verbreiterung der Kurvendistanz nördlich des Rheines gegen NE und westlich Delsberg gegen SW ist wohl verständlich durch die in diesen Richtungen sich verbreiternden, plateauförmigen Zonen des Juragebirges. Dass der Kettenjura auf die Massendefekt- zunahme gegen SSE anscheinend gar keinen Einfluss hat und nicht einmal etwa wie eine Schwelle in diesem Gefälle wirkt, scheint mir dadurch erklärt zu sein, dass der Kettenjura durch eine Abscherungs- fläche vom tieferen Untergrunde getrennt ist. Seine Faltung greift nicht in die krystalline Tiefe hinab. Vielmehr hat sie sich über der vom Molasseland gegen den Schwarzwald aufsteigenden Abscherungsfläche im Salzton (mittlerer Muschelkalk) nur durch Ausweichen von Falten nach oben vollzogen. Die tiefen dichteren Massen und ihre obere Begrenzung machen bei der Jurafaltung nicht mit. Der Kettenjura liegt nur oben auf und beeinflusst die Schwere, reduziert auf Meerniveau nicht. Was über Meerniveau steht, ist durch die Reduktionsrechnungen aus unserem Isogammenbilde ausgeschaltet. Dadurch, dass der Massendefekt vom S-Fuss des Schwarzwaldes bis tief in die Alpen hinein unter Kettenjura, Molasseland und helve- tischen Alpen ganz gleichmässig zunimmt, ist auch angedeutet, dass der Jura zu den Alpen gehört, ein Stück Alpen ist. . 4. Nach den neuesten Messungen machen die Kurven’ gleicher Schwereabweichungen bei Yverdon-Vallorbe eine scharfe Ausweichung nach S. Diese Ausweichung oder Schleppung läuft harmonisch mit der Kettenschleppung am grossen Querbruch von Vallorbe-Pontarlier sie u dei > luea Ale Sn ann u ln a nn Si ze Zu ie Az Schwereabweichungen der Schweiz in ihrem Verhältnis zum geolog. Bau. 99 und verlängert diesen Querbruch in die Molasse hinein. Vielleicht ist dieses örtliche Zusammentreffen in eigem ursächlichen Zusammen- hang mit der Querverschiebung. 5. Das in die Augen springendste Ergebnis der schweizerischen Schweremessungen besteht darin, dass das ganze Land vom Süd- fuss des Schwarzwaldes bis nach Locarno Massendefekt hat, also eine gewaltige Schweresynklinale bildet. Dabei ist sehr stark die Unsymmetrie im Alpenbaue ausgesprochen. Das Molasseland samt Jura erscheint nur als das Vorland der Alpen. Die Zunahme des Massendefektes ist am NNW-Abhange vom Schwarzwald durch Jura und Mittelland bis tief in die Alpen hinein ziemlich gleich- mässig und allmählich. Die Isogammen laufen dem Alpenstreichen parallel, sind also durch die Alpen geleitet. Die Linie des stärksten Massendefektes läuft im grossen ganzen auf der Talfurche Chur- Martigny oder wenig südlich daneben. Etwas genauer bezeichnet geht diese Scheitellinie des alpinen Massendefektes oder die alpine Schweresynklinale vom Grossen St. Bernhard über Chäble, Usegne, Stalden (Nicolai), Furka, Urserental, Vorderrheintal, Chur und Davos. Die Abnahme des Massendefektes ist von dieser Linie aus gegen 9 viel rascher als gegen N. Da drängen sich die Isogammen zu einem drei- bis viermal steileren Gefälle. Also auch in der Schwere- änderung ist der Nordabfall der Alpen langsam vermittelt, der Südabfall steil. 6. Das Querprofil des Massendefektes durch die Alpen ist gegen- über dem orographischen Querprofil gegen N verschoben. Der Alpenmassendefekt reicht von Locarno bis fast Basel, das Gebirge dagegen, den kleinen Seitenzweig Jura abgerechnet, von Chiasso bis Luzern. Der südlichste Teil der Alpen ist eben nicht mehr gefal- tetes Sedimentgebirge oder Deckenland, er ist zu tiefer Narbe ab- getragenes Wurzelland, seine Schichten steigen steil aus der Tiefe auf. Es gilt dies für die Berge an der NW-Seite des Lago Maggiore, und für einen Teil des „Seengebirges*, wo Schwereübermass und Struktur vergleichbar und symmetrisch zum Schwarzwald sind. 7. Von grosser Bedeutung scheint mir die auffallende Tatsache zu sein, dass die südlichste Zone der Alpen Massenüberschuss hat. Diese scharfe Differenz zwischen der Überschusszone und der Defektzone wäre nach den Kenntnissen, wie wir sie vor 20 Jahren über den Bau der Alpen gehabt haben, ein unverständliches Rätsel. Heute aber erscheint sie uns als die notwendige Folge der Teilung der Alpen in Wurzelland und Deckenland. Unter dem Wurzelland war Aufsteigen der tieferen Massen in der Erdrinde vorhanden, unter dem Deckenland Eindrücken derselben. Die Einseitigkeit der alpinen 100 Albert Heim. Tektonik in der Schweiz wird dadurch auffällig wiedergegeben und jede Theorie, die von einer Art Verschlucken von Streifen der Erd- rinde in den Mittelzonen als Ursache der Entstehung der Alpen phantasierte, ist dadurch zugunsten des einseitigen Tangentialschubes widerlegt. 8. Im Wallis ist sehr deutlich, dass der Schweredefekt in den Deckenmassiven des Grossen St. Bernhard und der Dent Blanche am stärksten ist. Da ist eben eine liegende Falte über die andere geschoben und die ganze Häufung der liegenden Falten von Trias, Karbon und krystallinen Silikatgesteinen (Argands Profile) ist 25 bis 30 km dick und greift 20 bis 25 km tief unter Meerniveau hinab. Gegen den Rand der autochthonen Massive (Mont Blanc, Aarmassiv) nimmt er ab und ist in den „autochthonen“ Massiven durchweg gleich, aber geringer als im Gebiete der höheren Deckenmassive. Dabei schmiegen die Kurven gleicher Schwereabweichungen ihre Formen genau nach der Grenze zwischen autochthonen und Decken- massiven. Der Unterschied der beiden Massivarten zeichnet sich dadurch in den Schwereabweichungen deutlich ab. Im Deckenmassiv ‘haben wir hier 100 bis 200 m mehr Massendefekt. Wären die Zentral- massive der südlichen Walliseralpen autochthon, so würde dort der Massendefekt wahrscheinlich geringer sein. Die Schweremessungen bestätigen also den Deckenbau der penninischen Region. In der Diskussion, welche sich am 14. September in der geolo- gischen Sektionssitzung der Schweiz. Naturf. Gesellschaft in Genf an meinen Vortrag knüpfte, hob Argand hervor, dass der grösste Massendefekt in den penninischen Alpen nicht da sich befinde, wo jetzt die Deckenauftürmung noch am mächtigsten ist, sondern etwa 12 km nördlicher, wo sie vor dem stärksten Erosionsabtrag am mächtigsten gewesen sein muss: 9. Zwischen Gotthardmassiv und Aaremassiv liegt die synkli- nale Zone des Urserentales aus jüngeren Gesteinen tief hinabgefaltet. Auf dieser Zone wird der Massendefekt grösser als in den beidsei- tigen „autochthonen“ Zentralmassiven. Die Schweresynklinale läuft durch die Urserenmulde. Es kann das die direkte Folge der Mulde sein und die Mulde muss wohl sehr tief gehen. 10. Die östliche Zone grossen und grössten Massendefektes streicht durch das Bündneroberland und wird noch kräftiger gegen Osten. In diese Zone hinein legen sich weiter östlich, stets tiefer einsinkend, die höchsten alpinen Decken — die ostalpinen — hinein, so dass diese nun im ÖOberflächenniveau des Gebirges liegen. Das’ ist der tiefst-eingedrückte Teil der Schweizeralpen mit den höchsten Decken erhalten. Erst unter dem Rhätikon und unter der Silvretta Schwereabweichungen der Schweiz in ihrem Verhältnis zum geolog. Bau. 101 verborgen könnten eventuell die Fortsetzungen der helvetischen und penninischen Kalkalpen liegen. Da sollte also — wegen des Sinkens der Decken gegen Osten — der grösste Massendefekt folgen. Tat- sächlich zeigt der bisher östlichste Beobachtungsort dieser Zone, Davos, den grössten bisher in der Schweiz gemessenen Massendefekt. Es steht dies im schönsten Einklange mit dem longitudinalen Sinken der Decken gegen Osten und mit der dortigen ungeheuren Ueber- einanderschichtung mit jüngeren höheren Überschiebungsfalten, die in der Mittelschweiz fehlen. Der tektonische Höhenunterschied ist wohl derart, dass die Gesteinsmassen nördlich Locarno, fortgesetzt unter Davos, über 10 km tiefer zu suchen wären. 11. Eine sehr auffallende Erscheinung ist die nordwärts ge- richtete Einbuchtung der Schwerekurven in den Alpenkörper hinein im Tessin. Diese Einbuchtung legt sich in ihrem südlichsten Teil auch einigermassen an die hier in die Alpen eingebuchtete Streich- richtung der Schichten und Falten. Allein im nördlichen Tessin schneidet sie die Streichrichtungen und hat eine ganz andere Ursache. Im nördlichen Tessin nämlich liegt die Kulmination in der longitu- dinalen Höhe der alpinen Deckfalten. Die hier abgewitterten höheren Deckfalten setzen westlich und östlich davon in stets grösserer Ent- fernung in den erhaltenen Gebirgskörper eine nach der andern ein. In den Tessineralpen steigen die tiefsten Teile des ganzen alpinen Bauwerkes am höchsten hinauf und deshalb wird auch dort in der Tiefe diehteres Material am nächsten liegen, deshalb dort grössere Schwere als im gleichen Streichen weiter östlich oder westlich. Vor dem Berninagebirge erholen sich die Schwerekurven wieder von der Tessinereinbuchtung, weil im Berninagebirge die Unterlage wieder viel tiefer liegt und das Gebirge aus höheren Decken aufgehäuft ist. 12. Aus dem Bild der Schwereabweichungen, wie es uns heute vorliegt, wird recht deutlich, dass im allgemeinen die tektonischen Höhen und Tiefen, wie sie in den Querprofilen der Alpen wechseln, nur in einer sehr ausgeglichenen, abgeschwächten Art fühlbar sind, während die Schwankungen in den tektonischen Höhen in der Längsrichtung viel stärker in der Schwerewirkung zum Ausdruck kommen. Bei den letzteren handelt es sich eben um weiter ausgedehnte Änderungen, im Querprofil dagegen um unregelmässigeren, kürzer gedrängten und im Sinne wechselnden und wiederholten, viel- leicht oft nach unten durch Abscherungsflächen begrenzten Wechsel, der gemischter wirkt und sich in ein Mittel ausgleicht. 13. Hie und da scheinen auch kleinere einzelne Erscheinungen in der Ausdehnung einer Decke in dem Verlauf der Schwerekurven Ausdruck zu finden. So biegen Schwerekurven zwischen Aaretal 102 Albert Heim. und Genfersee wie der Kettenbogen der Prealpes gegen NW aus. Westlich der untern Walliser Rhone biegen alle Schwerekurven wie das Streichen der Schichten und Falten stark gegen S um. Der Nordrand des Aarmassives wird durch eine Verlangsamung in der Schwereabnahme gegen S bemerkbar. 14. Wir können auch noch, allerdings nur in ganz vorläufiger Art, den tektonischen Bau mit den absoluten Beträgen des gemessenen Massendefektes vergleichen. In dieser Richtung ist zunächst zu bedenken, dass nirgends direkt Rindenmaterial von 2,4 spez. Gewicht an diejenige Stelle versetzt worden ist, wo früher Barysphäre von der Dichte z. B. 6 lag. In einer Schweresynklinale ist zuerst in den höheren Zonen Material von z. B. durchschnittlich 2,7 spez. Gewicht an Stelle von solchem von der Dichte 3, getreten. In grösseren Tiefen folgt dann vielleicht Gestein von Dichte 3 wo früher solches von 3,5 war. Erst in vielleicht Hunderten von Kilo- metern Tiefe kommen wir zu Vertausch von Gesteinen mit Dichte 5 durch solche mit 4'/e. Die Differenzen gegenüber dem Normalen sind in jeder Tiefe immer nur von geringen Beträgen und sie wirken auf die Schwere an der Oberfläche um so weniger, je tiefer sie liegen. Aber je grösser die Tiefe ist, in welcher ein Massenüberschuss oder Massendefekt sich findet, um so weiter wird der Umkreis an der Erdoberfläche, auf welchem er sich als Schwereanomalie fühlbar macht. So muss in der Wirkung auf die Schwere an der Erdoberfläche ein Ausgleich der nach Betrag und Ausdehnung kleineren Massenvaria- tionen entstehen und die Isogammen geben deshalb nur eine sehr generalisierte, summarische und verschwommene Ab- bildung der Massenungleichheiten in der ganzen Erdrinde, projiziert auf Meerniveau. In den grossen Tiefen werden Schwere- antiklinalen und Synklinalen durch Fluktuationen ausgeglichen sein. Aus dem Deckenbau der Regionen von Davos oder der südlichen Walliseralpen, also der Gebiete des maximalen Massendefektes, können wir entnehmen, dass die tektonische Schweresynklinale eine Tiefe von wohl 5000 bis 10000 m und mehr haben muss. Bis unter diese Tiefe hinab liegen jetzt Gesteine, die durchschnittlich ein um '/«ı bis !/a geringeres spezifisches Gewicht haben mögen, als es sonst normal in den jeweiligen Tiefenstufen vorherrscht. Der Massendefekt würde also einer Gesteinsschicht von 5000 bis 10000 m Dicke vom spezifischen Gewicht 0,25 bis 0,5 entsprechen. Das ist, umgerechnet in Gestein von 2,4 spezifischem Gewicht, eine Gesteinsschicht von 520 bis 2080 m Mächtigkeit. An den genannten Orten Wallis-Davos beträgt der aus den Pendelbeobachtungen berechnete Massendefekt 1450 bis 1600 ın Gestein von 2,4 spezifischem Gewicht. Wir sehen al dan 3 el un elle 1 Del a u Schwereabweichungen der Schweiz in ihrem Verhältnis zum geolog. Bau. 103 hieraus nur so viel, dass die alpinen Massendefekte wenigstens in ihrer Grössenordnung mit dem vollständig übereinstimmen, was wir theoretisch nach dem tektonischen Bau erwarten müssen. Viel- leicht gelingt es später, in solcher Art genauer rechnend vorzugehen und sogar aus den Schweremessungen zu berechnen, ob gewisse Decken in der Tiefe noch vorhanden seien oder aussetzen. So kann vielleicht dereinst die Messung der Schwereabweichungen unsere Einsicht in den Gebirgsbau vertiefen. III. Anders, als wir es erwartet hatten, hat sich das Bild der Schwereabweichungen, wie mir scheint, in folgenden Punkten ergeben: Vom Schwarzwald bis tief in die Alpen hinein ist die Zunahme des Massendefektes eine unbegreiflich gleichmässige. Dass der Jura- rand sich darin nicht abzeichnet, ist, wie oben gezeigt, begreiflich. Dagegen hätten wir eine dichtere Drängung der Kurven, eine deut- licher stärkere Zunahme des Massendefektes am eigentlichen Alpen- rand unter der subalpinen Molasse oder unter ihrer Grenze gegen die Kreidedecken erwartet. Statt dessen verschmelzen die Alpen durchs Molasseland langsam in den Jura auslaufend als ein zusammen- gewachsener Körper. Einzelne Mulden, einzelne Gewölbe beeinflussen die Verteilung der Schwere nicht. Jede Spur eines Alpennordrandes gegen das Molasseland fehlt in den Schwereerscheinungen. Wir müssen wohl darin erkennen, dass die letzte alpine Einsenkung auch ganz allmälich von den Alpen gegen N ausgeklungen hat. Das stimmt allerdings gut überein mit dem Auslaufen einzelner Seen (Bodensee und Zürichsee) so weit hinaus und mit dem Vorhandensein der dilu- vial eingedeckten tieferen Flussrinnen bis in den Plateaujura hinaus. Vielleicht liegt auch unter manchen Teilen der nördlichen Alpen eine Abscherungsfläche ähnlich wie unter dem Jura. Eine andere Erklärung liegt vielleicht im folgenden: Der Massen- defekt unter dem Alpenkörper liegt so tief, dass die nach oben aus- strahlende Schwerewirkung sich stark verbreitert, sich mit den Wir- kungen schmälerer wechselnder Gesteinszonen mischt und diese völlig übertönt. Die Schwereabweichungen können wegen des tiefen Sitzes ihrer Ursache nur ein breitsummiertes, ausgeglichenes, kein fein ge- gliedertes Abbild des tektonischen Baues geben. Eine ganz ähnliche Enttäuschung bringt uns das Schwerekurven- bild darin, dass die „autochthonen“ Zentralmassive sich nur gegen S, aber kaum gegen N durch grössere Schwere aus den umgebenden Defektzonen herausheben. Die Schwere ist in ihnen nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, grösser, sondern noch geringer als in den nörd- 104 Albert Heim. lich anliegenden Kalkalpen, wenn sie auch an der Nordschwelle des Aarmassives etwas langsamer gegen Sabnimmt als sonst. Auch hier wieder eine verwunderliche Ausgleichung, ein stumpferer, unge- gliederterer Abfall gegen N als gegen S. Wenn auch hohe Decken- massive (St. Bernhard, Dent Blanche, Bernina, Silvretta) grösseren Massendefekt zeigen als die autochthonen Zentralmassive, so ist doch meine Hoffnung nicht in Erfüllung gegangen, dass die Schwere- messungen ein ganz klares, bestimmtes Hülfsmittel sein würden, au- tochthone krystalline Massive von krystallinen Deckenmassiven zu unterscheiden. Angesichts dieser Wirkungsschwäche der autochthonen Zentral- massive auf die Schwere wirft sich die Frage auf, ob dieselben viel- leicht nicht mehr auf ihrer schweren Wurzel stehen, sondern aufrecht stehend, von ihrer Wurzel abgeschert und verschleppt worden seien. Damit eröffnet sich ein merkwürdiger Ausblick: Unterscheiden sich vielleicht die „autochthonen“ Zentralmassive von den Decken- massiven dadurch, dass sie von ihren Wurzeln nicht nur durch Ero- sion, sondern durch Abquetschen oder Abscheren ganz getrennt worden sind, und dass sie, statt jüngeren Sedimenten überfaltet und über- schoben zu werden, mit samt der Sedimenthülle, die in der meso- zoischen und Tertiärzeit sie überwachsen hat, aufrecht stehend nach Norden geschoben worden sind. Unter der Zone mit rascher Schwere- zunahme oder gar mit Schwereüberschuss, 30 bis 50 km südlicher, liegen vielleicht die geköpften Wurzeln der autochthonen Zentral- massive in schweren Narben dicht nördlich vor den Wurzeln der Deckenmassive. Die Schweremessungen geben das Tiefenbild der Tektonik, die geologische Tektonik dasjenige der oberen Rinden. Ähnlich wie die Unabhängigkeit der Schwereabweichungen vom Ketten- jura durch die dem Jura unterliegende Abscherungsfläche bedingt sein wird, ist es vielleicht eine noch viel tiefere Abe borugäd welche die „autochthonen“* Zentralmassive so einflusslos auf die Schwereabweichungen in den Alpen gemacht hat, und welche die Zentralmassive von ihren schweren Wurzeln abgeschoben hat. Ein grosser Unterschied gegenüber dem Jura bliebe darin bestehen, dass der Kettenjura überhaupt ohne tiefe Wurzeln als Oberhaut der Erd- rinde gefaltet worden ist, während die „autochthonen“ Zentralmassive der Alpen wohl mit ihren Wurzeln unter die Abscherung in die Zonen grösserer Dichte hinabgegriffen und dort schwerere Wurzel- zonen zurückgelassen haben. Ob es je möglich sein wird, durch die Schwereabweichungen ein so genaues Bild der Lagerung der Massen zu gewinnen, dass für die einzelnen „autochthonen‘“ Tentralmassive ihre Wurzel erkennbar sein wird, ist sehr fraglich. Schwereabweichungen der Schweiz in ihrem Verhältnis zum geolog. Bau. 105 Die Idee, dass auch die „autochthonen“ Zentralmassive möglicher- weise nicht mehr an ihrer Wurzel haften, ist schon früher von Schardt und von Lugeon ausgesprochen worden. Schardt neigt zu der Auf- fassung, die „autochthonen“ Massive seien die fächerig gestellten abgequetschten und vorgeschobenen Stirnpartien der tieferen krystal- linen Deckfalten. Indessen ruft ein Argand’sches Querprofil durch die Alpen von Bern durch Aarmassiv und Dent Blanche bis an den Südfuss der Alpen auf den ersten Blick noch einer vielleicht einfacheren Erklärung für die Wirkungslosigkeit der „autochthonen* Zentral- massive. Die penninische Deckenfaltung mit ihren 25 bis 30 km Dicke und ihren nördlichen Vorschüben ist im Vergleich zu der ca. 5 bis 38 km tief reichenden Aarmassivfaltung so enorm überwältigend, dass dagegen das autochthone Zentralmassiv selbstverständlich ver- schwinden muss. Das letztere erscheint nur wie eine unbedeutende Begleitwelle der erstern. So wurde denn auch in der Diskussion am 14. IX. 15 betont, dass die Schwereabweichungen für den Ge- danken einer Abscherung auch der autochthonen Zentralmassive durch- aus nicht zwingend sind, sondern auch hier Ausgleichung der Wirkung und Übertönen der schwächeren Zone durch die viel stärkere, die Erklärung zu bieten vermag. Wir müssen also vorläufig die Frage offen lassen, ob die geringe Abzeichnung der autochthonen Zentral- massive in den Schwereabweichungen begründet sei durch Wegquet- schung von ihren Wurzeln oder durch ihre geringe Grösse im Ver- gleich zum Tiefgang der südlich anliegenden Deckenmassive. Innerhalb des Gebietes der penninischen Alpen, so betonte Ar- gand, fällt auf, dass das Monte Rosa-Massiv sich in den Schwere- abweichungen gar nicht abzeichnet. Es verschmilzt wie tektonisch so auch in seiner Schwerewirkung mit der St. Bernhardsdecke und der Dent Blanchedecke zu einer in sich verfalteten Rindenmasse. IV. Über das noch nicht mit Schweremessungen bedachte Gebiet dürfen wir wohl einige Erwartungen anssprechen. Es wird von Interesse sein, dieselben später bestätigt oder widerlegt zu sehen. Wir erwarten, dass der Massendefekt im Osten von Graubünden noch zunehme. Im Silvrettamassiv dürfte er noch stärker als in Davos werden, und dadurch die Deckennatur des Silvrettamassives sich aufs neue bestätigen. Der grösste alpine Massendefekt ist viel- leicht erst ausserhalb der Schweiz in den Ostalpen vorhanden. Die Schwerekurven dürften sich, dem longitudinalen Absenken der helvetischen Decken vom Calanda über Sargans bis Buchs und 106 Albert Heim. dem östlichen Einsetzen der ostalpinen Decken entsprechend, von Flims, Tamins und Chur ziemlich stark nach Norden biegen und erst durch Liechtenstein und Vorarlberg wieder gegen Osten wenden. Sollten diese Erwartungen sich nicht erfüllen, d. h. der Massen- defekt östlich nicht mehr zunehmen und die Isogammen im Rhein- tal auch nicht gegen S-N-Richtung auskrümmen, so müsste daraus geschlossen werden, dass die helvetischen Decken auf der Rheintal- linie nach ihrem raschen Absenken gegen Osten zugleich überhaupt aufhören oder nur noch in schwachen Massen unter die ostalpinen Decken fortsetzen. | Südlich des Berninamassives ist über den Talweg des Veltlins hinaus eine ziemlich dichte Drängung der Isogammen, eine ziemlich rasche Abnahme des Massendefektes gegen S zu erwarten. Ein steiles Umkippen von Massendefekt in Massenüberschuss ist auch irgendwo südlich im Gebiete des Veltlines, W-E streichend, zu er- warten, und auch dort wird sich zeigen, dass der Massendefekt der Alpen schon in ihren südlichen Gebirgszonen, das sind die Wurzel- zonen, nicht erst am Südfusse des Gebirges überhaupt, umschlägt in Massenüberschuss. Wie sich dann der letztere beim Übergang in die Poebene verhalten wird, wage ich nicht zu prophezeien. Es kann sein, dass die alpine Wurzelhauptzone als eine Zone von Massen- überschuss in langer Erstreckung anhält, während sie nördlich von der Defektzone der Deckenfalten, südlich von einer Defektzone der Synklinale der Poebene begleitet wird. Vielleicht folgt auf den Massen- überschuss südlich Locarno noch im Gebiete ‘der Schweiz gegen Chiasso und die Poebene hin wieder eine Abnahme der Schwere. Ob die „periadriatischen Eruptivstöcke“, das Granitmassiv der Albigna, die ihnen zugeschriebene Jugendlichkeit auch mit grösserer Schwere bekräftigen, ist noch nicht erkennbar. Zum Schlusse dürfen wir wohl sagen, dass die Schwereabwei- chungen in unserem Lande, wie sie von der Schweiz. Geodätischen Kommission gemessen und dargestellt worden sind, im ganzen unsere neueren Auffassungen über den geologischen Bau unseres Landes be- stätigen, insbesondere, dass: sie mit dem Deckenbau im Einklang stehen; und ferner, dass sie uns über manche Fragen der Überlage- rung von Decken oder des Aussetzens tieferer Decken und über die Abgrenzung der Wurzelzonen noch weitere Andeutungen versprechen. Die Geologie ist unserer Geodätischen Kommission für ihre Schweremessungen sehr dankbar und hofft auf Fortsetzung und Ergänzung derselben. ee a eh ds nn uin nusn un da m u ae ac „Zu0n 0 Messungen der thermischen Ausdehnung von kristallisiertem Quarz und von Gold zwischen 18 und 540°, Von ALEXANDER MÜLLER. (Hiezu Tafel II und III.) (Als Manuskript eingegangen am 1, September 1915.) 1. Einleitung. Im Gebiete der Zustandsgleichungen haben z. Z. die Messungen bei tiefen Temperaturen grosses theoretisches Interesse. Bei Untersuchungen in höheren Temperaturen treten im all- gemeinen Fragen mehr praktisch-experimenteller Art in den Vorder- grund. Die in den letzten Jahren ausgebaute Theorie des festen Zustandes erstreckt sich jedoch z. T. auch auf hohe Wärmegrade, so dass die Vermehrung und Erweiterung des diesbezüglichen Zahlen- materials jedenfalls zweckmässig ist. In vorliegender Arbeit wurden Messungen der thermischen Aus- dehnung an kristallisiertem Quarz ( || Achse) und am Gold, in einem Bereich von 18 bis 540° vorgenommen, und zwar nach der Fizeau’schen Methode. 2. Versuche. Apparate. Die experimentelle Anordnung bestand aus: 1. Interferenzmessapparat nach Pulfrich ') 2. Quarztischchen ä R 3. Elektrischem Ofen und wurde von der Firma Carl Zeiss in Jena geliefert. Interferenzmessapparat und Öfen waren auf gemeinsamer eiserner Platte montiert. Das Quarztischehen stand auf einem Porzellanrohr, und konnte mit Zahnstange von unten in den Ofen eingeschoben und dieser gleichzeitig verschlossen werden. Zur Temperaturausgleichung diente ein nachträglich angebrachter, zylindrischer Kupferblock, der das Quarztischehen umschloss. Die innere Wandung der Bohrung ı) G, Pulfrich. Z.-8. für Instr.-Kunde 1898, Heft 9. 108 Alexander Müller. dieses Blockes war mit dünnem Nickelblech ausgekleidet, ebenso die Stirnfäche desselben, und schützte das Quarztischehen vor dem durch die Hitze entstehenden und beim Erkalten abspringenden Cu-Oxyd. Tafel 1 zeigt den ge im Anl Die Temperaturmessung geschah mit einem Plati t ter mit einfacher Goldzuleitung zur Spirale. Geliefert wurde das Thermometer von Heraeus, in der bekannten Ausführung. Der Widerstand wurde in der Wheatston’schen Brücke bestimmt. Die Stellung des Thermometers zum Quarztischehen ist ebenfalls aus der Tafel ersichtlich. Untersuchungs-Öbjekte. 1. Ring aus kristallisiertem Quarz. Ringebenen _ zur Kristallaxe. (Nach Angabe von C. Zeiss, Jena, wurde nicht nachkontrolliert.) Dimensionen des Ringes: Höhe bei 18°C: 10,059 mm in der Achse gemessen Dicke 4 R Äusserer Ban 32 = ! 2. Zylindrisches Plättchen aus kristallisiertem Quarz, Begrenzungs- ebenen __, Kristallaxe It. Angabe. Höhe bei 18°C: 1.554mm in der Achse gemessen. Durchmesser : 12 2 Bezugsquelle von 1 und 2 sowie der Plan-Grundplatte des Tisch- chens: Carl Zeiss, Jena. 3. Goldhohlzylinder. Das Gold wurde als rein von Heraeus bezogen und z. T. von ©. Zeiss bearbeitet. Dimensionen des Zylinders: Höhe bei 18°: 8.460 mm in der Achse Dicke der Zylinder-Wand: 2 s x ; so becker 13 F Durehmesser: 15 Die gegenseitige Berührung aller Teile des Tischchens geschah in den 3 üblichen kleinen Flächen. Die Höhen bei 18° wurden mit einem Sphäroineter, mit verschiebbarem Masstab und mikroskopischer Ablesung, bestimmt. Der Masstab war von der deutschen _|. Eichungs- kommission geeicht und, wie das Sphärometer, von Zeiss geliefert. Längenmessung. Sind /, und !, die Längen des Luftzwischenraumes, gemessen in der Achse des Quarztischehens, bei den Temperaturen Z, und t,; n, und N, die Brechungsindizes des verwendeten monochromatischen | »pı Pa ä . Messungen der therm. Ausdehnung von kristallisiertem Quarz u. von Gold. 109 Lichtes in Luft, bei den Temp. t, und t, und den Drucken pP, und p,, A E i 2 A die Wellenlänge im Vacuum, so wandern: 2 — 7 (% Mh: ") h 2 pP Ppı 2 Interferenzstreifen an der Marke der Deckplatte vorbei, wenn sich die genannten Grössen vom Index 1 auf Index 2 ändern. Die gesuchte Längenänderung: Bd, =14- (ef ı) = [*.- )) Der mit + multiplizierte Klammerausdruck ist als Korrektur- vo| » grösse von z aufzufassen. (In den. vorliegenden Versuchen ist er im Max. ca. 2!/2°/o von z). Für /, resp. Z,, in dem Korrekturglied, werden nur Näherungswerte verlangt; diese ergeben sich aus /,, = Höhe der Luftschicht bei 18° und aus der Zahl der gewanderten Interferenz- streifen. Ferner wurde die Gültigkeit der Beziehung: Eee (”o = 1): 760 (1 OB v -\ 760 / angenommen. Zur Bestimmung von /, — /, sind also folgende Grössen erfordert: — Zahl der gewanderten Streifen, p = Barometerstand, — Temperatur der Luftschicht zwischen Grund und Deckplatte des Quarztischchens. Ferner muss bekannt sein: der Brechungsindex der Luft für das zur Messung verwendete monochromatische Licht 4. In den vorliegenden Versuchen war /, —/, die Längenänderung von: 1. Quarzring minus Quarzplättchen, 2. Quarzring minus (Goldzylinder -- Quarzplättchen). Die beiden, natürlich getrennten, Messreihen ergaben im Falle 1 die Längenänderung des Quarzes. Länge bei 18°; !,, = 8.505 mm. Im Falle 2 die Differenz der Längenänderungen von Quarz und Gold: l,; Quarz = 8.505 mm I; Gold = 8.460 Das Quarzplättehen musste verwendet werden, weil die Oberfläche des Goldzylinders ungenügend spiegelte. !, bedeutet die Länge bei Zimmertemperatur. Da nun letztere nie genau 18° betrug, so musste noch eine kleine Korrektur an /,—/, angebracht werden, um die Differenz: [N = Länge bei £° — Länge bei 18° =1,— 1, zu erhalten. Diese Korrektur, aus provisorischen Ausdehnungswerten mit genügender Genauigkeit abgleitet, betrug im Maximum 0.4 halbe Wellenlängen. | 110 Alexander Müller. Die Grösse z wurde durch Zählung der Interferenzstreifen, die an der kleinen kreisförmigen Marke der Deckplatte vorbeiwanderten, und durch mikrometrische Ausmessung der Intervall-Bruchteile ge- wonnen. Die Bestimmung der Zahl der vorbeigewanderten Streifen, nach der Methode von Abbe, d.h. durch Messung der Streifenbruch- teile in verschiedenen Farben, war hier, wegen des grossen Ver- schiebungsintervalles, zu unsicher. Die Deckplattenmarke wird von 2 Interferenzstreifen einge- schlossen. Die Lage dieser beiden Streifen, und diejenige der Marke selbst, wurden durch Einstellung des Doppelfadens und Ablesung an der Trommelteilung festgestellt. Zur Erzielung grösserer Genauig- keit werden gewöhnlich noch mehrere benachbarte Streifen festgelegt. Von diesem Verfahren wurde hier Abstand genommen, indem be- sonders bei höheren Temperaturen das Interferenzbild nicht die nötige Stabilität besass, um längere Messungen zu rechtfertigen. Durch die Art der Erwärmung (Heizung des elektr. Ofens mit städt. Wechsel- strom) war in der Regel die Lage des Interferenzbildes langsam ver- änderlich (z. B. 1 Intervall pro 's St.), so dass die beiden Streifen . in verschiedenen Stellungen zur Marke gemessen wurden. Diese Einzel- beobachtungen konnten, da sie in engen Temperaturgrenzen. vor- genommen wurden, auf eine mittlere Temperatur reduziert werden. Die Abweichungen vom Mittel ergeben unmittelbar ein Bild von der Genauigkeit, die bei dieser Art der Mikrometrierung resultierte. Aus den Beobachtungen am Quarz ergab sich im Mittel ein Fehler + 0.03 Streifenbreiten. Als Beispiel für die Berechnungen der Längen- änderungen sind die Versuchsdaten einer Mess-Serie in Tabelle 1 in extenso gegeben. Temperaturmessung. Die Temperaturmessung wurde vorgenommen mit dem bereits erwähnten Platin-Quarzglasthermometer mit einfacher Zuleitung zur Pt-Spirale.') Die Widerstandsmessungen geschahen mit einer gross- dimensionierten ern mit 4 Dekaden. Kaliberfehler und mittlerer T t waren bekannt. Als O-Instrument diente das Galvanometer von Hartmann & Braun mit 6 & Widerstand. Das Thermometer war dem Verfasser von anderen Messungen her bekannt. Es wurde angeschlossen bei: 0°, 100° und 444.51 (Schwefelsiedepunkt). Die Eichung, die nicht näher beschrieben werden soll, wurde nach den in der Literatur niedergelegten Gesichtspunkten (vergl. z. B. E. König und F. Buchmüller: Über die Etalonierung von Widerstands- 1) Widerstand bei 0° 25 2. Messungen der therm. Ausdehnung von kristallisiertem Quarz u. von Gold. 111 thermometern und Thermoelementen des Eidg. Amtes für Mass und Gewicht)!) ausgeführt. Selbstredend wurden nur die Punkte berück- sichtigt, die bei der vorliegenden, kleineren Genauigkeit in Frage kamen. Eine Bestimmung des Naphtalinsiedepunktes nach Beendigung sämtlicher Messungen ergab eine Differenz von weniger als !/ıo° zwischen Beobachtung und Rechnung. Lage und Grösse des Thermometers ist aus Tafel II ersichtlich. Die Spirale desselben war nahezu in Kontakt mit dem Tischchen. Verschiebungen von 2-3 cm in der Vertikalrichtung ergaben genügende Temperaturkonstanz. Radiäre Temperaturgradienten bewirken eine Krümmung der Streifen des Interferenzsystems, das zwischen Deck- platte und Grundplatte des Tischchens auftritt. Gerade Streifen mit konstant bleibendem Abstand sind ein Kriterium für die gleichförmige Temperatur des Tischehens. In den Versuchen waren diese Bedingungen hinreichend erfüllt. Wie weit bei zeitlich variabler Temperatur das Thermometer die Temperatur des Quarz-Tischchens richtig zeigte, konnte folgender- massen geschätzt werden (vergl. S. Valentiner und J. Wallot °): ?, sei eine Temperatur, gemessen während des Anwärmens, . der entsprechende Anstieg, s die Streifenverschiebung. Aus der Kurve der Messungen bei stationärem Zustand suchte man die Temperatur %,, die in diesem Fall der Streifenverschiebung s entsprach. Nimmt man an, dass 9, —9,=K- 7 "7 ‚so kann aus dem so bestimmten K die Differenz 9, — ®, für andere Werte von m erhalten werden. K'war in den vorliegenden Versuchen ca. 2—3. Ist also der Temperatur- gang während einer Messung z.B. 0.3° in 10 Minuten so ist 9,—#, ca. 0.06—0.09°. Meistens lagen die Verhältnisse günstiger wegen der oscillatorischen Annäherung an die Messtemperatur. Geeicht war das Thermometer so, dass die inneren Zuleitungen sich beinahe in der ganzen Länge auf der Temperatur der Pt-Spirale befanden. Im Dilatometerofen ragte dasselbe jedoch etwas mehr als !/a der gangen Länge aus dem Ofen heraus. In besonderen Versuchen wurde die hieraus resultierende Korrektur bestimmt, indem eine eng anliegende Heizspirale angelegt wurde. Die Korrektur betrug bei 540° 0.6°. Mit Ausnahme von 2 Versuchsreihen blieb die Heizspirale mit: dem Thermometer verbunden. Die Temperatur in derselben wurde mit einem Pt — Pt-Rhodium Thermoelement mit direkter Temperatur- ablesung gemessen. !) Bern, Stämpfli & Cie. 1912. S. Valentiner und J. Wallot: Über die Abhängigkeit des Ausdehnungs- a fester Körper von der Temperatur. Ann. Phys. 1915, 46, S. 845. 112 Alexander Müller. An den Enden des Ofens herrschte ein Temperaturabfall. Die inneren Zuleitungen des Thermometers waren deshalb auch im Ofen nicht auf gleicher Temperatur. Für die Bestimmung der letzteren entstand hieraus ein weiterer Fehler von schätzungsweise '/ı0° bei 500°. Unter Berücksichtigung der genannten Fehlerquellen, und bei Annahme einer Eichungsunsicherheit von 0,2°, ist die höchst be- obachtete Temperatur auf ca. + 0.2° bestimmt. Gang eines Versuches. Die Ablesungen wurden nach folgendem Schema vorgenommen: Zeitbestimmung Widerstandsmessung Mikrometrierung Widerstandsmessung Zeitbestimmung Barometerstand bei Zimmertemperatur. Einschalten des Heizstromes (städt. Wechselstrom). Zählung der vorbeiwandernden Streifen in einer Spektralfarbe und Zeitregistrierung des Streifendurchgangs durch die Marke (ge- legentlich auch Widerstandsmessung). Nachdem durch geeignetes Regulieren des Heizstromes die ge- wünschte Temperatur erreicht war, resp. nur noch eine minimale Ver- schiebung des Interferenzbildes stattfand, wurde eine analoge Be- obachtungsreihe wie bei Zimmertemperatur vorgenommen, und die- selbe in angemessenen Zeitintervallen 3 bis 4mal wiederholt. Mit provisorischen Werten für die Ausdehnung konnten diese Einzel- beobachtungen auf eine mittlere, ganzzahlige Temperatur umgerechnet werden, durch Mittelbildung entstanden so die Wertepaare in Tabelle 2. Als Lichtquelle diente, mit einer Ausnahme, eine Heliumröhre. Verwendet wurde die gelbe Linie (4 vacuum = 0.58773 u) ae = 1.668300: „> erüne ..: | == 5017) Die meisten Messungen wurden mit der grünen Linie vorgenommen. Gleichzeitige Beobachtungen in 2 Farben gaben keine Unterschiede systematischer Art. Eine Beobachtungsreihe mit 2 bis 3.Temperatur- stufen dauerte 8—10 Stunden, anfänglich mehr. Das Weitere ist aus Tabelle 1 und 2 ersichtlich. Die Luft im Ofen wurde gelegentlich beim Öffnen desselben er- neuert. Eine P,-O,-Röhre sorgte für Trockenheit. Sowohl die Deck- platte wie das Quarzplättchen waren nicht belastet. Letztere Massregel, die von einigen Autoren vorgeschlagen wird, war hier wegen der Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916, Tafel II. Kup) erbloch. } ‚ - oo © Heizvorrichlung »» Dilalomcders. Interferenz . znessapparal d uarz Porzellan = Aupfer MV riberslands:| (bermormieler we Rupferbloch _ Auarzelısuh Ä 7 EEE 1 EL AH EEBEERELNOU LEER LSLEILLAMESSELSELLBLEITT LU EURE ILEELELSETUIEEED. H ‚0 1m N - “ e ae? m . Pe ze j « Na; E win A 4 « Pe Se il } 4 > LER 00 „00€ er oma. a Pf Br: er 2 en Pi Wi er 2 „ae ER Eu Re Fi EN has r 7 ir nl FA Tal: ET EEE ” # = Die ET rc Be 3 a Ben + Di ” ” uns! € a =. ıvnd r + Ye95 3 N A i 7 £ S 5 e i “ a“ 1” v4 L 1 a v0 PR % N : Ph „ / ar * 2 7 ü £ 22422709 % & ‘| PPRLPI029 9. 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In diesem Temperaturbereich werden die beobachteten Verlängerungen selbst durch Funktionen dritten und vierten Grades der Temperatur, nur ungenügend gegeben. Zur Berechnung der Ausdehnungskoeffizienten diente schliesslich eine Gleichung dritten Grades (gültig zw. 360 und 450°) und eine solche zweiten Grades (gültig zw. 500 und 540°). Der Verlauf des linearen Ausdehnungskoeffizienten Ta ist ersicht- lich aus Tabelle 3 und Tafel III. Der starke Anstieg der Ausdehnung ist zuerst von le Chatelier !) untersucht worden. Er mass mit Hülfe einer photographischen Methode die Ausdehnung des kristallisierten Quarzes und quarzhaltiger Mineralien, beobachtete bei ca. 570° eine sprung- hafte Längenänderung der untersuchten Stäbe und schreibt hierüber: „Toutes les experiences indiquent donc, d’une fagon incontestable, un accroissement considerable de la dilatation entre 480 et 570°“ usw. Und: „On rencontre dans ces exp6eriences de serieuses diffieultes resultant des fissures qui se produisent dans le quartz vers 600° et amenent souvent la rupture complete des Echantillons“. Später wurde das Eintreten dieser kritischen Temperatur Tehefach konstatiert?) und zu ca. 570° angegeben. Im vorliegenden Falle wurden ca. 575° gefunden. Versuche, diese Temperatur zu überschreiten, führten trotz sehr langsamen Anheizens zur Zertrümmerung der Boden- platte des Quarztischchens. Im folgenden ist die erwähnte von 0 bis 360° gültige Formel für die Längenänderung des Quarzes || der Achse mit Resultaten anderer Autoren zusammengestellt: utor —h/t Bereich I—I,/lo Fizeau (7.10 + 0.00885 - £) - 10°*- t Benoit (7.1614 +-0.00801 - £)- 10°°-t 0—80 Reimerdes (6.925 -+ 0.00819 - Ü)- 10-1 5230 Scheel (7.144 +0.00815 - {)-10%.£ ZT-100 Verfasser (7.067 + 0.00836,- 1): 10%. 18°—360 1) H. Le Chatelier: Sur la dilatation du quartz. C. ‚R. 1889, 108, 1046. 2) Vergl.: R. v. Sahmen und @. Tammann. Ann. Phys. 1903, 10, 879. Ferner die ee von M. Herschkowitsch, Jena. Ghemisch- Technisches über Nukrzglas, .. der Mineralogie, Band II, Heft 2, 1913. rteljahrsschrift 4 Naturf. Ges. Zürich. Jadeg. 61. 1916. 8. 114 Alexander Müller. Gold. Aus den Absolut- und Relativmessungen in Tabelle 2 wurden durch Interpolation auf gleiche Temperatur und Addition der so er- haltenen Grössen, die Längenänderungen des Goldzylinders bestimmt. Die ebenfalls durch Ausgleichungsrechnung gewonnene quadrat. Formel gilt für das Intervall O0 bis 520°. Nachfolgend eine Vergleichung mit Resultaten anderer Autoren: Id Lohr Tda-ım 483 Mathiessen 13.98-.10°° 14.89 Voigt 13.08: -, u Örüneisen. 141- „ 1431 Verfasser 14 23-., 14.41 Die Werte bei Mathiessen und Voigt sind aus Landolt Börnstein, vierte Auflage, berechnet, diejenigen von Grüneisen einer Arbeit!) entnommen. Grüneisen ?) hat für die Volumenzunahme zwischen 0 und T° abs. folgenden Ausdruck gefunden: Ge ee ke Be er Es ist ee Bris \ er —1i es7—1 der Nernst-Lindemannsche Wert für BsH Wä 1 des 5 Grenzwert des Quotienten spez. Er ge a Wärme / Ausdehnungskoeffizient » 47T) T-0 für: 2% | ’ a eine kleine Zahl zirka 2 bis 5. Um diese Gleichung hier verwenden zu können, ist eine kleine Umformung nötig: 3 ; : Er Es ist nm TD-aEr u bors 1 + %- en : wo /„ eine Länge bei T° abs. bedeutet. Grüneisen°) gibt für Gold: Q,=1.50-10°gr-cal. Setzt man ferner ßBv— 1.7.10? (Grüneisen 1.8-10°) !) E. Grüneisen: Über die thermische Ausdehnung der Metalle. Ann. Phys. 1910, 33, 33, was, E. Grüneisen: Theorie des festen Zustandes einatomiger Elemente. Ann. Fan 1912, 39, 257, : 2) E. Grüneisen: 1. c. Messungen der therm. Ausdehnung von kristallisiertem Quarz u. von Gold. 115 und a= 4.2, so ist die Übereinstimmung dieser theoretischen Beziehung und der empirischen Gleichung evident, wie folgende Tabelle zeigt. Ir tere Ir— Im Ir Im 7 lyaa 273 lora ber. empirisch Näherung 275 0 0 0 379 1.42.10? 1.44 - 10°? 1,3: 48.7 473 DB 301. Re, 573 AUT. dd. 0; 673 5.97: _ 6.00- , ER 773 7.60- SB. . 6.6. Durch geeignete Wahl der noch nicht völlig tedtilegten Grössen ßv und a (vergl. Berechnung bei Grüneisen /. c.) kann allerdings die Formel an die Versuche angepasst werden. Trotzdem ist die Über- einstimmung keineswegs von vorneherein erreichbar. a E,„ ist bei nicht zu hohen Temperaturen gegenüber @Q, klein, d.h. für eine an- genäherte Überschlagsrechnung zu vernachlässigen. E, ist schon bei mässig hohen Temperaturen mit ähnlicher Näherung gleich 3 RT. (R = Gaskonstante — 1.984 g.-cal./grad.) Unter Berücksichtigung dieser en ergibt sich: ar = (T—209) = 2®.R(T— 273). Die Werte aus dieser lskahuar sind in der Tabelle unter „Näherung“ eingetragen. Die Ausdehnung ist also ganz wesentlich durch Q, be- stimmt. Q, selbst wird experimentell aus dem Verlauf von - Te u bei tiefen Temperaturen gefunden. 4. Zusammenfassung. Die thermische Ausdehnung des kristallisierten Quarzes, parallel zur Achse, lässt sich innerhalb der vorliegenden Messgenauigkeit im Bereich 0 bis ca. 360°, durch eine quadratische Funktion der Tem- peratur darstellen. Der Ausdehnungskoeffizient wächst in diesem Gebiet linear und stark mit wachsender Temperatur. Zwischen 400 und 500° beginnt der Koeffizient noch bedeutend grösser zu werden. Bei ca. 570° tritt, wie le Chatelier !) zuerst genauer konstatierte, in vielen Fällen eine Zertrümmerung des Kristalls ein. Die Längenänderung des Goldes wird zwischen 0 und 520° dureh eine quadratische Funktion in t dargestellt. Der Ausdehnungskoeffizient ist nur sehr wenig von der Temperatur abhängig. Die Grüneisensche Formel für die Ausdehnung schliesst sich den Beobachtungen gut an. - 4) Le Chatelier: 2 ; Alexander Müller. 116 Tabelle 1. Datum: 9.3:18, Mess-Serie am Quarz, Verschiebung des Interferenzbildes, gemessen an der grünen Heliumlinie A,.. — 0.50171 u. ) Tempe- = l Be ey Zeit Widerstand}, | Widerstand Ft Keine = ir: wm ) ‚10% Räherung ( )) i ii S I unkoeh korr. ' Bruchleile 3 red. |\ » BR in 4/2 in 4/2 sh920 a.m, 26.806 17.1 26.778 18.63 0.36 | 1 719.9 2.610 8.505 8.85 4.0.16 11h40 „ | 51.101 17.8 51.074 282.50 0.45 | N 721.6 1.372 8.525 4.66 85.44 Ba 51.066 17.9 51.039 982.11 0.26 0 721.8 1.374 8.525 4.67 85.24 1205 p.m.| 51.048 |18.0| 51.021 281.90 DB! u | 722.0 1.375 8.525 4.67 85.09 40 „ 51.045 18.2 51.018 981.87 0.02 79 722.1 1.375 8.525 4.67 85.00 2 65.436 18.3 69.414 450.41 0.22 0 722.3 1.054 8.545 3.59 165.28 38.9 5 65.445 19.0 69.423 450.52 0.27 0 122.3 1.054 8.545 3.59 165.33 17 ven 65.450 19.0 69.428 450.58 0.25 0,7224 1.054 8.545 3.59 165.31 90 05 65.451 19,1 65.429 450,59 0.26 69 722.4 1.054 8.545 3.59 165.32 456 „5 12.384 19.7 72.362 535.67 0.27 4 122.1.) 0.944 8.561 3.22 327.70 59, 72.325 19.8 72.303 534.94 0.49 N ll 0.945 8.561 3.23 9296.91 0 72.309 19.8 72.237 534,74 0.18 0 722.8 0.945 s.561 3.23 226.60 2y., 72.326 19.9 72.304 534.95 0.42 0 722.9 | 0.945 8.561 3.23 226.84 40 „ 72.336 19.9 72.316 535.10 0.48 722.9 | 0.945 8.561 3.23 226,90 Beispiel: Streifen: 221.00 LuftdichteKorr. 8.85 Zur Berechnung von n, wird die Gültigkeit der Formel: ; hteil: 0) » Temp. 534,95. Bruchteil: 0.42 038 a re 221.42 + 5.62 z IB. 0 760 1.+ 0.003867 + £ — Bruchteil 0.36 für die grüne Heliumlinie in Luft angenommen, 221.06 Die Korrektur des Widerstandes setzt sich aus: + Luftdichte korr. 5.62 Temperatur-Korrektur Korr. auf 18° 0.16 Kaliber- R 226.834 Äusserer Zuleitungskorr. zusammen. Messungen der therm. Ausdehnung von kristallisiertem Quarz u. von Gold. 117 Tabelle 2. Quarzausdehnung 1— ls in 4/2; 2—= 050171 u Datum t IL, 15./16. 12. 14 168.0 43 75 + 0.02 en 21. 12. 14 168.0 44.10 -+ 0,005 24. 2. 15 170.0 44.50 -+ 0.01 i 179.0 ML © ee 284.0 86.63 + 0.034 2. 3.15 282.0 85.15 + 0.03 15./16. 12. 14 364.0 120.17 + 0.05 21. 12. 14 360.0 118.96 + 0.03 s 94. 2.15 353.0 115.49 4 0.015 1.216 454.0 168.02 + 0.063 2. 3.15 450 165.00 + 0.02 95. 12. 14 525.0 217.11 + 0.02 2, n = 536.0 "998.03 + 0.07 21. 19. 14 543.0 235.47 + 0.02 Relativ Ausdehnung Quarz/Gold I— ls in 1/2 la 25.01 + 0.06 1 4435 40.03 Goldausdehnung (ber.) I—Lls in 1/2 N 118 Alexander Müller. Tabelle 3. Quarz. lie | A I u II ’ 4 du | in 2 beob.-ber. | beob.-ber. | beob.-ber. I dt 18.0 | 0 REETN 0 7.07 - 10-8 168.0 | 43.75 | —0.10 Die — Striche 18 .:) 797. ;, 168.0 44.10 025 | geben die Werte an, 100 rer 170.0 | 44.50 —0.02 | die zur Berechnung 200 10.39: „ 179.0 47.71 0.14 der betreffenden 300 112.05: „ 281.0 | 86.63 0.14 | Formel dienten. 06 1147 : © 282.0 | 85.15 —0.55 500 - 199.9 - „ 364.0 120.17 —0.19 — 520...19.08= 7 360.0 118.96 0.38 50 art» 353.0 115.49 0.01 450.0 | 165.00 _— — 454.0 168.02 n 0.56 525.0 217.11 —1.58 — 536.0 298.03 u 1 lg 543.9 | 335.47 | 1.23 — I. 2— 1, = 0.24978 (t—18) + 0.0002835 (t — 18)? U. 1-2: = 120.36 + 0.4459 (t — 364) + 6.550 - 10°%- (£ — 364)? + 2,278 10%. (— ser III. 7 — 1, = 165.00 + 0.4326 (£ — 450) + 0.003495 - (E — 450°) gemessen in I. Sole & zwischen 18—360°; II: 364—450; Ill: ca. 500—540°. Gold. ; bier, iv a in A/ 2 beob. — ber. rn 180 0 0 0 14,16 - 10° 142.0 60.34 —0.29 18 14,93- „ 170.0 74.23 —0.39 100 14,57- „ 2840 132.33 — 0,46 3 14,97. „ 289.0 136.06 +0.67 300 15,38- „ 294.0 138.00 —+0.02 400 15,78: „ 450.0 220.89 —+0.03 500 16,18- „ 0 =, —+0.61 520 16,26- „ 525.0 261.46 —050 IV. 2— 1, = 0.47993 (£ — 18) + 0.00007249 (t — 18)? in 4/2 Bereich 18—520° ” Quarz. 7.07 - ‚008362 - 12 3638 + 13.00 (E — 360) + 0.01852 (£ — 360)* + 0.00006721 (E00 58084 2.07 (8 — 500) + 0.091 (& — 50)° Gold. 14.157 - £ + 0.002150 - 2? Über die Verbreitung einiger lebender und versteinerter Lamellibranchier und Gastropodenarten am Ausgange der Sangkulirangbai (Ost Borneo), einem Aestuarium der tropischen Zone. Von WALTHER STAUB. (Hiezu Tafel IV.) (Als Manuskript am 17. Oktober 1915 eingegangen.) K. Martin in Leiden hat gezeigt, dass die Gliederung des Ter- tiärs von Java, und damit vom asiatisch-tropischen Indien überhaupt, an Hand der Gastropoden durchgeführt werden kann. Dieses neue Einteilungsprinzip wurde notwendig, als sich der Gegensatz zwischen der Fauna des asiatisch-tropischen und derjenigen des aussertropi- schen europäischen Tertiärs herausstellte. Der Prozentsatz an noch lebenden Gastropodenarten (für das Pliocän z. B. 54°/o) ist für die Festlegung des Alters einer Tertiärschicht mitbestimmend. Die Altersbestimmung einer Schicht kann natürlich nur erfolgen, wenn eine genügende Anzahl Versteinerungen aufgefunden werden kann. Nun zeigt sich aber als ein weiterer Vorteil der Altersbestimmung mit Hülfe der Gastropoden, dass die Mollusken gegenüber veränderten Lebensbedingungen im Meere weit beständiger sind, als die Fora- miniferen. Wo die Mollusken „noch die Gleichwertigkeit der Schich- ten erkennen lassen, ist dies bei Nummulites und Orthophragmina kaum oder nicht mehr der Fall“ (Litt. 3 pag. 206). Tertiäre Sedimente, teils aestuare, teils Flachseebildungen, finden sich nun auch längs des ganzen niederen Küstenstriches von Ost Borneo bis tief ins Innere der Insel. Das Alter dieser Schichten wurde in übereinstimmender Weise in letzter Zeit hauptsächlich von L. Rutten (9) an Hand von Foraminiferen und K. Martin (6) an Hand von Gastropoden festgesetzt. Doch gerade Ost-Borneo, speziell die Umgebung der Sangkulirangbai liefert ein Beispiel, wie schwierig die Altersbestimmung der Tertiärschichten an Hand von Foraminiferen!) in einem Gebiete wird, wo auf ausgedehnte Strecken hin Facies- ') Provale. Riv. Ital. di Palaeontologia 15. 1909, pag. 85 ff, Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich, Jahrg. 61. 1916. Tafel IV. nn o— Br a en ie = Br ii AD. Br ı, >. = ® e N \ = ° Y I ATTE EI: AN ULUIFÜAN «AL / ( N N ” f ne 11 Ba . .. 1 E EN Jung Miocan )) iR D i Fe % nn 1:150.000. de u % 2 n Ze 5 N Pan nr N ; Pin | Mitt Eintragungen und Ergan zu ngen von DW Sta ub. Ei u 3 u W Tiefen inFaden zu Löm. nach Angabe er marınen hydrographisch en Harte .---- , pi JFadenlinıe - . i j 5 E Eu /0 „ - Sand ‚Facies desEbbestrandes Thonschlamm -» Pt ossulfundorte Feng Tartiar * TanahMerah h E \ Subaqualisches Schlammdelta y L) \ x BE Nee B \ FR . NN ? i ‚aus \ [1 # 7) NN \ # : Telok Golok EIN \ ” BR ‘ a \ \ i ER R- Sau Lv 1 ji nt BE en a e E \ / x „" won. ” te Net % „” FE 4,7 ER N „” # (F onen = ra x # ie BT Ri „’ ee 0% ea u a" Pi f < nr aß Pi S s# Pr 7 2 # F Na .m_u=ma="t se # um u u zn nme 3 u F Fe ef Be 2 r 5 . a . t ve . 4 . s 2 z 4 = Pd # . : ni - Ss | ee F . 8 Fu N . a 3 we 5 et bi > Be: . ae ee & a ne > er. . en aeg 2 7 . Ed ” ie Bl > -400 © ei Verbreitung einiger lebender und versteinerter Lamellibranchier ete, 121 verschiedenheiten bei gleichaltrigen Schichten herrschen (bit, .: Band X, Heft 1, pag. 4). Es war dem Verfasser vergönnt auf seinen Kreuz- und Quer- fahrten in der Sangkulirangbai ein eigenartiges, durch europäische Schiffahrt noch wenig gestörtes und nur von spärlichen Siedelungen belebtes Aestuarium in seinem unberührten Zustand etwas näher kennen zu lernen‘). Um den Faciesbildungen der tertiären Sedimente der Küste mehr Verständnis entgegenbringen zu können, wurden die Beobachtungen auf die rezenten Bildungen und Absätze gerichtet, hauptsächlich aber bei Ebbe die Gastropoden und Zweischaler gesammelt, welche die Ufer der kleinen Inseln in der Bucht und hüben und drüben den breiten, flachen Strand, bald in Unmenge bald nur vereinzelt, bevöl- kerten. Das Aestuarium des Karangan oder Sangkulirang- flusses, die Sangkulirangbai, reicht in N. N. W. Erstreckung etwa 40 km weit ins Landesinnere hinein. An der trichterförmigen Mün- dung in die Strasse von Makassar beträgt seine grösste Breite ca. 16 km. Im mittleren Teile misst die Breite etwa 4km. Die Ver- jüngung gegen das Innere des Landes erfolgt rasch und unmittelbar; an der Verjüngungsstelle nimmt die Bai den Karanganfluss auf, den Hauptfluss eines kleineren, wenig verzweigten Flusssystems, welches das Karangangebiet entwässert. Das aus Mergeln, Tonen, Sanden und korallogenen Kalken aufgebaute, von Urwald überdeckte Gelände in der Umgebung der Bucht ist flach hügelig. Vereinzelte 10 bis 20 m hohe, durch niedere Sumpfflächen zerschnittene Hügelzüge treten bis an das Wasser; sie bieten Landungs- und Siedelungs- möglichkeiten und geologische Aufschlüsse. Nur gegen die Halb- insel Mangkalihat steigen die Erhebungen höher an und langgezogene Bergkämme lösen sich hier kullissenförmig ab. Die flachen Uferstrecken und kleinen Nebenflüsse werden von üppigen Mangrovewäldern umsäumt. Zu beiden Seiten des Karangan- flusses zieht die Nipapalme als schmaler Streifen etwa 70 km land- einwärts. Wenige Meter über dem Wasserspiegel begleiten Reste von ein oder zwei übereinanderliegenden Fluss- und Meeresterrassen die Ufer der Bucht und des Hauptflusses. Sie zeigen einen ehemals höheren Wasserstand an. Die Entstehung der Bai, welche die bogenförmig gegen das Meer vorspringende Halbinsel Mangkali nach Westen !) Es gab 1914 in der Sangkulirangbay noch keine Sperlinge. 122 Walther Staub. mitbegrenzt, muss mit tektonischen Erscheinungen in Zusammenhang gebracht werden. Die grösste Tiefe liegt nach den Lotungen des Gouvernementes im schmalsten Teil der Bucht, Kampung Godang (Sangkulirang) gegen- über, also rund 33 km vom offenen Meere entfernt. Sie beträgt 30—40 m; vereinzelt werden sogar 48.5 m gelotet. Die trichter- förmige Mündung der Bai gegen das Meer zu aber ist seicht, nur 5—7 m tief. Eine breite subaquatische Schlammschwelle, die plötz- lich seewärts mit 3—4° Neigung abbricht, trennt hier die Bucht vom - offenen Meer. Ausgedehnte Ufergebiete sind nur 1—2 Meter tief. Am Landungssteg bei Maluwi konnte der grösste Unterschied des Wasserspiegels bei Ebbe und Flut zu 2.75 m gemessen werden. Bei Ebbe tauchen somit breite Ufersäume aus dem Wasser auf. Den Karanganfluss aufwärts macht sich die Ebbe- und Flutwirkung be- merkbar bis zu den letzten Häusern des ersten Dajak-Kampung oder „Kredan“, also rund 80 km ins flache Landesinnere Durch die drei langgezogenen, ebenfalls hügeligen, malerischen Inseln „Pulu Rending‘, „Pulu Senumpa(k)“ und „Pulu Singkuwang“ wird das Aestuarium in zwei ungleich breite Becken geteilt. Der Karangan zieht durch das breitere Ostbecken. Mühsam nur und träge erreichen die von einem Unwetter losgerissenen Nipapalmen auf seinem Rücken bei der Ebbebewegung die offene See. Im Sommer- halbjahr peitscht der Ostmonsun die Wellen des Meeres in diesen breiten Trichter des Aestuariums, und die schwimmenden grünen Inseln kämpfen dann oft stundenlang am Ausgange der Bucht hin und her, bis sie endlich unter den schäumenden Wogen begraben werden. Und in diese schäumenden Wogen taucht spielend der Delphin, schiesst blitzschnell sich wendend der Hai. Weit ruhiger und klarer ist der schmalere, seichtere und durch vorgelagerte Korallenriffe und Inseln geschützte Westarm der Bai. Die kleinen Seitenflüsse, der „Sungei Swalan“, der Nordspitze von Pulu Senumpak gegenüber, und der „Sungei Maluwi* lagern hier ihren Schlamm in flachen Delta ab, die nur bei Ebbe über den Wasser- spiegel reichen. Die Strömung bleibt jedoch so ruhig, dass bereits die Nordspitze der Insel Semumpak von einem prachtvollen Korallen- garten umsäumt wird. Die beiden Ufer dieses Westarmes sind arm an Strandconchylien und wenig belebt. Nur bei höchster Flut brachte die Strömung Quallen und Fischzüge bis unter den Landungssteg un- weit der Mündung des Sungei Maluwi, und das durchsichtige, still- fliessende Wasser bot dann das bunte Treiben eines tropischen Aqua- riums. Bei Ebbe dagegen sonnte sich dann und wann ein Krokodil, Verbreitung einiger lebender und versteinerter Lamellibranchier ete, 123 welches von der Karanganmündung herunterkam, auf dem schlam- migen Uferstreifen. Die erste Flutwelle, die in diesen Buchtarm ein- drang, die „Bore*, glich zuweilen einer niederen Wassermauer. Der malayische Kampung Godang, vor rund 30 Jahren stromaufwärts am linken Ufer erbaut, zählte 1914 600 Malayen, 20 Chinesen und 7 Araber. Die Häuser des leichtgefügten, hölzernen Pfahlbaudorfes ruhten mit der Rückseite auf dem festen Lande. Zerstreute, bau- fällige Ataphütten buginesischer Fischersiedelungen fanden sich zu beiden Seiten der Bai, doch nur auf den Hügeln der kleinen Inseln waren einträglichere Kokuspflanzungen durch Malayen und Araber entstanden. Dureh den Kampung Sangkulirang zieht der erste Breitengrad nördlich vom Aequator. Salzgehalt- und Temperaturbestimmungen des Wassers fehlen mir leider. Der grösste Teil der Bucht dürfte brackisch sein. Trink- bares Süsswasser findet sich im Karangan erst ca. 65—70 km von der Küste entfernt, flussaufwärts. Die rezenten Sedimente. Der hauptsächliche schlamm- und sandführende Strom des Karangan zieht durch den breiteren Ostarm der Sangkulirangbai. Die Lotungen der marinen Karte zeigen den Verlauf der Flussrinne, welche Pulu Badjau gegenüber noch einen Seitenfluss, den „Kariang‘, aufnimmt. Hier öffnet sich das Aestua- rium breit gegen das offene Meer, und das dunkelschlammige Ufer, durch Mangrovewurzeln vor Zerstörung durch Wellenschlag geschützt, erstreckt sich mit der Halbinsel Mangkalihat weit ostwärts. Auch Pulu Badjau ist von Schlammabsätzen umgeben. Der Kariang aber furcht parallel zum Karangan eine eigene Rinne ein, und es scheint, als ob er über dem subaquatischen Delta des Karangan eine jüngere Schlammdecke ausbreite. Wer bei Ebbe an diesem Strand der Halbinsel Mangkalihat landen will, hat einen breiten schwarzen Schlammstreifen zu durch- waten. Bis über die Knie reicht der von Trockenrissen durchfurchte, heisse Thonbrei, Murexstacheln und Muschelscherben zerschneiden und zerkratzen Füsse und Beine, und nur dann und wann bietet eine festere Sandlinse oder ein Sandstreifen Halt gegen das Einsinken. Dieses Ufer, bar von Siedelungen, ist reich bevölkert von niederen Lebewesen. Ein Heer von Krabben, hauptsächlich Gelasimus, durch- gräbt und durchhöhlt den weichen Boden, und Schwärme von Spring- grundel (Periophthalmus Koelreuteri) schnellen über den feuchten Strand. Die bei Flut bis in die Mangroven einbrechenden Wogen bringen Tausende von Muscheln und Schnecken mit, sodass der Ebbe- strand übersät ist mit lebenden und toten Schalen. Hier liegen a 124 Walther Staub. neben wohlerhaltenen Exemplaren von Nautilus pompilius Lin. flache Seeigel (Echinodiseus biforis A. Ag.) und ein Limulus molucceanus, wie er sich auch noch tiefer in der Bai bis Pulu Djopang findet, schlägt, gereizt, mit seinem steifen spitzen Schwanz den Schlamm. Folgende Gastropoden und Zweischalerarten brachte ich von hier mit: 1. Landformen. ** Nerita semirugosa Recl. Sie lebt über Wasser und erklettert mit Vorliebe die Mangrovewurzeln. Im innern Teile der Sangkuli- rangbai z. B. am Ufer von Pulu Djopang ist sie häufig auf Kalksteinblöcken zu treffen. 2. Brackwasserformen. Auricula subnodosa Metc. Sie wird (Lit. 7) als typisch für Borneo angeführt. Als Pulmonaten leben die Auriculaarten auf dem Strand und zwar im Schlammgebiet des Brackwassers. Die Form ist häufig und sehr dickschalig. ** Auricula Judae Lin. Es fanden sich diekschalige und dünnschalige (jugendliche) Individuen, ähnlich wie bei Strombus isabella Lk. *, ** Telescopium telescopium Brug; lebt meist ausserhalb des Wassers im Schlamm und ist häufig an Flussmündungen, an der Öst- küste von Borneo zu treffen. Zu diesen typischen Brackwasserformen gesellen sich nun noch einige wenige marine Litoralformen, die jedoch auch im Brackwasser leben können. Hierher gehören: Cerithium vertagus Lin., wurde mir nur in einem Exemplar gebracht; Fundort unsicher. *; #* Murex capucinus Lk; fand sich auch an der Mündung des Sungei Sambodja (Ost Borneo); nicht selten; fossil aus dem Pliocän von Java und aus den pliocänen Mergeln der Sangkulirangbai bekannt. Purpura spec. nur in zwei Exemplaren. Trochus nilotieus Lin. nicht selten. *; ** Arca granosa Lin.; sehr häufig. Aus den pliocänen Mergeln der Sangkulirangbai. Im Pliocän von Timor. * — scapha Chemn; beide Species werden massenhaft von den Malayen gegessen, sie bilden mit den Austern zusammen die Haupt- fleischnahrung der Malayen. Die Schalen der Arcen, die sich oft haufenweise im Abfall bei den Hütten finden, werden längs der ganzen Bai bis tief ins Innere von Borneo verschleppt. * bedeutet: Aus den Tertiärschichten von Java fossil bekannt. *%* bedeutet: Aus den Tertiärschichten von Borneo fossil bekannt. Verbreitung einiger lebender und versteinerter Lamellibranchier ete. 125 Die Schalen dieser Brackwasserformen sind matt und zeigen mit Ausnahme derjenigen von Trochus und Cerithium eine mehr grau- braune oder bräunlichgrüne, schmutzige Färbung. 3. Formen des Schlamm- und Sandstrandes, sowohl der Litoralzone, wie der Flachsee. “Bulla ampulla Lin. Bekannt aus dem Pliocän der Menengteng- schlucht, Cheribon (Lit. 2, pag. 7). *Cassis cornuta Lin. Diese Form, die man eher in der Umgebung der beiden Pulu Miang suchen würde, und welche dort wohl auch lebt, wurde. mir zu Dutzenden von einem Fischer bei Tandjung Perak lebend gebracht; sie wurden angeblich alle am Östausgang der Sangkulirangbai gesammelt. Im jüngern Miocän von Java. — cannaliculata Brug; fand sich. in wenigen Exemplaren hier am Ostufer der Bai. Conus capitaneus Lin.; wahrscheinlich zu beiden Seiten der Bai- mündung. — litteratus Lin.; zwei leere, dickschalige und schwere Exemplare fanden sich auf dem Schlammufer am Ostausgang der Bai. — radiatus Gmel. Cymbium armatum Lk.; ein Exemplar, leere Schale. *Dolium costatum Desh.; wie die folgende Art nicht selten, sowohl hier, wie an der Ostküste von Borneo, speziell nördlich der Sambodjamündung. Aus dem Pliocän der Menengtengschlucht sind 11 Exemplare bekannt (Lit. 2, pag. 161). — Lischkeaneum Küst. Nach K. Martin eine Farbenvarietät von D. costatum Desh. (Lit. 2, pag. 161). Murex Martinianus Rve.; weitaus die häufigste Murex-Species an diesem Strand, findet sich auch bei der Sambodjamündung und am Strand von Klandasan bei Balikpapan. “— a. Lk.; 2 Exemplare sind bekannt von Selatjau (Preanger- Reg.) Jungmiocän; ebenso bekannt von Sg. Gelingseh Sang- kulirangbai; (Lit. 2, pag. 127). *Natica globosa Chemn.; von zahlreichen Fundstellen des jüngeren Miocän und Pliocän bekannt (Lit. 2, pag. 259). — maculata Lk. oder javanica Lk. auch bei Balikpapan häufig. — mamilla Lin. von zahlreichen Fundstellen des Jüngern Miocän und. Pliocän bekannt (Lit. 2, pag. 263). — pyriformis Reel. e *Oliva ispidula Lk.; aus dem Pliocän von Sonde in 22 Exemplaren * bekannt (Lit. 2, pag. En 126 Walther Staub. *Ranella spinosa Dill.; Miocän des Tji Tangkil (Preanger Reg.). Strombus auris Dianae, Lin. * — jsabella Lk.; sehr häufig, wird zum Beschweren von Fischer- netzen gebraucht, häufig auch bei Klandasan (Balikpapan). Pliocän der Menengtenschlucht, von Sonde u.a. Orten (Lit. 2, pag. 184). — lentiginosus Lin., nicht so häufig. — rceus Lin, nicht häufig. Turbo Chrysostomus Lin. — Ficaonieus Rve. Turritella spectrum Rve., weniger zahlreich als die folgende Species, doch häufig. * — terebra Lin. Die leeren Gehäuse waren strichweise massenhaft auf dem schlammigen Ebbestrand verbreitet. Ein Exemplar aus jungtertiären, sandigen Mergeln von Tambakbatu. (Lit. 2, pag. 232). * Voluta vespertilio Lin.; nicht selten. Das Tier bleibt während der bbe auf dem trocknenden Strand zurück, ähnlich wie Cypraea tigris Lin. Fossil aus dem Jungmiocän bei Tji Tangkil (Preanger Reg.) Crista divaricata Chemn. Doppelschalen. — gibbea Lk.; hier beide Formen nicht sehr häufig. Cytherea merethrie Lin. Einzelschalen häufig auch bei Klandasan Balikpapan. | Mactra grandis Chemn. Meleagrina margaritifera Lin., Perlmuschel; wurde nur in Jugend- exemplaren von etwas weiter ostwärts gelegenen Fundplätzen dieses Ufers gebracht. Siehe unten. Ostrea cf. euculata Born. Pinna cf. rigida Dill. oder cf. vexillum Born. Wurde in mehreren Exemplaren von etwas weiter ostwärts gelegenen Fundplätzen dieses Ufers gebracht. * Placuna placenta Lk.; auf schlammigen Uferteilen, sehr feine Schalen, 2. T. mit Balanus bedeckt; Pliocän, im Untergrunde von Batavia. Tellina virgata Lin. Doppelschale. Diese Sammlung ist nun leider nicht vollständig. Ich hatte nur zweimal Gelegenheit diesen Strand abzusuchen; später brachten mir Fischer Ergänzungen, leider nicht immer mit zuverlässigen Fundorts- angaben. Gründlicher bekannt ist mir das marine, schlammig-sandige Ufer bei der Mündung des Sungei Sambodja und der sandige Strand bei Klandasan (Balikpapan). Während das conchylienarme Ufer bei aan . a ae na Be en ai nah K. Martin aus den ee ‚von Se een Verbreitung einiger lebender und versteinerter Lamellibranchier ete, 127 Klandasan mehr Zweischaler aufweist, finden sich längs des Strandes bei der Mündung des Sambodjaflusses schon viel häufiger Gastro- poden, vor allem auch Dolium. Das strichweise massenhafte Auf- treten von Turritellen dagegen zeichnet das linke Ufer der Sang- kulirangbai aus. Neu dürfte das Auffinden der Perlmuschel sein. Sie muss in den Buchten der etwas gegliederteren Küstenteile der Halbinsel Mangkalihat leben, also etwas ostwärts von unsern Fund- stellen hier. Perlfischerei in kleinerem Umfange wurde meines Wissens bis dahin nur nördlich der Halbinsel Mangkalihat, im Berow- Gebiet, von Malayen betrieben. Ein Araber auf Pulu Rending besass eine sehr schöne, grosse Perle und Perlmuscheln von dort. Da ich als Geologe sammelte, wandte ich die Aufmerksamkeit weniger der Lebensweise der Tiere zu, als der Verbreitungsart der leeren Schalen. Die Beobachtung von E. von Martens jedoch fand ich bestätigt, dass, wo die eigentlichen Brackwasserformen leben, weder Land- und Süsswasserschnecken noch marine Schnecken leben. Durch den Einsiedlerkrebs hauptsächlich, der sich in jedem leeren Gehäuse mit rundlicher Mundöffnung festsetzt, werden aber auch marine Schalen vom Ufer landeinwärts verfrachtet. Die Dicke der Schalen ist bei einigen Arten recht verschieden, so z. B. bei Auricula Iudae Lin. und bei Strombus isabella Lk. Die dünnschaligen Formen sind Jugendformen. Ähnlich wie bei Dolium Lischkeaneum Küst., die nach K. Martin nur eine Farbenvarietät von D. costatum Desh. darstellt, kommen auch bei der weiter unten erwähnten Cassis pila Rve. Formen mit braunen Flecken und fleckenlose Formen vor. „Bulla*-ähnlich sind bekanntlich die Jugendschalen der Üypraeen, deren Verbreitung weiter unten noch verfolgt werden soll. Bestimmt wurden die Conchylien im Museum des zoologischen Gartens in Rotterdam und in der Sammlung des Reichsmuseums in Leiden. Vielen Dank schulde ich Herrn Direktor Dr. J. Büttikofer in Rotterdam und Herrn Konservator Dr. J. H. Vernhout in Leiden für Belehrungen über die Lebensweise der Tiere und für die Mit- hülfe beim Bestimmen. Fast alle in dieser Arbeit überhaupt erwähnten Arten sind in den Museen in Rotterdam und Leiden durch Exemplare von den Molukken vertreten. Ich selber ergänzte meine kleine Sammlung in Singapur. Auch die Brackwassermollusken sind nach E. v. Martens gleichmässig durch Niederländisch Indien verbreitet. Wie die tertiären, so besitzen die rezenten Gattungen und Arten im Archipel eine grosse Verbreitung. Die tertiären Fossilien von Java aber, die 123 Walther Staub. und von der Sonde beschrieben, stammen alle aus dünnschichtigen Mergeln oder Tonen. Am linken Ausgange der Sangkulirangbai werden also 1. Land- formen, 2. Brackwasserformen, 3. Formen des Schlamm- und Sand- strandes der marinen Litoralzone und der Flachsee in die recenten Schlamm- und Sandablagerungen des Aestuariums eingebettet. Tiefer im Innern der Bai wird das Leben der Ufer eintöniger. Die marinen Formen fehlen vollständig, nur die Austern, welche sich mit Vorliebe an Gesteinsklippen oder Mangrovewurzeln fest- haften, besitzen noch eine grössere Verbreitung. Leben bringen noch die Garnelenschwärme, die auch in den stillsten Teilen der Bucht beim Nahen des Bootes aufgeschreckt, über das Wasser springen. Sammeln wir im schweizerischen Molasseland Fossilien — ich habe in der miocänen Molasse des Belpberges bei Bern meine ersten Turritellen gefunden — so stehen wir einer fremden Welt von Lebe- wesen gegenüber. In den Tropen ist es anders. Hier müssen sich die klimatischen Bedingungen seit der Tertiärzeit fast gleichmässig erhalten haben, denn wir finden in den Tertiärschichten einen grossen Teil derselben Arten und diese Arten in gleicher Faciesverbreitung wieder, wie wir sie heute noch lebend beobachten. In den feinsandigen, an Globigerinen überreichen Fordiinine ferenmergeln, die in senkrechten, gelblich verwitterten Abbrüchen an den Ufern der Sangkulirangbai anstehen, finden sich, wohlerhalten zwischen feinen Tonschichten eingebettet, folgende Gastropoden, die ich hauptsächlich von den Aufschlüssen bei Kampung Godang mitgebracht habe: 1. Landformen. Nerita conf. semirugosa Rell.; unvollständig, doch mit noch erhaltener ärbung. Opisthoporus cf. quadrasi Crossi; Landschnecke mit noch erhaltener Färbung. Lagochilus cf. proprium Fult.; Landschnecke. Trochonanina cf. sylvana Gemp.; Landschnecke. 2. Brackwasserformen. Auricula Judea Lin. Telescopium telescopium Brug. Jungtertiär bis rezent. Murex capucinus Lk. Pliocän bis rezent. Arca granosa Lin. Pliocän bis rezent. Free Fu are en Verbreitung einiger lebender und versteinerter Lamellibranchier etc. 129 3. Marine Formen. Anceillaria spec. Cassis pila Rve. Marganinella ef. olivaeformis Kiener. Natica zebra Lk. Jungmiocän bis rezent. — globosa Chemn. Jungmiocän, Pliocän, rezent. Oliva ef. ispidula Lk. Pliocän bis rezent. Diese Arten kommen, soweit sie bestimmt werden konnten, alle noch lebend vor. Hiezu kommen: Hindsia cf. samarangana K. Martin; Miocän. Latirus spec. Mitra flammea Guoy; Jungmiocän, Pliocän. Plourotoma (Sorcula) carinata Gray; häufig, sowohl bat Godang wie an anderen Fossil-Fundstellen der Karte. — gendinganensis Mart.; Pliocän. Ferner Einzelkorallen. Diese kleine Fauna charakterisiert die Mergelablagerung bei Godang als ufernahe Bildung von höchstwahrscheinlich jungpliocänem Alter. Die stratigraphisch tiefsten Schichten der ca. 100 m mächtigen Folge am Südende des Dorfes besitzen ein lössähnliches Aussehen. Diese Schichten enthielten, neben Telescopium, die Landschnecken in grosser Zahl. Die Godangmergel aber sind das oberste Glied der ca. 500 m mächtigen Sangkulirangmergel, welche auf Pulu Senumpak, Pulu Singkurang, bei Tg. Perak, Tanah Merah u. a. O. in der Sangkulirangbai anstehen, und die somit höchstwahrscheinlich von pliocänem Alter sind. Die meisten Versteinerungen dieser Mergel sind vollständig aus- gebleicht und zerfallen beim Herauskratzen aus der Schicht sehr leicht. Doch besitzen Natica, Nerita und Opisthoporus noch Reste der Färbung, sodass die ehemalige Zeichnung wieder erkannt werden kann. Entfernt man von den Versteinerungen sorgfältig das Neben- gestein und lässt sie an der Luft trocknen, so erhärtet das Fossil rasch und wird transportfähig. Da nun die höchstwahrscheinlich jungmioeäne Fauna von Sungei Gelingseh !), welche K. Martin beschrieben (Lit. 6) hat, als Flachsee- bildung aufgefasst wird, und da die Sangkulirangmergel wenigstens ese jungmiocänen Mergel stellen wahrscheinlich eine östliche Faeies der = A. F. Mole !) Die Plateausandsteintransgression von G. A. ngraaff im zentralen Borneo dar, welche dieser Verfasser ee in die jungmiocäne Zeit verlegt. Am Ende der pliocänen Zeit setzen in Ost-Borneo tektonische Bewegungen ein (Vergleiche - A. Molengraaff: Hoofdtrekken der geologie van Oost-Borneo; geolog. m mijubou gen enootschäp. vo r Nederland en kolonien, 17. Okt, Bi en d. Naturf. Ges. Zürich. er U: ea. 130 Walther Staub. teilweise sicher Brackwasser- und Flachseeformen, bei Godang sogar mit diesen auch Landformen gemischt enthalten, so scheint es, als ob die Meeresküste dieses Teiles von Ost-Borneo sich von der jung- miocänen bis zum Ende der pliocänen Zeit langsam ostwärts ver- schoben habe, dieser Teil von Ost-Borneo also gegen das Ende der Tertiärzeit immer umfangreicher aus dem Meere aufgetaucht sei. x * Eine andere Facies des heutigen Strandes und eine etwas ab- weichende Zusammensetzung seiner Fauna zeigt die Insel Pulu Rending auf ihrer Südwestseite. Die Flut des Meeres baut hier hauptsächlich den Strand auf, der aus Quarzsand besteht. Wie bei Klandasan (Balikpapan), so wechselt auch hier die Breite der Meer- alluvion je nach der Jahreszeit. Im Winterhalbjahr wird Sand ab- gelagert, im Sommerhalbjahr tragen die vom Ostmonsun gepeitschten Wellen die Ufer wieder ab. Zur Zeit meines Aufenthaltes im Herbst 1914 bildete der Sand einen flachen Uferstreifen, der bei Ebbe bis zu der Südspitze der Insel gut gangbar war. Wie der Strand von Klandasan, so war auch dieses Ufer wenig belebt und arm an Strandconchylien; es fehlten vor allem die Gastropoden. Bei der Landungsstelle vor den Malayenhütten lagen sehr zahlreich Doppelschalen von Crista gibbea Lk. und ebenfalls nicht selten Doppelschalen von Trridacna squamosa Lk. Auch ein selten grosses Exemplar von Hippopus macculatus Quoy wurde hier aus dem Sande gezogen. Nach stürmischem Wetter konnten hier, wie in Klandasan, zwei vom Meer aufgeworfene, aus Meeresprodukten bestehende niedere Anhäufungen unterschieden werden, ein etwas höher gelegener Sturmwall und ein tiefer gelegener, flacher „Flutwall“. Längs des Strandes bis gegen die Südspitze lagen auf der glatten oder in Rippelmarken geworfenen Sandfläche zerstreut umher: Trochus 'nilotieus Lin. Murex Martinianus Rve. Natica Arca granosa Lin. Arca scapha Chemn. Cardium flavum Lin. Dosinia cf. rufa Lk.; Doppelschale Mactra grandis Chem.; Doppelschale Pecten radula Lin. Placuna placenta Lin. Tapes litterata Lin.; Doppelschale Spondylus ef. erocus Chemn. sicher bekannt von Klandasan. Verbreitung einiger lebender und versteinerter Lamellibranchier ete. 131 Häufig waren die leider sehr zerbrechlichen Schalen von Echinodiscus biforis A. Ag. (eine ähnliche flache Seeigelart fand ich versteinert auf der Nordostseite von Pulu Senumpak in den pliocänen, hier etwas sandigeren und verkitteten Mergeln), ferner Seesterne, Quallen und Röhrenwürmer. Vollständig fehlten G@elasimus und die Brackwassergastropoden. Die leeren Schalen der oben erwähnten Muscheln lagen lose zerstreut auf dem feinsandigen Ufer, in das sie allmählig eingebettet wurden. Die Südwestspitze der Insel Rending ist ein ebener Blockstrand; grosse, geschichtete Platten eines konglomeratischen, eisenschüssigen Sandsteines liegen hier regellos umher, eine unregelmässige Ober- fläche bildend. Dieser Blockstrand bietet einen günstigen Boden für Algen und Tange. Hinter den grösseren Blöcken blieben bei Ebbe Wassertümpel zurück. Hier lagen Seewalzen (Holothurien), ei Leckerbissen der Chinesen. Zwischen den Blöcken fanden wir Cypraea tigris Lin., die bekannte Tigermuschel, lebend. Die toten Schalen dieser Schnecke, welche demnach auch während der Ebbezeit auf der Schorre zurückbleibt, verlieren sehr rasch an Glanz und Schönheit, sodass wohl alle in Europa auf den Markt gebrachten Exemplare als lebende Tiere gesammelt worden sind. Sowohl auf der Ostseite der Sangkulirangbai, wie in Klandasan, wirft das Meer dann und wann leere Cypraeenschalen an den Strand; sie sind vollständig ge- bleicht, arg abgerieben und oft schon durchlöchert. Auf diesem steinigen Strand von Pulu Rending war Perna iso- gonum Lk. nicht selten, ebenso kommt wahrscheinlich Perna ephippium Lin. hier vor, und von hier brachten Fischer eines Tages eine grosse Meerschildkröte mit. Die kleinen Kalkriffe aber südlich Pulu Rending sind vollständig überkrustet von einer kleinen Austernart. * * * Breitet das subaquatische Delta des Karangan auf der Ostseite des Aestuariums den breiten Schlammfächer vom Lande seewärts, so wachsen nun von Südwesten, von den Inseln Pulu Miang her, Riffkorallen in den stilleren und klareren Westarm der Sangkuli- rangbai hinein. Die Riffkorallen wachsen gleichzeitig neben den Schlamm- und Sandanhäufungen, und mit den Riffkorallen gemeinsam lebt und stirbt jene grosse Zahl von Gastropoden, deren Schalen sich durch ihre schöne Farbe und ihren intensiven Glanz auszeichnen. Wo der Schlammstrom hindringt, stirbt die Koralle. Wo aber das Wasser klar bleibt, auch wenn es schon brackisch ist, da gedeihen auch in der Sangkulirangbai drin üppige Korallensiedelungen. 132 Walther Staub. So bestehen die beiden Facies oft in unmittelbarer Nachbarschaft. ') Die Korallenriffe sind in der Hauptsache Saumriffe, welche in ihrer reichsten und mannigfaltigsten Ausbildung die Halbinsel von Seglu bis Tannah Merah und die beiden Inseln Miang umranden. Hier herrscht im Sommerhalbjahr stürmische Brandung. Das Gestein des Strandes ist Kalk, und die Korallen der Schorre bilden mit ihrem Sockel eine nur wenig gegen das Meer geneigte, breite Fläche, die bei der Ebbebewegung nur allmählich und ungleich schnell aus dem Wasser auftaucht. Zwischen den einzelnen breiten und niederen Korallenstöcken bleiben Wasserlachen zurück, und Rinnen und Furchen geben der Oberfläche ein unruhiges. unregelmässiges Aus- sehen. Diese Schorre bricht unvermittelt gegen den tieferen Teil der Flachsee ab, und an diesem untermeerischen Teil des Strandes entfalten sich nun vielgestaltiger und reichbelebt die schönsten Ko- rallengärten. Gegen das Innere der Sangkulirangbai werden die einzelnen Stöcke kleiner. Die Lebensbedürfnisse der einzelnen Arten scheinen ungleich zu sein. Eine der wenigst empfindlichen Arten scheint Maeandrina zu sein; so besteht das kleine Riff, der Mündung des Kariang gegenüber, fast ausschliesslich aus Halbkugeln von Maean- drina, die einen Durchmesser von mehr als !/. m erreichen können und dicht gedrängt den kalkigen Untergrund krustenförmig über- ziehen. Die beiden kleineren Riffe dagegen, welche die Nordspitze von Senumpak umgeben, sind recht reichhaltig an Arten. Neben Astraeiden und Fungiden treten Formen auf, die wahrscheinlich Porites, Turbinarien und Madreporen sind. Die Malayen suchten dort Antipates (?), aus deren schwarzen Ästen sie Armbänder flochten, und eines Tages wurde mir ein sehr hübsches Bäumchen einer Horn- koralle gebracht. Die am weitesten flussaufwärts lebende Korallen- siedelung liegt in der Mündung des Kubun, in brackischem Wasser auf konglomeratischem Boden aufgewachsen. Die einzelnen Individuen sind klein, niedrig und verkümmert Tiefer in der Bucht habe ich keine Korallen mehr gefunden. Aus den Korallen der Umgebung der Inseln Miang brachte ich nun folgende kleine Sammlung von Gastropoden und Zweischalern mit, die jedoch leider auch nicht vollständig ist: Nautilus pompilius Lin.; ein stark abgerolltes Exemplar. *Oassis cornuta Lin. Ein Exemplar bei Tanah merah gefunden. Jungmiocän von Java. !) Vergl. C. Ph. Sluiter, natuurk. Tydschr. Nederkandsch Indie XLIX, pag 360, wo ähnliche Verhältnisse in der Bai von Batavia beschrieben en Verbreitung einiger lebender und versteinerter Lamellibranchier ete. 133 ?Conus vexillum Cmel. Die Conusarten von Pulu Miang sind auf der Reise leider mit den in Singapur erworbenen durcheinander gekommen. ? — lithogliphus Meurik. *Oypraea erosa Lin. In jungmiocänen und pliocänen Schichten von Java (Lit. 2, pag. 174). * — Lyn& Lin. Ein Individuum aus dem Jungmiocän von Tji Tangkil (Preanger Reg.) (Lit. 1, pag. 23). * — tigris Lin.; zwei Exemplare aus dem Jungmiocän von Tji Tangkil (Preanger Reg.) (Lit. 1, pag. 22). * —— vitellus Lin.; ein Individuum aus den jungmiocänen Schichten von Selatjau (Preanger Reg.) (Lit. 2, pag. 167). Fasciolum trapezium Lin. Haliotis spec.; wurde in vier kleinen Exemplaren gebracht. Fund- ort unsicher. Mitra episcopalis Lin.; Fundort unsicher. Murex endivia Lk. Ovula Ovum Lin. Pterocera lambis Lin. — Chiragra Lin. *Strombus isabella Lk. (Verbreitung siehe oben). Terebra macculata Lk. Triton tritonis Lin.; wird wie Cassis cornuta Lin. von den Malayen perforiert und besonders auf den Fischerprauen als Horn gebraucht. Hippopus macculatus Quoy. *Tridacna gigas Lk. Aus dem Jungmiocän von Tji Tangkil bekannt; eine fossile Tridacna aus dem Korallenkalk von Pulu Miang wird im geolog. Museum von Leiden aufbewahrt. — squamosa Lk. Auch die Korallenriffe sind in der Sangkulirangbai fossil vertreten So besteht Pulu Miang (Lit. 9; Bd. X, Heft 1) aus einem Ko- rallenkalk, der noch tektonische Bewegungen miterlebt hat, und der, wie die „Karangkalke“ im östlichen Teil des malayischen Ar- chipels, an den Küsten steil gegen das Meer abbricht. Aus diesem Kalk erwähnt L. Rutten: Heterostegina, Amphistegina und ganz kleine Nummuliten, eine wahrscheinlich heute noch lebende Art (Lit. 9). Die rezenten Korallenbildungen dieser Insel sind auf fossilen Ko- rallenstöcken aufgewachsen. (Es ist unrichtig, wenn J. Ahlburg er- wähnt, dass in Ost-Borneo die Karangkalke fehlen. Versuch einer * bedeutet: aus den Tertiärschichten von Java bekannt. 134 Walther Staub. geolog. Darstellung der Insel Celebes, geolog. und palaeontolog. Ab- handlungen, Jena 1913, pag. 152). Geben aber die Sangkulirangmergel in ihren Versteinerungen ein angenähertes Bild der Molluskenfauna, die zur Zeit der Mergel- bildung lebte, so ist dies mit den „Karangkalken“ keineswegs der Fall. Von der Farbenpracht und dem Formenreichtum der lebenden Korallengärten bleiben fossil nur Spuren übrig. Reisst man z. B. den kleinen Stock einer lebenden „Maeandrina“ oder einer „Mussa“ ab und überlässt ihn Wind und Wetter, so wird der Stock erst schwarz infolge Zersetzung der organischen Substanz, dann beginnt die Bleichung als Einleitung zum Versteinerungsprozess. Eine ähn- liche Veränderung machen die Schalen der Gastropoden und Zwei- schaler durch. Die Zersetzung der Epidermis färbt die Gehäuse der Gastropoden zuerst schwarz, und die Zersetzung der Oberhaut schwärzt die toten Schalen der Lamellibranchier. Ist aber die schützende organische Hülle über den Schalen einmal weg, dann ist dem Kalk- gehäuse sein wesentlichster Schutz genommen. Die starke Brandung, Krabben und Schnecken, welche die toten Schalen anbohren, zer- stören es, und die Schalentrümmer werden mit dem Korallensand zusammengerollt und eingebettet. Meist sind es nur ganz diekschalige Arten, wie z. B. Tridacena, die auch fossil mit den Korallen erhalten bleiben. Diese Beobachtungen lassen verstehen, warum soviel seltener Molluskenarten fossil gefunden werden, die zwischen Korallen- siedelungen leben. Meeresströmungen und Wellen helfen jedoch die Lücke wiederum ausgleichen, tragen die Schalen des einen Strandes nach dem andern und verwischen so eine allzuscharfe Trennung der Faciesarten. Herr Prof. Dr. K. Martin in Leiden hatte die grosse Güte, das Manuskript dieser Arbeit zu durchgehen, wofür ich auch an dieser Stelle meinen herzlichen Dank ausspreche. 27. 7. Haag (Holland), September 1915. Verbreitung einiger lebender und versteinerter Lamellibranchier etc. 135 Literatur. K. Martin. Die Tertiärschichten auf Java. Leiden. J. Brill 1879/80, K. Martin. Die Fossilien von Java. In apr. des geologischen Reichs- museums in Leiden. Neue Folge, K. Martin. Die Fauna des Re von Nanggulan (Java). Sammlungen des Geologischen esse in Leiden. Neue Folge, Band I. K. Martin. Die Einteilung der versteinerungsführenden Sedimente von Java. Sammlungen des Geologischen Reichsmuseums in Leiden. Serie I, Band VI; Heft 3. 1900. K. Martin. Einige allgemeinere Betrachtungen über das Tertiär von Java Geologische Rundschau. Bd. IV; Heft 3. 1913. K. Martin. Miocine Gastropoden von Ost-Borneo. Sammlungen des Geologischen Reichsmuseums in Leiden. Serie I, Bd.I 18 E. von Martens. Süss- und Ersikeskenaliniken: des indischen Archipels, in: Geologische Ergebnisse einer Reise in Niederländisch Ostindien von Dr. Max Weber. Leiden 1897—1907. P. Fischer. Manual de Conchyliologie. Paris. F. Savy. 1887. L. Rutten. Studien über Foraminiferen aus Ostasien. Sammlungen des Geo- logischen Reichsmuseums in Leiden. Serie I, Bd. IX und Bd. X; Heft 1. Schwimmblase und die vier vordersten Wirbel bei Cobitis taenia L. Von LeoroLp BrochH. (Hiezu Tafel V und VL.) (Als Manuskript am 13. Oktober 1915 eingegangen.) Bei vielen Fischen besteht eine höchst merkwürdige Beziehung zwischen dem häutigen Gehörorgan und der Schwimmblase, die in ihrer vollkommensten Form durch eine Kette von Knöchelchen her- gestellt wird. Der Verfasser, der diese Skelettstücke zuerst erwähnt, ist Rosenthal '), doch gab erst Weber?) einige Jahre später in seinem berühmten Werke eine genaue Beschreibung davon. Seither haben diese viele Forscher studiert. Sagemehl?) hat sodann die 4 Fisch- familien (Characiniden, Siluroiden, Cypriniden und Gymnotiden) aus- gesondert, die diese Knochenkette, den „Weberschen Apparat“, be- sitzen und fasste sie in der Unterordnung der Ostariophyseae zusammen. Zu den Cypriniden wird die Unterfamilie der Cobitiden gezählt, welche nur durch drei in der Schweiz vorkommende Arten (Mis- gurnus fossilis Lacep., Nemachilus barbatulus Günther und Cobitis taenia L.) vertreten ist. Bei diesen Fischen treten zu der Kleinheit der Skeletteile der Besitz einer Knochenkapsel, in welche die Schwimm- blase eingeschlossen ist, und weitere Verknöcherungen hinzu, was eine wesentliche Komplikation der bei den normalen Cypriniden im allgemeinen bekannten ÖOrganisationsverhältnisse bedeutet. Der Webersche Apparat von Misgurnus wurde sehr sorgfältig von Weber, ‘ Sörensen*) und Sidoriak°)°); derjenige von Nemachilus barb. von !) Rosenthal, Fr. Ichtlıyotom. Taf., Heft 1. Berlin 1812. ?) Weber, E. H. De aure animalium aquatilium, Lipsiae 1820. =] Segemehit, Beiträge zur vergl. Anatomie der Fische, III. Morphol. Jahrbuch, 1885. *) Sörensen William, Om Forbepinger i Svömmeblaeren, Pleura og Aortas Vaeg etc, Kiöbenhavn 1890. 5) Sidoriak, S. Beiträge zur nee = des endolymphatischen Apparates Fr Fische. Anat. Anz., Bd. 15, 1898. ) id. Przyezynek do kwestji Be stosunku organu stuchu etc. Kosmos, Lemberg, 1900. i E } DE | u } il - E 5 Ze i ii u fa Bu . De 9 , En Bi u Me Zu Ri 4 u. x B_ Be ee —- £ . RT | A Par re =E In. KL 1 E 7 PR N il u u; 5 5 bg . . 2 , TECH ARSCH E 0% : r. . 5 u m . = 5 € u i a ß ö E ö | | . 5 gi { | 5 \ ” m ER: A vr u => E .E WR er Vierteljahrsschrift der Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. Tafel V. UL, Bloch, gez. nach Präp. Vierteljahrsschrift der Naturf, Ges. Zürich. Jahrg, 61. 1916, Tafel VI. RE Be Me ir SE LE L. Bloch, gez. nach Präp. Kun. en a Schwimmblase und die vier vordersten Wirbel bei Cobitis taenia L. 137 Weber und Bloch‘); jener von Cobitis taen. dagegen, soviel ich sehen konnte, noch nie beschrieben. Diese Lücke auszufüllen, überhaupt einiges zur Kenntnis der Skeletteile der vordersten Wirbel von Oobitis taenıa beizutragen, war der Zweck meiner Untersuchung. Die normalen Wirbel (5. und nachfolgende) entsprechen den Cyprinidenwirbeln. Der Körper ist sanduhrförmig. In demselben erhält sich ein Rest der Chorda. Die oberen Bogen sind mit den Körpern verschmolzen. Jeder Bogen besitzt nach vorn und hinten je einen Fortsatz (Zygapophyse). Der hintere, der entwicklungs- geschichtlich als Fortsatz des Wirbelkörpers aufzufassen ist, und der sich bei Nemachilus barbatulus teilweise vom entsprechenden Bogen zeitlebens getrennt erhält, ist hier mit demselben verschmolzen. Die Rippen setzen sich ursprünglich aus zwei Teilen zusammen: der eigentlichen Rippe und der Basalpartie. Bei den Cypriniden sind die Basalpartien zwar als gesonderte Skelettstücke erkenmntlich ;. aber auf feste Weise mit dem Wirbelkörper verbunden. Entsprechend verbinden sich die Basalstücke mit den Wirbelkörpern bei Nema- chilus barbatulus, während sie bei Misgurnus mit dem Körper ver- schmelzen. Cobitis taenia verhält sich in diesem Punkte wie Mis- gurnus. Und es sei gleich schon hier darauf hingewiesen, dass Cobitis taenia in den 4 vorderen Wirbeln auffallend grosse Überein- stimmung mit Misgurnus aufweist und weit weniger mit Nemachilus. Erster Wirbel (Fig. 13 a, b und e). Nach den Untersuchungen von Nusbaum (An. Anz. Bd. 32) entspricht unser erster Wirbel ent- wicklungsgeschichtlich eigentlich dem dritten. Er ist sehr kurz, ungefähr halb so lang wie der zweite falsche (2.-+-3.) oder eın normaler Wirbel. Er ist opistocoel. Seine vordere sehr stark kon- vexe Fläche ist in die konkave Vertiefung des oceipitale basilare eingesenkt, aber nicht verwachsen damit. In dieser Hinsicht stimmt also das Verhalten des ersten Wirbels mit der grossen Mehrzahl der Cypriniden, sowie demjenigen der übrigen Cobitiden Europas überein. Ich hebe dies besonders hervor, da es ein Irrtum ist, wenn .Sachs?) pag. 732 meine Angaben über den 1. Wirbel von Nemachilus barbatulus so auslegt, als ob dort der erste Wirbel mit dem oceipitale basilare verwachsen wäre. Im Gegenteil! Der Befund ergibt _ der Text und die Figuren 2, 4 und 5, Taf. 1 meiner oben zitierten Arbeit lassen darüber keinen Zweifel aufkommen —, dass es auch !) Bloch, L. Schwimmbl., Knochenkapsel und Web. App. v. Nem. barb. 6. Jen. Zeitschr., Bd. 34, 1900. En ?2) Sachs, Mar. Magd. Die Weberschen Knöchelchen bei den Cyprinoiden der schweizerischen Fauna. Revue suisse de zoologie. Vol. 20, No. 14, 1912. 138 Leopold Bloch. bei Nemachilus barbatulus verhältnismässig leicht gelingt, den ersten Wirbel von den benachbarten Knochenteilen vollständig zu isolieren. Am hinteren Abschnitt des konischen Wirbelkörpers entspringen bei Cobitis taenia Hügelartig zwei sehr kurze Querfortsätze (Fig.13a, Z), die nach Sörensen und bestätigt durch Nusbaum bei den Cypriniden und Gadoiden nicht als Derivate des unteren Bogensystems, d.h. der Rippen zu betrachten sind. Auch hier stellen diese unechten Quer- fortsätze das an seinem inneren Ende verknöcherte Ligament dar, welches sich vom Schulterbogen zum Zentrum des ersten Wirbels erstreckt. Von vorn und auch von oben betrachtet (Fig. 13a und b) erkennt man, wie diese Wirbelquerfortsätze nur mit dem unteren Abschnitt des Körpers verschmolzen sind, wodurch zu beiden Seiten desselben kurze, oberseits offene Rinnen entstehen, welche den mit Perilymphe erfüllten Raum bilden helfen, in welchem die Weberschen Knöchelchen eingeschlossen sind. Nach hinten zu befindet sich der erste Wirbel mit dem zweiten in starrer Verbindung, die dadurch zustande kommt, dass über den vorderen Rand des zweiten Wirbelkörpers — von den Seiten die Querfortsätze des zweiten Wirbels (Fig. 2 pt. [/) und von unten aponeurotische Elemente (Fig. 10 a,), die mit dem Processus des zweiten Wirbels verschmolzen sind, — hinübergreifen und so dem ersten Wirbel ein festes Lager bereiten. Die Elemente des oberen Bogensystems des ersten Wirbels sind _ nicht typisch ausgebildet. Sie haben Gliedstücke des Weberschen Apparates (Stapes und Claustrum) geliefert, die wir am Schlusse im Zusammenhange betrachten wollen. Die Körper vom 2. und 3. Wirbel (2. falscher Wirbel) sind wie bei der Mehrzahl der Cypriniden vollständig miteinander ver- schmolzen. Es ist makroskopisch nicht möglich eine Grenze zwischen beiden nachzuweisen. Dieser 2. falsche Wirbel, der beinahe gleich lang wie ein normaler ist, besitzt zwei diskret entwickelte Neural- bogen (Fig. 7 AIIT). Sie sind als die des 3. wahren Wirbels auf- zufassen, während die Bogen des zweiten Wirbels zu den Incudes entwickelt, d. h. in die Bildung des Weberschen Apparates mit ein- bezogen sind. Diese platten, senkrecht gestellten Knochen, d. h. die Neuralbogen //I, helfen nicht nur die Seitenwandung des Rücken- markskanals bilden, deren untere verdickte Teile sind als kurze, dicke Pflöcke in konische Vertiefungen des Wirbelkörpers fest ein- gesenkt, so dass dort der Boden des Rückenmarkskanals nur zum kleineren Teil, d. h. nur in der Medianebene, vom Wirbelkörper ge- bildet wird, zum grösseren Teil aber von eben diesen Pflöcken, die in der Medianebene einander beinahe berühren. Schwimmblase und die vier vordersten Wirbel bei Cobitis taenia L. 139 Oben sind diese Bogen abgeschlossen durch ein gesondert ent- wickeltes, grosses, unpaares Schlusstück (Fig. 2 und 6, sl,). Dieses besteht aus 2 Teilen: aus einer basalen, sattelförmigen Platte und aus einer innig mit ihr verschmolzenen, in der Medianebene gelegenen „Spina“. Dieses sattelförmige Schlusstück sl, grenzt ferner hinten an die Bogen des 4. Wirbels und vorn an das unpaare Schlusstück des 2. Wirbels s/,, welch letzteres als flaches diskretes Knochen- plättehen, ohne „Spina* über dem Neuralkanal liegt und das dem vorderen oberen Teil der Neuralbogen III, sowie den Claustra (Weber) aufliegt. Es hat von oben gesehen eine fast kreisrunde, cranialwärts etwas ausgebuchtete Form. Diese Schlusstücke sind also, gerade so wie bei den Cyprinoiden, beide, auch das vordere, unpaarig. Es bleibt wie bei den Cyprinoiden jedes zeitlebens getrennt vom andern. Ich hebe dies besonders hervor, da Sachs (pag. 733, 740) eine andere Auffassung vertritt. Der Köper des 2. (falschen) Wirbels besitzt, wie bei den ÜÖypri- niden keine normal ausgebildeten Rippen. Er trägt nur ein Paar schräg nach hinten gerichtete, hinten gabelig gespaltene Querfort- sätze (Fig. 2, 4, 6 pt Il). Sie gehören dem 2. (wahren) Wirbel an und umfassen an ihrem proximalen Ende, wie bereits bemerkt, nicht nur ihren zugehörigen Körper von den Seiten und sind mit ihm ver- wachsen, sondern sie greifen vorn noch über den Wirbelkörper hin- aus und umgeben den hinteren Abschnitt des 1. Wirbelkörpers, ohne jedoch mit diesem zu verschmelzen. Mit ihren distalen, gabelig ge- teilten Enden bedecken sie die äussere Partie der vorderen Öffnungen der Knochenkapsel, immerhin so, dass noch ein kleiner Abstand bestehen bleibt. Das zweite untere Bogenpaar, das dem 3. (wahren) Wirbel zugehört, ist in die Mallei des Weberschen Apparates um- gewandelt. Körper und obere Bogen des 4. Wirbels (Fig.1 p. sp) ver- halten sich wie die entsprechenden Skeletteile eines normalen Wirbels, d. h. sie sind verschmolzen. Inbezug auf das untere Bogensystem dieses Wirbels besteht jedoch gleich wie bei den übrigen Cobitiden gegenüber den normalen Cypriniden ein Unterschied, was durch- greifende Veränderungen mehrerer anderer Organishlicna see zur Folge hat. Bei den normalen Cyprinoiden ist das untere Bogensystem in charakteristischer Form zu den ossa suspensoria (Sörensen) umgestaltet. Sie wurden von Sörensen so genannt, weil sie bei der Mehrzahl der Ostariophyseae die Aufgabe haben, der vorderen oberen Seite der Schwimmblase einen Anheftungspunkt zu liefern. (Bei den Siluroiden ist die Schwimmblase nicht nur an den Querfortsätzen des 4. Wirbels 140 Leopold Bloch. angeheftet, sondern auch noch an den Querfortsätzen einiger folgender Wirbel.) Diese ossa suspensoria sind bei den Öyprinoiden zu beiden Seiten des 4. Wirbelkörpers derart tief in Gruben eingesenkt, dass sie auf der Unterseite des Wirbels beinahe zusammenstossen. Jeder dieser paarigen Knochen besteht aus zwei Partien: einer äusseren, rippenähnlichen (sie ist aber nur als die Basalpartie der Rippe auf- zufassen), welche sich über den Malleus legt, und einer innern Partie, welche die Form einer Platte hat und die mit jener der andern Seite in der Medianebene zusammentrifft, wodurch sich zwischen diesen platten Auswüchsen und dem Wirbelkörper ein Kanal bildet, in welchem die Aorta verläuft, und durch welchen die Verbindung zwischen den Abdominalnieren und deren cephalem Teil stattfindet. Die Form und Lage dieser innern Platte kann bei verschiedenen Gattungen etwas verschieden sein. Sie kann nach hinten absteigen, senkrecht stehen oder auch nach vorn gerichtet sein. Bei Cobitis taenia, diesem anormalen Cypriniden, sind die ossa suspensoria auch vorhanden, aber nicht ohne weiteres zu erkennen, indem sie adherierende Bestandteile der Knochenkapsel bilden, in welche die Schwimmblase eingeschlossen ist. Sobald verknöcherte Teile der Schwimmblase — und als solche ist die Knochenkapsel aufzufassen — mit fremden Skeletteilen verschmelzen, ist es selbst- verständlich schwierig festzustellen, wieviel von der Verknöcherung den fremden Skeletteilen zukommt und wieviel der Schwimmblase. Ehe wir hierauf eine Antwort geben können, wie diese Verhältnisse bei Cobitis taenia liegen, wird es zweckmässig sein, uns der Be- schreibung der Knochenkapsel und der Schwimmblase zuzuwenden. Die Knochenkapsel (Fig. 1, 5) liegt unter dem 4. (wahren) und zu einem Teil noch unter dem 5. Wirbel, ist aber nur mit ersterem verwachsen. Mit ihrem zugehörigen Wirbel lässt sie sich vollständig isolieren. Sie ist breiter als lang. Bei einem Exemplar von 9 cm Länge beträgt der Querdurchmesser 3 mm, während der anteroposteriore nur 2,5 mm misst. Die knöcherne Masse, aus welcher die Kapsel besteht, ist nicht kompakt, sie bildet ein zierliches, namentlich auf der unteren und hinteren, weniger auf der vorderen und oberen Seite siebartig durchlöchertes Knochennetz (Fig. 9, 11). Man kann deutlich einen oberen deckelartigen Teil, der sich gleichsam unter den 4. Wirbelkörper schiebt, wobei er vorn mit den 0ssa suspensoria und hinten mit dem 4. Wirbelkörper verschmolzen ist, von einem unteren schalenförmigen unterscheiden. Der schalen- förmige Teil ist an seiner unteren Seite ziemlich stark flachgedrückt und vorn und hinten ein wenig einwärts gebuchtet. Schwimmblase und die vier vordersten Wirbel bei Cobitis taenia L. 141 An fünf Stellen besitzt die Kapsel Öffnungen von grösserer Ausdehnung, von denen zwei Paare sich direkt unterhalb des „Deckels“ befinden: 1. Das erste Paar liegt vorn an der Kapsel. Diese vor- deren Öffnungen (Fig. 3 ov) sind bisquitförmig. Durch sie dringen die Mallei in die Schwimmblasenkapselhöhle ein. 2. Das zweite Paar liegt auf beiden Seiten der Kapsel. Diese seitlichen Öff- nungen (Fig. 1 ol) sind annähernd oval und etwas grösser als die vorderen. Sie liegen hinter dem Operculum wenig weit unter der Körperhaut, indem an dieser Stelle die Stammesmuskulatur aus- einanderklafft. Eine dünne Schicht von halbgelatinöser Masse trennt die Öffnungen von der Körperhaut. 3. Die fünfte hintere, annähernd kreisrunde Öffnung (Fig. 12 oh), durch welche die in der Kapsel eingeschlossene Schwimmblase ein wenig vorsteht, haben wir in der Mittellinie der hinteren Kapselwandung zu suchen. — Ausser diesen fünf sind noch zwei weitere accessorische Öffnungen zu erwähnen, welche jederseits oben auf der hinteren Seite gelegen sind (Fig. 12 oa). Der dorsale Rand dieser Öffnungen, der vom oben erwähnten Deckel gebildet wird, springt in Form eines über die Öffnung überhängenden Daches vor (Fig. 1, 5, 9d). Der Längsdurchmesser dieser Öffnungen misst allerdings nur '/s—!/s mm, aber es scheinen diese Gebilde nicht nur ein konstantes Merkmal der Knochenkapsel von Cobitis taenia zu sein, sondern auch von Misgurnus foss., wo wir sie ebenfalls ge- funden, obwohl für diese Gattung deren Existenz von Nusbaum und Sidoriak !) p. 215 bestritten wurde. Wir sehen also, die Kapsel zeigt die gleichen Öffnungen wie die bei Misgurnus und ist nur in ihrer Form von jener abweichend. Sie weist indessen noch eine weitere Eigentümlichkeit auf, die ihr ein charakteristisches Gepräge gibt. Im vorderen Abschnitt der- selben, gleichsam vom Wirbelkörper ausgehend und über der vor- deren Öffnung verlaufend erhebt sich ein rippenähnlicher Fortsatz (Fig. 1, 3 pt IV), der parallel mit den nachfolgende Rippen schräg nach eh und hinten zieht und der ungefähr 1 mm aus der Kapsel hervorragt. Die Natur dieses Fortsatzes zu erklären fällt keineswegs schwer. Betrachten wir die Kapsel von vorn, so erkennen wir ohne Mühe die Form der hier mit der Knochenkapsel innig verschmolzenen ossa suspensoria der normalen Cypriniden wieder. Sie sind auch, wie bei den Cypriniden mit dem Körper des 4. Wirbels verschmolzen, aber es lässt sich doch noch eine feine Linie wahrnehmen, welche Körper und os suspensorium abgrenzt (Fig. 3*). Der Fortsatz, d. h. ‘ gi. Nusbaum Jözef und Sidoriak Szymon: Das anatom. Verhältnis zwischen dem _Gehöror 3 und der Schwimmblase bei dem Schleimbeisser. Anatom. Anz. Anz., Bd. - 1 1899, Nr. 142 Leopold Bloch. das aus der Kapsel hervorragende Stachelspitzchen ist als die äussere, rippenähnliche Partie des os suspensorium der normalen Cypriniden aufzufassen; aber auch die plattenförmigen Partien, die bei den nor- malen Cypriniden in der Medianebene zusammenstossen, sind an- gedeutet. Selbst der durch den 4. Wirbelkörper und die ossa sus- pensoria gebildete Kanal, durch den bei den Cypriniden Aorta und Nierenvene verlaufen, ist vorhanden (Fig. 3 **). Er ist direkt unter dem 4. Wirbelkörper „scheinbar“ als Grube erkennbar. Es besteht indessen zwischen Cobitis taenia und den normalen Cypriniden der nämliche Unterschied, wie er von Sörensen für Misgurnus festgestellt wurde. Wir müssen kurz darauf eingehen. „Die Nieren bilden einen cephalen und einen abdominalen Teil. Ersterer ist vor, letzterer hinter und über der Schwimmblase gelagert. Bei der Mehrzahl der Cypriniden befindet sich, wie schon bemerkt, unter der Mitte des 4. Wirbels ein vom Wirbelkörper und den zwei von unten zusammen- stossenden ossa suspensoria gebildeter Kanal, durch welchen die Aorta zieht und durch welchen die Verbindung zwischen den Abdominal- nieren und deren cephalem Teil stattfindet.“ Bei Cobitis taenia ist das anders. Wir haben weiter oben gesagt, die Knochenkapsel zer- falle in einen „Deckel“ und in einen schalenförmigen Teil. Dadurch nun, dass der deckelartige Teil im hinteren Abschnitt des 4. Wirbel- körpers mit diesem verschmolzen ist, haben Aorta und Nierenvene unmittelbar unter dem 4. Wirbelköper keinen Platz mehr gefunden. Sie sind seit- und aufwärts gedrängt worden. Und das Bild, das uns die Kapsel bei der Betrachtung von hinten gewährt, wo links und rechts vom Wirbelkörper zwei Kanäle zu erkennen sind (Fig. 12 kr und kl), lässt uns kaum vermuten, dass in diesen zwei sym- metrisch gelegenen Kanälen verschiedene Organe enthalten sind. Dem ist aber dennoch so. Brechen wir bei einem frisch getöteten oder in Alkohol konservierten Exemplar den schalenförmigen Teil der Knochenkapsel weg, entfernen auch die Schwimmblase und be- trachten dann den deckelartigen Teil der Kapsel von innen (Fig. 11), so können wir leicht konstatieren, dass der linke Kanal die Aorta und der rechte die bedeutend mächtigere Nierenvene (es existiert nur eine) enthält, welche beide Kanäle nach vorn zu konvergieren. Zweifellos haben wir es bei den Wandungen dieser zwei Kanäle nicht mit Elementen des.4. Wirbels zu tun. Vielmehr dürften sie unterseits gebildet sein aus der verknöcherten Schwimmblasenhaut samt der Pleura, oberseits aber aus den dort verknöcherten Wan- dungen der Aorta bezw. Nierenvene (Fig. 1 und 12a,). Bei der Innenansicht sehen wir ferner in der Medianebene ein vom deckel- artigen Teil der Knochenkapsel frei abstehendes, dünnes und schmales N N he Bier alE men Höhe aaa Ada ni, lea ae Kar dei Schwimmblase und die vier vordersten Wirbel bei Cobitis taenia L. 143 Knochenplättchen (Fig. 11 kp), welches vom Wirbelkörper weg nach ‚vorn zu frei in die Kapselhöhle hineinragt. Eine Untersuchung der Schwimmblase erklärt uns diese Bildung und bestätigt uns die Auf- fassung über die Bildung der Wandung der zwei oben genannten Kanäle, wenigstens was die untere Partie derselben betrifft. Die Schwimmblase besitzt die gleiche Form wie die Knochen- kapsel, die sie gewissermassen austapeziert, die vordere obere Region ausgenommen. Sie besteht aus zwei Häuten, aus einer äusseren und einer inneren. Die äussere ist aus zwei übereinander liegenden Schichten zusammengesetzt, deren straffe Bindegewebsfasern sich rechtwinklig kreuzen. Auf Flächenpräparaten lassen sich beide Schichten unter dem Mikroskop deutlich wahrnehmen, man braucht nur den Tubus zu heben oder zu senken. Die innere zartere Haut besteht aus lockigem Bindegewebe. Sie besitzt, soviel ich sehen kann, in der Medianebene von oben und unten in das Blasenlumen einspringende Falten, so dass dasselbe in zwei Räume geschieden zu sein scheint. Blutdrüsen habe ich keine beobachtet. Während nun die innere Schwimmblasenhaut überall die gleiche Dicke beibehält, ist das bei der äusseren nicht der Fall, indem diese auf der Dorsal- seite verknöchert ist, und zwar erstens am hinteren Ende des Malleus, dort wo er in die vordere Kapselöffnung hineinragt und mit derselben verwachsen ist, zweitens vorn und oben in der Medianebene in der Form des bereits erwähnten deckelartigen Teiles der Kapsel. Und indem es auch bei äusserster Vorsicht nicht gelingt, den dorsalen Teil der äusseren Schwimmblasenhaut mit der Pinzette aus der er- öffneten Kapsel herauszuziehen, finden wir die Feststellung von Sörensen für Misgurnus auch hier bestätigt, dass es auf der Dorsal- seite in der Hauptsache die äussere verknöcherte Schwimmblasen- haut ist, die den „Deckel“ der Kapsel gebildet hat. Und zwar er- streckt sich die Verknöcherung von dem oben erwähnten, vom 4. Wirbelkörper frei abstehenden Knochenplättchen (kp) nach hinten, ‚um mit dem 4. Wirbelkörper zu verschmelzen. Über dem Knochen- plättchen und dem plattenförmigen Teil des os suspensorium ist so ein Raum freigeblieben, in welchem Aorta und Nierenvene direkt unter dem vorderen Teil des 4. Wirbelkörpers ihren ursprünglichen Platz beibehalten konnten. Und es erklärt sich so ungezwungen, dass der durch die plattenförmigen Teile der ossa suspensoria gebildete Kanal, durch den Aorta und Nierenvene verlaufen, bei Betrachtung der Knochenkapsel von vorn, wohl noch sichtbar ist (Fig. 3 *), da- gegen nicht von hinten. — Unterseits und hinten ist der schalen- förmige Teil der Knochenkapsel mit der Pleura verwachsen. Und indem an dieser Stelle die äussere Schwimmblasenhaut ihre normale 144 Leopold Bloch. Dicke besitzt, ist es augenscheinlich, dass hier die Kapsel wie bei Misgurnus als eine Bildung der Pleura aufzufassen ist. In Verbindung mit der Schwimmblase ragt aus der 5. unpaaren Öffnung der Kapsel ein kaum '/ mm messendes kugeliges Gebilde ') hervor, von dem, wie mir schien, ein solider zylindrischer Strang nach dem Schlunde zieht. Da ich davon keine Schnitte herstellte, konnte ich nicht entscheiden, ob es sich, wie Jaquet?) angibt, um ein mit der Blasenhöhle frei kommunizierendes Bläschen oder um ein solides kugeliges Gebilde handelt. - Die Weberschen Knöchelchen: Von den gabelig gespaltenen Querfortsätzen des 2. Wirbels ziehen je zwei dünne Knochenlamellen proximalwärts. Die untere (Fig. 8 und 10 a,) nach dem 2. (falschen) Wirbel; die obere (Fig. 2, 6 und 7 a,) nach dem 3. Wirbelbogen, mit welchem sie verschmilzt. Dadurch entsteht zu beiden Seiten des Neuralkanals je ein weiterer Raum von dreieckigem Querschnitt. Diese zwei Räume sind nach hinten zu gefenstert, indem an dieselben die vorderen Öffnungen der Knochenkapsel stossen, welche ihrerseits durch die Schwimmblase verschlossen sind. Bei den normalen Cypri- niden sind die Weberschen Knöchelchen von einem membranösen mit Perilymphe erfüllten Sack umhüllt, der sich vorn an den Schädel im Umkreis der grossen Öffnung des os occipitale laterale anlegt und der sich hinten bis zur Schwimmblase erstreckt. Eben diese Lage haben die Knochenplättchen, welche als die verknöcherten Wandungen des vorerwähnten häutigen Sackes zu betrachten sind. In den durch sie gebildeten zwei Räumen liegt der Webersche Apparat. Und es hat bei oberflächlicher Betrachtung der vier vordersten Wirbel (Fig. 6) das Aussehen, als läge er im Innern des Rückgrates verborgen. Von der Seite betrachtet (Fig. 2) ist einzig der oberste Teil des Claustrums cl (Weber) sichtbar. Dieses zerfällt, wie man bei der Betrachtung von vorn (Fig. 4) feststellen kann, in zwei Partien, eben in die obere, auch von der Seite sichtbare, welche sich an das Schlusstück sl, anlehnt, mit dem sie ziemlich fest verbunden ist, und in eine untere Partie, die wie die obere an der Be- grenzung des Rückenmarkskanals teilnimmt und die an ihrer Aussen- fläche konkav ist. — Aufruhend auf dem hinteren Teil des 1. und dem vorderen Teil des 2. Wirbelkörpers findet sich der mu- schelförmige Stapes (Weber) (Fig. 4 und 8 st), der die konkave Er; entspricht der wahren Schwimmblase, d. h. dem hinteren Abschnitt, während die in der Kapsel eingeschlossene Blase von are als das Divertikulum, d. h. die vordere Aussackung der Gyprinidenschwimmblase angesehen werden muss. 2) Jaquet, M. Recherches sur la vessie natatoire es Loches d’Europe. Rev. suisse de zool, Tome II, Fasc. 4. 1894. | 1’ © | E ir Be © Schwimmblase und die vier vordersten Wirbel bei Cobitis taenia L. 145 Seite nach innen kehrt und im Verein mit der unteren Partie des Claustrums das atrium sinus imparis (Weber) bildet. Bei den normalen Cypriniden ist der Stapes versehen mit zwei Fortsätzen: einem unteren, welcher in einer Vertiefung der oberen Seite des 1. Wirbelkörpers ruht und einem oberen schlank zugespitzten, welcher an den 3. Wirbelbogen angelehnt ist. Diese beiden Fort- sätze sind bei den Cypriniden mit den genannten Knochen derart verbunden, dass sich der Stapes um sie wie um ein Scharnier drehen kann. Bei Oobitis taenia ist der untere Fortsatz nicht entwickelt. Auf der Oberseite des 1. Wirbelkörpers kann man keine Vertiefungen feststellen, die den beiden Stapedes hätten als Lager dienen können. Der obere Fortsatz ist deutlich erkennbar. Er endet von unten nach hinten und oben in eine scharf auslaufende Spitze, die gegen den 3. Wirbelbogen gerichtet ist. — Auf seiner Aussenseite besitzt der Stapes einen grossen Knopf, an welchem eine Sehne befestigt ist (Fig. 8 !), die zum Malleus zieht und in deren Mitte der Incus (Weber) ö als winziges stabförmiges Knöchelchen eingelagert ist. Mit dieser Sehne ist das vordere Ende des halbmondförmigen Malleus (Weber) m verbunden, während die hintere hakenförmig nach innen gebogene Partie desselben in die IR Öffnung der Knochenkapsel eindringt und mit der äusseren Secl t verwächst (Fig.11n), Ein mittlerer Fortsatz des Malleus, der wie bei» Misgurnus (vergl. Nusb. und Sidoriak) mit einem starken Band ausgestattet ist, senkt sich in eine grubenförmige Vertiefung des 2. (falschen) Wirbelkörpers dicht unterhalb des 3. Wirbelbogens, in welcher er wie in einer Ge- lenkgrube beweglich ist (Fig. 8). Über die morphologische Deutung der Gliedstücke des Weber- schen Apparates können wir uns kurz fassen, indem Nusbaum'!) auf entwicklungsgeschichtlichem Wege nachgewiesen hat, dass das Clau- strum, dessen Homologisierung bis in die jüngste Zeit Schwierig- keiten bereitete, als processus spinosus des ersten Wirbels aufzufassen ist. Der Stapes ist der umgewandelte obere Bogen des 1., der Incus das Rudiment, d. h. nur noch die Ligamentverknöcherung des nach aussen gerichteten Fortsatzes des oberen Bogens vom 2. Wirbel, während der Malleus die umgewandelte Rippe des 3. Wirbels dar- stellt. (Schlusstück s! 2 und s! 3 wären nach Nusb. p. 531 Schalt- stücke.) Die Form des Weberschen Apparates ist keine konstante und wechselt nicht nur bei den verschiedenen Ostariophysenfamilien, !) Nusbaum, Jozef. Entwicklungsgesch. und morphol. Beurteilung der Ocei- pitalregion des Schädels und der Weberschen Knöchelehen bei u usage (Cyprinus carpis L.). Anat. Anz. Bd. XXXII, Nr. 21 und 22, p.5 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916, 10 146 Leopold Bloch, sondern auch innerhalb derselben. Ich betone dies besonders, da Thilo!) die von mir beschriebene Form des Malleus von Nemachilus barbatulus, welche Gattung in so manchen Punkten von Misgurnus und Cobitis taenia, diesen zwei andern einheimischen Arten, abweicht, bezweifelt. Er schreibt: „Die Weberschen Knöchelchen von Gobio botia fand ich ebenso wie bei Botia, bei Cobitis fossilis, taenia und barbatula. Ich hebe das hier besonders hervor, da Leopold Bloch angibt, dass die Weber- schen Knöchelchen von Cobitis barbatula vollständig anders gebaut sind als bei andern Oobitis-Arten. Er teilt mit, dass er durch Ma- ceration die Knöchelchen dargestellt habe. Hierdurch wurden sie offenbar zum Teil zerstört, nach seinen Abbildungen zu urteilen. Ich besitze in meiner Sammlung ein Präparat, das ich mit Hilfe von Uhrmacherfeilen hergestellt habe, ohne Maceration. Es zeigt voll- ständig deutlich genau dieselben Weberschen Knöchelchen, wie sie unser Schlammbeisser hat.“ Die Bestreitung meines Befundes bei Nemachilus barb. kann ich Thilo nicht gelten lassen. Schon ein Blick auf meine Abbildungen offenbart, dass Maceration unmöglich eine derartig eigentümliche Form erzeugt haben kann. Aber auch durch Isolierung des Weber- schen Apparates von frischen und auch von in Alkohol gehärteten Objekten, bei denen eine Maceration ausgeschlossen war, habe ich mich neuerdings überzeugt, dass meine damalige Beschreibung richtig ist. Das Vorderende des Malleus von Nemachilus barb. ist kurz, das Hinterende eher noch kürzer und abgestumpft. Es bildet mit der Schwimmblase, welche sich an dieses abgeschnittene Ende an- heftet, keine Verknöcherung. Einzig der mittlere Fortsatz, welcher in der grubenförmigen Vertiefung des dritten Wirbelkörpers artikuliert, ist lang. Ich bin bereit, meine frischen Präparate für eine allfällige Nachprüfung zur Verfügung zu halten. Es mag noch hinzugefügt werden, dass Sörensen in seinen „Forbeninger“ einige Jahre früher für Nemachilus strauchii Kessl. eine ganz ähnliche Form des Malleus abgebildet und beschrieben hat. Herr Thilo wird Bedacht nehmen müssen, wie diese Malleusform mit seiner Theorie über die Funktion des Weberschen Apparates trotzdem in Einklang zu hrinpen = Diese Untersuchungen wurden zum grössten Teil in. Grenchen durchgeführt. Zur Anfertigung einiger Präparate und. der Zeich- nungen bediente ich mich eines Zeiss’ schen binokularen Mikroskopes, !) Thilo, Dr, Otto, Riga. Verknöcherte Schwimmblasen. Zool. ‚Anz. Ba. XLI, 1913, Nr. 7, p. 290, ' | Schwimmblase und die vier vordersten Wirbel bei Cobitis taenia L. 147 das mir Herr Dr. Küpfer in Zürich freundlichst zur Verfügung stellte. Herr Prof. Dr. K. Hescheler hat mir meine Untersuchungen dadurch bedeutend erleichtert, dass er mir die Benützung der wertvollen Bibliothek des zoologischen Institutes der Universität gütigst be- willigte. Obgenannten Herren, sowie Frl. Dr. Daiber bin ich für ihr reges Interesse, das sie meiner Arbeit entgegengebracht haben, .zu warmem Dank verpflichtet. Erklärung ze aeg Allgemeine Bezeichnungen. I, II, IV... Körper des ersten, zweiten (falschen), vierten... Wirbels. A III, IV oberer Bogen des dritten und vierten Wirbels. a Aponeurose. d Vorsprung des deckelartigen Teiles der Kapsel. el CGlaustrum (Weber). i Incus (Weber). E unechter Querfortsatz des ersten Wirbels. I Ligament der Weberschen Knöchelchen. m Malleus (Weber) st Stapes (Weber). 08 Os suspensorium (Sörensen). ov vordere paarige er seitliche Öffnung der Knochenkapsel. oh hintere unpaare | oa accessorische psp Processus spinosus. pt Processus transversus. sl Schlusstück. zy a Sag des Neuralbogens. zy p » Wirbelkörpers. Spezielle Figurenerklärungen. Fig. 1. Knochenkapsel isoliert, von der linken Seite gesehen. 15 mal vergrössert. Fig. 2. Die vier vordersten Wirbel in Zusammenhang mit der Knochenkapsel von der linken Seite gesehen. Fig. 3 zen isoliert, von vorn gesehen * Stelle, wo os suspensorium mit dem Körper des 4. Wirbels verbunden ist. ** Kanal, durch welchen auch bei den normalen Cyprinoiden Aorta und Nierenvene tritt. Die vier vordersten Wirbel und . Knochenkapsel, von vorn gesehen. Isolierte Knochenkapsel, von oben gesehen Die vier vordersten Wirbel: und a Knochenkapse von oben vo... a nl » - er a ” Fig. 12. Fig. 13. Leopold Bloch. Zweiter (falscher) und vierter Wirbel nach Entfernung von Schlusstück sl II nd sl! III, sowie des Weberschen Apparates, von oben gesehen. Die vier vordersten Wirbel und die Knochenkapsel nach Entfernung von Schlusstück s2! IT und siIII, dem Wirbelbogen AIII samt der Aponeu- rose a,, von oben gesehen. In der Tiefe gewahrt man die Aponeurose a,. Knochenkapsel isoliert, von unten gesehen. Die vier vordersten Wirbel in Zusammenhang mit der Knochenkapsel. Die Aponeurose a, ist in ihrer ganzen Ausdehnung sichtbar. Knochenkapsel isoliert, von unten gesehen, aufgebrochen. kl Kanal links, die Aorta einschliessend. kr Kanal rechts, die Nierenvene einschliessend. kp schmales Knochenplättchen, welches vom Wirbelkörper IV frei in die Kapselhöhle hineinragt. Knochenkapsel, von hinten gesehen. Bezeichnungen wie bei Fig. 11. a. Erster Wirbel isoliert von vorn. x 5 4 5 „ der Seite. 0% = 2 R „ oben. en 10 Anal a ld a nalen a a ni a an in na li a dd dan a au s Zusammenstellung der Resultate über die von 1900—1915 im mineralogisch-petrographischen Institut der Eidg. Techn. Hochschule ausgeführten chemischen Gesteins- und Mineralanalysen. Von U. GRUBENMANN und L. HEzxEr. (Als Manuskript eingegangen am 20. Januar 1916.) Mit dem Anfang des laufenden Jahrhunderts war die Entwicklung der Gesteinslehre dahin gelangt, engen Anschluss an die Chemie zu suchen aus der Erkenntnis heraus, dass für das Wesen der Gesteine ihre Zusammensetzung in hohem Masse bestimmend ist. Eine petro- graphische Untersuchung konnte daher kaum mehr als vollgültig, vor allem nicht als erschöpfend angesehen werden, wenn in ihr nicht der Chemismus der untersuchten Gesteine klargelegt war. So erstand damals die aunbweishare Notwendigkeit und wissenschaftliche Pflicht, dem l Institute unserer Eidg. Techn. Hochschule wenigstens: ein 1 kleines, chemisch-analytisches Laboratorium anzugliedern, das dann im Spätjahr 1900 auch bezogen wurde. Im Herbste 1915 konnte das genannte Institut in die schönen Räume des neuen „Naturwissenschaftlichen Institutes“ übersiedeln, wo ihm eine grössere und, wie wir hoffen, nach und nach auch reicher aus- gestattete Arbeitsstätte zur Verfügung stehen wird. Gerne überblickt man bei solchem Wechsel, was in den alten Räumen und in der darin verbrachten Zeit geleistet worden ist und so entstand der Gedanke, die zirka 600 Gesteins- und Mineralanalysen, welche im alten Laboratorium ausgeführt wurden, in ihren Resultaten zusammenzustellen und als Ganzes zu publizieren. Ein Teil dieser Analysen diente Untersuchungen, die als Dissertationen erschienen sind, andere sind in wissenschaftlichen Arbeiten von seite des Insti- tutes oder seiner Leiter inzwischen in verschiedenen Zeitschriften oder selbständigen Publikationen ebenfalls schon veröffentlicht worden. Daneben kam eine grössere Zahl sogenannter Auftragsanalysen zur Ausführung, die von den Assistenten Dr. H. Hirschi, Dr: O. Fischer, n ; ; s 150 U. Grubenmann und L. Hezner. zum weitaus grössten Teile aber von Frl. Dr. L. Hezner übernommen worden sind; die meisten derselben stammen her von den Arbeiten der schweizerischen geologischen Kommission und dass diese uns gestattet hat, an dieser Stelle auch die von ihr noch nicht publi- zierten Analysen zu veröffentlichen, sei ihr hiemit aufs beste ver- dankt. Zu gleichem Danke fühlen wir uns verpflichtet gegenüber unseren Kollegen Prof. Dr. H. Schardt bezüglich der Analysen über Gesteine aus dem Simplontunnel und Prof. A. Engler als Vorstand 2 der Eidg. Zentralanstalt für das forstliche Versuchswesen für die E freundliche Erlaubnis zur Veröffentlichung der Analysen einer An- ; zahl von ihm eingereichter Gesteins- und Bodenarten. Die von uns benützten analytischen Methoden sind im all- gemeinen jene, die W. F. Hillebrand!) in seinem Werke „Analyse der Silikat- und Karbonatgesteine“ niedergelegt hat. In den ersten Arbeitsjahren wurden die Alkalien noch nach dem Verfahren von J. J. Berzelius bestimmt; später konnte die viel einfachere und sicherere Methode von Lawrence Smith?) an deren Stelle treten. Die Bestimmungen von Titan, Chrom und Mangan geschahen stets kolorimetrisch, wenn der Gehalt des Gesteins an diesen Stoffen die dafür zulässige Menge nicht überstieg, was ja in der Regel zutrifft. Nur für die mangänreichen indischen Mangangesteine musste die Sulfidmethode°) gewählt werden. Das chemisch gebundene Wasser wurde seit mehreren Jahren direkt im Penfield’schen Röhrchen gewogen; die Kohlensäurebestimmung dagegen geschah indirekt unter Anwendung des einfachen J. L. Kreider’schen Apparates.‘) ; Eine auch nur flüchtige Durchsicht der im nachfolgenden auf- . geführten Analysen wird unschwer erkennen lassen, dass es sich . vorwiegend um Analysen schweizerischer Gesteine handelt, häufig speziell um Analysenreihen von genetisch zusammengehörigen Ge- steinen, z. B. um Gesteinskomplexe aus dem Aar-, Bernina- oder Gotthardmassiv, Untersuchungen, die als notwendige Vorarbeiten für eine allgemeine petrographische und geologische Erforschung der schweizerischen Heimat angesehen werden können. Die Gruppierung der Analysen geschah zunächst nach den drei grossen Gesteinsklassen: Erstarrungsgesteine, metamorphe Ge- steine und Sedimente. Analysen, welche nicht in eine dieser drei Klassen, oder unter den Mineralanalysen, untergebracht werden !) Hillebrand, W.F., The Analysis of Silieate and Carbonate Rocks; U.S. A. geol. Survey Bulletin 422. Washington 1910. Deutsche Ausgabe von Wilke-Dörfurt, Leipzig 1910; ?) Hillebrand, W.F., 1. c. pag. 171/72; °) Treadwell, F. P., ee Analyse 6. Auflage, Wien und Leipzig 1913, pag. 103; *) H illebrand, ‚L e. pag. 181/82. Zusammenstellung d. Resultate über chemische Gesteins- u. Mineralanalysen. 151 konnten, wurden in einem Anhang unter dem Titel „Varia“ hinzu- gefügt. Die Abtrennung der metamorphen Gesteine von den beiden andern Klassen geschah nach dem in unsern „Kristallinen Schiefern“ !) gegebenen Klassifikationsprinzip: „Ein Gestein ist dann unter die metamorphen zu rechnen, wenn es seine wesentlichen Merkmale der Metamorphose verdankt“. — Gewisse in der Umformung sehr stark vorgeschrittene „Mylonite‘, welche darum sehr wohl in die meta- morphe Abteilung hätten eingereiht werden können, wurden trotzdem bei den zugehörigen Erstarrungsgesteinen belassen, um sie nicht aus ihrem geologischen Verbande herauszureissen. Auch der engeren Einteilung der metamorphen Gesteine liegt die in den „Kristallinen Schiefern“ niedergelegte Systematik und die in derselben vorge- schlagene Nomenklatur zugrunde. — Dagegen haben wir davon ab- gesehen, auch unsere „Gruppenwerte“ oder für eine allfällige Projek - tion nach A. Osann die bezüglichen „Projektionswerte* anzuführen, die sich aus den Analysenresultaten berechnen lassen, in der Meinung, dass jeder Fachmann sich dieselben leicht selber ableiten kann. Den publizierten Analysen wurde, wenn immer möglich, in der letzten Kolonne der Tabellen die zugehörige Literatur beigegeben; wo solche Angaben fehlen, gilt die Analyse als zurzeit noch un- veröffentlicht. In weitaus den meisten Fällen konnte auch der Sammler des Gesteins genannt werden. Nur eine kleinere Anzahl der im alten Laboratorium hergestellten Analysen musste ausgeschaltet werden, da sie aus irgendeinem Grunde Zweifel an ihrer Richtigkeit erweckten; wir wollten nur Vertrauens- würdiges aufnehmen. Man wird auch erkennen, dass die Analysen aus den ersten Jahren weniger umfänglich sind und dass P,O, und MnO erst seit etwa drei Jahren bei jedem Gestein mitbestimmt wurden. Mit der aus der Kenntnis der Gesteine erwachsenden Vertiefung der damit zusammenhängenden chemischen Probleme mehrt sich in unseren Tagen eben auch die Zahl der zu bestimmenden Komponenten und Hand in Hand damit wachsen und verbessern sich zugleich fort und fort auch die dafür notwendigen analytischen Methoden. !) Grubenmann, U. Die kristallinen Schiefer. Eine Darstellung der Er- scheinungen der Gesteinsmetamorphose und ihrer Produkte, 2. Auflage. Berlin 1910. > 152 U. Grubenmann und L. Hezner. ee; A. Erstarrungsgesteine. E I. Tiefengesteine. 4 l. Granite. Nr. | SiO, | TiO, | Al,sO, |Fe,0,'| FeO | MnO | MgO | Ca0 | Na,0| K;0 1,0 (110°-)/H,0 (110°+)| P,O, 00, | 1 66,26 | 0,80 | 14,14 | 3,38 | 1,86 n.best.| 1,43 | 1,51 4,35 |3,42| 0,23 2,70 In. best.n.best (Glühverl.) E Ba 2 66,38 | 0,34 | 14,84 |1,09 2,71| „ | 1,52/2,98|14,23|416| 0,13 1,94 : BE. (Glührverl.) a 3 75,55 | 0,24 | 11,09 0,58 1,51] „ | 0,88|0,39 |4,36 |3,51) 0,26 1,32 A 0 (Glühverl.) . & ||76,72| Sp- 12,25 1,54 |0,57| „ | 0,24|0,16|4,45 2,90| 0,09 ‚95 x E (Glühverl.) “ 5 159,29 | 0,68 | 15,18 | 3,82 | 2,84 | „ 2,92 | 3,77 | 2,22 | 5,09 0,24 3,78 = En: (Glühver!].) @ 6 1171,37 10,37 | 13,29 | 1,64 0,77| „ | 0,42|0,95|3,871543| 0,198 i ä . (Glühverl.) B 7 ||76,76 |0,14 | 12,34 1,55 0,37| „ | 0,77/10,07/436|215 0,12 0,99 ; BB i (Glühverl.) = 8 1160,15 | 0,82 | 16,65 | 2,80 3,21! „ | 2,9914,32| 2,07 |3,88| 0,28 e x 1 (Glühverl.) Is 9 1165,52 | 0,25 114,48 11,33 11,81 | „, 9,24 | 3,58 | 6,85 11,81 0,07 ‚6 & ie (Glühverl.) de 10 172,90 0,34 13,66 | 1,80 0,22! „ | 0,92|0,97 )4,16!4,79 0,08 ! 5 . (Glühverl.) 1 11 167,90 | 0,32 | 14,46 | 1,82 |1,722| „ | 1,54/1,09/14,79/353| 0,31 4 R 0 (Glühverl!.) 5 & 12 151,92 1,97 16,19 1,08 |9,08| „ 4,42 | 5,81 | 2,43 | 3,40 0,30 >, » n (Glühverl.) 13 || 74,88 | Sp. |12,71|1,28| 0,56 „ 0,16 | 0,55 | 4,02 | 5,98 0,12 ‚43 14 [171,93 0,45 | 14,71 | 1,62 | 0,85 | 0,05 | 0,24 | 1,83 | 3,58 4,21 0,08 0,80 15 1169,78 | 0,27 | 15,20 | 1,28 1,19 | 0,05 | 0,60 | 2,17 13,71 4,68| 0,04 1,16 E: 16 70,88 | 0,15 | 13,27 | 1,84 |1,31 | 0,01| 1,17 1,24 |2,54 5483| 0,15 1,66 ‚25 In.best, (Glühverl.) 17 168,38 | 0,51 | 14,45 4,08 034) — | 0,18 2,42 | 2,92 | 4,13 0,06 ‚ 0,20) s (Glühverl.) 18 163,96 | 0,69 | 16,25 | 2,71 1,82 | 0,06 | 1,48 4,03 | 1,08 5,66 0,19 2,09 ‚62| » (Glühverl.) x 19 1165,17 | 0,53 | 15,85 | 0,89 | 1,88 | 0,04 | 1,83 | 9,86 | 3,02 3,62 0,18 ; {Glühverl.) 20 || 64,50 | 0,61 | 16,41 | 0,76 2,99 | 0,09 | 2,09 | 3,74 | 2,54 3,58 0,10 21 || 69,56 0,34 | 15,47 | 0,85 0,69 | 0,02 | 0,34 | 1,69 | 3,87 | 3,94 0,08 2,21 (Glühverl.) 22 66,29 | 0,35 | 16,08) — |3,60| 0,03 | 0,86 | 1,42 | 1,98 | 5,77 0,07 3,06 (Glühverl.) 23 63,33 | 0,62 | 16,07 | 1,38) 2,78 | 0,10 | 2,92 | 5,05 | 3,83 | 3,52 0,08 24 ||72,43 | 0,14 | 14,78 | 0,60 0,62 | 0,03 | 0,59 | 2,34 | 3,96 | 4,33 0,06 0,48 25 68,21 | 0,24 | 16,36 | 0,77 0,98 n.best.. 0,58 1,86 14,29 5,81) 0,11 0,60 n. (Glühverl.) Zusammenstellung .der Resultate über cheinische Gesteins- und Mineralanalysen. 153 a Tystarın = teine ® Piofonpnsteige 1. Granite. R z i ; Sonstiges, Summe Spez. Ort Analytiker r ; 9 Gew. ’ Name u. Sammler des Gesteins, Literatur — 100,08 | 2,72 Sass majur, O. Züst Biotitgranit. — O. Züst. — Diss.: Ueber granit. { Unterengadin und diabasische Gesteine in er Umgebung von Ardez, Unterengadin, Zürich 1905. — - 1100,32 1:2,17 Albulatunnel m Ebenso, 600 m v. Südportal Im 99,69 | 2,69 Poststrasse > 4 Ebenso. 3 Ardez-Tarasp _ 99,87 | 2,69 art ech von Mr Aplitische Randfacies. — Sonst ebenso, = 99,83 | 2,80 Alp Laret ä Lamprophyrische Randfacies. — Sonst ebenso, | er 99,71 | 2,64 | Platta mala L. Hezner || Biotitgranit. -- U. Grubenmann. — Beiträge zur | unterhalb Remüs Geologie des Unterengadins, 2. Teil: die krist. Gesteine. Beiträge z. rs Karte d. Schweiz. Neue Folge, XXIII. Lief en 99,62 | 2,67 | ebenda 4 ee Feng nr iR Gesteins. — | Son t -— 100.64 | 2,82 | ebenda r Lamprophyr. Facies des Granits v. d. Platta mala. : | — Sonst ebenso. Be 99,59 ! 2,68 | ebenda ö Spaltungsprodukt des Granits v. d. Platta mala. | — Sonst ebenso. En 100,10 | 2,67 | Zwisch. Sent u. Orusch, 5 sagen NEE: Der zu. chloritisiert i Unterengadin rieitisi Sonst ebens: = 99,69 | 2,71 | An der Poststrasse H. Hirschi || Porphyrartiger Granit. — Sonst ebenso. ; unterhalb Ardez _— 99,74 | 2,91 . Bellezza L Hezner Lamprophyrische Randfacies d. vorigen. — Sonst x a. d. Poststr. Ardez-Fetan ebenso. ; ae 67 |2,66 Piz Chalchagn, : Alkaligranit. — U. Grubenmann. — Ueber £ 100, ; Oberengadin = Fe aus d. Berninagebiet. hen Fe ; Chemikerzeitung, I. 14. — » 1100,53 172,67 a Blöcken Yv. en 5 Biotitgranit. — U. Grubenmann. erenzat | —— 5 1 Ya oe: # Ber ng Serge ir Granit. — R. u. 8. 100,54 | 2,7 Oberengadin S. Staub taub. .v. R. Staub: Petro dei 2 pres ie su im westlichen Berninagebiet. | Zürich 1914. ze |9g7 Margun sura, 5 Stark mylonitisierter Granit („Ultramylonit“). — 9,90 | 2,18 Oberengadin R. Staub Sonst ebenso, % ® 0,31 S | 99,61 | 2,75 | Vadret da Semn ones, = Granit, stark mylonitisiert. — Sonst ebenso, 3 Oberengadi € vorhän. 100,64 | 2,77 ebenda S. Staub |] Ebenso. 3 n. best | 1 | | _— | ) Grat südöstlich il 2,72 Chastelets, Oberengadin | | 2a 19,7 Westlich | L. Hezner || Juliergranit. — H.P. Cornelius. 100,23 2,71 St. Morite- Dort ; TER 3,72 | Roccabella (Nordseite) |H.P.CGornelius mens beyen! es er en 99,24 2,72 südöstl. Stalla, Julierstr. Diss. graph, Un miersuchungen | A 1 un Börgen zw ischen Septim ulier- | Be pass, Zürich 1912, ee sy: 99,57 | 2,74 ebenda . Granit stark mylonitisiert. — Sonst ebenso. MN Wie beim vorigen Gestein. | Br — Schutt, nördlich L. Hezner || Fornogranit. — H. P. Cornelius, 100,70 | 2,70 | Qgteria de’ Bao, Veltlin — 100,53 | 2,65 | Val Codera, Veltlin = Granit. — H. P. Cornelius, 99,91 | 2,63 Gliemsstöckli, » | Quarzreicher Granit. — F.Weber. Ponteglias, östl. ee 154 U. Grubenmann und L. Hezner. Nr. | SiO, | TiQ, | Al,0, |Fe,0,| FeO | MnO | MgO | Ca0 |Nas0 | K,0 H,O (110°--)/H, (0110°+)| P,O, | 26 | 66,08 1,29 | 11,63 | 1,44 | 2,94 In. best.| 2,56 | 3,33 3,36 15,29 0,06 0,86 | 0,83 | (Glühver!.) 27 166,19 | 0,54 | 17,52|1,85|0,89| „ | 1,24| 3,04| 2,62|4,75| 0,07 1,17 in. best. (Glühverl.) 28 1162,24 | 1,06 117,49)1,37 13,36) „ | 9,57| 34413591308! 0,18 : ; r (Glühverl.) 29 62,55 | 1,01 13,73 |0,89|3,55| „ | 4,34| 3,86| 3,38 | 5,53 — 1,10 : (Glühverl ) 30 || 65,14 | 0,44 16,15 |0,75|257| „ | 1,47| 2,48 4,32 |3,05| 0,08 3,14 | 0,34 (Glühverl.) 31 1171,98 | 0,16 | 14,35 |1,14 10,501 „ | 0,64| 1,34 433|4,51| 0,06 0,55 | 0,07 32 || 65,95 | 0,64 | 15,24 | 1,18 | 2,27 | Sp. | 1,87 | 1,221 3,78|5,02| 0,10 1,91 | 0,47 (Glührverl.) 33 70,67 0,39 | 14,86 | 1,82 | 0,50 In.best.| 0,83 | 0,77! 4,10 496| 0,07 1,19 n.best. | (Glühverl.) 34 || 68,64 0,27 | 15,91 0,58 1,35 | 0,04| 0,62 | 2,86) 3,4915,18| 0,14 0,51 0,08 35 157,13 0,99 | 16,87 0,48 [7,61 | 0,05 | 3,12 1,91, 1,97 16,11 | 0,07 2,90 0,66 } (Glübverl.) 36 || 66,09 | 0,19 | 15,51 | 2,93] 2,55 | Sp. | 2,07 | 4,37| 4,37 | 2,08 -— 0,12: 37 ||67,22 0,42 15,23 |2,61j224| „ | 1,66| 4,561 4,28 | 2,03 _ 0,13 | 0,12 38 || 65,62 0,79 | 15,64 |2,86 | 1,16 „ | 1,29| 3,341 4,20|3,33| 0,14 1,09 In.best./n. 39 1166,42 0,83 | 15,61 11,87 11,96 „ | 2,15| 2,7313,75 4,02| 0,14 0,69 P 40 1171,75 0,18 14,13/1,12/1,37. „ | 0,64| 1,591 2,25|5,855| 0,07 0,76 ‚07 (Glüähverl.) 2. Syenite. 41 67,04 | 0,77 | 13,92 | 1,26 1,97 In.best.| 2,19 | 3,10 3,0116,23| 0,11 0,56 | 0,35 42 53,65 1,78 14,29 1,01 16,01 | „ | 6,00| 6,90, 4,3313,48| 0,09 1,65 ‚86 (Glühverl.) 43 49,25 1,32) 9,26|2,07|6,91| „ 113,84 | 7,481 2,65|3,22| 0,37 2,36 ‚38 (Glühverl.) 44 51,98 | 1,52) 11,37 11,47 16,461 „ | 8,84) 8,241 2,63 407] 0,09 331.:-1 08 = (Glüähverl.) 45 56,95 | 1,30 | 18,06 |2,46 |1,40| „ | 3,03] 4,611458|5,73| 0,15 0,74 ‚go (Glühverl.) en 46 45,40 |1,43| 8,99 |2,86|7,00| „ 119,81 | 7,381 1,51 13,92| 0,08 1,54 In.best.) (Glühverl.) 47 50,32 1,51 114,51 )3,84|5,32| „ | 6,97 | 7,70] 3,84 | 3,60 _ 23,01 | 0,26 (Glühverl.) 48 154,98 |1,32|14,10|2,27 1424| „ | 5,74| 6,7613,79|3,94| 0,05 ‚92 ‚72 | (Glähverl.) 49 | 47,29 | 1,73 | 16,75 4,31 | 5,38 | 0,12 | 8,03 |10,95| 1,97 | 9,911 0,08 10,18 Rn (GlühverlL) | =» | w Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. [E%, Sonstiges; Summe apen. Ort Analytiker . ah Sa . Name u. Sammler des Gesteins, Literatur ei 99,67 | 2,70 Val Ponteglias, L. Hezner |} Normaler Berner (Biotit- Hornblende- | östl. Aarmassiv granit). . Weber — 99,88 | 2,73 Brigelser Hörner Granit. — F. Weber. (Piz Tumbif) a — 1100,22 |2,78| Piz Glievers dado e Ganggranit (2) — F. Weber. (Südwand) vr 99,94 | 2,74 Piz tgietschen : Granit-Syenit. — F. Weber. | (Südwand), | Punteglias = 99,96 | 2,68 | Oelplanggen am Tödi R Granit Syenit. — F. Weber. | = 99,63 | 2,62 | Val Ufirn, Ponteglias 4 Granit. — F. Weber. | —_ 100,65 | 9,66 Tödi " Porpigregtiget Dinigegee — B. G. Escher | Dissert.: Ueber © Prätriasisc :be Faltung in | den Westalpen di Hess derer Brenn Bon es Carbons a.d. Nords en Tödi. Zürich 1911. =. 100:18:712;69 Oestl. Aarmassiv R ? — J. Königsberger. — Erläuterungen zur geolog, Karte des östli. Bea: ge denen B. 1910. er 99,67 | 2,68 Nördl. Sta. Maria Biotitgranit „Protogin“. — P, Niggli. — Dissert. am Kontakt mit den ie von W. van n: Geologie der Ge- Bündner Schiefern birgsgruppe des P ek Zürich 1913. Fr 99,87 | 2,82 ebenda a Basische me er im vorigen Gestein. — P. Nigg —_ 93,76 Skai, = 1 ähernd zu 100,37 | 2, öst!. Gotthardmassiv MOB ori — W.van Eoiet- Polska. = Disse elekaan Geologie ‘der Gebirgsgruppe des Piz es Zürich 1913. — 1100,50 | 2,76 ebenda e Blauer Granit, kataklast. — Sonst ebenso. — 2,71 Habkerntal, : : nr -Amphibolgranit (Habkerngranit). — — H. Hir- 99,96 ö Berner Oberland H. Hirschi : Beiträge zur Kenntnis der Block im Flysch gesteinsbildenden Biotite: und ihre Beziehungen 1: — 1100,17 |2,69| Tiefenstein, Albtal, . Biotitgranit, porphyrartig. — Sonst ebenso. südl. Schwarzwald. = 3 a .H Roter Granit. U.Gru Berger —J.J. Seder 99,78 | 2,64 | Skarfkyrkan, Finalan L. Hezner De ana een 1 BR Eiahesne aan ren samt den FinskaUrbergsindelningen. Geologiska Föreningens i Stockholm Förhandlingar. Mars 1912, 2. Syenite. — 100,41 | 2,71 | Hälsistock, Giufgebiet, | L. Hezner | Quarzsyenit. — F. Weber, f östl. Aarmassiv — 100,05 | 2,89 | Gliemsstöckli (Nordgrat) e Hornblende-Biotitsyenit. — F. Weber. : i Ponteglias, östl. Aa —.. 1100,11] 2,92 ebenda ; Basischer Hornblende-Biotitsyenit. — F. Weber. 99 76 |2.92 Piz Posta bialla 3 Hornblendesyenit. — F. Weber. ; . Wrede, Ponteglias 99.81 | 2,75 Piz tgietschen “ Biotitsyenit. — F. Weber. A (Nordwand), teglias 99.99 | 3,00 | Schuttmasse unter ” Basische Konoration aus Syenit. — F. Weber. 2 ® tgietschen, Pr 99,88 | 2,85 | Posta bialla-Gletscher, 5 Gangsyenit ? — F. Weber, ; Ponteglias 99.83 19,81 Moräne des | Gangsyenit ? — F. Weber. = R Ponteglias-Gletschers 4 | i Syenit-Diorit (9 — J. K ‚100,33 | 3,02 | Zr De Sedrun, & rungen zur geol. Karte Freiburg 1.B. 1910. 156 U. Grubenmann und L. Hezner. Nr. | $iO, | TiO, | AL,O, Fe,0, Feo Mn0 | Mg0 | CaO | Na,0 | K,0 1,0 (110°) H,0 (110°+)| PsO, 50 162,12 |0,74 16,17 |2,08 | 4,84 In.best.| 1,40 | 2,56 5,15 |5,97°— 0,57 In.best 51 151,93 | 1,22 17,90 16,12 9,13 „ | 3,99 7,29|4,11|342| 0,09 | 0,53 { 8. Banatite. 52 || 64,45 | 0,58 | 15,80 | 1,97 | 2,89 In.best.| 1,72 | 4,15) 2,89 | 4,34 0,12 1,75 |n.best.In. (Glühverl.) 53 ||66,56 0,80] 13,29 |0,88|14,16| „ | 1,78| 3,3713,08 4,36] 0,09 4 (Glähverl.) 54 ||65,89 | 0,47 | 16,70 |0,94 2,43 | 0,04 | 1,00 | 3,65 3,07 3,87 | 0,03 1,05 (Glähverl) | (9 55 162,47 | 0,77 | 16,25 | 2,75 12,64 | 0,05 | 2,33 | 4,32 2,73 3,92| 0,16 181 | 0,47 2 (Glühverl.) 56 164,14 | 0,62 16,35 |1,85 1,85 | 0,11 | 1,94 | 3,68 2,84 3,59 | 0,09 223 | 049 57 [62,47 | 0,77 16,25 |2,75 |2,64 | 0,05 | 2,33 | 4,321 2,73 3,92| 0,16 1,81 | 0,47 ; (Glühverl.) 4. Monzonite. 58 |58,25 | 0,96 | 18,54 | 0,92 | 4.00 In.vest. 2.01 | 5,38l 410 /358| o1ı 1,55 In.best (Glühverl.) 59 154,42 | 2,70| 12,84 13,04 |6,92| „ | 3,90| 6,3313,38|5,00| 0,16 i | (Glühverl.) 60 | 60,06 |1,93 | 15,64 3,61 13,06 | 0,12 | 2,86 | 4,951 9,77 2,68| 0,15 2,06 | 0,08 | 5 61 159,90 1,00 18,01 1,32)4,06 0,11) 2,85 | 5,05 2,52 3,24) 0,15 2,46 23 (Glühverl.) 62 | 64,44 | 0,58 | 15,51 | 0,76 | 2,75 | 0,08 | 3,43 | 4,73 220 3%6| 015 |: 1,95 | 0,16 (Glühverl.) 1 63 | 64,14 | 0,64 | 16,35 | 1,85 |1,85 | 0,11 | 1,94 | 3,68| 2,84 3,59| 0,09 23 | 0,49 | | 5. Quarzdiorite. 64 157,59 | 0,80 | 18,00 | 2,15 13,41 | 0,15 | 3,87 | 7,74 3,12 1,75 0,03 0,93 | 0,65 65 | 61,89 | 0,76 | 15,43 | 2,67 | 2,88 | 0,04 | 3,09 | 4,94 2,84 428| 0,04 0,72 | 0,30 66 160,91 10,81 | 17,13 | 1,84 13,65 0,10 | 3,24 | 4,98. 356 2,48 0,13 0,90 | 0,22 67 58,69 | 0,74 | 17,35 | 3,74 2,46 | 0,14 | 3,87 | 6,35) 2,66 |2,78| 0,04 0,83 | 0,24 68 || 60,37 | 0,75 | 17,28 | 2,01 2,90 0,11) 3,13) 4,90 231 1449| — 0,80 | 0,69 69 | 51,00 | 0,97 14,96 12,40 4,47 | 0,15 | 7,76 10,14 180468 — 0.93 | 1,06 70 61,57 | 0,89 | 16,76 1,78 | 4,21 | 0,11) 2,33| 4,38 3,20 2,54 0,0% 1,90 | 0,38 71 66,87 | 0,53 15,76 19,74 | 1,17 | 0,08| 1,48) 3,50/3,97\3,74| 0,02 087 1086| 72 |69.22 0,36 14,29 |2,12 2,33 | Sp. | 3,16| 1,97 3,52|399| 0,10 | 0,69 |n-best.| Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen, 157 ; Spez. i Bemerkunge Sonstiges; Summe Ort Analytiker i : 9 Gew. 2 Name u. Sammler des Gesteins, Literatur m 100.90 | 2.79 Isla persa L. Hezner || Alkalisyenit. — U. Grubenmann. — Ueber drei } e und linke Seit ä Alkaligesteine a. d. Bern ninsgebiet, Schweiz. des Morteratschgl. Chemikerzeitung, I. Jahrgang, 1914. e= 99,79 | 2,89 Gröba, Sachsen H. Hirschi Biotitaugitsyenit, ren durch das gen i ; Bus s Droop, Dre Dissert. Hirschi, Beiträge zur Keuntnia ‚ der gesteinsildenden sone und ihrer Beziehun um Gestein Zürich 1901. 3. Banatite. — 160,66 | 2,80 südl. Pontresina L. Hezner | Banatit (im Sinne Bröggers) blaugrau. — U.Gruben- mann. = 99,71 | 2,77 ebenda = Weisser Banatit, — Sonst ebenso, — 1100,62 | 2,71 | oberhalb v. Spaniolen- = Grüner Banatt. — Sonst ebenso. turm Pontresina C vorhän |100,67 | 2,81 | Vadret da Roseg, R. Staub || Banatit. — 8.u.R. Staub. — R. Staub, Dissert.,1. c. n. best Oberengadin 092 100,70 2,77 | Kleiner Ohapütschin, S. Staub | Banatitische Randfacies. — Sonst ebenso. (indirekt) Oberengadin © vorhdn. 100,67 | 2,81 ebenda R. Staub Ebenso. n. best. 4. Monzonite. Ze 99,00 2,83 Val Roseg, Oberengadin | L. Hezner Monzonit. — U. Grubenmann. — /100,72 | 2,91 | Brücke des Ferreto, a Monzonit. — U. Grubenmann, Val Roseg 0,24 G | 99,51 | 2,88 Vadret da Roseg S. Staub || Blauer Hornblendeiionzonit — R. u. 8. Staub. — : R. Staub, Dissert., 1. — 1100,90 | 2,86 ebenda R. Staub || weisser Hornblendemonzonit. — Sonst ebenso. © vorhän. 100,00 | 2,84 ebenda ; Monzonilische Randfacies. — Sonst ebenso. n. best, 0,92 C 100,70 | 2,88 ebenda r Ebenso. 5. Quarzdiorite. — 100,19 | 2,82| Im Tal über Dazio, L. Hezner | Tonalit. — H. P. Cornelius, 2 2 Veltlin _ 99 88 | 2,75 | Im Schutt, Cattonggio Mr Ebenso. ; a Veltlin I 9,75 | Im Tal über Cereino, Ebenso. ne I Veltlin id 99.89 | 2,80 | ea. 1300 m über Poira, a Ebenso. 3 5 Veltlin 100,27 | 2,74 Cima d’Areanzo Orthoklasführender Tonalit. — Sonst ebenso, i } (Westfuss), Veltlin ei a 100.32 | 2.8 Im Schutt von Pyroxenführender Tonalit. — Sonst ebenso. n wi Valle Masino, Veltlin ® i 100,09 | 2,76 | Piz Glüna, Oberengadin ü Quarzdiorit. — H.P. Cornelius, 100,29 | 2,77 |Seärun, Bündner Oberld. ” Quarzdiorit, „Bugney granit“. se e = Aus der Gaul, H. Hirschi | Quarzglimmerdiorit. — — U.Grabenmann — 100,35 | 2,68 der 6: ae 158 f U. Grubenmann und L. Hezner. Nr. | SiO, | TiO, | Al,O, |Fe,0,| FeO | MnO | MgO | (a0 ja K,0 H,0 (110°—)H,0 (110°+) Zu 00, 6. Diorite. 73 |48,71 | 2,67 | 15,17 |4,58 | 7,88 In.best.! 5,32 | s,60/4,2710.98 || 0,20 1,41 In.best.in.best.) (Glühverl.) 74 |48.02 1,54 |20,26|3,49 270| „ | 7923| 887388 1,85| 0,17 1,82 (Glühver!l.) 75 56,97 |1,06|13,51|1,78|4,38| „ | 6,08| 5,72 354/444 0,10 ), (Glühverl.) 76 152,12 | 1,75 14,70|6,16 6,08 „ | 4,68] 6,7814,67 1147| 0,11 1,47 | 0,09 77 47,31 1,33 | 16,66 |2,67 1655| „ | 820| 9611340 14 — 2,88 |n.best. 3 (Glühverl.) 78 47,95 1,52 | 17,31 [2,17 5,82 | 0,11 7,45 | 7,77|2,98|2,99| 0,24 3, ‚4 (Glühverl.) 79 48,60 2,59 | 16,33 | 3,08 |5,72 0,17 | 7,55 | 9,07|3,13.0,51| 0,05 ‚34 : : (Glühverl.) -80.|]51,18 | 1,44 16,76 13,42 6,09 0,17 | 4,71 | 8,37)2,71 1,79 0,10 238 | 0,42| 0,35 81 ||49,54 1,73 16,89 | 2,42 6,43 Inbest.. 7,58| 7,921 3,58 |142| 0,05 2,25 |n.best.|n best.) | (Glühverl.) 82 47,73 |1,42 | 16,68 | 3,34 | 6,66 | 0,19 | 6,30 | 8,94 2,75 2,30| 0,08 2,96 | 0,45| Sp. 83 46,94 | 1,15 18,95 | 2,18 6,29 | 0,15 | 6,31 [10,97 1,95 1,54 0,09 277 |034| 0 84 152,37 | 1,65 17,29 |2,77|6,74 0,14| 4,05| 7,74 2,68 1,38) 0,02 249 1039| — 85 45,36 1,90 18,27 |4,29 | 7,32 0,25 | 5,96 | 9,62| 2,57 1,33| 0,08 2,38 | 0,42 In.best.) 86 1152,23 | 2,68 | 16,57 | 7,01 1,42 In.best.| 3,85 | 5,911 2,85 3,05 057 3,8% In.best. (Glühverl.) 87 53,73 | 1,13 | 17,98 | 2,52 5,46 | 0,16 | 4,10| 6,67 3,21 12,55 0,07 2,17 | 0,86 88 155,76 | 1,35 16,56 | 2,58 | 6,25 0,30 | 3,73) 6,421 2,78 1,63) 0,04 212 08 89 a 18,64 |2,89 4,14 0,13| 4,32| 8,731 2,18|1,52| 0,10 3.01 | 0,%0 7. Gabbro. 90 148,74 1,44 | 17,80 | 6,21 | 4,30 In.dest.| 5,30 | 7,361 2,87 2083| 0,97 3,76 |[n.best.n.best.| (Glühver!.) 91 46,52 | 1,79, 13,53 |2,42|7,62| „ | 4,32 14,46| 1,88 0,99| 0,27 5,9 A (Glühver!.) 92 |47,98|1,57/19,83|5,34|1,39| , | 3,89 10,733,35|10,48| 0,36 K (Glühverl.) 93 46,81 |3,22|19,95 | 6,06 |3,00) „ | 4,22 3,9113,9814,19| 0,32 ; . : (Glühverl.) 94 |45,64|5,09 15,64 |7,30|4,97| „ | 6,02| 3,8213,05 |3,74| 0,50 4, € (Glühverl.) 95 46,84 | 0,47 | 13,14 |5,75| 0,73) „ [10,96 |14,38| 3,56 0,45| 0,33 ae, (Glührverl.) | 96 1148,49 | 1,39 | 14,83 | 3,38 | 6,16 | 0,22 | 8,60| 6,54 4,2812,28| 0,06 .| 3,69 ‚44 (Glühverl.) : 97 51,18 |0,42| 17,9511,26 12,92 | 0,12 5,95 111,75 4,01 0,83] 0,06 ; 0,38| - (Glühverl) 0,171 tn) 98 ||43,90 | 0,11: 25,03 | 1,30)1,42| 0,10 | 5,16 13,58 2,75 10,60) 0,07 | 5,69 mt a a (Glähverl,) | - ee E — 9 Splügenstr., unterhal Geschieferter Granitporpbyr. — Sonst ebenso. _ a 100,02 | 2,73 Sufers, Giaubänden" 4 ac Taspinit, granitische arg des Granit-| FR er 7 s 100,01 2,70 | Alp Cess bei Ande u porphyrstockes. — Sons: 2. Syenitporphyre. Ale Ponteglias Viertlahrschrin 4. Nat. rue .. 100. tgietschen (Osttuse), | L. re Pr ; Weber. 162 U. Grubenmann und L. Hezner. | sr Si0, | TiO, Al, |Fe,0,| FeO | MnO | MgO | Ca0 Na50| K;0 ee P,0; | 00, 3. Dioritporphyrite. 121 56,28 | 1,35 | 15,31 | 6,95 | 1,50 Im. best. 414 7,20 3,28 2.67 0,03 1,49 |n.best n. best. : | | (Glühverl.) 122 157,50 |1,27|16,183,92 347| „ | 3,928 4,92 4,80 |13,36| 0,24 1,76 Ä (Glühverl.) 193158,24|1,31 16,14 [3,45 2,92 „ | 328|4,58|4,18!403| 0,20 ‚75 - (Glühverl.) 124 160,99 | 0,65 | 15,93 | 1,80 |3,82| „ | 1,92 3,91 |5,11/3,75| 0,09 1,88 5 (Glühverl.) 125 ||55,78 | 1,54 | 16,98 | 4,07 | 3,43 x 3,61 | 2,52 | 5,05 | 3,33 0,17 i E | (Glühverl.) 126 160,38 | 1,64 15,74 [5,12 1,18 „ | 2,82 4,77 3,37 3,34 0,07 1,95 ; | (Glühverl.) 127 153,30 |1,37 17,95 |2,98|1594| „ | 3721741 |2,98|2,80| 0,05 R (Glühverl.) 128 151,53 | 1,46 | 15,93 | 1,86 |7,10| „ | 5,5216,39 3,30 |5,02| 0,14 1,80 e (Glühver!.) 129 || 55,01 | 1,73 20,57 | 1,75 | 2,92 S 3,45 | 6,35 | 3,68 | 1,87 = f ne (Glühverl.) 130 155,15 |1,14 | 15,82|0,48|6,64| „ | 4,36|6,53/3,75|256| 0,09 3, ; h (Glühverl.) 131 158,25 | 1,29 | 19,30 |0,701399| „ | 3,88|3,87 4,15 3292| 0,05 € | - (Glühverl.) 132 ||58,00 | 1,43 | 16,68 | 2,28 3,79 0,13 | 3,89 | 5,09 | 2,61 | 4,67 0,15 ‚23 | 133 54,94 a 4,45 Fe 0,18 | 3,46 | 6,20 4,57 |1,74| 0,11 1,66 0,55 134 56,82 | 0,70 21,30 | 0,07 |3,36 | 0,31 | 4,82|4,86|2,38 244| 0,21 2,95 ‚06 | | (Glühverl.) 4. Aplite. 135 173,33 | Sp. | 15,90 | 0,06 |0,21| — | Sp. \0,70/4,36 4,83). O1 0,21 |n.best 136 || 74,96 | — | 13,65 | 0,38 0,45 |n.best.| 0,05 | 0,31 4,75 | 5,09 en 0,50 » n. best. 137 167,44 | Sp. [18,58 1,08 10,23| „ |oal322 63 a05| — 0,84 ; (Glührerl.) 138 162,80 10,911 15,55 1,44 1252| „ | 2,67 1343 5,60 |3,95| 0,05 0,89 n (Glühver!l.) 139 70,56 | 0,41 | 14,02 | 2,01 | 0,67 % 0,95 | 1,69 | 4,30 | 4,90 0,12 0,55 » 140 | 76,47 | Sp. | 13,28 | 0,26 |0,94| „ | 0,15/0,5815,97|3,68| 0,07 0,21 ; 141 71,40 |0,18 15,57 10,53 /041| „ | 0,73/298]410/434| 0,03.| 054 ; 142 159,65 1,041 17,14 |1,24|2,17| „ | 4,411551/448|304| 0,17 0,9% z 143 62,61 | 0,62 16,67 |0.89|3,22| „ | 3,02|1,75|4,80/4,08| 0,16 2,66 (Glührver!.) 144 || 75,61 | 0,35 | 12,62 |1,10/ 1,005 „ | 0,98/2,18|5,10|0,68| 0,04 0,38 | 0,32 145 72,11 | Sp. | 14,5810,57| — | „.|'0,29|2,63|6,64|2,23| n.dest. 0,69 \n.best. (Glüähverl.) 146 174,16 | — |13,73)0,48/0%| „ | 013/093|35515.65| 0,07 ; Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. | \ Spez. N | emerkungen Sonstiges; Summe Ort Analytiker : ; J Gew. ’ | Name u. Sammler des Gesteins, Literatur 3. Dioritporphyrite. — 100,20 | 2,81 | Piz Tiarns (Ostseite) L. Hezner || Dioritporphyrit. — F. Weber. _ 100,00 | 2,90 | Crap un: Seh z Dioritporphyrit, Gangrand. — F. Weber. — 1100,08 | 2,82 ebenda A Gangmitte des vorigen. — F. Weber. ws 99,85 | 2,78 Piz Ner (Westwand), M Dioritporphyrit. Gegen Syenitporphyr hin. — | Ponteglias F. Weber. — 99,52 | 2,77 Sustenjoch, O. Fischer || Dioritporphyrit. — O. Fischer. — Dissert.,1.c. : mittl. Aarmassiv — 1100,31 | 2,77 | NW-Grat des Stückli- R Hornblendedioritporphyrit. — Sonst ebenso. stocks, mittl, Aarmassiv _ 100,00 | 2,92 | Garawidilimmi, Haslital, | L. Hezner | Quarzporphyrit, mylonitisch. — O. Fischer. . Berner Alpen — 1100,05) — SW-Planke des Stampf- 3 Glimmerdioritporphyrit. (?) — O. Fischer. orns, Haslital na 99,63 | 2,88 |Craist Alta, Unterengadin 5 „Labradorporphyrit“. — U. Grubenmann. — Bei ; Grenzgrat träge zur Geologie “is Unterengadins usw., 1. c. — 99,83 | 2,82 |Griankopf, Unterengadin = Ebenso, Grenzgrat IE 100,21 | 2,75 | Nördl. des Griankopfes “ Dioritporphyrit. „Gli fül Hornblend vogesit“. — Sonst ebenso. _ 100,66 | 2,87 |Von "en 5 Glimmerdioritporphyrit. — U. Grubenmann. en engadin — 1100,58 | 2,87 Ober b Platzers, 5 Dioritporphyrit. — U. Grubenmann. Pontresina, Oberengadin = 100,28 | 2,78 Töll bei Meran R. Staub Dioritporphyrit, „Töllit“. — U. Grubenmann. 4. Aplite. = | 99,71 | 2,52 Schattig Wichel, | L. Hezner | Aplit. — F. Weber. — Dissert., 1. e. Giufgebiet | -—_ 1100,15 2,62 | Piz Dadens (Büdostgrat) | . Aplit. — F. Weber. — 10055)2,65) Piz tgietschen Dioritaplit. — F. Weber. SuSE | re, | uf ae er | onteglias | a: 99.759,72) Piz sense | = Hornblendeaplit. — F. Weber. | (Ostwand), Ponteglias | - 100,18] 2 ‚65 | Piz Posta bialla s Biotitaplit. — F. Weber. (Noranestwand) | | er 100.21 | 2.68 SER, Dado a # Aplit. -—- F. Weber. , -_ Ponteglias ; Ben 100,14 | 2,65 Ostufer des ie Saurer Teil eines gemischten Ganges, Biotitaplit. | ! "5 Pontegliasgletschers | — F. Weber u 99,74 |2 33 | ebenda ® Basischer Teil desselben gemischten Ganges, — ’ ’ | F. Weber. 1 } Re | Crap grond Dioritaplit. (?) — F. Weber. 100,48 |2,68 | 7... CEaB grand » | Pon | n Ben 62.67 Rsueinbrücke, Alsbachit. — F. Weber. 100,3 er | linke Strassenseite " er Hohmad, OÖ. Fischer || Aplit. Aus a Yoga — 0. Fischer. PHIRIBRO|: „un Amalie — Dissertat., . 9941123 | Banchiregion P. Waindziok || Aplit. — P. Waindziok. — Dissertat. trograph. Se ” ‚südl. Hospiz, St.Gotthard ag an Gneisen des ». “Gotthard. | Zürie 164 U. Grubenmann und L. Hezner. | | Nr. | Si0, Bis Al,0, | Fe,0, FeO0 | MnO | MgO | Ca0 Na0 K,0 'H30 (110°—) H,O (110°+) P,0, | CO, | 147 | 75,62 | Sp. | 14,01 | 0,56 | 0,26 | 0,02 | 0,39 | 0,53) 2,88|5,59| 0,08 0,57 | 0,09 In.best. 148 | 75,15 | Sp. | 13,20 | 0,37 | 0,67 | 0,02| 1,19 | 1,49) 3,07 |5,12| Sp. 057... 09853 149 | 74,55 | Sp. | 13,35 | 1,45 10,18 | Sp. | 0,24 | 0,85| 3,89|4.57 |: 0,11 042 |015| — 150 172,33 | 0,18 | 13,16 | 0,95 | 1,09 | 0,02| 0,14 | 3,23| 3,65 | 3,41 Sp. 1,20 | 0,70 151 | 78,44 | 0,20 | 11,57 | 0,59 | 1,12 In.best.| 0,10 | 0,80] 3,19 |3,36 | 0,02 1,04 n.best. „ 152 175,35 | 0,23 | 10,84 |1,46 |2,08| „ | 0,13| 0,57|3,97\5,05| 0,06 0,14 ä 5 153 | 75,70 | 0,25 | 10,83 12,51 10,95 | „ | 0,08| 0,48] 4,10 | 5,08 = 0,41 N . 154 | 75,45 | 0,13 | 10,39 | 2,16 | 1,12| 0,04 | 0,34 | 1,58) 3,42|4,53| 0,08 047 1006| „ 155 | 70,52 | 0,27 | 15,61 0,50 0,97 | 0,04, 0,67 | 2,323,32/4,38| 0,02 092 10%4| „ 156 | 74,85 |0,12| 12,23 | 2,00 | 0,39 0.02 | 0,48| 0,451 3,86 |4,54 | 0,07 0,55 32| „» (Glühverl.) 157 74,37 | — | 13,51 |0,50 |0,15 | 0,04 | 0,39 | 0,96| 5,74 |3,06 | 0,09 ‚29 ya“ 158 73,36 | Sp. | 14,59 |1,13 | 0,47 | 0,07 | 0,23| 1,281 3,53 |4,43| 0,06 059 1048| „ 159 || 75,07 | Sp. | 13,22 | 0,49 |0,50 | 0,02 | 0,97 | 1,20 3,93|14,19| 0,05 0,30 :) 0,39| °, 160 175,12! — [11,38 |0,88 | 0,88 In.best.' 0,43 | 0,76! 3,77 5,98! 0,29 1,04 ü.best.| „ (Glühverl.) 161 52,87 | 2,32 | 15,44 | 6,15 4,86 | „ | 4,59| 5,551 4,93 | 1,75 _ 1,47 i (Glühverl.) 5. Lamprophyre. 162 52,56 | 1,56 | 13,37 | 6,70 | 0,76 In.best.. 8,46 | 6,11 3,24 |4,62 0,12 2,39 _|n.best I» (Glühver!.) 163 | 57,97 | 1,08 | 17,35 16,17 |1,74| „ | 4,00| 4,74 2,11/3,67 0,06 ; 0,17 ; (Glühverl.) 164 155,18 | 1,84 | 17,12 | 6,97 |1,47| „ | 4,01 | 3,791 4,85 |3,10| 0,06 3 n.best. „ ee (Glühverl.) 165)49,82 1,13 19,88] 3,31 |1,80| „ | 4,86 112,73! 3,51 | 0,69 = g, ji (Glühverl.) 166 55,25 | 0,91 | 15,65 | 3,80 | 2,67 | „ | 5,9&| 6,421 2,98 |3,83| .0,16 ; 049| „ i K ‘ i (Glühverl.) 1167 53,34 1,21 | 15,95 |2,43|4,93| „ | 5,23, 7,96 5,42[0,63| 0,09 ‚75 63]. > (Glühverl.) 168 | 58,50 | 0,58 | 15,51 5,13 |0,92 | Sp. | 5,45 | 7,32| 2,72 | 2,33 | 0,10 1; In.best. „ et (Glühverl.) : 169 | 53,96 | 0,60 | 15,90 | 1,58 | 5,56 'n.best.| 7,63 | 6,31) 2,99 12,07 0,17 3,46 F j (Glühverl.) 170 59,63 | 1,38 | 16,56 14,96 11,90 „ | 3,16 | 5,80 4,23|2,07| 0,08 0,91 x ® 171 52,54 | 2,04 | 17,00'8,00/140| „ | 448| 8,2213,45|1,80| 0,09 181 s |172 154,48 | 1,49 | 14,14 2,68|4,86| „ | 7,74| 48014761227 0% | 29 |, (@lühverl) 1173 153,10 | 1,26 | 15,52|2,07 16,11) „ | 687| 5,731357|368! 010 | 240 0% : en a I, Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. Bemerkungen: 4 i E i | R 62. - Sonstiges| Summe Sp Ort Analytiker $ i I Gew. | j Name u. Sammler des Gesteins, Literatur — 100.60 | 2,62 | $Scopi, Höhe 2640 m, L. Hezner || Aplit im Kristallinagranit. — P, Niggli. : : östl. Gotthardmassiv — 1100,07 | 2,62 | Somvix, Ostseite des & Randaplit am Medelser Protogin. — P. Niggli. Somvixertales, östl. Gotthardmassiv — 99,76 | 2,62 Piz Chalchagn, = Roter Aplit. — U. Grubenmann. : z Oberengadin — /100,06 | 2,67 | Bahnhof Pontresina, Ai Banatitaplit. — U. Grubenmann, i : Oberengadin — 100.43 | 9,68 | $Südl. Margun sura, a Aplitschiefer. — U. Grubenmann. ’ ’ Aufstieg n.Furcla Surlej Oberengadin — 99,88 | 2,67 | Li e * Paisanit. — U. Grubenmann. Morteratschgletschers, Oberengadi — 100,39 | 2,65 | errat. südl. Pontresina, # Ebenso. ! Oberengadin —_ 99,77 | 2,65 | errat. südl, Bahnlinie i Paisanitporphyr. — U. Grubenmann. zu 99,78 | 2,70 |Weg zur Tschiervahütte, "| Monzonitaplit. — U. Grubenmann. } adin = 99,88 | 2,63 |PizCorvatsch (Westgrat),) S. Staub |) Alsbachit. — 8.u.R.Staub. — R. Staub: Dissert.,l.c. Oberengadin — 99,57:| 2,62 Moränen n Banatitaplit. — Sonst ebenso. 5 nördl. Chapütschin, Oberengadin — ‚100,17 | 2,64| Laufenburg a. Rh. L. Hezner | Roter Aplit. — P. Niggli. 0,178 | © y Niederhügen Weisser Aplit. — P. Niggli. 0,11 99,81 | 2,60 bei Laufenburg a. Rh. e > ee 100,98 | 2,67 em Wege von G. Hradil || Aplitisches Gestein. — G. Hradil. f 4 Mittelberg zur Braun- r-Hütte, Pitztal as 99,93 | 2,86 | Piz Dadens (Südgrat) | L. Hezner | Luciit. () — F. Weber. 5. Lamprophyre. _ 99,99 | 2,82 |Crap een L. Hezner | Augitminette. — F. Weber. — 1100.15 |2,84 er Giufstöckli, Kersantit. — F. Weber. — Dissertat,, 1. c. : . stl. Aarmassiv = 99,65 | 2,82 | Brichplankenstock ; Kersantit. — F. Weber. — 100.17 2,98 | Piz Avat (Piz Gliems), = Augitkersantit. — F. Weber. H H Ponteglias-Russein 2 100,04 | 2,34 Piz Posta erg M Hornblendekersantit. — F. Weber. (Nordgra — 1100,57 | 2,84 | Westl. üb. d. Alp Rusein & Kersantit. — F. Weber. ee Trümmerhalde Spessartit. — F. Weber. — Dissert., 1. c, he Beast des hinteren Wichel, ” Giufgebi un Südgrat des Avat, Spessartit. F. Weber. une at Ponteglias-Rusein % -F- me. 99.98 | 2,78 | Stöckligrat, ei ee . Porphyrisch. Spessartit.—F.Weber.—Dissert.,1.c. RE: dem Laute Re 100,13 9,88 ebenda 5 Spessartit, panautomorph. — Ebenso. _ Piz Posta bialla Spessartit. — F. Weber. 100,07 | 2,84 (Büdostgrat), r Ponteglias — |100.60!9.85 , Westl. von Olavadi, n Ebenso. Rusein 100,60 u 165 166 U. Grubenmann und L. Hezner, Nr. 10,10, A130, F630; Fe | MnO | MgO | CaO N2,0 | K,0 |H,0 (110°-) 1,0 (110°+)| P,0, | | 174 | 58,75| 1,13 12,15 1,57 | 4,46 In.best.‘ 8,20 '4,70 | 3,04 2,56 0,15 2,05 0,76 | (Glühverl.) 175 |43,37| 4,69 | 9,96) 9,64 8,78 ” | 5,62 | 9,23 | 0,97 | 4,76 0.07 1,24 1,82 176 | 55,45| 1,12 | 16,10) 2,14 | 4,72| „ | 4,28| 6,67 3,03 4,47| 0,08 311 0,08 | (Glühver!.) 177 | 51,17) 2,27 | 12,52) 3,66 | 4,84 0,60 | 6,21 6,55 [3,56 2,35) Ol 3,92 (Glührverl.) 178 41,64 0,15 9,59112,72 119,94 | 1,10 | 3,97 | 3,70 | 1,53 | 2,53 0,09 0,73 2,52 179 51,29| 1,77 | 15,68 2,75 | 6,40 | 0,16 | 6,37 7,06 |1,9& 3,74| 0,11 2,49 ‚62 | (Glührerl.) 150 54,51 3,19 | 14,98 2,76 | 7,95 | 0,13 | 2,55 | 1,74 | 0,17 | 6,15 0,21 I) ‚13 (Glühverl.) 181 |49,68| 1,89 14,50 3,38 7,22 0,19 5,66 6,80 3,56 2,66 | 0,14 289 | 0,53 182 56,95) 1,03 | 16,56] 3,02) 3,25 | 0,12 4,48 5,64 2,34 3,98| 0,11 254 1030 183 | 55,42] 2,31 | 15,55| 3,92 | 6,08 | 0,17 0,41 6,67 |3,33 2,94 | 0,14 241 | 04 184 151,92] 1,97 | 16,19) 1,07 | 9,08 In.best. 4,42 |5,81|2,43 3,40) 0,30 3,14 |n.best. . i (Glühverl.) | 185 56,09| 1,51 | 16,03| 3,12 | 4292| „ 484 6,28 23914.22| 0,34 Ä ; (Glühverl.) III. Ergussgesteine. 1. Quarzporphyre. 186 || 74,76, 0,28 | 13,78 0,74 | 0,58 In. best. 0,36 |, 0,58 | 4,78 | 3,66 0,09 0,49 n. best 187 || 73,62) 0,12 13,35) 1,73 | 0,65 I 0,08 | 1,21 | 3,42 | 4,96 0,03 0,53 > 188 |75,39| Sp. | 13,15 0;83 | 0,60 | 0,02| 0,21 0,88 | 3,57 |4,64| 0,09 0,23 | 0,18 189 ||74,30| — | 13,77) 1,76, 0,30| 0,02| 0,85 | 0,30 |2,7114,96| 0,02 1.25 ‚20 | & (Glühverl.) 190 | 75,83| 0,06 13,55 nr n.best.| Sp. 0,17 | 0,62 | 3,54 | 4,19 0,03 0,43 0,07 (Ges.-Bis.) 191 | 75,02) 0,18 | 12,53) 0,86 | 1,06 | 0.03 | 0,47 |1,17 13,15 5,11 | 0,03 0,56 | 0,08 192 |69,92| 0,41 | 14,80 1,22 | 1,85 | 0,08 | 0,32) 2,29 | 1,94 14,13| 0,09 1,92 | 0,06 2. Porphyrite. 193 || 50,80| 0,61 | 17,73| 1,39 | 3,42 In. best. 10,19 | 7,62\2,03 1,34| 0,15 4,33 \n.best (Glühverl) 194 | 51,48| 0,82 | 16,24| 2,69) 4,70| „ | 7,97144113,515,75| 090 |. 2,32 ‚0 (Glühverl) | | 195 151,43] 0,82 | 15,08| 4,99 | 3,92| „ | 8,05 [7,12 2,98|2,64| 0,8 3,68 |n.best. 2 (Glühverl.) E 196 | 54,55| 1,98 | 16,87) 6,611 1,48| „ 24716545238 08 141.088] -- | 197 155,59] 1,26 | 15,03] 3,48| 3,43 0,14 | 6,21 | 6,50 3,56 | 1,96. | 0,08. 229 039 [198 |54,57| 1,05 | 15,29 4,01 | 4,01 n.best. 6,05 |5,44 4,16 2,33| 0,42 | 3,20 in.best. Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. | : Spez i Sonstiges) Summe i Ort Analytiker i s I Gew. Name u. Sammler des Gesteins, Literatur — 99,52 | 2,79 | Val Ufiern, Ponteglias L. Hezner || Syenitischer Lamprophyr. — F. Weber. —_ 100,15 | 3,13 eye Ati O. Fischer || Hornblendeminette. — O. Fischer. — Dissert., 1.c. mittl. Aarmassiv _ 100,25 | 2,89 | Linke Seitenmoräne des| ],, Hezner | Lamprophyr. — U. Grubenmann, Morteratsch-Gletschers a 99,76 | 2.88 Touristenweg nach ee en dem weissen Banatit Nr. 53. — N Muottas da Pontresina : U. Grubenm © vorhän. 100,21 | 3,18 Vom Bovalweg . Lamprophyr. — U. Grubenmann. n. best, in Blöcken, erratisch | 100.38 9,96 Vom Bovalweg, | n Lamprophyr aus dem blauen Banatit Nr. 52. — bi : Oberengadin U. Grubenmann, — 100,49 | 2,90 | _Nordabhang des Piz a Lampropbyr. — U. Grubenmann. < Chalchagn, Öberengadin = 99.75 2.90 trete lb der Boyalhütte Lamprophyr aus dem bunten Granit Nr. 14. — en i gegen Piz ke ga # U. Grubenmann | Ober Be 100,32 | 9,87 | Unterhalb gen sh Lamprophyr im grünen Banatit Nr. ? — U.Gruben- mel fassung a. d. Berninastr. 3 mann. = 99.76 | 2,80 | Aufstieg zur Lej della Lamprophyr .” er () Gang im | | ? Tscheppa, Oberengadin 5 Diorit Nr. ? — H.P. Cor | | Er | 99.73 | 9.90 | Belezza, Ardez-Fetan, Vogesit.e — U. Grubenmann, — reg; zur | a er Unterengadin e Geologie des Unterengadins, 1 I — 101,13] 2,90 |_ An der Strasse von | G. Hradil | Lamprophyr im Gneis. — G. Hradil. | Huben n. Sölden, Oetztal III. Ergussgesteine. 1. Quarzporphyre. | — 100,30 | 2,65 | Piz Tumbif (Südgrat), | ]. Hezner | Quarzporphyr. — F. Weber. Brigelser Hörner - 99.79 )) Witenalp, Aarmassiv Quarzporphyr. — J. Königsberger, — Erläu 9,72 | 3,76 h rungen zur geol. Eee des östl. Ge. Freiburg i. B. 191 — 99,79 | 2,63 | Tschingelflüh, Baia, . Geschieferter Quarzporphyr. — O. Fischer. Aarmassiv = aunba: uarzporphyr. — P. Niggli. 100,44 | 2,67 (Gelber Anbruch), % DUDEN östl. Gotthard: iv ie 99.72 | 2,69 | Nördl. Diavolezzapass, > Quarzporphyr. — U. Grubenmann. ? : Oberengadin u ;4 | Kaar, südöstl. Crutscha- uarzporphyr. — H.P. Cornelius. 100,22 | 2,64 rols, Oberengadin ir Q Re B Alp Surganda, Hang ° „Hairpor a Quarzporphyr reise 100,61 2,73 | ia Aut Gravalvassee, ? H.P. Cornelius, — Dissert rtat., 1. c. oO n 2. Porphyrite. Ns 99,61 |2,89 Piz tan . L. Hezner | Augitporphyrit (9) — F. Weber. Ponteglias-Russein es 9.84 | Südl. unt.d. Piz tgiet- Augitporphyrit. — F. Weber. 100,23 |2, - schen, Ponteglias x ee Schutterrasse unter Piz | Augitporphyrit. — F. Weber. DAR tgietschen, Ponteglias a — . 1100,03 | 2,85 gramm s Labradoraugitporphyrit.— O. Fischer. — Diss., 1.c. mi has er Piz Miezdi, Augitporphyrit (9) — P. en. 99,92 | 2,86 östl. Gotthardmassiv n 100.53 2.80 Ostabhang des 4 2, Berglihorns, Kärpfgebiet,| e Glarner Alpen 168 U. Grubenmann und L. Hezner. Nr. | SiO, 110, | ALO, Fe,0, FeO MnO Mg0 | Ca0 N230 |, K,O 1,0 (110°-) 1,0 (110°+)| P,0, | BR | En | Bun 199 147,58 | 1,40 | 19,83 | 4,58 | 1,61 In.best.| 6,06 | 7,69) 5,50. 1,75, 020 | 3,7% |n:best.in.besil 200 53,82 | 1,98 17,65) 8,49 1,93) , 1 aaa 08 020 | 2,82 eu | (Glühverl.) | | I 201 51,04 | 1,11 121,43 RE |. |356| 2,14, 5,92 2,71 | | | | | 10,50 205 ke | | (Glühverl.) 202 159,73 |1,16 120,39 11411339 , | 1,01 108 824 1,0 1.083 2831... 18 | | | (Glühverl.) 3. Diabase, Spilie, Variolite. 203 45,22 | 1,96 | 14,38 | 6,75 | 5,00 In.best. 6,58 11,13] 4,43 0,63 0,25 1,92 n.best.) 1 204 || 45,97 | 2,82 | 14.49 | 9,12 3,54 | „ | 6,86| 7,46 4,72 a 0,43 4,13 : (Glühverl.) 205 149,58 | 1,54 113,84 6,21 1356| „ | 6,74|10,59 4,40 0,92 | 0,01 3,77 r 5 (Glühverl.) N 206 | 49,64 | 2,02 | 17,02|5,51|3,69| „ | 6,96| 3,52) 4,93|097 0, 1,12 „1 408] 207 48,54 | 2,08 | 15,85 15,84 |4,63| „ | 9,16| 2,191 5,10/0,64| 0,14 4,15 A 208| 46,82 | 1,66 |14,18 16,20 4,62 „ | 7,70| 7,971342 3,48| 0,14 2,38 i 3 1209 143.45 | 2,44 | 16,00 11,98 16,36 | „ | 8,93| 6,591 4,15 10,98| 0,15 4,35 Ber: | : [210 |45,40 2,08 | 14,87 |6,65 |6,38| „ | 7,98! 5,301 3,19|2,62| 0,37 5,07 i (Glühverl.) 211||49,68 | 9,04 | 15,78 5,6815,45| „ | 5,31| 6,4815.07[043| 0% 3,22 2 ; (Glühverl,) 212 44,81 | 1,30 | 22,88 | 0,37 14,32 | 0,16 | 5,59 110,90] 3,06 11,30: 0,17 | 2838| . 213 47,95 | 3,03 | 11,74 | 7,98 | 6,05 | 0,20 5,45 | 9,73|4,71 1044| 0,07 223 |075| „ (Glühverl.) 4. Phonolithe, Trachydolerite, Melilithbasalte. 214 | 58,37 | 0,80 19,44 2,05 1,92 | 0,0& | 0,49 | 0,98] 9,15 | 5,88 0,07 0,37 051 |. 215 58,17 |1,01 | 19,25 | 2,28 | 1,59 | 0,04 | 0,63 | 2,56| 8,43 | 4,85 0,12 0,32 Bit, — 216 58,80 0,94 | 19,65 | 2,64 | 1,10 | 0,05 | 0,71 1,58] 8,36 | 5,17 0,06 0,40 05891 5 217 54,78 | 1,90 | 18,51 | 3,41 | 3,13 | 0,05 | 2,35 | 4,24 5,90 3,42 0,51 0,96 0,3} 218 37,03 |3,18| 8,97 | 7,39 | 6,20 n.best.|15,24 115,42) 2,63? 1,90 0,46 1,92 0,04 (Glühverl.) 219|37,01 |3,21| 8,71 | 7,20 | 6,71 „ 115,85 114,83] 2,63 | 1,84 0,06 1,78 Sp. ” (Glühverl,) IV. Vulkanische Tuffe. 320 || 68,58 | 0,24 | 13,78 0,72 0,73 | 0,03 | 0,13 | 2,36) 2,36 5,97 0,34 4,49 0,13 (Glühverl.) 221 || 65,66 | 0,38 | 14,49 | 1,79 0,80 | 0,03.| 0,39 | 2,12|2,73/|4,59| 0,64 ‘9,95 0,07 |. \ ’ (Glühverl.) 222 || 59,77 | 0,23 | 13,71 | 2,00.) 0,3£ | 0,06 | 1,67 | 2,00) 6,62 | 1,88) 3,43 8,78 0,20 | = al (Glühverl.) er 1223 || 65,03 | 0,38 | 14,08 | 0,67 | 1,42 | 0,04 | 0,99 | 3,49| 3,68 | 2,76 089 | 694 1020| ER. Air) Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. 169 R Spez. i Ss lie ze Gew. > a Name u. Sammler des Gesteins, Literatur _ 99.92 | 2,89 Oestl, Abhang des R. Beder Olivinführender Augitporphyrit. — Sonst ebenso. i Etzelstockes, ebenda — [100,45 | 2,76 | _Oestl. Abhang des L. Hezner | Ebenso. Fuckenstock, ebenda — 100.17 | 2,79 Nordabhang des R. Beder Olivinweiselbergit. — Sonst ebenso. Sonnenbergs, ebenda —.: #1100,96 72,12 Abhang der 2 Andesinporphyrit. — Sonst ebenso, Leglerhütte, ebenda 3. Diabase, Spilite, Variolite. en. 100,03 | 3,00 Alp Champatsch (Südrift), L. Hezner || Diabas. — U. Grubenmann. — Beiträge zur Geo- ! Unterengadin | logie des Unterengadins, 1. c. — 100,04 | 2,92 | Pazza, unterhalb Remüs | z Ebenso. | — 100,16 | 2,99 Piz Mondin | e Ebenso. = 99,77 9,78 zug Se = Diersrreng a Ebenso. — 99,79 | 2,78 Alp ne Ebenso. (Nordrift) ; — 1100,00 | 2,91 Aschera R Spilitschiefer. — Sonst ebenso. —_ 99,70 | 2,77 | Unterh. Ardez, Poststr., | . Variolit. — Sonst ebenso. : Untere: ngadin — 99,81 | 2,86 Ardez O0. Züst Diabas. -- O. Züst. — Dissertat., 1. c. | N | 99,35 | 2,86 | An der Poststr. unter- Spilit. — O. Züst. — Dissertat., 1. c halb Ardez hr _ 99,65 | 2,99 | Paludetta, Oberengadin Ss, Staub Diabas. — R. u. S. Staub. — R. Staub: Dissert., 1.c- — 100,38 | 3,06 | Grialetsch, ebenda Re Diabasporphyrit. — Sonst ebenso. 4. Phonolithe, Trachydolerite, Melilithbasalte. | | | = 2 100.11 | 954 a or Icod, L. Hezner |) Phonolith. — E. Künzli. — rographische Re- 0, [2 riffa sultate -_ einer Tensritareise, Mitteil. der | Naturforsch. Ges. Solothurn. 4. Heft, 1907—11. — 9.96 | 2,54 Cahadaswände, Ebenso. PER ae de Teyde, Teneriffa z 2 100,05 | | 2,55 | Cahadasrand, ebenda : Ebenso. — [100,00 | 2,64 | Garachivo, Icod, i Trachydolerit. — Sonst ebenso. | Teneriffa 0,23 Cr305 100,61 | 3,11 | Hohenstoffel, 2 Melilithbasalt. — U. Grubenmann. a ' "| Stoffelhof, Hegau 0,14 Cr,0 Q - | hö ‚H ge minenege sem, — BRosenbusch. — Elemente der r303| 99,97 | 3.11 Neuhöwen, Hegau F er : IV. Vulkanische Tuffe. - 9986| — Kabistan bei Baku L. Hezner || von Benkendorft. erg 99,64| — | See Sysch. bei Baku ; von Benkendorff. — 1100,69] — | Umgebung von Baku | ; von Benkendorff. 100,57 | — ebenda von Benkendorff. | | | 4 170 16? Grubenmann und L. Hezner. E B. Metamorphe Gesteine. 2 I. Gruppe: Alkalifeldspatgneise (Granitgneise). E: 1. Ordnung. Kata-Alkalifeldspatgneise. = | | 2 E | | | | | I E | | | a 224 64,89 |0,91 | 14,69 |1,78|3,85| Sp. | 1,85 | 2,67 2,57 |4,05| 0,92 1,65. | 1,10 Invest ' | (Glähver!. ) | "el 295 | 72,28 | 0,27 | 13,54 | 1,67 | 1,18 In.best.| 0,81 1,63 3,74 3,96 | 0,05 0,49 In.best.. — | | | | | | | | 3 226 168,74 | 0,30 | 15,32 | 1,25 |1,92| „ | 1,15 |1,52|6,73|3,14| 0,12 068 |, | = |227 71,54 |0,31 14,02 2,16 053) . | 0,66 1.00 2,811593) 0,18 Ve 238 75,80 — |11,59/1,88| Sp. | , 022 020 207 08 0,21 1 ee | | “ j E | | 229 |62,90 | 2,40 |20,7810,73033| „ | 0,97 1,10 736.148) 0,15 157 |, 0 230 | 60,52 | 1,13 | 19,37 | 1,67 2,10 0,97 |3,83 4,78 4,69) 0,23 0,85. 15: a ©. 1231 72,37 | 0,19 | 13,42 | 0,79 1,80 | 0,05 1,16 1,65 3,07 4,13 0,11 054 1083| 29 232 | 70,78 | 0,43 | 13,55 0,84 | 2,58 | 0,06 1,34, 1,86 13,11 4,95 | 0,09 059 |0,19| — ir 233 164,11 0,98 | 14,61 |1,31/4,39| 0,10. 3,02|2,05 3,62 35) — 150: \o16 2% | | | | E 234 | 66,92 | 0,78 | 13,86 1,96 3,65 | 0,08 | 2,86 2,40 3,53 2,62! 0,03 0,77 | 018) — | | | 3 235 | 73,18 | 0,30 13,23 | 0,67 1,90 0,05 | 0,64 1,67 12,94 |4,58| 0,08 051 012) — 2 | | ! | |: 2. Ordnung. Meso-Alkalifeldspatgneise. 1 | | G 236 75,83 | Sp. 12,86 0,13 0,63 In.best. 0,42: 1,58 5,69 13.13 en: en n.best.| —- 3 237 | 75,51 | 0,18 | 12,71 | 0,57 0,09 | » 1 047!1,0619,74|552| — 0,62 > : ! | | | | ib. 1238| 68,97 [0,63 15,44 0,90 2,32 „ | 1,63 0,83 2,30 6,17) 0,09 0,89 „et 239 75,07 |0,11 13,36 0,98 6361:r, 0,12 0,76 3,53 6,10) 0,15 0,28 ee ” j | | se 240 174,92 | Sp. 13.01 0,22)0,39 | , 0,22 0,33 3,9516,30| 0,11 0,17 ae | \ 241 64,54 | 0,90 1600| 1,001438| „ | 267 | 1,88 5.223,00. 0,09 135 1 (Glühverl.) = 342 | 74,06 0,18 13,47. 10,4110,80| „ | 0,54 12,17 /3,70|424| 0,04 re 243 58,89 | 0,76 20,06. 1,53|1,63| „ 1,61/1,80248|9,48 0,06 1,38 —_: | | (Glühverl.) 5 244 | 74,01 | 0,10 1340| — |143| „ | 0190,90 4,06 15,54 - 0,20 : ee 245 | 72,38 | 0,12 | 11,99 1,57 |0,67 „ | 035 |2,10|3,85|4,63, 0,15 1,47 246 |71,58 | 0,13 | 13,84 1,5410,64 „| 051 11,52/3,17/541| -008-| 1,65 | | (Glühver!.) 1247 71,38 | 0,19 | 14,33 I ..] 0,26 1,60 13,29 |6,98 | n.best 0 alles ei = eu | (Glühverl.) 248 69,55 | 0,41 | 14,89 | 2,10 | 0,42 | 0,98 1,72 4,48 4,42) 0,09 ), Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. 171 B. Metamorphe Gesteine. I. Gruppe: Alkalifeldspatgneise (Granitgneise). 1. Ordnung. Kata-Alkalifeldspatgneise. Sonstiges! Summe | SPe?- Ort Analytiker i 9 Gew, y Name u. Sammler des Gesteins, Literatur —. 1100,23 | 2,74 Erstfeld, Uri .L. Hezner anorg ug ni — W. Staub. — Geolog. nertal, Beitı räge z. geol. Kar er Behweik. Mrs Folge, XXX. ee on. “= 99,64 9,63 Vaikko, Juuka, Finnland ie ee dag ger „Roter Granitgneis“, rchäi U. Grubenmann. — Die krist, ae _ 100,27 | 2,65 | Dorf Kaaja, Finnland a Kata-Biotitorthoklasgneis. „Grauer Granitgneis*. — Sonst ebenso. se 100,15 | 2,62 Senftenberg i. Krematal E Kata- ige sillimanitführend. — Niederöstr. Waldviertel | Sonst ebenso, = 99.64 | 92,67 Waldheim Sachsen | £ Glimmerarmer Kata-Orthoklasgneis, korund- | | führend. — Sonst ebenso, ge 99.77 | 9,6% ebenda | a Gli Kata-Alkalifeld is, prismatin- I. | führend. — Sonst ebenso. e 99,66 | 9.75 | Wahlberg, Schweden | e Pyroxenalkalifeldspatgneis. Uebergang in III. Gr. | | — U. Grubenmann. —_ 99.51 Laufenburg a. Rh. | r en ke dem roten er Nr. 158. Schwache ; | jektion. — P. Niggli —_ 100,32 | 2,67 ebenda r Weniger stark injiziert. — Sonst ebenso. | | - — 99,60 | 2,71 ebenda F Schwächste Injektion. — Sonst ebenso. = 99,64 | 974 ebenda } Keine aplitische Injektion wahrnehmbar, — Ueber- ; | n Gruppe I—-I. — P. Niggli. — 99,82 | 2,65 erhügen | ; Injiziert durch den weissen Aplit Nr. 159, — bei wesen a. Rh. | P. Niggli. 92, N A PR Meso-Alk 1:2.11 4 ” —. 1 = 100, 2712,63 | FR min inne L. Hezner || Meso-Biotitalkalifeldspatgneis. — H. Schardt. Po a 07 ! 2.62 | er | Ebenso. — Wahrscheinlich Injektionsgneis. Heller 100, ’-@ | 3788 m v. SO-Portal 2 Anteil | — | 99,47 | 2,85 | ebenda * Ebenso, — Dunkler Anteil. 100,12 9,61 | ng A Meso-Biotitalkalifeldspatgneis. — H. Schardt. | N mv. -Foö | | E — 99,62 | 2,61 | _ Simplontunnel, O. Fischer |) Ebenso. "| 2985 m v. SO-Portal — 1100,94) 2,67] : Bühplontnnel, L. Hezner || Ebenso. BE: "16540 m v. SO-Portal = 100 47 2,65 Eng % Zweiglimmerorthoklasgneis. (Wahrscheinlich In- 5 "| 5550 m v. SO-Portal jektionsgneis.) Heller Anteil. — Sonst ebenso. re 99,68 2,70 ebenda a Dunkler Anteil. — Sonst ebenso. — 1100,12 | 2,64 len gug zenar = Zweiglimmerorthoklasgneis. — Sonst ebenso. 6000 m v. -Po 0.765 Simplontunnel, Ebenso. } a ha | 7660 m v. NW-Portal r -- 100,02 2,69 | ggg ni O. Fischer || Ebenso. ! 6440 m v. } a ! Simplontunnel, Ebenso. en ce 3800 m v. SO-Portal > — 1100,00 | 2,67 Simplontunnel, L. Hezner | Ebenso, 3112 m v. SO-Portal 172 U. Grubenmann und L. Hezner. | ER Er ST DEE RETTET, Nr. | Si0, |Ti0, Al30z |Fe,0s FeO | MnO | MgO 020 |N2,0 Ko ‚0 (110°-) 1,0 (110°+) 249 69,06 | 0,36 | 15,06 | 2,04 | 0,35 In.best. 0,59 1,31 6,04 2,93. 0,15 2,21 I (Glühverl.) 350 176,91 | Sp. 12,68 0,54 |0,50| „ | 0,17/1,10/4,98|1251 0,14 ‚65 251 78,16 0,38 11,98|0,79|0,49| , | 0,58.0,82|2,30 14,58 0,08 0,80 252 71,96 |0,04 | 14,16 11,75 1,11| , | 0,62|2,11 2,75 5,03 | 0,28 0,69 253| 72,46 | 0,09 113,23 1,61 11,80) , | 0,5611,63|/2,36 4,98 0,21 0,78 | 254 || 56,30 | 0,191 21,83 1,61 1359| „ | 1,53)4,62|4,50|4,45| 0,30 0,97 255 [66,97 |1,08| 14,23 2,62 237| ,„ |asıla55 383263 — 1,21 256 167,05 10,42 | 15,71 11,21 |1,92| 0,05! 1,12 4,16 3,80|3,12 0,11 1,74 (Glühverl.) 257 || 68,97 | 0,37 | 15,93 | 1,46 | 1,13 | 0,03 | 0,88 | 2,34 | 2,65 | 3,98 — 1,57 (Glühverl.) 258 159,48 | 1,34 | 15,58 | 2,43 |5,47 | 0,09 | 3,92 2,79 |2,17 14,84 | 0,08 ‚55 (Glühverl.) 259|172,85 | 0,37 | 12,44 2,73 0,96 | Sp. | 2,16 |1,49 12,14 |4,02| 0,21 0,60 260 73,62 | 0,33 | 12,96 | 2,25 | 0,75 In.best.. 0,45 1,81 3,24 3,92| 0,08 0,68 261|163,40 | 0,96 | 18,77 | 0,72 | 3,83 1,51/2,03|1,18|6,16| 0,32 rn „.'2168|1,54|272|341| 0,08 1,43 (Glühverl.) 262 170,93 | 0,90 | 11,75 | 1,01 | 3,94 (Glähverl.) uhverl, | 263 68,10 | 0,84 | 14,75 | 2,95 | 2,31 ' 2,01 12,09 1,45|4,98| 0,05 u (Glühverl.) 264 55,25 |0,20| 19,22 2,8513,62| — 445 3,11|6,081321) 0,10 1,30 | (Glühverl.) 265 156,59 | 1,19 | 18,97 2,72 |4,65 | 0,09, 3,76 12,45 | 6,08 | 0,66 | 0,08 ; (Glühverl.) 266 | 59,76 | 0,95 | 16,95 | 2,69 3,49 | 0,11, 2,78 5,55 4,28 2411| 0,15 I 267 [64,75 0,64 | 16,36 | 1,90 | 2,56 0,05 | 1,83| 3,83 | 4,96 |1,70| 0,07 0,74 268 || 66,94 0,69 | 15,62 0,92 | 4,16 0,05 1,90|2,38 12,65 |2,84| 0,02 1,19 2691176,82| Sp. | 12,46 | — | 1,30 m.best.| 0,59 10,98 1450 2,081 0,21 PR n.b 270 | 73,68 | 0,20 | 13,96 0,80 | 1,08 | 0,02| 0,93 11,56 12,13 5,07] Sp. 0,63 la |74,72|0,28| 12,16 1,55 1,20| 0,03| 0,58 10,96 2,41 5.04| 0,13 0,86 71h 73,23 | 0,30 | 14,24 | 0,27 | 1,07 0,03| 0,3510,75|1,98 691 | — 0,89 9272| 66,24 | 0,67 | 14,94 2,35 |2,43 0,07| 1481355 3,13 3,50| 0,05 1,40 273 167,52 |0,44| 14,85 1,52 1,90 In.best.| 1,26)2,73|3,75 446| 0,08 1,24 274 | 66,10 | 0,34 | 14,24 1,28|1,53| Sp. | 0,83 | 3,97 |3,06 4,97 | 0,08 414 | \ ee x (Glährerl.) 275 66,65 |0,67 14,64 13,42|1,98| „ | 9,4411,25 2,74 400) 014 | 11 Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. 1 - Bemerkungen 1 ; : 2. ; Sonstiges) Summe Spe Ort Analytiker ; ; I Gew Name u. Sammler des Gesteins, Literatur —.. ‚100,10 | 2,66 ne eng a L. Hezner || Muskovitalkalifeldspatgneis. — H. Schardt. mv orta — 1100,18 | 2,63 ER ; 3 Meso-Alkalifeldspatgneis. — Sonst ebenso. mv. -Porta — 1100,9 | 2,67 Simplontunnel, a Zweiglimmerorthoklasgneis. Uebergang i. Gr.VIII. ee 6540 m v. SO-Portal — H. Schardt. — 1100,50 | 2,65 Gorippo, Tessin E. Gutzwiller|| Fein gebänderter Biotitgneis. (Injektionsgneis.) | — E. Gutzwiller. — Dissertat.: ET girie ise us dem Kanton Tessin. Zürich 1912. Sa 99,71 | 2,66 Reazzino, Tessin 5 Biotitgneis, muskovitführend. — Sonst ebenso. = 99,89 | 2,72 | Verzaskatunnel, Tessin ; a hornblendeführend. (F Uebergang in III. Gruppe. — Sonst rer; 2 99,83 2,74 Pizzo di Soveltra, Tessin L. Hezner VE Be lhe Gneis. — J. _ hg Geo eobachtungen am Piz orno und Beschreibungd. Minerallagerstätten d. Tessiner Massivs. . XXVI. 1908. — 1100,45 | 2,73 | Winterberg, Aarmassiv m Gneis, Kekea I—III. — O. Fischer, wenig © | 99 84 9,74 | Beim Absturz des Trift- Gneis. — 0. Fischer. er E e gletschers, Aarmassiv T — 99,90 | 2,78 Rotlaui, Haslital, 5 Biotitgneis. — O. Fischer. | Aarmassiv — 100,01 2,72| Fellifirn, Aarmassiv ; Biotitgneis. — F. Weber. — Dissertat., 1. c — 1100,09 | 2,62 |Gamsboden, St. Gotthard) P. Waindziok "Wandel. > Dior, eigenen -- Waindziok 100,31 93,74 St. Gotthard P thokl oresciagneis. Vebeı- gang nach Gruppe I. — Sonst ebenso. 99,19 2,75 ebenda # käse" trennen BRERRBABEREN, — P. Waindziok. Dissertat., 100,75 | 2,76 ebenda R. Beder Meso-Biotitgneis. erg rung — R. Beder. — A. Schneider: Dissertat., 1. c 99,34 | 2,76 Gige-Staffel b. Andermatt, A, Schneider || Meso-Biotitgneis. Gurschengneis. — A. Schneider. Got benimmanet v — Dissertat., 1. c. 99,82 | 2,71 ei Br L. Hezner || Guspisgneis. (Einschmelzgneis.) — L. Hezner. 100,32 | 2,78 nd Ducendeol Drücke, . Ebenso. — Doch Uebergang zu Gruppe III. St. Go : 99,61 | 2,72 |Alp Rodont, St. Ge “ Ebenso, 99.63 9,75 | Fuspistal (Schutthalde), = er gehen Sag der Gruppe I, I ! 2 St. Gotthard E. Gutzwiller. 100,00 | 2,67 Gotthardtunnel, r re Serizitgneis. Tunn 113,4 m v. S-Portal e des petrogr. me Pi gen. Techn. Hochse Anis, — L. Hez — Petrogr. suchung der intst. Schiefer an der Südseite as St. Gotthard. N.J. Bd. XXVII. 1908. 100,36 | 2,64 Val Termine, 5 ANNIE Streifengneis. — P- er ; 2 östl. Gotthardmassiv W. van Holst-Pelekaan: Dissertat., 100,01 | 2,66 ER Ni an h Zweiglimmergneis. — P. Niggli. 100,35 | 2,62 Fr ehem ir % Zweiglimmergneis. — L. J. Krige. — Ord, 2-3. © . tthard r OS EEE N 5 Zweiglimmergneis. — L. J. Krige. — Ord. 2-3. 5 Meso-Biotitgneis. — J. Königsberger. — 5 39,75 | 2,72 Pa un et r ” rungen ze. Karte d. östl. Aarmassivs. Pie Bündner rlan burg i. 1910. J 99,79 2,70 | Darvela, Graubünden 4 Meso-Alkalifeldspatgneis. — U. Grubenmann. Oberland Rotmoosferner, . Sei Zweiglimme: sgnei 100,04 | 2,81 en ee 1 ei: Dmrma.: der gesteinsbilc Zürich 174 U. Grubenmann und L. Hezner. I | 1 | ee | | | Nr. | Si0, | TiO, | Al,0, | Fez0,) FeO | MnO | MgO | (a0 | Na,0 | K,0 H, 011°), 11000) "Bo, | | | | | 276 | 64,89 | 0,98 | 13,10 | 4,99 | 0,99) — ? | 2,73|1,95 3,68 1546| 0,12 1,60 |n.best./n. 277 | 70,07 | 0,49 | 14,46 | 2,21 | 1,63 | Sp. | 1,17 |2,90/3,07 13,98) 0,13 | 0,48 z 278 62,50 | 1,15 | 15,79 | 4,48 | 1,30 In.best.| 3,11 2,97 14,1313,08| 0,08 | 1,65 Be: > ® (Grähvert) 2791|63,44 | 0,81|14,83|1,42|3,23| „ | 1,78|2,38 |2,85|5,92| 0,72 1,82 (Glühverl. ) | } | | | | | I | 1 3. Ordnung. Epi-Alkalifeldspatgneise. 980 175.09| — |13,62| — |0,96 | 0,02) 0,22 0,50 3,61 /4,91 | 0,06 1,05 | 0,17 n. (Glühver!.) 981 68,92 | 0,50 | 14,99 | 1,10 | 1,78 | 0,07 | 1,61 | 1,97 3,05 |4,36 | 0,19 216 | 0,06 ; (Glühverl ) 282 | 74,01 | 0,15 | 11,54 | 0,97 | 1,56 In.best.| 1,59 | 0,96 |2,1015,56| 0,18 2,02 In.best. ' (Glühver!l.) 283 74,23 0,13 11,76 1,330,21| „ | 0,44 0,76 2,74 |5,56| 0,12 (diähverl) 984 | 66,55 | 0,34 | 13,04 |2,77|1,74| „ | 1,321,19|34216,54| 0,18 a7 (Glühverl.) 285 172,19 0,12 | 14,76 1,24 10,57 | „ | 0321,84 3,67|4,42| 0,18 1,01 erg 986 | 71,77 11,00 |11,8811,451352| „ | 1,44/0,85|0,53|4,41| 0,09 2,46 SI: (Glühverl.) 287 || 68,08 | 0,16 | 11,16 | 4,21 | 2,09 | 0,23 | 5,42 0,49 0,76 | 5,94 —_ 0,63 Sp. 1. Gruppe: Tonerdesilikatgneise as: 3: Ordnung. Kata-T lesilik 288 158,43 | 1,18 | 25,06 | 0,68 4,57 In.best.| 2,48 | 0,43 11,33 |4,45| 0,31 | 1,42 In.best.| 289 [54,15 1,31 927,38 |1,37 |4,65| „ | 2,80/1,4211,12]4,59| 0,16 0,85:.| ; 290 64,24 1,07 17,95 12,47 1559| „ | 3,07/1,52|3,02|290| 0,17 1,72 s (Glühverl.) \ 391 59,48 | 1,85 17,84 14,56 1377| „ | 4,11|3,76|1,76 1230| 0,13 0,65 a 2. Ordnung. Meso-Tonerdesilikatgneise und Glimmerschiefer. 292| 64,71 | 0,75 | 19,42 | 0,82 | 2,86 In.best. 2,66 |0,81 | 2,43 259 | 0,23 2,77 In.best. (Glühver!). 393 153,48 | 0,95 | 25,64 11,95 13,72] „ | 3,07|2,17|4,75 3,73) 0,16 1, n (Glühverl.) 294 |59,23 1,00 | 18,33) 2,01 |5,76| „ | 2,63] 2,35 |3,3713,68| 0,07 ; . | ; (Glührverl.) 295 45,99 1,70 24.52 |8,05 334 „ | 3,0612,75|11,11/601| 009 | 3, 5 | . | (@lühverl.) 296 158,87 1,27 14,17 18,97 2324| „ 4491024 1,07 16,27| 019 | 23 | ad L- (Glühver!.) Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. 175 | _ ; E 2 Bemerkungen: Sonstiges) Summe al Ort Analytiker ; = „ : . - reW. | Name u. Sammler des Gesteins, Literatur | ’ F j = 100,49 | 2,76 Oestl. Breiteben P. Seidel Zweiglimmerorthoklasgneis. — P. Seidel, 1. c. | ; im Pfelderstal, Tirol | Sp. Cr 0,100,59 | 2,72 mpener Steig, H. Hirschi a -Biotitorthoklasgneis. — U. Grubenmann. — E Unteres Oetztal, Tirol . Hirschi: Dissertat,, 1. — 99,89 | 2,74 \Zwisch. Gries u. Längen-| ],, Hezner ._ -Biotitorthoklasgneis, — U. Grubenmann, — | feld, Sulztal, Tirol e kristallinen Schiefer. Berlin 1910. [ 99.202,74) Schnalstal, Tirol G. Hradil Bymigiämnsrsigengeile — Dis : \ Die Gneiszone des dal, een Tomb. | der k. x geologischen Reichsanstalt Wien, 1909. j [ Bd, 59. I 3. Ordnung. Epi-Alkalifeldspatgneise. I fl — 1100,21 | 2,68 Malojapasshöhe HF -Romekall erregen NO OUNENORRN — H.P.Cor- _ 100,76 2,76 | Nördl. der Mortelhütte, S. Staub sry ga Se Angerer gi _ m und : Oberengadin 8. Staub. R. : Dissertat., — 100,64 | 2,72 ie ne Ardez 0: Zust «| Boauidpatenn ee — 0. Züst. Unterengadin | ertat, > 99,34 .2,72| Brückenkopf am Inn | Heigrüne Varietät. — Ebenso. bei Ardez = 99,81 | 2,74 ebenda Dunkelgrüne Varietät. — Ebenso. ” — 1100,39 | 9,64 | Bristenstock, Etzlital, L. Hezner eetneb: (Serizitgneis.) — J. Königs- ; ! Aarmassiv berger äuterungen zur geol. Karte des 1910. | östl. Aarm Kor Freiburg 1. B. | — 99.80 | 2,75 | Oberhalb Hospental, P, Waindziok pre gr tr neae Vebergang in II. Gruppe. HEN Be Gotthardmassiv P. Waindziok. — Dissertat., 1. c 0,65 Li,O | 99,82 | n. best. Utö, Schweden L. Hezner || Lithiumglaukophangestein. (Kontaktgestein.) — A, Osann. — Ueber Ho . quistit, einen Lithion | laukophan von der In e1 Uto, Si iunpebarieht , der Heidelberger Akad. der Wissenschaften. 2 1911. 23. Abhandlung. II. Gruppe: Tonerdesilikatgneise (Pelitgneise). m I In ur ” 1. Ordnung. Kata — 100,34 2,0) Ronco bei Brissago, L. Hezner a es ? — U. Grubenmann. — Die krist. ’ ? | Tessin Schie fer Berlin 1910. 4 f | _ 99,90 | 2,95 | ebenda 5 Granat-Sillimanitgneis. — Sonst ebenso. = 99,72 | 2,75 | Langenbielau, Schlesien ; Sillimanitgneis. — U. Grubenmann, 1. e. ’ — 1100,31) 2,87 | Val Pelline, Wallis H TEE — E. Argand. — U. Gruben- 7 mann, ].c. 2. Ordnung. Meso-T desilikatgneise und Glimmerschiefer. — 100.05 | 2,73 Rassasser-Grat, L. Hezner || Disthengneis. — U. Grubenmann. — Die krist.) a f ; Unterengadin Schiefer. . “| —_ 90,30 | 2,85 Piz Cotschen, Mesogranatgneis. — Sonst ebenso. a ; e Unterengadin A = rn Sr. “> _ 99.76 | 2,78 'Cascada am Weg v.Faido| A, Schnei Biotitreicher Sedimentgneis. — U. Grubenmann. | ; ! ; nach Dalpe, Tessin # Schneider Sa , — 1100,13 | 2,88 Val Giuf, L. Hezner || Mesogranatgneis. — F. Weber, — Dissertat., 1... Fe i Bündner Oberland ” = Sch hneeberg P. Sei (Pelitgneis.) — U; nn a a ee PRRENEN a 176 _ U. Grubenmann und L. Hezner.: | | RRuT ra ] Nr. || SiO, | TiO, | AO, |Fe,0, Feo Mu 0 (a0 | Nas0 | K,0 1,0 (110°-)'1,0 (110°+)) P50, | ze 297 161,06 | 0,94 | 15,35 | 5,89 | 1,52 |n.best.| 4,96 0,92 |2,66 3,61) 0,13 2,66 |n.best.In, | | | (Glühverl].) 298 | 58,42 | 1,06 | 20,66 | 2,95 | 3,91 1,79 |0,73/3,18|4,34| 0,22 2,07 2 | | | (Glühverl.) ; 299 | 71,58 0,67 [14,66 [0,98 |1,44| „ | 1,7710,6111,40 4,56 | 0,11 3 | (Glühver! ) 300 68,06 | 0,39 | 16,16 [0,87 11,35) „ | 1,52 1,88 .. 0,20 ‚5 R | (Glühverl.) 301 || 66,80 | 1,09 | 16,34 |0,53| 2,72) „ | 2,91/1,00/1,16 4,38) 0,07 ‚73 S | | (Glühverl ) 302 | 73,69 | 0,17 | 13,56 |0,5010,52| „ | 413/0,19|1,17 3,28) 0,09 | € | (Glühverl.) 303 | 67,43 | 1,12 | 21,35 | 1,70 [1,351 — | 1,71/1,04|0,35 3,05) 0,04 1,31 Sp. 304 || 64,73 | 1,01 | 18,62 | 2,91 | 3,85 | 0,19 | 0,69 | 1,56 | 0,69 4,13| 0,11 2312 | 0,11 305 158,05 | 0,86 | 19,07 | 3,67 13,39 | 0,04 | 4,14 2,14 |0,91 5,12 0,11 259 | 0,06 306 || 71,86 | 0,56 | 13,46 | 2,65 | 0,68 | 0,02| 2,07 1,11 10,42 5,44 | 0,09 1. — 307 163,64 | 0,81 | 13,82 | 5,69 | 0,53 | 0,08 | 3,46 | 1,77 [3,64 | 2,55 0,02 233 | 2,02 (Glühverl.) 308 [38,92 | 1,43 | 26,95 | 4,08 | 4,75 | 0,04 |11,43 | 0,59 | 0,62 7,34 | 0,21 3,92 ‚31 309 57,55 | 2,03 | 18,06 | 5,75 | 5,26 In.vest.| 1,99 1,40 155 4% | 021 1,62 RR 310 41,48 2,06 | 27,31 | 6,74|6,07| „ | 4,29 2,02 |2,22 |345| 0,09 4,14 e (Glühverl.) 311159,62 | 2,03 | 20,04 |1,71|3,56| „ | 2,73|2,53|3,38 | 2,56| 0,10 ee - (Glühverl.) 312)/46,43 | 1,11 | 23,86 |1,07|5,91 | „ | 8,57 4,20 4,56 0,79| 0,06 ‚5 = | (Glühverl) 313 67,21 | 1,01 | 12,84 | 5,11 | 1,06 | 0,05 | 1,73 | 3,65 [0,05 3,30| 0,15 1,70 | 0,11 | | 314 |42,02 | 1,82 | 33,36 | 4,26 | 2,92 0,03 2,67 12,29 11,59 |5,47| 0,31 3,79 Sp. 3. Ordnung. Tonerdereiche Albitgneise und Phyllite. 315 61,20 | 1,09 | 16,19 | 0,27 6,64 | 0,10 3,62 1,36 /2,64|351| 0,11 3.11 -1.0,33 316 | 61,68 | 1,43 | 17,28 | 2,77| 3,96 In.best. 1,90 0,91 3,23 |3,94 | 0,08 3,00 In.best.n. (Glührverl].) 317 | 62,06 | 0,94 |17,62| 4,33] 3,00) „ | 1,83j1,11|/3,11/342| 0,52 2,72 R (Glühverl].) 318 || 60,17 | 1,54 | 17,59 5,30 2,7111 „ | 240|0,94|1,73|4,85| 0,33 3,45 & i ; (Glühverl ) 319 48,53 | 2,56 | 16,33 112,36 3,84| „ | 3,20|1,80|2,37|4,75| 0,48 3,39 & E (Glühverl.) 320 72,64 | 0,82 | 13,59 | 2,65) 1,45 | 0,26 | 1,29 | 0,61 |2,20|2,36| 0,17 1,74 ‚04 321 75,81 | 0,67 |12,17 | 1,34 2,16 | 0,04 | 1,44|0,8012,88 1134| — 1,86 nn 332 [49,91 | 1,23|27,49| 12,26 | 0,11 0,19/0,38)0,731254| 0,36 393 In alles Eisen als Feb (Glühver!.) 177 Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen ’ Spez : Bemerku ungen Sonstiges; Summe ; Ort Analytiker . 3 Gew 2 Name u. Sammler des Gestein, Literatur ARSCH 99,72 | 2,75 Rn. Maar, P. Seidel u eg — U. Grubenmann. — P. Seidel: E h aun, Tiro Dissertat., 1. r — 99,83 | 2,90 pm gegen ehe L. Hezner || Zweiglimmergneis (glimmerreich). — H. Schardt. ! | 5250 m v. NW-Portal MEN 8 va 99,64 2,76 Simplontunnel, r Ebenso. x 8000 m v. SO-Portal . — 99,82 | 2,74 Simplontunnel, Bi Ebenso. 9390 m v. NW-Portal —_ 99,73 | 9,81 Eye agree = an ka eg — H. Schardt. — U. Gruben- 7600 m v. SO-Portal Die krist. Schiefer —_ 100,42 2,71 Anlauftal bei Gastein, A Disthenglimmerschiefer. — U. Grubenmann. — Salzburg Die krist. Schiefer, 1. c. — _ 100,35 | 2,92 Giubin, . Disthenzweiglimmerschiefer. — L. J. Krige. Val Piora, Tessin © vorhädn. 100,02 | 2,78 Forca di Pineto, R Glimmerschiefer. — L. J. Krige. n. be: östl, Gotthardmassiv — 100,15 | 2,86 Bocco di Fongio, Hornblendegarbenschiefer mit serizit. Grundgew. östl. Gotthardmassiv Ordn. 2—3. — L.J. Krige. — 100,62 | 9,74 |SO-Ecke von Lago Ritom,| L. J. Krige |) Biotithaltiger Muskovitschiefer. — L.J. Krige. östl. Gotthardmassiv _ 100,36 | 2,75 | Piz Nair (Westseite), L. Hezner |) „Sprenkelschiefer“. 2.0d.3.Ordn.—H.P.Cornelius. = erratisch, Graubünden — 1100,59 | 2,99 |südl. v. Lago Tom. Piora, L. J. Krige || Biotitmuskovitschiefer. — L. J. Krige. östl. Gotthardmassiv — 99,68 | 2,93 Sasso ross L. Hezner || Granatmuskovitschiefer. — L. Hezner. — Petrogr, Airolo, Tessin She der Er Schiefer auf der Süd- seite des St. Gotthard, 1. c. _ 99,87 | 2,87 ebenda “ einen ar Staurolith u. Chlorit- — Uebergang v. d. 2. z. 3. Ordn. — Sonst ebenso — 1100,84 | 2,84 ebenda 5 IERBESGANEENNBHRANE mit muskovitischem Grundgew — Sonst ebenso. —_ 00 2.38 ebenda Hornbl ae mit chloritisch-mus- 100,08 | 2, ” kovitischem Grundgewebe. Uebergang nach der Gruppe und 3. Ordn. — Sonst ebenso, 1,06C 1100,89 | 2,85 | Muringaseia-Schlucht, | ],. J. Krige || Schwarzer Granatmuskovitschiefer. Uebergang 0,278 100; 8 Val Piora Krig nach der III. Gr. — L. J. Krige. 100.53 | 9,98 | Südabhang v. La Motta, a Granat- Beeren gay erg Ueber- 2 H Val Piora gang von der 2. zur L. J. Krige. F 3. Ordnung. Tonerdereiche Albitgneise und Phyllite. 0.28 SO 5 R Amsteg, Uri L. Hezner | Thonerdreicher Serizitalbi un Engler. 5 28 30; 1100,45 e; zeracn — Vorstand der e ran ra Zentralanstali für das forstliche Versuchswes _ 100.18 | 2,33 Fionnay, ee unge ie U,Gruben- z 4 Val de Bagne, Wallis I — Ueber einige gt Glaukophan- per Festschrift Geburtstag von “ Harry Rosenbusch. Stut 906, ? — 1100.66 | 2.82 ebenda T. Woyno ang = Sarg Pe are T.Woyno. raphische Untersuchung $ der Beh en po mittlere: Zürich 1011 und Neues Jahrbuch, Bd. 912. 1. „1101,01 | 2,84 hloritführend. Serizitalbitg: Sonst eb 99,61 99,82 100,51 99,13 2,95 2,78 3,71 2,95 Am Weg gegen Le Cröt, Val de Bagne Fionnay, Val,de Bagne Bonatschesse, Val de Bagne ebenda Brücke Curaglia, östl. Gotthardmassiv F. Zürcher ” PP. Niggli 178 U. Grubenmann und L. Hezner. | | | ve! ee Sr a ea X | Nr. || SiO, 10 AL,O, Fa, FeO0 | MnO | MgO | (a0 |Na,0 | K;0 H,O (110°—)/H,0 (110°+)| P,0, | CO, | | | - | 333 51,83 1,32 | 21,20 | 2,07 | 6,24 | 0,04 | 4,68 | 0,83! 3,45 | 2,40 0,23 5,42 0,38 | (Glühver!.) n. best. 324 || 55,86 | 1,08 | 21,92 9,10 0,01 | 1,37 | 0,35) 0,43 | 4,85 0,37 3,94 5 Ä alles Eisen als FeO 325 || 56,89 | 1,04 | 20,68 A Sp. | 3,31 0,33) 0,34 | 1,54 0,33 4,94 * alles Eisen als Fe6 (Glühver!.) 326 65.19 | 0,48 | 16,56 1,77 14,11 |n. best | 3,16 | 0,341 0,87 | 2,0% | n.best. 9.27 # | (Glüähverl.) 327 171,45 | 0,76 | 12,79] 2,23 | 2,97 | 0,04 | 3,00 | 1,78] 0,24 1,47 0,23 2,88 0,07 ın (Glühverl.) 328 162,21 | 1,51 | 18,15 |, 8,22 n. best.) 1,94 | 0,77) 0,35 | 3,18 | n.best. 3,9% n.best. 5 alles Eisen als Fed (Glühverl.) 329 154,89 | 0,87. | 20,32 | 4,72 | 2,81 | 0,08 9,65 | 1,38) 4,78 | 4,10 0,13 2,5 0,48 " (Glührverl.) 330 152,99 | 0,93 | 22,28 | 4,38 | 2,94 | 0,04 | 2,68 | 0,98| 3,64 | 4,89 0,12 3,49 0,74 i (Glühverl.) 331 1163,02 | 0,55 | 25,45 | 2,09 | 0,57 | Sp. | 2,07 | 1,34| 0,63 | 3,92 0,15 0,90 0,09 332 155,82 | 1,09 | 19,88 | 1,57 | 5,02 | 0,08 | 3,31 | 1,81) 0,51 | 6,65 0,19 4,18 41 (Glühverl.) 333 | 61,87 | 0,75 | 19,72 | 1,41 | 3,49 |. best.| 0,86 | 0,69) 0,98 | 6,92 0,30 2, n. best. .ı (Glühverl.) 334 1158,70 | 1,69 | 18,04 | 1,42 | 5,27 2 3,55 | 2,30] 2,55 | 3,27 0,21 3,41 5 (Glühverl.) 335 156,88 | 1,16 | 21,45 1,78 4,59 Ei 2,16 | 1,47 1,64 | 3,87 0,26 A = ; (Glühverl.) 336 1149,72 | 0,77 | 24,50 9,55 5 1,77 | 1,81| 2,20 | 3,44 0,22 6,19 = alles Eis. als Fea0a (Glühverl.) 337 148,58 | 1,33 | 25,05 | 5,77 | 3,60 Rn 1,88 | 1,96] 2,22 | 4,26 0,56 ‚D a e i ; (Glühverl.) 338 150,59 | 1,17 | 25,78 | 3,65 | 5,51 & 2,14 0,51: 1,67 | 4,04 0,44 4,97. 4 n (Glühverl.) 339 1159,20 | 0,96 | 17,22 | 2,65 | 4,88 | 0,16 | 3,41 | 2,77) 3,45 | 2,26 0,08 2,64 0,24 |. 340 | 62,14 | 0,67 | 16,10 | 3,16 | 3,50 | 0,09 | 3,01 | 1,29) 3,00 | 3,46 0,17 2,96 0,10 | . 341 171,45 | 0,78 | 12,46 : 2,22 3,22 | 0,12| 2,13 | 1,55) 3,17 | 1,88 0,05 1,85 0,06 |; III. Gruppe: Plagioklasgneise (Dioritgneise). 1 Ordnung. Kata-Plagioklasgneise. a) 49,47 | 1,62 19,24 1,43 | 5,06 n.best.| 6,66 9,20 4,07 1,97 0,09 0,98 343 || 47,30 Sp. 128,01 0,84 2,10) Es 3,68 113,00| 2,98 | 0,61 | - 0,09 1.17 . | 344 || 55,05 | 0,91 | 16,29 | 3,34 14,90 | 0,11 | 4,84 | 7,58| 2,59 253 x 0,11 1,09 1345 |61,20 | 0,90) 14,24 2,49 |5,81 | 0,08| 1,72| 5,981 3,48 |3,58| 0,13 0,55 346 |52,3% | 1,66 | 15,07 | 7,78 | 5,14 n.best.| 2,73 2,00 | Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. 179 99,94 III. Gruppe: Ta Spez emerkungen: Sonstiges, Summe \ Ort Analytiker j ; Sog, Gew ' Name u. Sammler des Gesteins, Literatur —_ 100,09 | 2,77 Solivabach, L. Hezner || Chloritoidschiefer. (Grüner Knötchenschiefer.) + östl. Gotthardmassiv — Sonst ebenso. ie 99,38 | 2,74&| _ _ „Garvera, P. Niggli |) Chloritoidschiefer. (Rotschiefer.) — Sonst ebenso. östl, Gotthardmassiv — 99,24 | 2,90 | Val Naustgel, ebenda H Tiefgrüner Chloritoidschiefer, — Sonst ebenso. _ 99,23 | 2,73 Garvera, ebenda : Chloritoidschiefer. (Grauer Knötchenschiefer.) — Sonst ebenso. — 99,91 2,74 | Tenigerbad, ebenda L. Hezner |} Chloritoidschiefer hie PRISON REN (Grober Chloritoidfels.) — nst eben — 99,821 — Fasortastein P. Niggli Chloritoidschiefer. — P. Niggli. — Dissert., 1. ce. b. Reichenau, Graubünd. ee 99,7112,70 ebenda L. Hezner || Ebenso. — 99,60 | 2,79 Val Gierm, ‚ Phyllit mit MENGE BELEIROS DISPRCN NENNE — P. Niggli. : östl. Gotthardmassiv — Dissertat., 1. c — 101,16 | ? Casacciaserie, |W. van Holst- eg mit BOEBEF SINE von Biotit, östl. Gotthardmassiv Pelekaan sthen, Zo ne Epidot n Holst-Pele- ; an — : Dis: T . € vorhän. 100,52 | 2,5% Mortelhütte, S. Staub Graphitpnyunt, — R. u. 8. Staub. — R. Staub: n. best ; Oberengadin Dissertat., 1. c. — 99,81 | 2,80 | 6 i,Haslital, ],. Hezner || Phyllit. (9 — O. Fischer. Berner Alpen — 100,41 | 2,32 | Clemgiatunnel, Schuls, Ri Phyllit. — U. Grubenmann. i # Unterengadin 100,34 2,85 | . ‚Simplontunnel, O. Fischer || Serizitphyllit. — H. Schardt. — U. Grubenmann 1120 m v. NW-Portal Krist. Schiefer. — 100,25 | 2,88 ebenda L. Hezner || Serizitphyllit. — Sonst ebenso. e 600 m v. NW-Portal ee 99,76 | 2,90 | Lavintzie, Valde Bagne T. Woyno || Sismondinphyllit. — T. Woyno. — Dissertat., 1. c. — 99,77 2,90 ’Bonatschesse, # Ebenso. , Val de Bagne —_ 99,92 | 2,76 | BRetterschwaugertal L. Hezner || Serizitchloritschiefer, grün. — L. Hezner. : Ba - bei Hindelang, ; — 1 99,65 | 2,76 ; Serizitschiefer, rot durch Eisenoxyd. —L.Hezner. ; Ebenso. Plagioklasgneise (Dioritgneise). 1. Ordnung. Kata-Plagioklasgneise. L. Hezner 180 U. Grubenmann und L. Hezner. | urn uyrmnreeee Nr. | SiO, | TiO, | Al,0, Fe,0, FeO0 | MnO | Ng0 | (a0 En K,0 a P,0,.1.00, 17 | | | | | | | | e 2. Ordnung. Meso-Plagioklasgneise. = 347 61,10 | 0,79 | 18,19 | 0,76| 2,39 In.best.| 3,85 15,47 14,12 |1,36| 0,06 1,62 In.best.In.best.) (Glühverl.) i E. 348 151,85 |1,05|21,19 | 0,8815,33| „ | 5,30|5,90 5,66 11.49| 0,09 1,07 a (Glühverl.) 43 349 62,16 |0,60 17,10 | 1,8111,54 ,„ |a9a a91 a78 37 — 2,10 Bi (Glühverl.) a 350 | 64,70 | 1,06 | 16,21 | 3,64 3,01 „ | 0,86 444 238 232| 0,10 1,22 5 Bi: 351 161,19 |0,62| 12,84 | 0,64 1,99| „ | 2,01 9,85|1,43|2,32| 0,05 2.05 .„154|° (Glühver!.) en 3 352||55,20 | 1,49 | 14,64 111,03 2,64 „ | 2,96 599 1 23 -- „a best.) ; (Glühverl.) 7 353 || 55,97 | 1,66 | 18,75 | 2,16|3,27| „ | 4,03|6,20 3.012,86 0,37 A (Glühverl.) = 354 158,56 | 1,01 117,07 | 2481 4,70) „ | 265 653 441|1,98| 0,19 0,65 i u 355 63,41 |0,58 | 17,45 | 0,92 262 „ |242 580358 |1,74| 015 1,04 ee 356|55,92 11,29 18,00 | 2,07|5,14| „ | 3,92 501 5,17 1,99 0.06 a (Glühver!.) 357 70,74 |0,52 | 13,54| 1,151 3,05) „ | 2,42 | 2,00 |5,14 0,71) 0,09 1,10 358 | 70,03 | 0,24 | 16,18 | 0,71/0,65| „ | 0,50/3,35|5,0511,68| 0,14 1,15 359|155,92 | 1,29 | 18,00 | 2,07 5,14 „ | 3,92|5,0015,17)1,94&| 0,06 1,74 | | (Glühverl.) 36054,53 | 1,03 18,28 | 2,41 6,43 | 0,15 | 5,19 6,84 2,95 en ie 1,14 | 361 53,86 | 0,73 | 19,87 | 1,22) 5,32 | 0,14 er he N 1,93 | 0,26, Sp. | | | | Be 362]71,72|0,31 | 12,49 | 2,92 1,21 | Sp. | 1,15 3,33 |3,89|1,22| 0,33 1,93 |u.best.|n.best.| | | | (Glühverl.) an el | | h 3. Ordnung. Epidotalbitgneise und Epidotphyllite. E 363 | 51,75 | 0,72 | 14,75 | 2,12] 3,54 | 0,14| 5,50 5,30 0,23 5,44 0,09 338 |o,11l 6607| (Glühverl.) ge 364 66,13 | 1,11 | 15,48 | 2,59] 3,94 | 0,69 | 1,47 3,35 1,238 2,51| 0,67 1,39 | 0,11 [n.best 365|152,83 |1,74 | 12,15| 4,76|3,62| 3,38| 3,46 |6,04 10,11 |552| 097 123 031] 446) 366 155,13 | 1,10 | 15,99 | 6,21| 1,96 | 0,12 | 3,85 |6,21 3,26 2,57 | 0,04 258 | 0,90 08% 367 152,42 | 1,20 | 19,80 | 0,78| 4,20 In vesı.! 4,65 [6,98 1,88 2,75 | 0,06 6,25 In.best.In.best i : agq+COs+S 368 || 69,69 0,76 113,43 | 1,9213,49| „ | 1,811141/3,5 | 2,18| 0,19 . E (Glühverl.) 369 | 74,72 0,53 | 11,00 | 2,64 1,77| „ | 1,31/2,62|2,63|1,99| 0,14 6) (Glühverl.) 0,94 |20,18| 2,83|3,74| „ | 2,4614,26 |3,13|352| 0,12 j (Glühverl.) 0,72|16,93| 2,04 221| „ | 1,85[92,91 12,74 1498| 0,04 „ (Glähverl)| 0,51 | 17,18| 0,86] 3,05 0,10| 2,50 5,14 |1,94 13,85 0,18 1,85 10, & ; ET de cy Sen Sr > Br Meere uno 2b, = » Sn s H i 1 i Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. Sonstiges Summe Analytiker | | Spez. Gew. Ort Bemerku Name u. Sammler des Be Literatur 100,35 100,62 | 99,95 — 99,71 2,82 Val Tremblai, L. Hezner 2 Unterengadin 99,81 | 2,89 ebenda e RE 99,71 | 2,80 Berisal, Simplonstr., E Oberwallis za 99.94 | 2,89 _Simplontunnel, ” ; ; 4450 m v. NW-Portal (n.8 vorhan.1 100.44 | 2.78 Simplontunnel, 5 n. best. / | ! 9000 m v. so- Portal So 99,91 | 93,94 Simplontunnel, re | 6440 m v. NW-Portal er 99,70 | | 9,84 Be beim Ser A ‚„ Locar _ 100,2 33. 2,82 | Cuolma, Bristenstock, e Aarmassiv — 99,71] 2,80 | Engelwand, Ötztal . — 100.25 | 2,86 Sasso rosso, 5 al Airolo, Tessin C vorhän. 100,46 , 2,75 Gotthardstrasse, f n. best. | b. Motta Bartola ae 9958 | Sasso rosso, 99,58 | 2,62 Airolo, Tessin r Ye 1 95,| g: 6 St. Gotthard = 20 ® 'Tremolaschlucht & | 043 h HA | Spannmatt, ; 0,43 5 de 2,88 östl. Gotthardmassiv, 4 " Unteralptal wenig Su.0) 99.79 | 9,87 Glockenspitz, vorh., n. best. 1 % östl. Gotthardmassiv 4 _ 99,76 2,73 | Trengereid, Norwegen = j 3. Ordnung. Epidotalbitgneise weniglvorh.| 99 74 | 9.75 Piz Nadels u. Piz Grein, ],, Hezner n. best, 2 ’ |Ostseite von Val Somvix. Gotthardmassiv — 1100,65 | ? Casaccia, W. van Holst- östl. Gotthardmassiv lekaan ee 100,20 ? Val dadura, . östl. Armen en — 1100,06 | 2,87. ing Piz Braschung, | L. Hezner Graubünden 8 vorhän.| 100,27 | 2,85 Gotthar .be 1843 m v. S-Porta 5 23,78 | 2. Ordnung. 2,15 Plan de Louvie, Val de Bagne, Wallis ebenda 5. T. Woyno 2,73 Nordöstl. Airolo, Tessin) 2,74 L. Hezner Meso-Plagioklasgneise. A Eee sauer. — U.Gru unge zur Geologie des Unkex Bea adi sort Meso- Horabiondepingioklasgnei, basisch.— Sonst eben Meso-Biotitplagioklasgneis. — U. Grubenmann,. — Die krist. Schiefer. Mesoplagioklasgneis. — H. Schardt. Mesoplagioklasgneis (?). — H. Schardt. Mesoplagioklasgneis. — H. Schardt. E. Gutzwiller. w _ Dissertat., 1. Am fer®. — J. Een Erl = Karte d. östl. Aarmassivs. Peg ie Meso- ng Nee ee „Tonalitg „U Gruben t. Schi ıT 7 ae —L. er, = Petrogr, len: d. krist. Schiefer usw., N.J.B.B. 1908. Hornblendegarbenschieter pen anarait Grund- gew. (grau). — Son Helles Band in Garbenschiefer mit chlorit. Grundgew. — Sonst ebenso. Horbiondegarbenschier mit serizit. Grund- gew . Hezn Die Tremolaserie, 1.c. ge ae ag a eis. — P.N P. Niggli u. W. St — Neue Beob.a. E Grenz gebiet ar " Gotth. - armassiv. Beitr. z. geol Karte d. Schweiz. "Bee Folge. 45. Lief. 1914. Ebens: Mesoplagioklasgneis. — K. Iderup. — Fjeld- tröket F.Ko Ihnen is mellem Sörfjorden og Samnangerfjorden j Tat Bergens ee Aarbok, 1914—15, 8. und Epidotphyllite. Karbonatführender Phyllit. — P. Niggli. Granat-Zoisitschiefer m. Biotit. Ueberg. von 2.2.3. Ordn.— W.v.Holst-Pelekaan. — Dissertat., 1. c. Ebenso, nur ist das Gestein karbonatführend. „Vairnanschiefer*. — H. P. Cornelius. Epidotalbitgneis (karbonatführend). — L. Hezner. — N.J.B.B. 1908, 1. c. ; Epidotalbitgneis (chloritführend). —T. Woyno.— | r Dissertat., 1. c. a Re Ebenso, en he (‚Grauer Hornfels“), — L. Hezner. 3.B.B. 1908, 1 : Kek omiendehingiokiihiene — U. Graben- mann. — Die krist. Sch a 181 182 U. Grubenmann und L. Hezner. [2.1 Ne ER iS | Nr. || SiO, > Al,0, |Fea0s Fe0 | MnO | Mg0 | Ca0 | Na;0 | K,0 |H,0 (110°—))H,0 (110°+)| P;0, | CO, 1 | | IV. Gruppe: Eklogite und Amphibolite. 1. Ordnung. Plagioklasaugitfelse und Eklogite. 373 45,41 | 1,76 | 14,26 | 4,14 | 9,03n.best.| 9,26,11,32) 2,79|0,95| 0,06 030 1152| — 374 |44,31 6,38 | 12,68 19,83 | 8,72 „ | 3,42 9,54|3,60 |0,82| 0,0% 0,94 In.best.) — 375 1144,06 | 2,29 | 17,63 13,40 | 9,96 „ 7,19111,58| 2,9210,91 | 0,12 0,17 s 376 || 46,26 | 0,28 | 14,45 |4,41 | 5,82) „ |11,99111,66| 2,45 | 1,51 er 1,10 H 377 |48,22 | 1,07 | 16,51 |2,64| 5,78| „ | 8,26i13,46| 3,23 | 0,47 0,66 x 3781153,77 |1,19 | 14,51 13,55 | 8,481 „ | 5,38] 8,641 2,7610,87| 0,15 030: N ; 2. Ordnung. Meso-Amphibolite. 379||43,62 | 3,08 12,70 9,97 | 9,01n.best. 10,07|12,65| 1,45 |0,83| 0,07 | 4,65 _|n.best.|n.bes (Glühverl.) ! 380 || 48,16 | 1,12 | 16,73 | 9,55 | 5,13 , 9,53/11,09| 3,93 | 0,76 = ; R E ? (Glühver].) r 381|41,20 | 3,38| 7,92|4,45| 837 „ |14,61114,22|1,05|0,66 | 0,9 5 5 A (Glühverl.) 382]46,29 2,05 17,40 |2,03| 5,13 ,„ |11,49111,21 2,97 |0,85) 0,13 1,22 5 = 383 146,29 | 1,84 | 14,54 | 3,66 | 7,05) 0,24| 9,18112,17)2,37|0,45 0,03 148 |046| — 384|44,99 | 2,39 | 15,63 3,94 | 9,54 0,32 | 8,04! 9,96 1,92 0,84 0,06 2,37 | 0,39 (Glühver!l.) 385 150,93 | 1,25 | 16,63.) 4,39 | 6,53 0,18| 4,98] 9,55 2,79|0,89| 0,03 ; ‚6 | 386 149,87 | 2,84 | 13,15 |5,49 | 8,65 0,23 | 6,37| 9,22 1,97 | 0,72 uns 081 |087) — 387 48,69 | 2,19 | 16,02 | 6,05 | 7,67 0,19 | 5,99) 6,84 2,64|1,90. 0,12 2,07 | 0,40 388 48,81 | Sp. | 14,54 0,86 | 2,58/n.best.| 14,37116,24 0,51 0,37) 0,08 2,00 |n.best. (Glühverl.) 389 152,80 0,45 11,25|2,83| 9,78 „ |10,12) 7,08 2,6010,92) 0,11 8,11 ; ‘ (Glühverl.) 390 145,72 | 3,67 | 12,62 |4,39 | 9,89) „ | 6,14 8,59 2,70|1,52| 0,09 ; ’ (Glühverl) ; 391 47,24 0,90 18,08 | 2,52 | 7,35 0,04 | 7,59) 7,53 1,90|3,07 | 0,03 312 | 0,39 ! (Glühverl.) 39252,11 0,14 19,91 |3,94| 5,65) 0,02| 4,68) 7,56] 2,39 1,39 0,12 i n. best. (Glühverl.) 393 46,71 1,05 17,40 2,28| 7,50 Sp. | 8,05111,08 1,8510,77 0,14 i h 7 i | (Glühverl.) 394145,33 | Sp. |21,80|2,52| 224 „ | 7,13l15,32|143|0,63| 004 14 | (Glühverl.) 395 45,17 | 1,47 | 13,00 9,08 | 5,0&n.best.) 6,66/12,64 2,72 |1,88| 0,10 3.12 (Glühverl.) 396 | 46,00 | 4,63 | 12,13 | 4,60 |12,20| 0,33 | 6,05) 9,35| 0,39 | 0,97 = £ | a | (Glähverl.) 397 152,35 1,52 17,43) 3,12] 5,25/n.best.| 3,25) 7,00 2,01 1446| 019 | 9247 |0, | | | (Glähverl.) ri | i ; % Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. | Sonstiges Summe Spez. Gew. Ort Analytiker Name u. Sammler des Gesteins, Literatur 100,80 100,86 100,23 99,83 100,30 99,55 100,40 100,12 99,95 100,05 599,76 1100,39 ‚99,82 ‚100,19 100,79 100,36 100,05 + 199,76 IV. Gruppe: Eklogite und Amphibolite. L Hezner 1. Ordnung. Plagioklasaugitfelse und Eklogite. Big ie — U. Grubenmann. — Der Granatolivin- els des Gordunotales und Zei ginge Viorteljahrsse chrift d, naturtorsch. Ges Zürich. 53. 1908. Gteukophanektog. Uebergang in 3. Ordn. — Grubenmann, — Die krist. Schiefer, Eklogit. — L. Hezner. — Ein Be der zer und "Amphibolite Zürich — Tse hermaks Bd. itrag z. Kenntnis Dissertat., Mitteilungen. Ebenso. Eklogitamphibolit 1. bis 2. Ordn. — Sonst ebenso, Ebenso. 2. Ordnung. Meso-Amphibolite. 3,44 Val Gorduno, Tessin 3.46 | Lüscherz am erkunden 2 erratisch 3,54 Sulztal, Tirol 3.45 | Burgstein bei Längen- i feld, Ötztal, Tirol 2,98 ebenda 3,24 ebenda 312 Simplontunnel, ; 6407 m v. NW-Portal 3.00 Simplontunnel, i 4870 m v. NW-Portal 3.08 Simplontunnel, F 4745 m v. NW-Portal 13,15 Simplontunnel, 6552 m. v. NW-Portal 3,06 | Val Boschette, Tessin 3.10 | Fiz Nades, Südgrat, # ‚östl, Gotthardmassiv Val sn ; 2,97 östl. Go } ssiv 3.07 | Poneione Negri-Grat, 3,07 östl. Gotthardmassiv 3,0 1 Nordabhang von Tremolaschlucht, 3,09 St. Gotthard 2.98 Sasso rosso, ; Gotthardmassiv 3.01 | Gotthardtunnel, 5 2750,6 m v. S-Portal 996 | Darvela bei Truns, A ‚Bündner Oberland 9 Gige Staffel a bei Andermatt ebenda Val Piora, Tessin L. Hezner r L. J. Krige L. Hezner ” A. Schneider Amphibolit. — H. Schardt. TEbenso. Amphibolit. — H. Schardt. Amphibolit. — H. Schardt. Amphibolit. — W. @. Radeff. — Dissertat., 1 c. Amphibolit. — P. Niggli. Gebänderter Amphibolit. — P. Niggli. Amphibolit. — L. J. Krige. Amphibolit un Garbenschiefer. — L.J. Krige. Zeisitamphibehit, Ordn. 2-3. — L. Hezner. — Kiötumphthoh, Order, > Bei > N.J.B.B. 1908. Amphibolit. — Stapf. Amphibolit. — U. Grubenmann. Granatamphibolit. — A. Schneider: Dissertat. 184 U. Grubenmann und L. Hezner. | E | Nr. | $i0, | TiO, | Al,0, |Fes0, FeO | MnO | MgO | Ca0.| Na,0| K,0 H,0(110°-)H,0(110°+)| PO, | 00, | | (a 398 | 60,54 | 0,73 | 15.22 | 1,11) 5,16n.best.| 3,10 | 5,46 2,52135| 08 1,65 | 0,68 In.best. (Glühverl.) 399 148,29 | 1,79 | 13,94 | 9,61] 4,20| „ | 6,80| 918/354|1,00| 0,10 1,29 \n.best.| — 400 | 48,77 | 0,88 | 18,74 | 7,21! 3431| „ | 6,00| 9,47| 3,24 | 1,13 _ 1,04 m. 401 152,08 | 1,10 19,35 | 2,20) 3,500 „ | 5,64| 8,33| 2,64 |1,32| 0,14 4,08 „ |n.best. (Glühverl.) 402 48,13 | 1,99 | 14,45 | 3,08) 8,77) „ | 7,97 |10,69| 0,91 |0,71| 0,07 2,51 ; 5 (Giühverl.) 403 |52,75 | 2,93 | 13,03 | 3,55/10,16| 0,06 | 4,30 | 7,54] 2,77 |1,17| 0,05 5 052| — 404 | 49,47 | 0,83 | 14,05 | 2,70| 8,88| 0,11 | 8,48| 9,18| 2,86 |1,60| 0,13 i41 10381. 405 150,78 | 0,87 | 14,36 | 2,86| 7,91| 0,12 | 6,81 | 8,80) 3,95 )1,65| 0,08 1,15. | 1,39] = 406 151,24 | 1,19 | 15,45 | 2,82) 6,75| 0,22 111,05 | 6,41| 2,68 10,22| 0,17 1,43 In.best| — 3. Ordnung. Epi-Amphibolite, Glaukophanite und Epidot- Chloritschiefer. 407 || 44,57 | 4,80 | 12,40 | 2,65|14,22n.best.| 5,50 | 7,84 3,68 1,75| 0,12 2,36 In.best.In.best : (Glühverl.) 408 150,22 | 2,40 | 15,01 | 3,09 7,47| 0,17 | 5,50 | 9,10 2,53 3,33) O1 053 |086| , (Glührver].) 409 || 50,34 | 3,04 | 12,20 | 5.59| 4,93| 0,40 | 3,68| 7,24 4,36 0,99| 0,13 1,83 | 1,89 410||45,78 | 2,52| 14,69 | 4,10) 5,65| 0,15 | 6,13 110,091 3,83 |1,12| 0,03 296 | 039 | 9,65 411 31,73 | 4,39 | 12,95 |13,92| 5,84 0,35 110,07 112,77] — 1037| 0,18 674 1071 i (Glühverl.) 412 50,46 | 1,05 | 17,80 | 3,50| 5,63 0,20 | 5,95 | 6,27 5,08 |0,29| 0,08 313 | 0,35 (Glühverl.) 413 [38,03 | 2,38 | 17,65 | 5,91) 7,72] 0,05 | 9,40 114,52 1,46 0,92| 093 1,34 |n.best. 414 || 44,82 | 2,38 | 20,18 | 3,47| 4,04 n.best.| 7,84 110,82) 2,03 |1,30| 0,18 3,43 5 (Glühverl.) 415 46,88 | 3,25 | 17,51 | 1,87| 7,24 0,29 | 7,72| 6,17)355/0,43| 0,13 1,79 | 0,46 416 |45,39 | 2,93 | 17,86 | 7,54| 3,64| 0,06 | 5,24| 7,8613,23 143| 0,38 4,77 In.best (Glühverl.) 417 |46,44 2,84 | 12,60 | 6,78| 5,18/n.best., 4,42 111,52] 2,91 1,65) 0,16 A 418||37,98| 2,09 | 18,46 | 2,79| 2,36| „ | 4,49 117,661 2,57 0,61| 0,03 10,41 i (Glühverl.) 419 48,45 |0,19|25,29| — | 2590| „ | 6,33J10,86| 4,67 1,001 — 0,58 g 420 146,12 | 2,09 | 16,15 | 4,53) 5,45) 0,16 | 5,67 | 8,66 5,87 .0,89| 0,09 3,78. 1.4.47 (Glührverl.) 421 |50,46 | 1,05 | 17,80 | 3,50) 5,63) 0,20 | 5,95| 6,27/5,08 0,99| 0,03 3,13 (Glühverl.) 3 Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen, 185 100,22 99,76 100,09 99,96 99,74 99,61 100,49 100,25 100,33 100,16 100,45 99,96 101,01 99,74 99,89 3,04 2,97 2,81 2,93 3,12 2,85 3,26 3,05 2,98 2,93 3,11 2,91 3,40 2,91 2,85 3. Ordnung. Epi-Amphibolite, Glaukophanite und Epidot- Chloritschiefer. Fuorcla dellas Olaveglia-- ],. Hezner ae „Uralitamphibolit*. - U. Gru- das, Unterengadin | nmann. — Beitr.z.Geol.d, Unterengadins, 1.c, Vadret da Roseg, S, Staub Uralitamphibolit. — R. u. S. Staub. — R. Staub, Oberengadin Dissertat., 1. c. Fuorcla aber eg L. Hezner || Chloritalbitschiefer. — Gr. IV—VIL — Sonst Ober ebenso. Zw. Blaunca u. Grava- “ Augitchloritschiefer. — H. P. Cornelius, — Dis- salvas, Oberengadin sertat., 1. c. Nördl. Gravasalvas, |H.P.CGornelius|| Epidot-Chloritschiefer. — Sonst ebenso, Oberengadin Piz Longhin, L. Hezner || Epidot-Chloritschiefer. — Gr. IV—VI, — Sonst Graubünden ebenso. Loderio, Epidotamphibolit. — L. Hezner. — Der Peridotit Blegniotal, Tessin e von Loderio, 1. c. | | 5 Fionnay, Val de Bagne, Wallis | | F. Zürcher I I Bonatschesse, Val de Bagne, Wallis Plan de Louvie, Val de Bagne, Wallis Brussoley, ebenda ron en nenn N Venedigermass Schaffis am Bielersee . T. Woyno I | n L. Hezner H.P.Corneliu Südi. Capalotta, Piz Longhin L. Hezner Longbin, Graubünden 5 ez R & rKkungen: Sonstiges; Summe Spez. Ort Analytiker ; i 9 Gew Y Name u. Sammler des Gesteins, Literatur Si 99.67 | 2,85 Aus d. gie % Ara L. Hezner | Amphibolit. — O. Fischer. ! ’ aargletschers an der We anike Ei Ewigschneehorns — 99,7%| 3,13) Umhausen, Ötztal z Kelyphitamphibolit. — L. Hezner: Dissertat.,1. c. u 99,91 | 2,91 Sölden, Ötztal “ Gewöhnlicher Amphibolit. — Sonst ebenso. Pe 100,38 2,98 | Brand bei Längenteld, a en gg ge rg -U,Gruben- Ötztal e krist. Schief. — 99,58 | 3,07 | Lingoutte, Vogesen . Gewöhnl. Amphibolit (Hornblendeschiefer). 0,02 Cr303| 99,64 | 2,99 | Storlandet, SW Finnland A Amphibolit „Metabasit“. — Sederholm, 0,04 OraO3 100,02 2,98 In der Skär, SW Finnland “ Ebenso. 0,05 OraO3 100,08 2,93 ebenda ” Ebenso. = 99.63 °| 2.91 |Val Ufiern nördl. Truns, Anthophyllitit. — F. Weber. — U. Grubenmann, : > Graubünden 2 Die krist. Schiefer. N Nashorn — U. Grube _ einige schweiz. "Glankophangent, 1. e. TnsAnt.fihl A_u om: 4 \ 7’ “wulcher, iftn1 4 intt \_ m IIfanr J=-1,W0yno. q. Zupid green 1:0; Epidotglaukophanit. — Sonst ebenso, Epidot-Chloritschiefer. — U. Grubenmann. Uebergang von IB = L. Hezner:| Gas einige in schweiz. “ Steinwerkzeuge (Beilchen). N. 3.B.B.XX, 1905, Epidotalbitschiefer, enger en ! H. P. Cornelius, — Dissertat, Ebenso. zer en 186 U. Grubenmann und L. Hezner. Nr. | Si0, a ı Al, 0, vu, Fe0 | MnO mo Mg0 | (a0 So K,0 j 0 ron 30 (110° + ) P;0, | 60, V. Gruppe: Magnesi ilikatgestei 1. Ordnung. Olivin- und Auctieniafer. 492 42,73 | Sp. | 0,61 3,48 | 4,99In.best. 45,21) 0,93) — 5 0,09 1,75 ER | (Glübverl.) 423 143,47 |0,15| 2,97 14,42| 4418| „ |39,44| 330 — | — ir 1,87 ; _ | ß (Glübverl.) 424 141,38) — | 0,51) 3,82) 3,88] Sp. |48,54 0,35 & | _ | 0,07 0,47 = 2. Ordnung. BED RNRONIEFSR, 435 54,06 0,69 | 1,92 9,19 | 2,65ln.nest. a3,83l1a81 - | | — 2,83 . In-best.In.best ; | « (Glübverl.) 426 | 50,32 0,15 | 1,86 15,55 | 5,301 „ 124,7810,15 — | — 0,14 3,34 r 1 (Glühvenl.) 427 146,48 | 0,33) 8,29|3,94| 8,000 ,„ 16,5211,21/1,117)085! 03 2,43 > “ \ (Glühvenn.) Er 438 |47,85| — | 4,65 11,28 | 2,02 0,15 | 26,98) 9,95) Sp. |0,12 0,17 582-.1.0391.% | (Glähvert) 1429 155,30 Sp. | 4,08 | 1,64 2,06) 0,26 | 21,80112,08| 0,21 0,30. 0,29 1,46 | — | 430 152,24 | — | 2,43 2,72 | 1,87/n.best.| 25,52110,80 — | — | 0,18 4,38 best.|n. best. | | (Glühver!].) 431156,36| — | 1,63|1,31 | 3,81| „ | 21,36113,05| — | — | 0,50 , ; 3 | (Glühver].) 432 157,37 | Sp. | 0,85 |0,16| 5,65) „ 22,37 11,72 =. 0 1,98 M » | 433153,21) — | 2,49|4,98| 1,09) „ |3,5111,09| 0,76) Sp.| 0,71 3,81 5 . | | (Glühverl.) 434 158,37 | Sp. |- 0,50|1,40| 1,38| „’ 1232811332] — | — | 0% 2,02 ern 435 154,90 10,13) 9,14|3,47, 4,90) „ 24,51, 1,881 — ee | 0,05 1,34 | a | = 3. Ordnung. Chlorit-, Talk- und Serpentinschiefer. 436 | 29,69 | 1,84 | 28,66 2,07 | 2,89In dest.| 21,78] — |057/036| — 11,91 n.best.|n.best. | . | (Glühverl.) 437 |31,76 | Sp. | 15,85 |2,20| 3,67| „ |34,11| 043 — | — un 5 . „ | | (Glühverl.) 438 | 35,91 0,421 12,74 2,09 | 3,311 „ 131,631 3,58 — | — 0,10 10,51 ; & | | | (Glühver!l.) 439 | 31,12 | 0,60 | 14,54 18,35| 341) „ 13296) 158 — | — 1,35 : 2 5 | | | (Glühverl.) 440 |58,28| Sp. | 0,06 2,85] 3,42) „ |29,74 1,66 — | — 0,05 4,30 5 » | | (Glühverl.) 441 | 25,56 2,19 21,16 | 2,88 115,09) 0,14 | 19,35| 2,55 0,16 0,19) 0,06 1935: 1 0,2115 | (Glühverl) ; 442 54,77 — | 4,77 3,83 | 1,46/n.best.| 27,95| 1,61 0,14 0,20 | 0,13 5,64 |In.best) „ ae i 443 55,54 — | 2,64 9,54 | 3,67) „ 29,38] 0,28 0,04 |0,30| 0,18 . . | | rühren 444 40,92| — | 2,51 3,82) 452) „ 139,60) 1,59 0,05 0,37) 0,42 6,5 ; R | | | (ya 445 a — .0,69|5,01| 4,9) „ |43,59| 0,06 0,12|021| 0,20 3 | i (Glühverl) [as '37,30| Sp. | 3,38|4,06| 3,711 „ 135,96| 1,53 — | — 0,53 se | er | | @tähvert) Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. 187 Sonstiges Summe Spez. Ort Analytiker BR, Gew. Name u. Sammler des Gesteins, Literatur V. Gruppe: . F1 sy>T = 2.8 0,38 Org03) 99,75 O1IR Cr-0.|100 22 ’ - I) Bl y 0 42 (r-0: 100 99 D sUuzll „wa 0,24 Cr,03) 99,71 0,47 NiO | 99,85 0,22 NiO | 99,70 Sp. CoO 100,14 100,69 100,35 100,58 100,10 100,32) 035 Or.O ” - > 0 11Cr-0- 100 AO 2v3 , 100,86 INN AR zus ’ 99,85 100,50 100,24 409 235 ’ 10H 0R zu + 0,43 Cra03 100,53 | 3,30 1. Ordnung. Olivin- und Auikachiäfer. | | 3,97 | ı 3,01 3,20 3,11 2,88 2,99 2,93 2,95 3,08 2,98 10,54 Cr»03 100,28 3,19) Val Gorduno, Tessin | L. Hezner ebenda Almeklovdalen, Söndmöre, Norwegen | 2. Ordnung. Amphibolschiefer. Val Gorduno, Tessin Loderi Bleniotal, RR ebenda Westabhang der Forschella, Val Faller. Oberhalbstein ei engadin Gige Staffel bei Andermatt | Radautal, Harz | Zug, Schweiz ‚ebenda 3,00 |Font a. Neuenburgersee 3,13 2,75 2,73 2,70 2,65 2,80 2.96 2,80 2,79 2,94 ‚9,87 2,69 Snarum, Norwegen 3. Ordnung. Chlorit-, Chiavenna Val Gorduno, Tessin Loderio, Bleniotal, Tessin ebenda ebenda Val Val, östl, Gotthardmassiv Gige Staffel bei Andermatt ebenda | ebenda ebenda L. Hezner S. Staub 'A. Schneider n" L. Hezner L. Hezner n | A. Schneider Talk- und Serpentinschiefer. Olivinfels. Die krist, Schiefer va or rn von Val Gorduno hen A — Sonst ebenso. eg = Ww.Oo, a ga : Die krist, Schiefer Granatolivinfels. — DT. Gruben- Strahlsteinschiefer. — U. Grubenmann. —1. c. Strahlsteinschiefer, hell. — L. Hezner. — Der Peridotit von Loderio, 1. c. Strahlsteinschiefer, schwarz. — Sonst ebenso. rit. elter. — Ein Bei an 1 en Ze den Alpen Frankenwalde. N.J. 1911. IE. Nephrit. — R. u. S. Staub. — R. Staub. — Dis- sertat., 1. c. itrag zur und im Nephrit. — A. Schneider. — Dissertat., 1. c. Ebenso, Nephrit. — Beilchen A. Bodmer-Beder Petrogr. Unters, v. Steinwerkzeuge enu, ihr. Roh- material. a.schweiz. Pfahlbauten. N, J.B.B. XVI. Ebenso. Ebenso. ra ea — U. Grubenmann. — Die . Schiefer. ey eier — U. Grubenmann. — Die krist. hiefer Der Chloritschiefer. — U. Grubenmann. Peridotit vom Gordunotale usw., 1. c. Chloritschiefer engl _ Bag Hezner. — Der Peri- dotit von Loderi ge (dunke) ee Peridotit und — Sonst e Talkschiefer. — Sonst ebenso. — Dissertat., 1. © Talkschiefer mit Strahlstein. — A. Schneider. - Dissertat., 1. c. ee N ee a mit ers En Ebenso, 188 U. Grubenmann und L. Hezner. Nr. | $iO, | TiO, A104 |Fe20a Fe0 MnO | MgO |Ca0 N20| K,0 1,0 (110°) H,0 (110°+)| P,0, 447 33,22 | — | 3,26 |4,46.| 4,44 In.vest.) 32,96 0,45 | 0,02|0,23| 0,28 3,20 |n.best. 448|133,01| — | 0,72|1348|406| „ |86,250,43|0,0510,91| 0,16 |. 4,68 ; 449|137,07| — | 24012451349) , |33,3510,68) — | — 0,18 2,81 . 450|138,19| — | 5,62]1,361243| „ |34,9612,37| — | — = 15,03 A (Glühverl.) 451.39,01 | 0,21 | 0,43 | 8,26 | 1,59 0,13 | 37,09 0,81| — | — 0,76 14 | - 452||39,27 | Sp. | 3,14 |4,97 |2,64| Sp. | 36,78| 2,74|0,19| Sp. | 0,08 10,49 In best 453 39,20 | 0,10 | 2,20 | 6,00 | 2,52 In.best. 35,96] 2,32 | — | — 0,54 11,56 R 454 139,27 |0,08| 1,65 [6,51 12,97 | „ |s5331210| — | — 15 | 1117 5 45514042 | Sp. | 1,091259|235| ,„ |sraaa3sı)ı -— I — | 051 a > 456 141,47 | Sp. | 2,0715,101095|) „ |133,89085| — ı— | 014 457 140,40 | Sp. | 2,63]431)498| „ |40,371,74| — | — | 0082 5,33 & 458|139,09 | Sp. | 3,63/4,78|294| „ |35,94143| — | — 0,27 11,37 138701 | euere | 2 0,81 Bor e [466 131,38 | — | 3897| = 1,1 |a6815| — | 0,23 11,087 VI. Gruppe: Jadeitgesteine. i. Ordnung. Jadeitite. 461 156,65 | Sp. | 20,16 | 1,66 | 0,56 n.best. 3,99| 2,97 121 0,46 | 0,06 0,90 In.best. 462 158,39 0,13 29,77 2,42 |0,27| , | 1,27) 1,70 12,39 0,97, 0,08 0,24 : 463 157,85 | 0,57 [21,23 4,00 1,05 | , | 2,85 2,04, 8,351 2,06 0,05 0,24 j 464 158.41 |0,17 | 21,35 131/031) „ 2,01|3,45 12,031 0,77 | 0,09 0,31 : 2. Ordnung. Meso-Alkaligneise. 465 | 75,45 | 0,20 | 11,38 | 2,79 | 0,54 In-best.| 0,33]0,49 | 4,45 3,62 | — 0,29 n.best. 466 1 10,00 | 3,97 | 2,03| 0,39 | 1,710,47 | 8,13|0,28| 0,09 ee VII. Gruppe: Chloromelanitgesteine. 1. Ordnung. Chloromelanitite. 467 55,11 | 0,36 | 13,49 |10,09| 1,52] 0,45 | 2,541 5,05 111,42|0,37| 0,11 0,24 | ae He a Du a ch Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. 189 i BZ. . Bemerkungen: Sonstiges| Summe Sp Ort Analytiker ; r 3 Gew I Name u. Sammler des Gesteins, Literatur 0,54 Cr30; 100,44 2,91 Gige-Staffel A, Schneider)| Lavezstein. — A. Schneider, — Dissertat., 1. c, bei Andermatt, Uri 0.66 Cra03| 100,30] 2,86 ebenda R Ebenso. _ 100,78 2,89 Bonatschesse, T. Woyno || Talkmagnesitgestein. — T.Woyno. — Dissert., 1.c. Val de Bagne | aa 99,961 2,77 Pontresina, Talkschiefer. — U. Grubenmann. — Die krist. Oberengadin Schiefer. Sp.Cr,O3!| 99,70 2,65 | Prasüra, Oberengadin R. Staub Serpentin. — R. u. 8. Staub. — R. Staub. — Dissertat., 1.c. = 100.30) 2,70 | Alp Quadrata, Puschlav | L. Hezner |) Serpentin. — Chr. uzzer. — Die Asbestlager d. i Alp Qusarat b. tn: Ztschr. f, prakt. Geo ‘ Pre 100,40 2,69 Tarasp,. Ausgang von a a U. Grubenmann. — Beiträge z. Val Zuort, Unterengadin Geol. des "Vulekengsdins usw., 1. c. — 100,35| 2,67 Alp Champatsch, ö Ebenso. j ; Unterengadin — 100,1#| 2,62 Gurschenalp, r Serpentin. — A. Bodmer-Beder., l.c. N.J. ; ; St. Gotthard B.B. XVI. — 100,48| 2,53 ebenda e Ebenso, au 99,78, 3,07 St. Gotthard 5 Serpentin bis Peridotit. — Sonst ebenso. _ 99,45| 2,68 Cham, Zug > Serpentin (Beilchen). — Sonst ebenso. 3,60 Cra03| 100,41) 2,53 Tasmanien . Serpentin, chromitführend. 11,53 (r,03 100,53 Macedonien a Wiolekten, nn Gestein aus eg are s ezner. — Ueber ein neues Umw: Iungsprodukt von Serpentin. Zentralblatt t. Min., Geol. u. ken: 1914. - = . VI. Gruppe: Jadeitgesteine. 1. Ordnung. Jadeitite. ; 0,09 0r,05. 99,65 3.98 | Tammaw, Oberbirma L. Hezner || Jadeitit. — H. Wehrli. — U. Grubenmann. — | Die krist. Schiefer. | N — 99,93 3,31 | Mörigen am Bielersee = Jadeitit (Beilchen). — A. Bodmer-Beder, 1. c. | 100,29 3,45 Bielersee * Jadeitit (Beilfragment). — Sonst ebenso. | 100,21 3,36 | Bauschanze, Zürich a Jadeitit (Beilchen). — Sonst ebenso. 2. Ordnung. Meso-Alkaligneise. un 954 2,68 | Gloggnitz a. Semmering | L. Hezner 99,79 | 0,26 C 2,76 Südl. Gravasalvas, Oberengadin VII. Gruppe: Chloromelanitgesteine. 1. Ordnung. Chloromelanitite. n m. 100,75| 3,42 | Mörigen am Bielersee H. P.Corneliu en L. Hezner ae gern ng Igge ne ag .) — U. Gruben- ist. Schiet: (Riebeckitgarbenschiefer.) — | H. P. Corn — Dissertat., 1. c. | Chloromelanitit. — U. Grubenmann. — Die Kris. ‚Mebielne; 190 U. Grubenmann und L. Hezner. | ! Baer | ia Nr. | $iO, m, Al,O, Fed Fe 0 | Mu 0 | Mg0 | Ca0 | Na0 K,0 450 (110°-)/1,0 (110°+)) P,05 | CO, | | | 2. Ordnung. Biotitplagioklasschiefer. 468 || 44,95 | 2,62 | 16,33 | 3,67| 7,25 In.best.| 4,38 | 6,04 3,34|7,72| 0,11 3,82 In.best.In.bes 469 154,92 | 0,96 | 15,23 | 3,171 040| „ | 7,63 [4,15 0,86 6,22| 0,98 5,36 ; (Glühverl.) 470 145,35 | 4,07 115,63 | 4,481 6,75| „ | 5,43|6,73 3,87 1467| 0,6 3, } (Glühverl.) 471\\48,88 | 2,13 | 21,36 | 4,98 3,39| . | 3,42|4,33 | 3,95 5,75| 0,18 1,46 , \ 472 |45,44 | 2,03 | 19,44 | 2,201 5,61 „ | 5,84173211,49|5,46 0,14 5,61 ä (Glühverl.) 473 153,13 | 0,98 | 17,46 | 3.571 4,12 | 0,08 | 5,35 | 5,69 |2,01|5,18| 0,63 a11 ol, 474 68,25 |0,35| 8,28, 5,70 4,01 | 0,11 | 2,23 | 1,56 4,32|2,65| 0,42 204 |037| , (Glühverl.) =h 475 152,77 | 1,21 | 16,15 , 3,85) 5,27 In.vest.| 7,14 | 2,20 3,93|5,43| 0,21 1,51 |n.best.| , 476 156,35 |1,31|13,09| 3,77) 432| „ | 5,56 |6,57 |3,95|3,82| 0,09 0,90 ee 477 50,70 | 1,76 16,85 | 1,22 7,95| „ | 6,78|9,57|3,27|1,18| 0,19 0485, 478 42,61 | 0,92 | 22,47 | 5,17/4,20 | 0,05 | 8,13 | 7,08 |0,74|5,17| 0,14 23 019 , 3. Ordnung. Glaukophanalbitschiefer. 48,46 | 3,00 | 16,57 113,37) 0,95 In.best.| 1,58 |5,31|3,97 4,52) 0,09 1,91. In.best.| 1,48 51,95 | 2,67 | 13,14 | 5,59| 7,58 | 0,09 | 7,08 | 2,58 15,46 |1,01 | 0,04 2.356 |—- | — 47,66 | 4,26 | 12,12 | 5,12) 7,90 In.best.| 6,06 |7,55|4,57 11,83! 0,07 34 In (Glühverl.) 45,96 |4,68 | 12,77 | 6,00 8,14 „ | 4,87 |5,99 | 6,06 10,98| 0,07 3,492: | „ an 22535 46,25 |3,52|12,72| 4,301 9,04| „ | 8,42|6,594,58|0,86| 0,14 56:1, e (Glühverl.) 47,95 |4,28 | 14,10 | 8,59 4,95 | „ | 4.244,38 3,97 |4,12| 0,08 3,2 ; (Glühverl.) VIII. Gruppe: Quarzitgesteine. 1. Ordnung. Kata-Quarzitgesteine. “ jass [85,18 |0,15 | 7,57 1,03] 0,53 In.best.| 0,67 10,83 1,30 19,66 | | — 0,44 486 | 73,44 10,45 [13,75 | 6,98 314 „ 10080/030032 1585| — 0,43 2. Ordnung. Meso-Quarzitgesteine. 487 | 90,44 | 0,33) 4,11| 0,58] 0,41 In.best.) 0,36 |0,34 0,57 11,26 | 0,05 1,26 \n.best./n.t (alühverl)| 2 |. 488 |73,91| — |12,89 | 1,75/4,06 | 0,59| 0,41 |0,50 0,91 |3,55| 0,15 191 10151 | | (Glähverl)| Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. 191 | R | | | EERZUNEITTERE | Spez. Bemerkungen | Sonstiges) Summe ü Ort Analytiker i } ; J Gew. | I | Name u. Sammler des Gesteins, Literatur 2. Ordnung. Biotitplagioklasschiefer. $ ER 1 ABK 100,23 | 2,86 Simplontunnel, OÖ. Fischer on ara — H. Schardt. — U. Gru- h N 3552 m v. SO-Pörtal beı Die krist. Schiefer. = = | 99,88.| 2,71 Simplontunnel, L. Hezner || Biotitplagioklasschiefer. — H. Schardt. b; | 4761 m v. SO-Portal Ra 100,20 | 2,93 pl, ©. Fischer an re regen — H. Schardt. — U. Gru- | 3830 m v. SO-Portal — Die krist. Schiefer. = 99,83 | 2,80 Simplontunnel, L. Hezner | Biotitplagioklasschiefer. — H. Schardt. i | 225 m v. SO-Portal — 1100,58 | 2,91 | Tremola, St. Gotthard B Biotitplagioklasschiefer. — L. Hezner. N.J.B.B. | 1908, 1. e. | Ds 100,40 | ? Palins, W,.van Holst-| Biotitplagioklasschiefer. — W. van Holst-Pelekaan. | östl. Gotthardmassiv Peleka: — Dissertat., 1. c. |; elekaan ; E 100,31 2,62 Piz Longhin A. Kübler Biotitplagioklasschiefer. — H. P. Cornelius, — : ; Oberengadin Dissertat., 1. c. | { erh, 1499.67 9,76 Südl. Luzendrosee, P. Waindziok er — P. Waindziok. — | St. Gotthard Dissertat ar 99.73 2,37 ebenda | n REINER hornblendeführend. — | Sonst ebenso. | = 99,90 | 2,98 | Tremola, St. Gotthard 2 Biotitplagioklasschiefer. — Sonst ebenso. i 2 _ 99,80 | 2,96 Alp Oarroreccio | L. liezner || Epidot-Biotitschiefer. — L. J. Krige. Be westl. Pizzo Colombo, i östl. Gotthardmassiv 3. Ordnung. Glaukophanalbitschiefer. — | 99,95 12,95 | Lavintzie, Serizitglaukophanalbitschiefer. — Sonst ebenso. Val de Bagne, Wallis “ * “ — [100,44 | 2,88 PErOR aeg L. Hezner || Glaukophanalbitschiefer. — T.Woyno. — Diss.,l.c. { _ 99,55 | 3,06 Bonatschesse, F. Zürcher || Glaukophanalbitschiefer. — F. Zürcher. ’ Val de Bagne 5 — . :1100,3813,13 Granges neuves, L. Hezner |) Glaukophanprasinit. — U. Grubenmann. Ueber F r Yal de Bagne ; einige schweiz. Glaukophangest. usw., 1. c. Br wor 100,31 2,94 Südl. Lourtier, & Glaukophanalbitschiefer (chloritführend). — Sonst | E Val de Bagne i ebenso. | — 99,98 at ge ms Furt . Chloritglaukophanalbitschiefer. — Sonst ebenso. K. i | | Ä E ‚ u VIII. Gruppe: Quarzitgesteine. 1. Ordnung. Kata-Quarzitgesteine. tö Katagneisquarzit. (Hälleflint.) — U. Grubenmann. a 100,36 | 2,66 Utö, Schweden L. Hezner wer Kris, eo 100,28 | 2,89 | Gellivara, Schweden Kat t (sill 2. Ordnung. Meso-Quarzitgesteine. 192 U. Grubenmann und L. Hezner. | a | Fea0a Fe0 | MnO H,0 (110°+)) P,0, | 00, 3. Ordnung. Epi-Quarzitgesteine. 489 | 71,30 | 0,32) 5,25 10,58 | 2,91 | 0,11 | 2,85| 6,56| 1,84 | 0,58 _ Al,O, — Mg0 | (a0 | Na,0| KO 100 | Si0, iO, n. best.|n. best 7,29 (Glühverl.) 490 | 84,99 | 0,39 | 6,40 11,38 | 145| — | 0,93] 0,75 053|2,10| 0,21 0,75 491 | 79,30 | 0,52 110,72 | 2,46 | 2,78 | 0,45 | 1,39| 0,39) 0,05 |0,62| 0,05 1,52 492 73,54 1,92 14.40 | 4,59 0,05 0,50) 0,02) 0,44 |2,11| 0,94 2,46 (Glühverl.) 493|73,86 10,73 11,37 | 444 In.best.! 2,56 0,68 0,34 |245| 0,36 2,98 (Glühverl.) 0,27| Sp. | 0,48! 0,38) 0.25 1,62| 0,07 ’ 494 | 90,10 | Sp. | 5,04 1,07 IX. Gruppe: Kalksilikatgesteine. 1. Ordnung. Kata-Kalksilikatgesteine. 495 137,18 | Sp. 117,22 | 1,52] 0,88 In.best.| 4,26136,02) — | — 0,07 3,33 _|n.best.In.best. (Glühverl.) 496 | 46,16 11,14 | 4,38 | 5,50] 1,15 | 0,22 | 10,82129,26| 0,14 | 0,23 _ 050 |0,14| — 497 |44,31 | 3,13) 0,65 111,12) 1,58 | 0,20| 9,26/29,10 Sp. | Sp. | 0,08 019 1064| — 2. Ordnung. Meso-Kalksilikatschiefer und Kalkglimmerschiefer. 498 || 55,38 | 0,56 | 9,02 | — | 3,20 In.best.) 1,17/14,18| 0,84 | 2,28 0,12 2,92 In, bet 10,12 499 || 47,03 | 1,08 u 3,41] 0,86| „ 1,80118,28| 1,21 | 2,14 0,49 0,95 ; 500 || 31,00 | 0,22 | 3,53 | 2,53/n.best| „ 1,08/32,36| 1,03 | 1,52 0,28 0,86 e 501 || 29,60 | 0,19 | 8,94 | 1,28) 1,81 = 1,20 30,20| 0,84 | 1,86 u 3097 ä H,0O+C 502 148,39 | 0,14 115,88 | 0,80] 4,62| „ 2,05|17,05| 0,94 | 2,28 0,39 1,90 2 503 1126,91 | 0,23 | 5,54 | 1,24! 2,18| 0,24| 6,14/30,42| 0,22 | 1,00 0,13 1,47 5 504 44,15 | 0,92 116,11 | 2,81) 2,97 | 0,05 | 4,39115,24| 0,37 | 2,29 0,04 1,19 0,22 505 128,12 | 0,39 | 8,83 | 0,90 3,19 | 0,09 | 13,49118,66| 0,45 | 2,33 0,09 0,65 0,07 506 || 28,85 0,55 | 8,52 | 3,38| 0,34 0,11 13,75 18.41 0,26 | 0,83 0,16 0,81 _ 3. Ordnung. Epi-Kalksilikatschiefer und Kalkphyllite. 507 54,05 | 0,34 | 3,20 | 0,61) 0,36 In.vest.! 0,45/21,58| 0,97 11,90 | - 2,06 |n.best. 508|55,32 0,71 15,38! 1,50 3,66| „ | 2,19| 7441 1,77|293| 0,16 1,75 509 135,25 | 0,73 112,60 | 4,22 n.best! „ | 2,37/21,26 1,2112,06) 0,4 2,24 510 [33,40 5,54 | 8,36 | 7,82] 7,37| „ | 7,8413,99 1,98 |1,16| 0,10 3,40 511 29,39 |1,32| 5,47 | 8,94 1,67 | 0,82| 2,5926,92 1,02 |1,83| 0,13 0,75 Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. | Sonstiges Summe fh | | Spez. ew. Ort Analytiker erkun Name ı, her des ae Literatur 99,59 99,98 101,16 100,17 99,77 99,70 100,48 99,64 100,26 99,79 1,208 | 99,67 99,96 an 2,65 ? 2,89 2,72 2,73 2,65 3,33 3,12 3,19 2. Ordnung. 2,73 2,75 2,73 rare} JurUU 100,25 100,23 100,14 nn E99 y, olene.Nn. 4 ae x ” 1 ww 100,01 — | 99,90 100,03 100,21 99,76 anaKkNn 2,76 2,86 2,82 2,83 2,67 2,85 2,78 2,94 BAUUON 2,89 3. Ordnung. Epi-Quarzitgesteine. Gotthardtunnel, nahe dem Südpo ortal La Negra, östl. Gotthardmassiv ge nr, Val Pio ER östl. Gotthardmassiv Val Naustgel, östl. Gotthardmassiv Stalvedro b. Airolo, Tessin IX. Gruppe: Kalksilikatgesteine. 1. Ordnung. Kata-Kalksilikatgesteine. z Longhin, Dr engadin Prognieu, Oberengadin | ebenda Meso-Kalksilikatschiefer und Kalkglimmerschiefer. Simplontunnel, 1630 m v. SO-Portal Simplontunnel, 4610 m v. SO-Portal Simplontunnel, 3800 m v. NW-Portal implontunnel, 3100 m v. NW-Portal Castione, Tessin Gornergratbahn Nördl. Lago Ritom, Tessin, östl. Gotthardmassiv La Motta, östl. Gotthardmassiv Giubin, Val Piora, Tessin Tarasp, Unterengadin ebenda Be 135 m v. NW-Portal Südl. Lourtier, Val de Bagne . Mayen du Revers | u. Granges neuves, Val de Bagne Viertsjhsschit d. Naturf. Ges. Zürich. ee Er L. Hezner W.van Holst- elekaa L. J. Krige P. Niggli n L. Hezner | L. Hezner S. Staub L. Hezner 2 O. Fischer L. Hezner E. Gutzwiller L. Hezner n L. J. Krige 3. Ordnung. Epi-Kalksilikatschiefer und Kalkphpyllite. L. Hezner E We | Epigneisquarzit (granatführend). — L. Hezner, — Die Tremolaserie, ]. c. en ze ge — W. v. Holst- — Dis Quarzitschiefer mit Chloritoid. — L. J. Krige. _ ee mit Chloritoid. — P. Niggli. — Dissertat., Ebenso. Serizitquarzit. — U, Grubenmann. — Die krist. Schiefer. er — TU. Grubenmann. — Die krist. Schief: Vesuylandiopsidfi, _ a u. 8. Staub. — R. Staub. sertat., 1. Diopsidgranatfels. — Sonst ebenso, Kalkglimmerschiefer. — H. Schardt. Ebenso. Gr. IX—X, — Sonst ebenso. Ebenso. Ms eis — E. Gutzwiller. — Zwei ischte Hor rg aus dem Tessin. Zentral- her f. Min., Geol. u. Paläont. Se = 12. kauen rerne — ix. —X. Gr. Arbenz. — U. Grubenm — Die yrist, ee Kalksilikatgestein. — 2.—3. Ordn. — L. J. Krige Biotit-Dolomitschiefer. — 2.—3.Ordn., IX.—X.Gr. — L. J. Krige. Ebenso. Kalkphyllit. U. Grubenmann. Geol. d. Unterengadins, 1. 2 Kalkphyllit. — ix.-ım. Gr. — Sonst ebenso. Kalkphyllit. — H. Schardt. — V. Grubenmann. “ Die krist. Schiefer Glaukopbancealei umcarbonatgestein. — — U, Gruben- | mann: Ueb, ei lakophagere 194 U. Grubenmann und L. Hezner. > BEE Bo ee | Nr. || SiO, Kor Al,0, Fe,0, FeO | MnO | MgO | 0) a0 K,0 1,0 (110°-)) H,0 (110°+)) Bi; | (0, | | | | | | | | | I 512 a0 0m ie 1,09 | 0,06 | 4,73 10,97 0,60 | 1,99 | | | 513 46,06 | 0,36 6,83 | 0,97 2,05 0,03 ses 21,96) 0,56 1,5 BD: 0,21 | 3 a. Ba X. Gruppe: Marmore. 1. Ordnung. Kata-Marmore. In.best.|13,58 |: | | n. best. | 1,69 | | 0,96 = 14,20 2 wi re | | 55,61. — I | — | | | | | = 03 en Eu 0,14) 6,04 Aee a BE EEE | a | | | i | | 2. Ordnung. Meso-Marmore. | | BE ee ven I l 516| 3,80] — | 098] — Inzest] — [12,61 29,2] — 200 RE, Unlösliehes | It | 1 & i 1 51711406 0.13) 121) 151 | 8258| 0,74 as,17loaı 058 0,06 3. Ordnung. Epi-Marmore. | | 518) 1,97 a — 118,50 ai are Die 8 0,30 In- | lösliehes | 519 652| — | 1,95| 078 jm-best.19 1097,86] 0,55 e 520 117,81 1052 1042| — |355| „ \158|35,06la59l 1,61| 0,11 2,99 n.best. 23,80 | sa 1388| — lol o01s „ 0,99 54,63] — ie 2 ee | | | | XI. Gruppe: Eisenoxydgesteine. 3. Ordnung. Epi-Eisenoxydgesteine. 1 } 522 | 47,05 |3,97 11,54 121,72 | 500 on 2,24 127017| 480 0,08 | 1,19 | } | | | | “ Aa 1 } » Sr en = ZI. Bass: ydg 3. Ordnung. Epi-Aluminiumoxydgesteine. 18,43 I | 523 | 16,65 3,75 49,45 El | | 0,13 | 1.08 | 0,23 | 0,19 0,19) 0,08 | | 5,01 (Glührverl.) XIII. Gruppe: Mangansilikatgesteine. an 5 Sp. | 354 | 2,56 2] 1.06. 5,76 Eau. er | | als FeO best. | 525169,30 0431 9,55 488 15,35 | 0.80) 5,34 0,06 oa 0,09 0,42 [08 | als FeO best. | | | XIV. Gruppe: Manganoxydgesteine. 3,10| 3,68 | 3,38] 7,50 2,11 0,22 als FeO best 0,37 1,32 _|n.best. 526 | 95,17 | 16,91 Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. 195 ; . : emerku n: Sonstiges; Summe un Ort Analytiker 3 a ew. Name u. Sammler des Gesteins, Literatur = 99,34 | — Östl. Gotthardmassiv |W. Sa Holst-|| Ka AUS RER: — W. van Holst-Pelekaan. Pelekaan Dissertat., 1. c rn BON, 4 östl en Fe ; “ Kalkphyllit. — Sonst ebenso. .best. ostl. (9) ardamassiv X. Gruppe: Marmore. l. Ordnung. Kata-Marmore. a = 94 0 anna 0 7 De en 99,76 | 2,70 Paros | L. Hezner |Kata- Caleitmarmor. — U. Grubenmann. — Die rist Schiefer. — 100,62 | 2,70 Piz Longhin, j Kata- gear — U. Grubenmann. — Die | i Oberengadin krist. Schiefe 2. Ordnung. Meso-Marmore. | | Campo lungo, Tessin | L. Hezner BE — F, Lusser. = 1100, RN | ? a reg Marmor. Gr. IX—X.— L Leigh- Fermor he Manganese-Ore Deposits of I _ 1 ‚S4| 2,7% | Parsioni, Nagpur- India. Geol, er of India, Vol. XXXVL. | Distrikt, Indien ” en 3. Ordnung. Epi-Marmore. | | —_— | I MDR 2,87 een age ; L. Hezner || Epi-Delomitmarmor. — H. Schardt. | mv. -Porta | 1 j 0,09 c 99,94 | 2,85 Simplontunnel, £ Ebenso. | 3908 m v. NW-Portal ‘ ii ‚100,04 275 Simplontunnel, ne en bis Kalkphyllit. — Gr. IX—X h | } 2600 m v. NW-Portal R ebenso. s Fer i — 100,20 2,72 San Pietro b. Bormio, : Epi-Calecltmarmor. — U. Grubenmann. — Die i | Veltlin i krist. Schiefer. - XI. Gruppe: Eisenoxydgesteine. h 3. Ordnung. Epi-Eisenoxydgesteine. I Phyllit mit Porphyroblasten von Titanomagnetit. Gr. II— — L. J. Krige. XI. a 1100,03 | 3,09 | Südabhang des a Aen | | Val Piora, Tessin | XII. Gruppe: een. ov = 3. Ordnung. Epi-Al BEER | | 10,19 Cr303 100,57 | 3,61 | Naxos | L. Hezner || Chloritoidsmirgel. — P. Niggli. — Dissertat.,1.c. A | | | l j ) | ZIII. Gruppe: Mangansilikatgesteine. ! RR 100.14 | 3.65 Dewi, Chindwara- | L. Hezner || Rhodonitfels mit IE und Spessaıtin. —ı : ! Distrikt, Indien L. Leigh-Fermor, | I — 1 99,87 3,43 Malen BRaeS, E REN Xseraikie. il — L. Leigh- ermor SR Provinzen Indien XIV. Gruppe: Manganoxydgesteine. an 1 dongri, Ihab Brau init-Winchit-Car ein. — Gr. XII bis S u 24,28 Mns05 1100,77 | 3,13 | Kajlidong rk L. Hezner rem vente “ 196 U. Grubenmann und L, Hezner, C. Sedimentgesteine. Nr. || SiQ, | TiO, | Al,O, | Fe,0, | FeO| MnQ |Mg0O | Ca0 | Na,0 | K,0 O- (110°+)| P,0, | 00, 59757,42| 1.15 112,88 22,44 | — In.best.| 0,95| 0,63 n.best.In.best. 0,17 4,48 n.best. — | (Glühverl.) 528 66,12] 0,81 114,52| 5,82| — | — | 1,10) 1,62) 2,21| 4,69! 0,08 3,05 | 0,31 | (Glühverl.) 529 27,86) 0,20 | 3,64 | 1,11) 0,39] 0,02) 4,4431,39) 0,78 | 2,48 = 0,16 | 0,10 ss0o| 02 - | 029 | — | Sp. | 0155557) 0302| — =. ,.:10,08 531 en 0,04 0,84 — | „1! 911154,23| 0,25 | 0,25 — — Sp. 532 |n.best. n.best.n. best. n.best.| 0,27 n.best.| 1,52/52,75 n.best In.best.| n.best. n.best. in.best. BB, | > ; 0,40 » 121,66]30,91| „ 5 x ; 534 „ Pr y 0,63 -..:120,73180,85): , A ” 5 B3bl ., 2 ä 0,64 s: 119,33132,46| „ : = £ 536 en 0,23 | 3,91 |13,21 | 5,05! Sp. | 2,74117,59| 0,28| 2,79) 0,31 15,08 (Glühverl.) (Aq + 003) D. Mineralien. Nr. | SiO, | TiO, | Al,0,|Fe,0, | FeO | MnO | MgO (ao | Na,0 | K,0 H,0(110°-) 1,0 (110°+)| PsO, 537164,59| — |18,55| 0,65| — In.best.| 0,07| 0,38| 1,97 13,83| 0,05 0,22 sssle5osl — 1007| — | = | — | —- Joa arslııa) — 0,17. Bee ee ao. — 0,16 540 162.78) — 1874| 149| — | — | 0,061 034| 3,08 112,33) 0,40 0,71 541 154,80) Sp. |21,88| 3,57 | 1,18| 0,02| 6,41) 0,54 0,65 5,95| — 5,38 | 0,20 542 166,13] „ |20,07| Sp. | — | — | — | 139l 9,18] 250| 006 0,66 543 49,73 0,23| 2,42| 2,21 110,34 0,16 1031,56 — | — 544 15252 — | — | 1,16) 1,10) 0,11 117,59186,68| — | — pr 0,93 (Glühverl.) 545 | 54,21| 0,46 110,91 | 3,12 | 1,33'n.best.|10,03|14,61| 4,51 | 0,92 0,05 — 546 |42,73| 1,37 22,73| 3,17| 7,62 „ | 8,59 9,64| 2,18| 0,98| 0.06 0,97 197 _ ®; En rn bi = rn I = Sonstiges; Summe Spez. Ort Analytiker : Gew. J Name u. Sammler des Gesteins, Literatur = 6 C vorhädn. 100,12 3,02 Nordhang der Gadmen- | ],. Hezner | Sandstein mit stark eisenschüssigem Bindemittel. 5 n. best. fluh, Titliskette. P. Arbenz. -— Beiträge z. geol. Karte d. Schweiz. ; Neue Folge. 24. yo 1910. 0,15 803 1100,58 | — Murg am Walensee. F Verrucano. — A, Engler, Vorstand der eidgen. E on 100,17) — een. a Unreiner Kalkstein. Oberer Dogger. — Ders. er en Sp. SO; 1100,30 | — ra # Schrattenkalk. — Ders. 0,03 803 1100,33 | — Lägern, Aargau 5 Lägernkalk. — Ders. ; rear 100,13) — | Quinten am Walensee 2 Schwarzer Malmkalk. — Arn. Heim. 2 n. best, [At rer 9973 19,86 Unterhalb Remüs, R Dolomit. — U. Grubenmann. — Beiträge z. Geol. um tm 2 ; ; Unterengadin des Unterengadins, 1. ce ehtiges ringe 99,57 | 2,85 rg nr Eye . Ebenso. nter: item ‚ senysan. 99,53 | 2,82 ebenda 5 Ebenso. an Flüchtiges C vorhdn.| 99 9.75 |Oberh. A Urschen sura Stark ei 1 Mergel, glaukophanführend .b Se Ladral. Sether Furka “ F. Weber - “ D. Mineralien. f ‚spe. ; : stiges Sum Ort Analytiker : ; Sonstiges; Summe | Gey y Name u. Sammler des Gesteins, Literatur | | io 100,31 2,5% |In der Skär, 8$WFinnlana| L. Hezner a N iae aus Pegmatit. — U. Gruben- | u r99r0 | j Ausserferrera, . Rüetschi an. aus Granitporphyr. — G. Rüetschi. — u 8, BR Gr. aubünden " sertat., 1.c. (Gestein: Analyse Nr. 113.) — 99, 92 2 5 | aldi Rofna, Orthoklas aus Granitporphyr. — Ders. Graubü R —: 1 99,98) 28 | Büdansgang den | G.Hradil |] Orthoklas une Aneenenen Kr En ee = wet ; Schnalstals, S Tiro - — 58198} Pirk b. gras 1;. zner |) Pseudomorphose nach Orthoklas. — L. Hezner. 100,58 2,55 | De Day He Centralblatt £. Min., Geol. u. Paläont. 1914- a | 9 | Piz Cotschen, ge aus Turmalinpegmatit. — U, Grubenmann. | 26 Interengadin N Beiträge z. Geol. d. Seen I E | — Der Granat aus — | 99,96 13,33) Alp Lolen, ; a pre Sets Bogiaituniunt 1:6 i ee Istal ‚. Bündn. ndn. Obenl.u, e östl. Gotthardmassiv > a d. Dozent. d. Univ. Zürich 1014 | — 1100,09 | n.best. (Ostgrat des Piz dal Saas, ” Damen, ee er a arg Lo Graubünden =. Smaragdgrüner Augit (Omphazit) aus Eklogit. ‚3,33 | Gries, Sulztal, Tirol ‚ (Analyse Nr. 374) — Kane. = een 313 Sasso rosso, s a St. Gotthard 198 U. Grubenmann und L. Hezner. Nr. | SiO, | TiO, | Al,O, Pr Fe0 | Mno | MgO | (a0 |N230 | K,0 1,0(110°-) H,0(110°+)) PO, | 00, \ | | | | Bi 547 144,53 1,45 | 11,11 | 5,03) 3,83/n.best.! 18,78|11,26 1,75 0,87 | 0,14 | 10. 1 548 | 46,68 | 0,35 | 14,37 | 4,00| 829] „ un 10,32) 2,41 1,06. 0,23 054: 549 |52,76 |1,00| 6,80 110,38| 8,45 „ | 9,38) 2,25, 7,20 1 0,08 ee 550 154,55 |2,73| 5,99 111,63) 9,13 0 5,56) 2,33 5,08 0,72| 0,9 1,6538 |. — 551 153,63 |0,30 | 3,27 111,24) 7,14 0,77| 9,71| 3,52] 6,59 | 1,88 en 2,20 | (Glühver!.) 552 139,39 | 0,43 | 21,78 | 1,17| 3,72) 0,33 | 0,3533,36| — _ a5 553135,40| — | 0,45 131,19| — | 0,08| 0,18132,91| — | — | 0,08 0,34 554 141,85 | 0,20 |24,78 | 2,62| 7,43| 0,10 1893| 5411 — | — | 0,10 An FR 555 137,77 | 0,85 | 21,69 | 2,34126,60| 0,14 | 6,29 353 — | — | 09 16, A 556 38,73 | 0,34 | 19,76 | 5,45119,31In.best.| 8,921 7,87] — | — Er ER AERO 557 137,97 10,42 | 19,18 | 2,61/96,35| 0,18 | 3,801 947) — | — = _ 558 38.98 0,19 |21,25| 3,12] 3,44 n.best.| 23,07) 89) — | — | 0,13 542 1 559 138,50 | 0,24 | 29,41 | 5,79| 0,16) 0,02 | 0,21133,86| — | — > 217. 1,2 560 [38,21 | 0,19 | 28,61! 7,30) 0,17) 0,13 | 0,93/33,37| — | — = 205 1 561 135,39 | 0,24 | 34,81 | — |11,83'n best. 2,77| 0,56| 1,89 | 0,89 _ A 56214857 | — 1,41 EN ER IR CR Re 047..1% 5631160,64| — | 1,33 | 2,39| 1,83 n.vest.. 39,711 0,06 — | — | 0,73 468 | — DRAN — | — 1653 „. 14310 1,3835 — | — = E a BREI ne a 62 I 566 58,78 | — 135,351 048| — | — | — | 6,3816,62|1,46| 0,38 085 1. 567 156,83 | Sp. | 23,17 | 2,01) 0,38n.best.| 0,49) 3,05 6,12 |4,96 | 0,22 a 568 134,14 | 6,47 | 11,78 112,85) 8,68) „ 12,45) 2,41 0,33|3,44| 0,1 a 569 34,42 | 4,06 | 20,05 | 0,88118,45, . 8,04 1,62 1,33 14,08 0,64 a 570 | 35,24 | 4,15 | 13,56 117,33) 5,74 „ 10,36) Sp. |1,20|9,71| 0,4 2,30 571 133,75 4,79 | 14,00 | 5,89|24,92| 0,03 | 6,12] 0,82] 0,35|84| 03 14 | — 572 135,68 | 4,59 | 14,48 |10,46 10,45) Sp. | 11,82) 0,45| 0,90 | 8,48 1,85 57334,89 | 3,52 14,18 115,76| 8,45 n.best. 8,96) 0,99| 0,54 | 8,91 574 134,98 | 3,48 | 14,37 116,37) 9,14) 0,09 | 8,44! 0,96 0,93 | 8,22 Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen, = 199 Sonstiges) Summe Ope2. Ort Ausiyliker rkunge Gew. Name u. Sammler des Gesteins, Literatur ae 99,85 3,09 Clemgiatunnel, Schuls, L. Hezner Hornblende aus ige (Analyse Nr. n. Unterengadin — U. Grubenm räge z. Geol. Stereo 1 vs ER 99.96 | 3,29 Umhausen, Ötztal, e er e- TOTER SENT. — L. Hezner. Y Tirol | Diss —— 99,85 | 3,16 | Lavintzie, Val de Bagne | 5 Glaukophan aus Glmikopbangitinkienaliätge. | (Analyse = 484.) — U.Gru — Ueber | weiz. Blaiköpbende FE y 0. —_ 99,78 n.best. Alp de ren | T. Woyno Oisukopnan aus en: (Analyse Nr. 317.) | Val de Bag | T. Wo — Diss — 100,25 | 3,16 asalvas, 'H.P. Cornelius er aus Ricbockitgarbonschteor. Bag Oberendadie .466.) — H.P. Cor 1.6; — 100,53 | 3,61 Alp Lolen, L. Hezner || Grossular, — U. Grubenmann. — Der Granat östl. Gotthardmassiv aus dem reg usw., 1. c. — 100,45 | n.best. Binnental, Wallis = Andradit aus Asbest. — = Hezner. ıalyse eines Granats in Ash tv n Dinnentei; rigen | blatt f. Min,, G u. Paläon . 1914. a 100,73 3,23 Bellinzona, Tessin | E. Gutzwiller Pyrop aus Olivinaugitgranatfels. — E. Gutzwiller. 7 99,80 | n.best. | Erzhalde, Schneeberg, 'P. Seidel aus eng a tenge Fuge 8 Tirol | . 592.) — P. Seidel. — Diss .c. = 100,38 | 4,00 | Gries, Sulztal, Tirol L. Hezner engen a ee (Anaiye Nr. 375.) eu 99,98 | 4,3 Umhausen, Ötztal , Almandin aus ee — L. Hezner. Tirol Dissertat., 1. c. 0,39 Cr303 100,28 | 3,20 | Val Gorduno, Tessin | = a dar um Pyrop aus PERBAIEHEENN rg | Nr. 423.) — U. Gruben | olivinfels des dortanstlen usw., r E = 100,36 | 3,33 | _ ,, Alp Lolen, | : Klinozoisit. — U, Grube engen — Der Granat östl. Gotthardmassiv | aus dem Maigelstal usw , 1. = 100,21 3,51 ebenda | 5 Braungrüner Epidot. — Sonst ebenso. ‚23 99,83 Sue Piz Cotschen, ” Be aus Turmalinpegmati tit. U. Gruben 8,42 B,O3 ee — Beiträge z. Geol.d. Bülerungnätnh, 15:8 27,39 Ba0; 100,06 3,00 Lampe: halp. = Danburit. — F. Weber. Vals, rmuhänden — 1101,37 | n.best, Gige-Staffel A. Schneider) Talk. — A. Schneider. — Dissertat., 1. c bei Andermatt 4,32 Unlösl.— 100,31 | 3,02 Loderio, L. Hezner || Magnesit, Umwandlungsprodukt von Pyroxen aus Asbestnadeln Bleniotal, Tessin dem Peridotit. (Analyse Nr. 105.) 2, (rz0, 1100,24 | 2,16 Mt. Lyell Mine, e key tanan) gie erg are ung durch Westküste von Serpentin und Chro Tasmanien u chrom aha eh be ne karbonat. Zentrbl. f. Min. ‚Geol. = Birne 1912. — 100,00 2,62 Sementina b. Bellinzona | E. Gutzwiller ansens u REN: — E. Gutz 2. — Dis- Se Clemgiaschlucht, : Saussurit aus rang wert (Analyse Nr. 92.) ; 99,93 2,12 Schuls, Unterengadin L. Hezner U. Grubenman Beiträge z. Geol. d. Unter- A engadins, 1. c wg PN 100.12 | 2,94 ebenda Fa aus Glimmergabbro. (Analyse Nr. 9%.) — ; : 2 ie Sonst ebenso — 99.84 | 2,94 ebenda Biotit aus ‚Ounraphyiliit, (Analyse Nr. 334.) — | . 2 ” Sonst ebenso, — 1100,23 | 3,10 Simplontunnel i: Grossblätterige Biotitlage. — H. Schardt. ne Insel Spikarne, Biotit aus Injektionsgneis. — U. Grubenmann. 100,69 | 3,14 Be Di s 9 Tiefenstein, H. Hirschi | Biotit aus ws (Analyse Nr. re = Kirsch. 9,71 | 3,03 Albtal, Schwarzwald Disserta ; ee Ir Habkerntal 99,82 | 3,05. bei Interlaken, Bern # ES 99,67 3,06 ” Gaul bei Lana, Meran 200 U. Gnikemehtiiz und L. Hezner. = Nr. | SiO, | TiO, | Al,O, |Fe,0, FeO | MnO | Mg0 | Ca0 | Na,0| K,0 1,0 (110°-)M,0(110°=+)) P,0, | 00, | 575 136,25 [5,95 | 15,28 | 9,45| 9,35In.best.| 11,971 0,39 10,66 | 9,44 0,53 186 | | 576 136,12 |7,68 14,89 | 7,35| 5,93| „ [15,121 0,68 |1,56 | 9,35| 0,45 1.05 1 . 577 35,47 [2,52 | 1859 114,82] 8,48| Sp. | 6,881 0,51 [0,83 110,06| 0,21 N . \ 578|136,32| 1,95] 13,82 | 3,96110,12) — | 15,21, 0,75 2,96 | 9,78| 1,32 | - ER 579|137,02 |1,65 15,98 | 8,34) 6,94] — | 16,91) 0,66 |1,74| 6,38) 0,43 23 Er je 580 136,17 |2,63 | 16,26 4,88116,92| — | 7,91.0,20|1,49| 9,42| 0,97 301. rue 1 581 134,47 |3,92 | 13,56 | 4,70117,09| — | 10,00 0,78 1,72| 9,72] 1,96 33 | - | - 582 135,70 | 1,86 18,87 | 3,0311245| — | 13,78 0,95|0,88| 8,18) 0,32 438. |. | 583 | 33,42 | 1,86 | 16,01 114,83] 3,06! sp. 12581055 1051887] 10 | sa || — 1 584 145,82 | 1,51 9441| 3,83 1,51] — | 251|0,39|3,03 110,64 1,36 Ben IF 58514486 | — 3505| 195 0201 — | 0,821 — |1,31110,65| 0,76 sr. 586149,48 | 0,17 |94,71 | 5,67| 1,13In.best.| 1,68 0,57 |1,82| 9,76 0,94 | 1 sg7las30| — |sssı| 0,421 0541 — | 07211531536 | 3,14 0,1 ss | - || 588 145,92| — |36,05| 0.12] 0,87) — | 0321222 |5,97| 2,68] 0,40 6 1 ss9|133,76| — |30,50| 3,11) 3,60ln.dest.| 14,34 — 0,141 0,15| 108 | 1418 | — | — I 590)139,97 [0,99 133,87 | 51411952] — | 1,160, ia 0,18 636 I WE. Varia. = Nr.) 8iO, | TiO, | AO, \Fe,0,) FeO | MnO | MgO | € a0 |N230 K,0 010°) M,0110°+)) P305 | Ce | 591 |45,64| 1,27 |10,62 | 8,09la,83| — | 15,87| 5,68 1,11|5,76| 0,19 3,28 |n.best.[n. 592 | 45.39 | 0,92 | 15,47 |10,16| 3,90 | Sp. | 13,20| 0,55 0,73|16,54 | 0,61 309 1°, 0 593 | 44,65 | 0,87 | 12,28 15,73] 9,60 In.best. 5,39) 3,96 492 1,20| 0,12 09 I sen 594.138,13 | Sp. | 2,02] 3,38la92| „ [35,42] 5,67 050 Sp | 055 | 1050 | -— 1 —| 595114751] — | 0,18| — |097| „ 125,77113,70 — | — 0,20 3,58 : 596 142,14 — ! 0,73) — |oıs) „ [aa58ızıal — | — | 056 3,05 597 2,927|4,923 61,24 95,5411,83| „ | 0,33) 1,48 0,031037| 009 | 1,33 598| 5,79 |4,18 53,62 26,08|2,88| „ | 0,35] 1,7110,10/0,56) 0,18 38. 100,09 3,22 1 00,23 99,81 Alp Quadrata, Puschlav Mine Corneilla, Pyrenäen _ ebenda Zusammenstellung der Resultate über chemische Gesteins- und Mineralanalysen. 201 Sonstiges] Summe Spez. Ort Analytiker ee ag Gew. Name u. Sammler des Gesteins, Literatur = 99,73 | 3,02 Gröba, Sachsen H. Hirschi || Biotit aus Augitsyenit. — Sonst ebenso, Fr 100.08 2,99 Kaltes Tal, Harz Biotit aus Glimmerperidotit, (Analyse Nr. 107.) ; = Sonst ebenso. Se, 100,28 | 3,06 | Tumpener Steig, Ötztal, = Biotit aus Orthogneis, (Analyse Nr. 277.) ; Tirol Sonst ebenso. u 99,79 9,84 Rotbachgraben P. Seidel einer Biotithornblendeconcretion i. Ahrental, Tirol "ao Br Br im Zentralgneis. — P. Seidel. ertat, er 99,37 2,92 Erzhalde, M mi aus "Granathiotiteoneretion. (Analyse Schneeberg, S Tirol r. 592.) — Sonst e Bi 99,82 3,02 Schwarzsee, > Biotit aus (Analyse Nr. 296.) — Sonst en 8 Tirol ebenso. _ 90,95 | 2,92 Breite 5 Biotit aus Zweiglimmergneis, (Analyse Nr. 276, Pfolderstal, s Tirol Sonst ebenso. = 99,90 | 2,99 |Maiern, Ridnaun, 8 Tirol M Biotit aus Zweiglimmergneis. (Analyse Nr. 297.) Sonst ebenso. -— 99,81 | 2,88 — oe Rotmoos- R Biotit aus Zweiglimmergneis. (Analyse Nr. 275.) ferner, Obergurgl., Tirol Sonst ebenso. — [100,67 | 2,89 Brei = n Muskovit aus Zweiglimmergneis. (Analyse Pfelderstal, S Tirol Nr. 276.) — Sonst ebenso. — 100,26 | 2,80 Piz Cotschen, L. Hezner mn aus Turmalinpegmatit. — U. Gruben- Unterengadin — Beiträge z. Geol. d. Unterengadins, 1, c. — 99,90 | 2,90 ee re G. Rüetschi || Muskovit aus Granitporphyr. es Nr. 118.) - gen G. Rüetschi. — Dissertat,, 1. — ‚100,10 in.best bei Längenfeld R. Beder || Paragonitischer Nennen aus GraSERERUR BERN: | essen), Ötztal, Tirol (Analyse Nr. 401.) — U. Grubenmann — [100,21 | 2,80 Simplontunnel L. Hezner || Paragonit. — H. Schardt. —_ 99,86 In. best. Gige-Staffel A. Schneider || Chloritader im Lavezstein. — A. Schneider, — : bei Andermatt Dissertat., 1. c — 1100,57 | 3,50 | _ Tavetsch-Nadels, P. Niggli nm aus ERUBEIOERMERAMGE. — P, Niggli. — östl. Gotthardmassiv sertat., l.c > Ei. Varia. i Spez. A Bemerkungen: | Sonsti mme | Ort Analytiker : Sonstiges; Su Gew. Name u. Sammler des Gesteins, Literatur — 1100,34! 2,96 Rotbachgraben P. Seidel a im ee er u ® i. Ahrental, Tirol . Seidel. — Dissertat., 1. c h — 110056 | 2,91 Erzhalde Granat-Biotitconcretion. — P. Seidel. — Dis- Aa. ‘ Schneeberg, 8 Tirol = sertat., 1. c. a 99,89| 2,99 | Kuravara, N Schweden | L. Hezner an zum Kuravaraconglomerat. — U.Gru- Asbest. — Tarnuzzer. — Die ee ei use bei Poschiavo, Geologie. 1902. Talkprobe C. 2303 U. Grubenmann und L. Hezner. I | | | E Nr. | SiO, | TiO, | AO, |Fe,0, FeO | MnO | MgO | Ca0 |Na,0, K,0 Bam H,0(110°+)| P50, | 005 | 599||71,35| — |13,61| 2,13) 0,38/n.best.| 2,03 | 0,22] 1,64 In 0,21 3,3% n.best.n. best | 600 | 2,38 | — Sp. 1,015 °— | — — 1.Sp. | — |5— 0,02 1,66 — Sp. 601 || 34,31 | 1,57 | 16,45 122,37) 8,26) 0,08 | 1,73 | 0,69) — 10,25 3,20 10,08 0,61 602] 5,791 — 4,22| 6,1441,77| 0,32| 4,61 | 3,23] Sp. | 0,31 0,30 1,44 1,46 603 || 68,64 | Sp. 15,79) 3,18| — |n.best.| 1,77 | Sp. | 0,53 | 6,16 3,69 n.best 1 604 || 66,54 | 0,54 | 13,38 |. 1,98| 2,24| 0,11 | 1,87 | 1,21| 2,82 | 3,87 0,05 4,23 „46 (Glühverl.) 605 | 70,30 | 0,43 | 12,15 | 4,001 — | Sp. | 1,06 | 1,85 1,63 | 2,87 0,67 2,77 0,23 wa Unlöslieh 0,71 Löslich 606 171,75 0,55 | 9,78| 2,87| 0,59| 0,03 | 0,96 | 0,46 0,94 | 4,32 1,88 5,59 0,43 (aq + Org.) 607 || 33,80 0,42 | 3,20 4,21| 0,72) 0,09 | 0,62 |23,36| 0,86 | 1,16 3,26 11,51 0,63 . (aq + Org.) 608 || 40,27 | 0,56 | 11,79, 4,18} — | 0,12| 1,52 16,87| 0,39 | 1,88 3.02 5,41 0,21 (aq + Org.) / Berichtigung. Die Gesteine Nr. 33 (Granit) und Nr. 49 (Syenit-Diorit) dieser Zusammenstellur sind in unserem Manuskript nach einer vorläufigen Bezeichnung von Prof. Dr. Königsberger ei ordnet worden. Infolge der freundlichen Zusendung seiner Publikation (Erläuteruugen zur geologisch und mineralogischen Karte des östlichen Aaremassivs von Disentis bis zum Spannort, Freiburg i. 1910), während der Korrektur, ersahen wir, dass sich später bei näherer Untersuchung beide Ges! als metamorph erwiesen haben. Nr. 33 (vom Punkt 2327 unterhalb des Fedenälplerstocks im Felli wird nun als Paraschiefer bezeichnet und gehört in die I. Gruppe der kristallinen Schiefer; Nr. 4 (vom Drun bei Sedrun) erscheint als ein Amphibolit und müsste demnach in der IV. Gruppe selben seinen Platz finden. Umgekehrt sollte das Gestein Nr. 354 von Cuolma, das als Meso-Pla ee ( „Amphibolschiefer“) registriert wurde, unter die Diorite eingereiht werden. Spez. nr ce emerkungen: or Analytiker Gew. T Name u. Sammler des Gesteins, Literatur ? L. Hezner || „Kaolin“ Tuff (9. — Christen. 4 37 Pazzolabach, ; Barytgestein. — P. Niggli. — Neue nern nk 1} RS tl. Gotthardmassiv aus dem Grenzgebiet. zw. Gotthard- massi „best, Lägern Bohnerzartigen es Conglomerat. — L. Rollier. — was u n Beiträge z. geol. Karte d. Schweiz. Neue Folge XXV. 1910. 8. 40. 99,79 | 3,51 | Buchweiler, Oberelsass R rn ee — L. Rollier. — Lit. 9976| — ? » Serizitphyllitgrus. )41SO.| 99.71| — Amsteg, Uri Erde von Serizitgn (Analyse Nr. 315) — air rg ’ 5 A. Engler. re der ‚ägen. Zentralanstalt | f. d. forstl. Versuchsw 9976| — Murg a. Walensee ö Erde von Verrucano. Rage Nr. 528.) — Ders. 0,1080, 99,85 | — Stanserhorn, : Erde vom Oberen Dogger. (Analyse Nr. 529.) — Unterwalden Ders. 0,2480, 100,18| — Bis reine nsstad r Erde von Schrattenkalk. (Analyse Nr. 530.) — nte: 0,19S0,100,58 | — Lägern, Aargau ” Erde von Lägernkalk. (Analyse Nr. 531.) — Ders, Aus dem zoologisch-vergleichend-anatomischen Institut der Univeräftät Zürich. Topographie und Histologie des Blutgefässystems der Aphroditiden. Von MicHAEL 'TWERDOCHLEBOW. (Als Manuskript eingegangen am 26, Januar 1916.) Dem nachstehenden REZER AUaEnE liegt die Arbeit zugrunde, die im zoologisch leicl t Institut der Universität Zürich auf Anregung von Herrn Prof. Hescheler ausgeführt und der hohen philosophischen Fakultät II dieser Hochschule als Dissertation eingereicht wurde. Die vollständige Arbeit wird in der Jenaischen Zeitschrift für Naturwissenschaft erscheinen. Auch an dieser Stelle möchte ich den Herren Prof. A. Lang und Prof. K. Hescheler, sowie Frl. Privatdozent Dr. M. Daiber für vielfache Unterstützung und Förderung meiner Arbeit meinen ver- bindlichsten Dank aussprechen. Das Gefässystem der Polychaeten-Familie Aphroditidae, welches den Gegenstand meiner Untersuchung bildet, ist relativ wenig er- forscht. Lange Zeit herrschte sogar die Meinung vor, die Aphrodi- tiden entbehren des Blutgefässystems vollständig. Diese Meinung, die hauptsächlich auf die Arbeiten Claparede’s (1868—70) zurück- zuführen ist, wurde indessen bereits von dem ausgezeichneten Genfer Zoologen selbst, welcher Blutgefässe bei zwei Aphroditiden (Aphro- dite aculeata L. und Polynoe vasculosa Clprd.) fand, widerlegt. Später wurden Blutgefässe auch bei manchen anderen Aphroditiden gefunden, so dass Darboux (1900) eine ganze Reihe solcher Angaben zu- sammenstellen konnte. Jedoch handelte es sich meistens um blosse Konstatierung des Vorhandenseins der Gefässe. Über ihre Topographie wurde wenig, über die Histologie fast gar nichts mitgeteilt. Diese Lücke nach Möglichkeit auszufüllen, ist das Ziel meiner Arbeit ge- wesen. } Die Untersuchung erstreckte sich auf folgende Arten: Hermione hystrix Sav., Aphrodite aculeata L. (Tribus Hermioninae); Lepidonotus clara Mont., Harmothoe areolata Gr., Polynoe sp. (Tribus Polynoinae); Topographie und Histologie des Blutgefässystems der Aphroditiden. 205 Sigalion sguamalum Delle Chiaje, Sthenelais dendrolepis Clprd., Psammo- Iyce arenosa Delle Chiaje (Tribus Sigalioninae), und wurde sowohl am lebenden als auch an dem mir in fixiertem Zustand aus Neapel, Triest, Villefranche und Sebastopol zugesandten Material durchgeführt. Topographie. Darboux unterschied in der bereits erwähnten Zusammen- stellung drei Typen des Blutgefässystems bei Aphroditiden. Den ersten repräsentiert Polynoe vasculosa Clprd., die nach Beschreibung ihres Entdeckers zwei Hauptgefässe (vas dorsale und vas ventrale), die in jedem Segment durch ein Paar Commissuralia verbunden sind, besitzen soll. Den zweiten Typus stellt Aphrodite aculeata L. dar, welche nach Selenka ausser den beiden Hauptgefässen (die durch einen perioesophagealen und einen perianalen Gefässring verbunden sind) segmentale Seitenäste und einen reichlich entwickelten Kolla- teralkreislauf mit ausgesprochener Neigung zur netzartigen Auflösung der Gefässe- besitzt. Zum dritten Typus Darboux’ gehörten Hermione hystrix Sav. und die übrigen von ihm untersuchten Aphroditiden. Dieser Typus soll ausser den beiden Hauptgefässen nur noch den perioesophagealen Ring und eventuell segmentale Seitenäste, aber keine peripheren Verästelungen und keine hintere (perianale) Ver- bindung der beiden Hauptgefässe besitzen. An Stelle der letzteren glaubte Darboux den Übergang der Gefässlumina in die lakunären Hohlräume festgestellt zu haben; er stellte deswegen ein geschlossenes (refässystem für die Aphroditiden in Abrede. Soweit Darboux’ Einteilung. Ich habe speziell der Frage, ob das Blutgefässystem der Aphroditiden geschlossen ist oder nicht, meine Aufmerksamkeit geschenkt und konnte sowohl mit Hilfe von Injektionen als auch an Schnittserien die von Darboux vermisste perianale Kommunikation überall feststellen. Im übrigen fand ich nirgends eine Kommunikation zwischen dem Lumen der Blutgefässe und anderen Hohlräumen des Körpers, so dass ich das Gefässystem der Aphroditiden für durchaus geschlossen ansprechen muss. Durch weiteres Studium der Gefässverteilung gelangte ich zur Aufstellung folgender drei Typen des Gefässystems der Aphroditiden. Zum ersten Typus gehören Hermione, Aphrodite und wahr- scheinlich auch die übrigen Hermioninae. Das Blutgefässystem von Hermione hystrix wäre kurz geschildert folgendes: Als Hauptgefässe imponieren vas dorsale und vas ventrale. Sie sind dorsal, resp. ventral vom Darm in der Medianebene des Körpers gelegen, ausgenommen in der vorderen Körperregion, wo sie durch mächtige dorso-ventrale Entfaltung des muskulösen Rüssels etwas nach der Seite (Dorsale 206 Michael Twerdochlebow. nach rechts, Ventrale nach links) verschoben sind. Das Dorsale ist durch eine Lamelle, den proximalen Rest des Mesenterium dorsale, an dem Darm befestigt, das Ventrale ist nur durch die von ihm sukzessive durchbohrten Dissepimente in seiner Lage festgehalten. Das Dorsale ist kontraktil (die Pulsationen wurden von mir bei Aphrodite am lebenden Tier beobachtet). Die physiologische Rolle der Klappen wird durch segmentale, von der Muskulatur hervor- gerufene Einschnürungen erfüllt, welche dem Gefässe während der Pulsation ein perlschnurartiges Aussehen verleihen. Die beiden Hauptgefässe sind vorne durch einen perioesophagealen, hinten durch einen perianalen Ring und drei Paar Dorso-ventro- commissuralia ver- bunden. Das Dorsale gibt Äste nur an den Darm ab — die den Darm reifenartig umfassenden Dorso-intestinalia. Das Ventrale gibt intersegmentale, ähnlich den Dorso-intestinalia in Dissepimenten verlaufende Ventro-parietalia ab. Ein Ast der letzteren, im peri- tonealen Überzug der ventralen Längsmuskulatur verlaufend, bildet dicht am Nephridium eine Erweiterung — eine Ampulle, von welcher ein breiteres, reichlich lappig verzweigtes Gefäss dorsalwärts auf- steigt, um vor der vorderen Fläche des entsprechenden Dissepimentes, an ihm gelegentlich angeheftet, doch nicht in dasselbe eingeschlossen, frei die Leibeshöhle zu durchqueren. Die Wandung dieses Gefässes funktioniert als Keimlager. Das ganze Gefäss stellt also das Lager der Gonade dar. Zur Vervollständigung des Bildes wären noch das im Mesen- terium dorsale eingeschlossene vas supra-intestinale und die aus dem perioesophagealen Ring stammenden, an beiden Seiten des Rüssels verlaufenden vasa extra-oesophagealia zu erwähnen. Dagegen ist das von Jaquet (1886) allerdings mit Vorbehalt beschriebene vas sub- neurale zweifellos Kunstprodukt gewesen. Das Gefässystem von Aphrodite aculeata lehnt sich eng an das von Hermione hystrie an und unterscheidet sich von demselben hauptsächlich durch reichlichere Ausbildung des peripheren Systems; besonders in Gestalt von freien oder im Coelothel eingeschlossenen Wundernetzen- Auch gewisse Gefässe der Hermione (z. B. vas supra- intestinale) sind bei der Aphrodite durch Gefässnetze repräsentiert. /um zweiten Typus meiner Einteilung gehören die meisten Siga- lioninae und Polynoinae. Er wird charakterisiert durch das Vor- handensein eines perioesophagealen und eines (oder mehrerer) peri- analen Gefässringes und eventuelles Auftreten segmentaler Äste der beiden Hauptgefässe, deren Wandung gewöhnlich als Keimlager funktioniert. Das periphere Gefässystem ist bei diesen Formen voll- ständig unterdrückt. tag Kr re A = erräe: lpee 7 Be Eu FETHEE Topographie und Histologie des Blutgefässystems der Aphroditiden, 207 Den dritten Typus repräsentiert Polynoe vasculosa Clprd.. welche sowohl ursprüngliche (volle Erhaltung der Dorso-venrot- commissuralia, welche den bei Hermione nur am Schwanzende in 3- 4 Paaren auftretenden gleichnamigen Gefässen wohl homolog sein dürften) wie auch abgeleitete (Unterdrückung des peripheren Gefässystems) Verhältnisse zeigt. Zusammenfassend lässt sich über die topographischen Verhält- nisse des Blutgefässystems der Aphroditiden sagen, dass diese Familie, obwohl keineswegs anangisch, immerhin starke sekundäre Reduktion des Gefässystems aufweist, welche bei kleineren Formen (Sigalio- ninae und besonders Polynoinae) am weitesten vorgeschritten ist. Die Beziehungen zur Atmung hat dieses Gefässystem vollständig ein- gebüsst (keine Verzweigungen in der Haut, in den Elytren und anderen Anhängen!). Hingegen zeigen die Gefässe Beziehungen zur Entwicklung der Keimzellen. Das bietet nichts Auffallendes dar, wenn wir uns an die engen Beziehungen der Gefässe zum Üoelothel (die Gefässe der Aphroditiden folgen durchweg den von Arnold Lang aufgestellten Regeln, nach welchen die Mesenterien, die Disse- pimente und die Kreuzungsstellen derselben untereinander und mit anderen Organen die prädestinierten Stellen für Gefässbildung sind), dem normalen Mutterboden der Keimzellen bei den Anneliden, erinnern. Übrigens ist die Entwicklung der Keimzellen an Wandungen der (Grefässe bei den Polychaeten keine Seltenheit. Die soeben geschilderten Verhältnisse sprechen gegen einen Teil der von Darboux versuchten phylogenetischen Ableitung der ver- schiedenen Formen der Familie Aphroditidae. Jener Autor nimmt als Ausgangspunkt die Polynoinen, namentlich die Gattung Iphione an. Da wir die Einfachheit des Gefässystems der meisten Aphrodi- tiden, welche bei den Polynoinen am extremsten ausgeprägt ist, als ein abgeleitetes Merkmal auffassen, müssen wir für die Ausgangs- form der Familie Aphroditidae ein mindestens so gut ausgebildetes Gefässystem, wie es Hermione oder Aphrodite eigen ist, postulieren. Histologie. Histologische Mitteilungen über das Gefässystem der Aphrodi- tiden fehlen’bis auf einige kurze Angaben vollständig. Um so grösser ist die Literatur über die verwandten Formen, welche angesichts der in den letzten 15 Jahren über die Phylogenie des Haemocoels auf- gestellten Theorien ein grosses Interesse beanspruc Einen Darmblutsinus besitzen die Aphroditiden niphk, Auch ein Darmgefässnetz kommt nur Hermione zu. Seine Kapillaren liegen in der subepithelialen Grenzmembran des Darmes und besitzen. ausser 9308 Michael Twerdochlebow. der von der genannten Membran herstammenden Intima noch schmale, halbmondförmige Zellen, die mit den später zu besprechenden intra- vasalen Myoblasten der übrigen Gefässe vielleicht verglichen werden dürfen. Ein typisches Gefäss des Aphroditidenkörpers besteht aus einer coelothelialen Hülle, einer homogenen oder faserig strukturierten Intima, einer dazwischen eingeschobenen Muskulatur und einer der Intima innen angelagerten diskontinuierlichen Lage von intravasalen Myoblasten. Das Blut ist farblos und enthält keine geformten Be- standteile, wohl aber eine gewisse Menge Eiweiss, das an Präparaten in Form eines Koagulates festgestellt werden kann. Das Coelothel, dessen Zellgrenzen durch Versilberung festgestellt werden können, ist je nach dem Kontraktionszustand des Gefässes verschieden, flach oder hoch, zeigt aber niemals die Charaktere eines Chloragogengewebes. Die erwähnten Zellgrenzen weisen im Dorsale und Ventrale von Hermione verschiedenes Verhalten auf. Im kon- traktilen Dorsale sind sie kompliziert aus- und eingebuchtet, im nicht kontraktilen Ventrale sind sie viel einfacher gestaltet, die Zellen aber stärker in die Länge gezogen. Es ist interessant, daran zu erinnern, dass gleiche Unterschiede im Verlauf der Silberlinien in den Nephridialgefässen des Regenwurmes von d’Arcy Power (1878), Bergh (1900) und K. C. Schneider (1908) festgestellt und ganz verschieden gedeutet wurden. D’Arcy Power hält sie für die Zellgrenzen eines Endothels, Bergh — für Grenzen der Basal- platten eines von ihm beschriebenen Bindegewebes, K. €. Schneider endlich für die Grenzen der „Wandungszellen“. Die Feststellung, dass die reguläre coelotheliale Hülle imstande ist, die gleichen Unter- schiede der Liniensysteme, wie wir sie in den genannten Nephridial- gefässen beobachten, zu liefern, ist besonders interessant angesichts des Umstandes, dass die Existenz eines Endothels, eines der Bergh- schen Auffassung entsprechenden Bindegewebes und der „Wandungs- zellen K. €. Schneiders bei den Anneliden durch neue Unter- suchungen sehr in Zweifel gestellt ist. Eine besondere Bedeutung erlangt die endotheliale Hülle an denjenigen Gefässen, deren Wandung als Mutterboden für die Ent- wicklung der Keimzellen funktioniert. Die Spermien entwickeln sich in grossen Haufen, die Eier sind je von einem aus platten Epithel- zellen aufgebauten Follikel umgeben. Die coelotheliale Hülle liegt unmittelbar (ausgenommen an den Stellen, wo eine Muskelfaser zu überbrücken ist) einer meist homo- genen Membran an, der Leydigschen Intima. Die Intima ist in der Regel sehr dünn (bis zu 0.3 x herab, bei Lepidonotus), kann aber a Se nee a Topographie und Histologie des Blutgefässystems der Aphroditiden. 209 auch eine ansehnliche Dicke erreichen. Im Dorsale von Aphrodite ist sie auffallend dick (10—20 u) und in zwei Schichten verschie- dener Dichtigkeit differenziert. Die innere derselben ist dick und zeigt faserige Strukturen, während die äussere dünn und kompakt ist. Im Ventrale von Hermione zeigt die Intima Fortsätze, die zwischen die Muskelfasern sich begeben, für dieselben gleichsam ein Kästchen- system bildend. Beim kontrahierten Gefäss legt sich die Intima gerne in längsverlaufende Falten. Nur die dicke Intima des Dorsal- gefässes von Aphrodite ist der Faltenbildung nicht fähig und wird beim Pulsieren des Gefässes gedehnt wie ein Gummischlauch. Übrigens ist die Intima der kontraktilen Gefässe auch bei den übrigen Aphrodi- tiden elastisch und dehnbar, was aus direkten Dickenmessungen an Schnitten durch kontrahierte und dilatierte Gefässe hervorgeht. Die Intima der Gefässe geht direkt in die Grundmembranen der mit dem Gefässe in Berührung stehenden Mesenterien und Disse- pimente über und zeigt die gleiche Beschaffenheit wie die letzteren. Sie dürfte mit ihnen auch genetisch im Zusammenhang stehen. Die Muskulatur ist am kontraktilen Dorsale zirkulär, sonst meist longitudinal angeordnet. Es gibt allerdings auch ausser am Dorsale eine zirkuläre Muskulatur, wie z. B. am Ventrale von Sigalion und Sthenelais. Die Muskulatur bildet niemals eine kontinuierliche Schicht, sondern besteht aus einzelnen, in gewissen Abständen voneinander gelegenen Fasern, die oft gruppenweise auftreten. Diese Neigung führt beim Ventrale von Aphrodite zur Bildung von zwei longitudi- nalen Muskelsträngen, die nach Analogie mit den Verhältnissen bei Areniecola (Schiller, 1907) als Reste des Mesenterium ventrale auf- zufassen sind. Die Muskulatur ist, wie schon erwähnt, zwischen der coelothe- lialen Hülle und der Intima eingekeilt. Das Coelothel überbrückt jeweilen die Muskelfasern, wodurch ein System von Hohlräumen im basalen Teil des Coelothels hervorgerufen wird, das einen getreuen Abguss der Anordnung der Muskelfasern liefert. Die Muskelfasern können mittelst intravitaler Methylenblau- färbung sehr schön elektiv gefärbt werden. Sie sind bald reifen- artig, bald verzweigt, haben den Kern mit einer rundlichen An- häufung von Sarcoplasma seitlich gelegen und können gelegentlich zu Doppelgebilden, gewissermassen Zwillingen, verschmelzen. Sie gehören zum Typus der doppelt schräggestreiften Muskeln; die Fibrillen der kontraktilen Substanz sind in einem Spiralsystem angeordnet. Ähnliche Muskelfasern wurden in neuerer Zeit in der Gefäss- wandung zahlreicher verwandter Formen gefunden und teilweise von Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. ; 14 910 Michael Twerdochlebow. verschiedenen Autoren verschieden gedeutet. K. C. Schneider glaubt die bei Methylenblaufärbung auftretenden Fasern als „Fibrillenbündel“ auffassen zu müssen, die im Inneren besonderer, in ihrer Eigenschaft als Wandbildner epithelartig gelagerter „Wandungszellen“ verlaufen. Auf die Verhältnisse der Aphroditiden lässt sich diese Auffassung gar nicht anwenden, da ich trotz genauer Analyse keine Zellen in der Gefässwand fand, in deren Inneres ich die vermeintlichen Fibrillen- bündel verlegen könnte. Auch die Meinung Livanows (1914), welcher derartige Fasern, die er bei Euniciden fand, für nicht musku- läre und auch nicht zelluläre Gebilde (analog den Gliafasern oder den Tonofibrillen des Deckepithels) hält, kann ich nicht teilen. Die von mir bei Aphroditiden doppelt schräggestreiften Fasern sind typische Muskelzellen. Die Körpermuskulatur zeigt ebenfalls den doppelt schräggestreiften gun. Auch hier ist nur ein SADIEBENNGR vorhanden. Wo ei Quer- iineinander ei ltete S inen ist die Faltenbildung der kontraktilen Rinde daran schuld ( ER die mitunter recht komplizierte und ohne bildliche Darstellung schwer zu beschreibende Bilder hervorruft. Der Kern mit dem Sarkoplasma liegt im Gegensatz zu den Muskeln der Gefässe nicht seitlich, sondern im Inneren der Faser. Die Zwischenstufen zwischen diesen beiden Zuständen stellen erstens die von Bergh (1900) für Zanice be- schriebenen Muskelfasern der Gefässwände, wo das Plasma mit dem Kern zwar seitlich gelegen, dennoch sich eine Strecke weit entlang der Faser BReRehe une :EWORIERR MEN nicht seltenen Muskel- zellen der Apl dar, bei welchen der Kern mit dem Sarkoplasma in Gier seitlich offenen Rinne liegt. Bei Harmothoe areolata Gr. und einer anderen Polynoe-Art, welche incht näher bestimmt wurde, habe ich keine coelotheliale Muskulatur in den Gefässen gefunden. Das kontraktile Element dieser Gefässe wird nur durch die intravasalen Myoblasten, welche auch bei den übrigen Aphroditiden überall vorkommen, gebildet. Die intravasalen Myoblasten sind langausgezogene (bis 175 u Länge bei Hermione hystrix), spindelförmige, mit einem längsovalen bis stäbchenförmigen Kern (welcher meist zwei Kernkörperchen enthält) versehene Elemente, die parallel der Längsaxe des Gefässes an- geordnet sich der Innenfläche der Intima eng anschmiegen, an ihr meist nur mit ihren langen Fortsätzen befestigt sind, aber niemals festgeschlossene Epithelien bilden, was besonders an dilatierten Ge- fässen, wo die genannten Elemente weit voneinander entfernt liegen, deutlich zutage tritt. Durch geeignete Behandlung (Eisenhämatoxylin, Bielschowskys Silberimprägnationsmethode) wird in jedem Myo- Topographie und Histologie des Blutgefässystems der Aphroditiden. 211 blasten eine axial gelegene, etwas geschlängelte homogene Fibrille sichtbar gemacht. Über die Bedeutung dieser Zellen, die in neuerer Zeit in den Blutgefässen verwandter Formen, namentlich der Oligochaeten, be- obachtet wurden, ist man geteilter Meinung. Erstens kann man sie mit K. ©. Schneider und Vejdovsky für Endothel halten. Dagegen spricht aber ihre diskontinuierliche Verteilung, welche schon durch den Umstand nachgewiesen wird, dass man mit Hilfe der Silberimprägnation niemals Zellgrenzen im vermeintlichen Endothel hervorrufen konnte. Um diese Zellen als Endothel auffassen zu können, müssten wir unsere Begriffe vom Epithelgewebe von Grund aus revidieren. Zweitens kann man sie mit Bergh und anderen Autoren als die der Intima angeklebten Blutkörperchen auffassen. Dagegen spricht aber ausser ihrer für die Blutkörperchen mindestens ungewöhnlichen Gestalt auch der Umstand, dass sie (wenigstens bei den Aphrodi- tiden) nur als sessile und niemals als frei im Blut flottierende Ele- mente auftreten. Drittens kann man sie mit Gungl für Intimabildungszellen halten. Dagegen spricht aber das Fehlen solcher Elemente in den Mesenterien und Dissepimenten, deren Grundmembranen wohl gleicher Herkunft mit der Intima der Gefässe sein dürften. Viertens kann man (und ich halte diese Erklärung für die wahr- scheinlichste) diese Elemente als Muskelzellen auffassen. Dafür spricht ausser der für die glatten Muskelzellen typischen Gestalt ihres Körpers und Kernes noch das Vorhandensein der axialen Fibrille (die als Myofibrille zu deuten ist). Auch ihre Befestigungsart an der Intima ist aus mechanischen Rücksichten für kontraktile Elemente die richtigste. Mitunter zeigen ihre Fortsätze knotenartige Verdickungen, die man wohl als Kon- traktionsknoten auffassen muss. Den Namen „Intravasale Myoblasten“ verwende ich in Anlehnung an Vejdovsky, muss aber bemerken, dass meine Auffassung von diesen Zellen mit der des genannten Autors nicht übereinstimmt. Nur für die niederen Oligochaeten schildert Vejdovsky“ die intra- vasalen Myoblasten als selbständige Muskelzellen, bei den höheren sollen sie nur die Sarkoplasmen der Längsmuskulatur darstellen, deren kontraktile Fibrillen durch besondere „Intermuskularsubstanz* zu einer Schicht verbunden der Intima der Autoren entsprechen sollen. Bei den Aphroditiden fand ich die Intima immer als eine homogene (oder faserige) Membran, die keine näheren Beziehungen zu den Myoblasten zeigte und auch keine Myofibrillen enthielt. Auch 213 Michael Twerdochlebow. kann ich mich aus den oben angeführten Gründen nicht entschliessen, die Myoblastenlage mit Vejdovsky als „Vasothel“ zu bezeichnen. Mit den intravasalen Myoblasten ist wohl auch das Binde- gewebe von Bergh zu identifizieren, welches vom genannten Autor auf Grund der Untersuchung von versilberten Flächenpräparaten auf die äussere Oberfläche der Intima verlegt wurde. Ich erhielt mit Hilfe der Bergh’schen Versilberungsmethode die Bilder von Myo- blasten, die den Berghschen Abbildungen vom „Bindegewebe“ ausser- ordentlich ähnlich sind und die genannte Identifizierung sehr plausibel machen. Theoretische Betrachtungen. Über die Herkunft der geweblichen Bestandteile des Blutgefäss- systems der Anneliden ist man heute nichts weniger als einig. Wenn Bergh (1900) die Blutgefässe „auf Grundlage der kontraktilen Zellen“ entstehen liess, so leitete Arnold Lang (1903) alle Komponenten der Gefässwand von der Gonocoelwandung, d.h. vom Coelothel ab, während Vejdovsky (1905) das vom Entoderm abzuleitende Endothel für die ursprüngliche Umhüllung der Blutbahnen hält und neuerdings Livanow (1914) die von ihm als Grenzmembran bezeichnete Intima als einzigen konstanten und dementsprechend phylogenetisch älteren Bestandteil der Blutgefässe betrachtet. Es sind somit sämtliche Bestandteile der Blutgefässwandung, wie wir sie oben kennen gelernt haben (Coelothel, Muskulatur, Intima, intravasale Ausstattung), für phylogenetische Theorien ausgenützt worden, ohne dass eine von den- selben Anspruch auf allgemeine Anerkennung erheben könnte. Die topographischen Verhältnisse der Blutgefässe der Aphrodi- tiden (wie auch die der übrigen Anneliden) sprechen sehr zugunsten der Ableitung der Haemocoelwand vom Coelothel. Da aber heut- zutage so gut wie niemand die Beteiligung des Coelothels am Aufbau der Gefässwand bestreitet, so kann uns nur eine histologische Ana- lyse die Antwort auf die Kernfrage des Problems geben: ob alle Bestandteile der Haemocoelwand vom Coelothel abzuleiten wären? Die eoelotheliale Hülle der Gefässe und die Muskulatur derselben wird wohl in dieser Hinsicht keine Schwierigkeiten bieten. Schwieriger ist die Ableitung der Intima, haben wir doch gegenwärtig nicht weniger als zehn verschiedene Ansichten über ihre Herkunft. Bergh (1900) beschrieb besonderes Bindegewebe in der Wand der Gefässe, welches er als Grundlage der Intima betrachtete. A. Lang (1903) fasste sie als Basalmembran des Coelothels auf. K. €. Schneider (1902) leitete die Intima von den „epithelartig in ihrem Umkreise gelagerten Zellen, die am Bauchgefäss und an allen Topographie und Histologie des Blutgefässystems der Aphroditiden. 213 Arterien kontraktiler, an den Venen und Kapillaren nicht kontraktiler Natur sind und ganz allgemein als Wandungszellen bezeichnet werden sollen“, ab, während Gungl (1904) sie von den ihr innen anliegenden Endothelzellen ableitete. Vejdovsky (1905) wollte sie nur als eine Schicht Intermuskularsubstanz, von der inneren Längsmuskulatur der Gefässe abgeschieden, gelten lassen. Fernandez (1904) fasste die Intima als „Verdichtungsmembran des Bindegewebes“ auf und leitete sie vom primären Mesenchym ab, Schiller (1907) dagegen beschreibt die Entstehung der Intima durch Umbildung der Zellen des „sekun- dären“ Mesenchyms. Von Haus aus nicht zellulärer Natur, soll die Intima nach Livanow (1914) sein, welcher Autor sie gleich den übrigen „Grenzbildungen“ vom „Parablast“ (einem neuen, von Livanow aufgestellten, nichtzellulären Keimblatt) ableitet. Gadzikiewicz (1908) betrachtet |die Intima des Herzens der Spinnentiere als den verdichteten, dem Lumen zugekehrten Teil des Sarkolemms der zirku- lären Herzmuskulatur. Schliesslich stellten Hempelmann (1906) für Polygordius, Frieda Meyer (1915) für Tubifex und Eduard Meyer (1901) für Anneliden überhaupt die Existenz der Intima in Abrede. Es würde uns zu weit führen, wenn wir diese Ansichten hier kritisch besprechen wollten. Ich möchte nur bemerken, dass ich die Spengelsche Auffassung der Intima als eines durch Auseinander- weichen der beiden Basalmembranen, aus welchen wir die Grund- membran eines Dissepimentes oder Mesenteriums aufgebaut uns vor- zustellen haben, entstandenen Gebildes für die gegenwärtig wahr- scheinlichste halte. Die interessantesten Gebilde der Haemocoelwand der Aphrodi- tiden sind wohl die intravasalen Myoblasten, wird doch diese innere Schicht der Gefässwand von Vejdovsky (welcher sie vom Entoderm ableitet) und Fernandez (welcher ihre mesenchymatöse Herkunft befürwortet) als die ursprüngliche Komponente der Gefässwandung aufgefasst. Mit Recht aber hebt Salensky (1908) hervor, dass die Rolle des leitenden Elementes diesem diskontinuierlichen Pseudo- epithel nicht zugesprochen werden darf. „Das Vasothel“, sagt er, soll als eine sekundäre Vervollkommnung der Blutsinuse, resp. des Blutgefässystems der Anneliden betrachtet werden‘. Welche physiologische Rolle diese Vervollkommnung zu spielen berufen war, wissen wir nicht. Gestützt auf den muskulösen Charakter der intravasalen Elemente bei vielen Oligochaeten (Vejdovsky), zu welchen jetzt auch Aphroditiden als Repräsentanten der Polychaeten hinzutreten, möchte ich die Vermutung aussprechen, dass es die kontraktile Funktion gewesen sein könnte. Die intravasalen Myo- blasten können in peripheren Gefässen (nicht im Darmblutsinus, wo 214 Michael Twerdochlebow. die Splanchnopleura von Anfang an die propulsatorische Funktion übernahm) diese Rolle zu jener Zeit gespielt haben, als die coelo- matische Muskulatur der Gefässwand noch nicht ausgebildet war. Mit der Ausbildung der letzteren traten sie zurück und sind heute nur in reduzierter Form erhalten. Vermöge ihrer kontraktilen Natur konnten sie sich unter Um- ständen zu Klappen umwandeln, welche ja nach neuen Autoren (Vejdovsky, 1905, Frieda Meyer, 1915) muskulöse Gebilde sind. Wahrscheinlich stehen auch andere intravasale Gebilde (Herzkörper, Blutkörperchen etc.) mit ihnen im genetischen Zusammenhang. Möglicherweise gehören auch die Zellen in diese Kategorie, aus welchen Woltereck (1905) die Gefässe von Polygordius an den frühen embryonalen Stadien aufgebaut sah, zur Zeit, als noch keine Mesenterien ausgebildet waren. Über die Herkunft der intravasalen Zellen sind wir im unklaren. Drei Möglichkeiten wären ins Auge zu fassen: man könnte sie (mit A. Lang) als exotropische Wucherungen der Coelomwand auffassen; man könnte sie mit Vejdovsky vom Entoderm ableiten; man könnte sie (mit Fernandez) als Abkömmlinge des Mesenchyms betrachten. Der Gefässbau der erwachsenen Aphroditiden bietet keine Anhalts- punkte, um einer von diesen Theorien den Vorzug gegenüber den anderen zu geben. Weitere sowohl vergleichend-anatomische, als namentlich auch embryologische Forschungen werden uns vielleicht mehr über diese zur Zeit schwebenden Fragen belehren. a BE nad u nd en in m a nn il 3 Physikalische Chemie der Muskelwirkung. Von Emiıt Baur. (Zürcher Rathausvortrag 27. Jan. 1916.) (Als Manuskript eingegangen den 4. Februar 1916.) Schon das nackte Leben zu fristen, — um wieviel mehr zum kultivierten Dasein! — bedarf es fortgesetzter Arbeitsleistung. Der primitive Mensch muss sie insgesamt durch die Kraft seiner eigenen Arme aufbringen; bald gelingt es ihm indessen einen Teil auf die Kraft der Zugtiere abzuwälzen. Auch lernt er schon frühzeitig gewisse Natur- kräfte in seinen Dienst zu stellen. Der Wind treibt Segelschiffe und die Wasserkraft Mühlen. Doch bleibt der Anteil, den diese Naturkräfte an den Menschenwerken gehabt haben, recht gering. Bis zur Erfindung der Dampfmaschine rührt fast alle Arbeit, die von den alten und den neuen Völkern im Laufe der Geschichte geleistet wurde, von menschlicher und tierischer Muskelkraft her. Erst seit etwas mehr als einem Jahrhundert haben sich die Dinge wesentlich geändert, und sind wir in ein neues Zeitalter der Weltgeschichte eingetreten, in die Epoche der Technik, die dadurch ausgezeichnet ist, dass neben die Muskelmaschine weit mächtigere unbelebte Mo- toren treten, die aus der Energie der Brennstoffe Arbeit schöpfen. Was man herstellen kann, kennt man. Was man nicht her- stellen kann, kennt man nicht. Wir wissen, wie die Dampfmaschine gebaut ist und auf welche Weise sie die in der Kohle verborgene Energie hervorholt. Aber Muskeln können wir nicht machen; wie vermöchte man ihren Mechanismus zu erkennen? In der Tat ist in jedem Kompendium der Physiologie zu lesen, dass es gegenwärtig noch völlig unbekannt ist, wie die tierische Muskel arbeitet. Gewiss ist nur, dass der Muskel eine Maschine ist, und dass er als solche den beiden Hauptsätzen der Thermodynamik, die die Vertret- barkeit und Verwandelbarkeit von Wärme und Arbeit aussprechen, unterliegen muss. Die Volksweisheit jenes Bibelspruches, der lautet: „du sollst dem Ochsen, der da drischet, das Maul nicht verbinden“, f 216 Emil Baur. — sie zeigt, dass es gar keiner Gelehrsamkeit bedart, um zu erkennen, dass die Quelle der Muskelkraft in den Nahrungsmitteln liegt. Genauer erklärt die moderne Lehre vom Stoffwechsel, dass es die Verbrennung der Nahrungsmittel ist, aus der die Muskelkraft geschöpft wird. Inso- weit verhalten sich unsere technischen Motoren und diejenigen, die uns angeboren sind, ganz gleich. Dort wird mit Kohle und Benzin geheizt, hier mit Stärke, Fett und Eiweiss. Die grösste physikalische Entdeckungd fl Jahrhunderts ist das Gesetz von der Erhaltung der Energie. Es ist kein Zufall, dass wir es zur Hälfte einem Maschinenbauer und zur Hälfte einem Arzte verdanken. Die natürlichen Motore, die der Physiologe unter- sucht, und die künstlichen Motore, die der Techniker erdenkt, — sie mussten die Induktion liefern, die Sadi Carnot das Gesetz der Ver- wandelbarkeit der Wärme in Arbeit und Robert Mayer dasjenige der Vertretbarkeit von Wärme und Arbeit erschauen liessen. Aus der wechselnden Röte des venösen Blutes bei Arbeit und Ruhe, in den Tropen und in höheren Breiten, wusste Robert Mayer in ge- nialer Induktion den modernen Begriff der Energie zu bilden. Nicht minder 'erfinderisch leitete Sadi Carnot aus dem Gang einer ge- dachten, vollkommensten Wärmekraftmaschine seinen Satz von der Arbeitsfähigkeit der Wärme ab. Auf den Muskel angewandt, erteilen diese beiden Naturgesetze zunächst eine negative Lehre. Der Muskel kann keine Wärmekraft- maschine sein; dann bleibt nichts anderes übrig, als dass er eine chemodynamische Maschine sei. Aber was für eine? — Hier beginnt sofort unsere Unkenntnis. Indem ich es unternehme, in dieses Dunkel hineinzuleuchten, bin ich mir wohl bewusst, dass ich vielfach zum Ersatz für gesichertes Wissen die Phantasie einspringen lassen muss. Das erste, was wir in dieser Absicht tun müssen, ist, dass wir uns den Muskel so genau wie möglich ansehen. Zweckmässig wer- den wir uns auf die willkürliche Muskulatur der Gliedmassen be- schränken. Betrachtet man das Spiel dieser Muskeln, so sieht man zunächst, dass der tätige Muskel sich verkürzt und verdickt, und dass er zu- gleich hart wird, während der ruhende Muskel nachgiebig ist. So- lange nicht irgendwelche Muskelgruppen gespannt sind, kann man die Gliedmassen beliebig biegen und strecken, ohne dass ein elasti- scher Widerstand geweckt wird. Im schlaffen Zustand sind die Muskeln von einer wächsernen Biegsamkeit, ähnlich einer zähen Flüssigkeit. In der Kontraktion verschwindet aber diese Konsistenz, der Muskel wird vollständig. hart. Er zerreisst, wenn er in diesem ee nn aa a Zn ne u 120 Till sh aemetäie Physikalische Chemie der Muskelwirkung. 917 Zustande gewaltsam gedehnt wird. Wir erkennen sofort, dass der Muskel eine Doppelnatur hat; er verhält sich bald wie ein fliessender, bald wie ein starrer Körper. Demnächst haben wir die Kontraktion in ihrem zeitlichen Ver- laufe zu betrachten. Wenn ein Turner einen Klimmzug macht, so sind seine Muskeln in anhaltender Kontraktion; wenn aber der Arzt durch einen Schlag gegen das Knie einen Reflex auslöst, so wird eine sehr rasch verlaufende Zuckung ausgelöst. Jene Dauerkontrak- tion bezeichnet man als Krampf oder Tetanus. An manchen An- zeichen, wie Muskelgeräusch und Zittern bei eintretender Ermüdung, lässt sich erraten, dass der Tetanus eine Überlagerung vieler, rasch verlaufender Zuckungen ist. Vollkommen bewiesen wird dieses Ver- halten durch die Natur gewisser subtiler, elektrischer Begleiterschei- nungen der Muskeltätigkeit, des sog. Aktionstromes. Es gibt aber auch Starrezustände, die einfacher sind. Wenn man eine Auster öffnen will, muss man einen Muskel durchschneiden, der die beiden Schalen der Auster dauernd aufeinander presst. Dieser Muskel bleibt beliebig lange gespannt und ermüdet doch nie. Man kann auch nachweisen, dass sein Stoffwechsel äusserst geringfügig ist, im Gegensatz zu einem tetanisch kontrahierten Muskel. Diese Art von Muskelerregung scheint der Totenstarre ähnlich zu sein und jenen Krämpfen, die eintreten, wenn ein Muskel bis zur völligen Erschöpfung beansprucht wird. Man weiss, dass bei überlangen Bergbesteigungen und andern sportlichen Überanstrengungen die Muskeln schliesslich ihren Dienst versagen, indem sie krampfartig zusammengezogen bleiben. Es ist dem Muskel für eine gewisse Zeit die Fähigkeit, zu erschlaffen, abhanden gekommen. Zu einer Zuckung gehören natürlich zwei Vorgänge, die rasch aufeinander folgen: ein gewisser chemischer Vorgang muss die Zu- sammenziehung bewirken und ein anderer die Erschlaffung. Nun haben wir offenbar in den Starrezuständen einen Fall, wo die Er- schlaffungsreaktion ausbleibt. Daher sind die Starren ein wichtiges Studienobjekt. Wir können nachsehen, mit welchem chemischen Zu- stande die Starre verbunden ist. Namentlich am totenstarren Muskel lässt sich die Sachlage untersuchen. Da findet man nun, dass im starren Muskel sich viel Fleischmilchsäure angesammelt hat und dass diese Säure einen im Muskelsaft sonst gelöst enthaltenen Eiweisskörper, das Myosin, zur Gerinnung gebracht hat. Wir dürfen also schliessen, dass das Starrwerden des Muskels, wie es vorübergehend auch bei gewöhnlicher tetanischer Muskel- reizung und wohl sogar schon bei der einfachen Zuckung auftritt, durch Säurebildung mit folgender Myosingerinnung bewirkt wird. 918 Emil Baur. Diese Gerinnung wird rückgängig, d. h. das Myosin löst sich wieder, wenn die Säure neutralisiert wird. Milchsäure in vermehrter Menge finden wir nicht nur im toten- starren Muskel, sondern auch im physiologisch ermüdeten. Ihr Auf- treten bei der Tätigkeit des Muskels ist sehr charakteristisch. Es drängt sich die Frage auf, ob sie vielleicht noch anderen Zwecken dient, ausser der Myosingerinnung, die ja nur von ihrer Säurefunktion abhängt. Die Herkunft der Milchsäure ist nicht zweifelhaft. Ihre Muttersubstanz muss der im Muskelsafte gelöste Zucker sein und weiterhin das Glykogen, eine Art Stärke, die leicht in Zucker übergeht und bei der Muskelarbeit tatsächlich zusammen mit dem Zuckervorrat des Muskels verbraucht wir Bei der Erholung des Muskels bemerkt man, dass die Milchsäure wieder stark zurückgeht. Ihr Schicksal ist, durch den Sauerstoff des Atems zu Kohlensäure und Wasser verbrannt zu werden. Auch schon während der Muskelarbeit findet der gleiche Vorgang in weitem Umfang statt, so dass wir finden, dass der Chemismus der Muskel- tätigkeit hauptsächlich in Bildung von Milchsäure aus Kohle- hydraten und in der Verbrennung derselben besteht. Zweifellos wird von diesen beiden Vorgängen der eine der Kontraktion und der andere der Erschlaffung zuzuordnen sein. Aber wie? können wir für den Augenblick noch nicht entscheiden. Wir müssen zuvor den Verlauf der Zuckung näher kennen lernen. Dies erreichen wir mit Hilfe des Myographions, einer Vorrichtung, durch die ein Muskel seine eigene Zuckung aufzeichnet. Wir prä- parieren z. B. den Wadenmuskel eines \ Frosches,hängen ihn \ an einer Klammer Muskelzukung auf, belasten das n en freie Ende mit Ge- wichten, verbinden es miteinemSchreib- Fig. 1. hebel und lösen nun durch einen kurzen, elektrischen Stromstoss eine Zuckung aus. Dann schreibt der Schreibhebel, auf einen sich drehenden, berussten Papier- zylinder drückend, eine Kurve, die den zeitlichen Verlauf der Zuckung darstellt, vergl. Fig. 1. Wir unterscheiden eine Latenzzeit und einen rasch aufsteigenden und etwas langsamer abfallenden Kurvenast. Weitere Eigentümlichkeiten ergeben sich, wenn mit Hilfe einer weiter ausgestalteten myographischen Apparatur gleichzeitig Hub a re ee > a an nn a ae a Physikalische Chemie der Muskelwirkung. 219 und Spannung des Muskels aufgezeichnet werden. Fig. 2 zeigt eine Schar solcher Kurven. Die oberen Kurven ergeben den Spannungs- verlauf, die unteren den zugehörigen Zuckungsverlauf bei einer Reihe wachsender Belastungen. Hier sieht man, wie die Spannung sich der Belastung anpasst. Erst wenn die Spannung den Betrag erreicht hat, der nötig ist, um das Gewicht zu heben, kann die Zuckung beginnen. Sowie dies eingetreten ist, hört aber das weitere Wachsen der Span- nung auf; die Zuk- kung verläuft, wie man sagt, isoto- nisch. Auf diese Weise tritt eine au- tomatische Regulie- rung der Leistung des Muskels nach Massgabe der an- gehängten Lastein; übrigens ganz ähn- Der Muskel schreibt zunächst gleichzeitig mit Ver- jjeh wie bei einer kürzungs- und Spannungshebel eine Schar von Zuckungen bei K Spannungen, die von 3,5 bis 140 g wachsen. Die Spannung Lokomotive oder bleibt, wie die Schar der Sp-Kurven (oben) erkennen lässt, einem Dampfkrahn. während einer Zuckung merklich konstant. Der Muskel wird WenndieLastnach- dann in der Ruhelänge von 3,5 g festgehalten und schreibt gibt, schaltet sich die fast bis 600 g herabgehende Spannungskurve (oben). Die der Prozess, der die Zahlen auf der linken Seite bedeuten Spannungen in g; nach von Frey, Vorlesungen über Physiologie, 2. Aufl., S. 218. < Fig. 2. Spannung hervor- bringt, v. selbst aus. Aus diesem Verhalten können wir ds Schluss ziehen, dass der Muskel erst nach der Reizung seine Spannkraft erwirbt. Der ruhende Muskel verhält sich nicht wie eine bereits gespannte Arm- brust, die nur abgedruckt zu werden braucht, sondern eher wie eine geladene Flinte, in der sich erst nach der Zündung durch den chemischen Vorgang der Explosion die Spannkraft entwickelt. Dass der ruhende Muskel sozusagen ein nicht aufgezogenes Werk ist, lehrt auch alltägliche Erfahrung. Um die Arbeitsleistung ‚bei der Kontraktion seiner Muskeln zu erhöhen, pflegt der Springer vor dem Sprung in die Kniebeuge zu gehen, der Lanzenwerfer nach hinten auszuholen u. s. f. Dies bedeutet, dass man bestrebt ist, die Muskeln, die ihre höchste Kraft zur Geltung bringen sollen, zuvor möglichst 330 Emil Baur. zu dehnen. Diese Dehnungen geschehen aber ganz leicht, fast ohne Kraftaufwand, also nicht so, wie das Spannen eines Bogens. Um nun ein Urteil zu gewinnen, welches der gleichsam explo- sive chemische Vorgang ist, der nach der Reizung einsetzt, müssen wir noch die Wärmeentwicklung des arbeitenden Muskels in Be- tracht ziehen. Nach dem Vorgang von Helmholtz geschieht dies so, dass wir in das Fleisch des seine | ER ERE N Starre ZuckungenamMyo- en = ” graphion aufschrei- Fe Ex A benden Muskels Fi Br / Zuckung noch einThermoele- PET rl NE S/AprEe menthineinstecken, ” Zargen Mer das die Erwärmung Fe er Se des Muskels in sehr tern SM RTUSTEIOR. feiner Weise zu —t Ze messen gestattet. Hiebei erfährt man, dass die Erwär- Et mung mit der Lei- Pr stung des Muskels A anwächstundsofort / nach der Reizung, gleichzeitig mit der Zuckung ein- EDEN RSS Wege setzt. Da nun von den beiden, physio- logisch zu deuten- ——>Zeit denchemischenVor- Fig. 3. gängen: Bildungder Milchsäure aus Kohlehydraten und Verbrennung der Milchsäure zu Kohlensäure und Wasser, nur der letztere Umsatz für die Wärmeent- wicklung in Betracht kommt, so dürfen wir schliessen, dass es die Verbrennung ist, die nach der Reizung stossweise einsetzt, und dass diese das Werk des Muskels aufzieht. Um eine gewisse vorhandene Menge Milchsäure fast momentan zur Verbrennung zu bringen, muss im Muskel ein gewisser Vorrat von Sauerstoff vorhanden sein. Nun enthält der Muskelsaft Hämo- globin; wahrscheinlich wird also der benötigte Sauerstoff in Form von Oxyhämoglobin vorhanden sein. Die Reizung selbst würde dann in der chemischen Aktivierung dieses Vorrats bestehen, für dessen nachmaligen Ersatz der Blutstrom aufkommen muss. Telanu 2 IEIOTIUS r ne ae amtgnnn ne en 5x = Physikalische Chemie der Muskelwirkung. 231 Wenn nun also die Verbrennung der Milchsäure der Kontraktion des Muskels zuzuordnen ist, so vermöchten die Diagramme Fig. 3, I und Il, ein Bild vom Chemismus der Muskelzuckung zu geben. Im ruhenden Muskel hat man sich ein stationäres Gleichgewicht zu denken zwischen Bildung der Milchsäure und Wegschaffen derselben durch Verbrennung. Durch den Reiz wird die Menge des aktiven Sauerstoffs plötzlich vermehrt und so jenes Gleichgewicht gestört. Die einsetzende Verbrennung lässt sowohl die Sauerstoff- wie die Milchsäurekonzentration herabsinken. Durch die fortdauernde Nach- lieferung der Milchsäure tritt aber in ihrer Konzentration ein Wende- punkt ein; sie erhebt sich in dem Masse, als der aktive Sauerstoff sich erschöpft, wieder auf ihren anfänglichen stationären Wert, bis ein etwa einsetzender zweiter Reiz das Spiel von neuem zur Aus- lösung bringt. Folgen sich die Reize in kürzeren Pausen, als zur Abklingung der Erregung nötig ist, so verwandelt sich die sinus- förmige Zuckungskurve (Fig. 3, I) in den Tetanus, während der Gang der Milchsäure- und Sauerstoffkonzentrationen etwa durch Kurve II (Fig. 3) darzustellen ist, wo die fallenden Sauerstoffgipfel und stei- genden Milchsäureschleifen der Ermüdung Rechnung tragen, die da- her rührt, dass die Sauerstoffversorgung von seiten der Blutbahn mit dem Verbrauch nicht gleichen Schritt halten kann. Hört die Sauerstoffversorgung ganz auf, so wächst die Milchsäure-Konzentration stetig weiter, und es tritt die Starre ein. Die entsprechenden Zustände sind auf Fig. 3, I punktiert angedeutet. Nunmehr können wir einen Schritt weiter gehen. Nachdem wir der Kontraktion den Verbrennungsprozess zugeordnet haben, liegt es nahe, für die Entspannung des Muskels die Milchsäurebildung in Anspuch zu nehmen. Ihre saure Funktion haben wir zwar mit der Starre in Beziehung gebracht, aber die Milchsäure muss noch eine andere Bedeutung haben. Um hierin Einblick zu gewinnen, müssen wir nunmehr den hi- stologischen Bau des Muskels heranziehen. Wir wissen, dass der gereizte Muskel sich wie eine gespannte elastische Feder verhält. Dies zeigt sich, wenn wir die Gewichte bestimmen, die der gereizte Muskel gerade noch haben kann. Man erhält für einfache Zuckungen eine Kurve wie Fig. 4, die uns die Längenkurve des gereizten Muskels bei wachsender Belastung dar- gestellt. Die Last nimmt mit fortschreitender Verkürzung immer weiter ab, zwar nicht ganz proportional wie bei einer vollkommen elastischen Feder, aber doch annähernd. Anderseits verhalten sich die ruhenden Muskeln mehr wie zähe Flüssigkeiten; sonst könnten 233 Emil Baur. wir unsere Glieder nicht beliebig verstellen. Wie lassen sich nun diese verschiedenen Funktionen vereinigen? | | | Eee Jar: il | | | er + - | | | | | | | m 1 Ü v N Kurve der Muskelkontraktion a a RN 2 ae Fig. 5. Fig. 6. Gedehnte Muskelfaser im Muskelfaser mit Kontraktionswelle polarisierten Lichte nach Hürthle. nach Hürthle Auf diese Frage liefert die mikroskopische Untersuchung eine gewisse, wenn auch nicht ganz ausreichende Antwort. Man sieht unter dem Mikroskop, dass eine Muskelfaser ein Schlauch ist, der Physikalische Chemie der Muskelwirkung. 223 eine Flüssigkeit, den Muskelsaft oder das Sarkoplasma, enthält, worin eine grosse Zahl feiner Fäden, die Muskelfibrillen, der Länge nach nebeneinander eingebettet liegen. Diese Fibrillen haben einen sehr auffallenden Bau; sie bestehen abwechselnd aus kleinen Stücken von höherer und niederer Lichtbrechung, wodurch das her- vorstechendste, histologische Merkmal der willkürlichen Muskeln: ihre Querstreifung, bedingt wird, vergl. Fig. 5. Weiterhin sind die stärker brechenden Stücke durch Doppelbrechung ausgezeichnet. Sie sind es auch, die wir bei der Kontraktion sich verkürzen sehen, wie Fig. 6 zeigt, eine Momentphotographie aus einem kinematographischen Film des Kontraktionsverlaufes lebendfrischer Muskelfasern, aufgenommen von dem Breslauer Physiologen K. Hürthle!). Schematisiert man die Photographie, so erhält man ein Bild wie Fig. Besonders wichtig ist der Nah weis, dass die anisotropen Stäbchen A (Fig. 7) bei der Kontraktion nur eine Gestalt-, aber keine Volumänderung er- leiden. Man kann daher den Vorgang nicht als die Quellung einer gespann- ten Saite ansehen, wie der Berliner Physiologe Engelmann versuchte. Die Stäbchen sind rings umgeben von einer schmalen isotropen Zwischen- schicht J (Fig.7), deren Höhe normaler- weise nach Hürthle nur etwa !/ von der Höhe der Stäbchen A im ruhenden Fi Zustande beträgt. Bei der Kontraktion nahe REN bleibt J nahezu unverändert. estreiften Muskel er Hürthle; Wegen der Gestaltveränderung der anisotropen Zellen A erscheint es natür- lich anzunehmen, dass diese eigentlich Tropfen einer zähen Flüssigkeit sind. Die Zwischenschichten J stelle ich mir vor als ein Gerüste von Myosin, durchtränkt von dessen gelöster Form, dem Myosinogen, ähnlich wie das Fibrin eines eben gerinnenden Blut- kuchens. Je nach dem Säuregrade des Muskelsaftes weaene das ı) Pflügers Archiv für die gesamte Physiologie 126, 151 (1909)- 334 Emil Baur. Mengenverhältnis zwischen Myosin und Myosinogen und damit die Festigkeit und die Versteifung dieser Masse. Zwischen den Myosin- 3 fasern liegen die anisotropen Tropfen eingebettet, wie Perlen an e einer Schnur hängen. Man könnte auch sagen, das isotrope Gerüste h: der Muskelfibrille gleicht einer Strickleiter, zwischen deren Sprossen Ei die anisotropen Elemente ausgespannt sind. E Diese selbst muss man sich als eine kolloide Lösung vorstellen, Ä deren innere Phase aus gleichgerichteten Faden-, oder blattförmigen, E übrigens zähflüssigen Teilchen besteht. Solche Gebilde besitzen E Doppelbrechung, wie allerneueste Versuche von H. Freundlich!) 3 in Braunschweig gezeigt haben, — eine Doppelbrechung derselben Art, welche an Lehmann’s kristallinischen Flüssigkeiten beobachtet wird. Die Stäbchen A wären also Systeme von sehr hoch entwik- kelter Dispersität, deren disperse Teile wie die Blätter eines Buches nebeneinander liegen. Dies wird für das folgende von ausschlag- gebender Bedeutung sein. Die Fäden oder Lamellen dürften von ultramikroskopischer Fein- heit sein; übrigens brauchen sie von der äusseren Phase chemisch nicht verschieden zu sein; wir besitzen ja im zähflüssigen Schwefel, sowie in Schmierölen und manchen anderen Systemen wohlbekannte a Beispiele derartiger „Isokolloide*. 4 Nunmehr sind wir, glaube ich, vorbereitet, den Hauptschritt zu | tun, den ich machen will, um zu einer bestimmten Theorie des Muskel- 2 motors zu gelangen. Dieser Hauptschritt besteht darin, dass wir die EB Erscheinungen der Adsorption heranziehen. Indem wir beachten, wie die Adsorption auf die Oberflächenkräfte einwirkt, können wir uns einen Begriff davon bilden, wie die Energie chemischer Vor- gänge durch Vermittelung von Öberflächenspannungen in mechanische Arbeit verwandelt wird. Dies will ich im fol- genden zu erläutern versuchen. Unter der Wirkung der Oberflächenspannung äussern bekannt- lich Blätter und Fäden tropfbar flüssiger Körper ein Bestreben, sich zusammenzuziehen. Allein die so betätigte Spannung ist von der Spannung einer Haut, oder eines Fadens aus Kautschuk sehr ver- schieden. Während hier die Dehnung immer grössere Gegenkräfte weckt, lassen sich Flüssigkeiten unter gleichbleibender Spannung dehnen. Einen Honigfaden können wir beliebig ausziehen, ohne dass wachsende Gegenkräfte auftreten. So scheint sich auch die Muskel- faser, wenigstens im schlaffen Zustande, zu verhalten. Innerhalb gewisser Grenzen kann sie bei verschiedener Länge denselben dyna- mischen Zustand aufweisen. !) Ztschr. f. Elektrochemie 22, 27 (1916). Physikalische Chemie der Muskelwirkung. 225 Dagegen kann man, unabhängig von der vorausgegangenen Deh- nung, die Oberflächenspannung selbst sehr stark verändern, indem man gewisse chemische Eingriffe vornimmt. Namentlich die Span- nung an der Grenze zweier flüssiger Medien ist höchst empfindlich, selbst gegen sehr kleine Zusätze von Stoffen, die in diesen Medien löslich sind. Die Grenzfläche hat nämlich die Eigenschaft, den ge- lösten Stoff anzuziehen, und zwar nach W. Gibbs um so mehr, je bedeutender die Erniedrigung der Grenzflächenspannung durch die Anreicherung des gelösten Stoffes in der Grenze ist. Diese An- reicherung nennt man die Adsorption. In der Färberei verwertet man die Adsorption von Alters her, um den Farbstoff aus der Flotte auf die Faser niederzuschlagen. Man kann auf diese Weise eine sehr weitgehende Erschöpfung einer Lösung hervorbringen. Z. B. kann man eine Lösung von Fluorescein durch Adsorption an Blutkohle so weit- gehend entfärben, dass weniger als 1 mg im Kubikmeter gelöst verbleibt. ° Es scheint wohl, als ob die Färberei mit der Tätigkeit des . Muskels sehr wenig gemein hätte. Ich denke aber, dass die Muskel- faser gerade der Schauplatz eines ganz entsprechenden physikalisch- chemischen Geschehens ist. Wir wissen, dass eben die Milchsäure zu der Klasse der stark adsorbierbaren Stoffe gehört. Eine bedeutende Oberflächenentwiekelung ist im Muskel vorhanden. Einwirkungen auf gegebene Öberflächenspannungen müssen bemerklich werden, und sie haben gerade die Eigenschaft, die wir brauchen: sie können dazu dienen, chemische Energie in mechanische Arbeit umzusetzen. Um anschaulich zu machen, wie man durch Adsorption Gewichte heben kann, betrachten wir Fig. 8. In einem Gefäss ist eine Lösung von der Konzentration © enthalten. In der- 0) j selben hängt ein rechtwinkeliger Rahmen mit beweglichem Quersteg, in dem eine Lamelle | - einer in jener Lösung unlöslichen Flüssigkeit Te ausgespannt ist. Die Lamelle mit der Ober- flächenspannung o strebt sich zusammen- ' zuziehen. Um sie daran zu hindern, ist der | Steg durch einen Faden über zwei Rollen mit einem Gewicht q verbunden, der dem Zug der Lamelle das Gleichgewicht hält. Wenn wir nun die Lösung ein wenig verdünnen, so Fig. 8. wächst o, es wird der Steg herabgezogen und das Gewicht q gehoben, bis durch Ab- gabe des auf der verschwundenen Oberfläche adsorbiert gewesenen Stoffes an die Lösung deren frühere Konzentration C sich wieder- hergestellt hat. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 15 226 . Emil Baur. In gleicher Weise können wir erreichen, dass das Gewicht q gehoben wird, wenninderOÖberflächederLamelleeinchemischer Vorgang einsetzt, der den adsorbierten Stoff verbraucht. Findet eine solche Reaktion ausschliesslich in der Oberfläche statt, so besteht eine feste Beziehung zwischen dem Ausmass des chemischen E Umsatzes und der eingetretenen Oberflächenänderung. Stellt sich : insbesondere in der Oberfläche ein chemisches Gleichgewicht ein, so ist auch die Oberflächenarbeit durch die Natur der stattfindenden chemischen Reaktion gegeben. Wenn man nämlich eine solche Maschine, die man passend als als Kapillarchemische Maschine bezeichnen darf, umkehrbar arbeiten lässt, was möglich ist!), so muss die zu gewinnende Arbeit gleich der freien Energie der betreffenden chemischen Reaktion sein, ganz ebenso wie bei den elektro- chemischen Maschinen, den wohlbekannten Volta’schen Ketten. In diesen können die reagierenden Stoffe von den Elektroden nicht weggehen, ohne elektrische Ladungen zu hinterlassen; ganz ent- sprechend kommt in der kapillarchenischen Maschine die Koppelung zwischen stofflichem Umsatz und Öberflächenkräften dadurch zu- stande, dass die reagierenden Stoffe die Oberfläche nicht verlassen können, ohne Oberflächenspannungen zu erregen. Gehen wir nun dazu über, diese Gesetze auf die Muskelwirkung anzuwenden, so müssen wir wieder bei den Strukturelementen A der Muskelfibrille anknüpfen. Die adsorbierende Oberfläche ist offenbar in den gerichteten Lamellen oder Fäden innerhalb A zu erblicken; als adsorbierbarer Stoff kommt kein anderer als die Milch- säure in Betracht, die Reaktion aber, die in der Oberfläche verlaufen muss, um die adsorbierte Milchsäure zu entfernen, kann nur die Verbrennung derselben sein. Sie ist es, die durch Reinigung der wirksamen Oberflächen deren Oberflächenspannung von einem niedrigen 3 auf einen höheren Wert bringt. Dass schon der ungereizte Muskel ein n gewisses Streben hat, sich zusammenzuziehen, erkennt man leicht an 4 dem Umstande, dass alle Fleischwunden klaffen. Diese Kraft findet 1 sich nach der Reizung erhöht. Erfolgt nun eine plötzliche Kontraktion, so verringert sich die Spannung. Diese Eigenschaft besitzen Ober- flächen, die eine Adsorptionshaut tragen, gegenüber raschen Änderungen ihrer Grösse. Daher rührt das quasi elastische Verhalten des Muskels bei der kurzdauernden Zuckung (vergl. Fig. 4). Eine ganze Muskelzuckung entspricht einer vollen Periode bei einer Dampfmaschine. Wie diese sich aus mindestens zwei Takten zusammensetzt: Kolbenhub und Kolbenrückgang, so auch die Muskel- !) Vergl. die Anmerkung am Schluss der Abh. Zi a ee 5 u Zügen = He s Jul 6 ERS gl aan ala u er A nn a er Physikalische Chemie der Muskelwirkung. 297 zuckung. Die Zustände I und II der schematischen Fig. 9 mögen uns die Grenzen des Kreislaufes verdeutlichen. I ist ein beliebiger Teil einer Muskelfaser; zunächst im un- gereizten, aber belasteten Zustande. Man hat sich vorzustellen, dass die Last an dem Myosingerüste des Mediums J hängt, das die ani- sotropen Zellen A einrahmt, und dass deren Lamellen an den Zwischen- schichten angeheftet sind wie a a den Sprossen einer Strick- N = A || | An leiter. Nun erfolge die Reizung, ul un CUT z 4. h. die Erhöhung der Ober- IM) Nam ” ma 2 flächenspannung der Lamellen, Ill , FALL... m ; , h Al NUMNNEIN v die sich nun zusammenziehen J er, G, TUMBRRBIEATRALDTGG, R N 7 An 7 und das biegsame Gerüstwerk, 7 sowie die Last mitnehmen. So I entsteht der Zustand II. Nun Fig. 9. denke man sich die Last abge- nommen. Im Zustand II kommt der antagonistische, Milchsäure nachliefernde Prozess zur Geltung, so dass die Oberflächenspannung der Lamellen wieder auf ihren niedrigen Wert vor der Reizung zurückgeht. Jetzt ist durch einen leichten Zug am entlasteten Muskel die Dehnung der Fibrille auf ihren An- fangszustand I möglich und zu bewirken. Im physiologischen Falle wird diese Rückkehr des Muskels auf seine ursprüngliche Länge nach der Arbeit durch das Spiel antagonistischer Muskeln hervor- gebracht. Bei der tetanischen Reizung trifft der muskelspannende, Milch- säure verbrauchende Prozess die schon verkürzten Lamellen in A. Gleichzeitig scheint durch zunehmende Myosingerinnung eine weitere Versteifung der Schichten J einzutreten, die den Muskel hart macht; daher rührt wahrscheinlich der langsamere Verlauf des absteigenden Astes der Zuckungskurve und ihre weitere Verlangsamung bei der Ermüdung. Besässe der Muskel keine derartige Einrichtung, so wäre er nur zu schnellenden Bewegungen befähigt, aber nicht zu länger andauernden Kraftwirkungen. Dies ist der Mechanismus, den ich für wahrscheinlich halte. Wenn er Vertrauen verdienen soll, so muss die tatsächlich beobachtete Arbeitsleistung und die tatsächliche Kraftwirkung im Bereich der vorgetragenen Erklärung liegen. Was zunächst die Arbeitsleistung menschlicher und tierischer Muskeln betrifft, so liegen sie vollauf innerhalb des gezogenen Rahmens. Man weiss, dass die Muskeln etwa 25 bis höchstens 30°/o der Ver- brennungswärme der Kohlenhydrate oder der Milchsäure in mecha- 228 Emil Baur. nische Arbeit umsetzen. Dies wird so gefunden, dass vergleichende Stoffwechselversuche an einer ruhenden und arbeitenden Versuchs- person, also bei Leerlauf und Belastung der Maschine, angestellt werden und der Mehrverbrauch bei gemessener Arbeit festgestellt wird. Deren kalorisches Äquivalent, geteilt durch die Verbrennungs- wärme des Mehrverbrauches, ergibt sodann die obige Arbeitsausbeute. Nun ist die freie Energie der Milchsäureverbrennung von ihrer Ver- brennungswärme sicher nicht sehr verschieden; also stellen jene 25° zugleich auch den Ausnutzungsfaktor der zur Verfügung stehenden freien Energie dar. Die physiologische Ausnutzung er- reicht diejenige moderner Verbrennungsmotoren, liesse sich aber in geeigneten galvanischen, mit Kohlehydraten betriebenen Volta’schen Ketten leicht um das Doppelte übertreffen!). ‚Mehr Schwierigkeit macht die absolute Muskelkraft. Man ver- steht darunter das Gewicht, das ein Muskel bei seiner natürlichen Länge gerade noch zu heben vermag. Es ist die zu dem Punkte © der Fig. 4 gehörende Belastung. Diese Kraft wird z.B. für 1 gem Muskelquerschnitt beim Frosch zu beiläufig 3000 g angegeben. Dieses Gewicht müssen die im Muskel tätigen Oberflächenkräfte tragen können. Der hallenser Physiologe J. Bernstein hat nun nach- gerechnet, dass eine unmöglich hohe Grenzflächenspannung heraus- kommt, wenn man den mikroskopisch messbaren Kreisumfang der Muskelfibrillen als tragende Linie zugrunde legt. Die Oberflächen- theorie würde also durchaus versagen, wenn es richtig wäre, so zu rechnen. Nach der vorgetragenen Auffassung ist aber die tragende Linie ungeheuer viel länger, da der gesamte Querschnitt aller parallelen, in den anisotropen Zellen vorhandenen, submikroskopischen Fäden und Blättehen in Rechnung zu setzen ist. So enden wir mit einem Problem. Es wird eine Aufgabe der experimentellen Forschung sein, die Zahl und Grösse dieser Elemente zu bestimmen, was durch die Methoden der Ultramikroskopie viel- leicht möglich sein wird. Zürich, im Januar 1916. !) Emil Baur, Elektrizität aus Kohle, Prometheus, 24, 449 (1913). Physikalische Chemie der Muskelwirkung. 229 merkung zu Seite 226: Wir denken uns folgende Zustandsänderung: In einem Gefäss, Fig. 10, befindet sich eine Lösung mit dem osmotischen Druck - Ein äquilibrierter, osmotischer Stempel gestattet osmotische Arbeiten auszuführen. In der Lösung befindet sich: eine Flüssigkeitslamelle mit der Oberflächenspannung o — do. Oberflächenarbeiten sind durch einen ebenfalls äquilibrierten beweglichen Quersteg ermöglicht. Senkt man den osmotischen Stempel um das Molarvolumen v, während man gleichzeitig an dem Stege zieht, so dass die Oberfläche » entsteht, an der ein Mol des gelösten Stoffes adsorbiert sei, so sind die Arbeiten v(p + dp) und ® (0 — do) aufzuwenden. : Nun nehmen wir den Rahmen mit der Flüssigkeits- lamelle ® samt adsorbierter Oberflächenschicht heraus und dehnen die Lamelle, bis die Oberfläche ® + do und die Spannung o geworden ist. Die Lamelle ver- u. sich wie eine elastische Membran: Dehnung En ihre Spannung. Di wandte Arbeit beträgt: e _ ee do. Nun bringen wir die Lamelle in ein zweites Gefäss, wie Fig. 10, in dem aber eine Lösung mit dem osmotischen Druck nun den Steg sich senken, bis die Oberfläche ® + verschwunden ist, während zugleich der osmotische 3 Stempel unter dem Druck p Lösung ) um das Molarvolumen v + dv Fig. 10. wonnenen Arbeiten betragen » (v + dv) und o (v + dw). a nun wegen des osmotischen Gesetzes v(p+ et =p(v+dv) ist, so sieht man, Ale bei der ganzen Zustandsänderung Arbeit nur aus Oberflächenänderungen wonnen worden ist. Diese gewonnene Arbeit bet - — 0 (0 — de) — do (« — do) + 0 (w + do) = wde + dor de. Wenn wir nun den Kreisprozess schliessen, indem wir das Molarvolum (v + dv) vom Druck p auf den Ausgangspunkt 9 + dp und das Ausgangsvolumen v kom- primieren, so ist hiezu die Arbeit dp (v + dv) aufzuwenden. Diese muss, da es sich um vollkommen umkehrbare Vorgänge handelt, der aus Oberflächenspannungen gewonnenen Arbeit gleich sein. Als odo + PAR = vdp + dvdp oder mit Vernachlässigung der unendlich kleinen Grössen höherer Ordnung: ode — vdp. Das heisst: die in der eiserne een Maschine durch Adsorption zu gewinnende Oberflächenarbeit wde ist gleich der aus der gleichzeitigen Konzentrationsänderung zu gewinnenden Arbeit. Wir Ten er ne aus dieser berechnen. Mit Hilfe des osmotischen Gesetzes erhalten wir sofort 2 Pı 3 C A -( wdo = vdp—= RTin =. 0 Pa Ca A ist die in der kapillarchenischen Maschine gewonnene Arbeit, wenn ein Mol des adsorbierbaren Stoffes von der Konzentration c, auf die Konzentration c, gesunken ist. 230 . Emil Baur. Ist eine chemische Reaktion die Ursache der Konzentrationsabnahme, so wird Reaktion zu erhalte rbeit dann gewonne Gleichgewichtskonzentration des massgeblichen Stoffes ist. Der Muskelmotor liefert ie volle, aus der Verbren der Milchsäure e d er zu gewinnende t, sondern nur a den vierten Teil davon. Di Verbr ärm r Milchsäure beträgt 329500 cal pro Mol. Die freie Energie r Arbeitsleistung des Muskels bei annähernd maximaler Belastung kann somit pro Mol verbrauchter Milchsäure etwa gesetzt werden: A= jr —= 82400 cal. Dies entspräche einem Konzentrationsfall von , =1 auf ,=e en a die a: säure, wenn diese allein bei dem Verbrennungsvorgang I Konzentration än (vergl. E. Baur, Die Quelle der Muskelkraft, Naturwiss. Wochenschrift, =: 973 ai, ss ge u r > Li ja 5 Zur Kenntnis der arktischen Zwergstrauchheiden. Von MARTIN RıkLı. (Als Manuskript eingegangen am 12, Februar 1916.) Die arktische Zwergstrauchheide ist eine der bezeichnendsten und bestumgrenzten pflanzlichen Vergesellschaftungen der Arktis. Wegen der Vorherrschaft der Ericaceen nennt sie Tu. HoLm Erica-- ceenformation, eine Bezeichnung, die jedoch, wie bereits Eue. WarmIng hervorhebt, besser fallen gelassen wird. Die Dänen haben dafür den Namen Lynghede, was im deutschen Sprachgebiet meist mit Zwergstrauchheide wiedergegeben wird; R. Ponte spricht dagegen von Zwergstrauchtundra. In Grönland bezeichnet man mit Lyngmark Orte, die mit Zwergstrauchheide bestanden sind; so trägt z. B. einer der Berge nördlich von Godhavn auf der Insel Disco diesen Namen Den Hinokhasiaudtoi dieser arktischen Lyngheden bilden dicht miteinander verflochtene, meist immergrüne, kleinblättrige Zwerg- sträucher. Je nach den Standortsverhältnissen zeigen sie eine recht verschiedene Entwicklung. In tiefgründigen, geschützten Lagen er- heben sie sich bis zu Spann- oder selbst bis zu Fuss- und Kniehöhe über dem Boden. Haben sie sich aber an windoffenen, im Winter mehr oder weniger schneefreien Stellen angesiedelt, so nehmen sie Spalierform an. In dieser Formation erreicht der Holzwuchs, aller- dings in kümmerlichster Ausbildung, seine höchsten Breitengrade. Daher können die arktischen Zwergstrauchheiden als hochnordische Miniaturwälder gedeutet werden. Mit dieser Auffassung steht allerdings die Unterordnung der Formation unter die „Heiden“ im Widerspruch; werden als „Heiden“ doch ganz allgemein baumlose Ländereien bezeichnet. ‘Doch darf immerhin daran erinnert werden, dass auch von „Buschheiden“ und sogar von „Heidewald“ (Ros. GRADMANN) gesprochen wird und dass, nach den Untersuchungen von F. GrÄsser mit Heide ursprünglich wohl nur „zum Anbau untaug- 232 Martin Rikli. liches Land“ verstanden worden ist. In diesem weitesten Sinn wäre, aus allgemein klimatischen Gründen, so ziemlich alles arktisches Land als Heide zu bezeichnen. P. GRAEBNER ist der Ansicht, dass die Heide eher als ein ökologischer Pflanzenverein im Sinn von C. DrupE als eine scharf umgrenzte pflanzliche Vergesellschaftung (Formation) betrachtet werden muss. In unserm speziellen Fall spricht für die Bezeichnung. „Heide“ deren Zusammensetzung, indem nach .Arten- und Individuenzahl die Heidekräuter (Ericaceen) fast immer stark vor- herrschend sind. Die Florenliste der srklichen Zwergstrauchheide umfasst etwa zwanzig, allgemein oder doch über grössere Teile des Gebietes ver- breitete Arten. Die Hälfte sind Ericaceen, nämlich: Phyllodoce coerulea (L.) Bab. Cassiope tetragona (L.) D. Don. Rhododendron lapponicum: (L.) Wahlbg. Loiseleuria procumbens (L.) Desv. Ledum palustre L. var. decumbens Art: L. groenlandieum Oeder Arctostaphylos uva ursi (L.) Spreng. alpina L.) Spreng. RR uliginosum UL. V. Vitis Idaea L. Von weiteren Familien sind vertreten: Die Coniferen mit Juniperus communis L. ssp. nana (Willd.) Brig. „ Betulaceen mit Betula nana L. u. B. glandulosa Michx. „ Salicaceen mit Salix glauca L. u. 8. arctica Pall. Empetraceen mit Empetrum nigrum L. Rosaceen mit Dryas octopetala L. u. D. integrifolia M. Vahl. Polemoniaceen mit Diapensia lapponica L. Caprifoliaceen mit Linnaea borealis L. - Als eigentliche Leitpflanzen der Formation, die oft in aus- gedehnten, nahezu reinen Beständen auftreten, sind hervorzuheben: Cassiope tetragona (L.) D. Don., Vaceinium uliginosum L., Empetrum und Betula nana L. Diese vier faciellen Ausbildungen der arktischen Zwergstrauchheide sind an ganz bestimmte Lebens- und Standorts- verhältnisse gebunden. Das Cassiopetum tetragonae bevorzugt vom Schmelzwasser durchfeuchtete Mulden oder Hänge, das Vacci- nietum uliginosi besiedelt in der Arktis mit Vorliebe trockenere Heideflächen, das Empetretum sandige oder- felsige Standorte der windoffensten Lagen der Aussenküsten und der ihr vorgelagerten Inselwelt. Die Zwergbirkenheide (Betuletum nanae) gehört haupt- sächlich der Übergangstundra an; in der eigentlichen Arktis gedeiht . | ” ” Zur Kenntnis der arktischen Zwergstrauchheiden. 233 sie besonders in geschützten Lagen im Hintergrund der Fjorde. Alle vier Arten ertragen den dichten Bestandesschluss und halten sich im hohen Norden fast ausschliesslich an die Lyngheden, doch bemerkt man Eimpetrum und-Cassiope tetragona (L.) D. Don.-zuweilen auch als Konstituenten der Fjeldformation. Das ist auch sehr. oft für Loiseleuria procumbens (L.) Desv., Dryas und Diapensia der Fall, drei Arten, die nur in mehr oder weniger: offenen Vergesellschaftungen auftreten. Infolge ihres kleinen, gedrängten Spalierwuchses, ihres langsameren Wachstums und ihrer Neigung zur Polsterbildung, werden sie in dichten, üppigen Zwergstrauchheiden bald unterdrückt. Die beiden Arctostaphylos, Juniperus nana Willd. und Linnaea borealis L. gehören nur den südlichern Teilen der Arktis an. Betula glandulosa Michx. und Ledum groenlandicum Oed. sind arktisch-neuweltlich; Phyllo- doce coerulea (L.) Bab., sowie Rhododendron lapponicum (L.) Wahlb. vorwiegend von arktisch-atlantischer Verbreitung, letztere Art findet sich jedoch auch noch im westlichen Teil. des arktischen Amerika. Ausser den aufgeführten Spezies gibt es noch weitere Vertreter der arktischen Zwergstrauchheide, deren Verbreitungsareale jedoch ziem- lich beschränkt sind. Wir verzichten vorläufig auf deren Erörterung. Es sei nur darauf hingewiesen, dass besonders das arktisch- und sub- arktisch-pazifische Nord-Amerika und die gegenüberliegenden Küsten Ostasiens an solchen Arten besonders ‚reich sind. Schon aus diesen :wenigen Angaben ergibt sich, dass, je nach Breite- und Längengrad, die arktische Zwergstrauchheide in ihrer Zusammensetzung recht. erhebliche Unterschiede. aufweist. Sie er- lauben die Aufstellung pflanzengeographischer Bezirke, auf die später zurückzukommen sein wird. Die phanerogamen Begleitpflanzen der Formation sind fast alles mehr oder weniger ausgesprochene humikole Spezies. In dieser Hinsicht passt unsere Charakterisierung der arktischen Zwerg- strauchheide als „Miniaturwälder“* wiederum recht gut. Mehrere Arten sind eigentliche Waldpflanzen. Das gilt z. B. für die be- reits erwähnte Linnaea borealis L., ferner aber auch für Coptis tri- folia (L.) Salisb. und Potentilla (Sibbaldiopsis) tridentata Sol., die in moosigen, subarktischen Wäldern ihre »eigentliche Heimat haben. Pirola grandiflora Rad. und Arnica alpina (L.) Olin et Laest., welche im Norden unsere A. montana L. ersetzt, sind ausgesprochene Humus- pflanzen, die fast nur in unserer Formation angetroffen werden. Auch die Lycopodien mit vier Arten sind hier zu erwähnen. Zycopodium annotinum L. und L. complanatum L. sind wiederum Waldpflanzen, indessen L. alpinum L. fast ausschliesslich den Lyngheden angehört und L. Selago L. gelegenlich auch als Pionierpflanze auf den: Fjeld- 234 Martin Rikli. formationen angetroffen wird. Entschieden humikol sind ferner: Luzula arctica Blytt., Saxifraga tridentata Rottb., S. nivalis L., Antennaria alpina (L.) Gaertn., Zierochloe alpina (Liljebl.) R. et S., Deschampsia fexuosa (L.) Trin. und Polygonum viviparum L. Bei dichtem Be- standesschluss der Leit- und Charakterpflanzen der arktischen Zwerg- strauchheide ist deren phanerogame Begleitflora meistens recht spärlich und dürftig entwickelt. Mit der Lockerung der Pflanzendecke gewinnt sie jedoch rasch an Bedeutung, indem alsdann zahlreiche Arten der Fjeldformation oder bei grösserer Feuchtigkeit der Unter- lage auch Vertreter der Moossümpfe in die Zwischenräume hinein- fluten. Als Begleiter der grönländischen Lyngheden erwähnt Eus. WAr- MinG folgende Laubmoose*): KRacomitrium lanuginosum (Hedw.) Brid. und R. fasciculare Brid., ferner Grimmia funalis Br. et Sch., Gr. ovata Web. et M., Gr. alpestris, Schleich; Polytrichum strictum Menz, P. hyperboreum R. Br., P. juniperinum Hedw., das äusserst gemeine Pogonatum alpinum Röhl, sowie Dieranum hyperboreum C. Müll., D. elongatum Schw., D. fuscescens Turn., D. Blyttii Br.; Cera- todon purpureus Brid., Conostomum boreale Sw., Brachythecium sale- brosum (Hoffm.) Br. Lebhaft grün sind folgende Arten: Aulocomnium turgidum Schw. und A. palustre Schw., Hylocomium splendens Hedw. und vier Hypnum, nämlich H. rugosum Ehrh., H. uncinatum Hedw., H. revolutum Berggr. und H. Schreberi Willd. Auch einige Leber- moose sind beigemischt, so Ptilidium ciliare (L.) N. E., Jungermannia minuta Crantz., J. Iycopodioides Wallr., J. attenuata Lindenb., J. Floerkii Mart., J. setiformis Ehrh. und Gymnomitrium concinnatum Cord. Die Moosvegetation ist übrigens meistens dürftig entwickelt und zwischen und unter dem Geäst der Erdsträucher mehr oder weniger verborgen. Einzig Racomitrium lanuginosum (Hedw.) Brid. und AR. canescens (H.) Brid. vermögen nach Tu. Horm gelegentlich grössere Bedeutung zu erlangen. Dasselbe gilt für die Liehenen, die sich erst bei weitgehender Lockerung der Bodendecke oder in sehr windoffenen Lagen bemerkbar machen, und alsdann zwischen, seltener auf den Zwergsträuchern, mehr oder weniger grosse, rundliche Kolonien bilden, aber auch in langen Streifen auftreten. Es sind vorwiegend strauchige Erd- flechten, wie: Cladonia rangiferina L., Ol. pyxidata L., Cl. gracilis *) Obwohl diese Florenliste nach dem derzeitigen Stand der Nomenklatur nicht mehr ganz einwandfrei ist, haben wir, um Verwechslungen auszuschliessen, die Warming’schen Bezeichnungen beibehalten. Siehe J. Lanee und C. Jexsen, Con en tus Florae Groenlandicae S. 319—443 Zur Kenntnis der arktischen Zwergstrauchheiden. 235 L., Cl. furcata Schreb., ferner Cetraria islandica L., ©. nivalis L. und C. cucullata Bell.. Dazu gesellen sich mehrere Stereocaulon-Arten, wie St. fragile und St. coralloides E. Fr. Von Blatt- und Krusten- flechten sind hervorzuheben: Parmelia saxatilis L., Solorina erocea L., Nephroma arcticum L., Peltigera aphthosa L. und P. rufescens Fr., laria divergens Ach., Alectoria ochroleuca Ehrh. Über Moose und Zwergsträucher, sowie über die Zwischenräume nackter Erde breiten sich zuweilen auch noch die Krusten der Lecanora turtarea L. aus. Lebensbedingungen. An Klima, Standorts- und Bodenverhält- nisse stellen die nordischen Lyngheden verhältnismässig hohe Anfor- derungen. Ihre üppigste Entfaltung erreichen sie daher in den kon- tinentalen Teilen der Arktis, in Grönland, besonders im Inneren der Fjorde, in den grossen Landmassen des nördlichsten Eurasiens und des arktischen Nord-Amerikas in der Nachbarschaft der Wald- und Baumgrenze, indessen die ozeanischen Gebiete verarmte Zwerg- strauchheiden aufweisen oder diese Formation, wie manche arktische Inseln lehren, überhaupt nicht kennen. Beispiele hiefür sind die Küsten Nord-Asiens, des arktischen Nord-Amerika, die Inselwelt des arktisch-amerikanischen Archipels, Spitzbergen, Franz Joseph Land, die Aussenküste Grönlands, besonders deren nördlichste Abschnitte. Die Lebensbedingungen der arktischen Zwergstrauchheide sind im Verlaufe eines Jahres scheinbar sehr wechselnd. Viele Arten verlangen im Winter Schneeschutz. Üppige, reich gemischte Zwergstrauchheiden trifft man daher gern in muldenförmigen Depres- sionen, im Windschatten der Berge und Hügel, in Einschnitten und an Abhängen wo der Schnee sich ansammeit. Über die winterliche Schneedecke emporragende Teile frieren bei manchen Arten jeweilen ab, sodass solche Sträuchlein wie mit der Schere beschnitten er- scheinen. Das gilt meistens für Juniperus nana Willd., Beiula nana L., zuweilen auch für Rhododendron lapponicum (L.) Wahlb.; ja selbst Cassiope tetragona (L.) D. Don. bevorzugt Standorte, die im Winter Schneeschutz geniessen. Wenn in solchen lokal begünstigten Lagen Zwergbirke und Zwergwacholder auftreten, so sind sie immer üppig entwickelt, ihre Zweige vom Boden mehr oder weniger abstehend, steif-aufrecht, und bis fuss- ja kniehoch und darüber. Bei ungenü- gendem oder fehlendem Schneeschutz vermögen dagegen, in wind- offenen Lagen, fast alle Arten Spalierform anzunehmen. Bei Loise- leuria ist diese Wuchsform ein erbliches Merkmal, ebenso bei Arc- tostaphylos uva ursi (L.) Spreng. Auch die Vegetationsorgane von Rhododendron lapponicum (L.) Wahlb., Empetrum und Dryas vermögen sich nur wenige Centimeter über dem Boden zu erheben. 236 Martin Rikli. Von den :zwanzig Leit- und Charakterpflanzen der arktischen Zwergstrauchheide sind 13, d. h. 65 °/o immergrün; -sommergrün nur 7 (35 °/0), nämlich: Vaceinium uliginosum L., Betula nana L., B. glan- dulosa Michx., Salix glauca L. und $: arctica Pall., sowie Arctosta- phylos alpina (L.) Spreng. Von den sommergrünen Arten sind jedoch nur Moorbeere. und Zwergbirke allgemein-und meist auch massenhaft auftretende Leitpflanzen unserer Formation; die übrigen Spezies fehlen oft grossen Gebieten der Arktis ganz oder vermögen doch nur lokal zu grösserer Bedeutung zu kommen. Die Blätter von Rhododendron lapponieum (L.) Wahlb. sind derb-ledrig, -überwintern aber nur ein- mal, die der Linnaea zweimal. Die Arten mit abwerfenden Blättern sind durch den Blattfall im Winter gegen weitgehenderen Wasser- verlust geschützt, sie vermögen sich daher auch auf den windoffensten Rücken von Hügeln und Terrainwellen zu halten. Auch: impetrum ist sehr hart und bedarf des Schneeschutzes nicht, dagegen nehmen die Blätter im Winter, wie die von Cassiope tetragona (L.) D. Don eine rotbraune Färbung an. Der Vorsommer bringt mit der Schneeschmelze grosse Nässe. Zu dieser Jahreszeit gibt es sowohl im Boden als auch in der Luft einen Überfluss an Feuchtigkeit. Da aber die Erde die Temperatur des Schmelzwassers hat und in wenig Centimeter Tiefe das Bodeneis liegt, so ist dieses Wasser den Pflanzen schwer zugänglich, der Boden ist physikalisch nass, aber physiologisch trocken. Das Wasser fliesst nun allmählig ab oder verdunstet an Ort und Stelle. Die flachgründige, meist dunkle Erde erhitzt sich daher im Sommer oft recht erheblich. Der Boden kann glühend heiss werden, die Luft steht zitternd. über ihm. Das Gemeinsame ist mithin ein Mangel an verfügbarem Wasser, daher zeigen die Heidepflanzen einen ausgesprochen xerophytischen Aufbau. Recht mannigfaltig sind die Bodenverhältnisse. Die ersten Ansiedler finden meistens einen trockenen, steinig-sandigen Boden vor, in dem das Wasser rasch abfliesst, seltener ist die Unterlage felsig. Auf solchem beweglichem Sandboden vermögen sich nur wenige Arten anzusiedeln, in erster Linie sind es Loiseleuria, Empetrum, Dryas, Diapensia und Cassiope tetragona (L.) D. Don. Mit der all- mähligen Bereicherung des Bodens an organischen Substanzen stellen sich die anderen humikolen Zwergsträucher ein. Generation um Ge- neration kommt und verschwindet. Ihre Leichen, sagt H. Bacnmann, haben den federnden Humusboden erzeugt, auf dem die düsteren Heidefarben hingegossen sind. So entsteht durch Vermoderung ab- gestorbener Blätter, Ast- und ‚Stammteile ein neues Substrat, eis braun-schwarzer, torfartiger Rohhumus. (R. Ponte). Nach E. War- Zur Kenntnis der arktischen Zwergstrauchheiden. 2337 mınG fehlen Regenwürmer dem Heideboden. Es gibt jedoch auch Zwergstrauchheiden, die sehr arm an vegetabilischen Verwesungs- stoffen sind. Das ist einerseits bei offener Vergesellschaftung der Fall, anderseits in Lagen, wo der organische Detritus ausgeblasen wird, um als feiner Staub an mehr geschützten Stellen abgelagert zu werden und so anderen Vergesellschaftungen zu gute kommt. Die typische Zwergstrauchheide besitzt mithin gewöhnlich einen trockenen, mageren Boden von mehr oder weniger dunkler Färbung; er ist meist von Kies und Steinen aller Grössen bis zu riesenhaften Wanderblöcken der Glacialzeit durchsetzt. Die oberste Vegetations- schicht besteht aus lebenden und abgestorbenen, ineinander verfloch- tenen Pflanzenteilen, die nach H. Rınk in Grönland als eine Art „Heidetorf“ zu Feuerungszwecken benutzt werden. Dieser Trocken- torf ist eine feste, dunkle, schwarzbraune Torfart, die sich in der Hauptsache aus Zweigen und Blättern der heideartigen Zwergsträucher aufbaut. J. HorLmBoE erwähnt solchen Heidetorf von Norwegen, wo er besonders im W. und S.W. auftritt und hauptsächlich aus Calluna besteht. Als Nebenbestandteile treten Andromeda, Oxycoceus, Empetrum, Vaccinium Vitia Idaea L. usw. auf. Mehrere immergrüne Bestandteile der Lyngheden, so besonders Juniperus nana Willd., Empetrum und Cassiope tetragona (L.) D. Don. können auch im frischen Zustand als Brennmaterial verwendet werden, und sind daher für den Eingeborenen als einzige Möglichkeit den Herd zu speisen von unschätzbarem Wert. Es sei auch noch darauf hingewiesen, dass einige der wichtigsten essbaren Beerenfrüchte der Arktis, Moor-, Preissel- und Rauschbeere, dieser Formation angehören, sodass auch in dieser Hin- sicht den arktischen Lyngheden eine gewisse Bedeutung für die Polar- völker zukommt. Die Vegetationsbilder, welche die arktische Zwergstrauchheide je nach den einzelnen Jahreszeiten gewährt, sind sehr verschieden- artig. Den grössten Teil des Jahres machen sie einen höchst mono- tonen, äusserst düsteren, fast melancholisch stimmenden Eindruck. In gleichmässig matten, bräunlich-grünen Farbentönen beherrschen sie alsdann weite Ländereien. Doch zur Zeit der Vollblüte gewährt die arktische Heide einen Aug und Gemüt erfrischenden Anblick. Mit seinen schneeweissen Dolden schmückt der Porst (Ledum) als- dann ganze Abhänge, die wie mit leichtem Schnee bedeckt erscheinen. Die nordische Phyllodoce entwickelt massenhaft ihre zierlichen, rot- violetten Blütenglocken. An Mairiesii erinnern die, wie aus Wachs geformten, in ganzen Heerschaaren erzeugten, zart gelblich-weissen Blüten der reizenden Cassiope tetragona (L.) Don. Hin und wieder grüsst aus sattem Grün das zarte Rot der nordischen Alpenrose 238 Martin Rikli. (Rhododendron lapponicum (L.) Wahlb.) Die Silberwurz prunkt mit ihren grossen, rein weissen Blütensternen, bei Dryas integrifolia M. Vahl. haben sie einen Stich ins Gelbliche. An offeneren Stellen malt die Loiseleuria blutrote Flecken. Mehr oder weniger im Laub ver- borgen, entwickelt die Moosbeere schüchtern ihre weisslichen Blüten und-die Weiden haben neben ihren lebhaft gelben und roten Kätzchen bereits auch schon reife Fruchtkapseln, aus denen in ganzen Ballen die zahreichen Samen mit ihren Flughaaren entquillen. Aber erst im Herbst legt die Zwergstrauchheide ihr buntestes Kleid an. Welch herrlichen, einzigartigen Anblick gewähren jetzt die sonst so unansehnlichen Lyngheden. Die Dryasfluren verfärben sich dunkelrot, die Zwergbirke durchläuft eine ganze Farbenskala vom Bräunlichgrün zum Rotbraun, um schliesslich die Abhänge in ein inten- siv leuchtendes Purpurrot zu tauchen. Die Blätter der Moorbeere wer- den dunkelviolett, indessen die strichweise massenhaft vom Exobasi- dium Vaceinii Wor. befallenen Sprosse grosse blutrote Flecken bilden. Orange bis goldgelbe Teppiche breitet die krautige Weide aus. Längs der Bäche prangen die Bestände der grauen Weide (Salıx glauca L.) in einem zarten Lichtgelb. Immer wieder haben wir die umgebenden Hügel bestiegen, das herrliche Schauspiel noch einmal in vollen Zügen zu geniessen. In unvergleichlicher Pracht, wie eine wunderbare abgetönte Farbensinfonie, würdig des Pinsels eines Böck- lin, lag die Landschaft zu unseren Füssen. , Für weite Gebiete der Arktis bildet die Zwergstrauchheide die Klimaxformation, d. h. das Schlussglied der Formationsreihe. Es sind drei Entstehungsarten der Lyngheden zu unterscheiden. Ziem- lich selten ist der Fall, wo im Verlauf der Zeit Steine und nackte Felsblöcke direkt mit einer zusammenhängenden Vegetationsdecke überzogen werden. Dies trifft da zu, wo das Gestein an Ort und Stelle zu Blockmeeren verwittert oder wo ganze Abhänge mit grobem Geröll bedeckt sind. Die Zwergstrauchheide ist unter diesen Umständen gleichzeitig Pionier- und Schlussformation. Während Stein- flechten die Blöcke überziehen, stellen sich zwischen denselben die Spa- liersträucher der Salix glauca L. ein. Der schlangenartig hin und her gebogene Hauptstamm und die Zweige sind dem Felsen dicht an- geschmiegt, können aber trotzdem noch eine recht ansehnliche Länge erreichen. Zwischen dem knorrigen Gezweig sammelt sich bald aller- lei Detritus an; abgestorbene und vermodernde Blätter vermehren den Humusgehalt. Samen fliegen an und finden ein günstiges Keim- bett. Empetrum, Vaccinien, Ericaceen und besonders Moose begraben die Spalierweide mehr und mehr, sodass bald nur noch die kurzen Seitenzweiglein aus der nun beinahe ganz zusammenhängenden Vege- Zur Kenntnis der arktischen. Zwergstrauchheiden. 239 tationsdecke hervorragen. Endlich ist das Blockmeer von der Zwerg- strauchheide überwuchert, doch Ursprung und Entstehungsgeschichte derselben sind auch jetzt noch deutlich erkennbar, denn jeder einzelne Höcker hat seinen eigenen Steinkern. Genetisch folgt die Lynghede jedoch gewöhnlich der Fjeld- formation oder dem Moossumpf. Die Entwicklung der Zwerg- strauchheide aus der Fjeldformation geschieht in der Weise, dass der ursprünglich sehr offene Bestandesschluss allmählig dichter wird, der Boden bereichert sich an organischen und äolischen Bestandteilen. Nach den ersten Ansiedlern: Eimpetrum, Diapensia, Dryas, Cassiope tetragona (L.) D. Don. stellen sich nun auch in grösserer Zahl Vac- einium uliginosum L. und Betula nana L. ein, später folgen die übrigen, ausgesprochen humikolen Vertreter der Lyngheden. Die Arten des reinen Verwitterungsbodens (Sand-, Tonboden, Laterit usw.) werden mehr und mehr unterdrückt. Dies ist eine Folge ihrer geringeren Wachstumsenergie und ihres isolierten Auftretens in einzelnen Stöcken, in kleinen Polstern oder in Arten mit mehr oder weniger gestreckten, dünnen Wandertrieben. Das Schlussergebnis ist ein völliger For- mationswechsel, wobei die Charakterarten der Fjeldformation schliesslich ganz unterdrückt werden und die Spalier- und Zwerg- sträucher der Zwergstrauchheide und ihre Begleitflora die Vorherr- schaft erlangen. Im Gegensatz zur Fjeldformation stellt der Moorsumpf in der Regel einen dichten Bestandesschluss dar, indem neben Moosen, be- sonders Cyperaceen und z. T. auch Gramineen tonangebend sind. In diesem Fall ist die Ursache des Formationswechsels darin zu suchen, dass die lebende Pflanzendecke, die sich auf den toten Geschlechtern aufbaut, allmählich so hoch zu liegen kommt, dass die Unterlage immer trockener wird. Hat die Trockenheit einen bestimmten Grad erreicht, so sterben die Feuchtigkeit liebenden Arten succesive ab. Da auch Humus reichlich vorhanden ist, sind damit Verhältnisse ge- geben, welche für die Ansiedelung der wichtigsten Vertreter der ark- tischen Zwergstrauchheide sehr günstig sind. Vaceinium uliginosum L., Betula nana L., Salix glauca L. und besonders auch $. groen- landica (Anders.) Lundstr. und die beiden Ledum sind diejenigen Arten, die bei einem solchen Werdegang sich in allererster Linie einstellen und die alsdann die sich bildende Decke aus Zwergsträuchern haupt- sächlich zusammensetzen. | Nicht so einfach ist die Frage nach der Herkunft der ein- zelnen Arten, der zur arktischen Zwergstrauchheide vereinigten Pflanzengesellschaft. Wir haben die arktischen Lyngheden als „Mi- niaturwälder“ bezeichnet. Das hat insofern auch seine Berechtigung 240 Martin Rikli. als offenbar ein ziemlich ansehnlicher Teil ihrer Leit- und Charakter- pflanzen von Wald-, beziehungsweise Waldmoorpflanzen abzuleiten sind. Ledum palustre L., Betula nana L., Vaceinium uliginosum L., sind als boreale, in die Arktis übergegangene Moorgewächse zu deuten; sehr wahrscheinlich ist auch Zmpetrum dieser Gruppe zuzuzählen. Mit dem Wechel von Klimazone und Formation hat z. T. auch eine mehr oder weniger weitgehende morphologische Umprägung statt- gefunden, in deren Folge zeigen diese Pflanzen in der Arktis ent- schieden starke Neigung zum Spalierwuchs überzugehen und die Blatt- flächen stark zu verkleinern (var. decumbens Ait. von Ledum und var. mircrophyllum Lge. von Vaccinium uliginosum L.). Auch Linnaea ist eine bezeichnende Begleitpflanze nordischer Wälder, die in der Tundra nur ganz lokal eingedrungen ist. Zwischen dem gemeinen Wacholder des Waldgebietes und dem Zwergwacholder (Juniperus nand Willd.) bestehen überall noch in gleitender Reihe alle Übergänge. Salıx glauca L. ist eine Charakterpflanze der subarktischen Buschfor- . mation und zugleich die einzige Art dieser Vergesellschaftung, die sich der Zwergstrauchheide häufig angliedert. Arctostaphylos uva ursi (L.) Spreng. und Vaceinium Vitis Idaea L. sind ebenfalls vorwiegend boreale Arten, von denen die Bärentraube gern höhere Wärmeansprüche macht und daher unter allen Zwergstrauchheidepflanzen am wenigsten weit nach Norden vordringt. Beide zeigen einen-deutlichen Anschluss an die Kiefer, obwohl sie deren Areal nach allen Seiten überholen, doch ist die Preisselbeere vielfach auch eine Moorpflanze. Es sind nicht gerade häufige Bestandteile der arktischen Lyngheden, die in der Arktis ein sehr zerrissenes und hauptsächlich auf dessen Süden beschränktes Areal aufweisen. Von Rhododendron lapponicum (L.) Wahlbg., Phyllodoce und Cas- siope tetragona (L.) D. Don. können wir nur sagen, dass ihre nächsten _ Verwandten in den Gebirgen im Osten von Asien zu suchen sind. Diese dürften wohl auch die eigentliche Bildungstätte der drei Typen sein. Die Einwanderung in die Arktis ist wohl über das nördliche pazifische Gebiet erfolgt, das noch von mehreren verwandten Arten bewohnt wird. Dryas, Loiseleuria und Diapensia sind mehr acces- sorische Bestandteile der arktischen Zwergstrauchheiden, sie sind eigentlich eher der Fjeldformation zuzuzählen. Zur Beurteilung der polaren Verbreitung der arktischen Lyngheden geben wir hier zunächst eine Zusammenstellung der bis- her bekannt gewordenen absoluten Nordgrenze ihrer hauptsäch- lichsten Konstituenten. Wir kommen zu folgender Reihenfolge: NEN ie Zur Kenntnis der arktischen Zwergstrauchheiden. 241 | Arctostaphylos uvaursi (L.) , ‚Spr {N.) Nivalflora nach Jos. Braun. Vierteljahrsschrift d. Naturf.Ges Zürich. Jahrg. 61. 016 Polar- Nähere Höchster Standort punkt ’ in den Südgebirgen (Alpen) N. Ortsbezeichnung in in \ N. ı Dryas octopetala L. 83° 15’ |N.-Grönland: Hayde-|2800m(N.)| Bernina: fjord E. RÜBEL » integrifolia M. Vahl | 82°50’ |Grantland: C. Joseph _ _ enry (HART Salix arctica Pall. 82° 50’ to. — ie Cassiope tetragona (L.) |81°45’ Grantland Hazensee- _ _ D. Don. tal (GREELY) Vaceinium uliginosum |78°56'’ |Ellesmereland; 3100 m(N.)| Bernina: L. ayessund HART J. BRAUN Empetrum nigrum \. 78053 dto 3040 m (N.)| Kesch, 3RAUN Betula nana L. 78° 18’ /N.-W.-Grönl.: Hayzs| 1020 m | Erzgebirge Cassiope hypnoides L. 18° — N Green | = nu D. Don. | Harbour Rhododendron lapponicum | T7°— '0.- -Grönl.: —_ 4 | Germanialand; | DANMARK-Exp. Prrenien Arctostaphylos alpina (L.) | 76°45’ |N.-Devon: Northum-| 2639 m B Spreng. berlandinsel 2520 m ETF nina E. RÜBEL (SUTHERLAND) Salix glauca L. 76°— 'N.-W.-Grönl.: C. York| 2560 m allis: (KANE, NATHORST) JACCARD Vaccinium Vitis Idaea L. | 75059'|N.-W. ande C. York!3040 m (N.) Piz Kesch SUTHERLAND (J. Braun) Diapensia lapponica L. 74018’ N-W.-Grönl.; nördl. _ “r Upernivik RYDER Phyllodoce coerulea (L.)Bab. | 74° 18’ dto 1800 m Pyrenäen | Loiseleuria procumbens(L.) | 74°— dto, 2880 m(N.)| Engadin: Desv E. RÜBEL Fedum palustre (L.) v. de- | 74°-- |W.-Grönl.: J. LangE _ ae cumbens Ait. arnins [BRATN) Juniperus nana Willd. 71°45’ |N.-Sibirien, Cha- m m) Woikeröse: en MIDDEN- 3570 mf\" | (SCHLAGINT- Betula glandolusa Michx. 71°— IN. bare en _ wer land, Bogadin WINKLER Ledum groenlandicum Oed. | 69° 30' 'W.-Grönl.: J. LANGE nu r Linnaea borealis L 69°39’| dto. Diskofjord| 2200 m Bernina: . RıkLı (RÜBEL) 67°10' |Östl. Kola (KınLman)| 2550 m dto. 242 Martin Rikli. Diese Liste ist in verschiedener Hinsicht von Interesse. Zu- nächst entnehmen wir derselben, dass von den 21 aufgeführten Arten nicht weniger als 16 in Grönland (11) und Ellesmereland (5) ihre absolute Polargrenze erreichen. Damit kommt die pflanzengeographisch ungewöhnlich begünstigte Stellung dieses Polargebietes sehr deutlich zum Ausdruck. Sie ist begründet in der wie ein kleiner Erdteil wirkenden Masse Grönlands; durch sie wird bis in den äussersten Norden die Ausbildung eines Kontinentalklimas begünstigt. Es ergibt sich ferner, dass bereits mit dem 74° N. beinahe die Hälfte der Arten schon ihre absolute Nordgrenze erreicht haben. In höheren Breiten verarmt mithin die arktische Zwerg- strauchheide sehr rasch. Da vom 74°N. an Arctostaphylos alpına (L.) Spreng., Vaceinium Vitis Idaea L., Saliz glauca L., Rhododendron lapponicum (L.) Wahlb. und Betula nana L. nur noch dürftig und an wenigen Stellen vorkommen, so bestehen die zwischen 74 und c. 79°N. auftretenden nördlichsten Vorposten der arktischen Zwergstrauch- heide beinahe nur noch aus Cassiope tetragona (L.) D. Don., Vac- cinium uliginosum L., Empetrum, zu denen sich oft auch die beiden Dryas und Salöx arctica Pall. gesellen. Solche hocharktischen Zwerg- strauchheiden trifft man jedoch nur im nördlichen Grönland und wohl auch noch im südlichen Teil des diesem westlich FOrBelaSATEN Eilesmereland. Innerhalb der Aktis bleibt sich mithin das allgemeine Aussehen und das biologische Gesamtfazit der Zwergstrauchheide zwar ziemlich gleich, dagegen zeigt deren Artbestand erhebliche Unterschiede. Den höchsten Breiten fehlt diese Vergesellschaftung; das Optimum ihrer Entwicklung wird in der südlichen Arktis, besonders in der Über- gangstundra und in den anschliessenden kontinentalen Teilen der Arktotundra erreicht. Auch die regionale Verbreitung der Formation spricht dafür, dass dieselbe zu den anspruchsvolleren der Arktis gehört. In den von F. R. Kyerıman gegebenen Pflanzenlisten der Küsten- gebiete Nordasiens suchen wir einige der bezeichnendsten Arten der Lyngheden vergebens, so Vaceinium uliginosum L., Betula nana L., Juniperus nana, Rhododendron lapponicum, Phyllodoce coerulea, Arcto- staphylos uva ursi. Weitere Arten wurden nur von ein oder zwei Standorten oder direkt als selten angegeben, nämlich: Cassiope tetra- gona, Eimpetrum, Salix glauca, Loiseleuria, Diapensia, Ledum palustre v. decumbens, Arctostaphylos alpina, Vaceinium Vitis Idaea. Einzig Dryas octopetala, die ja eher Fjeldpflanze ist, ist häufiger. Demnach scheint die Zwergstrauchheide im Küstengebiet Nordasiens zu fehlen. Unter den sechs für diese Länder von F. R. Kseııman beschriebenen WE Da FZIRR e4 BI a Zur Kenntnis der arktischen Zwergstrauchheiden. 243 Formationen finden wir sie nicht aufgeführt, ebensowenig in den Verzeichnissen von F. Kurtz. Es ist jedoch als sicher anzunehmen, dass im Inneren des Landes Zwergstrauchheiden vorkommen, doch wissen wir z. Z. noch nicht, in welcher Küstenferne dieselben auf- treten. CAJANDER und Porrıus erwähnen an der Lena unter 66° N. subarktische Heiden von Ledum, Arctostaphylos und Vaccinium Vitis Idaea L. Die Gebrüder Krause haben 1881 im östlichen Tschukt- schenlande zahlreiche (13) Zwergsträucher gesammelt, welche an- nehmen lassen, dass echte Zwergstrauchheiden auch im nordöstlichsten Ostasien angetroffen werden. Für Pitlekaj erwähnt F. R. Kyeııman als Bestandteile seiner „Steinmark“: Zwergweiden, Empetrum, Dryas octopetala L., Arctostaphylos alpina (1.) Spreng, Vaceinium Vitis Idaea L., Ledum palustre L. Es wird wesentlich vom Be- standesschluss einer solchen Vergesellschaftung abhängen, ob dieselbe noch als Fjeldformation oder bereits als Zwergstrauchheide zu be- zeichnen ist. In der Flora von Nowaja Semlja sind die Zrzcaceen spärlich vertreten. Angegeben werden nur: Vaccinium Vitis Idaea L., V. uli- ginosum L., Arctostaphylos alpina (L.) Spreng, Dryas octopetala L. und Betula nana L.; dagegen sind bisher nicht nachgewiesen: Juni- perus nana Willd., Cassiope tetragona (L.) D. Don., Phyllodoce, Rhodo- dendron lapponicum (L.) Wahlb., Loiseleuria, Diapensia und Empetrum. Immerhin ist anzunehmen, dass wenigstens auf der Südinsel ver- einzelt und in beschränkter Ausdehnung, sehr einförmige Zwerg- strauchheiden vorkommen. Nach O. Exstam ist das von ihm für Nowaja Semlja entdeckte Vaceinium Vilis Idaea L. in den Tälern südlich Karmakola (72° 30’ N.) verbreitet und mit Arctostaphylos alpına (L.) Spreng. und Betula nana L. stellenweise häufig. Zuweilen gesellt sich dazu auch noch Vaceinium uliginosum Auf Jan Mayen fehlen Vertreter der Zwergstrauchheide ganz. Äuch auf Spitzbergen gibt es keine Lyngheden. Lassen wir Dryas octopetala L. ausser Betracht, so ist von allen Zwergsträuchern einzig die Cassiope tetragona (L.) D. Don. ziemlich verbreitet. Sonst treten nur noch Empetrum und Betula nana L. spärlich auf. Die Rauschbeere ist übrigens eine der seltensten Arten der Insel, die ihre Frucht dort jetzt nicht mehr ausreift. In Grönland ist unsere Formation sehr verbreitet, am Fuss der Berge bedeckt sie vielfach grössere Flächen. Noch auf Disco habe ich bei ca. 70° N. sehr reich gemischte Zwergstrauchheiden ange- . troffen, doch schon wenig nördlich verarmt dieselbe rasch. Für das Disco nördlich vorgelagerte kleine Eiland Hare ©. (70° 25’N.) er- wähnt MorTEn J. Porsıep als gemein Vaceinium uliginosum L. v. miero- 244 Martin Rikli. phyllum Lge., Empetrum und Cassiope tetragona (L.) D. Don. Auch Salix glauca L. ist noch häufig, bildet jedoch keine Gebüsche mehr, spärlich tritt Rhododendron lapponicum (L.) Wahlbg. auf. Bei Pröven (72°22’ N.) erwähnt Tr. Horm noch Khododendron lapponicum (L.) Wahlb. (ziemlich selten); sehr häufig sind noch Salix glauca L. und Empetrum, ferner kommen auch noch vor: Diapensia, Pirola grandi- flora Rad. und die Hierochloa. Von Upernivik (72°47’ N.) werden dieselben Arten unter Ausschluss von Rhododendron lapponicum (L.) Wahlb. erwähnt. Nördlich von 73° N. scheinen nur noch sehr lokal, an besonders begünstigten Orten, dürftige Reste der Lyngheden auf- zutreten. Südlich von 70° N. steigt dagegen die Heide auch ins Gebirge und siedelt sich auf den Bergen bis zu einer Höhe von 300—500 m an. In Ost-Grönland haben die von der Germania- Expedition in der Breitenlage der Sabine-Insel (74°32’ N.) durch- forschten Gebiete noch Heiden ergeben. Sie werden in der Haupt- sache von Cassiope tetragona (L.) Don. gebildet. In seinem pracht- vollen Werk „Im Grönlandeis mit Mylius Erichsen“ gibt der Maler AcHTon FRIES auf Seite 395 ein Bild einer in voller Blüte stehenden dichten Cassiopeheide — fälschlicherweise als Rosmarinheide be- zeichnet — aus der Gegend des Danemarkhafen bei Cap Bismarck tea. TE) Vom Kinguafjord auf Baffin Land (66°36’ N.) haben wir Aufzeichnungen von H. Amsroxnx. Dieser Autor unterscheidet nur drei Pflanzengesellschaften, nämlich a) die Strandflora, b) die Fels- flora und c) die Flora der Schwemmländer. Von Zwergsträuchern werden jedoch elf Arten aufgeführt: Dryas integrifolia M. Vahl, Empetrum, Arctostaphylos alpina (L.) Spreng., Loiseleuria, Cassiope tetragona (L.) D. Don., Phiyllodoce, Ledum palustre L., Vaceinium uli- ginosum L., Salix glauca L., Diapensia und Pirola grandiflora Rad. Das sind mithin 29°/o der ganzen Florenliste von 38 Arten. Daraus darf wohl mit Sicherheit auf das Vorhandensein ziemlich reichlicher Zwergstrauchheiden geschlossen werden; wenn sie AMBRoNN trotzdem entgangen sind, so erklärt sich dies wohl aus der Tatsache, dass 1882/83, zur Zeit der Expedition nach dem Baffın-Land, die For- mationslehre noch eine ganz junge, wenig ausgebaute Zweigdisziplin der Botanik war. . Innerhalb der Arktis sind vier Haupttypen der Zwergstrauch- heide zu unterscheiden: I. Die subarktische Zwergstrauchheide. Sie gehört der Übergangstundra und den südlichen Teilen der Arktis an. Sie ist meistens reich gemischt, umfasst sie doch 12—20 verschiedene Zwerg- sträucher. Der Bestandesschluss ist dicht, die Reiser werden an Bi A: Zur Kenntnis der arktischen Zwergstrauchheiden. 2345 günstiger gelegenen Standorten oft fuss- bis kniehoch und darüber, Die Nordgrenze wird bei etwa 70!/s2° N. erreicht. Einzig die Zwerg- birke bildet gelegentlich nahezu reine Bestände (Betuletum nanae), so auf der grossen Samojedentundra von Nord-RussInnd. R. Ponte gibt davon ein anschauliches Bild in L. Karsten und H. Scuexck’s „Vegetationsbilder“ Reihe V (1907) Tafel 27/28. Diese fazielle Aus- bildung ist in ihrer üppigsten Entfaltung an die südlichen Grenz- gebiete der Arktis oder an geschützte Depressionen gebunden. Aus- schliesslich der subarktischen Zwergstrauchheide gehören an: Juni- perus communis L. ssp. nana (Willd.) Briq., Arctostaphylos uva ursi (L.) Spreng., Linnaea borealis L., Ledum groenlandieum Oed., Belula glan- dulosa Michx., von Begleitpflanzen: T’hymus serpyllum L. f. prostrata Horn, Coptis trifolia Salisb. - Einzig in ihr erlangen ferner grössere Bedeutung: Rhododendron lapponicum (L.) Wahlb., Ledum palustre L. v. decumbens Ait. Phyllodoce, Loiseleuria, Vaceinium Vitis Idaea L. und Arctostaphylos alpina (L.) Spreng. Mit Ausnahme von ZLyco- podium Selago L. gehören ihr auch alle Lycopodien ausschliesslich an. In der subarktischen Zwergstrauchheide ergeben sich auch einige Unterschiede zwischen Palaeo- und Neoarktis. Grönland und das arktische Nordamerika sind ausgezeichnet durch Ledum groenlandicum Oed. und Betula glandulosa Michx. Von Begleitpflanzen sind für diese Region Potentilla tridentata Sol. und Saxifraga tridentata Rottb. charakteristisch. Vielfach gehen subarktische Zwergstrauchheiden auch in das nördliche boreale Gebiet über, um dort Gebirgsheiden zu bilden, so in Fennoskandinavien, im Ural, in den Rocky Mts. N. A.Svexsson schildert von den Kaitumseen (67°40' N.) in Lulea Lappmark solche bei 600 m über Meer beobachtete Lyngheden mit Dryas, Betula nana L., den beiden Cassiopen, Rhododendron lapponicum (L.) Wahlb., Phyllodoce, Empetrum, Juniperus nana Willd. usw. A. SAnDMan berichtet über die Vegetation der Bergkuppe Ounastunturi in Finnisch-Lappland bei 68° 15’ N. Über der Birkenzone gelegen, trägt sie ganz alpinen Charakter. In der aufgenommenen Pflanzenliste stehen die Elemente der Zwergstrauchheide: Dryas, Phyllodoce, Arcto- staphylos alpina (L.) Spreng., Diapensia, Loiseleuria, Betula nana L. an erster Stelle. Weiter im Süden, am Areskutan in Jemtland (63°25’ N.) gibt es aus Eimpetrum und Betula nana-L. zusammen- gesetzte Heiden. In unseren Alpen haben bekanntlich 'die nordischen Heiden ihr Analogon in der alpinen Zwergstrauchheide; sie hat mit us arktischen Lyngheden folgende Arten gemeinsam: a 246 Martin Rikli. Dryas octopetala L. Arctostaphylos uva ursi (L.) Spreng. Vaceinium uliginosum L. Arctostaphylos alpina (L.) Spreng. Vacecinium Vitis Idaea L. Linnaea borealis L Empetrum nigrum L. Salix glauca L. (selten). Loiseleuria procumbens (L.) Desv. Juniperus nana Willd. Dabei ist zu bemerken, dass die Linnaea im Alpengebiet fast ausschliesslich eine Begleitpflanze der zentralalpinen Gebirgswälder ist. Auch die beiden Bärentrauben sind eher seltene Bestandteile der alpinen Zwergstrauchheiden, ihr Massenzentrum liegt in den warmen Lagen der subalpinen Felstriften und im trockenen Lärchenwald, wo die immergrüne Art oft ein Hauptbestandteil des Unterwuchses (Wallis) bildet. Der alpinen Zwergstrauchheide fehlen dagegen: Salix arctica Pall. Rhododendron lapponicum (L.) Wahlb. Betula nana L. Cassiope tetragona (L.) D. Don Dryas integrifolia M. Vahl. Cassiope hypnoides (L.) D. Don. Diapensia lapponica L. Phyllodoce coerulea (L.) Bab. Ledum palustre L. Sowie die beiden amerikanischen Arten: Betula glandulosa Michx. und Ledum groenlandicum Oed. In den alpinen Zwergstrauchheiden sieht man dagegen gelegent- lich zwei Arten, die dem Norden fehlen. Die Schneeheide (Erica carnea L.) und das Steinrösel Daphne striata Tratt.). In den bis in die alpine Stufe vordringenden Calluna vulgaris (L.) Hull. und Vaccinium Myrtillus L. zeigt sie Anklänge an die nordatlantischen Lyngheden. Aus diesem Vergleich ergibt sich mithin, dass die arktische fast doppelt so viele Zwergsträucher zählt als die alpine Zwergstrauch- heide. Die Begleitflora der alpinen Lyngheden ist dagegen entschie- den reicher. *) II. Die hocharktische Zwergstrauchheide ist in der ganzen Arktis sehr einförmig zusammengesetzt. Bezeichnend für die Gebiete ' nördlich von 70 !/e° N., wird sie in höheren Breiten immer einförmiger. Sie wird jedoch auch in viel südlicheren Lagen angetroffen, dann allerdings nur in klimatisch oder edaphisch ungünstigen Standorten, so besonders an Aussenküsten, auf kleinen Inseln, auf windgefegten Höhenrücken und Bergen. Ihre drei Hauptkonstituenten sind Vac- cinium uliginosum L., Empetrum und Cassiope tetragona (L.) D. Don. *) Siehe RÜBEL, E, Pflanzengeographische Monographie 2. Ber- ninagebietes, böse, W. Engelmann (1912) S. 113—135 und H. BROCKMANN- JEROSCH, Die Flora des Puschlav, Leipzig, W. Engelmann (1907) S . 278982. Zur Kenntnis der arktischen Zwergstrauchheiden. 947 Betula nana L. ist viel seltener geworden und fast immer, mehr oder weniger zum Spaliersträuchehen verkümmert. In derselben Ausbil- dung erscheint Salix arctica Pall. Die beiden Dryas sind weit ver- breitet und treten sowohl als Spaliersträucher, wie auch in Polster- form auf. Öfters ist ein einziger Zwergstrauch vorherrschend. Man spricht dann von Dryadetum, Vaceinietum uliginosi, Cassiopetum tetra- gonae und vom Empetretum. Im höchsten Norden sind besonders die beiden letztgenannten Fazies weit verbreitet. Das Cassiopetum hält sich mehr an feuchte Stellen, die noch während der Vegetations- periode längere Zeit vom Schmelzwasser berieselt werden, indessen das ausgedehnte Bestände bildende Empetretum sehr trockene, sandige oder felsige Standorte bevorzugt und gewissermassen ein Bindeglied zwischen Felsflur (Fjeldformation) und Zwergstrauchheide darstellt. An der Südgrenze der Arktis sind endlich noch zwei ziemlich abweichende Formen der arktischen Lyngheden zu unterscheiden. Die eine gehört der nordpazifischen, die andere der atlantischen Re- gion an. III. Die nordpazifische Zwergstrauchheide. Sie ist be- zeichnend für die Länder beiderseits der Beringsstrasse. Für sie ist besonders der ungewöhnliche Artenreichtum charakteristisch. Von den 20 Leit- und Charakterpflanzen der arktischen Zwergstrauch- heide fehlen im Gebiet nur zwei Arten: Juniperus nana Willd. und Arctostaphylos uva ursi (L.) Spreng. s neue, nur hier bis in die Arktis oder doch wenigstens bis in die Subarktis vordringende Elemente, sind dagegen aufzuführen: Spiraea betulifolia Pall. Cassiope ericoides D. Don. Potentilla fruticosa L. a Iycopodioides D. Don. Rhododendron Kamtschaticum Pall. »„ Mertensiana D. Don. Rhododendron parviflorum Adams. 5 Stelleriana D. Don. Phyllodoce Pallasiana Don. Zwei Arten: Cornus suecica L. und Andromeda polifolia L. finden sich auch wieder als Bestandteile der nordatlantischen Heiden. Der Artbestand der nordpazifischen Zwergstrauchheide ist mit- hin annähernd doppelt so gross, als der typischer, arktischer Lyng- heden. Die der übrigen Arktis fehlenden Bestandteile sind in ihrer überwiegenden Mehrzahl Einwanderer aus Südwesten, also mithin aus dem nördlichen Ost- und Zentralasien und aus dem Altaisystem. Nach den Schilderungen der Reisenden geht auch hervor, dass diese Vergesellschaftungen vielfach dichter und üppiger sind. Nicht selten erreichen sie über Kniehöhe und dürften daher eher schon zu den Buschformationen als zur Zwergstrauchheide gezählt werden. 248 + Mn Dikli IV. Die nordatlantische Heide. In typischster Ausbildung trifft man sie auf Island. Sie zeigt bereits deutliche Anklänge an die norddeutschen Heiden, indem Arctostaphylos uva ursi (L.) Spreng. sehr häufig ist, und Calluna vulgaris (L.) Hull neben Vaceinium Myrtil- lus L., die beide den typisch arktischen Zwergstrauchheiden fehlen, hier die Rolle von Leitpflanzen beanspruchen. Es fehlen ganz: Cas- siope tetragona (L.) D. Don., Arctostaphylos alpina (L.) Spreng., Dryas integrifolia M. Vahl und Ledum palustre L. Selten sind Phyllodoce und Diapensia. Als Begleitpflanze tritt Cornus suecica L. auf. Noch mehr treten in den Heiden der Farör-Inseln die nordischen Elemente zurück. Von den 20 Leit- und Charakterpflanzen der ark- tischen Zwergstrauchheide fehlen 13, nur noch 7 sind vorhanden, aber z. T. ziemlich selten, nämlich Juniperus nana Willd., Salix glauca L., Vaccinium uliginosum L., V. Vitis Idaea L., Loiseleuria (nur ober- halb 400 m Meereshöhe), Dryas octopetala L. und Empetrum (gemein). Leitarten sind wiederum Calluna und Vaceinium Myrtillus L. Cornus suecica L. wird auch angegeben. Als neues Element ist endlich Erica cinerea L. zu erwähnen. Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. Vortrag gehalten in der Sitzung der Naturf. Gesellschaft in Zürich vom 31. Januar 1916 von OTTO SCHLAGINHAUFEN. (Als Manuskript eingegangen am 26. Februar 1916.) Es ist eine Eigentümlichkeit des menschlichen Geistes, dass er. sich mit Vorliebe den Erscheinungen der Natur zuwendet, welche, stark abweichend von der allgemeinen Norm, stark unterschieden von dem, was uns täglich vor Augen steht, sich in Extremen der Grössenentfaltung und Formentwicklung bewegen. Zwar berechtigt uns nichts dazu, gerade diese Dinge für wissenschaftlich bedeutungs- voller zu halten als andere, und in manchen Fällen würde es selbst nicht schwer fallen, für die Behauptung des Gegenteils Stützpunkte zu finden. Schweifen nicht die Gedanken gerade des Anthropologen oft häufig in die Weite zu den Rassen und Völkern auffallender Gestalt und Farbe, in der Meinung, dass dort seine Probleme liegen, dass dort die Gebiete sind, wo die Fragen der anthropologischen Forschung ihrer Lösung harren. Und doch wird kein Forscher sich dem Gedanken verschliessen können, dass der europäische Mensch, der namentlich in einem Organ, dem Gehirn, sich extrem entwickelt hat, in manchen anderen Merkmalen vielleicht zurückgeblieben ist und daher primitivere Zustände aufweisen kann als die Vertreter der sogenannten primitiven Menschenrassen. Aber trotz dieser Er- kenntnis bricht sich selbst bei denen, die sich berufsmässig mit anthropologischen Fragen beschäftigen, immer und immer wieder jener alte Trieb nach der Erforschung des äusserlich Auffallenden und Absonderlichen Bahn und wird ihr oft das Beste an Arbeitskraft und Zeitaufwand geweiht. Doch wer wollte es unternehmen, dem Streben dieser alten Neigung der Menschheit ein Ziel zu setzen? Müssen nicht die extremen Naturerscheinungen den Geist in hohem Mass dazu anregen, den Gegenstand von möglichst vielen und ganz verschiedenen Gesichtspunkten aus zu betrachten und wird nicht der betreffenden Fachwissenschaft im Allgemeinen so auf indirektem 250 Otto Schlaginhaufen. Wege reicher Gewinn zuteil werden? Aber ein Gesichtspunkt muss gewahrt bleiben, der gerade von der Pygmäenforschung häufig ausser acht gelassen wurde, nämlich dass auch die extremen Erscheinungen der organisierten Natur und also auch der Menschheit den Gesetzen der Natur unterworfen sind, dass auch sie Teile dieser Natur sind und daher Anspruch haben, unvoreingenommen und ohne dass etwas Besonderes in sie hineingedacht wird, untersucht zu werden. Die Pygmäenrassen, mit denen wir uns heute beschäftigen wollen, sind vermöge ihrer extrem kleinen Statur von jeher, schon im Altertum, aufgefallen und haben das besondere Interesse von Laien und Gelehrten für sich gehabt. Um dem Begriff dieser Mensch- heitsformen alles zu nehmen, was an die Sage erinnern oder mit dem pathologischen Kleinwuchs verquickt werden könnte, wollen wir die Ausdrücke „Zwerge“ und „Zwergrassen“ vermeiden und uns des schon von HERoDoT verwendeten Ausdrucks der „Pygmäen“ be- dienen. Es ist nach dem früher Gesagten klar, dass auch die Pyg- mäenrassen nicht ausser dem Machtbereich der Variabilität, der Vererbung und der natürlichen Auslese stehen und alles Material, das über sie gesammelt wird, von diesem Gesichtspunkt aus zu be- urteilen ist. Ein einzelner Schädel oder Extremitätenknochen von kleinen Dimensionen reicht nicht aus, um die Existenz einer Pyg- mäenrasse im Gebiet des Fundortes zu postulieren; denn das Einzel- objekt hat nur die Bedeutung einer einzigen Variante und kann sehr wohl der Variationsbreite höher gewachsener Gruppen entstammen. Unter einer Gruppe von 100 Männern des Stammes Jakumul an der Nordküste Neuguineas, die ich auf eine Anzahl anthropologischer Merkmale hin untersuchte, fanden sich 8°/o mit weniger als 150 em Körpergrösse; im extremsten Falle sank die Statur auf 142 em. Die empirische Variationskurve!) zeigt deutlich, dass es sich um ihre natürlichen, der unteren Variationsgrenze zustrebenden Endglieder handelt, zu deren besonderer Abtrennung wir ebensowenig befugt wären wie zur Isolierung der höchsten über 165 em gelegenen und bis zu 172 cm sich erstreckenden Varianten. Die mittlere Körper- grösse beträgt 158,2 cm. Dementsprechend habe ich beim Besuche dieses Stammes den Eindruck einer untermittelgrossen, aber durchaus nicht kleinwüchsigen oder gar pygmäenhaften Bevölkerung erhalten (SCHLAGINHAUFEN 1914c, 25). Die Auffindung eines einzelnen klein- !) Die Frequenzkurve, auf welche ich mich hier beziehe, ist in meiner Arbeit „Anthropometrische Untersuchungen an Eingeborenen in Deutsch-Neuguinea*. Abh. und Ber. Zool. und Anthrop.-Ethnogr. Mus. Dresden XIV (1912), erschienen 1914, auf S. 5 reproduziert. zo ee Charakteristika lauten: M = 158, 2 + 0,39; oc=5 +0 let Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. 251 wüchsigen Individuums beweist für die Anwesenheit einer Pygmäen- rasse nichts und umgekehrt braucht die Feststellung höher gewachsener Leute innerhalb einer kleinwüchsigen Menschengruppe diese ihrer Pygmäennatur nicht zu berauben. Auch die Pygmäen sind dem Gesetz der Variabilität untertan; auch bei ihnen oszillieren die Individualwerte um eine Mittelzahl und greifen mit ihren Variations- grenzen je nach dem Umfang der untersuchten Gruppe mehr oder weniger weit nach oben und unten aus. Die Tapiro-Pygmäen, die im Quellgebiet des Mimikaflusses in Holländisch-Neuguinea leben (WoLLAsTon 1912), gruppieren sich mit ihren, an 22 Individuen ge- messenen Körpergrössenwerten um das Mittel von 144,9 em und erstrecken sich von 132—152 cm, d. h. über 21 Einheiten. Die höchsten Varianten beteiligen sich ebenso wie die niedrigsten am typischen Aufbau des Rassenkörpers. Es sind das alles Dinge, die zum ABC des modernen Biologen gehören, und ich würde hier nicht darauf zurückgekommen sein, wenn nicht immer wieder bis in die neueste Zeit hinein von anthro- pologischer Seite gegen diese Elemente aller biologischen Forschung verstossen und auf Grund der unzulänglichen Einzelfunde weitgehende Hypothesen aufgestellt würden. Nun werde ich allerdings dem Einwand nicht entgehen, dass manche der Menschengruppen, welche eine durchschnittliche Statur von mehr als Pygmäengrösse besitzen, Mischrassen seien und daher Elemente eines aufgesaugten Pygmäenstammes in sich bergen können. Die mögliche Richtigkeit dieser Behauptung muss zugegeben werden. Zur Entscheidung dieser Frage sind. ausser dem Körper- wuchs diejenigen anderen Merkmale heranzuziehen, durch welche sich die beiden angeblich miteinander in Vermischung getretenen Menschenvariatäten unterscheiden. Die Bedingungen für die An- wendbarkeit dieser Methode sind nur dann erfüllt, wenn die betref- fenden Eigenschaften der reinen Gruppen genügend bekannt sind und sich wirklich scharf auseinander. halten lassen. Allein in manchen Gebieten, wie z. B. in Neuguinea, sind die kleinwüchsigen Stämme von den grosswüchsigen im übrigen so wenig auffallend unterschieden, dass man auf diesem Weg nur mühsam oder gar nicht weiter kommt. Eine scharf ausgesprochene Zweigipfligkeit in der Frequenzkurve würde das einzige sein, was uns zur Ausscheidung des Pygmäen- elementes bestimmen könnte. Wo auch diese Handhabe fehlt, muss die Entscheidung so lange hinausgeschoben werden, bis wir die nötigen Voraussetzungen zur Berücksichtigung des Erblichkeitsmomentes besitzen; denn nur die Vererbung wird uns in letzter Linie den. 252 Otto Schlaginhaufen. Schlüssel zur Zerlegung eines Volkskörpers in seine Rassenkompo- nenten geben können. Was wir heute über den Erbgang der einzelnen Körpermerkmale bei Kreuzung menschlicher Rassen wissen, ist noc zu spärlich, als dass es uns bei der Erkennung pygmäenhafter Ele- mente innerhalb gemischter Gruppen schon die nötigen Dienste leisten könnte. Der Anthropologe befindet sich ja dem Botaniker und dem Zoologen gegenüber bekanntlich darin im Nachteil, dass für ihn das Vererbungsexperiment ausscheidet. Die Daten der Genealogie aber, welche für das Experiment einzutreten haben, geben über die Merkmale und Merkmalskomplexe der Aszedenz in der Regel nicht mit der Vollständigkeit Auskunft, wie dies für Ver- erbungsuntersuchungen und damit auch für die Bastardierungsforschung erforderlich ist. Man wird also alle die angeblichen Nachweise von Pygmäenelementen im Bereich einer durchschnittlich höher gewach- senen Bevölkerung immer mit grosser Vorsicht aufzunehmen haben. Ich wiederhole, dass ich die mögliche Existenz solcher mit Pygmäen vermischter Gruppen grundsätzlich nicht bestreite; aber ich wende mich dagegen, dass die Voraussetzung von Mischungsvorgängen so- wohl in der Diskussion des Pygmäenproblems, als auch in der Be- handlung anderer anthropologischer Fragen verwertet wird, ohne im einzelnen Fall nachgewiesen zu sein. Ich gehe nun dazu über, diejenigen menschlichen Gruppen zu nennen und kurz zu charakterisieren, welche für die Deutung als Pygmäenrassen oder als Rassen, die hochgradig mit Pygmäenelementen durchsetzt sind, in Frage kommen können. Der europäische Kontinent wird in seinem äussersten Norden von einer Pygmäenrasse bewohnt. Ganz im Bereich der arktischen Zone leben die Lappen in dem zusammenhängenden Gebiet der Halbinsel Kola, des nördlichen Finnland und des schwedisch-nor- wegischen Grenzgebiets im Innern der skandinavischen Halbinsel bis zum 64° nördl. Breite. Eine grössere systematische Untersuchung der somatischen Eigenschaften der Lappenrassen steht bis heute noch aus. Indessen lassen sich aus kleineren Einzeluntersuchungen die Hauptzüge des anthropologischen Bildes dieser Gruppe erkennen (HEIBERG 1878; Vox Düsen 1910 u. A.). Mit einer Statur von 150 cm im männlichen Geschlecht kombiniert sich ein breiter und zugleich mittelhoher Schädel. Im Mittel beträgt der Längenbreiten-Index des skelettierten Schädels 83,4, der Längenhöhen-Index 75,6. Das geradlinig-schlichte, selten leicht wellige Haar ist von brünetter bis schwarzer Farbe, doch kamen gelegentlich auch hellere Töne zur Beobachtung. Über die Hautfarbe gehen die Angaben auseinander; die übliche Schmutzschicht erschwert übrigens auch die Beobachtung- Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. 253 An den Gesichtern der Frauen werden von einzelnen Reisenden die frischen Farben, d. h. die rosigen Wangen hervorgehoben. DENIKER stellt die Lappen in seiner Klassifikation zu den Menschenvarietäten mit gelblich-weisser Hautfarbe. Was die Irisfarbe betrifft, so herr- schen auch hier die dunklen, d. h. die braunen bis schwarzen Farben vor; das gelegentliche Vorkommen hellerer Nuancen wird in allen Berichten ausdrücklich erwähnt. Ob die besonders kräftig entwickelte Wadenmuskulatur als ein Rassenmerkmal anzusehen oder vielmehr auf die Wirkung der Lebensweise zurückzuführen ist, muss vorläufig unentschieden bleiben. Die afrikanischen Pygmäen sind die am längsten bekannten unter den kleinwüchsigen Menschenschlägen. Auf sie beziehen sich offenbar schon die Mitteilungen der alten Schriftsteller. Trotzdem liegen zuverlässige Nachrichten über sie erst seit verhältnismässig kurzer Zeit vor. Nachdem Reisende des 17. Jahrhunderts gelegentlich am Gabun und in Loango auf pygmäenhafte Gruppen gestossen waren, begegneten sie erst Du CHAILLU 1. J. 1865 wieder in derselben Gegend, und mit dem Jahre 1870, in dem SCHWEINFURT die Pygmäen des eigentlichen Zentralafrika entdeckte, beginnen die Nachrichten reichlicher zu fliessen. WoLr, WISSMAnN, STANLEY, CAsATı, EMIN PASCHA, STUHLMANN und a. sammelten vereinzelte Daten und Objekte. Doch erst im neuen Jahrhundert sind grössere Serien von Pygmäen an verschiedenen Stellen des zentralen Afrika mit modernen anthro- pologischen Methoden untersucht worden. Der Pariser PoUTRIN (1910, 1911—1912) und der Pole Czekanowskt (1910, 1911) leisteten hier wertvolle Arbeit. Vereinfacht haben sich freilich die anthro- pologischen Probleme dieses Gebietes durch die Vertiefung nicht; denn ganz abgesehen davon, dass wir uns durch Pourrıw (1910) vor die Frage gestellt sehen, ob wir überhaupt noch die Existenz von Pygmäen im zentralen Afrika annehmen dürfen, löst sich die an- scheinende Einheit dieser Gruppen in mehrere Typen auf. Im westlichen Mittelafrika, insbesondere in Gabun kommt ein brachykephaler Pygmäentypus vor, für den man vorläufig eine mittlere Körpergrösse von 143 cm im männlichen und von 137 cm im weiblichen Geschlecht annimmt. Er ist durch die A-Bongo oder O-Bongo repräsentiert. Man gewinnt indessen aus Pourrin’'s Mit- teilungen den Eindruck, dass eine umfassendere mit modernen Methoden ausgeführte Untersuchung der somatischen Verhältnisse dieser Gruppe geboten erscheint. Im eigentlichen Zentralgebiet Afrikas, d.h. im engen stimmen nach den bisherigen Feststellungen die klein- wüchsigen Stämme oder Negrillos alle darin überein, dass ihre Kopfform im Durchschnitt nirgends brachykephal ist und der Längen- 254 Otto Schlaginhaufen. breiten-Index sich mehr oder weniger tief unter der Zahl 80 hält. Diesen Typhus, d. h. mit mesati- bis subdolichokephalem Schädel kann man nach den heute vorliegenden Untersuchungsresultaten nicht anders als in mindestens vier Untergruppen zerlegen. ÜZEKA- NOWSKI unterscheidet die eigentlichen Pygmäen, die im ganzen Ituri- und Lindi-Becken vom Uelle bis zum Ruwenzori vorkommen, von den Batwa, welche im Zwischenseengebiet, d. h. namentlich in Ruanda und Urundi zu Hause sind. PouTkın dagegen trennt die Babinga aus dem Gebiet des mittleren Ubangi und des Sanga von seinen Batua, die er am Tumba- und Leopold-See zu Gesicht bekam. ÜZEKANOWSKTs (1910, 104) Pygmäen aus Giapanda bei Mawambi zeigen eine durchschnittliche Körpergrösse von 140,8, die bei 25 In- - dividuen von 132—148 cm schwankt, einen Längenbreiten-Index des Kopfes von 79,5, einen Längenhöhen-Index von 65. Die durch- schnittliche Hautfarbe liegt zwischen den Nummern 25 und 26 der v. LuscHAn’schen Skala, ist also ein mittleres Braun, und die Irisfarbe deckt sich fast ganz mit Nr. 6 der Augenfarbentafel von R. MaArrın. Sie entspricht einem sehr hellen Braun. Mit 159 cm Körpergrösse erheben sich dann die Batwa des Zwischenseengebietes stark über die Pygmäen. Der Kopf ist wesentlicher länger (I. = 75,1) und niedriger (61,3), und sowohl die Haut, als auch die Iris sind durch dunklere Farbentöne (nämlich 28,6 und 3,4) charakterisiert. Den Babinga kommt eine mittlere Körpergrösse von 152,6 zu; sie decken sich im Längenbreiten-Index von 79,5 mit ÜZEKANOWSKI'S Pygmäen, nicht aber im Längenhöhen-Index von 69,2. Augen und Haare sind hellbraun.!) Die Batua Pourriw’s schliesslich haben eine Statur von 152,2 cm, einen Längenbreiten-Index von 78 und einen Längenhöhen-Index von 76,8. Ihre Haut erreicht nicht die dunklen Töne der Neger, ist aber dunkler als bei den Babinga; Ähnliches gilt von der Augenfarbe. Alle zentralafrikanischen Pygmäen besitzen krauses Haar. Schon bei der Berücksichtigung so weniger Merkmale . drängt sich die Vielheit der Typen auf. Allerdings sieht ÜZEKANOWSKI seine Batwa nicht für eine einheitliche Gruppe, sondern für Pygmäen an, welche mit Urwald- und Zwischenseenbantu vermischt sind, so dass man diesen Typus allenfalls ausscheiden muss. Auf Pygmäen- elemente, die uns vereinzelt aus anderen Teilen des zentralen Afrika und den unmittelbar anschliessenden Gebieten gemeldet sind, trete ich heute nicht ein, da ihre rassenmässige Kleinwüchsigkeit zu wenig sichergestellt ist. ') Kuny (1914, 119) gibt für die Babinga eine männliche Körpergrösse von 154, eine weibliche von 146,9 cm an, ferner einen Längenbreiten-Index des Kopfes von 76,3 resp. 73,5. a Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. 255 Bea seh u ir Bai Ein zweites Pygmäenzentrum liegt im Süden des afrikanischen Kontinentes, es ist die Heimat der Buschmannrasse. Nachdem längere Zeit hindurch die grundlegenden Forschungsresultate von Gustav Fritsch (1872) und unseres bekannten schweizerischen Afrika- forschers Hans ScHinz (1891) fast die einzigen waren, auf welche sich die Charakterisierung der Buschmänner stützen konnte, haben sich in neuerer Zeit die anthropologischen Nachrichten über diese Menschen- gruppe gemehrt. Vox LuscHan (1906), WERNER (1906), PAssARGE (1908), SchuLtze (1907), Pöch (1911 a,b) und Seiser (1912) sind hier vor allem als Untersucher des somatischen Wesens beteiligt. Nament- lich ist es Pöch, der die Kenntnis der Anthropologie dieser Menschen- gruppe förderte, weshalb der folgenden kurzen Charakterisierung in erster Linie seine Angaben zugrunde gelegt sind. Die Buschmäuner . der Kalahari sind von denjenigen des Südens nach Körper und Sprache verschieden. Die ersteren sind von höherem Körperwuchs und dunklerer Hautfarbe, was in diesem Fall offenbar auf Hotten- totten- und Negerbeimischung zurückzuführen ist. Freie Buschmann- stämme sind heute noch im Kalaharigebiet zu treffen. Vereinzelte Familien und Individuen finden sich in Abhängigkeit der Hottentotten in Gross- und Klein-Namaland, ferner bei Buren in der westlichen Kapkolonie und ganz vereinzelt im Freistaat und in Transvaal. Im Basutolaud dienen sie den Eingebornen vielfach als Hirten. Neuere und ältere Angaben decken sich darin, dass die männliche Körper- grösse der reinen Buschmänner im Durchschnitt 144 cm besitzt. "N Wenn daher SEIner (1912) für seine Kung-Buschmänner 156,4, für die Ogowe 153,3 und für die Heikum 152,5 cm findet, so muss man hier auf Beimischung fremden Blutes schliessen.) Lendenwirbelsäule und Kreuzbein sind bei den Buschmännern scharf gegeneinander ab- S geknickt, so dass das letztere beinahe horizontal liegt. Die Hautfarbe © ist fahlgelb bis rötlichgelb. Der Mangel an Unterhautfettgewebe : lässt die Haut an vielen Stellen, namentlich im Gesicht, runzelig erscheinen. Ob die einzige mit einem sehr markanten Fettpolster ausgestattete Region, die Gesässgegend der Frauen, dieses Merkmal immer besessen oder aber von den Hottentotten übernommen hat, 1) Scuinz (1891, 393) allerdings sagt: „Man pflegt abge > den Buschmann als von beinahe zwergartiger Gestalt zu schildern und doch stimmt diese Beschrei- ung — zum mindesten hinsichtlich der Stämme in den Pr et — ganz sicher nicht mit den Tatsachen überein. An 50 beliebig herausgegriffenen Individuen vorgenommene Messungen ergaben als Mittelwert der Körpergrösse 157 em; der . mir überhaupt zu Gesicht gekommene II AiSab mass 167 cm, der kleinste 149 ce “ WERNER (1906, 242) fand für seine Heikum einen männlichen Durchschnitts- wert von 155,3 und einen weiblichen von 149,7 em u. 256 Otto Schlaginhaufen. muss vorläufig noch unentschieden bleiben. In dem äusserst flachen, niedrigen und breiten Gesicht ist das obere Augenlid durch Haut- und gelegentlich auch Fettreichtum verdickt und in seinen äussern Teilen manchmal nach abwärts gezogen. Wie diese Bildung des Augenlides, so gehört die kleine Ohrmuschel, die meist des Läppchens und des Darwın’schen Höckerchens entbehrt und einen extrem weit umgerollten Helixrand besitzt, zu den bezeichnendsten Eigenschaften des Buschmanntypus. Der Schädel der reinen Buschmänner ist nach Pöch mesokephal bis leicht brachykephal. Für das nicht seltene Vorkommen längerer Formen, wie sie von Fritsch und ScHinz beschrieben worden sind, möchte Pöch wiederum die Mischung ver- antwortlich machen. Die kurzen Kopfhaare sind kraus, kleinspiralig .eingerollt und zu Knötchen verfilzt. Der seit langem als Hotten- tottenschürze bekannten Bildung der weiblichen Genitalien ist im männlichen Geschlecht neuerdings ebenfalls eine Besonderheit an die Seite zu stellen, die darin besteht, dass das männliche Glied auch in nicht erigiertem Zustand eine nahezu horizontale Stellung besitzt. Es bestehen also zwischen Buschmann und Neger und anderen Afrikanern überhaupt eine grosse Anzahl tiefgreifender Unterschiede, so dass die Erklärung verschiedener Abweichungen vom Typus vielfach mit Recht in der Vermischung mit fremden Elementen gesucht werden darf. Kleinere Gebiete als im afrikanischen Kontinent nehmen die einzelnen Pygmäenzentren in Asien ein. Sie sind bis jetzt mit Sicherheit nur auf Malakka und der südasiatischen Inselwelt nach- gewiesen. Ein körperliches Hauptmerkmal, die Form des Haupt- haares scheidet sie in zwei grosse Gruppen, die Kraushaarigen und die Wellighaarigen. Als Vertreter der ersten Kategorie sind die Bewohner der Andamanen, die Minkopies zwar seit langer Zeit bekannt, aber nicht dementsprechend gründlich untersucht. Immerhin sind wir über einige Hauptpunkte ihrer somatischen Verhältnisse unterrichtet. Unter Berücksichtigung mehrerer Untersuchungsreihen muss man dem männlichen Geschlecht eine Körpergrösse von 148,3, dem weiblichen eine solche von 139 em zuschreiben. Die Längen- breiten-Indices von 82,5 und 81,9 bei den Nord- und von 83,0 und 82,7 bei den Süd-Andamanen reihen die Kopfform unter die Brachy- kephalen ein. Die Hautfarbe von Gesicht und Schulter entspricht am meisten dem Ton Nr. 42, diejenige des Rumpfes Nr. 27 der Farben- tafel von BrocA, d.h. es überwiegt dort die dunkelbraune, hier die schwarzbraune Farbe. Vorherrschend ist für die Irisfarbe Nr. 27 der Broca’schen Skala, ebenfalls schwarzbraun. Sprachlich heterogen, bilden die Andamanen doch eine somatische Einheit. Verschiedene Typen sind bis jetzt noch nicht unterschieden worden. Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. 257 Der einzige, auf dem asiatischen Festland vorkommende Stamm mit krausem Haar sind die Semang, auch Mendi oder Pangang genannt. Sie gehören zu den Inlandstämmen der Malayischen Halb- insel. Ihre Wohnsitze liegen im nördlichen Perak, in Kedah, Rahman, Ranga und Kelantan. StEvEns, RUDOLF MARTIN, SKEAT, ANNANDALE und Rosso haben Anteil an der Erforschung dieser interessanten Gruppe. Eine durchschnittliche männliche Körpergrösse von 152,0 cm ist mit einem mittleren Schädelindex von 78-79 verbunden. Ein gewisser Prozentsatz brachykephaler Köpfe kommt aber bei den Semang vor (SCHLAGINHAUFEN 1907,6). Dass diesem kraushaarigen Stamm dunkelbraune Haut eigen ist, wird von MaArTın (1905) aus- drücklich betont, da für den benachbarten Stamm der Senoi, von dem später die Rede sein soll, eine andere Kombination der integu- mentalen Merkmale besteht. Das dritte asiatische Zentrum kraushaariger Pygmäen sind die Philippinen, welche auf mehreren ihrer Inseln Reste der Negritos oder Aäta bergen. Seit den ziemlich weit zurückreichenden An- gaben von A. B. M£yeEr hat die anthropologische Untersuchung dieser Stämme fast völlig geruht, bis in diesem Jahrhundert die Amerikaner sie wieder aufnahmen und wenigstens an einer Stelle, im westlichen Luzon neue Resultate zutage förderten. REED (1904) stellte bei den Negritos von Zambales eine mittlere Körpergrösse von 146,3 cm für die Männer und eine solehe von 137,8 für die Frauen fest. Dabei ist der Kopf ausgesprochen brachykephal, da die Indices von 78 bis 92 schwanken und um die Zahl 82 im männlichen, um 86 im weib- lichen Geschlecht oszillieren. Im ganzen schokoladebraun, nähert sich die Haut an den Stellen, wo sie der Sonne nicht exponiert ist, mehr den gelblichen Tönen der Malayen. Diesen drei kraushaarigen sind mindestens wieder drei wellig- haarige Stämme von kleinem Wuchs an die Seite zu stellen. Die Wedda von Ceylon, deren körperliche Eigentümlichkeiten namentlich durch die Herren Sarasın (1892/93) studiert und bekannt geworden, haben, wo sie rein geblieben sind, eine mittlere Körpergrösse von 153,3 und einen dolichokephalen, durch die Verhältniszahl 71,6 charakterisierten Schädel. Auf der Körperhaut spielen die dunkel- braunen Töne die Hauptrolle. Den Wedda stehen nun die Senoi von Malakka, die ebenfalls durch RuporLr Marrın (1905) nach den Forderungen der modernen Anthropologie untersucht wurden, dem äusseren Eindruck nach ziemlich nahe; doch sind sie etwas kleiner; sie messen im 1 150 em und besitzen einen mesokephalen Kopf vom Index 78,5; Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 258 Otto Schlaginhaufen. aber in der Haarform und der Hautfarbe ist die Übereinstimmung eine recht weitgehende. Als dritter, ebenfalls sehr ähnlicher Stamm gesellt sich zu den beiden vorigen die Toala-Schicht von Celebes, unter welchem Be- griff Fritz Sarasın (1907) die eigentlichen Toala, die Tomuna und Tokea zusammenfasste. Bei einem durchschnittlichen Wuchs des Mannes von 156,1 und der Frau von 145,4 beträgt der Längenbreiten- Index des Kopfes 81,7; die Kopfform ist also brachykephal. Auch in der Hautfärbung ist insofern ein Unterschied zu beobachten, als sie nur mittel- und rotbraun, nicht aber dunkelbraun ist. Mit diesen drei Gruppen ist die Liste der wellighaarigen, kleinwüchsigen Stämme aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geschlossen. In Südindien sowohl, als auch in Indonesien sind weitere Reste ähnlicher Typen vorhanden ; sie sind in somatischer Hinsicht aber nicht so gut bekannt wie die beschriebenen. Wir lassen sie deshalb hier beiseite. Wir verlassen nun das asiatische Gebiet und wenden uns dem letzten Zentrum der Menschenvarietäten kleinen Wuchses zu, der melanesischen Inselwelt! In dieser Region wurden die Pygmäen lange vorausgesagt, bevor ihre wirkliche Entdeckung erfolgte. Neu- guinea, die Insel des Bismarckarchipels und der Salomonen sind ein Feld für jene spekulativen Köpfe, denen ein einziges Objekt von kleinen Dimensionen genügt, um eine Pygmäenrasse erstehen zu lassen. Die Statur der allermeisten melanesischen Rassen liegt unter- halb, oft stark unterhalb dem Körpergrössenmittel der Menschheit, und daher ist die Wahrscheinlichkeit, innerhalb derselben klein- wüchsige Individuen zu finden, grösser als anderswo. Ein eigent- licher Pygmäenstamm wurde aber erst im März 1911 durch RAwLIn6 und WoLLAsTon im Süden von Holländisch-Neuguinea, und zwar im Ursprunggebiet des Mimikaflusses entdeckt. Mit ihrer schon ge- nannten Körpergrösse von 144,9 verbinden die Tapiro-Pygmäen einen Längenbreiten-Index von 79,5. Die Haut ist von einem hel- leren Braun als bei den benachbarten Papuas (Hanpon 1912). Die Kamaweka am Inawa-Fluss in Britisch-Neuguinea, welche von STRONG gemessen wurden, haben schon eine Körpergrösse von 148,7 und einen Längenbreiten-Index von 78. Die Goliath-Leute, deren Wohnsitze im Gebiet der Eilandenflusse von Holländisch-Neuguinea liegen, haben einen mittleren Körperwuchs von 149,2 cm und einen Längenbreiten-Index von 83,4 (van DEN BroEk, 1913). Im Torri- celli-Gebirge, im Norden des deutschen Teiles von Neuguinea habe ich eine Gruppe als kleinwüchsig festgestellt. Ihre Männer sind durchschnittlich 150,9 em gross und besitzen einen Längenbreiten- Index von 77,7 (SCHLAGINHAUFEN 1914c). Fast gleichzeitig mit meiner Er R I Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. 259 Entdeckung dieses nördlichen Stammes erfolgte im Süden von Hol- ländisch-Neuguinea diejenige der Mörap und P&söchöm durch die Lorentz’ sche Expedition. Beide Stämme hausen in den Bergen zwischen den Oberläufen des Lorentz- und des Nordwestflusses. Die Mörup decken sich in der Körpergrösse fast vollkommen mit meinen Leuten im Torricelli-Gebirge. Sie sind durchschnittlich 150,5 cm gross und ausgesprochen kurzköpfig; der Längenbreiten-Index be- trägt 82,1. Die in engster Nachbarschaft mit ihnen wohnenden P&s&öch&öm erheben sich zu einer Körpergrösse von 152,8 und zeichnen sich durch einen Längenbreiten-Index von 80,5 aus (VAN DEN BROEK, 1915). Von allen Neuguinea-Pygmäen haben die Kai des Sattel- bergs bei Finschhafen am meisten von sich reden gemacht. Jedoch sinkt auch ihre durchschnittliche Körpergrösse nicht tiefer als auf 152,5; die Kopfform ist durch den Längenbreiten-Index von 78,6 als mesokephal charakterisiert. Diese Zahlen entnehme ich den Unter- suchungsergebnissen von Pöch (1905), der als Erster einen klein- wüchsigen Stamm auf Neuguinea mit anthropologischen Methoden festgelegt hat. Auf den weiter östlich gelegenen Inseln sind Menschen- gruppen von so kleiner Statur nicht getroffen worden; erst auf den Neu-Hebriden findet sich noch ein Stamm, dem nach den Unter- suchungen von SpEiser (1913, 131), ein Körperwuchs von ca. 152 cm im männlichen und von 144 cm im weiblichen Geschlecht zukommt. Die oft genannten Baining auf Neu-Pommern sind schon grösser, Es werden Mittelwerte (THURNWALD-SCHLAGINHAUFEN) von 157,2 und 159,1 cm (Frıeperıcı, 1912, 322) für sie angegeben. Damit möchte ich die Liste der in die Pygmäen-Diskussion einzubeziehenden Menschengruppen schliessen und zur Behandlung der Pygmäenfrage übergehen. Zunächst müssen wir uns darüber Klscheiks zu verschaffen suchen, in welchen Fällen wir eine Menschengruppe zu den Pygmäen zu rechnen haben. Ihr gemeinsames Merkmal ist die extrem kleine Rassenstatur. Von durchschnittlich sehr kleinem Wuchs muss sie sein, wenn sie als Pygmäengruppe gewertet werden soll. Wo die obere Grenze für den rassenmässigen Pygmäenwuchs anzusetzen ist, bleibt unserer Willkür überlassen, wie ja überhaupt alle biologischen und in Sonderheit die anthropologischen Klassengrenzen rein kon- ventionell sind!). Da wir jedoch unter dem Begriff der Pygmäen etwas stark von den üblichen Erscheinungen Abweichendes verstehen, darf die Pygmäengrenze nicht zu hoch gesetzt werden. Wie r innerhalb eines gegebenen Gebietes die Zahl der Rassen mit steigen- 1) Darauf hat auch schon Marrın (1905, 238) hingewiesen. 260 Otto Schlaginhaufen. der Körpergrösse zunimmt, zeigt das Beispiel von Neuguinea und dem Bismarck-Archipel. Von 47 Gruppen ') dieses Gebiets, über deren Körpergrösse zuverlässige Mitteilungen existieren, liegt die durchschnittliche Statur zwischen 144,0 und 146,9 cm bei einer Gruppe, zwischen 147,0 und 149,9 bei zwei Gruppen, zwischen 150,0 und 152,9 bei vier Gruppen, zwischen 153,0 und 155,9 bei sieben Gruppen. Die seltenen Körpergrössenmittel reichen bis 149,9 und mit 150,0 beginnen die häufiger vorkommenden Rassenstaturen. Man wird daher mit Recht solche Gruppen als Pygmäenstämme be- zeichnen, deren durchschnittlicher Wuchs tiefer als 150 cm liegt. "So ist die Pygmäengrenze auch schon von E. Scumipr (1905 a, 125) vorgeschlagen’worden, wenn auch ohne die soeben gegebene Begrün- dung. Darnach würden aus unserer 20 Gruppen umfassenden Liste 8 Gruppen unter die Pygmäen aufzunehmen sein, nämlich: die Obongo, die zentralafrikanischen Pygmäen im engern Sinne, die Buschmänner, die Andamanen, die Negritos, die Tapiro- Pygmäen, die Kamaweka- und die Goliath-Leute. Indessen wird man diese Grenzlinie mit einem Grade von Kritik handhaben müssen, wie er für die Verwendung aller biologischen Klassengrenzen . geboten ist; denn sie alle sind ja, wie schon bemerkt, rein konven- tionell, und ich darf hier vielleicht noch nachtragen, dass z. B. die Mittelzahlen für Poutrın’s Babinga und Marriw’s Inlandstämme der Malayischen Halbinsel sich aus Durchschnittswerten kleinerer Gruppen ergeben haben, die sich von 148 cm an schon aufreihen und selbst- verständlich nicht durch unsere künstliche Grenze in zwei verschiedene Gruppen getrennt werden dürfen. Alle Ansichten, welche unser Problem betreffen, gruppieren sich in zwei Kategorien. Die ersten vereinigt der Gesichtspunkt, dass die Pygmäen eine phylogenetisch alte, ja vielleicht überhaupt die älteste Form der Menschheit darstellt. Die zweiten sehen umgekehrt in den Pygmäen sekundäre Formen, welche ihre Kleinheit der Ein- wirkung besonderer Einflüsse verdanken. hren schärfsten Ausdruck hat die Ansicht, dass die Pygmäen an die Wurzel der Menschheit gehören, wohl in der Pygmäen- theorie von KOLLMANN gefunden. Diese besagt, dass das Menschen- geschlecht von einer einzigen Anthropoidenart abzuleiten sei, deren Individuen sich durch eine Körpergrösse von höchstens 1 Meter und einen aufrechten Gang auszeichneten. Durch eine Anzahl Umwand- lungen, welche hauptsächlich Form und Grösse von Gehirn und ') Da seit meiner Publikation über die Pygmäenfrage in Neuguinea (1914, b) die Mörüp und P&s&öch@m hinzugekommen sind, hat sich en Gruppenzahl von 45 auf 47 erhöht. Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. 261 Schädel betrafen, entstanden die Pygmäen, die, den grossen Rassen schon in hohem Grade ähnlich, sich durch Intelligenz vor allen Anthropoiden auszeichneten, sich nach und nach vermehrten, und, dem Wandertriebe und der Not gehorchend, sich allmählich über die Erde verbreiteten. Sie bildeten drei Horden, eine schwarzhäutige in Afrika, eine gelbhäutige im Osten bis nach Amerika und eine weisshäutige in Europa. Durch direkte Deszendenz gingen aus den Pygmäenrassen die grossen Rassen hervor. Doch machte ein Teil der Pygmäen diese Umwandlungen nicht mit durch, sondern per- sistierte an der Seite der grossen Rassen. Wir finden daher heute neben den hochgewachsenen Menschenvarietäten noch die pygmäen- haften vor. Diese Theorie, welche, wie KoLLMANN sich selbst aus- drückt, die Pygmäen „einer früheren Schöpfungsgeschichte“ entsprungen sein lässt als die grossen Rassen, wurde viel diskutiert und blieb nicht unangefochten. Besteht Kollmanns Ansicht zu Recht, so müssen unter den vorgeschichtlichen Dokumenten der Menschheitsentwick- lung Belege dafür zu finden sein. Es wäre dann bei den geologisch ältesten Skeletten die kleinste und mit dem Aufsteigen in der Erd- geschichte eine zunehmende Körpergrösse zu erwarten. KOLLMANN wies auf die kleinwüchsigen Skelette aus prähistorischer Zeit hin, welche gerade auf dem Boden unseres Landes verhältnismässig häufig zutage traten. Es handelt sich um die Reste von Schweizersbild, vom Dachsenbüel, von Chamblandes, von Moosseedorf und Egolzwil (Marrın, 1909; SCHLAGINHAUFEN, 1915). Doch abgesehen davon, dass diese Einzelfunde nicht die Vertreter einer Pygmäenrasse zu sein brauchen, sondern Varianten höher gewachsener Rassen sein können, treten diese Skelette von kleiner Statur erst im Neolithikum auf, d. h. zu einer Zeit, die schon der geologischen Gegenwart zuzurechnen ist. Was uns an Knochenresten aus dem Palaeolithikum erhalten ist, deutet auf Rassen von mittlerer Statur hin. Die Berechnungen aus den langen Knochen führen bei der Neanderthalrasse zu einer durchschnittlichen Körpergrösse von 162 em. Die kleineren, korri- gierten Zahlen, die BouLe (1913,245) angibt, kommen für unsere Frage nicht in Betracht, da sie sich auf Merkmale beziehen (Platycephalie, Flexionsstellung der untern Extremität), die bei den heutigen Pyg- mäen nicht vorkommen und bei den übrigen zum Vergleich herange- zogenen prähistorischen Pygmäenstaturen nicht berücksichtigt wurden. Von den Skeletten aus dem Aurignacien zeigen dasjenige von Halling im Tal des Medway in Kent 163 cm (Keırn, 1915), der Fund aus der Paviland-Höhle in Wales 173,2 cm (Sorras, 1913), die männlichen Individuen von Cromagnon nach Kerru (1915, 54) im Durchschnitt 180 em, nach Pearson (1899, 207) individuell 172,7 262 Otto Schlaginhaufen. und 165,7 em. Auch der Mensch von Combe-Capelle bildet hier keine Ausnahme; denn KraarscH (1909, 334) gibt selbst 160,0 an, und meine eigene Berechnung führt bei Verwendung der Längen- masse von 6 Extremitätenknochen nach MAnoUvRIER’s Methode zur Zahl 162,4 bei Benutzung der Femurlänge allein zu 161,2. Ich glaube daher nicht, dass Kert# (1915, 111) seine Zahl 155 zugrunde legen und den Menschen von Combe Capelle als kurzen Typus der hoch- gewachsenen Rasse von Cromagnon entgegenstellen kann. Die Ske- lette von Cissbury bei Worthing, welche nach Keıtn nur 150 cm erreichen, dürfen hier nicht ins Gewicht fallen, da ihr Alter (Aurig- nacien oder neolithisch?) fraglich ist, und die sogenannte „negroide* Frau aus der Grotte des Enfants bei Mentone ist mit 159,5 em Körpergrösse weit vom Pygmäenwuchs entfernt. Dem Magdalenien- Skelett von Chancelade schreibt PrArsox (1899, 205) eine Statur von 157,5 und demjenigen von Laugerie eine solche von 166,1 cm zu. Zwischen diesen beiden liegt das Skelett aus Cheddar in den Mendip Hills mit 162.cm (Keıru, 1915, 93). Um die neuesten Magdalenien- Funde noch zu nennen, so ist das männliche Skelett von Obercassel bei Bonn durch eine Körperlänge von 160, das weibliche von 155 cm ausgezsichnet (BoxNET, 1915). Der seinem geologischen Alter nach nicht absolut sicher gestellte Mensch von Ipswich erreicht die an- sehnliche Zahl 180. Selbst die niederste Form der Hominiden, Pithecanthropus erectus, besass eine Körpergrösse von mindestens 160 cm. Dies sind alles Daten, die sich mit KornLmann’s Theorie nicht vereinigen lassen. Ein zweiter Einwand, der gegen sie ins Feld geführt werden kann, besteht darin, dass allen Pygmäen, sowohl den rezenten, als auch den prähistorischen eine Formgestaltung der Schädelkapsel eigen ist, die den bestentwickelten Schädeln der grosswüchsigen Rassen an die Seite gestellt werden kann. Nun steht es aber dank der klassischen Untersuchungen GusTav SCHWALBE’s über Pithecan- thropus und Neanderthaler fest, dass die ältesten, geologisch sicher beglaubigten Hominidenreste wohlgewölbte Gehirnkapseln nicht besassen, dass sie sich vielmehr durch ein niedriges und mit fliehender Stirn ausgestattetes Schädeldach auszeichneten; und zwar sind diese Merkmale bei den Vertretern der Neanderthalgruppe so scharf aus- gesprochen, dass die Zugehörigkeit eines Fundes zu diesem Typus jederzeit mit voller Bestimmtheit entschieden werden kann. Ich glaube mich mit Rücksicht auf die spezifischen Merkmale des Neander- thalers auf diese kurzen Bemerkungen beschränken zu können, da sich alles Hiehergehörige im Neujahrsblatt unserer Gesellschaft für das Jahr 1914 zusammengestellt findet (ScHLAGINHAUFEN, 1914 a). FRTURERTETT Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. 263 Nun hat sich die letzte Seite der Frage dadurch kompliziert, dass für eine Anzahl vorhistorischer Schädelfunde sich ein geologisch höheres Alter herauszustellen schien als für die Schädel vom Ne- anderthaltypus. So will Ruror die morphologisch rezent menschlichen Schädel von Grenelle und Clichy ins älteste Diluvium verweisen ; er steht indessen mit dieser Meinung fast allein. Die Schädelfrag- mente von Denise und Egisheim, deren morphologische Zugehörig- keit zu Homo sapiens durch ScuwALsE festgestellt ist, die aber für geologisch alt angesehen wurden, müssen heute ebenso unter die stratigraphisch mangelhaft beglaubigten Objekte eingereiht werden wie der Schädel von Engis (ÖBERMATER, 1912, 340 und ff.). Dasselbe hat auch für zwei Funde Geltung, die auf Italiens Boden gemacht wurden, die Schädel von Olmo bei Arezzo (BouLr, 1913, 210) und von Castenedolo bei Brescia (Keira, 1915, 245—251). Von den englischen Funden muss Tilbury als neolithisch wegfallen, Dartford (angeblich Acheuleen) wegen des zweifelhaften Alters ausgeschaltet werden und Bury St. Edmund mit Rücksicht auf den sehr frag- mentarischen Zustand eine Zurückstellung erfahren. So bleiben noch die Skelettreste von Ipswich, Galley Hill und Piltdown. Dass der erstgenannte der drei Funde nicht von entscheidender Bedeutung ist, wird von Keitu (1915, 211— 227) selbst zugegeben. Gegen die Beweiskraft des Skeletts von Galley Hill sprechen sich BoULE, OBER- MAIER und R. R. SchmipT sehr bestimmt aus. Was schliesslich den Schädel von Piltdown betrifft, der jetzt im Vordergrund der Dis- kussion steht, so scheint SCHWALBE (1914, 603) nach dem Fundberiecht nicht einmal das hohe Alter (Prechelleen) sicher zu sein. Jedenfalls ist meines Erachtens Boure’s (1913, 245) Argument zurückzuweisen, dass eine Gleichzeitigkeit mit dem Heidelberger Menschen auch des- wegen bestehe, weil die beiden Mandibeln sich gleichen und nur durch individuelle oder sexuelle Unterschiede abweichen. Nach den bisher publizierten Abbildungen zu urteilen, kann von einer engern Verwandtschaft der Unterkiefer von Heidelberg und Piltdown keine Rede sein. Aber auch der Erhaltungszustand der allerdings eher gut gewölbt erscheinenden Schädelkapsel, namentlich der Stirn- gegend ist nicht so gut, wie man ihn sich für die Verwertung in unserem Problem wünschen möchte, und so kann der Schädel von Piltdown keinesfalls eine zuverlässige Stütze für die Pygmäentheorie abgeben. 5 Um aber die Annahme der gutgewölbten Schädelkapsel der Pygmäen als eines phylogenetisch primitiven Merkmals weiter ‚be- legen zu können, zog KoLLmann ontogenetische Befunde als Beweisstücke heran. Bekanntlich stehen sich die Schädelformen von 264 Otto Schlaginhaufen. Menschen und Affen im kindlichen Stadium näher als im Erwach- senen. Auch beim Affenkind erscheint die Schädelkapsel verbältnis- mässig wohlgewölbt und tritt das Gesichtsskelett noch zurück. Später erst greift beim Affen eine mächtige Kieferentwicklung Platz und gewinnt durch die Vermittlung der Muskulatur des Kieferapparates auch Einfluss auf die Gestaltung der Schädelkapsel. So geht die anscheinend menschenähnliche Form des jugendlichen Zustands in den tierähnlichen des ausgewachsenen Affen über. Beim Menschen, wo die Ausbildung des Kieferapparates nicht dieses enorme Mass erreicht, entfernt sich der Erwachsene nicht so weit von dem kind- lichen Zustand. Schien also in der Ontogenie die Schädelentwicklung des Affen von der menschenähnlichen Form auszugehen und die Schädelgestalt des ausgewachsenen Affen eine sekundäre zu sein, so lag es nahe, unter Anwendung des biogenetischen Grundgesetzes den menschenähnlichen Zustand auch in der Stammesgeschichte als pri- mären anzunehmen. RANKE hatte bereits diese Konsequenz gezogen, und KOLLMANN verwertete sie als Stütze für seine Pygmäentheorie. Es ist jedem, der sich mit stammesgeschichtlichen Fragen be- schäftigt, bekannt, dass sich die Tatsachen selten in so schematischer Weise mit den Forderungen des biognetischen Grundgesetzes zur Deckung bringen lassen. RAnKE und KoLLMAnN lassen die kaino- genetischen Verschiebungen ausser acht, deren Existenz gerade in dem vorliegenden Problem eine Rolle spielt und nach den Über- legungen von MEHNERT (1897) sich auch begründen lässt. Es können Organe dann, wenn sie in der Phylogenie eine zunehmende Bedeutung gewinnen, ontogenetisch ihre Entwicklung nicht innerhalb derselben kurzen Zeit durchmachen, wie wenn sie sich noch auf der Stufe geringer Bedeutung befinden. Mit der fortschreitenden stär- keren Ausbildung muss ihre individuelle Entwicklung eine immer längere Zeit in Anspruch nehmen. Es wird sich das Organ früher anlegen und über einen grösseren Zeitabschnitt der Ontogenese er- strecken. Dieser Fall trifft nun, wie ScHwALBE (1899, 102) hervor- hob, für das Gehirn und die Schädelkapsel zu. Munnert bezeichnete diese kainogenetischen Vorgänge als Acceleration und Prolon- gation. Für den Gesichtsschädel hat das Umgekehrte Geltung. Dort haben wir Retardation und Abbreviation der Ontogenese. Mit dieser Erklärung ist auch der Annahme, dass der wohlgewölbte Schädel der Pygmäen ein ursprüngliches Merkmal des Stammes der Menschheit sei, vom Standpunkt der OPER OUIEORECRUNEE der Boden entzogen. Man wird deshalb P. W. Schmipr (1910) vom anthropologischen SUARGBRERE auch nicht zustimmen können, wenn er die Pen als a u a na a ala Dun un nun Di ia a te a a ie DE aan ur Wa Er a Ba re Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. 265 Kindheitsvölker der Menschheit aufgefasst wissen will. Ein exakter Vergleich, den PouUTkın zwischen den Babinga und dem kindlichen Zustand des Menschen durchführte, hat ferner ergeben, dass auch hinsichtlich der Proportionen zwischen den zentralafrikanischen Ne- grillos und dem Kind eine Übereinstimmung nicht besteht. So sind die Schultern schmal und erscheinen nur dank der Muskel- entwicklung breit, die Hände sind nicht weniger als fein, die Nase zeigt eine bemerkenswerte Höhenentwicklung, das Becken ist in seinem untersten Segment in charakteristischer Weise verlängert. Pourrkın kommt zum Schluss, dass die Babinga eine ihnen eigene Morphologie besitzen, die mit dem kindlichen Typus nichts zu tun hat. P. W. Scumipt hat sich, wie schon gesagt, dem ersten Teil der Korımann’schen Theorie angeschlossen, welche in den Pygmäen die primitivsten Menschheitsformen erblickt; aber er hat sich von jenem Teil der Theorie losgesagt, der einer jeden grosswüchsigen Rasse eine kleinwüchsige vorausgehen lässt. Er vertritt im Gegen- satz dazu die Ansicht, dass alle Pygmäenstämme rassenmässig zusammengehören. Ich habe in der vorausgehenden Aufzählung der Pygmäengruppen mich im wesentlichen auf die Angabe der Körper- grösse, des Längenbreiten-Index des Kopfes, der Haarform und der Hautfarbe beschränkt. Aber schon der Vergleich der Gruppen in bezug auf diese wenigen Merkmale wird Ihnen zeigen, wie grosse Schwierigkeiten der Versuch des Nachweises der Einheitlichkeit der Pygmäen begegnet. P. Scumipt umgeht freilich einige der Haupt- schwierigkeiten; er scheidet zunächst die Lappen, die vermöge ihrer Haarform und Hautfarbe allein schon der Einheitstheorie wenig willkommen sein müssen, aus der Liste der Pygmäen aus. Er sieht sie aus Gründen, auf die ich noch zu sprechen kommen werde, die aber nicht beweiskräftig zu sein brauchen, nicht als primäre Pyg- mäen an. In gleicher Weise wird mit den Wedda, Senoi und Toala verfahren, trotzdem dass die Senoi eine Körpergrösse zeigen, die der Pygmäengrenze nicht ferner steht als diejenige der Semang. Die Vereinigung dieser Typen mit den übrigen Pygmäen würde der welligen Haarform halber allerdings nicht geringe Schwierigkeiten verursachen !). Zwar schreibt P. W. Scumipr dieser Kategorie der kleinwüchsigen Stämme einen gewissen Gehalt an Pygmäenelementen zu; er taxiert sie als Mischstämme und nennt sie „Pygmoiden“. So reduzieren sich denn die zum Vergleich verfügbaren Gruppen auf In Erkenntnis der grossen Bedeutung der Haarform Fr P. und F. Sarasın (1892/93, 366) ihre Primärvarietäten nach diesem Merkmale gegliedert und die Ulotrichen, Cymotrichen und Lissotrichen als koordinierte Ts neben- einander gestellt. 266 Otto Schlaginhaufen. lauter Stämme mit krausem Haar. Es verringert sich auch die Zahl der Klippen, an denen der Versuch des Zusammenschlusses der Pygmäenstämme Schiffbruch leiden kann; denn die Haarform ist ein sehr charakteristisches, zähes Bassentgerkial. über welches sich nicht so leicht hinweggleiten lässt. Zur Zeit, als P. W. ScuuipT seine These aufstellte und begründete, kamen die Neuguinea-Pygmäen noch kaum in Betracht, da Gruppen von wirklicher Pygmäenstatur damals noch nicht entdeckt waren. Heute aber, wo wir drei Gruppen kennen, deren Körpergrösse unter 150 cm liegt und mehrere andere, bei denen sie sich wenig über diese Grenze erhebt, müssen auch die pygmäenhaften Stämme Melanesiens Berücksichtigung finden. Die geographische Verteilung der kraushaarigen Pygmäenrassen legt den Gedanken nahe, je die afrikanischen und die indonesisch-melanesischen Stämme enger zusammenzuschliessen, d. h. anzunehmen, dass zwischen den beiden grossen Abteilungen die Verwandtschaft loser ist als innerhalb einer jeden derselben. Es fällt jedoch nicht leicht, den anthropologischen Beweis zu führen. Dasjenige Merkmal, das hier noch die befriedigendsten Resultate ergibt, ist die Farbe der Haut und der Iris. Helle Nuancen sind für die afrikanischen, dunkle für die südasiatisch-indonesischen Gruppen charakteristisch. Die diesbezüglichen Angaben über die Neuguinea-Pygmäen sind noch zu dürftig und unbestimmt, als dass die Stellung dieser Stämme darnach bestimmt werden könnte. Die Mitteilung, dass die Hautfarbe der Tapiro heller zu sein scheinen als diejenige der Papua, würde sie abseits von den indonesischen Gruppen stellen. Dagegen wird die Farbe der Mörüp und P&sech&m ausdrücklich als braunschwarz an- gegeben. Würde sich also eine solche Zweiteilung der kraushaarigen Pygmäen auf Grund der Hautfarbe zur Not durchführen lassen, so wird durch die Herbeiziehung anderer Merkmale die Einheitlichkeit innerhalb einer jeden der beiden anderen Gruppen wieder in Frage gestellt. P. Schmiprt postulierte für alle Pygmäenrassen eine brachy- kephale Kopfform. Sie besteht zweifelsohne bei den Andamanen und den Negritos der Philippinen; aber schon bei den Semang sind die individuellen Formen sehr heterogen und der Index von 78,5 ist von der Brachykephalie noch weit entfernt. In Neuguinea können nur die Goliathleute und die Mörüp als brachykephal gelten, während sowohl die wirklich pygmäenhaften Tapiro, als auch die nächst grösseren Kamaweka mesokephal sind. In Afrika haben sich seit der Publikation des P. Schmidt die Dinge etwas mehr zugunsten dieses Autors gewendet.') Von der Voraussetzung eines eigentlich !) Kun (1914) und von LuscHas (1914) treten für einen Zusammenhang zwischen Pygmäen und Buschmännern ein Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. 267 brachykephalen Pygmäentypus im zentralen Afrika ist man zwar eher abgekommen; aber nach neueren Untersuchungen stehen sich zentralafrikanische Pygmäen und Buschmänner im Längenbreiten-Index des Schädels näher als man früher glaubte. Die Mawambi-Pygmäen und die Babinga sind mit einer Verhältniszahl von 79,5 nur meso- kephal und von den reinen Buschmännern sagt Pöch, dass sie meso- kephal bis leicht brachykephal seien. Dieser Untersucher hat seine zahlenmässigen Resultate noch nicht veröffentlicht; doch deutet seine vorläufige, allgemein gehaltene Mitteilung darauf hin, dass die Dolichokephalie der Buschmänner offenbar ein fremdes, den Negern entstammendes Element ist. Bevor die Zahlen jedoch bekannt ge- macht sind, kann ein definitives Urteil über den Grad der Annähe- rung der Buschmänner an die Pygmäen nicht gefällt werden. Gesetzt indessen, die beiden Gruppen würden hinsichtlich dieses Merkmals eng aneinander schliessen, so blieben immer noch die brachykephalen Stämme des westlichen Mittelafrika abseits; eine Einheit wäre somit unter den afrikanischen Gruppen nicht hergestellt. Es lässt sich nur sagen, dass die kraushaarigen Pygmäengruppen durch das Fehlen durchschnittlicher Dolichokephalie ausgezeichnet sind, dass die Durchschnittstypen nur meso- und brachykephal sind. Legen wir uns aber die Frage vor, ob mit diesem Ergebnis oder mit einer allfälligen Feststellung der durchgängigen Kurzköpfig- keit ein Teil des Nachweises der Zusammengehörigkeit aller Pyg- mäengruppen geleistet wäre, so ist das nicht ohne weiteres zu bejahen. So scheint es wahrscheinlich, dass geringe Körpergrösse und kurze, breite Schädelform in einer engeren Korrelation zueinander stehen; ja wir können weiter gehen und sagen, dass diese Verbindung der Merkmale dem Gebot der Ökonomie des Körperbaues entspringt. Dieses muss gerade bei kleinwüchsigen Formen verlangen, dass die einzelnen Organe nach dem Prinzip bestmöglichster Raumausnützung gebaut seien und wenn wir hier speziell an das Gehirn denken, so kommt sein knöcherner Behälter, die Schädelhöhle diesem Grundsatz besser nach, wenn sie rundköpfig, als wenn sie langköpfig gebaut ist. Die Brachykephalie ist also offenbar ein Merkmal, das der Kleinwüchsig- keit eo ipso anhaftet und sich daher als Mittel zum Nachweis der Einheitlichkeit der Pygmäen nicht gut eignet. Dass diese Korrelation wirklich besteht, konnte ich an dem Beispiel Neuguineas zeigen, wo bei den Gruppen mit Körpergrössen bis und mit 148 cm der Längen- breiten-Index nicht unter 78, bei denjenigen mit Körpergrössen bis und mit 154 nicht unter 77 sinkt und erst bei einer durchschnittlichen Körpergrösse von 155 cm dolichokephale Ziffern aufweist. Das Beispiel des Längenbreiten-Index zeigt, wie schwer es hält, 268 Otto Schlaginhaufen. auch nur ein einziges, alle Pygmäentypen verbindendes morpholo- gisches Merkmal ausfindig zu machen, das für den Nachweis der Einheitlichkeitstheorie brauchbare Verwendung finden kann. Auch VAN DEN BROEK (1915, 270—273), der den Versuch machte, die Übereinstimmungen zwischen den Inlandstämmen von Niederländisch- Neuguinea und den kraushaarigen Varietäten Südasiens zu eruieren, kommt zum Schluss, dass neben der Identität in einigen Merkmalen zugleich viele Unterschiede zu registrieren sind und „die Behauptung einer Verwandtschaft, resp. einer Identität, nicht ohne weiteres an- zunehmen ist“. Selbst in der Voraussetzung, dass alle Pygmäen Teile einer Einheit seien, muss die Eruierung gemeinsamer Merkmale Schwierigkeiten bereiten, da es doch nicht wahrscheinlich ist, dass die Zweige des angeblich einheitlichen Pygmäenstammes auf der ursprünglichen Stufe der Entwicklung stehen geblieben sind, sondern entsprechend den verschiedenen Bedingungen ein jeder in der ihm eigentümlichen Weise sich weiter entwickelt haben. Ich verzichte darauf, den Versuch mit anderen Merkmalen zu wiederholen; der Anthropologe muss bekennen, dass die Zusammengehörigkeit der Pygmäenstämme nicht erwiesen ist. Aus all dem Gesagten geht hervor, dass die Theorien des phylogenetisch primitiven Charakters und der morphologischen Zusammengehörigkeit aller Pygmäen auf recht schwankem Boden stehen und wenig Wahrscheinlichkeit für sich haben. So wenden wir uns jener Kategorie von Ansichten zu, welche von der Annahme ausgehen, dass die Pygmäenstämme unter der Einwirkung äusserer Einflüsse, d. h. der Umwelt im wei- testen Sinne des Wortes entstanden sind. Stellt man sich auf diesen Standpunkt, so kann man sich vorstellen, dass die Einflüsse die Individuen direkt treffen und sie selbst unmittelbar oder die Nachkommen mittelbar umformen. Man kann aber auch daran denken, dass sich diese Beeinflussung durch das Mittel der Se- lektion geltend macht und schon vorhandene Varianten züchtet. Fassen wir den ersten Fall ins Auge, so haben wir zunächst nach Tatsachen Umschau zu halten, welche die Möglichkeit der Ein- wirkung von Umweltfaktoren im Sinne einer Verminderung der Statur zuverlässig belegen. Erlauben Sie, dass ich hier ein Beispiel wähle, das ich kürzlich an anderer Stelle und in anderem Zusammenhang angeführt habe, um auf die Behandlung gewisser sozial-anthropolo- gischer Fragen vorzubereiten!). Hier mag es dazu dienen, um das ) SCHLAGINHAUFEN, Sozialanthropologie und Krieg 1916, Zürich und Leipzig, | Rascher & Cie. Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. 269 Pygmäenproblem von einer bestimmten Seite zu beleuchten. Ich ‚meine die Beobachtungen, die der französische Militärarzt CoLLIGNON (1894) an der Bevölkerung der Grafschaft Limousin machte. Die Männer dieser Gegend erwiesen sich nach den Untersuchungen der Militäraushebung als die kleinsten. BrocA hatte in diesem Befund nur den Ausdruck der Rasseneigentümlichkeit der Bevölkerung der Berge von Limousin erblickt, und TopInArD nannte diese Gegend die „Citadelle der keltischen Rasse in Frankreich‘. CorLısxox aber sah sich von dieser Erklärung nicht befriedigt und machte die eigen- tümlichen Umweltfaktoren für den geringen Körperwuchs verantwort- lich. Er war seiner Ansicht nach das Resultat der langjährigen Einwirkung des rauhen Klimas, der Unfruchtbarkeit des Bodens, der einförmigen Nahrung, des schlechten Trink- und Kochwassers und der ungesunden, in ungünstiger, lichtarmer Lage befindlichen Wohnungen. Den Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme er- brachte ihm die Beobachtung, dass Individuen, die in diesem Gebiete geboren waren, aber anderswo ihre Kinder- und Entwicklungsjahre zugebracht hatten, eine ansehnlichere Körpergrösse erreichten als die in Limousin zurückgebliebenen Leute, und dass umgekehrt aus- wärtige, aus Gegenden mit durchschnittlich hoher Statur stammende Menschen, die in der ersten Zeit ihres Lebens nach Limousin kamen, und hier die Wachstumszeit verlebten, nie über die kleine Körper- grösse der Männer von Limousin hinauskamen. Man darf daraus schliessen, dass die den Keimzellen innewohnenden Erbanlagen von den ungünstigen Lebensbedingungen dieser Gegend Frankreichs un- beeinflusst geblieben sind und dass nur der Körper des einzelnen, den schlechten Bedingungen ausgesetzten Mannes für die Dauer seines Lebens der Entwicklungshemmung unterlag. Als Degenerations- zeichen darf daher im vorliegenden Fall die geringe Körpergrösse nicht aufgefasst werden. Für unser Problem folgt daraus zweierlei: 1. dass anscheinend rassenmässiger Kleinwuchs sich unter Umständen als vorübergehendes, nicht auf Erbanlagen beruhendes Merkmal her- ausstellen kann, das seine Existenz nur der direkten Einwirkung der Umweltfaktoren verdankt; 2. dass durch die unmittelbare Be- einflussung von aussen rassenmässige Kleinwüchsigkeit, die auf endogenen Varianten beruht, nicht herbeigeführt werden kann. Es läge somit im Kreis der Aufgaben des Pygmäenforschers, zu ergrün- den, ob unsere Pygmäenstämme oder ein Teil derselben nur Schein- pygmäen sind, ob durch geeignete Änderung ihrer Lebensbedingungen ihre Durchschnittsstatur sich ändert und eine höhere, ihre wirkliche Körpergrösse erreicht wird. Meines Wissens verfügen wir nur über eine einzige Angabe, welche diese Frage beschlägt. Sie bezieht sich 270 Otto Schlaginhaufen. auf die Lappen und stammt von EuropArus (1875, 229), der von der Bevölkerung des nördlichsten Dorfes im russischen Karelien, Tuntsa, berichtet: „Jetzt aber, nachdem das Volk ansässig und ackerbautreibend geworden und also mit kräftigerer Kost versehen ist, sind sie, so viele ich von ihnen (drei Mann) selbst sah und nachfragte, jetzt bis zu gewöhnlicher Manneshöhe herangewachsen. Nur das schwarze Haar hatte sich bei allen drei gut gehalten“. Diese Mit- teilung ist zu allgemein gehalten, als dass man ihr mehr als den Wert einer Anregung zu weitergehenden Untersuchungen zuerkennen könnte. Noch weniger anzufangen ist mit der Ansicht von TorvarY!), der die Batua schlechthin als ein Volk bezeichnet, das durch die Besserung der Lebensumstände seine Statur im Laufe der Zeit ver- grössert hat. Einen zuverlässigen, wissenschaftlichen Beweis für die Behauptung, dass die heutigen Pygmäen durch unmittelbare Umwelt- einflüsse in ihrem Wuchs herabgeminderte Sengpangiuppen dar- stellen, besitzen wir somit nicht. Schliesslich haben wir der Auffassung noch Raum zu geben, welche dahin geht, dass die Pygmäenrassen das Ergebnis eines Selektionsprozesses sind, der unter der Einwirkung irgendwelcher äusserer Faktoren vor sich ging. Angenommen die Lebensbedingungen einer natürlichen Menschengruppe verändern sich in der Weise, dass fortan der Gesamtheit ein kleineres Nahrungsquantum zur Verfügung steht, so werden die Kleinwüchsigen infolge ihres geringeren Nah- rungsbedarfs grössere Aussicht auf ein Fortkommen haben als die Grosswüchsigen. Auch hinsichtlich der Fortpflanzung werden die Kleinen den Grossen gegenüber allmählich im Vorsprung sein. Es wird in den kommenden Generationen die Zahl der Individuen von kleinem Wuchs relativ zur Zahl derjenigen von grosser Statur zu nehmen; es verschiebt sich die mittlere Körpergrösse nach abwärts; es ist ein kleinwüchsiger, den neuen Verhältnissen gut angepasster Typus gezüchtet worden. Der Fall ist ein gutes Beispiel zur Er- läuterung der Bedeutung der Variabilität. Hätte die Gruppe ur- sprünglich aus lauter Individuen gleicher Körpergrösse bestanden, so hätte sie den veränderten Lebensbedingungen gegenüber nur wie eine einzige Variante gewirkt, da alle Individuen in gleich ungenü- gender Weise an den Zustand der Nahrungsverminderung angepasst gewesen wären und gleich geringe Aussicht auf Weiterkommen ge- habt hätten. Eine weit grössere Anzahl von Menschen, vielleicht alle, wären ausgemerzt worden — und, was besonders schwer wiegt —, die allenfalls Überlebenden würden ihre, - äusseren Beilagen !) Cit. nach PouTrin (1912, 383). ’ ea an EN 2 0 AR ee Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. 271 nicht angepasste Statur auf ihren Nachwuchs vererbt haben, womit diesem wiederum eine geringere Lebensaussicht eröffnet worden wäre. Der erste, der den selektionistischen Standpunkt in die Diskussion über das Pygmäenproblem hineingetragen hat, ist Gustav SCHWALBE (1906). Nach dem Vorangegangenen brauche ich nicht besonders zu betonen, dass diese Auffassung mit derjenigen einer Verkümme- rung oder gar einer Degeneration nichts zu tun hat. Die Qualität des Erbgutes wird durch den Ausleseprozess nicht angegriffen. Es fehlt indessen nicht an Autoren, welche die beiden Dinge nicht auseinander zu halten vermögen und die Auslesetheorie mit der Ver- kümmerungstheorie zusammenwerfen. Dass Schwalbe die Ursache des Selektionsprozesses relativ allgemein gehalten hat, verdient die Vorwürfe nicht, die ihm gemacht worden sind. Im Gegenteil, scheint mir, kann der Begriff der Umwelteinflüsse nicht weit genug gefasst werden, und ich meinerseits bin der Überzeugung, dass zwar von all den angeführten Auffassungen der Pygmäen nur diejenige des durch den Vorgang der Selektion entstandenen Pygmäenwuchses in Frage kommen kann, dass aber die Gründe, die zur Züchtung der Pygmäenrassen führten, in den verschiedenen Fällen ganz ver- schiedene sein konnten. Im einen Fall kann in der Tat das Nahrungsquantum, in einem anderen das geographische Milieu im weiteren Sinn, in einem dritten der Krieg, in einem vierten schliess- lich ein sozialer oder kultureller Gebrauch den Grund für das Ein- setzen des selektorischen Prozesses abgeben. Vor allem dürfen wir auch bei den Menschengruppen, die wir als Naturvölker anzusehen gewohnt sind, den Einfluss sozialer und kultureller Momente nicht unterschätzen. Man denke an die Heiratsgesetze, die Geheimbünde, die stammendezimierenden Gebräuche wie Kindsmord, Witwenver- brennung, Kopfjägerei und ähnliche Volksgebräuche, die alle auf direktem oder indirektem Weg ihre Rückwirkung auf den physischen Volkskörper ausüben !!) Dabei ist es meines Erachtens nicht nötig, dass die Varianten, die sich die Selektion auswählt, durch den Zustand der Domestikation ausgelöst sein müssen, wie Eugen FiscHer (1914, 506—508) dies für die Pygmäenentwicklung postuliert. Wir kommen hier mit der An- nahme der Selektion allein aus, und wenn man schon von Wirkungen des Domestikationszustandes sprechen will, so wird es sich zunächst um solche handeln, die auf dem schon genannten Wege der Auslese unter dem Einfluss kultureller Faktoren zustande kommen. Die !) Siehe auch meine Rede „Die un in sniged Beziehungen zur Ethnologie und Prähistorie*. Jena, 1 272 Otto Schlaginhaufen. Heranziehung direkter Domestikationswirkungen kompliziert unser roblem ohne es einer Lösung näher zu bringen. Denn der Vorgang der Variantenauslösung unter der Herrschaft der Domestikation ist uns ja in seiner Causalität noch fremd. Welcher von den zahlreichen Umweltfaktoren in jedem einzelnen Fall in Frage kommt, ist jeweilen besonders zu untersuchen. Für Neuguinea habe ich mit einem solchen Versuch begonnen und glaube vorläufig eine Parallelität zwischen der Änderung gewisser geo- graphischer Faktoren und derjenigen bestimmter Körpermerkmale festgestellt zu haben. So ist die Körpergrösse an den einzelnen Küstenstellen durchwegs grösser als an den jeweilen dahinter ge- legenen Punkten des Inlandes, und umgekehrt nimmt der Längen- breiten-Index mit wenigen Ausnahmen von der Küste nach dem Inland zu. Da diesen Regeln nicht nur diejenigen Örtlichkeiten unterworfen sind, die den Wohnsitzen der kleinwüchsigen Gruppen entsprechen, sondern auch diejenigen, deren Bevölkerung sich in der Körpergrösse über die Grenzen der Pygmäenhaftigkeit erhebt, so drängt sich einem die Ansicht auf, dass den in Frage kommenden Körpermerkmalen der Charakter von Funktionen geographischer Momente zukommt (SCHLAGINHAUFEN, 1914 b). Dabei möchte ich auch diesen Begriff möglichst weit gefasst wissen; denn die Ursachen der „selektorischen Pygmäogenese“, wie ich diese Art der Pygmäenent- stehung nennen möchte, z. B. die besonderen Ernährungsbedingungen, haben ihre Wurzel schliesslich in geographischen Faktoren. Eine Schwierigkeit stellt sich diesen Untersuchungen allerdings entgegen: das sind die Wanderungen der Rassen und Völker. Man kann kann mir z. B. entgegenhalten, dass die grosswüchsigen Küstenstämme vielleicht eine relativ spät in Neuguinea erschienene Bevölkerung seien, welche die kleinwüchsige Urbevölkerung, die ursprünglich die ganze Insel bis an die Küsten beherrschte, in das gebirgige Inland drängten und bis auf den heutigen Tag dort festhielten. In diesem Fall müsste dann die vergleichende Untersuchung zwischen Pygmäen- und Küstenstämmen grössere Differenzen ergeben als je innerhalb derselben. Für einen Abschnitt des nördlichen Neuguinea habe ich den Nachweis erbracht, dass die kleinwüchsige Bevölkerung des Toricelligebirges einem einzelnen Küstenstamm näher steht, als die Küstenstämme unter sich es tun. Dies spricht nicht für die rassen- mässige Selbständigkeit dieses Gebirgsvolkes. In ähnlicher Weise konnte POUTRIN von seinen Batwa zeigen, dass sie gewissermassen verkleinerte Neger sind, d. h. zu den Negern deutliche morphologische und wohl auch genetische Beziehungen aufweisen, während die Babinga dies nicht tun. Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. 213 Die Forscher, welche Vertreter von Pygmäen- oder Pygmöiden- stämmen zu sehen Gelegenheit hatten, stimmen fast ausnahmslos darin überein, dass dies gesunde, kräftige und in keiner Weise verkümmerte Menschenschläge sind. Diesen Eindruck habe ich auch von den Eingebornen des Torricelligebirges mitgenommen, und die sechs Ituri-Pygmäen, die im Jahre 1906 durch von LuscHAn (1906, 716—731) in der Berliner Anthropologischen Gesellschaft vorgestellt wurden, erschienen mir nichts weniger als verkümmert. Diese Wahrnehmungen entsprechen den Eigenschaften eines Typus, den die Umweltfaktoren durch das Mittel der Selektion und nicht durch unmittelbare Einwirkung geformt haben. Unter den letzt- genannten Umständen hätten sich doch, wie in dem Fall von Limousin, da und dort Anzeichen von somatischer Verkümmerung bemerkbar gemacht. Wir sind mit unserer Betrachtung der Pygmäenrassen und ihrer biologischen Bedeutung zu Ende. Sie hat uns gezeigt, dass die ur- sprüngliche Ansicht der primitiven Bedeutung dieser Menschengruppen viel, ja vielleicht alles von ihrer Wahrscheinlichkeit verloren hat und an ihre Stelle die selektionistische Auffassung zu treten ver- spricht. Sie beanspruchen deshalb das wissenschaftliche Interesse nicht in geringerem Grade, sondern erschliessen dem Anthropologen durch die verschiedenen Fragestellungen auf dem Gebiet der Auslese- faktoren manch neues verheissungsvolles Arbeitsfeld! Literaturverzeichnis. Bonnet, siehe Verworn. Boule, Marcellin. 1911—1913. L’homme ee de la Chapelle-aux-Saints. Ann. Paleont., t. 6, p. 3--64; t. 7, p. 65—208; t. 8, p-. 209—275. Broek, A.J.P. van den. 1913. Über Pygmäen in Niederländisch-Süd-Neu-Guinea. “ Zeitschr. f. Ethnol., 45. Jahrg., S. 23—44. 1915. Zur Aueh Ts Bergstammes der P&söchem im Innern von Niederländisch- Neu-Guinea, in: Nova Guinea, vol. 7, En II, S. 233—276, Collignon, R. 1894. Anthropologie de la France. 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Jahr- gang — Festschrift der a schenden Gesellschaft zur Feier ihres 150jäh- rigen Bestehens — ‚kostet 20 Fr. Er besteht aus der Geschichte der Ge- sellschaft (274 Seiten Ei 6 Tafeln), ‘aus- 35 wissenschaftlichen Abhand- lungen > Seiten und 14 Tafeln) und einem ne (66 Seiten). ; Die seit 1799 inununterbrochener Folge von der Geae h = hersusgekebenen er me sind ebenfalls durch die Buch & handlung Beer & Co. zu ie nz ‚Seit 1865- sind erschienen: - P. Arbenz: Über Ka Posen. 1913. G. Asper: Wenig bekannte Gesellschaften kleiner Tiere. 1881. R. Billwiller: Kepler als Iieformator‘ % ä . 0. der Astronomie. 1878. Die meteorolögische Station auf dd Säntis. 1888. _K. Bretscher: Zur Geschichte -des-Wolfes in der Schwein "1906. C. Cramer: Bau purkli; Die des Getzedehalme, 1889. A. ariek und . Aus Bl Physik, 1875. re 1885. räff e; Reisen artwich: Di Bean zen der Pfahlbauten "1866 Flachs und Flachskultur, 1872. Alb.Heim: : Einiges über die Verwiktörunglorgeniieg Berge. 1874. Ueber Bergstürze. 1882. 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Wenn ich für meinen Vortrag das aus dem Titel bekannte Thema der Selbstreinigung und der biologischen Reinigung städtischer Ab- wässer gewählt habe, so ist das weniger darum geschehen, weil es, wie man zu sagen pflegt, mein Steckenpferd ist, als vielmehr des- halb, weil es eine Frage betrifft von hohem allgemeinen Interesse und grossem praktischen Wert. Es ist ein Gebiet aus der leider vom strengen Wissenschaftler noch immer nicht als vollwertig aner- kannten „angewandten Zoologie“, ein Gebiet, das theoretische For- schungsergebnisse in den Dienst der Praxis stellt. Dementsprechend gliedere ich auch meinen Vortrag in eine etwas eingehendere theo- retische Erörterung über die Selbstreinigung und in eine kurze Er- läuterung der praktischen Seite. Zunächst also die Selbstreinigung des Wassers, eine Erscheinung, mit der heute auch der Ungebildetste rechnet und welche seit urvordenklichen Zeiten dem Menschen bald bewusst, bald unbewusst bekannt war. Schon die einfache und landläufige Beobach- tung, dass ein längere Zeit im Wasser liegender Kadaver nach und nach völlig verschwindet, musste ja auf die Annahme einer dem Wasser innewohnenden, verzehrenden und reinigenden Kraft führen, und daraus mag sich das im Volksmund verbreitete Wort herleiten, dass Schmutz- wasser, über 7 Steine geflossen, wieder sauber sei. Die Wissenschaft konnte sich natürlich mit derartigen Behauptungen nicht zufrieden geben, und als ernste wissenschaftliche Forschertätigkeit sich an das Phänomen der Selbstreinigung heranwagte, da ergab sich nur zu bald, dass mit so einfachen Erklärungen, wie sie das Volk in der Bewegung des Wassers erblickte, nicht auszukommen war, dass die ganze Erscheinung durch viel tiefer liegende Faktoren Dee wird. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 19 - 378 J. W. Fehlmann. Naturgemäss trat in dem Lande, das die verschmutztesten und deshalb auch hygienisch gefährlichsten Gewässer besass, in England zuerst die Wissenschaft an das Problem der Selbstreinigung heran, und wohl die erste Theorie darüber verdanken wir Letheby''), der im Jahre 1869 die These aufstellte, dass ein verschmutztes Wasser, um wieder seine ursprüngliche Reinheit zu erhalten, entsprechender Verdünnung unterzogen werden müsse. Darauf basierend verlangte er z.B. für die Abwässer von London eine 20fache Verdünnung. Letheby drang mit seiner Ansicht aber nicht durch, und die zweite Rivers Pollution Commission stellte ihr eine neue entgegen, wonach die Selbstreinigung der englischen Ströme im wesentlichen auf Verdünnung und Sedimentierung beruhe. Der Oxydation schrieb diese Kommission nur untergeordnete Bedeutung zu und behauptete, keiner der englischen Flüsse sei lang genug, um eine völlige Selbst- reinigung zu ermöglichen. Nach und nach wurden durch emsiges Studium der Frage ins- besondere von seiten der Bakteriologen weitere Faktoren als mitbe- teiligt nachgewiesen, sodass Weyl 1897?) in seiner sorgfältigen Ar- beit über Flussverunreinigung deren nicht weniger als 8 anführt, nämlich: 1. Licht, 2. Temperatur, 3. Bewegung des Wassers, 4. Zutritt des Sauerstoffes, 5. Tätigkeit lebender Zellen, 6. Länge des Flusslaufes, 7. Sedimentierung, 8. Verdünnung. Dabei wird nun bereits eine eigentliche Selbstreinigung unterschieden, d.h. eine absolute Entfernung der Schmutzstoffe, eine Umwandlung in unschädliche mineralische Substanz (das Schlagwort: „Mineralisierung“ ist ja all- gemein bekannt), anderseits aber eine uneigentliche Selbstreini- gung, die nur relativ zur Geltung kommt, die also die verunreinigen- den Bestandteile nicht wirklich entfernt, sondern sie nur in der Wassereinheit verringert, in der Totalität aber belässt. Die uneigentliche Selbstreinigung wird noch heute zum Teil als wesentlich angesehen. Die Sedimentierung z. B. spielt ganz zweifellos eine hervorragende Rolle, und die grosse Mehrzahl der Keime ver- schwindet nach der Auffassung einer Reihe von Autoren aus dem Wasser durch Sedimentierung. Auch die übrigen, suspendierten Be- standteile erleiden durch Sedimentierung eine Verringerung. Nur sind sie eben noch lange nicht wirklich entfernt, auch wenn sie am . A. Roechling. Rivers Pollution and Rivers Purification. Paper read at the kun Meeting of the Association of Munieipal and County Engineers in Bury. 1892. Auszug davon in ?) Weyl Th. Handbuch d. Hygiene. Bd. II Städtereinigung pag. 438. Jena 1897. Die Selbstreinigung der Gewässer und die biol. Reinigung städt. Abwässer, 279 Boden des Gewässers als Schlamm zur Ablagerung kommen, und die Bakterien verlieren, wie Versuche bewiesen haben, durch Sedimen- tierung allein ihre Lebensfähigkeit nicht immer, sogar ihre Virulenz behalten sie oft bei. Ähnlich wie mit der Sedimentierung steht es auch mit den andern Faktoren der uneigentlichen Selbstreinigung, z.B. mit der Verdünnung. Wenn Weyl sagt, dass sich mit der Verdünnung und Sedimentierung die meisten Symptome der Selbst- reinigung erklären lassen, so befindet er sich gewiss im Irrtum; denn einerseits bleibt 1 gr Eiweiss in 10 Liter Wasser so gut 1 gr Eiweiss wie in 1 Liter, nur der Nachweis wird schwieriger oder ganz unmöglich, anderseits aber möchte ich sehr gerne wissen, wie man ausschliesslich mit der Verdünnungs- und Sedimentierungstheorie z. B. nur die einfache Tatsache erklären will, dass man in ein sach- gemäss gehaltenes Aquarium immer wieder neue Quantitäten von Schmutzstoffen eintragen kann, ohne je eine Verunreinigung fest- stellen zu können, trotzdem nie Wasserwechsel stattfindet. Da müssen also ganz andere Faktoren wirken als Verdünnung oder Sedimentierung, nämlich diejenigen der eigentlichen Selbstreini- gung, die Faktoren, welche eben die Verunreinigung absolut ent- fernen und vernichten. In erste Linie stellt Weyl unter diesen Komponenten der eigent- lichen Selbstreinigung das Licht. Das mag seine Berechtigung haben, wenn man unter Selbstreinigung nur die Entfernung der Keime, vor allem der Bakterien versteht. Durch Liehtwirkung wird ja, wie heute allgemein anerkannt ist, eine hervorragende Sterilisation ausgeübt, und es ist deshalb heute ganz selbstverständlich, eine Verminderung der Keimzahlen zu erwarten, wenn Abwasser starker Insolation aus- gesetzt wird. Von durchschlagender Bedeutung kann aber die Licht- wirkung auf keinen Fall sein, da ein Wasser, auch wenn es völlig keimfrei wäre, deswegen doch noch lange nicht rein zu sein braucht. Der grosse und im hygienischen Sinne ausschlaggebende Ein- fluss dieser bisher genannten Faktoren zeigt sich am deutlichsten im Seewasser, wo, wie wir nachher sehen werden, nur eine schwache eigentliche Selbstreinigung im heutigen Sinne stattfindet, und wo die enorm hohen Keimzahlen der verunreinigten Zuflüsse hauptsächlich durch diese bisher genannten Faktoren der uneigentlichen Selbstreini- gung, also Verdünnung, Sedimentierung und Belichtung auf ein Mini- mum herabgesetzt werden. Es ist daher nicht nur wohl begreiflich, sondern auch vom hygienischen Standpunkt aus durchaus zu recht- fertigen, die Trinkwasserentnahme unserer Städte aus Seen zu be- werkstelligen. Bietet doch das Seewasser neben dem Vorzug der Unerschöpflichkeit und der konstant tiefen Temperatur von 4—5° in 380 J. W. Fehlmann. weitem Ausmasse Garantie für ständig niedrige Keimzahlen, also für Bedingungen, wie sie der Hygieniker an ein gutes Rohwasser zu stellen pflegt, Bedingungen, die nur ganz hervorragendes und daher nicht überall zu findendes Quellwasser zu erfüllen vermag. In ein weiteres Stadium trat die Kenntnis von der Selbstreinigung durch die Arbeiten Pettenkofers') und seiner Schüler; denn nach ihrer Auffassung fällt nicht den bisher genannten Faktoren, sondern den Bakterien der Hauptanteil bei der Selbstreinigung zu. Schon von Anfang an wurde zwar diese Theorie von mehr als einer Seite be- kämpft, und insbesondere wurde dagegen angeführt, dass eine Minerali- sierung durch lebende Organismen wohl im stehenden Wasser denk- bar sei, dass aber im fliessenden Wasser die Keime wohl kaum Zeit zur Zerstörung der organischen Substanz finden würden. Die bakterio- logische Schule hat aber bekanntlich gerade im Fliessen des Wassers eine wesentliche Förderung der Selbstreinigung erblickt, und so blieb von Anfang an eine gewisse Skepsis gegen diese Lehre. — Eine Haupt- stütze für die Auffassung der bakteriologischen Schule bildeten die Befunde an der Isar. Zeigte es sich doch, dass der Bakteriengehalt der Münchener Abwässer, die auf Pettenkofers Rat direkt in die Isar abgeschwemmt wurden, sukzessive mit steigender Entfernung abnahm, dass diese Abnahme bei km 30, d.h. in der Gegend von Freising Zahlen erreichte, die schon denen eines „reinen“ Wassers entsprechen. Dort bei Freising waren die x Millionen auf wenige 1000 zurückgegangen, ja in den Wintermonaten, wo die Temperatur des Isarwassers nur 1°—2°C. beträgt, war, nach spätern Unter- suchungen, schon bei km 19 unterhalb München diese niedrige Zahl erreicht. Versuche hatten ergeben, und von der Bakterienzüchtung her war es ja mehr als genügend bekannt, dass gerade diejenigen Sub- stanzen, welche Mensch und Tier als unbrauchbar ausscheiden, sowie deren Abbauprodukte, also Tyrosin, Asparaginsäure, Leucin, Glyko- koll, ferner Harnstoff und andere, hervorragende Nährstoffe für Bak- terien und niedere Pflanzen überhaupt sind. Musste es da nicht auf- fallen, dass in der grössten Konzentration dieser Substanzen auch das Maximum der Keimzahlen lag, während mit zunehmender Ent- fernung und Verdünnung auch diese Zahlen abnahmen ? Musste sich da nicht der zwingende Schluss geltend machen, dass diese Keime abnahmen, weil die Nährsubstanz abnahm, und umgekehrt, musste nicht gefolgert werden, dass diese Nährsubstanz sich verminderte, weil sie durch die Bakterien aufgebraucht, assimi- ') Pettenkofer. D. Viertelj. f. öffentl. Gesdpfl. Bd. 24. 1892. — Ders. Archiv f. Hyg. Bd. 12. 1891, Die Selbstreinigung der Gewässer und die biol. Reinigung städt. Abwässer. 281 liert, mineralisiert wurde? Prausnitz!) kommt auch zuerst ganz folgerichtig zu diesem Resultat und sagt also, dass „entsprechend der Bakterienminderung auch die Aufzehrung der eingeleiteten Ver- unreinigungen durch Selbstreinigung sich vollzogen haben müsse, und die Bakterien seien nur deshalb soviel weniger zahlreich bei Freising als bei München, weil sich ihre Nahrung entsprechend ver- mindert hätte“.?) Im Verlaufe der weitern Untersuchungen lässt aber Prausnitz diese Erklärung fallen, weil insbesondere die Feststellung dagegen spricht, dass auch direkt an der Kanalmündung keine Keimvermehrung wahr- nehmbar ist. Diese müsste aber unzweifelhaft eintreten, wenn eine Bakterienernährung aus den Dungstoffen des Abwassers erfolgte. Trotzdem hält er aber daran fest, aus den Keimzahlen einen binden- den Rückschluss auf den Grad der Selbstreinigung ablesen zu können, Zu ganz ähnlichen Resultaten kommt auch Schlatter 1889?) in seinen Untersuchungen an der Limmat. Bei Dietikon, also zirka 10 km unterhalb Zürich, findet er nur mehr einen Bakteriengehalt von 250 pro cm? an Stelle der vielen Tausende bei den Kanalisations- _ mündungen. Auch er spricht davon, dass bei km 10 „die Selbst- reinigung sich in hohem Masse vollzogen“ habe. Thomann‘), sein Nachfolger bei den Untersuchungen der Lim- mat, kommt zwar nicht zu demselben günstigen Endresultat, allein auch er konstatiert aus dem Abnehmen der Bakterien oberhalb Kill- wangen eine „sicher wenigstens teilweise vor sich gegangene Selbst- reinigung“. Mit der Ermittlung der Keimzahl hatte man also nun endlich einen Masstab gewonnen für die Verunreinigung eines Gewässers und zugleich eine bequeme Methode, um festzustellen, ob und wie weit die Selbstreinigung vorgeschritten war. Dementsprechend wird heute ganz allgemein bei der Begutach- tung eines Gewässers verfahren. Man giesst Platten, zählt die aus- gewachsenen Kolonien und erhält so sehr schöne Zahlen, die auch dem Laien recht plausibel sind. Prausnitz. Der Einfluss = Münchener Kanalisation auf die Isar usw. we Tagesfragen 1889—90. Heft 9. — Goldschmidt, Luxemburger, Franz, H. Neumayer und W. ae Das Absterben d. Mikroorg. etc. ygi Br HER: Bd. VIII, 1898, Nr. 4, p. 161. — Prausnitz, W. Hygien. Rundschau 1903. Nr. 6. ?2) Zitat aus Hofer, B. Üb. d. Vorg. d. Selbstr. im Wasser. Münchener med. Wochenschrift 1905. Nr. 47, p. 2267. 3) Schlatter. Ztsch. f. Hyg. u. Inf.-Krankh. Bd. IX, 1890, p. 56. +) Thomann, J. Zisch. f. Hyg. u. Inf.-Krankh. Bd. XXXIH, 1900. 982 J. W. Fehlmann. Inzwischen hat es sich aber gezeigt, dass auch diese Petten- kofer-Prausnitz’sche Auffassung von der Selbstreinigung nicht richtig ist, dass sie auf einem Trugschluss beruht, und dass die früher verlachten Skeptiker und Gegner Pettenkofers z. T. recht gehabt haben. Wiederum waren es die Abwässer von München und wiederum die Isar, wo das Neue entdeckt wurde. Hofer, Siegl und Graf!) haben sich der Mühe unterzogen, die Pettenkofer-Prausnitz’schen Untersuchungen nachzuprüfen. Die Keimzahlen stimmten bei dieser Prüfung genau, nicht aber die Schluss- folgerungen. Anstatt nur mit der nicht vielsagenden, vorher aber ziemlich ausschliesslich verwendeten K Mn O,-Methode zu arbeiten, hat Graf die organische Substanz nach der gewichtsanalytischen Methode bestimmt und den N. nach Kjeldahl, und nun zeigte sich plötzlich, dass nicht nur die Selbstreinigung nicht vollendet, ja nicht einmal weit vorge- schritten war, sondern bei Freising ergab sich trotz dem verminderten Bakteriengehalt eine Zunahme der organischen Substanz und zwar eine Zunahme um 20—30°/o gegenüber dem Gehalt an der Kanali- . sationsmündung. (Ich möchte nicht unterlassen, hier einzufügen, dass sicherlich auch diese beiden chemischen Methoden für die Bestimmung der organischen Substanz nicht völlig einwandfrei sind.) Wohl nicht mit Unrecht schreibt Hofer diese Zunahme der allmählich sich stei- gernden Zerkleinerung und Auslaugung der festen Abwasserbestand- teile zu, und ebensosehr wird er recht haben, wenn er schreibt: „Es steht somit ausser allem Zweifel, dass die Abnahme der Bak- terienziffer von München bis Freising nicht von einer gleichzeitigen Abnahme der gelösten organischen Substanz in derselben Strecke begleitet wird. Somit können die Bakterien nicht deshalb abge- nommen haben, weil sie nicht mehr die genügende Nahrung finden, sondern sie müssen aus andern Gründen abgestorben sein, vermutlich, weil die aus unsern warmen Haushaltungen und den warmen Kanälen herstammenden Bakterienmassen in der kalten, schnellströmenden Isar ihre Existenzbedingungen nicht finden“. „Welche Faktoren auf das Verschwinden der Bakterien in der Isar hier einwirken, mag noch dahingestellt bleiben. Eine grosse Zahl derselben ist wahr- scheinlich am Boden sedimentiert. Verschwunden sind aus der Isar auch speziell diejenigen Spezies, welche dem freien Wasser an sich fremd sind und aus den Kanalwässern Münchens herstammen. Ihrer spezifischen Zusammensetzung nach ist die Bakterienflora bei Freising im wesentlichen eine ähnliche wie oberhalb München, jedoch konnten ') Hofer, B. Über die Vorgänge d. Selbstr. im Wasser. Münchener med. Wochensehr. 1905, Nr. 47, p. 2266. a N Zn al un ae ap in Me ee e e * Die Selbstreinigung der Gewässer und die biol. Reinigung städt. Abwässer. 283 einzelne Spezies, namentlich das B. coli commune, bei Freising regel- mässig aufgefunden werden.“ „Gibt somit das Verhalten der Bakterien, namentlich die Ab- nahme derselben pro cm?, unter den Verhältnissen der Isar überhaupt keinen Masstab ab für den Grad der Selbstreinigung, so dürfen wir auch an sich den Effekt der ganzen Arbeit der Bakterien auf der Strecke von München bis Freising während der kalten Niederwasser- periode der Isar nicht zu hoch anschlagen.“ Hofer äussert sich, wie dieses Zitat zeigt, sehr vorsichtig und deckt sich, um nicht den Anschein des Verallgemeinernwollens zu erwecken, ständig den Rücken mit der Betonung der Verhältnisse an der Isar. Um so mehr drängt sich dem Leser seines Aufsatzes die Frage unwiderstehlich auf: Gelten diese Resultate wirklich nur für die Isar? und steht es an andern Flüssen nicht ähnlich? Zur Beantwortung dieser Frage darf ich vielleicht die Unter- suchungen der Limmat anführen. Leider stehen mir neuere Publi- kationen als diejenige Thomann’s') aus dem Jahre 1900 nicht zur Verfügung. 1900 kommt Thomann schon mit der für ihn plau- sibelsten chemischen Methode, nämlich mit Kaliumpermanganat (Oxydierbarkeit als KMnO, und daraus errechnet die sogenannte organische Substanz) zum Schluss, dass eine bedeutende Abnahme der organischen Substanz in den untern Partien des von ihm unter- suchten Gebietes, d.h. in der Limmatstrecke bei Killwangen nicht konstatiert werden konnte, und dass an Hand der chemischen Ana- lysen allein eine allmähliche Selbstreinigung stromabwärts sich lange nicht so gut verfolgen liess, wie dies durch die bakteriologische Unter- suchung möglich war. Also auch da schon ein deutlicher Hinweis darauf, dass eigentlich nur eine wesentliche Verminderung der Keim- zahl, nicht aber eine bedeutende eigentliche Selbstreinigung statt- gefunden hat. Geht man weiter und vergleicht die von Thomann reproduzierten Analysenwerte miteinander, so ergibt sich auch für die Limmat die Tatsache, dass z.B. der Gehalt an albuminoidem Ammoniak mit zunehmender Entfernung nur in vereinzelten Analysen abnimmt, und dass die Mehrzahl der Untersuchungen Thomanns eine allerdings nur geringe, aber doch messbare Steigerung auf- zeichnet, dass also die starke Bakterienverminderung nicht parallel geht mit der Abnahme der chemischen Verunreinigung. Damit decken sich auch die Aussagen des in Baden wohnhaften aargauischen Fischereiaufsehers, welcher mir erklärte, sie hätten in Baden unter der Verunreinigung der Limmat oft zu leiden. Würde auf der Birecke 1) Thomann, lc, Seite 281. 354 J. W. Fehlmann. Zürich-Baden eine so wesentliche Selbstreinigung stattfinden, wie man sie glaubte aus den Keimzahlen herauslesen zu können, so wäre eine derartige Aussage eines glaubwürdigen, guten Beobachters nicht wohl möglich. Nimmt man nun noch den Rhein als Parallele hinzu, so zeigt sich, dass selbst auf der 32 km langen Strecke von Basel bis Neuen- burg, trotz der hier im Vergleich zu den Verhältnissen an der Limmat viel grösseren Verdünnung, die Selbstreinigung noch so wenig vor- geschritten ist, dass Lauterborn'') dort (bei Neuenburg) noch Papier und Gemüsereste, dazu aber auch durch Galle gelbgebeizte Stückchen von Muskelfasern aus Fäkalien nachweisen konnte. Einen weitern direkten Gegenbeweis gegen die bakteriologische Theorie ergeben die durch Lauterborn und Forster?) durchge- führten Untersuchungen der Ill unterhalb Strassburg. J1l unterhalb Strassburg. Entfernung in km unterhalb der Ein- Keimzahlen in 1 cm? mündung d. Strass- 13. Nov. 1909 2. Aug. 1910 burger Abwässer 2,2 77140 395 300 6,5 25 710 131 700 Pflanzenbank 11,3 17 620 13 16 650 4 360 17,4 15 9350 1 640 Rhein ca.3km unter- halb Illmündung 13 370 3450 Abwasserreste von en des Strassburg'selbst hier ein öher als noch entlang des dere der Ill linken Stromufers nahe der Mündung deutlich nachweisbar Wären die Bakterien ausschlaggebend bei der Selbstreinigung, so müsste im Sommer und im Winter die Abnahme ähnlich regel- mässig erfolgen, ja in Parallele mit der Isar müsste im Winter, wo dort schon bei km 19 die Zahl 10000 erreicht wird, anstatt erst bei km 30, auch in der Ill in der kalten Jahreszeit die Abnahme rascher sein als im Sommer. Allein das Umgekehrte ist, wie die Tabelle zeigt, der Fall. Im Sommer bei km 11 nur mehr 4830, im !) LauterbornR. Acht Berichte üb. d. Ergebn. d. biolog. Rheinuntersuchungen. Arbeiten a. d. kaiserl. Gesundheitsamt. Bd. XXV—XXXVI, 1907—1910. 2) Lauterborn R. Die biolog. Selbstr. unserer Gewässer. Verh. d. Naturhist. Ver. d. preuss, Rheinlande u. Westfalens. Jahrg. 68, 1911. Die Selbstreinigung der Gewässer und die biol. Reinigung städt. Abwässer. 285 Winter aber noch 17620 Keime. Auf die Ursache dieser merkwür- digen Abnahme werde ich nachher noch einmal zurückkommen. Nach alledem scheint auch die Beobachtung an andern Flüssen als nur an der Isar dagegen zu sprechen, dass die Bakterien als Hauptfaktor der Selbstreinigung zu betrachten sind, und aus den- selben Gründen dürfte wohl auch die gewöhnliche Methode der Keim- zählung nicht mehr als massgebend zu betrachten sein für die Fest- stellung einer eingetretenen Selbstreinigung. Dasselbe gilt aber auch für die Keimzahlen selbst. Diese Zahlen, die sich mit den allgemein üblichen Gelatine- und Agarkulturen feststellen lassen, dürfen wohl kaum mehr durchwegs als Masstab für vorhandene chemische Ver- 1. unreinigung angesehen werden. f Insbesondere bei Seen besagen die landläufigen Keimzählungen ji wenig oder nichts. Ein See kann so verschmutzt sein wie der Rot- see, so verschmutzt, dass seine ganze Bodenfauna infolge intensivster Fäulnis zugrunde gegangen ist, und trotzdem können auffallend nied- rige, ja manchmal beinahe dem reinen Wasser ähnliche Keimzahlen sich finden.) Es müssen somit unbedingt andere Faktoren als die Bakterien, ja als alles bisher Genannte für die Selbstreinigung massgebend sein, und diese Faktoren sind die höher organisierten Lebewesen, die Tiere vor allem und die Pflanzen. Die Bakterien bauen nur bis zu einem gewissen Grade die hochmolekularen Eiweissverbindungen, die Kohle- hydrate und die Fette ab; sie bereiten den eigentlichen Selbstreini- gungsprozess vor und erleichtern ihn; dann aber treten diese höher organisierten Lebewesen, die Algen und die tierischen Protozoen an ihre Stelle, und das ganze Heer von Protisten, Würmern, Krebsen, Milben, Insektenlarven, Schnecken usw. ist es, was die eigentliche Selbstreinigung bewirkt. Millionen und Milliarden von Tieren und Pflanzen reinigen in unablässigem Fressen und Assimilieren das Wasser, wandeln jedes Bröckchen ungelöster Substanz in tierisches Fleisch und fressen, wie z. B. die Rhizopoden und Infusorien die ungezählten Scharen von Bakterien auf. Die niedern Tiere werden von den höhern gefressen, und eine Inkarnation folgt so der andern bis hinauf zum Fisch und zum Vogel, der dann, selber wiederum auf der mensch- k; lichen Tafel anlangend, den Kreislauf der organischen Substanz von O8 neuem eröffnen muss. Selbstreinigung ist also ein ständiges Abbauen hochkomplizierter Verbindungen in engstem Kontakt mit Assimilieren, Fressen und Gefressenwerden. Sie ist also kein eigentlicher Zer- !) Silberschmidt W., Stirnimann F. u. Fehlmann J. W. Unveröffent- ar; Gutachten üb. d. Rotsee b. Luzern. Keime pro cm? auf Gelatine im Maxi- m 640. 286 J. W. Fehlmann. störungsprozess, keine ausschliessliche Mineralisierung, son- dern hauptsächlich eine Transformation der toten, organischen Sub- stanz in lebende, eine regressive und eine progressive Metamorphose zugleich von der leblosen Substanz durch Hunderte und Tausende von Inkarnationen von Pflanze zu Tier und von Tier zu Tier und schliess- lich zum Menschen. Dass die Millionen, mit denen ich jetzt operiert habe, nicht aus der Luft gegriffen sind, mag das eine, bei organischen Abwässern ganz gewöhnliche Beispiel erläutern, welches Hofer‘) zahlenmässig festgestellt hat. Er fand nämlich in der stark verschmutzten Isar unterhalb München, dass ein mit Hilfe eines Metallzylinders ausge- stochenes Stück Flussboden von 1 m Höhe und 600 cm? Grundfläche (Suppenteller) nicht weniger als 2 Millionen Borstenwürmer enthielt. Dabei sind diese Tubificiden, diese Borstenwürmer relativ grosse Tiere von 2—-4 em Länge. Wieviel grösser sind erst die Heerscharen der Kleinen und Kleinsten, der Infusorien und Rhizopoden, der Crusta- ceen, Flagellaten und Insektenlarven, der Chironomiden z. B., die trotz der gewaltigen Dezimierung durch Fisch und Krebstier in wolkenartigen Schwärmen an gewissen Tagen dem Wasser entsteigen, um in rastlosem Tanz und Reigen ihren Hochzeitsflug zu vollführen und dann ihre ungezählten Tausende von Eiern wieder dem ver- schmutzten Wasser anzuvertrauen und dem faulenden, stinkenden Schlamm, an den sie sich angepasst haben, und der ihnen zur Nah- rung dient. Kolkwitz und Marsson?), die beiden Mitglieder der kgl. Landes- anstalt für Wasserhygiene in Berlin-Dahlem, dann Hofer, Lauter- born und Thienemann?) waren es vor allem, welche diese Er- kenntnis vom Wesen der Selbstreinigung erarbeitet, und welche damit unserer ganzen Auffassung von der NE eine neue sichere Basis geschaffen haben. Die ganze früher so komplizierte Auffassung von der Selbst- reinigung, wie sie noch Weyl u.a. anführen, hat sich somit verein- facht dadurch, dass alle die zahlreichen frühern Komponenten hin- untergesunken sind zu vorbereitenden und erleichternden Prozessen, ') Hofer B., 1. c. S. 282, p. 2268. ?2) Marsson M. Die Bedeutung d. Fauna u. Flora f. d. Reinhaltg. d. natürl. Gew. usw. Mitt. kgl. Prüfgsanstalt f. Weser; 1910, Heft 14, p. 1—26. — Kolkwitz und Marsson. Ökologie d. pflanzl. u. tier. Saprobien, cf., $. 292. ®) Hofer B., 1.c.S.282. — Ders. in: Güischlen üb. d. Abwasserbeseitigg. von Koenig J., Kuhlmann J. und Thienemann A. Die chem. a das biol. Verh. d. Gew. Landw. Jahrb., Peue 1911, p. 409—474. Die Selbstreinigung der Gewässer und die biol. Reinigung städt. Abwässer. 287 und dass als Hauptfaktor nun der biologische zu betrachten ist. Die ganze Menge der früher so rätselhaften Fragen der Selbstreini- gung wird nun mit einem Schlage erklärbar oder doch einer Erklä- rung zugänglich, und vorab wird es nun möglich anzugeben, wo und unter welchen Umständen sich die Selbstreinigung am leichtesten und vollkommensten vollzieht; da nämlich, wo die grösste Anzahl von Tieren und niedern Pflanzen mit dem Wasser in Berührung kommt. Diese Orte finden sich aber nicht im Bergfluss mit seiner rauschenden, brausenden Strömung und nicht im regulierten -Bach, sondern im stehenden oder sehr langsam und ruhig fliessenden Ge- wässer, dessen Bodenoberfläche durch Pflanzenwuchs möglichst ver- grössert ist. Dementsprechend ist auch der hierauf bezügliche, leider fast überall zur Anerkennung gelangte Teil der Pettenkoferschen Theorie hinfällig, und man darf heute behaupten, dass jede energische Wasserbewegung, vor allem das rasche Dahinfliessen eine grosse Be- hinderung und Beeinträchtigung der Selbstreinigung bedeutet. Hier haben wir nun auch die Erklärung zu suchen für die frappante Ab- nahme der Keimzahlen in der Ill. Die stauende und oberflächen- vergrössernde Wirkung der dichten submersen Pflanzenbank, welche sich hier einschaltet, ermöglicht eben im Sommer eine durchgreifende Selbstreinigung. Im Winter fehlt die Pflanzenbank, und daher fehlt auch der Selbstreinigungseffekt. Als weitere Erklärung mag man ja einerseits an eine rein mechanische Filterwirkung denken, welche durch den Pflanzenwirrwar ausgeübt wird, anderseits aber ist gerade hier ein ausgedehntes Entwicklungszentrum der Bakterienfresser ge- schaffen, und durch diese beiden Faktoren zusammen wird die ge- waltige Abnahme der Keimzahlen bewirkt. In zweiter Linie darf als Resultat der neuen Auffassung von der Selbstreinigung der Satz ausgesprochen werden, dass nicht im tiefen, sondern im flachen seichten Wasser sich die Selbstreinigungs- vorgänge am vollkommensten vollziehen, da also, wo der Sauerstoff- austausch mit der Luft am intensivsten ist, und wo zu gleicher Zeit auch das Maximum tierischen Lebens sich findet. Hiebei ist der Sauerstoffaustausch natürlich nicht für im Wasser sich abspie- lende Oxydationsvorgänge wesentlich, sonst wäre ja der Wasserfall und die Stromschnelle die Hochburg der Selbstreinigung, sondern er hat in erster Linie der Erhaltung und Förderung des tierischen und pflanzlichen Lebens zu dienen. Darum die Betonung der Gleichzeitig- keit von maximaler Durchlüftung und maximalem Reichtum an Lebe- wesen. Der Sauerstoff ist also nur ein Hilfsmittel, das in möglichst grossem Quantum zur Verfügung stehen muss, er ist, wie schon ge- sagt, nicht mehr selber als Selbstreinigungsfaktor zu betrachten. u 2388 J. W. Fehlmann. Nach alledem sind wir nun imstande, von der neu gewonnenen Warte aus die Wege, welche heute eingeschlagen werden, zur Be- seitigung der Abwässer auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Leider zeigt es sich dabei sogleich, dass die zwei am meisten angewendeten Mass- regeln durchaus unrichtig sind. 1. Die Einleitung der Siele ins Fliesswasser. Die Fehlerhaftigkeit dieser Methode liegt wohl nach dem Be- sprochenen auf der Hand, weil wir ja im Fliesswasser auch im besten Falle nur mit einer relativ geringen Selbstreinigungskraft zu rechnen haben. Die Unrichtigkeit wird aber noch in die Potenz er- hoben durch die aus hygienischen Gründen unerlässliche Bestimmung, dass die Mündung in die Zone der womöglich noch durch Korrektion verstärkten maximalen Strömung verlegt werden müsse. 2. Die Einleitung der Abwässer in tiefe Seen. Nach dem Bisherigen natürlich für eine erfolgreiche Selbstreini- gung ebenso zweckwidrig wie die Einleitung ins Fliesswasser. Zum prinzipiellen Fehler kommt aber auch hier, in genauer Parallele zum vorigen eine Verschlimmbesserung dadurch, dass die Einmündung möglichst tief oder möglichst weitab vom Ufer gelegt werden muss. Verfolgt man dieses zweite Beispiel weiter, so zeigt sich, dass die an und für sich doppelt verkehrte Massregel noch eine Reihe von solchen „Verbesserungsmitteln“ zulässt, vor allem dies, dass man sich eine möglichst steilufrige Stelle zur Einleitung wählen muss, oder in der Umgebung die natürliche Litoralbildung durch Auffüllung zerstört, um so unhygienischen Schlammablagerungen vorzubeugen. Natürlich liegt nun die Frage sehr nahe, ob nicht doch im In- teresse einer ausgedehnteren Selbstreinigung die Einleitung in die Vorfluter am flachen Ufer, im seichten, stehenden oder langsam flies- senden Wasser erfolgen sollte; allein in der Weise, wie die Sammel- kanäle jetzt an die Gewässer herantreten, wäre sicherlich auch dieses Hilfsmittel durchaus falsch. Eine vollkommene Selbstreinigung können wir ja nur da erwarten, wo Verunreinigung und selbstrei- nigende Kraft sich im Gleichgewicht halten. Bei der Menge und der hohen Konzentration der städtischen Abwässer ist aber dieses Gleichgewicht an der einen, eng umschriebenen Stelle des Einlaufes von vorneherein ausgeschlossen. Nur ein kleiner Bruchteil der Ver- unreinigungen würde zur Verarbeitung kommen, der grosse Rest aber würde z. T. wie bei der jetzigen Methode ungereinigt bachabwärts fliessen, oder als faulender, stinkender Schlamm sich am Ufer ab- Die Selbstreinigung der Gewässer und die biol. Reinigung städt. Abwässer. 289 lagern. Nur in einem Falle wäre von solcher Einleitung am Ufer Erfolg zu erwarten, dann nämlich, wenn es möglich wäre, die Ab- wässer auf so breiter Front zu verteilen, dass kein Platz mehr Material zur Verarbeitung zugewiesen bekäme, als er momentan ge- rade zu bewältigen vermag. Das ist aber im natürlichen, so starken Veränderungen unterworfenen Gewässer rein undurchführbar, denn ganz abgesehen davon, dass eine derartige Verteilung technisch und finanziell sehr schwierig wäre, muss auch zugestanden werden, dass wir noch lange nicht imstande sein werden, zahlenmässig die bio- logische Reinigungskraft eines Gewässers voraus zu bestimmen, und ebensowenig, trotz allen Fortschritten der Chemie, heute anzugeben vermögen, welches Arbeitsquantum wir mit dem oder jenem Abwasser der Organismenwelt des Vorfluters zumuten. Solange wir aber nicht diese beiden Grössen, die Leistungsfähigkeit einerseits und die Art und Grösse der Aufgabe anderseits zu bestimmen vermögen, solange ist es uns auch versagt, im natürlichen Gewässer willkürlich das biologische Gleichgewicht zu schaffen und aufrecht zu erhalten. So- lange sind wir somit auch ausserstande, von der -beschränkten Selbst- reinigungskraft der Vorfluter den richtigen Gebrauch zu machen. Falschen Gebrauch, den Missbrauch, den wir jetzt mit unsern Vor- flutern treiben, den sollte aber diese Erkenntnis sicherlich nicht zur Folge haben; denn ein Missbrauch ist die Verunreinigung der Gewässer ohne Zweifel, auch wenn es gelingt, mit Hilfe des Ge- setzes eine Zeitlang den schützenden Deckmantel der starken Strö- mung und der Seetiefe über die Folgen unserer unrichtigen Hand- lungsweise zu decken. In diesem Zusammenhang mag vielleicht ein Hinweis auf die ' Nachteile der erwähnten Uferauffüllungen gestattet sein. Das flache, seichte, natürliche Ufer ist es, was die, trotz den sonst ungünstigen Bedingungen des Seewassers recht beträchtliche Selbstreinigung er- möglicht (abgesehen vom Effekt, den die Planktonten bewirken). Gerade diese günstigen Stellen werden aber durch die Auffüllung ihrer natürlichen Aufgabe entzogen. Geht das so weit wie an gewissen unserer Schweizerseen, wo nur mehr 5°/o natürlichen Ufers vorhanden sind, so steht wohl ausser Zweifel, dass ein solcher See sich in einem Zustand befindet, wo seine selbstreinigende Kraft als in weitem Masse gebrochen betrachtet werden darf. Er kann also trotz seiner enormen Wassermasse nur mehr relativ geringe Verun- reinigungsquantitäten verarbeiten. Dies führt nun auf einen dritten Punkt für die Beurteilung unserer Abwassereinleitungen, nämlich darauf, dass das Wasserquantum des Vorfluters für die Selbstreini- gung eigentlich gar keine so hervorragend wichtige Rolle spielt. Ein 290 J. W. Fehlmann. seichter Tümpel, ein Feuerweiher ist unter Umständen befähigt, mehr Abwasser zu verarbeiten, nicht nur aufzunehmen, mehr als ein tiefer See, und ein kleines Bächlein, das ruhig durch die Niede- rung dahinschleicht, vermag oft mehr zu leisten als ein grosser Berg- strom, als der Rhein z. B. bei Basel, insbesondere wenn der Strom dazu noch korrigiert, kanalisiert ist, wenn langweilige Quaimauern seine ursprüngliche Selbstreinigungskraft gebrochen haben. Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich nicht versäumen zu betonen, dass ich mit dem Gesagten keineswegs die Unterbringung von Abwässern in solchen Feuerweihern oder kleinen Bächen empfehlen möchte. Dagegen sprechen nämlich hygienische Fragen ganz anderer Natur ein viel zu gewichtiges Wort, Fragen, deren Erörterung aber nicht hieher gehört. Doch zurück zum Beispiel des Sees! Werden, nachdem also durch Zerstörung der Litoralzone die von Hause aus grosse selbst- reinigende Kraft beeinträchtigt wurde, diesem See grössere Mengen von organischen Substanzen zugeführt, so entstehen in der Tiefenzone Fäulnisprozesse.. An-und für sich steht diese Tiefenzone schon unter ungünstigen Bedingungen und besitzt meist von Hause aus schon saproben Charakter. Durch die Fäulnis und die damit verbundene Sauerstoffzehrung und Schwefelwasserstoffproduktion werden noch ungünstigere Bedingungen geschaffen. Der saprobe Charakter steigert sich immer mehr, der Reinigungseffekt wird Hand in Hand damit immer geringer. Als Folge breitet sich die Fäulnis immer mehr aus, bis schliesslich alles tierische Leben am Seeboden erstirbt. Nun hat Fäulnis und Bakterienwirkung gewonnenes Spiel. Immer weiter und immer leichter breitet sich diese leblose Strecke aus, bis zuletzt ein Zustand erreicht wird, der überhaupt nur noch in den oberfläch- lichsten Uferstrecken tierisches Leben gedeihen lässt, bis also von einer Selbstreinigung kaum mehr gesprochen werden kann, leider auch nicht in der Uferzone, weil sie überhaupt nicht mehr vorhanden ist. Das Schmutzwasser bleibt infolgedessen Schmutzwasser und fliesst auch als solches aus dem See ab. Trotzdem vermögen aber die Keimzahlen, wie das schon erwähnt wurde, recht niedrige zu bleiben. Der Laie merkt überhaupt nichts von einer Verschlechte- rung, und die ganze langsam und ohne weithin sichtbare Anzeichen auftretende Kalamität wird gewöhnlich überhaupt erst beachtet, wenn die Fischerträge, wenn also der Fischbestand stark zurückgeht. Dann ist aber hie und da der Zeitpunkt auch nicht mehr allzufern, wo die Verschmutzung, trotz ständig niedriger Keimzahlen, zur hygie- nischen Kalamität wird, wo tage-, ja sogar wochenlang der gewiss nicht angenehme Geruch von faulen Eiern, der Geruch des Fäulnis- GE ER le inne a SAG > Sea 0m, 2 u 2; Su 2 > ae aa Die Selbstreinigung der Gewässer und die biol. Reinigung städt. Abwässer. 291 produktes Schwefelwasserstoff dem Wasser entströmt und die Um- gebung des Sees erfüllt. Diese Vorgänge sind zwar noch lange nicht alle klargelegt und erforscht. Immerhin dürfte aber nach den bisherigen Erfahrungen das soeben entworfene Bild den tatsächlichen Verhältnissen so ziem- lich entsprechen. Wenn ich mir erlaubt habe, sie hier auseinander- zusetzen, so geschah dies besonders, um mich in gewisser Hinsicht zu rechtfertigen. Ich hoffe nämlich, dass aus dem Zusammenhang auch für den Nichtbiologen klar geworden sei, dass Keimzahlen für die Reinheit eines Seewassers nicht viel beweisen, und dass hier die nachher noch zu besprechende biologische Analyse exakter und sicherer arbeitet. Ferner aber hoffe ich, dass nun biologische Be- funde nicht mehr den bakteriologischen gegenüber missachtet werden, und dass es nicht mehr vorkomme, dass sichere biologische Resultate öffentlich als „übertrieben“ bezeichnet werden, weil die gewöhnliche Keimzahlenmethode nicht zu demselben Schluss gelangt, und weil man selber noch im Banne der veralteten und wie ich hoffe gezeigt zu haben unrichtigen Vorstellungen von der Selbstreinigung be- fangen ist. Und nun noch einmal zurück zum Selbstreinigungsprozess. Vorhin habe ich erwähnt, dass die Chironomiden, die Zuckmücken dem verschmutzten Medium angepasst seien. Diese Anpassung kommt nun nicht nur dieser Dipterengruppe zu, sondern mehr oder weniger allen Wasserorganismen, ja sie geht oft so weit, dass eine Spezies einen ganz bestimmten Verschmutzungs- oder Reinheitsgrad für ihr Gedeihen verlangt, so z. B. einen ganz bestimmten Kochsalz-Gehalt. Bei 0,1°/o NaCl verschwinden die Rhizopoden Difflugia und Arcella, bei 6°/s die Larve der Schmeissfliege (Musca vomitoria), sowie der ubiquistische Krebs Chydorus und die Cladocere Simocephalus. 10°/o erträgt kaum mehr unsere Stechmücke Oulex pipiens. Bei 16°/o findet die Fliegenlarve Ephydra noch günstige Bedingungen, während bei 22° NaCl überhaupt jedes tierische Leben aufhört, auch das der echten Salzwassertiere der Halobien wie z. B. der Ar- temia salina des Salinenkrebses. Ähnlich liegen die Verhältnisse aber für die Abwässer überhaupt. Finde ich den vorhin schon er- wähnten Borstenwurm Tubifex in grösserer Zahl, so weiss ich ganz bestimmt, dass ich es da mit einem hochkonzentrierten Abwasser, _ mit Massen von fäulnisfähiger Substanz zu tun habe, während umgekehrt gewisse Strudelwürmer, wie z. B. Planaria alpina für reines und reinstes Wasser als „Leitform* dient. Hunderte und Hunderte von Arten sind in solohör Weise auf ihr Ver- halten gegenüber Abwässern geprüft worden, und Kolkwitz und 293 J. W. Fehlmann. Marsson!) sind infolgedessen zu ihrem sogenannten Saprobien- system. gekommen. Dieses bildet schon in seiner jetzigen, aller- dings noch stark revisionsbedürftigen Gestalt einen recht brauchbaren Ersatz für das seiner allgemeinen Gültigkeit entkleidete bakterio- logische Keimzahlensystem, und der Hydrobiologe ist an Hand der genauen Kenntnis der Saprobien imstande, ein Gewässer auf seine Reinheit zu prüfen, es einwandfrei zu begutachten und zwar rascher und sicherer insbesondere bei nur zeitweilig fliessenden Abwässern als Chemiker und Bakteriologe. Ja, gerade da, wo Chemie und Bakteriologie versagen, da feiert der Abwasserbiologe seine Triumphe, und ein paar umgedrehte Steine, ein Blick durch die Lupe geben manchmal schon so deutliche Hinweise, wie sie Chemiker und Bak- teriologe oft durch langwierige Arbeit nicht zu erlangen vermögen. Diese biologische Wasseranalyse?) ist also eine direkte Folge aus der richtigen Erkenntnis vom Wesen der Selbstreinigung, und sie könnte, wenn sie bekannter wäre, im Dienste unserer Gewässer- hygiene Unschätzbares leisten. Ebenso unschätzbar ist aber das zweite Resultat für die Praxis und für die Allgemeinheit, nämlich die Ausnützung der Selbstreini- gung für die Beseitigung der so lästigen Abwässer. Wie schon gezeigt wurde, findet das Maximum der Selbstreini- gung statt im stagnierenden, flachen und seichten Wasser. Was liegt nun näher, als diese Erkenntnis künstlich auszunützen, biologisch richtig gebaute Teiche anzulegen und da hinein die Abwässer zu leiten? Hofer?) hat diese Idee an zahlreichen Orten im grossen in die Praxis umgesetzt, überall mit durchgreifendem Erfolg. Die grösste derartige Anlage findet sich zurzeit in Strassburg. Kleine Teiche von ca. !/. ha Wasserfläche und !/s bis maximal 1 m Tiefe werden !) Kolkwitz R. und Marsson M. Ökologie d. pflanzl. Saprobien. Ber. d. Deutsch. bot. Ges. Bd. 26a, Jahrg. 1908, p. 505. — Kolkwitz R. und MarssonM. _. d. tier. Saprobien. Internat. Revue d. ges. Hydrob. und Hydrogr. Bd. 2, 1909, p. 126. 2) Wilhelmi J. Kompendium d. biolog. er = Wassers. Jena 1915 (hier auch weitere Literatur). — Thisnemann A. Wes Wert und Grenzen d. biolog. Wasseranalyse. Ztsch. f. Unters. d. Nahrgs.- und Genfemiliel etc. Bd. 27, 1914, p. 273. — Lauterborn R. Die Verunreinigg. d. Gew. und die biolog. Me- thode ihrer Untersuchg. Ludwigshafen 1908 usw. fer B. Reinigg. v. Abw. d. Fischteiche. Gesundheits-Ing., 1909, Nr. 18, p- 310. me Gutachten üb. d. ee v. Strassburg i. E, Strassburg 1912. mission. Strassburg 1913. — Die Entwässerungsanlagen d. Stadt Strass- burg und die Versuchsanlage f. Abwasserreinigg. auf d. Wacken. Strassburg 1915. — Vgl. ferner: Dunbar. Leitfaden f. d. Abwasserreiniggsfrage. II. Aufl, München und Berlin, 1912, p. 512. — Ders. Neue Abwasserreiniggsverf. Gesundheits-Ing., Febr. 1916 ; Die Selbstreinigung der Gewässer und die biol. Reinigung städt. Abwässer. 293 in entsprechender Weise mit den allerdings grob vorgereinigten und verdünnten Abwässern von Strassburg beschickt. Der nun ein- setzende intensive Selbstreinigungsprozess wird in diesen Teichen bewirkt durch Unmengen niederer Organismen, Organismen, welche genau nach dem oben erläuterten Prinzip der progressiven Meta- morphose die im Abwasser enthaltene organische Substanz aufnehmen und verarbeiten. Sie nähren sich somit von diesen für den Menschen so lästigen Dungstoffen und vermehren sich ins Ungemessene, dank den ihnen in richtiger Erkenntnis vom Wesen der Selbstreinigung gebotenen optimalen Bedingungen. Im natürlichen, offenen Gewässer können wir ja, wie oben gezeigt wurde, leider auf lange Zeit hinaus diese Erkenntnis noch nicht verwerten. Im Teich dagegen sind wir heute, dank den vielen Vorarbeiten der teichwirtschaftlichen Praxis und der theoretischen Hydrobiologie recht wohl imstande, jederzeit zu erkennen, wie es um das so notwendige biologische Gleichgewicht bestellt ist, und der geschlossene Teich mit seinen nur in kleiner Amplitude schwankenden Bedingungen gestattet uns, dieses Gleich- gewicht willkürlich zu beeinflussen und vor allem es zu erhalten. Dementsprechend vermögen wir auch ständig die höchstmögliche Selbstreinigungskraft des Teiches hervorzurufen und damit einen durchgreifenden Reinigungserfolg zu garantieren. Die Oxydierbarkeit des aus solchen Teichen abfliessenden Wassers wird nach amtlichem Gutachten um 83°/o, der organische N. um 80°/o herabgesetzt. Das Wasser selber ist „klar, völlig geruchlos und hat das Aussehen von Trinkwasser“. Der Keimgehalt sinkt von 10 Millionen am Einlauf, auf ca. 10000 am Ausfluss, also auf den Gehalt, den Pettenkofer und Prausnitz irrtümlicherweise bei Freising als Zeichen der be- endigten Selbstreinigung aufgefasst hatten. Nun ist gewiss schon diese mühelose und billige Reinigungs- methode an sich eine grosse Errungenschaft, allein andere Reinigungs- verfahren arbeiten ebenso zufriedenstellend, und darum wäre diesem neuen Hoferschen Verfahren noch lange nicht der Preis zuzu- sprechen. — Leider muss ich es mir aus Zeitmangel versagen, näher auf diese andern Verfahren einzutreten, auf das Rieselfeldsystem und die sogenannten künstlichen biologischen Methoden wie z. B. Füll- körper und Tropfkörper. Sie sind ja auch allgemein hinlänglich be- kannt, so dass zu ihrer Erläuterung genügen mag, dass auch sie nach demselben Prinzip arbeiten wie die natürliche Selbstreinigung, d.h. dass auch bei diesen Verfahren der Organismenwelt die Ver- arbeitung der chemischen Verunreinigung zufällt, einer Organismen- gesellschaft, die insbesondere bei Füll- und Tropfkörper viel Ähn- lichkeit hat mit der Biocoenose der polysaproben und mesosaproben Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 20 994 J. W. Fehlmann. Zone der Gewässer. Trotz dem ähnlichen Reinigungserfolg verdient aber das neue natürliche biologische Verfahren nach Hofer über diese künstlichen gesetzt zu werden, weil es in anderer Hinsicht be- deutend rationeller ist. Wenn nämlich, dank dem energischen Selbstreinigungsprozess in den Teichen so ungezählte Scharen von Organismen entstehen, so liegt es doch gewiss nahe, auch weiterhin dem Fingerzeig der Natur zu folgen und diese Organismen wiederum zu verwerten. Man setzt also in diese Teiche gewisse passende Fischarten, wie Karpfen (Hechte), Schleien, Regenbogenforellen usw. in berech- neten Quantitäten ein und lässt durch diese wie im natürlichen Ge- wässer das Zuviel an entstehenden Tieren und Pflanzen ausfressen. Man mästet somit, indem man noch eine weitere Inkarnation einfügt, Nutzfische mit den aus den nutzlosen Abwässern sich nährenden Kleintieren und erhält so einen bedeutenden Nutzeffekt noch zu der Reinigung der Abwässer. Wie gross dieser Nebenertrag sein kann, beweisen wohl am besten die Strassburger Erfolge. Diese zeigen nämlich ein durchschnittliches Jahreseinkommen : von 11 Zentner Fischfleisch pro ha, was einem Wert von 800—1000 Fr. entspricht. Eine im Verhältnis zu andern Reinigungsverfahren, die keine Erträge liefern, immerhin respektable Summe, eine ausgezeichnete Verzinsung des Anlagekapitals, ein Ertrag, wie ihn nur eine sehr hochstehende Landwirtschaft von gleicher Bodenfläche herauszuwirtschaften ver- mag. Das beste Gesamtbild der Rentabilität einer derartigen Ab- wasserreinigungsanlage gibt wohl die Tatsache, dass in Strassburg nach den bisherigen Erfahrungen nicht daran gezweifelt wird, durch die Einnahmen sowohl die Anlagekosten, die Kosten der Reinwasser- beschaffung sowie die gesamten Betriebskosten der neuen, für die Abwässer der ganzen Stadt geplanten grossen Anlage restlos decken, bezw. verzinsen und tilgen zu können. Um nun von vorneherein etwaigen Vorurteilen die Spitze abzu- brechen, betone ich, dass nach Aussage einwandfreier Gutachter selbst frische, direkt aus dem Teich zur Verspeisung gelangende ische keinerlei unappetitliches Aussehen oder gar einen unappetit- lichen Geschmack besitzen. Der Hamburger Fischereidirektor Lüb- bert!) sagt sogar in seinem Gutachten: „Die 3 sömmerigen Karpfen zeichneten sich vielmehr durch einen Besonders feinen und zarten Geschmack aus, ohne auch nur irgendwie schlammig zu schmecken.“ Es lässt sich dies auch sehr leicht erklären, denn es ist eine bei den Fischzüchtern längst bekannte Tatsache, dass schlechter schlammiger 1) ]. e. S. 292. Gutachten d. Hamburger Kommission. Die Selbstreinigung der Gewässer und die biol. Reinigung städt. Abwässer. 295 Geschmack überall da auftritt, wo in den Teichen. Fäulnisprozesse sich abspielen. Das wird aber in den Reinigungsteichen ängstlich vermieden. Ferner aber ist es bekannt, dass durch lebende Natur- nahrung die Zartheit des Fischfleisches wesentlich gehoben wird, Die Fische der Reinigungsteiche erhalten, wie ich gezeigt habe, aus- schliesslich solch lebendes Naturfutter; daher ist auch besonders feiner Geschmack und grosse Zartheit geradezu zu erwarten. In kulinarischer Hinsicht steht also der Verwertung solcher Fische durchaus nichts entgegen, und sogar wenn man die Appetitlichkeit des umgebenden Mediums in Berücksichtigung zieht, kann kein Grund vorliegen, solchen Fischen Nachteile anzudichten. Man braucht ja dieses Teichwasser nur zu vergleichen mit dem unserer Flüsse, so zeigt sich, dass die Teichkarpfen sozusagen appetitlicher sind als z. B. die Fische der Limmat und des Rheines, denn das Teichwasser wird rein und fliesst rein ab, das Flusswasser bleibt aber, wie oben gezeigt wurde, auf weite Strecken hin auf demselben Verunreinigungs- grad stehen, der ihm durch die Siele der Städte mitgeteilt wird. Mit den Einwänden von seiten der Hygieniker verhält es sich ähnlich. Sie haben sich nicht als stichhaltig erwiesen, weil einerseits die Fische ja nicht die Schmutzstoffe fressen, sondern die Wassertiere, ' genau so, wenn ein etwas hinkender Vergleich gestattet ist, wie der Mensch auch nicht das Schweinefutter zu sich nimmt, sondern erst den daraus entstandenen delikaten Schinken. Anderseits aber weiss jeder nur einigermassen mit rationeller Teichwirtschaft Vertraute, dass aus den Teichen einer Karpfenzuchtanstalt die im Herbst abge- fischte Ware nie direkt zum Konsumenten gelangt, sondern dass sie aus finanziellen, markttechnischen Gründen erst wochen-, ja monate- lang in besondere Hälter eingesetzt wird, Hälter, die ihrem Pferch- charakter entsprechend ausschliesslich mit reinem Wasser gespiesen werden müssen, so dass also auch äusserlich die aus den Reinigungs- teichen stammenden Fische durchaus einwandfrei zum Verkauf ge- langen. Im übrigen verweise ich für diese hygienischen Fragen auf die Gutachten namhafter Fachgelehrter wie Dunbar, Nocht, Thumm, Forster!) u. a., Gutachten, nach denen sogar Abwässer von Lungensanatorien sich nach dieser Hoferschen Methode reinigen lassen, ohne berechtigte hygienische Bedenken hervorzurufen. Eine Übertragung von Infektionskrankheiten durch solche Fische ist also sehr unwahrscheinlich. In hygienischer Beziehung stehen somit diesem natürlichen bio- logischen Reinigungsverfahren keinerlei stichhaltige Gründe entgegen. 1) |. ce. S. 292, rer ezze — Thumm K. Über Anstalts- und RAN Berlin 1913, p. 4 296 J. W. Fehlmann. In finanzieller, ökonomischer Hinsicht darf es aber zurzeit wohl als das Rationellste bezeichnet werden, welches wir kennen, da es den- selben Reinigungseffekt erzielt wie die besten andern Methoden, dazu aber Werte schafft, anstatt nur zu zerstören. Für die Wissenschaft bedeutet es fraglos einen Triumph, denn es liefert, wohl wie nichts anderes in praxi und im grossen den Beweis, dass wir endlich nach langem Suchen und Forschen bei der riehtigen Erkenntnis angelangt sind von der so merkwürdigen Erscheinung der Selbstreinigung der Gewässer. Die Einwanderung und Abreise der Zugvögel im schweizerischen Mittelland. Von K. BrertscHer. (Als Manuskript eingegangen am 26. April 1916.) Im folgenden soll der Versuch gemacht werden, das Material von Angaben über das alljährliche Eintreffen der Zugvögel in unserm Mittelland wenigstens nach einer Rücksicht hin zu verarbeiten. Die bezüglichen Beobachtungen sind in der Hauptsache gesammelt im „Katalog der schweizerischen Vögel“ von Th. Studer und Fatio, zurzeit bearbeitet von G. von Burg; weitere sind dem „Ornitho- logischen Beobachter entnommen und endlich verdanke ich solche der Freundlichkeit der Herren Dr. Fischer-Sigwart in Zofingen, Dr. Greppin in Solothurn, W. Knopfli in Zürich, Mühlemann in Aarberg, Präparator A. Nägeli in Zürich, Schifferli in Sempach und Th. Zschokke in Wädenswil. Wenn die Arbeit nicht über das ganze (sebiet der Schweiz sich erstrecken kann, so liegt das daran, dass aus dem Alpenland und z. T. auch aus dem Jura die nötigen Angaben fehlen. Von diesem ist die weitere Umgegend von Basel, also dessen nördlichster Teil auch zum Mittelland gerechnet. Aber auch von der Zahl der im Katalog bis jetzt (1913) behan- delten Zugvögel mussten die meisten unberücksichtigt bleiben, weil zu wenig Daten über ihren Einzug im Frühling zugrunde gelegt werden konnten. Wir haben es also im weitern nur mit 24 Arten zu tun. Wenn nun an die Behandlung des Beobachtungsmaterials ge- gangen wird, so dürfen zwei Umstände nicht ausser acht gelassen werden: Einmal besteht in unserm Gebiet kein einheitlich organi- sierter Beobachtungsdienst und ebensowenig ein irgendwie fesige- legtes Beobachtungsnetz. Was in Sachen geschieht, ist landauf landab dem freien Ermessen jedes einzelnen Naturfreundes anheim- gestellt und damit im allgemeinen ein Rpiel Se Zug, Erfreulicher- weise ist alendineed die Zahl der Beol g, die aus eigenem 298 K. Bretscher. Antrieb und Interesse nicht müde werden, Jahr um Jahr die Erschei- nungen des Vogellebens in ihrer Umgebung sorgfältig zu verfolgen und ihre Beobachtungen zur allgemeinen Kenntnis zu bringen. Man kann ihren Eifer und diese ihre Tätigkeit, die sie meist neben an- strengender Arbeit im Beruf in idealem Streben an den Tag legen, kaum hoch genug schätzen. — Ein zweiter Umstand liegt darin, dass unser Land seiner Kleinheit wegen von vornherein nicht gerade günstig erscheinen möchte, zur Klärung von Fragen des Vogelzugs wesentlich beizutragen. Legt doch nach den Beobachtungen von Thien e- mann ein Zugvogel auf seiner Wanderung etwa 40—50 km in der Stunde zurück. Nun haben wir es bei uns überall mit sozusagen minimalen Strecken zu tun: Genf-Bern ist etwa 130, Genf-Olten rund 180, Genf-Basel ebenfalls 180, Genf-Zürich 220 km. Also kann ein Vogel bei mässiger Geschwindigkeit die Reise von Genf nach Bern in etwa 3, nach Zürich in 4—5 Stunden ausführen. Da nun aber auch Fluggeschwindigkeiten von 100, ja 200 km stündlich ebenfalls beobachtet sind, so kann die Reisezeit entsprechend kürzer ausfallen. Dann findet der Zug recht oft nachts statt; also werden nicht selten in der Zugsrichtung weiter vorn gelegene Orte frühere Ankunft verzeichnen als solche, die vorher überflogen wurden. In den seltenern Fällen endlich wird der Beobachter auch gleich zur Stelle sein, wenn ein geflügelter Wanderer eintrifft; daher darf bei der Behandlung von Zugsdaten nie vergessen werden, dass es sich nur um Annäherungs-, nicht um absolute Werte handelt. Ich hoffe im folgenden zeigen zu können, ob unserem Beobach- tungsmaterial für die Erkenntnis des Vogelzugs im Frühjahr Bedeu- tung zukommt, in welchem Grade dies der Fall ist und welche Schlüsse sich aus den Daten über das erste Eintreffen an den ein- zelnen Orten gewinnen lassen. Zum Verständnis der folgenden An- gaben muss gesagt werden, dass die Ortsnamen nicht allzu wörtlich zu nehmen sind. Ich musste z.B. zu Genf den untern Teil des Genfersees, zu Lausanne dessen obern Teil rechnen, weil diese Städte allein zu wenig Beobachtungen verzeichnen. Ebenso verhält es sich mit Neuenburg, Bern, in dessen Nähe Aarberg viele zuverlässige Angaben aufweist; mit Solothurn, wo Herzogenbuchsee einbezogen ist; mit Olten, dem die vielen schönen Daten von Zofingen zuge- . schrieben wurden. Zu Zürich ist das Gebiet von etwa zwei Stunden in der Umgebung gezogen. Nur von Basel, Sempach und Chur ist das engere Weichbild zu verstehen, weil von dem weitern Umkreis keine Beobachtungen vorliegen. Wo immer möglich, d.h. wo eine genügende Anzahl solcher zur Verfügung stand, wurden auch andere Orte gelegentlich mitberücksichtigt, wie Orbe im Waadtland, Pfef- N in ie ae a en nn aa rn 1 FF Ser ar hr FE la ei a Te re Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 299 fingen in Baselland, Langnau im Emmental, Schaffhausen, das Rheintal, also das Gebiet vom Bodensee aufwärts. Als genügende Anzahl nahm ich, allerdings willkürlich, fünf, nur ausnahmsweise vier an. Man darf, wie aus dem Gesagten sich ergibt, nicht auf zu kleine Zahlen sich stützen, wenn man nicht den Boden unter den Füssen verlieren will; je umfassender die Grundlage, desto sicherer und zuverlässiger ist der Bau. Und mit Rücksicht auf die Beweg- lichkeit und Lebhaftigkeit der Vögel wäre es nicht angezeigt, die Örtlichkeiten allzusehr einzuschränken oder auch auf einzelne Beob- achtungen zu sehr abzustellen. Wenn nun bei dieser Untersuchung über das erste Eintreffen der Zugvögel bei uns eine Anzahl von treff- lichen Beobachtern nicht berücksichtigt werden kann, so wollen sie sich deswegen nicht zurückgesetzt finden. Eine zuverlässige Angabe ist so wertvoll wie die andere; wenn es sich um die Unter- suchung des Frühjahrszuges überhaupt handelt, kommen alle gleich- mässig zu ihrem Recht und hat jede ihre Bedeutung. Nur die Be- schränkung in der Aufgabe machte die Ausscheidung ihres Materials notwendig. In der Benennung folge ich „Hartert, Die Vögel der paläarktischen Fauna“. Von jeder in Betracht fallenden Art werden die früheste und die späteste der Erstbeobachtungen angegeben und daraus das Mittel für die namhaft gemachten Orte gezogen; diese, miteinander verglichen, geben wohl einen zuverlässigen Anhaltspunkt über die Zugsrichtung. Die weitere Zahl endlich gibt die Zahl der Beobachtungen, also damit der Jahre an, die der Berechnung zugrunde liegen. Da die bisherigen Angaben als Hauptzugsrichtung die von Genf aus über das Mittelland hin gegen den Bodensee bezeichnen, folgen die Orte auch in den folgenden Zusammenstellungen in der Reihe von Südwesten nach Nordosten aufeinander. So haben wir für 1. Motacilla flava L., die Schafstelze. BB. nr: Borapach Zürich Rheintal Angabe... .1.4—14.5 5.3—27.5 3.4 — 20.4 a Mg 22.4 15.4. 11.4 Beobachtungszahl 11 BEN 1) Leider haben hier nur 3 Orte eine ausreichende Anzahl von Angaben; von andern gehen sie nicht über drei hinaus. Die 3 Mittel ergeben nun eine Reihe, die von der allgemein angenommenen Haupt- richtung des Frühjahrszugs das gerade Gegenteil ist. Durch sie wird die Vermutung nahe gelegt, dass eine starke Einwanderung vom Rheintal her über einen grossen Teil des Mittellandes stattfindet. 300 K. Bretscher. Wahrscheinlich erhält dessen westlicher Teil doch seinen Bestand von Genf und der Rhonepforte her. In das Rheintal kommen die Wanderer wohl über die Pässe der Bündner Alpen und da dürfte dem Lukmanier als Eingangstor eine wichtige Rolle zufallen. So stehen wir hier schon vor Fragen, die durch fleissige Beobachtungen in der Zukunft zu lösen sind. Gewiss wäre es falsch, wenn aus den 3 Mitteln etwas sicher Feststehendes herausgelesen werden wollte. 2. Motacilla boarula L., Gebirgsstelze. Orb ne Bern Solothurn Langnau Angabe. . . .19.2 — 23.3 16.2 — 31.3 20.2 — 23.3 Mitteh‘. 3.2 >. 1.0 8. 5;; 7:3 Beobachtungszahl 5) 8 8 Orte Angabe 18.2 — 20.4 8.3—3.4 10.3— 7.4 Mittel 3 21.3 24.3 Beobachtungszahl 6 9 12 Hier ordnen sich die Mittel von Bern bis Chur ungezwungen in eine SW—NO-Reihe. Der Unterschied von 2 Tagen zwischen Bern, Solothurn und Langnau ist weniger auffällig als der grosse Abstand von fast 2 Wochen von hier bis Zürich und in das Rheintal wie von diesem nach Chur. Rückt die Gebirgsstelze wirklich so langsam an? Also sind auch hier weitere Beobachtungen sehr wünschbar. 3. Motacilla alba L., Bachstelze. OB #2... Adenleriae Freiburg Neuenburg rn Angabe... . 8.2 —43 11.2 —114 3.2 —29.4 28.1—5.3. Mile . ....% 28.2 12.3 AD 15.2 Beobachtungszahl 8 13 10 13 "OMU. nu 5 Solothurn Olten Langnau Pfeffingen Angabe. . 2.215.228. 3.10.93 21.3 485-143 16.2 34,3 Mittel . . 5 7.8 1.8 9.3 6.3 Böchachtinganahl 10 15 7 24 Orle ir Zürich Angabe. „ . 28. 2173 10. Eh 11.2 — 22.3 Mittel 3% 8.8 25.2 2.3 Beobachtungszahl 7 12 >21 Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 301 Orte... ;:.: ; Sehaffhausen Rheintal Angabe. . ... 23.2 —17.3 5.2 — 20.3 24. AR Nittel 6.83 i 26.2 3.83 Beobachtungszahl 12 13 12 Da liegt nichts weniger als ein Fortschreiten in gerader Linie vor. Immerhin ist unverkennbar die Hauptrichtung des Einzugs die von SW nach NO; hat doch Genf eines der frühesten, Chur eines der spätesten Mittel. Das frühe Mittel für Sempach deutet ent- schieden auf eine Einwanderung von einer andern Seite, nämlich e vom Gotthard, her. Bekannt ist ja, dass die Bachstelze viele, wenn nicht alle unsere Alpenpässe, sogar den Theodulpass mit 3200 m Höhe überfliegt. Leider fehlen von der Gotthardroute, z.B. von Altorf oder dem Vierwaldstättersee alle Angaben. Auch aus dem Tessintal liegen zu wenig solcher vor, um die Annahme besser zu stützen. Beim Rheintal lässt sich ebenso Einzug über die Alpen vermuten. Dann ist auch sehr wohl möglich, dass da und dort über- winternde Bachstelzen als Zugserscheinungen verzeichnet wurden, wodurch die Unregelmässigkeiten, die namentlich bei Bern auffallen, eine ungezwungene Erklärung fänden. Keineswegs aber darf des- wegen die Möglichkeit, dass uns ein Teil über die Alpen zukommt, ausser acht gelassen werden; daher müssen auch hier sorgfältige & Beobachtungen zur Lösung der Frage einsetzen. 4. en ee Vieill., ee, ä er: Solothurn => Angabe. . . ee 10. Ds 3.3. 90.3 14.8 — 5,4 2 Mit”. 0, SE 3.3 12.3 25.3 : Beobachtungszahl 16 12 11 11 ; a Olten sen Basel I Angabe. . . . 2.3—10.4 15.3—10.4 11.3 — 24.3 e Mittel 21.3 a | 17.3 ERBEN 28 7 7 OMESE 0 Sempach Zürich Wädenswil Angabe. . .. 1.3 — 26.3 10.3—15.4 16.3 — 8.4 Mittel. «2. ©», 13.3 28.3 27.8 Beobachtungszahl 6 14 11 Hier haben wir es entschieden mit Zug in der Hauptriehtung zu tun. Namentlich sticht Lausanne mit einem frühen Mittel hervor, . en das von einem offenbar aussergewöhnlich eng Einzug - _ 0 2— a ae 302 K. Bretscher. herrührt. Das nächstfrühe Eintreffen fällt auf den 5.3, und damit kommt das Mittel auf den 14.3 zu liegen, was sehr gut mit dem von Genf übereinstimmt. Bemerkenswert ist, wie Bern dazu passt und wie Aarau, Zürich und Wädenswil nahezu denselben Tag als Mittel aufweisen. Nur Solothurn ist auffallend verspätet, dagegen Basel und namentlich Sempach so früh, dass auch hier eine andere Einzugsstrasse vermutet werden darf. Hier wäre sie in der Gott- hardroute gegeben, während Basel seine ersten Tilptalp vielleicht von Westen her erhält durch eine Abzweigung der Rhone-Saone- strasse. Selbstverständlich soll das nur als Vermutung ausgesprochen sein. Wie es sich damit verhält, haben neue Beobachtungen zu zeigen. 5. Phylloscopus trochilus L., Fitislaubsänger. Ortes: ee Genf Lausanne Bern Angabe. . . . 21.3— 20.4 25.3—31.3 23.3—834 nme 20.00 9.4 8.3 1.4 Beobachtungszahl 12 6 8 Die... 2%. Solothurn Angabe. . ... 19.3 — 27.4 17. ee el Bittel 3°. 9.4 2.4 6.4 Beobachtungszahl 19 22 7 : ÜBEN Pfeffingen Sempach Zürich Angabe. . . . 26.3 — 15.4 31.3 —19.4 15.3 —13.4 Mittel: .#.. 5.4 9.4 29.3 chi 8 5 10 Da bilden Lausanne, Bern und Olten, Aarau und Sempach eine schöne W—O-Reihe. Genf hat ein spätes Mittel, weil es die späteste Beobachtung überhaupt verzeichnet. Es darf wohl angenommen werden, dass der Vogel sich da einige Zeit der Beobachtung ent- zogen hat. Bei Solothurn ist der Unterschied schon geringer. Zürich ist recht früh. Leider-fehlen Angaben von weiter östlich gelegenen Orten, so dass die Annahme eines Einrückens von dieser Seite her keine Stütze hat. Also sind auch hier Lücken auszufüllen, was ge- rade bei dieser Art nicht allzu schwer halten dürfte. 6. oe m a an Orb. Sempach Angabe. . . rege a ee ee 15.4 — 9.5 Mittel u... 3.5 2.5 4.5 27.4 Beobachtungszahl 7 8 6 6 Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 303 Unverkennbar liegt hier wieder Zug in der W—O-Richtung vor, trotzdem die Orte nur dem mittleren Teil unseres Gebietes ange- hören. Leider sind zu wenig Anhaltspunkte zur Vergleichung mit. Sempach da, das ein sehr frühes Mittel aufweist. Ob angenommen werden darf, dass auch hier das Reusstal die Gäste zeitiger bringt?’ 7. Hippolais ieterina Vieill., Gartenlaubvogel. eo Genf Lausanne Solothurn Angabe... . 2.5— 24.5 5.5—19.5 4.5—155 2 13.5 12.5 9.5 Beobachtungszahl 16 11 h) U Olten Zürich Angabe. . . . 27.4—27.5 1.5 — 20.5 Miktal rs 12.5 10.5 Beobachtungszahl 14 8 Bei der Vergleichung dieser Mittel erhält man fast den Eindruck,. dass der Frühjahrszug sich hier von O nach W vollziehe. Doch müssten jedenfalls noch andere Beweismittel, die gegenwärtig völlig fehlen, vorliegen, um eine solche Ansicht gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Man darf nie ausser acht lassen, dass die Statistik ge- rade bei Untersuchungen wie der vorliegenden sehr leicht zu Fehl- schlüssen führt. Da ist es gewiss richtiger, gar keine Folgerung zu entnehmen und die Frage offen zu halten. 8. Sylvia borin Bodd., he Orte, .. 2.20%. 0. DAOSENDG Neuenburg Angabe. . ... 1.5—7.5:. 20.4— 6.5 13. er re 3 4.5 28.4 25.4 3.5 Beobachtungszahl 7 B) 18 11 er Ahyabe,. vs ih an B) u 17. 5.28. u! Mi 26.4 7.5 3.5 Beobachtungszahl 30 7 8 ae Sempach Chur Angabe. . . > 2.4—12.5. 14 er 28.3 — 2.5 Mitte 4 22.4 1.5 14.4 Beobachtungszahl B.. Ir 12 304 K. Bretscher. Auch da scheint die Zugsrichtung der gewöhnlichen entgegen- gesetzt zu sein; folgen doch Chur, Zürich, Aarau-Solothurn-Lausanne gut aufeinander. In diesem Sinne ist auch die Tatsache zu ver- werten, dass 1867—1871, also in 5 aufeinanderfolgenden Jahren, Chur durchweg eine frühere Ankunft verzeichnet als Olten. Als zweite Einfallsstrasse ausser der Ostschweiz dürfte dann wieder der Gotthardpass und das Reusstal angesehen werden; so erklärte sich das frühe Mittel für Sempach, von dem aus Olten, Bern und Neuen- burg ihren Bestand erhielten. 9. Sylvia atricapilla L., Schwarzkopf. mE... 5 Lausanne Freiburg Neuenburg Angabe. . . . 27. eh 13.2 —10.4 84—15.5 25.3—9.4 BR 2, 24.3 13.3 26.4 1.4 Beobachtungszahl 24 23 B) B) Da Bern Solothurn Olten Langnau Angabe. . . a 3—11.4 16.2 — 24.4 1.4—27.4 15.4— 25.4 Bi... 28.3 21.3 14.4 20.4 Beobachtungszahl 22 7 23 7 ÜEB 12 :4:..,% 0%... PISRRSER Basel Aarau Sempach Angabe. . . . .4—27.4 20.3— 20.4 30.3—22.4 28.3—19. BER. nr. 4.4 10.4 8.4 Beobachtungszahl 6 16 13 10 BR... Zürich Wädenswil ‘Rheintal Chur Angabe... . 1.4— 26.4 3.3—18.4 4.4—18.4 1.4—2.5 MMel... 2.00% 13.4 9.4 11.4 16.4 Beobachtungszahl 23 41 6 12 Hier fallen in erster Linie die Ankünfte im Februar als offenbar unregelmässige und ausnahmsweise Erscheinungen auf. Sie sind auch nicht etwa vom gleichen Jahre verzeichnet. Werden die nächsten Angaben in Rechnung gesetzt, so fällt das Mittel für Genf auf den 30.3, für Lausanne auf den 25.3, für Solothurn auf den 25.3. Wir haben dann das erste Erscheinen in der Westschweiz und bis nach Solothurn bis zum 1.4 anzusetzen — mit Ausnahme von Freiburg — während die übrigen Orte des Mittellandes es in der ersten Hälfte April haben. Für Chur ist es am spätesten, wenn wir von Freiburg und Langnau absehen, bei denen sicher die grössere Höhe einen ver- spätenden Einfluss ausübt. Es ist auch nicht ganz von der Hand Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 305 zu weisen, dass Basel von Westen her versorgt werde und dann eine Ausstrahlung von da aus nach Aarau stattfinde, wogegen aller- dings das späte Mittel von Olten spricht; denn durch eine solche Ein- wanderung würde wahrscheinlich dieser Ort auch betroffen. Sehr früh erscheint auch Wädenswil, namentlich im Vergleich mit Zürich, was ich mir allerdings nicht recht erklären kann. Vielleicht stimmt mit der Tatsache am besten die Annahme überein, dass in Wädenswil eine besonders früh einziehende Familie des Schwarzkopfes ansässig ist. Haben wir doch im Weichbild der Stadt Zürich gerade bei dieser Art genau 4 Wochen Unterschied im Einzug beobachtet. 10. Sylvia curruca L., Zaungrasmücke. a Genfersee Bern Solothurn Olten Angabe. . . .24.3— 11.5 15.4—3.5 10.4—7.5 4.4—10.5 ee 17.4 24.4 23.4 22.4 Beobachtungszahl 7 12 7 29 KR u es Basel Sempach Zürich 4 Angabe. u... 2420,55 5,5 : I 2.5 27.4 | Beobachtungszahl 9 B) FE E % i ä R: 38 = Da liegt entschieden Zug von SW nach NO vor: der Genfersee hat das früheste, Zürich das späteste Mittel, die dazwischen liegenden Gebiete des Mittellandes halten sich ziemlich gleichzeitig in der Mitte der beiden Grenzzahlen. Hier scheint der Strom auch nach Basel abzuzweigen. Nur Sempach ist erheblich später. 11. Sylvia communis Lath., Dorngrasmücke. ‚Orte. . . .... Unterer Genfersee Lausanne Bern Solothurn 2 ER RER 5" Sn 0 .5.4.4—5.5 6.4—9.5 Mel. 14.4 17.4 19.4 22.4 Beobachtungszahl 12 13 18 16 2 Olten Langnau Basel Aarau Angabe. , 4.4—10.5 15,4 —75..84—-15 5.4—25 2) A 22.4 26.4 19.4 18.4 Beobachtungszahl 26 6 9 11 Ute. u... Sempach Zürich Chur Angabe. . 54-9315 18.4=95 1,.4—6.5 Mal 2, * 28.4 26.4 26.4 Beobachtungszahl 6 8 a 12 = 306 K. Bretscher. Diese Reihe entspricht wohl allen Anforderungen auf Eindeutig- keit, da die unbedeutende Verfrühung für Chur (gleich Zürich) wie die Verspätung bei Sempach kaum in Betracht fallen können. Un- erheblich ist auch der Unterschied zwischen Zürich und Chur; genau ‚gerechnet wäre er nur ein halber Tag. Langnau erscheint seiner grössern Höhe wegen etwas später. Jedenfalls handelt es sich hier ‚ausschliesslich um Zug von SW nach NO 12. Turdus philomela Brehm, re Orte. . . . „Unter. Genfersee Lausanne lothurn Angabe... 29:2 13.3. 25. og 19. an es 2_30,3 Mittel 0,23... 22.2 16.2 10:3 8.3 Beobachtungszahl 13 9, 9 22 rs yo Langnau Angabe. . . m. ng 30. era 2 22.2— 24.3 Wittel u... >, 22.2 21.2 9.9 9.3 Beobachtungszahl 25 B) 8 3 Orte, uw Sempach Zürich Rheintal Angabe... °. 47 2 — 26.3 16.2 —19.3 23.2 — 20.3 Mittel ET 8.83 3.3 1.8 Benin g ı1 8 Von der Tatsache ausgehend, dass die Singdrossel in der ebenen ‚Schweiz auch Standvogel ist, indem einzelne Exemplare überwintern, hätte ich bei ihr eine Reihe mit mehr Unregelmässigkeiten erwartet. Es ist gewiss nicht unberechtigt, die Januarangaben überwinternden Tieren zuzuschreiben; dann erhalten wir als Mittel für Lausanne den 3.3, für Olten und Basel den 8.3, d.h. wie ohne diese Änderung eine Zugsrichtung vom Genfer- zum Bodensee. Bern erscheint etwas, immerhin unbeträchtlich verspätet, Zürich verfrüht, was mit dem schon erwähnten Umstand in Zusammenhang stehen dürfte. 13. Turdus merula L., Amsel. Ole Solothurn Zürich Angabe... x; 41.1 23.2 16 ee 3 ie Pe in 3: 21.2 2.3 Mittel... 4.2° 18.2 4:3 3.3 Beobachtuneszahll 4 18 10 4 Die wenigen Angaben, die für diesen Vogel WOELSERLE sprechen -deutlich für Zug von SW nach Br re a ee Be s Nee RE Peg hi = & B, El Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 307 14. Saxieola oenanthe L., Grauer Steinschmätzer. Urteı 0% Lausanne Solothurn Angabe. a 21.3 — 24.4 28. EN 25.3 — 6.5 MI us 17.4 7.4 7.4 15. 4 Beobachtungszahl 11 43 B) 9 Be a De Olten Zürich Rheintal u. Chur Angabe...» . 9.4—24.4 1.4—28.4 16 0.4 Me un. 16.4 14.4 7.4 Beobachtungszahl 9 7 11 Diese Mittel sind nichts weniger als eindeutig. Die Annahme, dass Genf ausnahmsweise und zufällig späte Angaben habe, der Zug also von da aus stattfinde, ist nach den Mittelzahlen ebenso erlaubt wie die andere, dass die Einwanderung von Chur, resp. vom Rheintal her erfolge. In diesem Falle ordnen sich Chur, Zürich, Olten und Genf sehr gut ein. Endlich kann noch eine dritte Möglichkeit ins Auge gefasst werden: Zug von Westen her bis Olten und von Chur her bis Zürich und allenfalls in beiden Fällen über diese Orte hinaus. Da ist demnach die Lücke in der Erkenntnis der Sachlage durch weitere Beobachtungen auszufüllen. 15. Pratincola rubetra L., braunkehliger Wiesenschmätzer. ud ur SE De Nr Lausanne Bern Anpabe. 7... re 25:3—15 3.:4—7.5 ae, Mille... .0% 15. 4 12.4 20.4 25.4 Beobachtungszahl g 8 8 7 HER ne Solothurn Olten Basel Aarau Angabe. . . .12.4—8.5 23.4—185 13.4—75 10.4—185 9 REN 25.4 5:5 25.4 29.4 Beobachtungszahl 18 10 6 11 Bun BE SE Zürich Rheintal Chur Angabe. . .. 2.4—6.5 24.4—16.5 24.4—25 Mittel... : 19.4 5.5 28.4 Beobachtungszahl 19 9 13 Da haben wir eine etwas verhüllte Reihe von W nach OÖ, Doch hat der Genfersee die frühesten, das Rheintal ein sehr spätes Mittel, dem gegenüber Olten verspätet, Zürich sehr verfrüht auftritt, was unzweifelhaft auf den an einzelnen Orten pichh Dane ee u 308 K. Bretscher. setzten Beobachtungen mehr als auf den Tatsachen beruht. 1895 hatte Genf nämlich die Wiesenschmätzer schon am 24.3, Lausanne am 20.4, Solothurn am 24.4, Zürich am 14.4, also müssen sie vor dem 18.5 auch in Olten gewesen sein. Lassen wir dieses Datum fallen, so kommt hier das Mittel auf den 1.5, was dann ganz gut mit Solothurn und Aarau stimmt. Als Ausnahme tritt in der Reihe Zürich auf, mit dem übrigens das Mittel von Kaltbrunn, zwischen Züricher- und Walensee gelegen, von dem wir 4 Beobachtungen haben, völlig im Einklang steht. Gross ist auch der Unterschied zwischen Chur und Rheintal. Haben etwa diese beiden eine beson- dere Einwanderung über die Bündneralpen, das Limmattal eine vom Gotthard her? 16. Phoenicurus phoenicurus L., Gartenrotschwanz. Orte. . . . „Unterer Genfersee Lausanne Neuenburg Angabe. . . .18.3— 20.4 2.3—21.4 2.4—22.4 25. ne Bu 0.0: 3.4 27.3 12.4 11.4 Beobachtungszahl 14 19 9 13 nie ea Solothurn nau Pfeffingen Angabe. . . . 15.3 — 20.4 24. er a 28.3 — 17.4 MH ; 5”. 2.4 5.4 15.4 1.4 ER NN 18 35 16 11 Basel Aarau Zürich Angabe. . . . 22.3— 24.4 4.4—29.4 18. ee se 4 7.3—17.4 Mittel... ur. 7.4 16.4 1.4 27.3 Beobachtungszahl 10 10 10 22 Ile 4 Kaltbrunn Rheintal Chur Angabe. . . . 31.3 — 27.4. 20.3 — 22.4 20.3 — 17.4 Be. 13.4 i 3.4 Beobachtungszahl 4 12 12 Hier fallen in erster Linie die zwei frühen Angaben von Lau- sanne — 2.3 — und Zürich — 7.3 — auf, die gewiss als Aus- nahmserscheinungen betrachtet werden dürfen; die nächsten sind dort der 22.3, hier 23.3, wodurch die Mittel um 10 und 8 Tage zurückverschoben werden. So kommen sie auf den 6.4 und 4.4; auch Olten würde mit dem nächstfrühen Eintreffen auf den 7.4 fallen. Bei Sempach haben wir auch Angaben vom 23. und 25.3, so dass hier der 18.3 nicht als ausgesprochen früher Zeitpunkt an- gesehen werden kann; vielmehr scheinen diese Zahlen auf eine be- en en . Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 309 sondere Einzugsstrasse, den Gotthard und das Reusstal hinzuweisen, und es wäre gar nicht ausgeschlossen, dass auch Olten und der Kanton Basel ihre Mittel an jenes knüpfen. Von Genf bis Aarau, das recht späte Angaben hat, haben wir es unzweifelhaft mit Zug in der Hauptrichtung zu tun, während Chur, das Rheintal und Zürich auf die entgegengesetzte Richtung hindeuten. Allerdings ist dann Kaltbrunn, in dieser Linie gelegen, sehr spät. 17. Phoenicurus ochrurus Gm., Hausrotschwanz. Orte. ...: . .. Unterer Genfersee Lausanne Neuenburg Bern Angaben ir. . 2,2 —1.4.:,9.3—3.4..88— 1.4 4.35 — 4.4 Mal... 15.8 21.3 20.3 19.3 Beobachtungszahl 13 22 5 24 Be nen 4 Solothurn Langnau Olten Pfeffingen Angabe. . . . 9.3 —31.3 13.3—7.4. 13.2 —234'11.3—1.4 BL ea 20.3 25.83 vs 21.3 Beobachtungszahl 19 17 39 6 I Basel Aarau Sempach Zürich Angabe. . . A 3—31.3 12.3—15.4 15.3—28.3 6.3—2.4 Mittel =. 8, 21.3 29.3 21.3 19. 3 Beobachtungszahl 17 14 11 24 Mei. 3,7%: Wagens Schaffhausen Rheintal Chur Angabe. . . . 13.3—14.4 10.3—1.4 16.3—10.4 13.3—4.4 Mittel: . 29.3 21.3 28.3 24.3 Beobachtungszahl 9 11 10 12 Bei Olten darf füglich ein frühestes Datum, das einzig in der ganzen Reihe ist, durch das nächste, den 7.3, ersetzt werden; so fällt das Mittel auf den 20.3 und stimmt dann sehr gut mit Bern und Solothurn überein. Auch Sempach ordnet sich hier ein, während Aarau und Wädenswil erheblich später, Zürich unbedeutend früher sich zeigen. Da der Osten der Schweiz die spätesten, der Westen das früheste Mittel hat, liegt Grund genug vor, als Zug von SW nach NE anzunehmen. 18. Luscinia N FE Nachtigall. BR Neuenburg Angabe .: 00 zu; _ __. a 16.4— 233.5 nee 17.4 u Beobachtungszahl 24. 19..; 7 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 21 Ä 310 K. Bretscher. I. VRR Aarau Angabe. . . AB se wen 15.4 — 2.5 Millelieäh a, 22.4 14.4 23.4 Beobachtungszahl 7 15 4 In den Mitteln vom Genfersee, Bern und Aarau liegt wiederum eine schöne Reihe vor, die am Zug in W-O-Richtung nicht zweifeln lässt. Auffallend ist die späte Angabe Neuenburgs vom 23.5, die sein Mittel soweit hinausschiebt; die nächste vom 5.5 würde es auf den 26.4 bringen, also immerhin noch hinter Bern einreihen. Des- wegen darf der aus den Mitteln gezogene Schluss doch als richtig angesehen werden; dagegen wird offenbar Basel von ihm nicht be- troffen. Unzweifelhaft sind seine Nachtigallen auf der Rhone-Saone- Strasse zu ihm gelangt; denn seine ersten Daten fallen elfmal vor die Genfs, so dass die Mittelland-Linie dort völlig ausgeschlossen ist. 19. Luscinia swecica Wolf, Weissterniges Blaukehlchen. Orte. . . . . Unter. Genfersee Lausanne Bern Solothurn Angabe. . . . 15.3— 21.4 20.3—15.4 29.3—5.4 30.3— 11.4 Burn... . 2.4 2.4 1.4 5.4 Beobachtungszahl 10 13 9 9 DR Ve Olten Basel Sempach Angabe. ... 26.3—74 16.3—10.4 14—6.5 Mittel . . ; 1.4 28.3 18.4 Beobachtungszahl 7 6 7 2 ee Zürich Uznach Chur Angabe. . .. 93.3—20.4 5.35—94 19.3 —11.4 1127 a 7.4 22.3 30.3 Beobachtungszghl 20 h) 6 Auch hier hat die Westschweiz bis Olten die frühesten Mittel, denen gegenüber Sempach sehr verspätet ist. Das rührt von der spätesten Angabe, dem 6.5, her. Das nächste fällt auf den 16.4, die das Mittel auf den 8.4 vorschiebt und in die Nähe von Solothurn bringt. Der 5.3 für Uznach ist offenbar eine sehr verfrühte Er- scheinung; der nächste Einzugstag ist der 30.3. Mit ihm wird der 4.4 das Mittel, das sich sehr gut zwischen Chur und Zürich ein- schiebt. Da die Angaben von Chur zwischen den 19.3 und 4.4 fallen, also alle recht früh liegen, müssen wir für die Ostschweiz die Einwanderung über die Alpen, vielleicht auch von O, als sicher annehmen. Auch in Basel scheint das Blaukehlchen nicht vom Mittel- land, sondern von W her einzutreffen. ‘Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 311 20. Erithacus rubecula L., Rotkehlchen. la: 4 5. Lausanne Solothurn Angabe. ;. 18. ar 8.2 — 17.3 gas 21.2 — 25.3 Me, 0. 7.8 208. 26.2 9.3 Beobachtungszahl 13 12 19 19 Ute es Er Olten Langnau Pfeffingen Angabe... . 21.2 —31.3 6.3—21.3 4.3— 144 Mittel ; 12.3 13.3 24.3 Habbeehlangenahl 22 6 8 a SR EN Basel Sempach Zürich er... 3517.33 .5.3— 30.3 1.3 — 8.4 mu . . . 9.3 17.3 23.83 Beobachtungszahl B) 8 18 2 A Schaffhausen Rheintal Chur Angabe sl. 4.3—1.4 11.3 — 2.4 2.3 —3.4 127. PR 18.3 22.3 18.3 bee 8 11 12 In Genf scheinen die Beobachtungen spät eingesetzt zu haben daher erscheint es gegenüber Lausanne erheblich verspätet. Im übrigen ist die Reihe ausgesprochen die gewöhnliche; haben doch westliche Orte, Lausanne und Bern die frühesten, östliche, Zürich und das Rheintal die spätesten Ankunftsdaten. Chur ist wieder einige Tage früher als das Rheintal, so dass man versucht sein könnte, auch hier an einen Zugang über die Alpen zu denken. Ob für Basel ebenfalls Zug von W her zutrifft, muss durch weitere Be- obachtungen festgestellt werden. Auch Schaffhausen erhält seine Rotbrüstchen früh; ob sie dem Rhein entlang von Basel her kommen? Für Zürich ist Einwanderung von Chur her so möglich wie aus den westlichen Gebieten. 21. Chelidon rustica L., Rauchschwalbe. Oro... Lausanne Bern Angabe. . . 18. a 27.3— 13.4 rl 10.3 — 12.4 0 29.3 4.4 7.4 26.3 Beobachtungszahl 13 7 7 23 BB... > >SOlDERNTE Angabe. . . . 23.3— 20.4 2 ed Möge 23.4 a aa Mi; oo 6.4 10.4 9.4 7.4 Beobachtungszahl 13 16 ) >: 318 K. Bretscher. ee Baselland Pfeffingen en Aussbe: 7.0. 10.4 — 24.4 4.4—29.4 26. Dr 4 24.3 — Mittel 17.4 16.4 8.4 29. Fe Beobachtirieneihl 11 . 19 11 12 DRAN Zürich Wädenswil Schaffhausen Angabe. . . 25. 3—19.4 3.4—19.4 N 30. 3 — 29.4 Mittel 2 2 0; 6.4 11.4 29.83 14.4 Beobachtungszahl 23 8 11 B) 2,5 Sarnen Bernhardin St. Bernhard Angabe. . . SEAT a 8.4 — 29.4 19.3 — 26.4 HuM.. 0.5 8.4 RA 18.4 7.4 Beobachtungszahl 7 34 3 7 Es ist hier zu erwähnen nötig, dass ein erstes Eintreffen bei Genf vom 20.2-1890, ferner eines vom Grossen St. Bernhard vom 18. 2-1876 und vom 28.2.1872 als abnorm frühe weggelassen wurden; auch der 10.3-1909 bei Bern könnte noch so aufgefasst und ausser acht gelassen werden. Mit dem nächsten, dem 16. 3-1903 würde die mittlere Ankunftszeit mit der von Genf genau übereinstimmen. Mit Ausnahme von Bern haben wir nun von Genf über Lausanne, Orbe, Solothurn und Olten eine Reihe, die entschieden Zug von W nach O anzeigt. Chur und Sempach sind so früh wie Genf, dürften demnach die bereits mehrmals erwähnten Zufahrtswege von S her auch hier eingeschlagen sehen. Es ist hier sehr wohl möglich, dass Zürich und Aarau ihre ersten Rauchschwalben auch vom Gotthard her erhalten; gegen die Zuwanderung von Chur her spricht nämlich das späte Mittel von Wädenswil, das in diesem Fall vor . dem Zürichs liegen müsste. Selbstverständlich ist auch nicht aus- geschlossen, dass Aarau von W her besiedelt wird, da der Unter- schied von 2 Tagen gegenüber Olten doch gering erscheinen muss. Auch Langnau liegt kaum ausserhalb der ersten zeitlichen Reihe, während Basel, das keine Märzankunft verzeichnet, so einsetzt, dass auch da die Zureise von Frankreich her zu vermuten ist. Erhebli später ordnen sich dann Baselland und Pfeffingen ein, die ihren Zuzug dem Aaretal, ebensogut aber auch der westlichen Zugsstrasse, ver- danken können. Dass Chur und Sempach ganz wohl über die Alpen bezogen werden können, wird auch durch die frühen Daten vom Grossen St. Bernhard (2472 m) wahrscheinlich gemacht, von dem dann allerdings nur eine März-Beobachtung vorliegt, denen 6 vom April folgen. Dagegen ee x Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 313 hat der Bernhardin, 2063 m, ein viel späteres Mittel. Verglichen mit den Angaben von Chur ist aus denen des Bernhardin zu schliessen, dass das Rheintal seine ersten Rauchschwalben nicht von ihnen her bekommt; liegt ja sein letztes Datum vor den ersten vor ihnen. — Wir haben hier einen trefflichen Hinweis, welche Aufschlüsse uns die Kenntnis des Vogelzugs über die Alpen bieten könnten, und wie notwendig es ist, an die Ausfüllung dieser Lücken zu gehen. Gleich- zeitig sagen die Befunde, dass das neue zu erwünschende Material uns vor neue Fragen stellen würde. — Spät ist auch das Mittel für Stans gegenüber Sarnen. 2 Angaben fallen hier in die 2. Maihälfte, ohne diese käme es auf den 20.4, also immer noch bedeutend später als das benachbarte Sarnen. 22. Hirundo urbieca L., Mehlschwalbe. ne ul Solothurn Angabe. . 1.420: Ba» © 17% SH 15.4 — 6.5 Mel, 14.4 15. 4 10.4 25.4 Beobachtungszahl B) 7 12 13 0 ER ae er Olten Sempach Zürich Angabe... . 12.4 —20.4 2.4—19.4 4.4 —45 Mittel... % >33 16. 4 10. 4 19. 4 Beobachtungszahl b) 10 16 Bern verzeichnet bei diesem Vogel ein sehr frühes Eintreffen am 17.3.1909; das nächste vom 31.3 verschiebt das Mittel auf den 16.4 und bringt es in beste Übereinstimmung mit Orbe und Olten, so dass Genf, diese beiden Orte mit Bern und Zürich eine ausgesprochene Zugsrichtung von W nach O ergeben. Trotz seiner beträchtlichen Anzahl von Angaben ist Solothurn verspätet, da seine ersten erst in die Mitte April fallen. Sempach hat sein Mittel vier Tage vor Genf, so dass die Annahme, dass ihm seine Mehlschwalben vom Gotthard her zukommen, nahe liegt. Auch liegen seine An- kunftsdaten wie die von Olten nahe beisammen. 23. Apus apus L., Zoe 08... Bern. othurn Olten unbe... 2 eg 14.4 — 8.5 ur 8.5 °28.4—6.5 a 27.4 26.4 27.4 2.5 Beobachtungszahl ) 17 21 5 P Se 314 K. Bretscher. OriB Een Langnau Sempach Zürich Angabe. . ... 80.4—7.5 25.4—1.5 17.4—1.5 Miltal ... 5%. 3.5 28.4 24.4 Beobachtungszahl B) 11 21 ORT Wädenswil Chur Sarnen Ense AN. EI, ie 7 ee 9.9 1.5 3.9 Beobachtungszahl 6 12 8 Der Fortschritt von Genf aus nach NO ist hier unzweifelhaft ausgesprochen. Eine Unregelmässigkeit darin besteht im frühen Mittel von Zürich und dem späten von Wädenswil, das durch den 13.5, die späteste Ankunft überhaupt verursacht ist; das nächste vom 2.51901 würde es auf den 29.4 verlegen, wodurch die Über- einstimmung mit den übrigen Orten recht gut würde. Auch Sempach scheint sich ihnen anzupassen, Zug von anderer Seite her anzunehmen, ist keine Veranlassung. 24. Cuculus canorus L., Kuckuck. a Solothurn Angabe. . ... N 31. ri 9.4— 9.5 ee 11.4 16.4 22,4 Beobachtungszahl ‚11 12 14 Mai on Sempach Wädenswil Angabe... cl 4 — 28,4 en 24.3 — 28.4 Mittel, .-; 1%;0.% 19.4 21.4 10.4 Beobachtungszahl 12 16 8 Der 24. März, Ankunftstag in Wädenswil im Jahre 1905 ist ausserordentlich früh und liegt 12 Tage vor dem nächstfrühen; das Mittel für diesen Ort darf also unbedenklich auf den 16.4 ange- nommen werden. Auch hier liegt kein Grund vor, einen andern Zuzug als den in der Hauptzugsrichtung zu vermuten. Sempach, der einzige Ort, der mit einer Abweichung in Frage kommen könnte, fügt sich sehr gut an Bern an, während Solothurn etwas verspätet auftritt. Lägen Beobachtungen aus dem Osten der Schweiz vor, so gäbe das wohl Veranlassung, das Bild über den Einzug genauer zu gestalten; so muss abgewartet werden, bis die Grundlage hiefür sich erweitert hat. Die auf diese Art gewonnenen Ergebnisse seien noch übersicht- lich zusammengestellt. Wir können nach der Art des Einzugs folgende Typen unterscheiden: Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 315 1. Arten, die nur vom Genfersee her in das Mittelland einziehen: die Gebirgsstelze, die Zaungrasmücke, die Dorngrasmücke, die Singdrossel, die Amsel, der Hausrotschwanz, die Nachtigall, der Turmsegler und der Kuckuck = 9. . Arten, die auch über den Gotthard, im OÖ über die Bündner Alpen und bei Basel von W her einzurücken scheinen: die Bachstelze, der Weidenlaubsänger, der Schwarzkopf, der Garten- rotschwanz, das Blau- und das Rotkehlchen, die Rauch- und die Mehlschwalbe = 8 Arten, die anscheinend von O her bei uns eintreffen: die Schaf- stelze, der Gartenlaubvogel, die Gartengrasmücke, — 3, und endlich Arten, für die die Beobachtungen zu spärlich sind, um einer der 3 Gruppen zugewiesen zu werden: der Fitislaub- und der Teichrohrsänger, der Steinschmätzer und der Wiesenschmätzer — 4. Beim Einzug der Gruppe 3 dürfte es sich nicht um Einwanderung über die bündnerischen Alpenpässe handeln, sondern wirklich von OÖ her, wohl über den Bodensee. Diese Ergebnisse, wie sie nun einmal genannt sein mögen, werden dem auffallen und höchst unwahrschein- lich vorkommen, der gewöhnt ist, den Zug ausschliesslich von NW sich abspielend zu denken. Das war ja fast eine durchaus selbst- verständliche Sache, die durch das Vorstehende auch noch nicht be- stritten, sondern für einmal nur in Zweifel gezogen werden soll. Was bei dieser bescheidenen Untersuchung herausgekommen ist, gestattet auch ein Urteil über den Wert der dabei angewendeten statistischen Methode. Er scheint mir nicht gering zu sein; denn wenn auch nicht durchweg von positiven und unzweifelhaften Ergebnissen ge- sprochen werden kann, die sie zeitigte, so hat sie doch klare Fragen gestellt, die nun der Lösung harren. Und das ist immerhin ein Fortschritt insofern, als scharf umschrieben ist, worauf in Zukunft das Augenmerk zu richten, wie und wo die Zugsbeobachtungen ein- zusetzen haben, um in die so ausserordentlich verwickelten Erschei- nungen der Vogelwanderungen einen tieferen Einblick zu gewinnen. Als positive Ergebnisse bezüglich der Zugsrichtung sind her- vorzuheben: 1. Es besteht im Frühling durch das schweizerische Mittelland ein Hauptzug von SW nach NO; D > 2, für einzelne Arten ist ein Zug in entgegengesetzter Richtung wahrscheinlich ; 3. auch über die Alpen und über Basel darf eine Zuwanderung angenommen werden. Die erste Tatsache ist eigentlich von jeher von vornherein an- genommen worden; ihre Bestätigung auf statistischem Wege ist nicht 316 K. Bretscher. überflüssig, denn gerade in diesen Erscheinungen des Vogellebens kann auch die Beobachtung leicht zu Täuschungen Anlass geben. Betreffend den Zug über die Alpen haben wir einiges Material (ge- sammelt in meiner Arbeit: „Der Vogelzug über die schweizerischen Alpenpässe*, Vierteljahrsschr. Naturf. Ges. Zürich 59, 1914). Doch erfährt man nur ganz ausnahmsweise, ob es sich um Frühjahrs- oder Herbstzug handelt, so dass in dieser Hinsicht noch so ziemlich alles zu tun übrigbleibt. Ebenso wertvoll wären Beobachtungen über den Vogelzug am Südfuss der Alpen, da sie die des Übergangs über diesen Wall und die auf dessen Nordseite ergänzen könnten. Bei der Schwierigkeit, die der Lösung aller in unser Gebiet fallenden Fragen entgegenstehen, kann ja überhaupt nicht genug Material ge- sammelt werden. Die dritte Behauptung erhält etwelche Stütze durch den Um- stand, dass in Ungarn die mittleren Ankunftsdaten der 3 Vogelarten früher sind als bei uns. Sie fallen für die Schafstelze auf den 4.4; für den Gartenspötter auf den 3.5; für die Gartengrasmücke auf den 25.4. Bei uns sind die entsprechenden Tage der 18.4, der 10.5 und 5.5. Die Unterschiede betragen mithin 7—14 Tage zu- gunsten Ungarns. Es ist nun die Frage zu prüfen, welche Zeit diese erste Ein- wanderung für jede Art und in jedem Jahr beansprucht. Dabei handelt es sich wieder nur um das erste Auftreten der Zugvögel im Frühjahr; ob sich dabei jeweilen eine Besiedelung anschliesst, oder ob es blosser Durchzug ist, lässt sich nicht sagen, da die bezüglichen Angaben fast durchaus fehlen. Nun sind diese auch ungenügend für die Beantwortung der vorliegenden Frage, da in der Reihe der Orte von W nach O das erste Eintreffen nur in den seltensten Fällen lückenlos angegeben werden kann. In der folgenden vergleichenden Zusammenstellung sind nur die Fälle berücksichtigt, in denen die Daten über ein grösseres Stück des Weges Aufschluss geben; wo nicht der ganze Weg vom Genfersee bis zum Rheintal zu ermitteln war, wurde doch wenigstens die Zurücklegung des Abschnittes von dort bis Zürich oder von Orbe bis Zürich aufgenommen. Auch hätte es zu weit geführt, die Zugs- dauer von jedem Jahr, in dem diese Ansprüche verwirklicht sind, mitzuteilen. Es kann vollständig genügen, die längste und die kür- zeste Dauer dieser Einwanderung anzugeben. Dagegen ist dann das Mittel aus den sämtlichen Daten berechnet, aus denen die Maxima und Minima entnommen werden konnten, da es meist von dem aus den beiden letztern etwas abweicht. Jenes ist auch zuverlässiger. Die Tabelle gibt auch die Tage an, innerhalb deren die Wanderung Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 317 jeweilen stattfand, das Jahr, aus dem die Angaben herrühren, und den Ausgangs- und Endpunkt des beobachteten Weges. Die Gesamt- zahl der bei jeder Art in Berücksichtigung gezogenen Fälle beleuchtet einigermassen den Wert der Maxima, der Minima und der mittleren Dauer der Wanderung und ist daher ebenfalls aufgenommen. End- lich muss noch gesagt werden, dass hier die frühesten Daten, auch die ausnahmsweisen, mit in Rechnung gezogen wurden. Der Lückenhaftigkeit der Angaben wegen konnten nicht alle Arten in das Verzeichnis aufgenommen werden. Es schien mir keinen grossen Wert zu haben, die Mittelzahlen auf Brüche genau zu bestimmen, weshalb ab- oder aufgerundet wurde und in jener Reihe nur ganze Zahlen auftreten. Wenn die gefundenen Grössen als absolute Werte in Betracht kämen, ginge es selbstredend nicht an, ungleich grosse miteinander zu vergleichen, wie es hier geschehen ist. Da ihnen aber nur Vergleichswert zuzusprechen ist, so mag dies hier immerhin erlaubt sein. Als erstes Ergebnis ist dieser Tabelle zu entnehmen, dass in der Dauer der ersten Einwanderung die einzelnen Arten völlig von- einander unabhängig sind. Nur 4 von den 20 in der Liste verzeich- neten Arten haben im gleichen Jahre 1905 hiefür die längste Zeit beansprucht; nämlich die Dorngrasmücke, die Amsel, der Wiesen- schmätzer und das Rotkehlchen. Nun ist aber zu berücksichtigen, dass die erste Art hauptsächlich im April einzog, die Amsel im Februar und in der ersten Märzhälfte, die dritte Art im April und der ersten Maihälfte, die vierte im Februar und März. Also löst. sich auch hier der scheinbare Zusammenhang, der durch Wärme- und Witterungsverhältnisse verursacht sein könnte, in ein Nichts auf. Das Jahr 1903 verzeichnet 3 längste Einwanderungen: die des Fitislaubsängers, des Steinschmätzers und des Blaukehlchens. Hier haben wir Übereinstimmung in der Einzugszeit nur bei den letzten beiden Arten: 25.3—26.4 beim Steinschmätzer, 17.3—20.4 beim Blaukehlchen; die des Fitislaubsängers erstreckt sich vom 15. 3—6. 4, liegt also erheblich früher. 1890 haben wir 2 mal längste Dauer der Einwanderung: der Gartenspötter hat sie vom 30.4—11.5, die Rauchschwalbe vom 20.2—4.4; die beiden liegen demnach weit auseinander. Dieselbe Beobachtung machen wir bezüglich der kürzesten Einwanderungs- zeiten. 1892 treffen damit zusammen der Weidenlaubsänger, die Rauchschwalbe, der Mauersegler mit dem 21. 3—26. 3, dem 27. 3—5. 4 und dem 27.4—3.5, welche Daten wiederum nebeneinander liegen. Die Dorngrasmücke und die Amsel mit dem 22.4—9.5 und dem K. Bretscher. 318 1. Die Einwanderung der Zugvögel im schweizerischen Mittelland. Tabelle Längste Dauer Kürzeste Dauer Zahl d. Mittlere Ben Kar AIR Wanderung | Tage A AUSeke Wanderung | Tage ar aeg Fälle | Dauer | | Bachstelze. . . 71.2 — 13.3 34 1910 | Genfersee-Rheintal | 17.2 — 15.3 26 1904 | Genfersee-Rheintal ») 30 | Weidenlaubsänger | 15.3 — 15.4 al 1900 Genfersee-Zürich 21.3 — %.3 5 1892 Genfersee-Zürich 10 20 Fitislaubsänger . 15.3 — 6.4 22 1903 N H 20.3— 8.4 19 1902 4 ” 2 20 Gartenspötter. . | 30.4— 11.5 11 1890 s ; 6.5—9.5 3 1891 s . 7 8 Gartengrasmücke 7.5—15.5 8 1904 x ß — = — _ — — _ Schwarzkopf . . | 183.2 — 21.4 67 1900 ; 3 25.3— 15.4 21 1890 Genfersee-Zürich 24 34 Dörngrasmücke . | 29.3— 8.5 | 40 | 1905 R , 22.4 9.5 | «1711908 i : 4 24 Zaungrasmücke . | 24.3 — 25.4 32 1902 ; . 19. 4 — 23.4 4 1901 E 5 6 14 Singdrosel . . | 18.2 — 12.3 22 1897 5 : 4.3 — 22.3 18 1886 ; - 6 20 Amel, 7% 1.2 — 13.3 34 1905 ö r 31.1 — 26.2 26 1903 = s 4 31 Wiesenschmätzer 24.3 — 18.5 55 1905 »„ Rheintal | 21.4 — 26.4 5 1901 ä . 8 28 Steinschmätzer . 25.83 — 26.4 32 1903 „ Zürich 27.3 — 13.4 17 1898 & h D 24 Hausrötel . . 13.2 —31.3 46 1899 ER ä 12.3 — 19.3 1 1897 a a 20 21 Gartenrötel . , 2.3 — 224 51 1900 „ Rheintal | 10.4 — 20.4 10 1909 : 5 16 24 Blaukehlchen . . | 17.3 — 20.4 34 1903 „ . Zürich 25.3 — 26.3 1 1894 5 r 11 16 Rotkehlehen . . 5.2 — 30.3 53 1905 „ Rheintal | 10.3 — 23.3 18 1896 ; ; 13 34 Rauchschwalbe 20.2 — 4.4 43 1890 » Zürich 21.35— 5.4 9 1892 r u 6 20 Mehlschwalbe. . | 1.3—21.4 | 35 | 1909 Orbe- „ 19.4— 30.4 | 11 | 1810 Orbe- , 7 20 Mauersegler . . | 1.4— 4.5 17 1912 Genfersee- „ 2.4 85 6 1892 Genfersee- „ 6 10 Kuckuck, RE 8 5.4—5.5 30 1907 Orbe- ’ 11.4 — 18.4 7 1908 Orbe- s 7 20 Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 319 31.1—26.2, die beide dem Jahr 1903 zufallen, weichen noch mehr voneinander ab. Bessere, sogar ganz gute Übereinstimmung zeigen die Zaungrasmücke und der Wiesenschmätzer im Jahre 1901. Ihre Daten sind der 19.4—20.4 und der 21.4-—26.4. Sie stellen die- selben Ansprüche an die Wärmeverhältnisse. Die Einzugszeiten der 12 übrigen Arten gehören verschiedenen Zeiten an, so dass bezüglich der kürzesten Perioden der Einwanderung so wenig Einklang besteht wie hinsichtlich der längsten. Die Zusammenstellung des Materials über das erste Auftreten der Zugvögel gibt auch das Mittel an die Hand, die Bedeutung des Überfliegens nachzuweisen, also der Tatsache, dass ein solcher Ein- wanderer an Orten, die in der Zugsrichtung weiter vorn liegen, früher beobachtet wird als an solchen, die er vielleicht vorher be- rührt oder nur passiert hat. Es ist jedoch klar, dass gerade hier der Mangel an regelmässigen, systematisch durchgeführten Beobach- tungen besonders fühlbar wird. So ist begreiflich, dass in den ein- gangs im Auszug mitgeteilten Tabellen die zeitliche Aufeinanderfolge des Auftretens einer Art nur in wenigen Fällen mit der Reihe der Orte in der Zugsrichtung übereinstimmt. Dazu kommt, den Einblick in die Zugsverhältnisse erschwerend, der Umstand, dass die einzelnen Arten nicht in geschlossenen Massen wieder im Frühling ihre Nist- plätze aufsuchen, sondern einzeln, paarweise, in kleineren oder grös- seren Gruppen, die früher oder später bei uns erscheinen. Darum erstreckt sich, wie immer und überall festgestellt werden kann, der Zug einer Spezies meist über eine grössere Zeitspanne, und darum sind die in einer aufeinanderfolgenden zeitlichen und örtlichen Reihe beobachteten Vögel gewiss nur in seltenen Fällen dieselben Tiere; ganz besonders dann wohl nicht, wenn die Beobachtungstage weit auseinander liegen. So haben wir im Jahre 1904 für die Gebirgs- stelze in Bern das erste Eintreffen verzeichnet am 26.2, in Solothurn am 1.3, in Zürich am 20.4. Da lässt sich mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass die an letzterm Ort beobachteten Tiere nicht die von Bern und Solothurn sind, während es sich bei diesen beiden um die gleichen handeln kann. Ähnlich liegt die Sache 1904: Bern hat als erstes Zugsdatum den 25.2, Solothurn den 14.3, das Rheintal den 18.3. Nur für die letztern beiden Orte ist die Identität der beobachteten Individuen einigermassen wahrscheinlich; zwischen Bern und Solothurn ist der Zeitunterschied für eine solche Annahme zu gross. Sicherheit hätte man nur, wenn die jeweils beobachteten Tiere gut bezeichnet wären, an jedem folgenden Beobachtungsplatz eingefangen und identifiziert würden, um dann wieder freigelassen zu werden. Eine Forderung allerdings, deren Erfüllung nicht gerade 320 K. Bretscher. leicht ist. Hier steht für die Beringungsversuche noch ein weites Feld der Arbeit offen, um die wünschbaren sichern Werte zu ge- winnen, mit denen wir es in der Erforschung des Vogelzuges leider noch selten zu tun haben. Trotz der Unsicherheit der möglichen Schlüsse ist es doch nicht ohne Interesse, eine Anzahl Fälle herauszusuchen, in denen die zeit- liche Reihenfolge beim ersten Erscheinen über mehrere Orte sich erstreckt. Dabei darf man aber nicht ausser acht lassen, dass die Aussicht für eine solche um so geringer ist, über je mehr Plätze sie sich erstrecken soll. Bei der Bachstelze finde ich nur 1895 mit Olten 1.3, Zürich 3.3 und das Rheintal 10.3. — Der Weidenlaubsänger verzeichnet: 1886: Lausanne 13.3, Olten 14.3, Zürich 20.3; 1895: Nyon 18.3, Solo- thurn 1.4, Olten 5.4, Aarau 10.4; 1896: Nyon und Lausanne 14.5, Solothurn 19.3, Olten 26.3; 1905: Nyon und Bern 15.3, Solothurn 16. 3, Olten 31.3. — Der Fitislaubsänger hat nur 1886: Lausanne 30.3, Solothurn 6.4, Olten 7.4. — Die Gartengrasmücke 1908: Neuen- burg 4.5, Bern 5.5, Sempach 11.5, Zürich 17.5. — Der Schwarz- kopf 1899: Genf 30.3, Lausanne und Bern 6.4, Solothurn 18.4, Zürich 24.4; 1902: Genf 23.3, Lausanne 24.3, Bern 1.4, Solo- thurn 6.4. 1903 haben die gleichen Orte den 13.3, 25.3, 2.4 und 28.4. Diese Beispiele, die leicht zu vermehren wären, mögen ge- nügen. Zu sagen ist allerdings, dass auch solche für die entgegen- gesetzte Zugsrichtung zusammengestellt werden könnten. Es ergibt sich aus allem, dass Überfliegen häufig stattfindet und ferner, dass der Frühjahrszug in Abschnitten, nicht in einem Zuge und ohne Anhalten erfolgt. Unzweifelhaft richten sich die Halte nach äusseren Bedingungen: Wind und Wetter, Gelegenheit zur Nahrungsaufnahme, wie nach inneren, etwa dem Befinden des Wanderers, seinem Ernährungszustand und -bedürfnis. Auch Hübner hat in seiner Penn Arbeit „Wetterlagen und Vogelzug“ (Nova acta, Bd.84)über den Rotkehlcl langsamesV orrücken festgestellt,und Ries sagt: „Parallel neben dem Zug, der viele Zugvögel in n der Nacht auf weite Strecken dahinführt, findet auch ein etappenweises Vor- wärtsschreiten statt.“ (Verh. Ornith. Ges., Bayern 1909, Bd. 10, 8. 98.) Anhangsweise soll auch für den Herbst- — wie eingangs für den Frühlingszug — der Versuch gemacht werden, aus dem gebotenen Beobachtungsmaterial die Zugsrichtung festzustellen. Hier wie dort wäre eine Bestätigung der direkten Beobachtung durch die Statistik von Wert. Wenn die frühesten Abzugsdaten zusammengestellt werden, so ergeben sich folgende Zahlen für die Bachstelze: Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 321 Orte a. Bern Solothurn Olten Angabe... . 2.9—26.10 18—411 10.8—2.11 MR... . .-; 9.10 11:9 21.9 Böchschkungszäh B) 8 11 BB. 4a Sempach Pfeffingen Schaffhausen Angabe. . . 20. 8— 21.10 19.9 — 29.10 2.9 — 28.10 Mittak.. 9. 5% 20.9 9.10 30.9 Beobachtungszahl 8 10 6 En. Rheintal Angabe. . . =, rL ae E 10 20.10 — 2.11 29. ga 23 11 Be .... .... 2.9 26. 10 17.10 Beobachtungszahl 8 6 13 Aus diesen Zahlen eine Reihe von O nach W oder umgekehrt herauszulesen, ist mir unmöglich; hat doch Zürich das weitaus früheste, das Rheintal das späteste Mittel, auf das Chur folgt. Höch- stens könnte gesagt werden, dass die mittleren Gebiete der schwei- zerischen Hochebene den frühesten, der Westen (Bern, Pfeffingen) einen spätern und der Osten den spätesten Abzug habe. Anhalts- punkte für weitere Mutmassungen, so betr. der Abwanderung über die Alpen von Chur oder Sempach aus, scheinen mir ebensowenig geboten. Genf hat drei Beobachtungen, deren Mittel auf den 29. 10 fällt, ebenso Neuenburg, aus denen der 10.9 das Mittel wäre. Auch diese Zahlen lassen sich in keiner Weise zu einer Feststellung ver- wenden. Nicht besser liegt die Sache für die @ebirgsstelze : EEE Bern Solothurn Langnau Olten Angabe. . . . 25.9—17.11 17.8— 21.10 11.9— 27.10 22.9 — 13.11 N 21.10 18.9 4.10 18.10 Beobachtungszahl 5 6 5 6 Ma. 2: 2.20. :.»empach Zürich Rheintal Angabe. . . .4.9— 27.11 21.9— 15.10 3.10—6.11 20. a 10 Mittel: = 2”. 16.70 3.10 20.10 8.10 Beobachtungszahl 6 6 9 12 Da hat Solothurn das früheste, Bern das späteste Mittel. Sehr spät ist das Rheintal gegenüber Chur und Zürich, während die be- nachbarten Olten und Sempach gut übereinstimmen. Auch hier un .es nicht an, eine Zugsriehtung herauszulesen. 3223 K. Bretscher. Beim Hausrötel haben wir: Urs are Genf Lausa Angabe. . . . 24.10—2.11 9. 10_38. A Ber 10 E va 2 10 1 RT 28.10 2.10 27.10 26.10 Beobachtungszahl 4 7 7 9 BEER E10 2208, u Langnau Olten Basel Angabe. . . . 13.9 — 26.10 22.8 — 27.10 13.10 — 24.10 1, 4.10 24.9 18. 10 Beobachtungszahl 10 23 6 Ole. au Pfeffinge Sempach Zürich Angabe... ..... 0 818. a Be S 918, 10 26.9 — 22.10 Mittel a: 5. 10 25.9 9.10 ie suahl 15 6 14 Orts nn Schaffhausen Rheintal Angabe: ....:. 18.406,11 11.10 = 30.10 1 er 10 Mittel . ec. 25.10 20.10 18.10 Beobachtungszahl 6 ei 11 Die Reihenfolge der Mittel ergibt Olten, Sempach, Lausanne, Langnau, Pfeffingen, Zürich, Basel und Chur, das Rheintal, Schaff- hausen, Solothurn, Bern, Genf; also wiederum keinerlei Beziehung zur Zugsrichtung. Beim Gartenrötel ist die Zusammenstellung: DE ee Bern Solothurn ‚ Langnau Olten Angabe. . . . 3.9—12.10 2.8—13.10 15.8—19.10 16.8— 22.10 Mill - . . 089 1.9 16.9 18.9 Beobachtungszahl B) 8 F 15 DW... 5 Rhein Angabe... , ee iu - 10. 3 10 ur 10 Miltel 2. 23.9 43 1.10 Beobachtungszahl Vi :d 8 Da Solothurn und Zürich die frühesten Mittel haben, das Rheintal das späteste, zwischen die sich Langnau, Olten, Bern und Sempach regellos einordnen, gestattet auch diese Reihe keinen weitern Schluss. . Die Einwanderung u. Abreise der Zugvögel im schweiz. Mittelland. 323 Die Zahlen für die Rauchschwalbe ergeben: Urle 2 a Freiburg Neuenburg Angabe. . . 16. 10 13.9—10.10 19.9—30.10 11. Du 10 Mittel #3: 3% 20.9 26.9 9.10 25.9 Beobachtungszahl 12 B) 4 4 N 20 ee Olten Langnau Chur Angabe... . 1.8—25.9 13.9 —15.10 10.9 — 25.10 Ma... 28.8 29.9 2.10 Beobachtungszahl 5) B) 13 Die Reihe ist hier: Olten, Genf, Bern, Freiburg, Langnau, Chur, Neuenburg, so dass wiederum keine Zugsrichtung zu ersehen ist. Diese Beispiele mögen genügen, zu zeigen, dass sich aus den Beobachtungen über den Herbstzug sich für die Zugsrichtung in un- serem Mittelland nichts entnehmen lässt, wenn hiefür die ersten Angaben zugrunde gelegt werden. Nicht besser steht es, wenn von’ den jeweils letzten Angaben ausgegangen wird. Wir erhalten nämlich so bei der Bachstelze die Reihe Chur 11.10, Pfeffingen 18.10, Sempach 24.10, Rheintal 25.10, Olten 27.10, Bern 12.11, Schaffhausen 14.11, Zürich 23. 11. Beim Hausrötel ist sie Olten 8.10, Zürich 17.10, Basel 18.10, Langnau 19.10, Solothurn 23.10, Bern 24.10, Sempach und Pfef- fingen 26.10, Schaffhausen und Rheintal 28. 10, Chur 1. 11, Genf 2.11. Beim Gartenrötel bekommen wir Olten und Langnau 1.10, Zürich 3.10, Bern 5.10, Solothurn 6.10, Rheintal 8.10, Sempach 14.10. Auch diese Reihen ergeben kein besseres Resultat, so dass darauf verzichtet werden muss, aus dem Herbstzug etwas Erspriessliches für unsere. Frage abzugewinnen. Diese wenigen hier angeführten Bei- spiele genügen vollständig, denn bei den andern Arten liegt die Sache nicht anders, oder der Angaben sind zu wenige vorhanden, um für eine richtige Grundlage auszureichen. Auf jeden Fall ist sehr wünschenswert, dass in Zukunft von den Beobachtern dem Herbst- zug eine weit grössere Aufmerksamkeit geschenkt werde als bis dahin. Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. Von RuDoLF STAuB, (Als Manuskript eingegangen am 3. Juni 1916.) Vorwort. Die vorliegenden Studien bilden die natürliche Fortsetzung meiner ersten Arbeit über die „Tektonik des Berninagebirges* (15).") Dort wurde in der Hauptsache der Deckenbau der Berge westlich des Piz Roseg, der Sella- und Corvatschgruppe festgestellt, und das weite Gebiet kristalliner Gesteine im östlichen Berninagebirge nur kurz gestreift. Für jenen westlichen Teil der zentralen Bernina- gruppe ergab sich damals eine deutliche Zergliederung in vier Decken, als deren Unterlage der mesozoische Serpentin von Val Malenco er- scheint. Die näheren petrographischen Verhältnisse wurden dann in einer grösseren Arbeit, den „petrographischen Untersuchungen im westlichen Berninagebirge“ klargelegt (16). Von oben nach unten unterschied ich damals folgende Serien: die Berninadecke, die Errdecke, die Selladecke, die rhätische Decke, den Serpentin von Val Malenco. Es galt nun, diese im Gebiete von Val Fex und Malenco, in der Sella-Corvatschgruppe mächtig entwickelten tektonischen Ele- mente auch nach Osten ins Puschlav zu verfolgen, und überhaupt den ganzen Bau des östlichen Berninagebirges, in dem diese tektonischen Glieder ja notgedrungen auch auftreten mussten, näher zu studieren. Diese Studien sind jetzt in ihrem ersten Stadium abgeschlossen, und sollen, da sich dabei interessante Resultate ergaben, und da ja über das ganze östliche Berninagebirge so gut wie nichts bekannt ist, der Öffentlichkeit übergeben werden. Noch bin ich lange nicht so weit, ein völlig abgerundetes Bild des ganzen ausgedehnten Berg- massivs zu geben; noch wird manches Ergebnis zu vertiefen sein, und mancher Ort, der heute in Eis und Schnee begraben liegt, zeigt !) Die Zahlen beziehen sich auf das Literaturverzeichnis. Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 325 morgen schon neue und interessante Aufschlüsse. Es soll daher das Folgende nur als vorläufige Mitteilung aufgefasst werden. Parallel diesen tektonischen Untersuchungen ging natürlich die genaue geologische Kartierung des ganzen Gebietes, welche in der Hauptsache, von wenigen Lokalitäten abgesehen, vollendet ist. Hin- gegen fehlen mir noch die genaueren Kartenaufnahmen aus dem unteren Malenco, doch fällt ja dieses Gebiet vorderhand ausserhalb des Rahmens dieser Zeilen. Ein grosser Teil der Feldarbeit wurde von meiner Frau allein durchgeführt,. da ich durch die Grenzbesetzung mehrfach daran ver- hindert war. Sie erfreute sich dabei der ständigen Begleitung ihres Bruders Geerg Wagapoff. Beiden sei hiemit mein herzlichster Dank ausgesprochen. Orographischer Überblick und tektonische Gliederung. Als ein mächtiges Bergland erscheint im Süden des Oberengadins das Berninagebirge. Bedeutende Täler und tiefeingeschnittene Pässe trennen dasselbe allseitig scharf von den umgebenden Gebirgsgruppen ab und verleihen ihm so den Charakter eines ringsum harmonisch abgeschlossenen Ganzen. Von den Tälern aus ist dieses Ganze meist nur schwer oder gar nicht zu überblicken. Steigen wir aber auf einen der Berge nörd- lich des Engadins, den Piz Julier oder noch besser die Cima da Flix, so erleben wir eine Gesamtansicht des Berninagebirges, die an Ein- druckskraft und Grösse hinter den gewaltigen Gebirgsansichten des Wallis nicht zurücksteht. In weichen, welligen Linien ziehen die Gräte von Westen her gegen die zentralen Bergriesen, weit senken die Gletscher sich hinab in die tief eingerissenen Täler von Fex und Fedoz. Nur die Margna steht als trotziger Felsturm hoch über dem Passe von Maloja und schaut als treuer Wächter des Engadins weit ins Bergell hinab. Östlich vom Fextal erhebt sich in steilen Wänden mit schimmerndem Firndach die Gruppe des Piz Corvatsch, im Süden überragt von den feinen Spitzen der Sella und des Glüschaint. Ein weites, glänzendes Gletscherreich. Dann ein gewaltiger Satz empor zu den höchsten Gipfeln. Ein mächtiger Berg in Eis und Fels am andern, eine ganze Reihe blendender Eishörner: der Piz Bernina selbst und seine Nachbarn Roseg, Scerscen, Zupd, und endlich weit im Osten die herrliche Eiswand des Piz Palü. Dazwischen der Sellapass. Welch ein Gegensatz rechts und links! Wenn irgendwo das Berninagebirge zu teilen ist in Ost und West, so kann dies nur am Sellapass geschehen. Von da nach Westen Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 33 #* 326 Rudolf Staub. eine weite, fast freundliche, in weiche Gletscher eingehüllte Berg- welt, nach Osten ein trotziger Engadinerpiz nach dem andern, massig und aufrecht, stolz und frei. Über allem aber der Adel der Form, der Zauber der Gletscher, das tiefe Blau des südlichen Himmels. as ist das Berninagebirge. * R * Bis zum Sellapass und etwas darüber hinaus habe ich vor zwei Jahren die Tektonik klar gelegt. Die vorliegenden Mitteilungen be- fassen sich also mit dem Gebiet östlich des Sellapasses. Dasselbe sei durch die Punkte: Fuorcla Sella, Passo d’Uer, Poschiavo, Berninapass, St. Moritz, Fuorcla Sella einigermassen umrissen (vergl. 20). Über dessen Gliederung sei im Folgenden das Wesentlichste mitgeteilt. Östlich der Fuorcla Sella erhebt sich der Ost-West streichende Hauptkamm, die Wasserscheide zwischen Inn und Adda, zu den höchsten Gipfeln: Piz Bernina mit Scerscen-Roseg einerseits, Zupö, Argient und Crast’agüzza andererseits. Über Bellavista, Palü und Cambrena zieht derselbe weiter gegen den Berninapass. Am Pizzo di Cambrena gabelt er sich. Der eine Ast wendet sich nach Nordosten, bildet den felsigen Grat des Piz d’Arlas und fällt dann rasch und unver- mittelt zu den niedrigen Hügeln am Lago nero ab, wo er die flache Wasserscheide bildet. Der.andere hält sich in bedeutenderer Höhe und erreicht über die schmalen Gräte des Pizzo Carale und den Sassal Masone das Südende des Berninaplateaus am Lago di Scala. Von diesem Hauptkamm strahlen nach Norden zwei grosse Querkämme aus, derjenige des Piz Morteratsch-Chalchagn, ausgehend vom Piz Bernina selbst, und der des Munt Pers, der über die Dia- volezza mit dem Piz d’Arlas in Verbindung steht. Politisch und hydrographisch wichtiger, aber landschaftlich weniger stark ausgeprägt, ist der lange Kamm, der vom Piz Palü über Pizzo di Verona und Corno delle Ruzze zum Pizzo Canciano und weiter bis zum Veltlin zieht. Derselbe bildet auf eine Strecke von gegen 30 km die westliche Begrenzung des Puschlav und damit die Schweizergrenze. Bis zum Pizzo Canciano ist er die Wasser- scheide zwischen Puschlav und Malenco, den beiden grössten Seiten- tälern des Veltlins. Durch mehrere Täler und Pässe wird er stark quer gegliedert, zerstückelt, so durch das Tal der Vedretta di Palü, Valle di Verona, Val Ors® und Val Quadrata, und die Pässe Canfinale, _ Uer und Canciano. Der Passo d’Uer ist der tiefste Einschnitt zwischen dem Berninagebirge im Norden, der Scalino-Painalegruppe im Süden, und bildet daher die natürliche südliche Grenze unseres Gebietes. Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 327 Wir haben oben den grossen landschaftlichen Gegensatz zwischen den Gebirgen östlich und westlich der Fuorcla Sella hervorgehoben. Dieser Gegensatz ist tief begründet in der Gesamttektonik des Gebirges. Westlich des Sellapasses trat der Deckenbau entschieden tonisches Element löst in raschem Wechsel ein anderes ab; östlich desselben aber sehen wir, wenigstens auf Schweizerboden, den grössten Teil des Gebirges aufgebaut durch grobgegliederte massige Gesteine, welche alle einer einzigen grossen kristallinen Decke angehören. Dem Tektoniker, der von Avers oder von Öberhalbstein her über ; den Longhin ins Engadin hinabsteigt, entrollt sich ein grossartiges 2 Bild alpinen Deckenbaues, wenn er das Glück hat, bei klarem Tage | die Gebirge südlich des Engadins zu überblicken. Auf die mächtigen Gneismassen des Piz della Margna legt sich im Fextal eine unruhige ; Schuppenregion aus Gneis, Trias und Bündnerschiefern, die Fort- | setzung der Decken von Avers und Schams, und darauf die mannig- | fachen Ophiolithe, Bündnerschiefer und Radiolarite der Zone Grialetsch- | Alp Mortels-Surlej, die südliche Fortsetzung der Plattadecke im 3 Oberhalbstein (vergl. 17, p. 26 ff.). Darüber erscheinen, an ihrem | Grunde scharf abgeschnitten, die Monzonite und Granite der Sella 3 a 2 a ER Ze und des Piz Corvatsch als Vertreter von Sella- und Errdecke, und über sie hinaus schauen, wie aufgesetzt, die Diorite des Piz Bernina | und Roseg hinüber, die Berninadecke. In vollendeter Klarheit liegen alle diese ostalpinen Decken, die Fr Vertreter der Zone von Ivrea im Engadin (vergl. 17, p. 40), über- i einander und auf der Sedimentzone der rhätischen Stammdecke. Ein wundervolles Bild alpinen Deckenbaues (s. Fig. 1). Piz Tremoggia Piz $urlej Munt Arlas Chastelets Piz Corvatsch (3456) l er Ba f H ! ! 3 i } ; I Berpö radecke ER elta decke : ar g M N 7:100000. RE a Fan da Chuerr Fig. 1. Schematisches Profil durch die Corvatschgruppe. D = Diorit, Gabbro = Radiolarıt (Malm) Hr en sen von En und Selladecke BF Liasschiefer er yänenmarmor G = Granitmylonit td = Triasdolomit e M = Monzonit und Banatit Mgn Brei - - Cs = Casannaschiefer oph he I—III = Gneisschuppen der Rhätischen Docke (Platta, Piz Chüern, Lej Serichu) 328 Rudolf Staub. Eine ganz andere Landschaft empfängt den Geologen, der mit der Albulabahn bei Bevers und Samaden das Engadin betritt. Als grobgegliederte, wuchtige, fast klotzige Stöcke ragen ihm die Aus- läufer der zentralen Bernina: Rosatsch, Surlej und Chalchagn ent- gegen, und dahinter grüssen wohl in herrlicher Pracht die Eishörner des Piz Bernina und Roseg und leuchtet ihm die gewaltige Eiswand des Piz Palü entgegen, aber nach tektonischer Gliederung sucht der Geologe hier zunächst vergebens. Die Sedimentzone des Piz Padella lässt er bei Samaden zurück, bei Pontresina überschreitet er auch die Grenze der kristallinen Schiefer, und wandert er nun im Bernina- tal aufwärts, so glaubt er bald völlig in einem autochthonen Zentral- massiv sich zu befinden. Ringsum massige Wände aus leuchtend rotem Granit, der nur wenig Spuren von Quetschung zeigt und daher den Eindruck des Autochthonen noch vermehrt. Der mit der Gesamt- tektonik der südlichen Schweizeralpen nicht Vertraute hält diese "Intrusivgesteine unbedenklich für den Kern einer autochthonen Bernina- zentralmasse und betrachtet die Schiefer nördlich Pontresina als deren natürliche Schieferhülle. eine Spur und keine Andeutung des herrlichen Deckenbaues vom Piz Corvatsch. Erst in der Gegend von Boval fällt einem die flache Schieferung der obersten Felsgräte auf und damit die flache Lagerung der Eruptivgesteine. Aber auch weiter südlich, in der Gegend der Berninahäuser und am Berninapass, ist an der ganzen Ostseite des Gebirges äusserlich noch nichts von Decken- bau zu sehen; die wenigen Kalkzüge erscheinen vorderhand als blosse Mulden. Die tektonische Gliederung des nordöstlichen Berninagebirges ist daher im Gegensatz zum westlichen eine äusserst spärliche. Erst südlich des Berninapasses, im Puschlav, gelangen wir aus dem „Zentralmassiv des Piz Bernina“ hinaus in andere tektonische Ele- mente. Das Puschlav ist geologisch und tektonisch ausserordentlich reich gegliedert, vielleicht so reich wie kaum ein anderes Tal. Steigen wir in dessen westlichen Bergen etwas herum, so treffen wir bald die alten Bekannten vom Westen wieder: Selladecke, rhätische Decke und die Serpentine von Malenco.. Nur die Errdecke scheint im Puschlav zu fehlen. Aber auch im Puschlav macht sich die tektonische Gliederung bei weitem nicht so stark landschaftlich fühlbar wie im obersten Engadin, und das Verfolgen der einzelnen Bauelemente gestaltet sich wegen Schichtenlage und Vegetation schon bedeutend schwieriger. Steigen wir aber auf einen der aussichtsreichen Puschlaverberge, den Pizzo di Verona, den Corno delle Ruzze, oder gar den Pizzo En En 2 rasen “ Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 329 Canciano, so eröffnet sich dem Geologen ein Bild der Tektonik des Berninagebirges, das an überzeugender Kraft, an Klarheit der Linien und an regionaler Bedeutung dasjenige vom Piz Longhin noch weit übertrifft. Weit aus dem Westen ziehen -die mächtigen Terrassen und Wände heran, die wir schon im südwestlichen Berninagebirge kennen gelernt haben. Gewaltige Gletscher ruhen auf den Terrassen und stürzen in riesigen Kaskaden über die Wände hinab. Jede dieser Wände ent- spricht einer Decke, jede Terrasse einer Deckengrenze. Über diese Riesentreppe aus Fels und Eis steigt das Auge von den tiefsten tektonischen Gliedern hinauf zu den höchsten, aus der unheimlich düsteren Serpentinwildnis von Val Malenco empor zu den blendenden Gipfeln des Piz Bernina. Hier liegt der Deckenbau des ganzen Gebirges klar vor uns; die Diorite und Granite der Kette Roseg-Bernina-Palü liegen hier wie im Westen auf tieferen Decken und jüngeren Gesteinen, und die Vorstellung der Autochthonie, die sich im Berninatale aufdrängte, war eben nur eine lokale Täuschung. Deckenbau herrscht auch im östlichen Berninagebirge. Auch das Verhältnis zwischen Graniten und kristallinen Schie- fern von Pontresina ist ein anderes. Die letzteren sind nicht die normale Schieferhülle der ersteren, sondern sie gehören, wie schon lange bekannt, einer ganz anderen Decke an (1, p. 76; 13, p. 414; 21, p. 4). Im Val Languard erscheint über den Graniten und kristal- linen Schiefern der Berninadecke der mesozoische, vielfach in Linsen zerrissene Sedimentzug des Piz Alv, und über ihm die kristallinen Schiefer des Piz Languard: der Kern der Languarddecke. Diese zieht südlich der Berninahäuser und bei Pontresina auch in unser Gebiet hinüber und bildet somit die höchste Decke des Bernina- gebirges. Im westlichen Berninagebirge finden sich folgende tektonischen Hauptelemente (vergl. 15, Taf. I): Berninadecke, Errdecke, Selladecke, Rhätische Decke, Serpentin von Val Malenco. Im Osten scheint die Errdecke als selbständiges Element zu fehlen, hingegen tritt als neues, höchstes Deckenelement die Languard- decke hinzu. % 330 Rudolf Staub. Im östlichen Berninagebirge lassen sich also von oben nach unten folgende tektonischen Glieder unterscheiden: Languarddecke, Serpentin von Val Malenco. Die nähere Betrachtung dieser Elemente führen wir am besten von unten nach oben durch, wie sie übereinander liegen, und be- ginnen also mit der tiefsten Serie. I. Die Serpentine von Val Malenco. Die Serpentine von Val Malenco entsenden über den Passo d’Uer einen bedeutenden Ausläufer bis tief ins Puschlav hinab. Derselbe bildet dort wie weiter im Westen die Unterlage des gesamten Deckensystems. Das Hauptgestein dieser Serie ist im Puschlav genau wie im Val Malenco der Serpentin. Alle andern Gesteine treten daneben nur in verschwindend kleiner Menge auf. Im Val Malenco finden sich in dem grossen Serpentinareal noch Gabbros, Amphibolite, Grün- schiefer und Strahlsteinschiefer in ziemlicher Menge (s. 5, p. 260), in den Serpentingebieten des westlichen Puschlav hingegen scheinen solche bis auf kleine Vorkommnisse von Strahlsteinschiefer zu fehlen. Nephrit wurde bis jetzt im ganzen Gebiet des Serpentins von Val Malenco noch nicht gefunden, muss aber unbedingt vorhanden sein. Vielleicht liegen uns aber in den grossen Asbestlagern der Alp Quadrata zum Teil stark umgewandelte Nephritvorkommen vor. Von diesem Gesichtspunkte aus erscheint es mir von Bedeutung, dass auch die meisten Oberhalbsteiner Nephrite ausserordentlich stark asbestisiert sind. Diese Frage dürfte auf jeden Fall einer näheren Prüfung wert sein. Der Serpentin des Puschlav jet nach den Untersuchungen von Bodmer-Beder ein Harzburgitserpentin, also ein Gestein mit ziem- lich reichlichem Gehalt an rhombischem Pyroxen (vergl. 24). In den von mir aus Val Poschiavina untersuchten Schliffen fand ich bis jetzt keinen solchen, wohl aber zahlreiche Relikte von Augit und Diallag. Zum selben Resultat gelangte ich auch für die Serpentine weiter im Westen, am Monte Fellaria und im Val Lanterna (vergl. 16, p. 263). Die von mir untersuchten Serpentine des Monte Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 331 Motta hingegen zeigten wenig Relikte und bestehen zum grössten Teil nur aus Antigorit. Cornelius erwähnt dasselbe von den Ser- pentinen südlich Chiesa (5, p. 259). Es finden sich also in dem grossen Serpentinareal von Val Malenco recht verschiedene Serpentintypen, von reinem Antigoritserpentin über Diallagserpentin bis zum Harzburgitserpentin. Einzelne Gesteine mögen auch Iherzolithartigen Charakter haben, doch lässt sich dies bei der hochgradigen Serpentinisierung aller Mineralien nicht be- stimmt beweisen. Alle diese Gesteine sind Umwandlungsprodukte von Peridotiten, und zwar teils von gewöhnlichen, teils von Diallag- peridotiten und Harzburgiten. Ihre unregelmässige Verteilung scheint auf innerlaccolithische sekundäre Differenziation im peridotitischen Magma zurückzuführen zu sein. Das Alter der Serpentine von Val Malenco und Puschlav ist durch eine Reihe von kontaktmetamorphen Triasvorkommnissen als mesozoisch sichergestellt. Die Intrusion der Peridotite ist sicher posttriadisch (vergl. 15, p. 334; 16, p. 313, 315, 317, 325; 5, p. 264). Im Val Malenco bilden die Serpentine mächtige Bergmassive, deren Gipfel bis über 3000 m steigen. Im Monte Sasso Moro er- reicht dieses Massiv seinen Kulminationspunkt, und von da nach Osten verlieren die Serpentine orographisch sehr an Bedeutung. Jenseits der Schweizergrenze, am Passo d’Uer, bilden sie nur noch niedrige kahle Hügel, die bloss durch ihre unheimliche Färbung noch an die wild zerrissenen Berge des oberen Malenco erinnern. Fast das ganze Gebiet der Piatte di Canciano besteht aus Serpentin. Der mit demselben vergesellschaftete Asbest, der ausgezeichnete Qualitäten besitzen soll, wurde seinerzeit bis in alle Berge hinauf abgebaut (24). Die alten Asbestgruben gehen bis auf Höhen von 2250 m, d.h. volle 1300 m über den Talboden des Puschlav bei St. Antonio. Der vor einigen Jahren aus finanziellen Gründen wieder eingegangene Betrieb soll nach Zeitungsnachrichten in nächster Zeit wieder aufgenommen werden, und zwar hauptsächlich zur Herstellung von Eternit. Nach Osten reicht diese Serpentinmasse über Alp Quadrata und Urgnasco bis auf die Terrasse von Selva. Die letzten Vorkommnisse finden sich bei Tessa; das Plateau von Selva überschreiten sie jedoch nicht. Ihre südliche Grenze hat Cornelius weiter verfolgt; sie zieht sich ungefähr über Alp Canciano zum gleichnamigen Pass hinauf (5, Taf. III). Die Nordgrenze folgt aus der Gegend von Tessa und Urgnasco fast genau dem Verlauf von Val Quadrata, doch wird das- selbe an mehreren Stellen vom Serpentin noch überschritten, so NW Urgnasco. Im obern Val Quadrata streicht dieselbe nördlich des kleinen Sees südöstlich des Corno delle Ruzze vorbei und zieht in 332 Rudolf Staub. einem Einschnitt wenig nördlich des Passo d’Uer über die Schweizer- grenze. Am Nordhang von Val Poschiavina lässt sie sich in die Hänge zwischen Alp Val Poschiavina und die Sassi bianchi verfolgen. Längs dieser ganzen Linie taucht diese mesozoische Serie bald steiler, bald flacher unter die alten Gneise der rhätischen Decke. Sie bildet die Unterlage derselben. Am Passo d’Uer ist die Auflagerung der Gneise besonders schön zu sehen. Dort finden sich auch neben den gewöhnlichen Gneisen der Maloja- serie solche, die dieselben intensiven Anzeichen von Kontaktmeta- morphose am Serpentin zeigen wie diejenigen der Bocchetta delle Forbiei und der Fuorcla Fellaria (16, p. 300 u. 305 ff.). Eine Art kontaktmetamorphen Mittelschenkels wie weiter im Westen konnte bis jetzt im Osten nicht gefunden werden. Hingegen schwimmen solche kontaktmetamorphe Triasdolomite in bedeutenden Schollen mitten im Serpentin des Passo d’Uer. Ein Teil derselben wurde schon früher als Diopsidmarmore beschrieben (16, p. 313). Im Innern ist diese Serpentinmasse von Alp Quadrata wenig gegliedert. Zu den vereinzelten Vorkommnissen von Diopsidmarmor und Ophicaleit am Passo d’Uer treten noch spärliche Einfaltungen und Einkeilungen von Gmneisen der hangenden rhätischen Decke. Eine solche Gneislinse liegt mitten im ganzen Areal unterhalb der Alp Quadrata. Diese Gneiszungen sind als letzte östliche Fortsetzung der mächtigen Schuppenzone des Val Malenco, der Gneisschuppen von Campolungo, Lago Pirola, Monte del Forno und Cavloccio zu deuten (vergl. 17, Karte). Auf allen geologischen Karten seit Theobald hat die Serie des Val Malenco noch weitere Verbreitung. Abgesehen von Ausläufern, die Theobald von der Motta rossa beschreibt (22, p. 226), und die die Verbindung zwischen den grünen Gesteinen am Berninapass und denen von Malenco herstellen sollen, erscheint dort überall ein mächtiges Vorkommen von Gabbro auf Alp Ors&. Theobald beschreibt mit grosser Bestimmtheit eine „zähe serpentinartige Felsart“ und einen „sehr festen Gabbro, der fast aus lauter Diallag“ besteht (22, p. 226). Ich habe diese Gesteine, vor allem den Gabbro, mehrere Tage lang im ganzen Val Ors® gesucht, konnte ihn aber doch nicht finden. Kleinere Lager und Gänge von diorit- bis gabbroartigen Gesteinen mögen wohl in den Casannaschiefern dieses Tales vorkommen, wie ich solche bei Poschiavo gefunden habe, aber Diallaggabbro in solcher Verbreitung, wie er auf den Karten angegeben ist, existiert nicht. Es ist wahrscheinlich, dass Theobald gewisse Gesteine des Corno delle Ruzze, die massenhaft erratisch in Val Ors& herumliegen, für Gabbro angesehen hat. en Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 333: Auf jeden Fall ist ausgeschlossen, dass im Val Ors® noch- mals Malencogesteine als Fenster unter den höheren Decken zum Vorschein kommen. Damit wäre das Wichtigste über Art und Verbreitung der Ser- pentine von Val Malenco im östlichen Berninagebirge mitgeteilt, wie es sich aus den neueren Studien im Puschlav ergeben hat. ch halte es nun aber auch für an der Zeit, endlich einmal auf die brennenden Fragen nach der genaueren tektonischen Stel- lung und nach dem intrusiven. Herd der Malencoserpentine etwas näher einzugehen. Die einstige Vorstellung Tarnuzzers (24), die Serpentine von Malenco gehörten in den altkristallinen Kern der ostalpinen Decken, musste sich, wenn man die existierenden geologischen Karten be- trachtete, fast naturgemäss ergeben. Aber schon Zyndel wies darauf hin, dass die Serpentine von Malenco unter die Gneise der rhä- tischen Decke einschiessen (23, p. 25), und seither ist diese Tat- sache durch die weiteren Untersuchungen von Cornelius und mir durchwegs bestätigt worden (2, p. 636 u. 15, p. 334 u. 353). Wir wissen heute genau: die Serpentine von Val Malenco bilden die mesozoische Unterlage der kristallinen Kerne der rhä- tischen Decke. Alle andern Fragen sind noch mehr oder weniger im Unklaren. An einer ganzen Reihe von Punkten am Rande des Serpentines gegen die hangende rhätische Decke, so an der Bocchetta delle Forbici, der Fuorcla Fellaria, am Passo d’Uer und in der Gegend von Chiesa und Torre St? Maria bezeugen Diopsid- und Klinozoisitfelse, Tremolit- und Diopsidmarmore ete., sowie Diopsid, Granat, Hornblende und Biotit führende Gneise, dass der Serpentin seine Umgebung, Trias- dolomite und Gneise der rhätischen Decke intensiv kontaktlich verändert hat (16, p. 300 ff. u. 5, p. 261 ff.). Der Serpentin steht also in engem Zusammenhange mit der hangenden rhätischen Decke. Dieser Zusammenhang ist ein primärer, denn auch die Gneise des Kernes derselben zeigen ähnliche Ver- änderungen im Mineralbestand wie die Triasdolomite (Anreicherung von Diopsid u. s. w.); auch sie sind durch den Peridotit stark kon- taktlich verändert worden. Die Serpentine von Val Malenco gehören also, wenigstens in ihren oberen Teilen, primär zur rhä- tischen Decke. Ihre jetzige Stellung zum kristallinen Kern der- selben ist nicht durch eine Überschiebung, wie Zyndel meint (23, p. 25), sondern durch Überfaltung zustande gekommen, d. h. die Serpen- tine im Liegenden der rhätischen Decke sind denen im Hangenden derselben stratigraphisch gleich zu setzen. Oder mit andern Worten: 334 Rudolf Staub. die Serpentine von Val Malenco sind nichts anderes als ein durch ihren eigenen Kern überfalteter Teil der Ophio- lithe des Oberengadins und Oberhalbsteins. Damit wird aber auch das Alter der Malencoserpentine präzisiert. Denn für jene Ophiolithe des Öberengadins ist ihre Intrusion nach Beginn der Alpenfaltung durch eine Reihe von Beobachtungen sichergestellt (2, p- 637; 16, p. 300 ff.; 15, p. 351). Es muss daher natürlich auch 4 die Intrusion des Malencoserpentins mitten in die ersten Zeiten der Alpenfaltung verlegt werden. D.h. die Serpentine von Val Malenco sind jünger als die ersten ostalpinen Überschie- bungen, aber älter als die Bildung der penninischen, und älter als die weitere Ausbildung der ostalpinen Decken. Aber nun erhebt sich die Frage: gehört denn aller Serpentin im Val Malenco einfach zum liegenden Schenkel der rhätischen Decke? Für einen Mittelschenkel wäre denn doch dessen Mächtigkeit eine abnorm grosse (vergl. Profil 2). Die Serpentine von Val Malenco sind die südliche Fortsetzung _ derjenigen von Val Maroz und Casaccia, im weiteren aber der meso- zoischen Zone des Avers, d. h. der Serpentin von Val Malenco gehört zu der mächtigen mesozoischen Synklinalzone zwi- schen den kristallinen Kernen der Suretta- und der rhä- tischen Decke (vergl. 17, p. 25). Der oberste Teil des Malencoserpentins ist zum Mittel- schenkel der rhätischen, der Hauptteil aber zum hangenden " Schenkel der Surettadecke zu rechnen. Der grösste Teil des Malencoserpentins gehört also in den normalen mesozoischen Sediment- mantel der Surettagneise. Im Val Malenco ist am Monte Motta das Liegende der Ser pentine aufgeschlossen. Unter denselben erscheint, wie schon Theobald, Escher und Studer wussten (s. 18, p. 325; 22, p. 219 ff.), ein mächtiges Band penninischer Trias: Marmor, Kalk und Dolomit, auch Liasschiefer (vergl. 22, p. 220 u. 5, p..260) und darunter die Gneise und Glimmerschiefer von Lanzada. Auch Cornelius erwähnt diese Trias „in grossen Massen, verknüpft mit grünlichem Glimmer- quarzit und gneisartigen, z. T. hornblendereichen Gesteinen“ (5, p. 260). Eine Einfaltung der rhätischen Decke, etwa analog jener des Piz Salacina bei Maloja oder den Gneisen von Campolungo am Monte Motta, kann dies nieht sein (vergl. 17, p. 25 u. Profile). Die Trias des Monte Motta wäre ja dann in den Mittelschenkel der rhätischen Decke zu stellen, und für einen solchen ist sie viel zu mächtig. Auch müsste sich diese Einfaltung von oben herab weiter östlich in der Gegend des Passo d’Uer und im Puschlav noch geltend Pat. ass Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 335 machen. Dort finden sich wohl Gneiseinkeilungen, die denjenigen von Campolungo entsprechen, aber nirgends ist eine so mächtige Trias entwickelt wie bei Lanzada. Schon aus der Karte und den Beschreibungen Theobalds, noch mehr.aber aus den Untersuchungen von Cornelius geht vielmehr hervor, dass diese Triasmassen und damit natürlich auch die darunter liegenden Gneise allseitig unter den Serpentin von Val Malenco hinabtauchen (vergl. 22, p. 220 u. 5, Taf. III, u. p. 331). Sie können also nicht mehr mit der rhätischen Decke in Verbindung gebracht werden. Hingegen spricht ihre ganze tektonische Lage für einen unter den Serpentinen noch einmal auftauchenden Rest der Surettatrias und der Surettagneise. Die Trias am Monte Motta liegt in genau derselben tektonischen Situation wie diejenige bei Roticcio im Bergell, und wir dürfen daher ohne weiteres annehmen, sie sei deren Fortsetzung. Das Auftreten von grünlichem Glimmerquarzit an der Basis der Trias stimmt aus- gezeichnet mit den Beobachtungen, die weiter nördlich im Avers am Grunde der Surettatrias zu machen sind (vergl. 17, p. 25). Die Trias des Monte Motta und die Gneise ar ae bei Lanzada sind daher mit grösster Wahrscheinlichkeit als südliche Fortsetzung der Surettatrias und der Surettagneise zu betrachten. Die Surettagneise bilden die altkristalline Unterlage der ganzen Malencoserpentine. Dadurch ergibt sich als tiefstes Deckenelement des Bernina- gebirges die Surettadecke (vergl. 17, Karte und Profile!). Trias und Gneise von Lanzada sinken allseitig unter die Ser- pentine von Val Malenco. Die Gneise sollen nördlich Chiesa nach Theobald ein steiles Gewölbe bilden (22, p. 217). Südlich Lanzada schiessen auch wirklich die Serpentine mehr oder weniger steil in die Tiefe (vergl. Profile Cornelius), am Monte Motta hingegen fallen sie flach nach Norden ein (vergl. 17, Profile, u. 22, p. 219). Die Gneise der unterliegenden Surettadecke sind also tatsächlich anti- klinal darunter aufgewölbt und wir sehen bei Lanzada somit den gegen Osten untertauchenden Scheitel der Surettadecke entblösst. Südlich desselben, wo die Surettagneise in die Tiefe schiessen, müssen sie wurzeln. Der südlichste Teil der Gneise von Lan- zada gehört also zugleich zur Wurzel der Surettadecke. Ob das falsche Triasgewölbe im Serpentin nördlich Torre St? Maria nicht ein nochmaliges Wiederauftauchen der Trias des Monte Motta ist (5, Taf. IV u. p. 332)? Der dunkle plattige Kalkmarmor, der nach Cornelius im Kern jenes Gewölbes auftritt, könnte vielleicht mit ähnlichen Gesteinen aus der Surettatrias verglichen werden. Kalkmarmore kommen im Avers in der Triashülle des Surettagneises häufig vor. 336 Rudolf Staub. Wenn diese Auffassung richtig ist, so würde auch der Serpentin südlich Chiesa viel an seiner erschreckenden Breite verlieren, und die Wurzelsynklinale zwischen Suretta und rhätischer Decke auf ihre richtige Enge gebracht (s. 17, Profile!). Weitere Untersuchungen im Val Malenco müssen die Richtig- keit der obigen Deutung zwar noch erst erhärten, aber es schien mir von Nutzen, dieses Thema einmal anzuschneiden und einer wei- teren Diskussion zu unterbreiten. Oben wurde gesagt, dass der oberste Teil des Malencoserpentins zur rhätischen, der Rest zur Surettadecke gehöre. Innerhalb des Serpentins von Val Malenco aber ist keine Trennung etwa in Form einer Überschiebung zu finden, sondern die ganze Masse gehört un- trennbar zusammen, d.h.: Der Serpentin von Val Malenco stellt den gewaltigen Muldenkern zwischen Suretta- und rhätischer Decke dar. Derselbe ist vielfach sowohl in sich als mit dem Hangenden wie mit dem Liegenden noch gefaltet, und es dürfte noch manches Rätsel in den schwarzen Bergen von Val Malenco zu lösen sein, bevor wir hier völlig klar sehen. o liegt nun die Wurzel dieser grossen Peridotit- intrusion? Wo sind alle diese enormen basischen Massen einst emporgedrungen ? ie Serpentine von Val Malenco gehen nicht da, wo sie heute liegen, in die Tiefe, sondern lagern ähnlich Sedimenten auf den unterliegenden Surettagneisen. Durch Überfaltung sind sie unter den Kern der rhätischen Decke gelangt. Glättet man in Gedanken die Decken wieder aus, so kommt der Serpentin von Val Malenco nördlich neben den des Oberhalb- steins und Oberengadins zu liegen. Er ist also ein nördlicher Ausläufer der grossen Ophiolith- massen, die bei Beginn der Alpenfaltung längs der gewal- tigen Überschiebungsfläche am Grunde der ostalpinen Decken hervorgedrungen sind (s. 2, p. 637; 15, p. 351) und gelangte erst durch spätere Überfaltung unter die Gneise der rhä- tischen Decke. Die Wurzel dieser Intrusion muss daher selbstver- ständlich in der Region zwischen rhätischer und unterster ostalpiner Decke gesucht werden. Quer durch die Decken hindurch ist bis jetzt nirgends ein Durchbruch der grossen Ophiolithmassen beob- achtet worden. Wohl aber kennt man sowohl im Veltlin wie auch weiter im Westen, im südlichen Tessin und endlich im Piemont aus- gedehntere Massen von Serpentin, z. T. auch Grünschiefern (Gorduno) in der rhätischen und unterostalpinen Wurzelregion. Die Serpentine Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 337 und Peridotite des südlichen Tessins, des Centovalli, der Val Sesia liegen alle in auffälliger Nachbarschaft der rhätisch-ostalpinen Grenze. Deren Häufung an der rhätisch-ostalpinen Grenze, d. h. in der Region des Canavese und der Zone von Ivrea ist charakteristisch (vergl. 17, pP. 37 u. 9). Hier liegen die Wurzeln der grossen Ophiolithintrusion, am Nordrand und zum Teil noch in der Zone von Ivrea. Dort drangen, nachdem die ostalpimen Überschiebungsmassen schon weit über das penninische Vorland nach Norden gerückt waren und an ihrem Grunde beträchtliche Partien der südlichsten penninischen Region (eben der rhätischen) mitgerissen und damit zu einer gewaltigen Schuppenregion angehäuft hatten, die basischen Massen in der ganzen Grenzregion zwischen penninischer und ost- alpiner Facies teils noch innerhalb der Zone von Ivrea (Varallo- Centovalli-Albionasca), teils innerhalb der penninischen Gneise empor (Carcale-Gorduno-Stabbiograt). Längs der gewaltigen Diskontinuitäts- fläche am Grunde der ostalpinen Überschiebung aber, wo durch eben diese Bewegungen alle ursprünglichen Zusammenhänge stark tek- tonisch gelockert waren, fand die Intrusion den geringsten Wider- stand. Hier drangen die basischen Magmen auch am weitesten vor. Sie erstreckten sich über das ganze heutige „rhätische“ Gebiet bis weit hinein in die Provinzen der heutigen Surettadecke. In der Surettadecke finden wir ihre nördlichsten Spuren in der Gegend des südlichen Avers, am Piz Piot und bei der Alp Bregalga, wo sich die Ophiolithe zwischen den Bündnerschiefern verlieren (vergl. 17, p. 25). Als mächtiger Lagergang folgten die Ophiolithe erst der Grenz- fläche zwischen ostalpiner Decke und der Schuppenregion der rhä- tischen, später der Grenze zwischen oberster Trias und dem juras- sischen Schieferkomplex der heutigen rhätischen Decke, und schliesslich verlieren sie sich in den Bündnerschiefermassen des heutigen Avers. Durch die nachträgliche Überfaltung der rhätischen Decke gelangten diese nördlichen Teile des Ophiolithlagerganges schliesslich unter den Kern der rhätischen Decke, wo sie heute die schwarzen Berge von Val Malenco aufbauen. Die Serpentine von Val Malenco wurzeln also nicht in der Tiefe, sondern liegen heute wurzellos auf fremder Unter- lage; sie stammen aus südlicheren Regionen, zum grössten Teil aus den nördlichsten Gebieten der heutigen Zone von Ivrea, und ihrer östlichen Fortsetzung, der Tonalezone. Mit der Überfaltung der rhätischen Decke über die Serpentine von Val Malenco waren die tektonischen Bewegungen noch keines- wegs abgeschlossen. Zunächst drangen die ostalpinen Decken wieder 338 Rudolf Staub. energischer vor, schoben die mit dem Intrusionsherd wohl teilweise noch zusammenhangenden Ophiolithmassen im südlichen Teil der rhätischen Decke von ihrer Unterlage ab und verfrachteten die- selben passiv nach Norden, zum Teil ins Oberhalbstein, zum Teil noch weiter (vergl. 5, p. 351). Bei der gleichen Bewegung wurden mächtige Schuppenpakete auch unter den Ophiolithen nach Norden geschoben, Teile der Stirn der rhätischen Decke wurden durch die höheren Massen abgescheert und das Ganze liegt heute als Schamser- decken weit nördlich des Engadins (17, p. 28). Endlich aber wurden alle diese Decken und Schubfetzen infolge einer letzten Zusammen- pressung des Alpenkörpers intensiv miteinander verfaltet. Aus dieser letzten Phase der Alpenfaltung stammen die intensiven Verfaltungen des Malencer Serpentins mit den hangenden und liegenden Gneisen. Die ganze Serie der Serpentine von Val Malenco ist an den Piatte di Canciano zu einer breiten Antiklinale aufgewölbt, deren Axe steil nach Osten oder ESE sinkt. Am Pizzo Scalino fällt alles gegen S, am Corno delle Ruzze alles gegen N. Nördlich des: Passo d’Uer liegen die grossen Decken, südlich davon deren steil gestellten Wurzeln. Die Aufwölbung des Passo d’Uer bezeichnet die Scheitelregion der Decken (vergl. Profil 3). } Diese Linie der Deckenscheitel setzt nach Osten ungezwungen fort in die Axe de la Voute des Hohe Tauern, die Termier bis über das Veltlin hinaus verfolgt hat (19, p. 336 und 16, p. 185). Das Deckengewölbe am Passo d’Uer setzt sich in dasjenige des Monte Sobretta, des Confinale und endlich der Hohen Tauern fort, gegen Westen in die Gneisgewölbe des Pizzo Prata bei Chiavenna und des Sasso Castello im untern Misox, und endlich in die Kuppel des Monte Rosa und Gran Paradiso (vergl. 17, p. 41 und Karte). Diese Linie bildet die Hauptaxe der Alpen. II. Die | rhätische Decke. In gewaltigen Massen und enormer Mannigfaltigkeit ist in Mittel- bünden und im Oberengadin die rhätische Decke entwickelt. Vom Fextal zieht sie, immer schmäler werdend, um die ganze Südseite des Berninagebirges herum bis ins Puschlav. Ein Glied nach dem andern keilt dabei gegen Süden zu aus: In der Gegend von Alp Mortels und Grialetsch die Bündnerschiefer und Radiolarite, deren : Schiefermassen weiter im Norden im mittleren Oberhalbstein ganze Berge aufbauen, und wenige km weiter südlich, am Lej Sgrischus, auch die ebenso im Oberhalbstein so mächtige Zone der Ophiolithe, die Zone des Piz Platta (vergl. 15 u. 17). Südlich des Lej Sgrischus Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 339 stossen die Schuppen der rhätischen Decke, die weiter im Norden unter den Ophiolithen und Bündnerschiefern in Form der Schamser- decken enorme Verbreitung erlangen, direkt an die Überschiebungs- fläche der ostalpinen Decken, und diese Schuppen lassen sich rück- wärts bis ins Puschlav und weiter bis in die Wurzelregion der rhätischen Decke ohne Schwierigkeiten verfolgen. Diese Schuppen- zone bildet im südlichen und östlichen Berninagebirge das höchste Glied der rhätischen Decke. Keine Spur mehr von den mächtigen Ophiolithen und Schieferkomplexen von Oberengadin und Oberhalb- stein. Diese sind den vorrückenden ostalpinen Schubmassen radikal von ihrer Unterlage abgescheert, nach Norden verfrachtet, und endlich im ÖOberhalbstein zu riesigen Massen gehäuft worden. So kommt es, dass die ganze Mächtigkeit der rhätischen Decke, die wir im Oberengadin noch auf mindestens 3500 m berechnen müssen, im südlichen Berninagebirge stellenweise nur noch knapp 100 m beträgt. Im westlichen Puschlav erholt sie sich wieder etwas und erreicht in der Gegend des Corno delle Ruzze und bei Alp Uer immerhin 200—250 m, an der Motta d’Uer sogar noch etwas mehr. Über die stratigraphische Gliederung der rhätischen Decke im Puschlav ist nicht viel zu sagen. Sie ist ganz dieselbe wie im Fextal (15, p. 335); nur fehlen eben die oberen Komplexe infolge tektonischer Abscheerung. Das Älteste bilden auch hier Gneise und Glimmerschiefer der Malojaserie, die von solchen aus dem Fextal nicht zu unterscheiden sind. Die Augengneise und schön porphyroblastischen Varietäten von Maloja habe ich bisher im Puschlav vergeblich gesucht. Wenn aber jene Augengneise von Maloja, wie aus den neuesten Untersuchungen von Cornelius hervorgeht, wirklich intrusiven Ursprungs sind (5, p. 216), so ist natürlich deren lokales Auftreten bei Maloja sehr wohl verständlich. Die Augengneise kommen ja nicht einmal bis ins Fextal. Interessante Typen der Malojaserie finden sich am Kontakt mit dem Serpentin im oberen Val Quadrata und am Passo d’Uer. Hier zeigt sich, dass die unmittelbar an den Serpentin anschliessenden Partien der Malojaserie dieselben intensiven Veränderungen in Mineral- bestand und Struktur zeigen wie die sicher kontaktmetamorphen Bildungen an der Bocchetta delle Forbiei (16, p. 300 ff.). Dort ist jenes Verhältnis durch die Verbindung dieser merkwürdigen Gneise mit kontaktmetamorpher Trias völlig einwandfrei erwiesen. Im Osten fehlen bis jetzt diese begleitenden Triasvorkommnisse, aber die Ver- änderungen an den Gneisen sind ganz dieselben wie im Westen auch. Besonders auffällig ist die lokale Anreicherung von Hornblende- 340 Rudolf Staub. mineralien, die ja sonst in der Malojaserie, von den Amphiboliten der Margna etc. abgesehen, fehlen. Daneben treten Titanit, Biotit und Granat in grosser Menge in den Mineralbestand.. Am Passo d’Uer finden sich auch die hellbraunen schönen Biotitgesteine mit Infiltrationen von Strahlstein, genau dieselben wie ich sie von der Fuorela Fellaria beschrieben habe (16, p. 306). Auch gewöhnliche -Gneise mit kleinen Hornblendegarben, wie sie im hintern Fextal am Serpentinkontakt westlich Plaun Vadret vorkommen (16, p. 305) stehen in der Gegend des Passo d’Uer an. Nur die Diopsidgneise des Westens habe ich bis jetzt noch nicht gefunden; allerdings konnte ich bisher auch nur einen kleinen Teil dieser Gesteine mikroskopisch untersuchen. Über den Gneisen folgt wie im Fextal die Trias: Sericitquarzite, Rauhwacken, Dolomite; die letztern sind in vielen Fällen total 'marmorisiert. Einzelne Triasglieder lassen sich bis jetzt im Puschlav nicht ausscheiden; wohl aber glaube ich nach erneuter Prüfung der Aufschlüsse, dass dies für einzelne Triasprofile im Fextal möglich sein wird. In den Schuppen von Platta (15, p. 345), besonders bei Laret ob Sils, in der Fexschlucht und in der Gegend östlich Isola wird ein höherer rötidolomitischer, höchst massiger Komplex durch ein Rauhwackeband getrennt von tieferen, mehr kalkigen Schichten, die hie und da deutlich plattig entwickelt sind. In der Gegend von Isola erscheinen an der Basis dieser letzteren auch gelblich graue sandige Kalke. Vielleicht lässt sich später einmal auf Grund weiteren Vergleichsmaterials eine wenigstens rohe Gliederung der Trias in Buntsandstein, Muschelkalk, Wetterstein, Raibler und Hauptdolomit ‚durchführen. Fossilien konnte ich bis jetzt in der Fexertrias nicht finden, gebe aber die Hoffnung darauf nicht völlig auf. Diese vollständigeren Triasprofile beschränken sich aber auf wenige lokale Stellen im Fextal, und die Hauptsache der Fexertrias- züge wird wohl so wenig zu gliedern sein wie diejenigen des Puschlav. Als Lias möchte ich auch hier wie im Oberengadin dunkle Kalkmarmore, Kalkglimmerschiefer und Kalkphyllite deuten. Deren Vorkommen ist nur auf ganz unbedeutende Linsen beschränkt. Jüngere Gesteine und Ophiolithe fehlen dem Hangenden der rhätischen Decke im Puschlav, ebenso konnte ich die vortriadischen Marmore des Fextals und der Margna hier nicht finden. Die Tektonik ist die gleiche wie weiter im Westen am Piz Tremoggia, an den Cime di Müsella oder im östlichen Fex (vergl. 15, p- 339 ff. u. Fig. 1). / Über den Serpentinen folgt längs der Linie Alp Poschiavina- Passo d’Uer-Val Quadrata-Urgnasco mehr oder weniger mächtig Tektonische Studien im östlichen Berninagebiete. 341 zunächst ein einigermassen einheitlicher Gneiskomplex der Maloja- serie. Dessen Mächtigkeit schwankt um die 100—150 m. Darüber legt sich eine kompliziert gebaute, vielfach in Linsen zerrissene Schuppenzone, an deren Aufbau sich Gneis, Trias und Lias betei- ligen. Dieselbe zieht von den Cime di Müsella im Westen durch den Hintergrund von Val Campo Moro zu den Sassi Bianchi, wo sie grössere Mächtigkeit erreicht. Weiter lässt sie sich dank der aus- gezeichneten Dolomitbänder mit Leichtigkeit über den Südhang von le Ruzze, unmittelbar unter dem schwarzen Gipfelbau des Corno delle Ruzze durch, in die Schweiz hinein verfolgen. Zwischen dem Corno delle Ruzze und Urgnasco erreicht sie eine bedeutende Mächtig- keit und zeigt grössere Komplikationen (vergl. Profil 3). Unter P. 2294 und dem Gipfel der Motta d’Uer durch streicht sie weit gegen Osten, und ihre letzten Ausläufer finden sich, ausgezeichnet aufgeschlossen, in dem Bach, der südlich Mundadise nach Viale fliesst. Über die bewaldeten und reichlich mit Schutt bedeckten Gehänge zwischen Gargatti und Millemorti steht diese Schuppenzone in sicherm Zusammenhang mit den Dolomiten und Marmoren von Le Prese. In der Gegend zwischen Gargatti, Millemorti und Seimingott sind von der neuen Strasse Viale-Selva an mehreren Stellen grössere Massen von Dolomit und Marmor angeschnitten, die nur halbwegs den Eindruck von Bergsturzmaterial machen, die vielleicht nur durch denselben etwas aufgeschürft und in ihrem Zusammenhang gelockert wurden, aber eigentlich anstehend sind. Das Streichen der Schuppen- zone im Mundadisctobel weist auf jeden Fall geradenwegs gegen das Ende der Trias von Le Prese westlich der Häuser von Spina- dascio. Es beträgt im Mittel N 65° bis 70° W, schwankt also um ESE. Über der Trias der obersten Schuppen folgen auf der ganzen Strecke vom Fextal weg bis ins Puschlav direkt die altkristallinen Gesteine der Selladecke. Im Innern ist diese Schuppenzone ausserordentlich kompliziert gebaut; einige genauere Daten mögen darauf hinweisen. Am Südgrat des Corno delle Ruzze erscheint direkt unter der Banatitkappe des Gipfels der mächtige Dolomit der rhätischen Decke, darunter eine schmale Zone von Malojagneis, abermals Dolomit, und dann Malojagneis bis hinunter zum Passo d’Uer (s. Profil 3). Östlich des Grates bemerkt man noch mehrere Dolomitlinsen, in die Gneise eingeschaltet; doch erreichen sie den Grat selbst nicht. Das Ganze fällt mit etwa 30—35° flach gegen Norden ein. Der oberste Dolomit trägt im Ostgrat des Corno delle Ruzze noch eine kleine isolierte Banatitklippe und taucht noch weiter unten, ungefähr in der Fall- linie des mittleren Gipfelgrates, unter den Banatiten noch er Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 342 Rudolf Staub. aus dem Schutt hervor. Er reicht bis etwa zum Südrand des Wortes „Corno delle Ruzze“. Von da lässt er sich über das Plateau westlich P. 2294 weiter verfolgen; er bildet den grössten Teil des Plateaus und schiesst gegen Norden bald steiler, bald flacher unter die Banatite und Casannaschiefer der Selladecke ein. Zwischen P. 2294 und dem Sattel westlich davon überschreitet er den Westgrat dieses Punktes und zieht durch dessen Südwände zur Alp Uer hinab. Oberhalb der- selben sprudelt an seinem Grunde eine mächtige Schichtquelle hervor. Die Mächtigkeit dieses Dolomits schwankt in dieser Gegend zwischen 30—50 m. Unter diesem obersten Gliede der rhätischen Decke treten noch mehrere ausgeprägte, Dolomit und z. T. auch Liasschiefer tragende Gneisschuppen hervor, die sich in den Südwänden von P. 2294 aus- gezeichnet verfolgen lassen. Unter den Banatiten und Casannaschiefern dieses Punktes folgt zunächst der oberste vorhin beschriebene Dolomit, darunter eine schmale Gneiszone, wieder Dolomit und abermals Gneis; dann eine dünne Lage von liasischem Kalkglimmerschiefer und dunklem Kalk- marmor, an deren Grunde an mehreren Orten Linsen von Dolomit, endlich wieder Gneis, darunter nochmals Dolomit, Gneis, Dolomit und endlich der unterste Gneis, der Kern der ganzen Decke. An manchen Orten schaltet sich auch am Grunde des zweitobersten Dolomites eine schmale Lage von Liasschiefern ein. Im ganzen lassen sich in der Südwand von P. 2294 5 grosse Dolomitzüge und ebensoviel Gneise unterscheiden, die alle unter den Banatit und Casannaschiefer der Gipfelregion einfallen. Das Ganze sinkt stark gegen E, entsprechend dem gegen E absinkenden Gewölbe des Malencoserpentins.. Dieses axiale Absinken wird an manchen Orten noch durch staffelbruchartige Verwerfungen beschleunigt. Solche durchziehen die ganze Südwand von P. 2294 und sind an deren Kaminen sehr schön zu verfolgen. Die einzelnen Dolomitzüge schwellen linsenförmig an und ab. Die Südwand der Motta d’Uer ist das genaue Ebenbild des eben beschriebenen. Auch hier folgen unter den Banatiten und Casanna- schiefern der Selladecke und über dem Kern der rhätischen Decke 5 gut getrennte Dolomitzüge, die zwar wie dort auch hie und da in Linsen zerrissen, aber doch über die ganze Motta d’Uer verfolgbar sind. Der Liasschiefer hält sich auch hier an den mittleren stark zer- rissenen Dolomit. Nördlich der Motta d’Uer kommt diese Serie selbst in den tiefen Tobeln von Val di Gole nicht mehr zutage (s. Tekt. Karte!). Im Bachtobel südlich Mundadise treffen wir den obersten Dolomit in einer Mächtigkeit von ca. 50 m wieder, darunter Liasschiefer, Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 343 Gneis, Dolomit, Gmeis, Liasschiefer, Gneis. Die tieferen Dolomitzüge sind hier entweder unter Schutt verborgen oder vielleicht, ähnlich wie am Corno delle Ruzze, ausgekeilt... Über dieser Serie folgen Casannaschiefer und Banatitmylonite. Interessant ist die Stellung dieser Schuppenzone im Mundadisc- tobel. Dieselbe fällt nicht mehr flach wie am Corno delle Ruzze und weiter im Westen ostwärts unter die Gesteine der Selladecke ein, sondern das Ganze ist um etwa 5° gegen Osten überkippt, sodass lokal die Gneise des Kernes der rhätischen Decke neben der Schuppenzone, und deren oberste Trias neben den Gesteinen der Selladecke liegt (vergl. Prof. 1, rechts unten). Viel grössere Störungen im Verlaufe der nach Osten sinkenden Deckengrenzen finden wir später zwischen Languard- und Bernina- decke westlich des Berninapasses. Dort sind die Decken quer zum Streichen des Gebirges stark miteinander verfaltet. Das Gebiet westlich des Berninapasses ist eine Region intensiver Querfaltung. Die rätselhafte Stelle im Mundadisetobel liegt nun genau im Streichen jener Querfalten. Wir werden sehen, dass sich die Berninapass-Quer- faltung noch im Tobel südlich Alp Verona geltend macht, und so erscheint es denn äusserst wahrscheinlich, dass jene Querfalten bis an den Grund der Selladecke reichen, und Querfaltung die abnormen Lagerungsverhältnisse im Mundadisctobel schuf. Diese Querfaltung scheint auch noch weiter südlich bei Le Prese gewirkt zu haben. Damit ist die rhätische Decke des östlichen Bernina- gebirges kurz umrissen. Überall liegen ihre Gesteine über den mesozoischen Serpentinen von Val Malenco und unter den altkristallinen Komplexen der ostalpinen Decken. Cornelius rechnet in seiner Veltlinerarbeit auch die Gneise und Glimmerschiefer im Hangenden des Dolomitzuges vom Corno delle Ruzze noch zur rhätischen Decke (s. 5, Tafel III u. IV). Danach würde ein grosser Teil des Gehänges westlich Poschiavo zu jener Decke zu zählen sein. Aber am Corno delle Ruzze erscheint un- mittelbar über dem obersten Dolomit schon typischer Banatit der Selladecke, der sowohl im Hangenden wie nördlich und westlich von Casannaschiefern umhüllt ist. Diese Casannaschiefer ziehen über den Dolomiten weiter gegen Osten; der schöne porphyrartige Banatit des Corno delle Ruzze verschwindet zeitweise, aber auf der ganzen Strecke von P. 2294 über Motta d’Ur und Mundadise bis ins Puschlav führen die kristallinen Schiefer im Hangenden der obersten Dolomite Einlagerungen von Banatit oder Banatitmylonit. Diese oberen kristal- linen Schiefer sind daher schon zur Selladecke zu rechnen. 344 Rudolf Staub. III. Die Selladecke. Im westlichen Berninagebirge folgt über der Schuppenzone der rhätischen Decke südlich des Lej Alv ein mächtiger Komplex von altkristallinen Gesteinen, die Selladecke (15, p. 354 ff.). Sie ist aus- gezeichnet charakterisiert durch grosse Stöcke von monzonitischen Gesteinen. Dieses Monzonitmassiv der Selladecke besteht im Westen aus Hornblendemonzoniten, Banatiten und Amphibolbanatiten in mehreren strukturellen Ausbildungen (16, p. 156—218). Diese Intrusivgesteine liegen mit primärem Kontakt in einer Serie älterer kristalliner Schiefer, der sog. Casannaschiefer (16, p. 295). Zahl- reiche Gänge durchschwärmen sowohl den Rand des Intrusivkörpers wie die umgebenden Schiefer. Am Rande des ersteren ist eine deut- liche, saurere, feinkörnige Randfacies entwickelt (16, p. 188 ff.), und diese im Verein mit gewissen Veränderungen in der umgebenden Hülle kristalliner Schiefer stellen einwandfrei fest, dass die Casanna- schiefer die normale Schieferhülle der Monzonite der Selladecke bilden. Sie gehören daher zum charakteristischen Bestande derselben. Diese Casannaschiefer liegen in der Sellagruppe meist unter den Monzoniten, was wohl auf Faltung zurückzuführen ist. Sie liegen an vielen Orten direkt über den Dolomiten der rhätischen Decke. Am Chapütschin hingegen, wo die Monzonite gegen Norden auskeilen, sind sie auch in deren Hangendem in bedeutender Mächtigkeit ent- wickelt und bilden unter anderem das direkte Liegende der Dolomite der Selladecke im Rosegtal und beim Lej Alv (s. Fig. 1). Auch gegen diese oberen Casannaschiefer ist eine deutliche Randfacies entwickelt. Über diesen oberen kristallinen Schiefern folgt ein in Linsen zerrissener Sedimentzug, der die Selladecke von der hangenden Errdecke, die in der Serie des Piz Corvatsch so grosse Mächtigkeit erlangt, abtrennt. Diesen Sedimentzug verfolgte ich seinerzeit vom Lej Alv bis in die Gletscherregion des Sellapasses (15, p. 356). Weiter südlich oder im Osten kenne ich denselben nicht mehr, wenigstens habe ich sein Anstehendes bis jetzt nicht finden können. Blöcke von Triasdolomit und Rauhwacke liegen allerdings in den Moränen beim Rifugio Marinelli, und Trias muss daher über den Gesteinen der Selladecke bei P. 3083 nördlich des Marinelli anstehen, aber dieselbe kann ebensogut schon dem Sedimentzug am Grunde der Berninadecke entstammen, also der Fortsetzung der Sedimente am Piz Surlej und Piz Roseg (vergl. Tekt. Karte). Der Sedimentzug zwischen Errdecke und Selladecke scheint sich also südlich der Fuorela Sella zwischen deren > a al ST re A a ee ren che, ne aarkilen Fo oa Se Mn a rn a Ser a ee Ne Er Ei ae : Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 345 kristallinen Kernen zu verlieren, d. h. Err- und Selladecke scheinen sich in jener Gegend zu vereinigen. Da die Err- decke vom Piz Corvatsch und Val Roseg her gegen Süden und Osten immer mehr an Mächtigkeit verliert, die Selladecke hingegen von der Sellagruppe nach Osten eine mächtig entwickelte Fortsetzung hat (s. Tekt. Karte!), so sei auch für die vereinigte Err-Sella- decke in Zukunft der kürzere Name Selladecke (in weiterem Sinne) gebraucht. Die Errdecke erscheint als eine obere mächtige Abzweigung der Selladecke (vergl. 17, p. 31). Absolute Klarheit über die näheren Beziehungen dieser beiden Decken ist wegen der enormen Vergletscherung zur Zeit nicht zu erlangen. Für die Verschmelzung der Errdecke des Oberengadins mit der Selladecke sprechen ausser diesen tektonischen Befunden auch petro- graphische Gründe. Die Schiefer, die am Piz Corvatsch und an den Aguagliouls die Granite der Errdecke primär umhüllen (16, p.63 u. 218), sind von denen, die in der Sellagruppe, am Chapütschin, beim Marinelli usw. die Schieferhülle der Monzonite und Banatite bilden, nicht zu unterscheiden. Sie entsprechen sich völlig (16, p. 284). Das älteste Grundgebirge also ist in beiden Decken ganz gleich ent- wickelt. Es stellt faciell den Übergang von der Malojaserie der rhätischen Decke zu den später noch zu besprechenden Casanna- schiefern der Berninadecke dar. Der starke petrographische Gegen- satz zwischen Err- und Selladecke ist nur durch die verschieden- artigen Eruptivgesteine, welche später dieses gleichförmige Grund- gebirge intrudierten, zustande gekommen. Dieser Gegensatz scheint allerdings auf den ersten Blick recht beträchtlich zu sein. Kalk- alkaligranite in der Errdecke, Monzonite und Banatite in der Sella. Doch finden sich auch hier vermittelnde Übergänge, auf die ich schon früher aufmerksam gemacht habe. So erscheint mitten in den Graniten des Piz Corvatsch ein Gestein, der Granodiorit vom Crap Margun, der chemisch weitgehende Übereinstimmung mit den Banatiten der Sellagruppe zeigt (16, p. 90 u. 192). Ferner sind eine Menge Ganggesteine in beiden Decken gleichartig entwickelt; ich erinnere nur an die Alsbachite des Piz Corvatsch und der Punta Marinelli, oder an gewisse Lamprophyre, wie die Alkalikersantite von Alp Ota und der Fuorcla Fex-Scerscen (16, p. 216). Mineralo- gische, chemische und petrographische Überlegungen liessen mich daher schon früher die Überzeugung aussprechen, dass die Granite der Errdecke und die Monzonite der Selladecke primär einem einzigen, aber ausgedehnten Magmenherde ent- stammen (16, p. 219). 346 Rudolf Staub. Alle diese petrographisch unumstösslichen Tatsachen tragen nun dazu bei, auch die tektonische Verschmelzung von Err- und Sella- decke südlich der Fuorcla Sella zu stützen. Die vereinigte Err-Selladecke oder allgemein die Sella- decke schiesst überall unter die Massengesteine der Ber- ninadecke ein und zieht unter denselben nach Osten. Wie liegen nun die Verhältnisse im Puschlav? Zunächst finden wir die typischen Gesteine der Selladecke im gleichen Verbande wie im Westen wieder, stets direkt über der Schuppenzone der rhätischen Decke: Banatite, Mon- zonite und Casannaschiefer. Weiter nördlich, in der Gegend westlich Poschiavo, finden sich weitere eruptive Einlagerungen, welche in ihrem ganzen Habitus stark an die granitischen Gesteine der Errdecke erinnern, Granite, Granitgneise mit typischen Lampro- phyren usw. Aber eine Trennung in Err- und Selladecke ist im Puschlav nur auf Grund dieser petrographischen Befunde nicht vor- zunehmen. Die Casannaschiefer der Banatitregion im Süden hangen mit jenen der Granitregion im Norden untrennbar zusammen, und der Sedimentzug, der im Westen eine Trennung in zwei Decken gut ermöglichte, fehlt durchwegs. Betrachten wir die Karte, so sehen wir, dass die für diese Frage in Betracht kommende Region westlich Poschiavo 4—5 km weiter südlich gelegen ist als der Sellapass, wo der trennende Sedimentzug zum letztenmal erscheint. Die Synklinale zwischen Err- und Selladecke reicht also nicht so weit zurück, und wir befinden uns im Puschlav durchwegs in der Region der ver- einigten oder verschmolzenen Errselladecke, die wir, wie weiter im Westen auch, nach ihrer typischen Hauptzusammen- setzung von nun an einfach Selladecke nennen wollen. Indem die Errdecke in diesen gegen die Wurzel zu gelegenen Teilen mit der Selladecke zu einer Einheit verschmilzt, erreicht diese letztere die abnorme Mächtigkeit, zu der sie im westlichen Puschlav anschwillt. Betrachten wir nun zunächst den petrographischen Gehalt dieser Selladecke im Puschlav. Als Ältestes erscheint auch hier wie im Westen eine sehr mannigfaltigeSerievonMuskovit-undChloritgneisen,Glimmer- schiefern, Phylliten, Quarziten, Gneisquarziten und hie und da Augengneisen sedimentogenen Charakters, die ich als Casannaschiefer zusammengefasst habe (15, p. 354; 16, p. 283). Stratigraphisch und tektonisch bilden dieselben eine, wenigstens bis auf weiteres nicht zu trennende Einheit. Man könnte diesen Komplex ebensogut Puschlaver- oder Berninaschiefer nennen, was übrigens auch schon Theobald vorgeschlagen hat (22, p. 193). Wenn ich trotz- Eee TE a a UT orE g Br Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 347 dem zu der Bezeichnung Casannaschiefer gegriffen habe, so geschah dies einmal, um noch weitere Lokalnamen zu vermeiden, und anderer- seits deswegen, weil der Begriff, wie er von Theobald definiert und von einer Reihe von Forschern in den Westalpen, ich nenne nur Argand und Termier, bis heute erfolgreich angewendet wird, nämlich als metamorphe Sammelserie vortriadischer Sedi- mente, ganz berechtigt erscheint. Ich hebe nochmals hervor, dass unter Casannaschiefer kein geologischer Horizont, sondern eine ganze Serie metamorpher vortriadischer Sedimente unter Ausschluss der eruptiven Einlagerungen und des nicht metamorphen Verrucano ver- standen wird. Die Casannaschiefer sind eine Serie vortriadischer kristalliner Schiefer, ähnlich den Edoloschiefern des Veltlins. Der Name Quarzphyllit scheint mir für diese Bildungen sehr unpassend zu sein, ganz abgesehen von dem auch petrographisch nichtssagenden amen. Die Casannaschiefer bilden also im westlichen Puschlav das Grundgebirge der Selladecke. Ein höherer Schiefer- und ein tieferer Gneishorizont können nicht unterschieden werden, sondern Gneise, Glimmerschiefer, Phyllite und Quarzite stehen in vielfacher primärer Wechsellagerung. Der Versuch, auch in diesem Gebiete die Gneise stets als älter als die Glimmerschiefer und Phyllite zu halten und danach irgendeine Tektonik zu konstruieren, erscheint mir deshalb zum mindesten verfrüht, wenn nicht sogar gefährlich. Petrographisch zeigt diese Serie denselben gleichförmigen Cha- rakter wie im westlichen Berninagebirge (16, p. 285 ff.). Zwischen Muskovitgneisen, Quarziten und Graphitphylliten finden sich alle erdenklichen Übergänge. Einzelne Gesteinsarten sind gar nicht zu kartieren, sondern bloss der ganze Komplex als solcher. Besonders verbreitet sind chlorithaltige Muskovitschiefer und Graphitphyllite, während Gesteine, die sich schon makroskopisch als Gneise ent- puppen, mehr zurücktreten. Fast das ganze grosse Gebiet der Puschlaver Selladecke wird aus diesen einförmigen Schiefern auf- gebaut. Sie bilden fast das ganze Gehänge westlich Poschiavo. Wegen ihrer bisweiligen Ähnlichkeit mit gewissen Typen der Maloja- serie wurden sie von Cornelius zum Teil zur rhätischen Decke gezählt (2, p. 636; 5, p. 349, Taf. III). Im südlichsten Teil dieser Schiefer, in der Zone Corno delle Ruzze-Viale, stecken, zum Teil stark diskordant, beträchtliche Massen von monzonitischen Gesteinen. Dieselben erreichen am Corno delle Ruzze ihre grösste Bedeutung, fehlen aber auch weiter östlich an der Motta d’Ur und ob Viale nicht. Sie sind die deutliche Fort- setzung der Monzonitgesteine der Cime di Müsella. Das Haupt- 348 Rudolf Staub. gestein ist im Puschlav ein grober porphyrartiger Banatit, der genau jenem der Cime di Müsella gleicht. Die mächtigen Wände des Corno delle Ruzze bestehen zum grössten Teil daraus. Weiter östlich fehlt die porphyrartige Ausbildung oft; hingegen tritt sie an der Motta d’Ur in grossen Massen wieder auf. Dafür erscheinen gewöhnliche Banatite, hie und da ohne Hornblende, fast immer enorm mylonitisiert. Östlich der Motta d’Ur nehmen diese bana- titischen Gesteine ganz den Charakter der Banatitrandfacies des kleinen Chapütschin an (16, p. 188). Die Hornblende tritt zurück, hingegen sind die Gesteine an ihrer typischen bläulichen Farbe und den stets deutlich entwickelten dunkelbraunen Biotitblättchen immer gut zu erkennen. Aber auch Monzonite konnten innerhalb dieser Massen gefunden werden, so am Corno delle Ruzze, am P. 2294 und weiter östlich ob Viale. Gesteine, die sich auch u. d. M. von den als Randfacies erkannten der Punta Marinelli und des kleinen Chapütschin nicht unterscheiden lassen, finden sich am Rande des Banatites am Gipfelgrat des Corno delle Ruzze. — Sämtliche Mineralien aller dieser Gesteine, besonders Mikroperthite, Plagioklase, Biotite und Horn- blenden zeigen genau dieselben Eigenschaften wie in den Monzoniten der Sellagruppe. In grossartiger Weise macht sich, besonders am Corno delle Ruzze und weiter östlich, die Mylonitisierung geltend. Da finden wir alle Mylonittypen vom bloss klastogranitischen Banatit und Monzonit bis zu den fast unkenntlichen ultra- mylonitischen Gesteinen wieder. Die Auswalzung ist eine enorme und erinnert in ihrer Allgemeinheit völlig an die klassischen Mylonit- gebiete des westlichen Berninagebirges (16, p. 221). Innerhalb dieser monzonitischen Massen finden sich aplitische und lamprophyrische Gänge, die ich noch nicht näher untersucht habe. Dieselben Lamprophyre treten auch in den die Eruptivgesteine umhüllenden Casannaschiefern auf, so im Hintergrund der Alp Can- finale und am P. 2294, hier im Liegenden des Banatits, direkt über den Dolomiten der rhätischen Decke. In den randlichen Partien sind die Banatite erfüllt mit Einschlüssen von Gneisen und Glimmer- schiefern, die durch ihre anormale Struktur gegenüber den gewöhn- lichen Casannaschiefern auffallen. Oft erreichen diese eingeschlossenen Schollen eine bedeutendere Grösse, sodass der Eindruck von Wechsel- lagerung entstehen könnte, wie ob Viale. Am Rande der Intrusiv- massen sind die umgebenden Schiefer mehr oder weniger deutlich kontaktlich verändert. In der Gipfelregion des Corno delle Ruzze, an dessen Nordwänden, am P. 2294 und ob Viale finden sich die- selben typischen, oft bläulichen kristallinen Schiefer, wie wir sie weiter im Westen in der Kontaktzone der Monzonite an der Punta ERTEzEr eg Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 34% Marinelli kennen gelernt haben (16, p. 295). Biotit, Granat, Turmalin, Titanit, Epidot und Strahlstein häufen sich in dieser Randzone um die Intrusivgesteine an. An manchen Stellen resultieren reine Granat- glimmerschiefer, so südlich der Alp Canfinale. Mit der Entfernung vom Intrusivkern hören auch diese Anomalien auf, und die Gesteine nehmen den Charakter der normalen Casannaschiefer an. Alle diese Tatsachen stehen in trefflichem Einklang mit dem früher aus dem westlichen Berninagebirge Mitgeteilten und ergeben zweifelsfrei, dass die Casannaschiefer hier im Puschlav wie weiter im Westen die normale Schieferhülle der monzonitischen Gesteine bilden und dadurch einwandfrei wie diese letzteren mit zum kristal- linen Bestand der Selladecke gehören (vergl. 16, p. 157 ff.; 15, p. 354). Die monzonitischen Gesteine beschränken sich im Puschlav auf das Gebiet südlich Val Orse. Nur in der Gegend NE des Passo Canfinale erscheinen in den Graphitphylliten der Casannaschiefer nochmals Gesteine, die als kontaktmetamorphe Phyllite dieser Serie bezeichnet werden müssen. Der Monzonit oder Banatit, dem diese Veränderungen zuzuschreiben sind, tritt nicht an die Ober- fläche. Es handelt sich wohl um einen schmalen, verborgenen nörd- lichen Zug von monzonitischen Gesteinen. Ähnliche anormale Casanna- schiefer finden sich auch ob Poschiavo im Streichen der erstgenannten. Sehr wahrscheinlich markieren diese anormalen Schiefer den Verlauf der letzten östlichen Ausläufer der Monzonitmasse der Sella, während die Banatite etc. des Corno delle Ruzze die östliche Fortsetzung der Banatitmassen der Cime di Müsella darstellen. Im Westen sind die beiden Intrusivkerne durch einen mächtigen Komplex von Casannaschiefer getrennt, welcher vom Rifugio Marinelli gegen den Passo Canfinale streicht (vergl. Prof. 2). Und schon in der Gegend des Marinelli dünnen sich die Monzonit- massen der Sella nach Osten zu rasch aus, sodass ein Auskeilen dieses nördlichen Intrusivkerns gegen das Puschlav zu sehr wahr- scheinlich wird. Die Gesteine von Val Orse und Passo Canfinale zeigen eine verblüffende Ähnlichkeit mit jenen des Marinelli, und die Casannaschiefer der Cima Val Fontana erinnern mit ihren meta- morphen Apliten, Lamprophyren und Alsbachiten lebhaft an den untern Teil der Südwände der Sella und der Punta Marinelli. Beidseits Val Orse, ob Poschiavo, bei Castello, an den Monti di Platta, in den Wäldern südlich Alp Orse und Puntiglia, sind weissliche und graue Orthogneise weit verbreitet. Sie bilden mächtige, härtere Bänke oder stockförmige Lager in den Casanna- = schiefern und hangen unter sich, wenigstens oberflächlich, ‚nicht: zu- sammen. Makroskopisch erinnern sie zum Teil an gewisse Ortho- 350 Rudolf Staub. ‚gneise der Bocchetta di Caspoggio (16, p. 205). Von den Granit- myloniten des Piz Corvatsch unterscheiden sie sich durch ihre helle Farbe. Grüne Gesteine habe ich darunter nicht gefunden. Hingegen ist die Struktur typisch mylonitisch und lässt deutlich auf granitischen Ursprung schliessen. Im Innern einer solchen Orthogneisbank fand ich ein Ganggestein, das von den typischen Vogesiten am Westgrat des Piz Corvatsch nicht zu unterscheiden ist (16, p. 135). Sowohl gequetschte Aplite als metamorphe Lamprophyre kommen hie und da in diesen Granitgneisen vor. Endlich möchte ich noch bemerken, dass mir innerhalb der Errdecke in der Gegend der Jürg Jenatsch- hütte Gesteine aufgefallen sind, die mich sofort an die Puschlaver Granitgneise erinnerten. Auf jeden Fall sind diese Granitgneise schon nach ihrer ie tonischen Lage Analoga zu den granitischen Gesteinen der Errdecke. Monzonitische und granitische Gesteine finden sich hier bestimmt in derselben tektonischen Einheit. Die Gesteine, die weiter nördlich getrennt in verschiedenen Decken auftreten, finden wir hier, wo sich die beiden Decken vereinigt haben, beieinander. Dadurch wird der Zusammenhang von Err- und Selladecke noch mehr betont als bisher..... Am Ausgang von Val Ors& finden sich in den gewöhnlichen Casannaschiefern Grünschiefer und diorit- bis gabbroartige, stark geschieferte Gesteine. Es dürfte sich um basische Gänge handeln. ndlich seien noch merkwürdige Biotitgneise erwähnt, welche die untersten Rundhöcker am Fusse des Palügletschers bilden. Deren nähere Untersuchung steht noch aus; doch lassen sich dieselben schon makroskopisch sehr gut mit gewissen Banatitmyloniten der Selladecke vergleichen. n mesozoischen Sedimenten ist die Selladecke im Puschli: sehr arm. Von der Fuorcla Sella bis zur Alp Palü fehlen kalkige Sedimente überhaupt. Von letzterem Orte sind mir Rauhwacken, Gips und Dolomite bekannt geworden, die zur Selladecke zu rechnen sind. Auf ihre genauere Stellung werde ich später eintreten. Die Tektonik der Selladecke ist im grossen und ganzen eine sehr einfache. Als Ganzes liegt sie direkt auf den obersten Dolo- miten der rhätischen Decke und unter den charakteristischen Massen- gesteinen und kristallinen Schiefern der Berninadecke. Die Schiefer fallen meist flach nach Norden ein, die Axe der Decke sinkt rasch nach Osten. Innere Faltung ist an den Casannaschiefern des Corno delle Ruzze, der Alp Canfinale und den Ostwänden des Pizzo Tempesta und Pizzo di Verona gut zu beobachten. Flache Gewölbe wechseln daselbst mit ebenso flachen Mulden. OTTFETEETTIETETR 77% 7 Tektonische Studien im östlichen Berninagebiete. 351 Die Überschiebungslinie der Selladecke auf die liegende rhätische lässt sich ausgezeichnet verfolgen (vergl. Tekt. Karte!). Vom Südgrat der Cima di Caspoggio sinkt sie ausserordentlich rasch nach Norden und Osten, zieht unter P. 2851 und nördlich Alp Fellaria durch, über den Hintergrund von Val Campo moro und Gembre, nördlich der Sassi bianchi vorbei, in die Südhänge von le Ruzze und zum obersten Südgrat des Corno delle Ruzze. Von da streicht sie unter P. 2294 durch über Alp d’Ur, Motta d’Ur, Masone, Mundadise und Gargatti ins Puschlav hinab. Auf die nähere Lage der Über- schiebungsfläche und einige Komplikationen derselben habe ich schon bei der Behandlung der rhätischen Decke hingewiesen (vergl. p. 341 ff.). Am Corno delle Ruzze liegt der Banatit der Selladecke direkt auf den Dolomiten der rhätischen. Gegen den P. 2294 stellt sich dazwischen eine schmale Zone von Glimmerschiefern und Gneisen ein, die sich von den liegenden Malojagneisen recht deutlich unterscheiden lassen, welche dieselben Lamprophyre wie die Banatite führen und in welchen die letzteren mit einer Randfacies sitzen. Weiter nach E wird diese Zone etwas breiter, denn die monzoni- tischen Gesteine keilen gegen E zu aus, und die Randfacies der letzteren entwickelt sich deutlicher, besonders ob Viale.. Von den Glimmerschiefern und Gneisen, die am Corno delle Ruzze den Banatit- rand seitlich und nach oben umhüllen, und welche deutliche An- zeichen der durch den Banatit hervorgerufenen Kontaktmetamorphose zeigen, sind diese unteren Schiefer, welche an manchen Orten zu- dem die oberen fast berühren, nicht zu unterscheiden, d. h. Diese Glimmerschiefer und Gneise, die sich östlich des Corno delle Ruzze zwischen die Banatite der Sella und die Dolomite der rhätischen Decke einschieben, sind als Casanna- schiefer und normale Schieferhülle des Banatites aufzufassen und gehören daher unbedingt zur Selladecke. Sie sind die mächtige Fortsetzung oder ein Analogon der untern Teile der Sellawände oder der Schiefer des Marinelli, und es besteht gar kein Grund, sie noch zur rhätischen Decke zu zählen. Abgesehen davon, dass der Banatit mit primärem Kontakt in diesen Schiefern steckt, scheint es mir auch bei weitem natürlicher, die Grenze zwischen rhätischer und unterster ostalpiner Decke auf die Überschiebung von Kristallin auf Trias zu basieren als auf eine unsichere Trennungsfläche innerhalb des Kristallinen selbst (vergl. 5, p. 352). Tektonisch von hoher Bedeutung ist die Verbreitung der Monzonite und Banatite im Puschlav. Dieselben sind nicht, wie bis jetzt angenommen wurde, nur auf den Corno delle Ruzze 352 Rudolf Staub. beschränkt, sondern ziehen in fast ununterbrochenem Zuge, zum Teil direkt auf den Dolomiten der rhätischen Decke liegend, bis gegen Viale. Der P. 2294 und die Motta d’Ur be- stehen zum grössten Teil daraus und ebenso die steilen Gehänge zwischen Selva und Viale. Am Gipfel der Motta d’Ur erlangt der charakteristische porphyrartige Amphibolbanatit des Corno delle Ruzze nochmals grössere Bedeutung. In mächtigen Wänden bricht der Banatit des Corno delle Ruzze in den Hintergrund von Val Ors£& zur Tiefe, und deutlich legen sich die Casannaschiefer dieses Tales aufihn. Anden Nordwänden des Corno delle Ruzze schmiegen sich dieselben zum Teil konkordant in fein geschwungenen Linien an den massigen Banatit. Weiter im Westen scheint die Banatitgrenze in scharfer Diskordanz die flach nördlich fallenden Schiefer des Passo Canfinale steil abzuschneiden (vergl. Profil 3). Wegen massenhaftem Neuschnee konnte ich leider diese interessante Stelle noch nicht besuchen. Im Val Orse reicht der Banatit bis gegen Alp Canfinale, weiter unten kommt er nicht mehr hervor. Die Gesamtheit der flach nordostfallenden Casanna- schiefer von Val Ors®, Sommodosso, Mottarossa und Cima Val Fontana liegt normal auf den Banatiten der Selladecke. Nach Norden erstrecken sich diese Schiefer weit in die unteren Wände des Pizzo di Verona und stehen über Valle di Verona in ununterbrochener Verbindung mit den Schiefern des Cornicello, von Cantone, Alp Palü, Cadera und Robbia. Vergeblich habe ich nach Fenstern der rhätischen Decke in diesen fast trostlosen Schiefermassen gesucht. Das ganze Gebiet zwischen der Linie Cornicello-Vedretta di Verona - Passo- Canfinale- Corno delle Ruzze-Viale und dem Talboden des Puschlav besteht aus diesen Schiefern und Gneisen der Selladecke. Auch im tief ein- geschnittenen Val Ors& und Val di Gole kommt die rhätische Decke nicht mehr zum Vorschein. Diese bleibt stets südlich der BansbE zone Corno delle Ruzze-Viale. Diese Feststellung scheint mir von prinzipieller Bedeutung für die ganze Auffassung der Tektonik der Gebirge zwischen Ober- engadin und Veltlin zu sein. Die obersten Gneise der Motta d’Ur und das Gehänge westlich Poschiavo sind nicht mehr zur rhätischen, sondern zur Selladecke zu rechnen. Ihre südliche Fortsetzung aber finden dieselben in den kristallinen Schiefern im Hangenden der Trias von le Prese, die das ganze Westufer und einen Teil des Ostufers des Lago di Poschiavo zwischen Meschino und le Prese bilden. Diese kristallinen Schiefer Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 353 sind unbedingt die Fortsetzung derjenigen der Motta d’Ur, wie es Cornelius zuerst erkannt hat (5, Taf. II u. IV). Nur führen sie keine Monzonite. Cornelius rechnet sie wie die Gneise der Motta d’Ur noch zur rhätischen Decke, und weiter im Westen bildet die Fortsetzung dieser Schiefer den mächtigen südlichen Gneiskomplex seiner rhätischen Wurzel (vergl. 5, Tafel III). Nachdem aber so- wohl die Gneise der Motta d’Ur als überhaupt das ganze Gehänge westlich ob Poschiavo als sicherer Bestand der Selladecke erkannt wurde, müssen auch diese Schiefer am Seeufer zwischen Meschino und le Prese zur Selladecke gerechnet werden, und dasselbe ergibt sich natürlich auch für deren westliche Fortsetzung, also den ganzen südlichen Teil der rhätischen Wurzel von Cornelius. Aus diesen tektonischen Zusammenhängen ergibt sich somit mit Sicherheit: der südliche Teil der rhätischen Wurzel von Cornelius ist die Wurzel der Selladecke des Puschlavs. Nach der ausgezeichnet klaren tektonischen Karte von Cornelius (5, Taf. III) gehören zu dieser Wurzelzone der Selladecke nun die Gipfelpartie des Pizzo Scalino, die Monzonitklippe des Monte Aquanera und im Weiteren die Zone Pizzo Painale-Vetta di Ron-Corno Mara-Monte Foppa-Monte Canale-Poggio Cavallo. Der Dolomitzug des Corno delle Ruzze, der im Norden rhätische und Selladecke trennt, steht über le Prese in sicherer Verbindung mit dem Dolomitzug von P. 2207 westlich der Alp Vartegna; dieser zieht bei ca. 2640 über die Wasserscheide und lässt sich über die Westwand des Pizzo Scalino bis ins obere Val di Togno verfolgen. Sowohl nördlich des Pizzo Canciano als an der Westseite des Scalino erscheinen unter dem Ruzzedolomit noch weitere kleinere Dolomit- züge oder Linsen, die Äquivalente der tieferen Schuppen an der Motta d’Ur. Zum gleichen Zuge des Corno delle Ruzze- Scalino dürfen wir aber, das geht aus den Untersuchungen von Cornelius mit aller Deutlichkeit hervor, die Dolomitlinsen des Zuges Lavigiola-Valle Dagua-Monte Arcoglio rechnen, und wohl auch das Marmorvorkommen von Cevo. Dieser Zug von mesozoischen Kalken und Dolomiten ete., der nach Cornelius auch ausgeprägte Schuppenstruktur zeigt (5, Taf. IV u. p. 334, 335), ist nicht mehr als Synklinale innerhalb der rhätischen Decke, sondern als tren- nende Synklinalzone zwischen rhätischer und unterster ostalpiner Decke aufzufassen, als direkte und analoge Fort- setzung der Schuppenzone der rhätischen Decke im Pusch- lav, Fex und Oberengadin und endlich der Schuppenzone des Avers und Schams. Dass diese Zone im Weiteren dem Canavese 354 Rudolf Staub. entsprechen muss, hat sich aus meinen Studien in der Wurzelregion im südlichen Tessin ergeben (17, p. 40 Betrachten wir nun die petrographischen Verhältnisse dieser von mir als Wurzel der Selladecke bezeichneten Gneiszone süd- lich des durchgreifenden Sedimentzuges des Canavese. Zunächst muss ich gestehen, dass mir die Schiefer des Seeufers zwischen Le Prese und Meschino von den Gesteinen der Malojaserie recht verschieden erscheinen. Sichere typische Malojagneise scheinen zu fehlen. Hingegen treten eine Menge von Gesteinen auf, die mir weder in der Malojaserie des Piz della Margna, des Fex- und des Fedoztales noch in derjenigen des Puschlavs bekannt geworden sind: helle Paramuskovitgneise vom Typus derjenigen in der Casannaschiefer- region der Selladecke, aplitische und lamprophyrische Gänge, grün- schieferartige Gesteine wie in der Gegend des Passo Canfinale, oder graue Quarzite wie bei Poschiavo. Völlig rätselhaft erscheint mir vorderhand ein dunkles, fast schwarzes Ganggestein, das an mehreren Orten zwischen le Prese und Meschino die Schiefer durchsetzt. Irgend etwas Ähnliches ist mir in der Malojaserie noch nicht be- gegnet. Graphitphyllite und Glimmerschiefer gleichen sowohl solchen der rhätischen wie solchen der Selladecke. Der petrographische Gehalt dieser Zone le Prese- Meschino ist demjenigen der Casannaschiefer der Selladecke im Puschlav viel ähnlicher als dem der rhätischen, und es steht somit auch in petrographischer Beziehung der Einreihung dieser Schieferzone in die Wurzelzone der Selladecke kein ernstes Hindernis entgegen. Es fehlen allerdings dieser Zone die Monzonite. Aber dies ist wenigstens verständlich und kann bei der doch immer lokalen Natur von Intrusivzentren innerhalb der gleichmässigeren Zonen von kristallinen Schiefern nicht weiter wundernehmen. Verfolgen wir die Selladecke von Westen her gegen das Puschlav, so sehen wir im Westen die Monzonite zu enormen Massen gehäuft. Es lassen sich zwei durch Casannaschiefer getrennte Verbreitungsbezirke der- selben feststellen, die Intrusivmasse der Sella im Norden, und die- jenige der Cime di Müsella im Süden. Erstere wird schon in der Gegend des Marinelli immer dünner und keilt so rasch aus, dass wir im Puschlav nur noch leiseste Spuren davon finden, und die Üasannaschiefer infolgedessen nach E immer grössere Areale, einnehmen. Die Masse der Cime di Müsella hingegen reicht weniger weit gegen Westen, dafür weiter gegen Osten. Im Corno delle Ruzze ist sie noch mächtig entwickelt, aber von da nach Osten stellt sich bald eine typische Randfacies ein, und so dürfte auch diese südliche Monzonitmasse allmählich zwischen den sie um- Tektonische Studien im östlichen Berninagebiete. 355 hüllenden Casannaschiefern auskeilen, ohne um die Trias von le Prese herum die Schiefer der Zone le Prese-Meschino zu erreichen. Die charakteristischen grünen Gänge hingegen, welche die Casannaschiefer in der Umgebung der Intrusivmassen durch- schwärmen, sind noch vereinzelt vorhanden. Es scheint mir aus diesem Grunde die Tatsache, dass keine Monzonite vorhanden sind, nicht im Geringsten gegen die Deu- tung dieser Schieferzone als Wurzel der Selladecke zu sprechen. Aber solche monzonitischen Gesteine sind vielleicht vorhanden. Nach Westen setzt sich unsere Sellawurzel in die Berge des Poggio Cavallo fort, und von dort erwähnt Cornelius stark geschieferte Granit- und Dioritgneise (5, p. 272). Diese Granit- und Diorit- gneise des Poggio Cavallo, die ja petrographisch noch wenig unter- sucht sind, dürften das Äquivalent der hellen Granitgneise bei Pos- chiavo und der Monzonite des Corno delle Ruzze und der Motta d’Ur sein. Der Mineralbestand, den Cornelius mitteilt, scheint mir ganz stark für diese Annahme zu sprechen: „Plagioklas stets weitgehend zersetzt, mikroperthitische Mikrokline stets frisch, Biotit mit Rutilausscheidung und Titanitkränzen, lichtrötlichbraun, daneben Hornblende und gewöhnlich auch Quarz“ (5, p. 273). Diese Gesteine stehen auf alle Fälle der oe Malojaserie ganz fremd gegenüber, erinnern hingegen bis in alle Einzelheiten an die monzonitischen Gesteine der Selladecke im Puschlav. Denselben Gedanken scheint übrigens auch Cornelius schon gehabt zu haben, da auch ihn schon manches. „auffällig* an die monzonitischen Gesteine der Zone von Brusio- erinnert (5, p. 273). Der Granit südlich des Pizzo Painale, der in ‚derselben Zone liegt, dürfte das verbindende Mittelstück zwischen den Granitgneisen des Poggio Cavallo und jenen des Puschlav darstellen. Durch diese petrographischen Zusammenhänge erhalten wir ein Argument mehr für die Annahme, die Zone Pizzo Painale-Poggio Cavallo sei von der Wurzel der rhätischen Decke abzutrennen und als Wurzel der Selladecke zu erklären. Endlich brauchen auch die von Cornelius vom Südrand dieser Zone erwähnten Grünschiefer (5, p. 274) durchaus nicht Äquivalente der Grünschiefer der rhätischen Decke zu sein, sind doch auch solche Gesteine, die sich von den letztern auch u. d. M. nicht unterscheiden lassen, sowohl in der Sella- wie in der Errdecke gefunden worden (Lamprophyre und Andesite des Verrucano etc.). Durch diese Feststellungen sind wir auch aus der unangenehmen Lage befreit, die gewaltigen Intrusivmassen der Bernina-Julierdecke, die doch an Ausdehnung die der Selladecke um ein mehreres über- 356 Rudolf. Staub. treffen, in der Wurzelzone des Veltlins vermissen zu müssen. Die über der Selladecke im Norden so mächtigen Intrusivmassen der Berninadecke liegen uns auch in der Wurzel noch vor in den grossen Monzonitstöcken der Zone von Brusio, die ja im Süden direkt über den Gneisen, Grünschiefern und Dolomiten der Zone Kainale-FOgMEN Cavallo, der Sellawurzel folgt (vergl. 5, Taf. III u. IV). Die Zone von Brusio ist daher als Wurzel der Bruch decke und, wie sich zeigen wird, auch deren oberer Teildecke, der Languarddecke zu betrachten (s. 17, p. 31). Damit kommen wir auf die ursprüngliche Idee von Cornelius zurück, der seinerzeit im Val di Togno Julier-granitartige Gesteine gefunden hat und daraufhin ursprünglich die Zone von Brusio als Wurzel der Berninadecke ansah. Erst nach meinen Monzonitfunden in der. Sellagruppe und am Corno delle Ruzze neigte er allmählich mehr zu der Ansicht, die er in seiner Veltlinerarbeit bekannt gegeben hat. Es hat auch tatsächlich etwas Verführerisches, die Banatite des Corno delle Ruzze mit jenen des Pizzo Canciano zu verbinden, und am Passo d’Uer drängt sich einem diese Verbindung fast über- mächtig auf. Dadurch scheint die Symmetrie zwischen Deckenland im Norden und Wurzelland im Süden eine wundervolle zu sein, aber es ist doch nicht so, wie eben die Verhältnisse im westlichen Puschlav mit aller Deutlichkeit zeigen. Die herrlichen Leitgesteine der Sella- decke, die Monzonite, verlieren sich nach Osten unversehens zwischen nichtssagenden Schiefern, nur diese schwenken um die Trias von Le Prese zurück in die Wurzelregion und erst weit im Westen treten in dieser wieder monzonitische Gesteine auf..... Nach dieser durch die geologischen Verhältnisse der Selladecke im Puschlav angeregten Abschweifung in das Gebiet der Wurzel- frage kehren wir zurück zu den Schiefern der Selladecke westlich Poschiavo. Wo liegt die obere Grenze dieses einförmigen Komplexes? Wo folgt über diesen Casannaschiefern die Berninadecke, die im Westen so mächtig entwickelt ist? Bis hinauf zur Cima Val Fontana und bis zum Cornicello steigen wir, gleichgültig ob in Val Ors® oder Valle di Verona, nur in den einförmigen Casannaschiefern herum. Typische Graphitphyllite fand ich noch ob dem Passo Canfinale, und von dort lässt sich an aus- gezeichneten Aufschlüssen die Casannaschieferserie bis unter die Südwand des Pizzo di Verona verfolgen. Dort aber erscheinen ganz andere Gesteinsgesellschaften und dort ist die Grenze gegen die hangende Berninadecke zu suchen. Rauhwacken und Dolomite habe ich in der ganzen Region von Poschiavo bis hinauf zum Pizzo di Verona vergebens gesucht. Daraus Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 357 ergibt sich die grosse Schwierigkeit, Bernina- und Selladecke reinlich zu scheiden. Dass mir dies aber trotzdem gelungen ist, wird sich später zeigen. Vorerst müssen wir, um diese wichtige Deckengrenze näher bestimmen zu können, nun erst die Gesteine und den Bau der gewaltigsten Serie des Berninagebirges, der Berninadecke näher studieren. IV. Die Berninadecke. Nördlich der Fuorela Surlej, am Piz Surlej, im Val Roseg, am Piz Roseg und an der Fuorcla Sella schiessen die enorm gequälten Gesteine der Errdecke unter die massigen Eruptiva der Berninadecke ein (s. Tekt. Karte!). Der ganze typische Verlauf dieser Über- schiebungslinie sowie Reste yon dioritischen Gesteinen auf dem Gipfel des Piz Corvatsch stellen die Deckennatur dieses gewaltigen Kom- plexes sicher. Am Grunde dieser Überschiebung sind die Sedimente der Errdecke zum Teil abgescheert, zum Teil zu unbedeutenden Linsen zerdrückt, so Triasdolomite und vielleicht Kössenerschichten am Piz Surlej und Munt Arlas, Liasschiefer am Piz Roseg (s. Fig. 2). Am Pız Surlej hat sich am Grunde der Berninadecke eine Schuppenzone- in der liegenden Errdecke ausgebildet (s. Profil 2). Die Triasmarmore in der östlichen Seitenmoräne des Tschiervagletschers dürften eben- falls von einer Sedimentlinse der Errdecke stammen. Steigen wir von Val Roseg, vom Rifugio Marinelli oder von Boval zu den höchsten Gipfeln empor, so bleiben wir konstant in den Massengesteinen der Berninadecke; selbst Piz Roseg, Piz Zupö und Piz Bernina bestehen noch aus denselben. Selbst diese höchsten Gipfel ragen nicht mehr in höhere tektonische Einheiten hinein. Das ganze Gebiet von der Fuorcla Sella über Piz Bernina und Morteratsch bis hinaus nach Pontresina wird aus den mächtigen Intrusivmassen der Berninadecke aufgebaut, und diese greifen sogar noch über das. Berninatal hinaus und erlangen in den Wänden des Piz Albris, wie schon Studer (7, p. 17) und Theobald (22, p. 185) wussten, emi- nente Bedeutung. Erst ausserhalb unseres Gebietes, im Val Languard: und Val del Fain, legt sich auf diese kristallinen Massen ein meso- zoischer Sedimentzug, und darauf völlig andere kristalline Gesteine, die Languarddecke. Die Deckennatur der letzteren ist durch die Verhältnisse im Val del Fain schon von Blösch (1, p. 76) und: Trümpy (21, p. 4), und neuerdings auch von Spitz und Dyhrenfurth festgestellt worden (13, p. 414). Der erwähnte Sedimentzug, der im Piz Alv seine grösste Bedeutung erlangt, trennt daher Den und Languarddecke. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 4 358 Rudolf Staub. Das ganze mächtige Bergland also, das zwischen Sella- decke im Süden, Errdecke im Westen und dem Sedimentzug des Piz Alv im Norden und Osten liegt, mit einem Umkreis von über 50 km, gehört zur Berninadecke. Dieses weite Gebiet kristalliner Gesteine ist petrographisch und geologisch mit aller Deutlichkeit in zwei von einander grundver- schiedene Komplexe gegliedert: eine gewaltige Intrusivmasse einerseits und ein Gebiet vorwiegend kristalliner Schiefer an- dererseits. Die erstere bildet weitaus die Hauptmasse der ganzen Decke und damit auch die höchsten Gipfel; die letzteren sind auf eine schmale Zone am Ostrand der Intrusivmasse, zwischen derselben und den Resten des Alvzuges, beschränkt. Höchst interessant sind die geologischen Verhältnisse der Grenzzone zwischen diesen beiden Komplexen, und wir werden später sehen, dass sich aus jenen manche interessanten Resultate ergeben. Zunächst seien Art und Verbreitung der wichtigsten In- trusivgesteine kurz skizziert. Auf petrographische Details gehe ich hier nicht ein, da eine umfassendere petrographische Untersuchung dieser Gesteine von U. Grubenmann in Aussicht steht (9, p. 11).') Das ganze zentrale Berninagebirge, von der Fuorela Sella bis zur Diavolezza, von St. Moritz bis zum Pizzo di Verona besteht fast ausschliesslich aus Intrusivgesteinen. Drei Hauptgesteinstypen lassen sich in dieser grossen Intrusiv- masse mit Leichtigkeit unterscheiden: 1. Diorite, 2. Monzonite und Banatite, 3. Granite. Dazu treten deren mannigfachen Gänge und Effusivgesteine. Die Diorite sind sehr mannigfach ausgebildet: neben gewöhn- lichen Hornblendedioriten kommen häufig solche mit Biotit und brauner Hornblende vor; Mikroperthit uud Quarz sind weit verbreitete Haupt- gemengteile; an einer Menge von Punkten tritt Pyroxen als herr- schender femischer Gemengteil in den Vordergrund. Die Basizität der Plagioklase ist einem erheblichen Wechsel unterwor fen, sodass zwischen Syenit, Diorit und Gabbro alle erdenklichen Übergänge !) Die während des Druckes der vorliegenden Arbeit erschienene „Zusammen- stellung der Resultate über die von 1900—1915 im mineralogisch- „petrographischen Institut der Eidg. Techn. Hochschule ausgeführten chemischen Gesteins- und Mineral- analysen® von U.Grubenmann und L. Hezner konnte leider nicht mehr benutzt eine schöne an. meiner davon unabhängig gemachten Beobachtungen und Schlüs * Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 359 entstehen. So kenne ich Gabbro mit brauner Hornblende vom Piz Roseg, Piz Zupö und Piz Argient, im Norden auch vom Munt Arlas und Piz Surlej; gewöhnliche Hornblendediorite vom Piz Roseg, Monte Rosso di Scerscen, Piz Tschierva, Munt Arlas und Piz Rosatsch, Biotitdiorite vom Piz Bernina und Piz Surlej, Pyroxendiorite vom Piz Misaun, Mikroperthit führende Quarzglimmerdiorite, zum Teil mit brauner Hornblende, vom Piz Bernina, dem Sass del Pos, der Fuorela Misaun, Biotitgabbro vom Piz Roseg und Piz Argient usw. Der Gipfelbau des Piz Bernina besteht vom Sass del Pos hinauf zum Gipfel zum grössten Teil aus einem tonalitähnlichen Quarzglimmerdiorit, derjenige des Piz Zupd aus Hornblende- gabbro. Eine erstaunliche Variation des Stoffes efetbart sich in diesen bis zur Stunde als dioritisch bezeichneten basischen Gesteinen der Berninadecke. Ob die Bezeichnung Diorit die richtige ist, möchte ich in Anbetracht der weiten Verbreitung von Mikroperthiten, Quarz, Biotit und braunen, oft barkevikitähnlichen Horn- blenden lebhaft bezweifeln. Diese Tatsache, sowie der enge Ver- band dieser Gesteine mit solchen der Banatit-M itreihe, lässt mich vermuten, dass ein Teil dieser „Berninadiorite“ in Wirklichkeit Essexite sind. Besonders der intime Verband der Berninadiorite mit sicher monzonitischen Gesteinen, wie er im Terrain hundertfach zu beobachten ist, spricht mit aller Deutlichkeit für die Essexitnatur eines grossen Teiles derselben. Wir können also in diesen „dioritischen“ Gesteinen der Berninadecke mit Sicherheit unterscheiden: Hornblendediorite, Glimmerdiorite, Pyroxendiorite und Quarzglimmerdiorite oder Tonalite einerseits, Biotit- und Hornblendegabbro anderseits, und endlich Essexite.!) In der Folge werden wir deshalb allgemein von einem Diorit- essexitkern der Berninadecke sprechen. Alle diese Gesteine sind in ähnlicher Weise ölamorphöstert wie die Monzonite der Sellagruppe und die Granite des Piz Corvatsch, aber deren intensive Mylonitisierung fehlt. Die Gesteine sind in weitaus den meisten Fällen massig. Die Umwandlung beschränkt sich auf eine solche im Sinne der obersten Zone, also Saussuriti- sierung der Plagioklase, Chloritisierung von Glimmer und Horn- blende, Uralitisierung des Pyroxens. Nur an der tiefgreifenden Über- schiebungsfläche der Berninadecke sowie an einzelnen Quetsch- zonen (Terrassa, Piz Roseg, Argient!) zeigen auch die Diorit-Essexit- !) In den Profilen sind alle diese Gesteine unter der Bezeichnung „Diorit* zusammengefasst. 360 Rudolf Staub. gesteine der Berninadecke eine enorme Mylonitisierung. Dieselbe ist aber auf wenige Meter über der Überschiebungsfläche beschränkt, und an solchen Orten wie im Val Roseg, am Piz Roseg, am Piz Surlej usw. lässt sich die zunehmende Mylonitisierung von oben nach unten wundervoll verfolgen, und zwar sowohl an den meist durchgreifenden, oft senkrecht aufsteigenden Gängen wie auch im Hauptgestein. Das Endprodukt der Mylonitisierung der Dioritgesteine ist ein Brei von Saussurit, in dem wir nur noch bei stärkster Ver- grösserung dünne Hornblendefäserchen, kleine Schüppchen von limo- nitisiertem Chlorit und hie und da kleine Körner von Epidot und Titanit wahrnehmen können. Ein Gestein, das in seiner ausgeprägten Knetstruktur niemand mehr für ein Derivat eines Diorites halten würde, wären nicht die vermittelnden Übergänge innerhalb weniger Meter in so ausgezeichneter Art und Weise entwickelt. Diese Ge- steine entsprechen durchaus dem Termier’schen Mylonittypus „Fromage vert“, es sind Ultramylonite. Zum Schlusse sei bemerkt, dass neben den gewöhnlichen grauen, weissen und grünen Gesteinen der Dioritessexitmasse sich auch solche finden, welche durch ihre intensiv blaue Farbe sofort an die mon- zonitischen Gesteine des Gebietes erinnern, so am Passo Zupd und am Südfuss des Piz Argient. Von hohem geologischem und petrographischem Interesse dürften einige Funde sein, die ich an Ganggesteinen innerhalb dieser Dioritessexitmasse im Laufe des vorigen Sommers gemacht habe. Die Zahl der Gänge und verschiedenartigen Schlieren ist eine enorme, eine Tatsache, die zwar eben gerade im Hinblick auf die weitgehendste Spaltungsfähigkeit der essexitisch-monzonitischen Magmen, die ja in diesem Gebiete herrschen, nicht einmal so überraschend ist. Von hochbasischen Spessartiten finden sich alle erdenklichen Übergänge bis zu hochsauren Alkaliapliten und daneben noch eine Reihe un- gespaltener Ganggesteine. So fand ich auf dem Gipfel des Piz ernina Gänge von Diabasporphyrit mit typisch ophitischer Grundmasse im quarzführenden Glimmerdiorit, ein Gestein, das manch- mal gewissen Varietäten der rhätischen Decke von Alp Mortels usw. sehr ähnlich sieht (s. 16, p. 225 ff). Am Ostgrat des Piz Bernina finden sich neben zahlreichen Gängen von ausgeprägtem Diorit- porphyrit auch solche von Alkalispessartit, Alkaliaplit, ge- wöhnlichem Aplit und Plagiaplit. Die beiden letzteren Typen sind übrigens allgemein enorm verbreitet. Pegmatite finden sich in grösseren Massen an der Crast’agüzza. Im obersten Ostgrat des Piz Bernina traf ich in den dioritisch essexitischen Gesteinen des Gipfelbaus ausgezeichnete, alkalische Hornblenden führende Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 361 Plagiaplite, die sich durch einen grossen Mikroperthitgehalt aus- zeichnen. Am Munt Arlas finden sich interessante, Pyroxen füh- rende Spessartite, und am Piz Tschierva Biotitspessartite. Daneben durchschwärmen sowohl am Östgrat des Piz Bernina wie am Munt Arlas und am Piz Roseg oder am Piz Tschierva zahl- reiche Gänge von Granit, Banatit oder Syenit die basischen Gesteine des Dioritessexitkernes. Endlich ist es uns gelungen, an mehreren Stellen des Gebietes das Anstehende jener Paisanite zu finden, die U. Grubenmann aus den Moränen des Morteratschgletschers beschrieben hat (9, p. 11). Nach jener Notiz handelt es sich um Gesteine, die bis dahin auf dem europäischen Kontinent noch nicht gefunden worden sind (9, p. 12). Diesen so seltenen Paisanit fanden wir sowohl im Diorit des Piz Rosatsch, direkt südlich des Gipfels, als auch zwischen Granit und Essexit an der Fuorcla Misaun. Am Piz Rosatsch ist das Aufsetzen des Paisanits im Diorit völlig klar aufgeschlossen; das Vorkommen liegt fast am Weg vom Sattel zwischen Piz Surlej und Piz Rosatsch zu dessen Gipfel. An der Fuorcla Misaun kann man wegen des Moränenschuttes im Zweifel sein, ob der Paisanit einen Gang im Essexit oder im Granit bildet. Die beiden Vor- kommnisse sind auch mineralogisch nicht völlig übereinstimmend und zeigen noch weitere bemerkenswerte Eigentümlichkeiten, die den von U. Grubenmann seinerzeit gefundenen erratischen Vor- kommnissen scheinbar fehlen. So führt der Paisanit des Piz Rosatsch neben Riebekit als femischen Gemengteil noch reichlich Ägirin und Epidot, welche beide den Gesteinen der Fuorcla Misaun fehlen. Hingegen ist beiden Gesteinen gemeinsam eine schwache Biotitführung. Die Struktur ist rein magmatisch, holokristallinporphyrisch, von Kataklase ist nur bei den Gesteinen des Piz Rosatsch, die nahe der oberen Grenze der ganzen Decke liegen, etwas Weniges zu sehen. Die Textur ist stets völlig massig. Von den bis jetzt aus den Moränen des Tschierva- und Morteratsch- gletschers bekannten Paisaniten unterscheiden sich also die an- stehenden Paisanite durch ihren Ägirin- und Biotitgehalt etwas weniges; sie dürften aber im grossen und ganzen denselben Chemis- mus wie jene besitzen und als hochsaure Alkaliaplite aufzufassen sein (vergl. 9, 2:10.04. Ähnliche, ebenfalls Ägirin führende Paisanite kenne ich aus den Moränen des Scerscengletschers. Dieselben stammen aus den Dioritessexitmassen des Piz Bernina und Roseg, wie sich aus dem Verlauf der Moränen ergibt. 362 Rudolf Staub. Nach diesen Funden scheinen also die Paisanite, obwohl Alkali- gesteine, durchaus nieht an den Alkaligranit des Berninamassivs gebunden, sondern in dioritischessexitischen und wahrscheinlich auch kalkalkalischen Gesteinen weit verbreitet zu sein. Die zweite grosse und enorm verbreitete Gesteinsgruppe der Berninadecke sind die Monzonite (s. 16, p. 159), und zwar scheinen auch hier ähnlich wie in der Selladecke hauptsächlich eigentliche Monzonite und Banatite die Hauptrolle zu spielen, während extreme Typen dieser Familie, wie Olivinmonzonite und Adamellite mehr zurücktreten. Es dürfte jedoch bei weiterer chemischer Untersuchung wohl gelingen, wenigstens für die Adamellite eine grössere Verbreitung in der Berninadecke nachzuweisen, als dies vermutet wird. Das verbreiteteste Gestein ist wohl der Banatit, der „blaue Granit“ der älteren Autoren, und damit stossen wir auf dieselbe Tatsache, die sich bei Brusio mit aller Deutlichkeit kundgibt. Auch dort, in der Wurzel der Berninadecke, spielt der Banatit die Hauptrolle unter den verschiedenen monzonitischen Gesteinsarten (vergl. 5, p. 277). Wir werden also, wenn allgemein von diesen monzonitischen Gesteinen der Berninadecke die Rede ist, immer nur kurz vom Banatit der Berninadecke sprechen und darunter alle die andern monzonitischen Gesteine der Decke stillschweigend inbegreifen. Petrographisch unterscheiden sich die Monzonite und Banatite der Berninadecke in der Hauptsache nur in ihrer Struktur von den gleichartigen Gesteinen der Selladecke. Der Mineral- bestand, und damit wohl auch der Chemismus, ist genau der- selbe wie dort. Sogar die typischen Umwandlungserscheinungen an Plagioklasen, Hornblenden und besonders an Biotiten, wie die Baueritisierung desselben und anderes mehr, sind in den Bernina- banatiten ganz die gleichen wie in der Selladecke (vergl. 16, p. 160 ff.). Hingegen ist die grosse Masse unserer Gesteine von der gewaltigen Mylonitisierung, welche die Sellamonzonite betroffen hat, fast ganz verschont und darum meist völlig massig geblieben. Nur in den obersten Partien des Munt Pers, in der Umgebung der Diavolezza, also wieder in den obersten Teilen der Berninadecke (vergl. Profil 3), macht sich eine Mylonitisierung geltend, die an Intensität derjenigen der Sellagesteine nicht nachsteht. Dadurch offenbart sich die Nach- barschaft der grossen Überschiebungsfläche der hangenden Languard- decke mit aller Deutlichkeit. Aber auch innerhalb des Massivs, so im obern Teil des Sass del Pos, ziehen Mylonitzonen auf weite Strecken durch das sonst ganz gesunde Gestein, als Quetschzonen lokaler Natur. Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 363 Neben diesen strukturellen und texturellen Unterschieden mag das häufige Zurücktreten der Hornblenden und die oft einsprenglings- artige Ausbildung des Quarzes für die Banatite der Berninadecke im Gegensatz zu jenen der Sella charakteristisch sein, ferner die überaus häufige Grünfärbung der Gesteine, die dadurch makroskopisch sehr oft den Charakter von gewöhnlichen Julier- oder Albulagranit-artigen grünen Graniten annehmen. Ausgezeichnete Beispiele dieser Art finden sich in den Banatiten des Munt Pers-Nordgrates. Die Mon- zonite zeigen oft dasselbe Phänomen der Grünfärbung und zeichnen sich daneben hie und da durch grössere Mengen von Quarz aus, als dies für die Sellamonzonite charakteristisch ist. Es muss daher hervorgehoben werden, dass manche bis jetzt für grüne Granite gehaltene Gesteine sicher zum Banatit und Monzonit gerechnet werden müssen. Pyroxen habe ich bis jetzt weder in Banatiten noch Monzoniten der Berninadecke gefunden. An Gängen ist diese Gesteinsgruppe fast so reich wie die Diorite. Dioritporphyrite und Banatitporphyrite sind am Munt Pers, besonders am Nord- und Ostgrat recht verbreitet. Am Nordgrat desselben Berges durchsetzen richtige Diabase den Banatit und dessen granitische Facies, und diabasartige Spessartite finden sich sowohl im Morteratschtal wie am Munt Pers und an der Isla Persa in grosser Zahl. Alsbachite und Plagiaplite durch- setzen die Banatite und Monzonite ob Boval, und im ÖOstgrat des Munt Pers finden sich am Rand der Banatite hochinteressante Gänge von sehr saurem Banatitporphyr, der den später zu besprechenden „Quarzporphyren“ der Diavolezza stark ähnelt und vielleicht eine Gangfacies jener Ergüsse darstellt. In diesem hochinteressanten Gestein finden sich grosse Einsprenglinge von Quarz, Orthoklas, Albit, Mikroperthit, Biotit und alkalischer Hornblende in einer mikro- granitischen bis mikrofelsitischen Grundmasse derselben Komponenten —- Titanit, Zirkon und Orthit. Die Textur ist vollkommen massig. Dieses Gestein ist unbedingt stark alkalischer Natur. Auch am Süd- grat des Munt Pers finden sich ähnliche Gesteine zwischen den Bana- titen des Gipfels und den Ergussgesteinen der Diavolezza.... End- lich sind noch Vogesite zu erwähnen, die in der Gegend von Chamin die dortigen Monzonite und Banatite durchsetzen. In dieser grossen Masse monzonitischer Gesteine finden sich alle erdenklichen Zwischenstufen zwischen Banatiten und Mon- zoniten und alle möglichen Übergänge in Granite einerseits, Diorite oder Essexite andererseits. Übergänge in Granite sind in ausgezeichneter Weise am Munt Pers, nördlich Boval, und bei 364 Rudolf Staub. Morteratsch zu sehen, solche in Diorite am Sass del Pos und Piz Bernina und höchst wahrscheinlich auch am Piz Zupö. Auf die näheren Beziehungen dieser Gesteine zueinander werden wir später eingehen und nun noch die dritte grosse Gruppe der Berninaerstarrungs- gesteine, die Granite, kurz ins Auge zu fassen. Auch die Granite nehmen in der Berninadecke ein enormes Areal ein, und wenn man die Juliergranite westlich des Engadins als gleichfalls in die Berninadecke gehörend noch dazurechnet, so dürfte der Granit und seine Übergänge zu den andern Gesteinsgruppen weitaus die grösste geologische Bedeutung in dieser Decke erlangen. Petrographisch scheiden sich die Granite scharf in zwei grosse Klassen: Kalkalkaligranite und Alkaligranite (vergl. 9, p. 11). Beide Typen sind in der ganzen Decke, Julier inklusive, sehr ver- breitet, im eigentlichen Berninagebirge aber nimmt unbedingt der Alkaligranit den Hauptplatz unter den Graniten ein. Die Kalkalkaligranite sind meist vermittelnde Übergangs- stufen von Dioriten und Essexiten oder Monzoniten und Banatiten zu den typischen Alkaligraniten. Dieser Fall ist am ganzen Munt Pers, im Morteratschtal, am Piz Boval und Misaun, und endlich im Nordgrat des Chalchagn in unzweifelhafter Weise verwirklicht. Die Kalkalkaligranite des Sasso Rosso und der Crasta Spinas am Piz Palü liegen deutlich zwischen den Dioriten des Piz Zupd, des Piz Argient und der Bellavista und den Alkaligraniten des Piz Palü und Pizzo di Verona. Andererseits bilden Kalkalkalı- granite selbständige Schlieren und Stöcke innerhalb der Essexite und Diorite, so am Piz Roseg, die sogenannten Julier- granite am Munt Arlas und Piz Rosatsch, und endlich die grünen Granite am Ausläufer des Chalchagn, dem Hügel Muottas da Pontresina. Diese Mittelstellung zwischen dioritischessexitischen und bana- titischen Gesteinen einerseits, Alkaligraniten andererseits, die sich jedem Beobachter auf seinen Wanderungen schon durch die Vertei- lung der Massen ausgezeichnet kundgibt, zeigt sich auch petrographisch. Besonders von Banatiten finden sich alle möglichen Übergänge in Biotit- und Hornblendegranite, indem die Plagioklase immer saurer werden. Ähnliche Hornblendegranite lassen sich am Piz Bernina ob dem Sass del Pos zwischen Dioriten und Banatiten beobachten. Makroskopisch zeigen diese Gesteine stets neben vorherrschenden, wohl ausgeprägten Alkalifeldspäten noch viele grüne saussuritisierte Plagioklase, sodass sie sich durch erstere von den Banatiten, durch letztere von den Alkaligraniten immer gut unterscheiden und danach bequem kartieren lassen. Sowohl Biotit wie Hornblende sind die- Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 365 selben wie in den Banatiten. Braune Hornblenden wurden nirgends gefunden. Die Farbe dieser Kalkalkaligranite ist teils grün, hie ‘und da auch rötlich, teils bunt, indem die Plagioklase als grüne Flecken aus den grauen Quarzen und bräunlich angewitterten oder wenn frisch weissen Alkalifeldspäten hervorstechen. Die Gesteine des Munt Arlas und Piz Rosatsch, besonders letzteres, zeigen die typischen roten ÖOrthoklase des Juliergranits innerhalb der grünen Plagioklase. Ganz anders der Alkaligranit. Hier treten die grünen Farben völlig zurück gegenüber reinem Weiss einerseits, leuchtendem Rot andererseits. Es gibt also weisse und rote Alkaligranite, und da- zwischen finden sich über grau und violett alle möglichen Zwischen- typen. Weiss und rot sind die charakteristischen Haupttypen. Der Mineralbestand ist bei beiden Arten ganz der gleiche. Plagio- klase fehlen völlig. Mikroperthite, hie und da auch Albit, sind in der Regel die einzigen Feldspäte. Orthoklas tritt öfters dazu, ist aber meistens sericitisiert. Als femischer Gemengteil erscheint grüner und brauner Biotit; Hornblende fehlt. Die dunklen Gemengteile treten gegenüber Quarz und Feldspat sehr zurück; häufig fehlen sie ganz. Chloritisierung und Ausbleichung sowie Baueritisierung der Biotite ist häufig zu beobachten. Herrlich sind die eutektischen Strukturen entwickelt, und wir finden in allen diesen Gesteinen die wundervollsten Myrmekite, die man sich denken kann. Besonders grossartig fand sich diese Erscheinung an Gesteinen vom Südgrat des Piz Chalchagn, und an solchen des Piz d’Arlas und Piz Trovat. Kataklase ist mehr oder weniger stark ausgebildet, meist nur schwach. Damit harmoniert die im grossen und ganzen massige Textur dieser Alkaligranite. Nur in den obersten Partien des Piz Chalchagn, an dessen Gipfelkopf und an einigen Stellen am Piz d’Arlas und Munt Pers beobachtet man eine bedeutende Mylonitisierung der- selben. Die Glimmer und serieitisierten Orthoklase werden dabei zu langen grünen Strängen ausgewalzt, sodass oft überaus schöne rot- grün-graugebänderte Mylonite entstehen. Die roten und weissen Granite sind zwar durch unmerkliche Übergänge miteinander eng verknüpft, doch lassen sich immerhin Gebiete mit hauptsächlich roten und solche mit vorwiegend weissen Graniten unterscheiden. So bestehen die Berge rings um das Berninatal bei Morteratsch aus wundervoll leuchtenden Felsen von rotem Granit, der Chalchagn, der Ausläufer des Pers und der mächtige Albris, während die massigen, hochragenden Wände des Piz Palü, des Piz Cambrena und des Pizzo di Verona zum grossen Teil aus weissen, meist bräunlich angewitterten Alkaligraniten gebildet werden. Der 366 Rudolf Staub. Piz d’Arlas liegt sowohl topographisch wie petrographisch in der Mitte dieser Extreme. Neben diesen granitischen Gesteinen treten noch an zahlreichen Stellen des Gebietes, aber meist in untergeordneter Verbreitung Syenite auf. Zum grössten Teil sind es Alkalisyenite, wie sie von U. @rubenmann beschrieben worden sind (s. 9, p. 11). Sie treten weniger und selten als eigene, selbständige Stöcke auf als vielmehr in ausgeprägter Gangform, so hinter Boval in den Bana- titen des Morteratschostfusses oder am Piz Bernina Ostgrat, am Piz Tschierva und am Piz Rosatsch in den Dioriten. Alkalisyenite treten hie und da infolge Zurücktretens des Quarzes häufig als ganz lokale Bildungen innerhalb der grossen Alkaligranitmassen des Munt Pers, des Piz Palü, des Piz Chalchagn auf. Nur am Piz Rosatsch scheinen Syenite eine grössere Bedeutung zu erlangen; sie bilden dort die Terrassen der Muottas da Schlarigna zum weitaus grössten Teil. Auch am Westfuss des Piz Tsehierva ob der Alp Misaun nehmen Syenite einen stärkeren Anteil am Aufbau der Berge als anderswo. Besonders auffallend sind dort wundervolle Pyroxen- Mikroperthitgesteine. Dieselben zeigen durch eben diese merk- würdige Mineralkombination eine ausgesprochene Mittelstellung zwi- schen Alkali- und Kalkalkaligesteinen und dürften wohl ein bis jetzt wenig bekanntes Glied der Monzonitreihe darstellen. An der Überschiebung der Berninadecke auf die Errdecke sind diese Pyroxen- Syenite enorm mylonitisiert. owohl am Piz d’Arlas wie am Piz Trovat entwickeln sich im Alkaligranit teils schwach porphyrartige teils wirklich porphyrische Formen, und gegen den Rand des Massivs nehmen dieselben geradezu den Charakter von Quarzporphyren an. Tatsächlich stehen auch die roten, weissen und violetten „Quarzporphyre* des Piz d’Arlas, des Piz Trovat, der Diavolezza, und jene des Piz Chalchagn in engster Beziehung zu den Alkaligraniten. Nördlich und südlich der Dia- volezza, am Munt Pers, am Piz Trovat, am Piz d’Arlas lassen sich vom Alkaligranit bis zum „Quarzporphyr“ alle Übergänge schrittweise verfolgen. Auch das Mikroskop enthüllt eine ganze Reihe von Übergängen zwischen diesen beiden ERESLUNET BON; und es ist daher unzweideutig erwiesen, dass der „Quarzporphyr“ der Dia- . volezza, des Piz Trovat, des Piz d’Arlas usw. ein Erguss- gestein der Alkalireihe ist, d.h. ein typischer Quarzkeratophyr.- Damit muss der Name Quarzporphyr für diese Gesteine ohne weiteres fallen gelassen werden. Einzelne Varietäten innerhalb des Keratophyr- komplexes mögen noch quarzporphyrischen Habitus haben, aber die Hauptsache ist ein effusiver Abkömmling eines Alkalimagmas. Alkali- Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 367 aplite und gewöhnliche quarzfreie Keratophyre wechseln rasch mit den Quarzkeratophyren. Dieselben Gesteine treten als Gänge im roten Granit auf, so am Piz d’Arlas. Auf die näheren petrographischen Eigenschaften und die enorme Mannigfaltigkeit dieser Quarzkeratophyre möchte ich nicht näher eintreten. Nur eine Tatsache sei noch zur petrographischen Bekräf- tigung der Umtaufung der Diavolezzaquarzporphyre hervorgehoben. Dieselben führen alle beträchtliche Mengen von Albit als Einspreng- linge neben Quarz, Mikroperthit und Orthoklas in meist mikro- felsitischer er Grundmasse. Nach Rosenbusch sollen nun gerade die Albit prenglinge das allgemeine Kriterium zur ae der Quarzkeratophyre von den Quarzpor- phyren sein. — Durch Mylonitsierung werden alle diese Gesteine längs einzelnen Quetschzonen stark geschiefert. Die Einsprenglinge von Quarz und Feldspat erscheinen dann als deutliche Knötchen in einem grünlichweissen wachsartigen Schiefer (Umgebung der Dia- volezza). Neben diesen sauren Ergüssen treten aber auch die entspre- chenden basischen in Form von stark alkalischen Diabasen auf. Solche sind ebenfalls in der Umgebung der Diavolezza und im Val d’Arlas verbreitet, treten aber an Menge hinter den sauren Ergüssen erheblich zurück. Von Bedeutung ist auch hier, dass dieselben Ge- steine gangförmig im roten Granit vorkommen, und zwar sowohl am Piz d’Arlas wie auch am Munt Pers. Dort finden sich ja auch diabasähnliche Spessartite häufig im Alkaligranit. Äusserst ähnliche Gesteime durchsetzen als diabasische Gänge den Banatit des Munt Pers oder als Diabasporphyrite den Diorit des Piz Bernina, und es werden sich sicher bei genauerem Vergleich interessante Beziehungen zwischen diesen Erguss- und jenen Tiefengesteinen entdecken lassen. Schon heute ist mit Sicherheit anzunehmen, dass diese diabasischen Ergüsse die effusive Facies der basischeren Berninatiefengesteine ‘darstellen. Diabasische Gänge sind auch in den Üasannaschiefern südöstlich des Diavolezzasees ziemlich verbreitet. Diabastuffe habe ich sowohl an der Diavolezza wie im Val d’Arlas in Wechsellagerung mit den Diabasen gefunden. Damit sind die wichtigsten Gesteinsformen des magmatischen Kernes der Berninadecke in grossen Zügen skizziert. Es bleibt nur noch übrig, rasch auf die gegenseitigen Verbands- und Alters- verhältnisse dieser Massengesteine hinzuweisen. Am Ostgrat des Piz Bernina finden ich Gänge von typischem Banatit in der Gabbro-Diorit-E des Gipfels; im untern Teil des Grates sind diese letzteren geradezu durchadert von 368 Rudolf Staub. hellen Gesteinen, die sich auch unter d. M. von den Banatiten des E Munt Pers nicht unterscheiden lassen. In diesen Banatiten finden sich dioritische Gesteine, zum Teil als grössere Einschlüsse, zum Teil als unscharfe eingeschmolzene Schlieren. Endlich entstehen Mischgesteine aus Diorit und Banatit, die die völlige Ein- schmelzung der Diorite in die Banatite in grossartiger Weise zeigen. Ähnliche eingeschmolzene Diorite finden sich im Banatit am Ostgrat des Munt Pers in grosser Zahl. Die Banatite sind also jüngeralsderbasische Kernder Gabbro,Diorite und Essexite. Dasselbe Verhältnis lässt sich für die Syenite des Piz Rosatsch, des Piz Tschierva, oder für die Granite des Sass del Pos, des Piz Bernina und vor allem schön des Piz Roseg verfolgen. Die Syenite des P. Aguagliouis P. Morteratsch P. Roseg (3942 m) ww. = —— — 4 .- > — -——— ——_.—_——o it N N I} 77 \r » I NE ER IV, 117-'7, +} u £ Um Drorif ect } : Granit I Fig. 2. Ansicht des Piz Roseg von Westen, Piz Rosatsch strotzen von eingeschmolzenen Dioritschmitzen und Schlieren; die Syenite des Piz Tschierva durchbrechen in grossen Massen gangförmig den Diorit. In der Westwand des Piz Roseg durchziehen gewaltige Granit-Adern den basischen Diorit und Gabbro, und mitten in diesen granitischen Partien schwimmen mächtige dioritische Fetzen, die durch ihre dunkle Farbe schon von weitem aus den weissen Adern herausleuchten (vergl. Fig. 2). So trifft man in den Moränen am Fusse des Piz Roseg ganz ähnliche Mischgesteine wie an den Muottas Pontresina, bei Sanssouci etc., wo das Mikroskop alle typischen Merkmale der Einschmelzung von basischen Gesteinen in Graniten enthüllt. Ähnliche Verhältnisse lassen sich auch am Nordgrat des Munt Arlas schön studieren. Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 369 Auch die Granite und Syenite sind also jünger als die Gabbro-Diorit-Essexitmasse. Das Verhältnis zwischen Banatiten und Graniten oder Syeniten ist ebenfalls durch eine Reihe von Beobachtungen sicher- gestellt. Gänge von Syenit durchsetzen Monzonite und Banatite des Piz Morteratsch; der Syenit ist also zum Teil wohl etwas jünger als der Banatit. Am Munt Pers ist in ausgezeichneter Weise zu beobachten, dass der Banatit nach dem Rande des Massivs zu deutlich in Hornblendegranite der Kalkalkalireihe, Biotit- granite derselben Reihe und endlich zu äusserst in typischen, zum Teil roten, zum Teil weissen Alkaligranit übergeht (vergl. Prof. 3). Dieser kontinuierliche Übergang lässt sich am bequemsten westlich der Diavolezza in der Gegend von Trovat und am Südgrat des Pers, oder schwieriger an dessen felsigem Nordgrat studieren. Am Pers- Ostgrat scheinen zwischen Banatit und den umgebenden kristallinen Schiefern nur Hornblende- und Biotitgranite der Kalkalkalireihe sowie Syenite derselben entwickelt zu sein und Alkaligranite zu fehlen. Am Piz Bernina entwickelt sich zwischen den Banatiten des Sass del Pos und den basischen Dioriten der Gipfelfelsen eine Zone von Hornblendegraniten, die als schmale Grenzzone zwischen den mäch- tigen Banatit- und Dioritmassen später die Anlage einer enormen Quetschzone begünstigt hat. Dieselbe ist am Sass del Pos deutlich entwickelt und scheint sich in die merkwürdige Linie fortzusetzen, die den Nordgrat des Pizzo Bianco und Bernina südlich der Fuorcla Prievlusa fast völlig umzieht. Aus diesen Tatsachen ergibt sich, dass im Allgemeinen wohl die basischen dioritisch-essexitischen Gesteine älter sind als die itisch-b titischen, und diese wiederum älter als die Granite; aber aus all den engen Zusammen- hängen undzahllosen Übergängen ergibt sich doch wiederum, dass alle diese Gesteine nur Spaltungsprodukte eines ein- heitlichen Magmenherdes sind und in ihrem Alter nur rela- tiv wenig differieren. Für eine einheitliche Herkunft aller dieser Gesteine aus einem grossen Magmenherd spricht auch die grosse Verwandtschaft vieler Gänge, welche alle drei grossen Gesteins- familien der Berninadecke durchsetzen, so Spessartite und Alkaliaplite. Alle diese verschiedenenGabbros,Diorite, Essexite,Mon- zonite, Banatite, Granite und Alkaligranite der Bernina- decke sind Spaltprodukte eines einheitlichen Stammagmas. Als solches konnte weder das basische gabbroide noch das saure - granitische in Frage kommen, sondern allein das monzonitisch- essexitische. 370 Rudolf Staub. Wir erblicken daher in den Essexiten, Monzoniten und Banatiten der Berninadecke Reste noch ungespaltenen Stammagmas, das sich durch Spaltung in einen sauren und einen basischen Zweig, in dioritisch-gabbroide Magmen einerseits, in granitische andererseits differenziert hat. Alle Gesteine sind, zum Teil vielleicht schon tiefmagma- tische, zum Teil laccolithische Differenziationsprodukte einesgewaltigen monzonitisch-essexitischen Magmenherdes. In den tieferen Teilen der Decke sollten wir, dieser Anschau- ung gemäss, nicht mehr die extremen Spaltungsprodukte wie Gabbros und Diorite oder Alkaligranite finden, sondern nur noch zum grössten Teil ungespaltenes Stammagma. Diese tieferen Teile aber hat uns der gewaltige alpine Deckenschub in den Bereich der Beobach- tung gebracht, und eine tiefgehende Erosion prächtig entblösst; und wir sehen tatsächlich in der tief erodierten Wurzelzone der Ber- ninadecke im Puschlav in den Intrusivmassen der Zone von Brusio fast ausschliesslich Monzonite und Banatite herrschen. Dort ist das monzonitische Stammagma nur schwach laccolithisch in Banatite, Monzonite und vielleicht Diorite gespalten, und extreme basische und saure Gesteine sind dort bis jetzt nicht gefunden worden (vergl. 5, p. 277 ££.). Durch die Zusammensetzung der Wurzelintrusiva der Berninadecke wird die Vermutung, alle Intrusiva derselben seien Spaltprodukte eines monzonitischen Herdes, in uner- warteter Weise bestätigt. In der Wurzel der Decke finden wir den Stamm des Magmas, in den schwimmenden Teilen ‚derselben dessen verschiedenen Zweige. Mit diesen Darlegungen ist nun auch sichergestellt, dass die Monzonite und Banatite des Munt Pers nicht etwa in die Selladecke gehören und am Munt Pers dieselbe in Form eines Fensters noch ‘einmal auftaucht, sondern dass die Monzonite auch innerhalb der Berninadecke eine enorme Bedeutung besitzen. Sie gehören zur Berninadecke so gut wie die Diorite und Granite (s. 15, p. 358) ....- Die drei Hauptgesteinsfamilien zeigen aber trotz aller Verwandt- ‚schaft doch deutlich verschiedene Hauptverbreitungsbezirke. So beschränkt sicht die Hauptmasse der Diorite auf den ‚südwestlichen Teil der heutigen Berninadecke, also die Berge der ‚zentralen Gruppe: Bellavista, Zupd, Argient, Crast’aggüzza, Bernina, Scerscen, Roseg, Morteratsch, Tschierva, Misaun, und jenseits Val Roseg Munt Arlas, Piz Surlej und Piz Rosatsch. Eine Ausnahme bildet der kleine Dioritstock der Muottas da Pontresina und Plaun da Statz. Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 371 Die Banatite haben ihre Hauptverbreitung im Tal des Mor- teratschgletschers. Sie bilden den Hauptgipfel des Munt Pers, die Isla Persa, den untern Teil des Sass del Pos, die Hänge in der Umgebung von Boval und hinaus bis gegen Morteratsch. Südöstlich vom Restaurant Morteratsch erscheint noch ein kleiner Banatitstock innerhalb des Alkaligranitgebietes, und ein ebensolcher bildet zum Teil die Felsen südlich des Berninafalles. Vom äussersten Nordrand der Decke sind die Banatite vom Bahnhof Pontresina zu erwähnen. Die Alkaligranite erlangen ihre Hauptverbreitung am Piz Chalchagn, dem Nordgrat des Pers und besonders in den ge- waltigen Wänden des Piz d’Arlas, Piz Cambrena, Piz Palü und Pizzo di Verona. Die Chalchagngranite scheinen mit denen des Palü nicht in direkter Verbindung zu sein, da sich die Banatite des Munt Pers und der Isla Persa dazwischenschieben. Damit sind Art und Verbreitung der Intrusivgesteine der Berninadecke kurz skizziert. Nur auf eine bestimmte Gesetzmässigkeit in der Verbreitung der Berninamassengesteine sei hier noch kurz hingewiesen. — Am ganzen, heute sichtbaren primären Rand des Intrusivkörpers fehlen die basischen Glieder: Gabbros und Diorite; Kalkalkali- und Alkali- granite sind die herrschenden Gesteine der Randregion. Erst weiter batholitheinwärts stellen sich die Banatite, die Essexite, Diorite und Gabbros ein. Am Munt Pers gehen die zentralen Banatite gegen den Rand zu über in Kalkalkali- und Alkaligranite, und in den Ketten vom Piz Zupö zum Pizzo die Verona oder vom Piz Bernina zum Piz Chalchagn gehen die basischen Gesteine des Dioritessexit- kernes gegen den Rand zu allmählich in Kalkalkali- und Alkali- granite über (vergl. p. 364). Auch bei St. Moritz gehen die Diorite des Piz Surlej und Rosatsch mit Annäherung an den primären Eruptiv- rand (Schiefer von Campfer, Alp Giop etc.) in die Juliergranite der Alpina etc. über. Es scheinen sich also bei der Differentiation des monzonitischen Stammagmas die leichteren saureren Magmen mehr in den randlichen Regionen der Intrusivmasse, die schwereren basischen mehr in dessen Kern angehäuft zu haben. Ausnahmen von dieser Regel vom basischen Zentrum und saureren Rand bilden scheinbar die Diorite und Banatite von Plaun da Statz und Pontresina am äussersten Nordrand der Decke; doch fällt derselbe ja nicht mit dem primären Eruptivrand zusammen. Auch die Diorite etc. des Piz Bernina, die wegen ihrer Einschüsse von kristallinen Schiefern doch wohl in die Nähe des Randes gehören, verstossen gegen diese Regel. Weitere Untersuchungen und vor allem die genaueste Kar- tierung der verschiedenen Burning werden wohl einmal 372 Rudolf Staub. -_ ein genaueres Bild über die hochinteressanten Differentiations-Vor- gänge im magmatischen Kern der Berninadecke ergeben. Betrachten wir nun die kristallinen Schiefer und das Meso- zoikum der Berninadecke. Östlich der Linie Berninahäuser-Piz Cambrena stösst die Bernina- intrusivmasse an ein weites Gebiet kristalliner Schiefer. Dieser Komplex zeigt eine ähnliche petrographische Zusammensetzung wie die Casanna- schiefer der Selladecke: Graphitphyllite, Sericit- und Chlorit- phyllite, Glimmerschiefer, Muskovitgneise und Augengneise, Quarzite und Gneisquarzite stehen in beständigem unruhigem Wechsel. Die ganze Serie stellt einen Komplex von metamorphen, vortriadischen und, wie wir gleich sehen werden, höchst wahr- scheinlich vorcarbonischen Sedimenten dar, welche wir nach Analogie mit den entsprechenden Paragesteinen der Err- und Sella- decke in seiner Gesamtheit als Casannaschiefer bezeichnen. Dazu treten noch, den Casannaschiefern der Selladecke fremd, völlig gneisi- fizierte grüne Granite, die an manchen Orten zu grösseren Linsen anschwellen, so am Pizzo Carale und Pizzo di Verona. Durch die angeführten Einlagerungen von völlig mylonisiertem Granit unterscheiden sich also diese Casannaschiefer der Berninadecke von denen der Selladecke. Casannaschiefer und Orthogesteine dieser Zone fassen wir vorderhand als eine Einheit, die Caraleserie, auf. Zu den Orthogesteinen gehören auch noch Lagen und Gänge von „Quarzporphyr“. In den-höheren Lagen der Caraleserie sind völlig undefinierbare schwarze Tonschiefer gar nicht selten, so ob der Forcola Carale und am Arlasgrat, und man darf sich mit Rothpletz mit gutem Grunde fragen, ob diese Schiefer nicht vielleicht in das Carbon zu stellen sind (vergl. 11, p. 122). Diese schwarzen Schiefer bilden wenig mächtige Einlagerungen innerhalb der gewöhnlichen Glimmer- schiefer und Phyllite. Mit ihnen eng verknüpft, und zwar in auffallender Weise fast immer in der Nähe der Trias, sind deutlich blastopsephitische Gesteine. An manchen Orten, so am Piz Diavolezza und nördlich es Piz Trovat nehmen dieselben einen grobbreceiösen bis kon- glomeratischen Charakter an. In einer undefinierbaren, schmutzig- braunen, grauen oder schwärzlichen phyllitartigen Masse ruhen bis Dezimeter grosse Bruchstücke von rostigem, streifigem Gneis, der sehr wahrscheinlich dem gneisifizierten Granit der Carale- serie gleichzusetzen ist und sehr häufig mandelartige, gut gerun- dete Gerölle von milchigem Quarz. Die oben beschriebenen Berninaintrusiva fehlen diesen Breecien und Konglomeraten völlig # Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 373 (s. auch Unterengadin! 14, p. 36). Das Ganze erinnert durchaus an jenen „Verrucano mit Streifeneinschlüssen“, den Spitz und Dyhren- furth aus dem Unterengadin beschreiben (1a, p. 36 ff... Es dürfte sich um schwach metamorphe Arkosen handeln. Die sichere Lage solcher Breccien oder wenigstens blastopsephitischer Glimmerschiefer und Phyllite am Grunde der Trias bei Alp da Bondo, ob dem Dia- volezzasee und im Val d’Arlas lässt es mir äusserst wahrscheinlich erscheinen, in diesen brecciös-konlgomeratischen kristallinen Schiefern Äquivalente des Verrucano zu erblicken. Quarzporphyre, Diabase und deren Tuffe sind mit diesen Breccien innig vergesellschaftet, sodass auch der ganze Gesteinsverband unwillkürlich stark an an- dere Verrucanovorkommnisse der Alpen erinnert. Roten Verrucano habe ich bis jetzt nicht gefunden. Nach oben entwickelt sich aus diesen Breccien und Schiefern ein bräunlicher oder roter sandiger Schiefer, der oft als brauner, ziemlich grober Quarzit oder roter Quarzitschiefer erscheint, und darüber folgt in normalen Profilen die kalkige Trias. Diese roten Schiefer, Quarzite und Sandsteine dürften dem Buntsandstein angehören, wofür auch ihre Lage am Grunde der kalkigen Trias spricht. Durch diese Vergesellschaftung erreicht auch die Deutung der brecciösen Schiefer als Verrucano noch mehr Wahrscheinlichkeit. Diesen Komplex aber nach unten gegen die Casannaschiefer abzu- grenzen, dürfte nur mühevollster mikroskopischer Untersuchung einigermassen gelingen. Die Stratigraphie des Mesozoikums dieses Gebietes, das ja eigentlich erst ausserhalb des Berpinagebirges, im Piz Alv, typisch entwickelt ist, wurde von Blösch, Trümpy, Diener, Spitz und Dyhrenfurth schon des mehreren beschrieben (1, 13, 21) und ich habe derselben vorderhand nichts Neues beizufügen. Im Val d’Arlas besteht das Mesozoikum zum grössten Teil aus Rauhwacken, Gips und Dolomiten der Trias und roten Liasbreccien. Von Bedeutung erscheint mir, dass die Facies zwar sicher ostalpin ist (Hauptdolomit des Piz Padella, Liasbreccien und rote Liaskalke, Rhät in Allgäufacies), aber daneben auch noch starke pr&alpine und penninische Anklänge zeigt (Unmöglichkeit einer genauen Triasgliederung). (Vergl. auch 13, p. 404 ff.). Ein neuer Hinweis darauf, dass in den untersten ostalpinen Decken die Stammorte für die wurzellosen Fetzen der Aufbruchszone, im Besonderen der Sulz- fluh, des Falknis und im Weiteren der Prealpes medianes gesucht werden müssen. Auf die Verbreitung des Mesozoikums werde ich später zurück- kommen. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 25 374 Rudolf Staub. ‚Die Verbreitung der Caraleserie ist im Vergleich zu der- jenigen der Intrusivmasse eine geringe (vergl. tekt. Karte!). Immerhin baut dieselbe ganze Bergmassive auf, so den Ostgipfel des Pizzo Cambrena, den ganzen Pizzo Carale und einen grossen Teil des Pizzo di Verona. Nördlich Val d’Arlas hingegen schwindet die orogra- phische Bedeutung der Caraleserie, sie bildet nur noch die niedrigen Vorhügel am Osthang des Munt Pers. Von hohem Interesse sind die Grenzverhältnisse dieser Caraleschiefer gegen die Intrusivmasse. Ist diese älter als die Caraleschiefer oder jünger’? Der Schlüssel zur Entscheidung dieser Frage liegt vor allem am Munt Pers. Doch trifft man bei genauerem Zusehen ganz die- selben Verhältnisse auch weiter südlich am Piz d’Arlas. Von den Berninahäusern bis zur Diavolezza und noch weit darüber hinaus ist die Grenzzone zwischen der Intrusivmasse und den umgebenden Schiefern ausgezeichnet aufgeschlossen. Diese ganze Grenzregion ist eine Zone intensivster Einschmelzung und zum Teil Injektion, wie am Ost- und Nordgrat des Munt Pers mit aller Deutlichkeit zu sehen ist. Die Banatite und Granite des Pers entwickeln gegen ihren Rand zu eine deutlich saurere porphyrische Randfacies, oder aber sie entsenden richtige durchgreifende Gänge in die umgebenden Schiefer, so in wundervoller Weise am Munt Pers Ostgrat. An andern Stellen strotzen die randlichen Partien der Banatite und Granite von Einschlüssen von Schiefern, die zum Teil riesige Dimensionen annehmen können, so am Nordgrat des Pers. Nicht nur Glimmerschiefer, Phyllite und Quarzite finden sich in diesen eingeschlossenen Schollen, sondern auch ältere mylonitisierte Granite und Augengneise. Zum Teil zeigen diese Einschlüsse eine bemerkenswerte Umar- beitung durch das Magma, sodass die randlichen Partien solcher Schollen bedeutend verändert sind. An manchen Stellen sind solche BROCHBIELHR an auf- und umgeschmolzen und liegen als hoch- tige Schlieren und Schollen im Granit. An anderen Stellen entwickelt sich längs der Kontaktzone der kristallinen Schiefer eine mit zunehmender Entfernung vom Granit oder Banatit ver- schwindende Zone höchst eigenartiger Bildungen, die wegen eben dieser Beschränkung auf die Nachbarschaft der Intrusivmasse als Produkte der Kontaktmetamorphose gedeutet werden müssen. Vor allem reichert sich in dieser Kontaktzone, wie auch in den eingeschlossenen Schollen, der Biotit an, der sonst den Carale- und Casannaschiefern zu fehlen scheint, sodass oft reine Biotitschiefer entstehen. Granat, Turmalin, Titanit, Strahlstein und Hornblende Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 375 treten oft dazu, sodass z. B. Granatbiotitschiefer und -Gneise weit verbreitet sind. Solche sind dann den Kinzigiten der Zone von Ivrea etwas ähnlich, nur scheint ihnen bis jetzt Sillimanit als ein Haupt- bestandteil zu fehlen. Einschlüsse, Einschmelzungen, Gänge und Kontaktzone beweisen, dass die Intrusivmasse der Berninadecke in die Caraleschiefer eingedrungen ist, d. h. jünger ist als diese. Zugleich erlauben uns alle diese Tatsachen den sichern Schluss, dass die Caraleserie mit den Intrusiv- und Effusivgesteinen der Berninadecke eng primär verknüpft ist und daher mit voller Sicherheit zum normalen Bestand dieser Decke, und nicht etwa zur Languard- oder Selladecke zu rechnen ist. Für die ganze Deutung der südlichen Zonen im Puschlav ist diese Tatsache von grösster Bedeutung. Typische Einschmelzzonen treffen wir aber nicht nur am Rand der Intrusivmasse, sondern auch an mehreren Stellen in deren Innern; so an der Westseite des Munt Pers, ganz ausgezeichnet bei Morteratsch, bei Punt Rantumas, auf Muottas da Pontresina und endlich, ganz im Zentrum der Masse, am Südgrat des Piz Chalchagn und am Ostgrat des Piz Bernina. Besonders interes- sant sind die eingeschmolzenen Hornblende-Biotitschiefer der letzteren Lokalität. Sie zeigen eine wundervolle Siebstruktur und führen ausserordentlich viel Myrmekit. Diese schmalen Zonen eingeschmolzener kristalliner Schiefer der Hülle im Innern der Intrusivmasse deuten vielleicht auf eine Teilung derselben in mehrere ursprünglich geteilte Stöcke (s. Karte und Profil 3). Die eingeschmolzenen Schiefer des Piz Bernina hin- gegen weisen wohl auf die Nähe des Daches des Intrusivkörpers hin. Eine dieser Einschmelzzonen, diejenige Munt Pers Nordgrat- Morteratsch-Muottas Pontresina hat wohl ursprünglich die Richtung des heutigen Berninatales mitbestimmt. Auf dem Piz d’Arlas erscheinen über den Alkaligraniten grosse Lappen von kristallinen Schiefern der Caraleserie, die wohl ebenfalls in das Dach des Intrusivkörpers zu stellen sind. Wie verhält es sich nun mit dem genaueren Alter dieser mäch- tigen Intrusivmassen? Dasselbe lässt sich anhand von Verrucanobreccien, die als Einschlüsse im Quarzkeratophyr von P. 3060 nördlich des Piz Trovat schwimmen, einigermassen bestimmen. Die Keratophyre sind jünger als dieser Verrucano. Den engen Zusammenhang derselben mit den Alkaligraniten habe ich aber schon früher erwähnt: Die Alkaligranite sind die Tiefenfacies der Quarzkeratophyre. Der 376 Rudolf Staub. Übergang vom Effusiv- zum Intrusivgestein lässt sich am Piz Trovat schrittweise verfolgen. An den Wänden des Piz d’Arlas und Pizzo Carale sehen wir die Quarzkeratophyrgänge alle vom Granit aus- gehen und gangförmig weit die kristallinen Schiefer injicieren. Am östlichen Absturz des Südgrates des Munt Pers lässt sich der Quarz- keratophyr der Diavolezza, des P. 3060 und des Piz Diavolezza ohne Unterbruch unter und zwischen den Casannaschiefern des Grates bis in die quarzporphyrische Randfacies des roten Granites verfolgen, und diese steht in kontinuierlichem Übergang zu den Alkaligraniten und endlich den Banatiten des Gipfels (s. Fig. 3). — > Munt Pers Diavolezza £— Casannaschiefer | Quarzkeratophyr RENTE % " IDEE Granit und Banatit \Z we") Fig. 3. Schematische Ansicht des Munt Pers Südgrates von Osten. Die Quarzkeratophyre sind also sicher die effusive Facies der Berninaintrusiva. Als gangförmige Zufuhrschlote dieser Effusivmassen können die Quarzkeratophyrgänge im Südgrat des Munt Pers, des Piz d’Arlas und endlich des Piz Trovat selbst betrachtet werden. Durch Banatite und Diorite setzen die Quarzkeratophyre nicht oder äusserst selten, sie sind wohl als fast gleichzeitig mit der Intrusion der Tiefengesteine, in Besonderem als äusserste saure Spalt- produkte der Granite zu betrachten. Die Ergussgesteine der Diavolezzagegend sind jünger als der dortige Verrucano. Die Intrusivgesteine der Berninadecke sind wohl etwas älter, aber auf jeden Fall nicht viel. Weiter im Osten führt der typische Bündnerverrucano aber auch Gerölle von Quarzporphyr (14, p. 36). Es müssen also die „Quarz- porphyre“ doch älter sein als jener Verrucano. Vielleicht dürfen wir diesen quarzporphyrführenden Verrucano als obern Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 377 unsern bloss Quarz- und Gneisstücke führenden als untern Verrucano betrachten (vergl. auch 14, p. 38) und die Haupt- eruption der Ergussgesteine damit in den mittleren Verru- cano verlegen, die Hauptintrusion der Tiefengesteine vielleicht schon in den untern. Das Alter der Berninaintrusiva ist dadurch als an- nähernd permisch, vielleicht auch schon obercarbonisch fixiert. Auf jeden Fall fällt die Intrusion der Bernina- tiefengesteine ins späte Paläozoikum. * * * Damit wären die geologischen Grundlagen geschaffen, auf welchen wir die Ausbreitung der Berninadecke studieren und deren Ab- grenzung von andern tektonischen Elementen durchführen können. Nur eine Frage bedarf noch erneuter Prüfung. Dürfen wir aus der räumlichen Anordnung und Stellung der kristallinen Schiefer der Berninadecke, d. h. aus deren Fallen und Streichen, ohne weiteres auf einen denselben parallel gehenden Ver- lauf der mesozoischen Sedimente schliessen und danach die tertiären Falten der Decke, deren Kleintektonik, konstruieren? Sind diese Casannaschiefer nur durch eine tertiäre Alpenfaltung in ihre jetzige Lage gebracht worden oder haben sie vielleicht schon frühere Faltungen miterlebt? Hat die alpine Faltung vielleicht ein Stück alten, hereynisch gefalteten Untergrundes wieder ergriffen und in den alpinen Deckenbau eingefügt, und sehen wir heute in den enormen Komplikationen der kristallinen Schiefer eine Summierung von her- eynischer und alpiner Tektonik? Ist vielleicht die Intrusion der Berninamassengesteine, die ja doch ins obere Carbon oder unterste Perm fällt, eine Folgeerscheinung einer carbonischen Faltungsperiode? Sind die Intrusiva in gefaltetes oder ungefaltetes Grundgebirge ein- gedrungen? Mit einem Wort, gibt es im Berninagebirge auch vortriadische Faltungen? Eine Fülle von Fragen, die für das Verständnis der Tektonik und Stratigraphie der Rhätischen Alpen von höchster Bedeutung sind, und die mich schon seit meinen ersten Studien im Berninagebirge stark beschäftigten. Aber bis in die jüngste Zeit hinein fand ich keine sichern Beweise für eine frühere Faltung, trotzdem mir eine solche schon wegen der geologischen Verhältnisse in der Sella- und Corvatschgruppe fast notwendig erschien. Ein prätriadischer Abtrag schien mir unumgänglich zur Erklärung der Metamor- phose jener Massengesteine und deren Lage gegenüber der Trias, und dieser prätriadische Abtrag machte auch eine diesem 378 Rudolf Staub. vorausgehende hercynische Gebirgsbildung sehr wahrscheinlich (vergl. 16, p. 63, 64, 79 und 80; 158 ff.). Heute steht eine vortriadische Faltung im Berninagebirge sicher. Vom Gipfel des Pizzo di Verona aus überblickt man mit einem Schlage die südlichen Abstürze des Piz Palü, Cambrena und Carale. Die beiden ersten bestehen aus Alkaligranit, die Fuorela di Verona ebenfalls. Am Piz Cambrena erreicht die Intrusivmasse ihr östliches Ende. Steil, fast senkrecht,steigt die Grenze gegen die Schiefer der Carale- serie vom Westgipfel des Berges zum Firnbecken des Palügletschers hinunter, zieht über die oberste Felsinsel im Palügletscher bei der P, Palü P. Cambrena P. Carale Alkaligranit Caraleserie u i Fig. 4. - arzpor; - . 5 N ei se Blick vom Pizzo di Verona auf Piz Palü, Cambrena und Carale. : Kurve 3120 vorbei und erreicht zwischen Fuorcla und Pizzo di Verona den Westgrat des letzteren. Auch hier verläuft die Grenze sehr steil. Die Schiefer des Carale hingegen und des Ostgipfels des Cambrena sind flach gegen Westen und Norden geneig tund wenig verbogen. Am Gipfel des Pizzo Carale fallen sie flach gegen Westen, ebenso auf der ganzen Strecke gegen die Forcola di Carale hinunter. „Quarzporphyre* wechseln mit © hiefern und älteren, stark mylonitischenGraniten In den Felsen aber, bei denen die Kurve 3120 auf den Gletscher übertritt, und darunter sehen wir den ganzen Komplex der Carale- serie mit Ausnahme der „Quarzporphyre“ in prachtvollem, scharfem Bogen sich neigen, steil in die Tiefe schiessen und ganz unten wieder ziemlich flach nach Osten ziehen (vergl. Fig. 4). Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 379 Die Caraleserie beschreibt am Pizzo Carale eine deut- liche fast N-S streichende Falte. Quer durch diese, vom Pizzo di Verona aus mit aller Deutlichkeit wahrnehmbare Falte ziehen die Quarzporphyr- und Aplitgänge, ohne im ge- ringsten jene Faltung mitzumachen. Wohl sind sie im Einzelnen ge- brochen und gefältet, aber die grosse Caralefalte machen sie nicht mit. Sie durchbrechen sie quer. Alle diese Gänge kommen aus der Richtung der Intrusivmasse und sind, wie weiter im Norden am Piz d’Arlas deutlich zu sehen ist, direkte Ausläufer derselben. Die Caralefalte ist also älter als die sie quer durch- brechenden „Quarzporphyre“* und wohl auch älter als die Intrusion der Granite, denn auch diese scheinen die Falte quer ab- zuschneiden, wenigstens machen sie dieselbe nicht mit. Halten wir uns aber an die „Quarzporphyre“. Diese sind aufjeden Fall nicht jünger alsoberer Verrucano, also permisch. Die Falte am Carale muss daher älter als die Bildung des Verrucano sein, d.h. sie ist vorpermisch oder höchstens frühpermisch, womit der Nachweis einer vortriadischen Faltungsperiode in der Bernina- decke erbracht sein dürfte. Ein Teil der gefalteten Caraleserie gehört aber mit grösster Wahrscheimlichkeit dem Carbon an (verg.p.. .), und deshalb kann hier als vortriadische Faltungsperiode nur die hercynische Faltung in Betracht kommen. Dasselbe ergibt sich aus Analogien mit andern Zentralmassiven der Alpen. In diesem Zusammenhang gewinnen noch andere Tatsachen er- höhte Bedeutung, die bis jetzt zu wenig oder gar nicht beachtet wurden. 1. Schon lange sind die Diskordanzen im Heutal und ob Celerina bekannt, wo das flach liegende Mesozoikum des Alv- Padellazuges diskordant auf steilgestellten kristallinen Schiefern liegt. Sowohl Cornelius wie auch Spitz und Dyhrenfurth führen diese ausgezeichnete Diskordanz: auf tektonische Vorgänge zur Zeit der tertiären Alpenfaltung zurück (4, p. 33 ff.; 13, p. 406). Nach meinen Feststellungen am Pizzo Carale dürfte die Hauptsache dieser Dis- kordanz nicht nur auf Gleitflächen, Abscheerungen, diskordante Faltung ete. zurückzuführen sein, sondern zum grössten Teil auf die prätriadische Faltung dieser Region. Besonders klar scheint mir dies im Val del Fain, wo auf den fast senkrecht gestellten Schichten der Casannaschiefer des Piz Albris die ganze Alvtrias völlig flach ruht und nirgends sich auch nur eine Spur von Einfaltung in das steilgestellte Kristallin zeigt. Und dieses ist nicht nur so ein bischen längs der Oberfläche der Decke aufgerichtet, wie dies von Ab- scheerungen, Gleitungen und diskordanter Faltung ete. zu erwarten wäre, sondern die Aufrichtung ist am ganzen Piz Albris eine durchaus ER & Ä eu ; 8 380 Rudolf Staub. allgemeine. Vom Tal bis zum obersten Albrissüdgrat lässt sich diese Steilstellung der kristallinen Schiefer in einer Wand von gegen 1000 m Höhe ausgezeichnet feststellen, und die Trias lagert im hintern Val del Fain direkt diskordant auf den Schichtköpfen der kristallinen Schiefer. Am Piz Alv hingegen scheint wieder Konkordanz mit der Trias zu herrschen. Hält man diese Verhältnisse im Heutal neben diejenigen am Pizzo Carale, so ergibt sich daraus ein zweiter Hinweis auf eine vormesozoische, hereynische Faltung dieser Region. Die Verhältnisse bei Celerina sind etwas weniger deutlich. Doch geben die hier gewonnenen Anschauungen über eine herceynische Faltung der kristallinen Schiefer eine ganz zwanglose primäre Er- klärung der scharfen Diskordanzen, die sich z. B. nach Cornelius unter der Alp Laret und ob St. Moritz finden (s. 4, Taf. 1). Nach- träglich mag es. gewiss längs diesen Diskordanzflächen zu grösseren Abscheerungen und Gleitungen gekommen sein, aber deren Anlage scheint mir bedingt durch die hercynische Diskordanz. . Die Intrusivgesteine der Berninadecke sind nur an einzelnen Quetschzonen und längs der Überschiebungsflächen mylo- nitisiert, in der Hauptsache aber massig. Nicht so die grani- tischen Gesteine der Caraleserie. Dieselben sind intensiv, durch und durch'mylonitisiert, und dieselbe Mylonitisierung zeigen auch die Einschlüsse, welche diese Gesteine in den massigen Graniten des Munt Pers bilden. Die Mylonitisierung dieser Caraleseriegranite ist also älter als die Intrusion der Ber- ninaintrusiva und wir gelangen auf diesem Wege gleichfalls zu dem Postulat einer Gebirgsbildung, dieder spätpaläozoischen Intrusion der Berninamasse voranging, Diese ältere Myloni- tisierung lässt sich ohne weiteres mit der am Pizzo Carale nachge- wiesenen hercynischen Faltung in Zusammenhang bringen. 3. Die Berninadecke ist, wie ich kürzlich anhand der treff- lichen Corneliusschen Veltlinerarbeit und eigener Untersuchungen im südlichen Tessin nachweisen konnte, nichts anderes als ein Teil der über das Penninikum überschobenen Zone von Ivrea (17, p. 40). In der Zone von Ivrea des Tessins aber sind hereynische Faltungen sicher vorhanden (stellenweise starke Discordanzen gegen die steilstehenden Wurzelsynclinalen; Val d’Arbedo etc.) und unter diesen Umständen ist es nur natürlich, dass sich solche auch in der Fortsetzung der Ivreazone im Osten und im Norden, eben in der Berninadecke (und ihren Teildecken) finden lassen. 4. Endlich setzt die ganze Beschaffenheit des Verrucano der unterostalpinen Decken, besonders der Languard- und der Campodecke, ein älteres, etwa carbonisches Gebirge voraus, aus en en ee N ee. Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 381 dem alle jene Gerölle von Quarzporphyr, Granitgneis etc. durch Fluss- S transport und Wildbäche hergeführt worden sind. Dasselbe Postulat ergibt sich aus jenen schon vorpermisch mylonitisierten Gra- % niten, die als Gerölle im Verrucano der Languarddecke sich ‚ finden (Sassalbo, Alp Vaüglia; 13, p. 411). Der Bündnerverrucano ist ähnlich wie der Glarner der Schuttwall eines alten vorpermischen Gebirges. Wo ein solches nicht vorhanden war, fehlt auch der sichere Verrucano. So erscheint Verrucano wohl in der Umgebung des hereynisch gefalteten Aar- und Gotthardmassivs, und im Süden im Anschluss an die hereynisch | gefaltete Region der unterostalpinen Decken und des Seegebirges, | aber überall in der zwischen diesen beiden hercynischen Gebirgs- zügen gelegenen, damals nur schwach, vielleicht gar nicht gefalteten | penninischen Region suchen wir den typischen Verrucano vergebens, % vom Sımplon und der Aduladecke bis hinauf zur rhätischen. \ Daraus ergibt sich ein Parallelismus zwischen Verrucano- | r bildung und herceynischer Faltung. Der Verrucano ist an ns hereynische Gebirgszüge gebunden. Er ist der Detritus der N paläozoischen Gebirge. rs Alle diese Zusammenhänge sind geeignet, die Existenz einer Ei herceynischen Faltung im Berninagebirge völlig sicherzustellen, und wir dürfen daher mit aller Bestimmtheit den wichtigen definitiven Satz aufstellen: Die kristallinen Schiefer der Berninadecke sind her- tynisch gefaltet. Dasselbe Postulat einer hereynischen Faltung hat sich uns aber auch schon früher für die Gebiete der Err- und Selladecke als un- umgängliche Notwendigkeit aufgedrängt, und bei all den engen petrographischen wie geologischen Analogien, welche diese beiden tiefern Decken mit der Berninadecke verknüpfen (z. B. Zusammen- hang in den Wurzeln!), dürfen wir jetzt wohl mit ebensolcher Be- stimmtheit auch für die kristallinen Schiefer von Err- und Selladecke eine hercynische Faltung annehmen. Es ergibt sich daraus die Existenz eines gewaltigen en palaeozoischen Berninagebirges, das sich mindestens über die ganze e Region der heutigen unterostalpinen Decken erstreckte. Die Intrusion der Berninamassengesteine ist jünger als die hereynische Faltung, sie ergibt sich als deren natürliche Folgeerscheinung. Dasselbe dürfte ebenfalls für die Intrusion der Sella- und Err- gesteine gelten, die ja petrographisch und zum Teil tektonisch mit denen der Berninadecke zusammenhangen. 3823 Rudolf Staub. Damit wird der Berninastock in Bezug auf die hercynische Fal- tung dasselbe, was das Disgraziamassiv in Bezug zur tertiären Alpen- faltung ist. Beide Intrusivkörper sind Folgeerscheinungen einer intensiven Gebirgsbildung, das Berninamassiv im Gefolge der hereynischen, das Disgraziamassiv im Gefolge der alpinen tertiären Faltung. Zwei gleichartige, aber ungleich altrige Gebirgskörper liegen sich heute in den Gipfeln des Piz Bernina und der Disgrazia als herrliche Nachbarn gegenüber. Die Feststellung eines hereynischen Berninagebirges drängt noch zu andern wichtigen Schlüssen. Das hercynische Bernina- gebirge wurde allmählich abgetragen, und die Gerölle seiner Ge- steine, kristalline Schiefer, ältere mylonitisierte Granite, massige rote und grüne, jüngere Granite, Diorite, Quarzkeratophyre etc. finden sich teils im Bündner Verrucano, teils aber in viel jüngern Schichten, wie in der Falknisbreceie, der Kreidebreccie des Piz Nair und andern jungen Sedimenten mehr. Dieses hereynische Berninagebirge macht sich bis in den Jura hinein fühlbar. Besonders gross aber war sein Einfluss auf die Meere der Triaszeit. Die helvetisch-penninischen Quarzite, Rötidolomite und Quartenschiefer reichen vom Aarmassiv, mit kurzen Unterbrüchen in Avers und Schams, die dem Brianconnais entsprechen, bis fast in die Selladecke zurück, und die typische ost- alpine Trias macht sich erst in der Errdecke (4, p. 16), die ganz typische sogar erst in der Campodecke bemerkbar (Ortler; Lischanna!). Die Grenzregion zwischen ostalpiner und helvetisch-pen- ninischer Triasentwicklung fällt also in eine auffallende Nähe des hercynischen Berninagebirges. Wenn irgendwo ein vindelicisches Gebirge, das helvetisch-penninisches und ostalpin-mediterranes Triasmeer trennte, vorhanden war, so ist dasselbe im herceynischen Berninagebirge zu suchen. Zu Beginn der Triaszeit war dasselbe allerdings schon bedeutend abgetragen, aber als ein flacher Rücken oder als seichte Barre dürfte es mit Bestimmheit die beiden Triasmeere getrennt haben. Das hercynische Berninagebirge legt sich als trennende Schranke zwischen helvetisch-penninische und ostalpin- mediterrane Triasfacies. Endlich ist die Anlage der gewaltigen ostalpinen Über- schiebungsfläche auf die Lage des alten hereynischen Ber- ninagebirges zurückzuführen. An jener Stelle, wo die ungefaltete oder schwach gefaltete penninische Gneisregion an die alten versteiften Rumpfe der jetzigen ostalpinen grenzte, wo penninische und ostalpine Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 383° Facies in ziemlich scharfer Grenze aneinanderstiessen, da bildeten sich die ersten Falten und wuchsen sich mit der Zeit zu den ge- waltigen ostalpinen Überschiebungen aus. Und aus jenen Regionen stammen hinwiederum die ophiolithischen Intrusiva der begin- nenden Alpenfaltung, die mit ihrem zwischen Alkali- und Kalkal- kalinatur schwankenden Chemismus weitgehende Anklänge an das monzonitische Stammmagma deraltenBerninaintrusiva zeigen (s. 16, p. 233). Auch die Ophiolithe dürften, obwohl viel später intrudiert, doch im Grunde noch demselben enormen Magmenherd entstammen wie die alten Berninaintrusiva. Vielleicht handelt es sich um die letzten basischen Reste jenes ge- waltigen Magmenbassins. Eine Fülle von hochinteressanten Fragen, Resultaten und Per- spektiven knüpft sich also an die geologischen Beobachtungen im östlichen Berninamassiv, das, so einfach es gebaut erscheint, doch eine Fülle von Material zur Lösung wichtiger Fragen geliefert hat und noch liefern wird. Nachdem wir so die innere Tektonik, den Verband der einzelnen kristallinen Gesteine, ihr Alter, ihre gegenseitigen Beziehungen und zum Teil ihre Geschichte kennen gelernt haben, wenden wir uns nun der Tektonik der Berninadecke als einer Einheit zu. Die Überschiebung der Berninadecke auf die Selladecke und deren obere Abzweigung, die Errdecke, ist am ganzen Westrand des zentralen Bergmassivs ausgezeichnet aufgeschlossen. Bis zur Fuorcla Sella wurde sie schon früher beschrieben. Von da nach Osten habe ich sie in den letzten Sommern verfolgt. Zwischen den dioritischen oder granitischen Massen der Bernina- decke im Hangenden, und den Monzoniten oder Casannaschiefern der Selladecke im Liegenden läuft die Überschiebungslinie über die ausgedehnten Gletscherterrassen der Vedretta di Scerscen superiore, Fellaria und Verona nach Osten. Von der Fuorcla Sella bis zum Fuss der Südwand des Pizzo di Verona ist sie meist unter den Gletschern verborgen und nur die Bruchstücke von Marmor, Dolomit und Rauhwacke, die man in den Moränen der Punta Marinelli findet, sowie eine ausgeprägte Mylonitzone weisen unzweifelhaft auf die Existenz der Überschiebung hin. Sehr interessant sind die Verhältnisse am Pizzo di Verona. Vom Passo Canfinale bis hinauf zur Südwand des Verona steigen wir in den einförmigen Casannaschiefern der Selladecke herum. Die Südwand des Verona hingegen zeigt ganz andere Gesteine. Östlich von dem grossen Couloir, das dieselbe unterbricht, finden wir die typischen Gesteine der Caraleserie mit ihren mylonitisierten Gra- 384 Rudolf Staub. niten und ihren Quarzporphyren in gleicher Ausbildung wie am Pizzo Carale. Das Ganze wird von mächtigen Aplitgängen durch- schwärmt. Unmittelbar westlich des Couloirs aber bestehen die untersten Felsen aus einem massigen grünlichen Granit, und weiter westlich besteht die Wand aus dem gleichen typischen Alkaligranit wie der Piz Cambrena und Piz Palü (s. Karte u. Prof. 1). Der Pizzo di Verona gehört daher mit Sicherheit zur Berninadecke. Wo zieht nun die Überschiebungsfläche gegen die Selladecke durch? Östlich des Couloirs bricht der Östgrat des Verona in senkrechten Wänden auf eine kleine Schuttkanzel ab, über welche man mit mehr oder weniger Mühe zum Sattel des Cornicello gelangen kann. Gegen das Puschlav zu wird diese Kanzel durch kleinere Felstürme gekrönt. An dieser Stelle erscheinen unter den Schiefern der Caraleserie zunächst „grüne Glimmerschiefer mit grossen silberglänzenden Mus- kovitblättern“, dann rötlichbraune Schiefer und Sandsteine, hie und da mit Kreuzschichtung, grüne diabasartige Schiefer, grobe kristalline Breccien und metamorphe (Quarzporphyre, kurz, die ganz gleiche 'Gesteinsgesellschaft, die im Norden in der Gegend der Diavolezza als zum Verrucano gehörig erkannt worden ist. Die roten Schiefer und Sandsteine dürften unzweifelhaft den Buntsandstein darstellen. Der ganze Komplex an der Veronakanzel bedeutet also eine Einschaltung jüngerer Gesteine zwischen die älteren kristallinen ‚Schiefer und zugleich die Abgrenzung der Berninadecke gegen ‚die liegende Selladecke. An der Überschiebungsfläche wurden gewaltige Schuppen gebildet, sodass nicht nur eine, sondern mehrere Überschiebungen übereinander existieren. Dolomite und Rauhwacken habe ich bis jetzt vergeblich gesucht, hingegen fanden sich gelbe Quarzite, die durchaus die Anwitterung des Rötidolomites zeigen und wohl zur unteren Trias gehören. Zwischen die Casannaschiefer der Selladecke und die Caraleserie der Berninadecke schiebt sich also am Pizzo di ‚Verona Verrucano und unterste Trias des verquetschten Mittelschenkelsder Berninadecke. Diese Überschiebungslinie ver- folgen wir an den Wänden des Pizzo di Verona nach Norden (s. Prof. 3 und Karte!). Am P. 3108 scheint sie kompliziert gefaltet, und deren Verlauf in der Gegend von Cantone ist noch nicht in allen Details völlig sichergestellt. Hingegen treffen wir sie nördlich des Palügletschers hinter dem letzten Bach wieder. Auf den Graphit- phylliten und sonstigen Casannaschiefern der Selladecke, die am Fusse des Gletschers auch banatitähnliche Gesteine führen, finden wir die gleichen roten Schiefer, Breceien, Grünschiefer und meta- morphen Quarzporphyre wie an der Veronakanzel und unmittelbar Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 385- darüber wie dort „grüne Glimmerschiefer mit grossen silberglänzen- den Muskovitblättern“. Das Ganze ist enorm mylonitisiert und steht gegen oben in fortwährendem Zusammenhange mit der Caraleserie des Pizzo Carale selbst. Im direkten Streichen dieser Zone liegen die zum Teil schon lange bekannten Triasvorkommnisse der Caralehalde und von Sassal Masone (21, p. 5, 13, p. 409). Diese gehören daher tatsächlich, wie schon Spitz und Dyhrenfurth zum Teil vermuteten (13, p. 408), unter die Berninadecke, in die Synklinalzone zwischen Bernina- und Selladecke. Diese Dolomite, Rauhwacken und Gipse liegen in der sicheren Fortsetzung der Verrucano-Buntsandsteinzone des Pizzo di Verona. Sie gehören in das Hangende der vereinigten Err-Sella- decke und schiessen unter die Berninadecke ein. Wie gestalten sich nun die Verhältnisse östlich dieser Trias? Die kristallinen Schiefer von Sassal Masone, Alp Grüm und Cavaglia stehen ja über den Berninapass in ununterbrochener Verbindung mit der Languarddecke. Andererseits aber auch mit jenen der Caraleserie am Carale selbst (s. Karte!). Dies führt uns nun zur Verfolgung der obern Grenze der Bernina- decke, d. h. zur Verfolgung der mesozoischen Sedimente des Alvzuges (s. tekt. Karte!). Bei Alp da Bondo streicht das Mesozoikum des Piz Alv, das weiter nördlich deutlich über dem Bernina- und unter dem Languard- kristallin liegt, mit einer Mächtigkeit von gegen 800 m in unser Gebiet hinein. Bei Alp da Bondo liegt die Trias ziemlich flach auf dem Verrucano, ähnlich wie am Piz Alv, und im mittleren Val d’Arlas sieht man die Trias relativ flach unter die kristallinen Schiefer der Languarddecke einschiessen. Auch die Liasbreceien des Piz Alv ziehen bei Alp Bondo in schmalem Zuge in unser Gebiet, verlieren sich indessen bald zwischen den triadischen Dolomiten und Rauh- wacken. Gegen den Gletschersee im Val d’Arlas nimmt die Trias beständig an Mächtigkeit ab. Beim Gletschersee selbst schwingt sich auf einmal der Dolomit des Alvzuges jäh in die Höhe und zieht fast senkrecht den Hang nach Südosten hinauf bis in den Sattel nord- östlich P. 2920. Stellenweise ist er gedoppelt, und die beiden Züge sind durch ein schmales Band von kristallinen Schiefern getrennt, welche durchaus noch den Charakter der Caraleserie tragen (s. Fig. 5 und 6, p. 392, 394). Durch eine Einsenkung lässt sich der Alvzug bis ganz nahe an den südlichen Absturz des Grates gegen den Cambrenagletscher verfolgen und nur dort wird er auf kurze Strecken unterbrochen (s. Karte!). Doch kaum 50 m tiefer unten tritt dieselbe Trias, und wieder gedoppelt, nochmals auf. Deren oberer Teil ist. 386 Rudolf Staub. schwach aufgebogen und weist unzweifelhaft in die Lücke, bis wohin wir den Dolomit von Val d’Arlas verfolgten, der untere Teil aber dreht sich gegen Osten zurück und schiesst deutlich unter die Languardgesteine ein (s. Fig. 6). Das Ganze hat den Charakter einer isolierten Linse. Die oberen Felseninseln in der Vedretta di Cam- brena mit ihren Quarzporphyrgängen gehören unzweifelhaft in die Caraleserie, während die unteren mit den Schiefern der Languard- decke am Berninapass zusammenhängen. Die beiden Schieferkomplexe zeigen hier schon bedeutende Ähnlichkeit, und auf weite Strecken fehlt die trennende Trias des Alvzuges. Deren letzter Rest reicht jedoch in Form einer völlig abgequetschten Linse noch bis auf die Höhe der Forcola di Carale. Steigen wir von der Forcola di Carale nach Süden hinunter, so sehen wir, wie die Trias ob den kristallinen Schiefern des Tälchens zurückbleibt, und diese, zum Teil völlig flach liegend, sich absolut trennend zwischen die Trias der Forcola und diejenige der Caralehalde einschieben. Eine Verbindung dieser Caraletrias mit der Alv-Trias exi- stiert nicht, dazwischen liegt die ganze Berninadecke. Weiter südlich ist die Alvtrias nicht mehr zu finden, sie er- reicht vielmehr in der Form der Triaslinse der Forcola di Carale ihr letztes Ende. Schon die in Linsen zerrissene Trias des Arlas- grates macht ein Auskeilen des Alvmesozoikums gegen Süden zu wahrscheinlich, und die völlige Gleichheit der kristallinen Schiefer beidseits der Forcola di Carale und deren Zusammenschliessen südlich des Passes deuten das definitive Auskeilen des Alvzuges an der Foreola di Carale mit aller Deutlichkeit an. Der Alvzug, der im Norden Languard- und Bernina- decke trennt, keilt an der Forcola di Carale aus. Bernina- und Languarddecke schliessen sich an der Forcola di Carale zu einer Einheit zusammen, die wir als Bernina-Languard- decke bezeichnen wollen (vergl. 17, p.32 und Karte!). Südlich der Forcola di Carale liegen Languard- und Bernina- decke als vereinigte Bernina-Languarddecke auf den Gesteinen der Err-Selladecke des Puschlav. Alle diese gegenseitigen Beziehungen werden durch eine Er- scheinung enorm kompliziert, auf die wir später noch im Zusammen- hang zu sprechen kommen werden. Vorderhand sei die vereinigte Berninalangusrddacke weiter nach Süden verfolgt. Die typischen Bernina-Intrusiva sind im Westen zurückgeblieben, treten also in die vereinigte Bernina-Languarddecke gar nicht mehr ein. Wohl aber die Caraleserie und die kristallinen Schiefer der Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 387 Langguarddecke des Berninapasses. Es sind die selben Paragneise, -Glimmerschiefer etc. wie weiter im Norden auch. Besonders auf- fallend sind graue Augengneise bei Alp Grüm, wie sie am Ostufer ‚des Lago Bianco vorkommen, und welche einen guten Leithorizont bilden. So treffen wir dieselben wieder in den Plattenbrüchen zwischen Poschiavo und Cologna, in der Unterlage des Sassalbo. Bei Cavaglia, Alp Palü, besonders aber an der Motta Bal- balera schaltet sich in diese Schiefer ein Eruptivstock ein, der in der Hauptsache aus grünem Granit besteht. Derselbe ist teils porphyrartig entwickelt und in hohem Masse mylonitisiert. Auch bläuliche Abarten kommen vor. Andere Varietäten erinnern stark an die mylonitisierten Granite der Öaraleserie. Aplite und meta- morphe Lamprophyre sind an vielen Stellen zu treffen, so dicht unter Punt alta bei Cavaglia. An der Motta Balbalera ist eine Art quarz- porphyrische Randfacies mit eingeschlossenen Schollen kristalliner Schiefer entwickelt. Dieser Granit von Cavaglia nimmt fast das ganze Gebiet zwischen Cadera und Alp Palü ein. Er bildet ein aus- gezeichnetes Charakteristikum der vereinigten Bernina-Languarddecke. Ganz ähnliche Gesteine finden sich sowohl am Ostfuss des Pizzo Carale wie am Nordhang des Sassal Masone. Gegen die liegende Selladecke ist an der Motta Balbalera, bei Cadera und bei Alp Palü eine starke Mylonitzone entwickelt. Auch hier fehlt überall die trennende Trias, und die Abgrenzung der beiden Decken ist daher schwer durchzuführen. Immerhin lassen sich die Casannaschiefer der Selladecke, insbesondere die Graphitphyllite von Massella, Valle di Verona und Cadera ohne Unterbruch in diejenigen von Robbia ver- folgen und von dort bis zur Mylonitzone unterhalb des Granites von Cavaglia. Dieser aber hängt wieder ununterbrochen mit der Bernina- Languarddecke am ÜCarale zusammen. Es ‚lässt sich also die Überschiebungslinie ‘der Bernina- Languarddecke auf die Selladecke im Puschlav als Grenze zwischen den Granitmyloniten von Cavaglia-Balbalera und dem Graphitphylliten von Cadera-Robbia doch bestimmen. Dieselbe verläuft von der Trias bei Sassal Masone westlich von Alp Palü vorbei, und über die Terrassen von Pennat und Alp Verona nach Cadera; dann wieder hinein in die Schlucht des Cavagliasco, und am Fuss der grossen Wand der Motta Balbalera nach Osten. Bei Angeli Custodi versinkt sie unter den Talboden (s. tekt. Karte!). Das nächste Anstehende östlich des Tales gehört schon zur Bernina- Languarddecke, und wir müssen daher die weitere Grenze zwischen Bernina-Languard einerseits, Err-Sella andererseits in den leider von Schutt ganz erfüllten Talboden von Poschiavo verlegen. Am Ostufer 388 Rudolf Staub. des Sees von le Prese treten unter den Gesteinen der Zone von Brusio noch einmal die Graphitphyllite der Selladecke hervor (vergl. 17, Karte!). Vom Talgrund des Puschlavs aber steigen wir in denselben Schiefern aufwärts bis in die Triaszone des Sassalbo, d.h. die ver- einigte Bernina-Languarddecke bildet diekristalline Unter- 4 lage der Sassalbozone.* Über deren Kalke und Dolomite, Kalk- Sa schiefer und Breccien aber legen sich die kristallinen Schiefer und i Eruptivstöcke einer höchsten Decke, diejenige des Corno di Campo, oder kurz die Campodecke, die alle Gipfel rings um Valle di Campo aufbaut (vergl. 17, p. 32 und Karte!). Ein Profil quer zum Puschlav, etwa vom Passo d’Uer zum Gipfel des Sassalbo, schneidet alle tektonischen Einheiten des ganzen Ge- birges, von den Serpentinen von Val Malenco über die rhätische, Sella-, Bernina-, Languarddecke bis hinauf zur Campodecke. In nicht weniger als fünf kristalline Decken ist das südlichste Tal Graubündens eingeschnitten, und alle diese Decken sind dank ihren rapiden Axial- gefälles gegen Osten selbst noch in ihrer Scheitelzone erhalten ge- blieben. Von le Prese abwärts bis Tirano durchquert der Poschiavino die steilgestellten Wurzeln aller jener Decken, die er und seine Quell- bäche im oberen Puschlav in stürmischem Laufe durchflossen und tief erodiert haben (s. 17, Karte!). Das Puschlav wird dadurch vielleicht zum tektonisch interessantesten und mannigfaltigsten Tal des ganzen süd- lichen Bündens. Damit hätten wir die Berninadecke und ihre mit der Languard- decke gemeinsame südliche Fortsetzung im Puschlav, die Bernina- Languarddecke, kurz umrissen und gehen nun zur höchsten Decke des Gebirges nördlich des Berninapasses über, zur Languarddecke. Die enormen Komplikationen, die sich an den näheren Verlauf des Alvzuges und die Überschiebungsfläche der beiden oberen Decken, sowie der Selladecke noch knüpfen, seien am Schlusse des Ganzen noch kurz betrachtet. V. Die Languarddecke. Über die kristallinen Gesteine und das Mesozoikum der Berninadecke legt sich im Val del Fain und Val Languard, wie aus den Darlegungen von Blösch, Trümpy, Spitz und Dyhrenfurth ohne Widerspruch hervorgeht, ein mächtiger Kom- plex altkristalliner Schiefer, der kristalline Kern der Languarddecke (1, 13, 21). Aus ihrem Hauptverbreitungsgebiet, \ Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 389 dem Languardgebirge Theobalds und v. Raths, streicht dieselbe an zwei Stellen, im Norden und im Osten, in das Berninagebirge hinüber: bei Pontresina und Punt Muraigl (22, p. 170), und am Berninapass. An beiden Orten sind die kristallinen Schiefer der Languarddecke im Allgemeinen steil aufgerichtet und bilden nur die niedrigsten Aus- läufer des mächtigen Berninagebirges. Selbständige Gipfel bilden sie keine, will man nicht etwa noch den Sassal Masone zur reinen Languarddecke rechnen. Sedimente der Languarddecke fehlen im Berninagebirge, solche treten erst östlich des Berninapasses in den Gipshügeln von Gessi und le Cüne und im Hangenden der vereinigten Bernina-Languarddecke im Sassalbo auf (s. 17, Karte und Prof.!). Im Norden, d. h. in der Gegend zwischen Samaden, St. Moritz und Pontresina, unterscheiden sich die kristal- linen Schiefer der Languarddecke bedeutend von denkristal- linen Massen der Berninadecke. Der Hauptteil derselben wird von mannigfachen Biotitschiefern, Biotitgneisen, Chlorit- gneisen, Augengneisen und Glimmerquarziten, auch Phylliten ‚gebildet, in welchen an manchen Orten zahlreiche Pegmatit- und Aplitgänge, hie und da auch Lager von Amphibolit auftreten. Das Ganze ist eine fast durchwegs sedimentogene Serie. Besonders lehrreich ist die Charnadüraschlucht und die Höhen zwischen Inn und Statzersee. Das von Cornelius beschriebene Pyroxengestein vom Bahnhof St. Moritz gehört ebenfalls hierher (4, p. 13). Am Berninapass zeigen die Schiefer der Languarddecke eine grosse Ähnlichkeit mit jenen der Caraleserie, und süd- lich des Piano di Cambrena sind sie von diesen fast nicht mehr zu usterscheiden. Augengneise vom Typus der Granite von Cavaglia sind am Sassal Masone verbreitet, Alkaligranite erscheinen westlich des Lej Pitschen in den kristallinen Schiefern, allerdings stark ver- quetscht, die Glimmerschiefer und Quarzite, Chloritphyllite ete. sind dieselben wie am Caraie, und grüne Granitmylonite finden sich wie dort auch an den Rundhöckern der Wasserscheide am Lago nero. Durchaus der petrographische Gehalt der Öaraleserie der Berninadecke. Am Ostufer des Lago Bianco sind grössere Lager von Epidot- chloritschiefern zu erwähnen. Die Tektonik der Languarddecke ist im Norden, d.h. im Statzerhügelland, eine ganz einfache. Bei Punt Muraigl und Pon- tresina streichen die Schiefer des Piz Languard und Piz Muraigl ohne. Unterbruch über den Talboden und lassen sich bis St. Moritz und noch weiter nach Westen bis gegen Campfer verfolgen. Der Dolomit, der im Val Languard die Languarddecke unterteuft und diese von der liegenden Berninadecke scheidet, erscheint an der Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 390 Rudolf Staub. Crasta da Statz wieder in erheblicher Mächtigkeit und ist bis über die Ova di Cangiroulas nach Westen zu verfolgen. Nach seiner tektonischen Lage muss er auch hier die Schiefer der Languard- decke unterteufen (vergl. 17, Prof. und Karte!). In der Gipfelregion des Piz Rosatsch fand ich am Fuss der obersten Wand noch Schutt von Rauhwacke. Solche muss also dort wohl irgendwo noch an- stehen, und dürfte ein Erosionsrest des Statzerdolomites sein. In der Gegend von St. Moritz-Bad sucht man den Dolomit der Crasta da Statz vergeblich, er ist entweder unter den mächtigen Alluvionen verborgen oder ausgequetscht wie bei Pontresina auch. Die kristal- linen Gesteine der beiden Decken sind hier aber so grundverschieden, dass eine Trennung derselben auch ohne Dolomit leicht durchführbar ist. Nach der Verbreitung der Diorite und Granite des Piz Rosatsch einerseits, der sedimentogenen Paraschiefer des Statzerhügellandes, der Charnadüra und des Südufers des St. Moritzersees andererseits muss die Grenze zwischen Bernina- und Languarddecke von Alp Statz fast direkt zum Bad und von dort dem Inn entlang bis gegen Campfer gezogen werden. In der Gegend des Statzersees herrscht in diesem Komplex mittelsteiler Nordfall, an der Charnadüra aber schwankt die ganze Serie um die Vertikale. Dasselbe lässt sich auch am Hügel von San Gian bei Celerina beobachten (vergl. 17, Prof. 3). Jenseits des Inn treten ob St. Moritz die Dolomite der Crasta da Statz wieder unter den Schiefern der Charnadüra hervor, und ziehen fast ohne Unterbruch in die Dolomitmassen der Traisfluors- schuppe hinauf. Diese aber gehört auch nach Cornelius in die Julier-Berninadecke (4, p. 38), ist also tatsächlich die Fortsetzung des Alvzuges. Zur Traisfluorsschuppe darf man, so scheint mir nach den Untersuchungen von Cornelius (4) und eigenen Begehungen, alle Dolomite und Liasschiefer der Alp Laret genau wie jene des Sass da Muottas nehmen, und die Gneise von Alp Laret, Blais und Alp Saluver gehören zur Julier-Berninadecke. Die Errdecke scheint mir mit ihren Radiolariten, Liasschiefern etc. auf der Linie Val Selin- Sass Ronzöl definitiv unterzutauchen (vergl. 4, Taf. 1). Die Dolomite und Liasschiefer, die Cornelius weiter östlich noch zur Errdecke schlug, können wohl ebenso gut in die untere Trais Fluors’schuppe gestellt werden, und die Gneise der Alp Laret dürften jenen südlich des Piz Nair in der Julierdecke nicht nur petrographisch, sondern auch tektonisch entsprechen. Bei Blais sieht man die Trias der Alp Laret stark nach Süden zu abbiegen, sie erreicht aber das Tälchen des Crestaruns nicht Tektonische Studien im östliehen Berninagebirge. 391 ganz. Wohl aber treten an dessen unterem Ende überall Quellen aus dem kristallinen Schutt heraus, die genau die mittlere Härte der Graubündner Dolomitquellen, nämlich 12 französische Härtegrade besitzen). Diese Kalkquellen verraten, dass unter diesem Tälchen, welches die Grenze zwischen Languardgesteinen im Süden, Julier- Berninagesteinen im Norden bildet, die trennende Trias als wasser- leitende Schicht noch vorhanden ist. Diese Trias muss nach ihrer tektonischen Lage unbedingt die Fortsetzung der Alvtrias der Crasta da Statz sein (s. 17, Prof. 3). Es sinkt somit im Norden wie im Süden die Trias der Berninadecke unter die Schiefer der Languarddecke ein, d. h. diese liegt in einer Mulde. Diese Mulde ist im ganzen oberen Engadin eine allgemeine Erscheinung. Südlich des Inn sinken alle Decken rasch nach Norden, nördlich desselben steigen sie wieder empor. Am deutlichsten tritt dieses Phänomen in der Bernina- und Languarddecke zu Tage, aber auch Err- und rhätische machen dasselbe deutlich mit. Es sind also im Oberengadin alle übereinander liegenden Decken zu einer Mulde gefaltet, deren Verlauf sich aus Val Chamuera bis zum Piz Gravasalvas, und in abgeschwächter Weise in den tieferen Decken noch bis ins Misox verfolgen lässt (vergl. 17, Karte). Diese synklinale Einsenkung der Decken sei in der Folgeals die St. Moritzer oder Engadiner Deckensynklinale bezeichnet. Ihren ungefähren Verlauf habe ich auf meiner tektonischen Karte der südöstlichen Schweizeralpen schematisch eingezeichnet (17). Nur dank dieser Synklinale ist dem nördlichen Berninagebirge noch ein Stück der Languarddecke erhalten geblieben (s. 17, Prof. 3). Bedeutend komplizierter ist die Tektonik der Languarddecke im Gebiete des Berninapasses. Hier ist die Überlagerung der Berninadecke durch die Languarddecke nur im unteren Val d’Arlas noch schwach ausgeprägt, und weiter südlich schiessen die kristallinen Schiefer der letzteren wie diejenigen im unteren Val Minor unter die Gesteine des Alvzuges ein, so am Arlasgrat, wodurch die Lan- guarddecke steil nach Westen unter die Berninadecke fällt. Erst gegen den Cambrenagletscher zu stellt sich das normale Übereinander der Decken wieder ein (s. Fig. 6). Betrachten wir nun die Grenz- region zwischen Languard- und Berninadecke im Val d’Arlas noch etwas näher (vergl. bes. Fig. 5 u. 6). !) Als Geologe im Jahre 1915 von der Armee mit der en der Trink- wasserverhältnisse im südlichen Bünden betraut, habe ich u. a. den Härteverhält- nissen der einzelnen Quellarten grössere Aufmerksamkeit ae RL, “ Be Rudolf Staub. Die trennenden Dolomitlinsen liegen im obern Vald’Arlas nicht mehr flach zwischen den kristallinen Komplexen der bei- den Decken wie im klassischen Val del Fain, sondern stehen steil und stellenweise senkrecht. Die kristallinen Schiefer der beiden Decken zeigen nicht die weitgreifenden gegen- seitigen Unterschiede wie etwa bei St. Moritz, sondern glei- chen sich stark. Daher macht hier im Val d’Arlas der Alvzug zunächst durchaus den Eindruck einer gewöhnlichen enggepressten P. 2920 Pass 2640 ENE ir \ it \ > s Yin \ BIT ne er ER) ee re v+ | x ar R. St. ya x un! „! - | l # N rt - I: # nn Re ’ il RR 4 A >, 7 = zZ! re . fe] Kristalline Schiefer der Languarddecke #3 , [} a, / Trias des Alvzuges - x 7 z Bj Casannaschiefer 5 LS „Quarzporphyre“» Berninadecke Granite Fig. 5. Ansicht des Arlasgrates von Norden, Mulde (13, p. 407). Nähere Untersuchung zeigt, dass dies keineswegs der Fall ist. Die verschiedenen, voneinander unabhängigen Trias- linsen im Kristallin südlich des Gletschersees im Val d’Arlas und östlich P. 2920 am Cambrenagletscher (s. Fig. 5 und 6) zeigen, dass die Grenzzone zwischen Bernina- und Lan- guarddecke eine heftige Schuppenzone ist. Dieselbe steht in krassem Widerspruch zur Annahme einer mehr oder weniger ein- fachen Mulde, lässt sich dagegen als Schuppung, hervorgerufen durch Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge, 393 Abscheerung und Schleppung am Grunde einer Languard- überschiebung, sehr wohl verstehen. Die Grenzzone ist im Val d’Arlas so gut wie im Val del Fain eine Überschiebungs- fläche, an deren Grunde Fetzen des Liegenden mitgerissen und mit demselben verschuppt wurden. Aber diese Überschiebungsfläche fällt eben hier nicht wie im Val del Fain flach gegen Osten ein, sondern ist selbst wieder stark gefaltet (s. Fig. 5 u. 6). Diese Falten sind Querfalten, denn sie verlaufen ca. NW—SE, stellenweise N—S, als quer zum Alpenstreichen. Bei Alp Bondo fällt die Überschiebungsfläche noch flach nach SE ein, beim Gletschersee richtet sie sich steil auf, steht senkrecht, und weiter oben ist sie sogar erheblich nach E überkippt, d. h. die untere Decke liegt stellenweise deutlich auf der oberen. Dabei legt sich jeweilen das Berninakristallin deutlich auf sein Mesozoikum, also auf die Trias des Alvzuges, so an zwei Orten NE des Arlasgrates und an mehreren Orten nördlich des Gletschersees. Durch diese Querfalten kommt es, dass am Arlasgrat noch weit westlich des steil stehenden Alvzuges am Pass 2640 die Alvtrias unter P. 2920 noch zweimal erscheint. An beiden Orten biegt das Berninakristallin, mit zwischenliegenden schwar- zen und grünen Schiefern, muldenförmig völlig klar um diese Trias herum, und schliesslich legen sich die kristal- linen Schiefer von P. 2920 auf die obersten Triasreste (Figur 5 u. 6). Die Alvtrias ist hier durch Querfaltung tief unter ihre Unterlage hineingeraten. Die hangende Languarddecke aber ist westlich des Passes 2640 nicht mehr zu finden, sie ist völlig der Erosion anheimgefallen. Unter diesen obersten Triasmulden des Arlasgrates finden sich sowohl an dessen Süd- wie Nordabsturz noch weitere Triaslinsen, welche die Querfaltung ebenfalls mitmachen, zum Teil in Form von regelmässigen S-förmigen Biegungen, Diese unteren Linsen bilden die Fortsetzung oder Äquivalente der west- licheren Triaslinsen ob dem Gletschersee, d. h. die ganze Schuppen- zone, die sich in der Berninadecke am Grunde der Languard- überschiebung gebildet hat, ist von der Querfaltung radikal mitergriffen worden (s. Fig. 5 u. 6). Am ganzen oberen Arlasgrat fallen die Casannaschiefer der Berninadecke flach nach Westen ein, d. h. sie legen sich definitiv und deutlich über ihre sedimentäre Bedeckung und damit natürlich auch über die Languarddecke. Erst nach all den verschiedenen Kleinfalten am Arlasgrat schiesst die Ber- 394 Rudolf Staub. ninadecke am Cambrenagletscher wieder definitiv unter die Languarddecke ein (vergl. Fig. 6). Ähnliche Verhältnisse trifft man auch nördlich Val d’Arlas. Auch dort ist der Alvzug bedeutend unter seine kristalline Unterlage eingefaltet, und zwar reichen diese abnormen Einkeilungen weit ins Berninakristallin hinein und sind an manchen Orten abge- quetscht. Die letzten Triaslinsen dieser Art finden sich noch west- lich des Diavolezzasees als einige Dolomitkeile innerhalb der dortigen Verrucano- und Casannaschiefer. Piz d’Arlas P, 2920 Pass 2640. Wwsw Be Kristalline Schiefer der Languarddecke Trias des Alvzuges Casannaschiefer „Quarzporphyre“ + Berninadecke Granite Fig. 6. Längsprofil durch den Arlasgrat, | Gegen den Piz Alv zu dreht sich die Axe dieser Querfalten 2 in nordostsüdwestliche Richtung, sodass wir am Ausgang von Val Br: Minor wohl Rückfalten, aber keine Querfalten mehr haben. Gegen Süden aber setzt dieses Phänomen der Querfaltung noch weit fort. Am Sassal Masone ist dasselbe sehr ausgeprägt, und zwar zum Teil in den getrennten, zum Teil in den vereinigten Bernina-Languarddecken. Die sogenannte Antiklinalstirn am Sassal Masone ist nur eine scheinbare. Dieselbe ist eine quere Verbie- gung der Decke. Auch in deren Unterlage macht sich die Querfaltung stark geltend, wie am Verlaufe der Trias der Caralehalde trefflich Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 395 zu sehen ist (s. tekt. Karte!). Weiter südlich erscheint die Bernina- Languarddecke an mehreren Orten, so am Cornicello und ob Cavaglia, lokal auf grosse Strecken in und unter die Ge- steine der Selladecke eingefaltet. Alle diese Einfaltungen laufen in der Richtung SSE-NNW, sind also ebenfalls deutliche Anzeichen einer tiefgreifenden Querfaltung (s. Prof. 1). Noch im Valle di Verona sind die sonst immer flach Ost fal- lenden Casannaschiefer der Selladecke nach Osten überkippt und dasselbe Phänomen kennen wir noch von den Dolomiten der rhätischen Decke bei Viale-Mundadise (s. Prof. 1, unten). Die Querfaltung, die in den Kleinfalten am Arlasgrat so klar in die Erscheinung trat, ist einallgemeines Phänomen am ganzen O)stabfall des Berninagebirges, von den Bernina- häusern bis ins Puschlav. Sie erfasst alle Decken von der Languarddecke hinunter bis zur rhätischen und erstreckt sich über ein Gebiet von mehr als 15 km. uch weiter im Osten und weiter im Westen sinken die Überschiebungsflächen der Decken nicht immer flach nach Osten, sondern sind quer gefaltet. So erwähnt Cornelius Überkip- pung der Unterlage der rhätischen Decke am Murettopass nach Osten, und ähnliche Beispiele sind aus der Zone des Sas- salbo bekannt. Worauf sind diese Querfaltungen zurückzuführen? Spitz und Dyhrenfurth leugnen überhaupt die Querfaltennatur der Ber- nina- und Puschlaverregion vollständig. Diese Falten sind nach jenen Autoren nur der normale Ausdruck von ausgedehnten Ostwestschüben (13, p. 415). Spitz und Dyhrenfurth sehen in denselben nur ein Glied ihrer rhätischen Bogen, einer Faltenschar, die von einem östlichen kristallinen Kraftzentrum aus bogenförmig nach Westen vorgeschoben wurden (12). Aus der Verfolgung der Überschiebungsränder der Dek- ken, der Detailfalten in der rhätischen Decke, der ostwest- streichenden St. Moritzer Deckensynklinale, vor allem aber aus dem sichtlichen Zusammenhang der Öberengadiner- decken mit den Wurzeln im südlichen Puschlav, ergibt sich zweifelsfrei, dass alle Decken des Öberengadins ihre Wur- zeln im Süden haben und von Süden nach Norden bewegt worden sind. Sie sind das Resultat eines allgemeinen S$üd- nordschubes. Zu diesem allgemeinen Schub stehen aber die Erscheinungen am Berninapass in querem Widerspruch, sie sind daher als richtige Querfalten zu deuten, und der Haupt- schub kam auch hier nicht von Osten, sondern von Süden her. el ee 396 Rudolf Staub. Bernina- und Languarddecke hängen wohl enge zusammen, aber nicht in der Art, wie es von Spitz und Dyhrenfurth geschildert worden ist (13, p. 407 u. 409). Das geht aus den obigen Figuren deutlich hervor. Sie verbinden sich nicht um die nach Osten ge- schlossene Alvmulde herum, sondern um deren südliches, in Linsen zerrissenes Ende an der Forcola di Carale. Die Axe der liegenden Alvsynklinale fällt aber eben nicht mehr flach nach Osten, sondern ist eben durch die Querfaltung in jene komplizierten Kleinfalten gelegt, die wir noch heute am Arlasgrat sehen (Fig. 5 Woher kam nun der Schub, der diese quere Verfaltung der Decken erzeugte? Von Osten oder von Westen? Hat sich die Languarddecke, wie Spitz und Dyhrenfurth es zeichnen (13, p- 409 ff.) und wie auch Trümpy es annimmt (21, p. 9), von Osten her in die lokal steil nach Osten sinkende Berninadecke hineingebohrt, sich in dieselbe eingezwängt und diese allmählich über sich rück- gefaltet, analog wie sich im Wallis die Monte Rosadecke in die Bernharddecke eingebohrt hat? Oder liegt nicht vielmehr ein Schub von Westen her vor, der die Berninadecke lokal über die Languarddecke hinweggefaltet hat? Der Schub von Osten und das Hineinbohren der Languarddecke in die Berninadecke scheint mir ein enormes Kraftzentrum im Osten vorauszusetzen, und ein solches ist mit Sicherheit keines bekannt. Da scheint es mir viel natürlicher, einen lokalen Schub von Westen nach Osten zur Erklärung der Berninaquerfaltung anzunehmen. Man kann sich vorstellen, dass bei dem gemeinsamen Vorrücken der beiden betroffenen Decken, als sich dieselben im Norden an der vor ihnen liegenden Silvrettadecke gestaut hatten, zwischen denselben ein lebhafter Kampf um den Raum entstand. Bei diesem schob die starrere Decke die weichere natur- gemäss lokal auf die Seite, wo noch ein Ausweichen möglich war, und dies geschah natürlich in der Richtung gegen Osten, wo sowieso alle Decken axial in die Tiefe sanken. Die starren Eruptivmassen der Berninadecke drückten dabei die plastischeren Schiefer der Languarddecke mit Leichtig- keit auf die Seite und überfalteten dieselben lokal. Als Kampf um den Raum mit ungleicher Widerstands- kraft der Gesteine der beiden Decken sind diese Querfalten wohl zu verstehen, als eine der letzten Phasen der alpinen Decken- bildung. Ob vielleicht auch ein gewisser seitlicher Baus von der Intrusion der Albigna-Disgraziamasse ausging, mag dahingestellt sein; ein solcher wäre prinzipiell sehr wohl denkbar und auch für die Über- BÄREN >. zur, kn: all Tre nee Tee e x Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 397° kippung der Überschiebungsfläche am Murettopass die natürlichste- Erklärung. Das Eine aber ist sicher, dass der Hauptschub hier wie anderswo in den Alpen von Süden kam, und dass alle- Querfalten zusammen nur geringe Fältelungen in den Riesenfalten der Decken darstellen. Seit die Wurzeln der Öberengadinerdecken im unteren Puschlav und im Veltlin festgestellt sind, ist daran keinen Augenblick mehr zu zweifeln, und alle rhätischen Bogen, Scharniere und Längs- schübe vermögen an dieser Tatsache nicht mehr zu rütteln. Alle diese Erscheinungen sind nur ornamentales Beiwerk zu der grossartigen Deckenarchitektonik, durch welche der Südnordschub das herrliche Gebäude der Alpen schuf. Schluss, Deckenbau beherrscht das ganze Berninagebirge. Dasselbe bildet ein wurzelloses Zentralmassiv ähnlich jenem der Dent Blanche im Wallis. Seine Intrusivgesteine wurzeln nicht in der Tiefe, sondern schwimmen auf fremder jüngerer Unterlage, von ihrer Wurzel ge- trennt, wurzellos. Die Auftürmung zu Decken hat im Berninagebirge eine enorme- Mächtigkeit erreicht, und eine tiefgehende Erosion hat uns diesen gewaltigen Bau bis ins Innerste als ein herrliches Gebirge entblösst. So lassen sich im Berninagebirge nicht nur eine oder zwei oder drei, sondern ein ganzes halbes Dutzend zum Teil riesige Decken unterscheiden, von denen vier eine eigene Wurzel besitzen. Kein anderes Zentralmassiv der Alpen zeigt eine solche Häufung von Decken. Alle diese Decken sind als mächtige kristalline Kerne ent-- wickelt, deren Sedimenthüllen teils in schmale liegende Synklinalen eingefaltet oder aber durch den Schub der höheren Decken von ihrer kristallinen Unterlage abgescheert und passiv nach Norden ver- frachtet worden sind. Das Berninagebirge ist die Brücke zwischen den Wurzeln des Puschlav und Veltlin und den durch Erosion von denselben abge- trennten Deckenkomplexen Mittelbündens, das verbindende Mittel- stück, und deshalb für die ganze Deutung der tektonischen Ver- hältnisse Bündens von grösster Wichtigkeit. Das ganze Deckenpaket des Berninagebirges liegt zwischen der Scheitelregion der Decken, der Hauptaxe der Alpen, dem Gewölbe des Passo d’Uer und der Deckensynklinale von St. Moritz (vergl. 17, Prof. 3 und 4). 398 Rudolf Staub‘ Alle Deckenelemente sinken im Allgemeinen axial nach Osten (s. Profil 1). Eine Ausnahme von dieser Regel wird durch die Berninaquerfaltung am Ostabfall des Gebirges hervorgebracht. Immerhin wird das axiale Absinken gegen Osten dadurch noch fast gefördert, und im Vergleich zum allgemeinen Ostfall der Decken vom Tessin bis östlich des Puschlav erscheint uns die ganze Bernina- querfaltung nur als leichte Flexur (vergl. 17, Karte!) Hingegen herrscht in der Berninadecke von der Linie Bernina- häuser-Cornicello bis zur Linie Val Campomoro-Morteratsch schwaches axiales Westfallen. Die Linie Campomoro-Sasso Rosso-Palü- Morteratsch bezeichnet also eine schwach ausgeprägte, aber doch immerhin bemerkenswerte transversale Depression der Decken. Die Berninadecke liegt in dieser Depression wie in einer flachen Wanne (s. Profil 1). Dieselbe macht sich sogar noch weit südlich, in der Wurzelregion an der Vetta di Ron bemerkbar und enthält dort, an ihrem Grunde am meisten vor der Erosion geschützt, ebenfalls Gesteine der Berninadecke, wenn auch nur in Form kleiner Klippen (5, p. 341). Die Quermulde der Vetta diRon ist die Fort- setzung derjenigen des Piz Palü- Verona (s. 17, Karte). on oben nach unten kennen wir nun im Berninagebirge zwischen St. Moritz und Chiesa folgende 6 Decken: Die Languarddecke, die Berninadecke, die Errdecke, die Selladecke, die rhätische Decke, die Surettadecke. Languard- und Berninadecke einerseits, Err- und Selladecke andererseits schliessen sich innerhalb des Berninagebirges zu je einer Einheit zusammen. Rhätische- und Surettadecke hingegen bleiben bis in die Wurzel hinab voneinander unabhängig. Wo ist nun die Grenze zwischen penninisch und ost- alpin zu ziehen? Der penninischen Facies der Suretta- und rhätischen Decke steht die ostalpine der Err- und Berninadecke "deutlich gegenüber. Doch verschwimmen im Einzelnen die typischen Charak- tere, und in gewisser Beziehung macht sich in diesen Regionen hie und da eine Mischung von penninischer und ostalpiner Facies bemerkbar. Das Grundgebirge der Suretta- und der rhätischen Decke ist im Allgemeinen frei von typisch eruptiven massigen Ein- lagerungen, wenn man vom Rofnaporphyr und dem eruptiven | Tektonische Studien im östlichen Berninagebiete. 899 Malojagneis absieht. Nicht so dasjenige der ostalpinen Decken. Dort treten massige a in den Vordergrund des Interesses. Bemerkenswert ist die Ausbildung der Paragesteine in den penninischen und ostalpinen Decken. Von der Aduladecke bis hinauf in die rhätische treffen wir dieselben grünen Glimmergneise und Glimmerschiefer vom Typus des Adula- und Malojagneises fast in jeder Decke. In der rhätischen Decke des Oberengadins macht sich ein allmählicher Übergang in die dunkleren phyllitisch-quarzitischeren Casannaschiefer der ostalpinen Region geltend, welche die Haupt- masse des ostalpinen Grundgebirges von der Selladecke bis zum ÖOrtler bilden. Die Facies des sedimentogenen Grundgebirges ist also auf grosse Strecken von bedeutender Constanz. Der Gegensatz zwischen den heutigen ostalpinen und penninischen kristallinen Regionen wurde im späten Pa- läozoikum tief begründet. Damals wurden die altkristallinen Schiefer der heutigen ostalpinen Region zu einem mächtigen Gebirge gefaltet, und in dieses Gebirge drangen im Perm eine Menge von Instrusivgesteinen ein. Die sauren und basischen Ergüsse, die wir mit denselben vergesellschaftet finden, deuten darauf hin, dass dieses hercynische Gebirge von Vulkanen gekrönt war, ähnlich wie heute der Kaukasus. Diese permischen Instrusivgesteine fehlen der damals un- gefalteten penninischen Region, wenigstens in Graubünden» fast ganz!), sind dagegen für das ganze Gebiet zwischen Ortler und rhätischer Decke durchaus typisch. Es sei nur an die Instrusivstöcke der Sella-, Err- und Berninadecke erinnert, an die Granite des Piz Vadret in der Languarddecke;, an den Diorit des Corno di Campo oder an die Granit- und Dioritstöcke von Sondalo, Sesvenna- und Gomagoier-Granit in der Campodecke. Die grösste Faciesgrenze innerhalb des Altkristallinen vollzieht sich daher zwischen Sella und rhätischer Decke, Aber auch für das Mesozoikum muss diese Grenze innege- halten werden. Der penninischen Trias und den Bündner- schiefern und Ophiolithen der rhätischen Decke steht die ostalpine Entwicklung von Trias, Lias und Malm in der Errdecke scharf gegenüber (4, p. 16ff.), und wenn sich auch in der !) Im Wallis hingegen reichen die den Berninagesteinen wiegen Eruptiva (rote und blaue Granite der Serie der Valpelline, Arollagneise ete.) und damit wohl auch die vortriadischen Faltungen, weiter nach age, bis in die oberste penninische Decke, die Dent blanche, hinein 400 Rudolf Staub. Bernina- und Languarddecke noch einmal hie und da lepontinische- Anklänge im Mesozoikum finden, so muss doch auch der grösste Teil jener Bernina-Langguardfacies als ostalpin angesehen werden. Ich erinnere nur an das Auftreten von Verrucano und Bunt- sandstein, an den Muschelkalk des Sassalbo, an die Trans- gression der Liasbreecien auf Hauptdolomit am Piz Padella, Alv und Sassalbo, die sich im Unterengadiner Dolomitgebiet und in den Luganeser Alpen wieder findet, an die roten Liaskalke des Sassalbo und die der Fraelefacies durchaus ähnliche Entwicklung des Rhät. Nach alledem müssen schon Err- und Berninadecke unbedingt zu den ostalpinen Decken gezählt werden. Da aber auch die Selladecke durch ihren kristallinen Kerr noch eng mit diesen beiden Elementen verbunden ist, so muss auch diese noch als ostalpin betrachtet, und daher die ostalpin-penninische Grenze nach wie vor zwischen rhätischer und Selladecke gezogen werden. Ostalpine An- klänge machen sich ja umgekehrt auch noch in der rhätischen Decke in Form der Radiolarite und Aptychenkalke, der obertriadischen Dolomitbreccien, der pseudoostalpinen Facies der Schamsertrias usw. oft stark geltend. Es ist demnach die rhätische Decke die oberste pen- ninische Decke, und Sella-, Err-, Bernina- und Languard- decke sind als die untersten ostalpinen Decken zu be- trachten!). Es müssen also die sechs Decken des Berninagebirges wie folgt der ostalpinen und der penninischen Deckengruppe zu- gerechnet werden: ee ddecke . ARBUBEGNEORD } Bernina- Languarddecke . 2. Berninadecke . Be 8; Brrdeckö ., ,;, osta 4. Selladecke. . . } Err-Selladecke d,, ihälische Docke ...... zu... la D:Bussiislarks., 20.0... | penninise Verfolgen wir nun die Decken des Berninagebirges noch weiter über unser Gebiet hinaus! Nach Süden, Westen und Norden lassen sich alle unsere Decken, wo sie nicht in die Luft hinausstechen, ohne Schwierigkeiten noch - Die ie Ansichten Kobers, die Silvrettadecke sei die unterste ostalpine Decke, die rhätische der Mittelschenkel der ostalpinen, Berninadecke gleich Silvretta- decke etc. sind gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen für jeden Kenner von Graubünden völlig unhaltbar. Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 401 mehr oder weniger weit verfolgen. Die gleichen Bauelemente er- langen in Mittelbünden, am Julierpass, im Oberhalbstein, im Avers aınd im Schams, im südlichen Malenco und im untern Veltlin grosse landschaftliche Bedeutung, ja die penninischen Decken des Bernina- gebirges lassen sich durch ihre Wurzelzonen nach Westen bis ins Wallis und die grajischen Alpen verfolgen (vergl. 17, Karte!). Hin- gegen finden sich nirgends in allen diesen Gebieten, die Wurzel- zonen ausgenommen, alle sechs tektonischen Elemente auf einem so engen Raume vereinigt wie eben im Berninagebirge. Anders steht es mit der Verfolgung der „Berninadecken“ nach Osten. Im Puschlav versinken die penninischen Decken unter dem Tunnel der sich über ihnen schliessenden Err-Sella- und Bernina- Languarddecken, und diese ihrerseits verschwinden schon wenige Kilometer weiter östlich unter der mächtigsten unterostalpinen Decke, der Campodecke. Fast hat es den Anschein, als verschwinde damit der stolze Bau des Berninagebirges für immer unter den gewaltigen Massen der höheren ostalpinen Decken. Und tatsächlich legen sich über die kristallinen Schiefer der Campodecke nach Osten zu immer höhere tektonische Elemente, Ortler und Unterengadiner Dolomiten, und endlich die weiten kristallinen Gebiete der Silvretta und der Oetz- taler Alpen. Aber 40 km weiter nördlich tauchen die „Bernina- ‚decken‘, wenn auch zum Teil in furchtbar gequältem Zustande, im Fenster des Unterengadins wieder auf. Rhätische-, Err- und Berninadecke lassen sich hier mit Sicherheit wieder nein Die „grauen und bunten Bündnerschiefer der Basis“ des Fensters entsprechen jenen des Öberhalbsteins und von Tiefenkastel- Lenz, sie gehören in die obersten Teile der rhätischen Decke und sind als nördliche Fortsetzung der Schieferkomplexe des Ober- engadins zu betrachten. Darauf legt sich eine kompliziert gebaute Schuppenzone, welche jener von Arosa und Brienz entspricht (vergl. 17, Profil 4). Serpentine und bunte Schiefer der rhätischen Decke, und Granite, Gabbrodiorite, Dolomite, Liasbreccien ete. der untersten ostalpinen Decken liegen in regellosem Durcheinander, zu einer grossartigen Mischungszone verschweisst, im Bündnerschiefer. Dabei liegen Serpentine und Bündnerschiefer der rhätischen Decke sowohl unter wie über diesen ostalpinen Schubfetzen. (Mot del Hom, Platta mala; Chaposch, Clemgia, 10, 14). Trotz diesem schein- baren Chaos lassen sich aber diese ostalpinen Schubfetzen im Bündnerschiefer der rhätischen Decke doch dank ihrer ausgezeichnet ‚charakteristischen Massengesteine gut mit den Oberengadiner Decken verbinden. So dürfte der Tasnagranit dank seiner vollkommenen 402 Rudolf Staub. Ähnlichkeit mit dem Albulagranit und dem Typus Val Roseg des Piz Corvatsch, unbedenklich als Abkömmling der Errdecke ange- sehen werden (vergl. 16, p. 154 ff... Die Gabbrodiorite von Spescha und die stark alkalischen Granite der Platta mala hingegen finden ihre Heimat in den gleichartigen Gesteinen der Berninadecke des Oberengadins. Die Massengesteine, die heute als wurzellose Schub- fetzen im Unterengadiner Fenster liegen, sind durch den Schub der mächtigen Campodecke von ihren Stammdecken im Oberengadin abgescheerte Teile von Err- und Bernina- decke. Im Unterengadiner Fenster erscheinen die Decken des Bernina- gebirges aber noch nicht zum letzten Mal. Im Fenster der Hohen Tauern treten, fast 150 km von ihrem Untertauchen im Puschlav entfernt, die penninischen Decken des Berninagebirges nochmals unter den höheren ostalpinen Massen hervor. Die Hauptrolle dürfte dabei wohl die rhätische Stammdecke des Oberengadins spielen. Im Mesozoikum der Tauerndeceken machen sich aber viel- fach facielle Anklänge an die untersten ostalpinen Decken des Öberengadins geltend (Alv-Sassalbo), sodass es äusserst wahr- scheinlich erscheint, dass im Fenster der Hohen Tauern nicht nur penninische, sondern auch ostalpine Glieder des Berninagebirges noch einmal zu Tage treten. * * * Die definitive Einreihung der oberen Decken des Berninage- birges in das ostalpine Deckensystem hat aber noch eine andere, für die Tektonik der ganzen Alpen höchst wichtige Bedeutung. Schon lange wissen wir, dass die Äquivalente der Klippen- decke im Rhätikon, die Sulzfluhdecke, durch eine kristalline Unterlage von grünem Julierartigen Granit ausgezeichnet ist. Nach den Untersuchungen von Trümpy kommen in jenen Quetschzonen am Grunde der Sulzfluhdecke auch rote Granite vor. Woher stammen nun diese typischen Gesteine? Das südliche Bünden ist heute doch so gut bekannt, dass solche charakteristischen Gesteine, wie rote und grüne Granite es sind, der grossen Zahl der Beobachter kaum entgangen wären. Von der Adula weg bis hinauf in die Gneiskerne der Margna in der rhätischen Decke des Öberengadins sind nirgends grüne Granite vom Julier- typus oder gar rote Granite gefunden worden. Wohl aber kennt man diese grünen Granite von der Errdecke nach oben bis in die Languarddecke, vielleicht auch in der Campodecke. Die roten Granite "Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. 403: hingegen sind völlig auf die Berninadecke beschränkt. Die Kom- bination der roten und grünen Granite, wie sie sich an der Sulzfluh findet, ist ebenfalls auf die Berninadecke beschränkt. Die grünen und roten Granite der Sulzfluhdecke sind also typische Gesteine der Berninadecke, und wir sind dem- nach berechtigt, die Sulzfluhdecke und damit auch die mit ihr parallellisierte Klippendecke der Mythen und endlich diejenige der Prealpes als Abkömmlinge der Berninadecke zu betrachten. Die Berninadecke erscheint als die Stammdecke der Klippendecke. Sie ist der rückwärtige Teil derselben. Von dieser Stammdecke wurden durch den Schub der höheren ost- alpinen Massen grosse Partien der Stirnregion nach Norden bis über das Helveticum verschleppt, wo sie heute von ihrer Wurzel und ihrem Stamm völlig losgelöst, als Klippen auf fremder Unterlage schwimmen. Auf solche Abscheerungen deutet übrigens auch das merkwürdige Auskeilen des Kristallins in der „Stirnregion* der Berninadecke nördlich des Engadins hin (vergl. 17, Profil 3). Nach diesen Überlegungen müssten die Berninadecke und damit. auch Err- und Selladecke als lepontinische Decken von den unter- ostalpinen abgetrennt werden. Die Facies von Berninadecke und Errdecke ist aber eine vorwiegend ostalpine und die tief- greifendsten tektonischen und faciellen Grenzen liegen zwischen rhätischer Decke und Err-Selladecke. Wir müssen daher umgekehrt die Klippendecke als unterostalpiner Herkunft anerkennen, und damit ergibt sich das schöne Resultat: Die Klippendecke ist unterostalpin; sie dürfte direkt der Bernina- decke entstammen. Die Brecciendecke der Prealpes und des Rhätikon, welche Lugeon und Trümpy unter die Klippendecke versetzen, dürfte, wie Lugeon in seiner ersten Alpensynthese es darstellt, in der Errdecke zu suchen sein. Die rhätische Decke der Prealpes und des Rhätikon hingegen ist sicher ein Abkömmling der rhätischen Decke des Öber- engadins. Ihre jetzige Lage hat sie durch Überholung der unterostalpinen Schubfetzen beim Vorwärtsschleiffeu am Grunde der oberen ostalpinen Decken, teils auch durch nachträgliche Ver- faltung erlangt. Damit lassen sich alle lepontinischen Decken der Nordschweiz ohne grosse Schwierigkeiten aufteilen in solche penninischer und solche ostalpiner Herkunft. Der Name der lepontinischen Decken darf daher verschwinden, und wir haben in den 404 | Rudolf Staub, Alpen nur mehr drei grosse Deckengruppen, die helvetische, ‚die penninische und die ostalpine. Dass grosse Partien der Berninadecke einst nach Norden ver- ‚schleppt wurden, zeigt zum Teil die Zusammensetzung des Wildflysch und besonders deutlich die der subalpinen Nagelfluh. Da finden wir all die typischen Gesteine der Berninadecken wieder. Rote -Granite, grüne Granite, Banatite, Monzonite, rote Quarz- porphyre liegen in enormen Mengen in der Nagelfluh. Diese roten Granite stammen nicht von Baveno und nicht aus Predazzo in Südtirol, sondern von vorgeschobenen Teilen der Berninadecke, eben der Klippendecke. Dasselbe gilt von den roten Quarzporphyren. Dieselben stammen nicht aus Lugano und nicht aus Bozen, sondern ‚aus dem Oberengadin und sind erst per Deckenschub und nach- her per Flusstransport in die heutige Nagelfluh gelangt. Die Heimat dieser Nagelfluhgerölle sind die unterost- alpinen Decken des Oberengadins, besonders aber die Ber- ninadecke. - | So erscheint denn das Berninagebirge als ein hochbedeutendes ‚Stück Erdrinde, das in der Geschichte der gesamten Alpen eine führende Rolle gespielt hat. | % Tafel VII. Vierieljahrsschr ft 2es, Zürich, Jahrg. 61. 1916, Tel ne 1. Q6eS Ar IN -. 1} I Pontresina., B W I F, f e R + #H 1: 75000. { “ sm + + < 1 > t+++ > + ++ + +++ + u lo; "ie ee + +++ ++ ++ +++ er. +++ + ++ +++ +++ + +++ +t+++ + tt ++ 4r+++tr ++ +++ + ++ +++ +++ kn a aA m +++r++++ + + +++ ++t+t++t++ + er + +++ ++ +++ ++ + er fee Tone en al ++ +++ +++ .——.- +++ + ++++++ + re gngarbegnse t+r% +++ 2 Ja PUh Semmaen u ae \ 3 a an ne . jr ——., + +++++++ + = ze +++ + zZ „p ing + + * BT —— = N, un ++ + + =: SS > PISSERSEEEEeE Beer —Ä ER rs BR en en * n + ee N N r £ m <= Q- + ! + en realer A fi . zZ = Non, + we + ee = en Ri Ze Wr eh 2 3 23: ==> % | m fer —_. ne EETFRTTEIR Qi hr ER un. [) EZ HIN + MR : a: i + } + e— T vi Ta m — + Si! SE ee “2 N ee eg en engen Fragen Aemzibee 8 ker ml x: ’ ern ' [1 Ä PIZu sch! | x \ v ‘ Fl ” di Scerscen \sunze. | N) Le Sela. | an . Be We ee \ = h \ h f + Ba, erscen. un Dell -——.- - -—— nn - Languarddecke, Caraleserie & Bernina-Languarddecke südl.Berninanass. } Berninadecke. Jntrusivgesteine & Quarznornhyr. A Ö a, RS e a u 9 en a Wir m Eu Ta w A > ee Q 00 0,8 er N u Du - CR TEENS = Re Te SS BIER an <3g ei on "0 U = K= E 2.8 S ü O8 an D Q a ‚o ER 5 SsSa .- u rt Se: : . Ra ner ann nr Ss Se: u SECHS [3 SS Ss # 4 u ee, # Motta Balbalera Puschlav b. Angeli Custodi BEER, Cavagliasco Cornicello Pizzo di Verona Zupd P agüzza ’ Piz Bernina Monte di Scerscen Crast ne SS — we m Sn P. Roseg da Sella V En mung V. da Roseg Chapütsch h. Jahrg. 61. 1916 Va! Fex IC Ges, Züri Val Fedoz P. della Margna hrsschrift d. Naturf iertelja V v.Va/ Malenco.Suretladecke. Serpentin {fi Mesozoikum Profil 1. Längsprofil durch das Berninagebirge. 1: 100000, zu Profil 2 und 83 Legende \ u K 3 ) L J ramıE ! Westgrat Piz Surlej Munt Arlas Bocch. d. Forbici Monte Fellaria Cime di Müsella efer derostalpinen Deckenfi == Casannaschr: Val Roseg Piz Roseg p. 3174 v5} u % Er x 9 32 MER Re Ey Q 35 Q oo. Ö x a 5 E ee Teer Q un 8 Ö u 2 = 3 3,2 h3 u) Sıa y N Hi © u. - un ‚S Son ee Sa ea DR SeSTEeN ET 8.5080 NSETOSoN NNW 1500 m “ —.! een er m. iz, ® 4 _\,Z x a a — = ‘ ’ ‘ ' ’ \ » ‘ » “ =. ee A -Z Rhätische Decke. ojaserie — v.Va/ Malenco Mal un Surettadecke- n Serpent fi N Mesozoikum 1, A Berninatal Munt Pers "Arlas Vald Pizzo di Verona Passo Canfinale Corno delle Ruzze Passo d’Uer Passo Canciano Pizzo Canciano una rennen 4 b urch das östlie) Querprofil d Profil 3. Karsten ann ER EREER TEE un use... BER ae \ \ \ N RE FEFER x \ N DD or m {ee} = Tektonische Studien im östlichen Berninagebirge. rer, 405 Benutzte Literatur. . Brösch, E., Geologischer an über das Berninagebiet. Englers bot. Jahrb. 47. Bd. Heft 1—2. Leipzig . CORNELIUS, H. P., Über die ee Decke im Oberengadin nd den südlich be- 1912 nachbarten Gegenden. Geol. Zentrbl. f. Min., Geol. u. Pal. — Petrographische Untersuchungen in den Bergen zwischen Septihar: und Julierpass. Inaug.-Diss. N. J. f. Min. Beilage Bd. 35. 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Flores solitarii vel in corymbis plurifloris. Pedunculi nudi. Receptacula globosa vel glo- boso-ovata. Disco subconico. Sepala exteriora pinnatifida, pinnis angustis lineari-lanceolatis; styli subconnati, columnam tenuem usque ad mm longam formantes, ‚pilosi. — Hab. Bormio, leg. Longa. Die Varietät hat grosse Ähnlichkeit mit Abänderungen der R. stylosa. R. dumetorum Thuill. var. subtomentella Rob. Keller 1. ce. 49. ‚Frutex valide aculeatus. Aculei origine ramulorum floriferorum geminati vel ternati, basi dilatati, leviter curvati. Foliola 7. Stipulae angustae, auriculis acutis. Petioli pubescentes, glandulosi. Foliola supra disperse pilosa, subtus ad nervos densius pilosa, facie subglabra.' ') Auf Wunsch der Verfasser der „Flora von Bormio*, die als Ergänzung zu den von Ernst Furrer publizierten „Vegetationsstudien im Bormiesischen* (Diss Univers. Zürich, publiziert in Vierteljahrsschr. Naturf. Ges. Zürich LIX [1914]) erschien, x 2 : ierten trei utore lassen; sie erscheinen nun an dieser Stelle erstmalig rechtsgültig u Zürich, Bot. Garten, Juli 1916. Hans Schinz. as Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 407 Serratura composita, dentes 1—2 denticulis glandulosis praediti. Flores solitarii vel in corymbis plurifloris. Pedunculi nudi. Receptacula ovalia. Calicis laciniae exteriores pinnis angustis auctae. Petala alba vel pallide rosea. Styli elongati, liberi vel subeonnati, subglabri. — Hab. Bormio, leg. Longa. R. dumetorum Thuill. var. Longae Rob. Keller 1. c. 49. Petioli leviter vel dense pubescentes. Foliola elliptiea, api- culata, basö cuneata, serratura aperta divergenti, composita, denticulis glandulosis, supra glabra, subtus ad nervum medium vel etiam ad nervos secundarios disperse pilosa et + copiose glandulosa. Pedun- culi glabri, sepala dorso eglandulosa, exteriora pinnis angustis elon- gatis praedita. Styli glabri, paulo elongati. Varietas foliolorum forma R. ellipticam imitans.. — Hab. Val Cadolena (Bormio), leg. Longa. R. vosagiaca Desp. var. diversiglandulosa Rob. Keller 1. e. 50 (sub R. glauca Vill.). Aculei graciles, subreeti (is R. montanae similes). Foliola late ovata, serratura composita, subtus partim eglandulosa, partim ad nervos secundarios et nervillos versus foliolorum marginem glandulosa. Flores plerumque solitarii. Pedicelli receptaculis maturis subglobosis breviores, partım glabri, partim glandulis stipitatis + numerosis hispidi. Sepala post anthesin suberecta, dorso glandulosa. Styli lanati. Hab. Eden-Combo (Bormio), leg. Longa. R. coriifolia Fries f. heteracantha Rob. Keller 1. ce. 51. Aculei ramorum haud raro gemminati, leviter curvati, ramulorum floriferorum debiles, setacei, subreeti. Foliola plerumque 5. Stipulae angustae, puberulae. Petioli puberuli, haud raro inermes et sube- glandulosi. Foliola elliptica, mediocria, subuniserrata, supra glabra, subtus ad nervos pubescentia, eglandulosa. Pedunculi breves, glabri. Receptacula globosa. Sepala dorso eglandulosa, post anthesin erecto- patentia. Styli lanati. — Forma var. pseudopsis Gremli. — Hab. Bormio, leg. Longa. R. coriifolia Fries var. montadizzensis Rob. Keller 1. e. 51. Aculei robusti, leviter curvati. Foliola 5—7. Stipulae dilatatae, breves, dense pilosae. Petioli tomentosi et pilis longioribus patentibus villosi, glandulis subsessilibus obsiti. Foliola elliptica, obtusa vel breviter acuminata, basi subrotundata, utringue subtomentosa, nervis prominentibus, villosa. Serralura simplex. Pedunculi breves, partim glabrı, partim disperse glandulosi, partim glandulis setaceis numerosis muniti. 408 Hans Schinz. Feeceptacula globosa, glabra vel basi glanduloso-hispida. Sepala erecta, dorso glandulosa. — Hab. Montadizza, leg. Dr. Furrer. R. coriifolia Fries.var. pseudorhaetica Rob. Keller 1. ec. 52. Aculei plerumque debiles, validiores aculeis subsetaceis intermixti. Foliola 7. Stipulae dilatatae, utrinque pilosae, margine glanduloso- fimbriatae, subtus eglandulosae, auriculis patentibus, acutis. Petioli pubescentes, glandulis atrorubris subsessilibus numerosis obsiti, disperse aciculosi. Foliola elliptica, supra glabra, subtus ad nervos pilosa, eglandulosa. Serratura composita, denticulis glandulosis. Flores saepe solitarii. Pedunculi nudi. Receptacula globosa, sepalis erectis sub- persistentibus, dorso eglandulosis coronata, styli lanati. — Hab. Santel (Bormio), leg. Longa. Eine durch die Heteracanthie die R. coriifolia mit den drüsen- armen Abänderungen der R. rhaetica verbindende Varietät. R. coriifolia Fries var. heterotricha Rob. Keller 1. c. 52. Aculei leviter ewrvati, ii ramulorum floriferorum insigniter debiles, haud raro subsetacei et subrecti. Foliola 5—7. Stipulae partim utringue glabrae et eglandulosae, partim subtus + puberulae et praesertim ad aurieulas glandulosae. Petioli disperse pilosi, crebre glan- dulosi et aciculosi. Foliola elliptica, breviter acuminata, serratura com- plicata, acuta, supra subglabra, subtus ad nervum medium adpresse pilosa vel supra disperse pilosa, subtus ad nervum medium nervosque secundarios villosa. Nervi secundarii versus foliolorum basin + glandulosi, raro pagina inferior foliolorum ad nervos nervillosque crebre glandulosa. Pedunculi breves, nudi. Receptacula subglobosa. Sepala exteriora pinnis paucis aucta. Corolla rubra. Stylorum capitulum lanatum. Hab. Bormio supra Bersaglio, leg. Longa. Auch diese Abänderung der R. coriifolia ist eine Übergangsform zu R. rhaetica. R. coriifolia Fries var. cepinensis Rob. Keller 1. c. 53. Frutex erebre aculeatus. Aculei ramulorum floriferorum leviter eurvati. Foliola 5—7. Stipulae dilatatae, supra glabrae, subtus parce pilosae, eglandulosae, margine glanduloso-fimbriatae, auriculis glanduloso-denticulatis. Petioli puberuli, crebre glandulosi. Foliola ovata, acuminata vel obovata et obtusa, serratura complicata, supra disperse, subtus + dense adpresse pilosa. Peduneuli receptaculis . maturis longiores, glandulis paucis glanduloso-hispidi. Beceptacula globosa, basi saepe glanduloso-hispida. Sepala dorso glandulosa, post anthesin partim suberecta, partim patentia, partim reflexa. Styli lanati. Hab. Clus di Cepina (Bormio), leg. Longa. Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 409 R. montana Chaix var. combensis Rob. Keller 1. ce. 53. Frutex parce aculeatus. Aculei turionum atroviolaceorum dispersi, basi dilatati, leviter inclinati. Aculei ramorum debiles, subsetacei; rami floriferi inermes. Foliola 7, parva, ovata vel obovata, obtusa, subtus pallida, ad nervos nervillosque prominentes eglandulosa. Serra- tura composita. Pedunculi parce (raro crebre) hispido-glandulosi, glandulis debilibus. Receptacula ovata. Sepala dorso eglandulosa vel parce glandulosa. — Hab. Eden-Combo (Bormio), leg. Longa. Eine der verschiedenartigen Zwischenformen zwischen R. montana Chaix und R. glauca Vill. R. obtusifolia Desv. (R. tomentella Lem.) var. spherocarpa Rob. Keller 1. e. 54. Rami aculeis robustis, curvatis, basi dilatatis, saepe geminatis armati. Ramuli floriferi brevissimi. Folia quinata vel septenata. Stipulae dilatatae, auriculis patentibus, subtus villosae, eglandulosae. Petioli villosi, acieulosi, + erebre glandulis subsessilibus obsiti. Foliola minima (maxime 1,6 em longa et 1,2 cm lata) elliptica, supra glabra, subtus in nervo medio nervisque secundariis villosa, eglandulosa. Serratura composita, hine inde dentibus simplieibus intermixta. Flores solitarii. Peduneuli brevissimi (ca. ?/s cm longi), nudi. Sepala dorso eglandulosa. Styli elongati, pilosi. Receptacula matura globosa. Hab. Sondalo, 950 m (Bormio), leg. Dr. Furrer. R. uriensis Lagg. et Pug. var. wniserrata Rob. Keller f. bur- miensis Rob. Keller 1. c. Foliola elliptica, utrinque, subtus in nervis dense, pilosa. Pedun- culi nudi, sed receptacula basi + stipitato-glandulosa vel pedunculi, + haud dense, stipitato-glandulosi. Sepala dorso erebre mn Hab. Bormio-Bagni, leg. Longa. In der Hispidität gleicht die Form ha einer R. glauca Vill. als einer R. uriensis Lagg. et Pug. Aber die Stacheln sind leicht gebogen bis fast gerade. R. rhetica Gremli var. intermedia Rob. Keller 1. ce. 55. Frutex crebre aculeatus. Ramuli floriferi parce heteracanthi. Foliola subeoriacea, anguste elliptica, acuta, basin versus subcuneata, Serratura composita. Foliola supra disperse adpresse pilosa, eglan- dulosa, subtus copiose pilosa, erebre glandulosa. Receptacula globosa, longe peduneulata. Pedicelli nudi. Sepala dorso subeglandulosa, post anthesin patentia, Styli lanati. Hab. Sondalo, 900 m (Bormio), leg. Dr. Furrer. 410 Hans Schinz. Dieser Standort zeigt, dass die Art im Veltlin weiter nach Westen geht, als man bisher glaubte. Heteracanthie und Blattgestalt wie bei der var. thermalis, doch Blütenstiele, Kelchbecher und Kelch- blätter drüsenlos. R. rhetica Gremli var. homeacantha Rob. Keller f. hispida Rob. Keller l. c. 56. Pedunculi partim glanduloso-hispidi. Receptacula nuda vel + glandu- loso-hispida. Sepala dorso glandulosa. Hab. Zolo; leg. Dr. Furrer. — Fumarogo et supra Bagni Nuovi (Bormio), leg. Longa. R. rhetica Gremli var. homeacantha Rob. Keller f. bur- miensis Rob. Keller 1. c. 56. Frutex debiliter aculeatus. Foliola obovato-cuneata, supra adpresse pilosa, eglandulosa, subtus densius pilosa, parce et subtiliter glandulosa, margine biserrata, denticulis glandulosis, hinc inde dentibus glandulis sessilibus marginatis. Pedunculi breves, nudi. HReceptacula ovata. Sepala erecta, dorso eglandulosa. Styli lanati. Hab. San Pietro (Bormio), leg. Longa. R. rheetica Gremli var. cadolenensis Rob. Keller 1. c. 56. Frutex homoeacanthus. Stipulae utrinque glabrae, margine glandu- loso-denticulatae, subtus eglandulosae vel parce glandulosae. Petioli glandulis subsessilibus et singulis glandulis setaceis crebre glandulosi, aculeis debilibus subsetaceis, hine inde apice glandulosis. Foliola ovata vel elliptica, basi subrotundata vel late subcuneata, breviter acuminata, serratura composita, supra glabra, subtus in nervo medio nervisque secundariis parce et adpresse pilosa. Glandulae suprafoliariae sparsae, subfoliariae erebrae. Receptacula breviter pedunculata. Pedicelli ‚glandulis stipitatis debilibus longisque obsiti. Sepala dorso crebre glandulosa. Hab. Val Cadolena (Bormio), leg. Longa. R. rhetica Gremli var. grandifrons Rob. Keller 1. ce. 56. . Ursache Stipulae magnae, dilatatae, margine dense gland riatae, subtus glandulis crebris vel + evanidis obsitae. Petioli parce deübe Foliola foliorum ramulorum floriferorum magna, usque ad 4'/s cm longa et 3 cm vel ultra lata, supra glabra vel disperse pilosa, subtus in nervis pilosioria, .glandulosa. Inflorescentia corym- bosa. Pedicelli glanduloso-hispidi. Sepala dorso glandulosa. Hab. Supra Bormio, leg. Longa. Bi Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 411 Eine der die homaacanthen Abänderungen der R. rhastica mit R. coriifolia verbindenden Formen. R. rhetica Gremli var. villosa Rob. Keller f. subhispida Rob. Keller 1. c. 57 Pubescentia var. villosae minus densa. Foliolorum serratura apertior, dentibus glanduloso-denticulatis acutioribus. Pedicelli partim glandulis stipitatis debilibus muniti et sepala dorso disperse glandulosa. Hab. Supra Campello (Bormio), leg. Longa. R.rhetica Gremli f. subvillosa Rob. Keller 1. c. 57, differt a var. villosa typica foliolis parvis, supra dissolutius pubescentibus, ser- ratura minus complicata, sed acuta, glandulis subfoliariis nume- rosis. Hab. Montadizza, 900 m (Bormio), leg. Dr. Furrer. R. eglanteria L. (R. rubiginosa L.) var. comosa Christ f. Longe Rob. Keller ]l. c. 57. Foliola parce pilosa, oblongo-elliptica, saepe basi cuneata. Pedi- celli parce glanduloso-hispidi. Hab. Versus S. Pietro (Bormio), leg. Longa; inter Calose et Fumarogo (Bormio), leg. Longa. R. micrantha Sm. var. typica Chr. f. inermis Rob. Keller 1. 6.58 Rami floriferi inermes. Pedicelli breves; styli capitulum sub- glabrum formantes. Hab. Supra Serravalle; versus Uzza (Bormio), leg. Longa. Je. mierantha Sm. f. cadolenensis Rob. Keller 1. e. 58. Frutex valide aculeatus, homoeacanthus. Folia laete viridia, petiolis et foliolis subglabris. Foliola ovata, basi subrotundata vel sub- cordata, subacuta, serratura aperta, complicata. Pedunculi partim glanduloso-hispidi, partim valido-setosi. Sepala dorso glandulosa. Styli + a, pilosi. rer ovata. x Hab. Oga (Bormio), leg. Longa. R. mierantha Sm. var. trichostyla Rob. Keller 1. c. 58. Rami floriferi inermes. Foliola late ovata, breviter acuminata vel apice subrotundata, supra glabra, subtus disperse pilosa. Peduneuli crebre hispido-glandulosi. Receptacula globosa. Sepala post anthesin reflexa. Styli elongati, dense pilosi. Hab. Versus Casa d’Areit (Bormio), leg. Longa. 412 Hans Schinz. R. coriifolia Fr. f. aciculosa Rob. Keller nov. f. Aculei ramorum floriferorum breves, debiles, e basi dilatata + decur- rentes, inclinati, summi subrecti, acieulosi. Folia 5-foliolata. Stipulae latae, utrinque + pubescentes. Petioli pubescentes, önermes et parce glandulosi. Foliola utringue adpresse pilosa, subtus + pubescentia, simplieiter serrata vel dentibus hine inde denticulo unico accessorio praeditis; foliola terminalia elliptica, bası rotundata, apice breviter acuta. Bracteae pedunculos duplo superantes. Pedunculi nudi. Re- ceptacula ovata. Sepala post anthesin partım reflexa, partim patentia vel + ereeta. Styli breves, setoso-pilosi, sed haud capitulum lanatum formantes. Gehört in die Gruppe B (Synopsis A. und G. VI, 209). Oberhalbstein (Kt. Graubünden), zwischen Reams und Savognin, am Fussweg, 28. VII. 1914, leg. Hans Schinz. Gentiana ramosa URL nov. f. Zactiflora Ronniger 1. ce. 75. Corolla alba. Forbesana, 2400 m (Bormio), leg. Longa. Gentiana anisodonta Borbas var. calyeina (Koch) Wettst. X campestris L. var. istandica Murbeck (G. Schinzii Ronuiger nova hybr.) 1. c. 75. Biennis. Caulis erectus, 5—14 cm altus, iam a basi ramosus, ramis erecto-patentibus, inflorescentiam racemosam formantibus. Folia basalia spathulata, versus apicem rotundato-obtusa, media et superiora triangulari-lanceolata, acuta, omnia in margine minutissime papillosa. Flores tetrameri, pentameris intermixtis. Calyx glaber, in angulis tubi et in margine dentium albo-ciliatus, dentibus conspicue inaequalibus, duobus multo majoribus, basi ovato- dilatatis, et finitimos tegentibus, in parte libera sensim acuminatis et margine revolutis, dentibus aliis länceolatis margine revolutis, omnibus tubo longioribus, sinubus acutis. Corolla 15—18 mm longa, tubo salyai aequilongo, violacea. Germen subsessile. Weiden am M. Scorluzzo 25—2700 m (Bormio), leg. Longa. G. Schinzii steht in ihren Merkmalen zwischen den Hochalpen- formen der G. anisodonta Borb. und der G. campestris L., mit denen sie zusammen vorkommt, in der Mitte. Sie unterscheidet sich von G. anisodonta durch die zum grösseren Teile 4zähligen Blüten, dadurch, ass die zwei grösseren Kelchzipfel meist breiter sind und durch fast sitzende Fruchtknoten; von G. campestris durch zum Teil 5zählige Blüten, .die stets umgerollten Ränder der Kelchzipfel und spitze Stengel- TE St FE Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 413 blätter. Die Pollenkörner erwiesen sich zu ca. 40 °o als klein und verschrumpft. Ich erlaube mir, diese interessante Hybride, welche sich nur in wenigen Individuen vorfand, nach Herrn Prof. Dr. Hans Schinz, dem eifrigen Förderer floristisch-systematischer Studien, dem auch ich zahlreiche Anregungen verdanke, zu benennen. Die Pflanze wurde seither (1913) auch jenseits des Stilfser Jochs, in Tirol (nahe dem „Weissen Knott“) von meinem Freunde Joh. Vetter (Wien) gefunden (Ronniger). Hieracium Dollineri Sch.-Bip. ssp. addanaum Zahn 1. c. 102, nov. SSp. H. Dollineri ssp. Dollineri « sublevigatum Beck valde simile at differt foliis caulinis ad 8 lanceolatis cito minoribus v. + reductis. Verosimiliter irriguum-glaucum. Greti dell'Adda e del Fradolfo presso Bormio, 1200 m, 24. VII. 1911; leg. Longa. Hieracium integrifolium Lange ssp. acrotephrophorum Zahn 1. c. 103, nov. ssp. Ab A. integrifolio foliis caulinis sat parvis, anthela oligocephala, involueris obsceuris canofloccosis praecipue differt. Folia denticulata. Pili densiusculi breves. Grasiger Waldrand Boerio, 2100 m (Bormio), leg. Longa. 414 Hans Schinz. 2. Weitere Beiträge zur Nomenklatur der Schweizerflora. (VL) Von Hans Schinz und Albert Thellung Cystopteris Filix fragilis (L.) Chiovenda in Ann. di Bot. I (1904), 210. Polypodium F. fragile (sie!) L. Spec. pl. ed. 1 (1753), 1091; Syst. ed. 10, II (1759), 1327. Polypodium fragile L. Fl. Suec. ed. 2 (1755), 374!; Spec. pl. ed. 2, II (1763), 1558. Aspidium fragile Sw. in Schrader Journ. f. d. Bot. 1800, II (1801), 40. Cystopteris fragilis Bernh. in Schrader Neues Journ. I, 2. Stück (1806), 27! t. I, £. 9!) et auct. fere omn. „F. fragile*, wie Linne den Artnamen ursprünglich schrieb, ist zweifellos, nach Analogie von Polypodium „F. mas“ und „F. fe- mina*, eine Abkürzung für „Filix fragilis“,; der vollständige Name unserer Art hat daher richtigerweise, wie Chiovenda (l. ec.) her- vorhebt, Cystopteris Filix fragilis zu lauten. 4Allosorus cerispus (L.) Röhling Deutschl. Fl. ed 2, III, 1 (1813), 31 („Allosurus“)!; Bernh. ex Sprengel Syst. IV, 1 (1827), 65!; cf. Bernhardi in Schrader Neues Journ. I, 2 (1806), 36. Osmunda crispa L. Spec. pl. ed. 1 (1753), 1067. Pteris crispa All. Fl. Pedem. II (1785), 284. Als Autor zu Allosorus erispus wird meist zitiert: „Bernhardi in Schrader N. Journ. f. d. Bot. I, 2 (1806), 36°)“, an welcher Stelle jedoch Bernhardi nur sagt, dass Pteris crispa zur Gattung Allosorus gehöre. Die Kombination Allosorus erispus findet sich nach freund- licher Mitteilung von Herrn H. Woynar-Graz zum erstenmal (ohne ennung eines Autors) in Röhling’s Deutschlands Flora (l. c., unter dem korrumpierten Gattungsnamen Allosurus, was indessen wohl der Gültigkeit der Kombination keinen Eintrag tut), sodann (mit der Autorschaft von Bernhardi und unter dem korrekten Gattungs- namen) in Sprengel’s Systema (1827). ‘) Die Gültigkeit der von Bernhardi gebildeten Kombination ist schon an- 'gefochten worden; zu Unrecht, wie wir glauben, da der Name sowohl auf $. 27 (mit deutlicher Bezugnahme auf das S. 26 genannte Aspidium fragile), als auch auf der zitierten Tafel steht ?) Ascherson und Graebner, Syn. ed. 1, I, 86 (1896), ed 2, I, 134 (1912) geben fälschlich die Seitenzahl 30 an. Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 415 Eupteris Newman in The Phytologist II (1845), 278. Pteridium Scop. Fl. Carn. ed. 1 (1760), 169 ex p.; Kuhn Botanik v. Ost-Afr. in v. d. Decken Reise III, 3 (1879), 11; Luerssen Farnpfl. (1884), 100. Thelypteris Schmidel Icon. plant. ed. J. C. Keller (1762), 45 t. ll ex p. (sec. H. Woynar in Hedwigia LVI [1915], 385 not.); Adanson Fam. pl. II (1763), 20 ex p. i Cineinalis Gleditsch Syst. pl. (1764), 290; Trevisan in Atti Ist. Veneto ser. 3, T. 14 (1869), 588 et Syll. Sporoph. Ital. I (1874), 31 [eit. sec. H. Woynar] ex p. Ornithopteris (Agardh) J. Smith Hist. Fil. (1875), 297 ex p. Wir hatten (Vierteljahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich LX [1915], | 341—2) den bekannten und vielfach eingebürgten Namen Pteridium zu verteidigen gesucht, müssen nun aber den uns brieflich gemachten Ausführungen von Herrn H. Woynar-Graz beistimmen, dass Pteridium Scop. ein totgeborener Name ist und als solcher unbedingt verworfen werden muss. Scopoli’s Pteridium (nach dem Vorgang von Gleditsch [1750] aufgestellt) entspricht nämlich nach der Definition!) der Linn&@’schen Pteris, welch’ letztern Namen Scopoli gleichzeitig, ebenfalls nach Gleditsch, im Sinne von Dryopteris (= Polypodium L. ex p.)?) verwendet, während der Name Polypodium ganz fehlt. Es liegt also, ohne dass irgend ein Fortschritt in der systematischen Anordnung und Abgrenzung der genannten Farngattungen erkennbar wäre, eine Reihe von ganz willkürlichen und unbegründeten Änderungen der durch Linne 1753 festgelegten Nomenklatur vor, die für die Folgezeit in keiner Weise massgebend sein können. Die Aufstellung eines neuen Gattungsnamens war erst dann gerechtfertigt, wenn gleichzeitig Pteris in einer den Regeln entsprechenden Weise restrin- giert wurde, was zum erstenmal 1845 durch Newman geschah,?) !) Dass Seopoli unter Pteridium nur eine Art anführt, hat seinen Grund nicht etwa in einer Restriktion der Gattung, sondern in der Beschränkung auf das Florengebiet des Autors, in dem keine Pteris-Art (im heutigen Sinne) vorkommt. ) Die beiden von Scopoli aufgeführten Pferis-Arten entsprechen D. Filix mas und D. Lonchitis., e Restriktion der Gattung Pteris durch Newman erfolgte zwar nicht deutlich Si der heutigen, aber doch in einer nach den Nomenklaturregeln annehm- Ki, baren Bedeutung, nämlich für einen Teil der Linn&’schen Gattung Pteris („a group en still retains the original appellation of Pteris*). Einmal erwähnt Newman Ausspruch‘, dem der Autor selbst keine weiteren Konsequenzen gegeben hat, und der daher der Tatsache der rechtsgültigen Ausscheidung von Eupteris keinen Eintrag zu tun vermag. 416 Hans Schinz. während die Wiederaufnahme von Cincinalis durch Trevisan erst von 1869, diejenige von Pieridium durch Kuhn vom Jahre 1879 datiert. Die Namen Thelypteris Schmidel, Adanson und Cineinalis Gleditsch sind im gleichen Sinne totgeboren wie Pteridium Scop.; die Wiederaufnahme von Cineinalis durch Trevisan (1869, 1874) war daher, nachdem inzwischen Eupteris 1845 regelrecht publiziert worden war, ungerechtfertigt. Die von Ascherson (Synopsis I, 82 [1896]; ed. 2, I, 129 [1912]) gegen Eupteris erhobenen Einwände können wir so wenig als H. Woynar (in Hedwigia LVI [1915], 382) als stichhaltig anerkennen; die internationalen Nomenklaturregeln, die z. B. Eusideroxylon als Gattungsnamen zulassen (Empf. IV g), bieten keine Handhabe zur Verwerfung derartig gebildeter Namen, und die Pteris (der alten Schriftsteller) par excellence mit Eupteris zu bezeichnen, erscheint uns weniger. widersinnig, als für unsern grössten einheimischen Farn die Deminutivform Pteridium anzuwenden. Unsere Art — die einzige von den neueren Systematikern an- erkannte der Gattung — hat daher zu heissen: Eupteris aquilina (L.) Newman in The Phytologist II (1845), 278. Pteris aquilina L. Spec. pl. ed. 1, II (1753), 1075. Cineinalis aquilina Gleditsch Verm. Abh. I (1765), 24 [see. H. Woynar in Hedwigia LVI (1915), 383]; Trevisan Syll. Sporoph. Ital. I (1874), 31. Örnithopteris aquilina J. Smith Hist. Fil. (1875), 298. Pteridium agquilinum Kuhn Botanik v. Ost-Afr. in v. d. Decken Reise III, 3 (1879) 11. Botrychium matricariifolium | „matricariaefolium“] (Retz.) A. Br. [in Döll Rhein. Flora (1843), 24 (pro syn.) et] in Koch Syn. ed. 2, III (1845), 972. [Lunaria racemosa minor Matricariae folio Breyne Cent. 1(1678), 184 t. 94. Osmunda Lunaria ö matricariaefolia Retz. Fl. Scand. Prodr. (1779), 203 (pro parte?) [sec. H. Woynar in Mitteil. Naturw. Ver. Steierm. XLIX, 1912 (1913), 136]. Botrychium lunaria b) matricariaefolium Döll Rhein. Fl. (1843), 24. Osmunda Lunaria ß Willd. Prodr. fl. Berol. (1787), 288 pro 5 parte? Osmunda ramosa Roth Tent. fl. Germ. I (1788), 444 pro minima parte ?? Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV), 417 Osmunda Lunaria ß ramosa Roth Tent. fl. Germ. III, 32 (1799) !) pro minima parte?? Botrychium ramosum Ascherson Fl. Brandenb. I, 906 (1864) et auct. rec. plur. [non Sailer 1841; cf. H. Woynar in Mitteil. Naturw. Ver. Steiermark XLIX, 1912 (1913), 126/7]. Botrychium rutaceum Willd. Spec. pl. V (1810), 62 pro parte et auct. nonnull. — non (Liljeblad)?) Sw. 1801. In unserer letzten (V.) Nomenklaturstudie (Vierteljahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich LX [1915], 343/4) hatten wir, im Gegensatz zu den Ausführungen von H. Woynar (Mitteil. Naturw. Ver. Steierm. XLIX, 1912 [1913], 122—138), den Namen B. ramosum zu verteidigen gesucht mit der Begründung, dass Roth bei der Aufstellung seiner Osmunda ramosa als erster die ©. Lunaria B spieis lateralibus, fron- dibus geminatis bipinnatis: pinnis ineisis Willd. Prodr. fl. Berol. (1787), 238, deren Identität mit B. matricariifolium allgemein anerkannt werde, zur Art erhoben habe, da er, ohne eine eigene Beschreibung zu geben, lediglich Willdenow’s Diagnose kopiert habe; endlich seien die [nach Osmunda ramosa] nächst ältesten Namen B. rutaceum und B. matricariifolium durch jüngere Homonyme verwirrt. Durch briefliche Ausführungen von Herrn H. Woynar in Graz mussten wir uns jedoch überzeugen lassen, dass unsere nach Ascherson (Synop- sis I, 106/7 [1896]: ed. 2, I, 164/5 [1912]) wiedergegebenen Argumente teils unzutreffend, teils höchst anfechtbar sind. 1. Die Identität von O. Lunaria % Willd. mit B. matrieariifolium steht keineswegs so einwandsfrei fest, wie Ascherson annimmt. Einmal zitiert Will- denow als Synonym die Lunaria racemosa ramosa major ©. Bauhin Pin. (1623), 355, die nach dem Synonym von Camerarius einer missbildeten Form von B. Lunaria entspricht; sodann passt Will- denow’s Diagnose (nach Woynar in Mitteil. Steierm. l. c. 123 unten) eigentlich besser auf B. multifidum (Matricariae, rutaceum), das um Berlin gleichfalls vorkommt, als auf B. matricariifolium, und wenn sich auch heute (nach Ascherson) in Willdenow’s Herbar unter Nr. 19446 (als B. rutaceum) ein missbildetes Exemplar von B. matri- cariüfolium vorfindet, das im besten Fall das Belegstück für einen der 3 von Willdenow angegebenen Fundorte darstellt, so ist dies mehr nur ein Zufall, da z. B. im Herbarium Sonder (jetzt in Mel- bourne) nach Milde (vgl. Woynar I. c. 1913, 137, Absatzanfang) beide Arten, von Willdenow als B. rutaceum bezeichnet, aus Berlin vorliegen. Willdenow’s Osmunda Lunaria ß umfasst also einmal !) sec. H. Woynar in Mitteil. Naturw. Ver. Steiermark XLIX, 1912 (1913), 127 et not. 2) cf. H. Woynar l. ce. 135 (et 133). 418 Hans Schinz. (nach dem Syn. Bauh.) monströses B. Lunaria, sodann (nach der Diagnose und gewissen Exsikkaten) B. multifidum, endlich noch als kleinsten (und sicherlich unwesentlichsten, nur aus dem Herbar er- schlossenen, mit der Beschreibung schlecht im Einklang stehenden) Bestandteil B. matricariifolium. 2. Roth hat, wie der Vergleich der Diagnosen lehrt, Willdenow nicht wörtlich kopiert; er beschreibt vielmehr seine O0. ramosa: racemis lateralibus, frondibus bipinnatis: pinnis ineisis, hat also bei „frondibus“ das Wort „geminatis“ weg- gelassen, aus dem sehr einfachen und triftigen Grunde, weil es für die von ihm im Auge gehabte Pflanze — die O. Zunaria B L., d.h. eine missbildete Form von B. Zunaria, auf die sich auch alle übrigen von Roth im ergänzenden 3. Bande (1799) seiner Flora aufgeführten Zitate beziehen — nicht passt. Wenn Roth daher Willdenow (übrigens nicht einmal mit Namen, noch unter Anführung seines Werkes!) zitiert, so geschieht dies nur mit Rücksicht auf die von dem letztern Autor übernommenen Berliner Fundorte, die Roth nachder ganzen Darstellung als zu seiner Osmunda ramosa (im oben genannten Sinne) gehörig annehmen musste; aber Willdenow’s Pflanze (B. matricariifolium), die zu Roth’s Diagnose nicht passt, lässt sich als Bestandteil der O. ramosa Roth nicht nachweisen. 3. Der Name B. rutaceum Willd. (1810) kann mit Rücksicht auf das ältere Swartz’sche Homonym (grösstenteils = B. multifidum), weil auf Umdeutung des Swartz’schen Namens beruhend, als „totgeboren* nicht ernstlich für unsere Art in Frage kommen. Was endlich noch das B. matricariaefolium Fries (1846) betrifft, das nach der Meinung Ascherson’s der Verwendung von B. matricariifolium A. Br. (1845) hinderlich sein soll, so gebraucht Fries (Summa Veg. Scand. I [1846], 252) den Namen mit dem Autor „Breyn t. 94“ [also mit Anführung der Urquelle unseres B. matricarüfolium!], sodann S. 294 (angeblich im Sinne von B.lanceolatum), wie uns Herr Woynar aufmerksam macht, lediglich mit einem vorgesetzten Stern (*), d.h. für eine nach seiner Auffassung nicht genügend definierte, also nicht vollwertige Art, auch hat der Name im Fries’schen Sinne nie weitere Verbreitung gefunden. Es besteht also kein Opportunitätsgrund und auch keine Möglich- keit, den Namen B. ramosum zu retten gegenüber dem sehr be- zeichnenden Epitheton matricarüifolium, das zudem den Vorzug be- sitzt, der polyonymen Bezeichnung des ersten Entdeckers der Art, Breyne, entnommen zu sein. Pinus Mugo Turra in Giorn. d’Ital. spett. alle Sc. nat. I (1765), No. XIX (10. Nov. 1764), 152! et Fl. Ital. Prodr. (1780), 67; L. Grande in Bull. Orto Bot. Napoli IV (1914), 184. nn Ei > } “ Bi Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 419% Pinus montana Miller Gard. Diet. ed. 8 (1768), Nr. 5°; Du Roi Obs. bot. (1771), 42 et auct. Pinus Mughus Scop. Fl. Carn. ed. 2, II (1772), 247. Turra’s Spezies ist (l. c.)") mit dem Synonym Pinus sylvestris montana altera Bauh. Pin. 49, Seguier Veron. II, 256 publiziert, was. nach Art. 37 der internationalen Nomenklaturregeln einer rechts- gültigen Veröffentlichung entspricht. Setaria glauca (L.) |Pal. Agrost. (1812), „5l“ (sec. auct.)?) et 178 (nomen nudum!)] Roemer et Schultes Syst. veget. II (1817), 490 et auct. rec. Panicum glaucum y L. Spec. pl. ed. 1 (1753), 56. Panicum glaucum L. Syst. nat. ed. 10, II (1759), 870, Spee. pl. ed. 2, I (1762), 83 et auct. plur. Pennisetum. glaucum R. Br. Prodr. N. Holl. I (1810), 195. Chetochloa glauca Seribner in Bull. U. S. Dept. Agrie. Agrost. IV (1897), 39. Panicum lutescens Weigel Obs. bot. (1772), 20. Chetochloa lutescens Stuntz in U. S. Dept. Agrie., Bur. Pl. Ind., Invent. of Seeds and Pl. Import. by the Off. of For. Seeds. and Pl. Introd. No. 31 (1914), 86 [Hitchcock in litt.]°); Hitcheock in Amer. Journ. of Bot. II (1915), 299. !) In der gleichen Zeitschrift finden wir noch die zwei folgenden, in der neuern Literatur allgemein übergangenen (auch von L. Grande anscheinend übersehenen) Namen rechtsgültig publiziert: 1. Rosa inermis Turra 1. c. I (1765), Nr. XVI (20. Ott. 1764), 128! (cum deser. et syn.: Rosa non spinosa, calyeis foliolis indivisis, fructu oblongo Haller Helv. 348, Seguier Veron. III, 297); Delaun. ex Miller Gard. Diet. ed. 8 (1768), No. 6 (Ind. Kew.) = R. pendulina L. (1753) = R. alpina L. (1762). Biscutella anchusifolia ger Turra 1. e. (1765), Nr. XVIu (3. Nov. 1764), 144! (cum deser. et syn.: Thlaspidium anchusae folio Tourn. Inst. 215. Thlaspi Yiebutalfhehn luteum anchusae folio Bocc. mus. 2. p. 122 t: 422), Biscutella sempervirens L. Mant. II (1771), 255 (spec. dubia a nuperioribus ecta). Die Identität der beiden Arten geht aus den Synonymen hervor. Während De Candolle (Syst. I [1821], 416) era) B. Bade eh richtig als Synonym „B. anchusaefolia Turr. giorn. venez. t. I ex Vitm. summ, 4. p. 33° aufführt, kennt der Index Kewensis nur eine „B. anchusaeoli Tenore ex Steudel Nom. ed. 2, I (1840), 206°, die= B. sempervirens L. gesetz ?2) Hier findet sich formell nur die Kombination Panicum glaucum! 3) Wir verdanken der Freundlichkeit des Herrn A. S. Hitchcock, Systematie \ Agrologist am Bureau of Plant Industry in Washington, die Kopie der Stuntz’schen Notiz, sowie den Hinweis auf seine eigene frühere. Arbeit: Types American. Grasses (1908). „> 420 Hans Schinz. Panicum glaucum L. Spec. pl. ed. 1 (1753), 56 ist folgender- massen publiziert worden: glaucum. 2. PANICUM spica tereti, involucellis bifloris fasci- eulato-pilosis. Fl. zeyl. 44. Gramen alopeceuroides maderaspatanum, spica quasi geniculata molli. Pluk. alm. 177. t. 190 f. 6 ß. Gramen paniceum s. Panicum sylvestre, simpliei spica. Scheuch. gram. 46. y. Panicum spica simplici, aristis aggregatis flosculo subjectis. Gron. virg. 134 Panicum indicum altissimum, spieis simplieibus mollibus in foliorum alis, pediculis longissimis insidentibus. Tournef. inst. 515. Habitat in Indiis. C) Setae in spica longitudine flosculorum. Foliorum vaginae oris pilosae. Dum spica recens prodiit Flosculi in series dispositi observantur. Linne&’s Spezies setzt sich mithin aus 3 verschiedenen Bestand- teilen zusammen, deren erster ohne besondere Bezeichnung bleibt, während die 2 folgenden durch ß bezw. y gekennzeichnet werden. Die an erster Stelle genannte Pflanze der Flora Zeylanica ist nach Stuntz und Hitchcock (ll. ce.) die als Pennisetum americanum (L.) K. Schumann (= P. spicatum [L.] R. Sch. = P. typhoideum [Gmelin] Pers.) bekannte Kulturpflanze der Tropen und Subtropen [die Plu- kenet’sche Figur (Phytogr. [1691], t. OXC £. 6!) ist uns zweifel- haft]. Die als Var. ß angeführte Scheuchzer’sche Pflanze (Agrost. Helv. [1719], 46!) ist zweifellos mit $. viridis (L.) Pal. identisch, wie Linn& selbst später (Syst. nat. ed. 10, IL [1759], 870) annimmt, und was auch Gaudin (Agrost. Helv. I [1811], 17; Fl. Helv. I [1828], 152) bestätigt. Die Gronov’sche Pflanze (Fl. Virg. II [1743], 134) endlich (= var. y L.) gehört nach Hiteheock (Types of Ame- rican Grasses, in Contrib. U.S. Nat. Herb. XII, part 3 [1908], 129), wie das im British Museum in London aufbewahrte Originalexemplar (Clayton nr. 579 aus Virginien) lehrt, zu der allgemein als Setaria ‚glauca bekannten Pflanze. Linne’s: Spezies von 1753 ist also ene Sammelart, die 3 verschiedene Arten umfasst. Nach Art. 47 der internationalen Regeln muss nun bei der Aufteilung des Panicum glauceum L. der Name für diejenige Form beibehalten werden, die zuerst unterschieden und beschrieben worden ist; keineswegs aber muss dies, wie manche Autoren wollen (vgl. Vierteljahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich LVII [1913], 88— 89) notwendigerweise die Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV), 421 an erster Stelle stehende Teilspezies sein. Nun hat Linn& selbst 1759 (Syst. 1. c.) den Namen P. glaucum im Sinne der Setaria glauca auct. restringiert, indem er die frühere Var. y zur Art erhob, die nicht hieher gehörigen Synonyme ausschaltete und der Beschreibung die entscheidende diagnostische Phrase „seminibus undulato-rugosis“ beifügte, welches Vorgehen nach dem erwähnten Artikel für alle Zukunft massgebend und verbindlich war. Wir können uns daher der Auffassung unserer amerikanischen Fachgenossen, die das Pani- cum glaueum L. im Sinne von Pennisetum americanum restringieren und für diese Pflanze sogar die ganz missverständliche Kombination Pennisetum glaucum (L.) R. Br. verwenden — Robert Brown selbst verstand ja unter seinem Namen unsere Setaria glauca,; zudem sind Panieum glaucum L. und P. americanum L. gleich alt (auf derselben Seite publiziert!), so dass sich die Beibehaltung der Kombination Pennisetum americanum auf jeden Fall empfiehlt —, nicht anschliessen, sondern halten dafür, dass der Name Setaria glauca (L.) R. Sch. für unsere in Frage stehende Art beibehalten werden kann und muss, um so mehr, als nach Munro (in Journ. Proc. Linn. Soc. VI [1862], 38) auch Linne&’s Herbarexemplar des Panicum glaucum zu Setaria glauca auct. gehört. Trichoon Phragmites (L.) ist unter der Autorschaft Schinz und Thellung zum erstenmal aufgestellt worden in Schinz und Keller, Flora der Schweiz, I. Teil, 3. Auflage (März 1909), 646 und wurde von uns begründet in der Vierteljahrsschr. Naturf. Ges. Zürich LI (1908), Heft IV (4. April 1909), 587. Dr. A. B. Rendle am British Museum in London macht mich (Schinz) nun aber brieflich darauf aufmerksam, dass die Kombination Trichoon Phragmites ältern Datums ist und von ihm selbst erstmalig verwendet wurde in Welwitsch Cat. Afr. Plants II, part I (1899), 218, so dass ihm die Autorschaft zufällt. Carex diversicolor Crantz Instit. I (1766), 405; L. Grande in Bull. Orto Bot. Napoli IV (1914), 242. Carex flacca Schreber Spiceil. fl. Lips. (1771), App. n. 669. Carex glauca Seop. Fl. Carn. ed. 2, II (1772), 223. Carex recurva Hudson Fl. Angl. ed. 2 (1778), 413. Carex Micheliana Sm. in Trans. Linn. Soc.. V (1800), 270. Vgl. Bull. Herb. Boiss. 2° ser. VII (1907), 570 und VER jahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich LVIII (1913), 48. C. diversicolor Crantz ist a. a. OÖ. zwar mit sehr kurzer, zur Erkennung der Art kaum ausreichender me u FE . i Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 493 Hans Schinz. sexu distinetis: masculis pluribus“: „Carex spieis masculis pluribus, femineis subsessilibus capsulis obtusiusculis“) publiziert und wird dementsprechend in der neueren Literatur entweder gar nicht oder unter den zweifelhaften, nicht aufklärbaren Arten angeführt. In- dessen genügt das angeführte Synonym: Cyperoides foliis Caryophylleis, caule exquisite triangulari, spieis habitioribus, squamis curtis, obtuse mucronatis, capsulis turbinatis, brevibus, confertis Micheli Nov. pl. gen. (1729), 62 t. 32, fig. 12!, wie L. Grande (l. c. 243) hervorhebt, vollständig zur Erkennung der Art; wie aus der guten Abbildung und (nach dem Zeugnis von Bertoloni Ameen. Ital. [1819], 206 nach Grande ]. e.) auch aus Micheli’s Herbar hervorgeht, handelt es sich um eine Form der (. flacca, die später von Smith (1800), unter Bezugnahme auf Micheli’s Pflanze, als eigene Art: ©. Micheliana abgetrennt worden ist und jetzt meist unter der Bezeichnung (. glauea var. ambleocarpa (Willd.) Schur oder var. Micheliana (Sm.) A. et 6. geht. Zu C. acutiformis Ehrh., zu der sie von Kükenthal (Cyperac.- Cariecoid., in Engler’s Pflanzenreich IV. 20 [1909], 733) mit Fragezeichen gezogen wird, kann C. diversicolor trotz einer gewissen Ähnlichkeit in der Tracht nicht gehören, da das Fehlen eines ausgeprägten Schnabels am Fruchtschlauch sowohl aus der Abbildung Micheli’s (vgl. auch die Detailfigur 52!) als aus der Beschreibung Crantz’ deutlich hervorgeht. Melilotus sicula (Turra) Jackson Ind. Kew. II (1895), 199; L. Grande in Bull. Orto Bot. Napoli IV (1914), 181. Trifolium Melilotus sicula Turra Farset. (1765), 12 [teste L. Grande ]. e.]; Vitman Summa pl. IV (1790), 326. Trifolium messanense L. Mant. II (1771), 275 (an Hill 1767?). Melilotus messanensis All. Fl. Pedem. I (1785), 309 et auct. Trifolium Melilotus minima All. Auct. syn. meth. stirp. h. Taur. 76 in Misc. Taur. III, 1770—3 (1774); ef. Bull. Herb. Boiss. 2° ser. VII (1907), 572 not. Douglasia Vitaliana (L.) Pax in Engler’s Bot. Jahrb. X (1889), 245 in Obs. et in Engler-Prantl Nat. Pflanzenfam. IV, 1 (1891), Primulac. (1889), 109. Wie L. Grande (Bull. Orto Bot. Napoli TV [1914], 170) richtig . ' hervorhebt, bilden Bentham u. Hooker fil. (Gen. pl. II, 2 [1876], 632) die ihnen zugeschriebene Kombination Douglasia Vitaliana nicht. Androsace multiflora (Vandelli) Moretti in Bibl. Ital. NXVIHI (1822), 344 [teste L. Grande in Bull. Orto Bot. Napoli IV (1914), 158]. Androsace imbricata Lam.; vrgl. Vierteljahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich LX (1915), 360. Mitteilungen aus dem botan, Museum der Universität Zürich (LXXV). 423 Valeriana sambucifolia Mikan in Pohl Tent. fl. Bohem. I (1810), 41. Valeriana officinalis subsp. sambucifolia Brig. in Ann. Cons. et Jard. bot. Geneve XVII (1914), 327. Valeriana excelsa auct. nonnull; Schinz und Keller, Fl. der Schweiz, 1. Aufl. (1900), 497; Schinz u. Thellung in Viertel- jahrsschr. Naturf. Ges. Zürich LIIH (1908), Heft IV (1909), 586 — non Poiret. Valeriana officinalis sous-espece V. excelsa Rouy Fl. France VIII (1903), 84 ex parte. V. excelsa Poiret in Lam. Encyel. VIII (1808), 301 ist nicht, wie manche Autoren annahmen, ein älterer Name für V. sambucifolia Mikan (1810), sondern nach Briquet u. Cavillier (in Burnat Fl. | Alpes Marit. V, 2 [1915], 192) = V. offieinalis var. latifolia Vahl | (1806; — var. excelsa Dufr. 1811). Valeriana supina Ard. Animadv. spec. II (1764), XII t. 3 (teste L. Grande in Bull. Orto Bot. Napoli IV [1914], 191); L Mant. I (1767), 27. Valerianella dentata (L.) Pollich Hist. pl. Palat. I (1776), 30 pro parte majore; Beteke Animadv. Valer. (1826), 23 pro parte; Koch Synopsis ed. 2, I (1843), 372 [non ed. 1] et auct. rec. fere omn.; non Dufr. nee DC. nec alior. auct. nonnull. Valeriana Locusta d dentata L. Spec. pl. ed. 1 (1753), 34 pro parte minore. Valeriana dentata Suter Fl. Helv. I (1802), 19, ed. 2,1 (1822), 22; Marsch. Bieb. Fl. Taur.-Caue. I (1808), 26, non All. Fedia dentata Vahl Enum. pl. II (1806), 20 pro parte majore; Wallr. Sched. cerit. I (1822), 23; Gaudin Fl. Helv. I (1828), 85. | Valeriana mixta L. Spee. pl. ed. 1 (1753), 34 pro parte. = Fedia mixta Vahl Enum. pl. II (1806), 21. > Valerianella mixta Dufr. Hist. Valer. (1811), 58 t. 3 f. 6. Valerianella dentata var. mixta De Notaris Repert. fl. Ligust. (1844), 200. Valerianella pubescens Merat Fl. Paris ed. 1 (1812), 13 sec. Briquet et Cavill. in Burnat Fl. Alpes Marit. V, 2 (1915), 207. Fedia Morisonii Sprengel Pugill. I (1813), 4 Valerianella Morisonüi DC. Prodr. IV (1830), 627 et auct. mul; Briquet et Cavillier in Burnat Fl. Alpes Marit. V, 2 1915), 207. u 494. ; Hans Schinz. Briquet und Cavillier (l. c. 1915) verwenden für die in Frage stehende Art den Namen Valerianella Morisonit (Sprengel) DC. und verwerfen V. dentata Poll. mit der Begründung, dass dieser Name von seinem Autor nicht mit genügend klarer Beschreibung publiziert und dementsprechend von den spätern Schriftstellern in verschiedenem Sinne verwendet worden sei; auch fällt nach den genannten Autoren V. dentata Poll. nicht mit der gleichnamigen Linne’schen Varietät der Valeriana Locusta zusammen. Pollich’s Spezies ist (l. c. p. 30—31) folgendermassen publiziert: 33. VALERIANELLA dentata foliis oblongis serratis, seminis corona tridentata. HALL. Ast. I. p. 94 Valeriana locusta LINN. utrasque species!) conjungit. Sp. 1. % Monstrosa evadit, flosculis abortientibus inque folia crispata abortientibus. Circa urbem nostram.in agris ubique reperitur. Floret praece- donte !) serius: Junio et Julio. ujus caules sesqui- pedem longi sunt. Folia superiora basin versus denticulis evidentioribus notantur, ommia eum caule tactu scabra apparent. Flores exigui ex albido-dilutissime purpurascentes sunt. Semina tribus quatuor dentieulis inaequalibus apice coronantur Dass die von Pollich gegebene Diagnose zur Erkennung der Art unzureichend ist und sich ebensogut auf die in der Tracht ähn- liche und von den älteren Schriftstellern allgemein mit ihr verwech- selte V. rimosa Bast. 1814 (= V. Locusta ö dentata L. sec. auct. plur., — Valeriana dentata All. 1785, — Fedia dentata G. M. S., = Valeria- nella dentata Dufr. [1811], Loisel., Bertol., Witasek in Kerner Sched. fl. austro-hung. IX [1902], 93, = V. Auricula DC. 1815) beziehen könnte, muss unumwunden zugestanden werden. Auch die Angabe, dass die Art überall um Mannheim wachse, trägt zur Entscheidung der Frage nichts bei, da beide Arten nach F. Schultz (Fl. d. Pfalz [1845], 213) in der Pfalz gemein sind. Gleichwohl glauben wir den Namen V. dentata nicht fallen lassen zu sollen, das Pollich sich in erster Linie auf Haller beruft und dieses Zitat geeignet ist, die mangelnde Beschreibung zu ersetzen. Haller (Hist. stirp. Helv. indig. I [1768], 94) charakterisiert nämlich seine Valerianella folüs oblongis, serratis, seminum corona tridentata, die von Gaudin (Fl. Helv. I [1828], 85) unbedenklich zu Fedia dentata „Vahl“ [worunter nach der Beschreibung zweifellos die V. dentata auct. rec. zu ver- stehen ist] gezogen wird, durch ein ‚involuerum seminis conicum, 1) nein ist die unmittelbar vorher als Nummer 32 publizierte Valerianella olitoria (L.) Poll nit 0 u ln Du m a nn 1 u Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 425 hinc convexum, inde planius, coronatum additamento cavo tridentato“ '), welche Beschreibung sich nach unserer Auffassung nur auf V. dentata auct rec. (oder allenfalls noch auf V. eriocarpa Desv.), nicht aber auf V. rimosa beziehen kann. (V. eriocarpa ist dadurch, dass Haller eine verbreitete Schweizerpflanze im Auge hatte, ausgeschlossen ; sehr bezeichnend ist auch, dass der Autor gegenüber der ersten Beschrei- bung seiner Spezies — 1742, vgl. später — jetzt bei der Charak- terisierung des „Additamentum“ das Wort „venoso“ weglässt.) Ferner zitiert Haller an erster Stelle als Synonym die Valerianella altera nudo umbilicato et laevi semine Columna Ecphras. (1616), 208!?), die nach der guten Abbildung (S. 209) unzweifelhaft der V. dentata in unserm Sinne entspricht. Endlich führt Haller noch folgende drei Synonyme auf: Valerianella vulgaris species major serotina RAI synops. Ed. IIT. Pseudo -Valeriana annua, serotina, procerior, semine turgidiori MORISON. Hort. [sic!] Oxon. ILL. p. 103. ve. sem. 60, 61 in opere umbellf. Locusta major RIVIN. t. 6. Von Ray’s Synopsis liegt uns nur die 2. Auflage (1696) vor, in der die Valerianella-Arten (S. 98, unter dem Namen Zactuca agni) ganz unklar beschrieben und, weil ohne Abbildungen aufgeführt, nicht identifizierbar sind; dasselbe dürfte auch für die von Haller zitierte 3. Auflage gelten. Morison’s Spezies (Pl. hist. univ. Oxon. III [1699], 105 seet. 7 t. 16 Nr. 37) gehört nach der vorzüglichen Detail- Abbildung der Frucht (Umbell. [1672], t. 1, fig. 60, 61), wie J. Witasek (l. c. 1902) mit Recht hervorhebt, zweifellos zu V. rimosa (Auricula), desgleichen nach Witasek die Locusta major Rivin. Introd. in rem herb. (1690) t. 6! (welche Abbildung uns allerdings weniger klar erscheint); indessen können diese Synonyme, weil sie der von Haller gegebenen Beschreibung widersprechen, wohl als irrelevant ausge- schlossen werden. Wir halten also dafür, dass Haller’s Spezies und folglich auch die bibliographisch damit identische V. dentata Pollich in der Hauptsache der V. dentata auct. rec. (= V. Morisonii [Sprengel] DC.) entspricht, und dass folglich !) Dazu zitiert Haller die Figuren Vaillant (p. 188) f. 18—20 und Tournefort (t. 52) fig. MN. Das erstere Werk — gemeint ist wohl Vaillant’s „Discours sur la structure des fleurs“ (1718) — ist uns nicht zugänglich; TournefortsAbildunG (Inst. rei herb, [1700]) stellt wohl V. dentata oder allenfalls V. eriocarpa Dev, (sicher nicht V. rimosa!) dar. 2) Haller schreibt etwas abweichend: „Valeriana altera, nudo et umbili- cato semine Column. Eephras. -p. 206*; sollte er eine andere er an des ve a ee Werkes vor sich gehabt haben? 426 Hans Schinz. der Pollich’sche Name für diese Art beibehalten werden muss. Eine andere Frage ist dagegen, wie die Valeriana Locusta Ö dentata L. Spec. pl. ed. 1 (1753), 34 zu deuten ist. Linn& gründete seine Varietät (ohne eigene Beschreibung) auf folgende 2 Synonyme: aleriana caule dichotomo, foliis oblongis subserratis, seminis corona subdentata Hall. Helv. 666. Dalıb. paris. 12. Loceusta major. Riv. mon. 6. In dieser frühern Fassung (Enum. stirp. Helv. [1742], 666) ist Haller’s Spezies (Valerianella caule dichotomo, foliis oblongis, ple- rumque serratis, seminis corona tridentata) bedeutend weniger klar charakterisiert als später. Die Diagnose (, ... . seminis involucro conico, hine convexo, linea eminente distincto, inde planiore, coronato addidamento cavo, venoso, tridentato, cujus medius dens longe major est, simili calami seriptorii“) passt zwar entschieden nicht auf V. rimosa, aber, streng genommen, auch nicht auf V. dentata, da der netz- aderige Kelchsaum auf V. eriocarpa weist. Anderseits fehlt unter den Synonymen die klare und gute Abbildung von Columna; vielmehr sind die Synonyme teils unklar (Camerarius, Caesalpinus, Ray), teils gehören sie, wie J. Witasek (l. c.) hervorhebt, zu V. rimosa (Morison, Rivinus). Wir gehen daher mit J. Witasek völligeinigin der Annahme, dass Linne’s V. Locusta ö dentata in der Hauptsache der V. rimosa entspricht; allerdings ist auch V. dentata als wesentlicher Bestandteil . insofern darin enthalten, als die von Haller in erster Linie gemeinte Schweizerpflanze mit plankonvexer Frucht und gezähntem Kelchsaum nur die V. dentata sein kann. Während nun aber nach dem dama- ligen (1902) Stande der Nomenklaturprinzipien die Identifikation der Linn&’schen Varietät dentata für die Deutung und Verwendung des Pollich’schen Namens massgebend war, spielt nach den modernen Nomenklaturregeln (Art. 49) die Bedeutung des Linn&’schen Varie- tätennamens, den Pollich zudem gar nicht zitiert, heute gar keine Rolle hinsichtlich der Interpretation der Pollich’schen Spezies; diese muss vielmehr aus sich selbst, bezw. aus der in erster Linie zitierten Haller’schen Literaturstelle erklärt werden, und so kann, wie wir oben gezeigt haben, V. dentata Pollich in der in den modernen Floren gebräuchlichen Bedeutung beibehalten werden. Wollte man gleichwohl den Namen V. dentata als zu unsicher und konfus verwerfen, dann erhebt sich die erst recht schwierige und keineswegs eindeutig zu beantwortende Frage, welcher Name als Ersatz einzutreten hat; denn Fedia Morisonii Sprengel (1813) ist keineswegs der älteste Name nach V. dentata Poll. (1776). Da käme in erster Linie V. mixta (L.) Dufr. (1811) in Frage; denn El u x Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 497 wenn auch Valeriana mixta L. (1753) ein Mixtum-Compositum aus Valerianella dentata und einer Valeriana-Art (?)') darstellt und der Name in dieser Fassung nach Art. 51, Al. 4 der Internationalen Re- geln zu verwerfen ist, so ist er doch schon 1806 bezw. 1811 — also vor 1813 — von Vahl bezw. Dufresne restringiert und emendiert worden. Aber auch wenn man diesen Namen fallen lässt, so steht der Anwendung von V. Morisonii noch immer der nichtssagende und unbekannte, aber um ein Jahr ältere Name V. pubescens Merat (1812) im Wege, gegen dessen Verwendung wir keine triftigen Gründe ins Feld zu führen wüssten. Wir gelangen also dazu, den Fachgenossen die Beibehaltung des schon seit 1905 in die Schweizerflora eingeführten Namens Valeria- nella dentata (L.) Pollich (an Stelle von V. Morisonii [Sprengel] DC.) zu empfehlen. Campannula Schleicheri Hegetschw.! Fl. d. Schweiz fasc. 2 (1838), 231 — non alior. ?Campanula valdensis All. y Schleicheri Gaudin Fl. Helv. II (1828), 147 ex p.? [vrgl. Nachtrag S. 429]. ? Campanula linifolia multiflora Ser. Alp. exs. cent. 4 n. 331 sec. Gaudin ]. c. in syn. („in M. Stockhorn*). ? Campanula linifolia Lam. var. ovalifolia St. Lager in Cariot Etud. des fl. ed. 8 (1889), 550; Rouy Fl. France X (1908), 81. ? Campanula rotundifolia All. Fl. Pedem. I (1785), 109 ex p. et t. XLVII f. 2! — non L. Campanula linifolia Reuter Cat. pl. vasc. Geneve (1832), 68, Suppl. (1841), 28, Cat. ed. 2 (1861), 138; Schinz u. Keller Fl. d. Schweiz, 3. Aufl., I (1909), 535 — non Lam., nec Scop. nec Haenke. Campanula lanceolata [Schleicher! ex] Hegetschw. 1. c. (1838), in syn. — non Lapeyr. Vgl. Vierteljahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich, LVIII (1913), 84—87. Aus der Synonymie der C. Schleicheri Hegetschw. ist, wie uns Dr. Josias Braun aufmerksam macht, C. linifolia Lam. (non !) Linne’s Spezies ist begründet auf Valeriana caule superne quadrifido, foliis imis bipennatifidis, pappo plumoso Sauvages Method. fol. (1751), 2751; Sauvages zitiert selbst als re dazu: „Valeriana semine umbilicato hirsuto minore Morisson“ mer die ach der guten Abbildung (Morison Pl. Umbell. ist natürlich dem Vertreter einer andern Gattung entnommen; von Valerianaceen mit federig entwickeltem Kelchsaum kommen nach dem F dort nur Valeriana tuberosa L. und Kentranthus Caleitrapa (L.) Dufr. in Be ee 4238 i Hans Schinz. Scop. nec Haenke) auszuschliessen. Die beiden Sippen unterscheiden sich ziemlich bedeutend durch folgende Merkmale: C. Schleicheri Hegetschw. (nach dem Öriginalexemplar von Schleicher im Herb. Hegetschw. und nach Exemplaren vom Mont Vergy in Savoyen, leg. E. Bourgeau Pl. de la H'°-Savoie 1875; die gleichfalls als ©. linifolia Lam. aus dem französischen Jura und vom Hohneck in den Vogesen angegebene Pflanze lag uns bisher nicht vor): Stengelblätter breit lanzettlich, die unteren 30:6 mm, die oberen 25:3 mm, deutlich scharf- und dicht sägezähnig, am Rande kaum umgerollt, gegen den Grund stielartig verschmälert, mindestens am Rande von ziemlich langen Haaren dicht borstig bewimpert, oft auch auf der Unterseite (wie zuweilen der Stengel) dicht grauborstig; Blüten + 4—6, sehr. weitglockig (gepresst 2 cm lang, 2—2!/s cm breit), nach allen Seiten abstehend und teilweise stark überhängend. C. recta Dulae (C. linifolia Lam. Eneycl. I [1783], 579, excl. syn.!!) — non Scop. nec Haenke; ©. rotundıfolia sous-esp. I. linifolia „Scop.“ Rouy Fl. France X [1908], 81; nach Exemplaren aus den zentralfranzösischen Gebirgen und den Pyrenäen): Laub- blätter oft schmäler, ganzrandig oder nur sehr schwach und entfernt gezähnelt, am Rande deutlich abwärts umgerollt, am Grunde kaum verschmälert, konvexrandig (oft fast: abgerundet), wie der Stengel fast kahl erscheinend (bei Lupenbetrachtung am Rande sehr kurz- und fein rauhflaumig); Blüten meist zahlreicher, schmäler, mehr ‘ triehterförmig-glockig (gepresst kaum über 1'!/g cm breit), mehr aufrecht oder einseitswendig nickend. Die systematische Stellung der €. Schleicheri, die in manchen Merkmalen zwischen ©. recta und (. Scheuchzeri schwankt, endgültig festzulegen, muss einer künftigen monograpischen Bearbeitung der !) Lamarck führt folgende Synonyme an: Campanula alpina linifolia ceerulea G. Bauhin Pinax (1623), 93, Prodr. Theatri bot. (1620), 34, vom „mons Wasserfall“ [= Wasserfalle im Basler Jura] beschrieben, ist ©. Scheuchzerz Vill.; er ne Pflanze von Magnol (Bot. Monspel. [1676], 47 cum ic. p- 46!) vom pouladou* im Departement Herault ist, wie Loret und Barradon Fl. De, "Tısze), 415; ed. 2 [1886], 310—11) richtig hervorheben, eine Form €. rotundifolia L. (übrigens bezweifelt Magnol I. c. App. [1686], 291 selbst schon die Richtigkeit der Bestimmung seiner Pflanze, die er mit C. minor alpina rotun- folia Lam. [= C. pusilla Haenke] bezieht). C. alpina linifolia rara cerulea J. Bauhin Hist. II (1650), 797; Tournef. Inst. (1700), 111 lässt sich nach der dürf- tigen, auf C. recta schlecht passenden Diagnose und bei dem Fehlen einer Ab- bildung und der Angabe der Herkunft nicht mit Sicherheit identifizieren. €. mon- tana minor angustifolia Barrel. Icon. (ed. Jussieu 1714), 9 n. 77, fig. 487! endlich, aus dem Appennin beschrieben, dürfte zu C. Scheuchzeri gehören. Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV), 429 ganzen Gruppe, die einer solchen dringender als je bedarf, überlassen bleiben. Bei dem gegenwärtigen mangelhaften Stande unserer Kennt- nisse erscheint es uns als das zweckmässigte, (C. Schleicheri vorläufig als Art aufrecht zu erhalten; den in den Westalpen botanisierenden Fachgenossen sei die Frage ihres Verhältnisses zu den beiden ge- nannten Arten angelegentlichst zum Studium empfohlen. Nachtrag: (©. valdensis All.y Schleicheri Gaudin Fl. Helv. II (1828), 147, deren Zugehörigkeit zu ©. Schleicheri Hegetschw. auf Grund der Diagnose („caule ramoso multifloro... foliis lanceolatis subeiliatis obsolete denticulatis“) vermutet werden könnte, ist nach dem zitierten Exsikkatum: ©. linifolia multiflora Ser. Herb. Alp. (1812—14), cent. 4 n. 331! vom Stockhorn (wie übrigens auch die gleichzeitig als Synonym aufgeführte ©. Schleicheri Suter Fl. Helv. I [1802], 124), zweifellos eine reich- (an dem in unsern Herbarien befindlichen Exem- plar allerdings nur 3-) blütige, dabei fast kahle und sehr schmal- und + ganzblätterige Form von (©. Scheuchzeri. Der Seringe’sche Varietätenname ist auf einem gedruckten Exsikkatenzettel, zwar ohne Diagnose, aber mit dem Synonym C. Schleicheri Suter rechtsgültig publiziert!) und muss, da er älter ist als der Gaudin’sche, in Kom- bination mit dem Artnamen (©. Scheuchzeri beibehalten werden. Wir schlagen daher für die fragliche Varietät die Bezeichnung €. Scheuchzeri Vill. var. multiflora (Ser.) Schinz et Thellung comb. nov. vor, ein Vorgehen, das zudem den Vorteil hat, den für die Verwendung von C©. Schleicheri Hegetschw. einigermassen störenden homonymen Suter-Gaudin’schen Namen definitiv ausser Kurs zu setzen und in die Synonymie zu verweisen. Artemisia alba Turra in Giorn. d’Ital. spett. alle Sc. nat. I (1765), Nr. XVIII (3. Nov. 1764), 144! [reete monente L. Grande in Bull. Orto Bot. Napoli IV (1914), 160] et Fl. Ital. Prodr. (1780), 67 [Ind. Kew.]. A. Lobelii All. (1774); A. Semsek Forskäl (1775); A. camphorata vill. (1779); vgl. Bull. Herb. Boiss. 2° ser. VII (1907), 503. !) Schon in Cent. 1 (1812), unter nr. 27 (C. linifolia uniflora) bemerkt Seringe: „La campanula schleicheri But; n’est certainement qu’une variete multiflore de la C. linifolia. Lamarck & e.“. Die var. uniflora ist publiziert mit den Synonymen: „C. linifolia Sut. — Hall. Nr. 700? — fr. Campanule ä feuilles de lin, variete unifiöre® Da Suter (l. c., 1802) die Pflanze als behaart beschreibt, während das Seringe’sche ikkalum eine kahle Pflanze darstellt, kann der A sche Name, obwohl bedeutend älter, als Mixtum-Compositum nicht wohl m Sinne von ©. er var, typica Beck oder var. hirta Koch in neuer kn bination eingesetzt werden, sondern er muss (pro parte) in der 2. der beiden genannten ae verbleiben ” -430 Hans Schinz. Der von L. Grande (l. c.) hervorgezogene Name hat zweifellos ‚die Priorität und ist, da er mit kurzer Beschreibung und mit einigen (8. 152) beigefügten Synonymen aus der vor-Linne’schen Literatur rechtsgültig publiziert wurde, als gültig für die in Frage stehende Artemisia-Art zu verwenden. Petasites paradosus (Retz.) Baumg. Enum. fl. Transsilv. II (1816), 94; Briquet et Cavill. in Burnat Fl. Alpes Marit. V, 2 (1915), 268. Tussilago paradoxa Retz. Obs. II (1781), 24, t. III! Tussilago nivea Vill. in Act. Soc. hist. nat. Paris I (1792), 73. Petasites niveus Baumg. 1. c. (1816), 94 et auct. fere omn. Auf die vorstehend vollzogene Namensänderung, die keines wei- tern Kommentars bedarf, sind wir durch Briquet und Cavillier (l. e., 1915) aufmerksam geworden. Centaurea uniflora Turra Farset. (1765), 12 teste L. Grande in Bull. Orto Bot. Napoli IV (1914), 167; L. Mant. I (1767), 118. _Arnoseris nvinima (L. 1753 sub Hyoseride) Schweigger et Koerte Fl. Erlang. II (1811), 72 (teste O. E. Schulz in litt.); Hoffmannsegg et Link Fl. Portug. II (1820), 112 (teste A. X. Per. Coutinho in litt.); Link Enum. h. Berol. II (1822), 294; Dumort. Fl. Belg. Prodr. (1827), 63. re ee wi I. aeg zur Kenntnis der afrikanischen Flora. (XXVIL) (Neue Folge.) Herausgegeben von Hays Scuinz (Zürich). Mit Beiträgen v Albert Thellung (Zürich) und Hans Schinz (Zürich). (Als Manuskript eingegangen am 8. Juli 1916.) Euphorbiaceae. Albert Thellung (Zürich). Euphorbia ($ Anisophyllum) austro-oceidentalis Thell. spec. nov. (Syn.: E. Aegyptiaca N. E. Brown! in Thiselton-Dyer Fl. Trop. Afr. VI, 1,3 [1911], 507 ex p. [quoad pl. Afr. austro-oce. germ.] — non Boiss.), Annua vel perennans, radice saepe crassa (ad 5 mm), fibrosa. Caules complures (ad 10) ex eadem radice, e basi decumbente ar- cuato-ascendentes, 10—20 cm longi, fere a hasi ramosi, cylindrici, + 11mm crassi, ad nodos valde fragiles, albidi, eircumeirce aequaliter tomentosulo-pubescentes, pilis albis debilibus + '/ı mm longis curvato- adpressis, satis dense foliati. Folia omnia opposita, breviter (+ 1 mm) petiolata, ovato- vel elliptico-oblonga, majora 7—10 mm longa, 3//e—5 mm lata, apice rotundata vel breviter acutiuseulo-apieulata et subtiliter serrulata, ceterum integerrima, basi valde inaequalia (uno latere cordata, altero rotundata vel attenuata), erassiuscula, pallide virentia (interdum rubro-marginata), basi distincte palmatim 5 nervia, supra subglabra, infra puberula. Stipulae inconspicuae, petiolo bre- viores, hyalino-membranaceae, e basi triangulari subulatae, saepius bifidae vel basi dente profundo auctae, pilis 2—3 cellularibus (cellulis uniseriatis) eiliato-puberulae, eeterum integerrimae. Cyathia in ramulis brevibus lateralibus satis dense approximata, breviter (/.—1 mm) et crasse pedunculata, bracteis minutis elliptico- vel spathulato-lan- ceolatis praeter eilia (ex cellulis uniserialibus constantia) integerrimis intermixta, 1—1'/ı mm longa, °/«—1 mm lata, anguste turbinata vel campanulata, extus tomentosula, intus infra glandulas ciliato-puberula, , lobis breviter triangulari-lanceolatis glandulas superantibus, extus et 432 Hans Schinz. margine pilis plerumque 3 cellularibus (cellulis uniseriatis) ciliato- puberulis, ceterum integerrimis intus glabris; glandulae minimae, anguste transverse ellipticae, 1:2—4, diam. max. /s—'/s mm, con- cavae, plerumque purpureae, extus appendice angustiore inconspicua saepe denticulata marginata. Capsula (praesertim junior) dense et adpresse albido-tomentosula, ad angulum rectum refracta, subgloboso- pyramidata, 2 mm longa et fere totidem lata, obtuse triangularis, faciebus fere planis. Styli purpurei, breves, fere ad basin bipartiti segmentis lineari-filiformibus. Semina anguste ovato-pyramidata, 1—1!/s mm longa, vix ultra !/) mm lata, rubella, demum albido- pruinosa, faciebus 2 exterioribus profunde et plerumque regulariter transverse 4--5sulcata, suleis plerumque rectis et inter se distinetis, rarius partim irregulariter anastomosantibus. SÜDWEST-AFRIKA: (Hereroland) Quaaipuits, 1899, Dinter 222, bl. I; Windhoek, 1899, Dinter 222a, bl. fr. II; östl. Windhoek, 1899, Dinter 822, bl. fr. II; Okahandja, sandiges Buschfeld, Gartenland, 1300 m, dem Boden angedrückt, bis 2 dm? grosse Fladen bildend, Dinter 105, bl. fr. X Die Dinter’sche Pflanze ist von Pax (in sched.) und N.E. Brown (l. e.) als E. aegyptiaca Boiss. bestimmt worden. Tatsächlich stimmt sie mit E. Forskälei Gay (= E. aegyptiaca Boiss.) in weitgehendem Masse überein, unterscheidet sich jedoch von ihr anscheinend ge- nugsam durch die neben den aus einreihigen Zellen bestehenden Wimpern ganzrandigen (statt neben diesen Wimpern mit aus mehreren Zellreihen bestehenden, an der Spitze meist drüsig angeschwollenen Fransen versehenen) Nebenblätter (bezw. deren Zipfel), Hochblätter und Involucralzipfel, durch die filzige (statt borstlich-flaumige) Frucht und namentlich durch die etwas kleineren (1—1Y/4:!/e statt 1'/s:?/s mm), auf den Aussenflächen meist regelmässig tief und scharf querfurchigen (statt schwach unregelmässig und anastomosierend querrunzeligen) Samen. Allerdings liegt mir von E. Forskälei nur Material aus Ägypten und (angeblich?) vom Sinai vor; es besteht daher die Möglich- keit, dass die Pflanze des westlichen tropischen Afrikas eine inter- mediäre Stellung einnehmen und die Unterschiede verwischen könnte, aber schlankweg identifiziert kann die südwestafrikanische Sippe mit der ägyptischen nicht werden. — Durch die Samenstruktur erinnert die neue Art vielmehr an E. convolvuloides Hochst., die jedoch durch die grösseren (meist 12—36 mm langen) und verhältnismässig schmäleren Laubblätter, die länger zottigfilzige Frucht und die nicht nur absolut längeren, sondern auch aus zahlreicheren (meist mindestens 6) Zellen bestehenden einreihigen Haare der Neben- und Hochblätter, des Hüll- bechers usw. genügend verschieden erscheint. Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 433 Scrophulariaceae. Albert Thellung (Zürich). Polycarena lupuliformis Thell. spec. nov. anta annua. Radix tenuis, + 1 mm crassa, fusiformis. Caulis unicus, + 15 cm altus, fere a basi opposite-, superne alternatim ra- mosus ramis plerumque arcuato-ascendentibus, teres, pilis albis sim- plieibus 2—4 cellularibus gracilibus acutis patentibus longitudine inaequalibus (+ Yıo—?/ı mm longis), siceis collabentibus et saepe + flexuosis setuloso-pubescens et insuper glandulis sessilibus flavidis adspersus, ut rami in inflorescentiam unicam abiens, infere opposite-, superne alternatim et laxe foliatus. Folia (caulina et ramealia tan- tum suppetentia) elliptico- vel spathulato-lanceolata, majora + 13—18: 3—4 mm, superiora sensim decrescentia et + bracteiformia, omnia crassiuscula, sessilia, apice obtusiuscula, basi longius attenuata, margine leviter crenato-serrata (serraturis + Y/. mm profundis) vel superiora integerrima, utraque facie et margine pilis eis caulis similibus satis conspicue pilosa vel superiora subtus glabrescentia. Inflorescentiae in caule et ramis terminales, spieiformes, ovatae, densissimae, ob bracteas latas conspicuas et imbrieatim approximatas, flores quasi abscondentes lupuli- vel coniformes, 10—15 mm longae, exsiccatione compressae 9—11 mm latae, basi truncatae, apice obtusiusculae. Bracteae suborbieulatae, 3—3'/g mm longae et latae, leviter concavae, apice brevissime et latissime obtuse acuminatae, basi ad pedicellum brevissimum adnatae, extus subglabrae, intus puberulae, margine basi longe-, apicem versus tenuissime et brevissime ciliolatae. Calyx 3'/ mm longus, per maximam partem hyalino-membranaceus, secus nervos principales tantum anguste herbaceus, subbilabiatus, labio anteriore (ad '/s super. bidentato) a posteriore (ad '/s super. triden- tato) ad !/s longitudinis separato, demum (ovario grandescente) profunde fissus, extus glandulis adspersus et ad carinas et margines dentium eiliato-fimbriatus, ceterum glaber; dentes labiorum triangulari-ovati, carinato-plicati, explanati obtusi. Corollae luteae (?) extus parce glandulosae tubus calyce vix conspicue longior, + 4 mm longus, 1 mm latus; limbus (explanatus) + 5 mm latus, subaequaliter 5 fidus, lobis 3 inferioribus ovatis obtusis 2 mm longis, 1'/e mm latis, 2 superioribus paullo angustioribus et inter se altius connatis. Stamina 4 subaequalia, paullo infra faucem affixa, filamentis inferiorum 2!/z mm, superiorum 3 mm longis, glabris; antherae exsertae, omnes aequales, 1 mm longae, demum uniloculares.. Ovarium ellipsoideum, lateraliter compressum (angustiseptum), extus glabrum, biloculare loculis multiovulatis; stylus 434 Hans Schinz. filiformis, inferne glaber, apicem versus papillosus, stigmate diseiformi indistineto aequilato terminatus. Capsula matura ignota. KLEIN-NAMALAND: Zabies, 1898, M. Schlechter; bl. VII. Die neue Art ist durch den sehr dichten, zapfenartigen, an die weibliche Inflorescenz von Humulus Lupulus erinnernden Blütenstand sehr ausgezeichnet und scheint zu keiner der übrigen Arten der Gattung in besonders naher verwandtschaftlicher Beziehung zu stehen. Durch den nur schwach 2lippigen Kelch leitet sie einigermassen zu der (sehr schwach geschiedenen!) Gattung Phyllopodium über; die Pflanze ist von Schlechter tatsächlich unter dem letztern Namen ausgegeben worden. Acanthaceae. Hans Schinz (Zürich). Petalidium ramulosum Schinz nov. spec. Suffruticosum; foliis subovatis, acutis, breviter petiolatis vel ses- silibus, albo-tomentosis; bracteolis ovato-lanceolatis, acutis, tomen- tosis; inflorescentia pauciflora; corollae lobis rotundatis. SÜDWEST-AFRIKA: (Hereroland) Orumbo, Dinter 1291, bl. 15. XII. 1899. Ein reich verzweigter Zwergstrauch von gedrungensparrigem Habitus. Die ganz jungen Zweige sind gleich den Laub- und Vor- blättern mit einem grauweissen, flockigen, später verschwindenden Indument aus strauchartig verzweigten Haaren versehen. Die dieserart beidseitig behaarten, grauweissen, + 2 mm lang gestielten oder un- gestielten Laubblätter sind + eiförmig, eiförmig elliptisch bis breit- oder schmalelliptisch, beiderends spitz, 10—15 mm lang und 6—9 mm breit. Die achselständigen Blütenstände sind armblütig, kaum ge- drungen; die grauweiss behaarten Vorblätter sind eiförmig lanzettlich, spitz, + 9 mm lang und + 4 mm breit. Die Länge des Kelches be- trägt + 6!/z mm, die der Kronröhre + 8 mm; die Kronsaumlappen sind + 5 mm lang, von ovalem Umriss und abgerundet. Die Pflanze erinnert mit ihrem Indument ganz auffallend an P.latifolium (Schinz) C. B. Clarke, dessen Form ovatum (Schinz) und an P. Englerianum (Schinz) C. B. Clarke, das vielleicht doch nur der Ff. watum von P. latifolium entspricht; sie unterscheidet sich indessen unverkennbar dadurch, dass die Behaarung dieser Arten und Formen schneeweiss und anstatt flockig, ausgesprochen filzig ist. P. lanatum (Engler) C. B. Clarke hat bis 1'/s em lang gestielte Laubblätter. Petalidium setosum C. B. Clarke nov. spec. ined. Suffruticosum ; ramulis subquadrangulis adultis teretiuseulis pilis albis setosis hispidis ubique breviter glandulosis; foliis petiolatis, Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 435 lanceolato-elliptieis, acutis, acuminatis vel obtusis, dense breviter glandulosis, scabris; inflorescentia ovoidea, multiflora, dense congesta, cymoso-composita, ramulis sterilibus 0; prophyllis concavis, glandu- losis et setosis, calycem includentibus; sepalis oblongis; corollae tubo eylindrico, pubescente, limbo ultra prophylla exserto, intus piloso, lobis emarginatis vel rotundatis. SÜDWEST-AFRIKA: (Gross-Namaland) Shirubis (?), Fleck 507, bl. VI, kleiner Strauch oder Halbstrauch, Blüten rotbraun mit mehreren gelben Flecken oder Längsstreifen auf der Unterlippe; Rehoboth, Fleck 483, 487, 489, im Gebirge, bl. I; im Kuisib, Fleck 485, bl. V; Inachab, Dinter 1062, bl. XI, Blüten gelb; Voigtsgrund,. Herbarium Hamburg, 69. — (Hereroland) Usub, Fleck 544 pr. p.; Salem, Dinter 96, 126, bl. VII. Ein Halbstrauch, dessen Zweige anfangs kantig, später stielrund. und zum Teil weiss korkig berindet sind. Die jungen Zweige sind dieht mit wagrecht abstehenden, bis 2 mm langen, steifborstigen, mähnenartigen, aus einer dickwandigen Zellreihe bestehenden und auf mehrzelligem Piedestal sich erhebenden Haaren besetzt. Die im Knospenzustand drüsigen, später scheinbar ganz verkahlenden und lederigen, immerhin aber rauhen und mit kurzen Stieldrüsen be- setzten, 4—10 mm lang gestielten Laubblätter sind von elliptisch- lanzettlichem bis eiförmigem Umriss, spitz bis leicht zugespitzt, gegen die Basis spitz zulaufend, am Rande mitunter leicht wellig gekerbt, + 33 mm lang und + 10 mm breit, selten 65/30 mm. Die Blüten- stände sind achselständig, vielblütig und dicht gepackt; sie entbehren der sterilen Infloreszenzzweiglein. Die Tragblätter sind schmal lan- zettlich, stumpf, mähnig behaart, + 1'/. mm breit. Die + mulden- artigen Vorblätter sind länglich eiförmig, stumpf, 15 mm lang, + 5 mm breit und hauptsächlich auf der Rückenlinie und am Rande mit langen. Haaren versehen. Die vier Kelchabschnitte sind 10 mm lang und 2 mm breit, stumpf, länglich, an der Spitze pinselartig lang behaart, innenseits kurz anliegend seidig behaart; einer der Kelchabschnitte ist zweizähnig und ist durch Verwachsung zweier Abschnitte entstanden. Die gleichmässig zylindrische Kronröhre ist + 13 mm lang; die Kron- lappen sind +5 mm lang und + 2°/ı mm breit, abgerundet, ausge- randet oder ausgefressen. Die oberwärts leicht gekrümmte Röhre ist kurz pubeszierend, die Lappen sind auf der Innenseite mit zer- streuten, langen Haaren besetzt. Die Staubfäden sind 2°/ı bis 3 mm lang, die Staubbeutel + 2'!/ı mm. Der Griffel hat eine Länge von 13 mm. | Die beiden aus Südwestafrika bekannten Petalidium-Arten, de mit dieser neuen Art grössere Ähnlichkeit besitzen, P. canescens (Engl.) 436 Hans Schinz. C. B. Clarke und P. Lepidagathis S. Moore, haben beide sterile Zweige im Blütenstand und können daher mit P. setosum nicht identifiziert werden. Auf die Grösse der Laubblätter möchte ich so wenig Gewicht legen wie auf gewisse Schwankungen im Behaarungsgrad, beide Merk- male scheinen in engstem Zusammenhang zu Boden, Luftfeuchtigkeit und Jahreszeit zu stehen. Disperma transvaalense ©. B. Clarke nov. spec. ined. Caule tetragono, hispido; foliis subsessilibus, obovato- ER PR apiculatis, margine hispidis, scabris; inflorescentiis densifloris, termi- nalibus et axillaribus, bracteis et bracteolis glanduloso-pubescenti- bus; calyce 5dentato, glanduloso-pubescente; calycis laciniis subae- :qualibus; corollae extus puberulae tubo calycem excedente, cylin- drico, limbo distincte bilabiato tubum semiaequante, lobis anguste oblongo-spathulatis; capsula calyce inclusa, polita, 2- vel abortu 1-sperma. TRANSVAAL-KOLONIE: Boshveld, Elandsriver-Neu Halle, Reh- mann 4892. Das im Herbarium generale unseres Museums unter obigem Namen liegende und von dem verstorbenen C. B. Clarke handschriftlich be- nannte Exemplar besteht aus mehreren steif aufrechten, vierkantigen, braunen, verholzten, an den Kanten abstehend borstig behaarten Stengeln mit gegenständigen, + verkehrteiförmigen bis verkehrt- eiförmig-spatelförmigen, nach dem Grunde + stielartig zusammenge- zogenen, abgerundeten und von einem abgesetzten Spitzchen über- ragten, am Rande von steifen, langen, weissen, zum grössern Teil gegen die Spreitenspitze gerichteten Haaren besetzten und daher am Rande rauhen, + 15 mm breiten (über der Mitte gemessen) und 35—40 mm langen Laubblättern. Die Blüten stehen in dichter Auf- einanderfolge in end- und seitenständigen, die Laubblätter an Länge ansehnlich überragenden, ährigen Blütenständen, in der Achsel oblonger, stumpfer Tragblätter und werden begleitet von je zwei + 6 mm langen und + 1’ mm breiten, lanzettförmigen, dicklichen, stumpfen Vor- blättern. Der 7 mm lange Kelch ist röhrig; auf den röhrigen, ver- wachsenen Teil entfallen +5 mm; die Kelchzähne sind schmal lan- zettlich; sie sind untereinander nahezu gleich, immerhin sind sie zu Gruppen von 3 und 2 verbunden. Trag-, Vorblätter und Kelch tragen ‚eine doppelte Behaarung, die einerseits aus kurzen, steifen und starren Borstenhaaren, anderseits aus kurzen Stieldrüsen besteht. Die Kron- röhre misst 8'/„—9 mm, sie ist zylindrisch und auf der Aussenseite pubeszierend. Die Oberlippe ist 4—5 mm lang und + 2 mm breit, ‚kurz zweilappig; die drei Lappen der Unterlippe sind 3—4 mm lang, Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 437 schmal spatelförmig, oberseits mit zerstreuten, steifen, anliegenden Borstenhaaren besetzt. Die Kronröhre weist auf der Innenseite zwei der Insertion der vier Staubfäden entsprechende, borstig behaarte Längsrippen auf. Die längern Staubfäden, es sind die äussern, messen +2 mm, die kürzern + 1 mm; die zweifächerigen Staubbeutel sind +1 mm lang. Der bis zur halben Länge pubeszierende Griffel ist +6 mm lang und besitzt neben einem längern Narbenast einen nur mit der Lupe wahrnehmbaren zweiten, sehr kurzen Ast; die Narbe erscheint daher einfach. Die Kapsel ist zusammengedrückt und sieht wie poliert aus; soweit Clarke und ich festzustellen vermochten, scheint sie zumeist einsamig zu sein. Samen fehlen leider. Mit D. transvaalense tritt die Gattung Disperma aus dem tro- pischen Afrika, nachdem S. Moore bereits eine Art, D. viscidissimum aus Rhodesia beschrieben hat, in das südliche Afrika hinüber. Nac der Beschreibung zu schliessen, dürfte sich D. transvaalense habituell dem D. viscidissimum 8. Moore in Journ. Linn. Soc. XX (1906), 460 nähern. Barleria Rautanenii Schinz nov. spec. Suffruticosa, ramulis tenuibus, novellis glandulosis; foliis sessili- bus, ellipticis, coriaceis, inferioribus velutinis, superioribus glandulosis florem solitarium bibracteolatum in axilla gerentibus; bracteolis lineari- lanceolatis, glandulosis; sepalis exterioribus ovato-oblongis dense glan- dulosis, sepalis interioribus lanceolatis, glandulosis et sericeo-hirsutis; corollae lobis rotundatis; capsula longe rostrata, compressa, glan- dulosa. SÜDWEST-AFRIKA: (Hereroland) Outjo, Rautanen 779, bl. VI. 1898. Ein Halbstrauch mit walzlichen Zweigen. Die blühbaren Zweig- stücke und die oberen Laubblätter sind stark drüsig, die ältern Zweig- abschnitte, und die ältern Zweige überhaupt sind gleich den an diesen sitzenden Laubblättern drüsenlos, dagegen von flaumigen Haaren be- kleidet, die an den Laubblättern zu einem samtartigen, grauen Filz zusammenschliessen. Die Spreite der ungestielten, elliptischen Laub- blätter misst in der Länge + 17 mm, in der Breite 3—4 mm. Die einzeln in den Blattachseln befindlichen Blüten werden von je zwei linealischen, dicklichen, stumpfen, drüsigen Vorblättern begleitet. Die äussern Kelchblätter sind + eiförmig breit elliptisch, dieklich, stumpf, ganzrandig, 9—10 mm lang und 16 mm breit, sehr. dieht mit Stiel- drüsen besetzt; die innern Kelchzipfel sind lanzettlich, spitz, + 7 mm lang und 2—3 mm breit, mit zahlreichen Stieldrüsen besetzt, innen- seits nahezu kahl, dagegen auf dem Rücken und am Rande mit en Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. Fe 438 Hans Schinz. Seidenhaaren versehen. Die Staubfäden sind + 15 mm lang, fädlich, unterwärts bandförmig und mit vereinzelten kurzen Drüsenhaaren versehen; die Staubbeutel sind + 3 mm lang. Die Krone misst + 21 mm; auf die breitspatelförmigen, abgerundeten Lappen entfallen + 11 mm bei einer Breite von + 9 mm; die Röhre ist trichterförmig. Der Griffel ist 19 mm lang und kahl. Die Pflanze unterscheidet sich von der ebenfalls stark drüsigen B. hereroensis Engler durch kleine Laubblätter und das samtartige Indument der ältern Zweige und Laubblätter. Dicliptera hereroensis Schinz nov. spec. Caule angulato, pubescente; foliis subsessilibus, elliptico-lanceo- latis, puberulis; inflorescentiis axillaribus; bracteis late ovatis, apice apiculatis, bracteolis lineari-lanceolatis; calycis laciniis lineari-lan- ceolatis; corollae tubo extus piloso, labio inferiore 3lobato, superiore breviter 2lobato. SÜDWEST-AFRIRA: (Hereroland) östlich Windhoek, Dinter 858, bl. I.; Kurumanas, Fleck 486, bl. IV.; Otjihua, Buschsteppe an Rinn- salen, Dinter 459, bl. IV. Eine sparrige Staude mit kantigen, gerieften, pubeszierenden Zweigen und sehr kurz gestielten, elliptisch-lanzettlichen, anfangs schwach behaarten, rasch verkahlenden, getrocknet schwärzlich ge- färbten, + 17 mm langen und + 4 mm breiten Laubblättern. Blüten zu wenigen blattachselständig. Bracteen breiteiförmig, am Grunde kurz zusammengezogen, kurz zugespitzt, netznervig, + 13 mm lang und + 9 mm breit, eine ausgebildete und eine in der Entwicklung zurückgebliebene Blüte bergend. Bracteolen + 3 mm lang, + 1 mm breit, linealisch lanzettlich, zugespitzt, drüsig und mit vereinzelten längern, drüsenlosen Haaren besetzt. Kelch bis beinahe zum Grunde Steilig, die Abschnitte linealisch lanzettlich, zugespitzt, dicht drüsig, +5 mm lang und + 1 mm breit. Kronröhre + 9 mm lang, unter- wärts + kahl, oberwärts abstehend behaart. Oberlippe breit oval, kurz zweilappig, + 7 mm lang und + 4 mm breit; Unterlippe zungen- förmig, 3lappig, + 7 mm lang und + 2!/. mm breit. Staubfäden bandförmig, behaart; Griffel kahl. Justicia Kelleri ©. B. Clarke nov. spec. ined. Caule quadrangulari, pubescente; foliis spathulatis vel oblongo- obovatis; floribus axillaribus solitariis vel 2nis; bracteolis anguste lanceolatis, pilosis; corolla extus pilosa; antherarum loculo inferiore breviter calcarato. OST-AFRIKA: (Somalland) Laku, C. Keller 180. R-Y = = Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 439 Ein Halbstrauch mit anfangs kantigen und kurz behaarten, später stielrunden Zweigen. Laubblätter spatelförmig bis länglich verkehrt- eiförmig, kurz behaart, frühzeitig verkahlend, abgerundet, keilförmig in den Blattstiel zusammengezogen, bis 45 mm lang und bis 11 mm -, aus- nahmsweise bis 15 mm breit. Blüten einzeln oder zu zweien blattachsel- ständig, mit 10—11 mm langen, schmal lanzettlichen, 1°/ı mm breiten, kurz ‚behaarten Vorblättern. Kelehabachnikte Haaaligeh lanzettlich, bon ER Die aussen behaarte Kriens besitzt eine 2 8 mm lange, zylindrische Röhre und 7—8 mm lange Lippen, von denen die obere kurz und eng ausgerandet, die untere dreilappig ist. Die Staubbeutel- hälften stehen fast auf gleicher Höhe, sie sind eiförmig, und zwar ist die untere ganz kurz geschwänzt. Die kahlen Staubfäden sind + 5 mm lang. Der 6 mm lange Griffel ist unterwärts sehr kurz behaart. Die Art gehört in die Verwandtschaftsgruppe der .J. odora Vahl, unterscheidet sich aber von dieser durch die sehr kurz geschwänzten Staubbeutelhälften, die deutlich behaarten Kelchabschnitte und die mindestens in der Jugend behaarten Zweige. Justicia clavicarpa C. B. Clarke nov. spec. ined. Suffruticosa; foliis spathulatis vel elliptieis, obtusis vel rotundatis, pilosis; floribus plerumque 2—5 in axillis foliorum; bracteolis spathu- latis vel lanceolatis; corolla extus pilosa; capsula oblongo- -ovoidea, stipitata. Ein Halbstrauch mit holzigen, mehrkantigen, im Jugendstadium kurz abstehend behaarten Zweigen. Die entweder ungestielten oder bis 1'/s mm lang gestielten Laubblätter sind + spatelförmig bis elliptisch, + stumpf bis abgerundet, am Grunde meist + desgleichen, kurz behaart, rauh, später verkahlend, dicklich, + 20 mm lang und + 7—10 mm breit. Die kurz gestielten, blattachselständigen Blüten- knäuel sind 2—5blütig. Die + 5 mm langen, schmal- bis breithäutig berandeten Vorblätter sind spatelförmig bis lanzettlich. Die am Grunde verwachsenen Kelchabschnitte sind breit lanzettlich, spitz bis bespitzt, mit dicklichem grünem Mittelstreifen versehen, am Rande breit weisshäutig, 5—6 mm lang und bis 2 mm breit, mit einer meist auswärts gekrümmten Spitze versehen, oberwärts sehr fein kurz be- wimpert und auf der Mediane fein abstehend behaart, sonst aber kahl. Die + 4 mm lange Kronröhre ist zylindrisch und gleich den Kron- lappen aussen kurz behaart. Die Unterlippe ist dreilappig, + 4 mm lang, und zwar sind die beiden seitlichen Abschnitte + 2 mm breit, der mittlere Abschnitt dagegen misst in der Breite etwa 2'/a Ba: Die Oberlippe ist kurz zweilappig, RER 3—4 mm breit. ‚Die a Er 440 Hans Schinz. Staubbeutelhälften, von denen die untern lang geschwänzt sind, messen 1'/a)—2 mm. Der Griffel ist unterwärts abstehend behaart. Die unter- wärts stielartig zusammengezogene, oberwärts eiförmige Kapsel ist kahl und + 10 mm lang. Obschon in jeder Kapsel vier Samenan- lagen angelegt werden, pflegen doch in der Regel nur zwei Samen ausgebildet zu werden und eines der beiden Fächer ist daher ge- wöhnlich abortiert und zusammengedrückt. Die Samen sind rauh- warzig. Diese bereits von ©. B. Clarke als nov. spec. bezeichnete Pflanze scheint in die Sektion Calophanoides zu gehören, und zwar in die Gruppe von Justicia cuneata Vahl und odora Vahl. SÜDWEST-AFRIKA: (Hereroland) Otjikango, Rautanen 784, bl. und fr. 30. I.; Quaipüts, Dinter 206, bl. 1.; Outjio, Rautanen 255, bl. IH. Justicia lycioides Schinz nov. spec. Herba perennis; foliis obovatis vel elliptieis, obtusis vel acutis; floribus axillaribus solitariis vel 2—3nis; bracteolis minimis; calycis segmentis anguste lanceolatis, acutis. SÜDWEST-AFRIKA: (Amboland) im Walde zwischen Ondonga und Uukuambi, auf trockenem Boden, Rautanen 785, bl. 26. II. 1901. Laubblätter verkehrteiförmig, seltener elliptisch, gegen den Grund zu meist keilförmig, am entgegengesetzten Ende abgerundet, seltener spitz, entweder ungestielt oder mit sehr kurzem Stiel, gegen den Grund zu mit vereinzelten kurzen, gelben Stieldrüsen, sonst kahl, dieklich, mit vortretenden Cystolithen und daher von rauher Ober- fläche, + 12 mm (seltener 33 mm) lang und + 7 mm (seltener 13 mm) breit. Die Blüten auf + 1 mm langen Stielen auf blattachselständigen, kurzen Kurztrieben, einzeln, zu zweien oder zu dreien. Die sehr kleinen unscheinbaren Vorblätter sind fädlich. Die + 7 mm langen und + °/ı mm breiten, in eine feine Spitze auslaufenden Kelchab- schnitte sind schmallanzettlich, bewimpert. Die aussen kurz behaarte Krone besitzt eine + 5 mm lange Röhre, eine kurz ausgerandete, + 5 mm lange Öberlippe und eine kurz dreilappige Unterlippe von gleicher Länge. Die Staubbeutelhälften, von denen die untern ge- schwänzt sind, haben eine Länge von + 1!/s mm. Der Griffel ist unterwärts behaart. Die am Grunde kurz stielartig zusammenge- zogene Kapsel ist viersamig. Monechma Clarkei Schinz nov. spec. Suffruticosum; caulibus sulcatis, novellis strigosis; foliis anguste ovato-lanceolatis; floribus in axillis foliorum ca. 6; bracteolis obovatis, | Ä | Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 441 basi cuneatis membranaceo-marginatis; calycis segmentis ellipticis, acuminatis; corolla extus puberula. SÜDWEST-AFRIKA: (Gross-Namaland) Rehoboth, Fleck 588, bl. und fr. IV. — (Hereroland) Miss Kolbe (ohne nähere Standortsan- gabe); Etoshapfanne, Dinter 732, bl. und fr. VII. — (Mossamedes) Monhino, Newton 280, bl. VII. Ein Halbstrauch mit gerieften, anfangs kurzborstig und rauh be- haarten, später kahlen Zweigen und ungestielten, lederigen, anfangs rauh behaarten, verkahlenden, graubraunen (getrocknet),schmaleiförmig lanzettlichen, + 22 mm langen und + 10 mm breiten, spitzlichen bis stumpfen Laubblättern. Blüten sitzend oder kurz gestielt zu mehreren in den Blattachseln. Vorblätter gleich den Kelehabschnitten am Rande und auf der Mediane + dicht kurz behaart oder auch fast kahl, ver- kehrteiförmig bei keilförmigem Grunde, breithäutig berandet, von einer dicklichen, auswärts gekrümmten Spitze überragt, mit dicklicher Mediane, + 7 mm lang und + 4 mm breit. Kelchzipfel 5, elliptisch, zugespitzt, häutig berandet, mit brauner Mediane, +5 mm lang und +1'/ımm breit. Die aussen pubeszierende Krone besitzt eine 5 mm lange Röhre, eine tief dreilappige Unterlippe, deren linealische Seiten- lappen + 3 mm lang und + 1 mm breit sind, wogegen der Mittel- lappen eine Breite von + 2 mm besitzt und eine zweizähnige, 5 mm lange Oberlippe. Griffel pubeszierend. Die kahle Kapsel ist + 8 mm lang und zweisamig. Monechma calcaratum Schinz nov. spec. Suffruticosum, ramis tomentoso-pubescentibus; foliis elliptico-Ian- ceolatis vel oblanceolatis, glandulosis et pilosis; floribus solitariis in axillis foliorum; bracteolis late elliptieis, acutis, glandulosis; calyeis segmentis lineari-lanceolatis, acutis, glandulosis; corollae tubo basi gibboso. SÜDWEST-AFRIKA: (Gross-Namaland) Anabrivier, Dinter 1060, bl. und fr. 5. Sept. 1897. Ein Halbstrauch mit weichfilzig behaarten Zweigen und kurz- gestielten oder sitzenden, elliptisch lanzettlichen bis N lichen, +9mm breiten und +25 mm langen, drüsen versel ‚später rauhen und mit kurzen steifen Haaren besetzten Laubblättern. Die Laubblätter sind getrocknet von fahlgelber Farbe. Die Blüten befinden sich einzeln und ungestielt in den Blattachseln. Die Vorblätter sind breitelliptisch, spitz, dicht mit Stieldrüsen besetzt, + 12 mm lang und + 5 mm breit. Die fünf Kelchzipfel sind linealisch lanzettlich, spitz, schlank, dicht drüsig, + 6 mm lang und + 1—1'.mm . breit. Die etwa 10 mm lange Kronröhre ist etwas über dem Grunde 442 Hans Schinz. einseitig ausgesackt. Staubblätter 2, die untern Hälften deutlich geschwänzt. Die Pollenkörner sind von ellipsoidischer Gestalt, beid- endig stumpf und fein getüpfelt, ohne Längsbänder. Die zweisamige, + 11 mm lange Kapsel ist spitz. Monechma grandiflorum Schinz nov. spec. Suffruticosum, ramis longe pilosis; foliis glandulosis, petiolatis vel sessilibus, ovato-lanceolatis, basi rotundatis vel subcordatis, acutis; floribus solitariis in axillis foliorum; bracteolis glandulosis et longe pilosis, ellipticis, acutis; corollae tubo longissimo. SÜDWEST-AFRIKA: (Gross-Namaland) südlich von Rehoboth, gegen den Fischfluss zu, Fleck 537, bl. IV. Die Zweige dieses Halbstrauches sind lang behaart, desgleichen die rauhen, drüsigen, sitzenden oder bis 2 mm lang gestielten, + ei- förmig lanzettlichen, am Grunde + abgerundeten bis schwach herz- förmig ausgerandeten, spitzen, bis 4!/s cm langen und bis 2!/a cm breiten Laubblätter, in deren Achseln die roten Blüten sich einzeln befinden. Die Vorblätter sind elliptisch, spitz, mehrnervig, lang be- haart und drüsig, + 17 mm lang und + 6 mm breit. Die fünf Kelch- zipfel sind + 14 mm lang und + 2 mm breit, linealisch lanzettlich, zugespitzt, lang behaart und drüsig, bis beinahe zum Grunde getrennt. Die Kronröhre hat die auffallende Länge von 18 mm; die Unterlippe ist tief dreilappig, und zwar sind die bis 5 mm breiten Lappen spitzlich, die Oberlippe ist oblong und stumpf bespitzt. Die Samen sind scheiben- förmig und scheinen nicht zu mehr als zu zweien im Ovarium vor- zukommen. Campanulaceae. Hans Schinz (Zürich). Lobelia hereroönsis Schinz nov. spec. Caule ramoso, basi strigoso; foliis radicalibus petiolatis, late- vel rotundato-ovatis, + repando-crenatis, caulinis elliptieis vel lanceolatis, + glabris; floribus longiuscule pedicellatis; segmentis calycinis lan- ceolatis, acutis; corollae lobis superioribus linearibus; antheris 2 po- stieis apice barbatis. JDWEST-AFRIKA: (Hereroland) Kranzfontein, Dinter 708, bl. u. fr. 10. VI. 1899; „linkswindende“ krautige Pflanze. Zarte, krautige, verzweigte Pflanze mit kantigem, unterwärts borstig behaartem Stengel; die untern Laubblätter sind + gestielt, breit- bis rundlicheiförmig, stumpf, grob gekerbt bis kerbig ausge- schweift, die oberen sind elliptisch, lanzettlich bis linealisch lanzett- ® ER = Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 443 lich, gekerbt bis ganzrandig, am Grunde zusammengezogen, schliess- lich ganz kahl und die obersten sind völlig ungestielt. Die untersten Laubblätter sind + 13 mm lang und + 15 mm breit, die mittel- ständigen + 20 mm lang und + 6 mm breit. Der zarte und zierliche Blütenstand. ist + 15 cm lang; die Blüten sind entfernt und stehen in den Achseln linealischer Tragblätter; die steif schiefabstehenden, sehr dünnen Blütenstiele sind 15—20 mm lang. Die Kelchabschnitte sind linealisch lanzettlich, spitz, 1'/. mm lang, kahl. Die + 3 mm lange Krone besitzt eine dreilappige Unterlippe, deren Lappen gleich den beiden Lappen der Oberlippe + linealisch sind. Zwei der Staub- blätter sind deutlich bebärtet, wogegen die drei andern Staubblätter nur vereinzelte Borstenhaare aufweisen. Compositae. Albert Thellung (Zürich). Ifloga aristulata Thell. spec. nov. Planta annua, nana. Radix tenuis (vix 1 mm crassa), fusiformis, subsimplex, pallida. Caules complures (+ 10) ex eadem radice, pro- strati, valde inaequilongi (1—5 cm), omnes glabri (apice tantum leviter araneosi), inferne laxe-, apicem versus densius foliati, simplices, in glomerulum unicum capitulorum desinentes. Folia alterna, lineari- subulata, + 10—15 mm longa, longitudinaliter sursum complicata et tunc '/s mm (explicata 1 mm) lata, acutissima, extremo apice navi- eulari-subeucullata, pagina superiore lanuginoso-tomentosula (pilis tenuissimis simplieibus valde intricatis), inferiore glabra. Capitulorum glomeruli in caulibus terminales, poly- (plerumque 10—30) cephali, globosi vel depressi, interfoliati foliis subulatis capitula longe exce- dentibus basi dilatatis et explicatis. Capitula in glomerulis sessilia, ovoidea, 4 mm longa, 2 mm diam., basi leviter attenuata, heterogama; phylla imbricata, ca. 45, omnia subaequalia, ovata, 2!/s mm longa, 1 mm lata, membranaceo-scariosa, glaberrima, apice subito valde acuminata et in aristulam saepe rufescentem ca. !/); mm longam in statu sieco arcuato-patentem excurrentia, fere omnia (ab ima basi) in axilla florem femineum filiformem gerentia; intima (flores herma- phroditos circumdantia) consistentia paullo firmiore, subpersistentia. Flores exteriores feminei, + 40, in axillis phyllorum involucri soli- tarii, corolla filiformi-tubulosa, 1'/. mm longa, ore leviter 3) lobata, stylo profunde bifido corollam demum superante, ramis apice obtusis; interiores hermaphroditi sed steriles, + 7, receptaculo nudo (paleis destituto) insidentes, corolla tubulosa, 1 mm longa, apice breviter 4dentata, antheris Y/s mm longis basi caudieulatis, stylo apice bre- 444 Hans Schinz. viter bifido ramis truncatis et apice subpenieillato-papilliferis. Achaenia anguste obovata, leviter compressa, '/a mm longa, '/ı mm diam., sicca laevia et nitida, sub aqua mucilaginoso-papillosa; florum femineorum calva, sed basi cum involucri phyllis valde caducis cohaerentia et cum iis secedentia, florum hermaphroditorum pappo setiformi coronata setis perpaucis cadueissimis basi papillis nonnullis elongatis et hori- zontaliter patentibus obsitis, dein per longum tractum integerrimis et laevissimis, supra medium subito dilatatis et plumosis. SÜDWEST-AFRIKA: (Hereroland) Otjihua, auf Granitgrus der Buschsteppe, 1300 m, 1907, Dinter 560; bl. fr. IV Die neue Art gleicht in der Tracht vollkommen der J. paronychi- oides (DC.) Fenzl, die sich jedoch (nach den Exsikkaten Schlechter 11316 von Concordia und Dinter 1208 aus Gr. Namaland) scharf unterscheidet durch in eine kurze, farblose, aufrechte Spitze zuge- spitzte äussere und im Rückenteil krautige und filzige innerste Hüll- blätter, sowie durch am Grunde glatte, schon in der Mitte plötzlich federig verbreiterte Pappusborsten. Näher steht unsere Art (durch die Ausbildung der Hüllblätter und der Pappusborsten) der I. spicata (Forskäl) F. Schultz, die jedoch durch fast stets (wenigstens an kräftigen Exemplaren) mehr ährig angeordnete Köpfchenknäuel, durch weniger spreizende Grannenspitzen der Hüllblätter, durch viel zahl- reichere (+ 20) Zwitterblüten und durch die in der ganzen Länge papillös-rauhen Pappusborsten, sowie durch das mediterrane Ver- breitungsareal!) genügend verschieden erscheint. Hloga (an Filago?) ambigua Thell. spec. nov. Herba annua parvula. Radix tenuissima, fere capillaris. Caules complures, 1—2 cm longi, subglabri, centralis suberectus et saepe parce ramosus, laterales prostrati et simplices, omnes parce foliati in inflorescentiam terminalem abeuntes. Folia alterna, minuta, linearia, 2—4 mm long, vix ultra '/z mm lata, glabra, supra medium saepe leviter dilatata, supra leviter et late canaliculato-concava, apice acuta et leviter naviculari-subeueullata, superiora distinete 3nervia. Capi- tula in axillis foliorum caulinorum superiorum solitaria, internodiorum brevitate in spicas densas !/s—1'/s cm longas + 5—10 cephalas con- gesta, ovato-cylindrica, 2!/s mm longa, ca. 1!/’; mm diam., folio axillante vix superata, basi foliolis + 7 herbaceis ca. 2!/a.—3 mm longis foliis caulinis simillimis quasi involucrum exterum formantibus !) I. spicata nn allerdings auch in Süd-Afrika (adventiv?) vorzukommen; wenigstens vermag ich das Exsikkatum Schlechter 6033 von Kabeljaus River, 200° (21. XI. 1894) nicht von ee dieser Spezies, wie sie z. B. OÖ. Hoffmann ” Engler-Prantl Nat. Pfl. fam. IV, 5 [1894], 180 Fig. 93 G) abbildet, zu unter- scheiden. Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 445 erecto-adpressis, basi leviter araneoso-lanuginosis suffulta, heterogama, discoidea; phylla propria + 14, omnia aequilonga et eadem alti- tudine affıxa KaND minime imbricata), anguste ovato-lanceolata, 2 mm longa, !/a—”/s mm lata, longe acuminata, integerrima, + 1—2 ex- teriora dorso subherbacea et araneoso-lanuginosa, margine late scariosa, subnavieulari-concava, in axilla florem femineum filiformen gerentia, cetera fere omnino scarioso-membranacea (dorso tantum infra medium cartilagineo-incrassata), excepta ima basi subglaberrima, partim sterilia, partim florem femineum gerentia; receptaculum fere planum, ca. ”/s mm diam., alveolatum. Flores feminei et hermaphroditi; feminei in toto + 22, exteriores (perpauci) inter involucri phylla abscon- diti, interiores intra phylla intima coronam eirca flores hermaphro- ditos formantes, omnes lageniformi-tubulosi, corolla vix ultra 1 mm longa, ore breviter 3 (?) lobata, stylo profunde bifido ramis obtusis (in floribus extimis demum corollam superantibus, in interioribus in- clusis [?]); flores intimi (+ 5) hermaphroditi sed ut videtus steriles, corolla 1 mm longa anguste infundibiliformi-tubulosa, apice breviter 5dentata dentibus triangulari-ovatis acutiusculis leviter extrorsum curvatis, antheris !/g mm longis, basi caudiculatis (caudieulis papillosis et inde quasi laceratis), styli ramis brevibus apice truncatis et sub- penicillatis. Achaenia omnia conformia, anguste oblongo-obovata, !/a mm longa, vix ultra '!/ı mm lata, leviter compressa, apice rotun- data, papilloso-asperula, sub aqua mucilaginosa, fere omnia pappo setiformi coronata; setae corollae aequilongae, in floribus interioribus 9 et ©) satis numerosae (ca. 7), in extiminis interdum ad 2—0 reductae, omnes cadueissimae, basi papillis gracilibus horizontaliter patentibus munitae et hisce papillis intricatis saepe cohaerentes, dein ad medium papillis brevibus porrectis asperulae, supra medium longe plumosae. KAPKOLONIE: in collibus circa Malmesbury, 700’, 1892, Schlechter 1618; bl. X. Die Gattungszuweisung der neuen Art bereitet einige Schwierig- keit, wie ja überhaupt die Abgrenzung der Genera innerhalb der Gruppe der Filagininae noch vielfach unklar und schwankend ist (vgl. z. B. Battandier in Battand. et Trabut Fl. Alger. Dicot. III [1890], 435, 437 und Schweinfurth und Muschler in Engl. bot. Jahrb. XLV, 428—430 [1911]). Wollte man auf das Vorkommen eines Pappus an den @ Randblüten das Hauptgewicht legen, so müsste die Art zu Filago gestellt werden; es scheint jedoch natürlicher, mit Battandier (l. c.) dem gefiederten Pappus die entscheidende Bedeutung beizumessen und die Art dementsprechend unter Zfloga einzureihen.. gen weicht sie von den anderen daraufhin je eo (ein- 446 Hans Schinz. jährigen) Arten erheblich ab durch nicht imbrikate Hüllblätter, das flache Rezeptakulum und die grösstenteils innerhalb der innersten Hüll- (bezw. Spreu-)blätter gelegenen @ Randblüten und dürfte daher als Typus einer besondern Sektion gelten. Die äussersten, zwischen den Spreublättern gelegenen @ Randblüten zeigen anscheinend ein wenig konstantes Verhalten; in manchen Köpfen sind sie kaum nachzuweisen, in anderen deutlich vorhanden; bald mit 2-——1 Pappus- borsten versehen, bald anscheinend pappuslos (bei der grossen Hin- fälligkeit der Pappusborsten ist dieses letztere Verhalten schwer mit Sicherheit zu konstatieren). Die Ausbildung der Pappusborsten stimmt in auffallend weitgehender Weise mit derjenigen von I. spicata (Forskäl) F. Schultz überein. Felicia (Aster) Bachmanni Thell. spec. nov. Perennis, herbacea.. Rhizoma horizontale, repens, ca. 2 mm crassum, radicum fibris multis vestitum. Caulis basi saepe arcuato- ascendens, 1!/.—3 mm diam., dein erectus, inferne glabratus, superne pilis aculeoliformibus albis triangulari-subulatis lateraliter compressis . !/a—!/s mm longis et praeterea glandulis minutissimis brevissimis adspersus, inferne dense-, superne laxius foliatus, in speciminibus robustis a basi-, in speciminibus gracilioribus salten a medio ramosus ramis suberectis plerumque debilibus et flexuosis, apice iterum laxe corymboso-ramosis, ramulis omnibus in pedunculos nudos (!/s-) 1—6 cm longos abeuntibus. Folia infima florendi tempore emortua, sequentia rhombico-oblanceolata usque subspathulata, 2—3 cm longa, 3'/.—6 mm lata, basin versus attenuata, ima basi tamen semiamplexicaulia, apice acuta vel breviter acuminata, integra, margine pilis brevibus (!/;—'/ı mm) aculeoliformibus albis e basi cartilagineo-tuberculata incrassata triangulari-subulatis erecto-patentibus leviter antrorsum arcuatis eximie serrulato-ciliata, faciebus subglabra, leviter trinervata; media et superiora gradatim minora, angustiora et obtusiora; summa (ramealia) bracteiformia, lineari-oblonga, ca. 5—3 mm longa et —1'/2 mm lata, obtusa, serrulato-ciliata et etiam faciebus (praesertim superiore) breviter hispidula et minute glandulosa. Capitula in ra- mulorum (in toto corymbum valde laxum et interfoliatum forman- tium) apieibus solitaria in pedunculis nudis, caulis instar hispidulis et glandulosis, heterogama radiata satis parva et pauciflora. Involueri hemisphaeriei + 6 mm diam. (in statu sieco et compresso) phylla + 18—20, biseriata longitudine parum diversa (exteriora ca. 2 mm, interiora 3 mm longa), plana, exteriora triangulari-lanceolato-linearia acutiuscula margine angustissime scariosa, interiora oblonga, 1 mm lata, margine latiuseule scariosa, apice subito acuminata; omnia dorso Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 447 leviter hispidula et glandulosa, extremo apice lacerato-barbellata. Receptaculum leviter convexum, mammosum, ca. 1!/;—2 mm diam. Flores radii (+ 16) foeminei fertiles, ligula coerulea (?) 5 mm longa, 1'!/s mm lata, 4-nervia, apice obtuso-rotundata. Flores disei (+ 30) hermaphroditi, fertiles, 5-meri; corolla 2'/g mm longa, tubo brevissimo (quam limbus 4-plo breviore), limbo anguste tubuloso-campanulato 1?/s mm longo, lobis brevibus (ceteri limbi ca. '/s longitudine attingentibus) ovato-lanceolatis apice acutiusculis extrorsum curvatis. Antherae (1!/s mm longae) et stylus generis. Achaenia omnia con- formia, anguste obovata, 11/4—1'/s mm longa, !/s —?/s mm lata, apice rotundata, valda compressa, margine crassiusculo cincta, undique sparse et adpresse puberula pilis non glanduliferis; pappus uniserialis, valde deeiduus, setis 1°/ mm longis asperulis papillis acutissimis antrorsis diametrum setae longitudine vix aequantibus. KAPKOLONIE: Div. Malmesbury, Umgegend von Hopefield (Coeuratenburg usw.), 1885, 1887, Bachmann 1079; bl. fr. III. Die neue Art steht anscheinend zu keiner der in der Flora Capensis beschriebenen Art in näherer verwandtschaftlicher Beziehung. Von den seither aufgestellten Arten kommt ihr vielleicht, nach der Diagnose zu urteilen, F. Noelae S. Moore in Journ. of Bot. XLVI (1908), 40 vom Vietoria-Nyansa-See am nächsten; diese Art unter- scheidet sich jedoch (abgesehen von der beträchtlichen geographischen Entfernung, die eine Identität von vorneherein sehr unwahrscheinlich macht) durch linealisch-längliche, stumpfe, fein rauh steifhaarige (aber offenbar nicht auffällig gewimpert-gesägte) Laubblätter, durch auf nur \/»—1 cm langen Stielen doldentraubig genäherte, vielblütige, grössere (0,8—1 cm breite) Köpfe, durch nur schmalhäutig berandete Hüllblätter, durch mehr als 20 Strahlblüten, durch kleinere (kaum 1 mm lange) Antheren und durch nur 0,6 mm (?) lange, nur am Rande schwachborstige Früchte. — Der krautige Wuchs, verbunden mit aus- dauernder Grundachse, wie ihn F. Bachmanni z. B. mit der genannten F. Noelae und mit F. Fischeri ©. Hoffm. gemeinsam hat, bildet inner- halb der Gattung eine Ausnahme und trägt dazu bei, die Grenzen gegenüber dem nächstverwandten Genus Aster einigermassen zu ver- mischen. Die Ausbildung des Pappus weist jedoch unsere neue Art mit Sicherheit der Gattung Felicia zu.') — Nahe verwandt und wohl nicht spezifisch verschieden erscheint: ') Was die Sektionszugehörigkeit betrifft, so hält F. Bachmanni so ziemlich die Mitte zwischen $ Eufelieia O.Hoffm. und $ Agathaea (Cass.) O. Hoffm. inne; wegen der nur eier Hullblätter müsste sie eher zu der letztern Sektion ge- stellt werden, während die flachen Hüllblätter und die Form der Hülle überhaupt eher auf den zu$ rekkain gehörigen Formenkreis der F. tenella (L.) Nees weisen. 448 . Hans Schinz. var. (?) Schlechteri Thell. var. nov. Folia angustiora, etiam media (inferiora ?) linearia, 2,5—4 em longa, 1,5—2 mm lata, acutiuscula, non solum margine, sed etiam in faciebus hispidula; pedunculi breviores (vel, simavis, magis foliosi), ultra folia ultima 0,5— 1,5 cm longi, superne densius hispidulo-pubescentes pilis simplicibus gracilioribus et mol- lioribus, glandulis numerosis intermixtis; involucri phylla numerosiora (+ 24); receptaculum 2—3 mm diam.; flores radii + 24, etiam sicci pulchre coerulei. LONIE: westliches Gebiet: Koude Bokkeveld, Twee- 3 fontein, 5000’, 1897, Schlechter 10133 (als F\ mierosperma DC.); bl. fr. I. & & Diese Rasse (?) nähert sich in einem Teil ihrer Merkmale noch mehr der F. Noelae; ihr Verhältnis zu der letztern, sowie zum Typus der F. Bachmanni muss dereinst an Hand eines reichern Materials festgestellt werden. F. microsperma, unter welchem Namen das Schlechter’sche Exsikkatum ausgegeben wurde, kann nicht ernstlich in Frage kommen, da es sich nach De Candolle und Harvey um eine einjährige Art mit nur !/e Linie breiten, „drüsigen, nicht be- wimperten“ Laubblättern handelt. e. Calostephane Eylesli Thell. spec. nov. Herba annua? (partes basilares mihi ignotae), Ramus tantum suppetens, 20 cm longus, alatus (alis ca. '/’. mm latis), superne corym- boso-ramosus ramis erecto-patentibus, in toto 7-cephalus, remote foliatus. Folia ramealia tantum nota, inconspicua, anguste linearia, suberecta, + 1'/’.—2 cm longa, 1—3 mm lata, ut alae caulis pilis aculeoliformibus falcato- sursum curvatis !/;—!/s mm longis acutis e cellulis uniseriatis constantibus asperula; summa minima subsquami- formia. Capitula in apice ramorum subnudorum 1'/—9 em longorum, alatorum, foliorum modo aculeolato-scabridorum solitaria, heterogama, radiata. Involucri hemisphaerii + 10 mm diam. phylla + 20, 2—3-serialia, subaequalia, rhombeo-lanceolata, 6—7 mm longa, medio 2 mm lata, basin versus attenuata, apice sensim et longe acumina- tissima, apice mucroniformi terminata, dorso undique glandulis minutis subsessilibus obsita et praeterea in linea mediana et marginibus aculeolato-ciliatula, marginibus infra medium distinete et satis late scariosa; exteriosa sub maturitate naviculari-concava, carina basin versus cartilagineo-incrassata. Receptaculum conico-elevatum, tuber- culato-mammosum. Flores radii + 5 feminei? (an neutri?), ligula flava 15 mm longa, 5 mm lata, 4nervi, apice 3 dentata. Flores disci + 40, tubulosi, hermaphroditi, fertiles, 5 meri; corollae 5'/g mm longae tubus proprius brevissimus (1 mm), limbus celavatus, superne sensim ampliatus, fere ad medium in dentes 5 lanceolatos attenuato-acutissi- er Een ren nen nn ann nn nn nn a m ig . om Zn. B: a Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 449 mos extus apicem versus aculeolato-asperulos (pilis e cellulis biseriali- bus, parietibus exterioribus crassissimis constantibus) tandem patentes fissus. Antherae (3'/g mm longae), stylus et stigmata generis. Achaenia (matura non visa) obpyramidata, 10-costata, pilis gracilibus satis longis rectis er&cto-subadpressis apice papillosis villosula; pappus duplex: exterior e squamis 5 hyalinis late obovatis (fere 1 mm longis et latis) late truncato-retusis margine subtilissime et brevissime fimbriatulo- denticulatis enerviis, interior e setis 5 alternantibus gracilibus 1'/e mm longis asperulis (ne minimum quidem in squamam dilatatis) constans. RHODESIA: between Bulawayo and Victoria Falls, Eyles 82. Die neue Spezies unterscheidet sich von den 4 bisher bekannten Arten der Gattung (O. divaricata Bentham, ©. Marlothiana O. Hoffm., ©. Schinzii ©. Hoffm. und ©. foliosa Klatt) sogleich durch die viel breiteren, unterwärts hautrandigen Hüllblätter und den aus Borsten (statt aus Schuppen) bestehenden innern Pappus. In dieser letztern Hinsicht erfordert sie sogar eine Modifikation der bisher gültigen Gattungsdiagnose; bei der sonstigen weitgehenden Übereinstimmung in allen Teilen scheint mir die Abtrennung einer besondern Gattung nicht gerechtfertigt. — Die Ausbildung der inneren Pappusschuppen ist im Formenkreise der C©. divaricata starken Veränderungen nicht nur innerhalb der Art, sondern (ähnlich wie bei Schkuhria und Galinsoga) auch innerhalb eines und desselben Kopfes (die äusseren und die inneren Früchte verhalten sich oft auffallend verschieden) und selbst zuweilen an einer einzelnen Frucht unterworfen. Zwischen dem Typus der -©. divaricata (innere Pappusschuppen rhombisch-lan- zettlich, spitz oder mit sehr kurzer Stachelspitze) und demjenigen der ©. Schinzü (innere Pappusschuppen verkehrt-lanzettlich, in eine fast gleichlange Granne auslaufend) kommen (z. B. in Südwest-Afrika) so zahlreiche Übergangsstadien vor, dass ich mich veranlasst sehe, die letztere Sippe als var. Schinzii (0. Hoffm.) Thell. comb. nov. zu C. divaricata Bentham zu ziehen. Matricaria pilifera Thell. spec. nov. $ Eu-Matricaria Harv.--Planta perennis videtur (radix ignota). Caules complures ex eadem radice, 30—40 cm alti, cylindriei (ex- siccati striato-subsulcati), basi 2—3 mm crassi et lanuginosi, ceterum breviter puberuli, subsimplices (supra basin et ultra medium ramos numerosos erectos breves [+ 5 cm] steriles densissime foliatos, quasi folia bipinnatipartita imitantes edentes), in peduneulum longum (9—12 em) subnudum puberulum monocephalum abeuntes. Folia 450 Hans Schinz. parva, in caule et ramulis confertissima, sessilia, 8—12 mm longa, ambitu 4—6 mm lata, in faciebus glabra et impresso-punctata, regu- lariter et pectinatim pinnatipartita, lobis utrinque plerumque 5 lineari- subulatis (+ '/s mm latis) erassiusculis subteretibus integerrimis vel raro lobulo subulato auctis, in pilum terminalem !/.—°/ı mm longum hyalinum abeuntibus, inferioribus confertis patentibus vel reflexis, eaulem auriculatim subamplectentibus, ceteris distantibus et sursum eurvatis, rhachi subulato-lineari, in foliis caulinis basi interdum fere 1 mm lata, ceterum vix ultra !/? mm lata, in lobum terminalem ceteris aequalem abeunte. Capitula in pedunculis terminalia, solitaria, (ex- siccatione compressa) 12—14 mm diam., hemisphaerica, radiata. /n- volucri phylla + 14, subbiseriata, longitudine subaequalia, exteriora late ovato-elliptica, Tascia mediana angusta viridi puberula, sequentia coriacea glabra, margine ipsa late membranacea (praesertim apice) brunnescente lacerata, apice reflexa; interiora angustiora (oblongo- spathulata) angustiusque membranacea. Flores radii + 14, ligulati, albi (?), feminei, ligula anguste elliptica (+. 6—8 : 21/a—3 mm); achaenium subtriquetro-cylindricum, pappo tubuloso-coroniformi in- tegro, latere exteriore ad basin fisso, achaenio subaequilongo, corollae tubum involvente et fere excedente coronatum. Flores disci herma- phroditi, corollae (+ 3 mm longae) limbo (quam tubus subbreviore) campanulato 5fido dentibus triangulari-ovatis acutis limbo reliquo duplo brevioribus. Stamina et stigmata generis. Pappus ei florum radii similis, in floribus disci exterioribus achaenio et tubo corollae subaequilongus, in interioribus conspicue (subduplo) brevior. Achaenia matura non visa. Ä KAPKOLONIE: in clivis mont. Elssdsprmtbansen 7600’, ‚1893, Schlechter 3346 (bl. XII). Eine systematisch anscheinend isoliert stehende Art, die zu keiner der in der Flora Capensis beschriebenen Spezies nähere Beziehungen zeigt. Die Blütenstandsachse konnte mit Rücksicht auf die Spärlich- keit des Materials (nur 3 Blütenköpfe) nicht untersucht werden. Das auffälligste Merkmal sind die in Haarspitzen auslaufenden Laubblatt- abschnitte, die zur Benennung der Art Veranlassung gegeben haben. Auch die übrigen, in neuerer Zeit aufgestellten südafrikanischen Matricaria-Arten (M. hirsutifolia S. Moore!, M. sabulosa Wolley-Dod, M. Schlechter Bolus und M. zuurbergensis Oliver) sind nach der Be- schreibung (bezw. Abbildung oder authentischen Exemplaren) durchaus verschieden, so dass unsere auffällige Spezies bis jetzt eigentümlicher- weise unbenannt geblieben zu sein scheint. F. W. Klatt bestimmte sie fälschlich als M. capensis L., die schon durch die 4zähligen Scheibenblüten abweicht. ei Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 451 Matricaria Schinziana Thell. spec. nov. Herba annua, flaceida, tenera. Radix tenuis (vix 1 mm crassa), pallida. Caulis saepius unicus, suberectus, 7—15 cm altus, flexuosus, siccus anguloso-striatus, pilis albidis pluricellularibus (e cellulis uni- seriatis constantibus) ca. '/ mm longis mollibus flaceidis siceis valde collabentibus et crispatis tenuiter villosulo-puberulus et praeterea glandulis sessilibus adspersus, simplex vel ramulis paucis debilibus auctus, dimidio inferiore dense foliatus, ut rami in pedunculum nudum gracilem 3—7 em longum monocephalum infra puberulum apicem versus saepius glabratum (glandulis sessilibus tantum adspersum) abiens. Folia inferiora longe- (ca. 1 cm), media sensim brevius petiolata, majora circumferentia ovato-elliptica, lamina (tota) 2 cm longa et 1!/2 cm lata pinnatisecta pinnulis utrinque 3—4 approximatis seseque marginibus tangentibus (intermixtis interdum nonnullis minoribus- dentiformibus) e basi cuneiformi (margine inferiore secus rhachin anguste decurrente) ovatis vel obovatis, ca. 1 cm longis, 6 mm latis, inciso-pinnatifidis lobulis vel dentibus ovatis vel ovato-lanceolatis. inaequalibus 1—2 mm longis, 1—1'/g mm latis obtusiuseulis mucronu- latis; segmenta primaria superiora cum terminali obovato subaequali eonfluentia; rhachis inferne '/a mm lata, apicem versus sensim ad 1'/. mm dilatata; folia media sensim minora et simplieiora, summa bractei- formia simpliciter pinnatifida; omnia caulis modo puberulo-villosula et. remote glandulosa. Capitula solitaria in apice pedunculorum, hemi- sphaerico-subglobosa, ca. 8mm diam., homogama, multi- (+ 35) flora. Involueri umbilicati phylla 20—25 subbiseriata inter se fere aequalia, elliptico-oblonga, 2!/. mm longa, fere 1 mm lata, apice obtusa vel acutiuscula, margine scariosa et laciniato-fimbriatula, dorso sub- glaberima (tantum remotissime glandulosa). Receptaculum subgloboso- conicum, leviter alveolatum, fere 2 mm diam. Flores omnes herma- phroditi, 5-meri; corolla 1Y/’—1?/s mm longa, ovario suboblique in- sidens; tubus limbo subduplo brevior usque subaequilongus, leviter compressus, extus glandulis sessilibus adspersus; limbus subeylindricus, dentibus brevissimis (ceteri limbi + '/s longit. attingentibus) ovatis obtusiusculis suberectis. Antherae ?/s—°/ı mm longae, basi subsagit- tatae. Stylus et stigmata generis. Ovarium corollae tubo subaequi- longum, obpyramidatum, glabrum, apice suboblique truncatum (margine exteriore altiore quam interiore); pappusnullus. Achaenia matura ignota. SÜDWEST-AFRIKA: (Hereroland) on rochy mountains at Nara- mas, 1886, Lindner; bl. VI. „Has a very strong smell when fresh.“ Tabgebiet, 1889, Fleck 795; bl. V Nähere verwandtschaftliche Beinen zu einer bereits be- schriebenen Art sind nicht zu erkennen: Trotz des fehlenden de iu 459 Hans Schinz. gehört die Spezies sicher zu Matricaria und nicht zu Cofula, als welche sie auf den Etiquetten der genannten Exsikkaten vermutungsweise angesprochen wurde, da sie sich von dem letztern Genus durch das starkgewölbte Rezeptakulum und die 5zähligen Blüten deutlich unter- scheidet. / Matricaria capensis L. var. incerassata Thell. var. nov. Peduneuli abbreviati (1—2 cm longi), apicem versus valde in- .crassati (ad 3 mm diam.), fistulosi; capitula discoidea. KAPKOLONIE: Div. Malmesbury: am Wege vor Matjesfontein ‚(Umgegend von Hopefield), 1887, Bachmann 2214, bl. X. Abgesehen von den genannten, die Tracht der Pflanze allerdings wesentlich beeinflussenden Merkmalen besteht eine weitgehende Über- ‚einstimmung mit den Exsikkaten Bachmann 1359 und 2245 aus der gleichen Gegend, die von Klatt als M. glabrata (Thunb.) DC. bestimmt worden sind, die ich aber (gleich einem von Mac Owan als M. glabrata. ausgegebenen Exsikkatum vom Zontriver) für M. capensis zu halten geneigt bin. Authentische Exemplare von M. capensis liegen mir leider nicht vor, und auch die von De Candolle (Prodr. VI [1837], 51) zitierte Abbildung: Seba Rer. nat. thes. I (1734), t. 16 f. 2! nützt in dieser Frage nichts, da die Figur offenbar eine ganz verschiedene Pflanze (nach meinem Dafürhalten Cotula [Cenia] turbinata L.) dar- stellt. In den Beschreibungen von M. capensis vermisse ich vor allem die Erwähnung der stark imbrikaten Hülle, deren äussere Blätter nur etwa "/s so lang sind als die inneren, ein Merkmal, das eigent- lich mit der Fassung der Gattung durch O. Hoffmann (in Engler- Prantl Nat. Pflanzenfam. IV, 5 [1894], 274) nicht gut in Einklang zu bringen ist, das aber meines Erachtens doch nicht die Einbeziehung der fraglichen Spezies unter die Gattung Chrysanthemum rechtfertigen würde. — Die Unterschiede von M. capensis und M. glabrata bestehen nach dem Bestimmungsschlüssel von Harvey (in Harvey and Sonder Fl. Cap. III [1864—5], 164) darin, dass die erstere Art diffuse Stengel und doppelt-fiederspaltige untere Laubblätter, die letztere aufrechte Stengel und. einfach-fiederspaltige Laubblätter besitzen soll; ferner sind nach Harvey (1. e. 165) bei M. glabrata die Kopfstiele kürzer (2—3 statt 3—6 Zoll lang) und die Köpfe „kleiner“, mit viel „breiteren und kürzeren“ Strahlblüten (absolute Masszahlen werden leider nicht angegeben). Dass das genannte Merkmal der Richtung der Stengel zur Unterscheidung der beiden Arten unzuverlässig ist, geht daraus hervor, dass schon De Candolle (Prodr. VI [1837], 51) von M. ca- pensis eine var. ß erecta mit aufrechtem Stengel beschreibt und Harvey selbst in der Beschreibung der M. capensis die Pflanze als ie Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 453 „erect or diffuse“ bezeichnet. Berücksichtige ich noch, dass die Köpfe der M. glabrata nach Thunberg (Fl. Cap. ed. Schultes [1823], 693 unter Chrysanthemum glabratum) nur „erbsengross“ sind, so komme ich dazu, die genannten Mac Owan’schen und Schlechter’schen Exsikkaten, im Gegensatz zu frühern Bestimmern, mit Rücksicht auf die grossenteils deutlich doppelt-fiederspaltigen Laubblätter und die etwa 10—13 mm im Durchmesser haltenden Köpfe, trotz der oft fast aufrechten Stengel und der häufig nur etwa 3—4 cm langen Kopf- stiele zu M. capensis zu stellen und auch die neue Varietät zu dieser Art zu ziehen. Matricaria (an Cotula?) albidiformis Thell. spec. nov. lerba perennis (?), odore aromatico Chamomillam referente. Radix tenuis (+ 1 mm crassa), sed satis dura et valde fibroso-ramosa. Caules 6—15 cm longi, basi prostrati, indurati et denudati, interdum radicantes, glabrescentes, alternantim valde ramosi usque subsimplices, ascendentes, herbacei, pilis pluricellularibus (e cellulis uniserialibus constantibus) glanduliferis longitudine valde inaequalibus (majoribus !/s mm longis) patentibus valde flaccidis, siceis collabentibus et crispatis cinereo-puberuli, anguloso-striati, fere ad apicem usque aequaliter foliati, in pedunculum monocephalum brevem + 1-—2 cm longum canescentem (pilis longis simplieibus intricato-crispatis), folia ultima vix conspicue superantem abeuntes. Folia alterna, parva (+ 1 cm longa, + 4 mm lata), sessilia, erassiuscula, ambitu oblongo-obovata, caulis modo puberula, inferne simplieiter-, superne bipinnatifida, lobis utrinque + 8, inferioribus anguste linearibus 1 mm longis !/ mm latis, teretiusculis, apice breviter apieulatis, e basi erecto-patente saepe retrorsum curvatis, superioribus pinnatim 2—3partitis lobis anguste linearibus, terminali subaequali, rhachi + '/s mm lata versus insertionem leviter dilatata. Capitula ad apicem ramulorum (versus apicem caulis interdum approximatorum) solitaria in pedunculis brevibus, depressa, 7—9 mm diam., homogama, multi- (+ 100) flora. Involueri phylla + 35, biseriata; exteriora triangulari-lanceolata, 2!/e—3 mm longa, basi paullo ultra 1 mm lata, apice obtusiuscula; interiora elliptico-lanceolata, 4—5 mm longa, 1'/a—1”/s mm lata, apice vix attenuata obtusissima; omnia parte mediana angusta (*/s mm lata) uninervi herbacea et dorso glanduloso-puberula, ceterum scariosa glabra marginibus vix denticulatis. Receptaculum fere planum, 3 mm diam., leviter mammoso-tubereulatum. Flores omnes hermaphroditi et fertiles, 5 meri; corollae 1!/. mm longae tubus compressus, basi quasi biauriculatus, !/z mm latus, extus glandulis sessilibus adspersus; limbus tubo paullo brevior, ovato-ellipsoidens, dentibus brevibus (ceteri Vierteljahrsschrift d. ee een 1916. 30 - 454 Hans Schinz. limbi + !/a longitudine attingentibus) triangularibus apice obtusius- culis porrectis vel leviter conniventibus. Antherae (?/s mm longae) et stylus generis. Ovarium tubo corollae aequilongum, anguste obo- vatum, compressum, glabrum, sub aqua mucilaginosum, apice rotun- datum, calvum. Achaenia matura ignota. KAPKOLONIE: in arenosis humidis prope Claremont alt. 50', 1892, Schlechter 796, bl. VI; (reg. oceid.:) Matjes Rivier, 2500’, 1896, Schlechter 8846 (oder 8896?), bl. IX; Kapland, ohne Fundort, 1892, Fleck 46, bl. VII Die neue Art ähnelt in der Tracht der M. albida (DC.) Fenzl, unter welchem Namen denn auch das zweitgenannte Schlechter’sche Exsikkatum ausgegeben und das Fleck’sche von Klatt bestimmt worden ist; die letztere Art unterscheidet sich jedoch leicht durch das viel stärkere, aus drüsenlosen Haaren gebildete Indument aller Teile, die viel längern Kopfstiele, die am Grunde kaum zusammen- gedrückte Kronröhre und das Vorkommen eines deutlichen, öhrchen- förmigen Pappus. In mehreren Merkmalen (fast flaches Rezeptakulum, zusammengedrückte, am Grunde fast 2öhrige Kronröhre und zugleich pappuslose Früchte) zeigt M. albidiformis so starke Anklänge an die Gattung Cotula (Schlechter 796 trägt tatsächlich die Bezeichnung Cotula n. sp.), dass es nicht ausgeschlossen erscheint, dass ein künf- tiger Monograph der Anthemideen sie zu der letztern Gattung zu stellen sich veranlasst sehen könnte. Nach der heute gültigen Abgrenzung der beiden Gattungen weisen jedoch die 5zähligen Blüten unsere Art der Gattung Matricaria zu. Pentzia Woodii Thell. spec. nov. Suffruticosa. Caulis florifer 30 em altus, basi lignosus et indu- ratus, cortice brunneo tectus, subglaber, superne herbaceus, pilis flavidis valde crispato-contortis intricatis flaceidis mollibus dense lanuginoso-villosus, supra medium (an normaliter?) in ramos 4 erectos (quorum 2 floriferi sunt) divisus, per totam longitudinem (inferne dense, superne laxius) foliatus, ramis partim in corymbos capitulorum abeuntibus. Folia caulis et ramorum principalia (florendi tempore pro maxima parte emortua et exsiecata) subglabra, subsessilia, pin- natipartita, + 1,5 cm longa, lobis (utringue plerumque 2) et rhachi lineari-filiformibus subteretibus 0,5 mm latis, lobis satis approximatis, + 1 em longis, antrorsum areuatis, apice obtusiusculis subecallosis; in axillis gemmas foliorum reductorum lanoso-villosorum gerentia. Sureuli steriles ad basin caulis eodem modo dense foliosi. Capitula ad ramorum apices in corymbos densissimos hemisphaericos ca. 7-cephalos disposita, subsessilia (pedicellis ca. 1 mm longis), eylin- Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 455 drico-campanulata, 7 mm longa, (exsiecatione compressa) 3—4 mm lata, homogama, ca. 30 flora; involucri phylla sub-5-seriata, extima (intimis 3—4-plo breviora) triangulari-ovata, sequentia anguste ovata, omnia marginem et apicem versus brunnea, obtusa, apice minutissime denticulata et subtiliter araneoso-villosula; intima anguste oblonga, supra medium paullum dilatata, apice obtusissima denticu- lato-sublacerata. Receptaculum planum, leviter alveolatum, nudum. Flores omnes hermaphroditi, tubulosi, 5-meri. Corollae 3 mm longae tubus extus glandulis adspersus; limbus campanulatus tubo subbre- vior, lobis ovatis subacutis extrorsum curvatis. Antherae et stylus generis. Achaenia cylindrico-prismatica, 2'/; mm longa, ?/s mm lata (an complete matura?), sub-5-costata, inter costas striata (inde in toto sub-15-striata), sub aqua papilloso-mucilaginosa, apice margine tenui angustissimo integro eincta; pappus proprius nullus. TAL: Top of hill amongst stones near Currie’s Post, 3000 —4000 ft., 1891, J. M. Wood 4457; bl. IV. Die neue Art, deren Tracht nach dem einzigen vorliegenden, offenbar etwas abnormen (putierten?) Exemplar nur unvollkommen beschrieben werden konnte, gehört anscheinend in den Verwandt- schaftskreis der P. pinnatifida Oliver! in Hooker Ie. pl. IV, 2 (1881), t. 1340!, zu dem auch P. athanasioides S. Moore in Journ. of Bot. XLI (1903), 133 und P. Eenii S. Moore! in Journ. of Bot. XXXVII (1899), 401 zu rechnen sind. Letztere scheidet aus dem Vergleich sofort durch die viel- (5—10-)paarigen, flachen Laubblattabschnitte, die halbkugeligen, am Grunde fast gestutzten Köpfe, die nur 2reihigen Hüllblätter und die gewölbte Blütenstandsachse aus. P. pinnatifida unterscheidet sich durch gestielte Köpfe, breitere (glockige) Hülle mit wenigreihigen Hüllblättern, deren äussere verschmälert-spitz und etwa '/s so lang als die inneren sind, durch gewölbte Blütenstands- achse, kürzere Kronröhre und das Vorkommen eines becherförmigen, gezähnten Paspus. P. athanasioides endlich differiert nach der Be- schreibung durch nur 2- bis 3lappige Laubblätter, durch halbkugelige Hülle mit lanzettlichen, mit einem spreitenförmigen Anhängsel ver- sehenen, nur sehr fein gewimperten Hüllblättern und durch gewölbte Blütenstandsachse. Pentzia Tysoni Thell. spec. nov. Simillima praecedenti (P. Woodii) caule, indumento et folis Caules (vel rami?) floriferi 30 em alti, simplices, superne (ob delapsum foliorum) nudiuseuli, in corymbum unicum abeuntes. Corymbi sub-7- cephali minus densi, capitulis inferioribus pedunculatis (pedunculo quam capitulum Babänpie longiore), ee 5 mm et 456 Hans Schinz. (exsiecatione compressis) 4—4'/a mm latis, basi subrotundatis, homo- gamis, ca. 30 floris; involucri phylla sub-5-seriata, exteriora (intimis sub-3-plo breviora) et media triangulari-ovato-lanceolata, attenuato-acuta marginibus fere rectis vel leviter concavis, apicem versus brunnea, margine et apice subtiliter araneoso-villosulo-ciliata; interiora et intima lineari-oblonga, in appendicem brunneo-scariosam obtusam dentato-sublaceratam abeuntia. Receptaculum et flores praecedentis. Corollae 3 mm longae tubus parce glandulosus, limbo vix longior. Achaenia (an complete evoluta?) 1°/« mm longa, '/ mm lata, ceterum cum praecedente congruentia. OST-GRIQUALAND: Top of Mount Currie, 7250 ft., 1883, Tyson 1254; bl. V. P. Tysoni steht der vorstehend beschriebenen P. Woodii sehr nahe und unterscheidet sich von ihr in der Hauptsache nur durch die gestielten Köpfe und die sehr spitzen Hüllblätter. Ob diese Merkmale zu einer spezifischen Scheidung ausreichen, muss die künftige Untersuchung eines reichern Materials lehren. Pentzia stenocephala Thell. spec. nov. Suffruticosa. Caules floriferi 30—50 cm alti, basi lignosi et indurati, cortice flavo-brunneo tecti et subglabri, superne herbacei, pilis fulvidis flaccidis mollibus, plerumque cerispatis et intrieatis + dense lanuginoso-villosi, simplices vel supra medium ramosi ramis suberectis partım in corymbos abeuntibus, per totam longitudinem (ima basi excepta) dense foliati. Folia caulis et ramorum prineipalia sessilia, glabra vel sericeo-villosa, ca. 11/.—2'/g cm longa, pinnati- partita lobis (utrinque 3-5) et rhachi lineari-subulatis ca. '/s>-?/s mm latis ob margines revolutos saepe subteretibus et infra sulcatis, lobis satis approximatis, ca. 1—1'/g cm longis, antrorsum arcuatis, apice saepius acutiusculis et calloso-mucronulatis; in axillis surculos vel fasciculos foliorum saepius reduetorum et magis pilosorum gerentia. Capitula ad caulis vel ramorum apices in corymbos poly- (50—120-) cephalos, plerumque pluries (bis vel ter) ramosos, densos + convex08 disposita subsessilia (pedicellis ultimis ca. !/.—2 mm longis), anguste ceylindrico-campanulata, 4 mm longa, (exsiccatione compressa) circ. 1!/e mm lata, pentagona, homogama, pauci- (6—7-)flora; involucri phylla ca. 10 tantum, sub-4-seriata; exteriora (intimis sub-3-plo breviora) ovato-lanceolata attenuato-acuta, media lanceolata ca. ?/s mm lata acutiuscula vel obtusa, ut exteriora dorso carina brunnea notata; intima pallida sublinearia valde concava obtusa apice denti- culata ; omnia subglabra, margine tantum minutissime araneoso-ciliolata et praeterea interdum dorso levissime puberula. Receptaculum minu- Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 457 tum, ca. !/. mm diam., leviter convexum et alveolatum, nudum. Flores omnes hermaphroditi, tubulosi, 5-meri. Corollae 2'/; mm longae tubus extus sparse glandulosus; limbus aequilongus campanu- latus, lobis triangulari-ovato-lanceolatis acutiusculis. Antherae et stylus generis. Achaenia cylindrico-prismatica, 2 mm longa, vix !/. mm lata, sub-5-costata, inter costas striata (et inde in toto sub- 15-striata), apice margine angustissimo tenui crenulato, nec pappo distincto coronata. NATAL: Inanda, Wood (ohne Nummer); Umgeni, ad catar- rhactam, 1875—80, Rehmann 7472; Karkloof, Rehmann 7417; Vilds- hill (Pinetown), Rehmann 7977; Intschanga, Rehmann 7896, Die Art steht zweifellos der gleichfalls in Natal beheimateten P. pinnatifida Oliver am nächsten, mit der sie nicht nur in der Be- schaffenheit der Vegetationsorgane, sondern auch im Blütenbau eine weitgehende Ähnlichkeit aufweist, und zu der die genannten Exsik- katennummern von Klatt in seinen Bestimmungen gestellt worden sind; sie unterscheidet sich jedoch sicherlich spezifisch durch den völlig an eine europäische Achillew (der Millefolium-Gruppe) erinnern- - den, reich verzweigten und reichköpfigen Gesamtblütenstand, die sehr schmal walzlich-glockigen (statt breitglockigen, 4—5 mm breiten) Köpfe mit nur '/a (statt + 1'/) mm breitem Rezeptakulum, durch im Verhältnis zum Saum etwas längere Kronröhre und durch den nur sehr schmal randförmigen (statt deutlich becherförmigen, ge- zähnten) Pappus. Pentzia (?) caudiculata Thell. spec. nov. Frutex ramis vetustis duris lignosis ca. 3—5 mm crassis cor- tice nigrescente tectis, valde tortuosis et ramosis. Rami floriferi ca. 10—12 cm longi, simplices vel superne parce ramosi, inferne pilis albidis intricatis breviter tomentoso-villosuli et eylindriei, superne glabri et profunde sulcato-striati, ut ramuli ultra medium dense foliosi et in pedunculum subnudum ca. 3 cm longum apice sensim incras- satum profunde suleatum abeuntes. Folia subsessilia, glabra, inferiora 3 em longa, superiora ad 1 cm decrescentia, omnia pinnatipartita lobis (utringue 5—4 saepe oppositis vel subternato-verticillatis) et rhachi lineari-acicularibus ca. '/s mm latis subteretibus infra saepe subsuleatis rigidis, lobis distantibus 10—3 mm longis e basi sub- patente saepe antrorsum curvatis, obtusiusculis, partim calloso-muero- nulatis. Capitula in peduneulis (ad caulis et ramorum apices) soli- taria, sed ob ramos fastigiantes et acladii brevitatem interdum in corymbum laxissimum et oligocephalum approximata, verisimiliter hemisphaerica vel subglobosa, ca. 7 mm diam., homogama, multi- 458 Hans Schinz. (ca. 120-?)flora; involucri basi truncato-plani vel tandem umbilicati phylla ca. 30, biseriata, longitudine parum inaequalia; exteriora (interioribus ca. '/s breviora) lineari-lanceolata, a basi sensim atte- nuata, infra ca. ?/s mm lata, coriacea, margine angustissime brun- neolo-scariosa, apice obtusiuscula calloso- vel scariosa-mucronulata; interiora similia, tamen latius et magis pallide scariosa, saepe sub- tilius acuminata; omnia valde incurvato-concava subglaberrima. Receptaculum convexum, subhemisphaerico -conicum, 3 mm diam., nudum, leviter alveolatum. Flores omnes hermaphroditi, tubulosi, 5-meri. Corollae 2!/s mm longae extus glandulis sessilibus adspersae tubus satis latus, limbo vix brevior et paullo angustior; limbus anguste ovato-campanulatus, superne subconstrictus, lobis brevibus (limbi totius ca. !/ı longitudine attingentibus) triangulari-lanceolatis apice obtusiusculis. Antherarum loculi basi caudicula brevi appendi- eulati! Stylus et stigma generis. Achaenia obpyramidata, 1—1!/ mm longa, sub-5-gona, introrsum curvata, pluristriata, subglaberrima, apice latere interiore pappo auriculiformi ovato albo-scarioso apice obtuso et sinuato-denticulato, achaenii ipsius ca. °/s longitudine attingente coronata. ÜDWEST-AFRIKA: (Gross-Namaland) Gubub, 1897, Dinter 1242; fr. VI. Die neue Art zeigt zu keiner der bisher beschriebenen nähere verwandtschaftliche Beziehungen. Höchst auffällig sind die kurzen basalen Anhängsel der Antherenfächer, die die letztern fast etwas geschwänzt erscheinen lassen, und die unserer Art innerhalb der Gattung Pentzia wie der Anthemideen überhaupt eine Ausnahme- stellung anweisen; man kann sich sogar fragen, ob nicht die Auf- stellung einer besondern Gattung angezeigt wäre. Da jedoch P. cau- diculata zu keiner der Gruppen mit normal geschwänzten Antheren- fächern passen will und anderseits in der Ausbildung von Blüte und Frucht (auch Pappus), wie auch in der Tracht eine weitgehende Ähnlichkeit mit Matricaria und Pentzia festzustellen ist, mag die Art vorläufig bei Pentzia untergebracht werden; immerhin dürfte sie dort den Typus einer besondern Sektion oder Untergattung Caudi- culatae Thell. (antherarum loculis basi breviter caudiculato-appendi- culatis nec ut in ceteris speciebus obtusis) repräsentieren. — Die Form der blühenden Köpfe konnte nicht sicher angegeben werden, da an dem vorliegenden Exemplar die sämtlichen Blüten bereits ausgefallen sind. Berkheyopsis Rehmannii Thell. spec. nov. Perennis, basi sublignescens. Radix ca. 3 mm crassa, lignosa, extus brunnea, pluricaulis. Caules suberecti, ca. 18-30 cm alti, Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 459 inferne 11/.—2 mm diam., leviter anguloso-striati, setoso-asperuli pilis aculeoliformibus ca. '/;—1 mm longis acutissimis basi dilatatis et incrassatis, a basi ramosi (ramis erectis) et satis dense foliati (foliis erectis), ut rami in capitula solitaria abeuntes. Folia basilaria florendi tempore delapsa; caulina et ramealia inferiora oblongo- lanceolata, ca. 3—4 em longa, utrinque lobis 1—2 ovato-lanceolatis acutis extrorsum curvatis aucta; superiora plerumque linearia inte- gerrima; omnia obtusiuscula, in mucronem subpungentem ca. ?/s mm longum basi cartilagineo-incrassatum excurrentia, basi sensim atte- nuata et sessilia, supra viridia et asperrima, nempe tuberculis bre- vissimis (ca. '/io mm) conicis acutissimis albido-cartilagineis basi valde incrassatis leviter antrorsum curvatis densissime obtecta, mar- gine (praesertim basin versus) setis rigidis albidis basi dilatatis 2—3 mm longis pectinato-ciliata, ceterum valde revoluta, infra praeter nervum medianum viridem dense albo-lanoso-tomentosa. Capitula solitaria, caulem et ramos apice breviter (ca. I—4 cm) nudos ter- minantia, heterogama, radiata. Involuerum (in statu compresso) hemisphaericum, basi fere truncatum, 1'/,—2 cm diam., 1 em altum; phylla (exteriora ad !/s, interiora ad '/s longitudinis) in cupulam latis- sime obconicam subglabram coriaceam connata; exteriorum pars libera lineari-lanceolata, ca. 4—5 mm longa, 1 mm lata, herbacea, apice rigide acuminato-mucronata, supra tuberculato-asperrima, mar- gine incrassata et pectinatim setoso-ciliata (eiliis satis remotis 1—1'/s mm longis); interioribus longioribus, brunneo-coriaceis, parte libera triangulari-lanceolata, 5 mm longa, basi 1'/s mm lata, sensim in acumen tenue attenuata, extus subtiliter puberula, margine dense et breviter serrulato-ciliata. Receptaculum profunde alveolatum, alveolarum marginibus elevatis membranaceis hine inde aristulato- mucronatis. Flores peripheriei ca. 15, neutri (?), ligulati, ligulis lineari-oblongis, ca. 15 mm longis, expansis ca. 2'/); mm latis, sub- ö-nerviis, apice breviter 3-dentatis, luteis (? ), extus purpureo-striatis. Flores disci ca. 40, hermaphroditi, tubulosi; corollae 7 mm longae extus parce glandulosae tubus proprius 3 mm longus, angustus, in limbum sensim ampliatus; limbi pars connata 1'/s mm longa, lobi 2'/a mm longi anguste lanceolati porrecti acutiusculo-attenuati. An- therae fere 3'/g mm longae, basi sagittatae, nec tamen caudiculatae. Stylus infra filiformis, apiceem versus subito eylindrico-incrassatus, parte incrassata pilosus, apice breviter 2-fidus. Achaenia (immatura tantum visa) longe et dense lutescenti-villosa pilis erectis ad 3 mm longis; pappus paleaceus e squamis + 12—16 membranaceis brun- neolis margine fimbriato-laceratis irregulariter biseriatis ab exteri- oribus ad interiores subito decrescentibus constans, quarum exteriores 460 Hans Schinz. ovato-lanceolatae, 3:1 mm, apice longe et subtiliter acuminatae, intimae subduplo breviores oblongae obtusae. TRANSVAAL: Boshveld, inter Elandsriver et Klippan, Rehmann 5078; Elandsriver (und Drift), Rehmann 4962; Makapansberge: Streydpoort, Rehmann 5453. KAPKOLONIE: Serowe, May 1904, Mrs. S. Blackbeard 17 (Albany Museum, Grahamstown). Die neue Art unterscheidet sich von allen mir bekannt gewor- denen der Gattung durch die ausdauernde Grundachse und die am Grunde etwas holzigen Stengel, ferner durch die ganz kurzen, höcker- förmigen (statt wenigstens teilweise borstenförmig verlängerten) Trichome der Laubblattoberseite. In der Tracht, namentlich in der Form der Laubblätter, kommt sie der B. Schinzii O. Hoffm. am nächsten; diese unterscheidet sich jedoch (abgesehen von der ein- jährigen Wurzel und dem Vorkommen von oberseits borstigen Grund- blättern zur Blütezeit) leicht durch kleinere (nur + 7 mm lange) und schmälere Hülle, schmälere (nur '/s—?/s mm breite), nicht so derb stachelspitzige äussere Hüllblätter, endlich durch 20 deutlich 2reihige Pappusschuppen, deren äussere (10) stumpf und am Grunde lederig verdickt (statt ganz häutig) und deren innere (10) verhältnismässig viel kürzer (nur + !/;s so lang als die äusseren) sind (vgl. O. Hoff- mann in Engler-Prantl Nat. Pflanzenfam. IV, 5 [1894], 310, Fig. 142 K). — F. W. Klatt hat die Rehmann’schen Nummern 5078 und 4962 als Gorteria personata L., Nr. 5453 als @. calendulacea DC. be- stimmt; die Nummer Blackbeard 17 wurde als Gazania? ausgegeben. Berkheyopsis Pechuelii (0. Kuntze) O. Hoffm. var. glabrescens Thell. var. nov.: corolla florum disci extus non lanosa; folia subtus tenuiter tantum araneoso-tomentosa viridescentia. SÜDWEST-AFRIKA: (Gr. Namaland) Tiras, 1885, Schinz 725; bL.V, O0. Hoffmann unterscheidet (Bol. Soc. Broter. X [1892], 181) in seinem Bestimmungsschlüssel der damals bekannten Berkheyopsis- Arten B. Pechuelii und B. angolensis nur durch die bei der erstern Art aussen weisswollige, bei der letztern kahle Krone der Scheiben- blüten. Die vorstehend beschriebene Pflanze müsste demnach als B. angolensis bestimmt werden; sie stimmt jedoch, abgesehen von der angegebenen Differenz in der Behaarung, äusserlich völlig mit B. Pechuelii überein und weist namentlich auch die für diese Art charakteristischen, sehr langen, die inneren deutlich überragenden äusseren Hüllblätter auf, während bei B. angolensis (Lugard 110 aus wer Re Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 461 Ngamiland; Fleck 197 aus Gross-Namaland) die äusseren Hüllblätter von den inneren überragt werden. Berkheyopsis gorterioides (Oliver et Hiern) Thell. comb. nov. Berkheya gorterioides Oliver et Hiern in Oliver Fl. Trop. Afr. III (1877), 429. Berkheyopsis angolensis OÖ. Hoffm. in Bol. Soc. Broter. X (1892), 180. Var. Zobulata Thell. var. nov.: foliis (saltem inferioribus) den- tato-lobulatis (nee ut in typo integerrimis), lobulis utrinque 1—4 plerumque obtusis et rotundatis. SÜDWEST-AFRIKA: (Gr. Namaland) am Swartkop im Sande der Ebene, 1889, Fleck 198 (mit dem ganzblätterigen Typus, Fleck 197). — Hereroland (ohne nähere Ortsbezeichnung), Miss Kolb. Von B. Schinzii Hoffm., die durch normal fiederspaltige Laub- blätter ausgezeichnet ist, unterscheidet sich die neue Varietät noch immer leicht durch die bedeutend grösseren Köpfe (Hülle 12—15 mm hoch, bis 2 cm breit; äussere Hüllblätter °/s-—-1l mm breit) und die spatelförmig-lanzettlichen (nicht linealischen) oberen Laubblätter. III, Alabastra diversa. (Als Manuskript eingegangen am 8. Juli 1916.) Lepidium pseudo-papillosum Thellung nov. spec. Sect. Dileptium, grex Papillosa. Perenne. Radix tenuis (1 mm crassa), dura, elongata, ramosa, extus brunnea, intus flavida, saepius pluriceps, colle rudimentis membranaceo-coriaceis foliorum delapsorum vestita. Caules complures, erecti, ca. 15 cm alti, leviter anguloso- striati vel -rugosi, pilis brevibus (1/s—!/ıo mm) albidis rectis eylin- drieis (erassitie propria 2--3-plo longioribus) obtusis interdum leviter claviformibus, patentibus vel (inferne) leviter declinatis dense papil- loso-pubescentes et basin versus propter bases elevatas pilorum leviter ruguloso-tubereulati, foliati, fere a basi ramosi ramis suberectis in racemos abeuntibus. Folia basilaria florendi tempore delapsa; caulina coriaceo-crassiuscula, margine pilis eylindrieis eis caulis paullo longioribus, erassitie propria saepius 3—4-plo longioribus, acutiusculis patentibus remote ciliata, supra plerumque glaberrima, subtus saepius parce papilloso-pubescentia; inferiora petiolata, circumferentia oblongo- lineari, 4-5 cm longa, pinnatipartita, lobis paucis (utrinque 3-4) remotis porrecto-patentibus (45°) linearibus obtusis integerrimis; media et supe- riora integerrima, 1-2 cm longa, linearia vel lineari-lanceolata, 1-2 mm lata, obtusiuscula, uninervia, sessilia, basi attenuata vel aeque-lata (minime auriculata). Flores inconspieui; sepala ovata, ®/ı mm longa, albo- velrubello-marginata, interdum purpureo-suffusa, 2 exteriora dorso parce puberula, caduca; petala nulla; stamina 4 mediana; glandulae 6 elongatae, calycis ca. !/s longitudine aequantes, lineari-filiformes, basi triangulari-dilatatae; ovarium suborbiculatum, valde compressum, glaberrimum. Bacemi fructiferi elongati (6—10 cm), satis densi, axi anguloso-striato papilloso-pubescente, pedicellis patentibus (90°), basi et apice leviter curvatis, crassiusculis, complanato-compressis (apicem versus °/s mm latis), intus puberulis, extus glabris, septo aequilongis. Silicula late elliptico-obovata (5:4 mm), eymbiformis (subtus convexa, supra propter margines alares sursum curvatas concava), compressa, basi attenuato-acutiuscula, apice eircumferentia rotundato-obtusa, profunde (ad !/« longitudinis septi) emarginata, lobulis alaribus in utroque latere emarginaturae porrecetis semieircu- laribus rotundato-obtusissimis longitudine duplo latioribus, stigmate in fundo sinus angusti subsessili; valvulae naviculares, in parte '/& Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV). 463 inferiore carinatae, dein ad apicem sensim latius (apice 1'/ı mm) alatae, glaberrimae, adultae nitidulae manifeste reticulatae; replum basi dilatatum et incrassatum; septum oblanceolatum (4:1 mm), inaequi- laterum (margine inferiore subregulariter arcuato-convexo, superiore basi et apice concavo, in medio convexo), acutiusculum, stigmate disciformi apiculatum. Semina ovoidea, compressa, fere 2 mm longa, 1?/s mm lata, laevia, subimmarginata; embryo notorrhizus. AUSTRALIEN: Neu-Süd-Wales: Formbe, rocky lands, leg. E. Smith, VII. 1902, sub nom. Z. papillosi (Nat. Herb. of New South Wales; typus in herb. Univ. Zürich). L. pseudo-papillosum unterscheidet sich von den mir bisher be- kannten Arten der Gruppe Papillosa (L. papillosum F. v. Muell. em. Sprague!), L. oxytrichum Sprague ?), L. Drummondi Thell. und L. Muelleri Ferdinandi Thell.) durch deutlich ausdauernde Grundachse, dieklich lederige Laubblätter und beckenförmige (statt flache), vom untern '/ı (statt von der Mitte) an geflügelte Frucht; von der letzt- genannten Art ausserdem durch längere Fruchtstiele, apetale Blüten und viel breitere und breiter geflügelte Frucht, von den übrigen Arten auch durch am Grunde verschmälerte (statt geöhrte) Stengel- blätter. Durch die Konsistenz der Laubblätter und durch die Form der Frucht erinnert die neue Art einigermassen an die Grex Mono- plocoidea,; die Spezies dieser Gruppe zeichnen sich jedoch durch völlig ungeteilte und ganzrandige Laubblätter, durch ansehnlichere (meist komplette) Blüten und deutlich vorhandenen Griffel aus. Nachdem die Gruppe Papillosa Thell. (Gatt. Lepidium [1906], 275), die ursprünglich die 3 Arten L. papillosum F. v. Mueller, L. Drummondi Thell. und L. Muelleri Ferdinandi Thell. umfasste, durch die Aufstellung des L. oxytrichum Sprague eine Erweiterung erfahren hat und jetzt abermals um eine neue Art bereichert worden ist, dürfte es zweckmässig sein, hier anhangsweise einen Schlüssel zur Bestimmung der genannten Arten folgen zu lassen. Clavis analytica specierum gregis „Papillosa* Thell. Perenne, basi sublignosum. Folia coriaceo-erassiuscula, inferiora pinnatifida lobis paueis integerrimis, superiora er imehlän integerrima, omnia basi attenuata. Silieula cymbiformis, subtus valde convexa, supra distinete concava nn margines alares sursum ceurvatos. Pili caulis brevissimi, obtusi, eylindriei leviter elavati. Petala nulla. Glandulae elongatae, triangulari-lanceolatae, as !/s longitudine aequantes. 2. pseudo-papillosum Thell. !) In Kew Bull. 1915, Nr. 3, 123. ?) 1. c. Syn.: L. papillosum Thellung Die Be Lepidium (1906), 276, 238 ex deser. — non F. v. Muell. ex descr. et specim orig. Das echte 7. papillosum (im engern Sinn) unterscheidet sich von L. oxytri rich, wie Sprague (I. c.) bervor- hebt, durch das aus keulen- bis blasenförmigen, sehr stumpfen Papillen bestehende Indument. pa 464 »* Hans Schinz. Plantae annuae (an semper?), meer Sr tenuia. ee plana vel plano- convexa, nunquam distinete cymbifor Glandulae brevissimae inconspicuae, 2. Folia caulina quasi in petiolum attenua ala, pleraque i ne Pedicelli ulae gentes), ae Petala setacea, calyeis '/.—!/s longitudine aequantia. Stamina 2 mediana. Silieula obovato-oblonga (3:5), haud es (ad an longitudinis septi) TREE ma rginibus fere paral- iS. . Muelleri Ferdinandi Thell. > Bf Folia caulina basi + auriculata sessilia, + denta e Peicali fructiferi septo subaequilongi (in Z.papilloso interdum subhreviores). > nulla. Stamina saepius 4 (mediana). Silicula latior (3'/a— 3, Pili caulis breves (!/s mm), obtusissimi, clavati . ee vesicu- losi. Geterum simillimum L. oxytricho, a quo insuper differt siliculae emarginatura angustissima marginibus Türe aaa Pedicelli valde compresso-complanati. Silicula satis profunde (ad !/s—!/s longitudinis septi) emarginata, apice eircumferentia truncata propter lobos alares obtusissimos leviter tantum convergentes, valvulis pareissime papillosis. „ papillosum F. v. Mueller. 3.* Pili caulis !/—!/a mm longi, recti, subulato-attenuati, acuti. 4. Silicula (etiam matura) + pubescens et inde opaca, profunde (ad ; !/s—!/a longitudinis septi) emarginata, quasi biloba, emarginaturae marginibus plerumque + divergentibus, lobis alaribus porreetis rotundato-obtusis, inde circumferentia apice quasi truncata, 41/a—5!/a mm longa. Pedicelli fructiferi distinete compressi. £ 26 * oxytrichum Sprague. Silieula glabra, nitida, leviter (ca. ad Ye longitudinis septi) emarginata dentibus alaribus convergentibus, marginibus interiori- bus fere parallelis, inde eircumferentia apice fere rotundato-obtusa, ad 4 mm longa. Pedicelli leviter compressi. L. Drummondii Thell. Über die diosmotischen Eigenschaften der Pflanzenzelle, Von ARTHUR TRÖNDLE. (Zürcher Antrittsvorlesung 1. Juli 1916.) (Als Manuskript eingegangen am 8. Juli 1916.) Die beiden hervorragenden Pflanzenanatomen des 17. Jahrhunderts Marcello Malpighi und Nehemia Grew fanden, dass die Substanz der Pflanzenorgane nicht homogen ist, sondern aus einem System kleiner, von blossem Auge nicht mehr sichtbarer Kämmerchen besteht. Sie verglichen diese Struktur mit dem Bau der Bienenwabe und nannten deshalb diese kleinen Kämmerchen Zellen. Als das Wesentlichste an diesen Zellen erschienen damals die Wände, während man über ihren Inhalt noch keine klaren Vorstellungen hatte. Erst zwischen 1840 und 1845 tat die Forschung wieder einen wesentlichen Schritt vorwärts. In diesen Jahren erkannte nämlich Hugo v. Mohl, dass die Zellen, die Kämmerchen, einen lebenden Be- wohner haben, eine vielfach gekörnelte, vielfach mehr oder weniger hyaline, farblose Substanz von halbflüssiger Konsistenz, der er den Namen Protoplasma beilegte. Im weitern Ausbau dieser Beobachtung durch verschiedene Forscher zeigte sich, dass in den embryonalen Geweben das Protoplasma den ganzen Zellraum anfüllt. Wenn die Zellen älter werden, so gehen, abgesehen von den eventuellen Än- derungen der Form, auch im Protoplasma charakteristische Verän- derungen vor sich. Es entstehen einzelne kleine Hohlräume, Va- kuolen. Mit zunehmender Vergrösserung der Zellen vergrössern sich auch diese Vakuolen, sie vereinigen sich schliesslich zu zwei oder mehreren, so dass meistens nur eine einzige zentrale grosse Vakuole vorhanden ist. Diese Vakuole wird dann umgeben von einer dünnen Schicht von Protoplasma, die ihrerseits der Zellwand ringsherum dicht anliegt. Die Vakuole enthält Flüssigkeit. Das ist nicht reines Wasser, sondern eine Lösung. Es sind darin enthalten Salze, Säuren, Zucker- arten usw., vielfach auch Farbstoffe. Diese Stoffe werden vom Protoplasma nicht nach aussen durchgelassen, solange es lebend ist, sie exosmieren erst, wie Nägeli 1855 fand, wenn man das Era ot0- 466 Arthur Tröndle. plasma abtötet. Hand in Hand mit dieser Exosmose geht eine Er- schlaffung der Zellwand. Solange das Protoplasma lebend ist, wird es durch einen in der Vakuole vorhandenen Druck, wie Nägeli zeigte, der Zellwand ringsum angepresst, wodurch diese gespannt wird. Dieser Druck muss deshalb bedingt sein dadurch, dass in der Flüssig- keit der Vakuole, im Zellsaft, gelöste Stoffe vorhanden sind und dass diese Stoffe vom Protoplasma nicht nach aussen durchgelassen werden. Der Schluss auf die Richtigkeit dieser Anschauung ist zu erbringen durch ein Experiment, das bereits Nägeli richtig gedeutet hat. Legen wir eine Zelle nicht in reines Wasser, sondern in eine Lösung, zum Beispiel in eine Rohrzucker- oder Kochsalzlösung, so muss, wenn die oben entwickelte Anschauung richtig ist, dem Innen- druck des Zellsaftes ein Druck von aussen entgegenwirken. Bei einer bestimmten Konzentration’ der Aussenlösung beobachtet man nun in der Tat, dass die Zelle sich verkürzt, wobei die Spannung der Zellwand aufgehoben wird. Wählt man die Konzentration etwas höher, so beginnt das Protoplasma sich in den Ecken der Zelle von der Zellwand loszulösen. Diese Loslösung wird mit zunehmender Konzentration der Aussenlösung stärker und es kann schliesslich so weit kommen, dass das Protoplasma in Form einer Kugel frei im Hohlraum der Zelle drin liegt. Das ist die Erscheinung, die wir heutzutage als Plasmolyse bezeichnen. Damit soll, wie wir oben auseinandergesetzt haben, nicht eine Lösung des Protoplasmas, son- dern eine Loslösung von der Wand gemeint sein. Der Druck der Lösungen, von dem wir gesprochen haben, führt den Namen osmo- tischer Druck. Wie gross ist nun der osmotische Druck der pflanzlichen Zellen ? Die Lösung dieser Frage gelingt auf folgende Weise. Bereits Nägeli setzte auseinander, dass eine Lösung, die gerade eben das Abheben des Protoplasmas, also den Beginn der Plasmolyse hervorruft, den- selben (in Wirklichkeit etwas höhern) osmotischen Druck besitzt wie der Zellsaft. Die Frage auf unsere Antwort ist also gegeben, wenn wir den osmotischen Druck dieser Aussenlösung kennen. Hier wurde das Problem von Pfeffer (1877) weiter verfolgt. Mit Hilfe eines genial erdachten, nach dem Vorbilde der pflanzlichen Zelle kon- struierten Apparates gelang es ihm, was man bis dahin nicht ge- konnt hatte, die osmotischen Drucke verschieden starker Lösungen von Kristalloiden, wie z.B. des Rohrzuckers, direkt zu messen. Eine genaue Bestimmung des osmotischen Druckes war hingegen bei andern Stoffen, wie z. B. den Salzen, nicht oder nur innerhalb ge- wisser Grenzen möglich. Hier halfen weiter Untersuchungen von Hugo de Vries 1884. Er bestimmte die Konzentrationen verschie- Über die diosmotischen Eigenschaften der Pflanzenzelle. 467 dener Stoffe, die eben Plasmolyse hervorriefen. Diese Konzentrationen mussten den gleichen osmotischen Druck ausüben, sie waren isotonisch, wie de Vries das ausdrückte. Innerhalb gewisser Gruppen waren die isotonischen Lösungen zugleich auch äquimolekular, Salzlösungen übten aber immer einen höhern osmotischen Druck aus als äqui- molekulare Rohrzuckerlösungen. De Vries drückte diese Verhältnisse zahlenmässig aus. Man war durch diese Untersuchungen von Pfeffer und de Vries in den Stand gesetzt, den osmotischen Druck der Pflanzenzellen mit ziemlicher Genauigkeit zu bestimmen und den Anteil, den die einzelnen im Zellsaft gelösten Stoffe daran nehmen, zu berechnen. Soweit hatten die Botaniker die Probleme des osmotischen Druckes gefördert und, wenigstens in praktischer Hinsicht, gelöst, als van 't Hoff im Jahre 1885 auf die experimentellen Ergebnisse von Pfeffer und von de Vries seine berühmte Theorie des osmotischen Druckes aufbaute. Diese Therie ist heutzutage so bekannt, dass ein paar wenige Worte darüber genügen mögen. Nach van ’t Hoff’s Anschauung ist der osmotische Druck ein Analogon zum Gasdruck. Für beide gelten dieselben Gesetze. Gleichwie der Gasdruck zustande kommt durch die fortschreitende Bewegung der Moleküle des Gases, so der osmotische Druck durch die fortschreitende Bewegung der Moleküle und Jonen des gelösten Stoffes. Diese Theorie ist für uns von Wichtigkeit, weil wir uns mit ihrer Hilfe ein klares Bild der Entstehung des osmotischen Druckes in der Zelle und der Plasmolyse machen können. Denken Sie sich, wir hätten ein Glas Wasser, in das wir ein Stück Zucker hinein- werfen. Der Zucker beginnt sich zu lösen, es steigen Schlieren auf, die kleinsten Teilchen, die Moleküle entfernen sich voneinander, es entsteht eine Diffusionsbewegung in das Wasser hinaus. Die Mole- küle haben das Bestreben, sich in der ganzen zur Verfügung stehen- den Wassermenge gleichmässig auszubreiten. Der Gleichgewichts- zustand ist erreicht, wenn die Konzentration des Stoffes in der ganzen Wassermasse überall dieselbe geworden ist. Nun legen wir in das Glas Wasser nicht ein Stück Zucker, sondern eine Zelle. In der Zellwand ist Wasser enthalten, ebenso im Protoplasma. Es steht deshalb das Wasser der Vakuole in direktem, ununterbrochenen Zusammenhang mit dem Aussenwasser. Die Moleküle und Jonen der Stoffe, die in der Vakuole gelöst sind, haben das Bestreben, sich in der ganzen zur Verfügung stehenden Wassermenge gleich- mässig auszubreiten. Es entsteht im Zellsaft eine Diffusions- bewegung nach aussen hin. Dabei gelangen die Moleküle und Jonen aber an das Protoplasma und hier können sie nicht weiter, nn das A68 Arthur Tröndle. Protoplasma sie nicht durchlässt. Die Folge davon ist ein Druck auf das Protoplasma. Da es weich ist, gibt es diesem Druck nach und der Druck überträgt sich auf das feste Widerlager, die Zel- wand, die dadurch gespannt wird. Die ganze Zelle wird auf diese Weise straff und fest, genau so, wie ein schlaffer Kautschukballon fest und hart wird, wenn man unter Druck Luft hineinpresst. Legen wir nun eine Zelle nicht in reines Wasser, sondern in eine Lösung, z. B. eine Rohrzuckerlösung, so entsteht der umgekehrte Vorgang. Die Moleküle und Jonen in der Aussenlösung haben das Bestreben, in die Vakuole hinein zu diffundieren. Sie bewegen sich dabei im Imbibitionswasser der Zellwand glatt vorwärts. Nun aber kommen sie an das Protoplasma, und hier wird ihrer Bewegung Halt geboten, weil sie nicht durchgelassen werden. Die Folge davon ist ein Druck von aussen her auf das Protoplasma. Sobald dieser Druck ganz wenig höher ist als der Innendruck, muss die Plasmolyse beginnen. Die Höhe des osmotischen Druckes in der Zelle liegt meistens ‘zwischen 5—10 Atm. In gewissen Fällen, wie z.B. in den Zellen ‚des Palisaden- und Schwammparenchyms der Blätter, ist er vielfach beträchtlich höher und kann 20—30 Atm. betragen. Eine der Be- .deutungen des osmotischen Druckes für die Pflanze ist darin zu sehen, dass dadurch die Zellen und damit die Gewebe straff werden, wodurch besonders in den jungen, noch wachsenden Teilen ein be- sonderes Skelettsystem unnötig gemacht wird. Nach dem, was wir oben auseinandergesetzt haben, ist die Ent- ‚stehung eines osmotischen Druckes in der Zelle gebunden an die Eigenschaft des Protoplasmas, gelöste Stoffe nicht durchtreten zu lassen. Es scheint, dass sich das Protoplasma verhält wie eine semipermeable Membran, die wohl das Lösungsmittel, nicht aber den gelösten Stoff durchlässt. Wenn wir nun aber geneigt sind, dem Protoplasma die Eigenschaften einer semipermeablen Membran zuzu- schreiben, so scheint sich hier ein grosser Widerspruch zu ergeben. Der Zellsaft enthält ja gelöste Stoffe, die nicht in der Vakuole ent- ‚standen sind, sondern die von aussen her dort hineingekommen sein müssen, wie z. B. die Salze, die aus dem Bodenwasser aufgenommen werden. Darunter befinden sich solche, die der Pflanze für ihre Er- nährung unbedingt nötig sind. Auf Grund solcher Erwägungen muss = man zum Schlusse kommen, dass das Protoplasma für gelöste Stoffe doch auch durchlässig sein muss. Es hat nun bereits Pfeffer an verschiedenen Stellen darauf aufmerksam gemacht, dass die Semi- permeabilität des Protoplasmas keine absolute Eigenschaft ist, son- ‚dern dass das Protoplasma die Fähigkeit haben muss, gewisse Stoffe ‚unter gewissen Umständen durchzulassen. Pfeffer selbst wies nach, e* j Yu r « Ef > ERREN EN va N re a Reg. s alte N la > Bin ar Fe Ha a ee u a en 3 A ne y r : Über die diosmotischen Eigenschaften der Pflanzenzelle. 469 dass gewisse Anilinfarben, wie Methylenblau, mit Leichtigkeit das Protoplasma zu durchwandern vermögen. Im Innern der Vakuolen verbindet sich das Methylenblau mit Gerbstoff und es entsteht in einiger Zeit ein Niederschlag von gerbsaurem Methylenblau. Klebs und zugleich de Vries (1888) fanden im Glyzerin einen Stoff, der ziemlich leicht eindringt und de Vries beobachtete bald darauf, dass Harnstoff noch wesentlich schneller aufgenommen wird. Einige Jahre später begann Overton seine ausgedehnten Untersuchungen über Stoff- aufnahme. Dadurch wurden unsere Kenntnisse nicht nur wesentlich erweitert, sondern, was viel wichtiger ist, auch wesentlich vertieft. ‚Överton untersuchte über 500 Stoffe auf ihre Fähigkeit, das Proto- plasma zu durchwandern. Alle möglichen Abstufungen kommen vor. Am einen Ende der Reihe stehen Stoffe, die so rasch eindringen, dass man damit keine Plasmolyse mehr erzielen kann; während am andern Ende der Reihe sich Stoffe finden, die entweder gar nicht oder nur so langsam eindringen, dass darin die Plasmolyse Tage lang erhalten bleibt. Overton suchte nach den Gesetzmässigkeiten, die dieses Verhalten regieren. Er fand im grossen und ganzen eine auffallende Parallelität zwischen der Leichtigkeit des Eindringens und der Löslichkeit in gewissen fettartigen Stoffen, besonders dem Lezithin und dem Cholesterin. Diese beiden Stoffe sind weit ver- breitet und dürften wohl keiner Zelle gänzlich fehlen. Overton stellte deshalb die Hypothese auf, dass die äusserste Grenzschicht des Protoplasmas, die sogenannte Plasmahaut, die nach Pfeffers Ver- suchen und Diskussionen allein über die Stoffaufnahme entscheidet, mit Cholesterin oder Lezithin oder ähnlichen Stoffen imprägniert sei. Alle Stoffe, die in den genannten fettartigen Körpern löslich sind, werden aufgenommen, die andern hingegen nicht. Nach dieser Lipoidhypothese, wie sie genannt wurde, wäre die Stoffaufnahme eine Löslichkeitserscheinung. Es ist nun aber zweifelsohne, dass nicht die gesamte Stoff- aufnahme auf dieses Prinzip zurückgeführt werden kann'). Nach Overton sind die Salze lipoidunlöslich und dazu stimmte, dass eine Aufnahme im plasmolythischen Experiment nicht nachweisbar war. Die Salze werden nun aber trotzdem aufgenommen, und das ist einer der Punkte, an dem besonders auf seiten der Botaniker die Kritik gegen die Lipoidhypothese eingesetzt hat. Dabei ist aber zu be- denken, was von den Kritikern nicht immer genügend geschehen ist, dass Overton selbst nicht die gesamte Stoffaufnahme mit dem Prinzip der po erklären wollte, sondern dass er unterschied uf die von Ruhland im speziellen für die Aufnahme der Anilinfarben aus- gearbeitete Ullraßltsrhfpoiheen ist im folgenden nicht eingegan, gen Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 31 470 Arthur Tröndle. zwischen einer Aufnahme infolge der statischen osmotischen Eigen- schaften des Protoplasmas und einer Aufnahme infolge aktiver Tätig- keit des Protoplasmas. Dieser Unterschied ist später von Höber als physikalische und physiologische Permeabilität bezeichnet worden und Nathansohn suchte diesen Ideen die morphologische Grundlage zu geben durch die Annahme, dass die Grenzschicht des Protoplasmas ein Mosaik sei aus Eiweissteilchen und Lipoidteilchen. In der Literatur lagen schon seit längerer Zeit einzelne Angaben über Salzaufnahme vor. Nathansohn stellte darüber Untersuchungen an, die aber zu keinem definitiven Ergebnisse führten. Neuerdings hat Osterhout mit Hilfe einer neuen Methode das Problem wieder aufgenommen. Er benützte zu seinen Versuchen eine Meeresalge, Laminaria. Aus dem Thallus wurden runde Scheiben geschnitten und aufeinandergelegt, so dass ein Zylinder entstand, der in geeig- neter Weise zwischen 2 Elektroden eingespannt wurde. Nach Ver- senkung des Zylinders in normales Seewasser wurde ein Strom hindurehgeschickt und der Widerstand bestimmt. Dasselbe wurde gemacht, wenn der Zylinder in Lösungen verschiedener Salze ein- tauchte, deren Konzentration so gewählt war, dass ihre Leitfähigkeit der Leitfähigkeit des reinen Seewassers gleich war. In Natrium- und Kaliumsalzen verminderte sich der Widerstand; in Kalzium-, Barium-, Strontium- und Magnesiumsalzen trat eine Erhöhung des Widerstandes ein. Diese charakteristischen Widerstandsänderungen traten nur an lebendem Gewebe ein. Man muss daraus mit Oster- hout schliessen, dass das lebende Protoplasma die Jonen des Kaliums und Natriums relativ leicht durchlässt, die des Magnesiums und Kal- ziums hingegen schwer. Eigene Untersuchungen, die mit Hilfe einer Modifikation der plasmolythischen Methode an einem besonders gün- stigen Objekt, dem embryonalen Gewebe der Wurzelspitze ausgeführt wurden, ergaben ein analoges Ergebnis. Sehr rasch werden aufge- nommen Kalium- und Natriumsalze, ziemlich rasch Magnesium, lang- sam Barium und Strontium und sehr langsam Kalzium. Diese Unter- suchungen zeigten ferner, dass die Geschwindigkeit der Salzaufnahme unabhängig ist vom Konzentrationsgefälle. Die Zellen der äussern Rinde einer Zone zwischen 2 und 3 mm Entfernung von der Spitze der Wurzel der weissen Lupine nahmen zum Beispiel pro Min. auf 0,132 Mol. Kaliumchlorid, gleichgültig, ob das Konzentrationsgefälle war 0,228 oder 0,606 oder 1,325 Mol. Das gleiche gilt für die 11 andern untersuchten Salze. Dieselbe Erscheinung liess sich bei der Aufnahme von Kochsalz durch die Palisadenzellen des Laubblattes beobachten. Wir haben es offenbar mit einer allgemeinen Eigen- schaft der Pflanzenzellen zu tun. Diese Ergebnisse führen zum Über die diosmotischen Eigenschaften der Pflanzenzelle. 471 Schluss, dass die Moleküle und Jonen nicht infolge ihrer eigenen Bewegung durch das Protoplasma hindurchdringen, sondern dass das Protoplasma selber die Kräfte liefert, die den Durchtritt bewirken. Die Salzaufnahme ist eine aktive Tätigkeit des Protoplasmas, die Salze dringen nicht ein, sondern sie werden aufgenommen. Die Geschwindigkeit, mit der ein Salz aufgenommen wird, ist keine unveränderliche Eigentümlichkeit des Protoplasmas. In früheren Untersuchungen konnte ich zeigen, dass die Permeabilität für Koch- salz in den assimilierenden Zellen des Laubblattes unter dem Ein- | flusse des Lichtes geändert wird, im Lichte grösser ist als im Dunkeln. Es handelt sich dabei nicht um eine direkte Wirkung des Lichtes auf die Plasmahaut, sondern um eine viel kompliziertere Erscheinung, um eine Reizreaktion. Das Licht reizt das Protoplasma, Kochsalz schneller aufzunehmen. Eingehende Versuche zeigten, dass dabei alle die Erscheinungen auftraten, die für die Reizerscheinungen bei den Pflanzen, im speziellen für den Heliotropismus charakteristisch | sind, wie das Reaktionszeitgesetz, die Gegenreaktion und die Stimmungs- E änderung. Alles das lässt es mir berechtigt erscheinen, die Overton’- sche Unterscheidung zwischen physikalischer und physiologischer Per- meabilität auch weiterhin beizubehalten. Alles, was wir bisher über die Stoffaufnahme besprochen haben, bezieht sich auf das Protoplasma. Bevor aber ein Stoff an das Proto- plasma herangelangen kann, muss er die Zellwand durchwandern. Unzählige plasmolythische Experimente, die im Verlaufe langer Jahre von zahlreichen Forschern angestellt worden sind, haben immer wieder zu demselben Ergebnis geführt, dass nämlich, abgesehen von be- stimmten speziellen Fällen, die Zellwand für gelöste Stoffe schlecht- hin durchlässig ist. Nun ist aber zu bedenken, dass unsere plasmo- lythischen Experimente meistens nicht lange dauern, vielleicht 30 Minuten bis einige Stunden. Es könnte deshalb möglich sein, 5 dass bei längerer Berührung mit dem gelösten Stoff auch die Zell- wand irgendeinen Einfluss auf die Stoffaufnahme ausüben könnte. Gewisse Untersuchungen der letzten Jahre bestätigen diese An- schauung. Die Zellwände haben nämlich, und zwar wie es scheint wohl ziemlich allgemein, die Fähigkeit, Salze zu zerlegen. Auf diese merkwürdige Eigenschaft ist man zum erstenmal aufmerksam ge- worden bei Torfmoosen. Baumann und Gully (1910) zeigten, dass solche Moose Lösungen reiner Salze zu zerlegen vermögen, wobei eine Säuerung eintritt. Dieser Vorgang ist zu konstatieren, gleich- gültig, ob das Moos lebend oder tod ist. Ob diese Zerlegung hervor- gerufen wird durch einen sauren Bestandteil der Zellwand oder durch eine ungleiche Adsorption der Jonen, ist noch nicht endgültig ent EEE “ \ EEE Te Er re TE » EN Be gehe 4 ee a ed 472 Arthur Tröndle. schieden. In gewissen Fällen dürften aber saure Bestandteile der Zellwand dabei die Hauptrolle spielen. Hansteen hat nämlich neuer- dings nachgewiesen, dass neben Pektinsubstanzen auch Fettsäuren in der Zellwand vorkommen, wobei es sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht um Stoffe handelt, die während der Wanderung von Zelle zu Zelle in der Wand stecken geblieben sind, sondern um normale Bestand- teile der Zellwand. Die Fähigkeit, Salze zu zerlegen, ist von Wieler auch bei Phanerogamen gefunden worden und neuerdings hat Skene analoge Beobachtungen gemacht. Es wäre auch daran zu erinnern, dass durch Pantanelli in zahlreichen Fällen eine ungleiche Jonen- aufnahme aus Salzlösungen nachgewiesen ist, wobei allerdings un- entschieden bleibt, inwieweit das lebende Protoplasma dabei mitge- wirkt hat. Aber das zeigt uns, dass die Zellwand bei der Stofi- aufnahme aus dem Bodenwasser und bei der Wanderung der Stoffe in den Geweben eine wichtige Rolle spielen kann, und dass wir darauf in Zukunft mehr achten müssen, als wir das bis jetzt zu tun geneigt waren. ie Experimente über die Aufnahme von Salzen, von denen wir bis jetzt gesprochen haben, bezogen sich auf reine Lösungen. Wie verhält sich nun aber die Zelle, wenn wir sie mit einem Gemisch verschiedener Stoffe in Berührung bringen? Diese Frage ist um so mehr berechtigt, als wir es ja im Bodenwasser nicht mit einer reinen Lösung, sondern mit einem Gemisch zu tun haben, genau so wie im Zellsaft auch. Das ist unter Umständen von grosser Wichtigkeit. Im Anschluss an die tierphysiologischen Versuche Loebs hat Oster- hout gezeigt, dass reine Salzlösungen giftig wirken, wenn die Pflanzen längere Zeit damit in Berührung bleiben. Davon machen auch die Nährsalze keine Ausnahme. Eine Lösung von Kaliumnitrat wirkt nach einiger Zeit giftig, trotzdem die Pflanze daraus zwei unent- behrliche Nährstoffe, das Kalium und den Stickstoff, aufnimmt. Diese Giftwirkung kann ganz oder teilweise kompensiert werden durch Beigabe eines zweiten Salzes. Als besonders wirksam haben sich für diese Entgiftung die Salze des Kalziums erwiesen, die schon an und für sich sehr wenig giftig sind. Viel giftiger aber sind die Salze des Magnesiums, des Kaliums und des Natriums. Diese drei sind es aber auch, die relativ leicht in das Protoplasma eindringen. Man kann deshalb vermuten, dass eine Beziehung besteht zwischen der Leichtigkeit der Aufnahme und der Giftigkeit. Diese Anschauung findet eine Stütze auch darin, dass Osterhout gefunden hat, dass Kalziumsalze nicht nur selbst langsam aufgenommen werden, sondern auch die anderen Salze am schnellen Eindringen hindern. Das Pro- blem der Giftwirkung ist nun aber sicherlich komplizierter, als wir ae a ee a . Über die diosmotischen Eigenschaften der Pflanzenzelle. 473 es eben skizziert haben. Hier spielt zweifelsohne auch die Zellwand eine wichtige Rolle. Hansteen hat an den Wurzeln gewisser Kultur- pflanzen in reinen Magnesiumsalzlösungen auffällige Erkrankungen der Wurzeln beobachtet. Die Zellwände verquellen und lösen sich schliesslich mehr oder weniger vollständig. Dadurch wird der Ge- webeverband gelockert und schliesslich ganz aufgehoben, so dass die Protoplasten frei austreten. Ähnliche, etwas weniger starke Zer- störungen traten auf in Kalium- und Natriumsalzen, hingegen nicht in Kalziumsalzen. Die Erkrankung konnte ebenfalls verhindert werden, wenn zu den Lösungen der drei zuerst genannten Salze etwas Kalziumsalz hinzugefügt wurde. Diese Wirkungen kommen vermutlich dadurch zustande, dass das Magnesium, das Kalium und das Natrium mit gewissen sauren Bestandteilen der Zellwand lös- liche Verbindungen bilden, während die Verbindung mit Kalzium schwer oder gar nicht löslich wäre. Auch das zeigt uns wieder, dass wir die Tätigkeit der Zellwand bei der Stoffaufnahme mehr berücksichtigen müssen als bisher. Damit habe ich Sie im Kreise herumgeführt. Mit diesen Be- merkungen über die Zellwand sind wir wieder bei dem Teil der Zelle angelangt, von dem wir ausgegangen sind, bei dem Teil, der zuerst entdeckt worden ist und zuerst die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte. Das Leben der Pflanzen, wie aller Organismen, ist gebunden an die Aufnahme, an die Verarbeitung und an die Wiederabgabe von Stoffen. Es gibt zwar gewisse Organe, wie die Samen, die in einen Zustand latenten Lebens übergehen, in dem die Stoffaufnahme prak- tisch auf Null herabgesetzt ist. Ein solches Leben ist aber auf die Dauer nicht möglich. Auch die Samen sterben Aotiliensh0h ab, wenn auch manchmal erst nach Jahren. - Der Stoffwechsel ist eine der fundamentalen Eigentümlichkeiten des lebenden Protoplasmas, eine der Eigenschaften, die uns gerade mit zur Charakterisierung des Lebens dient. Alle Untersuchungen über die osmotischen Eigenschaften der Zelle der Pflanzen, im be- sondern alle Untersuchungen über die Aufnahme von Stoffen durch das Protoplasma der Pflanzen sind deshalb im Grunde genommen nichts anderes als Beiträge zur Beantwortung der Grund- und End- frage aller Physiologie, die lautet: was ist Leben? Über Abwicklung und Facieszusammenhang in den Decken der nördlichen Schweizeralpen. Von ArxorLp HEm. Mit 2 Textfiguren. (Als Manuskript eingegangen am 3, August 1916.) Je mehr sich unsere geologischen Kenntnisse der Alpen vertiefen, um so mehr wachsen die Probleme der Tektonik und der verglei- chenden Lithologie ineinander. In den kristallinen wie in den sedi- mentären Gebieten müssen beide Probleme zugleich in Angriff ge- nommen werden, da das eine oder das andere zu Missverständnissen über den Bau unserer Alpen führen muss. Im folgenden soll auf einige derartige Facies-tektonische Probleme hingewiesen werden, mit denen sich die Alpengeologie noch eingehender zu befassen haben wird. Faciesunterschiede und Faciesveränderungen. Mit der Erkenntnis des Deckenbaues wurden die unverständlichen Faciesdifferenzen übereinander oder nebeneinander liegender Gebirgs- stücke mit einem Schlage erklärlich. Die Faciessprünge sind uns heute im wesentlichen bekannt. Es gilt nun, die allmählichen Faciesveränderungen zu verfolgen, und diese graphisch darzu- stellen. Den Ausgangspunkt zu solchen Untersuchungen bieten am besten tektonisch einheitliche Gebirgsstücke, die sich möglichst weit quer zum Alpenstreichen ausdehnen, und die möglichst wenig mechanisch verändert sind. Für die helvetische Facieszone eignet sich hierzu kein Gebiet so gut wie die Thurgruppe, wo die helvetische Kreide innerhalb der gleichen tektonischen Einheit (Säntis-Drusbergdecke oder obere helvetische Decke) vom Säntis-Nordrand bis zum Fläscher- berg und mit Ausnahme einzelner Faltenmittelschenkel ohne nennens- werte mechanische Störungen verfolgt werden kann. Die jetzige Breite Säntis-Fläscherberg beträgt 27 km, die abgewickelte 40 km. Für dieses Gebiet sind nun die allmählichen Faciesveränderungen Abwicklung u. Facieszusammenhang in d. Decken d. nördl. Schweizeralpen. 475 im wesentlichen bekannt und die graphische Darstellung gegeben. !) Damit kennen wir nun die ursprüngliche südliche und mittlere helvetische Facieszone. Die daran ursprünglich nördlich anschliessende Facieszone ist durch die Deckenüberschiebungen in weit voneinander getrennte Ge- birgsabschnitte auseinandergerissen. Um das Faciesprofil zu erhalten, müssen wir die einzelnen Faciesbruchstücke in richtiger Weise zu- sammenfügen wie die zerstreuten Bruchstücke eines Fossils. Dabei sehen wir, dass jedes einzelne Faciesstück, ob es sich nun am Alpen- rand oder im Inneren befinde, in den wesentlichen Punkten gleich- sinnige, gleichgerichtete Faciesveränderungen aufweist. Die hauptsächlichen Veränderungen vollziehen sich in jedem einzelnen Stück am raschesten quer zum Alpenstreichen, von SSE nach NNW. Bei der Rekonstruktion des Faciesprofiles, d. h. der ursprünglichen Facies- und Mächtigkeitsveränderungen, stehen wir also vor einer ähnlichen Aufgabe wie etwa bei der Rekonstruktion eines Skelettes, wobei einzelne Wirbel fehlen (in der Tiefe verborgene oder abge- witterte Gebirgsstücke), und bei den vorhandenen die richtige Stellung ermittelt werden muss. Auf diese Weise erhalten wir für die tek- tonisch tieferen Gebirgsglieder unter Berücksichtigung der neuesten Arbeiten eine nördliche helvetische Facieszone vom Nordrand des Säntis bis zum Aarmassivmantel bei Vättis von 20—25 km Breite. Ohne Berücksichtigung der Deckenabwicklung erhalten wir ein völlig zerstückeltes Faciesprofil, wie es nach dem Gesetz von der Korrelation der Facies unmöglich entstanden sein kann, so wenig wie ein Tier mit Schwanzwirbeln am Hals. Diese Tatsache, abgesehen von allen tektonischen Beobachtungen, beweist endgültig die Richtigkeit der tektonischen Deckenlehre. Da es heute noch eine Anzahl, zum Teil sogar bedeutender Geologen im Auslande gibt, die infolge ungenügender Kenntnisse die Deckenlehre in Abrede stellen, scheint dieser Hinweis noch immer nicht überflüssig zu sein.) Tektonische Schlüsse aus der Faciesstellung. Ist der gesamte Facieszusammenhang im ganzen bekannt, so kann nun umgekehrt für ein isoliertes Gebirgsstück aus seiner Facies- stellung auch der tektonische Zusammenhang ermittelt werden. Eines der schönsten Beispiele dieser Art bietet das Vierwaldstättersee- ‘) Monogr. d. Churfirsten - -Mattstockgruppe, Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz, 1.1910, B: 1913, IM. 1936, im Druck. 2) Vergl. auch Kistenpass, Beiträge z. geol. Karte d. Schweiz, n. F., Lfg. 2, 1910, p. 44. 476 Arnold Heim. Gebiet. Dort konnten Tobler und Buxtorf durch vergleichend strati- graphische Studien nachweisen, dass auf Grund ihrer Faciesstellung die Rigihochfluh unterirdisch nicht mit der Axendecke zusammen- hängen kann, wie vorher angenommen wurde, sondern in irgend- welcher Verbindung mit der oberen helvetischen Deckenmasse stehen muss. In ähnlicher Weise geht aus der Faciesstellung der Wageten- kette am Alpenrand hervor, dass diese nicht zur Stirn der Mürt- schendecke, sondern, wie schon Lugeon 1901 angedeutet hat, einer tieferen tektonischen Einheit entspricht. Das Niesenproblem ist durch Lugeon an Hand eines Faciesvergleiches gelöst und die Zugehörigkeit zur penninischen Zone bestimmt. Wir werden auf andere Beispiele zurückkommen. Überdeckung. Bei einer Überschiebung, gleichviel ob sie eine Bruchüberschie- bung oder Faltenüberschiebung mit verkehrtem Mittelschenkel sei, können wir das Mass der Überschiebung für jede einzelne Schicht- fuge ermitteln. Die Überdeckungsbreite einer Schichtfuge ist die Querverstellung der beiden entsprechenden Schnittpunkte mit der -Überschiebungsfläche, wie &— x, y—y, z—z in Fig. 1. Handelt es sich um liegende Falten mit verkehrter Schichtfolge, so ergibt sich die Überdeckungsbreite aus der Entfernung vom liegenden Synklinal- scheitel bis zum hangenden Antiklinalscheitel, gemessen an der gleichen Schichtfuge. Es versteht sich von selbst, dass die so gemessene Über- deckungsbreite für verschiedene Horizonte verschieden gross ist. Bei Bruchüberschiebungen und schiefen Abscherungen hängt die Ver- schiedenheit zusammen mit dem Wechsel des Schnittwinkels zur Schichtebene. Betrachtet man statt einer Schichtfuge eine ganze Schichtfolge, z. B. den Jura, so ergibt sich eine grössere Breite der Überschiebungsmasse. Noch grösser ist die Breite, wenn man lediglich die Trennung zweier Überschiebungen in tektonischem Sinne betrachtet. Über das Mass der Verstellung im Vergleich zum ur- sprünglichen Ablagerungsraum gibt die Faciesabwicklung Aufschluss (vergl. folgender Abschnitt). Man könnte sie vielleicht Facies- Überschiebungsbreite nennen. Diese kann kleiner sein als die Breite der Überdeckung &—x, y—y, wenn die überschobene Masse vorwiegend mechanisch reduziert ist, oder grösser, wenn sie vor- wiegend gestaut und sekundär gefaltet ist. Beispiele. Überdeckungsbreite der Süntisdecke im Vergleich zur Mürtschendecke im Churfirstengebiet, die untere Kreide betreffend, = 8 km, Facies-Überschiebung etwa 12 km. Überdeckung der Abwicklung u. Facieszusammenhang in d. Decken d. nördl. Schweizeralpen. 477 Rädertenteildecke nördlich des Klöntals ca. 5 km, Faeiesüberdeckung 6—7 km. Drusbergteildecke auf Räderten 3—4 km Tektonische Abwicklung. Darunter verstehen wir die Streckung einer bestimmten Schicht- fuge. Die absolute tektonische Abwicklung ist die ausgeglättete Entfernung einer Schichtfuge eines bestimmten Gebirgsabschnittes im Querprofl. Die relative tektonische Abwicklung ist der Quotient aus der absoluten Abwicklung und der jetzigen Entfernung der beiden Endpunkte. So ist z. B. im Säntisgebirge die absolute tek- tonische Abwicklung im mittleren Profil 18 km, die jetzige Breite 6 km, die relative tektonische Abwicklung daher 3. Die tektonische Abwicklung muss stets grösser sein als die noch zu besprechende Faciesabwicklung. Ein ganz ungeheures Ausmass im Vergleich zur Faciesabwicklung erreicht die tektonische Abwicklung z. B. in den ungezählten Verzweigungen der St. Bernhard-Decke (Argand) und in den sogenannten Quetschzonen des Rhätikons, wo die rhätische Decke und mit ihr andere Deckenteile in Schuppen zerdrückt, gestreckt und darnach abermals gefältelt, zerknittert und eingewickelt wurden (Trümpy). An solehen Stellen mag die tektonische Abwicklung selbst auf grösserer Ausdehnung den hundertfachen Betrag der Facies- abwicklung erreichen. Faciesabwicklung. Die absolute Faciesabwicklung ist die ursprüngliche Entfernung zweier Endpunkte im Sedimentationsraum. Die relative Faciesab- wickung ist die absolute Faciesabwicklung, dividiert durch die jetzige Entfernung der Endpunkte. So erhalten wir z. B. für den mittleren Säntis eine absolute Faciesabwicklung von etwa 12 km; das ergibt bei der jetzigen Breite des Gebirges von 6 km eine relative Facies- abwicklung von 2. Die Faciesabwicklungen sind nicht so leicht zu ermitteln wie die tektonischen. Sie beruhen nicht auf der Ausglättung einer Linie des Querprofiles, sondern auf der Bestimmung einer Querschnittfläche, oder bei einer Gebirgsgruppe richtiger auf der Bestimmung eines Raumstückes. Die absolute Faciesabwicklung im Querprofil eines bestimmten Gebirgsstückes ist die Schnittfläche einer bestimmten Schichtabteilung, dividiert durch die mittlere primäre Mächtigkeit derselben. Bei einem grösseren Gebirgsabschnitt, wo die primären | Mächtigkeiten rasch wechseln, muss die Faciesabwicklung durch um- 478 Arnold Heim. ständliche Summierung ermittelt werden. Bezeichnen wir die Fläche mit 7, die primäre Mächtigkeit mit M, so ist die Faciesabwicklung Yu F F. > a1, = =, etc. Zur Bestimmung der Faciesabwicklung eignen sich natürlich nur solche Schichtabteilungen, deren primäre Mächtigkeiten wenig schwanken, und die aus wenig plastischem Material bestehen, wie z. B. der Quintnerkalk. Die Grundlage bildet die Kenntnis der primären Mächtigkeiten. Diese zu ermitteln, ist nicht so schwierig, wie es einem mit alpin-helvetischen Verhältnissen wenig betrauten Geologen nach den komplizierten tektonischen Profilen erscheinen mag. Bei primär plastischen Gesteinen, wie Mergeln, Tonschiefern ist freilich primäre Reduktion von mechanischer, oder primäre An- schwellung von mechanischer Stauung nicht ohne weiteres zu unter- scheiden. Bei Kalken aber ist schon eine geringe Deformation be- gleitet von entsprechender Gesteinsmetamorphose. Wenn ferner innerhalb einer Überschiebungsdecke eine bestimmte Schichtabteilung bei normaler Lagerung auf weiter Strecke in gleicher Ausbildung und Mächtigkeit, oder mit gesetzmässig sich vollziehender Facies- und Mächtigkeitsveränderung verfolgt werden kann, so sind wir zu der Annahme berechtigt, dass auf dieser Strecke die primäre Mäch- tigkeit erhalten geblieben ist (z. B. Churfirsten, Glärnisch). Sind wir über die Erhaltung der primären Mächtigkeiten auf- geklärt, so ist die nächste Aufgabe die möglichst genaue Messung derselben. Leider wird aber noch immer die oft mühsame Mächtig- keitsbestimmung vernachlässigt, selbst in klassischen stratigraphischen Werken. Ohne Kenntnis der primären Mächtigkeiten lässt sich kein Faciesprofil in den richtigen Dimensionen zeichnen, noch irgendeine Faciesabwicklung vornehmen. Die Faciesabwicklung selbst ist aber für die Kenntnis des tektonischen Zusammenschubes eine Vorbedingung. Disharmonische Faltung. Wenn in einem bestimmten Gebirgsstück die tektonische Abwick- lung der verschiedenen Schichtfugen miteinander übereinstimmt, so liegt harmonische Faltung vor. Verschiedenheiten der tektonischen Abwicklung sind gleichbedeutend mit disharmonischer Faltung. Eines der schönsten Beispiele bietet die Alviergruppe.') Auf der Strecke von Berschis-Faulfirst bis zum Rheintal beträgt die tektonische Abwicklung für Valangienkalk ca. 10 km „ Malm-Dogger „ 24 „ „ Lias a ') Vergl. Mon. d. Churfirsten, I, Fig. 2, nach pag. 16, 1910. Abwicklung u. Facieszusammenhang in d. Decken d. nördl. Schweizeralpen. 47% Die entsprechende disharmonische Faltung hat Arbenz im Ge- birge zwischen Engelberg und Meiringen, d.i. in der gleichen tekto- nischen Einheit nachgewiesen.') Auch im Juragebirge sind neuerdings durch Buxtorf und Amsler ausgesprochene disharmonische Faltungen nachgewiesen worden, deren Erklärung allerdings teilweise noch rätselhaft ist. Die Zwischenlage zweier übereinander liegender dis- harmonischer Faltensysteme innerhalb der gleichen tektonischen Einheit wird vorzugsweise durch eine leicht deformierbare, tonreiche Schichtfolge von beträchtlicher Mächtigkeit bedingt, die abwechselnd gestaut oder reduziert ist (Alviergruppe). Kompensationen der tektonischen Abwicklung. Ist die Faltung und Fältelung mit Überschiebung und Einwick- lung eines disharmonisch gefalteten Gebirgsstückes die Folge tieferer Dislokation der Erdrinde, so müssen die Differenzen der tektonischen Abwicklungen verschiedener übereinander liegender Schichtfugen in anderen Gebirgsstücken kompensiert sein. Ist sie durch äussere Einflüsse bedingt, wie z. B. durch Schwererutschung, wie sie wohl in einigen Fällen im nördlichen Teil der Alpen mitgewirkt hat, oder auf passive Verschleppung durch höhere Decken zurückzuführen, so können Faltungen und Fältelungen höherer Schichten vorkommen, ohne dass diese in tieferen kompensiert zu sein brauchen. Beispiel: Das Defizit der tektonischen Abwicklung der Kreide in der Alviergruppe gegenüber Malm-Dogger ist kompensiert in den Kreidefaltungen des Säntisgebirges. Oder umgekehrt: Der Über- schuss der tektonischen Abwicklung des Malm der. Alviergruppe ist kompensiert durch den Gewölbeschluss desselben schon in den mitt- leren Churfirsten, d. i. abgewickelt 7 km zurückstehend vom Nord- rande der Kreidefalten. Ganz allgemein erkennen wir, dass der nördliche Teil der Alpen mit Ausnahme der herzynischen Massive aus überschobenen und ge- fältelten sedimentären Gebirgsmassen besteht, die eine enorme tekto- nische Abwicklung repräsentieren. Diese ist einerseits in den kristallinen Deekmassen der weiter alpeneinwärts gelegenen Zonen, anderseits durch intensive Stauungen und Fältelungen tieferer Erdrindenteile kompensiert, wie wir sie vielfach in den Gneissen der tektonischen Tiefen kennen. Auch können wir uns fragen, ob vielleicht die tiefen Jura-Trias-Einfaltungen in den Zentralmassiven, in denen die Kreide fehlt, teilweise als Kompensationen zu den Faltungen der Kreidezonen aufzufassen sind. 1) P, Arbenz, Exkursion. Eclogae Geol. Helv., vol. XII, 1913, pl. 22 480 Arnold Heim. Umgekehrt scheinen z. B. die komplizierten Faltungen in Kreide und Malm des Falknis von ihrer Wurzel durch die Silvrettadecke abgeschürfte Stirnfetzen zu sein. Eine Kompensation der tektonischen Abwicklung von Trias und Kristallin in der alpeneinwärts zurück- gebliebenen Unterlage ist also in diesem Falle nicht vorauszusetzen. Kompensationen der Faciesabwicklung. Im oben genannten Beispiel der Alviergruppe stimmt die Facies- abwicklung des Valangienkalkes infolge Fehlens von tektonischen Komplikationen mit der tektonischen Abwicklung überein, beträgt also rund 10 km, die Faciesabwicklung des Malm etwa 17 km. Da die ursprüngliche Breite der Sedimentationszone für die verschiedenen mesozoischen Schichten die gleiche war, muss die Differenz irgendwo kompensiert sein. In der Tat finden wir das Defizit der Alvierkreide mehr als kompensiert in den Kreideketten des Alpenrandes. Der Kompen- sationsüberschuss wird anderseits ausgeglichen durch die parautoch- thone Zone von Bonaduz, wo nach Arbenz und W. Staub gefaltete Trias und Jura, aber keine Kreide mehr vorhanden ist, und vielleicht vor der penninischen Überschiebung auch nicht vorhanden war. Zu analogen Kompensationen gelangt man bei der Abwicklung (des Gebietes zwischen Engelberg und Meiringen (Arbenz) oder des Profiles der Faulhorngruppe bis zur Niederhorndecke (Seeber, Beck), oder der Berneralpen nach den neuen Profilen von Lugeon. Besonders schön zeigt sich die Kompensation zwischen Malm-Dogger der parautochthonen Zone und der Decken im Vergleich zu der enormen Anhäufung und Fältelung des autochthonen Lias im Torrentalpgebiet, der nicht mehr bis in die höheren Decken hinausreicht. Kompensation im Längsprofil. Wie im Querprofil finden wir auch im Längsprofil, dass durch tek- tonisches Auskeilen einer Decke die verloren gegangenen Faciesstücke auf eine andere Decke überspringen. Die tieferen helvetischen Decken der östlichen Schweizeralpen, Wageten, Griesstockdecke, Glarnerdecke, sind aus dem Zusammenhang mit den anderen Decken grösstenteils los- gerissene Fetzen, die nicht nur im Querprofil, sondern auch im Längs- profil als Schuppen erscheinen. Auch die Axendecke ist in der Längs- richtung, bei Walenstadt einerseits, im Engelbergergebiet anderseits, im Auskleiden begriffen, während sie im mittleren Teil eine gewaltige Gebirgsmasse bildet. Inwiefern die helvetischen Decken nach der Scheitelregion über dem Aarmassiv und weiter nach der Wurzelregion | | : r E Abwicklung u. Facieszusammenhang in d. Decken d. nördl. Schweizeralpen. 484 hin auskeilen, sind wir infolge der Abwitterung nur einigermassen | für die untersten Decken orientiert. Dass die Wageten als eine | abgescherte Scholle allseitig auskeilt, ist sicher. | Bei der Axendecke wird in der Längsrichtung zuerst die Kreide | abgeschnitten und von der höheren Säntisdecke assimiliert. Dazu | kommt die Reduktion der Mürtschen- und Glarnerdecke im Walensee- En gebiet. Vermutlich keilen weiter östlich rasch auch diese beiden Decken aus. Damit in Zusammenhang steht die kolossale Entwick- lung der oberen helvetischen Decke bis ins Vorarlberg. Tektonische Verschiebungen im Faciesprofil. Wie wir sehen, sind durch die Deckenüberschiebungen die ursprünglichen Schichtprofile zerschnitten und auseinander gerissen worden, so dass die einzelnen Schichten des Faciesprofiles verschie- dene, oft weit auseinander liegende tektonische Standorte ein- nehmen. P. Arbenz !), der auf solche Erscheinungen hingewiesen hat, äussert sich 1912 folgendermassen: „Man kann sich nun fragen, wo . die Kreide der Axendecke östlich des Linthtales hingekommen sei. Ich bin nun zur Ansicht gelangt, dass wir sie wenigstens teilweise im Säntis suchen müssen. Im Glärnischgebiet ging der Komplex der Drusbergdecke mit ihren Abzweigungen über die Axendecke hinweg, im Osten wurde die Kreide der Axendecke von ihrem Jura abgetrennt und der Stirn der Wiggis-Säntisdecke angegliedert“. In der Tat fehlt dem Ostende der Axendecke (Walenstadter- decke) die Kreide bis auf wenige Reste, dafür dem Säntis der Jura, und doch gehören beide zum gleichen Faciesbezirk. Das gleiche, wenn auch vielleicht nicht in dieser Ausdehnung, scheint für die Beziehung der Axendecke zur oberen helvetischen Deckenmasse überhaupt zu gelten, wenn auch für den mittleren und westlichen Teil diese Erscheinung nicht so augenfällig ist. Arbenz (l. c. 1913) betont die Übereinstimmung des einzig in einem Fenster bekannten Restes von Valangien von Bockti im Melchtal mit demjenigen des Pilatus. Der Jura der Axendecke im Engelbergertal gehört offenbar zur Kreide der alpinen Randkette (obere helv. Decke). Betrachten wir die geologische Karte der Glarneralpen von J. Oberholzer und Alb. Heim, sowie das Profil Oberholzer’s durch Silbern bis Ortstock?), so muss man sich fragen, ob über dem Malm vom Ortstock, Glatten 1) P, Arbenz, Gebirgsbildung der Zentralschweiz, Verh. Schweiz. Nat. Ges., 1912, p. 12. ?) J, Oberholzer, Überfaltungsdecken auf der Westseite des Linthtales, Eclogae- Geol. Helv. 1908. Ms 482 Arnold Heim. und Schächentaler Windgälle noch die dazu gehörige Kreide ergänzt gedacht werden muss. Aus Analogie mit den beiden seitlichen Enden der Axendecke möchte ich die Frage verneinen. Wir finden vielmehr die zugehörige Kreide weiter nördlich verschleppt, einer- seits in den höheren Zweigdecken der Silberngegend, und für das abgewitterte Jurastück südlich des Klausenpasses in den oberen helvetischen Decken nördlich vom Pragelpass.. Zu dem gleichen Resultat werden wir aber auch durch die Faciesabwicklung im Profil Klausen-Pragelpass, verglichen mit dem Faciesprofil der helvetischen Zone im Walensee-Säntisgebiet, geführt. Die Facies der unteren Kreide der Silberndecken stimmt bereits mit derjenigen der mitt- leren und südlicheren Säntisketten und dem Mattstock bis Riseten und Aubrig (obere helvetische Decke) im Wesentlichen überein. Ein grosses Stück des Faciesquerprofiles kann zwischen dieser Zone und der Silbern nicht mehr fehlen. Sind diese Ableitungen richtig, so gelangen wir allgemein zu dem Resultat, dass der Jura, der zur Kreide der nördlichen Randketten der zentralen und öst- lichen Schweizeralpen gehört (obere helvetische Decke), im südlichen Teil der nächst tieferen Axendecke zu suchen ist. Damit haben wir auch eine Methode gefunden, die uns einiger- massen über die Ausdehnung eines völlig abgewitterten Gebirgs- stückes Aufschluss geben kann. Wir können mit ziemlicher Sicher- heit sagen, dass die Kreide des Glärnischgipfels nicht mehr weit nach Süden gereicht haben kann, vielmehr dort tektonisch abge- schnitten gedacht werden muss; dass aber der Jura, insbesondere Dogger und Lias noch ein weites Stück nach Süden fortsetzte. Wo die Axendecke in ihrer Längsrichtung tektonisch auskeilt, gehört sogar der Malm im südöstlichen Teil der Mürtschen- decke zur Kreide der Säntisstirn. In der Tat springt die Mürtchenkreide, die am Walenstadterberg tektonisch abgeschnitten wird, ohne nennenswerte Faciesunterbrechung auf den Nordrand des mittleren Säntis über, während der Malm sich ungestört weiter nach Südosten fortsetzt. Die Überschiebung der oberen helvetischen Deckenmasse hat ‚den mittleren helvetischen Faciesbezirk unter sehr spitzem Winkel durchsehnitten, so dass der jüngere Teil der Schichtfolge auf den oberen Decken bis an den Alpenrand hinausgewandert ist, während der ältere Teil der ursprünglich zusammengehörigen Schichtfolge im südlichen Teil der tieferen Überschiebungsdecken S—-12 km vom Alpenrand zurückgeblieben ist.') ‘) Vergl. Arn. Heim, Das Walenseetal, Ber. Oberrhein, Geol. Ver. 1907, Fig. 4. i Abwicklung u. Facieszusammenhang in d. Decken d. nördl. Schweizeralpen. 483 Synthese der primären Schichtfolgen. Wir kennen heute wohl ziemlich genau die Faciestypen einzelner Schichtabteilungen des helvetischen Gebietes. Die oben gegebenen Abteilungen weisen uns nun-den Weg, wie wir die Zusammen- gehörigkeit der Facies einzelner Schichten zum gesamten stratigraphischen Profil rekonstruieren können. Wir fragen uns also mit anderen Worten: welches ist z. B. der Malm, der Dogger, der Lias, die Trias, das Perm, die kristalline Unterlage, die im Faeiesprofil zur Kreide des mittleren Faciestypus gehören? Wenn wir diese Frage für alle Stellen der Alpen beantworten könnten, so wäre damit zugleich die ganze tektonische Bewegung mit allen ihren unendlich komplizierten und mannigfaltigen Teilbewegungen in ein neues Licht gesetzt. | | | 2 Fig. 1. Schematische Darstellung der tektonischen Standorte einzelner cehichten einer zusammengehörigen Schichtfolge, —]JV = Tektonische Einheiten. 1—5 und a—d —= zusammengehörige Schichten der stratigraphischen Schichtfolge ° &°—X, Y—Y, 2—2 — Überdeckungsbreiten. Bei der Betrachtung des Facieszusammenhanges von Kreide der Säntisdecke und Malm der Axendecke sind wir zu einem Resultat gelangt, das in seiner Verallgemeinerung für die helvetischen Schweizeralpen etwa zu den folgenden, in nebenstehender Figur 1 veranschaulichten Regeln führt: Die einzelnen Schichten einer Überschiebungsdecke werden alpen- einwärts schief von der nächst höheren Überschiebungsfläche abgeschnitten. Das ursprüngliche Liegende einerüberschobenen Schicht findet man weiter alpeneinwärts in der nächst tieferen tektonischen Einheit, und umgekehrt: Das ursprünglich Hangende einer Schicht unmittelbar unter einer Über- | schiebungsfläche findet man weiter alpenauswärts in der . nächst höheren Überschiebungsdecke. In Fig. 1 bedeute z. B. I autochthon, II untere, III obere Decke. Dann finden wir zur Kreide 5 in III den Jura bei 4 in I, Trias 3 ualßupjey "]9%8 apıaly (ay99(] 'AIPY 91990) HyPApZ1sgsnıg-syurg — $ Fi 9999] suoyyponmeaed ‘Sroquoypeig uodungery9sdag/) PU9STI9AJOU äungerposaogg, SudpIso -----0 oypapsıuypeg “Bumgenpsignusddgy + +-M Zungorypsaogqg) aypstuguueg ——-d (asseuuey) Bu07 uUOuoyyyoo}Ne Jap Bu1a}saH) aulj|jEISHLY znpeuog UoA 8U07 EB = J8J81yosJ8Upung an alleine — um ii, voyry9orne yosdıjnedineig nn .—' —.. w -_—- mu. .—_——— ee a a aBugsdsıyugg MNN "SpJUNg umz Bpuuje) woA uodjwaozfomyag UOHOI])SQ AP UND UEYOSNAIOYy Ip yoanp [yoag soyospyewapsg "5 'B1 - ee a 2 0 re “ Be Br, Bi Be Re: % Abwicklung u. Facieszusammenhang in d. Decken d. nördl. Schweizeralpen. 485 und Perm 2 in der gleichen Decke darunter, die kristalline Unter- lage bei 1 oder noch weiter in der Tiefe. Oder zur Trias (schwarz) bei @« in I den Jura bei 5 in II, die Kreide in der gleichen Decke darüber, das Eocän bei d an der Stirn von II. Wir wollen nun einige Beispiele derartiger Facieszusammen- hänge betrachten. Zum Eocän (Assilinengrünsand) am Säntisnordrand gehört die Kreide (nördlicher helvetischer Faciestypus) des gleichen Ortes, der Jura der Mürtschendecke bei Walenstadt Seemühle; Trias-Verrucano (falls dort noch nicht ausgekeilt) in der Tiefe darunter; die kristal- line Unterlage irgendwo in der Tiefe südlich Bonaduz. Zur Kreide der südlichen Säntisketten und von Amden (mitt- lerer helvetischer Faciestypus) gehört der Jura der Walenstadter- decke oder des südöstlichen Teiles der Axendecke, Lias fehlt primär? Trias in der Axendecke, oder wo diese auskeilt, im südlichen Teil der Mürtschendecke; Perm als Verrucano in der Mürtschendecke, die kristalline Unterlage südlich der Zone von Bonaduz in einer dort in der Tiefe verborgenen Zone (Somvixer Zwischenstück ?). Zur Kreide der Alviergruppe (südlicher helvetischer Faciestypus) gehört der Malm, Dogger und Lias der Alviergruppe. Da nach Oberholzer südlich Sargans Lias der Axen- oder Säntisdecke direkt auf Flysch der Glarnerzone liegt, ist anzunehmen, dass die Trias und der Verrucano ebenso südlich der Zone Bonaduz zurückgeblieben sind, vielleicht in einem Lappen des dort von der penninischen Überschiebung zugedeckten Gotthardmassivs. Im Profil Iberg-Klausenpass gehört wohl ein grosser Teil des Flyschs mit Nummulitenkalken der Gegend von Einsiedeln zum südlichen, abgewitterten Teil der Drusbergdecke oder höheren, sonst unbekannten helvetischen Decken. Zur Kreide von Aubrig, Räderten- und Drusbergdecke, soweit diese erhalten sind, gehört der Jura und z. T. die Trias des südlichsten Teiles der Axendecke; für den Verru- cano, die Trias p. p. (und die kristalline Unterlage) werden wir wieder auf das Gotthardmassiv verwiesen. Im Vierwaldstättergebiet gehört wohl zur Kreide von Vitznauer- stock-Bürgenstock der Dogger des Urirotstock-Gipfellappens und dessen abgewitterte Südfortsetzung.') Im Profil des Brienzersees suchen wir vergeblich nach einem erhalten gebliebenen Jura zur Kreiderandkette (Niederhorndecke). - Er muss entweder in einem in der Tiefe unter der Faulhorngruppe t) Vergl. Profile zur geol. Vierwaldstättersee-Karte 1 : 50.000, zusammengestellt von A. Buxtorf. Beiträge z. geol. Karte d. Schweiz, Nr. 66b, 1916. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 486 Arnold Heim. verborgenen oder einem abgewitterten Stück einer tektonisch tieferen Einheit gedacht werden. Zu besonders interessanten Betrachtungen über den ursprüng- lichen Schichtenzusammenhang führen die neuen Profile von Lugeon!) durch die Berneralpen, und diejenigen von Argand?) durch die pen- ninischen Decken und die Westalpen überhaupt. Diese Fragen werden wohl von diesen Autoren in ihren Monographien behandelt werden. Am grossartigsten sind die Verschiebungen der ursprünglich zusammengehörenden Gesteinsserien in den ostalpinen Decken. Unsere Kenntnis dieser Decken im Kanton Graubünden ist durch die neuen Arbeiten von Zyndel, Cornelius, Spitz und Dyhrenfurt, R. Staub’) und D. Trümpy *) gewaltig gefördert worden. So ist wohl z. B. die ursprüng- liche kristalline Unterlage der oberostalpinen Trias der Drei Schwestern und des westlichen Rhätikon 80—100 km weiter südlich in der unterostalpinen Campodecke (Cima di Campo, Ostseite des Puschlav) zu denken. Auch die ursprüngliche Unterlage des Mesozoikums der „Klippen“, von Falknis und $Sulzfluh, ist weit im Süden zurückge- blieben ; doch brauchen wir sie in diesem Falle wegen der Abschürfung nicht in tieferen Decken zu suchen. In erster Linie kommt wohl, wie bereits R. Staub als Möglichkeit angedeutet hat, die Err-Albuladecke in Betracht, in der die jüngeren mesozoischen Schichtabteilungen fast ganz weggeschürft sind. Isopen. In der Monographie der Churfirsten-Mattstock-Gruppe ist für jede einzelne helvetische Schichtabteilung der Verlauf der Isopen soweit mög- lich ermittelt. Das Resultat stimmt mit den früheren Untersuchungen dieser Art überein. Im grossen ganzen verlaufen die helvetischen . Isopen den Alpen parallel, jedoch mit leichten Abweichungen von lokaler und von regionaler Art. Die mesozoischen Isopen weichen im allgemeinen vom Streichen der Alpen gegen SW etwas westlich, die tertiären etwas südlich ab. Einheitlichkeit der Faciesveränderung, Konstanz des Faciesprofils. Wir haben gesehen, dass die Faciesfolge im Vertikalprofil durch die Überschiebungen zerstückelt und verstellt worden ist, derart, !) M. Lugeon, Les Hautes-Alpes calcaires entre la re et la Kander, Bei- träge z. geol. Karte d. Schweiz, n. F., Lfg. 30, I. Teil, 4. ‚ ?) E. Argand, Profiltafel pl u zu Beiträge z. geo 5 Karte d. Schweiz, n. F., Lfg. a 1911. L’Arc des Alpes , Eclogae Geol. Helv., vol. XIV, No. 1, 1916. R. Staub, Zur Tektonik der südöstlichen Schweizeralpen. Beiträge z. geol. Karte der Schweiz, 1916. *) D. Trümpy, Westlicher Rhätikon, Beiträge z. geol. Karte der Schweiz, 1916. a EEE Abwicklung u. Facieszusammenhang in d. Decken d. nördl. Schweizeralpen. 487 dass gleiche Faciesbezirke in verschiedenen Querprofilen verschiedene tektonische Standorte einnehmen. Nachdem wir nun den gesetz- mässigen Verlauf der helvetischen Isopen kennen, können wir in einem _Querprofil fehlende Faciesstücke auf Grund des Studiums seitlich an- grenzender Gebirgsteile durch Projektion parallel den Isopen ergänzen. Anderseits finden wir bei der Facies-Abwicklung ver- schiedener Querprofile durch die helvetischen Decken, dass trotz der Veränderungen der tektonischen Standorte der einzelnen Faciesbe- zirke die Faciesveränderungen sich in gleichem Sinne vollziehen und das abgewickelte Faciesprofil auf weite Erstreckung parallel den Alpen annähernd konstant bleibt. Zusammenschub. Der absolute tektonische Zusammenschub ergibt sich aus der Differenz von ursprünglicher und jetziger Breite eines Gebirgsstückes. Die ursprüngliche Breite haben wir aus der Faciesabwicklung er- mittelt, und diese in der Ostschweiz für das sichtbare Profil Vättis- Säntis zu rund 60 km bestimmt. Dazu kommt noch die autochthone Fortsetzung von Vättis an nach Norden in der Tiefe bis unter den Säntis, also weiter mindestens noch einmal das geradlinige Stück Vättis-Säntis, das ist 35—40 km. Die ursprüngliche Breite beträgt also 95—100 km; die jetzige Breite der Endpunkte dieser Strecke vom Fläscherberg im Süden bis zum Autochthonen unter dem Säntis ist 27 km. Daraus ergibt sich ein tektonischer Zusammenschub von rund 70 km. Die mesozoische Erdrinde ist somit im östlichen Teil der helvetischen Schweizeralpen durch die tertiäre Faltung und Deckenüberschiebung um rund 70 km schmäler geworden. ürden wir aus der tektonischen Abwicklung auf den Zu- sammenschub der Erdrinde schliessen wollen, indem wir die Decken- überschiebungen ohne Rücksicht auf einen bestimmten stratigra- phischen Horizont abzuwickeln versuchen, so würden wir allein für die penninischen und ostalpinen Decken zu einer ganz ungeheuren Breitenerstreckung gelangen, und ein völlig irreführendes Resultat erhalten. Infolge der Kompensationen ist der wirkliche Zusammen- schub viel geringer. So dürfen wir z. B. nicht die Abwicklung der kristallinen Decken des Oberengadins zur Abwicklung der ostalpinen Triaszone addieren. Beide sind vielmehr der Ausdruck des gleichen tektonischen Vorganges in verschieden tiefen und verschieden wider- stehenden Medien. Nur die Faciesabwicklung kann uns über den Betrag des Zusammenschubes der Erdrinde Aufschluss geben. ! Le} der Universität Zürich. Aus dem zoologisch-vergleichendanatomischen Institut Das Problem der Diastataxie des Vogelflügels. Von HANns STEINER. (Als Manuskript eingegangen am 31. August 1916.) Als ich im Jahre 1911 mit kleineren Untersuchungen über die Flügelpterylose verschiedener Vögel beschäftigt war, stiess ich hierbei zufälligerweise auf die Erscheinung des sog. Aquintocubitalismus oder der Diastataxie. Die Frage nach den Ursachen dieses selt- samen Phänomens, für welches ich vergeblich nach einer befriedigenden Erklärung in der Literatur suchte, gab die Anregung zu eigenen Untersuchungen, welche in der Folgezeit sich weit über den Rahmen dessen ausdehnten, was ursprünglich geplant war. So entstand die im Titel genannte Arbeit, die 1915 zu einem vorläufigen Abschluss gebracht und dieses Jahr der philosophischen Fakultät II der Uni- versität Zürich als Dissertation eingereicht wurde. An dieser Stelle möchte ich, soweit es der beschränkte Raum gestattet, eine kurze Übersicht über die Anlage und wesentlichsten Ergebnisse meiner Untersuchungen geben; die vollständige Abhandlung wird in der „Jenaischen Zeitschrift für Naturwissenschaft“ erscheinen. In dankbarer Erinnerung gedenke ich auch an dieser Stelle der andauernden Unterstützung, welche mir noch von seiten meines hochverehrten Lehrers, Herrn Professor Dr. A. Lang, zuteil wurde. Gleicherweise verdanke ich Herrn Professor Dr. K. Hescheler das leb- hafte Interesse, das er stets meinen Untersuchungen dargebracht hat. Die Erscheinung des Aquintocubitalismus oder der Diastataxie des Vogelflügels ist erst spät bekannt geworden. Nitzsch, der 1840 in seinem System der Pterylographie eine einlässliche Beschreibung der Befiederung des Vogelkörpers gab, scheint sie nicht gekannt zu haben. Ebensowenig wurde Sundevall, 1843, auf sie aufmerksam. Gerbe, 1877, war der erste, welcher in einer kurzen Notiz auf das häufige Fehlen der fünften Armschwinge innerhalb der Reihe der Unterarmschwungfedern hinwies. Wray gab sodann 1887 eine sehr Das Problem der Diastataxie des Vogelflügels. 489 genaue Beschreibung dieser Verhältnisse, auf welche sich im wesent- lichen alle späteren Autoren (Fürbringer, Gadow ete.) gestützt haben. Eine ernstliche Erklärung der Diastataxie versuchten dagegen erstmals Mitchell, 1899, und Pycraft, 1899, zu geben, die aber je zu einem gerade entgegengesetzten Ergebnisse gelangten und damit der ganzen Frage den Charakter eines Problems verliehen. Wenn auch aus früheren Literaturangaben sich manches verwerten .liess, war ich doch für die Untersuchung selbst ganz auf eigene Wege angewiesen. Dem glücklichen Umstand nun, dass fast ausschliesslich mit sehr einfachen technischen Methoden vorgegangen werden konnte, verdanke ich es, dass es mir möglich wurde, in kurzer Zeit nicht nur zahlreiche frische Vogelflügel zu untersuchen, sondern auch meine Untersuchungen auf die Exemplare der gesamten reichhaltigen Vogelsammlung des hiesigen zoologischen Museums auszudehnen. Damit erreichten die Untersuchungen den Umfang, der eine einiger- massen sichere Beurteilung der vorliegenden Verhältnisse gewähr- leistete. Für die embryologischen Untersuchungen stand mir gleichfalls ein schönes Material zur Verfügung, wobei ich auch hier besonders Herrn Professor Dr. H. Bluntschli in Frankfurt a.M. die gütige Über- lassung verschiedener Vogelembryonen, die er persönlich im oberen Amazonasgebiet sammelte, verdanken möchte. Aus dem Verlauf der Untersuchungen ergab sich sukzessive die Fragestellung für die sieben grösseren Abschnitte, in welche sich nunmehr die Abhandlung gliedert. Es würde jedoch zu weit führen, möchte ich des näheren auf jedes Kapitel eintreten, so dass ich mich darauf beschränken muss, im Zusammenhang die wichtigsten Ergeb- nisse herauszugreifen. Die Anordnung der Flügelfedern: Am Flügel eines jeden Vogels lassen sich Schwungfedern und Deckfedern unterscheiden. Die Schwung- federn können weiterhin in Handschwingen und in Arm- oder Cubitalschwingen eingeteilt werden, je nach ihrer Befestigung an den Knochen der Hand oder des Unterarms. Die Zählung der Hand- schwingen findet zweckmässig vom Handgelenk aus statt (siehe Textfigur 1a), indem eine Reduktion stets von der Flügelspitze aus eintritt und bis und mit der zehnten Schwinge auch zu beobachten ist. Gleicherweise sind auch die Armschwingen vom Handgelenk aus zu zählen, da ihre Reduktion vom Ellbogen her eintritt; ihre Anzahl schwankt denn auch sehr erheblich, von 6 bei Trochilus bis gegen 40 bei Diomedea. Nach der Anordnung der Deckfedern lassen sich, je nach der Betrachtungsweise, horizontal oder transversal verlaufende Reihen unterscheiden. (Vergl. Textfigur 2a und 3a, wo 490 Hans Steiner. in schematischer Weise die Anordnung von fünf horizontalen und neun transversalen Reihen dargestellt wurde.) Die horizontalen Reihen verbinden die Deckfedern von gleicher Grösse und Beschaffen- heit. Allgemein werden die den Schwungfedern zunächst liegenden, grössten als grosse Deckfedern (= Maj. in den Textfiguren 2 und 3) gekennzeichnet. Es folgt die eine Längs- oder Horizontalreihe der mittleren Deckfedern (= med.), denn es ist am zweckmässigsten nur eine Reihe als solche zu bezeichnen, da sonst ihre Abgrenzung gegen die nun folgenden Horizontalreihen der kleinen Deckfedern (= min.) kaum möglich ist. Betrachten wir die Lagebeziehungen der Deckfedern der verschiedenen Horizontalreihen zueinander, also der mittleren Deckfedern zu den grossen Deckfedern und der kleinen zu den mittleren, so erhalten wir die Transversalreihen, indem die Deckfedern einer Horizontalreihe stets distal!) von den Deckfedern der nächstunteren Horizontalreihe liegen und zwar ausgehend von den grossen Deckfedern, die selbst wieder den Schwungfedern dicht anliegen. Dadurch werden die schräg nach vorn und aufwärts ver- laufenden Transversalreihen gebildet. (Vergl. Textfigur 1 mit der schematischen Darstellung in Textfigur 2 und 3.) Es enthält somit jede Transversalreihe je eine grosse Deckfeder und eine mittlere Deckfeder, sowie mehrere kleine Deckfedern, die verschiedenen Hori- zontalreihen angehören. Endlich gehört normalerweise zu jeder Transversalreihe auch eine Schwungfeder. Ein interessantes Verhalten zeigen die grossen und mittleren Deckfedern der Flügelunterseite. Während nämlich sonst alle Federn der Flügelunterseite normalerweise ihre Unterseite gegen die Haut- oberfläche, also nach innen kehren, ist die morphologische Unter- seite jener grossen und mittleren Deckfedern nach aussen, von der Hautoberfläche abgewendet. Wie Wray zeigen konnte, ergibt sich die Erklärung dafür aus dem Umstande, dass jene zwei abweichend sich verhaltenden Reihen unterer Deckfedern ursprünglich der Flügel- oberseite angehörten. Sie werden auch embryonal dort angelegt und erfahren erst später eine Verschiebung auf die Unterseite, wo nun selbstverständlich ihre Orientierung zur Unterlage die Umgekehrte sein muss als auf der Flügeloberseite. Es sei hier erwähnt, dass von allen Deckfedern der Flügelunterseite nur gerade diese beiden Horizontalreihen der grossen und mittleren Deckfedern, die also eigentlich zu den Deckfedern der Flügeloberseite gehören, an der Diastataxie teilnehmen. Eine grössere Bedeutung in der Diskussion ') Unter distal verstehe ich im Vogelflügel gegen die Flügelspitze zu, und unter proximal gegen die Flügelbasis zu. Das Problem der Diastataxie des Vogelflügels. 491 haben zwei Federn, unmittelbar im Handgelenk des Flügels gelegen, erhalten: man wird bei fast allen Vögeln proximal von der ersten Bj. l. Carp. Deekl, Maj. 5. Med. 5, \ a Oberseite, Naj. inl, 5, Med. int. A. Med, inf. 1. unt. earp. Deckl. Med. inl. I. N Bj. in, I. b Unterseite, Naj. int, 5, Fig. 1. Flügel von Chrysotis aestiva, L. Maj. 5 = fünfte obere grosse Deckfeder. Maj. I = erste obere grosse Handdeckfeder. Maj. inf. 5 = fünfte untere grosse Deckfeder. Maj. inf. I = erste untere grosse Hand- deckfeder. Med. 5 = fünfte mittlere Deckfeder. Med. inf. 4 = vierte untere mittlere Deckfeder. Carp. Deckf. = carpale Deckfeder („carpal covert“; der „carpal remex* fehlt Chrysotis, seine Lage ist unmittelbar unter der carpalen Deckfeder zu denken). Die römischen Ziffern bezeichnen die Handschwingen, die arabischen die Armschwingen. Handschwinge eine kleine Feder finden, die meist parallel zu ihr inseriert und mehr oder weniger fest mit ihr verbunden ist. ‚(In dem in Textfigur 1a zur Darstellung gebrachten Flügel ist diese 493 Hans Steiner. Feder nicht ersichtlich, da Chrysotis aestiva L. gerade zu den wenigen Vögeln gehört, bei welchen sie vollständig reduziert wurde. Ihre Lage ist aber unmittelbar unter der mit „Carp. Deckf.“ be- zeichneten Feder zu suchen, der ersten Handschwinge proximal dicht anliegend.) Wray und viele andere Autoren waren der Meinung, dass es sich um die grosse Deckfeder der ersten Handschwinge handle, welche sonst fehlen würde. Nun liegen aber .die grossen Deckfedern der Handschwingen nicht wie diejenigen der Armschwingen proximal, sondern distal von ihren Schwungfedern, wie ihre embryonale Anlage festlegt. Die erste grosse. Handdeckfeder fehlt somit gar nicht (Textfigur 1a: Maj. I. Pycraft und Degen erkamnten da- gegen richtigerweise in jener Feder eine äusserst reduzierte erste Armschwinge und nannten sie „carpal remex“. Zu ihr gehört denn auch, wie zu jeder anderen Armschwinge, eine Transversalreihe von Deckfedern, von welchen meistens jedoch nur die erste und grösste als sog. „carpal covert“ (siehe Textfigur 1a: Carp. Deckf.) erhalten bleibt. Wray gab auch schon einen Grund des Rudimentärwerdens jener ersten Armschwinge, des „carpal remex“, an, indem er die mechanischen Schwierigkeiten beim Zusammenfalten des Flügels dafür verantwortlich machte. Spezielleres Interesse gewinnen noch die mittleren, unteren Deckfedern. Bei den meisten Vögeln besitzt die Handunterseite nur die erste mittlere Deckfeder (siehe Text- figur 1b: Med. inf. I); wieder bei anderen, wie bei den Limicolae und Lari, treten nur die erste bis dritte auf, während endlich bei Anseres, Striges u. a. m. deren sechs vorhanden sind. Mehr als sechs konnte ich nicht feststellen. Das Vorhandensein von sechs mittleren unteren Handdeckfedern stellt jedoch ein sehr primitives Merkmal dar, das möglicherweise bis auf die Verhältnisse bei Archaeopteryx zurückzuführen ist. Quinto- und Aquintocubitalismus: Nach den Angaben der älteren Autoren, Gerbe, Wray, Gadow etc., ist der Quinto- und Aquinto- cubitalismus folgendermassen charakterisiert: In jedem Vogel- flügel gehören zu jeder Schwungfeder des Unterarmes je eine Transversalreihe von oberen und unteren, grossen, mittleren und kleinen Deckfedern; im aquintocubitalen Flügel aber fehlt in der fünften Transversalreihe die Schwungfeder, während die Deckfedern normal entwickelt sind! (Siehe Textfigur 1.) Gadow gab schon 1888 eine tabella- rische Übersicht über das Vorkommen des Aquintocubitalismus bei den Vögeln, die ich nachfolgend, ergänzt durch spätere Angaben Gadows, 1891—93, wiedergebe: EN STTEIER ? ERDE EN u a a A Zr 3 Das Problem der Diastataxie des Vogelflügels. 493 Tabellarische Zusammenstellung über das Vorkommen des Quinto- und Aquintocubitalismus bei den Vögeln, nach Gadow, 1888—93. — bedeutet aquintocubital, X bedeutet quintocubital. Megapodiidae — | Ciypseli HK Ratitae (*) rallae _ E Spheniscidae r Dicholophuss -% | Opisthocomus % | Trochilidae + Lamellirostres — hia X | Tinamidae % | Meropidae + Golymbidae —- | Rhinochetus € | Raptores — | Upupidae + Podieipedidae — | Eurypyga — | Striges — | Colii + Steganopodes — | Heliornis %* | Psittaei — | Trogones * Tubinares — urnices *% | Cuculi Es iei + Herodii — | Pedionomus — | Coraciide + | Passeres * Pelargi — | Pterocletes — | Momotidae = Laridae — | Columbae — | Alcediniddae# & — Limicolae — | Rasores %* | Caprimulgi — Von den neueren Autoren ist zu den bereits bekannten Verhält- nissen des Aquintocubitalismus ‚nicht viel Neues hinzugefügt worden. Mitchell zeigte, dass auch die Columbae teilweise quintocubital sind, Pycraft förderte die Kenntnis der gemischten Gruppen der Alcedinidae und Cypselidae, welche sowohl quinto- als auch aquinto- eubitale Arten umfassen. Thompson, 1899, und Clark, 1906, stellten fest, dass die Trochilidae aquinto- und nicht quintocubital sind. Mir selbst gelang der Nachweis, dass die Coraciidae in ihrer Mehrzahl nicht quinto- sondern aquintocubital sind, und dass unter den Megapodiidae auch quintocubitale Arten vorkommen. Bisherige Erklärungsversuche der Diastataxie: Die älteren Autoren bis Gadow erklärten das Fehlen der fünften Armschwinge ganz einfach, indem sie sagten, dass sie reduziert und eliminiert worden sei. Sie erachteten deswegen das aquintocubitale Verhalten als das spezialisiertere und sekundäre. Speziell Gadow hat in diesem Sinne von diesem Merkmal weitgehenden taxonomischen Gebrauch gemacht, ohne ihm aber grosse Bedeutung zuzuschreiben. An die Tatsache jedoch, dass nirgends, auch nicht auf irgendeiner Entwicklungsstufe, ein Rudiment der fehlenden fünften Armschwinge gefunden ee knüpfen alle neueren Erklärungsversuche an, welche annehmen, die jetzt scheinbar fehlende fünfte Armschwinge gar nicht fehlt sondern nur aus ihrem ursprünglichen Platze verdrängt wurde. Mitchell prägte folgerichtig die neuen Bezeichnungen Diastataxie für Aquintocubitalismus und Eutaxie für Quintocubitalis- mus. Auf die Erklärungsversuche im einzelnen kann ich hier nicht eintreten. Ich erwähne bloss, dass speziell von Pyeraft eine Abwärtsverschiebung je der fünf vordersten transversalen Deckfeder- reihen angenommen wurde (siehe Textfigur 2). Indem nun innerhalb 494 Hans Steiner. der fünften Transversalreihe die fünfte Schwungfeder an der Abwärts- verschiebung nicht mehr teilnahm, löste sie ihren Zusammenhang mit ihren zugehörenden Deckfedern, um sich sekundär mit den Deck- Fig. 2. Erklärung der Diastataxie nach Pyceraft durch Abwärts- verschiebung der Federreihen. a vor, b nach der Verschiebung. Fig. 3. Erklärung der Diastataxie durch Aufwärtsverschiebung der Federreihen. «a vor, b nach der Verschiebung. Erklärungen zu Textfigur 2 und 3: Sec. = Armschwingen. Min., = erste Horizontalreihe von kleinen Deckfedern, Min., = zweite Horizontalreihe von kleinen Deckfedern). Die fortlaufende Nume- rierung bezeichnet die Transversalreihen der Unterarmdeckfedern. federn der nächstfolgenden sechsten Reihe in eine neue Transversal- reihe einzuordnen. Die Deckfedern der ursprünglichen fünften Reihe blieben somit ohne Schwungfeder, und damit war aus dem eutaxischen das diastataxische Verhalten gewonnen worden. Pycraft sah deshalb im eutaxischen Flügel das Primitivere und glaubte diese Ansicht RE N A Te N Ken a en 1 a EN BEE See Sa — Das Problen der Diastataxie des Vogelflügels. 495- durch embryologische Untersuchungen erhärten zu können. Umge- kehrt war Mitchell auf Grund seiner Untersuchungen zur Ansicht gelangt, dass die Diastataxie das Primärere und Ursprünglichere sei. Eigener Erklärungsversuch der Diastataxie: Die eigenen Unter- suchungen ergaben zunächst, dass im diastataxischen Flügel noch eine ganze Anzahl weiterer Merkmale ausgebildet sind, von welchen ein jedes für die Diastataxie mindestens ebenso charakteristisch ist wie das scheinbare Fehlen einer fünften Schwungfeder. Als die wich- tigsten möchte ich hier bloss erwähnen einmal, dass in jeder Horizontal- reihe die fünf distalsten Federn deutlich tiefer inseriert sind (siehe Textfigur la), zum andern, dass diese fünf distalsten Federn oft beträchtlich grösser sind als die übrigen Federn der gleichen Hori- zontalreihe, und zwar ist dieser Grössenunterschied ein ganz unver- mittelter und sprunghafter, vor allem zwischen den Federn, die zur sechsten und jenen, die zur fünften Transversalreihe gehören. (Für die Flügelunterseite gelten die sinnentsprechenden, aber umgekehrten Verhältnisse, d.h. die distalsten Federn der Horizontalreihe sind höher inseriert und beträchtlich kleiner; vergl. Textfigur 1b). Diese correlativen Erscheinungen zur Diastataxie finden durch die bisherigen Erklärungsversuche keine befriedigende Deutung, insbesondere bleibt, wenn wir mit Pycraft eine Abwärtsverschiebung der fünf distalsten Federn jeder Horizontalreihe annehmen, ihre plötzliche Grössen- zunahme ganz unverständlich. Dagegen wird durch die Befunde aus der Untersuchung der correlativen Erscheinungen zur Diastataxie nahegelegt, dass geradezu der umgekehrte Vorgang stattgefunden hat, d. h. dass in jeder Horizontalreihe die fünf distalsten Federn nach aufwärts verschoben wurden. Nach ihrer Aufwärtsverschiebung ordneten sie sich mit der proximalen Hälfte von nicht verschobenen Federn der nächsthöheren Horizontalreihe zu einer neuen Längsreihe ein, wobei jedoch ihre tiefere Insertionslage und ihre beträchtlichere Grösse noch immer erkennen lassen, dass sie eigentlich zur nächst- unteren Horizontalreihe gehören. (Siehe Textfigur 3.) Die Diastataxie des Vogelflügels findet demnach folgende Erklärung: Die heutigen horizontalen Deckfederreihen setzen sich aus zwei Teilen zusammen, von denen je der distale Teil ursprünglich mit dem proximalen Teilder nächstunteren Reihe einezusammen- gehörende Reihe bildet. Der Übergang von einer Horizontal- reihe des heutigen Flügels zur anderen findet gerade bei der fünften, d.h. richtiger, wenn wir uns des ‚carpal remex“ erinnern wollen, bei der sechsten Transversalreihe statt, so dass deren Federn noch eine vermittelnde Stellung ein- 496 Hans Steiner. nehmen und die Ausbildung einer Schwungfeder unterblieb. Diese Schwungfeder selbst; fehlt aber nicht, sie hat nur den Charakter einer Deckfeder angenommen, so dass auch heute noch die fünfte resp. sechste Transversalreihe aus genau gleich vielen Elementen besteht wie alle übrigen transversalen Reihen. Aus dieser Erklärung der Diastataxie ergaben sich eine Reihe von Folgerungen, welche in den nachfolgenden Abschnitten behandelt wurden. Die wichtigste war die, dass das diastataxische Verhalten tatsächlich das primitivere und ursprünglichere sein musste. Ihre Richtigkeit wurde vor allem durch die Untersuchung der embryonalen Entwicklung der Federnanordnung am Vogelflügel bestätigt. Von dia- stataxischen Vögeln wurden Entwicklungsreihen der Hausente, Haus- taube, Larus argentatus (Brünn.) und ridibundus (L.), Melopsittacus undulatus (Shaw.) ete. untersucht. Sie ergaben, dass schon die allererste Anlage der Federn in typisch diastataxischer Weise erfolgt. Von eutaxischen Arten konnten Embryonen des Haushuhns, von Opisthocomus cristatus (Müll.), Cacicus cela (L.), Corvus corone (L.) u. a. Singvögeln untersucht werden. Tatsächlich ergab sich nun, dass die früheste Anlage der Federn auch im eutaxischen Flügel in typisch diastataxischer Anordnung erfolgt. Auf welche Art und Weise die spätere Umwandlung des diastataxischen Flügels in einen eutaxischen geschieht, wurde ebenfalls durch die embryologischen Untersuchungen nahegelegt. Sie erfolgt in allen Fällen durch die genau gleiche und gesetzmässige Verschiebung und Umwertung der Federn inner- halb der diastataxischen Lücke, und zwar tritt, offenbar durch eine Verkürzung des Unterarms veranlasst, eine Verengerung der Lücke ein, wodurch die Federn der überzähligen fünften Transversalreihe nach oben verschoben werden, wo sie ihrerseits die Deckfedern der sechsten, siebenten und folgenden Reihen verdrängen und deren Platz einnehmen. Noch viel schöner und übersichtlicher ist dieser allmäh- liche Umwandlungsprozess des diastataxischen Flügels in einen eutaxischen aus der Untersuchung der sog. Übergangsformen ersichtlich. Von Mitchell wurde darauf hingewiesen, dass innerhalb der Gruppe der Columbae, welche sowohl diastataxische als auch eutaxische Arten umfasst, auch Formen auftreten, welche gleichsam zwischen beiden zu stehen scheinen. Solche Übergangsformen treten nun in allen jenen Gruppen gemischten Charakters auf, also ausser bei den a Columbae bei den Megapodiidae, den Coraciidae (speziell Brachyptera- ciinae), den Alcedinidae und Cypselidae, sie können aber auch schon in rein diastataxischen Gruppen, wie beispielsweise den Psittaci, auftreten, als erstes Anzeichen dafür, dass auch sie der Eutaxie Das Problem der Diastataxie des Vogelflügels. 497 zustreben. Allen diesen Formen habe ich eine einlässliche Bespre- chung zu teil werden lassen. Der Flügel von Archaeopteryx: Nachdem es sich in allen Fällen einwandfrei ergeben hat, dass die Diastataxie das primitivere Ver- halten darstellt, muss die Frage, ob auch der älteste bekannte Vogel, Archaeopteryx, diastataxisch gewesen ist, ein spezielleres Interesse gewinnen. Der gute Zustand, in welchem namentlich das Berliner Exeniplar sich befindet, liessen eine diesbezügliche Untersuchung nicht ganz aussichtslos erscheinen. Ohne des näheren auf meine Untersuchungsergebnisse eintreten zu können, welche ohne die Bei- gabe von Reproduktionen der Flügelabdrücke der Archaeopteryx unverständlich blieben, erwähne ich bloss, dass es mir tatsächlich gelungen ist, nicht nur beim Berliner, sondern auch beim Londoner Exemplar eine diastataxische Anordnung der Flügelfedern wahr- scheinlich zu machen. Die Untersuchungen haben aber weiterhin eine Reihe von Einzelheiten aufgedeckt, welche teilweise bisher falsch gedeutet oder überhaupt nicht beachtet wurden, so dass, wennschon verschiedentlich versucht wurde, den Flügel von Archaeopteryx in einen Gegensatz zu demjenigen heutiger Vögel zu setzen, ich nunmehr nicht anstehe, ihn als eine direkte phylogenetische Vorstufe des rezenten Vogelflügels anzusprechen. Einfluss der Lebensweise auf die Diastataxie des Vogelflügels: Die Untersuchung der embryonalen Anlage der Flügelfedern und der’ Übergangsformen ergibt unzweifelhaft, dass eine gewisse Korrelation zwischen der Unterarmlänge und der Diastataxie besteht. Bis zu einer minimalen Längenentwicklung des Unterarmes findet eine uneingeschränkte Ausbildung der Diastataxie statt, sobald aber eine stärkere Verkürzung eintritt, macht sich die Umwandlung zur Eutaxie hin geltend. Das Längenverhältnis der einzelnen Flügelabschnitte ist aber abhängig von der Flugweise des betreffenden Vogels und diese wiederum abhängig von seiner Lebensweise. In Anlehnung vor allem an die Ausführungen Ahlborns, 1896, lassen sich zwei Extreme der Flügelformen unterscheiden, welche beide verschiedenen Lebensbedingungen angepasst sind. Die kürzeren, breiteren und mehr gewölbten Flügel, wie sie bei Hühner-, Sing- und anderen Vögeln auftreten, befähigen allein zum Fluge in unbewegter Luft. Es stellt der kurze, abgerundete Ruderflügel dieser Vögel einen viel hubkräftigeren Flügel dar als ein gleich grosser, aber längerer und schmälerer; er befähigt deshalb den Vogel auch vor allem zum Fluge in vertikaler Richtung, zum plötzlichen Ansteigen in der Luft. Der schmale, lange Flügel, dessen Wölbung sehr gering ist, 493 Hans Steiner. stellt dagegen die Anpassung zum Fluge in bewegter Luft dar, und seine Flugart trägt den Vogel hauptsächlich in horizontaler Richtung, während bei seiner geringen Hubwirkung eine rasche vertikale Bewegung kaum möglich ist. Beide Extreme decken sich nun ziemlich genau mit den beiden verschiedenen Anordnungen der Flügelpterylose, der Ruderfiügel mit der Eutaxie, der Segelflügel mit der Diastataxie. Die Bedingungen jedoch, unter welchen ein ‚einstmals gut fliegender Vogel mit diastataxischem Flügel zur Aus- bildung eines eutaxischen Ruderflügels veranlasst werden konnte, liegen entweder in der Anpassung an eine terricole oder arboricole Lebensweise, da diese beiden an die Hubwirkung des Flügels die ‚grössten Anforderungen stellen. Das Vorkommen der Diastataxie innerhalb der Ordnungen und Familien der Vögel: Im Sinne der bisherigen Ausführungen, unter Berücksich- tigung der wechselseitigen Beziehungen zwischen Lebensbedingungen, Flugart und Flügelform einerseits und Diastataxie oder Eutaxie andererseits, fand eine Durchsicht sämtlicher Vogelfamilien statt. Sie erwies sich insofern als äusserst fruchtbar, als aus dem verschie- denen Verhalten der Flügelpterylose, namentlich aber aus der Tatsache, ‚dass die Diastataxie das Primärere darstellt, einige fundamentale Folgerungen gezogen werden konnten. Vor allem gilt, dass es unter allen Umständen unmöglich ist, diastataxische Vogel- . gruppen von eutaxischen abzuleiten. Mit Einschluss der Ratiten kann schon jetzt gesagt werden, dass sämtliche eutaxischen Vögel als Vorfahren für die direkte Entwicklungsreihe diastataxischer Vögel ausser acht fallen müssen, und mit grösster Wahrscheinlichkeit kann eine derart durchgeführte Ableitung als falsch bezeichnet werden. Umgekehrt ist selbstverständlich die Anknüpfung eutaxischer Formen an diastataxische eine durchaus natürliche, so dass namentlich inner- halb engerer Gruppen, vor allem jenen gemischten Charakters, von vornherein erwartet werden kann, dass die diastataxischen Arten die primitiveren sind und der gemeinsamen Stammform näher stehen. In diesem Sinne verwendet, kann die Diastataxie als taxonomisches erkmal ausserordentlich wertvoll sein. Meine Untersuchungen über die Anordnung der Flügelfedern innerhalb der Ordnungen und Familien der Vögel bilden den weitaus umfangreichsten und dankbarsten Teil meiner Arbeit; sie förderten ein ungeahntes Tatsachenmaterial zutage, dessen gedrängte Wiedergabe hier, aus dem Zusammenhang gerissen, keinen Zweck hätte. Gleicher- weise muss ich mich in der Wiedergabe der Resultate jener Unter- suchungen kurz fassen: Sie führten mich zur Aufstellung verschiedener Das Problem der Diastataxie des Vogelflügels. 499 Flügeltypen, unter welchen der sog. Primitivflügel direkt an jene Stufe anknüpft, die vom Flügel der Archaeopteryx dargestellt wird. Wenn der Flügeltypus der Archaeopteryx, entsprechend seiner wahrscheinlichsten Wirkungsweise, als Fallschirm- und primärer Flatterflügel bezeichnet wird, so stellt der Primitivflügel einen ver- vollkommneten Fallschirm- und Flatterflügel dar. Er findet sich zahlreich bei rezenten Vögeln — primitive Steganopodes, Ciconiae und Anseres; Limicolae, Grui-, Galli-, Psittaciformes, Coraciidae, Alcedinidae, Striges, — und der Umstand, dass sie zu ganz verschie- denen Formenkreisen gehören, aber je die primitivsten Typen dar- stellen, lässt es als sehr wahrscheinlich erscheinen, dass der Primitiv- flügel wirklich „primitiv“ ist. Von ihm aus lassen sich alle übrigen Flügeltypen ableiten. Einmal der Segelflügel — Colymbi-, Pro- cellarii-, Anseriformes, Steganopodes, Lari, — sodann der Schwebe- flügel — Ciconiae, Phoenicopteri, Palamedea, Falconiformes, Gruinae, Ötididae, — und der Gleitflügel — Diomedeinae, Fregatidae, — alle mit der einseitigen Tendenz, die ursprüngliche Fallschirmwirkung zu vervollkommnen. Die entgegengesetzte Tendenz, die Flatter- wirkung zu verbessern, zeigen der Ruderflügel — eutaxische Coraciiformes, Pici, primitive Passeres, — und der sekundäre Flatterflügel — eutaxische Grui-, Tinami- und Galliformes, Opistho- comi, Cueuli —. Eine Kombination beider Wirkungsweisen erstrebt der Schwalbenflügel — aus dem Primitivflügel entwickelt bei Psittaei, Caprimulgi und Cypseli, aus dem Segelflügel bei Laro- Limicolae, Pterocles und Columbae, aus dem Ruderflügel bei Passeres—, während endlich der Schwirrflügel — Trochilidae — eine isolierte Stellung einnimmt. Die Korrelation zwischen den verschiedenen Flügeltypen und der Lebensweise der betreffenden Arten mit der speziellen Konfiguration ihrer Flügelpterylose konnte in allen Fällen nachgewiesen werden und bildet den schönsten Beweis für alle die Ansichten, die im Verlaufe dieser Ausführungen entwickelt wurden. Phylogenetische Herleitung der Diastataxie: Mit dem bisher Er- wähnten sind eigentlich alle Fragen, welche mit der Erscheinung der Diastataxie unmittelbar zusammenhängen, behandelt worden. Dagegen bleibt noch immer die Frage offen: Wie entstand überhaupt erstmals die Diastataxie des Vogelflügels? Alle, die sich mit ihrer Erklärung abgaben, sowohl Degen wie auch Mitchell und Pyeraft, brachten sie irgendwie mit phylogenetischen Fragen in Zusammen- hang und gingen in ihren Deutungsversuchen bis zur schuppen- bewehrten Reptilienhand des Vogelahnen zurück. Mitebell versuchte auch den richtigen Weg zu gehen, indem er die Anordnung der 500 Hans Steiner. Flügelfedern direkt mit der Schuppenbedeckung irgendeiner Reptilien- extremität verglich, nachher jedoch, beeinflusst von der mysteriösen Zahl 5, die Diastataxie in Zusammenhang mit den fünf Fingern der Reptilienhand brachte. Es wurde von mir versucht, eine andere Erklärungsweise zu geben, die selbstverständlich nicht weniger hypothetisch ist, da es niemals gelingen wird, den Vorgang, der sich in längst vergangenen Zeitepochen abspielte, direkt zu beobachten. Vorerst sei auf die tatsächlich ausserordentlich grosse Ähnlichkeit der Anordnung der Schuppen auf der Reptilienextremität und jener der Federn auf dem Vogelflügel hingewiesen. Ihre Entstehungsweise lässt sich sehr einfach aus den verschiedenen Spannungsverhältnissen in der Haut während der Bewegung der Extremität erklären: Beim Beugen eines Gliedes entstehen im Aussenbezirk des Gelenkes Zugs- spannungen, im Winkelbezirk aber Druckspannungen. Die Schuppen- reihen folgen nun einfach der Richtung der Kraftlinien dieser verschiedenen, in der Haut auftretenden Spannungen, die je vom Ort grösster Zugs- oder Druckspannung des einen Gelenkes zu dem- jenigen des anderen Gelenkes hinziehen und damit ein System quer von vorn unten nach hinten oben und vice versa verlaufenden Diago- nalen bilden. Nehmen wir nun für die ursprüngliche Befiederung eine genau gleiche Anordnung an, wie sie soeben für die Reptilien- extremität nahegelegt wurde (und die schematisch ziemlich genau den Textfiguren 2a und 3a entsprechen dürfte), so lag so lange keine Ursache für eine Änderung vor, als die Wirkungsweise der Gelenke der Extremität sich nicht änderte. Dies musste aber beim Vogel- ahnen eintreten, sowie seine Vorderextremität die Kletterfunktion aufgab und zur Flugfunktion überging. Vor allem galt dies für die Hand, deren Gelenk eine vollständige Umwertung erfuhr, indem die Hand im Vogelflügel seitwärts gegen die Ulna gedreht wird und nicht mehr ventralwärts wie in der Reptilienextremität. Im Winkel des Handgelenkes mussten aber neue Druckspannungen entstehen, welche notwendigerweise die dort stehenden Schuppen, resp. Federn, verdrängten und zwar — in der Orientierung des flach ausgebreiteten Flügels — im Sinne einer Aufwärtsverschiebung, wie sie nunmehr bereits als Entstehungsursache der Diastataxie erkannt worden ist. Dass diese Aufwärtsverschiebung gerade nur bis zur fünften resp. sechsten Transversalreihe sich auswirkte, mag etwas ganz Zufälliges gewesen sein. Die Identifizierung der Anordnung der Flügelfedern mit jener der Schuppen einer Reptilienextremität setzt voraus, dass auch die einzelne Feder der einzelnen Reptilschuppe homolog sei. Dieser direkten Ableitung der Feder aus der Reptilschuppe stehen aber gr Ze ee er yet Ss D En RR EE Ei F : ee: „ N u + Kar ? 2 I u ee er 2 A a ee ul r BE i # Ba R < ; are a ee N ee ee He a NET u Felle nl SE A Er er Em Das Problem der Diastataxie des Vogelflügels. 501 eine grosse Anzahl von Schwierigkeiten in den allgemeinen Ansichten über die Entstehung der Vogelfeder und den Erwerb des Flug- vermögens der Vögel überhaupt entgegen. Es war für mich unum-- gänglich notwendig, mich auch mit diesen Fragen zu beschäftigen, und ich habe ihnen, über welche schon eine Unmasse von Publikationen erschienen ist, in einem umfangreichen Kapitel (Phylogenie der Vogel- feder) eine eingehendere Besprechung zuteil werden lassen. Allgemein ist einerseits, bevor das definitive Federkleid erworben wurde, ein viel einfacheres, bestehend aus pinselförmigen Erstlingsdunen, wie sie heute noch im Embryonalgefieder auftreten, angenommen worden. Andererseits postulierte man, bevor der Vogel vermittelst der Schwung- federn seines Flügels fliegen konnte, dass er mit Hilfe einer Flughaut oder eines Patagiums geflogen sei. Gegen die erste Ansicht haben sich in neuerer Zeit namentlich Jones, 1907, und Schaub, 1912, gewendet, welche beide zeigten, dass die Erstlingsdune nichts anderes als die modifizierte Spitze der definitiven Konturfeder sei. Eigene mikroskopische Untersuchungen an zahlreichen Federpräparaten über- zeugten mich weiterhin davon, dass die Erstlingsdunen tatsächlich nur einem speziellen Zwecke, und zwar dem Wärmeschutze des jungen Vogels angepasste Teile der definitiven Feder sind, so dass ihnen kaum mehr die phylogenetische Bedeutung beigelegt werden kann, die sie bisher beanspruchten. Dagegen ist es möglich, sowohl aus dem morphologischen Bau der definitiven Konturfeder, als auch aus ihrer embryonalen Entwicklung Rückschlüsse auf ihre phylo- genetische Entstehungsweise aus einer Reptilschuppe zu gewinnen. Und zwar wird nahegelegt, entgegen der bisher allgemein anerkannten Ansicht, dass das Federnkleid der Vögel in Anpassung an den Wärmeschutz entstand, dass in erster Linie in der Anpassung an die Flugfunktion die Entstehungsursache der Vogelfeder zu suchen ist. Was die zweite Frage anbetrifft, so ist vor allem von Nopesa, 1907, auf den fundamentalen Unterschied zwischen Patagium und Vogelflügel hingewiesen worden. Mit Recht macht er darauf aufmerksam, dass, gesetzt den Fall, der Vogelahne hätte wirklich ein Patagium besessen, nicht einzusehen ist, weshalb dieses Patagium durch Schwungfedern hätte ersetzt werden sollen. Dafür, dass beim Vogelahnen jedoch die Ausbildung eines Patagiums unterblieb, machte er dessen Bipedie verantwortlich, da sonst bei allen höheren, quadrupeden Wirbeltieren unter gleichen Verhältnissen ein Patagium ausgebildet wird. Nun stammen aber die Vögel, wie Hay, 1910, Abel, 1912, u.a. m. zeigten, sicherlich von arboricolen Vorfahren ab, so dass die Annahme Nopesa’s einer ‚running Proavis‘ abgelehnt werden muss. Die Ursache, weshalb gleichwohl beim Vogelahnen die Ausbildung a Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 502 Hans Steiner. Patagiums unterblieb, suche ich dagegen darin, dass es sich ohne Zweifel um sehr lebhafte und ungemein flinke Tiere gehandelt haben muss. Ein Patagium hätte aber die Beweglichkeit der Extremitäten und damit des ganzen Tieres stark behindert. Da die Beweglichkeit, sowohl für den Erwerb des Flugvermögens, als auch für die gesamte arboricole Lebensweise des Vogelahnen von grösster Bedeutung war, wurde die Ausbildung einer Flughaut vermieden, und es erfolgte die Umwandlung der Reptilschuppen in Vogelfedern. Geologische Nachlese. Nr. 25. Von ALBERT Him. (Als Manuskript eingegangen am 20. August 1916.) Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). (Mit 3 Textfiguren und 4 Tafeln ) Von ALBERT unp ArnoLp Hem. 1. Bisherige Beobachtungen. (Von Albert Heim.) Hans Conrad Escher v. d. Linth kannte den „Urkalk“ im Meiental mitten in den Urgesteinen. Lusser sah ihn 1817 und besprach ihn 1829. Arnold Escher v. d. Linth erkannte 1845 darin bei Fernigen gestreckte in Stücke zerrissene Belemniten und verschiedene Gesteine von jurassischem Alter. Albrecht Müller gibt in den Verhandlungen der Naturf. Gesellschaft Basel 1871, 3. Heft eine sehr unzulängliche Skizze der „Einlagerung von Jura- kalk im Gneiss des Meientales bei Fernigen“, sodann eine gute Beschreibung, in welcher er die Mannigfaltigkeit und die Ähnlichkeit der Gesteine mit denen von Oberkäseren (Windgälle) mit Recht hervorhebt und ihre Zugehörigkeit zu Dogger und Malm erkennt. Den serieitischen Doggersandstein hielt er für einen petrographisch SR regional-metamorphen Übergang von Gneiss nach Kalkstein. Alb. s ; Heim gab 1878 im „Mechanismus der Gebirgsbildung“ Abbildungen Ei tl Er Sn r 5 Et ES TEE gestreckter Belemniten von Fernigen und mikroskopierte den ge- streckten Malmkalk. 1880 zeichnete Baltzer („Beiträge“ Lfg. 20) eine Profilansicht vom Kalk des Blauberg und von Fernigen. Auch er sah nur im SE-Schenkel des letzteren die „Zwischenbildungen“, im NE-Schenkel und unter der Felswand aber nicht. Ebenso bezieht sich die Profilskizze von C. Schmidt im schweizerischen „Livret guide geologique* 1894 nur auf die SE-Flanke und den oberen Teil der Kalkfelswand. Er gibt für die SE-Flanke das Profil kurz an und notiert darin besonders zwischen Eisenoolith und Schiltschichten eine „nur 20 bis 25 cm mächtige Schicht eines grünen albitführenden 504 Albert und Arnold Heim. Chloritschiefers, der in grosser Menge Belemnites calloviensis Opp, enthält“. Er stellt die Schicht ins „untere Oxford“. Im gleichen Jahre erschien eine Darstellung des Ferniger Kalkkeiles von ©. Mösch in den „Beiträgen“, Lfg. 24, III. Mösch fand auch Ammoniten und andere zur Unbestimmbarkeit deformierte Petrefakten. Er bestätigte das Vorkommen verschiedener Stufen des Dogger und des Malm, nahm dann aber anscheinend die Arkosen und Sericitschiefer für Lias und gab von der rechten (NW-)Flanke eine gegliederte Lias- serie von 200 m Mächtigkeit an. Davon ist rein nichts vorhanden. Mösch findet ferner Symmetrie des S-Schenkels und des N-Schenkels der Mulde. Hierin hat er grösstenteils recht — mit Ausnahme des erfundenen Lias. Auch zeichnet Mösch die Mulde als sich unten noch über dem Talboden schliessend. Er ist der erste, der den Dogger am Fusse der Kalkwand gefunden hat. Freilich ist dies nur für den nördlichen Teil richtig — mit dem südlichen Teil sticht sie in un- bekannte Tiefe unter den Talboden hinab. Auch später ist der „Kalkkeil von Fernigen“ noch oft von Geologen besucht worden, ohne dass darüber Näheres berichtet wird. Alle diese bisherigen Darstellungen in Wort und Bild sind tektonisch wie stratigraphisch ungenügend und der Bedeutung des ‘- merkwürdigen Vorkommnisses nicht angemessen. Ich unternahm deshalb im Juli 1916 zusammen mit meinem Sohne Dr. Arnold Heim eine nähere Untersuchung. Die nachfolgenden Mitteilungen sind das Resultat unserer gemeinsamen Begehung. er „Kalkkeil von Fernigen“ ist damit für die Geologie der Schweiz noch nicht endgültig erledigt, vielmehr weist auch unsere Untersuchung auf das hin, was noch fehlt: vor allem eine analoge noch genauere Untersuchung der östlichen und westlichen Ver- ‚längerung und eine genauere Prüfung des Profiles der kristallinen Schiefer, in welchem der Kalkkeil eingewickelt liegt. 2. Gestalt und Lagerung. (Von Albert Heim.) Zunächst geben wir (Taf. IX) eine Profilansicht von der nordöst- lichen Talseite aus gesehen. Was die Zeichnung deutlich sagt, brauchen wir nicht mehr in Worte zu fassen. Die Kalkmasse von Fernigen ist am südlichen Talgehänge '/ km hinter dem Dörfchen auf den ersten Blick schon aus der Entfernung durch ihre helle Farbe und geringere Be- wachsung sichtbar. Den tiefsten Teil im Talwege verhüllen Schutt- halden, indessen auch am Sustenpassweg an der Nordseite des Baches sah man zeitweise den Kalk, Dogger und Malm entblösst, nach Baltzer auf 15 Schritt Länge. Die rundliche Kalkmasse wird an ihrer Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). 505 Front von zwei steilen Gehängefurchen eingefasst. Sie ist entblösst von zirka 1560 m Meerhöhe bis zirka 1800 m und erstreckt sich dann gegen WSW noch viel höher hinauf. Ihre vordere Breite am Talabhang misst an der mächtigsten Stelle etwa 250 m. Diese Kalkmasse liegt eingeklemmt in die Zone II des Aarmassives, das ist die Zone der Sericitgneisse und Serieitschiefer mit mannigfaltigen Einlagerungen gequetschter Eruptiva. Südlich der Kalkmasse liegen zunächst weisse Sericitschiefer und Serieitgneisse, dann Biotitgneisse und Amphibolite an; unter der Kalkmasse und nördlich daneben schlugen wir Sericitfels vom Charakter der gequetschten Quarz- porphyre (Carbon ?), weiter nördlich folgen Serieitgneisse, Chlorit- gneisse und Biotitgneisse. Ein näheres Studium der den Kalkkeil von Fernigen einschliessenden kristallinen Schiefer fehlt noch. So viel aber scheint mir festzustehen, dass der Kalkkeil von Fernigen keines- wegs „zwischen Aarmassiv und Erstfeldermassiv* liegt, sondern noch ganz innerhalb der Sericitschieferzone des Aarmassives südlich des Erstfeldergneisses. Die umgebenden Aarmassivgipfel erreichen 3400 m Höhe, die Kalkeinlagerung greift unter 1450 m hinab; das ist. wohl über 3000 m unter der ursprünglichen Massivhöhe an dieser Stelle. Die nordwestliche (im Bilde rechtseitige) Hälfte der Kalkmasse erreicht den Talboden nicht mehr ganz. Dort liegt der Kalk im unteren Teil zirka 45°, aufwärts um 60° gegen SSE fallend etwas diskordant auf den Serieitgesteinen, die ihrerseits recht einförmig etwa 80° Neigung behalten. An beiden Flanken schmiegt sich in mittlerer Höhe die Kalkmasse den kristallinen Schiefern konkordant an. Höher oben sind die Aufschlüsse ungenügend, um die gegenseitige Lagerung sicher bestimmen zu können. Die Kalkschichten sind innerhalb des Paketes in 8—10 kleinere, zum Teil spitzwinklig umgekrümmte Falten zusammengedrängt. Die Mehrzahl derselben ist nur im Malmkalk sichtbar. Einzig die breitere nördliche (von vorn gesehen rechtsseitige) Falte ist auch noch im Dogger am Fusse der Wand über den Schutthalden sichtbar. Nahe links neben einer Gewölbeumbiegung bricht fast in der Mitte der Malmwand eine Quelle hervor. Nach oben verengert sich die Kalk- masse wie nach unten. Der SSE-Fall, der an der breitesten Stelle am S-Rande 85° beträgt, nimmt nach der Höhe auf 65, und schliess- lich auf 60° ab. Der südliche, verkehrte Muldenschenkel biegt also oben immer stärker über, und der Kalkkern wird dadurch einge- engt und zum Teil überdeckt. An der rechtsseitigen Flanke richten sich seine Schichten von 50 bis 60° SSE-Fall nach der Höhe auf und stehen unterhalb des untersten Schneefleckes in unserem Bilde 506 Albert und Arnold Heim, und ebenso weiter gegen WSW nicht nur oft senkrecht, sondern stellenweise etwas rückwärts gekippt mit 80° NNE-Fall. Aber die Fernigermulde wird durch diese Änderungen im Einfallen doch nach oben und gegen WSW keineswegs, wie die meisten Beobachter an- genommen hatten, abgeknöpft und eingeschlossen im Gneiss „wie der Mandelkern von seiner Schale“. Vielmehr lässt sich oben in der Höhe das Kalkpaket, wenn auch auf etwa die Hälfte der Front- wandbreite, das ist auf zirka 100 m reduziert, offen zutage ver- folgen zwischen Stellen mit Überschüttung durch Gehängeschutt und Moränen bis unter den Griesengletscher, wo Dogger und Malmkalk bei 2400 m das untere Ende des Stucklistockgrates bilden. Von dort scheint sich der Kalkzug unter dem Gletscher bis zum Gipfel des Griesenhörnli bei 2853 m zu ziehen. Die Karte von Königsberger entspricht von allen bisherigen Kartierungen am besten der Wirklich- keit, sie reicht aber nicht so weit nach Westen. Überall, wo es uns gelungen ist, den Kontakt der Kalkmulde mit den kristallinen Schiefern zu finden und entblösst zu sehen, liegt zwischen beiden !/s bis 1 m Arkose von Verrucanofacies stark seri- eitisch. Diese Arkose ist einerseits mit dem Sericitgneiss, anderseits mit dem Rötidolomit, oder wo derselbe fehlt, mit dem Dogger stratigraphisch innig verknüpft. Nirgends findet sich über oder unter der Arkose eine Rutschfläche, eine Reibungsbreceie, eine abweichende Fältelung oder andere Spuren einer stärkeren Differentialbewegung. Es gilt dies sowohl für Orte mit Parallelstellung der kristallinen Schiefer zum Kalkgestein, als auch für solche in der Muldenbasis, _ wo eine Diskordanz unverkennbar ist. Es ergibt sich hieraus, dass der Kontakt zwischen den kristallinen Gesteinen und den mesozoischen Kalkformationen wahrscheinlich durchweg im ganzen Gebiete der Fernigermulde ein primärer ungestörter Ablagerungskontakt, nirgends ein Dislokationskontakt ist. Die Dislokation hat nicht die beiden Gesteinsgruppen ungleich, sondern gleichartig zusammenbewegt. Das kristalline Gebirge hat gleich viel tertiäre Aufrich- tung erfahren wie der Jurakalk. Hier lässt sich die hie und da auftauchende Ansicht durchaus nicht vertreten, der Jura sei in eine sich darunter öffnende Spalte des schon aufgerichteten Gneisses muldenförmig hinabgerutscht. Durchgehen wir die Kalkmasse von der SE (linken) nach der NW (rechten) Flanke, so treffen wir (Taf. IX) auf folgende Glieder: a) an den Serieitgneiss mit Arkose schliesst sich, steil SSE unter den Gneiss einfallend, die verkehrte Schichtfolge an. Sie bildet den linken oberen Rand der Kalkmasse von oben nach unten, das ist in der Kalkmulde von links aussen nach innen: Hie und da Spuren von Vierteljahrsschrift d. Naturf, Ges. Zürich, Jahrg. 61. 1916, Tafel IX. Stucklistock Zr Griesenfirn a I „7 RN REN % > N ; a . ZuN ER EN ARTEAMEN 5 tr. £ Q : BE DE ; „= BEN, = a Pi) 7 N 3 (2) r \ ’f N: 4 2 RER NNNE \ a >, l, \ REES: / / WI: R IN / SZ, R ni RU LEN, Be : BEN aR uU L ‚ ee . An x HH; CL N a FE N “= N hr 2 ‚Kristalline i\ EN BETEN N > ICH 1% FEN . . ET IR Griesenhörnli Sr AUS 985 $Schiefer ae EN Ir Pas’; @ Kristalline . 4 h IM Schiefer (Serieit- Re i 3 gneiss, Gneiss) idolomi - 4 B) Mergelschiefer Eisenoolith (Parkinsonischichten) (Callovien) Profilansicht der Kalkmulde von Fernigen (Uri). 3 Echinodermen- kalk (Bajocien) 6—9 Malm-Kalke Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). 507 Rötidolomit, dann Echinodermenkalk mit Basisschichten, Parkinsoni- schiefer, Eisenoolith, Schiltkalk, obere Schiltschichten und gewöhn- licher, plattig gequetschter Hochgebirgskalk. Die Schichten stehen unterhalb A der Figur fast senkrecht, fallen bei A und höher oben mit zirka 70°, dann mit 60° SSE und reichen so zusammenhängend hinauf bis über den Scheitel des Kalkkopfes in der Figur, wo wir die vollständige verkehrte Schichtfolge an vielen verschiedenen Stellen konstatiert haben. b) Zirka 15 bis 20 m vom Gneiss gegen innen entfernt führt eine gangbare Felsrinne auf die bewachsene Höhe. Im oberen Teil der- selben bei b in Taf. IX trafen wir statt nur Malm die folgende enggepresste verkehiıt liegende Schichtreihe: Oben (links) unterer Malmkalk, darunter Rutschflächen wie die Schichtfugen laufend mit Kalzitbelägen. In der Furche '/s bis 1m Parkinsonischiefer, rechts 10 bis 20 cm gequetschter Eisenoolith, 10 bis 20 em fleckiger Schilt- kalk, dann graue Schiltschichten. Nach etwa 20 m keilt das ver- kehrte Schichtpaket nach oben zwischen den beidseitigen Malmbänken aus. Muldenförmige Umbiegung ist links davon an einigen Stellen sichtbar. Das gequetschte verkehrte Doggerpaket muss wohl ein ausgewalzter, abgescheerter, als Schuppe verschleppter Antiklinal- kern sein. c) Die Schiltschichten rechts der Felsrinne b, etwa 20 m mächtig, sehr regelmässig geschichtet und parallel geschiefert, mit Linear- streckung steil nach oben und zerrissenen Belemniten, fallen in ein- heitlichen, schwach gegen SE ausgebogenen Platten von hoch über der Kalkwand zusammenhängend hinab bis zum Untertauchen unter den linksseitigen, aus der Felsrinne b sich entwickelnden, bewachsenen Schuttkegel. d) Daran schliesst sich in der steilen Kalkwand eine scharfe Zwillingsmulde. Die Zwillinge sind durch ein ebenso scharfes, 15 bis 25 m hohes Gewölbe getrennt. Der Hauptmalmkalk bildet hier normal als jüngstes Glied den Kern der Zwillingsmulde. Jeder der Zwillinge ist etwa 10 m breit und 20 m tief. Die Mächtigkeit der Schenkel, am oberen Rande der Felswand gemessen, ist bei der ersten Mulde zirka !/ı» von der Mächtigkeit an der scharfen Um- biegung in der Axialebene. Bei der zweiten sind die Schichten an den Umbiegungsstellen etwa vier- bis fünfmal so dick wie an den Schenkeln. Wenn man möglichst nahe heranklettert, so erkennt man in den Umbiegungsstellen die prachtvolle axiale Transversalschieferung, ausgehend in gestreckte Verzahnung der Schichtfugen in der Nähe der scharfen Umbiegungsstellen. 508 Albert und Arnold Heim. e) Wiederum folgt ein gleichmässiges, scheinbar ununterbrochenes Paket fast senkrechter, ebener, dünnplattiger Kalkschichten, ähnlich e dieser Aufzählung und nach der Zwillingsmulde d zu urteilen, wohl auch als aufsteigender Ast derselben zugehörend. Allein der Zu- sammenhang mit dem folgenden Glied bleibt unverständlich, wenn man nicht innerhalb e eine Verschiebung oder einen zerrissenen Mittelschenkel annimmt, damit der nun folgende Malmkalk mit Ge- wölbeumbiegung beginnen kann. f) Rechts schliesst sich ein prachtvolles, kleines, spitzfaltiges Zwillingsgewölbe an, das ganz den Formen von d entspricht. Zwischen den zwei scharfen Gewölben liegt eine scharfe Mulde und eine eben- solche schliesst sich rechts zum aufsteigenden Schenkel an. Durch den Zusammenschluss nach rechts wird bald deutlich, dass unser Zwillingsgewölbe nur Fältelung innerhalb einer grossen Mulde ist. Die Schichten der Glieder ce bis und mit f stechen im tieferen Teil der Kalkwand, wo die Quetschung die Umbiegungen ganz ver- wischt hat und Schieferung und Schichtung gemeinsame Sache machen, steil mit zirka 85° NNE-Fall hinter den Schutthalden in die Tiefe. Das ist der südliche Hauptlappen der Fernigerkalkmulde, der unter den Talweg hinabgreift. 9) Das Mittelgewölbe entblösst am Fusse der Felswand bei B seinen Doggerkern. In halber Höhe der Wand entquillt ihm ein Bach. Er ist in Taf. IX durch einen kleinen Kreis bezeichnet. Die Schiltschichten schon bilden über dem Dogger eine etwas flache, breite, sekundärfaltige Umbiegung. Die Schichten sind im linksseitigen, schön entblössten und begehbaren Schenkel nur !/s so mächtig wie im Gewölbescheitel. Höher oben stellt sich eine recht krause Fälte- lung der äusseren Gewölbeschichten (Malmkalk) ein. Zunächst mittelst Mulde, direkt anschliessend an f, erkennen wir ein ziekzackförmiges Gedränge von wenigstens drei halbseitigen, rechts abgescheerten kleinen ‘Gewölbchen. Dann folgen drei rauhzackige Aufwölbungen, die typischen Formen der Stauung in der Schichtriehtung, und in schönem 2-förmigem Schwunge der Abstieg der sich verdünnenden Schichten zur Mulde h. h) Wie g das kräftigste Gewölbe innerhalb der Kalkmulde von Fernigen ist, so ist die rechts daranschliessende Mulde zugleich die nordwestliche Hauptmulde und Schlussmulde des Ganzen, und ihr nördlich aufsteigender Muldenschenkel entspricht in der Mulden- symmetrie des Ganzen dem Schenkel a dieser Aufzählung. Die pracht- volle Mulde schmiegt sich mit ausgezeichnet regelmässig reduzierten Mittelschenkelschichten an das vorangegangene Gewölbe an. Ihre Kernbiegung im Hochgebirgskalk in der Höhe ist schmal, nach unten Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). 509 wird sie stets voller und breiter; ein schmalerer südöstlicher Lappen greift tiefer. Überall durchsetzt auch hier ein mehr oder weniger deutliches Clivage die verdickten Umbiegungsregionen und gestaltet die Schichtfugen zackig und verzahnt. Im tieferen Südlappen dieser Mulde sind die Schichten an den Umbiegungsstellen vier- bis fünfmal dicker als an dem verkehrten, und etwa dreimal stärker als an dem normalen Schenkel. In der höheren Region des Muldenkernes ist das Deformationsverhältnis der Schichtmächtigkeit etwa 1:2. Die Mulde %h zeigt in den tieferen Teilen ihres normalen auf- steigenden Schenkels bei D und E die beste Entwicklung ihrer Schichtfolgen. Höher oben biegt ihr Rand steiler auf. Schon vom unteren Schneefleck (s) unserer Figur weg konnten wir aufwärts keinen Dogger mehr finden. Noch höher gegen WSW bei F’ der Taf. IX scheint der Malm direkt den kristallinen Schiefern anzuliegen (der unmittelbare Kontakt ist nicht aufgeschlossen). Der nördliche normale Schenkel der „Zwischenbildungen“ versagt — offenbar tektonisch — während der verkehrte (a), so weit wir nachgehen konnten, voll- kommen erhalten ist. Man hätte eher das Umgekehrte erwarten dürfen. Rätselhaft bleiben uns noch zwei Kalkfelsen, die in der Rinne senkrecht unter der Mulde h, unter D (Taf. IX) 10 bis 20 m unter dem Kontakt in unklarer, anscheinend horizontaler Schichtung am Gneiss rechts abstossen. Es sind nicht etwa ältere kontaktmeta- morphe Einschlüsse. Wir blieben im Zweifel, ob es abgestürzte Blöcke seien. : 3. Stratigraphie. (Von Arnold Heim.) Trotz der teilweise sehr intensiven Quetschungen lässt sich an verschiedenen Stellen die stratigraphische Schichtfolge in an- nähernd normaler Ausbildung studieren (Figur 1). 1. Basissandstein. - Am Kontakt der kristallinen Schiefer und des Mesozoikums trifft man sowohl auf der Südseite wie auf der Nordseite der Mulde ein geschiefertes Quarz-Serieitgestein von 0,3 bis 1 m Mächtigkeit, stellen- weise mit bis 3 mm groben Quarzkörnern. Es ist vom kristallinen Gestein stellenweise unscharf, stellenweise aber auch scharf ab- gegrenzt und weiss bis grünlich oder violettgrau gefärbt. Offenbar handelt es sich um einen dynamo-metamorphen Basis-Arkosesandstein auf der Gneissoberfläche, von der Facies des Verrucano. Er ist wohl auch identisch mit der sogenannten Verrucanobank von Vättis. Diese dünne Bank fanden wir in allen Profilen, wo der Kontakt von Gneiss x 510 Albert und Arnold Heim. und Mesozoikum aufgeschlossen ist. Seine Oberfläche verläuft kon- kordant mit dem Mesozoikum, während der Gneiss im Norden leicht diskordant daran abstösst. Die Schieferung und Serieitisierung ist die Folge der tertiären Druckmetamorphose. Das primäre Gestein ist zweifellos ein Sandstein. Unter C der Taf. IX fanden wir drei plattenförmige dünne Einlagerungen von Dolomit. Bei D kommen an der oberen Grenze auch zerdrückte Dolomiteinschlüsse vor, wo- durch die Abgrenzung gegen den Rötidolomit auf einige Centimeter verwischt erscheint. Man möchte somit vermuten, dass der Basis- sandstein bereits zur Trias gehört oder in der Trias wieder um- gearbeitet wurde. Im Dünnschliff erkennt man eine schuppige Grundmasse von Serieit und sekundärem Quarz mit etwas Kalzit, die offenbar aus verwittertem Feldspat hervorgegangen ist. Darin liegen Quarz- körner mit stark angefressenen Rändern. Einzelne zeigen noch rund- liche Form, andere löschen stark undulös aus oder sind in verzahnte Aggregate aufgelöst. Vereinzelt sind kleine Zirkonkörner eingestreut. Nach seinem metamorphen Habitus ist das Gestein wohl am besten als Serieit-Quarzit zu bezeichnen. 2. Rötidolomit (Muschelkalk). Diesen haben wir nur an der Stelle hinter dem Felshöcker bei D gefunden. Es ist aber nicht ausgeschlosser, dass man auch noch am südlichen Kontakt oberhalb oder unterhalb A entsprechende Rudi- mente finden könnte. Unsere Beobachtung war durch Regen und Nässe stark gehindert. An der Stelle D ist der typische Rötidolomit innen blaugrau, mit rostgelber staubiger Oberfläche, 40 cm mächtig. Er klebt an einem überhängenden Wändchen der Doggerbasis. Einzelne Linsen zeigen noch das primär erhaltene, dichte, massige, im Dünnschliff mikrokristallin-körnig aussehende Dolomitgestein (braust nicht mit verdünnter HCl). Andere Flasern sind zu einem Dolomitschiefer mit feinsten sekundären Sericithäutchen zerdrückt. Die Rötidolomitgerölle der Doggerbasis beweisen, dass der Röti- dolomit mächtiger abgelagert wurde, als er zu Beginn der alpinen Faltung war. Dazu kommt noch die mechanische Reduktion auf vielleicht die Hälfte. Um so auffallender ist es, dass er schon etwa 50 m weiter östlich zwischen C und D nicht mehr vorhanden ist. Das Fehlen einer Rutschfläche an dessen Stelle und die Verwachsung von Dogger und Basissandstein deutet darauf hin, dass er dort schon vortertiär fehlen musste. m ) 2 un HN; Irihr nn; „u: ;d 32, 5 RT “7 d hir: A: 077% a 7 AÄrn .Heim det. 10 5 ) 10 20 30 m Fig. 1. Stratigraphische Profile, Lokalitäten A bis E der Taf. IX. = Gne m Grohdgebline; 5 = Eisenoolith, Celarien j I Seleit San 6 = Fleckiger Schiltk Zen ech rZ); 7 = Obere "Schiltschie rn Argovien; Doggerkalk, und Überschiltsehiehten i erk Bajocien; kisahichun “, Bathonien; 8 = Quinta 512 Albert und Arnold Heim. 3. Doggerkalk (Bajocien). Bei D finden wir über dem Rötidolomit folgende Schichten: a) 0,5—0,6 m Basissandstein; stark sericitisierter Kalksandstein mit 1—3 mm groben Quarzkörnern und einzelnen Echinodermen- trümmern, braust mit HC], braun angewittert. An der Basis 10—20 cm voller Rötidolomitbrocken. Diese sind teilweise gerundet, bis über eigross und platt, teilweise eckig. Offenbar handelt es sich um ein alpin zerdrücktes Basiskonglomerat! Allmählicher Übergang: b) 1m rauher sandiger Echinodermenkalk, rostbraun an- gewittert, etwas gequetscht. Übergang in c) 3m feinkörniger Echinodermenkalk mit rauher Oberfläche, aussen braun, innen dunkelblaugrau. Übergang in d) 2 m (?) Kieselbänke. Die verwitterte Bruchfläche ist flammig gestreift, schwarzgrau, grau und weiss. Das schwarzgraue Gestein besteht aus sehr feinkörnigem Kalk, die grauen Partien aus porös verwittertem Kieselkalk und die weissen aus verwittertem, ursprünglich schwarzem Silex. 10 m Unterbruch der Aufschlüsse. Vollständiger ist das Profil weiter unten bei C, aber trotz der geringen Entfernung von nur etwa 200 m schon ziemlich facies- verschieden: Über dem Sericitsandstein 1 folgt direkt ohne Rutsch- fläche, eher stellenweise mit Verwachsung, folgende Schichtreihe: ) 2 m sandiger, innen blaugrauer Kalk mit gelben Brocken und feinen Echinodermentrümmern. Übergang: c—d) zirka 5 m. Inwendig blaugrauer, fast dichter, malmartiger Kalk mit feinsandigen Flasern. Übergang: e) zirka 5 m dito, aber dünnschichtig-Naserig. Wieder etwas verschieden ist die Doggerbasis im verkehrten Schenkel bei A: a) 1,5 m. Innen und aussen blaugrauer Kalk mit gelben, braunen und weissen Flecken, dicht bis feinstkörnig. Kaum merklich zer- drückt, am Sandstein haftend und offenbar primär auf diesem ab- gelagert. Die braunen, bis einige Centimeter grossen Flecken und Flammen scheinen anorganische Ferrokalzit-Limoniteinschlüsse zu sein. Die körnigen, kieseligen Knöllchen von 1—2 em sind wohl limonitisierte Spongien, die weissen Flecken vielleicht umkristallisierte Korallen. Das Gestein ist mit Schiltkalk zum Verwechseln ähnlich. Übergang: b) 3,2 m blaugrauer, dichter, flaseriger Kalk, unten mit fein- sandigen Flasern, oben mit einzelnen Eehinudermertriimiercheii, Primär wohl ziemlich kompaktes Gestein. Übergang: c) 2,2 m Schieferkalk, schwarzgrau, ebenflächig, wohl schon primär etwas schieferig, gehört vielleicht schon zum Bathonien. Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). 513 4. „Parkinsonischichten“* (Bathonien). Am mächtigsten sind diese Schichten bei ©, 10-15 m; doch handelt es sich wohl dort um lokale Stauung mit intensiver diago- naler Schieferung (Taf. IX und Fig. 1, C). Es sind feinstkörnige, weiche, trocken graphitgraue, nass tuschschwarze, bituminöse Schiefermergel (brausen mit verdünnter HCl). Sie färben ab und schreiben auf Papier wie Graphit. Bei A, D und E sind die schwarzen Schiefer härter, kalkreicher und enthalten viel kleine Pyritkriställchen. Die Mächtigkeit ist bei A nur 1—2 m, anscheinend infolge tektonischer Reduktion. Trotzdem sind die offenbar primären Über- gänge nach oben und unten erhalten geblieben. Bei E wurde folgendes notiert: a) 1m aufgeschlossen schwarze Schiefer. Übergang: b) 0,4 m. Wellige Kalkbänke mit feinen Echinodermentrümmern und rauhen Schieferlagen. Übergang: c) 0,7 m. Kompakte, braun angewitterte Kalkbank, inwendig sehr feinkörnig, blaugrau, mit vielen 0,5 bis 1 mm langen, längs- gestreckten, weisslichen, kieseligen oder limonitisierten Ooidkörnchen, die auf der angewitterten Fläche vorragen. Diese Bank scheint in den gewöhnlichen Eisenoolith überzuführen und gehört möglicher- weise schon zum Callovien. Wahrscheinlich entspricht die erste, tektonisch verzahnte Bank über 4 bei C wieder diesem Horizont. Im Schutt fanden wir im schwarzen Mergel schlecht erhaltene Ammoniten. Aus dem Übergang in den Eisenoolith und aus Analogie mit den benachbarten Ausbildungen (Erstfeld-Titlis) geht mit ziem- licher Sicherheit hervor, dass die Schichten 4 dem Bathonien ent- sprechen. 5. Blegi-Eisenoolith (Callovien). Dieser ausgezeichnete Leithorizont scheint primär durchweg vor- handen zu sein. Die wechselnden Mächtigkeiten haben offenbar tekto- nische Ursache. Wo der Kontakt mit dem Liegenden aufgeschlossen ist, scheint ein Übergang vorzuliegen. Die mächtigste Ausbildung erreicht der Eisenoolith bei C und B mit 5—6 m. Er ist dort durch Schieferbänder in mehrere Bänke geteilt. Bei 3 notierten wir von unten: zirka 0,5 m Oolithkalk mit Belemniten (Bathonien?). Übergang in: » 2,5 m schieferiger, grün und gelblich flammig-fleckiger, stellen- weise auch roter, dichter Kalk mit 1 mm grossen, vorwiegend gequetschten Chamositooiden, oben mit massenhaften Belemniten. 514 i Albert und Arnold Heim, zirka 0,2 m gewöhnlicher Eisenoolithkalk. Übergang: 0,5—1 m gewöhnlicher Schieferkalk. es 2 m Eisenoolithkalk in Bänken von 20—30 em, mit massen- haft Belemniten und grünlichen Schieferzwischenlagen, auch zu oberst schieferig. An den übrigen Stellen A, D, E ist der Eisenoolith tektonisch auf 1—2 m reduziert und die Chamositooide platt gedrückt. G. Schmidt erwähnt in Livret-Guide, 1. c. p. 151 von der Stelle A eine „20—25 cm dicke Schicht eines grünen, Albit führenden Chlorit- schiefers, der in grosser Menge Belemnites calloviensis Opp. enthält“. Er rechnet diesen Horizont zum Oxford, während wir ihn eher als obersten Teil des Callovien-Eisenoolithes betrachten. Gleiche Chloritschiefer findet man auch in typischem Eisenoolith eingelagert. Stellenweise ist der Eisenoolith in Form eines gleichmässig grün- lichen Chloritkalkes ausgebildet, der von blossem Auge dicht erscheint. (Vergl. Mikroskopisches darüber pag. 521). 6. Schiltkalk (Unteres Argovien). Der typisch blau und gelbfleckige feste Schiltkalk ruht bei B und E mit messerscharfer Grenze auf der Eisenoolithstufe und ist nur 1 m mächtig. Seine primäre Mächtigkeit hat vermutlich kaum 2 m erreicht. Das Gestein besteht aus dichtem, blaugrauem Kalk mit gelbbraunen Aggregaten von Ankerit bis Limonit. Belemniten und Ammoniten sind schlecht erhalten. 7. Obere Schiltschichten (Argovien). Bei B folgen über dem eigentlichen Schiltkalk in allen Über- gängen: ä a) zirka 4m etwas fleckige Kalkbänke mit mergeligen Lagen, die stellenweise zu plastischem Ton verwittert sind. b) 2,6m gelblich angewitterte Mergelschiefer ; echte Schiltschiefer. ec) zirka 12 m Mergelschiefer mit bräunlich angewitterten Kalk- bänken, übergehend in Quintnerkalk. Bei E folgt über dem fleckigen Schiltkalk das am besten er- haltene Profil des unteren Malm: a) 1,3 m. Kompakte, bräunlich angewitterte Bank von blau- grauem, feinstkörnigem Kalk ohne besonders auffallende gelbe Flecken (Kalkfacies der oberen Schiltsehichten). b) 4—5 m dito, aber in Bänken von 3—8 dm mit Schiefer- mergellagen, zu oberst 20 cm schwärzlicher Mergelschiefer. Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). 515 c) zirka 17 m Kalkbänke mit dünneren Mergellagen, noch etwas bräunlich angewittert (Überschiltschichten). Aus Analogie mit dem Walenseegebiet gehört ce noch zum Argovien. !) 8. Quintnerkalk (Mittlerer Malm). Die Schichtgruppe e geht unter Zurücktreten der Mergelzwischen- lagen, Dickerwerden der Kalkbänke, weitere Abnahme des Eisen- gehaltes und dadurch hellgrau werdende Anwitterung in den für die helvetischen Alpen allgemein typischen Quintnerkalk über. Er ist auch hier ursprünglich dicht und dunkel blaugrau, kompakt, nur hat die starke Pressung mit innerer Verschiebung meistens ein schieferig- plattig brechendes, weniger dunkles und weniger dichtes Gestein erzeugt. Der obere Quintnerkalk mit Kieselknollen scheint nicht mehr vorhanden zu sein, das jüngste so tief eingefaltete Schichtglied also vermutlich dem Sequan anzugehören. Allgemeine stratigraphische Erscheinungen. Wir haben gesehen, dass das Mesozoikum durch die Basis- sandsteinbank mit dem Gneiss verwachsen ist, derart, dass zwischen den ältesten transgredierenden Sedimenten und dem Gneiss keine durch tektonische Ursachen entstandene Schichtlücke vorliegen kann. Daraus ergibt sich, dass die Auflagerung der Trias einer marinen Transmersion entspricht. Wir betrachten den Rötidolomit als chemi- schen Absatz der Seichtsee. Der Rötidolomit ist aber hier wohl auch primär kaum all- gemein abgelagert worden und ausserdem ein Denudationsrelikt. Sicher fehlen die obere Trias, der ganze Lias und der unterste Dogger (Aalönien). Auf der Trias oder direkt auf dem Basissandstein trans- grediert der mittlere Dogger. Wir betrachten die 10—15 m mächtige Kalkabteilung Nr. 3 aus folgenden Gründen als Bajocien: . Übergang nach oben in die Schiefer und diese in den Eisen- 1 ‚ oolith. Die Schichtfolge des Doggers scheint bis zum Abschluss des Eisenoolithes lückenlos zu sein. 2. Die Schichtfolge — Echinodermenkalk unten, Kiesellagen im mittleren und dünnschichtiger bis flaseriger, fast dichter Kalk im oberen Teil — stimmt ganz überein mit der autochthonen Ausbildung von Erstfeld bis Titlis, und das gleiche gilt auch für die hangenden Schichten bis zum Eisenoolith. !) Vergl. Arnold Heim, Monogr. der Churfirsten-Mattstock-Gruppe. Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, II. Teil, 1916, pag. 502, 513. 516 Albert und Arnold Heim. Nun sehen wir, dass die transgredierenden Basisschichten des Bajocien sich rasch auf kurze Strecken verändern. Der grobe Basis- sandstein mit Rötigeröllen bei D ist 100 m weiter östlich nicht mehr vorhanden, und der Echinodermenkalk b bei € und D fehlt im Südschenkel bei A. Es scheint, dass die transgredierenden Kalke bei A etwas jünger sind als das Basiskonglomerat bei D, dass also die Transmersion von N nach S fortschritt und die Höhe des Rückens Windgälle-Fernigen') auf der Südseite der Fernigermulde gedacht werden muss. Zudem haben wir die Trias im Süden nicht wieder gefunden. | Im allgemeinen bezeichnet man diese Abteilung des Bajocien als Echinodermenbreecie. Mit Ausnahme der Basisschichten verdient aber der Bajocienkalk des Autochthonen diese Bezeichnung nicht, denn es handelt sich vorwiegend um Kalke mit diehter Grundmasse, wohl in der Hauptsache von chemischem Absatz, in dem die Organismen nur untergeordnete Gemengteile bilden. Die letzte Diskontinuität ist die Grenze des Callovien-Eisen- oolithes zum Schiltkalk. Wie überall östlich der Reuss, mit Aus- nahme einer Stelle an der Windgälle, fehlt auch hier das Oxford. Dabei handelt es sich wohl nicht um ein Übergreifen des Meeres über Festland. Es fehlt jede Spur einer grob-klastischen Basis- bildung; weder der Eisenoolith noch der Schiltkalk mit ihren Cephalo- poden deuten auf die Litoralzone. Mit dem Schiltkalk beginnt die regelmässige, ihkabtibe, vor- wiegend kalkige und bathyale Ablagerung des Malm, wie sie nicht nur für das autochthone Gebiet der Zentralschweiz, sondern für die helvetische Facies überhaupt charakteristisch ist. Die stratigraphische Untersuchung ergibt, dass die Schichtfolge der Kalkmulde von Fernigen am besten übereinstimmt mit dem Gebiet der Windgälle, wo W. Staub die gleichen Transgressionen nachgewiesen hat. Fernigen liegt im normalen SW-Streichen der Windgälle.. Der Windgälle-Fernigen-Rücken und damit auch die Isopen folgen dem Alpenstreichen. 4, u Te Pr aM ZEUDO. (Von Albert Heim.) Das stratigraphische Profil ist von beiden Flanken der Kalk- masse gegen dieselbe hinein vollständig symmetrisch; die ältesten Schichten liegen nach aussen, das jüngste in der Mitte. Das Ganze ist also eine für alpine Verhältnisse fast ungewöhnlich regelmässige !) Vergl. Arnold Heim, Transgressionen der Trias und des Jura. Verhandl. Schweiz. Naturf. Ges. 1916. Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). 517 Mulde mit innerer Sekundärfaltung. Nur im oberen Teil des Nord- schenkels setzt der Dogger aus. Die Mächtigkeit der Schichten. ist, wie stets in so intensiv gefalteten Regionen, tektonisch stark be- einflusst — an allen Schichtschenkeln reduziert, gelegentlich bis zur Verquetschung und Zerreissung, in der Nähe der Umbiegungsstellen dagegen und besonders an scharfen Umbiegungen stark verdickt. Zudem ist die ganze gefaltete Masse von steiler Transversal- schieferung in der ungefähren Lage der Axialebene der Falten, d. i. zirka 80° ESE fallend, durchsetzt. Die Schichtfugen an den Faltenschenkeln sind glatt ausgepresst und ausgewalzt, und an den Umbiegungen oft stark ineinander verzahnt. Deformation des Doggers. Die verschiedene Befähigung der Gesteine zur mechanischen Deformation macht sich vollauf geltend: Die festen Bänke des Eisenoolithes lassen oft innerhalb der Schichtschenkel eine innere Schieferung nicht erkennen und sind an scharfen Umbiegungsstellen nur grobplattig transversal durchklüftet und die Schichtfugen grob verzahnt. Die zahlreichen Belemniten in den festen, zwischen schiefrigen Lagen liegenden Bänken sind nur schwach deformiert, die Oolithkörner manchmal noch kugelig geblieben oder schwach gestreckt, aber nicht bis zu dünnen, elliptischen Schuppen verquetscht. Die Magnetitkörnchen sind von Auge kaum sichtbar. Das Bild der Dislokationsmetamorphose des Eisenoolithes ist also etwas anders als z. B. bei der oberen Eisengrube der Wind- gällen, wo alle Oolithe in flache, elliptische Schuppen gequetscht sind und das Gestein von prachtvollen kleinen Magnetiten im Sonnen- glanze flimmert. Und doch stehen wir in Fernigen in einer tieferen Zone der Stauung. Der Unterschied. ist dennoch erklärlich. In Fer- nigen befinden wir uns in einem Muldenkern, in dessen randlichen Partien mehr stehende Pressung, weniger auswalzende Bewegung herrschte als im verkehrten Mittelschenkel der Windgällefalte. Noch wichtiger aber dürfte der Umstand sein, dass in Fernigen die festen Eisenoolithbänke vor Deformation durch unterliegende und zwischen- liegende, unfeste Schiefer, die nicht ganz weggequetscht worden sind, geschützt waren, während an der Windgälle solche teils primär nicht vorhanden waren, teils lokal im verkehrten Mittelschenkel so vollständig weggequetscht worden sind, dass Festes direkt auf Festes zu liegen kam und unter Pressung bewegt wurde. Die Parkinsonischiefer sind an Schichtschenkeln fein dünn- schieferig, an Schichtumbiegungen oft so sehr transversalschiefrig, Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 34 518 Albert und Arnold Heim. ‘dass die ursprüngliche Schichtung völlig verwischt ist (bei C in Taf. IX). Die Echinodermenbreccie ist durchweg wenig deformiert. Deformation im Malm. Dagegen hat die Dislokationsmetamorphose im Ferniger Kalk- keil die Malmschichten durchweg tief texturell umgestaltet. Das makroskopische Bild der mechanischen Gesteinsumformung wird im Schiltkalk, den Schiltschiefern und im Malmkalk prachtvoll sichtbar. An den Faltenschenkeln stellen sich eine Menge glatter, ebener Ablösungsflächen parallel zwischen die Schichtfugen. Alles wird dünnplattig. Auf den Plattenflächen erkennt man eine ausgezeichnete Linearstreckung, die im Anstehenden fast genau in der Fallinie läuft, also so steil als möglich den einzigen Ausweg der Substanz auf Quetschung, nach oben, abzeichnet. Der gelb-blaugraufleckige Schilt- kalk gibt durch die Linearstreckung seiner Flecken ein wunder- bares Bild der Lamination des Gesteines. Die ursprünglich mehr oder weniger rundlichen Flecken sind in allen Graden deformiert bis zu einer an Holzfaser erinnernden Textur, bei der die grauen und gelben Flecken in schmale lange Streifen oder Bänder aus- gezogen sind. Der gestreckte Malmkalk ist hellgrau und etwas salinisch geworden. Schon früher habe ich gefunden, dass in diesem dichten Kalkstein auch alle Kalzitindividuen linear geworden sind. Deformation der Fossilien (Taf. X). Die Gesteinsdeformation ist ferner sehr schön dargetan durch die Deformation der Fossilien. Unbestimmbare Ammoniten, die in der einen Richtung flach gedrückt, in der andern in Ellipsen verzerrt sind, haben wir mehrere gesehen. Ein weit widerstandsfähigeres Fossil sind die Belemniten. Sie sind etwas fester aber auch spröder als das ıımschliessende Gestein, selbst wenn dies reiner, dichter Kalk- stein ist. Einige Kalksteinproben mit gestreckten Belemniten von Fernigen enthielten 95—98 °/o CaCO,. Taf. X bildet einige Beispiele ab. Die Belemniten haben meistens den rundlichen Querschnitt an- nähernd behalten oder sind im Querbruch nur wenig elliptisch gedrückt. Wohl aber sind sie in viele Stücke zerrissen worden. Die zwischen den auseinandergezogenen Zylinderstücklein entstandenen Räume sind mit faserigem, weissem Kalzit gefüllt und schmäler als der Belemnit geworden. Eine nähere Erörterung über den Mechanismus dieser Deformation findet sich in Alb. Heim, Mechanismus der Gebirgs- bildung, Bd. II S. 10 und 11, ferner 32, 54—56, 58, 59 und 63, ferner Tafel XIV Fig. 3 und 4, Tafel XV Fig. 10. Vierteljahrsschrift d. Naturf, Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916, Tafel X. S = Spitze des Rostrum. — Seite der zer- drückten Alveole. 3/ı der natürl. Nach der Natur gezeichnet von Alb. Hei Gestreckte Belemniten aus dem Malmkalk von Fernigen, @ = Belemnit in der Schicht-Schiefer-Fläche, schief zur Linearstreckung gelegen. — Belemnit auf dem Schieferungsquerbruch gesehen, mit Drehung der zylindrischen Bruchstücke. \ € und d = Belemniten in der Richtung der ne gestreckt auf 2 und 2'/s fache Länge, c nur 2 mal, d über 10 mal zerri One bhniinn Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). 519 Diejenigen Belemniten des ungewöhnlich belemnitenreichen Gesteines der oberen Schiltschichten und des Quintnerkalks, welche fast quer zur Linearstreckung im Gestein lagen, sind wenig deformiert, meistens nur etwas verkrümmt. Bei schiefer Stellung zur Streckungs- richtung war es für den Belemniten leichter, in zahlreiche Stücke zu zerbrechen und diese in Treppenanordnung auseinander reissen, als sich unter Drehung ungebrochen strecken zu lassen (Taf. X.a). Diejenigen, welche annähernd in der Streckungsrichtung des Gesteines liegen, herrschen stark vor über die quergestellten, offenbar weil sie durch die Streckung annähernd in die Streckungsriehtung gebracht worden sind. Alle Belemniten, welche annähernd in der Linearstreckungs- richtung liegen, können in mehrere oder auch in viele, in zehn, sogar 20 Stücke auseinander gerissen sein, wobei die Lücken oft die mehr- fache Länge der Belemnitenstücke annehmen. So kann der Belemnit auf die doppelte, dreifache und sogar bis über zehnfache Länge gestreckt sein. Einige Stücke mit hochgradigster Deformation fand ich im oberen mittleren Teil der Malmmasse bei etwa 1900 m Höhe. Dort trennte ich eine klingende, dünne Kalkschieferplatte von etwa !/s m? Fläche vom anstehenden Fels ab, auf deren Schichtfläche ich gegen 100 sehr stark gestreckte, in ihrer Lage um höchstens 10° untereinander abweichende Belemniten fand. Einige derselben waren, anstatt in einzelne klar getrennte Stücke zu zerreissen, im ganzen Gefüge gleiehförmig gestreckt und kalzitisch zementiert; an Stelle ‘einzelner Querrisse scheinen deren hunderte getreten zu sein. Zu- gleich sind hier die sonst so festen Belemnitenstücke senkrecht zur Schieferungs- (= Schichtungsebene) zusammengedrückt, so dass sie nicht mehr zylindrische Gestalt haben, sondern Stücke von der Form von Nudeln oder Bandwurmgliedern geworden sind. Sehr auffallend ist, dass sie trotz dieser Zusammenquetschung in der Schichtfläche an Breite nicht zugenommen, zum Teil eher auch noch verloren haben. Diese Erscheinung ist der Ausdruck einer sehr reinen Linear- streckung. Sie zeigt, dass die zusammengepresste Schichtmasse im Streichen nicht ausweichen konnte, in der Mächtigkeit intensiv zusammengepresst worden ist und einzig linear in der Gefällsrichtung nach oben, wohin die Mulde sich öffnete, Abfluss und Ausweg fand. Dieser ungewöhnlich scharf ausgesprochenen einseitigen Linear- richtung der Bewegung ist es ohne Zweifel zu verdanken, dass in Fernigen fast alle Belemniten gleich gerichtet und stark gestreckt sind. An anderen Lokalitäten, z.B. Eisengruben-Windgälle, wo ein Ausweichen der gepressten Schichtmassen in Länge und Breite möglich war, sind die gestreckten Belemniten nur vereinzelt zwischen 520 Albert und Arnold Heim, vielen unregelmässig, anders liegenden und anders oder auch gar nicht deformierten Stücken, und zeichnen dann durch ihre Lage nur die Richtung des stärksten Ausweichens an, in Fernigen diejenige der ausschliesslichen Bewegung. In Fernigen ist die Dimension im Gestein in der Streichriehtung der Schichten offenbar fast un- verändert geblieben, in der Richtung senkrecht zur Schichtebene (Richtung der Mächtigkeit) auf '/„ (wobei x = 1 bis 5 oder mehr be- tragen kann) zusammengequetscht und annähernd in der Richtung des Schichtfallens auf das xfache verlängert worden. Nach der Deformation ist somit die Dimension in der Streckrichtung auf der Schichtfläche x? mal grösser, als senkrecht zur Schichtfläche geworden. Das Gestein kann nur mehr, nicht weniger deformiert sein, als die eingeschlossenen Petrefakten, nur hat sich im Gestein die Deformation überall verteilt vollzogen, im Belemniten hat sie sich auf einzelne meistens leicht zu zählende Zerreissungen lokalisiert. Die Füllung der Zerreissungslücken mit Kalzit denken wir uns gleichzeitig mit dem Auseinanderweichen der Belemniten-Bruchstücke vollzogen nach dem Prinzip, dass gepresste Lösung an Stellen relativ geringeren Druckes hin den Substanztransport besorgt. Wenn nun fast die ganze Fernigermulde aus derartig defor- mierten Gesteinen gebildet ist, so muss die ganze Mulde in ent- sprechendem Masse zusammengepresst worden sein. Wenn sie heute noch zirka 200 m mächtig ist, so muss sie in ihrer ersten Anlage vor der totalen Einklemmung «& - 200, das ist vielleicht über 1000 ir breit gewesen sein. Ummineralisation. Neben der kräftigen Texturänderung der Gesteine, welche die Stauung in der Ferniger Mulde zustande gebracht hat, gehen auch in bescheidenerem Masse dislokationsmetamorphe Ummineralisierungen. Sie zeigen sich in der Ausbildung kleiner Magnetitkristalloblasten im Eisenoolith, in der Umwandlung der Eisenoolithschiefer in Chlorit- schiefer mit Albit. Dieser Chlorit ist wohl aus Chamosit hervor- gegangen. Schichtflächen, Rutschflächen und besonders Ablösungen auf Clivageflächen sind in allen Schichtgruppen vom Rötidolomit bis in den Malm hinauf häufig von seidenglänzenden, dünnsten, bald glatten, hie und da auch fein gewellten Serieithäutchen überzogen. Der tonige Kalksandstein in der Doggerbasis ist in ein flaseriges, seidenglänzendes Sericitgestein umgewandelt, das man auf den ersten Blick für einen Serieitgneiss halten könnte. Albrecht Müller hat es für einen Übergang von Kalkstein in Gneiss genommen. In diesem Gestein sind die echinodermischen Kalktrümmerchen, die Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). 521 Rötidolomitkörner wie die glasigen Quarzbrocken, alle augenartig in Serieit gehüllt. Der ursprünglich dichte, schwarze Quintnerkalk ist mit der Ausschieferung strichweise zugleich heller in der Farbe, hie und da etwas salinisch und, wie die mikroskopische Prüfung zeigt, im Korne gröber geworden unter gleichzeitig linearer Ent- wicklung des Kalzitkornes. Mit der Intensität der aus Belemniten zu bemessenden Streckung nimmt auch die Korngrösse zu. Auf- fallend war uns, dass die Sericithäute auf den Schieferungsflächen von sehr stark gestrecktem Malmkalk oft nicht ausgebildet sind, wo wir sie erwartet hätten. In noch festeren Gesteinen wie im Röti- dolomit sind sie um so glänzender entwickelt. Auch hier ist zum hundertsten Male zu betonen, dass diese Umwandlung mesozoischer Gesteine im Innern des Zentralmassives von jedem Anklang an Kontaktmetamorphose vollständig frei ist. 56. Mikroskopische Erscheinungen der Druckumformung. (Von Arnold Heim.) Für die mikroskopische Untersuchung stellte uns Frau Dr. S. Staub- Wagapoff in freundlicher Weise ihre Schliffsammlung dynamometa- morpher Juragesteine zur Verfügung, und zwar einige Schliffe aus Eisenoolith und über 20 Schliffe aus gestrecktem Malmkalk von Fernigen. Auch verdanken wir Frau Dr. Staub wertvolle Mitteilungen über den Ankerit in diesen Gesteinen. Eisenoolith. Die primären und sekundären Eigenschaften des helvetischen Eisenoolithes, insbesondere die morphologischen Eigenarten der Ooide sind so mannigfaltig, dass sie einer monographischen Spezialunter- suchung wert wären. In manchen Schliffen hat fast; jedes Korn wieder seine besonderen Eigentümlichkeiten. Hier sollen nur einige Er- scheinungen genannt werden, die sich speziell auf Fernigen beziehen. Die primären Eigenschaften kennen wir so ziemlich aus dem Walen- seegebiet!), wo eine nennenswerte Druckmetamorphose ausgeblieben ist. . Meist besteht das ursprüngliche Gestein des Eisenoolithes aus diehtem bis mikrokristallinem Kalk als Grundmasse, in dem spärlich feine Quarzkörnchen und Albitkriställchen eingestreut sind. Ankerit tritt in kleinen Kristallkörnern einzeln oder in Nestern gehäuft auf. Die Ooide bestehen vorwiegend aus konzentrisch schaligem Chamosit, der aber auch vertreten sein kann durch Kalk, Roteisen oder Kiesel- substanz. ') Vergl. Arn. Heim, Monogr. d. Churfirsten ete. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz, n. F., Lfg. XX, II. Teil, 1916, p. 530, 569. 523 Albert und Arnold Heim. Im nicht längsgestreckten, unter stehendem Druck um- geformten Eisenoolith der Stelle B von Fernigen (Taf. XI) finden wir etwa folgende Erscheinungen. Grundmasse: vorwiegend kristallin-körniger Kalk, oft mit fein zerteiltem Chamosit, der an Glauconit erinnert. Die Chamositooide sind von massenhaft, teilweise schön octa&ödri- schen Magnetitkörnchen kranzförmig umgeben und enthalten solche häufig auch in ihrem Innern eingeschlossen. Mit Albert Heim, 1879, ferner C. Schmidt!), dem wir eine vorzügliche mikroskopische Beschreibung der metamorphen Eisenoolithe verdanken, und Gaub?) betrachten wir die Magnetitkörner als sekundär. Sie sind unter stehendem oder bewegtem Druck hervorgegangen. Im Eisenoolith wenig gestörter Gebirgsgruppen (z. B. Walenseegegend) ist noch nirgends Magnetit gefunden worden, während umgekehrt solcher überall auftritt, wo auch alle übrigen tektonischen Erscheinungen starke mechanische Beanspruchung unter hohem Druck verraten (Bonaduz, Tödi, Windgälle, Fernigen etec.). nter den Ooiden von Fernigen finden wir kompakte Ooide und solche mit Kernen von Quarz, Echinodermenfragmenten oder Bruch- stücken von anderen Ooiden als Kern. Viele Chamositooide enthalten zwei oder mehrere Kerne. In der Berindung wechseln oft Chamosit mit Kalk, Kalzit, chalcedonartiger oder opalartiger Kieselsubstanz oder Roteisen miteinander ab. Von vollkommen konzentrischer Aus- bildung bis zu Körnern, die den Namen Ooid nicht mehr verdienen, kommen alle Übergänge vor. Einzelne Körner bestehen aus körnigem, glasklarem Kalzit mit optisch unorientiertem, kryptokristallinem Chamosit als Kitt, ähnlich den Glaucocaleitkörnern der cretazischen und eocänen Glauconitkalke.°) In einem Falle liegt ein halbrundes. Korn vor, das aus einem 1,4 mm grossen Quarzkorn als Kern besteht, dessen unregelmässige Oberfläche von Kalzit mit Chamositbindemittel abgerundet wird. Ein anderes schönes Chamositooid enthält einen Pyritkristall als Einschluss, an dem die konzentrischen Schalen scharf abstossen. Auch kommen Körner ohne konzentrische Umrindung vor, die aussehen wie Bruchstücke von Chamositooiden. Im gestreckten Eisenoolith sehen die Eisenooide aus wie Querschnitte kleiner Nummuliten. Die Ooide sind je nach dem Grade der Deformation zu dreiaxigen Ellipsoiden oder plattgedrückten Spin- deln von zwei- bis über fünffacher Länge ausgezogen. Die konzen- ') C. Schmidt, Beiträge z. geol. Karte der Schweiz, Lfg. 25, 1891, p. 64—69. . F. Gaub, Die jurassischen Oolithe ar Schwäbischen Alb, Geol. u. Pal. Abh., herausgeg. v. Koken, n. F., Bd. IX, ®) Monogr. d. Churlicstan; l. ec. pag. 399, = 110; pag. 568. : A ER TR ODE nu Vierteljahrsschrift d. Naturf, Ges. Zürich. Jahrg, 61, 1916, Tal xl Dünnsehliffbild des nicht gestreckten Eisenoolithes, von Stelle B. (Metamorphose unter stehendem Druck.) Chamositooide mit re in dichtem bis kristallin-körnigem Kalk. ache Vergrösserung. In der nn een mit Kernfleck aus Fe,0, und Kranz von Magnetit- Links, eimwas e n: dunkles . aus brauner, amorpher Masse, darin Kalzit- und reichlich Magnetitkörn Rechts, en oben: 2 Ch NER mit Doppelkern Links unten: reines, kompaktes Chamositooid, aussen mit kalzitischen Schalen- teilen. Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). 523 trische Anordnung der Chamositschüppchen ist dabei meist noch deutlich erhalten geblieben. Bei beginnender Streckung entstehen zuerst wie bei den Ankeritkörnchen im Malm an den in der Streckungsrichtung liegenden Enden der Ooide Kappen aus mehr oder weniger faserig angeordnetem Kalzit. (Die gleiche Erscheinung findet man im grossen an den Pyritkugeln im Quintnerkalk von Quinten.!)) Bei stärkerer Streckung werden diese Kappen dann zu fein ausgezogenen Spitzen. Bei manchen Ooiden mit einem Quarzkorn als Kern ist deutlich zu sehen, dass dieser härtere Kern völlig unzerdrückt, selbst oft ohne undulös auslöschend zu werden, erhalten geblieben ist, während der Chamosit wie die Kalkgrundmasse gestreckt sind. Grüner Chloritkalk. Das makroskopisch gleichmässig grün und dicht aussehende, schieferige Gestein vom mittleren Teil der Callovien- Eisenoolithstufe (Stelle A) hat im Dünnschliff folgendes Aussehen: Kalk, 30—90°/v, mikrokristallin, aus längsgestreckten Kalzit- körnern von durchschnittlich 0,05 mm Länge auf 0,01 mm Dicke bestehend. Gleiche Struktur wie bei gestrecktem Malmkalk von Fernigen. Dazwischen Chlorit, 10—20°/o, in feinen, blaugrünen, stark pleochroitischen Schüppchen von tintenblauer Polarisationsfarbe, in der Streckungs- richtung geordnet. Quarz, 1—5°/o, in vorwiegend eckigen Sandkörnchen, meist um 0,05 mm und darunter. Ankerit, in einzeln zerstreuten, rundlichen Körnchen oder un- vollkommenen Rhomboöderchen von 0,05 mm und darunter, licht- violett bis rötlichbraun, oft mit Limonitrand. yrit, in einzelnen schönen Kriställchen. Eehinodermentrümmer, bräunlich, klein, vereinzelt. Darin sind einzelne Ooide von wechselnder Beschaffenheit ein- gelagert, die im Vergleich zur Dicke bis auf die achtfache Länge gestreckt sind. Die einen sind massiv und bestehen aus mehr oder weniger parallel gestellten Chloritschüppchen mit sekundärem Quarz, andere scheinen vorwiegend aus hemikristalliner Kieselsubstanz zu bestehen. Ein Ooid besitzt als Kern ein unzerdrücktes Quarzsandkorn von 0,4 mm, darum eine Schale von Kalzit, und durch Druck lang- gestreckte Spitzbogenkappen von Chloritschüppchen mit Kalzit. Das primäre Gestein vor der alpinen Metamorphose war wohl ein kryptokristalliner, feinsandiger Kalk mit pigmentärem Chamosit. Die grünen Schüppchen haben vermutlich die chemische Zusammen- setzung des Chamosites nicht wesentlich verändert, lassen sich aber optisch kaum mehr von Chlorit unterscheiden. 2) Alb. Heim, geol. Nachlese Nr. 19, S. 56. 524 Albert und Arnold Heim. Unterer Malmkalk (inkl. Schiltschichten). I Primäre Eig ften. Aus den wenig mechanisch bean- spruchten Gesteinspartien, wie auch durch Vergleich mit nicht meta- morphem, unterem helvetischem Malm anderer Gegenden kann die ursprüngliche Struktur des Gesteins vor der alpinen Faltung abgeleitet werden. Der blaugraue Kalk ist ursprünglich vorwiegend dicht, dunkelgrau. Die gelben oder braunen Flecken bestehen aus Ferrokalzit, insbesondere Ankerit, in der Form grösserer oder kleinerer, mosaikartiger Aggregate von mehr oder weniger gut aus- gebildeten Ankerit-Rhomboöderchen mit limonitischer Zwischen- masse. Die Ankeritkörnchen treten aber auch als einheitliche oder aus mehreren Individuen zusammengesetzte Kristallkörnchen einzeln in der kalkigen Grundmasse eingebettet auf. Diese unterscheiden sich ohne Schwierigkeit von Kalzit durch folgende Merkmale: 1. durch die braune, oft violettbraune, meist madderbraune Farbe; 2. durch das höhere Relief, das meist noch durch dunkle Um- randung verstärkt wird. Der dunkle Rand kann blosse Trübung sein oder durch Limonitisierung entstehen; 3. durch das stete Fehlen von Zwillingslamellierung. Häufig enthalten die Ankeritkörnchen einen dunkeln, eisen- schüssigen Kernfleck in Form eines winzigen Rhomboö&ders. Neben diesen Kristallkörnchen sind im dichten Kalk oft auch trübe Körnchen von dichtem, bräunlichem Karbonat eingestreut. Sie sind kugelig, oft deutlich umgrenzt, oft verschwommen, meist 0,1—0,05 mm oder darunter. Manche Schliffstellen sehen bei starker Vergrösserung pockenartig von solchen Körnchen getüpfelt aus. Die Übergänge von solchen bis zu kristallisierten Ankeritkörnchen deuten darauf hin, dass wir es offenbar mit einer dichten Ankeritmodi- fikation zu tun haben. Die Körnchen können wir als Mikrokon- kretionen im Kalk auffassen (Taf. XII und Fig. 2). Ähnliche Er- scheinungen kommen aber auch beim gewöhnlichen Kalk vor. Mikro-Organismen sind im unteren Malmkalk sehr spärlich. Hie und da trifft man einen radialstrahligen Foraminiferenquerschnitt, der einer Calpionella angehören könnte. Radiolarien sind meist un- kenntlich verwischt. Schwammnadeln sind vereinzelt, den untersten, eigentlichen Schiltkalk ausgenommen, und Fragmente von Echino- dermen und Mollusken lithogenetisch ohne Bedeutung. _ Ausser Karbonaten enthält der Malmkalk primär Pyrit, feine, meist eckige Quarzkörnchen und den bekannten Silex. Die eigent- lichen Silexknollen scheinen aber im unteren Teil des Malm noch | | | | k Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). 525 ganz zu fehlen, dagegen primäre, feine Schlieren von Kieselsubstanz im Kalk vorzukommen, insbesondere vom Aussehen des Chalcedon. Streckungsverhältnis. Die Belemniten beweisen, dass der untere Malmkalk von Fernigen stellenweise auf mehr als die fünf- fache Länge gestreckt ist. Auf den Dünnschliffen quer zur Haupt- streckungsrichtung sieht das schwach gestreckte Gestein körnig aus, fast wie ein nicht gestrecktes Gestein. Bei einigen Schliffen kann man aber deutlich lineare Textur erkennen, wenn auch lange nicht in dem hohen Grade wie im Schliff in der Querprofilrichtung. Die Lage der gestreckten Belemniten wie die Rutschstreifen lassen er- kennen, dass die Hauptstreckungsrichtung mit der Fallrichtung der Schichten oder des Clivage übereinstimmt. Das Ausweichen hat nach oben stattgefunden. Die oben genannten Boobachtungen über das relative Mass der Lineartextur lassen sich durch folgende Überlegung verstehen. Ein Würfel des noch ungestreckt gedachten Gesteins von der Dimension 1, so gestellt, dass die eine Fläche mit der Schicht, die andere mit der Querprofilfläche zusammenfällt, wird bei Streckung auf die xfache Länge die folgenden Dimensionen erhalten: Breite = 1, Dicke = - ‚ Länge = «. Die relative Streckung erh. somit den folgenden Verhält-: nissen: 2 2 auf dem Querprofilschnitt Quetschung: Streckung = = auf der Schichtfläche 1:2 auf dem Schnitt senkrecht zur Streckungsrichtung 4 ee 6 Die relative Streekung muss also im Profilschnitt den xfachen Betrag derjenigen auf den beiden Schnitten senkrecht dazu erreichen, wie es die Dünnschliffe auch zeigen. Die Deformation ist auf dem Querprofil proportional dem Quadrate der linearen Streckung, und der Unterschied in der sichtbaren Deformation auf Querbruch und Profilschnitt nimmt proportional dem Betrage der Streckung zu. n dem im vorhergehenden Abschnitt erwähnten Beispiel von sehr stark gestrecktem Quintnerkalk sind die vielen Belemniten- querschnitte auf etwa '/« ihrer Dicke gequetscht. Die absolute Streckung wäre also bei gleicher Kohäsion vierfach und das Streckungs- verhältnis auf dem Querprofilbruch 1:16. Nun sind aber die Belem- niten ihrer Gliederung wegen viel leichter streckbar als quetschbar, und der Quintnerkalk muss mindestens ebenso stark gestreckt sein wie die Belemniten. Die relative Streckung auf dem Querprofilbruch muss also mindestens 20fach sein. Vielleicht beträgt sie stellenweise sogar 30—50. 526 Albert und Arnold Heim. Bei der Streckung ist die ursprünglich dichte Kalkgrund- masse je nach dem lokalen Grad der Umformung in einen mikro- kristallin-faserigen Kalk von wechselnder Korngrösse umgewandelt. In einzelnen Partien des Gesteins ist der dichte Kalk noch fast erhalten geblieben, in andern ist er völlig umkristallisiert und zu faserigem Kalzitgewebe geworden. Bei 200facher Vergrösserung erkennt man meist deutlich, dass auch die feinsten Körnchen aus länglichen, xenomorphen Kalzitkriställchen bestehen. Inwiefern diese unter. dem Druck länglich gewachsen sind, oder ob sie zum Teil auf rein mechanischem Wege durch Streckung von mehr isomorphen Körnchen oder durch Zusammenwachsen hintereinander liegender Körnchen hervorgegangen sind, lässt sich kaum entscheiden. Die einzelnen feinsten Individuen des normal. gestreckten Malm- kalkes scheinen meist etwa 2—3mal länger als .dick zu sein. Dabei hat eine durchgreifende optische Orientierung nicht stattgefunden. Bei gekreuzten Nicols bleibt die Helligkeit der Kalkmasse in allen Stellungen ungefähr gleich. Eine gute Abbildung in 250facher Ver- grösserung von auf 3—4fache Länge gestrecktem Malmkalk von Fernigen ist in Alb. Heim, Mechanismus der Gebirgsbildung, 1879, Tafel XV, Figur 10 enthalten. um Unterschied von stark gestrecktem Seewerkalk, bei dem infolge der primären Tonhäute die einzelnen Flasern des Gesteins mechanisch ganz verschieden beansprucht wurden, zeigt sich in dem primär weniger ungleichen Malmkalk auch eine gleichmässigere Struktur und Textur des metamorphen Gesteins. Die vielen vor- liegenden Schliffe sind bei gleicher Orientierung zur Streckungs- richtung alle von gleichartiger Beschaffenheit. Im einzelnen kann man aber unter dem Mikroskop doch wieder erkennen, dass einzelne Stellen der Streckung und Umkristallisierung stärker unterworfen waren, andere unmittelbar daneben liegende mehr massig kristallin geworden sind oder gar die ursprüngliche Struktur noch erhalten haben. Auch kann man oft sehen, dass solche verschieden um- gewandelte Stellen mit dunkeln, sekundären Tonhäutchen aneinander stossen, die zu Gleitflächen ausgebildet wurden, ähnlich wie dies besonders schön bei metamorphem Seewerkalk konstatiert werden komnte.!) (Fig. 2 Die eingelagerten Körner sind je nach ihrer Festigkeit ebenso längs gestreckt oder von der Streckung ganz unbeeinflusst geblieben. Die Ankeritkörnchen, die härter und fester sind als dichter Kalk und Kalzit, haben in der Regel keine Umformung erlitten und sind . Arn. Heim, Beiträge zur geol. Karte der Schweiz, n. F., Lfg. 16, Ab- ar en p- 466, Tafel XLI. Vierteljahrsschrift d, Naturf, Ges. Zürich. Jahrg, 61. 1916, Jar. Äll; | 10:1 Arnold Heim del. Streckungserscheinungen im unteren Malm- kalk (obere Schiltschichten) im Dünnschliff, Südseite der Mulde von Fernigen. A. Denen (mit einheitlicher Aus- öschung) in der Mitte, von schwarzen, sekundären Rutsch-Tonhäuten begrenzt, mit dornförmigen Kalzitspitzen. a — Ankerit-Kristallkörnchen. s = dichte Ankerit-Körnchen. ce = Kalzitschnüre. B. share (2 oder 3 teilig), mit ee treckten Kalk mit sekundären Tor n. En u Se s En 2. 2; ER OR NE Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). 527 vom gestreckten Gestein umflossen (Taf. XII). Hie und da zeigt sich leichte undulöse Auslöschung; die meisten Ankeritkörner sind aber auch optisch kaum beeinflusst worden. Auch die dichten Ankerit- körnchen sind meist als Kügelchen erhalten geblieben, während die Kalkgrundmasse, in der sie eingebettet liegen, deutliche Anzeichen von Streckung erkennen lässt. Die gleiche Erscheinung gilt auch für Pyritkörner, insofern diese nicht neu gebildet wurden. Kalzitische Einstreulinge, wie Echino- dermenfragmente, die ebenso etwas fester sind als die Grundmasse, können schwach mitgestreckt sein (Taf. XII, A). Wenn ein festeres Korn in der gestreckten Grundmasse ein- gebettet liegt, so findet man fast immer, dass sich an beiden Enden in der Streckrichtung dornförmige oder lanzenförmige Fort- sätze aus farblosem Kalzit, oft auch mit Quarz dabei, gebildet haben. Diese können die fünf- bis über zehnfache Länge des Kornes erreichen, dem sie ansitzen. Im Falle von Taf. XII A ist der obere Spindelfortsatz achtmal so lang wie das Echinodermenbruchstück. Am Rande des Kornes ist eine dunkle sekundäre Tonhaut entstanden, die sich über das Korn hinaus als Gleitfläche fortsetzt. Die kalzitischen Spitzen bestehen aus farblosen, länglichen Kalzit- körnchen, die ebensowenig wie in der Grundmasse streng optisch orientiert sind. (Erst bei noch stärkerer Bewegung entsteht der optisch orientierte Faserkalzit.) Stellenweise ist das Gestein in seiner Streckungsrichtung förmlich von feinen Kalzitschnüren durch- zogen, die vermutlich wie die oben genannten Spitzenenden auf einzelne, der Bewegung im Wege stehende bärtere Körnchen zurück- zuführen sind. Ein interessanter Fall mechanischer Deformation ist in Figur 2 schematisch dargestellt. Das ursprünglich kugelige, konkretionäre Aggregat von Ankeritkriställchen in limonitischer Masse ist auf der linken Seite abgeschert und in der Längsrichtung ausgewichen. Der rechte obere Teil blieb unzerdrückt, der untere Teil aber ist gestreckt, und zwar so, dass die Ankeritkriställchen reihenförmig auseinander gezogen wurden. Zwischen den Reihen hat sich sekundärer Kalzit gebildet. Eine ähnliche Erscheinung zeigt auch die Kalkfaser links in der Figur. Die Kieselsubstanz, die vermutlich primär in feinen Schlieren ausgeschieden wurde, ist zu feinen, sandartigen, mit sekundärem Kalzit verkitteten Schnüren oder Fasern umgewandelt. Die so ent- standenen Quarzkörnchen sind kaum mehr von Sandkörnchen zu unterscheiden. Albert und Arnold Heim. Auch hier wieder zeigt sich im Mikroskop die gleiche Er- scheinung wie innerhalb grösserer Felsmassen: die Ungleichheit der Deformation je nach den primären Unterschieden der Festigkeit. Die relativ leicht deformierbaren Lagen übernehmen grösstenteils die Umformung der gesamten Gesteinsmasse und verschonen die wider- standsfähigeren Einlagen. Ander- seits wird unter dem Einfluss der Druckbewegung die Beweg- lichkeit des Gesteins selbst ver- mehrt, indem der bei der Um- kristallisierung des Kalkes frei werdende, geringe Tongehalt zu Gleitschichtehen ausgeschieden wird. So wird eine einmal in Streckung begriffene Gesteins- faser für weitere mechanische Beanspruchung um so geeigneter gemacht. So ist es erklärlich, dass innerhalb der gleichen Bank der eine Belemnit schwach, der andere stark gestreckt ist, und dass im gleichen Dünnschliff Ge- steinspartien ohne nennenswerte Streckung unmittelbar an andere angrenzen, die stark gestreckt und krystallin umgewandelt sind. m Be £ DS Bee $ En | A IB? ll. Fig. 2. Halbzerdrücktes Ankerit-Aggregat im gestreckten Kalk der oberen Schilt- schichten, bei A. Dünnschliff, 18:1. 1 = körnig-kristalliner Kalzit, schwach ge- 6. Ausdehnung. (Von Albert Heim.) Es wird berichtet, dass der alte Fr. Jos. Hugi auf seinen Gletscherwanderungen schon vor mehr als 80 Jahren zwischen dem Steingletscher und dem Trift- streckt, mit Ankeritkörnchen 2 = fluidal gestreckter mikrokristallin fase- r Ben ar mit Ankerit-Kristall- A re RE ge ._ ee Körnchen f. = Fase 9= Gleitnä t— ans dunkle Tonhaut. gletscher Kalkstein gefunden habe. Wo, ist unbekannt. Östlich von Sustenhorn setzt im Hintergrund des Kalktales am Blauberg und Griesenhörnli der Kalk etwa 1000 m unter den umgebenden kristallinen Gipfeln kräftig ein (Figur 3). Nach Baltzer bildet er dort eine nach unten zweispitzige, dem Gneiss diskordant aufsitzende Mulde („Beiträge*, 20 Lfg., S. 156). Vom Griesenhörnli geht er nach unserer Beobachtung ohne Unter- bruch als ein Kalkschichtenpaket von an manchen Stellen zirka 100 m Mächtigkeit bis in den Kalkberg von Fernigen, wo er unter Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). 52% 1450 m hinabgreift. Auf der linken Talseite des Meientales kommen Kalkausbisse bei zirka 1750 m im Walde vor. Bei genauerem Nach- suchen werden sie wohl fortlaufend zu verfolgen sein. Der Kalk streicht dann durch die Lauchernalp über den Rotberglisattel bei 2400 m; er durchquert das Gornerental, das Siglisfadgrätli und er- scheint gut aufgeschlossen als Malm und Zwischenbildungen bei Seewlisegg und noch weiter unten im Inschialptal, wo ihn Arnold . N ET SN N Yy Stucklist. C =“ 3 . ie ei Hinter Sustenkorn WERERREN re 3320 San + ren A fi; us a BAR) KR / N Es > er -” N % ein PAITERL + = “ > + Et /ı 4, DR HE By vll De SE SZ ine. 19% \ a REITS Z MR 20 OR 7 i 77 207 4 > - DRIN: 41 Fk nt; f 1% Ai AR ll un uch, [7 un lt HE I Ai Ih f uf j Many 11 E rstfelder - Amphibolit 1, TPAHER 1, Mn Hl AH Hi H HIT {2 [72 Ka e an A a : / Gneiss Fernigen Was”. el, nn 1 TEE nm! Sericıt - [77 Ihn . + Tan. Ah Y eis Mer en b:al ee o 500 10006 Mm. 1000 m.ü.M. Fig.3. Die Mulde von Fernigen im Aarmassiv. Escher schon gefunden hatte. Die streichende Erstreckung misst, soweit sie sicher bekannt ist, wenigstens 15 km. Vielleicht geht sie noch weiter. Eine solche Einfaltung von Juragesteinen ins Zentralmassiv ist. ein tiefer Charakterzug im Bau des Zentralmassives, der im Streichen auch nicht plötzlich endigen kann. Wir glauben, Arbenz habe mit seiner Vermutung recht, dass der Kalkzug von Fernigen gegen Osten in die Muldenspitze der Windgällenfalte gegen Westen in den oberen Jungfraukeil übergehe. Er trennt aber nicht ein eigenes „Erstfelder- massiv“ von einem Aarmassiv $. st. ab, sondern er sticht mit seinem 530 Albert und Arnold Heim: tieferen, steileren Teil hinab in die zwischen Erstfeldergneiss: und Aargranitzone eingestellte Sericitgneisszone mit Amphiboliten, welcher ‚unter andern auch die Carbonzone des Bristenstocks angehört, und welche beiderseits des Fernigerkeiles ansteht. Inwiefern kristalline Schiefergesteine im Anschluss an die Fernigermulde zum Carbon zu ‚stellen sind, können wir heute noch nicht entscheiden. Manche ge- -quetschte Porphyre der Carbonzonen des Aarmassivs erinnern sehr .an die Begleitgesteine von Fernigen. In Blatt XIII der geologischen Karte 1: 100000 ist die Grenze zwischen Erstfeldergneiss und Sericit- Amphibolitzone auf die Linie des Ferniger Kalkzuges gesetzt. Allein auch die Gesteine nördlich des Kalkzuges gehören noch zur Serieit- ‘zone, und jene Grenze sollte in der Karte etwa 1 km nördlicher geführt sein. Nach dem Prinzip: der Vorgang des Einschliessens ist jünger ‚als die Entstehung des Eingeschlossenen, beweist der Kalkkeil von Fernigen, dass hier die gewaltige Tektonik des Zentral- massives, im besonderen die Steilstellung seiner Gesteine an den Flanken der Kalkmulde, vorwiegend der alpinen, d. h. jungtertiären Dislokation angehört. Nur die alpine Dis- lokation konnte die ganze Schichtserie von den Sericitgneissen bis und mit dem Malm samt allen darin enthaltenen Paralleltransgressionen unter sich ungestört einheitlich und steil aufrichten und mehrere Kilometer tief in das Aarmassiv einfalten. Einzig die leichte Dis- ‚kordanz zwischen den kristallinen Schiefern an den tieferen Teilen und unter dem Trog der Kalkmulde ist wahrscheinlich schon herzynisch vorbereitet und alpin durch Zusammenpressung im Diskordanzwinkel vielleicht vermindert, also der Konkordanz genähert worden. Der Kalkkeil von Fernigen ist im ganzen ein Vorkommnis entgegen- gesetzter Art wie der Kontakt am Scheidnössli. An letzterem Ort ist ein Stück alter Intrusion, alter Tektonik, Erosion und Trans- mersion erhalten geblieben, zufällig lokal ausgeschaltet aus der alpin-tertiären Dislokationsumformung. Hier in Fernigen dagegen ist die heute sichtbare Tektonik fast ganz das Werk der neogenen Alpenstauung. Nachschrift: Herr Dr. Morgenthaler hat es übernommen, den Kalkkeil von Fernigen nach Westen und Osten genauer zu verfolgen und hat am Griesenhörnli bereits eine grössere Breite desselben ‚gefunden, als unsere Fig. 3 sie annimmt. Auch am Griesenhörnli wird die zweiteilige Malmmulde von Dogger und z. T. von Röthi- .dolomit eingefasst. | Über das Anwachsen von ganzen Funktionen, die einer Differentialgleichung genügen. Von GEoRrG POLYA. (Als Manuskript eingegangen am 5. Juni 1916.) 1. Wohlbekannt ist der Liouville’sche Satz über die Approxi- mation algebraischer Zahlen durch rationale. Vorliegende Abhand- lung soll die Frage aufwerfen, ob sich nicht ein Analogon dieses Satzes in der Theorie der Differentialgleichungen finden liesse ? Es sei @ eine reelle irrationale Zahl, und es sei unter allen rationalen Zahlen, deren Nenner n nicht übersteigt, die Zahl r, der Zahl « am nächsten gelegen. Die Folge der rationalen Zahlen © (1) a strebt gegen «. Der Liouville’sche Satz besagt nun, dass die Folge (1) nicht beliebig schnell gegen « konvergieren kann, wenn « einer Gleichung m-ten Grades mit rationalen Koeffizienten genügt. ') Meine Frage lautet nun so: Die Potenzreihe (2) y-zuW +2 +9,20 —.--+a,0" +... genüge einer algebraischen Differentialgleichung m-ter Ordnung, d.h. einer Gleichung R&yy,y', ... y)=0, wo die Funktion R von ihren m + 2 Argumenten z,y,y,Yy',...y” rational abhängig ist. Wenn die Reihe (2) eine ganze Funktion (je- doch kein Polynom) darstellt, kann dann ihre Konvergenz beliebig schnell sein? Die Schnelligkeit der Konvergenz von Reihe (2) wird gemessen durch die Schnelligkeit, mit welcher a, gegen Null konvergiert. Je schneller a, gegen Null konvergiert, um so langsamer wächst der absolute Betrag der Funktion (2) mit wachsendem |xz| an. Meine Frage kann also auch so gefasst werden: Wenn eine ganze Funktion ‘) Vergl. etwa Borel, Theorie des fonctions (Paris, 1898), S. 26 ff. 532 Georg Pölya. einer algebraischen Differentialgleichung genügt, kann dann ihr ab- soluter Betrag beliebig langsam anwachsen? Weit entfernt davon, diese Frage erschöpfend behandeln zu können, bin ich doch in dieser Richtung zu einem Satz gelangt, der mir nicht ohne Interesse zu sein scheint, nämlich zu atz I. Es seien die Koeffizienten a, 4, -.-4y ... der ganzen transzendenten Funktion (2) ot, +2” —+---+4,20" +: rationale Zahlen. Wenn die ganze Funktion (2) einer al- gebraischen Differentialgleichung genügt, so ist en rn Kim den? endlich. Ich fand diesen Satz, indem ich den Gedankengang einer Unter- suchung von Herrn Hurwitz!) weiter verfolgte. Den Beweis bringe ich unter 2—4. Zum besseren Verständnis von Satz I sei bemerkt: setzt man ne n=» nlen p so heisst » die Ordnung, oder, wie ich sagen will, das Wachstum?) der ganzen Funktion (2). Satz I besagt also etwas weniger, als dass das Wachstum einer ganzen Funktion, die rationale Koeffizienten hat und einer algebraischen Differentialgleichung genügt, grösser als Null sein muss. Satz reicht aber hin zu beweisen, dass etwa die ganze Funktion von & wo q einen rationalen echten Bruch bezeichnet, d. h. die rechte Hälfte einer gewissen Thetareihe, keiner algebraischen Differentialgleichung genügt. In der Tat hat man u den lim —— = Betrachtet man anstatt allgemeine algebraische Differential- gleichungen nur lineare, so kann bei der Untersuchung des Wachstums 2 A. Hurwitz, Sur le developpement des fonctions satisfaisant A une equation differentielle algebrique, Annales de l’Ecole Normale, 3e serie, Tome VI (1889), S. 327—332. ?) Ich gebrauche die ungewohnte Bezeichnung „Wachstum“ an Stelle der eingebürgerten Bezeichnung „Ordnung“, weil ich später zu gleicher Zeit auf die Ordnung einer Differentialgleichung und auf das Wachstum der ihr genügenden ganzen Funktion zu sprechen komme. Anwachsen von ganzen Funktionen, die einer Differentialgleichung genügen. 533 die Beschränkung auf Potenzreihen mit rationalen Koeffizienten weg- fallen. Diese Untersuchung wurde von Herrn Perron!) mit bestem Erfolg und in gewissem Sinne erschöpfend durchgeführt. Ich gebe im Folgenden sein für meine Fragestellung wichtigstes Resultat, übrigens für inhomogene Gleichungen ausgesprochen, mit direktem Beweise wieder (Satz II) und folgere daraus die Irreduzibilität gewisser Differentialgleichungen (Satz IV). 2- Man kann ohne Beschränkung voraussetzen, dass die rationale Funktion R in Gleichung (3) rational ganz ist, dass ihre Koeffizienten rationale ganze Zahlen sind, dass die Differentialgleichung (3) diejenige von niedrigster Ordnung ist, der die Reihe (2) genügt und dass R von möglichst kleinem Grade in y” ist. Dies alles auf Grund ge- läufiger Schlussweisen. Wie gesagt, stützt sich der Ausgang meines Biyeises auf die Untersuchung von Herrn Hurwitz. Ich kann das Nötige wohl am allerbesten wiedergeben, indem ich mit der freundlichen Genehmigung des hochverehrten Herrn Ver- fassers die betreffende Stelle?) in deutscher Übersetzung wörtlich wiederhole. „Bezeichnen wir, der Kürze halber, mit In Yarie, rationale ganze Funktionen der Grössen lila N. mit rationalen ganzen Koeffizienten. Durch Differenzieren von (3) finden wir eine Gleichung von der Form (4) ed +9, oO Substituieren wir für y die Reihe (2), so ergibt sich ) nt, 420 und wir können C=(0 annehmen, d. h. wir können annehmen, dass die Reihe (2) der Gleichung AR... A I,” a nicht genügt. O. Perron, Über lineare Differentialgleichungen mit rationalen Koeffizienten Acta ee Ba. 34 (1910), S. 139—163. 2) Vergl. a. a. 0. S. 328—329. ; Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. * 85 534 Georg Pölya. Dies also angenommen, differenzieren wir die Gleichung (3) 20o-mal nach x. Wir erhalten (6) let fa Sa at wie durch vollständige Induktion leicht einzusehen ist. Erteilen wir nun der ganzen Zahl o einen bestimmten Wert, der der Bedingung me +1%k, und setzen wir der Kürze halber m +2o=p. Die Gleichung (6) schreibt sich nun so: (7) Pf, #+ a a ge a REN R Diese Gleichung wird Sr die Reihe (2) befriedigt, und sie ist linear in bezug auf y®, y„?",...y?””,. Ich werde von dieser Gleichung (7) ausgehen. ode ich sie qg-mal nacheinander differen- ziere, finde ic Berges Eee nik a Hunt ee + 0. Setzt man in dieser Gleichung = 0, so reduzieren sich die Koeffizienten von y?*+?, „Pte ,,,yP*2=® quf gewisse rationale ganze Funktionen von q mit rationalen Koeffizienten. Diese Funk- tionen können nicht sämtlich identisch verschwinden, da in der letzten Funktion der Koeffizient von gq* die Zahl C' ist. Also reduziert sich für = 0 die Gleichung (8) auf eine Gleichung ie (b, ne g*) =G (Vor %ı re ee wo die ganze Zahl « zwischen 0 und %k enthalten ist. Setzen wir p+q—e=n, so haben wir endlich (9) ue(o, Han: +e, ")=ctlg.un-- Se ”) für jeden Wert von n, der eine gewisse Grenze übersteigt, wobei die ganzen Zahlen c,„,c,,...c,, ec unabhängig von n sind.“ Ich bemerke noch, dass die Gleichung (9) durch n„—m-+ «- maliges Differenzieren der Gleichung (3), durch Nullsetzen von & und Er durch Multiplikation durch eine ganze Zahl entstanden ist. 3. Die Funktion R hat die Form Rayy,..- ym)= > Art yko(y'ya 2... (yem) im, | wo die A gewisse ganze Zahlen bedeuten. Es wird folgenden mit Anwachsen von ganzen Funktionen, die einer Differentialgleichung genügen. 535 der Funktion R verbundenen Zahlen eine gewisse Rolle zufallen: D ist die grösste unter den Zahlen u, + kt kt: +%k E ist die grösste unter den Zahlen A, + 2k,+ ++ mk,. S=E—m--.a, wo m die Ordnung der Gleichung (3) ist und e in der Formel (9) auftritt. Es ist 8S>0. Aus dem Glied Ast yF(yFlyrr » - - (y)%m entstehen durch v- maliges Differenzieren und durch Nullsetzen von x mehrere Glieder von der Form Bye ya. . 2 ya) ya HI yon +7) = mr m —- B II yon: +) yore +4) ... Yarıka +), Pl!) wobei B eine gewisse ganze Zahl und Mm k+ DI (amt 0a+ + au) ip u=0 ; It v=n—m--.a, so ist also m ku +32 a) =n—m+a S (Sw+n)n—mt+etth + 2, ++ mk,: u=0 > (Sw+n) Ny) ganz werden. Aus Gleichung (10) en durch Multiplikation mit N” a) (Wa) = ze ER x Si 536 Georg Pölya. wobei C aus dem früheren B durch Multiplikation mit einer nicht- negativen Potenz von N entsteht. Betrachtet man die Funktion Ny anstatt „, so fällt man von (12) nach einer kleinen Veränderung der Bezeichnung auf (10) zurück und dabei sind %,,%4. 40, --. yE) ganze 3 Zahlen. — 4 Sei dieZahl 7’so gross gewählt, dass 7> Sunddass fürn> erstens E ausnahmslos die Gleichung (10) giltund zweitens g(n)nichtverschwindt. Ich führe die unendliche Folge von ganzen Zahlen 2. (13) en. (u, 0) durch folgende Vorschrift ein: für 1T—S sei w=g(S+v). Ich führe ferner die unendliche Folge von ganzen Zahlen EEE OR Pre ein, deren Glieder Potenzprodukte der Zahlen (13) sind. Es ist nämlich ee m also z. B. Deu, ei. Dei te::. ui Sr, IS BER... I SICH ul e+ß+---+i1 8, so ist ymM U„_s eine ganze Zahl. Fürrn=8S+1,8—+2,...T ist diese Behauptung evident. Sei also n> T und die Behauptung für jede ganze Zahl, die grösser als S und kleiner als n ist, als erwiesen ‚angenommen. In diesem Falle ist also nach (10) (14) EN ZB... yoy®... ya. Ich unterscheide mehrere Fälle: ; 1) Alle Zahlen a,b,...g,h,...! sind <$. Dann ist das Glied By” ya Be ur eine ganze Zahl, folglich auch das Produkt Un_8 a (15) oz Byl@y@...yß. Fi an N hr ED Anwachsen von ganzen Funktionen, die einer Differentialgleichung genügen. 537 2) Es ist a>S,b,c,...! sind S sind, während die übrigen h,...l alle —Ign!—1g|T,|= —1gn!— IS [#18] w|. Fi Auf die Definition der Folge (13) zurückgreifend, bestimmt man leicht eine Zahl M so, dass für jeden Wert von » „|< Mn®. Es folgt weiter gl.|2—-rlgn— I leiw >—nlgn—n(lgM-+elgn) > 5 j=1 >—nlgn—n(lgM-+elgn)(1-+1gn). Da dies für unendlich viele n stattfindet, ist ve lım > a unsre n(lgn”? = 538 Georg Pölya. Derselbe grösste Grenzwert ist offenbar <0, und damit ist Satz I bewiesen. 5. Herr Perron hat in seiner erwähnten Arbeit u. a. bewiesen, dass eine ganze transzendente Funktion von positivem, endlichem und rationalem Wachstum sein. muss, wenn sie einer linearen (homo- genen oder inhomogenen) Differentialgleichung mit rationalen Koef- fizienten genügt. Er hat auch erforscht, wie das Wachstum der ganzen Funktion mit den Koeffizienten der Differenzialgleichung zu- sammenhängt. Von der Mannigfaltigkeit seiner wichtigen und tief- greifenden Resultate betrifft unsere Frage hauptsächlich das folgende‘): I. Genügt die ganze transzendente Funktion (16) D,+D,x+D,2°”—+ ---+D,0” + -- einer linearen, homogenen oder inhomogenen Differential- gleichung m-ter Ordnung mit re Koeffizienten, so ist ihr Wachstum nicht kleiner als —, —, d.h. es ist lim ig| Du| >—m. kan Non Satz II besagt mit andern Worten, dass die Potenzreihe (16) einer ganzen Funktion, die Lösung einer Gleichung der erwähnten Art ist, nicht schneller konvergieren kann als die Potenzreihe % x 2° a* Pr ar ET Um dieses durch Satz II ausgedrückte vereinzelte Resultat zu beweisen, bedarf man natürlich nicht der vollen Perron’schen Theorie. Ich zeige im folgenden einen ganz einfachen PEHFRNSEN SE, der zu Satz II führt. Ich schicke voraus den Satz II. Die unendliche Zahlenfolge (17) Dr Di Du DE: soll nicht aus lauter verschwindenden Gliedern bestehen und soll der Differenzengleichung (18) D,+a) D,,, ta” Dis en. genügen. ) A.a.O. letzte Zeile von Theorem V. 2 Anwachsen von ganzen Funktionen, die einer Differentialgleichung genügen. 539 u: AR hligen Vari 1,ly 1... 0, er ganzzahlıgen Varı- f ablen v seien folgenden Bedingungen unterworfen: Die r Funktionen a (19) +0 v=0,1,2,8,...) (20) la”| (24) a>|a)| G=1,2,...r) genügt. Die Determinante der Matrix A, ist =1, und darum sind die Elemente der Matrix 4; Unterdeterminanten » — 1-ter Ordnung der Matrix A,. Daher ist kein Element der Matrix A,' dem ab- soluten Betrage nach grösser als (r - D!av”aw+1)”aw+23)”...aw+r— 2)” = EEE EN Vie (r — 2)!a PRRBEENIT (es wurde von (20) und (23) Gebrauch gemacht). Folglich ist kein Element der Matrix #2. absolut genommen grösser als r-(r — la: (+r— 2)!” .aw+r— 1” = (25) (w — 1)!” BR w+r— 1)!” : (v — 1)!” fürv=1,2,3,... Für v= 0 lautet die analoge Schranke (vergl. auch (24)) rar — 1)!" Wendet man die Abschätzung (25) u-mal an, so findet man, dass alle r* Elemente der in Formel (22) auftretenden Matrix BAR .AG —1 w—lr Bus dem absoluten Werte nach unter der Schranke rar — ee, Pa = (26) (r— 1)!” ur—r—1)! = — (rta’r)" (ur — 1)!” bleiben. Unter den r Zahlen D, Dy--. D,_, muss wenigstens eine, etwa D,, von Null verschieden sein. Denn sonst folgte, aus der Bedingung (19), dass auch alle Zahlen D,,D, +1 D, 4a ; -. verschwinden. Es heisse D,, +s, eine der absolut grössten unter den » Zahlen D,, Anwachsen von ganzen Funktionen, die einer Differentialgleichung genügen. 541: Durzı** Darsr_ı- Mit Benutzung der unter (26) erzielten Schranke folgt nun aus (22) ern" (D,|+|2,.4+: +2.) also ii Darts, — (rla”r)* Far en, woraus sich (21) durch geläufige Schlüsse ergibt. 6. Eine lineare Differentialgleichung m-ter Ordnung mit rationalen: Koeffizienten, die mindestens ein für & = 0 reguläres Integral besitzt lässt sich immer in die Form y P@)y+zB@) a AO I +. + (27) +2" pP, II = ge) d® setzen'), wo Q(x) ein Polynom ist, Pie) = Gotta tat + 0,,. G=0,1,2,...m) und die Konstanten c,, den drei Bedingungen: 0 Fat ro |>0 9) ar + ln IH le 4 + me ]>0 EZ Ba KR Ba LP En ea a 2 genügen. Führt man die Polynome in v EA Le ew—1)...w—m-+1) AW)=o,+417+%17e-D+ +, re@—)...w—m+1) Konstante svw—1)+- +6, L +%; Re > +6, Be re De 1) ein und setzt man die nicht abbrechende Potenzreihe y=D,+D,z+D,r°+-- +D0”+--- in die Gleichung (27) ein, so schreibt sich der Koeffizient von he an der linken Seite von (27) folgendermassen KWrnD He rr=19D, 37 Fu !) Vergl. Perron a.a. 0. $. 141. Die Bedingung, dass mindestens ein Integral für = 0 regulär sei, ist für die Ableitung der ersten der drei Ungleichungen (28) wesentlich. 542 Georg Pölya. Man beachte, dass kraft (28) die Polynome f,(v) und f,(v) nicht identisch verschwinden können. Abgesehen höchstens von einer endlichen Anzahl, haben alle positiven ganzen Zahlen v folgende Eigenschaften: vr ist grösser als der Grad von Q («), Ae+nFV, T (v) E= 0. Abgesehen von einer endlichen Anzahl Werte von v besteht also ‚die Gleichung 4. WD, EN ae 195 w+ r) ae 0, oder auch die Gleichung Haie HN ,-2e+2 te an +r) (29) Diese Gleichung erfüllt nun von einem gewissen Werte von v ab für alle folgenden die Bedingungen des Satzes III. Ist aber k irgend- eine Zahl, so ist ‚Am. nen BR und daher folgt aus dem auf die Gleichung (29) angewandten Satz III der zu beweisende Satz 11. Einige Bemerkungen noch zu dem eben bewiesenen Satze II!” Genügt eine ganze Funktion einer nichtlinearen algebraischen Differentialgleichung von der Ordnung m, so kann ihr Wachstum wohl kleiner als - ausfallen. So genügt z. B. die Funktion Ve ı o-Ve 2 x 2 er de 3 ar LT Te Tees der Gleichung | P—4z ge 1 1-er Ordnung, während ihr Wachstum durch !/s gemessen wird. Satz Il gibt eine untere Grenze für das Wachstum einer ganzen Funktion, die Integral einer linearen Gleichung von der Ordnung m ist. Eine endliche obere Grenze kann nicht angegeben werden, da doch Funktionen von beliebig hohem endlichen Geschlechte te schon : wi VIE EBEN ITS = Er > in 4 Anwachsen von ganzen Funktionen, die einer Differentialgleichung genügen. 543 einer Gleichung erster Ordnung an können, wie etwa das Beispiel y= e® ey “= x zeigt, wo p positiv ganz ist. Wichtig ist ferner, dass die untere Grenze, die der Satz II für das Wachstum angibt, die bestmögliche ist. Sie wird erreicht durch eine Lösung der Gleichung (30) ee d I +a, ne er a Hm —y=0, dx da” WO 4, Gy," "q,,_, Konstanten bedeuten. Um dies einzusehen, betrachte man das Polynom m-ten Grades Pe)=2(—1)...@-m+1)+a2(@—1)...(@-m+2)+:--+ M wi !a dl +a,_,2= PALLFER GR! ya P(0) =0. Es sei r die grösste ganzzahlige Wurzel von P(z), also r>0. Die ganze Funktion & © gern (3) @)=x Be Pr +) Pr +2... Pir-+n) genügt der Gleichung (30) von der Ordnung m, und sie selbst hat das Wachstum Fi Aus dem Umstande, dass die Funktion (31) die durch den Satz II angegebene untere Grenze erreicht, kann geschlossen werden, dass die Gleichung (30) irreduzibel ist, wie ich es sofort näher aus- führen werde. 7. Man kann den Begriff der Irreduzibilität für homogene lineare Differentialgleichungen auf verschiedene Weisen fassen, indem man das Rationalitätsbereich der Koeffizienten verschieden festlegt. Eine gewisse Wichtigkeit kommt dem folgenden Irreduzibilitätsbegriff zu: die Differentialgleichung Es ist + :+R,(@) UY0, wo R, (x), R, (&),... R, (x) rationale Funktionen von & mit (beliebigen komplexen) konstanten Koeffizienten bedeuten, heisst irreduzibel, wenn kein Integral von ihr einer Differentialgleichung ähnlicher Art aber von niedrigerer Ordnung genügt. Dieser Irreduzibilitätsbegriff ist dem am Ende von 6 ausgesprochenen Satze zugrunde gelegt: R@)y+R@)SE+R 544 Georg Pölya. IV. Die Differentialgleichung 0) Urn at +8 —y=0 ze ist irreduzibel. Ich bezeichne die Operation, die durch die linke Seite von (30) auf y ausgeübt wird, mit W, d.h —1 4 m—2 ee Y- x” ET er ha Pr .— An 1. Wäre die Differentialgleichung (30), d. h. die Gleichung (30) Ay 0 reduzibel, so sei Wr ,@y=0 eine homogene lineare Differentialgleichung von geringster Ordnung r (10) sollen nur reelle Nullstellen besitzen, und überdies seien die ersten n+1 Koeffizienten b,, b,, b,...b, des letz- teren positiv. Dann hat die Kurve n-ter Ordnung FE) ++ n reelle Durchschnittspunkte mit jeder Geraden se—tiytu=(, vorausgesetzt, dass s>0,1>20,8s+1>0, u reell, Dieser Satz gehört wohl zu den allgemeinsten bekannten Sätzen über Wurzelrealität. Durch rg der Werte s, t, u bekommt “= man die Geraden z=l, vH, z=Yy, und diesen drei Geraden entsprechend gewinnt man die drei wich- tigsten Spezialfälle unseres Satzes, nämlich dass die Polynome . bSWHbfWHLf W-+---+b5,f” (y) ZL, ob +1, ba H2!, +. Inla,ber IM bf)+bef Huf) ++ b, ER Über algebraische Gleichungen mit nur reellen Wurzeln. 547 nur reelle Nullstellen besitzen. Diese Spezialfälle sind bekannt. Der erste ist von Hermite und Poulain'), der zweite von Herrn J.Schur®), und der dritte von Herrn J. Schur und mir?) gefunden worden. Um- gekehrt folgt der allgemeine Satz aus diesen drei Spezialfällen durch leicht ersichtliche Vertauschungen der Veränderlichen. Ich hatte nur die Absicht, diese drei speziellen Sätze in einer Aussage und in einem einheitlichen geometrischen Bilde zu vereinigen. Ich will dieses geometrische Bild entwickeln, indem ich mir die Aufgabe stelle, von dem leicht beweisbaren und wohlbekannten Hermite-Poulain’schen Satze ausgehend, den tiefer liegenden Satz des Herrn J. Schur über das Polynom II zu beweisen. Aus Stetigkeitsgründen kann man die » reellen Wurzeln von f(x) als verschieden voraussetzen. In diesem Falle hat jede Gerade x = konst. n reelle und verschiedene Durchschnittspunkte mit der Kurve (1). (Vergl. J. Schur a.a. 0.) Daher besteht die Kurve (1) aus n verschiedenen, stetigen Zügen. Ich behaupte, dass in jedem dieser n Züge y von +% bis — © geht, wenn x die ganze Abseissen- axe durchlaufend sich von — oo bis + oo ändert. In der Tat, wie auch 2=0 gewählt sei, hat die Gleichung »-ten Grades für t F(z,t2)=0 nur reelle Wurzeln. Folglich hat auch die Gleichung &) im Faid 2. Pt erneihl tin lal=o® x +nn—1)...2.1b,) = nur reelle Wurzeln. Diese Wurzeln von (2) sind aber alle negativ (<0), da a,=0, und ,>0, 5b, >0,...b,>0, laut Voraussetzung. Das Verhältnis von y zu x ist also endlich und negativ für |z|=®, und so variiert wirklich y von + © bis — © in jedem Zuge der Kurve (1), wenn x die Abscissenaxe beschreibt. Daher wird irgendeine Gerade y — konst. alle n Züge von (1) schneiden, d. h. die Kurve (1) hat wenigstens » reelle Schnittpunkte mit irgendeiner Geraden y = konst. Sie hat übrigens genau n Schnittpunkte, da sie Hermite, Nouvelles Annales, 1866, S. 432, 479, Poulain, dieselbe Zeit- ap ') ‚schrift, 1867, $. 211— Schur, Crelle’s Journal, Bd. 144, S. 75—88. Vergl. auch Malo, Journal des mathematiques speciales, 1895, S. 7 2) @.Pölya und J. Schur, Crelle’s Journal, Bd. 144, S. 107. 4” "Po Georg Pölya. "yon n-ter Ordnung ist. (Das geht, nebenbei bemerkt, nur so, dass le.» Züge monoton abnehmend sin Betrachten wir speziell die Gerade =, so ergibt sich, dass -die Gleichung F&,)=u,b, +1! 52x +2!,b,2? +. + nla,b,@ —=0 .n reelle und verschiedene Wurzeln hat: dies ist das bemerkenswerte Resultat von Herrn J. Schur. Aus dem entwickelten geometrischen Bilde ergibt sich nun mühelos der volle am Anfang dieser Note aus- ‚gesprochene Satz. Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. Kritisches Referat von Tr. Scharppi, Zürich. (Als Manuskript eingegangen am 26. September 1915.) Die von Waldeyer' aufgestellte Neuronentheorie besagt bekannt- lich, dass jede Nervenzelle mit der von ihr abgehenden Nervenfaser eine histologische Einheit, eine Nerveneinheit oder ein Neuron dar- stellt und dass das ganze Nervensystem aus einer Summe solcher Neurone zusammengesetzt ist, die überall anatomisch-histologisch streng voneinander geschieden sind und nur durch Kontakt mitein- ‚ander in Zusammenhang stehen. Es sind nun für und wider diese Theorie schon eine ganze Anzahl von Schriften publiziert worden. Ich erinnere hier nur an die Arbeiten von Verworn?, Hoche? und Schenk. Wenn ich es daher im folgenden unternehme zur Neuronentheorie Stellung zu nehmen, so geschieht es aus zwei Gründen: Einmal, weil inzwischen viele strittige Punkte sich abgeklärt haben und zweitens, weil, soweit ich die Literatur übersehe, eine Beleuchtung der Neuronenlehre von allen Disziplinen her (also von anatomisch-histologischer, vergleichend- anatomischer, entwicklungsgeschichtlicher, pathologisch-anatomischer und physiologischer Seite her) bisher nirgends zu finden ist. 1. Die Ergebnisse der deskriptiven Anatomie und Histologie. Die anatomischen Untersuchungen, welche zur Aufstellung der Neuronentheorie geführt haben, reichen auf Deiters’ zurück. Deiters war der Erste, welcher an den Ganglienzellen zwei Arten von Fort- sätzen erkannte, den Achsenzylinder und die Protoplasmafortsätze. J. Gerlach‘ hat sodann die Lehre vertreten, dass die Nervenzellen der grauen Substanz durch ein feines Netzwerk miteinander in Ver- bindung stehen. Einen Wendpunkt in der Geschichte der Erforschung Anmer. Literaturverzeichnis am Schlusse des Refera d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 36 kung. Die Ziffern hinter ee beziehen sich auf — ng Se ee ae 550 Th. Schaeppi. des zentralen Nervensystems bedeutete in der Folge das Silber- imprägnierungsverfahren von 0.0. Golgi’. Es führte zur Entdeckung der Collateralen des Achsenzylinders und zu der Annahme, dass der Achsenzylinder und seine Verzweigungen nirgends mit den Proto- plasmafortsätzen anderer Ganglienzellen in direkter kontinuierlicher Verbindung stehen. Dagegen nahm Golgi Anastomosen unter den Axenzylinderfortsätzen selbst an, besonders bei denjenigen Ganglien- zellen, deren Achsenzylinder ganz kurz ist und sich in der grauen Substanz in zahllose Verästelungen aufspaltet (II. Golgischer Typus). Durch die Annahme massenhafter Anastomosen dieser Art kam Golgi zu der Vorstellung eines feinen Nervennetzes (Golginetze), wie es Gerlach ].c. früher durch Anastomose der Protoplasmafortsätze entstehend angenommen hatte. Folgende Sätze sind nach Golgi zu beachten :') „l. Der Achsenzylinder eines markhaltigen motorischen Nerven setzt sich als solcher und ohne Unterbrechung in den Axenzylinder- fortsatz der zentralen motorischen Ganglienzelle fort. (Direkte Endigung Golgi oder Typus 1.) 2. Der markhaltige sensible Nerv wird mit dem Achsenzylinder- fortsatz der sensiblen zentralen Nervenzelle durch Einschaltung von Neuropilem, d.h. einem Nervennetz verknüpft, aber ohne Unter- brechung der Kontinuität der Nervenfibrillen. (Indirekte Endigung Golgi oder Typus II.) 3. Der motorische Achsenzylinder gibt Seitenäste ab, welche durch vielfache Verästelung auch ein Neuropilem bilden, das mit demjenigen der sensiblen Faser kontinuierlich zusammenhängt. Die Anastomose zwischen beiden Nervenfasern ist also keine Faser, sondern ein Fibrillennetz.“ Man beachte, dass also nach dieser Golgischen Darstellung die Verästelungen der Achsenzylinder die zentralen Ganglienzellen mit- einander kontinuierlich verknüpfen. Während nun Golgi in seinen Nervennetzen einen organisierten, kontinuierlichen Zusammenhang von Ganglienzellen untereinander annimmt, bestreitet Golgis be- zülmmienler Nachfolger, Ramon y Cajal°, dass irgendwo im Zentral- system ein kontinuierlicher Zusammenhang zwischen den nervösen Honies besteht. Ausnahmslos findet sich nach ihm überall nur Kontakt, nirgends Kontinuität. Cajals Lehre ist dann von Kölliker’, Von Lenhossek', van Gehuchten‘! und andern, die mit der Golgischen Methode gearbeitet !) Ich zitiere noch Pflüger: „Über den elementaren Bau des Nervensystems". Archiv f. Phys., Band 112. Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 551 haben, von Retzius!? und Semi Meyer’, die sich der Methylen- blaufärbung bedienten, in vollem Umfang bestätigt worden. Die Resultate Ramon y Cajals und seiner Nachfolger lassen sich etwa in folgende Sätze zusammenfassen : Die zentralen Ganglienzellen zeigen je nach dem Verlaufe ihrer Achsenzylinder zwei Formtypen. „Von den weithin ungeteilt verlaufenden Axonen der Zellen vom ersten Typus“, ich zitiere nach Hoche?’, „gehen feine Seitenästchen, die Collateralen, ab, die sich ebenso wie das definitive Ende der Axonen in feine Endverzweigungen aufsplittern. Diese freien Endverzwei- gungen umgeben in mannigfacher Form Ganglienzellenkopfteile neuer Neurone, oder enden an pheripherischen Organteilen (Muskelfasern usw.). Die Verzweigungen der Axone vom zweiten Typus gehen nicht, wie Golgi annahm, eine echte Netzbildung ein, sondern bilden unter- einander ein Filzwerk feinster Fäserchen (Neuropil), in welchem, bei allseitig freier Endigung der Faserbäumchen, die Möglichkeit mannig- facher Kontaktbeziehungen von Endbäumchen mit Ganglienzellen oder von Endverzweigung mit Endverzweigung gegeben ist.“ „Damit war“, so sagt Verworn?, „der Ganglienzellenkörper mit seinen Protoplasmafortsätzen oder Dentriten und seinem Achsen- zylinder- oder Nervenfortsatz als einziger, selbständiger Elementar- organismus vom Werte einer Zelle erkannt. Damit war eine histo- logische Einheit aus dem Fasergewirr und Zellengewirr des Nerven- systems herausgeschält, die von Waldeyer in glücklichster Weise auch durch die Namengebung charakterisiert wurde.“ Diese von Ramon y Cajal, Kölliker, v. Lenhossek, van Ge- huchten vertretenen und von Waldeyer als Neuronentheorie be- nannten Auffassungsweise vom Bau des Nervensystems ist in der Folge bekanntlich zu grösster Bedeutung gelangt, sie ist in alle Hand- und Lehrbüber der Anatomie, Physiologie und Neuropathologie übergegangen und man wird ihr, mag man immer zu ihr stehen, wie man will, die Bedeutung einer genialen und ausserordentlich frucht- baren Arbeitshypothese nicht versagen können. Es dauerte indessen nicht allzulange, bis Einwendungen gegen diese Neuronentheorie erhoben wurden. Uns interessieren hier zu- nächst diejenigen von anatomisch-histologischer Seite. Es muss aber schon bei dieser Gelegenheit betont werden, dass die Neuronentheorie von seiten der Zoologen niemals die ungeteilte Zustimmung gefunden hat wie von seiten der Anatomen. Denn bei den Wirbellosen, speziell bei den Cölenteraten, hatten von jeher übereinstimmend alle Autoren einen direkten Zusammenhang von Ganglienzellen und ihrer Fasern untereinander beobachtet und beschrieben. 552 Th. Schaeppi. Die erste Bresche in die Waldeyersche Neuronentheorie legte auf histologischem Gebiete Dogiel“. Er beobachtete, dass in der Netzhaut die Protoplasmafortsätze aller Nervenzellen sich unterein- ander verbinden und Nervennetze bilden, vermittelst deren Zell- kolonieen entstehen. Er schloss daraus, dass die Nervenelemente »icht als vollständig isolierte, miteinander unverbundene Individuen (Neurone nach Waldeyer) betrachtet werden dürfen. Später hat Held'? die Angabe gemacht, dass beim erwachsenen Wirbeltier die netzförmigen Endverzweigungen der Axonen das Protoplasma der Ganglienzellen nicht nur berühren, sondern mit demselben eine direkte Concrescenz eingehen (pericelluläre Concrescenz). Auch Held leugnet daher die anatomische und, wie wir später sehen werden, auch die physiologische Einheit der Ganglienzellen und Neurone. Weitere Gegnerschaft erstand der Neuronentheorie, als man sich dem Studium des feineren histologischen Baues der Ganglienzellen und ihrer Fortsätze zuwandte. Nissl'* hat zuerst in einer Reihe von Arbeiten durch eine eigene färberische Methode mit basischen Anilinfarben den Nachweis erbracht, „dass die chromatischen Bestand- teile »öcht das funktionell Wesentliche an den Zellen sei und hat aus allgemeinen Gründen den leitenden Charakter der ungefärbt bleibenden Zellteile behauptet, ehe der bindende Beweis des fibrillären Baues derselben geführt war“, zitiert nach Hoche?. Dieser strickte Nachweis eines fibrillären Aufbaues der Ganglien- zellen und ihrer Ausläufer ist einwandfrei auf Grund einer neuen Färbungsmethode zuerst von Dogiel' erbracht worden. Freilich hatten schon frühere Autoren wie Arnold (1867)', Max Schultze (1871), H. Schultze (1879) und Flemming (1895—97)?! mit mehr oder weniger zuverlässigen Methoden einen fibrillären Aufbau der nervösen Zellen erkannt. Später haben auch Becker”, Cox”, Ramony Cajal°*, vanGehuchten® und Marinesco* eine fibrilläre Struktur der Ganglien beschrieben; sie haben aber im Gegensatze zu Dogiel den durchgehenden kontinuierlichen Verlauf der Fibrillen völlig verkannt. Nur zwei Autoren haben noch vor Dogiel, freilich mehr intuitiv, als auf Grund zureichender Methoden, das Prinzip des kontinuierlichen Verlaufes der Fibrillen innerhalb der Nerven- bahnen verfochten: Max Schultze (1871)! und Fridtjof Nansen (1888). „Es besitzt“, sagt Max Schultze I. c., „eine solche Ganglienzelle, aus welcher ein Axenzylinderfortsatz für eine peri- pherische Nervenfaser entspringt, die Bedeutung eines Anfangsorgans für diesen Axenzylinder möglicherweise nur in dem Sinne, als die Fibrillen, welche den Achsenzylinder zusammensetzen, ihm auf dem Wege der verästelten Fortsätze zugeführt werden, die Fibrillen also, Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 553 welche man die Ganglienzellensubstanz durchziehen sieht, nicht ihren Ursprung in der Zelle nehmen, sondern in derselben nur eine Um- lagerung erfahren behufs Formierung des Achsenzylinders und Über- leitung in andere verästelte Fortsätze.“ Es ist daher für Max Schultze denkbar, „dass ein wirkliches Ende von Fibrillen im Gehirn und Rückenmark gar nicht existiert, d. h. dass alle Fibrillen an der Peripherie entspringend die Ganglienzellen nur durchziehen. Derart wird die Sg lediglich zu einem Knotenpunkt zahl- loser, aus den v 1 Regionen des Nervensystems stammender, Einzelfibrillen, von denen ein aus ihnen gesammeltes Bündel als Achsen- zylinder zu einer Faser zusammengefasst und mit Markscheide umgeben sofort peripherisch verläuft, die andern unbekannte Wege ziehen.“ Nansen |. c. bekämpft die bisherige Anschauung, dass das Nervensystem aus Fasern und Zellen bestehe und vertritt die Lehre, dass es in toto eine Art Netzwerk darstelle, gebildet und zusammen- gesetzt aus feinen Nervenröhrchen oder Nerventuben. Die Wand der Röhrchen besteht nach ihm aus Spongioplasma, der Inhalt aus Hyaloplasma. Das Protoplasma der Ganglienzellen besteht zum grössten Teile aus den DIES ROIDBS CHEN. Dee in ‚Re Zellen ein- treten und einer nicht näher defi Motorische und sensorische Nervenröhrchen stehen im en durch ein zentrales Röhrengewebe (Leydig’sche Punktsubstanz der Averte- braten) in direktem und kontinuierlichem Zusammenhang miteinander, so dass also auch nach dieser Auffassung weder ein Anfang noch ein Ende der Fibrillen im Zentralnervensystem existiert. Wenden wir uns nun zu Dogiel:'"" „Die Fibrillen aller Proto- plasmafortsätze“, sagt Dogiel, „durchkreuzen und durchflechten sich untereinander in dem Körper jeder einzelnen Zelle auf solche Art und Weise, dass ein Teil derselben aus einem Protoplasmafortsatze in andere übergeht, ‘ein anderer Teil aber richtet sich von jedem einzelnen Fortsatze einer grössern Zelle nach dem Achsenzylinder- fortsatz und beteiligt sich an der Bildung des letzteren. Die Frage nach dem Verlaufe irgendwelcher einzelnen Fibrille kann vor der Hand in bestimmtem Sinne nicht entschieden werden. Aller Wahr- scheinlichkeit nach ist ihr Weg sehr lang und verwickelt und es hat jede Fibrille wohl viele Zellen zu durchsetzen und mehrmals ihre Richtung zu ändern, ehe sie schliesslich in den Achsenzylinderfortsatz dieser oder jener Nervenzelle einmündet. Man muss also in Rücksicht auf die Struktur der Nervenzellen und ihrer Fortsätze notwendig zugeben, dass überall, wo’ die Zellenprotoplasmafortsätze in Vereini- gung miteinander ein Nervenetz bilden, ein gegenseitiger Austausch zwischen den Fibrillen vorkommt, aus welchen der Körper und die 554 Th. Schaeppi. Fortsätze anderer näherer und aller Wahrscheinlichkeit nach auch entfernterer Zellen gebildet werden.“ Damit fällt natürlich für Dogiel die Lehre von der histologischen Einheit der Neurons. Neben Dogiel gebührt das Verdienst, den exakten Beweis der fibrillären Struktur des Nervensystems erbracht zu haben, den beiden Forschern Stephan Apathy” und Albrecht Bethe”, ersterem für die Wirbellosen, letzterem auch für die Vertebraten. Stephan Apaty hat durch eine ingeniöse Methode der Fixierung und Vergoldung bei einer ganzen Reihe von Wirbellosen die Fibrillen- struktur zu überzeugender Darstellung und Klarheit gebracht. Hier interessieren uns zunächst die anatomisch-histologischen Befunde Apathys; auf die entwicklungsgeschichtlichen und physiologischen Darstellungen werden wir später eingehen. Die anatomisch-histo- logische Einheit des Nervensystems wird nach Apathy im Gegen- satz zur Neuronentheorie nicht durch die Ganglienzelle mit ihren Ausläufern, sondern durch die Neurofibrille gebildet. „Der wesent- lichste spezifische Bestandteil der Nerven und das Nervöse über- haupt“, sagt Apathy, „sind die Nervenfibrillen. Diese verlaufen als sowohl optisch wie auch mechanisch isolierbare, anatomische Einheiten, leitende Primitivfibrillen, in der betreffenden Bahn überall ununter- brochen bis zum peripherischen Ende der Bahn, insofern diese nicht auch peripherisch geschlossen ist.“ Die Neurofibrille als histologische Einheit zerfällt ihrerseits wieder in die Elementarfibrillen als letzte noch nicht überall mikro- skopisch nachweisbare Komponenten der ersteren. Von ausschlag- gebender Bedeutung ist nun die Kontinuität, d. h. der ununter- brochene, kontinuierliche Verlauf der Neurofibrillen durch die Ganglien- zellen und Nervenfasern hindurch. „Im entwickelten Organismus‘, sagt Apathy weiter, „ist nämlich im Zentrum nirgends ein Anfang“ der Neurofibrillen zu konstatieren. Sie gehen entweder unmittelbar, nachdem sie sich unter wiederholter Verzweigung in dünnste Fibrillen, meist wohl in ihre Elementarfibrillen, gespalten haben, in das von mir sogenannte Elementargitter über; oder sie passieren erst eine Ganglienzelle, gelegentlich mehrere, und die Maschen des Elementar- gitters werden nicht durch Kreuzung, sondern durch eine Ver- schmelzung an den Knotenpunkten durch ein Übergehen der Fibrillen ineinander gebildet. In dieser Hinsicht ist das System der leitenden Bahnen mit dem Blutgefässystem zu vergleichen. Ebenso wie die Arterien und Venen im entwickelten Organismus in der Regel nirgends endigen, sondern durch Vermittlung des Kapillar- netzes ineinander übergehen, so gehen die in verschiedener Rich- Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 555 tung leitenden Bahnen durch das Elementargitter ohne Unterbrechung ineinander über, und zwar nicht nur im Zentrum, sondern wahr- scheinlich auch auf der Peripherie, da eine Endigung der Neuro- fibrillen auch in den innervierten Zellen (in den Muskelzellen, Drüsen- zellen etc.) nicht stattzufinden scheint.“ Auf diesen letzteren Punkt werden wir weiter unten noch zurückkommen. Innerhalb der Achsenzylinder sind die Neurofibrillen nach Apathy in eine Interfibrillarsubstanz eingebettet. „Die Neurofibrillen zeigen verschiedene Dicke, je nachdem mehr oder weniger Elementarfibrillen in ihnen vereinigt sind. Bei den Wirbeltieren ist diese Verschiedenheit nicht sehr gross, da die dicksten Neurofibrillen lange nicht die bei den Wirbellosen beobachtete Stärke erreichen“, zitiert nach Hochel. c. pag. 19. Die motorischen Nerven- fasern enthalten nach Apathy sehr starke Neurofibrillen, welche sich einerseits im Muskel verzweigen, und zentralwärts direkt in motorische Zellen zu verfolgen sind, ohne indessen in diesen Zellen zu endigen. Die sensiblen Nerven enthalten zahlreichere und feinere Neurofibrillen, die von den. rezeptorischen Organen herkommend und sich zu Bündeln sammelnd, im Zentralnervensystem in das bereits oben erwähnte Elementargitter übergehen, aus welchem sich wieder stärkere Fibrillen sammeln und in Zellen eintreten. Während das sogenannte Elementargitter extrazellulär gelegen ist und dem Neuropil oder der Leydigschen Punktsubstanz an die Seite gestellt werden kann, enthalten die Ganglienzellen ein oder oft mehrere Innengitter, in denen die Elementarfibrillen nach ihrem Eintritte in die Zellen Umlagerungen erfahren. Die anatomischen Beziehungen der Primitiv- fibrillen zu den Ganglienzellen lassen sich also nach Apathy in folgende Thesen zusammenfassen: 1. e. pag. 594. „Leitende Primitivfibrillen dringen in das Somatoplasma der Ganglienzelle ein und ebenso viele Elementarfibrillen, wie in den eintretenden Fibrillen enthalten sind, verlassen wieder, meist anders gruppiert, die Ganglienzelle in den Primitivfibrillen, die aus ihr heraustreten, nachdem sie sich im Zell- körper zu einem leitenden Geflecht oder Gitter, in welchem ihre Umgruppierung erfolgt, aufgesplittert haben. Eine Endigung oder ein Anfang, etwa eine Auflösung der Neurofibrillen im Somatoplasma findet in der Ganglienzelle nicht statt; irgendwelche Verbindung der Neurofibrillen mit dem Zellkern ist auch nicht vorhanden, Diese Tatsache könnte man als allgemeines Gesetz noch kürzer auch so formulieren: Der ununterbrochene Verlauf der zu mehr oder weniger Bra Primitivfibrillen vereinigten leitenden Elementarfibrillen geht stets durch ein oder mehrere Ganglienzellen, in. denen sie zeitweilig aus- 556 Th. Schaeppi. einanderweichen und in deren Somatoplasma sie ein leitendes Geflecht oder Gitter bilden.“ Was die Verbindungen der Ganglienzellen miteinander betrifft so spricht sich Apathy darüber folgendermassen aus (l. c. pag. 636): „Es können Ganglienzellen in dieser oder jener Weise mitein- ander anatomisch verbunden sein, ohne dass zwischeu ihnen auch eine leitende Verbindung existiert. Nach meinen Beobachtungen kommen anatomische Verbindungen zwischen Ganglienzellen in fol- genden Formen vor: „ Beide Ganglienzellen senden einen Fortsatz in dieselbe Nerven- faser. (9) . Die Fortsätze von zwei (oder mehr) Ganglienzellen vereinigen sich zu einer Nervenfaser oder die eine Ganglienzelle legt sich an den Fortsatz der anderen an, damit scheinbar verschmelzend. w . Ein vom Zellkörper der einen Ganglienzelle abgehender Fort- satz verbindet sich mit dem Zellkörper einer andern Ganglien- zelle, ja sogar können sie durch mehrere Zellbrücken mitein- ander verbunden sein; oder die Zellkörper von zwei (gelegent- lich mehr) Ganglienzellen liegen. durch Zellbrücken verbunden, dicht bis zur Berührung nebeneinander oder sie verschmelzen ganz miteinander zu einer Gruppe von verschiedener, oft huf- eisenförmiger Gestalt. rn . Die Verbindung von zwei Ganglienzellen vermitteln ihre Fort- sätze entweder durch Seitenäste oder durch Endäste. . Die Fortsätze von beiden Ganglienzellen gehen durch wieder- holte Verästelung in ein gemeinsames Gitterwerk (nicht Flecht- werk) über.“ Man beachte an dieser Darstellung, dass also nach Apathy ausser dem Zusammenhang durch die Neurofibrillen ein protoplasma- tischer Zusammenhang der Ganglienzellen durch Zellbrücken zustande kommen kann. Zu ganz analogen Schlüssen wie Apathy ist sodann Albrecht Bethe l.c. auf Grund einer eigenen Methylenblaumethode gelangt, die er sowohl an zahlreichen Avertebraten, als auch bei Wirbeltieren und dem Menschen angewandt hat. Auch nach Bethe steht der fibrilläre Aufbau des gesamten Nervensystems ausser allem Zweifel. Die Fibrillen erscheinen als glatt konturierte, isolierte Fäserchen ohne Querverbindungen. Eine wabenartige Struktur der leitenden Bahnen, wie sie von einigen Forschern, so von Bütschli® und später auch von Held?! angenommen und behauptet worden ist, besteht nach Bethe nicht. on Se a erh Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 557 In den Ganglienzellen ist das Verhalten der Neurofibrillen bei den verschiedenen Tierklassen ein verschiedenes: Bei den Wirbel- losen findet auch Bethe die von Apathy beschriebenen Innengitter, in welche ein Teil der einem Ganglion zuströmenden Fibrillen sich aufsplittern, ohne freilich darin zu endigen, während ein anderer Teil, ohne die Ganglienzelle selbst zu berühren, in das ausserhalb der Zelle liegende Aussengitter einstrahlt, um daselbst in kontinuierliche Verbindung zu treten mit den Aufsplitterungen fremder Axenzylinder. Diese extrazellulären Aussengitter entsprechen demnach dem Apa- thyschen Elementargitter, den Golginetzen und der Leydigschen Punktsubstanz. In den Ganglienzellen der nervösen Zentralorgane der Wirbeltiere ziehen die Fibrillen nach allen möglichen Richtungen durch die Zellen und gehen bald von einem Ast der Dentriten in den andern, bald strömen sie aus den Dentriten in den Axenzylinder- fortsatz. Auch in der Art und Weise des Übertrittes der Fibrillen ans einer Ganglienzelle in benachbarte kommen alle möglichen Vari- anten vor: Bald strömen die Fasern aus Dentriten in benachbarte Axonen, bald verbinden sie benachbarte Dentriten und Axonen unter- einander, aber immer in der Art, dass keine freie Endigung der Fibrillen zu konstatieren ist. Also überall Kontinuität und nirgends Kontiguität. Dass die Fibrillen allein das leitende Element im Nervensystem repräsentieren, wird nach Bethe und Mönkeberg?? mit Sicherheit schon dadurch bewiesen, dass an den Ranvierschen Schnürringen nur die Fibrillen allein von einem Nervensegment in das andere kontinuierlich übergehen, während alle anderen Elemente und besondes auch die perifibrilläre Grundsubstanz hier eine Kon- tinuitätstrennung erfahren. „Nach alledem‘, sagt Bethe (I. c. pag. 45) „wird man nicht umhin können, sich der Ansicht Apathys anzu- schliessen, dass die Neurofibrillen als kontinuierliches Element das ganze periphere und zentrale Nervensystem durchziehen und dass sie innerhalb der Ganglien die Lücken überbrücken, welche zwischen den plasmatischen Teilen der nervösen Elemente bestehen und zur Aufstellung der Kontiguitätslehre Veranlassung gaben.“ Diese Kontiguitätslehre, die den anatomisch-histologischen Kern der Neuronentheorie in sich schliesst, ist, wie Bethe überzeugend dartut, deshalb hinfällig, weil sie auf eine völlig unzureichende Methode, das Golgiverfahren, aufgebaut wurde, eine Methode, von der niemand weiss, was chemisch-physikalisch vor sich geht, und die aller Wahr- scheinlichkeit nach nur die Perifibrillärsubstanz zur Darstellung bringt „Die Neuronenlehre“, sagte Bethe°®, „basiert auf den Resultaten der Golgischen Methode, zum allerwenigsten auf der Erlichschen Methylenblaumethode, denn diese wurde immer nur da als beweis- 558 Th. Schaeppi. kräftig angesehen, wo die mit ihr gewonnenen Resultate die Neu- ronenlehre zu bestätigen schienen. Der vielfach mit Hilfe der Methylen- blaumethode (und anderer Methoden) geführte Nachweis von breiten Anastomosen zwischen Ganglienzellen wurde ignoriert (unter dem: Epithel und an den Blutgefässen vom Frosch nnd anderen Wirbel- tieren, unter dem Epithel bei Raupen, bei Krebsen, bei Würmern usw.). Nun ist aber die Golgische Methode eine Methode, die nur wahr- scheinlich machen, eventuell bestätigen kann, weil sie nie ein voll- ständiges Bild von einem nervösen Element gibt, und wie ich zu beweisen imstande bin, häufig direkt die natürlichen Verhältnisse: fälscht. Die Neuronenlehre war durch sie weder bewiesen noch wahr- scheinlich gemacht, sondern die Frage, ob Kontakt oder Kontinuität,. welche die neue Methode wachrief, stand nach den vielen Hunderten von Golgi-Arbeiten ebenso ungelöst da wie anfangs.“ „Bei der Gol-: gischen Methode wird die Substanz inkrustiert, in welche die Neuro- fibrillen eingebettet sind; da nun von Apathy und mir gezeigt ist, dass in den meisten Fällen diese Substanz die Fibrillen nicht auf ihrem ganzen Wege begleitet, so kann die Golgische Methode, wenn sie sonst auch zu derartigen Untersuchungen zu gebrauchen wäre, gar nicht mehr in dieser Frage mitreden. Sie täuscht Endigungen vor, wo keine sind; das können wir heute sicher behaupten. Wir stehen vor dieser Frage vor einer ganz offenen, haben gar nicht die Befunde der Golgischen Methode, welche in übertriebener Wert- schätzung derselben mit der vorliegenden Frage in Zusammenhang gebracht worden, zu diskutieren.“!) Wir haben uns bisher lediglich an das gegenseitige Verhalten von Nervenfasern und Ganglienzellen in den Zentralorganen gehalten und haben dabei gesehen, dass alle neueren Arbeiten übereinstimmend darauf hinauslaufen, dass überall direkte Kontinuität und kein Kontakt: zwischen den nervösen Elementen besteht. Wie verhält es sich nun aber mit den peripherischen Endapparaten? Zahlreich sind nun auch hier die Autoren, welche einen kontinuierlichen Zusammenhang der Nerven mit ihren zugehörigen Endorganen nachzuweisen vermochten. Von grundlegender Bedeutung sind diesbezüglich die glänzenden Unter- suchungen von Alexander Rollet°* an den Muskelfasern der Insekten an die von Aralıy für diese Elemente ee Definitionen.* Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 559 (Hydrophilus piktus, Aphodius rufipes und Musca vomitoria). „Diese Beobachtungen von Rollet“, sagt Pflüger” (Über den elementaren Bau des Nervensystems, Pflügers Archiv, Bd. 112) „über die Endi- gungen der Nerven in der quergestreiften Muskulatur, sind die wichtigsten der gesamten Literatur. Denn sie beweisen, dass 1. der motorische Nerv das Sarkolemm durchbohrt, 2. der Axenzylinder in das Protoplasma des Nervenhügels eindringt und in feine Fasern sich teilend und ausstrahlend der weiteren Beobachtung sich entzieht. Hiemit ist bewiesen, dass die Nervenendigung intrazellulär ist, sowie dass der Nervenhügel selbst nicht als die Nervenendigung angesehen werden kann.“ Wilhelm Kühne® und Th. Wilh. Engel- mann?’ wiesen an den quergestreiften Muskeln der Batrachier gleich- falls nach, dass die Nervenfasern das Sarkolemm durchbohren, also intramuskulär endigen. Ein eigentlicher Nervenhügel scheint den Batrachierh zu fehlen. Auch für die übrigen Wirbeltiere bestätigen Rouget°®*, Engelmann l.c. und Kühne?” übereinstimmend, dass die motorischen Endplatten unter dem Sarkolemm liegen. Die Durch- bohrung des Sarkolemms durch die Nervenfaser ist später noch durch W. Waldeyer“, L. Cohnheim*! und I. Gerlach“? beobachtet und beschrieben worden. Letzterer drückt sich folgendermassen aus |. c. pag. 26: „Die Muskeln sind als die kontraktilen Endausbreitungen der Nerven zu betrachten.“ Hiezu bemerkt Pflüger |. c.: „Ich glaube, dass in dieser Auffassung die tiefste Wahrheit liegt, weiss aber, dass sie vorderhand bei Vielen nur auf Widerspruch stossen wird.“ Mit vollem Rechte wendet sich daher Pflüger’ in scharfen Worten gegen Ph. Stöhr“, der in seinem Lehrbuch, weil er wie sein Lehrer A. Kölliker ein Anhänger der Neuronenlehre war und ihm offenbar jene Tatsachen nicht in den Kram passten, die Lehre vertrat, dass die motorische Endplatte auf dem Sarkolemm liege und dass die Nerven an den glatten Muskelfasern sich anlegen und mit kleinen Verdickungen endigen. Bezüglich der Endigungen in den glatten Muskelfasern hat F. Frankenhäuser*? an den Nerven des Uterus nachgewiesen, dass die feinsten Verästelungen der Axenzylinder in die glatten Muskel- fasern eindringen und sogar sich mit dem Zellkern verbinden. Seine Angaben sind später von J. Arnold** bestätigt und dahin erweitert worden, dass die von Frankenhäuser beschriebenen Körner der Zellkerne nicht die Endigungen der Nerven, sondern Knotenpunkte eines feinsten Nervennetzes seien. Stephan Apathy”*> hat dann 560 Th. Schaeppi. ferner mit seiner ausgezeichneten Vergoldung der Fibrillen einwandfrei dargetan, dass die Fibrillen in das Innere der glatten Muskelfasern eindringen. Eine eigentümliche Art der Nervenendigung ist von Doyöre*° beim Bärentierchen entdeckt worden: Der blasse, durch- sichtige und nicht körnige Nerv wandelt sich in einen feinkörnigen Hügel um, der die Muskelfaser umgreift. Neurilemm und Sarkolenm fehlen. A. de Quatrefage“® bestätigte die Entdeckung von Doyere nicht nur für die Tardigraden, sondern auch noch für einige Anne- liden, Rotatorien und besonders Eoliden. Doy&re l.c. wie Quatre- tage l. c. fassen die Beziehung der Nerven zu den Muskelfasern derart auf, dass ihre Materie sich gegenseitig durchdringt, „par une penetration peut-&tre r&ciproque, par une veritable fusion de sub- stance.* (Quatrefage 1. ec... Einen ähnlichen Zusammenhang der Nervenfasern mit den glatten Muskelfasern habe ich’ seinerzeit in meiner Arbeit „Über den Zusammenhang von Muskel und Nerv bei den Siphonophoren, ein Beitrag zur Neuromuskeltheorie* beobachtet und beschrieben. Die Basalfortsätze der Epithelmuskelzellen sitzen hier der Muskelfaser mit fächerförmigen, körnigen Hügelchen auf und mit diesen Hügelchen verbinden sich sodann die nervösen End- fäserchen. „Eine genauere Analyse des Zusammenhanges von End- faser und Epithelmuskelzelle*, schrieb ich, „ergibt die Tatsache, dass die Endfäserchen nicht etwa durch blossen Kontakt mit den Epithel- muskelzellen verbunden sind, sondern dass durch dieselben ein proto- plasmatischer Zusammenhang zwischen Nerv und Epitelmuskelzelle vermittelt wird.“ Was für die quergestreifte und glatte Muskulatur Geltung hat, trifft auch für die elektrischen Organe zu. Hier hat Max Schultze* den Nachweis erbracht, dass die Nervenendigungen kontinuierlich in die elektrischen Platten übergehen. Gilt nun diese Kontinuität aber auch für die Ausbreitung der Nerven an den Drüsen? Auch hiefür sprechen zahlreiche und ein- wandfreie Beobachtungen. Pflüger°%-f hat. dieses Verhalten an Speicheldrüsen untersucht und berichtet darüber in seiner spätern Arbeit®° folgendermassen: „An Präparaten, die ich mich Jodserum oder anderen Methoden isoliert hatte, wies ich nach, dass markhaltige und marklose Nerven die Tunica propria durchbohren und dass die Fibrillen des Axenzylinders sich in Fibrillen fortsetzen, welche das Protoplasma der Speichelzelle durchziehen. Der markhaltige Nerv verliert an der Durchbohrungsstelle sein Mark.“ Auch für die Leber- zellen gilt das erwähnte Verhalten: „Eine grosse Anzahl von ganz isolierten Profilpräparaten‘, sagt Pflüger” (pag. 36), „lässt keinen Zweifel, dass der markhaltige Nerv die Tunica propria der Leber- I er 4 4 £ : : H E - Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 561 zelle durchbohrt und an der Durchbohrungsstelle sein Mark verliert, genau so, wie es beim quergestreiften Muskel der Fall ist. Pflügers Angaben wurden von Franz Boll’! für die Tränen- drüse bestätigt und von (C. Kupfer’? für die Speicheldrüsen von Blatta orientalis, wobei Kupfer noch zeigen konnte, dass die Nerven im Inneren der Drüsenzellen sich verästeln. „Alle grundsätzlich wichtigen Verhältnisse“, sagt Pflüger?’, „welche ich bei den Säuge- tieren für die Endigung der Nerven in den Drüsen festgestellt hatte, sind also für die Säugetiere von Franz Boll und für Blatta orien- talis von ©. Kupfer bestätigt worden. Es handelt sich darum, dass der Nerv die Membrana propria des Alveolus durchbohrt, dass das Neurilemm unmittelbar in die membrana popria sich fortsetzt, und dass die Nervenfibrillen in die Substanz der Drüsenzelle eindringend sich hier verästeln.“ Später hat dann auch auf diesem Gebiete Stephan Apathy”® durch seine glänzende Methode nachzuweisen vermocht, dass die Nervenfibrillen in die Drüsenzellen eindringen. Organe, die ebenfalls unter die Herrschaft des zentrifugalen Nervensystems gestellt sind, haben wir in den Chromotophoren, den Pigmentzellen der Haut. Franz Leydig?’? berichtet diesbe- züglich bei den Schlangen und Eidechsen folgendes: „Noch glaube ich auch hier (nämlich beı den Schlangen) beobachtet zu haben, dass ein Teil der Endausläufer der Nerven sich mit den Chromatophoren verbindet. Die Nervensubstanz geht unmittelbar in das kontraktile Protoplasma über, ähnlich wie bei Protozooen die kontraktile Leibes- substanz die sensible Materie des Körpers vertritt. Bei den Lacerten sah ich, wie schon anderwärts erwähnt wurde, nicht minder, dass Nervenfasern und Chromatophoren schliesslich in eins zusammenfallen können.“ Leydigs Angaben haben später durch Salomon Ehrmann’, der mit Goldpräparaten arbeitete, eine vollständige Bestätigung gefunden. Alles spricht fernerhin dafür, dass auch die Flimmerzellen per continuitatem mit den Nervenfasern in Zusammenhang stehen. Th. W. Engelmann’? entdeckte bekanntlich als Erster in den Flim- merzellen eine von der Basis der Zelle aufsteigende Faser, welche sich distal in einen Pinsel starker Fäden aufspaltet. Er bezweifelte zwar die nervöse Natur dieses Pinsels. Apathy?® wies nun mit seiner Goldmethode den Pinsel noch deutlicher nach und beoachtete, dass zwischen den Zellen ein inter- zelluläres Fibrillengitter sich ausbreitet. Eine direkte Kontinuität zwischen diesem interzellulären Gitter und dem intrazellulären 562 ; Th. Schaeppi. vermochte nun Apathy mit seiner‘Methode freilich nicht nachzu- weisen, doch nimmt er einen Zusammenhang an. Hier besteht also ganz zweifellos noch eine Lücke in unserer Erkenntnis und Pflüger meint, es sei hiedurch erwiesen, dass auch die Apathysche Methode gewisse nervöse Verbindungen nicht darzustellen vermöge. Kontinuität und nicht Kontiguität besteht nun aber auch gemäss einwandfreien Beobachtungen zwischen den zentripetalen Fasern und ihren zugehörigen Endorganen. Unbestritten ist, dass z. B. die Riechzellen kontinuierlich in eine Nervenfaser übergehen, wie dies schon Max Schultze’® unzweideutig nachgewiesen hat. Für den Akustikus ist der kontinuierliche Zusammenhang der Haar- zellen mit den Nervenfasern von C. Hasse°’, von Waldeyer°’* und später mit verbesserter Methode von Rudolf Krause°’” erwiesen worden. Merkwürdigerweise wurde auch diese Tatsache von Stöhr in seinem Lehrbuche geleugnet. Ein sehr schönes Beispiel von intra- zellulärer Endigung sensibler Nerven in der Haut der Schildkröte gibt John Harry Haykraft‘®. Endlich hat Stephan Apathy”® bei Pseudobranchelion das direkte Eindringen der Nervenfibrillen in die subepithelialen Retina- zellen beobachtet und dargestellt. Freilich ist nach Apathy weder bei den Sinneszellen noch Muskelzellen noch irgendwo im Nerven- system, wie wir bereits oben geschildert haben, eine Endigung der Nervenfibrillen zu beobachten, indem allüberall die leitenden Elementar- fibrillen sowohl peripherisch als zentral kontinuierlich in sich zurück- kehren, wie die Blutbahn durch Vermittlung des Kapillargefässnetzes. Mit Recht bemerkt Pflüger nach Angabe aller dieser Tatsachen, dass im Bereiche der Endorgane des Nervensystems bisher kein einziger Fall bekannt ist, der die Übertragung der Erregung durch Kontakt beweist (35 pag. 33). Wir sind am Schlusse der anatomisch-histologischen Seite unseres Problems angelangt und müssen resümierend konstatieren, dass überall sowohl im zentralen als auch im peripherischen Nervensystem durch einwandfreie Methoden ein organisierter Zusammenhang — eine Kontinuität — der nervösen Elemente und ihrer Endorgane nach- gewiesen worden ist. Es folgt daraus, dass die Neuronentheorie, wenigstens insoweit sie eine Kontinuitätstheorie ist, unzweifelhaft falsch und unhaltbar ist. 2. Die vergleichende Anatomie und die Neuronentheorie. Die vergleichende Anatomie ist für die Neuronentheorie stets nur von sekundärer Bedeutung gewesen. Eine Stütze hat diese letztere durch vergleichend anatomische Tatsachen niemals gefunden, Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 563 wohl aber mussten sich umgekehrt von seiten dieser Disziplin schwere Bedenken gegen sie erheben. Fürs erste liessen sich, wie ich bereits oben kurz angedeutet habe, die Verhältnisse des Nervensystems niederer Tiere, vorab der Cölenteraten, nur sehr schwer oder gar nicht mit der Kontaktlehre der Neuronentheorie vereinigen. Denn übereinstimmend hatten Hamman°! und Jikeli®” bei den Hydropolypen, die Gebrüder Hertwig‘° und spätere Untersucher bei den Medusen, Chun‘ bei den Ötenophoren und ich® selbst bei den Siphonophoren das Nerven- system dieser Tiere als plexiformes dargestellt, wobei ein kon- tinuierlicher Zusammenhang der Ganglienzellen untereinander mit Leichtigkeit zu verfolgen war. Es ist bezüglich der Cölenteraten meines Wissens nicht ein einziger gegenteiliger Nachweis erbracht worden. Aber auch die vergleichende Anatomie der Vertebraten konnte der Neuronentheorie nur bedingte Folgschaft leisten, namentlich nicht in Hinsicht auf das sog. Neuromuskelproblem, d. h. die Frage nach dem, ursprünglichen Zusammenhang von Muskel und Nerv, einer Frage, die zwar nur auf dem Boden der Entwicklungsgeschichte gelöst werden konnte, die aber für die Schlussfolgerungen der ver- vergleichenden Anatomie von einschneidender Bedeutung ist. „@egenbauer‘® hat nämlich von der physiologischen Tatsache ausgehend, dass der Muskel in seiner Funktion abhängig ist vom Nerv, indem nach Verletzung des letzteren der Muskel degeneriert, die Lehre begründet, dass Muskel und Nerv zusammengehören, so dass bei den mannigfachen Umgestaltungen und Lageveränderungen der Muskeln in der Reihe der Wirbeltiere nur aus dem Studium der zugehörigen Nervenbahnen das primitive Verhältnis der Muskeln eruiert werden könne. „Das ist so zu verstehen, dass der Nerv mit dem Muskel gleichfalls seine Lage, aber nur peripherisch, verändert, das heisst dass er länger wird nach Massgabe der Entfernung des Muskels von seiner ursprünglichen Stätte, dass er aber durch seinen Ursprung vom Zentralnervensystem und auch meist durch die erste Strecke seines Verlaufes das primitive Verhalten bewahren muss. Die Nervenbahnen zeigen also den Weg für das Verhalten des Muskelsystems.“ Für die Gegenbauer’sche Lehre ist daher diejenige Theorie eine Stütze, die einen primären Zusammenhang zwischen Muskel und Nerv statuiert. Die Neuronentheorie prätendiert nun aber, wenigstens in ihrer ursprünglichen Form, einen sekundären Zusammenhang von Muskel und Nerv, wie wir im folgenden en Beck sehen werden. 564 Th. Schaeppi. 3. Die Ergebnisse der Entwicklung des Nervensystems. Bezüglich der Entwicklung des Nervensystems sind eine ganze Reihe Theorien aufgestellt worden. Der erste, welcher zu diesem Problem Stellung nahm, war Karl Ernst von Bär‘. Nach Bär ist es höchst wahrscheinlich, dass der Nerv seiner Ausdehnung nach immer ganz da ist und von Anbeginn an beide Enden hat, das zentrale und das peripherische. Bär nimmt also mit anderen Worten einen primären Zusammenhang von Muskel und Nerv an. Zu dieser Anschauung hat sich dann später in mehreren vortrefflichen Arbeiten der Kieler Physiologe Hensen°®® bekannt und seine Theorie, die sog. Hensen’sche Theorie hat von jeher unter Anatomen und Phy- siologen eine grosse Anzahl hervorragender Anhänger gehabt. Hensen hat nämlich die Beobachtung gemacht, dass die im Embryo eben angelegten Organe oder Organteile durch Protoplasma- brücken miteinander kontinuierlich verbunden sind. „Solche Brük- ken“ — ich zitiere nach Held°’ — „spannen sich nach Hensen sowohl zwischen Medullarrohr und Urwirbel wie zwischen Medullar- rohr und Ektoderm aus. Weiter sind alle Zellen des embryonalen Gehirnrohres selber durch ein Maschenwerk von Plasmabrücken untereinander verknüpft, welches teils zwischen den Zellen selbst gelegen ist, teils sie als eine äussere Spongiosa (d. i. der später von His sogenannte Randschleier) umgibt. Die Hansen’sche Theorie er- klärt nun diese embryonalen Zellbrücken als Reste unvollständiger Zellteilungen und hält sie im besondern für Verbindungswege oder Urnervenbahnen, die dann erst im Laufe der späteren Entwicklung in die definitiven Nerven umgewandelt werden, resp. zur Nerven- bildung benutzt werden. Erst der Prozess. der Nervenbildung aus Urnerven macht es nach Hensen verständlich, warum die Nerven den richtigen Weg im Körper des Embryo finden.“ Dieser Hensenschen Lehre einer ursprünglichen und unveränder- lichen Zusammengehörigkeit von Muskel und Nerv haben unter den Anatomen vor allem Gegenbauer‘, Fürbringer”, Kerr’! und mit gewissen Modifikationen Braus’?, unter den Physiologen Pflü- ger®’, Schenk* und unter den Zoologen Häckel”, später ich® und vor allem aber Apathy”**> zugestimmt. Kerr (l. c.) hat an Lepidosierenembryonen zu einer Zeit, wo Medullarrohr und Myotom noch dicht nebeneinander lagen und noch keine Myofibrillen in dem letztern aufgetreten waren, deutliche Protoplasmabrücken zwischen Myotom und Medullarrohrzellen vorgefunden und in den folgenden Stadien deren Umwandlung in Nervenfasern beobachtet. Er bekennt sich deshalb als überzeugter Anhänger der Hensen’schen Lehre. Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 565 Ich selber habe in meiner Arbeit über den Zusammenhang von Muskel und Nerv bei den Siphonophoren meine Ergebnisse in fol- ie Sätzen zusammengefasst: . Die Ganglienzellen stehen sowohl untereinander als auch mit a Epithelzellen in kontinuierlichem Zusammenhang, nn findet ein blosser Kontakt statt. 2. Alle unsere Befunde deuten daraufhin, dass Us Zusammen- hang ein primärer, d. h. von Anbeginn der Entwicklung an be- stehender ist, dass also mit andern Worten Muskel und Nerv ab origine miteinander verbunden sind. 3. Die Epithelzellen stehen von frühester Entwicklungsstufe an durch Protoplasmafäden miteinander in Zusammenhang. 4. Nervensystem und Muskulatur gelangen gleichzeitig zur Ent- wicklung‘. Über die Art und Weise aber, wie sich bei den Cölenteraten phylogenetisch das Nervensystem entwickelt haben mochte und heute noch ontogenetisch entwickelt, sprach ich mich folgendermassen aus: „Denken wir uns, dass in einem Verband indifferenter Zellen einzelne Elemente in erhöhtem Masse die Fähigkeit akquirieren, Sinnesreize zu perzipieren, so verstehen wir wohl die Differenzierung dieser Elemente zu Sinneszellen. Die durch die Reize in diesen Sinneszellen hervorgerufenen Erregungen werden nun die Tendenz haben, sich auf die benachbarten Elemente auszubreiten und diese Ausbreitung wird keine anderen Bahnen einschlagen können als die bereits von Anfang an vorhandenen protoplasmatischen Zellverbin- dungen. Setzen wir nun den Fall, dass nicht alle Zellen in gleicher Weise der zufliessenden Erregung zugänglich sind, sondern dass vielmehr die Mehrzahl derselben der Ausbreitung der Erregung in ihrem Inneren einen Widerstand, eine Hemmung im Sinne Exners, entgegensetzt, dass dagegen andere Elemente in erhöhtem Grade auf die Erregung ansprechen und dieselbe vielleicht sogar nach Art einer Resonanz zu verstärken vermögen, so begreifen wir auch die Differenzierung dieser letzteren zu Nerven- oder Ganglienzellen. Wir können uns aber zugleich auch vorstellen, dass, weil die nervösen Erregungen von den Sinnes- zu den Ganglienzellen oder von einer _ Nervenzelle zur andern leichter abfliessen, als nach den übrigen Elementen (den Epithelmuskelzellen) mit der Zeit eine Wegsam- machung für die Erregungen oder eine „Bahnung“* im Sinne Exners in allen denjenigen Zellverbindungen geschaffen wird, welche die Erregungen auf ihrem Wege von der Sinneszelle zur Ganglienzelle oder von einer Nervenzelle zur anderen passieren und können uns Vierteljahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 37 566 Fe Th. Schaeppi. weiterhin vorstellen, dass infolge dieser Bahnung die Nervenfasern zur Differenzierung gelangen, gemäss dem Lamark’schen Satze: La fonction fait l’organe.“ Apathys Befunde sind nun auch diesbezüglich von bahnbrechen- der Bedeutung: Apathy fand in Übereinstimmung mit Hensen, dass die späteren leitenden Bahnen ursprünglich protoplasmatische Zellbrücken sind, die erst dann zu Nerven werden, wenn in ihnen die Neurofibrillen erscheinen, „ebenso wie ein protoplasmatischer Fortsatz einer Zelle erst dann zur Muskelfaser wird, wenn darin kontraktile Substanz in Form von Myofilfibrillen erschienen ist“. Und weiter führt er aus: „Vor der Entstehung der den Reiz leitenden primitiven Fibrillen sind bereits die Wege vorhanden, auf welchen die wachsenden primitiven Fibrillen in einer Richtung die Ganglien- zellen, in der anderen die Sinneszellen erreichen; es sind die Inter- zellularbrücken, protoplasmatische Fortsätze, welche von der ersten Teilung der Eizelle an die Zellen eines Organismus direkt oder in- direkt beständig miteinander verbinden, ganz wie es der vor langer Zeit ausgedrückten Auffassung von Hensen entspricht, der sich in neuester Zeit unter anderen Sedwick’* angeschlossen hat, welche ich aber auf Grund meiner Untersuchungen über Histologie und Histogenese des Nervensystems besonders bei Würmern und Mollusken bereits vor 7 Jahren als unvermeidlich erklärt habe“. Eine ähnliche und in ihrem Prinzipe gleichfalls auf einen pri- mären Zusammenhang von Muskel und Nerv hinauslaufende Theorie hat der Zoologe Nikolaus Kleinenberg”’ in seiner ausgezeichneten Monographie des Süsswasserpolypen aufgestellt. „Bei diesem kleinen Tierchen“ — ich zitiere nach Häckel „Antropogenie“ — „treiben einzelne Zellen des Hautblattes faserförmige Fortsätze nach innen, welche das Kontraktionsvermögen, die für die Muskeln charakteri- stische Fähigkeit der Zusammenziehung in konstanter Richtung er- werben. Der äussere, rundliche Teil der Exodermzelle bleibt emp- findlich und fungiert als Nervenelement, der innere, faäserförmige Teil derselben Zelle wird kontraktil und fungiert, indem er von ersterem zur Zusammenziehung angeregt wird, als Muskelement.“ Kleinenberg nannte daher diese Zellen Neuromuskelzellen und stellte im weitern die Hypothese auf, dass dieselben die phylogenetische Vorstufe des Nerven- und Muskelsystems der höheren Tiere reprä- sentieren, indem auf einer höheren Stufe die innere, muskulöse Hälfte der Neuromuskelzelle durch Kernteilung der letzteren einen eigenen Kern erhalte, zur Muskelzelle werde und sich von der äusseren ner- vösen Hälfte mehr oder weniger isoliere. Dadurch, dass im weiteren die Neuromuskelzellen untereinander sich verbänden, würde das Nerven- 1 N Er} 3 4 x wie Ben Buch 2 Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 567 und Gangliennetz der höheren Tiertypen entstehen. Die Grundidee dieser Theorie, die den Namen Neuromuskeltheorie erhalten hat, geht also darauf hinaus, dass ursprünglich Nerven- und Muskelsystem in einem einzigen Element, einer Zelle, vereinigt waren und demgemäss von Anfang an in unmittelbarem Zusammenhang miteinander stehen. Muskel und Nerv, so argumentiert Kleinenberg, sind zwei sich gegen- seitig bedingende Organe und ihre Funktionen, Erregung und Kon- traktilität, sind komplementäre Funktionen; sie müssen daher in einem und demselben morphologischen Element d. h. einer einzigen Zelle, lokalisiert sein. Dieser Lehre Kleinenbergs sind nun die Gebrüder Hertwig in ihrem berühmten Werke „Über das Nervensystem und die Sinnes- organe der Medusen“ entgegengetreten, indem sie geltend machten, dass überall in der Entwicklung die Differenzierung der Organe nicht innerhalb einer und derselben Zelle sich abspiele, sondern vielmehr im Rahmen einer Gruppe von Zellen durch Arbeitsteilung dieser Elemente zustande komme. Und zudem musste die Kleinenbergsche Theorie fallen, als es späteren Forschern (Hamman°!, Jikeli‘?) gelang, neben den sog. Neuromuskelzellen wirkliche Nerven-, Sinnes- und Ganglienzellen zu entdecken, worauf auch der Name Neuromuskel- zellen durch die Bezeichnung Epithelmuskelzellen ersetzt wurde. Die theoretischen Anschauungen der Gebrüder Hertwig gehen nun dahin, dass der spezifischen Ausbildung eines Nervensystems ein protoplasmatischer Zellenverband vorausgehe, der sich zu einer Zeit ausbilde, wo die nervösen Zentral- und Endorgane noch näher zu- sammengedrängt liegen. Demgemäss nehmen diese Autoren an, dass phylogenetisch ursprünglich gleichartige Epithelzellen durch sekun- däre protoplasmatische Verbindungen miteinander in Zusammenhang traten, worauf sich eine Stufe höher aus diesem Zellverbande einer- seits die Epithelmuskelzellen, anderseits die Sinnes- und Ganglien- zellen differenzierten und dass demgemäss ontogenetisch noch heute das Nervensystem auf dem Boden eines Zellenverbandes sich ent- wickle, der durch sekundäre Verschmelzung von protoplasmatischen Fortsätzen ursprünglich getrennter Zellenelemente zustande komme. Die Hertwigs lassen also, wie Hensen, das Nervensystem aus einem durch Zellbrücken (protoplasmatische Verbindungen) entstan- standenen Zellverbande entstehen, nur mit dem Unterschiede, dass nach ihrer Anschauung diese Zellverbindungen erst sekundär, wenn auch auf allerfrühester ontogenetischer Stufe, entstanden sind. Eine neue und wichtige Epoche im Studium der Entwicklung des Nervensystems trat aber auf, als Kupfer”* in einer gemein- schaftlichen Arbeit mit Bidder die Lehre vertrat, dass die Nerven- 968 Th. Schaeppi. faser bis zu ihrer Endigung als der kolossale Ausläufer einer Nerven- zelle aufgefasst werden müsse. Diese Kupfersche Ansicht ist dann bekanntlich durch eine Reihe ausgezeichneter Arbeiten von His’” in seiner Neuroblastentheorie ausgebaut worden, welche besagt, dass die Entstehung der Nerven auf die Tätigkeit besonderer Zellen, der Neuroblasten, zurückzuführen sei, welche verschieden lange nervöse Fortsätze auszutreiben imstande sind. Der erste Fortsatz ist der spätere Axenzylinder, die späteren die Dentriten. „Erst nach einer bestimmten und verschieden langen Zeit“ — ich zitiere nach Held*° — „wird der auswachsende Nerv sein späteres Endorgan, eine an- dere Gehirnstelle oder einen Muskel oder auch ein Stück Haut oder Schleimhaut gefunden haben.... Ebenso sind die eigentlichen End- verzweigungen sensibler oder. motorischer Nerven an peripheren Organen frei verästelt. Eine wirkliche organische Verbindung erfolgt nicht.... Vielmehr ist nach His die Reizübertragung ohne Konti- nuität der Substanz das allgemeine physiologische Prinzip, welches die funktionellen Einrichtungen des gesamten Nervensystems be- herrscht.“ Diese Kupfer-His’sche Lehre ist in der Folge von Kölliker? "*, Sagemehl’’, Ramon y Cajal°, von Lenhossek!?®!, Retzius®®, Neal°, Gurwitsch‘*, Harrison® und Bardeen® akzeptiert und von Waldeyer! mit den Namen Neuronentheorie be- legt worden. Im Gegensatze zu dieser Neuroblastentheorie steht die zuerst im Jahre 1839 von Th. Schwann°” aufgestellte Zellkettentheorie, welche besagt, dass die Nerven durch kleinem von a zuetane kommen, deren Kerne später zu den der Faser Kernen werden. In weiterer Ausbildung diesar Lehre zeigte Bal- four°®, dass die Anlage der sensiblen Nerven als Zellenstrang aus den dorsalen Bezirken des Medullarrohres sich vorschiebe, in dem erst sekundär die Nervenfasern sich ausbilden. Auch die ventralen Nerven würden in gleicher Weise entstehen. Diese Schwann-Bal- foursche Zellkettentheorie wurde angenommen und bestätigt von Marshall°, Van Wyhe°’, Beard°!, Platt’, Sedwick’* mit Mo- difikation, Hoffmann°®, später auch Kupfer’*, welcher seine ur- sprüngliche Ausläufertheorie selber aufgab, Dohrn”, Raffaele”, Brachet”, Cohn°®, Oskar Schultze°® mit Modifikation und Bethe'‘®, ebenfalls mit Modifikation. „Die Zellkettentheorie‘, sagt Held°®, „behauptet, dass die periphere Nervenfaser das gemeinsame Produkt einer Zellkette ist, an deren einem Ende wie bei den motorischen Nerven, oder in einer eingeschalteten Stelle, wie bei den sensiblen, nur eine grössere Zelle, die betreffende Ganglienzelle liegt. Gebildet aber haben den Axenzylinder der Nerven nicht nur die betreffende 08; | « @ ” Ä u En i v” RE ar 4 Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 569 grössere Zelle, sondern auch alle diejenigen Zellen, welche als Schwannsche Zellen in der ganzen Länge der Nervenbahn verteilt sind. Nicht als Hülfszellen der eigentlichen Nervenfasern, sondern als Nervenfaserzellen oder Neurozyten (Kupfer) oder als Nervenzellen im Sinne von Apathy und Bethe haben sie direkt den Nerven auf- gebaut. Darnach wäre also der Axenzylinder einer Nervenfaser nicht, wie ursprünglich Kupfer und später His gelehrt haben, nur der langgestreckte Fortsatz einer Ganglienzelle, sondern das Längs- mosaik einer Zellreihe, von denen jede das weiter gebaut hätte, was eine andere vor ihr gebildet und eine folgende nach ihr verlängert hätte.“ Nach der Modifikation von Sedwick (l.c.) ist die Nervenbildung eine vom Zentrum nach der Peripherie vorschreitende Differenzierung innerhalb einer synzytialen Plasmabahn, wobei diese Differenzierung durch die Tätigkeit bestimmter Kerne längs der Nervenbahn erfolgt. In der Auffassung von Dohrn (l.c.) liegt eine Annäherung an die Hert- wigsche Theorie: Er ist der Ansicht, dass die im Zentralnervensystem gelegene Nervenanlage ab origine neben dem Muskelkomplex liege und schon in frühester Zeit durch einen Strang („plasmatischen Aus- fluss“) mit demselben verbunden sei und dass dieser Strang in der Folge durch die allmähliche Entfernung von Muskelsegment und Zentralnervensystem in die Länge gezogen, durch Auswanderung von Zellen aus dem Zentralnervensystem ein zelliges Gefüge erhalte. Aus dem Protoplasma dieses Zellenstranges, durch den also Zentral- nervensystem und Muskelsegment verbunden sind, sollen sich dann an Ort und Stelle als Differenzierungsprodukte der eingewanderten Zellen die Nervenfasern entwickeln, ganz so wie die Muskelfasern in den Muskelzellen. Da der oben erwähnte plasmatische Verbindungs- strang zu einer Zeit auftritt, wo das Zentralnervensystem noch keine Nervensubstanz und die Muskelsegmente noch keine Muskelfibrillen abgesondert haben, so läuft, wie ersichtlich, die Dohrnsche Ansicht im Grunde genommen auf die Hertwigsche Theorie hinaus: Proto- plasmatische Verbindungen sind die Grundlage, aus der sich die Nervenfibrillen entwickeln. Nach Oskar Schultzes Modifikation der Zellkettentheorie ent- stehen dagegen die Nervenfasern nicht durch Verschmelzung von Zellen, sondern durch Mitose unter Erhaltung der zellulären Konti- nuität. Joris'"!, welcher mit einer eigenen Goldmethode gearbeitet hat, lässt die Fibrillen der embryonalen Nervenfasern einen doppelten Ursprung nehmen, aus dem zur späteren Ganglienzelle werdenden Neuroblasten und aus einer dem Weg des Nerven selber mr 570 in Th. Schaeppi. Reihe weiterer Zellen. Auch er nimmt also eine multizelluläre Ge- nese der Nerven Ähnlich Desta'®, Auch nach Albrecht Bethe (l.c.) unterliegt es keinem Zweifel, dass die Entwicklung der Nervenfasern multi- zellulären Ursprungs ist. Nach seiner Auffassung entstehen die Nerven- fasern aus einem Zellsynzytium zylindrischer Gestalt, das gegen die Zylinderaxe hin zunächst undifferenzierte Fasern produziert, in denen . erst später die leitenden Fibrillen zur Abscheidung gelangen. Eine multizelluläre Hypothese ist aber auch diejenige Apathys. Wir haben bereits oben gesehen, dass Apathy”® die Nervenfibrillen im Sinne des Hensenschen Prinzipes auf den Bahnen von ursprünglichen, ab origine bestehenden, protoplasmatischen Zellverbindungen ent- stehen lässt. In der Art und Weise aber, wie er sich diesen Fibril- lationsprozess innerhalb dieser bereits vorhandenen Bahnen, den Ur- nerven Hensens, vorstellt, geht Apathy Wege, die von der herr- schenden Anschauung über die Beziehung von Ganglienzellen und Nervenfasern von Grund aus abweichen. Apathys Lehre geht näm- lich dahin (ich zitiere nach Held‘®), „dass die embryonalen Ganglien- zellen ihre spätere Neurofibrillenstruktur gar nicht selber ausgeprägt, sondern von besonderen Zellen her sekundär erhalten haben“, den von ihm sogenannten Nervenzellen. Diese neurofibrillenbildenden Nervenzellen sind in die Nervenbahnen eingeschaltet und produzieren ihre spezifischen Entwicklungsprodukte, die Neurofibrillen, in das Innere von Ganglienzellen, Muskelzellen und Drüsenzellen hinein. Ganglienzellen und Nervenzellen sind also nach Apathy zwei ganz verschiedene Zellarten: Die letzteren sind die Bildner der Neuro- fibrillen, die ersteren werden erst sekundär von den Fibrillen durch- wachsen und sind nur Umgruppierungsstationen für die Neurofibrillen, aus denen diese in anderen Richtungen wieder weiterziehen. Dieser eigenartigen Lehre hat sich dann Bethe vollständig an- geschlossen. Die Schwannschen Zellen sind nach ihm nichts anderes als Nervenzellen im Sinne Apathys. Die neueste und zugleich eine der wichtigsten Lehren über die Entwicklung des Nervensystems verdanken wir Held‘®, der die Ergebnisse seiner jahrelangen mit eigener Methode unternommenen Untersuchungen in dem grossen, 1909 erschienenen Werk „Die Ent- wicklung des Nervensystems bei den Wirbeltieren“ zusammengestellt hat. In diesem hervorragenden Werke findet man auch fast die ganze Literatur über dieses Gebiet zusammengestellt und ist zugleich eine Kritik der bisherigen Theorien und Lehren enthalten. Als erstes Stadium der Nervenbildung tritt nach Held in den Neuroblasten die intrazelluläre Ausbildung eines feinen Neuroretiku- Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie., 571 lums statt. Aus diesem Neuroretikulum, das auf dem Boden einer besonderen Substanz, der neurogenen Substanz, entsteht, entspringt sodann das primäre Fibrillenbündel, die erste Anlage des späteren Axenzylinderfortsatzes. „Nicht das Vorfliessen eines einfachen Proto- plasmas, wie His will“, sagt Held, „sondern das bestimmt gerichtete Wachstum einer neuen und besonderen Zellensubstanz ist es, welche die ersten Nervenbahnen im Embryo entstehen lässt.“ „Diese Auf- fassung, wornach die Besonderheit des Nervengewebes auf das von den His’schen Neuroblasten her vorschreitende Wachstum einer neuro- fibrillären Zellensubstanz zurückgeführt werden muss, ist das Gegen- teil zu der Apathyschen Lehre, welche diese Bedeutung den embryo- nalen Ganglienzellen abspricht, indem sie behauptet, dass die Ganglien- zellen selbst keine Neurofibrillen produzieren, sondern erst sekundär von solchen durchwachsen werden.“ Entgegen der Ansicht von Bethe und Apathy erklärt Held, dass die ursprüngliche neurofibrilläre Struktur der Ganglienzellen eine gitterförmige sei. Der Ausbildung des primären Fibrillenbündels folgt nach Held unmittelbar das Wachs- tum von Fibrillen, welche teils im Zelleib des Neuroblasten selbst sich ausbreiten, teils aber die Grenze einer solchen Zelle überschreiten und hiebei manchmal zu Verbindungsfibrillen zwischen den Neuroreti- kula benachbarter Neuroblasten werden. Solche Verbindungsfibrillen nennt Held Neurodesmen. Das Vorhandensein von Neurodesmen, d. h. Verbindungen der Neuroblasten untereinander ist nach Held von grosser Bedeutung, denn es spricht gegen die Neuronenlehre, welche eine diskontinuier- liche Leitung annimmt. Das Eindringen von Neurofibrillen von einem Neuroblasten in einen zweiten oder mehrere benachbarte ist aber weiter wichtig für die Genese oder den Ursprung der Nervenfasern aus den Neuroblasten. Denn hierdurch ist die Möglichkeit gegeben, dass die austretende Nervenfaser nicht nur Fibrillen aus dem Neuro- retikulum ihrer eigenen Neuroblastenzelle enthält, sondern auch Fasern aus benachbarten Neuroblasten mit sich führt. Eine solche polyneurotische Genese von Nervenfasern findet Held nicht nur an mehr oder weniger nebeneinander gestellten Neuroblasten, sondern auch an hintereinander liegenden. Die jugendlichen Neuroblasten sind nun aber nicht nur stellen- weise durch Neurodesmen miteinander verbunden, sondern sie weisen auch zahlreiche protoplasmatische Verbindungen, Plasmodesmen, auf, durch welche sie untereinander und mit sonstigen Zellen der _ Umgebung verbunden sind. „Meine Beobachtungen“, sagt Held, „Stimmen mit der Auffassung von Hensen überein, der die Zellen des Medullarrohres durch ein feines Maschenwerk direkt oder. in- 572 Th. Schaeppi. direkt miteinander verbunden sein lässt, sowie mit der Ansicht von Rabl, wornach die Zellen des Medullarrohres auch nach ihrer Teilung noch durch Fortsätze miteinander verbunden sind, so dass schliess- lich in der mehrschichtigen Wand des Gehirnrohres alle Zellen wahr- scheinlich stets durch feine Fortsätze, Interzellularbrücken, mitein- ander in Verbindung bleiben.“ Held weist nun weiter nach, dass die keulenförmigen Wachs- tumsenden des primären Fortsatzes der Neuroblasten nicht das Ende einer zentralen vorwachsenden Nervenfaser sein können, denn sie besitzen eine über ihr Ende hinausreichende weitere Verbindung mit dem allgemeinen Gewebe des sog. Randschleiers. Der sog. His’sche Randschleier ist nichts anderes als die erste Anlage des Stützgewebes der zentralen Leitungsbahnen. Jene weitere Verbindung der primi- tiven vorwachsenden Nervenfaser kommt nun dadurch zustande, dass die Zellen des Randschleiers, also die primitiven Spongioblasten, die auswachsende neurofibrilläre Substanz des Neuroblasten in ihr Inneres aufnehmen, derart, dass die Fibrillen dieser neurofibrillären Substanz als die direkte Fortsetzung des primären dem Neuroblasten ange- hörigen Fibrillenbündels erscheinen. Der Neuroblast liegt also am Anfang der Fibrillenbahn, die in Form konvergierender Fibrillen und in der Richtung der Hauptaxe zunächst stielartig aus ihm heraus- wächst; die primitiven Spongioblasten dagegen enthalten in ihrem Inneren abschnittweise die aus parallel gerichteten Einzelfibrillen be- stehende ausserneuroblastische, aber doch vom Neuroblasten pro- duzierte Nervenstrecke. Während also His’’ die auswachsenden Nervenfasern zwischen den Spongoblasten frei sich auswachsen lässt und Harrison° für den Salm angibt, dass die Neuroblastenfortsätze als Nervenfasern das Protoplasma der Spongoblasten aushöhlen und kanalartig durch- bohren, also frei in ihrem Inneren liegen, ohne substantiell mit ihnen zu verschmelzen, vertritt Held den Satz: „In die protoplasmatische Substanz der sich entwickelnden Neuroglia ist diejenige der Nerven- faser direkt und unmittelbar eingebettet.“ In der Entwicklung der motorischen Nerven sind nun nach Held drei Stadien zu unterscheiden: „Das erste ist das des auswachsenden Nerven selber, der das Endorgan mit seiner zu ihm hinwachsenden spezifischen Substanz noch nicht erreicht hat, aber trotzdem bereits mit demselben durch eine einfachere und noch nicht differenzierte Masse verbunden ist. Das folgende, zweite Stadium ist dadurch charakterisiert, dass der Nerv seine Muskelanlage erreicht hat, die er nicht nur äusserlich und oberflächlich berührt, sondern mit der er sich verbindet, ja in deren Muskelepithelzellen selber er seine Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 573 Neurofibrillen hinein fortsetzt. Das stimmt nicht zu der Lehre vom Nervenkontakt, welche die sog. motorische Endplatte äusserlich der Muskelfaser aufliegen lässt, sondern zu den Beobachtungen von Rollet, Kühne und Engelmann, welche den Nerven mit der Muskel- faser unter dem Sarkolemma verbunden zeigen und insbesondere zu denen von Apathy, welche bei Wirbellosen die Neurofibrillen zwischen die Myofibrillen eindringen lassen. Das dritte Stadium in der Entwicklung eines motorischen Nerven führt bereits in das Bild der reifen Nervenbahn mit seinen Schwannschen Zellen über. Es entsteht durch die peripher vorschreitende und umfangreiche Aus- wanderung von medullogenen Zellen längs einem bereits vorhandenen Fibrillenzug und in kontinuierlicher plasmatischer Verbindung mit ihm.“ Theoretisch ist nach Held und auch für unsere Frage das erste Stadium das allerwichtigste, weil dadurch erwiesen ist, dass Muskel und Nerv ab origine, wenn auch noch nicht durch spezifisch aus- gebildete Nervensubstanz, so doch durch protoplasmatische Verbin- dungswege (Uhrnerven im Sinne Hensens) miteinander verbunden sind, die von den auswachsenden Neufibrillen benutzt und einge- schmolzen werden. Auch für die sensiblen Nerven gilt nach Held dasselbe Prinzip. „Nach dem, was ich gesehen habe“, sagt Held, „wächst zwar die Nervensubstanz als solche aus, aber nicht frei, sondern folgt dem Wege vorher vorhandener Zellverbindungen. Die Wachstumskeule oder die einfache als solche endende Fibrille habe ich stets durch die Protoplasmamasse eines Zelleibs oder einer Plasmodesme in ihrer Richtung fortgesetzt gefunden. Freie Enden habe ich an unzerrissenen Präparaten nicht beobachtet.“ Ein unser Problem freilich nicht tingierender Unterschied besteht in der Entwicklung der vorderen und hinteren Wurzel: „Die vordere Wurzel ist in der ganzen Reihe der Wirbeltierklassen zu Anfang ihrer spezifischen Entwicklung eine von den späteren und typischen Länge- zellen der Nerven (Schwannschen Zellen) vollkommen freie Bildung. Bei der hintern Wurzel ist dagegen von vornherein eine Strasse von ektodermalen und medullogenen Zellen angelegt, welche die von den Neuroblasten der Ganglienleiste ausgehenden Nervenbahnen aufnimmt und dabei dem Wachstum der Nervensubstanz entsprechend sich vermehrt und zu ihren Längszellen umordnet.“ Die Spongioblasten liefern nach Held einerseits die zentrale Glia, andererseits die Schwannschen Zellen. Im Gegensatze zu Bethe und Apathy sind die Schwannschen Zellen keine Nervenzellen und produzieren keine neurofibrilläre Substanz. Die neurofibrilläre Dif- | ferenzierung geht einzig und allein vom Neuroblasten aus. he 574 Th. Schaeppi. Resumierend spricht sich Held über das Wesen der Nerven- bildung folgendermassen aus: „Dass die Zellkettenhypothese von Schwann und Balfour oder auch diejenige von Oskar Schultze nicht den wirklichen Vorgang der Nervenbildung bezeichnet, ist das eine Resultat meiner Unter- suchungen.... Dagegen hat sich anderseits gezeigt, dass die Beob- achtungen von Hensen über die intraplasmatische Lage der embryo- nalen Nervenfasern, der von OÖ. und R. Hertwig aufgestellte Satz, wornach der Bildung einer nervösen Kontinuität zwischen Zentrum und Endorgan eine rein plasmatische vorhergeht und besonders die Beobachtungen von His über den Ursprung der Nervenfasern aus den Neuroblasten miteinander vereinbar sind.... An und für sich ist der Gegensatz zwischen diesen drei Theorien unüberbrückbar. Denn nach His ist der Nerv der erste vollkommen frei und aus sich selbst herausgewachsene Neuroblastenfortsatz, der Zentrum und End- organ mit seinen Endstümpfen verbindet, Hensen dagegen lässt Anfang- und Endzellen schon vorher und von vornherein infolge unvollständiger Zellteilung verbunden sein und diesen in der Ent- wicklung mitgeführten Brückenrest der Mitosen zum Nerven sich umwandeln. Auch die Hertwig’sche Hypothese lehrt, dass Zentrum und Innervationsorgan schon vor dem Stadium des Nerven konti- nuierlich verbunden sind; nur ist diese vorzeitige Verbindung nicht primär im Sinne Hensens, sondern erst sekundär entstanden. Glatt und einfach kann also diese Vereinigung nicht sein, denn sie kostet der His’schen Lehre viele Hauptsätze bis auf den einen, der von der durchgreifenden Bedeutung des Neuroblasten für die Nerven- bildung handelt. Unberührt und ungeändert bleiben dagegen die folgenden Sätze der Hensen’schen Theorie. Dass vorhandene Verbindungen oder Urnerven zur Nervenbildung benutzt werden oder dass sie sich par- tiell in Nerven umwandeln, wird durch meine histogenetischen Unter- suchungen direkt nachgewiesen. Denn es hat sich gezeigt, dass die vordringende und mehr oder weniger verzweigte Wachstumsspitze der Nervensubstanz an ihren äusserten Enden eine über die jeweilen erreichte Länge ihrer Bahn hinausreichende Fortsetzung besitzt, die bereits als eine einfachere plasmatische Masse das vorgelagerte Innervationsorgan mit dem Neuroblasten verbindet.“ agegen nimmt Held Stellung gegen die Annahme Hensens, dass alle Nerven durch unvollkommene Trennung der Anfangs- und Endzellen entstanden sind. In diesem Punkte geht er mit den Hert- wig’s einig: „Der von O. und R. Hertwig gegebenen Auffassung, welche ‘das Nervensystem auf einen einfachen Zellenverband zurück- Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 575 führt und ihrer Annahme, dass ursprünglich getrennte Zellen erst sekundär durch Verschmelzung von Protoplasmafortsätzen Verbin- dungen eingegangen sind, stimme ich vollkommen bei“. Resümieren wir einen Augenblick, so lassen sich aus dem Chaos. der sich widersprechenden Ansichten etwa folgende Theorien her- ausschälen: A. Die Nervenfaser ist das Differenzierungsprodukt und die Mosaikarbeit mehrerer Zellen. 1. Hensen’sche Lehre: Die Nerven entstehen durch direkte Umwandlung der Plasmodesmen in Nerven. 2. Zellketten-Theorie von Schwann-Balfour: Die Nerven entstehen als Differenzierungsprodukte in loco im Innern von Zellreihen. 3. Apathy-Bethe’sche Theorie: Die Nerven entstehen als Differenzierungsprodukte besonderer Zellen, der Nerven- zellen, .und wachsen von hier aus auf den bereits vor- handenen Wegen der Plasmodesmen an den Ort ihrer Bestimmung (die Ganglien, Muskeln, Drüsen und Sinnes- zellen) hinein. B. Die Nervenfaser ist das Differenzierungsprodukt einer ein- zigen Zelle, des Neuroblasten. 1. His’sche Lehre: Die Nervenfaser wächst frei aus zwi- schen den Zellen hindurch. Held’sche Lehre: Die Nervenfaser wächst nicht frei aus, sondern durch die Substanz der benachbarten Zellen hindurch, und zwar auf dem bereits vorhandenen Wege von Plasmodesmen. In dieses Chaos haben nun die genialen experimentellen Ar- beiten von Harrison! und Braus”? ausserordentlich viel Licht und Ordnung gebracht. Gehen wir zuerst auf die Harrison’schen Experimente ein. Harrison schnitt ganz jungen Amphibienlarven (nach dem Vor- gehen von Braus) auf dem Stadium nach Schluss der Medullarfalten das Medullarrohr hinter dem Ohrbläschen aus und erhielt auf diese Weise Embryonen, die in ihrer ganzen Stammregion nervenlos waren. Implantierte er nun Gliederknospen, die von solchen nervenlosen Individuen genommen waren, auf normale, nervenhaltige Larven, so erhielten diese implantierten Knospen ein vollständig ausgebildetes Nervensystem, das auch bezüglich seiner Verteilung sich vollständig normal erwies. Harrison machte nun auch das Gegenstück zu diesem Versuch und implantierte eine normale Extremitätenknospe D° 576 Th. Schaeppi. ‚auf eine solche nervenlos gemachte Larve. Das Resultat war, dass die in der normalen Knospe enthaltenen Nervenäste bald einer Degeneration anheimfielen und dass in allen Fällen keine Spur von progressiver Entwicklung der Nerven stattfand. Harrison schliesst aus seinen Resultaten (ich zitiere nach Barfurth’s Übersetzung in den Ergebnissen der Anatomie und Entwicklungsgeschichte, Bd. 17): „Die Nerven werden nicht in situ in den transplantierten Gliedern ge- bildet, sondern wachsen in sie hinein von den Nerven des Wirts. Hensen’s Theorie vom primären Zusammenhang zwischen Nerven- zentrum und Endorgan ist unhaltbar, auch spielt die funktionelle Tätigkeit keine Rolle in der frühen Entwicklung der Nervenbahnen. Nerven erreichen die Glieder, sowohl die natürlichen wie die trans- plantierten, wenn die Glieder in den frühesten Stadien ihrer Ent- wicklung und zusammengesetzt sind aus einem indifferenzierten Plasma von Mesenchymzellen“. Harrison ging aber noch weiter. Es gelang ihm, isolierte Stückchen embryonalen Rückenmarks von Froschlarven in Deckglaskulturen zu züchten und den Nachweis zu erbringen, ‚dass tatsächlich ein unter dem Mikroskop direkt kontrollierbares Auswachsen der Nervenfasern aus den Neuroblasten sich vollzieht. Damit war einwandfrei auf experimentellem Wege be- wiesen, dass die Nervenfaser einer einzigen Zelle ihren Ur- sprung verdankt, dem Neuroblasten, und dass alle polyzel- lularen Theorien der Neurogenese unhaltbar sind. Harrison ging nun aber meines Erachtens in seiner Schlussfolgerung zu weit, wenn er sich nun sofort auf den Boden der His’schen Lehre von ‚dem freien Auswachsen des Achsenzylinders stellte, denn alle seine Experimente lassen sich auch heute noch vollständig glatt mit der Lehre von Held vereinigen, die den vorsprossenden Nerven, wie wir gesehen haben, auf den Bahnen von Plasmodesmen sich vorschieben lässt. Ich! habe seinerzeit zu den Schlussfolgerungen Harrisons Stellung genommen. etrachten wir zuerst jenen Fall, wo eine nervenlose Knospe einer normalen Larve implantiert wurde und dabei in dieser Knospe ein vollständiges und normales typisches Nervensystem sich ent- wickelte, so kann dieses Resultat für die Anhänger des Hensen’schen Prinzips der präexistierenden und bahnenden Plasmodesmen gar nichts Überraschendes enthalten. „Denn es ist ja offenbar“, schrieb ich (. c.), „dass in jenen nervenlosen Knospen schon längst; die protoplasma- tischen Zellverbindungen vorhanden waren, in deren Bahn sich späterhin die Nerven differenzieren konnten. Gerade der Umstand, dass die Ausbreitung der Nerven in den Knospen in ganz derselben normalen Weise erfolgt wie bei nervenhaltigen Knospen, erscheint Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 577: meines Erachtens im Lichte des Hensen’schen Prinzips viel leichter- verständlich zu sein, denn wir benötigen zu seiner Erklärung keiner Richtungsreize u. dergl.; es genügt für uns die Bahnung bereits. vorhandener Wege.“ Auch das Gegenexperiment spricht nicht gegen die Held’sche Auffassung der Neurogenese: „Es ist möglich“, berichtet Harrison, „eine nervenlose Larve für die Dauer eines Monats am Leben zu erhalten, indem man sie einer normalen Larve einpfropft, welche als Amma dient. Wenn nun eine normale Extremitätenknospe auf eine solche nervenlose Larve transplantiert wird, so degenerieren die in ersterer enthaltenen Nervenäste bald und es findet keine Spur von progressiver Entwicklung der Nerven in solchen Fällen statt“. Dieses. Resultat scheint mir höchstens gegen die sog. autogene Regeneration Bethes, auf die wir weiter unten eingehen werden, zu sprechen; sie steht aber gar nicht in Widerspruch mit der Held’schen Auf- fassung der Neurogenese. Eine Nervenbildung ohne Neuroblasten ist nach Held gar nicht möglich, es kann daher in den transplan- tierten Knospen auch gar nicht zur Nervenbildung kommen, gleich- gültig ob in diesen Knospen Plasmodesmen oder sogar weiter diffe- renzierte Nervenbahnen vorhanden waren, weil eben dem nervenlos: gemachten Wirte die Neuroblasten fehlen. Mit Recht sagt Braus’?: „Harrison hat nur bewiesen, dass. die Plasmodesmen nicht den Neuriten bilden. Über die Entstehung der Bahnen sagen Deckglaskulturen nichts“. Braus, dem das Verdienst zukommt, noch vor Harrison die Born’schen Transplantationsversuche in genialer Weise zur Frage von der Neurogenese herangezogen zu haben, stand nach seinen. ersten Experimenten auf dem Hensen’schen Standpunkte, wornach die Nerven aus der direkten Umbildung der Plasmodesmen hervor- gehen würden. Er ist dann aber durch seine weiteren Experimente, namentlich durch Aufnahme der Harrison’schen Deckglaskulturen zu der Überzeugung gelangt, dass die Neuriten aus den Neuroblasten auswachsen. Die Auswachsungstheorie steht also zweifellos. unerschüttert da. Es ist ein herrlicher Genuss, den beiden ge- nialen Experimentatoren Harrison und Braus auf ihren Unter- suchungswegen zu folgen und sie in ihren Arbeiten miteinander zu ver- gleichen. Übertrifft der Amerikaner an Intuition und experimenteller Technik vielleicht den Deutschen, so ist der letztere hinwiederum an Geistesschärfe und unbezwinglicher Logik dem ersteren überlegen. Braus hat die Versuche mit nervenlosen Knospen weitergeführt und gefunden, dass der von der Amme in die nervenlose Knospe eingewachsene Nerv ein vollständig typisches Nervensystem bildet. 578 ; * - Th. Schaeppi. „Verpflanzt man“, sagt Braus „die Extremitätenknospe des späteren Vorderbeines neben die des Hinterbeines, so können z. B. der letzte Bauchnerv und der erste Schwanznerv mit feinsten Ästehen in den Pfröpfling eindringen ... und in ihm ein typisches Nervensystem erzeugen. Auch Äste des Seitenastes des vagus, welcher in der Nähe vorbeizieht, vermögen das gleiche (Harrison). Oder wenn ich die Knospe auf den Kopf implantiere, so vermag der Facialis oder der Trigeminus alles genau in der beschriebenen Weise zu bilden, so ‚dass schliesslich viele dieser überschüssigen Arme spontan bewegt werden, oder durch den elektrischen Strom künstlich zu Bewegungen veranlasst werden können.* Dabei muss man diese Tatsache nicht mit Nervenpfropfungen bei Erwachsenen vergleichen, wo ja die aus- wachsenden Nervenbahnen eine fertige Bahn vorfinden, denn in den nervenlosen Knospen ist ja noch gar keine fertige Bahn vorhanden. Kann man nun annehmen, frägt Braus, dass der diesem Endziel völlig fremde Nerv aus sich heraus den richtigen Weg findet? Mnemische Gründe im Sinne von Semon könnte man ja nur dann ‚annehmen, wenn z. B. die vorderen Armnerven in eine nervenlose Knospe einwandern würden, welche der Gegend der Vorderextremität “entnommen wurde. Davon ist aber bei den Braus’schen Versuchen gar nicht die Rede, man kann doch dem Facialis, der in eine Knospe der Vorderextremität hineinwächst und daselbst ein völlig typisches Nervensystem bildet, sicherlich keine mnemischen Triebe zuschreiben. Die Experimente von Lewis beweisen übrigens, dass der Nerv in situ so wenig wie in vitro die richtige Bahn aus sich selbst heraus- finden kann, sondern Irrwege geht. H. W. Lewis!’ hat (1907) Ge- hirnstückchen in den Kopf anderer Embryonen verpflanzt und aus ihnen, da an diesen Stellen normaliter gar keine Nervenbahnen exi- ‚stieren, ganz irregulär verteilte Neuriten auswachsen sehen. „Diese Irrwege der Nerven“, sagt Braus, „beweisen, dass der Neurit nicht einmal die charakteristische Torktung des ihm gewöhnlich eigenen Weges zu erzeugen, geschweige denn fremde Wege zu bilden ver- mag. Die Ausflüsse der Neuroblasten verhalten sich vielmehr wie ein geschmolzenes Metall, das, sobald es in einen Hohlraum einge- lassen wird, einen Abguss, eine Matrize bildet, das aber ohne Form die beliebigsten Figuren erzeugt, wie beim Bleigiessen in der Syl- vesternacht. Trifft daher ein beliebiger Neuroblast bei den Pfrop- fungen auf irgendeine Nervenbahn, so ist sein Verlauf ein getreues Abbild des gewöhnlich an der Stelle befindlichen Nerven, trifft er nicht auf eine solche, so geht er beliebige Irrwege.* Wenn nun aber der Nerv nicht aus sich selbst den richtigen ‘Weg findet, so fragt Braus weiter, welche Mechanismen führen ihn v y Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 579 denn zwangsläufig auf die richtige Bahn? Eine rein passive Rolle wäre nach Braus hiebei a priori denkbar. Wir könnten z. B. die Muskelanlagen der Flossen der Haie wie eine Reihe von Stromläufen auffassen, welche aus den Rumpfmuskelanlagen wie aus Quellen her- vorbrechen, sich in die Flosse ergiessen und sich nun zwar als selbständige Rinnsale fortsetzen, aber doch dabei durch Verbindungs- arme vereinigen, so dass eine teilweise Durchmischung stattfindet. „Die Nerven verhielten sich nun nach unserer Hypothese, um im Bilde zu bleiben, wie ein Treibholz oder ein ruderloser Nachen, welche — selbst untätig — doch durch die Welle flussabwärts bestimmte Wege ziehen und bestimmte Ziele erreichen können. Denn der Nerv ist von vornherein mit den unpaaren Knospen in Verbindung und folgt diesen als langer Faden in die Flosse.“* Allein für die paarigen Knospen der Haie kann diese Annahme keine Geltung haben, denn sie stehen nach übereinstimmenden Untersuchungen aller Forscher anfänglich nicht mit Nerven in Verbindung. Auch würde uns dies ja nur den Mechanismus für die motorischen und nicht auch für die Hautnerven erklären. Wir können auch nicht annehmen, dass der motorische Nerv den sensiblen auf seinem Wege mitschleppt, denn wir können ja den motorischen Nerv experimentell ausschalten und sehen, dass trotzdem der sensible Nerv den richtigen Weg findet. Es folgt aus alledem, dass der auswachsende Nerv sich nicht rein passiv, sondern auch aktiv verhalten muss. Und diese Möglichkeit ist nun nach Braus gegeben, wenn wir uns in Übereinstimmung mit Held der Annahme hingeben, dass der junge Neurit auf schon vorhandenem Wege, auf der Bahn von Plasmo- desmen auswächst. Ist nun aber, so frägt Braus zum Schlusse, auch ein Auswachsen der Nerven ohne Plasmodesmen möglich? Eine bestimmt bejahende Antwort gibt Braus nicht auf diese Frage, aber er bringt, wie er sich ausdrückt, einen Indizienbeweis für die Möglichkeit eines der- artigen Auswachsens ohne die bahnende Hülfe von Plasmodesmen und führt drei experimentelle Fälle an, in denen Nerven veranlasst wurden, typische Nervenbahnen zu vermeiden und statt dessen Irr- wege zu gehen. Endlich wendet sich Braus noch mit vollem Rechte gegen die namentlich von Ramon y Cajal und andern Verfechtern der Neuronenlehre vertretene Anschauung, dass chemotaktische Reize im Sinne von Pfeffer die auswachsenden Nerven dirigieren. Diese Annahme ist beim Durchdenken leicht ad absurdum zu führen. Da- gegen könnten möglicherweise bei der Neurogenese ähnliche Mecha- nismen eine Rolle spielen wie bei der Linsenbildung. ei 578 * - Th. Schaeppi. „Verpflanzt man“, sagt Braus „die Extremitätenknospe des späteren Vorderbeines neben die des Hinterbeines, so können z. B. der letzte Bauchnerv und der erste Schwanznerv mit feinsten Ästehen in den Pfröpfling eindringen ... und in ihm ein typisches Nervensystem erzeugen. Auch Äste des Seitenastes des vagus, welcher in der Nähe vorbeizieht, vermögen das gleiche (Harrison). Oder wenn ich die Knospe auf den Kopf implantiere, so vermag der Facialis oder der Trigeminus alles genau in der beschriebenen Weise zu bilden, so ‚dass schliesslich viele dieser überschüssigen Arme spontan bewegt werden, oder durch den elektrischen Strom künstlich zu Bewegungen veranlasst werden können.“ Dabei muss man diese Tatsache nicht mit Nervenpfropfungen bei Erwachsenen vergleichen, wo ja die aus- wachsenden Nervenbahnen eine fertige Bahn vorfinden, denn in den nervenlosen Knospen ist ja noch gar keine fertige Bahn vorhanden. Kann man nun annehmen, frägt Braus, dass der diesem Endziel völlig fremde Nerv aus sich heraus den richtigen Weg findet? Mnemische Gründe im Sinne von Semon könnte man ja nur dann ‚annehmen, wenn z. B. die vorderen Armnerven in eine nervenlose Knospe einwandern würden, welche der Gegend der Vorderextremität entnommen wurde. Davon ist aber bei den Braus’schen Versuchen gar nicht die Rede, man kann doch dem Facialis, der in eine Knospe ‚der Vorderextremität hineinwächst und daselbst ein völlig typisches Nervensystem bildet, sicherlich keine mnemischen Triebe zuschreiben. Die Experimente von Lewis beweisen übrigens, dass der Nerv in situ so wenig wie in vitro die richtige Bahn aus sich selbst heraus- finden kann, sondern Irrwege geht. H. W. Lewis!” hat (1907) Ge- hirnstückchen in den Kopf anderer Embryonen verpflanzt und aus ihnen, da an diesen Stellen normaliter gar keine Nervenbahnen exi- ‚stieren, ganz irregulär verteilte Neuriten auswachsen sehen. „Diese Irrwege der Nerven“, sagt Braus, „beweisen, dass der Neurit nicht einmal die charakteristische Formung des ihm gewöhnlich eigenen Weges zu erzeugen, geschweige denn fremde Wege zu bilden ver- mag. Die Ausflüsse der Neuroblasten verhalten sich vielmehr wie ‚ein geschmolzenes Metall, das, sobald es in einen Hohlraum einge- lassen wird, einen Abguss, eine Matrize bildet, das aber ohne Form ‚die beliebigsten Figuren erzeugt, wie beim Bleigiessen in der Syl- vesternacht. Trifft daher ein beliebiger Neuroblast bei den Pfrop- fungen auf irgendeine Nervenbahn, so ist sein Verlauf ein getreues Abbild des gewöhnlich an der Stelle befindlichen Nerven, trifft er nicht auf eine solche, so geht er beliebige Irrwege.“ Wenn nun aber der Nerv nicht aus sich selbst den richtigen Weg findet, so fragt Braus weiter, welche Mechanismen führen ihn Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 579 denn zwangsläufig auf die richtige Bahn? Eine rein passive Rolle wäre nach Braus hiebei a priori denkbar. Wir könnten z. B. die Muskelanlagen der Flossen der Haie wie eine Reihe von Stromläufen auffassen, welche aus den Rumpfmuskelanlagen wie aus Quellen her- vorbrechen, sich in die Flosse ergiessen und sich nun zwar als selbständige Rinnsale fortsetzen, aber doch dabei durch Verbindungs- arme vereinigen, so dass eine teilweise Durchmischung stattfindet. „Die Nerven verhielten sich nun nach unserer Hypothese, um im Bilde zu bleiben, wie ein Treibholz oder ein ruderloser Nachen, welche — selbst untätig — doch durch die Welle flussabwärts bestimmte Wege ziehen und bestimmte Ziele erreichen können. Denn der Nerv ist von vornherein mit den unpaaren Knospen in Verbindung und folgt diesen als langer Faden in die Flosse.“ Allein für die paarigen Knospen der Haie kann diese Annahme keine Geltung haben, denn sie stehen nach übereinstimmenden Untersuchungen aller Forscher anfänglich nicht mit Nerven in Verbindung. Auch würde uns dies ja nur den Mechanismus für die motorischen und nicht auch für die Hautnerven erklären. Wir können auch nicht annehmen, dass der motorische Nerv den sensiblen auf seinem Wege mitschleppt, denn wir können ja den motorischen Nerv experimentell ausschalten und sehen, dass trotzdem der sensible Nerv den richtigen Weg findet. Es folgt aus alledem, dass der auswachsende Nerv sich nicht rein passiv, sondern auch aktiv verhalten muss. Und diese Möglichkeit ist nun nach Braus gegeben, wenn wir uns in Übereinstimmung mit Held der Annahme hingeben, dass der junge Neurit auf schon vorhandenem Wege, auf der Bahn von Plasmo- desmen auswächst. Ist nun aber, so frägt Braus zum Schlusse, auch ein Auswachsen der Nerven ohne Plasmodesmen möglich? Eine bestimmt bejahende Antwort gibt Braus nicht auf diese Frage, aber er bringt, wie er sich ausdrückt, einen Indizienbeweis für die Möglichkeit eines der- artigen Auswachsens ohne die bahnende Hülfe von Plasmodesmen und führt drei experimentelle Fälle an, in denen Nerven veranlasst wurden, typische Nervenbahnen zu vermeiden und statt dessen Irr- wege zu gehen. Endlich wendet sich Braus noch mit vollem Rechte gegen die namentlich von Ramon y Cajal und andern Verfechtern der Neuronenlehre vertretene Anschauung, dass chemotaktische Reize im Sinne von Pfeffer die auswachsenden Nerven dirigieren. Diese Annahme ist beim Durchdenken leicht ad absurdum zu führen. Da- gegen könnten möglicherweise bei der Neurogenese ähnliche Mecha- nismen eine Rolle spielen wie bei der HEN BURN 580 Th, Schaeppi. hat bekanntlich experimentell nachgewiesen, dass jede beliebige Stelle des Ektoderms zur Bildung einer Linse gezwungen werden kann, je nachdem man die Augenbecheranlage bald da bald dorthin verpflanzt. Immer da, wo der Augenbecher das Ektoderm berührt, entsteht nach Spemann im Ektoderm eine Linse („Tigmomor- phose*). „Könnten bei der Entstehung der Nervenbahnen ähnliche Pro- zesse eine Rolle spielen?“ frägt Braus. „Es würde dann bei den Pfropfungen die Berührung einer Extremitätenknospe mit einem Nerv genügen, um diesen über die Aufgaben zu orientieren, welche er in der Knospe zu übernehmen hat: Über die Bahn und ihre Be- sonderheiten, über das Ziel und dessen Spezifität. Genau so wie der Augenbecher die fremden Ektodermzellen induziert, die Linsen- fasern und den Linsenstern zu erzeugen. Die früher besprochene Anschauung, dass die Nerven von alteingesessenen Teilen eines autochthonen Reizleitungssystems, von den Plasmodesmen und even- tuell von mit diesen verbundenen Leitzellen (Held) geführt werden, mechanisiert den Vorgang in allen seinen einzelnen Etappen. Der Nerv folgt unter den zahllosen Plasmodesmen des embryonalen Kör- pers von vornherein der richtigen Spur oder folgt — bei Propfungen — einer beliebigen Spur, die er gerade findet. Er braucht nur das Vermögen zu haben, die zur Nervenbahn prädestinierte (durch Ge- brauch und Lage allmählich gewordene) Plasmodesme an ihren che- mischen und physikalischen Eigentümlichkeiten unter und von den anderen zu unterscheiden. Die Fähigkeit ist natürlich grundver- schieden von der, ein Ziel ohne Strasse durch Chemotaxis zu finden, sie entspricht vielmehr dem Vermögen durchschnittener, erwachsener Nerven, durch Neurotaxis alten Nervenbahnen zu folgen. Der Weg ist in diesen Fällen in allen seinen Einzelheiten mechanisch gesichert, wie der Weg des Jagdhundes nur durch die Spur des Wildes und die Reise einer. Cookgesellschaft manchmal nur durch Cook be- stimmt ist.“ Wie verhält sich nun zu all diesen histogenetischen und experi- mentellen Ergebnissen die Neuronenlehre? Kann sie noch zu Recht bestehen? Wenn sich ihre Anhänger nur noch mit der einen Tat- sache begnügen, dass der ausgebildete Nerv das Differenzierungs- produkt einer einzigen Zelle, des Neuroblasten, ist, dann freilich ja; wenn sie aber von selbständigen Neuronen spricht, dann nein, denn, wie wir nun gesehen, sind die einzelnen Nervenelemente schon auf frühester Stufe durch reizleitende Bahnen miteinander verbunden. Die Kontakttheorie ist auch ontogenetisch eine Irrlehre. ER Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 581 4. Die Neuronentheorie im Lichte der pathologischen Anatomie. Hier sind es vor allem die Resultate der experimentellen Neuro- pathologie, respektiv die Lehre von den Degenerationen, welche unser Problem berühren. Es war zuerst Forel!?’, welcher den Be- griff des Neurons in die pathologische Anatomie des Nervensystems eingeführt hatte, weil ihm derselbe die Erscheinungen der primären und sekundären Degenerationen am leichtesten zu erklären schien. Wir können mit Kohnstamm!°° die Degenerationen folgendermassen einteilen: A. Direkte Degeneration (Degeneration innerhalb eines Neurons) 1. Wallersche oder zellulifugale Degeneration, 2. Retrograde oder zellulipetale Degeneration (sowohl der Nervenfaser als auch der Zelle). Indirekte Degeneration (Degeneration über das primäre Neuron hinaus in ein zweites oder drittes Neuron) 1. Aufsteigende Degeneration, 2. Absteigende Degeneration. 1. Die zellulifugale oder peripherische Degeneration: Das Wal- ler'sche Gesetz (1852) besagt bekanntlich folgendes: Nach Durch- schneidung motorischer Wurzeln degenerieren die Nervenfasern nur nach der Peripherie hin und es tritt Atrophie in den zugehörigen Muskeln ein. Bei der Durchschneidung der sensiblen Muskeln bleiben die Nervenfasern im peripheren Nerven bis zur Durchschneidungs- stelle (also auch in dem Teil, welcher nach innen von dem Spinal- ganglion liegt) intakt, während der am Rückenmark gelegene Teil der Wurzel degeneriert, und zwar, wie wir jetzt wissen, bis weit in das Rückenmark hinein (Hinterstrangdegeneration). Daraus schloss Waller, dass die Degeneration zustande komme durch Abtrennung der Nerven von einem in den Ganglien gelegenen nutritorischen oder trophischen Zentrum, welches für die motorischen Fasern im Rücken- mark (Vorderhornzelle) für die sensiblen im Spinalganglion gelegen ist. Es ist ohne weiteres klar, dass die Waller’sche Degeneration sich mit der Neuronentheorie gut vereinigen lässt. Kann sie indessen nicht auch mit der Kontinuitäts- oder Fibrillentheorie in Einklang gebracht werden? Wie Bethe!: zeigt, freilich. Und zwar aus dem Grunde weil fürs erste, wie schon Engelmann'” und Ziegler!!° und später Bethe selbst nachgewiesen haben, bei der Durchtrennung eines motorischen Nerven auch im zentralen Ende Degeneration auf- tritt. Aber auch das langsame und sukzessive Fortschreiten der Degeneration im peripheren Ende von Segment zu er oz Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. N 582 Th. Schaeppi. gegen die Annahme eines trophischen Zentrums: „Würde“, so sagt Bethe, „die Faser bei der Durchtrennung einem trophischen Ein- flusse entzogen, so müsste sich dieser sofort gleichzeitig in der ganzen Peripherie geltend machen, was aber nicht der Fall ist. Zu- dem beobachtete Bethe, dass die Degeneration des peripheren Stückes durch Reizung nicht verlangsamt, sondern beschleunigt wird. Es gibt nach Bethe nur eine Ursache für die Degeneration, das Trauma, die Verletzung. Beweis: Traumen (z. B. Nervenkom- pression), welche keine Leitungsunterbrechungen zur Folge haben, ziehen trotzdem Nervendegeneration nach sich. Umgekehrt aber folgt auf Leitungsunterbrechung (z. B. durch Ammoniakdämpfe) nicht notwendigerweise Degeneration. 2. Die retrograde Degeneration: Nach dem Waller’schen Ge- setze sollte die Degeneration nur peripherwärts erfolgen. Begründete Einwände traten schon früh auf. Schon Dikens!!! (1869) und Forel!" (1886) haben gezeigt, dass neben der peripherischen De- generation eine, allerdings sehr langsam sich vollziehende, zentrale oder zentripetale Degeneration der Faserstümpfe und Ganglien auf- tritt. Marinesco'! stellte daher 1892 die Hypothese auf, dass auf die Dauer die Ganglienzellen nicht ohne die ihnen von der Peripherie zuströmenden Reize sich am Leben erhalten könnten. Durch die epochalen Arbeiten Nissl’s (l. ec.) wurde aber auf Grund einer eigenen Methode festgestellt, dass schon nach 24 Stunden nach der Nerven- verletzung eine retrograde Degeneration in den zugehörigen Gang- lienzellen sich zeigt, welche in einem zirkumskripten Zerfall der färberischen Substanz (der Tiroidschollen) sich kenntlich macht. Dieser Zerfall dehnt sich dann in den nächsten Tagen über den ganzen Zelleib aus. Die Nissl’schen Befunde sind späterhin von Marinesco'!®, Goldscheider!"®, Lugaro!!* und andern bestätigt worden. Die Nissl’schen Ergebnisse lassen sich natürlich mit der Neuronentheorie nur schwer in Einklang bringen, widersprechen aber keineswegs der Kontinuitätstheorie, resp. der Fibrillentheorie. 3. Wie verhält es sich aber nun mit der sekundären, der auf- und absteigenden Degeneration? Also beispielsweise der Degeneration der Vorderhornzellen mit Muskelatrophie bei zerebraler Hemiplegie oder Atrophie der Hiterstrangkerne nach Rindenzerstörung? „Über die Frage, in welcher Weise die Zerstörung des einen Neurons das nächste schädigend beeinflusst, besteht“, sagt Hoche (1. e.), „keine durchwegs angenommene Theorie; jedenfalls sind die degenerativen Erscheinungen in dem zweiten und dritten Neuron dem Tempo ihrer Entwicklung und den histologischen Veränderungen nach total ver- schieden von dem Vorgange im primär betroffenen Neuron.“ Wenn Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 583 beispielsweise nach einer Zerstörung der Zentralwindungen die Gang- lienzellen des entsprechenden Vorderhorns zunächst nicht alteriert werden, späterhin aber eine Volumsveränderung erfahren, so glaubt Hoche dies auf eine Inaktivitätsatrophie zurückführen zu müssen. Es gibt nun aber gewisse indirekte Degenerationen, die so rasch und prompt einsetzen wie die direkten: Es sind dies die indirekten Tigrolysen oder Chromatolysen (z. B. die indirekten Chromatolysen der motorischen Vorderhornzellen nach Durchschneidung der hinteren Rückenmarkswurzel (Bräunig!®), die indirekte Zelldegeneration des dorsalen Vaguskernes nach Durchschneidung des Vagusstammes (Marinesco und Van Gehuchten), sowie diejenige der Klarke’schen Säulen nach Durchschneidung der hinteren Wurzeln (Onufrowie). Die Anhänger der Neuronentheorie können sich auch hier nur wieder mit der von Marinesco, später von Goldscheider übernommenen Hilfshypothese helfen, dass diese Degeneration durch den Wegfall funktioneller Reize eintreten würden. Für die Anhänger der Kon- tinuitätslehre sind dagegen auch diese Fälle viel durchsichtiger, weil diese Lehre einen direkten fibrillären Zusammenhang der Degene- rationsherde statuiert. Ein einfaches Beispiel möge uns nun die verschiedene Auffassungs- weise der primären und sekundären Degeneration im Lichte der Kontakt- und Kontinuitätslehre klarlegen: Nehmen wir den Fall, dass nach partieller Zerstörung der linken Zentralwindung eine Lähmung der rechten Unterextremität eintritt, so sehen wir zuerst eine Degeneration im primären Neuron (Hirnrinde bis motorische Vorder hassen) u später eine solche im sekundären Neuron (Vorder- hörner bi öses Endorgan) auftreten. Die Neuronen- oder Kontakt- theorie nimmt in der ersten , Phase eine direkte trophische Störung an und erklärt sich die sekundäre Degeneration durch Funktionsausfall. Die Kontinuitätstheorie dagegen erklärt sich die Degeneration der ersten Phase dadurch, dass an der Stelle des Krankheitsherdes eine Leitungsunterbrechung derjenigen Fasern stattgefunden hat, die von allen möglichen Seiten herströmend, gerade hier zur Aktivierung der ausfallenden Funktion sich zusammengefunden haben, die sekun- äre Degeneration aber dadurch, dass ein kleiner Bruchteil von Fasern durch die Vorderhörner oder auf dem Wege von Kollateralen direkt von der Hirnrinde nach der Peripherie zieht und infolge seiner Zerstörung eine Degeneration in den peripheren Teilen nach sich zieht. Wir sehen also, dass auch auf pathologischem Gebiete die Neuronentheorie mit manchen Tatsachen nicht oder nur sehr schwierig sich vereinigen lässt, während die Koninniele el auf Widerspruch stösst. 584 Th. Schaeppi. Wie steht es nun aber mit den Resultaten, welche sich bezüglich der Regeneration der Nerven ergeben haben? Da dieses Gebiet zuerst und vornehmlich von pathologischen Anatomen in Angriff genommen worden ist, so erscheint es mir am zweckmässigsten, dieses Kapitel im Anschlusse an die Lehre von den Nervendegenerationen zu be- handeln. Die Arbeiten über dieses Thema sind indessen so überaus zahlreich und zum Teil so schwer zugänglich, dass ich mich in meinem Referate darauf beschränken muss, nur die wichtigsten Ergebnisse hier zu erörtern, zumal über die Kernfrage, d.i. die Entstehung des regenerierten Axenzylinders, bis anhin keine Einigung erzielt worden ist. Die älteste, von Waller, Ranvier und vielen anderen Autoren vertretene Ansicht über die Nervenregeneration geht dahin, dass die Wiederbildung des Axenzylinders durch Auswachsen aus dem zentralen Nervenstumpf erfolgt. Mit D. Deineka!' kann man die Vertreter dieser Lehre als „Monogenisten“ bezeichnen. „Dieser alten Ansicht gegenüber“ — ich zitiere nach Stiedas’ Referat in den Ergebnissen der Anatomie und Entwicklungsgeschichte, Bd. 20 — „bat eine Reihe jüngerer Autoren (Polygenisten) von Büngner, Bethe, Marchand, Ballance u. a. eine neue Theorie ausgesprochen: Die autogene Regeneration des peripheren Nervenstückes. Sie be- haupten, dass der Degeneration nicht die ganze Nervenfaser eines abgetrennten Stückes verfalle, sondern nur der Axenzylinder und die Markscheide. Die Schwannsche Scheide wird nicht von der Degene- ration betroffen — im Gegenteil, sie lässt eine erhöhte Lebenstätigkeit erkennen, die den Zellen der Scheide angehörigen Kerne vermehren sich — durch die Tätigkeit der Zellen der Schwannschen Scheide werden der Axenzylinder und die Markscheide wieder hergestellt.“ Es ist wohl ohne weiteres einleuchtend, dass diese letztere Auf- fassung der Neuronenlehre direkt zuwiderläuft und es ist daher nicht überraschend, wenn wir im Lager der Monogenisten die Anhänger der Neuronentheorie, in der Reihe der Polygenisten aber die Gegner derselben antreffen. Freilich finden sich, wie wir weiter unten sehen werden, nicht wenige Autoren die in dieser Frage eine vermittelnde Stellung einnehmen und demgemäss nicht ohne weiteres für oder gegen die Neuronenlehre auftreten. Wenden wir uns zunächst zu den Monogenisten, wie sie Deineka nennt. Unter den neueren Autoren vertritt Kolster''* die Ansicht, dass sowohl der Axenzylinder als auch die Markscheide der neuge- bildeten Nervenfasern durch kontinuierliches Auswachsen aus dem zentralen Stumpf entstehen und dass die Schwannschen Zellen des peripheren Nervenstumpfes im Gegensatze zur Behauptung der Poly- genisten für die Nervenbildung von gar keiner Bedeutung sei. Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 585 Langley und Anderson!" meinen, dass die sogenannte autogene Regeneration. durch seitliches Einwachsen zentraler Nervenfasern in den peripheren Stumpf vorgetäuscht werde. Sie durchschnitten oder exstirpierten deshalb in ihren Experimenten alle Nerven der Umgegend, von denen etwa ein Einwachsen möglich war und beobachteten darauf, dass in den peripheren Nervenstümpfen keine einzige markhaltige Nervenfaser zur Entwicklung gelangte. Immerhin fanden sie doch eine Anzahl markloser Fasern vor! Moll, Halliburton und Eduards!!” gingen experimentiell so vor, dass sie nach Durchschneidung der Nerven die peripheren Stücke in Drainröhrchen einschlossen. Sie fanden nach 100—150 Tagen keine Andeutung von autogener Regeneration in den peripheren Stümpfen. Ähnlich ging Purpura!? vor, der dem zentralen Stumpf eine Gummikappe aufsetzte und beobachtete, dass der zentrale Stumpf im Bereiche der Gummikappe degenerierte und die Degeneration von weiter zentral gelegenen Teilen dieses Stumpfes ausging. Ramon y Cajal!?' wandte bei seinen Versuchen elektive Fär- bungen der Axonen und des Nervenprotoplasmas an, um den leitenden Teil der Nervenfaser von den adventitiellen Bildungen. unterscheiden zu können. Durch grosse Resektionen und gegenseitige Verschie- bungen des zentralen und des peripheren Stumpfes suchte er der Regeneration Hindernisse in den Weg zu legen. Er fand nun, dass die Axonen des zentralen Stumpfes aus sich heraus neue Fasern hervorgehen lassen, die sich verzweigen und mit grosser Schnelligkeit peripherwärts wachsen. Und zwar erfolgt dieses Auswachsen schon vom zweiten Tage nach der Durchschneidung an, also lange bevor es zur Bildung der sogenannten von Büngnerschen Zellenbänder kommt, die sich aus den Schwannschen Zellen des peripheren Stumpfes ent- wickeln und nach Auffassung der Polygenisten die Bildner der sich regenerierenden Nervenfasern sind. Die verdickten Enden der jungen Axonen sind zuerst nackt und erhalten vom 4. bis 5, Tag an eine kernreiche Scheide, die von der Matrix der Axonen — also vom zentralen Stumpfe — herstammt. Die auswachsenden Axonen dringen in grosser Zahl in die Peripherie vor, wobei sie die oben angegebenen Hindernisse meist glatt zu überwinden vermögen. Die Schwannschen Zellen des peripheren Stumpfes wirken wahrscheinlich durch Chemo- taxis auf die einwandernden Axonen und weisen ihnen so den Weg. Auch Perroneito'?? betont, dass die neugebildeten Axonen am Ende des zentralen Stumpfes auftreten, noch bevor die so- genannten Zellenbänder im peripheren Stumpfe sich gebildet haben. Die Mehrzahl der neugebildeten Nervenfasern wachsen aus lateralen 586 = - - Th. Schaeppi. Knospen des zentralen Stumpfes aus, indem der äusserste Abschnitt dieses Stumpfes meistens der Degeneration anheimfällt. Perroncito verwirft also ebenfalls jede autogene Regeneration im peripheren Stumpfe. Zu ganz analogen Ergebnissen gelangen sodann Lugaro'*, Besta'*, Krassin!®, Münzer und Fischer und Deineka'*, Nicht auf Grund von experimentellen Untersuchungen, sondern teils aus theoretischen Gründen, teils von entwicklungsgeschichtlichen Arbeiten ausgehend, nehmen Retzius!”, von Lenhossek®"», Strasser!” und Münzer'” Stellung zum Higenisrätionsprohleih und schliessen sich dabei, indem sie die Neuronentheorie verteidigen, der alten Waller-Ranvierschen Lehre an. Unter den Polygenisten jüngeren Datums ist in erster Linie Albrecht Bethe"® zu nennen. In Übereinstimmung mit älteren Autoren wie Philipaux und Vulpian fand Bethe, dass nach Nerven- exzision nicht nur der zentrale, sondern auch der periphere Stumpf regeneriert,: dass mithin in diesem letzteren eine autogene Regeneration zustande kommt. In den peripheren Stümpfen tritt eine Vergrösserung und Proliferation der Kerne der Schwannschen Scheide ein und es kommt durch die Tätigkeit dieser Kerne zur Bildung von proto- plasmatischen Zellsträngen, den sogenannten Bandfasern. Diese Band- fasern entwickeln sich weiterhin durch Differenzierung eines peri- pheren Mantels und eines axialen Stranges zu den „Axialstrangfasern“ (Bethe), welche nach Bethe die Vorläufer der sich autogen regene- rierenden Nervenfasern sind. Ihre nervöse Natur geht schon daraus _ hervor, dass sie nach erneuter Durchschneidung in ganz ähnlicher Weise degenerieren wie die Nervenfasern und dass sie fast ebenso stark auswachsen können wie zentrale Stümpfe. Bethe zeichnet sich in seinen Arbeiten, wie Barfurth (Ergebnisse aus der Entwicklungsgesch. Bd., XVI) mit Recht hervorhebt, durch eine ausserordentlich klare Fragestellung aus, indem er zu eruieren sucht, was bei der Regeneration der zentrale Stumpf allein und was der periphere Nervenabschnitt aus sich heraus zu leisten vermag. „Bethes Versuche ergeben* — ich zitiere nach Barfurth —, „dass die Nervenregeneration nicht rein zentraler Natur allein sein kann, denn die mit einem Teil ihres Neuriten zusammenhängende Ganglienzelle kann den verloren gegangenen Teil nicht ganz ersetzen. benso kann die anatomische und physiologische Wiederherstellung des peripheren Teiles eines durchschnittenen Nerven — wenigstens beim erwachsenen Tier — nicht rein autogener Natur sein, denn in einem solchen Stumpf tritt weder eine vollständige histologische Wiederherstellung ein noch wird der Stumpf wieder erregbar und Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 587 leitend. Es wirken also bei der histologischen und funktionellen Wiederherstellung durchschnittener Nerven Einflüsse des zentralen Stumpfes mit Prozessen im peripheren Stumpf zusammen. Die Schwierigkeit besteht darin, den Anteil zu bestimmen, der jedem der beiden Faktoren zukommt, und die wichtigste Frage bleibt: „Was kann die dauernd von ihrem nutritorischen Zentrum abgetrennte Nervenfaser im besten Falle aus sich selbst heraus an Regeneration leisten?“ Eine Regeneration dieser Art ist nur bei jugendlichen Individuen möglich, aber hier ist sie bis zur Leitungsfähigkeit der Nerven möglich.“ Ballance und Stewart?! kamen auf Grund ihrer Experimente gleichfalls zu der Ansicht, dass nach Durchschneidung der Nerven die Regeneration ebensosehr vom peripheren als vom zentralen Ende ausgeht. Die autoregenerierten Nervenfasern entwickeln sich aber erst dann vollständig, wenn durch Naht oder Einpflanzung von Nervengewebe für Kontakt des zentralen und peripheren Stumpfes gesorgt ist. Nach der Wiedervereinigung der Stümpfe tritt die Sensibilität stets vor der Motilität wieder auf.“ „Wenn dies richtig ist“, bemerkt Barfurth (Ergebn. Bd. XIT), „so hat Stewart recht, wenn er sagt, dass hierdurch die Neuronentheorie wenigstens für das periphere Nervensystem gestürzt ist.“ In einer ausführlichen Arbeit tritt Lapinski'”* für das Vor- kommen autogener Regeneration auf. Um das eventuelle Einwachsen zentraler Fasern in den peripheren Stumpf zu verhindern, liess er Zwischenräume zwischen den Stümpfen offen, oder er nähte das eine Ende nach oben, das andere Ende nach unten in die Haut ein oder endlich, er quetschte die Enden mit einer Kornzange und beliess die- selbe in der Wunde. In allen Fällen trat autogene Regeneration auf. Für autogene Regeneration sprechen sich endlich Raimann '*® und Razzaboni'®* auf Grund ihrer Experimente aus, desgleichen Margulis!?, der aber — wie übrigens auch Bethe (siehe oben) — hervorhebt, dass die autogene Regeneration beim erwachsenen Tier nur bis zur Bildung von Bandfasern gelangt. Eine vermittelnde Stellung in der Frage der Nervenregeneration nehmen nun Wieting!®*, Neumann!?” und Walter'” ein, indem sie im Gegensatz zu den Monogenisten (Ramon y Cajal u. a.) betonen, dass die Regeneration der Nerven im peripheren Stumpf durch die Proliferation und Differenzierung der Kerne der Schwannschen Scheide erfolgt, dass aber im Gegensatz zu den Polygenisten (Bethe u. a.) die Regeneration nur in Abhängigkeit vom Zentrum vor sich geht. Wieting hebt dabei hervor, „dass die Fibrillenbildung direkt im Anschluss an den alten Axenzylinder auftritt und nun der Prozess 588 - Th. Schaeppi. gleichmässig, nicht sprungweise, peripherwärts fortschreitet, dass also von Anfang an eine Verbindung mit dem alten Axenzylinder vorhanden ist.“ „Es handelt sich dabei aber nicht um ein einfaches Auswachsen der alten Faser, der die Schwannschen Scheidenzellen nur den Weg weisen, sondern es handelt sich um eine fibrilläre Umwandlung des von den Kernen der Schwannschen Scheide TR Protoplasmas im ee an die Fibrillen des alten Axenzylinders.“ ildung des neuen Axenzylinders erfolgt also nach Wieting im direkten Anschlusse an den zentralen Stumpf, wobei er freilich die Frage offen lässt, ob diese Bildung durch Auswachsen aus dem alten Axenzylinder oder durch Umwandlung des von den Schwannschen Kernen gelieferten Protoplasmas vor sich geht. Neumann bekennt sich zu der Auffassung, „dass die neuen Fasern einer in dem protoplasmatischen Inhalt der degenerierten Fasern ein- tretenden spezifischen Differenzierung („formativen Tätigkeit‘) ihren Ur- sprung verdanken und dass der Impuls zu dieser Differenzierung sich in der Richtung vom Zentrum nach der Peripherie von Strecke zu Strecke fortpflanzt, sodass die neuen Fasern aus lauter einzelnen Seg- menten sich aufbauen, die erst nachträglich verschmelzen.“ Dieser Neumannschen Auffassung entspricht auch diejenige von Walter. „Während Bethe*, ich zitiere wieder nach Barfurths Referat (Ergebn. d. Anat. u. Entw., Bd. 17), „bei seinen jungen Hunden in Bestä- tigung früherer Befunde autogene Regeneration beobachtete, ging nach Walters Experimenten am Axolotl die Regeneration peripherer Nerven- stümpfe nicht selbständig bis zur Wiederherstellung des ganzen Nerven mit Axsenzylinder, sondern führte bloss zur Bildung von Bandfasern aus den Schwannschen Zellen, an denen manchmal eine periphere Zone von einer zentralen unterschieden werden kann (axiales Bandfaserstadium von Bethe). Eine weitere Entwicklung der Bandfasern tritt bei erwachsenen AxolotiIn ohne Beteiligung des Zentralnervensystems nicht ein, viel- mehr zeigt sich eine chronische Degeneration, wenn die zentrale Verbindung ausbleibt, die sich in Dünnerwerden und schwererer Färb- barkeit der Fasern kundgibt. Treten die Bandfasern mit dem Zentral- nervensystem in Verbindung, so bilden sich aus ihnen Markfasern. Die Fibrillen derselben bilden sich kontinuierlich im Anschluss an die zentralen Fasern. Ob dies durch Differenzierung des Bandfaser- plasmas geschieht, was das wahrscheinlichere ist, oder durch Aus- wachsen vom zentralen Stumpf her, liess sich rein histologisch nicht entscheiden.“ us all den hier wiedergegebenen Anschauungen ersehen wir also, dass bei dem derzeitigen Stand der Frage nach der Nerven- Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 589 regeneration eine bestimmte Stellungnahme zur Neuronenlehre nicht gerechtfertigt ist, immerhin sprechen weit mehr Argumente gegen als für die Neuronentheorie. So sagt denn Neumann, einer der ersten und besten Kenner der Nervenregeneration in einer neueren Arbeit !?"°: „Das Endergebnis bezüglich der Wallerschen Degeneration werden wir aber dahin zusammenfassen können, dass ihre Erscheinungen sich aus der Neuronenlehre nicht ableiten lassen, wenn wir, an dem von Waldeyer formulierten Neuronbegriff festhaltend, Ganglienzelle und Nervenfaser als Teil eines einzigen Zellindividuums betrachten; aus ihnen ergibt sich vielmehr ein bedeutungsvolles Argument zu- gunsten der Auffassung, dass Nervenfasern und Ganglienzellen einen in physiologischer und nutritiver Beziehung einheitlichen Zellverband bilden, auf diesen dürfte zweckmässigerweise, wie schon A. Kohn u.a. vorgeschlagen haben, der Name Neuron zu übertragen sein.“ Die physiologischen Tatsachen und die Neuronenlehre. „Die Annahme“, sagt Schenk in seiner Schrift: „Über die Be- deutung der Neuronenlehre für die allgemeine Nervenphysiologie“, „dass das Nervensystem eine kontinuierliche reizleitende Verbindung zwischen Sinnesorganen einerseits, Muskeln, Drüsen usw. anderseits bilde, hat von jeher in der Physiologie geherrscht, weil sie am besten mit allen bekannten physiologischen Tatsachen in Einklang zu bringen ist. Diese Annahme hat ihren entschiedensten Vertreter in Pflüger, der es plausibel gemacht hat, dass die nervöse Substanz mit ihren Adnexen ein einziges ramifiziertes chemisches Riesenmolekül bildet.“ Pflüger selbst betont in seiner Arbeit „Über den elementaren Bau des Nervensystems“ (Pflügers Archiy, Bd. 112), dass er von jeher die Ansicht vertreten habe und jetzt noch gegenüber der Neuronen- lehre vertrete, dass das Nervensystem ein ungeheures Zellennetz repräsentiert. Schon aus rein physiologischen Gründen kann er: sich mit der in der Neurönentheorie inbegriffenen Kontaktlehre keines- wegs befreunden: „Wenn eine Nervenfaser‘, so sagt Pflüger Il. ce. „auf eine Zelle nur dadurch wirken soll, dass sie die Zelle berührt, so unterliegt die Unsicherheit einer solchen Mechanik keinem Zweifel. Denn zwischen Nerv und Zelle, die vom Gewebssaft umspühlt sind, befindet sich immer eine kapillare, die Oberfläche benetzende Flüssig- keitsschicht. Weil nun die Zellen je nach ihrem Ernährungs- und Quellungsgrad ihre Form und ihr Volumen und zwar oft sehr bedeutend ändern, würde immer die Gefahr vorhanden sein, dass der Kontakt versagt. Denkt man ferner an die Milliarden von feinsten Nerven- fäserchen, welehe im Gehirn und Rückenmark sich auf das innigste 590 Th. Schaeppi. verflechten, um einen dichtesten Filz zu bilden, so müsste die Erre- gung, welche in einer Fibrille von der Peripherie unseres Körpers nach den Hemisphären des grossen Gehirns sich fortpflanzt, infolge unendlich vieler Kontakte mit andern Nervenfasern oder mit Zellen sich seitwärts ausbreiten; von einer isolierten und unverfälschten Leitung der Stärke und Qualität der Erregung könnte gar keine Rede sein!“ Physiologische Erwägungen sind es auch, die Max Fürbringer'”® in der Streitfrage: Kontakt oder Kontinuität für die letztere sich entscheiden lässt. Einmal ist, wie er argumentiert, durch Golgi (1893) wahrscheinlich gemacht worden, dass Nervenzellen und Nervenfasern von einem Neurokeratinbelag bekleidet sind und es ist deshalb für M. Fürbringer nicht verständlich, „warum gerade die Natur von den beiden Möglichkeiten: Kontakt oder Konnex diejenige ausgewählt haben sollte, welche einen grössern Materialverbrauch und eine geringere physiologische Leistungsfähigkeit in sich vereint“, zitiert nach Bardeleben (Muskel und Nerv in Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte, Bd. VIII). Zweitens mehren sich be- ständig die Beispiele dafür, dass alle Zellen, zwischen denen ein physiologischer Zusammenhang besteht (Epithelien, Zellen der Binde- substanzen ete.), auch morphologisch einen Zellenverband eingehen durch Ausbildung protoplasmatischer Zellbrücken. Es sei daher unwahrscheinlich, „dass gerade beim Nerven- und Muskelsystem, dessen einzelne Elemente in ihrem Zusammenwirken mehr als bei jedem anderen Organsystem aufeinander angewiesen seien, diese Ver- bände fehlten* (zitiert nach Bardeleben |. c.). Es ist nun freilich — ich folge den Ausführungen von Schenk (l.c.) — von den Anhängern der Neuronentheorie behauptet worden, dass gerade die Kontiguitätslehre den physiologischen Vorzug habe, dass der komplexe Charakter der nervösen Vorgänge viel leichter verständlich sei, wenn man annähme, dass die Nervenbahnen aus kettenartig aneinander gefügten Nerveneinheiten bestehen. Denn hiebei liesse sich vorstellen, dass in jeder nachfolgenden Einheit ein eigener, mit der ersten Errgung nicht identischer Erregungsvorgang ausgelöst werde, wodurch die Komplexität der Erregung bedingt würde. Aber dieser Einwand ist, wie Schenk ganz richtig bemerkt, keineswegs stichhaltig, denn wir können uns ebensogut vorstellen, dass einerseits funktionell verschiedenartige Gebilde in kontinuier- lichem organischen Zusammenhang miteinander stehen und dass ander- seits komplexe chemische und dynamische Vorgänge innerhalb einer anatomisch kontinuierlichen Bahn sich abspielen. Sehen wir doch, dass auch anderwärts in einer und derselben Zelle (z. B. der Leber- Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 59E zelle) ganz verschiedene chemische Prozesse gleichzeitig zum Ablauf gelangen. Nichts hindert uns ja in der Annahme, dass in den einzelnen Abschnitten. der kontinuierlichen Nervenbahnen die chemisch-dyna- mischen Prozesse ganz verschiedene voneinander sind. Man hat der Kontinuitätslehre auch vorwerfen wollen, dass sie uns nicht erklären könne, wie auf gewisse sensible Reize hin sich nur ein oder ganz wenige Muskeln kontrahieren, wie das bei den einfachen Reflexen der Fall ist, wie bei gewissen andern dagegen (z. B. nach Strichninvergiftung) von jedem beliebigen sensiblen Bezirke aus reflektorische Kontraktionen der ganzen Körpermuskulatur aus- gelöst werden. Aber fürs erste gibt die Kontaktheorie hierüber eben- sowenig Aufschluss, und zweitens hindert uns ja gar nichts, in den zentralen perizellulären Netzen gewisse Hemmungsvorrichtungen an- zunehmen, durch deren Aktion die einfachen Reflexe zustande kommen, während der Ausfall dieser Aktion mit allgemeinen Reflexkrämpfen beantwortet würde. Einen Hauptstützpunkt glauben nun die Neuronisten in der Tat- sache zu finden, dass wir, wie uns die Physiologie lehrt, im Nerven- system zweierlei Arten von Reizleitern haben, die sich funktionell ganz verschieden voneinander verhalten. Die eine Art dieser Reiz- leiter hat ihren Sitz in den Nervenfasern und ist dadurch charak- terisiert, 1. dass sie, wie Dubois-Reymond und später Kühne nachge- wiesen haben, die Erregung nach beiden Seiten hin leitet on sinnigkeit des Reizleitungsvermögens), 2. dass sie die Erregung viel schneller leitet als die zweite Art, 3. dass sie die Stärke und den Rhythmus der Erregung niemals ändert, 4. dass sie niemals automatischer Erregung fähig ist, 5. dass bei aufeinander folgenden Reizen eine Reizsummierung in derselben nicht stattfindet, und 6. dass sie gegen schädigende Einflüsse und gegen Ermüdung viel resistenter ist als die zweite Art der Erregungsleiter. Diese zweite Art der Erregungsleiter hat ihren Sitz in den Ganglien und im zentralen Grau, und ist dadurch charakterisiert: 1. dass in ihr, wie Hermann und Bernstein gezeigt haben, die. Reizleitung nur in einer Richtung erfolgt (einsinniges Reiz- leitungsvermögen), was sich dadurch kundgibt, dass z. B. nur bei Reizung der hinteren Rückenmarkswurzeln, also in der Richtung des Reflexbogens, eine negative Schwankung auftritt, bei Reizung der vorderen Wurzeln, als in a ee Rich- tung zum Reflexbogen, dagegen keine, 592 Th. Schaeppi. 180) . dass die Reizleitungsgeschwindigkeit in ihr viel geringer ist als in den Nervenfasern, dass der Rhytmus und die Stärke der Erregung in derselben Veränderungen erfahren können, w RS . dass sie automatischer Erregung fähig ist, d. h. dass in ihrem Innern Erregungen auftreten können, ohne dass ihr solche von der Peripherie zugeleitet werden, - dass durch mehrere hintereinander erfolgende Reize leichter Erregung in ihr erfolgt als durch einen einmaligen starken Reiz, dass also eine Reizsummierung in derselben möglich ist, m dass sie viel leichter ermüdet und gegen Schädigungen viel empfindlicher ist als die Nervenfasern. Da nun die Ganglien und das zentrale Grau ausserordentlich reich sind an Ganglienzellen, so hat man ohne weiteres den Schluss gezogen, dass die zweite Art Erregungsleiter in den Ganglienzellen ihren Sitz habe. „Es kann aber“, sagt Schenk, „nicht nachdrücklich genug betont werden, dass dieser Schluss nicht genügend ist; denn es muss immer die Möglichkeit zugegeben werden, dass jener Er- regungsleiter in einem anderem Gebilde liegt, das nur immer in der Nachbarschaft des Ganglienzellkörpers vorkommt.“ Der Einwand der Neuronisten, dass ihnen für die beiden Arten von Reizleitern zwei anatomisch unterscheidbare Gebilde, die Nerven- fasern und Ganglienzellen zur Verfügung stehen, ist schon deshalb nichtig, weil zwei Dinge, die anatomisch-histologisch ganz gleich erscheinen, doch funktionell ganz verschieden sein können. „Man vergleiche“, sagt Schenk, „die Fibrillen einer glatten Muskelfaser mit einer Nervenfibrille; kann man ihnen ansehen, dass die eine kontraktil ist, die andere nicht? Man vergleiche ferner die quer- gestreifte Muskelfaser des Herzens mit der im Strukturprinzipe ihr gleichen Faser eines Skelettmuskels: kann man ihnen ansehen, dass jene automatischer Erregung fähig, nicht tetanisier ist, und geringe Reizleitungsgeschwindigkeit Be während diese in der Norm keine Automatik zeigt, dagegen tetanisierbar ist und die Erregung schnell leitet ?* . Und anderseits hat E. Hering'’ in seiner sehr lesenswerten Schrift „Uber das Prinzip der Nerventätigkeit“ es als höchst wahr- scheinlich hingestellt, dass der chemisch-dynamische Prozess in den verschiedenen Nervenbahnen und bei den verschiedenen Erregungs- prozessen ein ganz verschiedener sei. Wir müssten also demgemäss annehmen, dass in histologisch ganz gleichartigen Elementen chemisch- dynamisch ganz verschiedene Vorgänge sich abspielen können. Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 593: Für die Anhänger der Kontinuitätslehre bereitet die Tatsache der Existenz zweierlei Reizleiter durchaus keine Schwierigkeit, denn man kann sich sehr gut vorstellen, dass der zweite Erregungsleiter seinen Sitz in den perizellulären Aussengittern (resp. der Leydigschen Punktsubstanz, um mit Apathy zu reden) hat. Für diese Annahme und gegen die Neuronisten spricht vor allem auch der berühmte Versuch Albrecht Bethes!*!an Careinus maenas. „Bei diesem Taschenkrebse* — ich zitiere nach Verworn — „werden die Ganglien gebildet von einem dichten Filzwerk, dem Neuropil, das an seiner Oberfläche die birnförmigen Endkörper der Ganglien- zellen mit ihren Zellkernen trägt. In dieses Neuropil treten die peripheren Nerven ein. Es gelang nun Bethe in einigen Fällen, das Gehirnganglion, welches die Reflexe der zweiten Antenne ver- mittelt, von seiner Nachbarschaft so zu isolieren, dass es nur mit den ein- und austretenden Nerven der Antenne zusammenhing und ihm dann seinen Mantel von soliden Ganglienzellkörpern mit ihren - Zellkernen abzuschälen. Der Erfolg war folgender: Nachdem das Tier sich erholt hatte, stellte sich auch der Tonus der Antennen- muskeln wieder her, die Reflexe der Antennen wurden prompt aus- geführt. Die Reflexerregbarkeit war etwas gesteigert, und bei An- wendung von unterschweflig-saurem Natron waren Summationser- scheinungen zu sehen.“ Dieser Bethesche Versuch beweist klipp und klar, dass die Ganglienzellen oder zum mindesten ihr kernhaltiger Teil zum standekommen von Reflexen gar nicht nötig sind, und dass demnach die nervöse Funktion überhaupt nicht an die Ganglienzelle gebunden sein kann. Die Neuronisten, vor allem von Lenhossek und Verworn, haben zwar einwenden wollen, dass bei den Betheschen Experimenten nur der kernhaltige Teil der Ganglienzellen entfernt worden sei, und dass die Reflexe durch die restierenden Teile der Ganglienzellen bewerkstelligt sein könnten. Hiegegen ist aber zu erwidern: Wenn die physiologische Funktion noch in einem kleinen und zwar kernlosen Teil der Ganglienzelle ablaufen kann, „dann darf eben“ ‚ wie Schenk mit Recht sagt, „nicht die Zelle für die Funktion verantwortlich gemacht werden. Denn dann bringt uns eine zellular-physiologische Betrachtung in der Erkenntnis der nervösen Funktion gar keinen Vorteil.“ Mit diesem Experimente ist daher der Neuronentheorie, soweit sie eine zellular-physiologische Theorie ist, der Todesstoss versetzt. Der Einwand Verworns, dass, wie zahlreiche Experimente zeigen, auch kernlose Protoplasmamassen einer Zelle eine Zeitlang am Leben bleiben und ihre Fähigkeit auf Reize in charakteristischer Weise zu reagieren, bewahren können, kann die Neuronenlehre nicht retten, denn diese Lehre lautet nicht 394 Th. Schaeppi. etwa: Das Neuron enthält das funktionelle Element des Nerven- systems, sondern sie sagt, das Neuron ist das funktionelle Element des Nervensystems. Ihr Kern liegt in der Auffassung des Nerven- zellkörpers mit seinen Fortsätzen als zelluläre, für sich abgegrenzte Einheit. Der Bethesche Versuch ist nun in neuerer Zeit noch gestützt worden durch ein Experiment von Steinach‘: Steinach brachte durch Anämisierung die Ganglienzellen des Spinalganglions des Frosches zur Degeneration und fand, dass in allen Fällen, noch nach 10 bis 14 Tagen, durch Reizung der sensiblen Nerven Reflexe zu erzielen waren. Auch diese Versuche beweisen, dass die Zellen nicht für den Ablauf der Reflexe notwendig sind, dass also die nervöse Funktion nicht an ihre Existenz gebunden ist. Durch diese Experimente von Bethe und Steinach ist nun aber auch die von van Gehuchten '* und Ramon y Cajal!** inaugurierte Theorie der dynamischen Polarisation der Neurone hinfällig geworden, jener Theorie, welche besagt, dass normalerweise die Leitung in den Dentriten zentripetal gegen die Zellkörper hin, in den Axonen aber zentrifugal erfolgt. Freilich war dieses „Gesetz“ von Anfang an durch so viele Ausnahmen durchlöchert, dass selbst zahlreiche Anhänger der Neuronenlehre dasselbe abgelehnt haben, bevor ihm die erwähnten Experimente den Boden entzogen. Dass nicht die Ganglienzelten das funktionell Wesentliche des Nervensystems sind, sondern die Fibrillen, geht endlich aus einer Beobachtung von Nissl'!‘ hervor. Nissl führte den Nachweis, dass die menschliche Hirnrinde viel zellenärmer ist als beispielsweise die- jenige des Hundes oder Maulwurfes und fand die Gesetzmässigkeit, dass je höher die Entwicklungsstufe eines Tieres ist, um so zellen- ärmer das Hirngrau erscheint. Wir sehen also resümierend, dass auch auf dem Gebiete der Physiologie keine einzige Tatsache mit der Kontinuitätslehre resp. Fibrillenlehre in Widerspruch steht; dass dagegen dieselbe durch die Experimente von Bethe und Steinach in hohem Grade gestützt und wahrscheinlich gemacht wird. Der Umstand, dass in beiden Experimenten die Reflexe nur eine Zeitlang nach der Zerstörung resp. der Entfernung der Ganglienzellen zustande kommen, könnte Ja immerhin der Anschauung Raum geben, dass die Ganglienzellen zwar keine nervöse, aber doch eine trophische Funktion vermitteln. Es wäre dies eine Bestätigung dessen, was Nansen und Apathy, unabhängig voneinander, ausgeführt haben. Aber es wäre schon zu viel gesagt, wenn wir etwa an die Stelle der funktionellen die trophische Einheit des Neurons setzen wollten, denn darüber ist ja Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 595 gar nichts Sicheres bekannt, wie weit dieser trophische Einfluss einer Ganglienzelle längs der Fibrillenbahn reicht. Ob er beispielsweise nur von einer Zelle bis zur andern sich erstreckt, ob er also neuronen- mässig verteilt ist, oder ob sich dieser Einfluss auch weiterhin erstrecken kann, derart, dass die Funktionsbezirke sich überkreuzen (Schenk, 1. c.). Es kann also mit anderen Worten auch aus dieser h trophischen Funktion keine Stütze für die Neuronentheorie abgeleitet 2 werden. * r * Wir sind am Schlusse. Und das Ergebnis? Die Neuronentheorie ist, soweit sie eine Kontakttheorie ist, in jeder Hinsicht, in anatomisch- histologischer, in ontogenetischer, in pathologisch-anatomischer und in physiologischer Beziehung absolut unhaltbar geworden. Auch soweit sie eine zellular-physiologische Theorie ist, muss sie fallen gelassen werden und bringt uns keine tiefere Einsicht als die Kon- tinuitätslehre. Dieser Ansicht stimmt auch Zander!“ bei, wenn er zugibt, „dass weder die Kontaktlehre allgemeine Geltung beanspruchen darf, noch das Neuron den morphologischen Wert einer einzigen Zelle hat“. Trotzdem sucht er die Neuronentheorie zu stützen, indem er sie folgendermassen formuliert: „Das Nervensystem besteht aus Nerveneinheiten, die genetisch als funktionell selbständige und mor- phologisch als syneytiale Bildungen oder als Gruppen solcher anzu- sehen sind“. Nun, wenn das Nervensystem im ausgewachsenen Zustande ein Syncytium darstellt, so ist es eben — wenigstens in diesem ausgebildeten Zustande — aus mit der Selbständigkeit der Neurone und bringt uns der Neuronbegriff auch gar keine tiefere Einsicht in die gegenseitigen anatomischen und funktionellen Be- ziehungen der nervösen Elemente. Nur als Kontaktlehre hat die Neuronentheorie in anatomisch-physiologischer Beziehung einen Er- kenntniswert und als solche hat sie denn auch ihre Triumphe gefeiert und zu den Hypothesen Rabl-Rückhardts'“ und Math. Duvals'*" geführt, die den Dentriten Plastizität, respektive amöboide Beweg- lichkeit zuschrieben. Fällt die Kontaktlehre, so fällt mit ihr restlos der physiologische Wert der Neuronentheorie, es fällt aber zum guten Teil auch die morphologische Bedeutung dieser Theorie, weil eben in einem Syneytium die Distinktion selbständiger Neurone oder Nerveneinheiten vom Wert einer Zelle zwanglos nicht mehr mög- lich ist. Nur in der Entwicklungsgeschichte des Nervensystems scheint die Neuronenlehre noch eine Stütze zu finden, insofern es als ge- 596 Th. Schaeppi. sicherte Tatsache gelten darf, dass die Nerven durch Auswachsen aus den Neuroblasten entstehen. Freilich, wenn Held und Apathy recht haben, dass die Nerven nicht frei auswachsen, sondern auf den Bahnen bereits vorhandener Wege, den Plasmodesmen, dann ist es schon auf allerfrühster Entwicklungsstufe mit dem Begriffe dis- tinkter selbständiger Neurone oder Nerveneinheiten recht problematisch bestellt. Aber selbst, wenn wir von diesem Einwurf absehen, so hätten die Neuronisten mit ihrer Lehre keineswegs gewonnenes Spiel, denn wenn sie sich mit dieser einen Tatsache begnügen müssen, dass ontogenetisch das Nervensystem aus den aussprossenden Neuro- blasten hervorgeht, so fällt augenscheinlich der Begriff des Neurons mit demjenigen des Neuroblasten in eins zusammen und ist es zum mindesten überflüssig, eine besondere Neuronenlehre aufzustellen, die in diesem Falle weder zu einer Vertiefung noch einer Erweiterung unserer Kenntnisse beitragen kann. Oder sollen wir etwa Kohnstamm (l. ce.) beipflichten, wenn er schreibt, „dass die Unmöglichkeit den Neuronbegriff embryologisch und feinhistologisch zu definieren nachgewiesen ist“ und im gleichen Atemzuge behauptet, dass „für die physiologische Anatomie des Ge- hirns das Neuron der unentbehrliche elementare Baustein ist und wohl immer bleiben wird“. Iso: Der Neuronbegriff lässt sich zwar weder ontogenetisch noch histologisch definieren, gleichwohl müssen wir an diesem undefinierbaren Begriffe festhalten. Mir fehlt das Verständnis für naturwissenschaftliche Begriffe, die sich nicht definieren lassen. Auch Edinger!“ und Hoche (I. ce.) geben rückhaltlos zu, dass der Neuronbegriff in seiner alten Definition nicht mehr aufrecht zu halten ist. Dennoch suchen beide Autoren die Neuronlehre zu retten. Edinger sagt in seinem zusammenfassenden Bericht: „Es er- scheint uns zunächst von sekundärer Wichtigkeit, ob man heute überall die anatomischen Grenzen des von einer einzigen Ganglienzelle abhängigen Nervengebietes nachweisen kann oder nicht, solange keine Tatsache vorgebracht wird, die den Begriff des Neurons als biologische Einheit berührt. Eine solche liegt aber nicht vor. Ja, es lassen sich alle bis heute bekannten pathologischen Verhältnisse bei Untergang der Ganglienzelle und ihrer Ausläufer überhaupt nur denken, wenn man auf dem Boden der Neurontheorie stehen bleibt, und diese Auffassung wird auch durch die neugewonnenen Fibrillen- bilder nicht tangiert. Wir haben aber einen grossen Fortschritt in der Richtung gemacht, dass wir nun erfahren, wie innerhalb einer ein- zelnen Zelle Fasern aus andern Zellgebieten sich mit solchen vereinen, Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 597 die in der Zelle selbst Netze usw. bilden, wie die Zelle oft auch ein Durchgangspunkt für Fasern verschiedenen Herkommens ist. Eine Abtrennung im alten Sinne, dass jede Zelle anatomisch für sich besteht, nur äusserlich in Beziehung zu Nachbarzellen tritt, ist wohl nicht mehr durchweg aufrecht zu erhalten. Aber um so mehr müssen wir daran festhalten, dass die Ganglienzellen (bezw. alle in sie eingehenden Fasern) eine biologische Einheit bilden. Man kann sich ganz leicht vorstellen, dass in solchen Einheiten die Sammlung und Neuverteilung von Bahnen verschiedensten Herkommens erfolgt, ohne deshalb gleich die Einheit selbst aufzugeben. Es war die Aufstellung des Neuronbegriffess eine wichtige Tat. Sie hat viele bisher als wirr erscheinende Bilder erklärlich gemacht, sie hat heuristisch ungemein vorteilhaft gewirkt und hat uns ganze Teile des Nervensystems (wir erinnern hier an die Retina, den bulbus olfaktorius, die Spinalganglien und die peripherischen Sinneszellen) erst verstehen lassen. Will man sie heute aufgeben, so muss vor allem gezeigt werden, das das Bekannte mit ihr nicht vereinbar ist. Das ist nicht gezeigt worden‘. Wirklich nicht? Ich meine in diesem Urteil liegt doch eine unmotivierte Unterschätzung der Bethe’schen und Steinach’schen Experimente, deren Beweiskraft allein schon genügt, der Neuronenlehre den Boden zu entziehen. Aber was versteht Edinger unter einer biologischen Einheit? Hoche (l. e.) fasst seine Ausführungen in folgende Thesen zu- sammen: „1.Der Begriff des Neurons ist nicht mehr in vollem Umfange auf- recht zu erhalten. 2. Durch das Tatsächliche der Fibrillenlehre ist die Annahme der entwicklungsgeschichtlichen Einheit des Neurons nicht erschüttert. 3. Die histologische Einheit des Neurons ist beim erwachsenen Tiere nicht mehr anzuerkennen. 4. Die Erfahrungen der menschlichen und der tierexperimentellen Pathologie nötigen uns an der trophischen und funktionellen Ein- heit des Neurons festzuhalten, die durch das Aufgeben der histo- logischen Einheit nicht ausgeschlossen wird.“ Der These 1 und 3 stimmen wir rückhaltlos bei, ebenso der These 2, doch erinnere ich diesbezüglich an das, was wir oben über die entwicklungsgeschichtliche Einheit des Neurons ausgeführt haben. Hinsichtlich der These 4, der wir uns nicht anschliessen können, verweise ich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Einwände von Bethe (s. o. pag. 24) und mir selbst (s. o. pag. 33), welche die trophische Funktion der Ganglienzellen resp. Neurone in Frage stellen Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 598 Th. Schaeppi. und gleichfalls auf die Bethe’schen und Steinach’schen Experimente, welche dartun, dass die nervöse Funktion nicht in den Ganglien, sondern in den Fibrillen liegt. Bielschowsky!* gibt ebenfalls zu, dass die Kontaktlehre, die nach seiner Ansicht freilich nur ein unwesentlicher Bestandteil der Neuronentheorie ist, nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, ebensowenig das Gesetz der dynamischen Polarisation, „das von jeher ein sehr fragwürdiges Anhängsel der Neuronenlehre war“. Dagegen hält er fest an dem „Kernpunkt“ der Neuronenlehre, der zellulären Einheit .des Neurons, indem er meint, dass die Golginetze, resp. die Bethe’schen pericellulären Netze nichts anderes seien als netzartige Verbindungen miteinander anastomosierender Neurone oder Nerveneinheiten. Er gesteht aber offen, dass die Bethe-Apathyschen Innennetze sich nicht in das Neuronenschema einfügen lassen: „Wie die Dinge gegenwärtig liegen, wird man zugestehen müssen, dass diese zentralen Strukturen, vorläufig wenigstens, in einem für uns unüberbrückbaren Widerspruch zur Neuronenlehre stehen‘. . Es erübrigt uns noch zum Schlusse auf die Einwände Verworn’s (l. ce.) zu antworten. erworn meint, „dass der klar fixierte Inhalt der Neuronenlehre darin besteht, dass der Nervenfortsatz mit seiner fibrillüren Diffe- renzierung ebenso wie die Dentriten ein Wachstumsprodukt des Ganglienzellkörpers ist und in seinem weiteren Verlauf ein wesent- licher Teil der peripheren Nervenfaser, d. h. den Achsenzylinder mit seinen Fibrillen bildet. Ob die einzelnen Neurone bei ihrem Aufbau des Nervensystems, wie man gesagt hat, durch Kontakt mit- einander zusammenhängen oder durch Kontinuität des Protoplasmas und der Fibrillen, ob die Fibrillen sich in fremde Ganglienzellkörper oder andere Zellen hindurch erstrecken und ob eine Fibrille des einen Neurons ihren Weg gemeinschaftlich mit Fasern anderer Neu- rone weiter fortsetzt, das alles sind Fragen, die den Kern der Neu- ronlehre gar nicht berühren: Das Neuron bleibt bei alledem immer der elementare Baustein des ganzen Nervensystems, sowie die Zelle immer der elementare Baustein des Organismenkörpers bleiben wird ‚trotz aller Zellbrücken und trotz des Vorkommens von Syncytien und Plasmodesmen‘“. Darauf ist folgendes zu erwidern: Das Neuron ist der elementare Baustein des gesamten Nervensystems einzig nur insofern, als onto- genetisch die Nervenfasern aus den Neuroblasten auswachsen, das Nervensystem also auf frühester Entwicklungsstufe aus jugendlichen Ganglienzellen (Neuroblasten) mit ihren nervösen Ausläufern (Axonen) besteht. Dadurch, dass nun im Laufe der weiteren Entwicklung > = N 3, t - 02 Über den gegenwärtigen Stand der Neuronentheorie. 599 das Nervensystem zu einem Syncytium wird, vor allem aber dadurch, dass die zur Differenzierung gelangenden Fibrillen aus ihren Bildungs- stätten — seien es nun Ganglienzellen oder, wie Apathy will, be- sondere Nervenzellen — in näher und entfernter gelegene Ganglien- zellen hineinwachsen, so dass die Ganglienzellen im ausgebildeten Zustande neben ursprünglich eigenen ebensoviele oder vielleicht noch mehr fremde Bestandteile enthalten, geht die in den Neuroblasten noch vorhanden gewesene anatomische Selbständigkeit und Einheitlichkeit in den entwickelten Ganglienzellen völlig verloren, indem sie augenschein- lich den Wert einer einzigen Zelle — das Charakteristikum der morpho- logischen Einheit — eingebüsst haben. Es heisst also meines Er- achtens den tatsächlichen Verhältnissen Zwang antun, wenn man heute noch an dem Begriff von Nerveneinheiten oder Neuronen fest- halten will, nachdem es sich gezeigt hat, dass die entwickelte Gang- lienzelle morphologisch gar nicht mehr den Wert einer einzigen Zelle hat, dass sie ferner durch ihre Axonen und Dentriten in kon- tinuierlichem, nirgends abgrenzbarem Zusammenhang mit den benach- barten Ganglienzellen steht, dass sie weiterhin anatomisch nur noch als Sammel- oder Umgruppierungsstation für die ein- und austre- tenden Fibrillen erscheint und dass sie endlich in funktioneller Beziehung anscheinend von ganz untergeordneter Bedeutung ist. Das zähe Festhalten Verworn’s an der Neuronentheorie kann freilich nicht überraschen, wenn man bedenkt, dass die Fibrillenlehre, die den Ganglienzellen nur eine untergeordnete physiologische Bedeutung zumisst, in einem strengen Gegensatz zur Zellularphysiologie steht, als deren geistvollen Begründer wir ja gerade Verworn kennen. Der Fibrillenlehre wird man aber daraus keinen Strick drehen können, dass sie mit der Zullularphysiologie in Widerspruch steht, denn diese letztere bringt, wie Schenk '°° überzeugend dargetan hat, in mehr als einer Hinsicht keinen Gewinn, weil „der Aufbau der Organismen aus Zellen für viele Funktionen etwas Nebensächliches ist“ (Schenk, 1. c.). Für das ausgebildete Nervensystem hat die Neuronentheorie entschieden ihre Geltung verloren, etwelche Berechtigung hat sie nur noch für die Ontogenese des Nervensystems, insofern als ent- Kichlangerhankiniich die Nerven durch Auswachsen aus den Neuro- blasten entstehen. Sie könnte aber auch in dieser Beziehung viel zweck- mässiger und zutreffender durch den einfachen und nichts präjudizie- renden Satz ersetzt werden: Die Nerven wachsen ontogenetisch aus den Neuroblasten aus, aber nicht frei, sondern auf den Bahnen bereits vorhandener Wege, der protoplasmatischen ee oder Plasmodesmen. Zürich, im Mai 1916. 600 Th. Schaeppi. Literatur. Die Literaturübersicht macht keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit. Immerhin hoffe dass mir keine pri ehe wichtige Arbeit entgangen ist, Ich bemerke noch, dass mir bei Ab- ung meines Referates nur der kleinere Teil der angeführten Arbeiten im Original vorgelegen rg den grösseren Teil iahe ich aus zweiter Hand entnommen 1 aldeyer. Über einige neuere Forschungen im Gebiete der Anatomie des Nervensystems. Deutsche med. Wochenschrift 1891. 2. a) Das Neuron in Anatomie und Physiologie. Jena. G. Fischer. 1900, b) Bemerkungen zum heutigen Stand der Neuronlehre. Mediz. Klinik 1908. 3. A. Hoche. 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Würzburg 1891. Mitteilungen aus dem botanischen Museum der Universität Zürich. (LXXVI.) I. Beiträge zur Kenntnis der afrikanischen Flora (XXVII). (Neue Folge.) Herausgegeben von Hans ScHinz. Muraltiae novae. R. Chodat (Genf). (Als Manuskript eingegangen am 8. Oktober 1916.) Le genre Muraltia est confin& au Sud de l’Afrique. Je connais- actuellement 110 especes bien distinetes qui se laissent grouper en deux sous-genres deja reconnus depuis Harvey, Eumuraltia et. Psilocladus. Mais tandis qu’il n’y a guere que 14 especes dans ce dernier l’autre comprend presque une centaine d’especes. La distri- bution de ce genre est interessante car on constate une singuliöre accumulation des especes dans le distriet partieulier du Cap, de Riversdale ä Piquetberg. Mais on peut dire que la concentration se fait autour de «Table mountain» ä tel point que seulement le 10°/o- des especes s’6loigne du distriet indique. Ainsi le M. recurva Bolus & Orange Kloof, dans le Namaqua le M. salsolacea Chod. & Riet-- fontein, au N. O. du Betshouanaland. Quelques especes ont 6te sig- nalees pour la region centrale du Cap, qui va des Zwarteberge & Grahamstown. Ainsi, selon l’ordre de leur dispersion vers l’Est, ericaefolia DC, M. leptorhiza Turez., M. confusa Chod., M. squarrosa DC, M. cliffortiaefolia E. Z., M. larieifolia E. Z., M. macroceras Burch., M. alopecuroides DC, M. Ulex Chod. Une seule de ces especes a une assez grande extension, c’est le M. ericaefolia DC qui, avec ses varietes, va des Zwarteberge ä Grahamstown. Dans la region qui s’etend de Grahamstown & la Tugela on peut signaler les especes suivantes: M. alticola Schlechter, M. Selago Chod., M. lancifolia Harv, espece assez repandue dans la zone ä l’ouest de la Tugela, M. Marlothil Chod. Au N. de la Tugela il y a le petit groupe du M. saxicola. :610 Hans Schinz. -Chod.!) M. Azorella Chod. M. empetroides Chod. Les stations les plus septentrionales seraient pour ces deux dernieres especes du groupe Eumuraltia, le Transwaal avec Lydenburg et Houtbosh. Il est d’autant plus interessant de constater la presence tres isolde du M. Fernandi (Psilocladus) Chod. dans les montagnes du Nyassaland. Cette espece ne se rattache geographiquement aux autres de la möme section que par le M. Flaganani Bolus du Natal, le reste &tant plus au moins concentre autour du Cap. ‘“ Ainsi, m&me dans la distribution gönerale des especes des deux sections il n’y a rien de g&ographique les deux groupes ayant leur ‚centre de gravit& dans la möme Region occidentale. Il est certainement plusieurs especes etroitement localisees. Je ne sais m&öme pas si quelques unes de celles qui ont dte tout d’abord r&ecoltees autour du Cap y sont encore; ainsi le M. asparagifolia E. 2. que je ne connais que des anciens herbiers. Le plus souvent Yaire de chaque espece est tr&s 6troite, peut-&tre en est-il plusieurs A une ‚seule station. Il va de soi que tout cela ne pourra &tre Elucide qu’a ‚mesure qu’on aura &tudie plus & fond la flore de ce pays si riche en especes. D’ailleurs le botaniste herborisant ne pourra identifier ‚en voyage les especes rencontrees parce que beaucoup manifestent une remarquable convergence morphologique. Il faudra toujours avoir recours & l’analyse florale minutieuse. Ayant eu l’occasion de faire une revision de ce genre diffieile pour l’elaboration de laquelle j’ai pu utiliser les grands Herbiers de Gen®ve (de Candolle et Barbey-Boissier), Kew (Royal Gardens), Berlin et Zurich, je publie, sur la demande de Mr. le prof. Hans Schinz, une premiere serie de nouveautes ou d’especes mdconnues. ‚Je serais reconnaissant aux botanistes qui ont r&ecolte dans le Sud de l’Afrique ou qui y sont. sedentaires s’ils voulaient bien me confier Yanalyse et la determination des especes de ce genre critique et sils voulaient bien porter leur attention sur ce groupe interessant en multipliant leurs explorations, des stations peu &loigndes possedant parfois d’interessantes especes parallöles. Je remercie ici les direeteurs des herbiers cites MM. Cas. de -Candolle, W. Barbey j, Thiselton-Dyer eamellnenk M.D. Prain), A. Engler et Hans Schinz.?) R. Chodat. 1 pr ee R. Polygalacex africanz IV, in Engl. Jahrb. f. Syst. u. Pflzgeog. 2) Scott Elliot, Notes on the regional distribution of the Cape flora, Transact. -of abe Edinbgh. Bot. Soc., XVIII (1889). ) Engler, A., Pflanzenwelt Br - in Engler v. Drude Veget. d. Erde, IX, I no) 0: a an a a ee TE Te ee a a SE nl u FRE a PN Zr Te a 2 0 mer = ME Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXVI). 611 Muraltia corymbosa Chod. nov. spec. Frutex ramis corymbosis, dense pubescentibus vel sublanatis. Folia in ramis adultis laxe fasciculata, primaria saepe late squami- formia, latiora quam longa vel ovata et basi dilatata, vix mucronata, 1—1,5 mm longa. Rami juniores subtomentosi deinde glabrescentes, striatiÄ, eorum folia inaequalia haud conferta, fasciculata, acicularia, breviter acuta, leviter arcuata axillares 12 6 0,8 0,6 8,5 mm longi. Sepala parum inaequalia, superius ovali-Janceolatum, acutum, ciliatum, duo inferiora e basi lata lanceolato-subulata; alae anguste lineares, acutae, leviter falecatae apiculatae, ciliatae, 4,5 mm longae, 0,9 mm latae. Carinae limbus cueullatus quam unguiculum vix brevior, medio apice cristam callosam quam flabellum breviorem ferens. Flabellum (i. e. crista) 3 mm latum, oblongum, emarginatum. Petala superiora unguiculo cuneato brevi, limbo spathulato, carinam flabellatam fere aequantia 8 mm longa, 1,75 lata. Ovarium glabrum, longe appendiculatum. Stylus erectus. Stigma crassum, parte inferiore vix distincta, altera crassa patente. Afr. austr.: loco non addicto, ex Hb. Prodromi DC. sine No. sub M. Heisteria pr. p. Species affınis M. Heisteriae DC a qua differt habitu, sepalis angustioribus, acutissimis, ciliatis, petalis superioribus spathulatis infra medium constrietis, flabello longiore quam lato. Muraltia Cynara Chod. nov. spec. Radix crassa, lignosa, caule basi lignoso; rami erecti lignosi breviter hirsuti, fasciculis foliorum confertis alopecuroidei, 15—18 mm diam. Folia lanceolata, mucronato-pungentia, margine densiuscule mm. Fasciculi foliorum pluri- 02.8 2’ 18 foliosi, in caulis parte inferiore discreti, in ramis conferti. Flores 9 mm longi. Calyx corollae tubo duplo vel triplo brevior. Sepala elliptica, breviter acuta, mucronata, glabra. Carinae unguiculum ceucullo oblongo subaequilongum. Limbus cucullatus elongatus, bre- viter sed distinete rostratus. Flabellum (erista) cuneatum subtriangulare, margine serratum, profunde emarginatum. Petala superiora linearia breviter acuta quam carina paullo breviora. Ovarium ellipticum dense, longeque pilosum. Stylus tenuis ad apicem sensim inerassatus. Stigma inferius see superius subadscendens, oblique papilliferum. 5 Affinis M. sgarrosae DC a qua differt a a superior linearibus, breviter acutis. 612 Hans Schinz. Afr. austr.: Grahamstown in saxosis mont. ad 700 m, Mac Owan 29, 1406; Featherstone’s Kloof pr. Grahamstown, B. South 826; in planitie pr. George, 200 m, Schlechter 2390. Muraltia exappendiculata Chod. nov. spec. Radix perpendicularis subsimplex. Caules plures vel caulis ramosus 10—20 cm longus, juniores breviter hirsuti, demum calvati. Folia inferiora primaria acicularia, recta, patentia, pungentia, dorso carinata, supra canaliculata, ad 12 mm longa, 0,6 mm lata — alia, superiora, arcuata breviora et basi latiora, mucronato-curvata, cons- picue ciliata, dorso bistriata, plera 6—5 mm longa, 0,3 mm Jlata, in ramis conferta faciem M. Cynarae Chod. revocans. Flores angusti 5 mm longi. Calyx 1,5 mm longus tubo corollae brevior. Sepala elliptiea glabrescentia. Carinae limbus oblongo-ceuceullatus basi biauri- culatus, apice breviter rostratus.. Flabellum (crista) conspicuum eucullo subaequilongum, latum, deltoideo-cuneatum, subserratum. Petala superiora quam carina breviora, sublinearia apice subretusa, irre- gulariter biloba, dente uno longiore haud acutato. Ovarium exappendi- eulatum, longe pilosum. Stylus elongatus basi filiformis. Stigma patens nec adscendens nec capitatum sed tenue et horizontale, apice oblique papilligerum. Capsula unilocularis, irregulariter ovata, cornubus destituta, ciliata. Semina fusca ovoidea; arilli lobi laterales auriculares. Facies M. Cynarae Chod. a qua differt petalis superioribus apice inaequilateraliter bidentatis, stigmate patente tenui et flabello latiore, affinis etiam M. eiliari DC a qua differt habitu et stigmate. Afr. austr.: in collib. pr. Clarkson, 80 m, Schlechter 6002. Muraltia Fernandi Chod. nov. spec. Basi lignosa; caules lignescentes erecti virgati ramis strietis paueis virgatis corymbose ramosis. Folia acicularia patula inter- nodiis multo longiora breviter petiolata apice breviter acuta, vix mueronata, glaberrima, 4—5 mm longa, 0,6—1 mm lata, in apice ramorum interdum suberecta, cetera patula vel in caulium parte in- feriore deflexa sed omnia rectiuscula. Flores 5,5—6 mm longa, pedicello ad 1 mm longo. Sepala inaequalia, exteriora ovato-oblonga obtusa apice puberula, interiora (i. e. alae) elliptica quam petala superiora \/s breviora apice eiliata. Tubus carinae eucullo vix longior. Limbus eucullatus quam cerista longior. Flabellum euneato-deltoideum margine serratum. Petala superiora carinam aequantia vel superantia unguiculo angusto, limbo late lineari, leviter eurvato subobtuso. Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV]). 613 ÖOvarium glabrum vix emarginatum. Stylus quam ovarium duplo fere longior. Stigma inferius breviter cornutum et reflexum, breve, superius patens breve apice dilatatum et papillosum. Capsula late er ir ' i elliptica vel ovato-elliptica -j mm vix emarginata ecornuta. Semen ellipsoideum parce hirsutum. Arillus corneus rotundatus appendices duas sublineares vel ellipticas membranaceas ferens. Africa austr.-or.: (Nyassaland) Ukinga Berge, ad 2700 m. Milanji Plateau, G@oetze 965, White sine n., J. Clonnie 20 — Juchila Aireen ad 2000 m, Purvis, J. M. 25. Espece bien isol&e g&ographiquement, la plus septentrionale du genre (Psilocladus) nomme6e d’apres mon fils Fernand qui m’a aide dans la preparation de ce travail. Muraltia conjuncta Chod. nov. spec. Radix crassa lignosa. Caules basi lignosi 20 cm longi vel longiores, fuscescentes, hirsutuli, fascieulis confertis foliorum obtecti: Folia lineari lanceolata, acuta, breviter mucronata, apice parum vel vix recurva, coriacea, plana, plurima margine incrassata, subnitida, Flores subsessiles vel R 10 laxe pilosa, 3° 3° 18 sessiles, 5 mm longi. Sepala ovato-lanceolata apiculata, nervis parallelis conspicue striata, eiliata dorso pilosa, 2 mm longa quam tubus corollae breviora. Petala superiora late linearia, retusa, leviter emarginata, basi cuneata quam carina breviora. Carinae limbus eucullatus margine sinuatus, unguiculo longior. Flabellum (cerista) deltoideo-triangulare, leviter erenulatum, cucullo brevius. Ovarium longe vestitum, appendieibus elongatis ut stylus et stigmata parce setosis; stylus erectus ovario fere duplo longior, sat crassus infra stigmata dilatatus. Stigma unum ereetum subeylindricum plus minus elongatum vel abbreviatum, retusum et papilliferum, alium patens, subarcuatum apice oblique papillosum altero majus. Species affınis M. lancifoliae Harv. et M. Selago Chod. a quibus differt textura foliorum, a prima ovario vestito, ab altera stigmatibus et petalis superioribus pro rate brevioribus. Afr. austr.-or.: (Swazieland), in cacumine montis Devils Bridge, ad 1700 m, Galpin 531. Muraltia rhamnoides Chod. nov. spec. Frutex ramis lignosis, griseo-cortieatis, divaricate ramosis, ramulis spinescentibus. Ramuli spinescentes, vix puberuli, sparse foliosi. Folia juniora elliptico-mueronata, glabrescentia haud ciliata Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. 40 614 Hans Schinz. e quorum axilla oriuntur folia rarius magis quam duo evidentius petiolata. Folia in ramis adultioribus rosulantia, elliptico-spathulata vel lanceolata vel lanceolato-oblonga, haud distinete nervosa, mar- ginibus subrevolutis, haud carnosa, 4—4,5 mm longa, 2,5 mm lata vel minora. Flores 5—6 mm longi. Sepala ovato-acuta uninervia, eciliata vel sub apice subeciliata eiliis minimis, quam 2 mm breviora. Carinae unguiculum cucullo subaegilongum. Flabellum late deltoi- deum emarginatum, margine subintegrum. Petala superiora leviter cuneata, lineari-lanceolata subacuta, carinam longitudine subaegantia. Interdum adsunt petala lateralia minuta vel plus minus evoluta. Ovarium ellipticum, glabrum vel inconspieue puberulum, appendi- culatum. Stylus rectus. Stigma subpatens, inferius obsoletum, superius longiuseulum, oblique papillosum. Capsula ignota. Species affinis M. obovatae DC Afr. austr.-occ.: Bosh Kloof, 230 m, Schlechter 8455. Var. rhombifolia Chod. nov. var. Folia carnosula, lanceolato-elliptica vel lanceolata, rosulis axil- laribus saepius carentia. Afr. austr.: inter frutices planitei “a „ Ecklon 540. Muraltia uroclada Chod. nov. spec. Frutex parvus radice perpendiculari e qua oriuntur caules ad 20 cm longi, dense foliosi. Diam. ramorum foliosorum 8—12 mm. Rami puberuli ultimi tomentelli. Folia fasciculata, conferta, acicularia mucronata, adscendentia vel patula saepius plus minus recurva, rigida, glabra, 3—10 mm longa, 0,6—1 mm lata. Flores in ramis numerosi. Sepala oblonga, acutissima, longiuscule ciliata cristam attingentia. Carinae unguiculum eucullo aequilongum. Flabellum late cuneatum, cucullo vix longius. Petala superiora spathulata medio parum constrieta carinam quasi superantia. Ovarium et stigma M. Heisteriae DC. Capsula ignota. Affinis M. Heisteriae DC a qua differt habitu et notis indicatis. Afr. austr.: in saxosis Sir Lowrys-Pass 1500 m, Schlechter 7251; Stellenbosh, Swellendam, Ecklon et Zeyher 187, ‘sub M. Heisteria. var. leptophylla Chod. nov. var. Folia haud rigida, sat conferta, patula, breviter "ciliata, ad 10 mm longa, 0,3 mm lata. Capsula leviter puberula cornubus vix brevior. Afr. austr.: Mowbray, O. Kunze s. n., sub M. laricifolia in Hb..Berol. Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXVD. 615 Muraltia abietina Chod. nov. spec. Facies Muraltiae satwreoides Burch., basi sublignosa. Caules e caudice vel e trunco subterraneo orti 10—20 cm longi saepe repetite corymbose ramosi. Rami tenuiter hirsuti, foliis confertis, subulatis abietini. Folia conferta fasciculata, lineari-acicularia, supra plana subtus subcarinata, mucronata, erectiuscula vel suberecta in parte inferiore ramorum haud reflexa, 5—6 mm longa, 0,5 —0,7 mm lata. Flores ad 5 mm longi. Sepala inaequalia exteriora ovata concava, apiculata, alae '/s longiores lanceolatae acutae ciliatae tubum corollae aequantes vel superantes sed petalis superioribus duplo breviores. Carinae limbus cucullatus obtusus quam crista brevior. Flabellum irregulare obliquum, irregulariter emarginatum. Petala superiora basi breviter cuneata, medio angustata, limbo elliptico vel spathulato, carinam multo superantia sed apicem cristae haud attingentia. Ovarium ellipsoideum, appendiculatum, glabrum vel pilis perpaucis brevissimis praeditum. Stylus subreetus. Stigma inferius obsoletum punctiforme, superius laterale breve, crassum. Capsula late ovata cornubus divergentibus longior. Afr. austr.: Teufelsberg, Bergius sine n., Krebs s. n., Chamisso 48 in Hb. Berol. var. eciliata Chod. nov. var. Minor; sepala lanceolata vel ovato-lanceolata. Alae mucronatae, mucrone subunecinato, eciliatae. Petala ut in var. typica. Flabellum obcordato-triangulare. Stigma superius erectum breve, inferius erassum breviter patens. An spec. propria? Afr. austr.; Burchell 556. var. bDrachypetala Chod. nov. var. Similis var. typicae, sed petala superiora quam carina haud longiora ; flabellum inaequilaterale semi-orbieulare, emarginatum, quam limbus carinae majus. Afr. austr.; in saxosis montinm prope French Hoek, ad: 75 m, Schlechter 377. Ex affinitate M. Heisteriae DC stigmatis forma, differt habil toto, foliorum structura aliisque. Muraltia ericoides Chod. nov. spec. Radix simplex e quo caudice oriuntur caules plures aequales corymbum formantes, simplices vel paueiramosi, 5—15 em longi, 1,25 mm crassi, basi denudati, pilis albis hispiduli. Folia sat conferta, 616 Hans Schinz. fasciculata, erectiuscula. Diam. ramorum foliosorum 8—10 mm. Folia acieularia, dorso rotundata, supra canaliculata, aequalia, dis- tincte mucronata, basi densius pilosa, ciliata, 4—6 mm longa, 0,5 mm lata. Eorum pili marginales 0,3—0,5 mm longi, mucro ad 0,5 mm Ig. Flores ad 5 mm longi. Sepala elliptica breviter acuta, apice breviter apiculata vel obtusiuscula, glabra, tubum brevem corollae aequantia. Sepalum superius majus. Carinae unguiculum cucullo brevius, eucullum oblongum, obtusum apice subundulatum, basi bigibbosum. Flabellum cueullo subaequilongum, ' longuiscule triangulare valde inaequilaterale, emarginatum vel oblonge cordiforme. Petala superiora obtusa, unguieulo brevi, late lineari, limbo cultriformi duplo longiore quam lato in unguem desinens haud sinu profundo separato. Ovarium elliptiecum glabrum, cornubus longius. Stylus erectus vel leviter sinuatus. Stigma triangulare subretusum, lobo uno dentiformi, inconspicuo, altero patente apice papilloso. Capsula late ovata, 2 mm longa, cornua acicularia 1 mm longa ferens. Afr. austr.-oceid.; Houw Hoek, Schlechter 5519; in collibus pr. Clarkson, 83 m, Schlechter 6002. Muraltia chamaepitys Chod. nov. spec. Annua vel biennis. Radix perpendieularis simplex vel pauei- ramosa e cujus caudice oriuntur caules dense foliosi plures, adscen- dentes simplices vel ramosi 6—12 cm longi e basi ad apicem foliosi, tenues, puberuli. Folia 4—6 mm longa, 0,3—0,4 mm crassa, fasci- culata, patentia vel parum recurvata, acieularia, breviter acuta, mu- ceronata, juniora tenuiter puberula, cetera glabra. Flores —4,5 mm longi. Sepala ovata, 1—1,2 mm longa, glabra, tubo corollae breviora lenorikns (alis) late ovatis, breviter acutis. Carinae limbus cu- cullatus quam crista (flabellum) brevior vel ea aequilongus apice subacutus basi obsolete bigibbosus. Flabellum deltoideum, latiusculum, vix emarginatum, subserratum. Petala superiora carinam longitudine aequantia, sicca quae adsunt viridia, lanceolata, versus apicem sensim angustata apice acutiuscula. Ovarium ellipticum apice vix setosum, appendieibus obtusis brevissimis ornatum. Stylus rectus. Stigmata vix distinete evoluta, superius horizontale crassiusculum. Capsula elliptica, saepe loculo unico fertili, glabra, appendieibus erectis acieularibus subbrevior. Semen ellipsoideum brunneum glabres- cens vel vix pilosum. Arillus superpositus cireinatus breviter biappendieulatus, appendieibus oblique retusis. Afr. austr.-oceid.: in graminosis, Houw Hoek ad 800 m, Schlechter 7569 (sub M. divaricata E. et Z.). Be ae en a a le nn a al Zn Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXVIJ). 617 Ab affinibus differt habitu abietino, petalis superioribus anguste lanceolatis haud cultriformibus A M. aspalathoide Schlecht. eui habitu similis erista ampla, stigmate crasso et haud longe producto sat differt. Muraltia plumosa Chod. nov. spec. Suffructicosa, 0,5—1—2 dem alta, basi lignosa truncoad 1:5 mm erasso, ramis fastigiatis brevibus strictis, dense hirsutis. Folia acicularia in ramis elongatis dissita, alia imbricato-faseieulata more Asparagi acutifolii, longiora 5—6 mm, breviora 3—5 mm longa, 0,5—0,3 mm lata, fere omnia filiformia, basi vix dilatata, ceterum subeylindrica, supra anguste canaliculata, subpungentia, setis brevibus sparsis aspera. Flores ad 5,5 mm longi. Sepala lanceolata, longiuscule acuminata, interiora tubum corollae superantia, straminea 3,5/0,6 — 0,7 mm. Petala superiora oblongo-rhombea, basin versus longe attenuata, limbo acuto, quam carina (sine crista) breviora. Flabellum triangulare margine subserratum. Limbus carinae breviter et incon- spicue acutus basi uterque rugoso-inflatus. Ovarium glabrum appendi- cibus triangularibus coronatum. Stylus usque ad apicem rectus; stigma unum obsoletum, retusum, alterum patens et papillosum. Ar. austr.: Langebergen pr. Zuurbraak, in saxosis ad 1070 m Schlechter 2104. Muraltia ceyelolopha Chod. nov. spec. Caulis 6—10 em longus basi corymbose paueiramosus, ramis adscendentibus, dense foliosis. Rami tenues pubescentes. Folia fasciculata, e basi tenui acicularia longiusculeque mucronata, juniora plus minus hispida, adulta glabrescentia vel parce setosa, curvata vel patentia, 5—8 mm longa. Flores ad 5 mm longi. Sepala glabra tubum corollae aequantia, obovato-lanceolata, breviter cuspidata, superius concavum breviter acutum. Carinae unguiculum cueullo longius. Limbus carinae cochleatum quam crista brevior. Flabellum fere semi-orbieulare vix emarginatum. Petala superiora basi longe cuneata, limbo brevi late (pro rate) lineari, leviter obliquo, apice rotundato quam carina conspicue breviora. Ovarium ellipticum apice breviter puberulum, breviter appendiculatum. Stylus basi tenuis sensim apicem versus incrassatus. Stigma horizontale conspicuum, subtus papillosum. Capsula verimiliter cornubus longior. ser Afr. austr.: in collibus sabulosis pr. Elim, 160 m, Schlechter 7616 (sub M. divaricata E. et Z. var.). 618 Hans Schinz. Muraltia setosa Chod. nov. nom. M. ciliaris Eck. et Zeih. Enum. pl. Afr. austr. (1836) 206 non DC. — M. incompta Harv. Fl. Cap. (1859) L, 107 p. p. non E. Meyer. Basi lignosa, ramis virgatis 10—20 cm longis. Rami laxiuscule foliosi, juniores laxe hirsuti, adultiores calvati. Folia 5—7 mm longa, ad 0,4 mm lata, breviter acuto-mucronata, pilis patulis diametrum limbi superantibus hirsuta, e quorum axilla nascuntur folia similia sed breviora. Flores 3,5—4 mm longi. Sepala lanceolato-acuta, alis cuspidato-acuminatis, omnibus margine obscure serratis glabris. Carinae unguieulum cueullo aequilongum, limbus cucullatus obtusus. Flabellum semi-orbieulare subtriangulare subintegrum. Petala supe- riora, lanceolata quam carina breviora subacuta. Ovarium dense longe- que pilosum, appendieulatum. Stylus basi tenuis ad apicem sensim incrassatus. Stigma superius patens subtus papillosum. Capsula late ‘ovata parce hirsuta, cornubus setaceis subbrevior. Afr. austr.; in montibus pr. Waterfall, Tulbagh, Ecklon et Zeyher 206. A M. incompta E. M. floribus majoribus, petalis pro rate longioribus acutioribus, sepalis haud integris, stigmate patente, differt. Muraltia rhynostigma Chod. nov. spec. Habitus M. cuspifoliae Chod. Annua an biennis, e basi ramosa, ramis iterum corymbose ramosis 10—30 em longis. Rami indurati teretes ad 1 mm crassi minute griseo-puberuli, foliis patentibus Empetrum revocans. Folia in ramis juvenilibus acicularia 3 mm longa mox patentia interdum arcuata, acutissime mucronata, ex axilla quorum oriuntur saepe folia axillaria 2—3, ramorum veterum 4—5 mm longa 0,8 mm lata, basin versus angustata, breviter acutata et breviter mucronata, canosula vix puberula haud ciliata, internodiis longiora. Flores axillares 3—4 mm longi. Sepala glabra ovato-lanceolata, acuta infra apiceem mucronem brevem ferentia. Carinae limbus eucullatus unguiculo aequilongus, subacutus. Flabellum transverse oblongum valde inaequilaterale. Petala superiora lanceolata, subacuta, leviter eurvata. Ovarium glabrescens vel pilis crispulis sparse puberulum, breviter appendicu- latum. Stylus ereetus leviter flexuosus in stigma recurvus; stigma crassiusculum apice oblique papillosum. Capsula ovata, glabra, cornubus setaceis longior. Afr. austr.: Elim, in saxosis, Schlechter 7698. Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXVI). 619 Muraltia uneinata Chod. nov. spec. Annua vel biennis, basi lignescens; caules plures 10—20 cm longi, indurati, pilis mollibus longiusculis patentibus hirsutuli, adulti calvati. Folia dimorpha, apicum ramorum sat conferta, tenuia breviter mucronata, mucrone recurvo, dense, margine dorsoque longe Ar 5 ; ; i albo-ciliata, sublanata, - mm, .cetera ramealia angustiora et magis recurva, uncinata, 8—9 mm longa, 1—2 mm lata, minus dense ciliata, dorso carinata subplicata, supra concava, versus apicem conspiceue hamato-recurva, uncinato-mucronata, internodiis duplo triplove lon- giora, subpatentia fasciculis axillaribus carentia vel foliis perpaueis (2) angustioribus praedita. Flores 4 mm longi, axillares. Sepala oblongo-lanceolata, apiculata, apice subserrata, glabra, tubum corollae aequantia. Carinae unguiculum cucullo oblongo brevius. Flabellum ceucullo longius, inaequilaterale ambitu rotundatum. Petala superiora quam carina breviora, lineari-lanceolata leviter curvata, subacuta. Ovarium vix pilosum appendiculatum. Stylus basi tenuis ad apicem incrassatus. Stigma inferius obsoletum, superius patens, subtus papil- losum. Capsula ovata cornubus setaceis longior. Afr. austr.: ad Muizenberg pr. Cape Town, Wil. 3033. Var. calvata Chod. nov. var. Basi lignoso-indurata, fructicosa, ramis crassis tuberculatis, ramulis dense corymbosis, foliis uneinato curvatis glabratis. Sepala tubum corollae aequantia, mucronata. Petala superiora subspathulata vel linearia apice retusa vel subretusa haud acuta. Flabellum cucullo aequilongum, triangulare parum inciso-repandum. Ovarium ellipticum breviter appendiculatum glabratum. ee et stigma ut in var. praeced. Afr. austr.: (Oranjestate-Colony) Ihabe Unchu, J. Cooper 828. Species habitu simillima M. saxicolae Chod. eivi transvaalensi. Muraltia arachnoidea Chod. nov. spec. Radix simplex perpendieularis pauciramosa. Caules e caudice orti basi lignescentes, rubescentes, simplices vel iterum ramosi, 1,5 mm crassi, juniores foliis fascieulatis confertis obtecti, ut folia pilis niveis longis hirsuto-tomentosis. Folia superiora subtus profunde bisulcata, nervo medio exsculpto in acumen acerosum refractum prolongato, supra canaliculata, longe albo-pilosa, omnia uncinata. Folia inferiora angustiora, linearia vel ovato-lanceolata, 4—5 mm longa, acumine 623 Hans Schinz. limbus oblongus quam unguiculum longior, obtusus et quam flabellum fere duplo longior. Flabellum parvum, cuneatum, deltoideum irre- gulariter serratum, emarginatum 1 mm longum. Petala superiora lanceolato-rhomboidalia, medio lata, limbo acutiusculo vel apice anguste obtusa, subemarginata, carinam aequantia. Ovarium longe denseque - pilosum. Stylus tenuis apice formam anatis capitis simulans. Stigma superius longe adscendens oblique papillosum. Afr. austr.: in rupibus Zwartebergen 1500, Marloth 2480. Muraltia muscoides Chod. nov. spec. Suffrutex parvus. Caulis simplex (?) brevis, apice fastigiato- ramosus, ad 20:cm altus. Rami breviter hirsuti dense foliosi. Folia erecta lineari-acicularia subherbacea, apicem versus attenuata, apice recurva et longiuseule mucronata dorso marginibusque pilis longis hirsuta, superiora lineari-lanceolata 6—10 mm longa, 0,4—0,6 mm ata. Flores 4,2 mm longi. Calyx tubo corollae brevior. Alae lanceolatae apiculato-mucronatae. Carinae unguiculum cucullo con- spicue longius. Crista cucullo brevior e flabello cuneato-triangulari constans. Petala superiora linearia breviter acuta carinam longi- tudine aequantia. ÖOvarium longe pilosum appendicibus longis. Afr, austr.: Drege 7246. Muraltia vulpina Chod. nov. spec. Basi lignosa ramis subvirgatis basi denudatis tenuibus hirsutulis, 1 mm crassis, 10—20 cm longis. Folia fascieulorum inferiorum acicularia, 5—7 mm longa, 0,3 mm crassa, vix pilosa, breviter mucronata, recta vel paullo recurva vel subuncinata; fascicula dissita, in apice ramorum congesta i. e. capituliformia. Capitula ca. '%/ı mm vel paulo majora foliis quasi imbricatis lanceolatis vel ovato-lanceo- latis floribus intermixtis. Folia capitulorum 1 mm excedentia longe ciliata vel glabrescentia. Flores 4—5 mm longi. Sepala tub corollae fere duplo breviora, elliptica, subobtusa. Petala superiora carinam longitudine superantia, anguste linearia versus apicem sensim attenuata. Ürista speciosa quam limbus carinae longior. Flabellum late orbieulato-triangulare, emarginatum. Ovarium pilosum setis erectis longis; appendices lineares longae. Stylus basi filiformis ad stigmata sensim incrassatus. Stigma retusum stylo continuum, pars papillosa pendens. Species affınis M. alopecuroidi DC, a qua differt forma stigmatis, flabelli et habitu. Afr. austr.: in humidis Houw Hoekberg, 800 m, Schlechter 5454. Dr ee EEE En 0 22 en 12 nel nn na ae EN Amer Ar “ Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXVI). 623: Muraltia confusa Chod. nom. nov. M. Heisteria ß pilosa DC Prodr. I (1824) 335. Frutex 30—60 em altus, caulibus hirsutis, dense foliosis. Folia. fasciculata nn parum angustata, margine longe ciliata, tenuia, longe 8 8 r ’ . apiculata a j7’ j, mm, nervo medio conspicuo. Facies M. alo- ’ ’ pecuroides. Flores 6 mm longi. Calyx ad 1,8 mm longus corolla fere quadruplo vel triplo brevior. Sepala ovato-lanceolata, acutissima, margine subserrulata, tubo corollae duplo breviora, glabra. Carinae- unguieulum cucullo longius, limbus cucullatus haud rostratus quam crista brevior. Flabellum suborbiculare, repandum. Petala superiora anguste linearia flore aequilonga vel eum superantia 10plo longiora. quam lata, acutissima unguiculo quam altera pars paullo latiore. Ova- rium ellipticum breviter appendiculatum, dense pilosum. Stylus- erectus ad apicem sensim incrassatus. Stigmata vix distincta caput crassiusculum inaequilaterale formantia. Species facies M. alopecuroides DC differt ab affınibus, sepalis- subserratis, apiculatis, petalis superioribus angustissime linearibus- acutissimis carinam flabellatam superantibus. Afr. austr.: in regionibus infimis et elevatis, Lambert in Hb. Pro- dromi DC. Muraltia hyssopifolia Chod. nov. spec. E caudice lignoso oriuntur caules basi lignosi dein virgati, foliis- subimbricatis tecti, basi denudati, 20—30 em longi. Rami puberuli.. Folia anguste lanceolata-linearia basi breviter attenuata, versus apicem a medio sensim attenuata, mucronata, juvenilia subfiliformia margine leviter puberula, ceterum glabra et nitentia, supra concava, dorso rotundata, 8-11 mm longa ad 1—1,2 mm lata, erecta vel adscendentia. Flores 7—7,2 mm longi. Calyx ad 3 mm longus. Sepala ovato-oblonga, distinete et longiuscule mucronata. Carinae limbus unguiculo aequilongus, oblongus obtusissimus basi rotundatus, dorso cristam adnatam carnosam medianam flabellis lateralibus multo- breviorem ferens. Flabella cucullo breviora late deltoidea vix emar- ginata. Petala superiora lanceolato-rhomboidalia, basi cuneata limbo longe acuto. Ovarium ellipticum demum apice paucipilosum appendi- culatum. Stylus basi tenuis. Stigma superius adscendens apice papillosum. Afr. austr.: French Hoek, 1000 m, Schlechter 9238. 624 Hans Schinz. Muraltia Selago Chod. nov. spec. Suffrutex. Caules e caudice orti fascieulati aequilongi, vel fasci- eulati iterum ramosi, ramulis fasciculatis, teretes, hirsuti, basi tantum denudati ceterum dense foliosi (inde nomen Lycopodii Selago). Folia erecta fasciculata inaequalia 6—8 mm longa 0,6—1 mm lata vel plura intermixta filiformia angustiora, e basi angustata, lanceolato- acicularia, sensim acuminata in mucronem longiusculum prolongata, glumarum graminum textura, margine et subtus in nervo medio parce hirsuta, pilis diametrum folii haud superantibus nec aequantibus. Diam. rami cum foliis 7—10 mm. Flores subsessiles foliis !/s brevi- ores, vel subbreviores, ad 7 mm longi. Sepala flore triplo breviora e basi lata lanceolata vel lanceolato-elliptica acutissima, superius concavum sub apice mucronem brevem ferens. Alae paullo longiores, trinerviae; sepala omnia margine ciliata. Carinae unguiculum sepalis longius, cucullo longius, cucullo vix rostrato. Flabellum expansum paulo latius quam longum margine obscure serratum, cucullo sub- longius. Petala superiora carinam (sine crista) longitudine subaequantia, linearia, basi longe attenuata medio vix subemarginata, 5—6 plo longiora quam lata. Ovarium dense pilosum appendieibus pilosis longius. Stylus basi filiformis, longus versus apicem sensim dila- tatus. Stigmata adscendentia. Capsula ovato-elliptica, sepalis paullo. longior, 2,5 mm longa, cornubus acicularibus 3,5 mm longis, saepius loculo singulo fertilis. Semen oblongo-ellipsoideum pilosum, arillo eueullato biappendiculato, appendieibus papyraceis breviter triangu- laribus. Afr. austr.-orient.: (Pondoland) ad fl. Umlazi inter rupes et colles litoris, Beyrich 360; Bachmann 754, 736. Species affınis M. lancifoliae Harv. Muraltia salsolacea Chod. nov. spec. Radix perpendieularis subsimplex tenuis deinde valde incrassata. Caules tenues 10—15 cm longi vel virgati ad 40 cm elongati vel e caudice orti fastigiati, iterum ramosi, basi denudati rubescentes, Juniores pubescentes demum calvati, 1—1,5 mm erassi vel robustiores vel tenuissimi, corymbosi. Folia fasciculata. Faseieuli disereti saepe internodiis breviores vel in juvenilibus subeonferti. Diametrum caulis cum faseiculis 2,5—3 mm. Folia carnosa dorso rotundata, supra subplana, obtusa mucerone microscopico terminata pilis brevissimis erispulis ciliata, juniora magis acuta et conspieius mucronata, sub- patula 1,5—2 mm longa, adultiora glabra. Flores 3 mm longi. Sepala ovata, subacuta tubum corollae aequantia, glabra. Carinae unguiculum 2. Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV]). 625 cucullo brevius, limbus cucullatus haud oblongus, quam crista vix longior. Flabellum inaequilaterale late deltoideum lobis duobus subintegris sinu acuto haud profundo separatis. Petala superiora leviter curvata, lanceolata, subacuta carinam aequantia. Ovarium ellipticum glabrum appendieibus coronatum. Capsula late elliptica cornubus aequilonga vel vix longior pilis perpaucis hirsutula. Afr. austr.: in collibus Pone Rietfontein, Brandfontein, Schlechter 10583, 10594; in collibus prope Zeekoevley, 30 m Schlechter 10541 (sub M. longieuspis Turez.). Muraltia cuspifolia Chod. nov. spec. Radix subsimplex. Caules e caudice orti 7”—10 cm longi, 1 mm crassi, pilis patulis tenuibus diametrum fere caulis aequantibus hir- suti. Folia fasciculata. Fascieuli internodiis longiores. Diametr. ramorum foliosorum 4—5 mm. Folia carnosula ericoidea, dorso:- rotundata et curvata, marginibus longiuscule setoso ciliata, ceterum glabra, acuta, mucronata. Flores 3 mm longi vel vix longiores. Sepala lanceolata, breviter acuta, glabra tubum corollae aequantia. Carinae unguieulum eucullo subbrevior, limbus cucullatus haud elon- gatus subobtusus quam crista subbrevior vel aequilongus. Flabellum bialatum subaequilaterale lobis sinu lato separatis, transverse oblongum. Petala superiora lanceolato-linearia, acutiuscula, curvata, carinam eucullatam longitudine aequantia vel subaequantia. Ovarium ellipti- cum glabrum breviter appendieulatum. Stylus rectus in stigma sub- capitatum desinens. Stigma inferius obsoletum superius crassum suberectum vel patens, breve. Capsula elliptica glabrescens vel pilis erispulis minutissimis sparsis sub lente vix conspicuis, cornubus rectis triplo longior. Afr. austr.: Elim, 16 m, Schlechter 7650 (sub M. longiscuspis Turez.) Muraltia galioides Chod. nov. spec. Caules breves numerosi eircinatim terrae incumbentes simplices vel sub apice ramosi 4—10 cm longi, 1 mm crassi, puberuli. Folia fasciculata, fascieulis internodiis longioribus, patentia vel reflexa 2,5—3 mm longa, leviter carinata, curvata, primaria ovata, alia lineari- lanceolata vel apice parum dilatata, breviter acuta, mucronata, ciliata. Flores 3,5—4 mm longi. Sepala tubum corollae aequantia ovato- acuta mucronata. Tubus carinae cucullo brevior. Limbus carinae eucullatus quam erista brevior. Petala superiora lanceolato-rhomboi- dalia, subobtusa vel apice subacuta oblique retusa vel subemarginata, «626 Hans Schinz. .carınam aequantia. Flabellum margine grosse serratum. Ovarium ‚glabrum breviter appendiculatum i. e. appendicibus duplo triplove longius. Stylus basi tenuis. Stigma superius conspicuum adscendens -oblique papillosum. ‚Ar. austr.: S. W. Riversdale, Rüst 447. Muraltia arcuata Chod. nov. spec. Depressa ramis brevibus casu foliorum tuberculatis. Folia secus ramos breves congesta fasciculata introrsum curvata, supra concava, dorso rotundato-subcarinata obscure trinervia, crassa, basin versus ‚attenuata, breviter acuta, mucronata, ex apice nervus medius dorso leviter prominens, glabra, breviter ciliata 2,5-4 mm longa, 1-1,5 mm lata. Flores 5—6 mm longi. Calyx ad 2 mm longus. Sepalum superius ovato-concavum; alae late ovales breviter acutae. Carinae wnguiculum cucullo aequilongum, limbus cucullatus obtusus quam crista longior. Flabellum transverse dilatatum flabellatum, inaequi- laterale duplo latius quam longum. Petala superiora late linearia 'breviter acuta, carinam subaequantia. Ovarium ellipsoideum vix puberulum. Stylus erectus. Stigma superius adscendens. Capsula late elliptica cornubus aequilonga. ‚Afr. austr,: Sebastiansbay, Rhinocerosfontaine, Garnot, anno 1825. Species peculiaris forte M. Pappeanae Harv. affinis. Muraltia Saxifraga Chod. nov. spec. Suffrutex depressus trunco cortice griseo suberoso, ramis lignosis 'breviter divaricate ramosis. Folia in apice ramorum brevium con- ‚gesta rosulantia, linearia, apice parum incrassata et interdum sub- eucullata, obtusa vel infra apiceem mucronem brevem ferentia, saepe ‚subelavata, pilis paucis hirsuta vel glabrescentia ad 4—4,5 mm longa, ‘0,6—1 mm lata. Flores 6—7 mm longi. Calyx stramineus ampliatus ‚corollam ad °/s involvens. Sepala parum inaequalia, superius cucul- latum, alae obovatae breviter acutae, eiliatae. Limbus carinae cucul- latus oblongus vix rostratus. Flabellum irregulare deltoideum serratum. Petala superiora linearia, obtusa, quam carina breviora. Ovarium glabrum brevissime appendiculatum,. Stylus erectus apice valde dilatatus figurae peculiaris serpentis capitis. Stigma superius ros- tratum papillosum. Species affinis M. rubeaceae. ‚Air. austr.: Sebastiansbay, Rhinocerosfontaine, Garnot, anno 1825. Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXVI). 697 Muraltia pleurostigma Chod. nov. spec. Annua vel biennis radice lignosa. Caulis 15—20 cm a basi ramosus hirsutus, pilis diametro caulis brevioribus. Caules basi de- nudati superne dense foliosi. Diametrum rami foliosi 6—10 mm. Folia fasciculata, 3,3—5 mm longa, 1—2 mm lata ovata vel saepius lanceolata cuspidato-mucronata, marginibus revolutis, sat coriacea, nervo medio subtus exsculpto, margine nervoque setosa, setis rigidis. Flores 4—4,5 mm longi subsessiles, calyce glumaceo amplo involuti et celati. Sepala ovato-lanceolata, acuminata cuspidato-mucronata, subaequalia, anthesi corollam cristatam aequantia vel superantia. Carinae unguiculum eueullo aequilongum, limbus eucullatus obtusius- culus. Flabellum triangulare retusum subintegrum cucullo brevius. Petala superiora carinam longitudine aequantia unguiculo anguste cuneato, limbo late elliptico appendicem brevem obtusam ferente. Ovarium ellipticum longe et dense pilosum appendicibus longis lineari-acutissimis, subfoliaceis hirsutis prolongatum. Stylus basi tenuissimus ad medium sensim sed parum dilatatus, dein in appen- dicem aliae parti aequilongam anguste cultriformem curvatam acutam prolongatus. Stigmata obsoleta. Capsula ignota. Species fabrica stigmatis ab omnibus recedens. Afr. austr.: haud procul a Constantia, rare, Bergius; Rondebosch, Bergius; in fruticetis pr. Houtsbay (Neck.) 200 m, Schlechter 1231. 628 Hans S$chinz. II. Alabastra diversa. Neucaledonische Pilze. Miss E. M. Wakefield, &. Massee und A. D. Cotton (Kew). (Als Manuskript eingegangen im April 1914.) Noch vor Ausbruch des gegenwärtigen, die gesamte Welt in ihren Fugen erschütternden Krieges hatte ich es im Verein mit _ meinem Freunde A. Guillaumin (Paris) unternommen, die botanische Ausbeute der Expedition der Herren Fritz Sarasin und Jean Roux (Basel) nach Neu-Caledonien und den Loyalty-Inseln zu bearbeiten und als erste Frucht dieser Arbeit erschien 1914 Band I, Lieferung I, Botanik, des gross angelegten Werkes genannter Herren, betitelt „Nova Caledonia. Forschungen in Neu-Caledonien und auf den Loyalty-Inseln“. Verlag von C. W. Kreidel in Wiesbaden. Kurz darauf wurde Freund Guillaumin unter die Waffen gerufen und er steht nun gegenwärtig an der französischen Westfront, gleich mir wohl das Ende dieser blutreichen, düstern Epoche herbeisehnend. Ich habe inzwischen eine weitere Lieferung im Manuskript fertig gestellt, zum Teil mit Unterstützung der vortrefflichen Mykologin Miss E.M. Wakefield in Kew; der Verleger des Werkes erachtet es aber für nicht angezeigt, im gegenwärtigen Augenblick mit weitern Lieferungen herauszukommen, womit ich mich meinerseits einverstanden erklären konnte, immerhin wünschend, dass es mir dann doch gestattet werden möge, die von Fräulein Wakefield und ihren Mitarbeitern aufgestellten neuen Arten an anderer Stelle zu publizieren, um den Genannten die Priorität sichern zu können. Dies der Grund, warum diese Dia- gnosen, losgelöst aus dem allgemeinen Verband, hier zur Kenntnis gebracht werden. Hans Schinz (Zürich). Amanita pumila Mass. sp. nov. Pileus hemispherico-subglobosus, dein explanatus, 2—2,5 cm latus, levis, griseus; cutis volvacea sordide fuscescens in squamas secedens; squamae majores centrum versus, ad marginem parvulae Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXV)). 629 vel deficientes; caro submembranacea. Lamellae confertae, albidae, a stipite distantes. Stipes cylindraceus, levis, albidus, solidus. An- nulus membranaceus, albidus. Volva libera annulata. Sporae ellip- soideae, hyalinae, 5x3 u. Loeality: Yate, 23. II. 1912. Allied to Amanita cinerea Bres. Marasmius sulcatus Mass. sp. nov. Pileus primo hemispherico-globosus, dein expansus, centro plus minus umbilicatus, margine erenatus et subgrosse sulcato-impressus, tenui-membranaceus, tenacellus, testaceus vel rufescens, glaber, 1,5 — 2 em diam. Lamellae adnexae, angustae, subdistantes, pileo con- colores. Stipes erectus, rigidulus, teres, glaber, subnitens, fuscus ad basin subsericeus, 2—2,5 em longus. Sporae elongato-clavatae, basi acutiusculae, leves, hyalinae, 18-20 x 7—8 u. Locality: Upper Houailou Valley, No. 175, 7. II. 1912. Allied to Marasmius coracipes Berk. et Curt., but readily distin- guished by the narrow adnexed gills, and much larger spores. Favolus Sarasinii Wakefield sp. nov. Fungus horizontalis, subsessilis, albidus. Pileus 1—1,5 cm diam., subeircularis, glaber, subgelatinosus. Hymenium concavum, poris mediis, angulatis, plus minus in lineas radiantes dispositis. Stipes excentricus, horizontalis, latere sursum speetanti ad pileum omnino adnatus, ut pileus deorsum visus estipitatus videatur. Sporae (si genuinae) hyalinae, ventricoso-fusoideae vel subglobosae, basi api- eulatae, 10x 8 Locality: Hienghiene, No. 65, June 1911. On wood. Near to F. Sprucei Berk., but distinguished by the smaller pores and subsessile habit, and also by the spores, if these prove to be the true ones. Owing to the material being preserved in spirit, most of the spores had disappeared, and none were seen attached to the basidia. Stereum (Lloydella) umbrino-alutaceum Wakefield sp- nov. Spezies tenuis, flexibilis, longe effusa (15 cm et ultra), margine reflexo. Pileus umbrinus, adpresse tomentosus, zonis obscurioribus concentrice ornatus, margine acuto pallidiore. Hymokium sieco alufa- ; Vierteljahrsschrift d. ME, Ges. Zürich. Tale: ‚61. 1916. 630 Hans Schinz. ceum, leve, sub lente minute velutinum. Cystidia numerosa, flavida, 30 >x<9—12 u, breviter fusiformia; pars emergens 10—20 u, apice acuta, crasse tunicata, asperula. Basidia et sporae non visae Hyphae flavidae, laxe intertextae, 2—4 u. Locality: Gulf of Prony, 100 m, No. 195, april 1912. On dead branches. Colour of hymenium said to be whitish when fresh, but when dry is entirely that of wash-leather. Habit very like that of Stereum percome B. et Br., but distinguished by the paler colour of the hymenium, and by the different and more abun- dant cystidia. Clavaria Sarasinii Cotton sp. nov. Species alba, valde ramosa, majuscula sed gracilis, ad 10 em. alta. Rami suberecti, graciles, leves, cylindracei vel deorsum com- pressi, 1—2 mm crassi, apieibus acutis. Caulis vix distinetus. Basidia minuta ca. 25x 7 u; sporis copiosis hyalinis, oblongis, 6x4 u vel irregulariter globosis, minute echinulatis. Locality: (Loyalty Islands) Lifou: ad terram, Kepenee, No. 251. In a fresh state this must be a very beautiful fungus, as it forms fairly large, much-branched tufts which are apparently of a pure white colour. The habit is more erect and compact than in C. Kunzei, though less so than in C. strieta. The minutely punctate, almost oblong spores further distinguish it from allied species. Lachnocladium neglectum Mass. sp. nov. Pusilla, tenuis, rigidula, brunneo-fulvescens (sicco), pulverulento- velutina. Stipes curtus, apice 3—4 ramosus, rami arcuato-adscen- dentes, sparsi. Sporae obovatae,. inferne apiculatae, spinulosae, : ochraceae, 17-18 8-9 u; basidia clavulata, en 45x10 u Locality: La Foa, No. 178, 16.1.1912. Ä No information is given as to habit or colour when keine. Ailied- to L. semivestitum Berk., from which it differs in the much u spinulose en Daoryöhäirn kenats Wakefield sp. nov. Fungus pallide luteaus. Stipes 3—4 mm longus, 5 mm crassus : basi disco parvo adfixus, glaber, clavula pallidior. Clavula alien ‚subglobosa, 1—1,5 mm diam., undulato-plicata. Basidia 30—45 X 2—3 u, rnmaisau ur 10-12; u Ener Pparse a Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXVI). 631 ceylindraceo-subcurvulae, hyalinae, demum 1-septatae. Hyphae subhymeniales 2—3 u. Pr Loeality: (Loyalty Islands) Lifou: on wood, Ke&penee, 1912. Near to D. Cudonia Bres., but distinguished by the longer stem and narrower, hyaline spores. Le Ratia coccinea Mass. et Wakefield sp. nov. Peridium simplex, primo ubique clausum, subglobosum, fur- furaceum, in vegeto coccineum, 2—3 cm diam., intus gyroso-cellu- losum; columella subglobosa, cava, circa 5 mm diam. Stipes erectus, brevissimus, concolor, superne in columellam dilatatus, intus cavus. Sporae ellipsoideae, utrinque acutisculae, 15-17 x 10-11,5 u, hyalinae, crasse tunicatae. Locality: (Loyalty Islands) Lifou: Kepenee, No. 248. Quite distinet from Le Ratia similis in the seurfy peridium and the larger hyaline spores. Xylaria hirtella Wakefield sp. nov. Stromata laxe gregaria, stipitata, eylindraceo-fusiformia.- Cla- vula usque ad 1,8 cm longa, 1,5—2 em crassa, apiculata, striata, a stipite vix distineta, primo minute hirsuta, fusco-violacea, dein glabra, atra. Stipes usque ad 1,5 cm longus, 1 mm crassus, dense minuteque hirsutus, fusco-violaceus, dein glaber, ater. Ostiola vix prominula. Asci eylindracei, 905 u, paraphysati. Sporidia ellipsoidea, olivacea, guttulata, 1I—11xX4 u. Locality ? No. 144, 221. Allied to X. bataanensis P. Henn., but differs in the villose club and slightly smaller spores. Nectria nigro-ostiolata Wakefield sp. nov. Perithecia superficialia, densissime aggregata, bolaiteiden, 0,25 mm diam., sanguineo-rubra, minute rugulosa, ostiolo vix papil- lato nigro. Asci subfusiformes, 80-90%x13—15 u. Sporidia subdisticha, ellipsoidea, utrinque attenuata, 15—16 X us Pi ee tudinaliter medio 1-septata, striata. | Locality: (Loyalty Islands) Mar6: on wood, Medou, No. 146. Allied to N. sanguinea, but. distinguished | by the ci with : a ‚dark mouth, and larg: . Hans Schinz. Piperaceae neo-caledonicae. €. de Candolle (Genf). '!) (Als Manuskript eingegangen am 27..April 1916.) Peperomia canalensis C. DC. nov. spec.; caule ramulisque sat dense puberulis; foliis oppositis modice petiolatis, limbo elliptico- lanceolato basi et apice acuto utrinque puberulo margineque cilio-_ lato, 5-nervio, petiolo puberulo; pedunculis axillaribus terminalibusque puberulis petiolos fere aequantibus, spieis tenuibus glabris folia usqu ad duplum superantibus subdensifloris, bracteae pelta orbieulari centro breviter pedicellata, antheris elliptieis, ovario emerso ovato paullo infra apicem obtusum stigmatifero, stigmate globoso glabro, baces- globosa glandulis minutis subasperata. Caulis inferne prostratus usque ad 5 mm crassus in sicco com | planatus. Limbi in sieco tenuiter membranacei, superi usque ad 4,2 em longi et 2,5 em lati. Petioli eireiter 9 mm longi. Spicae usque ad 7,5 em longae, 1 mm crassae, bracteae pelta 0,75 diam., bacca in sicco virescens, matura rhachis processu conie . sustenta. Nova Caledonia: Kanala, im Walde auf Felsen am Bachirano Sarasin 265. Besseonin lifuana C. DC. nov. spec.; glabra; foliis oppo- sitis sat‘ longe petiolatis, limbo elliptico basi acuto apice rotundat vel saltem obtuso, 5—7-nervio; pedunculis in apice ramorum usq! ad 6, umbellatis adultis petiolos paullo superantibus, spieis adul! centro subsessili, antheris rotundatis, ovario emerso ovato-globoso summo apice stigmatifero, stigmate orbieulari margine papilloso, EDNCSR ‚globosa glandulis subasperata. Caulis ramique in sicco complanati usque ad 2 mm crassi. Lim] in sieco. tenuiter membranacei inaequales, superi 3—4 em loı 2,5— 32 em lati,. nervi tenuissimi. Petioli 7—12 mm, pedun usque ad 17 mm wo Be maturae EB: em longas, 1 In mm us Mitteilungen aus dem botan. Museum der Universität Zürich (LXXVI). 633 bracteae pelta 0,5 mm diam., bacca matura rhachis processu conico sustenta paullo ultra 0,5 mm crassa, in sicco viresenns. Iles de Loyalty:: (Lifou) Kepeng, auf Kalkfelsen, Wald, Sarasin 824. per staminodiferum (C. DC. nov. spec.; ramulis glabris; foliis breviter petiolatis glabris, limbo oblongo-ovato basi leviter in- aequilatera rotundato vel cordulato, lateribus paullo inaequilongis et inaequilatis, apice obtuse subattenuatis, 5-nervio nervo centrali nervulos validos subadscendentes utringque 1—2 mittente quorum supremus ca. '/s—'/a longitudinis solutus, nervis lateralibus utrinque 2 a basi solutis, petiolo plus minusve alte supra basin vaginante; peduneulo glabro petiolum multo superante, stirpis masc. spica sub- fiorente limbi dimidium paullo superante, rhachi hirtella, bracteae, glabrae pelta rotunda centro sat longa pedicellata, antheris 2—4 reniformibus; stirpis fem. spica florente quam limbus fere triplo breviore rhachi glabra, bracteae glabrae pelta rotunda centro bre- viter pedicellata, staminodiis 2 lateralibus oblongis apice obtusis basi ovarii lateraliter adnatis, ovario libero glabro, stigmatibus 4 ovatis. Dioicum, scandens. Ramuli in sieco in mare fuscescentes in femina nigrescentes, fere 1 mm crassi, collenchyma haud libriforme in mare in fasciculos diseretos dispositum in femina continuum, fasei- euli intramedullares 1-seriati, canalis lysigenus unicus centralis. ' Limbi in sieco membranacei crabre pellucido-punctulati, 7—8 cm longi, 3,5—4,2 cm lati. Petioli in mare usque ad 7 in femina usque ad 4 mm, pedunculi eireiter 16 mm N Bracteae pelta eireiter 0,5 mm diam. Iles de Loyalty: (Mare) Netsche, Sarasin 43 Frank ‚1009, 1033 (in Herb. DC.). UNE DATE DE CHRONOLOGIE QUATERNAIRE: La station prehistorique du Sc& pres de Villeneuve. Par ALPHONSE JEANNET. (Als Manuskript eingegangen am 4. November 1916.) L’ötude geologique de la region des Tours d’Ai') m’a conduit & m’occuper des depöts quaternaires des environs de Villeneuve (ex- tr&mite orientale du lac L&man) et & rechercher dans quel ordre ils se sont effeetu6s. Les conclusions qu’on peut en tirer, rela- tivement ä l’äge de la station palsolithique du Sc# (Magdal6nien), . la plus interne du bassin du L&man, me paraissent assez importantes _ pour ötre consignees dans une note speciale. Elles s’appuient exelu- sivement sur des donndes d’ordre geologique. Les facteurs archeolo- giques et paleontologiques ont conduit les specialistes A considerer la grotte du Sce comme &tant d’äge magdalenien, contemporaine = la station de Veyrier au pied du Saleve. a) Situation. La colline du Se& se a a l’Est de Villeneuve (cote 439 de la carte Siegfried No. 467). Sauf du cot6 N. et N.-W., elle s’eleve en parois verticales s6pardes, suivant les endroits, par 1 & 3 paliers plus ou moins inclines. Sur le versant du lac on observe 3 gradins, dont le moyen disparait vers le Nord. Les deux autres sont dessines sur la carte topographique mentionnee. b) Nature de la roche. | C'est un poudingue ou plutöt un ms brechoide et vacuolaire forme d’el&ments surtout roules, de dimensions trös variables. Les plus gros, localises dans certains banes, sont plutöt aplatis, avec angles &mouss6s; ils peuvent atteindre jusqu’a 1 m de longueur. Ce materiel est presque exelusivement local, les el&ments eristallins (peut-etre 1°/o) sont tras dissemines, jamais de grandes dimensions. Je n’ai reconnu jusqu’iei, en place, que des schistes verts et micaces. N) Als Jeannst. Carte geologique des Tours d’Ai et 3 regions avoi sinantes. Materiaux pour la Carte geol. de la Suisse, carte speciale No. 68, 1912 Id. Monographie geologique des Tours d’Ai Ir partie Id. Nouvelle serie, Vol. XXXIV, 1913. — La 2° Aa: (Fin ee la en Be en Br en ni ER, nn en ul ame eäeie Aare a di TER Une date de chronologie quaternaire. 635 Les roches locales sont constitudes, dans leur grande majorite, par des calcaires liasiques (calcaires öchinodermiques du type d’Arvel et de la Tiniere de toutes les varietes). Puis viennent, par ordre d’importance, les elements triasiques: calcaires dolomitiques et cornieules, dissouts en grande partie posterieurement ä leur enfouisse- ment, ce qui a donn& lieu ä la nagelfluh vacuolaire. Certaines parties des bancs sont tout & fait comparables & de la cornieule, ä& laquelle la colline entiere a &t& parfois attribuee. Des roches en lesquelles on peut reconnaitre # Dogger et le Malm prealpins sont egalement EonE osontoeh. In’y adone aucun doute que ce materiel ne soit presque exclu- sivement local et ne provienne pour sa plus grande partie de la vallee de la Tiniöre et du versant Mont-Arvel-Malatraix. Les cal- caires Echinodermiques du Lias, bien qu’existant en amont, dans le eirque de Planfavey (E. de Roche), n’y presentent pas une variete de teintes et de grains aussi considerable qu’aux environs de Ville- neuve. Il n’est pas partout aise @ observer la stratification du poudingue. Ce sont surtout les bancs a gros el&ments qui permettent de l’aperce- voir. Des constatations faites sur les versants E. et W. de la colline, on peut conclure que les couches plongent irregulierement vers la plaine du Rhöne, soit vers le S.-W. Cette roche n’est pas localisee ä la colline du Sc& seulement; on en retrouve des vestiges dans les vignes qui recouvrent le petit eöne sec de Crötaz (E. cote 378); cela prouve que le poudingue s’etendait primitivement sur une distance de un demi-kilomötre au moins et que le cours d’eau qui l’a depose coulait plus au S. que la Tiniere actuelle. c) Relations de la colline du Sce avec la region environnante. Ce monticule est limit6 au S. et A I’E. par la plaine alluviale du Rhöne dont il s’elöve direetement. Au N.-W. le grand cöne de dejeetions de la Tiniere vient butter contre lui. C’est un cöne dejäa ancien, qui n’est plus en activit6. Le cöne actuel, beaucoup plus petit, emboit& dans le pr&cedent, se trouve plus au Nord. Le cöne ancien est tronque A sa base par un versant abrupt que l’on suit de la colline du Sc& au S. jusqu’aux environs de l’Hötel Byron au N. Ce versant se continue en bordure du lac jusqu’a Grandchamp; il eonstitue le rebord de la terrasse dite de 30 m, connue en de nom- breux points du bassin du Leman. (et escarpement du cöne con- stitue le „mont“!) d’un ancien delta en continuite vers le N. avec 1) F.-A. Forel. Le Löman. Vol. 1, p. 80. 636 Alphonse Jeannet. la terrasse de 30 m (altidude moyenne 405 m). Cette terrasse «se prolonge tres vraisemblablement au S., dans l’espace qui separe les deux escarpements principaux du versant occidental de la colline du See (W. cote 439).') d) Age relatif et genese du poudingue. Ces relations &tant connues, il devient &vident que la nagelfluh vacuolaire du Sc& est plus ancienne que le cöne principal de la Tiniere qui butte contre elle, lequel est lui-m&me contemporain de la terrasse de 30 m. Quelle peut ötre l’origine de ce poudingue, dont l’6paisseur observable est de 60 m environ, mais qui doit &tre bien plus consi- derable puisqu’une partie se trouve masquee par les alluvions de la plaine du Rhöne? Etant donndes la nature presque exclusivement locale des &l&ments et la structure en delta, on est conduit a ad- mettre leur depöt par un cours d’eau local: une ancienne Tiniere. Le volume si divers des composants, l’allure si irreguliere des bancs, tantöt & mat£riel fin, tantöt & cailloux volumineux, la stratification RE inclinee vers la plaine, la faible altitude de la colline enfin, font penser que ce materiel: s’est depose er un ac. Deux bypolaeeaes se pr6sentent alors & l’esprit: 1. Ce lac aurait 6t6 le Leman lui-möme dont la surface etait tres elevee au-dessus du niveau actuel (au moins 65 m). 2. Cette accumulation s’est produite dans un lac de barrage form& par le glacier du Rhöne alors qu’il s’elevait un peu au-dessus de Valtitude du See. Cette seconde alternative me parait la seule probable, car autre- / ment on devrait trouver ailleurs, sur tout le pourtour du Leman, des restes de deltas et de terrasses correspondant A un niveau commun, qui serait celui des poudingues du See. Oriln’yenapasama connaissance. La terrasse lacustre de 30 m est Jusqu 'jei- la plus elevee en altidude dont l’existence soit reconnue. On n’a pas de preuves certaines d’ un niveau du lac superieur A 405 m, bien qu’a priori il n’y ait rien ]A d’impossible.. Je me rallie & l’opinion de F-A. Forel?) qui admet, dans le bassin du L&man, & des altitudes s Tartablen, des Et formes dans des lacs de barrage dus au BlarIRE ko Rhöne. D) On doit apporter une petit rectification ä la carte dans la region de Ville neuve, La teinte au de 30 m ui ce compris entre la colline d ‚et le petit cöne sec de Cretaz (N.E. cote 378). Le nt 2: 2... W. du Scs (W. cöte 439) doit &galement &tre laisse en in 2) F. A. Forel, loc. eit. p. 173. Voir-aussi E. Biden ne Brückner, Die ee Eiszeit, DEN s Une date de chronologie quaternaire. 637 L’altidude maximale de 439 m, atteinte par la nagelfluh, doit etre mise en rapport avec une hauteur & peu pres &gale ou un peu superieure du glacier du Rhöne. Peut-ötre serait-il possible de rat- tacher a ce moment de l’&volution du glacier, les moraines de la region de Lausanne !); moraines du cirque d’Ecublens (alt. 444 m), de Montoie (alt. 448 m), de Montbenon (alt. 480 m)?, etc. Les specia- listes attribuent ce stade a la phase de retrait du glacier du Würm ayant precede le stade de Bühl. Peut-6tre s’agit-il de l’oscillation d’Achen? En ce qui concerne le front du glacier au stade de Bühl, Brückner pense qu'il devait se trouver aux environs de Chessel, oü existent une serie de collines s’6levant de quelgues mötres au-dessus de la plaine du Rhöne. Cet auteur s’exprime ainsi: „Diese (Hügel) selbst sind freilich nicht aus Moräne, sondern aus Bergschutt zu- sammengesetzt und daher nicht direkt als Zeichen des Gletscherendes anzusprechen.“ Des observations faites en commun avec M. Lugeon et ses eleves, au printemps 1916, me permettent- de completer les affırmations de Brückner. Ce qui nous a frappe tout d’abord, c’est la disposition transversale & la vall&ee que presentent une serie de collines peu elevees, comprises entre Noville et Chessel. La carte au 1: 25,000 rend tres imparfaitement, en raison de son modele tr&s adouci, la = topographie de cette rögion. On y trouve en effet du materiel Eboule, ainsi que cela est connu depuis longtemps, mais il parait etre sur- tout localis6 dans la region oceidentale. On constate &galement la presence de sables et graviers laves attribuables ä des depöts la- eustres. Nous avons aussi constat& la presence de moraine A gros blocs rhodaniens d’une fagon certaine, en un endroit au moins. Au S. de la cote 390, prös du village Crebelley, le long de la grande route, a la bifurcation du chemin conduisant a la Räpaz, se trouve une petite exploitation abandonnee, renfermant du materiel erratique tres net, consistant en elöments de grandeurs diverses, melanges & de gros blocs cristallins. La butte, point 386, immediatement a I’W., parait ötre un lambeau de terrasse lacustre (sables laves) surmontant la moraine; e’est un reste probable de la terrasse de 10 m. Ces sables ont &galement &t6 observes au Praillon (cote 386). La disposition transverse des collines se poursuit jusqu’aux environs de Chessel, soit assez loin en amont du vallon des en qu’il soit impossible. de les considerer comme etant. restes de l’eboulement dont on constate la an ve 638 Alphonse Jeannet. Les depots morainiques et les accumulations de blocs erratiques de Monthey-Collombey, du Montet pres de Bex, sont attribues par Brückner & des moraines laterales du glacier du Rhöne au stade de Bühl. On peut, me semble-t-il combler la lacune comprise entre ces regions et la moraine frontale aux environs de Noville-Chessel, par les beaux amas erratiques au N. d’Ollon (500—550 m d’alt.), ceux ‚de la Combaz-Vy au S.-E. de Chalex, par les remparts morainiques = de Plan-d’Essert et de Vers-Pousaz au N. d’Aigle (alt. max. 488 m), enfin par la petite moraine de Comberbou (alt. 452 m), au N.-W. d’Yvorne. Il est probable qu’une etude detaillde du flanc gauche de la valldee du Rhöne permettrait egalement de retrouver des depöts attribuables & ce stade, dans la FOBIOR comprise entre Collombey et Vouvry. x L’emplacement du glacier ie Rhöne au stade de Bühl etant dans. ses grands traits fixe, il devient evident que le depöt de la nagel- Auh vacuolaire du Sc& ne peut &tre attribug A un torrent fluvio- glaciaire provenant de ce glacier, 6tant donnes sa composition et le ‚sens de sa stratification. Elle ne peut &tre d’autre part que d’äge prebühlien. En ce qui concerne les niveaux principaux occup6es par le lac, (altitude de 405 m et 385 m speeialement), le travail de L. Horwitz!) a montr& que les abaissements successifs expliquent de la facon la plus satisfaisante le phenomene des terrasses et des cönes emboites de la vall&e inferieure du Rhöne en aval du defil& de St-Maurice. En tous cas le niveau de 30 m se laisse poursuivre sous la forme de terrasses, de cönes tronques, de deltas, jusque immediatement en aval du verrou de ce nom. L’exemple le plus caracterise que nous connaissions dans notre region, est celui du cöne tronque d’Ollon, compris entre la Combaz-Vy et la colline de St-Triphon hen 405m, sur la route Aigle-Ollon). Il est absolument certain que les flots du lac, au niveau de 405 m, noyaient completement Vescarpement inferieur du montieule du See et baignaient probablement le pied de ae moyen, dont la base est a 405—408 m. e) La grotte du Sce. En ce qui concerne sa description et son contenu, je m ’en n ropoe Ä ') L. Horwitz, CGontribution ä Vetude ir cönes de dejections dans u vallee du Rhöne. Bulletin Soc. vaud. d. Sc. a 2 une Aens & Une date de chronologie quaternaire. 639 l’etude de A. de Saussure!) parue en 1870. Il nous suffit de savoir quelle est d’une profondeur de 15—20 pieds, qu’elle est due a une cassure: @largie vers le bas, se prolongeant jusqu’au haut du rocher; l’entree en est large et elevee, la paroi du cöt& $. est trös surbaissde. | Les restes d’industrie humaine ae dans la grotte appar- ‚tiennent & deux &epoques: l’une plus recente (fragment de poterie et squelette humain), l’autre trös ancienne, consistant en ossements brises 2 et en silex dissemines dans les graviers agglomeres du plancher de ” la grotte; la faune est caracterisee avant tout par la presence du en renne. De Saussure a insist6 particulierement sur le fait que le sol de la caverne 6tait recouvert d’un lit &pais de cailloux, en majeure partie calcaires, melanges a des elöments siliceux tombes des parois de la grotte ou charries plus anciennement par le eaux. Les materiaux calcaires proviendraient des eaux environnantes. Je ne vois pas quelle difference fondamentale presentent ces el&ments d’avec ceux de la nagelfluh elle-möme. Nous avons indiqu6 .deja que les cailloux siliceux qui entrent dans sa composition sont tres peu abondants; ce sont, au ‚contraire, les el&ments calcaires qui y predominent. D’autre part on ne s’explique pas le depöt des graviers par les eaux environnantes, le plancher de la grotte etant. plus eleve que l’ancien niveau du lac de 405 m et que l’ancien cöne ‘de la Tiniere. Ni cette derniere, ni le lac ne peuvent avoir pendtre. dans la grotte, 6tant donndes son altitude et sa disposition. Les graviers concretionnes ayant livr& les objets. magdaleniens neme paraissent pouvoir provenir que du materiel eboule des parois de la grotte elle-m&me, desagreges par les eaux d’infiltration et recimentes plus tard par le depöt de tuf. Une autre hypothöse serait encore encore possible: le transport par l’homme de graviers du eöne tout proche = de la Tiniere pour combler les inegalites du plancher de la grotte. | ; Aucun auteur n’a fourni j jusqu’ici de renseignements sur Y’emplace- u e ment exact de la caverne. D’apres les donnees qui m’ont 6t6 com- muniqudes par mon ami Alf. Lude, instituteur & Villeneuve, et des char faites sur place dans le courant de ce printemps, ge cette lacune qui en u nous z verröns, rt ven Alphonse Jeannet. La grotte se trouve & la base de l’escarpement sup£rieur, approxi- mativement & lI’W. de la cote 439 m; son plancher se trouve vers 410 m d’altitude d’apr&s la carte Siegfried. L’entrde en est masquee par des buissons de sorte qu’elle n’est pas tres facile & apercevoir, surtout en 6te. On y accede par des 6boulis de nagelfluh peu epais recouyrant ä peu pres la limite extsrieure de l’ancien cöne de la . Tiniere. Cette grotte, produite par une cassure qui coupe le pou- . dingue du haut en bas de l’escarpement, n’a pu &videmment se former qu’une fois la roche consolidee, ce qui a certainement exige un temps assez considerable, lors möme que le materiel triasique, plus soluble, doit en avoir active la eimentation. Il est toutefois permis de sup- poser que ce phenomene s’etait d&ja en partie produit lorsque le lac atteignait le niveau de 405 m, car la conservation de graviers meubles serait peu concevable sans cela. D’autre part la colline du Se6& fait visiblement obstacle au developpement de l’ancien cöne de la Tiniere dont la partie meridionale butte contre elle. Il faut done bien qu’alors la roche ait &t& solide et resistante. Le model&e actuel de la region basse de la butte,. tout au moins, resulte en grande partie de l’erosion lacustre et de la construction du delta de la Tiniere & l’&poque de la formation de la terrasse de 30 m. Le depöt du conglomerat &tant presume prebühlien, on peut se repr@senter ecombien de temps ont exig6 d’abord la consolidation du poudingue, puis la formation de la cassure, enfin l’apparition de la grotte par &largissement de ses bords. de long du plan de rupture. Malheureusement rien ne permet de reconnaitre si la grotte est anterieure & la formation de la terrasse : de 30 m et du delta de la Tiniere qui est contemporain ou si ell ‚est plus r¢e. ) Epoque ü laquelle la grotte du Se a. pu etre ande par les hommes magdaleniens. en Representons-nous le glacier du Rhöne, ayant provoque la formation du lac de barrage oü se sont deposes les materiaux de la . negelfnb: se retirant et s’arrötant pendant le stade de Bühl en de Villeneuve. Le lac L&man suivait certainement le glacier Tiniere er alors son a cone nr Une date de chronologie quaternaire. 64 de la terrasse en avant de Villeneuve se poursuit. Pour une cause qui nous reste pour le moment inconnue, le niveau du lac s’abaisse relativement brusquement, et stationne ä l’altitude de 385 m, pro- voquant ainsi la formation de la terrasse de 10 m. En admettant avec A. Penck!) que l’oceupation de la grotte du See date du stade de Bühl, soit lorsqu’elle 6tait tr&s prös du front du glacier et & quelques metres seulement au-dessus du niveau du lac, on se rend compte deja de la quasi impossibilit6 de son habi- tation möme temporairement. La proximite d’un lae beaucoup plus etendu que le Leman actuel, pouvant par consequent inonder lors des tempötes le precaire abri choisi par les hommes magdal6niens, le rendait inhabitable a priori. Un autre fait prouve d’une facon peremptoire qu'il en etait bien ainsi. En effet, des fouilles furent ex6cutees en 1900 par Alex. Schenk?) a la grotte du Se6 et Derriere le See. Bien que le nombre des objets recueillis soit fort restreint (un racloir en silex, un poingon en os et une canine d’ours avec rainure de suspension), l’auteur peut confirmer ainsi l’äge magdalenien de la station du See. Il n’est malheureusement pas indiqu& quels sont les instruments exhum&s de Derriere le See; si A. Schenk.n’y avait rien trouv&, pourquoi aurait-il mentionne cet endroit? On peut conclure du texte que cette localite, elle aussi, a fourni des objets magdaleniens. Du reste les renseignements obtenus par M. Lude d’un ami d’Alex. Schenk et du proprietaire du pr& voisin, confirment que des trouvailles de l’Age de la pierre ont ete& faites aussi Derriere le See. Il importe done de savoir exactement oü se trouve cette localite. C’est. une sorte d’abri-sous-roche, forme par un rocher surplombant de l’escarpement inferieur de la colline du See, au SSE. de la cote 439, & quelques dixaines de mötres du bätiment situ6 au S. de ce point. Le plancher en est encombr& par de gros blocs &boul6s de poudingue bröchoide. Il se trouve ä l’altitude de 390—400 m. Il est &vident que cette localite, aprös le retrait du glacier du Rhöne, s’est trouvde au-dessous du niveau du lac dont la surface etait ä& 405 m; elle etait trös peu au-dessus de l’eau lors de la formation de la terrasse de 10 m (altit. 385 m). Eile n’a donc pu &tre occupee au plus töt qu’a partir de cette &poque la, bien que cela paraisse tr&s peu probable, pour les mömes raisons que nous avons invoquees au sujet de la grotte elle-meme. La station de la Grotte du Se &tant de möme äge que celle de Derriere le See, n’a done pu etre habitse qu’apres le depöt de la terrasse de 30 m et le retrait de I surface du lac au-dessous de l’altitude de 385 m au aa tot. 1) 4. Penck u. E. Briüe Iner, loc. eit. 8. 690-7 4. Schenk. La Suisse ER p 642 Alphonse Jeannet. D’aprös F.-A. Forel‘), la terrasse de 30 m a livr& en differents: endroits des ossements de renne, de mammouth, de bauf, de cheval, „faune identique & celle de nos gisements magdaleniens“ affirme R. Montandon?). I semblerait y avoir une contradiction entre ces faits et nos conclusions, puisque nous pensons que la grotte du Sce na pu ötre occup6e qu’apres le depöt de la dite terrasse. On doit toute- fois se dire que les chasseurs ont suivi le gibier et que la faune magdalenienne occupait le territoire anterieurement a la venue de l’homme dans ces parages. Le renne peut trös bien y avoir vecu deja lors de la formation de terrasse de 30 m. On admet tres generalement qu’a l’Epoque magdalenienne, le elimat etait see et froid. Peut-ötre conviendrait-il de mettre en relation avec ce phenomene la presence de moraines locales qui, comme a Aigle, ont &t& -deposees apres le retrait du glacier du Rhöne, jusqu’au d&ebouch& de la vall&e laterale des Ormonts.’) Un fait & peu prös analogue s’observe egalement dans la vallee dela Tiniere.t) Cette avancde des glaciers locaux doit &tre mise en corre- lation avec un abaissement de la temperature et par .consequent de la limite inferieure des neiges.’) Par une serie de deductions basees sur les faits, nous arrivons done & demontrer l’äge postbühlien de la station magdalenienne du See, pres Villeneuve. Nous pouvons m&me prouver quelle ne peut avoir &te occupee qu’apr&s le depöt de la terrasse lacustre dite de 30 m, au plus töt. Ces resultats confirment les conclusions aux- quelles est arrive R. Montadon?) pour la station contemporaine de 'Veyrier au pied du Salöve. Celle-ci est, d’ apres cet auteur, franche- ment sea nettement posterieure au maximum du stade e Bül La grotte du See &tant la plus interne des atione palerkiiiape ; magdaleniennes, permet ainsi de fixer l’&poque la plus r¢e & la- quelle il convient d’attribuer le plus jeune Magdalenien. De nombreux 2 de rurel; loc. eit. p. 178. | E) Raoul Montandon. Chronologie de la station, palsolithique le Veyrier. Actes Soc. helv. Se ma vobt, p- 244— 247. Genöve 915. eon, L’aneien glacier de la Genen Bull. N nat, "XI, 1907. 7 vol. XLIH, p. VII— +) A. Jeannet. Carte geol. Tours dar, we Gh rain 5) Ce phenomene, sur lequel Y’attention n .ore &t6 suffisamment air est fort ers beaucoup plus general qu'on ı ne e le croit. Une etude detail ee basse vallöe du Rhöne, ee EEE ine ie ‚ortance su Re ra Une date de .chronologie quaternaire. 643 auteurs etaient arrives par d’autres deductions, A la convietion de Yäge postglaciaire du Magdalenien; aucun d’entre eux n’en avait Jusqu’ ici fait la preuve pour nos rögions du moins. L’homme paleolithique du bassin du L&man a sürement dt6 _ contemporain d’une epoque pendant laquelle le lac n’etait pas tres _ loin d’avoir sa surface actuelle. Il n’est pas certain qu’alors la plaine alluviale du Rhöne 6tait encore sous les flöts. Aus dem pflanzenphysiologischen Institut der Eidg. Techn. Hochschule Zürich, Die Zellkernwanderung in den Haarzellen von Cucurbitaceen. Von W. BoBILIOFF-PREISSER. (Als Manuskript eingegangen am 4. November 1916.) Über die Ursachen der Kernbewegung in den pflanzlichen Zellen ‚herrschen weit auseinander gehende Meinungen und es genügt hier auf das folgende Zitat aus der Pflanzenphysiologie von Pfeffer (Bd. II, Pp- 740) hinzuweisen: „Wenn also z. B. der Zellkern (dasselbe gilt für die Chlorophylikörper usw.) unter Umständen in dem strömenden Oytoplasma passiv mitgeführt wird, so ist damit nicht ausgeschlossen, dass er in. anderen Fällen eine aktive Lokomotion ausführt.“ Von den meisten, die sich mit der Wanderung des Zellkernes beschäftigt haben wird angenommen, dass die Kernbewegung passiv vor sich geht; von wenigen anderen dagegen wird eine aktive Beteiligung des Kernes angenommen. Die letztere Meinung habe auch ich in meiner kürzlich erschienenen Arbeit: „Beobachtungen an isolierten Palisaden- und Schwammparenchymzellen“ zu vertreten ge- ‚sucht. Dort habe ich folgendes gezeigt: wenn man Palisaden- und Schwammparenchymzellen von Viola lutea var. grandiflora aus dem Gewebe isoliert, so sind die Kerne dieser Zellen kurz nach der Iso- ae befand habe ich angenommen, des die r er lernie m PatzuEBE. ist, sonde: Die Zellkernwanderung in den Haarzellen von Cucurbitaceen. 645 wo man deshalb zuverlässigere Resultate über die Kernbewegung erhalten kann. Ein solches Objekt fand ich in den Zellen der ganz jungen Cucurbitaceenhaare. Die Zellen von grösseren Cucur#itaceenhaaren bieten ein be- kanntes Bild, da auf die in ihnen vorkommende Plasmabewegung vielfach verwiesen wird. Der Vacuolenraum von solchen Zellen ist von zahlreichen Plasmasträngen durchzogen, in welchen man eine typische Zirkulationsbewegung des Plasmas sehr gut beobachten kann. An manchen Stellen beobachtet man auch Ansammlungen von Pro- toplasma; besonders deutlich sind solche Ansammlungen um den Kern herum, infolgedessen sind die Umrisse des Kernes nicht immer deut- lich zu sehen, und nur manchmal, wenn das Plasma von dem Kern wegströmt, werden die Umrisse des Kernes auf kurze Zeit sichtbar; sie sind oft sehr unregelmässig. Der Kern verändert beständig seine Lage und wandert besonders stark kurze Zeit nachdem das Haar von der Pflanze entfernt und zur mikroskopischen Untersuchung ins Wasser gebracht wurde. Die Lageveränderung des Kernes in solchen grösseren Cucurbitaceenhaaren hat Hanstein (1870 und 1880) studiert, und er vermutet, dass der Kern an seiner Bewegung aktiv beteiligt ist, er sagt unter anderem (1880, p. 12): „Vergleicht man diese Bewegung des Kernes mit den Protoplasmaströmen längere Zeit hindurch, so nimmt man wahr, wie zwischen beiden keine un- mittelbare Beziehung besteht. Getrieben von den Strömen kann der Zellkern nicht werden.“ Zu einem endgültigen Resultat über die Ursachen der Zellkernwanderung ist Hanstein jedoch nicht gekommen, da, wie er selber zugibt, in diesen Objekten die Umrisse der Kerne nicht immer scharf wahrnehmbar sind. Er sagt darüber (1880, p. 13): „Es ist nicht immer ganz leicht, im lebendigen Kern die Grenze zwischen dessen eigentlicher Substanz und der der Kerntasche scharf zu erkennen,...“ Aus allem diesen folgt, dass man nur dann ein klares Urteil über die Ursachen der Kernwanderung sich bilden kann, wenn man solche Objekte wählt, wo die Umrisse des Kernes ganz .deutlich sind, und wo ausserdem während der Kernbewegung keine Plasmabewegung vor sich geht. In ganz jungen, vacuolenlosen oder vacuolenarmen Haarzellen der Haare von Cucurbitaceen sind die Umrisse des Kernes noch äusserst scharf zu sehen im Gegensatz zu den älteren Haaren. In diesen Zellen ist keine Plasmabewegung wahrnehmbar. Einige Mi- nuten nach dem Übertragen der Haare in die Flüssigkeit (es sind Wasser oder schwache mineralische Lösungen verwendet worden) beobachtet man, dass die Kerne zu wandern BaeEaeN: dabei ver- = Vierteljahrsschrift d. Naturf, Ges, Zürich. een) 61. 1918. = 42 ; 646 W. Bobilioff-Preisser. ändern sie in ganz charakteristischer Weise ihre Gestalt. In einem Augenblick entstehen in der Richtung, in welcher der Kern sich be- wegt, Fortsätze, welche im nächsten Augenblick zurückgezogen werden. Bei genauer‘Beobachtung kann man hier nachweisen, dass die Ortsveränderung des Kernes durch diese charakteristische Gestalt- veränderung des Kernes vor sich geht. Auf diese Verhältnisse soll in dem nächstfolgenden Beispiel eingegangen werden (fig. 1). Es wurde ein grösseres Stück Gewebe mit zahlreichen auf ihm befindlichen Haaren von Cucurbita Pepo abgeschnitten, in ein Tröpfchen Wasser, welches sich auf einem Deckgläschen befand, übertragen, und das Deckgläschen dem Ring der feuchten Kammer aufgelegt. Bei der sofort angestellten Beobachtung zeigte sich der Kern ellipsenförmig (Stadium 1); in der ersten Zeit fand eine ganz schwache, kaum wahrnehmbare Verschiebung des Kernes statt, ohne jedoch von einer ausgesprochenen Gestaltveränderung begleitet zu sein. Nach etwa 5 Minuten im Stadium 2 beobachtete man eine Formveränderung des Kernes, es wurde ein seitlicher Fortsatz ge- bildet, dabei wurde der Kern etwas nach oben verschoben. (Die Pfeilchen in der Figur geben die Richtung der Kernbewegung an.) Von diesem Augenblicke an erfolgte eine neuerliche starke Bildung von Fortsätzen, der erste seitliche Fortsatz wird stark nach unten ausgebildet und dadurch wird der Kern etwas nach rechts und nach unten verschoben (Stadium 3 und 4). In den nächstfolgenden 20 Mi- nuten (Stadium 5 und 6) rundet sich der Kern ein wenig ab. Hierauf folgte eine lebhafte Bildung von Fortsätzen und der Kern bewegte sich in der Richtung der Fortsatzbildung (Stadium 7, 8 und 9). Im nächstfolgenden Stadium 10 verschwindet der Fortsatz wieder und der Kern nimmt ellipsenförmige Gestalt an. In dieser regelmässigen Gestalt verweilt der Kern nicht lange und schon nach etwa 5 Mi- nuten beobachtet man, dass ein neuer Fortsatz sich ausbildet und entsprechend seiner Richtung wandert der Kern nach oben (Stadium 11). Diese Art der Kernwanderung, welche durch solche scharf wahr- nehmbare Gestaltveränderung des Kernes bewirkt wird, dauerte in diesem Falle etwa 4 Stunden; dann hörte die intensive Kern- wanderung, sowie auch die starke Gestaltveränderung auf, der Kern blieb aber nicht in vollständiger Ruhe, sondern er veränderte seine Lage auch weiterhin, solange die Zelle am Leben blieb. Da bei dieser nachträglichen schwachen Wanderung des Kernes auch seine Gestaltveränderung entsprechend schwach war, war es nicht immer leicht, sie wahrzunehmen. In den weitaus meisten Fällen vollzieht sich die Wanderung des Kernes in der beschriebenen Weise und zwar kann man 3 Phasen der Kernwanderung unterscheiden: 1. Eine ganz 64 taceen, den Haarzellen von Cueurbi ın Zellkernwanderung ie D t ganz schwacher i derung des Kernes t m der ersten Zei gın derun an schwache Ortsver der kaum wahrnehmbar . Nach 2 rän er Gestaltve 0 -uayDlaz nernz “DIN ‘007 Bumaossgaäro‘ ’C] aun In un ug Syn er ung : ‘og auf 07 f' yunı ‘cp Ay 07 g unıpeyg 08 “un or 2 yenIpeng. + 6] au 01 9 unpug :C0 un or g unpans ‘can ungp -@< Ay 6 g unIpeIg og ayn 6 3 wnpejs 'cp ayn 6 | wnıpmg 51; "uspung 8/,] UA one, um sewWIoy sap Aunzopury ‘odaq erıqanonn uoa IE us ad pun ayfez 1ap asst, 6 648 W. Bobilioff-Preisser. ist. Die damit verbundene Ortsveränderung ist besonders stark in dem Moment, wenn der Fortsatz gebildet wird, oder wenn der Kern sich wieder abrundet. Diese intensive Kernwanderung dauert einige Stunden (in den meisten Fällen 2 bis 4 Stunden), und dann 3. kommt der Kern in relative Ruhe. Aber solange die Zelle am Leben bleibt, verändert er stets seine Lage, doch ist die Gestaltveränderung dann nicht immer so charakteristisch und ist viel schwieriger wahrnehm- bar als in der Phase 2 während der intensiven Kernwanderung. Es war noch zu entscheiden, warum der Kern in diesen Fällen eine intensive Wanderung antritt. Am nächsten lag die Vermutung, dass hier die intensive Kernwanderung infolge der Verwundung statt- findet. Und es soll versucht werden, die beschriebene Wanderung des Kernes mit der traumatotaktischen Bewegung des Kernes zu vergleichen. Wie schon Tangl gezeigt hat, bewegen sich die Kerne in jenen Zellen, welche der Verwundungsstelle nahe liegen in der Richtung jener Wände, welche der Verwundung zugekehrt sind, die Kerne verweilen dort einige Zeit und treten eine Rückwanderung an, bis sie ihren Ausgangsort erreichen. Bei den Haaren ist eine Verwun- dung leicht zu erzielen, indem man entweder die Spitze des Haares abschneidet oder das Haar an der Basis von der Epidermis weg- trennt. Wären die Kerne der Haarzellen traumatotaktisch empfindlich, so sollte man erwarten, dass in dem ersten Falle die Kerne zu den Wänden, welche der Spitze zugekehrt sind, wandern, in dem letzten Falle zu den Wänden, welche der Basis zugekehrt sind. Dies ist aber in keinem Falle eingetreten und auch die Intensität der Be- wegung war dieselbe, ganz gleich, ob eine starke Verwundung statt- gefunden hatte, oder ob die Wanderung ohne Verwundungsreiz vor sich gegangen war. Gegen diese Ergebnisse kann der Einwand er- hoben werden, dass nach dem Entfernen der Haare von den Organen, auf welchen sie sich befanden, immer ein Verletzungsreiz wirksam ist. Um auch das zu vermeiden, habe ich grössere Stücke von den Organen mit daran befindlichen Haaren abgeschnitten. Die Basis des untersuchten Haares war meist bis zirka 5 mm von der Schnitt- fläche entfernt. Nach Untersuchungen von Nestler ist aber bekannt, dass der Reiz der Verwundung nur in einer Entfernung von 0,5 bis 0,7 mm wirksam ist. Bei Verletzung der Zelle, welche der jeweils untersuchten benachbart lag, konnte ich in derselben keine Erhöhung der Intensität der Kernwanderung konstatieren; schon daraus ergibt sich, dass die Kerne in den Zellen von Cucurbitaceen traumato- taktisch unempfindlich sind. Die wirklichen Ursachen der intensiven Kernwanderung sind im Folgenden zu suchen: durch das Übertragen Die Zellkernwanderung in den Haarzellen von Cucurbitaceen. 649 der Haare in die Flüssigkeit, welche zur mikroskopischen Unter- suchung nötig ist, treten inbezug auf den zwischen Kern und Pro- toplasma stattfindenden Stoffwechsel Veränderungen auf. Durch diese Veränderungen wird der Kern in seiner Tätigkeit in der einen oder anderen Richtung gefördert, und das äussert sich in den amöboiden Gestaltveränderungen des Kernes, welche zu seinen Ortsveränderungen in der Zelle führen, Es war noch auf die Frage einzugehen, ob die Bewegung des Kernes in den Haarzellen auf der intakten Pflanze normalerweise stattfindet. Ich bin der Meinung, dass in den intakten Haarzellen höchst wahrscheinlich eine regelmässige schwache Kernwanderung vor sich geht. Dafür spricht die Tatsache, dass die Kerne der Haar- zellen nicht selten auch in der ersten Zeit, bevor die intensive Kern- wanderung eingetreten ist, eine unregelmässige Gestalt zeigen. Dar- nach wäre die schwache Wanderung des Kernes, welche der intensiven Wanderung vorausgeht, als eine Fortsetzung der Wanderung, wie sie normalerweise in der intakten Pflanze stattfindet aufzufassen. Die gewonnenen Resultate lassen sich im folgenden kurz zu- sammenfassen: 1. Die Kerne in den Haarzellen von Cucurbitaceen sind trau- matotaktisch unempfindlich. In der intakten Pflanze findet eine schwache Kernwanderung in den Haarzellen statt. Die intensive Kernwanderung ent- steht infolge einer Veränderung der Stoffwechselbeziehungen zwischen Plasma und Kern, welche durch das Übertragen in die Flüssigkeit verursacht wird. Die Bewegung der Kernes erfolgt besonders bei der intensiven Kernwanderung aktiv durch die verschiedenartige Gestaltver- änderung des Kernes; besonders gut ist das in den jungen -Haarzellen nachzuweisen. Ob die Plasmabewegung, wenn sie deutlich sichtbar ist, auch in den älteren Haaren eine Orts- veränderung der Kerne bewirken kann, lässt sich mit Sicher- heit nicht behaupten, doch ist es sehr wahrscheinlich, ” = » 650 W. Bobilioff-Preisser. Berücksichtigte Literatur. Berthold, 6. Studien über Protoplasmamechanik, p. 150. Leipzig 1886. Bobilioff-Preisser, W. Beobachtungen an isolierten Palisaden- und Schwamm- parenchymzellen. Beih. z. Bot. Zentralbl. 1916, Abt. 1, Bd. 48. Hanstein, J.v. Über die Bewegungserscheinungen des Ze ke; in ihren Be- ziehungen zum Protoplasma. Verhandl. d. ‚naturhist. Ver. d. preuss. Abeinl. und Westph. 1870, Bd. 27. Einige Züge aus der Biologie des Protoplasmas. Bot. Abhandl., herausg. von J. v. Hanstein, 1880, Bd. 4, Heft 2. Miehe, H. Über die Wanderung des pflanzlichen Zellkernes, Flora, 1901, Bd. 88, N&mec, B. Die Reizleitung und die reizleitenden Stıukturen bei den Pflanzen, | Jena 1901. N estler, A. Über die durch Wundreiz bewirkten Bewegungserscheinungen des _ 1 Zellkernes und des Protoplasmas. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss., Wien 1898, Abt. 1, Bd. 107, p. 708 Pfeffer, W. Pilänsenphyeiolägie, Leipzig 1904. Ritter, 6. Über Traumatotaxis und Chemotaxis a Zellkernes. Zeitschr. f. ai 1911; Bd. 3, p. 1. Tangl, E. Zur Lehre von der Kontinuität des Protoplasma im Phänzingenebe Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss., Wien 1884, Abt. 1, Bd. 90, p. 10. Zimmermann, A. Die Morphologie und Physiologie des pflanzlichen Zellkernes. p-. 9. Jena 1896, Kinetische Untersuchungen über die Lufthülle der Erde. Von A. FLIEGNER. (Als Manuskript eingegangen am 5. September 1916.) s i “ 2 = Wenn man berechnen will, wie sich die Zustandsgrössen der Luft mit der Höhe ändern, so stützt man sich immer auf die Thermo- dynamik. Bei der Entwickelung der Formeln begnügt man sich aber gewöhnlich damit, aus dem Luftraum nur einen senkrechten Zylinder herausgeschnitten zu denken. Sein Querschnitt werde mit F be- zeichnet, und die Zustandsgrössen der Luft in einer Höhe h über der Erdoberfläche seien », v und T. Dann ändert sich bis zu der um dh grössern Höhe der Druck auf p—+ dp, und daher wird an der unendlich ' dünnen Höhenschicht dh des Zylinders der Druck von Fp kg im untern Querschnitt gleich dem Drucke F(p-+-dp) im obern Querschnitt vermehrt um das Gewicht Fdh/v der Schicht. Setzt man beide Werte einander gleich, so heben sich die endlichen Glieder weg, ebenso der Faktor F, und es bleibt übrig: dh = — vdp. (1) Um diese Gleichung weiter verwerten zu können, muss man den Zusammenhang von zweien der darin auftretenden drei Veränder- lichen kennen, und zu einem solchen gelangt man durch folgende Überlegung: Verbringt man eine gewisse endliche Luftmenge in eine andere Höhenlage, so kann sie sich nur dann immer im Gleichgewicht befinden, wenn sie überall in der umgebenden Luft ihren eigenen augenblicklichen Zustand antrifft. Dann hat aber die fortbewegte Luftmenge immer auch die Temperatur der Umgebung, so dass sie mit dieser keine Wärme austauschen kann. Und daraus folgt, dass sich ihr Zustand, und daher auch der Zustand der umgebenden Luft, mit der Höhe adiabatisch ändern muss. Es ist das das sogenannte konvektive oder indifferente Gleichgewicht. Bezeichnet man die Zustandsgrössen an der Erdoberfläche, für h = 0, mit Po; Yo To, 0 besteht hiernach zwischen den p und v der adiabatisch e Zusammen- 8; & Ba : &: | = Br a u er ” | @) = 652 A. Fliegner. Darin bedeutet x den Quotienten der beiden spezifischen Wärmen bei konstantem Druck und konstantem Volumen. Führt man v aus (2) in (1) ein, integriert man dann von h—=0 bis Ah, sowie von P, bis p, und ersetzt man endlich das in dem Ausdruck verbleibende Produkt p,v, nach der Zustandsgleichung durch RT,, so erhält man: a ) und hieraus durch Umkehrung noch: = »—1 N x a a Da sich auf der Adiabate die Temperaturen verhalten wie die Pressungen zur Potenz («— 1)/x, so konnte der letzte Quotient so- fort hinzugefügt werden. Gleichung (4) zeigt nun, dass die Tem- peratur mit wachsender Höhe linear abnehmen sollte, und zwar, da “= 1,05 und für Luft R = 29,269 ist, auf je 1 km um 9,s394°. Der Druck änderte sich dagegen transzendent. T und p können aber nicht unter Null sinken. Nun verschwinden beide Grössen gleichzeitig für einen Wert von h=H, der sich aus (4), mit = 273, zu H=27,1 km berechnet, und daher wäre dieses 7 auch gleich der Höhe der Atmosphäre. Die eben durchgeführte Entwickelung enthält jedoch zwei an- genäherte Annahmen, die einzuführen nicht nötig gewesen wäre. Nach der ersten dieser Annahmen sollte das Gewicht der ver- schobenen Luftmenge auf der ganzen betrachteten Höhe gleich gross bleiben. In Wirklichkeit ändert es sich aber umgekehrt proportional mit dem Quadrat des Abstandes vom Schwerpunkt der Erde. Dabei sieht man die Erde selbstverständlich als eine homogene Kugel an, so dass ihr Schwerpunkt in ihren Mittelpunkt fällt. Hat die Kugel einen Halbmesser von r m, werden die Höhen h wieder von der Erdoberfläche aus gezählt, und ist g, die Beschleunigung der Schwere bei h=0, so wird die Beschleunigung g in der Höhe h: =): (8) Will man die Veränderlichkeit von g berücksichtigen, so muss man das schon in den thermodynamischen Gleichungen tun. Dabei erhält man einfachere Formeln, wenn man die spezifischen Grössen, nämlich das spezifische Volumen, die spezifischen Wärmen, die Ar- beiten usw. nicht mehr auf die Gewichtseinheit bezieht, sondern auf die Masseneinheit. Bei allen Versuchen zur Bestimmung der ein- Kinetische Untersuchungen über die Lufthülle der Erde. 653 schlagenden Gesetze und Zahlenwerte ist jedesmal der Wert von g ungeändert geblieben. Dann haben aber gleichen Gewichten auch gleiche Massen entsprochen, und daher behalten alle thermodyna- mischen Gleichungen auch bei der neuen Bezugseinheit ihre alte Gestalt bei. Nur die spezifischen Grössen nehmen andere Zahlen- werte an; sie ergeben sich aus den alten durch Multiplikation mit dem an der Versuchsstelle geltenden Werte von g. Mit einem ent- sprechend grössern, aber auch für alle Höhen gleichen Werte von R hat daher die Zustandsgleichung wieder die vorige Gestalt pv = RT, nur bedeutet v jetzt das Volumen der Masseneinheit. Ebenso bleibt das Verhältnis der beiden spezifischen Wärmen ungeändert # = 1,40. Die zweite Annäherung der vorigen Entwickelung bestand darin, dass bei dem unendlich niedrigen, senkrechten Zylinder nur vertikale Kräfte an seinen beiden Endflächen berücksichtigt wurden. Da aber die Schwerkräfte nach dem Mittelpunkt der Erde hin gerichtet sind, so übt, streng genommen, das Gewicht der umgebenden Luft auch auf die Mantelfläche des Zylinders schräg gerichtete Kraftwirkungen aus, die zu seinen Endflächen senkrechte Komponenten besitzen. Will man sich von solchen Kräften frei machen, so muss man sich aus dem Luftraum nicht einen Zylinder, sondern einen Kegel heraus- geschnitten denken, dessen Spitze sich im Mittelpunkt der Erde be- findet. Zerlegt man den Luftraum durch solche Kegel, so wird auch sein ganzer Inhalt vollständig berücksichtigt; bei Zylindern ver- schwindet dagegen ein grosser Teil von ihm aus der Betrachtung. Der angenommene Kegel schneide nun aus der Oberfläche der Erde ein Stück von der Grösse F, heraus. Die dortigen Zustands- grössen seien Po, Up To; 9o- Legt man jetzt in der Höhe h über der Erdoberfläche und um deren Mittelpunkt eine Kugelfläche, so hat ihr in das Innere des Kegels fallender Teil die Grösse Er (>). | (6) Die in dieser Höhe geltenden Zustandsgrössen sollen wieder mit p, v, T, g ohne Zeiger bezeichnet werden. Fügt man endlich im Abstand dh weiter aussen noch eine Kugelfläche um denselben Mittel- punkt hinzu, so erhält man statt der vorigen zylindrischen Schicht einen unendlich kurzen, eg begrenzten Kegelstumpf \ vom Gewicht en dG = F ah. ee = v bezeichnet also hier das Volumen Ber Maiseneinhöit de N Kegelstumpf setzt sich der Druck von e m an Easgrg untern m a es x 654 A.. Fliegner. fläche zusammen aus dem Gewicht d@ in (7), vermehrt um den Druck an der obern Endfläche, der aber hier, weil sich F' ebenfalls ändert, mit Fp—+ d(Fp) eingeführt werden muss. In dem Ausdruck für Fp fallen nun zunächst die endlichen Glieder weg. Setzt man dann g aus (5) und F' aus (6) ein, so hebt sich auch F, weg, und man erhält statt der vorigen Gleichung (1) jetzt: dip@ +] + 2 rdh=0. (8) Als Zusammenhang zwischen p und v wird man wieder den adiabatischen annehmen, und da die Gleichung der Adiabate ihre Gestalt ungeändert beibehält, auch wenn man v auf die Massen- einheit bezieht, so gilt Gleichung (2) hier ebenfalls. Ersetzt man aus ihr v in (8), so kann man (8) in die Gestalt bringen: pP = alpe+n]+ 2 p, “rran=0. (9) Um diese sichand Re zu können, muss man als neue Veränderliche ern Sr (10) einführen, denn damit geht (9) in ee IR: e de 4 05 P rer th) = dh = 0 (11) umzuformen, worin die Variabelen getrennt sind. Integriert man wieder von h—=0 bis h, sowie von x, bis x, und ersetzt man darauf umgekehrt nach (10) x durch p und h, so erhält man: (2) =( r Ya ee ER li f "ee 12) Be 2 Ps \r+h "9-8: RT, a =, ( Hierin ist der Quotient R/g, für Luft gleich der Konstanten 29,268 der Zustandsgleichung in der sonst üblichen Darstellung, in der v das Volumen der Gewichtseinheit bedeutet. Die Grenze der Atmosphäre wird jetzt erreicht, wenn in (12) = geschwungene Klammer verschwindet, und das geschieht, mit T, = 273, r= 6370 km und #«=1,4s, für H—= 27,807 km. Diese Höhe ist nur ganz unwesentlich grösser, als die vorhin aus (4) für unveränderliches g gefundene. Daher kann man erwarten, dass die Temperatur mit wachsender Höhe jetzt wieder, zwar nicht mehr streng, aber doch angenähert linear abnehmen werde, und eine Zahlen- 5 rechnung bestätigt das auch. Kinetische Untersuchungen über die Lufthülle der Erde. 655 Wegen der Kleinheit des Unterschiedes erscheint es. zulässig, bei den nächsten Entwickelungen nur die einfachere Gleichung (4) zu benutzen. Vergleicht man jetzt die aus diesen Formeln berechneten Zahlen- werte mit Beobachtungen, so zeigt sich in den untersten Luftschichten nur beim Druck eine leidliche Übereinstimmung. Immerhin sinkt er etwas zu rasch, und zwar wird er in der Höhe von 10 km um etwa 15 v. H. zu klein. Ungünstiger stellen sich die Verhältnisse bei der Temperatur. Diese sollte für jedes Kilometer Erhebung nach den Formeln um fast 10° abnehmen, in Wirklichkeit sinkt sie aber, wenigstens auf den untersten 10 km, nur etwa halb so rasch, nämlich um je 5°. Ganz falsch ergibt sich dagegen die Höhe der Atmo- sphäre. Die gefundenen noch nicht ganz 28 km sind viel zu klein, denn es liegen schon unmittelbare Aufzeichnungen aus etwas grössern Höhen vor, und für Polarlichter, die eine mit Elektrizität geladene Luftschicht voraussetzen, sind sogar gelegentlich Höhen zwischen 360 und 370 km festgestellt worden). Daher muss man doch die Höhe der Atmosphäre auf mindestens rund 400 km schätzen, viel- leicht ist sie aber noch bedeutend höher. Wenn hiernach die Formeln in dieser Richtung geradezu ganz versagen, so müssen sie sich auf vollkommen falsche Annahmen stützen. Das können aber nur Annahmen sein, die übereinstimmend beiden Entwickelungen zugrunde gelegen haben, da die sonst ver- schiedenen Annahmen doch auf wesentlich gleiche Ergebnisse geführt atten. Nun gehen beide Entwiekelungen nur von einer gemeinsamen Voraussetzung aus, nämlich der des adiabatischen Verlaufes der Zu- standsgrössen. Daher muss der Fehler in ihr gesucht werden, und er dürfte in Folgendem liegen: Bei der Begründung des adiabatischen Verlaufes war nur die Zustandsänderung der verschobenen Luftmasse berücksichtigt, von der umgebenden Luft dagegen stillschweigend vorausgesetzt worden, sie behalte in jeder Höhe ihren Zustand un- geändert bei. Durch die Verschiebung wird jedoch Luft vor der fortbewegten Masse verdrängt, hinter ihr nachgesaugt. In den durch- strömten Schichten heben sich diese beiden Vorgänge allerdings gegenseitig wesentlich auf. Dagegen muss in den Raum, den die fortbewegte Luftmenge ursprünglich eingenommen hatte, umgebende Luft bleibend eintreten, und umgekehrt wird Luft aus dem Raume bleibend verdrängt, den die bewegte Masse am Schluss einnimmt. _ Dabei beschränken sich aber die bleibenden Änderungen | jedenfalls nicht auf die Grenzschichten, sondern es werden auch auch die Tan ) GC. R. 152, S. 1194-96, 1911. _ Beibläter, 1911, S. 744, Nr: 13. 656 A. Fliegner. - schichten. ausserhalb der bestrichenen Strecke in einem gewissen Bereich in Mitleidenschaft gezogen. Wenn nun trotz dieser blei- benden Änderungen in allen Schichten ein je unveränderlicher Zu- stand vorausgesetzt wird, so enthält das die weitere stillschweigende Annahme, dass die umgebende Luftmenge in jeder Schicht als un- endlich gross angesehen werden dürfe. Eine unendlich grosse Luftmenge kann aber endliche Wärmemengen abgeben oder auf- nehmen, ohne ihren Zustand merkbar zu ändern. Dem gegenüber erscheint nun die Annahme adiabatischer Verhältnisse doch als durchaus willkürlich, und da sie auch auf zum Teil ganz unrichtige Ergebnisse führt, so muss sie unbedingt als falsch erklärt werden. Wenn man sonst bei den Anwendungen eine von der adia- batischen abweichende Zustandsänderung einführen muss, so wählt man gewöhnlich eine polytropische. Daher liegt es nahe, zu ver- suchen, ob ein solches Gesetz vielleicht auch hier brauchbar sei. Für die Polytrope gelten dieselben Gleichungen wie für die Adiabate, nur ist der Exponent % nicht mehr gleich dem Verhältnis der beiden spezifischen Wärmen, sondern er hat einen von Fall zu Fall ver- schiedenen Zahlenwert. Bestimmt man x aus (4) so, dass die Tem- peratur für jedes Kilometer Erhebung um die in den tiefern Luft- schichten beobachteten 5° abnimmt, so erhält man % = 1,1512, also einen beträchtlich kleinern Wert als 1,40. Mit diesem kleinern % berechnet sich noch aus (3) für = 0 und wieder 7, = 273 die Höhe der Atmosphäre zu H= 60,s3s km. Das ist zwar ein mehr als doppelt so grosser Wert, wie der vorige, er bleibt aber doch immer noch viel zu klein. Um für H einen grössern Wert zu er- halten, müsste man x in grössern Höhen abnehmen lassen, damit sich die Zustandsänderung dort Be mehr einer isothermischen näherte. Denn die Isotherme ergäbe H = Hiernach scheint es doch a unter irgend einer mehr oder weniger wahrscheinlichen Annahme über ein von der Höhe un- abhängiges Gesetz /(p,;v) = 0, den Zusammenhang zwischen den Zustandsgrössen beim Aufsteigen in der Atmosphäre auf thermo- dynamischem Wege herzuleiten. Daher soll einmal der Versuch gemacht werden, der Frage vom Standpunkt der kinetischen Theorie der Gase aus näher zu treten. Bei solchen Untersuchungen muss man nun die Wahrscheinlich- keitsfunktion für die verschiedenen Molekulargeschwindigkeiten zwischen ganz beliebigen Grenzen integrieren, und das kann man nur, wenn man nicht die Geschwindigkeit, sondern die angehäufte Arbeit der fortschreitenden Bewegung der Molekeln als Urvariabele Pe Kinetische Untersuchungen über die Lufthülle der Erde. 657 einführt, wie ich das schon früher einmal gezeigt habe.) Weil ich aber die Ergebnisse hier in etwas anderer Gestalt brauche, und weil ich auch die Entwickelung an einigen Stellen setwas anders durch- führen möchte, so will ich alle nötigen Formeln von Anfang an kurz noch einmal herleiten. Für den vorliegenden Zweck ist es nun zunächst bequemer, allen Luftmolekeln angenähert die gleiche Masse, m, beizulegen und dann von der angehäuften Arbeit den Faktor m/2 wegzulassen, so dass als Urvariabele nur das Quadrat der Geschwindigkeit, w*, übrig bleibt. Zwischen diesem w” und seinen Komponenten in einem dreirechtwinkligen Koordinatensystem O,x,y,2 gilt nun die Beziehung: v”=w+w,—+ w. (13) Sind im ganzen N Molekeln vorhanden, so kann die Anzahl dN’ unter ihnen, von der die Komponenten des Geschwindigkeitsquadrats zwischen w;, w,, w; und uw + d(w:), wy + d (wy), wz + d (wz) liegen, durch einen Ausdruck von der Form dN = N f (wi) f (wy) f (wi) d (w}) d (w,) d (w}) (14) dargestellt werden. Dieser Ausdruck muss so beschaffen sein, dass er bei nach Grösse und Richtung gleich bleibendem w* seinen Wert ungeändert beibehält, auch wenn das dreirechtwinklige Koordinaten- system in eine andere Neigung gedreht wird. Dadurch variieren die wi. Weil aber auch im neuen Koordinatensystem der Zusammen- hang (13) gilt, so müssen diese Variationen der Bedingung d (wE) + d (wy) + 6 (wi) — 0 (15) genügen. Durch eine solche Drehung werden in (14) die Differen- tiale, als Urvariabele, nicht berührt, dagegen muss die Variation des Produktes der f(w}) verschwinden. Bildet man diese Variation und dividiert man sie noch durch das Produkt selbst, so erhält man, mit der üblichen Bezeichnungsweise, die Bedingungsgleichung: PACAH i Fw) we. F (w2) Rn Fi) Ban Ze ö( „4 En #0) —0. (16) Um aus ihr die Gestalt der F(w}) zu bestimmen, bin ich damals dem Wege gefolgt, den ich in einschlagenden Schriftwerken benutzt gefunden hatte. Ich habe nämlich Gleichung (15) mit einem kon- !) „Die Molekularwärme mehratomiger Gase.“ Diese Vierteljahrsschrift, 1900, XLY, 8.137. - ee ee 658 A. Fliegner. stanten Faktor multipliziert, die so erweiterte Gleichung zu (16) addiert und dann in der Summe jeden der Faktoren der drei d (w/) für sich gleich Nulltgesetzt. Mein inzwischen verstorbener Kollege, Hr. Prof. Dr. Herzog, hat mich aber darauf aufmerksam gemacht, dass diese Entwickelung nicht ganz klar sei. Und in der Tat bleiben bei ihr in der Schlussgleichung alle drei d(w}) stehen, trotzdem sie nach (15) gegenseitig nicht unabhängig sind. Daher führt dieser Weg zwar auf eine richtige Lösung, es fehlt aber doch noch der Beweis, dass es die einzig mögliche Lösung ist. Dem gegenüber hat Hr. Herzog vorgeschlagen, aus (15) z. B. Ö (w3) = - 6 (wz) - d(wy) in (16) einzuführen, wodurch sich die Bedingung in die Gestalt bringen lässt: a RER ee ee Sie enthält nur noch zwei d (wf), und da diese gegenseitig vollkommen unabhängig sind, so kann der Bedingung (17) nur dadurch genügt werden, dass jede der beiden grossen Klammern für sich zum Ver- schwinden gebracht wird. Das gibt: Sn) _ FW) _ FW) ne: Far Id const. = — —;- (18) Aus dieser Gleichungsgruppe geht jetzt die Gestalt der f(w}) zu bestimmen. Zunächst für f (w}) ist: Fer): 2 de) Sr Frl). 8 2 - Sale) Bee (19) Hier muss man die beiden letzten Ausdrücke mit d(w}) multipli- zieren, integrieren und dann zu Potenzen von e übergehen. Und da für die beiden andern en von w? das Gleiche gilt, so findet man: w?2 a ec u ie Sw)=ae *,fw)=ae *, flw)=ae *. (20) @ ist Integrationskonstante, die der Einfachheit wegen in allen drei Fällen gleich angenommen wurde. In den folgenden Formeln tritt nur das Produkt dieser drei Konstanten auf, das dadurch gleich a° wird. Die Ausdrücke in (20) lassen noch erkennen, dass in (18) die Konstante 3/c? negativ eingeführt werden musste, weil die Wahr- scheinlichkeit nie grösser werden kann, als die Einheit. Setzt man jetzt die /(w}) aus (20) in (14) ein, so kann man das Produkt der drei Potenzen von e in eine Potenz zusammen- Se h = z ‚ R j Kinetische Untersuchungen über die Lufthülle der Erde. 659 ziehen, deren Exponent nach (13) gleich — 3w?/c? wird. Das gibt: se dN’ = Nafe + d(wz)d(wy)d(w2). (21) Um diese Gleichung integrieren zu können, muss man auch in die Differentiale w* selbst hineinbringen. Zu diesem Zwecke stellt man das Raumelement in Kugelkoordinaten dar, indem man w? als Radius vektor betrachtet. Bezeichnet man noch den Winkel zwi- schen der Richtung von w? und der z-Achse mit 9, den Winkel zwischen der Projektion von w? auf die x-y-Ebene und der x-Achse mit , so erhält man für das Raumelement den Ausdruck: dV = w* sinp dp db d (w?). (22) Multipliziert und dividiert man ihn mit c°, verteilt man das c° im Nenner mit je c? unter die drei w°, und führt man die kürzern Bezeichnungen = runda’e u (23) (24) ein, so geht (21) über in: dN’' = Nbx 2 e "sinpdp di de. (25) Bei den weitern Entwickelungen muss man nun (25) immer über alle überhaupt möglichen Richtungen integrieren. Da es aber bei einem Quadrat nur auf die Richtung als solche ankommt, dagegen nicht auf den Sinn, so genügen alle Richtungen, die in einer Halbkugel vertreten 5 sind. Und diese erhält man, wenn man nach von 0 bis r/2, nach =. y von 0 bis 2= integriert. Dadurch findet man für die Anzahl dN der Molekeln mit einem Geschwindigkeitsquadrat zwischen w® und w°+-d(w?), oder einem Werte von x zwischen x und & +dx, unab- hängig von den Richtungen der w*, die Ausdrücke: dN=Nb2ne +62 + 92°)e"”]. Wie die letzte Form zeigt, geht dN als vollkommenes Differen- tial darzustellen, und daher ergeben sich für alle beliebigen Grenzen von x geschlossene Integrale. Um jetzt zunächst die‘ Konstante b zu bestimmen, muss man (26) nach x zwischen den weitesten möglichen Grenzen integrieren. Nun nimmt man in der kinetischen Gastheorie immer als selbstver- ständlich an, es seien in jeder Richtung alle Geschwindigkeiten zwischen — © und + © möglich. Dem — für w? und x 660 A. Fliegner. die Grenzen 0 und -+. Integriert man danach (26) zwischen diesen Grenzen, so wird links das [4N gleich der Anzahl N aller vorhan- denen Molekeln, und daher muss rechts der Faktor von N der Einheit gleich sein. Das gibt zur Berechnung von b die Gleichung: eh [2+62-+92°)e "”] ee (e7) 237 Se ES Setzt man den hieraus folgenden Wert von b = 27/4zr in (26) ein, so erhält man für dN die Ausdrücke: Da a — Na [a +62+9 de *]. . (28) dN= Bei den damaligen Untersuchungen hatte ich, um nicht für ein dreirechtwinkliges Koordinatensystem negative Komponenten von w* in die Rechnung hineinzubekommen, (25) auch nach /, wie nach Yp, nur zwischen den Grenzen 0 und :r/2 integriert, ich hatte also nur die in einem Oktanten enthaltenen Richtungen berücksichtigt. Wenn man aber mit Kugelkoordinaten rechnet, so ist es jedenfalls richtiger, für $ die weitern Grenzen 0 und 2 einzuführen. Das ändert allerdings den Zahlenwert der Konstanten b. Weil aber bei der Integration von (26) das je df(x) immer den von den Grenzen 0 für p und Y unabhängigen Faktor 2 ergibt, so zeigt (27), dass das Produkt vom jedesmaligen b mit dem bei der Umformung von f (x) dx in (26) auftretenden Faktor 1/27 und mit den beiden von der Inte- gration von (25) nach p und ı herrührenden Faktoren für alle be- liebigen Grenzen dieser Veränderlichen stets denselben Zahlenwert 1/2 annehmen muss. Und daraus folgt, dass die Erweiterung der Integrationsgrenzen für Y die Ergebnisse solcher Untersuchungen in keiner Weise beeinflusst. Es bleibt daher ganz gleichgültig, ob man alle überhaupt möglichen Richtungen berücksichtigt, oder ob man sich aus irgend einem Grunde auf eine bestimmte Gruppe von Rich- tungen beschränkt. Endlich muss man noch die Bedeutung der in (18) eingeführten Konstanten c feststellen. Dazu braucht man die in den Molekeln enthaltene angehäufte Arbeit der fortschreitenden Bewegung, und diese ist, mit (23): un gm’= - mer. (29) Die angehäufte Arbeit aller Molekeln mit Geschwindigkeitsquadraten zwischen gewissen Grenzen, entsprechend z. B. x, und «,, wird dann Kinetische Untersuchungen über die Lufthülle der Erde. 661 gleich \musaN, oder, wenn man für dieses Gebiet einen Mittel- wert (w?)2, der Geschwindigkeitsquadrate einführt und das laN 1 mit Nı,. bezeichnet, gleich !/ m (w?)ı,a Nı,.. Multipliziert man dann die linke Seite von (28) mit !/z mw?, die rechte nach (29) mit Ya mce?x, und integriert man, so hebt sich '/am weg, und es bleibt mit den eben eingeführten Bezeichnungen: (w9) 1,2 Nı,. = . Ne? I erde = Ne? [(2 +62 +9x? +92?) e = (30) 2 Integriert man dagegen (28) über das ganze vorhandene Gebiet, also von ©, —=0 bis =», so wird N), o = N und fällt weg, und es folgt das Mittel, (w?),, aus den Geschwindigkeitsquadraten aller N Molekeln zu: ie ep (31) Hiernach bedeutet umgekehrt die Konstante c? das Mittel aus allen vorhandenen Geschwindigkeitsquadraten. Bei der damaligen Untersuchung hatte ich die Konstante in dem (18) entsprechenden Ausdruck gleich 2/c? gesetzt. Daher ergab sich b; das dortige c gleich der wahrscheinlichsten Geschwindigkeit. Hier h war esaber zweckmässiger, c? als das Mittel aus allen Geschwindigkeits- quadraten einzuführen. Denn die zugehörige mittlere angehäufte Arbeit der Molekeln, '/. mc?, und bei gleichem m auch c? allein, bilden un- mittelbar ein Mass für die Temperatur des Gases, und auf den Verlauf dieser Grösse kommt es bei den folgenden Untersuchungen ganz wesentlich mit an. Die hier entwickelten Formeln gelten allerdings nicht allgemein, sondern nur unter auch den folgenden drei, besonders hervorzuhebenden Voraussetzungen: 1. Die betrachtete Gasmasse sei in ihrem ganzen Innern homogen, soweit man bei einer solchen Ansammlung von Molekeln überhaupt von Homogeneität sprechen kann, d.h. die Mo- lekeln hätten an allen Stellen des ganzen Raumes den gleichen mitt- ‚lern gegenseitigen Abstand, und die Geschwindigkeitsverteilung sei auch überall dieselbe. — 2. Die ganze betrachtete Gasmasse sei ringsum von festen Wandungen umgeben, oder, was auf das Gleiche herauskommt, die Umgebung bestehe aus Gas von der nämlichen Beschaffenheit. — 3. Es wirkten keinerlei äussere Kräfte, sondern nur die Stösse der Molekeln gegeneinander und gegen die umgebenden Wandungen oder gegen die Molekeln einer umgebenden Gasmasse. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916, 43 | 662 A. Fliegner. Von diesen Voraussetzungen ist aber bei der Atmosphäre als Ganzes keine einzige erfüllt. Die Atmosphäre ist vielmehr nicht homogen, eine feste Begrenzung hat sie nur an der Erdoberfläche, an der obern Seite steht ihr dagegen der ganze Weltraum zur Ver- fügung, und auf die Molekeln wirkt als äussere Kraft die Schwer- kraft so entscheidend mit, dass sie unbedingt berücksichtigt werden muss. Daher dürften die entwickelten Gleichungen höchstens auf genügend dünne kugelförmige Schichten angewendet werden, die auch in radialer Richtung als homogen angesehen werden könnten, und in denen der Einfluss der Schwerkraft zu vernachlässigen ginge. Streng genommen sollten solche Schichten sogar unendlich dünn sein, wenn auch eine so verschwindende Dicke mit der Molekular- auffassung nicht ganz im Einklang stände. Wenn man trotzdem die Verhältnisse der Atmosphäre an Hand der entwickelten Gleichungen näher untersuchen will, so kann man das auf folgendem Wege erreichen: Man schneidet sich aus dem Luftraum wieder einen Kegel heraus mit der Spitze im Mittelpunkt der Erde. In seinem Innern mögen sich N Luftmolekeln befinden. Diese denkt man sich nun zuerst alle aus dem Kegel herausgenommen, an die Erdoberfläche verlegt und dort auf den Zustand der um- gebenden Luft gebracht, also namentlich auch auf das zugehörige e*, um das sich die übrigen Geschwindigkeiten nach (28) verteilen müssten. Darauf denkt man sich alle N Molekeln in dem eben hergestellten Zustand in unendlich dünner Schicht an der Erdoberfläche wieder in das Innere des jetzt leeren Kegels eingeführt. Dabei werden die- jenigen Molekeln, die mit einer nach aufwärts gerichteten vertikalen Geschwindigkeitskomponente eintreten, unmittelbar aufzusteigen be- ginnen. Die mit einer nach abwärts gerichteten vertikalen Kompo- nente stossen dagegen zuerst gegen die Erdoberfläche. Sie prallen aber dort sofort ab und steigen darauf ebenfalls in die Höhe. Die aufsteigenden Molekeln werden nun durch die Schwerkraft verzögert und schliesslich zur Umkehr gezwungen. Sie nähern sich darauf be- schleunigt der Erdoberfläche wieder, bis sie an ihr abprallen, steigen neuerdings auf, und schwingen so zwischen der Erdoberfläche und einer gewissen, für die einzelnen Molekeln verschiedenen obern Grenze hin und her. Allerdings könnten nur die ersten der in den Kegel eintretenden Molekeln die angedeuteten Bewegungen wirklich so ausführen. Die spätern finden dagegen in dem Raume schon die vorher hineingelangten Molekeln vor, und daher muss es zu gegenseitigen Stössen kommen, durch die die Molekeln unregelmässiger hin und her geworfen werden. Die Bewegungen als solche bleiben aber dabei doch bestehen, sie RE IETTER Kinetische Untersuchungen über die Lufthülle der Erde. 663 übertragen sich nur durch die Stösse auf andere Molekeln, und daher darf man bei den folgenden Entwickelungen, soweit es nötig wird, auch annehmen, dass die Molekeln ihre Bewegungen ungestört durch gegenseitige Stösse ausführten. a es aber unmöglich ist, die Bewegungsänderungen an jeder einzelnen Molekel genauer zu verfolgen, so bleibt nichts anderes übrig, als geeignete Gruppen zu bilden. Dabei sollen in einer Gruppe alle die Molekeln vereinigt werden, deren Geschwindigkeits- quadrat an der Erdoberfläche zwischen ww” und w?® + d(w?) lag, oder, kurz gesagt, w? betrug. Diese Molekeln sollen von dem Augenblick an betrachtet werden, in dem sie von der Erdoberfläche aufzusteigen beginnen. Dabei darf man Zusammenstösse mit Molekeln aus andern Gruppen allerdings vernachlässigen, dagegen muss man die gegen- seitigen Stösse der Molekeln der betrachteten Gruppe hier doch berücksichtigen. Bei einer solchen Molekelgruppe wirkt nun die Schwerkraft unmittelbar nur auf die vertikalen Geschwindigkeits- komponenten. Weil aber die gegenseitigen Molekularstösse in allen möglichen Richtungen vor sich- gehen, so wird die jedesmalige Be- rührungsnormale im allgemeinen zur Richtung der Schwerkraft schräg stehen, und daher muss sich die unmittelbare Einwirkung der Schwere in vertikaler Richtung durch die Stösse in einem gewissen Grade auch auf die horizontalen Geschwindigkeitskomponenten übertragen. Nun enthalten aber die Molekeln Arbeit nicht nur durch ihre fort- schreitende Bewegung mit w, sondern auch infolge von Dreh- bewegungen um Schwerpunktsachsen, und die mehratomigen Luft- molekeln auch noch infolge von gegenseitigen Bewegungen der Atome in den Molekeln. Dabei zeigt die kinetische Theorie der Gase, dass die Gesamtarbeit der Molekeln immer einem bestimmten Vielfachen der angehäuften Arbeit ihrer fortschreitenden Bewegung gleich bleibt, und zwar ist sie im Verhältnis von 1 zu 2 b) = Base (32) grösser, wobei x wieder das Verhältnis der beiden spezifischen Wärmen bei konstantem Druck und konstantem Volumen bezeichnet. Hiernach wäre die ganze in einer Molekel an der Erdoberfläche enthaltene Arbeit gleich Amw?/2. Handelte es sich nun um eine ruhende, homogene Gasmasse mit unveränderlichem Zustand, so müsste man annehmen, die verschie- denen Geschwindigkeiten und Arbeiten glichen sich durch die Mole- kularstösse sofort gegenseitig so aus, dass ununterbrochen die durch die Rechnung gefundenen Verhältnisse herrschten. In den aufstei- 664 A. Fliegner. genden Luftmolekeln einer betrachteten Gruppe ändert sich dagegen der Zustand mit wachsender Höhe stetig, und da die ausgleichenden Molekularstösse Vorgänge sind, die doch eine gewisse endliche Zeit in Anspruch nehmen, so muss man die Möglichkeit offen lassen, dass im Augenblick der Ankunft der Molekeln in irgend einer Höhe die Ausgleichung zwischen den vertikalen und den übrigen Geschwindig- keiten noch nicht vollständig eingetreten sei. Daher könnten die Molekeln, auch wenn sie schliesslich ihre grösste Höhe erreicht hätten und umkehrten, immer noch eine gewisse Arbeit enthalten, und zwar in Form sowohl von horizontaler Geschwindigkeit, als auch von Dreh- und Atombewegungen. Dann wäre durch die Schwerkraft nur ein gewisser Teil derjenigen ganzen Arbeit Amw?/2 vernichtet worden, die die Molekeln an der Erdoberfläche enthalten hatten. Der Mittelwert dieses Verlustes möge gleich eAmw?/2 gesetzt werden, wobei der Natur der Sache nach die hier eingeführte Zahl & nicht grösser sein kann als die Einheit. Die Schwerkraft verrichtet nun zwischen A —0 und ı, mit 9 aus (5), dem Zahlenwert nach die Arbeit: = Pi h IG ) dh = mgor op (33) und daher besteht zwischen der Steighöhe h und der Geschwindigkeit w der Molekeln an der Erdoberfläche, oder dem nach 2 zugehörigen Werte von x, der Zusammenhang: Ar: Bun R Rt. 2 Ir song ehmu’ — —-ehmotr. (34) Aus dieser Gleichung ist auch ersichtlich, warum vorhin allen Luftmolekeln angenähert die gleiche Masse beigelegt worden ist. Wäre ihre Verschiedenheit zwischen den Stickstoff- und den Sauer- stoffmolekeln berücksichtigt worden, so hätten in derselben Gruppe nicht die Molekeln mit gleichen Geschwindigkeitsquadraten zusam- mengefasst werden dürfen, weil solche Molekeln durch die Stösse doch ihre angehäufte Arbeit ausgeglichen hätten. Es wäre daher nötig gewesen, von vornherein in jede Gruppe nur Molekeln von gleicher angehäufter Arbeit aufzunehmen. Dann wären aber die ver- schiedenen Arten von Molekeln nach dem ersten Ausdruck in (34) bis zu verschiedenen Höhen aufgestiegen, und das hätte die ganze Untersuchung bedeutend verwickelter gestaltet. Bei der Annahme einer gleichen Masse steigen dagegen alle Molekeln, die unten einerlei Geschwindigkeit besassen, auch bis zu derselben Höhe % hinauf. Von Kinetische Untersuchungen über die Lufthülle der Erde. 669 den übrigen Molekeln erreichen die mit einer Geschwindigkeit kleiner als w aus (34) die Höhe h nicht, sondern sie kehren schon früher um, während die Molekeln, die sich unten rascher bewegt hatten, die Höhe h überschreiten. Für die folgenden Untersuchungen braucht man noch die An- zahl der Molekeln, die über die Höhe h hinausgelangen. Sie findet sich durch Integration der Gleichung (28) zwischen dem Werte von x, der nach (34) zur angenommenen Höhe h gehört, und dem Werte £= m, und sie wird daher: No = N(@+604922)em, (35) Diese Molekeln enthielten an der Erdoberfläche, mit einem Mittel- wert (w?), o,0o für die Geschwindigkeitsquadrate, eine Gesamtarbeit elm(w?),,x,0N,,., zu deren Berechnung (30) zwischen denselben Grenzen x und & integriert werden muss. Das gibt: Am (u), 0,0 N, = —hme? N (2 +62+92°?+9x?)e-%. (36) Dividiert man (36) durch (35), so fällt links N, „ weg, rechts !/ Ne”, und man behält als Mittelwert der Gesamtarbeit aller dieser Mole- keln übrig: 1 1 2 +62 + 92° + 90° | Am (W) 2,0 = g Am SerERrT. e. (37) Beim Aufsteigen bis zur Höhe Ah verzögert die Schwerkraft auch alle N, Molekeln aus (35) und vernichtet an jeder eine Arbeit, die sich wieder aus (33) berechnet. Nur kehren diese Molekeln in der Höhe A nicht um, sondern sie steigen noch weiter hinauf, die langsamern unter ihnen weniger, die raschern mehr. Dabei verlieren die N,.„ Molekeln von ihrer ursprünglichen Arbeit aus (37) bis h im Mittel die Arbeit '/geAmc”x nach (34), und folglich enthalten sie beim Durchströmen durch den Kegelquerschnitt in der Höhe h nur noch eine mittlere Arbeit: 1 - Am (wi), 0, = + Am (w?),,0,0 — g ehm er. (38) . Hier fällt !/.Am weg, und es ergibt sich als einfacherer Zusammen- hang zwischen den Mittelwerten der Ganchwinüi EEE oben und unten: (w? as at (w 2 0. = ee. | (39) 666 A. Fliegner. Mit diesem (w?),,.,„, ist nun die Temperatur 7 proportional, mit der sich die N, „ Molekeln durch den Kegelquerschnitt in der Höhe h hindurchbewegen, während die Temperatur 7, unten im gleichen Verhältnis proportional ist mit dem dortigen Mittelwert e der Geschwindigkeitsquadrate aller -N Molekeln. Setzt man demnach | (w’),,n,0 aus (37) in (39) ein, dividiert man durch c” und zieht man a zusammen, so findet man als Temperaturquotienten: 3 aan 2+46—2)2 +9 — 6)? +91 — e)r? ne As P) 2 (40) Um weiterhin nicht unnötig verwickelte Formeln zu erhalten, soll zuerst dieser Ausdruck besprochen werden. Von der Zahl & ist vorhin festgestellt worden, dass sie nicht grösser sein könne, als die Einheit; es war sogar zu erwarten gewesen, dass e<1 bleibe. In diesem Falle wären im Zähler von (40) alle vier Glieder positiv. So lange nun & noch sehr kleine Werte besässe, also in den tiefern Luftschichten, träten die Glieder mit den höhern Potenzen von & zurück, und 7’ nähme mit wachsendem x und h ab. Wären dagegen h und & genügend gross geworden, so erlangten die höhern Potenzen das Übergewicht, und daher wüchse dort T mit h. Für ganz grosse Werte von % und x nähme der Bruch den Grenzwert (1—e)z an, und (40) lieferte das Ergebnis, dass 7 nach oben zu schliesslich über jeden beliebigen Betrag ansteigen sollte. Ein solcher Verlauf der Temperatur stände jedoch im vollsten Widerspruch mit den Beobachtungen und den allgemein üblichen Anschauungen. Man sollte vielmehr erwarten, dass die Temperatur in der ruhenden Atmosphäre nach oben zu stetig abnimmt. Und das findet man auch aus (40), wenn man an die Grenze geht und e=1 (4) setzt. Dann verschwindet nämlich im Zähler der rechten Seite das letzte Glied mit =°, die Gleichung vereinfacht sich in: ne r a er 4 r I au FI, te ha T, 246% +98 (42) und nach dieser Gleichung nähme die Temperatur in der Tat mit wachsendem & ununterbrochen ab. Man muss hiernach, um nicht von vornherein auf Unwahrscheinlichkeiten zu kommen, doch voraus- setzen, dass sich in jeder der angenommenen Gruppen von aufstei- genden Molekeln, trotz der Änderung des Zustandes, sämtliche Geschwindigkeiten durch die Molekularstösse sofort und vollständig ausgleichen, so dass in der Atmosphäre in jeder Höhe und in jedem Kinetische Untersuchungen über die Lufthülle der Erde. 667 Augenblick je dieselben Verhältnisse herrschen müssten, wie in einer homogenen Gasmasse von je gleichem, aber unveränderlichem Zustand. Ohne die Annahme einer solchen Ausgleichung erhält man für die Temperatur überhaupt keinen wahrscheinlichen Verlauf. Daher hätte auch die sonst nahe liegende Gruppeneinteilung nach Molekeln von gleichen vertikalen Geschwindigkeitskomponenten nicht zum Ziele geführt. Denn die horizontalen Komponenten hätten bei allen Gruppen übereinstimmend zwischen den Grenzen Null und Unendlich gelegen, und da wäre es nicht gut möglich gewesen, zu entscheiden, in welchem Verhältnis die Ausgleichung hätte stattfinden sollen. Wenn dagegen gar nur die unmittelbare Einwirkung der Schwer- kraft in vertikaler Richtung berücksichtigt worden wäre, ohne jede Ausgleichung, so hätten die Molekeln mindestens ihre horizontalen Geschwindigkeiten ungeändert beibehalten. Deren Arbeit beträgt aber ?/s der gesamten Arbeit der fortschreitenden Bewegung, und damit hätten sich für die Temperatur als untere Grenze nur etwa — 90° C ergeben, das ist ein unbedingt viel zu grosser Wert. Der- artige Schwierigkeiten liessen sich nur dadurch vermeiden, dass die ‘Molekeln von gleichem Geschwindigkeitsquadrat in einer Gruppe zusammengefasst wurden. Durch die Annahme in (41), dass &=1 sei, ändern sich noch zwei der zuletzt entwickelten Gleichungen. Zunächst ergibt (34), wenn m weggelassen und dann mit 2/Ac? multipliziert wird: 29r h ai Fe lan (43) und hieraus folgt noch umgekehrt: Lw?r Acırz en 2yr—ıiw - 2pr—icdz (44) Sodann vereinfacht sich (39) in: ra a: ae eT c’X. (45) Ausser der Änderung der Temperatur geht vom kinetischen Standpunkt aus noch die Änderung des spezifischen Volumens 5 zu berechnen. In dem aus dem Luftraum herausgeschnittenen Kegel a ist der Querschnitt F oben, nach (6), im Verhältnis der Quadrate der Abstände vom Erdmittelpunkt grösser, als der Querschnitt F, an der Erdoberfläche. Die Abnahme der Schwere nach oben zu hat zur Folge, dass Molekeln mit den gleichen vertikalen Geschwindigkeits- komponenten, die unten bis zu einer Höhe dz, aufsteigen, oben einen im umgekehrten Verhältnis der g, Gleichung (5), grössern Weg dz 668 n A. Fliegner. zurücklegen, ehe sie umkehren. Daher erscheint es angezeigt, der Schicht oben eine im gleichen Verhältnis grössere Dicke zuzuschreiben. Beide Einflüsse zusammengenommen vergrössern das verfügbare Volumen von unten nach oben im Verhältnis von 1 zu (1-+ h/r)*. Gleichzeitig nimmt aber die in der Höhe h noch durchströmende Anzahl von Molekeln gegenüber unten im Verhältnis von N zu N, nach (35) ab, und daher wächst das auf die Masseneinheit bezogene Volumen v im umgekehrten Verhältnis dieser Zahlen. Daraus folgt schliesslich das Verhältnis der Volumina zu: v _(r+h ET Fa nit rt r ea ears (46) Endlich geht noch die Änderung des Druckes mit Hülfe der Zustandsgleichung pv = RT zu berechnen. Da sich R, wenn v auf die Masseneinheit bezogen wird, mit der Höhe nicht ändert, so ver- halten sich die Pressungen überall direkt wie die absoluten Tem- peraturen und umgekehrt wie die en. sie Das gibt mit (42) und (46): 4 ren) (?+42+32°)e-°” (47) Nach den Gleichungen (42), (46) und (47) hätten nun die Zustands- grössen der Atmosphäre beim Aufsteigen in ihr folgenden Verlauf: Die Temperatur nimmt nach (42) auf dem ersten Kilometer um 13,6° ab, also bedeutend zu rasch, sogar noch rascher als nach der Adiabate. Mit wachsender Höhe verlangsamt sich aber die tee ununterbrochen, und auf dem zehnten Kilometer erreicht sie mit 5,6° fast die dort beobachteten 5°. Die weitere Abnahme erfolgt dann durchans stetig; es zeigt sich keinerlei Störung, auch nicht für die Werte von x, die zur wahrscheinlichsten oder zu einer der mittlern Geschwindigkeiten gehören. Doch gelangt die Abnahme schliesslich an eine endliche Grenze, da sich für = » aus (42) T='/T, er- gibt, so dass die Temperatur nicht unter rund — 180° C sinken könnte. Tatsächlich erreicht sie aber diesen Grenzwert gar nicht einmal, denn nach (43) behält x auch für — w noch einen endlichen Wert bei, nämlich, mit 9, = 9,51, r = 6370 km und e = 485 m/Skd beim Normalzustand unten, den Wert: eu 29 r max.2 =, —=323. (48) Ein grösseres x erforderte nach (44) einen Wert von 1, der durchs Unendliche hindurch negativ geworden wäre, was aber keine wirk- ee Ba Et Fi z 2 # Kinetische Untersuchungen über- die Lufthülle der Erde. 669 liche Bedeutung hätte. Doch ist dieser Grenzwert von iz schon so gross, dass er 7/7, = 0,333572 ergibt, also nur wenig mehr, als die für <= » gefundene Grenze '/s. Auch der Druck nimmt nach (47) mit wachsender Höhe stetig und verzögert ab, nur, verglichen mit den Beobachtungen, bedeutend zu langsam. Abweichend von der Temperatur erreicht aber der Druck, da x endlich bleibt, für h = © den Grenzwert Null. Das spezifische Volumen wächst dagegen nach (46) ununter- brochen, und es wird schliesslich gleichzeitig mit A unendlich gross. Hiernach: stellen die entwickelten Formeln den Verlauf der Zustandsgrössen, so weit eine Vergleichung mit Beobachtungen mög- lich ist, allerdings auch nicht befriedigend dar. Die Abweichungen sind jedenfalls verschiedenen Gründen zuzuschreiben. Zunächst ent- fernen sich die Anschauungen, die bei der Entwickelung eingeführt werden mussten, doch wohl zu weit von den wirklichen Verhältnissen, namentlich die Verteilung der Molekeln auf Gruppen von einerlei Geschwindigkeitsquadrat und die Annahme über die Dicke der Ele- mentarschicht in der Höhe h. Ferner lässt die Kinetik, ebenso wie die einfache Zustandsgleichung pv = RT, die gar nicht unbedeutenden gegenseitigen Anziehungskräfte zwischen den Molekeln vollständig unberücksichtigt. Vielleicht ist auch die Annäherung von einigem Einfluss, dass allen Luftmolekeln dieselbe Masse beigelegt wurde. Endlich dürfte aber noch ein anderer Umstand mit im Spiele sein. Die einschlagenden Beobachtungen sind wohl meistens am Tage angestellt worden, und da muss die Sonne einen Einfluss aus- geübt haben, indem sie unmittelbar die Erdoberfläche erwärmt hat, von wo aus die Wärme dann durch Konvektionsströme bis in grössere Höhen hinaufgeführt worden ist. Daher hat sich die Atmo- sphäre bei den Beobachtungen in Bewegung befunden, und zwar in einer Art, dass eine gewisse Ausgleichung der Temperaturen erreicht werden musste. Zu diesen Bewegungen treten noch die in den über- einander liegenden Polar- und Äquatorialströmen und deren Störungen. Dem gegenüber musste bei der Formelentwickelung ausdrücklich vorausgesetzt werden, dass in der Atmosphäre, wie in einer homo- genen Gasmasse, abgesehen von den Molekularbewegungen, vollkom- mene Ruhe herrsche, und daher können die Formeln die wirklichen Verhältnisse gar nicht genau darstellen. Aus den Gleichungen (23) und (48) muss man noch lisa dass nur die Molekeln von der Schwere zur Umkehr gezwungen werden, die sich an der Erdoberfläche mit Geschwindigkeitsquadraten v’=323c? bewegt hatten. Die Molekeln dagegen, die unten w*>323c°? besassen, müssen die Anziehungskraft der Erde überwinden und ihrem 670 A. Fliegner. Luftraum verloren gehen. Die Anzahl der Molekeln dieser letzten Gruppe findet sich durch Integration von a zwischen x = 323 unddz=o zu N so = = 1;7..107°° N, (49) sie bleibt also ungemein klein. Um mit Sicherheit wenigstens eine einzige solche Molekel von x > 323 anzutreffen, müsste man mindestens N = 5,35.10+*!* Molekeln zur Verfügung haben. Und da ein Gas beim Normalzustand in 1 cm? rund 2.10*!? Molekeln enthält, so nähmen diese N Molekeln einen Raum von 2,932.10*°°° km? ein. Dem gegenüber beträgt das Volumen der Erdkugel 1,08.10*'? km’. Die Verhältnisse, die nach den letzten Entwickelungen in der Atmosphäre herrschen sollten, sind nun zum Teil so beschaffen, dass einem doch gewichtige Bedenken gegen ihre Richtigkeit aufsteigen. Vor allem erscheint es nicht gut möglich, dass sich die Atmosphäre wirklich bis ins Unendliche erstrecken kann. Denn im Weltraum sind auch noch andere, teilweise sogar bedeutend grössere Himmels- körper vorhanden, die unbedingt beträchtliche Teile einer solchen Luftmasse an sich reissen müssten. Die Erde könnte nur die nähern Molekeln zurückhalten, auf die sie eine grössere Anziehungskraft ausübt, als die andern Weltkörper, und daher kann die Atmosphäre nur noch eine Hülle von endlicher Dicke bilden. Ferner fällt es einem auf, dass die Temperatur auch in den höchsten noch vorhan- denen Luftschichten jedenfalls nicht unter — 180° C sinken soll. Man nimmt doch sonst ziemlich allgemein an, dass im Weltraum angenähert die absolute Nulltemperatur herrsche, und da könnte die Temperatur der höchsten Luftschichten unmöglich auf die Dauer mehr als 90° wärmer bleiben. Endlich stehen aber auch die Eirgebnmee unter a in einem gewissen Widerspruch. Die in (28) gef verteilung gilt ja nicht nur in einem beckimsaten Augenblick für alle N räumlich nebeneinander befindlichen Molekeln, sondern man nimmt an, dass auch jede einzelne Molekel zeitlich nacheinander sämtliche Werte der Geschwindigkeit im Verhältnis ihrer Wahrscheinlichkeit durchlaufe. Nach dieser Auffassung müssten in den tiefsten Luft- schichten immer von neuem einzelne Molekeln so grosse Geschwindig- keiten erreichen, dass sie sich bleibend aus dem Anziehungsbereich der Erde entfernten. Und da die Anzahl dieser Molekeln wegen des Einflusses der übrigen Himmelskörper unbedingt grösser wäre als N,,, „ aus (49), so könnte der Verlust im Laufe der Zeiten doch einen merkbaren Betrag erreichen. Jedenfalls wäre dann aber, streng genommen, in der Atmosphäre gar kein unveränderlicher Beharrungs- zustand vorhanden, es sei denn, dass man angehmen wollte, es ständg Kinetische Untersuchungen über die Lufthülle der Erde. 67+r im Weltraum irgendwo ein Vorrat von Luftmolekeln zur Verfügung, aus dem sich die Erde den Verlust fortlaufend ersetzen könnte. Und damit kommt man auf den angedeuteten Widerspruch. Denn wenn die Atmosphäre wirklich bis ins Unendliche reichte, so wäre eigentlich für solche fortgehende und vorrätige Molekeln im Welt- raum nirgends mehr ein Platz vorhanden. Derartige Schwierigkeiten legen nun die Vermutung nahe, dass die tiefsten Schichten der Atmosphäre vielleicht überhaupt keine so: raschen Molekeln enthalten, sondern nur solche mit kleinern Ge- schwindigkeiten von Null an bis zu einer gewissen obern, aber endlichen Grenze. Und das ist auch aus andern Gründen durchaus wahrscheinlich. Denn die Atmosphäre hat jedenfalls bei ihrer Ent- stehung, wie damals die ganze Erde, höhere Temperaturen besessen, als heutzutage in ihr herrschen. Daher hat sie möglicherweise an- fänglich Molekeln mit so grossen Geschwindigkeiten enthalten, dass sie sie verlieren musste. Berücksichtigt man den Einfluss der übrigen Himmelskörper, so wären nach (48) im Luftraum jedenfalls nur noch Molekeln zurückgeblieben mit w’ 2118 m/Skd. sein. Wenn sich, der gemachten Annahme entsprechend, W? mit der "Temperatur änderte, so wäre das auch mit 4 der Fall. Hier handelt es sich aber um mittlere Jahresverhältnisse. Der grössten in der Atmosphäre an der Erdoberfläche noch ver- tretenen Geschwindigkeit W entspräche ein Wert des Verhältnisses x, der mit X bezeichnet werden möge. Er ist nach (23): WW: 3 (52) X= Durch die Einführung einer endlichen obern Grenze für ı*? und x werden die allgemeinen Gleichungen (13) bis (26) nicht beeinflusst. Auch bleibt nach wie vor N die Anzahl aller im Kegel enthaltenen Molekeln, und diese Molekeln muss man hier ebenfalls für die nächsten Entwickelungen sämtlich auf den Zustand an der Erdober- fläche gebracht denken. Eine Änderung tritt erst ein, wenn es sich um die Ausmittelung der Konstanten handelt. Da muss auch jetzt zuerst die in (24) eingeführte Konstante b bestimmt werden. Sie findet sich, wesentlich gleich wie früher, durch Integration ‘von (26) zwischen den neuen, engern Grenzen 0 und X. Dabei wird links das Kinetische Untersuchungen über die Lufthülle der Erde. 673: >. fdN= N, und daher muss wieder der Faktor von N auf der rechten Seite der Einheit gleich sein. Das gibt zur Berechnung von b: uR 2? - @+6X+9X)e*] = 1. (53) Setzt man hieraus b in (26) ein, so erhält man für die Anzahl dN der Molekeln, deren x zwischen & und & + di liegt, die Ausdrücke: UN N WEERFUTZT; En d[@ +6&= + 9x°)e3*] a 2 — (2 +6X +9 XY)e X" (54) Diese Anzahl von Molekeln enthält eine Arbeit Yzmw?dN, und da nach wie vor w’ = c?x ist, so folgt aus (54), wenn man wieder !/a m weglässt: Pe? 7 d[@+62 +90? 492%)e-*] 2d 6 2 EC REN 2 f6 N aroxraagerE N ara rare (55) Führt man jetzt auf der linken Seite von (55) den Mittelwert (w?), aus allen vorhandenen Geschwindigkeitsquadraten ein, und in- tegriert man über das ganze Gebiet von e=0 bis x—=X, so wird wieder [(IN= N und fällt weg, und man findet: 0 2—-(2+6X+9IX249XI)e-3T 2 AR pr? ur 3—(2+6X+IXYeX (86) Der Faktor von c? ist kleiner, als die Einheit, er könnte der Einheit nur gleich werden für X=». Und daraus folgt, dass die Konstante c? jetzt das Mittel der Geschwindigkeitsquadrate bedeutet, das sich ergäbe, wenn, wie früher angenommen wurde, alle Geschwindigkeiten von Null bis Unendlich nach (28) vertreten wären. Da aber nach der jetzigen Annahme die grössten Geschwindigkeiten fehlen sollen, so wird der wirkliche Mittelwert (w?)„: I 2 Fe A 4u(2)+ fa (x, 2) dt. 1 BL Indem man die beiden Darstellungsarten gleichsetzt, ergeben sich Formeln, in welchen eine unendliche Reihe gleich ist einem bestimmten Integral. Wie man diese Formeln verwenden kann zur Bildung arith- metischer Ausdrücke für analytische Funktionen, werde ich in späteren Arbeiten!) ausführen. Et Man kann das allgemeine Integral einer linearen inhomogenen Differentialgleichung auf zwei Arten darstellen. (1) Pu) = = 2.@)y® = p(a) sei die Differentialgleichung. 2—=z, sei eine Stelle, in deren Um- gebung die Koeffizienten p,(x) und das zweite Glied p(x) sich re- gulär verhalten und überdies sei p,(x,)+ 0. Dann gibt es ein parti- kuläres Integral y von (1), welches sich in der Umgebung von =, regulär verhält und das samt seinen „—1 ersten Ableitungen die Bedingungen erfüllt: Y(&0) = Yor a ee „> (20) = Vor !) In einem einfachen Spezialfall stelle ich das Verfahren dar m einer Note: „Sur quelques reprösentations arithmetiques des fonctions . .. die Redaktion von L’enseignement ea zur Publikati on angenomm 686 Alfred Kienast. Dieses Integral 5 lässt sich somit in eine konvergierende Potenz- reihe entwickeln in der Umgebung von 2 =2,. s (n—1) n r (2) It @-n)t tag "+ 23d,@- a). Bedeuten endlich y, .... y„ (x) ein Fundamentalsystem der homogenen Gleichung P(y)=0, so ist das allgemeine Integral von (1) darge- stellt durch: (3) y=Aylz)+----- +4,y(2) + Y@). Die zweite Art der Darstellung von y wird erreicht durch eine andere Form für Y(x). Diese kann durch die Methode der Variation der Konstanten gewonnen werden oder durch einen zur selben Schluss- formel führenden Satz von Cauchy. Man setze: rs a (4) Y —_ iR @— 2) = 2, dann muss z die Differentialgleichung befriedigen: n—1 nr yat D) 1 6) Peo)=9@)— I ne) I Pi (@— 2) und z ist dasjenige partikuläre Integral von (5), das an der Stelle x = x, die Bedingungen (6) z=N, EN, ee) ann Schliesslich kann die rechte Seite von (5) noch nach den Pr geordnet werden. n—i —i MD Por) =-HEW)- Zur DI pe) ET. u=0 i=0 PN : Nun hat Cauchy in einer Note in den Comptes Rendus!) darauf hingewiesen, dass dieses spezielle Integral z folgendermassen ge- bildet werden kann: Man nehme das Integral z, der Differential- gleichung ohne zweites Glied P(z,)—= 0 mit den Bedingungen: Der ') C.R.t.11.p. 2 (1840), Cauchy betrachtet allgemeiner ein System partieller Differentialgleichungen. ie { Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 687 Dann stellt (9) z= (2, (2,0)dt das Integral von (5) resp. (7) dar, das die Bedingungen (8) erfüllt. In der Tat folgt aus (9) unter Berücksichtigung der Bedingungen (8) | ei ie 2, (9, t)dt + [2 (@; Nina te a ee ® ge-1 [ 0”: “-n _f 9 "rel, * ara ana +] dnr—? 1 a TR) v(x) m _ f e) n -[ ie \ xo Somit P() = -/ Pea)dt+n.) 2] = v@)- Dass die vorangehenden Differentiationen nach dem Parameter x unter dem Integralzeichen vorgenommen werden dürfen, ist ohne weiteres aus der folgenden explieiten Darstellung von z, als Summe ersichtlich. Man kann die Funktion 2, (x, £) ausführlich darstellen: Es bezeichne y,..... y„ ein Fundamentalsystem der homogenen Gleichung P(y) =0. Dann ist 2, (2,1) = A, (t) a a + 4A,(t) yn(®) und infolge der Bedingungen (8) müssen die Gleichungen erfüllt sein: Ayd) + +4 (l) = 0 Ay FRA - Es E27 629) ii u.a AH Alfred Kienast. 688 woraus folgt: Ye) » 0-4 1 (12) A. Do, ’ = yes 1) (n -1) Eye u) -09-. 4 ER AU, _ B.(t Dome) =.0 30 PER EEE” wobei Yı(t) Yn(t) Di) = ed) = Ve die Determinante des Fundamentalsystems y,(x) ist iih)(t-a pt | IE UN) Man erhält also: N u UNS On = w>® i=0 13 = ( ) A (& H) Pr(E) A=1 und in (9) gesetzt: s x Ss a eo) _% (t) B; (t) > 1! eB ne) } Pn(t di ar], dk. (di: mlt(s—h)! | 3 as 5 yo j® (d 3 pr(t An Stelle von (3) kann also auch geschrieben werden: i : n—1 Y 4, Yı (x) ren PAY, (x) > = (x %o) 0 “ a (s0B0 +2 u OD at Puld (E= I |a (15) Pal) (5-3)! - Zu T J 2,0| 2 Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 689 Die Gleichsetzung der rechten Seiten von (3) und (15) führt zu Formeln, deren Ableitung mein Ziel ist. Die Aufgabe der Diffe- rentialgleichung (1) ist also, die Gleichheit der Ausdrücke (3) und (15) und deren Eigenschaften zu liefern. Ich werde sie daher die verbindende Differentialgleichung nennen. Für die weitere Entwicklung dieses Gedankens sind noch folgende Bemerkungen wichtig. In (3) und (15) kann zur Bildung des Teils = A,y.(x&) ein beliebiges Fundamentalsystem y, (&).... y,(2) =1 verwendet werden und ganz besonders ist es nicht notwendig, dass es übereinstimmt mit dem ebenso bezeichneten Fundamentalsystem, welches zur Bildung der Funktion z, (x, t) in (9) benutzt wurde. Es ist unmittelbar klar, dass dieselbe Funktion 2(x) [(9) und (14)] erhalten wird, gleichgültig, was für ein Fundamentalsystem in den Gleichungen (11) verwandt wird. Diese Freiheit in der Wahl des Fundamental- systems in den beiden Teilen der Formel ist für die Anwendungen besonders zu beachten. Man wird wünschen, die Einschränkung zu beseitigen, die in der Voraussetzung enthalten ist, dass x, ein regulärer Punkt der Differentialgleichung ist. In den beiden folgenden Paragraphen werden die Eigenschaften des partikulären Integrals ,, das in Reihen- form (2): eingeführt wurde, entwickelt für die Fälle, dass x, = 0 eine reguläre singuläre Stelle ist und dass %, = © eine Unbestimmt- heitsstelle vom Rang s-+1 ist. 5.2. Es sei (16) Py)= 3 2,0) y” = -53 *lp,@) +: u 7) (Igx)”*] = p(«) e eine lineare Differentialgleichung, deren linke Seite die Normalform | besitzt. Die p,(x) sind also regulär in der Umgebung von 2 = 0 und »,(0) # 0. Die rechte Seite p (x) besitze in x = 0 einen regulären singulären Punkt. Die p.,(z) verhalten sich daher regulär in der Umgebung von z=0 und es wird wenigstens 95,» (x) für x — 0 nicht zu null. Endlich soll keine der Differenzen «;— «a, eine ganze Zahl oder null sein. Unter diesen Voraussetzungen ae ich jetzt, in welcher Form sich das partikuläre Integral y der Formel = darstellen lässt in der Umgebung von x = 0. Allen diesen Überlegungen liegt zugrunde der folgende Satz von Thome (Crelle’s Journal 74, 8. 195). 60. Alfred Kienast. Satz: Eine analytische Funktion kann nur auf eine Weise in der Form PAR [90.(®) +.+9,,@) (lg «)% ] Pe! _ dargestellt werden, wenn 1. die C, Konstanten in endlicher Anzahl sind, . je zwei der Exponenten r, sich nicht um ganze Zahlen unter- scheiden, . die Potenzen von lgx nur in endlicher Anzahl und mit ganzen positiven Exponenten vorkommen, . die Funktionen p.,(x) in der Umgebung von x = 0 eindeutig sind. Die genannte Aufgabe lässt sich zurückführen auf. den Fall, wo in der Summe (x) der rechten Seite nur ein einziges Glied = [9,(@) +: +9, @) (ga) vorkommt. Denn wenn F\(x) ein partikuläres Integral der Diffe- rentialgleichung \ Pi) = fı(&) ist, und wenn F, (x) ein partikuläres Integral der Differentialgleichung ist, so ist y= F(&)-+ F;(«) ID WB) 1 ein partikuläres Integral der Difterentialgleichung Py)=AO+RE). Es sei daher 1) PW= dh alge ++ hola) Age)" die Differentialgleichung in der Normalform, die zugrunde gelegt wird, wo also die h,.(z) in der Umgebung von & = 0 regulär sind und A, 0) #9. (17) wird x-mal differentiert. dRQ) “ = Fr ud ee J a"Py) _ Fr KOPeRee NEON" ] Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 691 und hieraus folgt die lineare homogene Differentialgleichung P(y) Dale) - MR) u dP a EEE WE.) Be WERT: (18) » d”P(y) i “ Ber zu Mon (x) : h, -1l,* (2) und es wird jetzt der Satz bewiesen: Satz: Die determinierende Gleichung von (18) besitzt dieselben Wurzeln wie die determinierende Gleichung von (17) und ausserdem hat sie noch die x-fache Wurzel «. Der einfachste Spezialfall x = 1 dieses Satzes ist schon von Fuchs ausgesprochen worden (Crelle 68, 8. 372). Zum Beweise dieses Satzes bemerkt man zunächst, dass wenn Py)=a’p,(@y” +: +2, (@y die Normalform hat, dann auch dP n n 4 7 a a 077 die Normalform besitzt. Dies zeigt, dass (18) ein DIR in der Normal- form ist; denn in (18) sind die Grössen x pP y), welche die Normal- form haben, multipliziert mit Funktionen, die in der Umgebung von 2=( regulär sind, und das Glied mit der höchsten Ableitung ist ee ei An) »,(®) arg I.) BB RE, Der Wert dieser Determinante ist für = 0 von null ver- schieden. Er ist proportional zum Wert des Koeffizienten der Potenz n+* [ in der determinierenden Gleichung, die jetzt aufgestellt wird. Man erhält sie, indem man setzt y=x° also P=- 21,0". 692 Alfred Kienast. Dann wird 2 P(y) -3 w+o)(v te — 1). - "+oe—r+ La. Dadurch wird die Determinante (18) gleich > 4.00, und die determinierende Gleichung g,(e) — 0 wird erhalten, indem man durch x° dividiert und dann <= 0 setzt. Das gibt Fe)il h,n(0) \ h,_1.0(0) 0 (0) D,_ı (0) = Q Rh, (0) R Le ) e(e —1) e(@—1):--(—x+1) 1,00) - "e1,.(0) Es ist also neh der Wert der Determinante D, (eg) zu bestimmen. Hierbei gilt die Rekursionsformel @— Wh, )+A+Y)h,.,.@)+x . (ar, hr, a) Ri 0, woraus für £= 0 wird: (@« — u) N) HA+Yh, ,,,0) = Rh.) Die Determinante wird durch eine genügende Anzahl Schritte von der Art des folgenden reduziert. Man substrahiert die («+ 1)te Linie, von oben gezählt, nachdem sie mit (« — x) multipliziert wurde: e(@-1)---(e-"+1)(e-n); 4a); --- h,.l@-%) von der (x + 2)ten Linie, wodurch diese wird zu: Q (e—1)-- (0 “+ 1) fe -» - en h,, „(0); 2h,, „9; Dann führt man dasselbe mit der sten und der + 1)ten = | aus usf. Hat man so die Determinante .transformiert, so kann man ir. ho (0) (0 —e) x! heraussetzen und es bleibt eine ähnliche Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 693 Determinante von um eins kleinerem Grade übrig, mit der man . verfährt. So ergibt sich als determinierende Gleichung ren“ 1,0 ar ale - und nach Voraussetzung ist h,_10(0%)=F0. Damit ist der Satz bewiesen. sennet jetzt y,....y, ein. Fundamentalsystem von P(y) = 0 und 2,..:.2,+. ein Fundamentalsystem von (18), so ist die auge meine Anne von (17) | RE, | v-Ion FB und diejenige von (18) | 2 D, 2; u ha 2} Dabei kennt man durch die bisherigen Feststellungen derorm. . der sich. die y, und z, in der Umgebung von 2 —0 darstellen lassen. 3 Über die Form von y erhält man endlich Aufschluss, wın n-ter Ordnung (17) auch Lösung der Differentialgleichung (n+-x) ter Ordnung (18) ist. Diese Aussage ist aber nicht umkehrbar. Es sind verschiedene Fälle zu unterscheiden, Ä Fall 1 Ich betrachte zunä jchst die as von an. Die redu- > zierte Gleichung P(y) = 0, deren determinierende Gleichung 2 @ er 0 die » Wurzeln e, besitzt, hat die Lösungen. i ; Aue: a ee u SR er ec Patensen von & aa, aus. Dokus von E am 5 Weise zusammengesetzt sind. Also ist das ae eig von EI ra durch - y v6 et .n) nicht gleich nal und, nicht gleich en Zahl 1: =“ . Unter ra 694 Alfred Kienast. Hier ist sofort von der Tatsache Gebrauch gemacht, dass die zum Exponenten g, gehörende Lösung y, — x°*z, von (17) Lösung von (18) ist und dass dies daher die zur Wurzel g, gehörende Lösung des Fundamentalsystems von (18) sein muss. Das allge- meine Integral von (18) ist somit: (22) y 2 D, «+ 2, +23 £.%: [d, STIER, (2) (lg Zr Auch y(x) ist Lösung von (17) und daher von (18). Und so- mit müssen sich die ‚Konetanten D; und E, so bestimmen lassen, dass n =D, ‚0%. te I 5 ei Wenn aber y(z) partikuläre Lösung von (17) ist, so ist auch y(z) — en D,, x°% z, eine solche und so folgt, dass es ein partiku- : 4=1 läres Integral von (17) gibt, darstellbar in der Form ea «zZ 20,04 +0]. wobei für die willkürlichen Konstanten E, ganz bestimmte Werte = - E,,ı zu setzen sind. | Denkt man sich einen Ausdruck der Form (23) mit noch zu bestimmenden Koeffizienten in (17) eingesetzt, so sieht man, dass ‚das Glied mit (lg x)*”" nur dann zum Verschwinden gebracht werden kann, wenn E,, =F 0; so ergibt sich der Satz: Die Differentialgleichung (17) besitzt ein Integral, welches > vollkommen bestimmt ist, durch die Eigenschaft in der Um- gebung von z= 0 entwickelbar zu sein in eine Reihe der 'orm: ; “ (ee. 2 nis Fall I. Für g, @=1,2, ) bestehe die Voraussetzung des =e@e—mundm ersten Falles. Weiter sei g,, gem eine ganze positive Zahl. Die Wurzei e—ın ist also K: Sn er (24) Yarı 7% Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 695 Das Fundamentalsystem an der Stelle z— 0 der reduzierten Gleichung P(y) = von (17) ist y=ahr-z, ar [d. 9) +:---+b,_,,.@) (lg) ] & b,_a-1n nV) F# 0. ; Eee 1,2,...(n—u) T somit ist das vollständige Integral von (17): Für das Fundamentalsystem von > an der Stelle x = 0 gibt es nun zwei Möglichkeiten A,B. z | 2 y= a. Ze ‚2, +M). Zur u Wurzel @ der Gruppe gehört immer ein ogarithmen- freies Integral? 5 Se : en) rt + vH 1 win er » 3» Falls: ar Bedingungen erfüilt Sind; ee zur ar Are a—m ER un ein Ze vngrendg Integral 696 Alfred Kienast. Integral von (18) zusammen. Da alle Integrale von (17) auch Integrale von (18) sind, würde im Falle A folgen: „ar Bd + se} 3 > D,,|0,.@) rich 0.1.) ga)" ] Ä vr +tn-—u +." 2,[@)++6_,.@(er)"] t=x+1 : 1=1,%.:..n=p) Dies ist aber, der logarithmischen Bestandteile wegen, nur möglich, wenn Diy1a ee Substitution von 2 = 0 zeigt nun, dass diese Möglichkeit A ausge- schlossen werden muss. Das allgemeine Integral von (18) ist somit: : u 5 % | (29) y= en D, 2.2, + > IE [c,t@) FRrFG.@) (18x) ] RR | en ED Da: |0„ar-.rtC , alla}: T=r+1 Rn Da auch y(x=) Lösung von (18) sein muss, kann man für die Konstanten D; solche Werte finden, sr die rechte Seite von (29) y(x) darstellt. Hieraus folgt: Satz: Es gibt eine partikuläre Lösung von (17), die vollkommen bestimmt ist durch die Eigenschaft, entwickelbar zu sein in die Reihe: en = I. @+-- Er C,_1,.®) (Iga)"- ] 3, + +.) des) n. Durch ahaloge Schlüsse ergeben sich die Gleichungen NE "Pa@+-- +4 u@(ee)"] a % [or ++ BROT + SE I a Se) or] ee | Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 697 aus denen man berechnet: | 2.16; (X) + +0 Een: 2 * £ 2 = E,, Yi37ı(&) +3 F,#[C,.@)+ +0, „(2) 182)" ] ver+1,%+2,.. (en —u), _ was immer möglich ist, weil die Da) Dura] nicht ver- schwinden kann; ,ß=1,2,...(n— u). Setzt man ‚diese Ausdrücke in (30) ein Dad berü cksichtigt, dass auch y(x) + > Yu + .(@) eine partikuläre Lösung von (17) ist, so findet Kan, ke es eine partikuläre Lösung von (17) gibt, die darstellbar ist in der Form 2 & PIAL en: + 0,1.) 082) ]. Denkt man sich einen Ausdruck dieser Form mit noch zu be- 4 stimmenden Koeffizienten in (17) eingesetzt, so kann das Glied mit (lgx)*-! nur dann zum Verschwinden gebracht werden, wenn en D,„ı# 0; somit besteht derselbe Satz wie im Falle 1. ae. Fall II. Es sei ir a er 5 Fe null noch gleich einer ganzen positiven oder negativen Zahl. Die übrigen Wurzeln Q2+1°''0, Seien von einander und von .« um ganze Zahlen ver- schieden. Sie seien so geordnet, dass wenn u < v ist, 0, eine positive ganze Zahl ist. Ausserdem sei @>o@,,,. Von diesen Wurzeln 2 können einige unter einander gleich sein. Sind Om + u Om rar 0, +3," die unter einander verschiedenen Wurzeln der so ist, On rs ars eine. A - 1)-fache, _ == 043 _ eine 6Ta—tuche usw. Wurzel we Fe ee .. Das zur Stelle x=0 EN Fondamentalsystem der re- duzierten Gleichung P(y) = 0 von da 7) ist: y=a2, ee er une ee len ” ag > (2) y= - 36, az, +30, Et mt) +- —+b,: de Wen gewisse Bedingungen ige sind, ist das ee Yazazt | (84) m 698 Alfred Kienast, wobei möglicherweise das Integral %,,,„ logarithmenfrei ist, usw. Somit ist das vollständige Integral von (17) +3, 228 am + a [d,.@) +++: D 1, (2) (lgx)” J2 — es +Y@). Das zur Stelle © = 0 gehörende Fundamentalsystem der OR RER (18) ist: y oh 2 (A = 1,2,--- m) Um |) ++ 0,1.) ER] ve 1; : C,_,,. #0 : entsprechend der x-fachen Wurzel der determinierenden (33) Gleichung Yatknır BER FTEO, a, Fe Fe a | t=1,2,---(a—]1) = Imtn+: 0 a. F TE, “+r-1, *+r (Ag 1 T=a,a+1,:..(b— 1) | usw. logarithmenfrei: also C,,, , (d=G,,,@)=-"=C,,,@)=0. Bedenkt man, dass jedes Integral u (a7) auch ar von (18) ist, so sieht man, dass diese Bedingung von selbst immer erfüllt ist. Das allgemeine Integral ven (18) ist somit: y= 3». Mate D„.fe + le Heu Deren ins) a er: r O._1,.45(®) (er) ame Duir.[0, tt Cru 08 | — ss... Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 699 Durch analoge Schlüsse wie im Falle II erkennt man, dass es partikuläre Lösungen von (17) gibt, die vollständig bestimmt sind durch die Eigenschaft, in der Umgebung von «= 0 entwickelbar zu sein in die Reihen: es; ( | gi 3 2° I Dunn le d+ +6, AB) et, | et b=1 n + amta ST St. +2" DS, > DuscılC arte c,_,. ga)" "]. $ Bier sind die durch Abkürzungen hessichmalen, mit zer+l 2°” +@ ete. multiplizierten Summen dieselben wie in (34). Denkt man sich einen Ausdruck der Form (35) mit noch zu bestimmenden : Koeffizienten in (17) eingesetzt, so kann das Glied mit (lg)* ” nn zum Verschwinden gebracht werden, wenn DE; # 0. Somit besteht ie Satz wie im Falle. m + 1 Pal IV; De ee weichen von, ‚denjenigen 4 = i Falles u ‚nur in einem Punkte ab: Es eoll. jetzt zur . Stelle. x =, söhhrente Fu en PG) = 0 von 1 (17) ist: de Wet +, er = ee v2 ..e) (277 = “ vi } er Alfred Kienast. Das zur Stelle x = 0 gehörende Fundamentalsystem der Diffe- rentialgleichung (18) ist: b ee! ee (38) 1 [+ +b,_,. 0) der) '] | Te L3 op ee (FO und somit ist das vollständige Integral von (18) u : “tn-u i (89), y= I Dat: +2° I De. @)+:-+5,_,.@ Also" ]- »=1 1 e Der Vergleich von (37) und (39) zeigt, dass y(x) darstellbar sein muss in der Form: 2 De [,. (x) a rn De «@) (lg Ei I ren-u+ n wobei für die willkürlichen Konstanten D, bestimmte Warte D, setzen sind. Damit ist der Satz abgeleitet: Satz: Unter den für diesen Fall IV geltenden Voraussetzungen be- sitzt die Differentialgleichung (17) ein Integral, welches voll- kommen bestimmt ist, durch die Eigenschaft, in der Um- 5 gebung von x — 0 entwickelbar zu sein in eine Reihe der Form er tee Fall V. Fir 0, dA = 9% e bestehen die Voraussetzungen des Falles I. Weiter sei 41 = + =g,=a+m und m eine ganze positive Zahl. Die War” @-+m ist also (n — u)-fach. Das zur Stelle &—= 0 gehörende ONE der ro- duzierten Gleichung P(y) = 2 von (17) ist U =aaz, ag u) 0) 4." ++ ] 1, 2,...(a-u) ; b, os +0. und somit ist das se: Integral von (17): Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 701 Das zur Stelle x —= 0 gehörende Fundamentalsystem der Differential- gleichung (18) ist: Re ART = einig [C,.@) te... ER E), (ig2)'""] (42) en x; 2, ers (N Te = : Ds er (0) + 0 vr [DH +0. ler] Ä T=n-ut+l,n-u+2....(n-u+r) ne) 0. Das vollständige Integral von (18) ist daher 9) u= Data. +z ne [0.@) +40 a) ea)"] ; "IEI® Ey Fa +2" > DIA DH +0. (ga) % Ten—u+ Vergleicht man (a) und (43), so ergibt sich, dass y(x) a stellbar ist in der Form: n—Urn " Pal) +40. le]: T=en—u+r : Es ist jedoch anzunehmen, dass es spezielle Fälle gibt, in denen zur kleineren Wurzel « der Gruppe ein logarithmenfreies Integral gehört und in diesem Falle wird die Potenz in der Ig« in y erscheint, eine niedrigere sein. Damit ist gezeigt, dass, abgesehen von Ausnahmefällen derselbe Satz gilt wie im Falle IV. Bedeutet P(y) einen homogenen linearen Differentialausdruck n-ter Ordnung in der Normalform, dessen determinierende Gleichung f,(@) = 0 die n Wurzeln e,(A=1,2,...n) besitzt, so gilt eng Satz, in dem ich gewisse Fälle zusammenfasse: Satz: Die Asse Differentialgleichung Po) = a res 2 («) (Ig.«)'*] besitzt ein Gollstähdiz Das Eis de Form darstellbar ist wie die rechte Seite eg G rn falls irgend eine der De —_ a En zu Zahl. ist, ee nee 702 Alfred Kienast, Es ist selbstverständlich vorauszusetzen, dass alle Grössen «, nicht nur von einander verschieden, sondern auch nicht um ganze Zahlen von einander verschieden sind. Satz: Wenn umgekehrt die Funktion % durch die Reihe gegeben ist: ee, ; i sr P3 Be PROB: or +6,,@)(g®) 6 ’ worin mindestens eine der Grössen C, „ (0) # 0 und die €, , (x) Funktionen bedeuten, die sich in der Umgebung des Null- punktes in konvergente Potenzreihen entwickeln lassen, so be- sitzt die Reihe: Pi) B3 x [öo. @) + +b,,.(@) (lg =)** | dieselben beiden Eigenschaften. Diese Sätze für «= 1, A= 0 sind von Herr Frobenius, Crelle’s Journal Bd. 76, 8. 233 RN, worden. 8 3. Es sei (44) Py)= I "9. pa) = 0 i=0 eine lineare Differentialgleichung, deren Koeffizienten p; (x) analytische Funktionen sind, die sich in der Umgebung des unendlich fernen: Punktes regulär verhalten und somit entwickelbar sind in konver- gierende Potenzreihen ; (45) Da + ++; +0. Man nennt <=» eine Unbestimmtheitsstelle vom Sen s-HE. = für die Integrale von (44) und = (46) = | a) ee PR- die charakteristische Gleichung. . le > Satz: Unter der Voraussetzung, dass die charakterische Gleichung (46) n verschiedene Wurzeln &, besitzt, deren reele Teile a. Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 703 voneinander verschieden sind, besitzt die Differentialgleichung (44) ein Fundamentalsystem %, % ... y, mit der Eigenschaft, dass die Funktion y. durch die Normalreihe a, rt! 0,1% BER in WE E= 8 + us 2 (47) A s+l 8 « - 100% [++] asymptotisch dargestellt wird, wenn x als reelle positive Grösse ins unendliche geht. Die Voraussetzungen dieses Satzes seien erfüllt. Dann be- trachte ich die nicht homogene lineare Differentialgleichung FE BE +2 ee], 48) PW)=v(a)=e Ar deren linke Seite mit derjenigen von (44) übereinstimmt, deren rechte Seite, abgesehen vom Exponentialfaktor und der Potenz x° in der Umgebung von £= & regulär sein möge. Der soeben ausgesprochene Satz und die nachfolgenden Aus- führungen gelten aber nicht nur, wenn die bis jetzt angegebenen Bedingungen erfüllt sind, sondern auch dann, wenn die Reihen- entwicklungen (45) die Koeffizienten p;(x) asymptotisch darstellen für reell ins unendliche wachsendes x und ebenso, wenn die rechte Seite in (48) die Funktion »(x) asymptotisch darstellt für reell ins Unendliche wachsendes x, wobei ausserdem noch vorausgesetzt werden muss, dass die durch Differentiation nach x aus (48) her- vorgehende Reihe die Funktion w'(x) asymptotisch darstellt. Das allgemeine Integral dieser Differentialgleichung (48) ist ‚dargestellt durch t Are; 4A, y,(&) mr +4,9,®)+%Y(e), worin die y,... y, durch die Ausdrücke (47) darstellbar sind und y(&) irgend ein partikuläres Integral von (48) bedeutet. Es ist _ möglich, für dieses partikuläre Integral einen Ausdruck der Form (47), der eine asymptotische Reihe enthält, abzuleiten. Um das zu _ zeigen, wird = differentiert = Po-v@=e Terror Gh %) Vgl. Horn, Acta Math, Bd. 24. Poincare, Acta (49) 70% . 5 © Alfred Kienast. woraus die homogene lineare Differentialgleichung sich ergibt: t+1 Br + 5 Pr va ar Ale...) 8 Pi) ..v(e)) a IP(y) Gern oder ausgeschrieben: ae u n 2, (C++ RT .)y' +1) +22, @ (0+ 84 )+0@ (04 +) = a (0,8 + 2 = C,ß +) 2, ls +--- Ft BZ i ,, @+ le sn-i-, >. («)) | (G+ — 3 ) 2° CoAr-+ GB ö : anle le. + le Hl +) (++) u CB +08 = —zc nlap Mir joa $ Die Exponenten der höchsten Potenzen von x in den Koeffi- = zienten der Ableitungen von y sind der Reihe nach folgende: E ts; 0; 1; sm-iW)+(-s) sn Hi. Also ergeben sich in diesen drei Fällen tolgende charakteristische Gleichungen für 50): ice WE Bu ER + + = das. ist, abgeschen vom Faktor 08, die char akteristische Gleichung von (44); I=5: O0) 4 [6,P._1(0)— ©,8»,(0)] &*+ = re 6,89, 0)] = 96-9) [9 VE’+9, 1,0440] t>s: 09, VEN, WE-GE-DE-. Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 705 Man kann die Fälle #s die n-fache Wurzel null. Ich betrachte BER die Fälle £s besitzt die arkterstische Gleichung von m ueel en und es gibt eine a Thomösche ‚Normalreihe - 706 Alfred Kienast. Determinante unmittelbar ersieht. Daraus folgt, dass die » Funk- tionen, die durch (47) asymptotisch dargestellt werden, n linear unabhängige Integrale von (50) sind Endlich kann gezeigt werden, a die Normalreihe (52) das (n+-1)te Integral des Fundamentalsystems asymptotisch darstellt, wenn mir s und R(ß)<0 ist, so besitzt die Differentialgleichung (48) ein einziges bestimmtes Integral, das durch einen Ausdruck gleich demjenigen der rechten vr von (48) asymptotisch dargestellt wird. Ist P(y) von der ersten Ordnung, so gilt dieser Satz auch noch bei R (ß) >0. Die Behauptung ist aber auch richtig für R (ß) > 0. In diesem Falle hat die Wurzel 8 den grössten reellen Teil und es übernimmt daher (52) die Rolle, die das von Herrn Horn, Acta Math., Bd. 24, $ 2, mit y, bezeichnete Integral Be Die Substitution er («= 1,2,---n) führt zu einer Differentialgleichung »-ter Ordnung, deren Lösungen ‚ — Bet +1 Bs -(* )-. 41 ns = Er an|g, Het] Yn+1 0 x sind. Die charakteristische Gleichung dieser Differentialgleichung hat die n-fache Wurzel -ß. Man substituiert dann weiter »... 708 Alfred Kienast. und erhält so für « eine Differentialgleichung »-ter Ordnung, deren charakteristische Gleichung » verschiedene Wurzeln besitzt, zu denen n asymptotische Reihen gehören. Die formalen Rechnungen können zu keinem andern Resultate führen; denn sie sind ja alle eindeutig. Dass aber .die Reihen gewisse Funktionen asymptotisch darstellen, kann man erst hier schliessen, da eine Differentialgleichung erreicht ist, deren charakteristische ee n verschiedene Wurzeln hat. Yarı Sr Unze 2 Rückwärtsgehend findet man für eine asymptotische WE, Entwicklung und so folgt, dass auch ie Reihe (52) Ya+ı asymp- totisch darstellen muss. Satz: Wenn umgekehrt eine Funktion y% durch die konvergente oder asymptotische und »mal differentierbare Reihe Bart! y= et 2 | Cr : dargestellt wird, so ist auch die Reihe er P(y)=e +1 a [04 = +] | konvergent oder asymptotisch. $4 Das Verhalten der Darstellung der partikulären Iösung: y(*) als bestimmtes Integral wird jetzt betrachtet. Es genügt die Differentialgleichung (17) en. zu legen. (17) P() = & Pa) ey = pa). Die portikuläe Lösung lautet: de -S# ee Er o 5,00 : ey : np, (sw! ae Sy) S yo IL olz &p„() u] a, und zu beantworten ist die Frage, ob diese Formel gültig bleibt far. die spezielle Annahme x, —= 0. Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 709 Die bestimmten Integrale, die in dieser Formel vorkommen, enthalten Integranden, die an der untern Grenze x, = 0 Singulari- täten aufweisen und führen dadurch zu folgendem Gedankengang: Um die Stelle x = 0 lässt sich ein Kreis mit endlichem, nicht verschwindendem Radius angeben, innerhalb dessen, mit Ausnahme allein des Mittelpunktes, lauter Punkte sich befinden, die an Stelle von %, in der Formel (54) verwendet werden dürfen. Ich führe ' daher von einem solchen zulässigen Werte‘ x, ausgehend den Grenz- übergang limx,=0 aus. Wenn die später aufzustellenden Konvergenzbedingungen erfüllt sind, dann bleibt der Nutzen der Formel (54) erhalten, falls noch gezeigt ist, dass sie die Eigenschaft, ein partikuläres Integral der Differentialgleichung (17) darzustellen durch den Grenzübergang lım x, = 0 nicht verloren hat. Dass sie diese Eigenschaft noch besitzt, ist leicht ersichtlich, wenn man die Form der Funktion z, (x, t) berücksichtigt, welche in $ 1 zur Bildung von %(x) gedient hat: 2 (&, )=4, Out +4) also Js (Ü)d=y(«) JA dd+t-.--+y, fr (t) dt Die Er Geönsübershnne: der Differentiation und lim .=0 haben keinen Einfluss auf einander. Um die Konvergenzbedingungen angeben zu können, muss die Form bekannt sein, in welcher sich die B, (t) in der Umgebung von t=0 darstellen lassen. Zu dieser führen folgende Rechnungen: Yyılz)--..4,(2) bilden ein Fundamentalsystem der homogenen Are P(y) =0. Da diese die Normalform hat, so ergibt sich jede der Funktionen y, (=) in der Form (| u) = [yo + Yy,@lge + +Yy,,@) Agx)*] «+. Yı(®) und die Funktionen y,, (x) sind in der Umgebung von x — 0 regulär und mindestens eine für z= 0 nicht null. Daher gelten die Beziehungen lim F; (x) - 2’’=0 (56) re ‚lim Yılz)-x- =» Ferner ist ya 2 “nun. wo für Y;,.(x) dieselben Beziehungen (56) gelten, wie , für Yı 0) !) Forsyth, Theory of Differential et (part u), Vol. ZN p- 75. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. we ee, Alfred Kienast. Jetzt ergibt sich | Yı (t) BEI (57) Yı,ı ( u, 9: Yn,1(8) t Zr)on TE ER (n—2) I E ar (Ü Er ee Van ( : Bi = = : : a ") £ a Yı(i) b Ya (t) Fın-ı 9) Ynn-ı (t) es = gratn-ı, Call). ee Bu: 2 | = Zähler und Nenner dieses Quotienten sind jetzt für t=0 zu untersuchen. Im Nenner von B,(f) steht die Determinante D (f) des. Fundamentölsystems. Yı @ -..+Yn(£). Für diese Br Du} KV) dt : BU eine Infolge = Voraussetzungen über die P: (a ist P,_,(%) PD. nen somit DO= = D(a)- & ei -Siataits- »ar Do - D(a): RO | in der Umgebung. von t= o regulär ist und für dee 0 nich ‚verschwindet und Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 711 Es ist also die durch #(t) bezeichnete Determinante gleich D(a) R(t), regulär in der Umgebung von {=(0 und nicht null für t=V0. ; Was den Zähler anbelangt, so folgt unter Berücksichtigung n der Grenzwerte (56) In u eV) ı Y,ı(t) -d. Ze) Em ee C,(d) = lim u EI a, RE t=0 t=0 En er. en AUR 2 Br Dy Ei OJ : 3 Man Kan somit die Beziehungen anschreiben: im KH. BE 0 ie 1r=0 [ 4 ( 1 n SR (60) Hi PAR B N] e iim [| AU E Da die B,(t) durch Addition und Multiplikation aus den y,(t) entstehen, denn der Nenner von B, (t) hat ja die in (58) angegebene Eigenschaft, so ist die Form, in der beide Arten von Grössen dar- gestellt werden können, dieselbe. Au den ak (60) kann 2 man daher schliessen ; | (1) B,l)= + +b 20080) Es ist für das folgende nicht notwendig zu wissen, bis zu welchem "Werte t in diesem Ausdrucke ansteigt. E Um endlich den Vergleich der verschiedenen Teile in Formel (15) zu ermöglichen, muss noch die Form untersucht werden, in welcher sich die Integrale in 59) in ‚der Umgebung von 2=0:m teihen entwickeln assen. Es han :h um ZW i Integrale & fe "20: B, Mat; n 2 je un B ‚0a worin Ei @) Dy m ak ii in der Umgebung vont= 0. Zerlogt: man u iese in Summen en Iniegralen, so ie man auf das Integral Alfred Kienast. ‘falls das Integral konvergiert. Werden jetzt die Eniniaklehgen ) der B,(t) berücksichtigt, so folgt, dass RO) <= \r er a) a [ad ++ 0 I Satz: Wenn die Integrale konvergieren, so gehört das Produkt "pP. Y; Ollere !p,® B,() dt zum Exponenten s und das Produkt x tr [pl +: + pp, Olgt)r Kon] nn 2,0. zum u Exponenten en 4 Damit ist für den Teil der Formel (15), der aus der Fünkiine ie (=) ($ 1) herrührt, eine wesentliche Eigenschaft gewonnen. Sie Fe wurde bewiesen durch Benutzung desjenigen Fundamentalsystems 7 Ho):- ..4,(#), das für die Umgebung von 2—=0 besteht. Aber diese Funktion z (x) bleibt ungeändert bei Benutzung eines Fundamental- systems, das für die Umgebung einer andern Stelle als x = 0 besteht. Die Eigenschaft, dass 2 Dt ae >77 of ee (td) (Igt) y By dt. in ihonsjten @, gehört, bleibt also erhalten, ganz leichenlkig: welches Fundamentalsystem zur Bildung des Ausdruckes verwendet . wurde. Dabei ist aber wesentliche Voraussetzung, dass die n In- tegrale dieses Ausdrucks für die untere Grenze konvergieren. Diese = Eigenschaft führt zu wichtigen Folgerungen. Es wird vorausgesetzt, dass keine der Grössen «, Wurzel de ini ierenden Gleichung /,(r) = 0 von P(y)=0 ($ 2) ist, noch > Zahl kleiner ist, als eine solche Wurzel. Ferner zbedi erden. Ci a Fens ns, ne Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 713 5 7* Hitze S—K + lim Su es -3 Ze hen \3.0 at 0 = 0. "pr, Öl—R)! Zend ++ Do (Er) ep, B, () dt. ne Die Glieder dieser Formel zeigen bei lim x, = 0 verschiedenes Verhalten. Während der Teil 24 „Y.(%) ganz unberührt bleibt, weil die y,(x) ein beliebiges Fri lae vorstellen, stimmt der Wert der bestimmten Integrale bei lim x, — 0 überein mit dem- jenigen Wert, den diese Integrale Bu wenn man x, —= 0 setzt. Ganz anders verhalten sich die DE a ng -” sind die Werte, dieyund seinen —I)asten en Ableitungen für x = x, annehmen. Es sind also n gänzlich willkürliche Werte, solange x, eine Stelle ist, an welcher sich das Integral y der Differentialgleichung (16) regulär verhält. Die y sind also a gänzlich willkürlich, solange &, in der Umgebung von null von 0 verschieden ist und nur solche Arerio von x, Koninien bei der Bildung von lim x, = 0 in Frage. Wenn man in (62) den Grenzübergang lim x, = 0 ausführt, so hat man y“) als willkürliche Grössen anzusehen, obschon die yo wenn %, die reguläre singuläre Stelle null bezeichnet, nicht mehr ‚dieselben Eigenschaften haben, wie für den Fall, dass ne eine To guläre Stelle der Differentialgleichung ist. Daher folgt, wenn die Konvergenzbedingungen erfüllt a und wenn keine der Differenzen u — Z und keine der Grössen Un, Fi ring ist: | £ a E en 2 1, of ( Sce0,)n ei. 0, ie a ; in 6) fallen daher = mit yo multiplizierten Glieder weg. Da die linke Seite von (63) unabhängig ist von den «,, so besteht diese rer Be. wenn eine der Grössen «, eine Br Zahl ‚ist. ı muss noch der Fal | 71% i Alfred Kienast. der Formel (62) besitzt unter diesen Voraussetzungen noch die Eigenschaft, ein partikuläres Integral der Differentialgleichung (16) darzustellen. Auf der rechten Seite der Formel (62) kommt es aber ‚ nur darauf an, dass zu 2 B,y,(#) ein beliebiges partikuläres Integral von (16) addiert wird. Es ist daher nicht nötig, das Verhalten der übrigen Grössen in (62) zu verfolgen, sondern man kann in allen ' Fällen die Formel (62) ohne die y® enthaltenden Glieder benutzen. 5 5. Ähnliche Überlegungen wie im vorangehenden Paragraphen werden hier durchgeführt, indem die meer Lösung y der in- homogenen DERECRRNBISSUDE 5 Batt! Bıx=* _Po)=H(@)= e +1 ee ra Fe 25 [er 2 + ne | R FRSEE a Bat er 9) x n er Form = bestimmten Integrals untersucht win. Es gibt einen Kreis um = = (0 als Mittelpunkt mit endlichem Radius, sö dass für alle Werte von x ausserhalb dieses Kreises, alle in (48) vorkommenden Funktionen p,(&) und p(x) sich regulär ' verhalten und p,(x) nirgends verschwindet. Wenn nun 2x, eine | ‚Stelle ausserhalb IR Kreises ist, so lautet die Bartikuläse LArungr | el ee en a v-$ u > 4 = y,@) of = 2 Bode he Zn &- al 2 vo . Soße] r B, ol‘ Ki it a = die ein Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 715 Die Funktionen y,(x)...y,(2) bilden ein Fundamentalsystem der reduzierten Gleichung P(y) = 0. Man kann dazu das Funda- | mentalsystem wählen, welches für reelles positives, ins unendliche wachsendes x die asymptotischen Entwicklungen a,«cstl i a,;xs+1 A) „ae Hr "”. 2 [0 + er = +1 .!",y(@) besitzt, worin die «, die Wurzeln der charakteristischen Gleichung (46) sind. Hieraus resultieren die Beziehungen Iim-Y, (jr et (65) lim Y,(x)-e°’=0, weiter ist ajzs+1 : y,@) ee ve RE [0 + ma “ HAn.. | und Ben ea ++ ö 3 = e s+1l u K=1. 2, ...M 1=1,2,..n und diese Differentiationen sind erlaubte Operationen bis hin zur »-ten. - Man sieht, dass Beziehungen derselben Form wie (65) auch für Y,,(@) Geltung haben. Ich gehe jetzt an die Betrachtung von B,() = Do An. Der Nenner ist die Da des ser ge eg UNO) ...4Y,(f) und somit: i t Le) m er dt - || - det Nun ist #p,_,ı() Er a Be RM Bi Cart n zur rat pr +] . ee. el An ZUrERE # Alfred Kienast. wobei d, von der untern Grenze a abhängt, Integrand sich regulär verhält. Weiter ist (66) wel, Da : x=1 3 An und also 3 en, +“ (67) Be er.) R(x) besitzt für reelle or . unendliche wachsende x eine - Kkonvergente oder asymptotische Entwicklung und es ı Ra) ist eine endliche nicht verschwindende Grösse. "Was den Zi ähler a so findet man a0 0%, | Femape 50T TG = > Maler r|r,9:.0.% Dale u ee | | Eu = lim U, () —0 hie | Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 717 Man ersieht hieraus, dass die asymptotischen Darstellungen für die B,(x) die Gestalt haben: ayas+1 (00) | ee]: nt + |: | Die schon im $ 3 erwähnte Abschätzung von Herrn J. Horn, Acta Math., Bd. 24, gestattet jetzt folgende Schlüsse zu ziehen. - x pet +T . h Tr g;8 ... : (0) (z) Das Integı al } e !+ z° Dr B,(z) dz führt zu einer Darstellung Batt! ojas+! “ i i ER . a a sn | a Fr “ (71) e e | s+1 | ch [Fu - = —. | die asymptotisch ist, wenn ° R(,)- positiv und nicht null-ist, R(ß—e,) negativ und nicht null ist, Bere 2 Bodincaugen sind wie in s 7 gezeigt in er- ; füllt, wenn das Integral Be | gorın = nm, (t) Das is Dee vn Se 2,6 -B, (d) dt Alfred Kienast. t>s, R(ß)<0. Dann können die beiden Darstellungen der all- = gemeinen Lösung der Differentialgleichung (48) gleichgesetzt werden. + Bart! y-ilyßa)+--+A vl) te al Are =By@)+:::+B,u@) „sn—") f n—ı 7 r ” sfr en * "| (e— 80) > Pi) (en) © zZ & r! Yi @) 3 P„ (2) RT, ST b, To : = = Bgt+! Fa x Sfr: 00: 0) + 2u,@ A; e 2 Bed. * 0 ° , & 2 ne R _ Hierin ist für @— '<, "und ea) "ii in der Grenze 2,— "Bureh dieselbe Überlegung, die ing 4 angewendet wurde, fol ZN, (2) 21 Iz nd wontet] 1 Bi. er. PA7 On Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 719 Art FA Y@ FIR f ott t : = Qar- + AG „Bd dt Ay@)++4,u,@W)+y/@) =: Sr OB Hdt+-- + Y, Sr B,(d dt Ay? a). + 4,y" (+ DR) n- t n- t ; = 1" (@) J EB Wdt+ + ya) 2 BnMdt. Durch (n— 1)-malige Differentiation nach x und Benutzung ‚der infolge der Bedingungen (8) eintretenden Reduktionen ergeben ich daraus die andere n — 1 Gleichungen. Eh hat dieselbe Be- leutung wie in (15). Sie können betrachtet she als ein System von ° ODER linearen Sen zur ee ser n aan: A nr, Z .B, 00 ein r wenn man in (7 6) ee ” ‚nimmt, s so ergeben sich äio n ı Grössen Ar s f ea daraus a, au na Eru ns . SE ee Ro ‚a 2 ee * er m zen ” =) en era. un) > = zn CE er % eitungen in. derjenigen Spalte der Dei 720 Alfred Kienast. Wenn die verbindende Differentialgleichung von erster oder zweiter Ordnung ist, so heisst die Formel (77) x% ö en 1 n 90 9@ ji: y,% dt 2», De) u 3(&) ..,@ En gr3, die auch leicht direkt aus der verbindenden Differentialgleichung er- schon mehrfach in der Literatur verwendet worden. In den Anwendungen der Formel (77), welche die Veranlassung waren, die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit yorsune wird die verbindende BES E WE PW=r@) benutzt zur Herstellung des Zusammenhanges zwischen ihrer. par- tikulären Lösung Y(x) und der rechten Seite p(z), indem beide Funktionen nach steigenden oder fallenden Potenzen von x ent- wickelt werden. Die Resultate der Paragraphen 2 und 3 gestatten dann in besonders einfacher Weise x, resp. nach 0 oder oo zu ver die Konvergenzbedingungen nachgetragen. auch andere Werte erteilen, je nach den Eigenschaften der gerad vorliegenden Funktionen. Schliesslich ist man Fe über ds en renze © zu en a : Re | Viele wichtige. Bezi ungen en aus der Formel - zierten Gleichung Q (2) = 0 entstehen aus denen der alten reduzierten charakteristischen Gleichung von (80) und man kann immer statt ' der Differentialgleichung (48) die Gleichung (80) zugrunde legen, falls dies für die Konvergenz der Integrale in (73), (74), vor- teilhaft ist. Formel 169 wenn man, wie dort, als yarbindenge. Differntial- Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen, 721 aus, so ergibt sich: N u gie m PAR) q, (2) =2*"- Q(e) ”—=0 : mit 9,\2)= Zu )m(m — 1): (m—i+k+1)p, («) und somit gilt: Die Integrale der Differentialgleichung Q ()— x "p(x) =, (x) sind gleich denjenigen der Differentialgleichung P(y) = g(«) multipliziert mit x Die Wurzeln der determinierenden Gleichung von Q (2) = sind gleich r, — m, wenn r, die Wurzeln der determinierenden Gleichung von P(y) = 0 sind. Diese Substitution ermöglicht also von einer Differentialgleichung wie sie in Gleichung (16) vorausgesetzt ist, überzugehen zur Diffe- rentialgleichung Q(z)= 9, (x), falls dies für die Konvergenz der Integrale in (62), (63) vorteilhaft ist. Die Wurzeln der determinierenden Gleichung der neuen redu- Gleichung P(y) = 0 durch eine Parallelverschiebung um den Betrag m. In ähnlicher Weise kann in der Differentialgleichung (48) PW)= I pe) Fe ıi=0 die Substitution yast! e ee Y 4 ausgeführt werden, wodurch sie in eine analog gebaute Differential- gleichung ge t+1 px + = Le AT N ee AU ee -2°.p(x). t=D ; An Stelle der Grössen «, (46) treten jetzt die Wurzeln «, -+-y der Die linke Seite der Formel (77) ist eines der Intserale. in der. 79 Alfred Kienast. gleichung die Gleichung (17) nimmt und als Fundamentalsystem Yı(®) .»-yn(2) von Piy)=V das zur Stelle «= 0 gehörende benutzt. Unter Anwendung eines einfachen Konvergenzkriteriums und ‚der in den vorangehenden Paragraphen abgeleiteten Eigene des zn folgt: 19 9, (t) (Igt)* ep, Das Integral F B,(t) dt 0 konvergiert, wenn (81) | Ri n+ae—1)>—1+3 ‘ a e positive, aber beliebig kleine Grösse ist. Fr Das Inte st Zee B (Da: | zart 2 J.#7,0 . = Kanye ar, wenn ;£ : (82) RR n+s—1)>-i-+e Die Bedingung (81) beschränkt die Wahlfreiheit für «, d Bedingung (82) kann immer erfüllt werden, da man ja nur mi Hilfe der an den Anfang gestellten Substitutionen zu einer Diff rentialgleichung mit passenden Werten für die r, überzugehen brauch Durch die hinzutretende Potenz x” wird dak ar YA): -Yn(&) nicht wesentlich abgeändert und so folgt, dass Integrale in den Gleichungen (63) konvergieren für alle ag | £ Differentialgleichungen, wobei diese unter ‚Umständen i in angeg Weise zubereitet werden müssen. | Die linke der Formel @ 2 ist aber eines der Inte Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 723 Daraus ergibt sich: B.ztrl i + »(2) HET I Di Das Integral je # 7:06) B;,(z)dz konvergiert, wenn fürt0 % (83) „ t=s: —-R(a)+R(f)+e<0, ,„ Ru—)—:>0 „t>s: Ri)+e<0. = a g-r+n 29m p, (2) Das Integral Se et 7.0 B,(2) dz konvergiert, wenn eis (84) — R («;) -+#< 0. = Hierbei bedeutet & eine beliebig kleine positive Zahl. Die Bedingungen (83) beschränken die Wahlfreiheit für s und ß; die Bedingung (84) dagegen kann immer erfüllt werden, wenn man eventuell durch die am Anfang dieses Paragraphen erwähnte Substi- tution eine geeignete ne y einführt. Durch. die hinzutretende ya” Exponentialfunktion er ne aid das Fundamentalsystem Yı(&) RZ nicht wesentlich abgeändert, und so kann man sagen, dass die Gleichungen (74) Beziehungen liefern zwischen den Lösungen eines Fundamentalsystems jeder vorgelegten verbindenden Differential- gleichung eventuell unter Einfügung eines passenden Faktors e °*1. auf den vorangehenden Ergebnissen beruhen. Die Difiergntisigleichang Yan Schluss stelle ich kurz einige Rechnungen 2 zusammen, die Yyaay-arı er a mw) (amy*e : ee Zueen; | Alfred Kienest: Die Formel (78) liefert e.2900) also unter Verwendung von (86), für R(a) > 0, =je". (at) d(a) er er = ns d(at)— fe a d(a 0 Er a0 (a&)" am. 1 f ach, a SH ne M@—1) J® (ai) en ni 1) en u)” = Aussee et een len) a Gere a oe der Integrationsweg für u so nach © geführt werden muss, Rle(@+u)] > 0 und gleichzeitig R (au) > 0. (88) drückt rg aus ABER den beiden a. Be und ( 3 - ni z : ve Variete Be Sr > = = besitzt, das Integral (92): Über eine Integralformel u. die Eigenschaften der darin vorkomm. Funktionen. 725 und eine analoge Gleichung für H® (iz). Für die Bezeichnungsweise der Hankel’schen Zylinderfunktionen siehe Jahnke-Emde, Funktionen- tafeln. Ist R(e) >0, R(e+tn)> 0, so kann man für Y die Reihe (90) und 2,—= 0 nehmen und erhält rar L[are]-n@}= fr una = (et. a an ar— (1. HP cat 0 z n+1 re tee gmege Frl wobei der Integrationsweg für uw so nach oo gehen muss, dass Re+u)>0. Eine analoge Gleichung ergibt sich für H,” (iz). Aus beiden Gleichungen findet man a = jeserc- = H® (iz) fr 7. Hr dd)d—AH, De. u .(i di, > F o Han) 3, woraus sich das Verhalten ableiten lässt, das die durch die Reihe links dargestellte Funktion zeigt, wenn man z auf irgend einem Strahle nach © wachsen lässt. Küsnacht (Zürich), August 1915. Viorteljsbrsschrift 4. Naturt. Ges. Zürich. Jahrg-1. IBI6. = Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. Von FERDINAnD RuDIo und CARL SCHRÖTER. (Als Manuskript eingegangen am 1. Dezember 1916.) 43. Die Eulerausgabe (Fortsetzung!). Zum zehnten Male erstatten wir heute Bericht über das grosse Unternehmen der Eulerausgabe, durch das sich die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft den Dank der wissenschaftlichen Welt erworben hat. Aus den Gründen, die schon in unserer letzten Notiz dargelegt wurden und die in den Zeitverhältnissen ihre Erklärung finden, kann sich freilich auch der diesjährige Bericht sehr kurz fassen. Es liegen nunmehr 13 Bände gedruckt vor, von denen aber nur 10 versandt worden sind. Diese letzteren sind: Algebra (1 Bd.), Dioptrik (2 Bde.), Mechanik (2 Bde.), Differentialrechnung (1 Bd.), Integralrechnung (2 Bde.), Elliptische Integrale (2 Bde.). Die 3 bis jetzt noch zurückgehaltenen Bände sind: Integralrechnung (Schluss, 1 Bd.), Abhandlungen über Integrale (1 Bd.), Arithmetische Abhand- lungen (1 Bd.). Binnen kurzem werden sich hierzu 2 weitere Bände gesellen: Der zweite Band der Arithmetischen Abhandlungen ist fertig gesetzt und korrigiert und auch fast fertig gedruckt. Ferner ist fast fertig gesetzt und auch schon zur Hälfte korrigiert der zweite Band der Abhandlungen über Integrale. Die Eulerkommission lebt der Hoffnung, dass die Zeitverhältnisse es bald gestatten mögen, die fertig erstellten Bände zur Versendung gelangen zu lassen. Natürlich wirkt das Zurückhalten fertiger Bände auch auf un- sere Finanzlage ungünstig ein, insofern den Herstellungskosten keine Einnahmen gegenüberstehen. Es konnte daher nicht ausbleiben, dass sich der Eulerfond im Laufe des letzten Jahres etwas reduziert hat. Wenn dies nun auch noch keinerlei Anlass zu Beunruhigung gibt, so ist es doch sehr erwünscht, dass die durch den Präsidenten der Eulerkommission, Herrn Dr. Frıtz Sarasıs ins Leben gerufene Euler- gesellschaft durch den Eintritt neuer Mitglieder verstärkt werde.?) ') Siehe die Notizen 41 Gais, 38 (1914), 36 (1913), 34 (1912), 32 (1911), 29 (1910), 26 A en (1908), 22 (1907). mel ungen nimmt gerne entgegen Prof. Dr. F. Rupıo, Zürich, Dolder- strasse 1, sowie auch jedes a Mitglied der Eulerkommission. Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. 727 Die Mitglieder verpflichten sich zu einem Jahresbeitrag von wenig- stens 10 Fr. Dafür erhalten sie jährlich einen kurzen Bericht über den Stand der Herausgabe; auch sollen ihnen sukzessive die ver- schiedenen Porträts, die von Euler vorhanden sind, in guten Repro- duktionen als Dank zugestellt werden. Die Vertreter der reinen und angewandten Mathematik sollten es sich zur Ehrenpflicht machen, dieser Hülfsgesellschaft beizutreten. Nachdem die Eulerkommission schon letztes Jahr einen schweren Verlust durch den plötzlichen Tod von Prof. Dr. HEINRICH GANTER in Aarau erlitten hatte, wurde ihr dieses Jahr auch ihr Vizepräsident, Herr Dr. PIERRE CHappvIs in Basel, der dem Unternehmen überdies als Mitglied des Finanzausschusses höchst wertvolle Dienste geleistet hatte, durch den Tod entrissen. Als Ersatz für Herrn Cuappvis wählte die Eulerkommission Herrn Prof. Dr. A. L. BERNOULLIin Basel, während die andere Stelle vorläufig unbesetzt bleiben soll. 44, Nekrologe. Friedrich Prym (1841—1915, Mitglied der Gesellschaft seit 1866). Als im Jahre 1894 die Gesellschaft ehemaliger Studierender der Eidgenössischen Technischen Hochschule (G. e. P.) in Zürich das Jubi- ‚läum ihres 25jährigen Bestehens feierte, gab sie zu diesem Anlass eine Festschrift heraus, deren erster Teil betitelt ist: „Behörden, Direktoren und ehemalige Professoren der eidgenössischen polytech- nischen Schule (mit 76 Porträts auf 25 Tafeln und mit 2 in den Text gedruckten Bildern).“ Unter den Professoren, die der Bitte des Redaktionskomitees (A. JEGHER, H. Paur, F. Rupio), zu dieser Fest- schrift eine Autobiographie beizusteuern, entsprachen, befand sich auch Prym. Wir lassen seine Mitteilung hier’'wörtlich folgen: „FRIEDRICH Emiın Prym, geboren am 28. September 1841 in Düren (Rhein- land), absolvierte das dortige Gymnasium im Herbste 1859, besuchte alsdann die Universitäten Berlin, Göttingen, Heidelberg, promovierte im Frühjahr 1863 in Berlin, wurde im Herbste 1865 zum Professor am Eidgenössischen Polytech- nikum ernannt und folgte im Frühjahre 1869 einem Rufe an die Universität Würzburg als ordentlicher Professor der Mathematik. In dieser Stellung ist derselbe noch jetzt thäti eine wissenschaftliche Thätigkeit bewegt sich auf dem Gebiete der Funk- tionentheorie. Die von ihm bis jetzt erschienenen Arbeiten sind die folgenden: 1) Theoria nova functionum ultraellipticarum. Pars I. Innngaraldieeezng tion, Berlin 1863, 2) Neue Theorie der ultraelliptischen Functionen. Denkschriften der K.K. Akademie der Wissenschaften zu Wien, Bd. XXIV, 1864. Zweite Ausgabe, Berlin, Mayer u. Müller, 1885. 3) Zur Theorie der Functionen in einer zweiblättrigen Fläche. Denk- schriften der Schweizerischen en Gesellschaft, Bd. nn 1866. 728 Ferdinand Rudio und Carl Schröter. 4) Zur Integration der gleichzeitigen Differentialgleichungen Crelle’s Journal, Bd. LXX, 186 5) Beweis zweier Sätze 12 F unctionentheorie. Crelle s Journal, Bd. LXXI, 6) Über ein Randintegral. Crelle’s Journal, Bd. LXXI, 1869. 7) Zur Integration der Differentialgleichung d’u . = Crelle’s Journal, Bd. LXXIIL, 1 8) Zur Theorie der Ber Crelle’s Journal, Bd. LXXXIL, 1876. 9) Beweis eines Riemann’schen Satzes. Crelle’s Journal, Bd. LXXXII, 1877. 10) Kurze Ableitung der Riemann’schen Thetaformel. Crelle’s Journal, Bd. XCIHI, 1882. 11) Untersuchungen über die Riemann’sche Thetaformel und die Rie- mann’sche Charakteristikentheorie. Leipzig, Teubner, 1882 12) Ein neuer Beweis für die Riemann’sche Thetaformel. — Ableitung einer allgemeinen Thetaformel. — Über die Verallgemeinerung der Riemann’schen Thetaformel (von A. Krazer und F. Prym). Acta mathematica, Bd. III, 1883. 13) Neue Grundlagen einer Theorie der allgemeinen Thetafunctionen (von A.Krazer und F. Prym). Leipzig, Teubner, 1892. 14) Über orthogonale, involutorische und orthogonal-involutorische Sub- stitutionen. Abhandlungen der K. Gesellschaft der ‚Wissenschaften zu Göt- tingen, Bd. XXXVIII, 1892.* weit Prym. Eine ausführliche Schilderung des Lebens und der wissen- schaftlichen Arbeit Pryms, der hochbetagt am 15. Dezember 1915 die Augen schloss, nachdem er 1909 in den Ruhestand getreten war, hat sein ehemaliger Schüler und Mitarbeiter AnoLr Krazer im Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung 25, 1916, p. 1, veröffentlicht. Hier mögen nur noch einige ergänzende Notizen folgen, die sich auf Pryms Tätigkeit in Zürich beziehen. Den Anlass zu Pryms Berufung an das Eidgenössische Polytechnikum hatte die Gründung der Fachlehrerabteilung an unserer Hochschule geboten. Über die Gründungsgeschichte dieser Abteilung liegt ein ausführlicher Bericht vor, den ©. F. GEiser verfasst hat und der unter dem Titel „Die Fachlehrer- schule des Eidgenössischen Polytechnikums“ in Nr. 2 unserer Notizen (Viertel- Jahrsschrift 46, 1901) enthalten ist. CHristorreL, der Nachfolger DEDEKINDS, darf als der eigentliche Gründer und Organisator dieser Abteilung bezeichnet werden; er war auch, mit Beginn des Studienjahres 1866/7, ihr erster Vorstand. HRISTOFFEL suchte die neue Abteilung vor allem zu einer ausgezeich- neten mathematischen Schule auszugestalten. Aus seinen eigenen, tiefgrün- digen Studien hatte er die Überzeugung gewonnen, dass die Schöpfungen Rıemanıss auf lange hinaus den Gang der Wissenschaft bestimmen würden. So hatte er schon früh die Aufmerksamkeit KarrELers auf einen direkten Schüler des grossen Göttinger Mathematikers gelenkt. Welchen Wert er der darauf erfolgten Berufung Pryus beilegte, klingt in den Worten der posthumen Ab- handlung wieder, welche im 54. Bande der Mathematischen Annalen ver- öffentlicht ist. Es heisst dort (p. 391) bei Gelegenheit von Arbeiten seines Se, u fe SEN ER d = Re = ER, Se en ENT A El ta HE nd Mr. 2; Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. | 729 Kollegen, die vor und während des Zürcher Aufenthaltes erschienen sind: „Ich kann diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne die unbeschreib- lichen Verdienste in Erinnerung zu bringen, welche Herr Prym sich durch seine damaligen Publikationen um das Verständnis Rırmanss erworben hat.“ Nach den vorliegenden Programmen unserer Hochschule hat Prym in Zürich folgende Vorlesungen gehalten: Sommer 1866: Riemannsche Funktionentheorie, 2 St., Ausgewählte Kapitel der Funktionenlehre, 3 St.; Winter 1866/7: Analytische Geometrie der Ebene, 4 St., , nalytische Mechanik, 3 St., Zahlentheorie, 2 St., Mathematisches Senna (mit Christoffel), 2 St.; Sommer 1867: Riemannsche Funktionentheorie I, 3 St., Zahlentheorie II, 2 St., Bestimmte Integrale, 2 St., Mathematisches Seminar (mit Christoffel), 1 St.; Winter 1867/8: Analytische Geometrie der Ebene mit Übungen, & St., Funktionentheorie II, 3 St.; Sommer 1868: Analytische Geometrie des Raumes, 2 St., Theorie der bestimmten Integrale, 3 St., Theorie der Thetafunktionen, 2 St.; Winter 1868/9: Analytische Geometrie der Ebene mit Übungen, 4 St., ‚inleitung in die Funktionenlehre, 3 St Nach Prrus Weggange blieb der Lehrstuhl zwei Semester lang unbesetzt.. ‚Ostern 1870 wurde er von HEINRıcHh WEBER übernommen - Pryu hat sich, wie der Schreiber dieser Zeilen aus seinem ER mit ihm weiss, seines Aufenthaltes und seiner Tätigkeit in der Schweiz stets gerne erinnert und er hat immer mit lebhaftem Interesse verfolgt, was bei uns vorging. Einen tatkräftigen Beweis hierfür hat er denn auch durch den nam- haften Betrag geleistet, den er dem Unternehmen der Eulerausgabe era ZU- kommen lassen. Richärd Dedekind (1831—1916, Mitglied der Gesellschaft seit 1858, Ehrenmitglied seit 1896). Wie bei Prya (siehe die Notiz p. 727), so sind wir auch bei DEDEKInD in der Lage, eine für die Zwecke der @. e. P. verfasste autobiographische Skizze vorzulegen. Sie hat folgenden Wortlaut: „Julius Wilhelm RıcHarp DEDEKIND, geb. [in Braunschweig] 6. Oktober 1831, widmet sich Ostern 1848 nach neunjährigem Besuch des Gymnasiums Martino- Catharineum mit erlangtem Reifezeugniss dem Studium der Mathemati Physik, zuerst auf dem Collegium Carolinum (der heutigen technischen | schule Carola-Wilhelmina) bis Ostern 1850, dann auf der Universität zu. Göt- = tingen bis Ostern 1852, wo er zum Doctor der Philosophie promoviert wird, Daselbst im Juni 1854 als Privatdocent für Mathematik habilitiert. Von Ostern nn 1858 bis Ostern 1862 Professor der höheren Mathematik an der a ars 730 Ferdinand Rudio und Carl Schröter. polytechnischen Schule in Zürich, und seitdem in gleicher Stellung an der technischen Hochschule in Braunschweig bis zum 1. April 1894, wo er mit der Berechtigung zu fernerer akademischer Eehrihatigkeit in den Ruhestand tritt. Seine wissenschaftlichen Forschungen haben sich vorzugsweise auf die Zahlentheorie gerichtet und finden sich hauptsächlich in den Zusätzen zu den von ihm herausgegebenen Vorlesungen über Zahlentheorie von P. G. Lejeune Dirichlet (Braunschweig 1863, 1871, 1879, 1894); andere Abhandlungen, die theils in Zeitschriften oder iadenktgchen Sammlungen, theils in Buchform erschienen sind, beschäftigen sich auch mit der Theorie der Funktionen und mit den Grundbegriffen der Aritlimetik.“ DeEpekısp ist am 12. Februar 1916 gestorben. Am 28. Februar widmete ihm Camitze Jordan in der Pariser Akademie einen Nachruf, in dem er DEDpF- kıynps hohe wissenschaftliche Bedeutung als Zahlentheoretiker in würdiger Weise zum Ausdruck brachte. Dieser Nachruf ist auch im Enseignement mathematique 1916, p. 132 abgedruckt.) Wir lassen diesen Mitteilungen noch einige Bemerkungen folgen, die den Beziehungen DEpEkıyos zu Zürich und der Schweiz gelten. Zunächst sei darauf hingewiesen, dass die berühmte Schrift „Stetigkeit und irrationale Zahlen, Braunschweig 1872“ nach DEDERINDs eigener Aussage in den Grundgedanken schon in Zürich entstanden ist. Sodann seien einige kleinere Arbeiten erwähnt, die Devekınp als Mitglied der Zürcher Naturforschenden Gesellschaft in der Vierteljahrsschrift veröffentlicht hat und die bei einer Zusammenstellung seiner Publikationen leicht übersehen werden könnten. Sie tragen den Sammel- titel „Mathematische Mitteilungen“ und lauten: 1. Ableitung der allgemeinen Form der Kugelfunktionen, Vierteljahrsschrift 4, 1859, p. 346; 2. Über Kreisevolventen, ebenda p. 363; 3. Über die Elemente der Wahrscheinlich- keitsrechnung, Vertaahrigeheift 5, 1860, p. 66; 4. Über die Bestimmung der Präcision einer Beobachtungsmethode nach der Methode der kleinsten Quadrate, ebenda p. 76; 5. Zur Theorie der Maxima und Minima, ebenda p. 8. DEDEKInD war Ostern 1858 als Ersatz für den schwer erkrankten RAABE (1801—1859) nach Zürich?) gekommen und übernahm im Sommersemester 1858 die are von diesem angekündigten Vorlesungen, nämlich: Elemente der Differentialgleichungen, Raumgeometrie, 7 St.; Integralrechnung mit Anwendungen auf die Geometrie, 2 St. In den folgenden Semestern las er: Winter 1858/9: Erster Teil = Differential- und Integralrechnung mit Repe- titorium een, über die re Anwendungen der Differen- tial- und Integralrechnung, 3 Elemente der Theorie der Zahlen und der Kreisteilung, 3 St-; ') Siehe auch das mit grosser Liebe und feinem Verständnis gezeichnete Lebensbild, das H. Zıncke, t ER, von dem langjährigen Freunde und Kollegen entworfen ee elieeken Magazin, herausgegeben von Dr. PauL ZımmE 3. Siehe ferner die biographische Notiz im Er- ne ws 6 ar Technischen Hochschule Braunschweig. usern* im Zeltweg, in denen kurz vorher auch Rıcuarp WAGNER gewohnt hatte. Überhaupt — wer hat nicht alles schon in den Escherhäusern gewohnt! Wer ist nicht da aus- und eingegangen! Die könnten was erzählen. F. TE Pr Y LEE a Dia Aa Be Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. 731 Sommer 1859: Differential- und Integralrechnung mit Repetitorium und Ana- lytische Geometrie des Raumes, t, Anwendungen der Differential- en Integralrechuimng mit Re- petitorium, 3 St., Elemente der Theorie der Zahlen, 2 St. Winter 1859/60: Erster Teil der Differential- und ER und Ana- Iytische Geometrie der Ebene, Anwendungen der Differential- und were auf geo- metrische und mechanische Probleme, 3 Sommer 1860: Differential- und Integralrechnung ee 4 St., Analytische Geometrie des Raumes, 3 St., Anwendungen der Differential- und Integralrechnung, 3 St.; Winter 1860/1: Erster Teil der Differential- und Integralrechnung, 9 St., nwendungen der Big rergge und Integralrechnung, 3 St., Zahlentheorie, 4 St. Sommer 1861: Analytische Geametria des Raumes, 3 St., Differential- und Integralrechnung, zwar Teil, 3 St., er Repetitorium, 1 St., Anwendungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung, 2 St.; Winter 1861/2: Differential- und Integralrechnung, erster Teil, 8-9 St., Anwendungen der Differential- und Integralrechnung . Dabei ist zu bemerken, dass sich DEpDEkINnD mit den rein makhemallschen Vorlesungen, wie Zahlentheorie und Wahrscheinlichkeitsrechnung, nicht aus- schliesslich an Studierende der Mathematik wenden konnte, denn die heute bestehende Fachlehrerabteilung wurde erst 1866 durch CHristorreL ins Leben gerufen (siehe die vorhergehende Notiz p. 728). E. B. CuristorrEL (1829—1900), der Nachfolger Depekınps war zwar schon Herbst 1862 nach Zürich berufen worden, eröffnete aber seine Lehrtätigkeit erst Ostern 1863. In der Zwischenzeit amtete H. Dur&se, der seit Ostern 1858 Privatdozent am Zürcher Polytechnikum war und nun 1862 zum Professor ernannt wurde Der hervorragenden Dienste, die DEDEKInD unserer Technischen Hoch- schule geleistet hat, hat sich diese stets dankbar erinnert. Er war der erste, dem sie den Titel eines Doktors der Mathematik ehrenhalber verlieh. Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft gehörte DEDEKIND seit 1861 an, seit 1911 als Ehrenmitglied. Und so hatte er denn noch einen besonderen Grund, dem grössten literarischen Unternehmen, das diese Gesell- schaft jemals ins Werk gesetzt hat, der Herausgabe der Werke LEONHARD EULERS, sein tatkräftiges Interesse zuzuwenden. Das Gewicht seiner Worte hat nicht wenig dazu beigetragen, die Bedenken zu zerstreuen, die sich bei einigen Mit- gliedern angesichts einer so gewaltigen und verantwortungsvollen Aufgabe eingestellt hatten. Wir glauben daher, dass es unsere Leser interessieren werde, wenn wir die Briefe, die DEDEKINnD in dieser Angelegenheit an den da- maligen Präsidenten der Eulerkommission (Rupıo) gerichtet hat, hier mitteilen (den zweiten Brief im Auszuge). rer Herr Kollege! meinem n Alter möchte ich noch das grossartige Untpenikmen „der Schneizerischen Be uriöfschenden Gesellschaft mit herzlicher Freude be- grüssen und durch eine bescheidene Zeichnung zu unterstützen suchen. Mit grösster ee verbleibe ich Braunschweig, a ergebener 27. April 1909. en 3 Do dekind. 732 Ferdinand Rudio und Carl Schröter. I, Vor kurzem habe ich zu meiner Freude in den Pariser Comptes Rendus elesen, dass die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft einstimmig be- schlossen !) hat, die Werke Eulers in der Sprache des Originals wiederzugeben, was mir viel natürlicher und auch finanziell vortheilhafter erscheint, als der neulich in der Frankfurter Zeitung enthaltene Vorschlag des Herrn W. AHRENS (Magdeburg), Alles in deutscher Sprache herauszugeben. Mit dem herzlichen Wunsche, dass das grosse Unternehmen Ihnen bei vieler Arbeit doch auch manche Freude bereiten möge, verbleibe ich mit grösster Hochachtung Braunschweig, Er Ihr ergebenster 23. September 1909. R. Dedekind. = II. Hochgeehrter Herr Professor! Durch Ihren Brief vom 3. d. M. und die gleichzeitige Zusendung der beiden höchst interessanten Schriftstücke, Ihren Bericht der Eulerkommission und den von Herrn StäckzL entworfenen Plan der Einteilung des gewaltigen Stoffes, haben Sie mir eine sehr grosse Freude bereitet, für die ich Ihnen nicht genug danken kann. Ihre Schilderung der Sitzung in Lausanne bewegt mein ganzes Herz, und ich bedaure nur, dass ich nicht persönlich dieser denkwürdigen Versammlung habe beiwohnen können, deren Beschlüsse der Schweiz so grosse Ehre machen. Auch Ihre übrigen Mitteilungen, über die Gewinnung von aus- gezeichneten Kräften, die die Herausgabe der einzelnen Bände übernehmen, sind so erfreulicher Art, dass man dem weiteren Verlaufe des grossartigen Unternehmens und seine glückliche Durchführung mit der grössten Zuversicht entgegensehen darf. Wie gross das Unternehmen ist, sieht man so recht bei der Prüfung des höchst wertvollen STÄCKELSCHEN Entwurfes, der mir, so weit ich das zu beurtheilen vermag, vortrefflich zu sein scheint. Ich glaube, dass auch bei den drei Bänden arithmetischer Abhandlungen?), deren Redaktion Sie übernehmen werden, eine Eintheilung in mehrere kleinere Gruppen nach den Gegenständen unbequeme Schwierigkeiten verursachen würde, weil in einigen Fällen berechtigte Zweifel entstehen könnten, welcher Gruppe eine solche Abhandlung am besten zuzutheilen wäre; ich möchte daher empfehlen, durch alle drei Bände eine einzige chronologische Folge beizube- halten, wie im SrÄCKELSCHEN Entwurf. Dann ist wünschenswerth, dass in jedem Bande ein Inhaltsverzeichnis der darin enthaltenen Abhandlungen gegeben wird mit deren vollständigen Titeln, weil mehrere verschiedene Abhand- lungen bisweilen recht ähnliche Titel haben?). !) Der aaa eig Beschluss wurde bekanntlich am 6. September 1909 in der Jahresyersem zu Lausanne gefas FR. schen was das Bidaktionskinnitee beschlossen, diese Abhandlungen auf vier we zu verteilen, von denen die zwei er A. MABKORF (Petersburg) heraus- geben wird. Siehe auch die Notiz 43, p. 726, F.R. j 3) Siehe hierzu Vorrede und jaheleräreinie des ersten Bandes der aritb- überreicht werden können, soll er sich sehr gefreut haben, er sei aber nicht mehr = : imstande gewesen, dieser seiner Freude schriftlich Ausdruck zu geben. F.R. Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. 733 Ihrer Erlaubniss gemäss habe ich meinen bescheidenen Beitrag in diesen Tagen durch Postanweisung an Sie abgeschickt; indem ich Ihnen meinen besten Dank für dessen gütige Weiterbeförderung ausdrücke, verbleibe ich mit grösster Hochschätzung Braunschweig, Ihr ergebenster 7. October 1909. R. Dedekind, Eduard Gräffe (1833—1916, Mitglied der Gesellschaft seit 1860, Ehrenmitglied seit 1896). Am 23. April dieses Jahres!) starb in Laibach der als Forscher unermüd- lich tätige und in den wissenschaftlichen Kreisen wohlbekannte und hoch- geschätzte Dr. EnuvArD GRÄFFE, der als Leiter der ee Station in Triest eine sehr einflussreiche Tätigkeit entwickelte. In Zürich geboren und auferzogen, hing er bis an sein Lebensende an seiner Heimat mit grosser Vorliebe, und sein ganzes Leben hindurch hat er enge persönliche Beziehungen mit Zürich auch dann noch unterhalten, als ihn das Schicksal nach fernen Landen verschlagen hatte. Geboren am 27. Dezember 1833 im Hause zum Finken gegenüber der Wasserkirche, verblieb er während seiner ganzen Jugendzeit in Zürich. Sein Vater, ein Braunschweiger, war als Mathematiker?) an die zürcherische Kantons- schule berufen worden und erhielt von Wipkingen das Ehr a Seine Mutter, eine geborene Sulzer, war eine hochgebildete Frau, die Sohn für die Naturwissenschaften zu begeistern wusste. Am een En solvierte GrÄFFE die untern Klassen und trat dann an die Industrieschule über. Hier wurde er namentlich von MEnzEeL für die Naturwissenschaften einge- nommen. Nachdem er die Maturität erlangt hatte, trat er an die Universität über, um Naturwissenschaften und Mein. zu studieren. Sehr angeregt wurde er durch OswaLp HEER, ESCHER VON DER Liste, Moussos, und auch die zoolo- gischen Vorliies von HEINRICH FrEY sprachen ihn an. Unter seinen medizi- nischen Lehrern übten LeBErT sowie der Physiologe Lupwıs einen nachhaltigen 1) Der nachfolgende, aus der Feder von Herrn Prof. Dr. C. KELLER stammende Bekzaleg erschien zuerst in Nummer 837 der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 26.Mai 1916, Dem trefflichen Mathematiker CARL HEINRICH GRÄFFE (1799—1873) hat seiner Zeit RUDoLF WoLF einen warm race Nachruf gewidmet (Neue ürcher Zeitung 1874). In rn geboren, h atte GRÄFFE am dortigen Col- m war er Professor an der neu gegründeten Kantonsschule und überdies Privatdozent an == im selben Jahre gegründeten Universität, zugleich mit J. L. RaaBE. Doch er trotz seinen re und allgemein anerkannten Lehrerfolgen erst 1860 a A. MÜLLERS, des Ordinarius, Tode zum Extraordinarius befördert. (Über die eigentümlichen Zustände in der Besetzung der mathemalischen Lehrstellen - = cher Universität in den Jahren 1833—1876 orientiert eine Note zu p. 1 53. Jahrganges der Vierteljahrsschrift.) i nserer Naturforschenden Gesellschaft gehörte rn schon seit 1898 an. Seine klassische Abhandlung „Die Auflösung der höheren numerischen Gleichungen, Zürich 1837 und ag sichern ihm einen Ehrenplatz in der rege zu der Ms, = thematik. F. R. 7 Und zwar a 1836. # R. 734 : Ferdinand Rudio und Carl Schröter. Einfluss auf Epvarn GräÄrrE aus. Eine ausgesprochene Vorliebe für Entomo- logie brachte ihn in Berührung mit FrEY-GESSnER, MEYER-DÜRR und andern omologen, und in Bern gründeten diese jungen Naturforscher die Schwei- zerische Entomologische Gesellschaft, die heute noch besteht. en war es auch die marine Tierwelt, die unsern angehenden Zoo- logen lebhaft fesselte. Ein gebildeter Industrieller aus Hamburg, Dr. H. A. MEy£r, lud GrÄFFE ein, mit ihm nach Nizza zu reisen, wo die Bucht von Villafranea eine reiche Ausbeute von Seetieren bot. Das Resultat seiner Beob- achtungen publizierte er 1858 in den Schweizerischen Denkschriften unter dem Titel: „Beobachtungen über Radiaten und Würmer in Nizza“. Für kürzere Zeit lebte er in Paris und Montpellier, um die Sammlungen zu studieren, und reiste später nach München, wo er seine zoologischen Studien bei Professor v. Sırsonp fortsetzte und sich namentlich eine gründliche Kenntnis der Fische erwarb. Hier traf er seinen alten Freund Dr. Meyer und reiste mit diesem nach Hamburg, um die Fauna der Kieler Bucht und Helgoland näher zu unter- suchen, ging dann aber bald nach der Südsee, da ihn der angesehene Ham- burger Reeder J. C. Goperrroy vertraglich verpflichtet hatte, nach seiner Faktorei in Apia auf den Samoa-Inseln zu gehen, um die Naturprodukte näher zu untersuchen und Sammlungen anzulegen. GRÄFFE, der für die Troppenländer schwärmte, war der richtige Mann für diese Aufgabe. Die Samoa-Expedition wurde reichlich mit Instrumenten, Gläsern, Alkoholvorräten, Jagdwaffen und Munition ausgerüstet, und so konnte er im Oktober 1861 an Bord der Segel- barke „Sophie* gehen, um nach Australien zu fahren. Eine Segelfahrt zu den Antipoden dauert lange; ihre Monotonie wurde zu verscheuchen gesucht durch Beobachtungen über die pelagische Tierwelt. Nach einer viermonatlichen Reise kam Sidney in Sicht, wo ein Aufenthalt von einem Monat Ausflüge nach der Stadt und ihrer nächsten Umgebung ermöglichte. Sogar eine grössere Land- exkursion nach New-South-Wales wurde unternommen. Sehr entzückt war GrÄFFE von dem zoologischen Garten in Sidney, wo die originelle Tierwelt von Australien sich beisammen fand. Häufige Besuche wurden auch dem Natur- historischen Museum abgestattet, dem der bekannte Zoologe Krerrr als Di- rektor vorstand. . Nach vierwöchentlichem Aufenthalt in Sidney setzte das Segelboot „Sophie“ mit günstigem Wind die Reise nach den Samoa-Inseln fort und gelangte nach einer Fahrt von anderthalb Monaten in den Hafen von Apia, wo GräÄrrE nach seinen eigenen Worten „ganz entzückt und betäubt von all dieser fremdartigen = Szenerie, dem grünen, stattlichen Kokospalmenwald, den eigenartigen Br fruchtbäumen und Bananenstauden, dem aussen schäumenden Koral En a Faktorei des Reeders ‚GODEFFROY erreichte. Rasch ae E. GrRÄFFE wissenschaftliche Tätigkeit auf; in erster Linie war es die een reiche Riff-Fauna, der er besondere Aufmerksamkeit ih die gesammelte Farin übermittelte er dem Museum GopErrkoy in Hamburg. Mehrere Reisen wurden im ar der Jahre nach den benachbarten Inselgruppen unternommen so 1865 eine Expedition nach den Viti-Inseln, über die im Neujahrsblatt der Zürcherischen Naturforschenden Gesellschaft vom Jahre 1868 ein Bericht er- schien. Ein längerer Besuch galt dem Tonga-Archipel, wo er sich auf Tonga- tabu, dem Sitz des dortigen Herrschers, häuslich einrichtete. Der etwa zehn Jahre dauernde Aufenthalt in der Südsee hat sich namentlich in tiergeogra- phischer Richtung sehr fruchtbar gestaltet. Aber auch die Geographie und Ethnographie jener Region ist durch Grärre sehr gefördert worden. Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte, 735 Nachdem er 1870 zur Stärkung seiner Gesundheit wieder nach Europa kam, veröffentlichte er im „Journal Godeffroy“ eine Reihe von Arbeiten (To- pographie der Samoa-Inseln, Meteorologische Erscheinungen in Samoa, Die geo- logischen Verhältnisse in Samoa). Deutschland hat später diese Pionierarbeit gewürdigt und kolonisatorische Vorstösse in Samoa gemacht, die zurzeit durch. die Kriegswirren unterbrochen wurden. aber ohne Zweifel später wieder auf- genommen werden. Eine finanzielle Krisis im Hause GopeErrroy veranlasste GrÄFFE, sich nach Wien zu wenden, wo ihm eine neue Stellung in Aussicht stand. Er kam damals auch nach Zürich, um seine Geschwister zu sehen und alte Freunde aufzusuchen. Insbesondere verkehrte er mit seinem frühern Lehrer O. Herr und seinem a e rs sigen Ethnographischen Sammlung vermachte. Es sind darin Objekte von grossem Wert enthalten, die heute einfach nicht mehr aufzutreiben sin Man hoffte damals, GrÄrre als Zoologen für Zürich zu gewinnen, und seine vertrauten Freunde arbeiteten in diesem Sinne, aber die Sache scheiterte an dem Egoismus des Zoologen HEınrıcH Frey, der keine Hand bieten wollte. Unerwartet rasch eröffnete sich ein anderer, sehr glücklicher Wirkungskreis. amals bewilligte. das österreichische Ministerium die Errichtung einer 200- uf Em CLA unermüdlichen Forschers. Die Tiergeographie der Adria wurde EN gefördert, Listen über das periodische Erscheinen der verschiedenen Seetiere angefertigt und biologische, namentlich entwicklungsgeschichtliche Studien an- gebahnt. Daneben kam GräÄrrE fortwährend in persönliche Berührung mit Länder. en ma ilden. Manche unter ihnen traten zu ihm in engere persönliche Beziehungen und wurden anhängliche Freunde, denn GrÄFFE war nicht nur ein kenntnis- reicher Fachmann, sondern auch ein liebenswürdiger Mensch, dessen offenes Wesen allgemein geschätzt wurde. Dass die Station in Triest in überraschend kurzer Zeit sich einen be- deutenden Namen in wissenschaftlichen Kreisen erwarb, obschon sie mit ver- hältnismässig einfachen Mitteln arbeitete, ist neentieh. dem praktischen Seshek und der wissenschaftlichen Tüchtigkeit GrÄFFEsS zu verdanken. n kam die Zeit, da auch er sich mehr Ruhe gönnen musste, zumal ‚seine Be nicht mehr da waren. Der liebenswürdige und geniale F. E. ScHULzE, an dem er eine zuverlässige Stütze fand, hatte Graz verlassen, um als Ordi- narius für Zoologie an die Universität Berlin überzusiedeln, wo er jetzt noch mit seltener Geistesfrische tätig ist. Später wurde C. Cravs leidend und starb. aher fühlte sich GrÄFFE vereinsamt, sehnte sich nach Ruhe, und wurde 189 ‚von der österreichischen Regierung pensioniert. ug Stärkung seiner Gesund- ; heit ging er für einige Zeit nach Tunis, um dort seinen Lieblingsstudien auf dem Gebiet der Entomologie zu leben. Später Ba er sich als Privatmann in Triest auf, bis die drohenden ae ihn verscheuchten. Um ng den. Bomben italienischer Flugzeuge oder den Geschossen % % . 736 Ferdinand Rudio und Carl Schröter. gesetzt zu sein, zog er sich nach Laibach zurück. Starkes Heimweh nach der Schweiz sprach aus seinen letzten Briefen, die er dem Schreiber dieser Zeilen fast jede Woche zusandte. Er fühlte sein Ende herannahen. Im 83. Lebens- jahre ist er gestorben. In Epvarp GräÄrrE betrauern wir einen ungewöhnlich begabten und rast- losen Forscher, dem seine Wissenschaft Herzenssache war. Er repräsentierte die solide Richtung der Zoologie früherer Zeit, die bei aller fortschrittlichen Gesinnung sich auf dem Boden der Tatsachen bewegte. Der spätern Richtung, die sich in üppige Spekulationen verlor und damit schliesslich in eine unge- sunde Bahn abschwenkte, stand er zwar nicht unfreundlich, aber doch sehr kühl gegenüber. Persönlich war Epvarp GrÄFFE eine charaktervolle, beschei- dene Natur, die stets die schweizerische Einfachheit, in der er aufgewachsen war, beibehalten hat. C. KELLER. Adolf Weiler (1851—1916). Eine kleine Versammlung'!), Verwandte, die Professoren und Dozenten der Philosophischen Fakultät II, einige Freunde hatten sich zur Feuerbestattung von Prof. WEILER eingefunden, der am 1. Mai dahingegangen war. In stiller Treue und Bescheidenheit hatte der Verstorbene seiner Wissenschaft und seinem Lehramt gelebt. In seinem Privatleben äusserst zurückgezogen, stand er fast nur mit -der gewaltigen Natur unseres Gebirges und mit wenigen Freunden im Verkehr. Daher hatte er sich auch eine stille Bestattung gewünscht. Der Gedächtnisrede des Dekans der Philosophischen Fakultät II. Sektion entnehmen wir folgende Angaben über den Lebensgang und die wissenschaft- liche Bedeutung des Verstorbenen: Am 27. Dezember 1851 zu Winterthur geboren, besuchte ApoLFr WEILER die dortigen Stadtschulen und trat dann 1868 in die mathematische Sektion = der VI. Abteilung des Eidgenössischen Polytechnikums, die jetzige VII. Ab- teilung für Fachlehrer in Mathematik, ein. Nach Erwerbung des Diploms im Jahre 1871 erteilte er zunächst Privatunterricht und vollendete auch in dieser Zeit die Lösung einer Preisaufgabe. Im Frühjahr 1872 setzte er alsdann seine Studien in Göttingen und nachher in Erlangen fort, wo die Professoren CreBsch und KLein seine Lehrer waren. An der Universität Erlangen promo- vierte er 1873 mit einer Dissertation „Über die verschiedenen Gattungen der Komplexe zweiten Grades“. Bald zog es ihn wieder in die Heimat, wo er als Dozent der Mathematik tätig war, erst am Institut Ryffel in Stäfa, dann als Assistent von WILHELM FIEDLER, dem hervorragenden Lehrer der darstellenden Geometrie, und als Privatdozent am Eidgenössischen Polytechnikum sowie am Lehrerinnenseminar der Stadt Zürich, für welches er ein Lehrbuch der Mathe- matik schrieb. Am 20. Februar 1891 erfolgte sein Eintritt in den nn der Universität Zürich. In dieser Zeit der 1880er Jahre entwickelte AnpoLr WEILER eine überaus reiche publizistische wissenschaftliche Tätigkeit. Über ein Dutzend mathe- matischer Abhandlungen liegt aus dieser Periode vor. Schon bei seiner Habili- tation an der Universität erteilte ihm die Behörde einen Lehrauftrag für dar- stellende Geometrie, zunächst speziell für Lehramtskandidaten. !) Wir entnehmen den er Nekrolog a Nummer 738 der „Neuen 19 = Zürcher Zeitung“ vom 9. Mai 4 ® Zürcher Zeitung“ vom 7. Juli 1 Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. d 737 1899 wurde ihm eine ausserordentliche Professur für Geometrie an der Universität übertragen, die er bis zu seinem Tode innehatte und deren Lehr- gebiet im Jahre 1904 noch durch Vorlesungen und Übungen in analytischer Geometrie erweitert wurde. Seine Tätigkeit bewegte sich ausgesprochen in geometrischer Richtung, auf den Wegen, die Jako STEINER und seine Schule der Geometrie gewiesen haben. Ein Gegenstand, mit dem sich WEILER mit besonderer Vorliebe be- schäftigte, war die Theorie von Strahlenkomplexen und Strahlenkongruenzen, über die er eine ganze Reihe von wertvollen Untersuchungen veröffentlicht hat. Weitere seiner Arbeiten galten der neuen Behandlungsweise der dar- stellenden Geometrie, der Axonometrie und gewissen speziellen Abbildungs- problemen Alfred Kleiner (1849--1916, Mitglied der Gesellschaft seit 1873, Präsident 1894—1896). Im neuen Krematorium!) fand am Mittwoch nachmittag im Beisein zahl-. reicher Freunde, Amtskollegen und ehemaliger Schüler und Assistenten die- Beisetzung der sterblichen Überreste des im 67. Altersjahr verstorbenen Prof. Dr. ALrkep KLEINER von der hiesigen Universität statt. Am Sarge zeichnete alt Pfarrer WETTSTEIN von Küsnacht in einem warmen Nachruf das Lebensbild des Mannes, mit dem ihn eine mehr als fünfzigjährige enge Freundschaft ver- band. Hinter KLEisers trockenem und wortkargem Wesen, das allem äussern Gepränge, Schein und hohlem Reden abhold war, verbarg sich ein lauteres und teilnehmendes Herz ohne Falsch und Arg. KLEiwers Haus war seine Heimat und sein Glück, und daneben gönnte er sich wenig Ergötzung und Erholung. Mit seiner Gattin verlebte er 37 Jahre schönsten Eheglücks. Mehrere Söhne und Töchter durfte er heranwachsen und in angesehene Stellungen vorrücken sehen. Im Auftrage von Rektor und Dozentenschaft der Universität gedachte hierauf Prof. Dr. Hzscneter als Dekan der philosophischen Fakultät der hohen Verdienste KLEiwers um die Universität Zürich, der er seit 1879 als Professor angehört hat. Geboren zu Maschwanden und dort aufgewachsen, besuchte KLEINER die Kantonsschule in Zürich, wandte sich dem Medizinstudium zu, das er 1872 mit dem Staatsexamen abschloss. Dann vertiefte er sich mehr und mehr in das Spezialfach der Physik, zu der er sich mächtig hingezogen fühlte. 1878 bis 1879 war KLEINER Assistent am physikalischen Institut Zürich und habilitierte sich, nachdem er zuvor zum Doctor philosophiae promoviert hatte, 1873 als Privatdozent für Physik. Vier Jahre später sehen wir ihn zum Extra- ordinarius vorrücken und 1885 wurde er Nachfolger Hormeisters und damit Ordinarius seines Lehrfaches. Dieses Amt bekleidete er in vortrefflicher Weise bis zu seinem im Jahre 1914 infolge Krankheit nötig gewordenen Rücktritt. KLEmers hervorragende Eigenschaften des Geistes, sein umfassendes und tief- gründiges Wissen, seine von den besten Erfolgen gekrönte Forschertätigkeit verliehen seinem Namen einen internationalen unvergänglichen Klang. 1908 bis 1910 war er Rektor unserer Hochschule. An den Vorbereitungen für den Universitätsneubau hatte er grossen Anteil. Viele wertvolle Vorschläge im 1) Wir entnehmen den wcsngenigen Nekrolog der Nummer 1089 der ae NE 738 Ferdinand Rudio und Carl Schröter. Bauprogramm, die zur Ausführung gelangten, tragen seine Unterschrift als Urheber. Während fünfundzwanzig Jahren gehörte KLEINER unserer obersten Erziehungsbehörde an, und am 31. Dezember 1914, nach seinem Rücktritt vom Lehramt, ernannte ihn der Regierungsrat zum Honorarprofessor. Die Mit- glieder der philosophischen Fakultät beklagen den Verlust ihres hervorragenden und lieben Seniors aufs innigste, und mit ihnen trauert die ganze Universität, die in ALFRED KLEINER einen ihrer Besten verliert. Als ehemaliger Schüler und Assistent KLEINnErS gab sein Nachfolger im Amte, Prof. Dr. Ensar MEyvEr, einen Abriss über Kıemers Tätigkeit als Forscher, Lehrer und wissenschaft- deren Wert für die Wissenschaft auch jenseits unseres Landes unschätzbar hoch angeschlagen wird. Unter diesen von KLEINER erfundenen Instrumenten befindet sich auch eines, das er beim Bau der städtischen Strassenbahn für die Erforschung der vagabundierenden Ströme konstruierte. Beim Bau und bei der inneren Ausstattung des physikalischen und physiologischen Instituts im Jahre 1885, das im grossen und ganzen noch heute den enorm angewach- senen Bedürfnissen genügt, wurden KLEINERS überaus wertvolle Ratschläge ver- wertet, die er damals auf Grund seiner speziell zu diesem Zwecke ins Ausland unternommenen Reisen zu geben in der Lage war. Die letzte Ansprache hielt Prof. Dr. ZurcHer, der die Trauerversammlung in die fernen Zeiten zurückführte, da KLEINER zu uns kam: als tatenfreudiger Mann von der Landschaft, ein wahrer junger Rousseau, der offen und uner- schrocken für alles von ihm als richtig Erkannte eintrat, der aber bald seine höchste Befriedigung in strenger Gedanken- und Forscherarbeit suchte. Als in Zürich das Telephon als Neuheit eingeführt wurde, leistete KLEiwer der da- inaligen Privatgesellschaft als wissenschaftlicher Berater die wertvollsten Dienste. Allen Behörden, denen er angehörte, war KLEINER ein vortreffliches und arbeits- freudiges Mitglied von unbeugsamer Unparteilichkeit. Örgelvorträge und die Weisen eines Streichinstrumentes umrahmten die überaus eindrucksvolle bescheidene Totenfeier. Carl Keller-Escher (1851—1916, Mitglied der Gesellschaft seit 1882). H.E. Dr. Cart Kerter-EscHer!'), in dem unsere Stadt am 26. September einen hervorragenden Kenner ihrer Geschichte und der in ihr verbürgerten am 27. März 1851 in Zürich geboren. Er durchlief die Schulen seiner Vater- stadt bis zum Abschluss des untern Gymnasiums, wandte sich 1867 dem Apotheker- berufe zu, zunächst als Lehrling und Gehilfe, erledigte als solcher von Horgen aus die erforderlichen akademischen Studien, übernahm 1878 die Spalen- apotheke in Basel und trat 1879 das Amt des Kantonsapothekers, d. h. des Vorstehers der Apotheke an den kantonalen Krankenanstalten in Zürich an, sind. Die Verdienste, die er sich an dieser Stelle erwarb, bewirkten 1890 seine Wahl in den Sanitätsrat, dem er fast zwei Jahrzehnte angehörte. ') Der hier folgende Nekrolog ist mit gütiger Erlaubnis von Verfasser und Redaktion mit Se Kürzung abgedruckt aus der „Neuen Zürcher Zeitung* Nr. 16455 vom 16. Okt. 191 Se Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte, ee ', Neben seiner Berufstätigkeit und seinen Studien auf dem Gebiet der Diatomeenkunde, die unten noch berührt werden sollen, beschäftigte sich . KELLER intensiv mit historischen Studien, und hierin liegt die eigentliche Be- deutung des Mannes, in dem, was er für die zürcherische Lokal-, zumal für die zürcherische Familien-Geschichte geleistet hat. Schon in jungen Jahren übten diese Gebiete und darunter auch die Heraldik eine auffallend starke Anziehungskraft auf ihn aus. Während seines Horgener Aufenthaltes fand er neben Beruf und akademischem Studium noch Zeit, den Grund zu legen zu seinen ausgedehnten genealogischen Kenntnissen und Notizensammlungen, aus denen im Laufe vieler Jahre und in mühevoller, unendlich verzweigter, häufig unterbrochener, aber immer und immer wieder aufgenommener Arbeit die a saubere Handschrift und ein ausgeprägter Raum- und Ordnungssinn zustatten. Vor allem aber förderte ihn in diesen Arbeiten, die ihn zu häufigen Ausein- andersetzungen mit Vorgängern aus fast zwei Jahrhunderten führten, ein nüchterner, kritischer Sinn, der wohl auch durch die Naturwissenschaften mit ihrem exakten Betrieb genährt worden war. Schon die achtziger Jahre zeitigten zwei stattliche Bu ge die der Familie GrEBEL (1884) und die der Familie Escuer vom Glas (1885). Ihnen schlossen sich später zwei weitere an, die der Familie Hırzer (1389) und die nen g d des Stoffes feststellen, sondern von Mal zu Mal stärker auch das Bestreben, Generationen und Personen in ihren zeitlichen Rahmen einzufügen ünd sie aus iesem heraus zu würdigen. Dieses Bestreben gab ihm die innere Freiheit auch gegenüber allfälligen Schattenseiten, aus denen er kein Hehl machte. Seine Materialien und sein Wissen stellte er mit grosser Freude andern zur Verfügung. Wer immer mit der Geschichte zürcherischer Familien zu tun oder zürcherische Persönlichkeiten früherer Jahrhunderte zu bestimmen en fand in ihm einen zuvorkommenden und freundlichen Berater und Helfer Am öffentlichen Leben nahm KELLER früher regen Anteil, leistete der Allgemeinheit Dienste als Mitglied des Grossen Stadtrates der alten Stadt Zürich vor der Vereinigung und als Mitglied der alten wie der neuen Waisen- hauspflege. Aber steigende Kränklichkeit, die wohl von geistiger Überan- Strengung ausging, veranlasste ihn in verhältnismässig frühem Alter sich zurück- zuziehen. 1904 gab er sein Amt auf. Unter sorglicher Pflege seiner ihm enge verbundenen Gattin verbrachte er noch längere Jahre in stiller Häuslichkeit, in engem Verkehr mit seinen Verwandten, voll Teilnahme für die alten Freunde und alles, was sie betraf, und lebhaft den Gang der Welt mitlebend, die dem n och immer wieder mit seinen Studien, bis ein rascher und schme Ihm die Feder aus der Hand nahm und ein Leben abschloss, das abdringlie ch igt, wie eine zielbewusst zusammengehaltene und sparsam verwendete Kraft trotz vielfachen Hemmungen Vieles und Bieibesdss zu ı leisten vermag. er 740 Ferdinand Rudio und Carl Schröter. Über die Wirksamkeit Krııers als Pharmazeut entnehmen wir den u von en Apotheker VoceL freundlichst zur Verfügung gestellten Nora folgendes Die Tätigkeit Kerrers als Bearbeiter des Kapitels über Extrakte und Tinkturen in der 3. Auflage der „Pharmacopoea helvetica* führte ihn zur Ein- führung neuer und verbesserter Methoden der Darstellung derselben (Perko- lationsverfahren, Fluidextrakt) und zu seiner pharmazeutischen Hauptleistung, der Ausarbeitung einer neuen einfacheren Methode zur quantitativen Bestim- mung des Alkaloidgehaltes narkotischer Extrakte. Die KeLLerscHe Methode ermöglichte es, allgemeine Vorschriften über den Alkaloidgehalt der Drogen und der Präparate aufstellen zu können, und die 3. Auflage der schweizerischen Pharmacopoe ist durch die Einführung dieser Methode zum ersten offiziellen Arzneibuch geworden, das solche Bestimmungen aufnahm. Die Methode wird mit einigen Verbesserungen auch heute noch allgemein angewandt und hat den Namen KeEıers für alle Zeiten zu einem in der Pharmacie mit Ehren genannten gemacht. In der Folge hat er speziell über das Mutterkorn und die Digitalis- blätter wichtige Studien gemach Als Kantonsapotheker und Sanitätsrat hat sich KELLER eifrig und mit Erfolg an den Kampf der zürcherischen Apotheker gegen die Selbstdispensa- tion der Ärzte beteiligt und sich dadurch um die Hebung des Apothekerstandes grosse Verdienste erworben. Wie sehr sein Wirken im In- und Ausland an- erkannt wurde, geht aus den zahlreichen der ihm zuteil gewordenen Ehren- bezeugungen hervor. KELLER war u. a. korrespondierendes Mitglied der „Societ& de Pharmacie de Paris“, Ehrenmitglied und Ausschussmitglied der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft in Berlin, Ehrenmitglied und von 1894 bis 1896 Präsident des Schweiz. Apothekervereins. Über die Leistungen des Verstorbenen auf dem Lieblingsgebiet seiner Mussestunden, der Diatomeenkunde (Kieselalgen, Bazillariaceen), entnehmen wir den uns von Herrn F. MEıster in Horgen freundlichst zur Verfügung gestellten Notizen Folgendes: ELLER studierte vor allem die marinen Formen; er hat in der Herstellung von Einzelpräparaten auf Grund von ihm neu eingeführter Methoden und Einschlussmedien (Tolubalsam) Unübertreffliches geleistet und eine prachtvolle Sammlung mikroskopischer Präparate geschaffen. Für den bekannten ungarischen Diatomeenforscher Dr. Jos. Pıntocsek (Direktor des staatlichen Spitals in Buda- pest) hat KELLER eine grosse Zahl fossiler Materialien aufgeschlossen und zur Untersuchung präpariert. Eine Reihe interessanter Arten wurden nach ihm benannt (Aulacodiscus Kelleri Pınrocsek in „Beiträgen zur Kenntnis der fos- silen Bazillariaceen Ungarns, Pars II, Tab. V, Fig. 77; Mastogloia Kelleri Pant, ebenda Pars II, Tab. XXIII, Fig. 351; Chaetoceras Kelleri Brun in „Le Diato- niste“ II, Tab. 17, Fig. 91—92). Auf dem Gebiet der Süsswasserdiatomeen ht KELLER zwei besonders reichhaltige und interessante Materialien der Wissen- schaft zugänglich gemacht: aus dem Blausee bei Kandersteg (mit der nur hier vorkommenden Cyclotella ovalis Fricke) und aus dem Statzersee im Engadin Se mit der Baussr endemischen Epithemia Reideltii Fricke). r Verstorbene hat dafür gesorgt, dass seine wissenschaftlichen Mate- rialien ee Anstalten Zürichs erhalten bleiben. Seine reichhaltige Diatomeenliteratur hat er noch bei Lebzeiten unserer Gesellschaft übergeben; sie wird jetzt auf der Zentralbibliothek aufgestellt. Sein Andenken wird auch in naturwissenschaftlichen Kreisen hochgehalten werden. Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. : 741 Publikationen von Dr. C. Keller-Escher. I. Pharmazeutische Arbeiten. (Zusammengestellt von Apotheker Vogel.) a) Selbständig erschienene Broschüren. Keller, G[arl] G. Zürcherische Apotheken und Apotheker. $.-A. (Festschrift zur Erinnerung an die 50 jährige Stiftungsfeier des Schweiz. Apotheker-Vereins in Zürich 1893). Zürich 189: Keller, C[arl]. ee SE die Wertbestimmung von Drogen und galenischen er Prä äparaten. S. A. (Ebenda). Keller- Escher, Clarl] € : 7 Über die Wertbestimmung von Drogen und ga- en Präparaten. II. Neuere Studien über die Bestandteile des Secale nutum. Zürch. phil. Diss. Zürich 1897. kälter. "larl] GC. Zur Frage der Selbstdispensation der his Eine Antwort auf die Broschüre des Herrn Dr. med. Heinrich Pestalozzi. Zürich 1898. Keller, C[arl] GC. Mein letztes Wort zur Frage der Selbstdispensation der Ärzte; eine Duplik. Zürich 1898, Be) w » Arkikä in Zeitschriften. 1. Schweiz. Wochenschrift für Chemie und Pharmazie. ß 1888 Nr. 30: Zur Frage der Staatsapotheken, 1892 Nrn. 52 und 53: Bestimmung des Emetines in Radix Ipecacuanhae und Ex- tractum fluidum Ipecacuanhae 1893 Nr. 49: Bestimmung des Emetins in Radix Ipecacuanhae. Be a 6, 7,12, 13: } Mitteilungen über die Wertbestimmung von Drogen. 1894 Nr. 14: Über Extractum Secalis cornuti 1895 Nrn. 14, X 16: Einige Bemerkungen über ‚die Extrakte die Pharmakopda helvetica, Ed. 3 1895 Nr. 16: Wockumade die Percolation. 9. Berichte der Berliner Pharmazeut. Gesellschaft. : i re: = 1895 Über Digitalinreaktionen und den Nachweis des Digitoxins in Digitalisblättern. 1896 Neue en n über Secale cornutum, Ergotinin, Cornutin un Spasmotin. 8. Mitteilungen in der Deutschen pharmazeutischen Gesellschaft. “ en ER 1897 Die Bestimmung des Coffeins im n Die Gl lycoside der Digitalisblätter und ihre quantitative Bestimmung. en 1898 Die Bestimmung des Nikotins im Tabak. OD. Arbeiten aus der Diatomeenkunde. (Zusammengestellt von F. Meister.) | a ‚Keller, C. C. Die Reinigung des Tolubalsams zu en Zwecken. Zeit- a 2 rift f. wissenschaftl. Mikroskopie. Bd. IV, 1887, p. 470. en Keller- Escher, C. Eine neue Methode des Es und der Reinigung 2 il i 1 u ff. i Keller- -Escher, C. Meine Methode der Herstellung von Einzelpräparaten von =: ‚Baeillariaceen. In: Meister, Die Kieselalgen der Schweiz. Bern isE;: - Seite 17 u um. Genealogische und historische Arbeiten. PER von Dr. Barth.) Keller- a C. Der Glä sen Schiessen im Jahre 1504 in Zürich. (Zürcher Taschenbuch 1882.) [Zür. 1882]. d. Naturt. Ges. Zürich. u 61. 1916. Er 742 Ferdinand Rudio und Carl Schröter. (Keller-Escher, C[arl]) Die Familie Grebel; Bilder aus Ihrer Geschichte. (Frauenfeld 1884.) Keller-Escher, C/[arl]. Fünfhundert und sechzig Jahre aus der Geschichte der Familie Escher vom Glas (von Zürich). 1320—1885. Festgabe zur Feier des 500. Jahrestages ihrer Einbürgerung zu Zürich. 2 Teile. Zürich 1885. Keller-Escher, Clarl]. Vor hundert Jahren; Rede am Sechseläuten 1898. Keller-Escher, Cfarl]. Die Familie Hirzel von Zürich. Genealogie und ge- schichtliche Übersicht. Leipzig 1899. Keller-Escher, C[arl]l. Das Steuerwesen der Stadt Zürich im 13., 14. und 15. ahrhundert; ein Beitrag zur mittelalterlichen Wirtschaftsgeschichte Zürichs. (Neujahrsblatt auf 1904. Zum Besten des Waisenhauses, Stück 67.) Zürich 1904. Hirzel, Sal. Herrn alt Seckelmeisters Salomon Hirzels 50. Rede zum Andenken des Bestandes der moralischen Gesellschaft durch ein halbes Jahrhundert, gehalten 27. Jan. 1814. Mitgeteilt von O. Hunziker, mit einer Einleitung und eig von C. Keller-Escher. $S.-A. (Zürcher Taschenbuch 1908.) [Zür. 1908.) ae Escher, C[arl]. Die Familie Rahn in Zürich; Genealogie und Geschichte nes altzürcher. Geschlechtes. Bd. I. Zürich 1913. Keller-Escher, Dr. C[arl]. Einige Gedanken und Vorschläge betreffend die Aus- schmückung der Zunftlokale der Zunft zur Meisen mit Glasgemälden. Als Manuskript gedruckt, Zürich, Oktober 1915. Laura Hezner (1862—1916, Mitglied der Gesellschaft seit 1909). In der Trägerin dieses Namens!) verbarg sich eine edle Seele, deren in- haltreiches Leben in der Abenddämmerung des 10. Oktober an stiller Halde im südlichen Bayern nach vorausgegangenen langen Leiden einen erlösenden Abschlus gefunden hat, mit einem Alter von wenig über 54 Jahren. Tiefste Trauer erfasste beim Eintreffen dieser Todesnachricht die Herzen derer, die dieser verehrungswürdigen Persönlichkeit nahestanden und Zeuge waren, wie ihr ungewöhnlich gutes Herz und ihr starker Geist unter grösstmöglicher Ein- schränkung der eigenen Bedürfnisse sich auszuleben suchten in stillem Wohltun, in ernstem Ringen nach den Grundwahrheiten einer geläuterten Weltanschauung und in hingebendem Wirken und Forschen auf dem Felde reiner Wissenschaft. Der Vater war Bahningenieur und hat als solcher in den fünfziger bis sieb- ziger Jahren in Bayern, Sigmaringen und Tirol den Bau diverser Bahnstrecken geleitet. An ihren drei, zumeist jüngern Schwestern, von denen eine vor wenigen Jahren durch ein tragisches Ende ihr im Tode vorangegangen, hing die Gute mit inniger Liebe, besonders aber an ihrem jüngern, in so manchen Richtungen ihr wesensgleichen Bruder, der zurzeit im bayrischen Ministerium für Kultusangelegenheiten eine hohe, verantwortungsvolle Stelle bekleidet. Die schöne und überaus erfolgreiche Tätigkeit, die derselbe in seiner aufsteigenden Beamtenlaufbahn entwickelt hat, erfüllte die Schwester mit freudigem Stolze und tiefster Genugtuung; für ihn und seine Familie schlug ihr Herz in grosser Verehrung und liebevollster Zärtlichkeit. Die fünf Kinder haben Mutter und Vater in dem wechselvollen Leben, das der Beruf eines Bahnen bauenden Ingenieurs mit sich brachte, zum Teil schon in frühen Jugendjahren verloren und ihre Erziehung musste von befreundeten Verwandten und Bekannten über- !) Der nachfolgende, aus der Feder von Herrn Prof. Dr. U. GRUBENMANN stam- mende Nekrolog erschien zuerst in ek 1734 der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 31. Oktober 1916. Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. 743 nommen ee Laura erhielt, ihre erste Schulung in \ Sigmaringen, Frankfurt und München; besonders letzteres mit seinem reichen künstlerischen und chen Leben 2 ihren Entwicklungsgang in hohem Masse beeinflusst. Das Studium moderner Sprachen und eine zeichnerische Betätigung an der Kun stakademie erfüllten die reifern Jugendjahre, gestützt und verschönert durch das Studium der Philosophie das ganze Interesse gefangen; auch Hebräiscl und Sanskrit wurde studiert, um in Urtexten direkt an den Quellen Bee zu können. Das Dreigestirn SoKRATES, Spınoza und Kant stand lange i punkt der nach tiefstem Erkennen ringenden Geistesarbeit, in so na ia dass es notwendig wurde, durch einen auf längere Jahre ausgedehnten Land- ehthait die erschütterten Nerven wieder auf den Damm zu bringen. In jenen schweren Jahren, wo alle ärztliche Kunst versagte, schloss Laura mit Schwester b in Haus an der sonnigen Halde in der Umgebung von Pfronten wurde jetzt ein Asyl barmherziger Krankenpflege, ein warmer Herd ausgedehnten Wohltuns für hilfsbedürftige Mitmenschen der engern und weitern Umgebung, das viel- geliebte Ferienheim für heranwachsende Geschwister, Verwandte und Freunde und allmählich auch wieder der Sammelpunkt geistig ee Altersge- nossinnen mit en oder philosophischem Einschlag. Die Werke von GOETHE, GOTTFRIED KELLER, JEREMIAS GOTTHELF, die Gespräche GoETHES mit ECKERMANN und Kreta nölsitkehe literarische Erscheinung bildeten schon damals, und auch späterhin immer, in der Musse die unentbehrlichen Gesund- brunnen An Erbauung. Eine junge Freundin, die an der hiesigen Universität botanischen Studien oblag, gab im Herbst 1898 den Anstoss zu einer Übersiedelung nach Zürich; in Frühlings- und Sommerferien aber kehrte das Trio mit den Seinigen immer wieder in sein geliebtes Pfronten zurück. In einem Alter von 36 Jahren setzte sich unsere Philosophin nun nochmals auf die Schulbank, um an der Fachlehrer- abteilung der Eidgenössischen Technischen Hochschule mit wahrem Feuereifer Naturwissenschaften zu studieren. Angesichts ihrer hervorragenden Begabung, der vorausgegangenen philosophischen Schulung und der geistigen Reife ee der Erfolg nicht ausbleiben; er fand nach glänzend bestandener Schlussprüfung seinen Ausdruck in einem „Diplom mit Auszeichnung‘. Lehrer und Mitstu- ni u Dbsäikaktschen Grundlage speziell der geologisch- -mineralogischen Richtung eigen Die Arbeiten am Polarisationsmikroskop waren ihre besondere Durch chemisch-analytische Untersuchungen vertiefte sie sich da- mehr ‚auch in den Chemismus der Mineralien on Gesteine Be r di TAL Ferdinand Rudio und Carl Schröter. fachen und oft so verwickelten Erscheinungen der Gesteinsmetamorphose ein ihr in tiefster Seele zusagendes, erfolgreiches Arbeitsgebiet fand. „Die starre Welt der Steine ist voll Wandlung und Bewegung und nimmt in wundervoller Weise teil am unaufhörlichen Kreislauf des Werdens!“ So schrieb sie dereinst in einem formenschönen und warmgefühlten populären Aufsatz über „Das Leben im Stein“. 1903 erteilte ihr die Zürcher Universität den philosophischen Doktor- titel unter besonderer Anerkennung trefflicher Leistungen, die namentlich in einer umfangreichen und mit grösster Sorgfalt dnrchouiährten Dissertation ver- körpert waren, welche sich ebenfalls auf dem Gebiete der Gesteinsumwandlung bewegte. Jetzt war ein Arbeitsfeld gefunden, ein Forschungsgebiet erobert, das sie mit tiefinniger Befriedigung erfüllte, auf welchem zu arbeiten und zu lehren ihr geistiges Lebensglück ausmachte, was dann seine Krönung darin fand, dass sie sich 1909 an der Eidg. Technischen Hochschule für „chemische Mineralogie und Petrographie* habilitieren konnte. Jahr für Jahr zog die Forscherin in den Sommerferien ins Gebirge, mit Vorliebe an den St. Gotthard, ins Tessin und ins Tirol, besonders gerne weit hinauf über die Baumgrenze zu Blockhalden und öden Felskaaren, in jene Re- gionen, wo ihr mikroskopisch geschärftes Auge und ein durch viele chemische Untersuchungen geklärtes Urteil im grandiosen Laboratorium der anorganischen Natur die ehernen physikalisch-chemischen Gesetze in gewaltiger Arbeit am Werke sah. Fast alljährlich trat sie seit 1904 in den Fachjournalen mit einer wissenschaftlichen Darbietung hervor, alle ausgezeichnet durch tiefgründiges philosophisches Erfassen des Themas und feine Durchführung desselben, und . als eitrige Dozentin durchglühte und belebte sie ihren Vortrag mit dem heiligen Feuer edler wissenschaftlicher Begeisterung. Ihre grösste Arbeit aber leistete sie — neben der sorgfältigen Überwachung der chemischen Untersuchungen von seiten einzelner Promotionskandidaten — im chemischen Laboratorim durch die eigene Ausführung von über 400 quantitativen Gesteinsanalysen. Wer die Subtilität und Langatmigkeit der gründlichen Gesteinsanalyse kennt, mag er- messen, was es heisst, alljährlich durchschnittlich deeiksig solcher Untersuchungen auszuführen. Zumeist galten sie schweizerischen Gesteinen, und mit hoher Genugtuung musste es sie erfüllen, als einer der erfahrensten Kollegen in Washington über ihre Leistungen urteilte: „Die Schweiz darf stolz sein, solch eine Analytikerin zu besitzen.“ Ein wahres Glück, dass es noch gelang, die gediegenen Früchte dieser ausgedehnten wissenschaftlichen Arbeiten im Früh- ling dieses Jahres in der Vierteljahrsschrift der hiesigen Naturforschenden Ge- ti zu beklagen hat. Die Studierenden verlieren damit nicht nur eine ausgezeich- nete Dozentin, sondern vor allem auch eine unermüdliche Helferin und mäütter- eri din. Während voller fünfzehn Jahre hat Fräulein Dr. L. Hezner in uneigen- ; nützigster und hingebendster Weise mit ihrer ganzen Kraft ihm überall mitge- holfen, die Interessen des Instituts zu fördern, und hat in den letzten zehn ıren an schier allen seinen fachlichen Arbeiten, besonders in den Unter- suchungen über Gesteinsmetamorphose, einen warmen und wesentlichen a Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. 745 &: genommen. Eine noch innerhalb des verflossenen Jahres von ihr verfasste Er grosszügige letzte Abhandlung über Mangan führende kristalline Schiefer harrt noch der Veröffentlichung. Auch ihre frühern andern Lehrer und nachherigen Kollegen haben ihr stets die grösste Hochachtung entgegengebracht, die leiten- d ehörden schätzten die tüchtige Arbeitskraft mit gebührender Aner- kennung ei und einem kleinen Kreise hiesiger Frauen und Bekannten war die in anspruchsloser Zurückgezogenheit auf ihrem Zürichberg lebende edle Persönlichkeit durch die hohen Gaben des Geistes und Gemütes der Gegen- ‚stand. grösster Bewunderung und liebevollster Verehrung et Vor etwas mehr als Jahresirist traten zum erstenmal die Spuren jenes heim- tückischen Leidens auf, dem gegenüber die Medizin ihre rettende Hilfe in der Regel noch immer versagt: Ein leichter operativer Eingriff schien die drohende Gefahr glücklich abgewendet zu haben. Es war eine bittere Täuschung; zu Tikagese Juli dieses Jahres wurde ein abermaliger schwerer Eingriff nötig, an sen Gelingen neue Hoffnungen auf Rettung des kostbaren Lebens sich nie die sich nicht erfüllten Nun ruht sie in einem Be Plätzchen des Friedhofes in Pfronten, und alle die schönen Berge ringsum, die sie so sehr geliebt, senden ihr dorthin © > (ee) = ® = z r e rm und Liebevolle, das sie in ihre Umgebung ausgestrahlt hat, es wird lebensvoll noch weiter wirken; Kar lan Wesen bleibt unter uns und wird uns in ; mancher Stunde trösten U. Gr. Amalie Hallmann a ee der Gesellschaft seit 1910). AMALIE AugustE HaLLmann wurde am 23. Dezember 1850 in Marienberg bei Boppar en geboren, wo ihr Vater, 1 bekanate Arzt, eine blühende Wasser- heilanstalt leitete. Im Jahre 1872 kam sie mit ihre r Mut tter nach Zürich, wo ‚sie als erste weibliche Studierende an der nätnriiehetöchuttend Abteilung eidgen. Polytechnikums mit trefflichem Erfolg s tudierte; sie war eine - lehrerin entgegentraten. „Aber wie ein still belebendes Feuer brannte die Liebe zu ihrem Fach bis an ihr Ende in ihr.“ Herzleiden zwang sie, Ruhe zu suchen, und endete am 10. Juni 1916 ihr stille, aber wahrlich nicht armes Leben. (Nach freundl. Mitteilungen von der Schwester der Verstorbenen. ) Hermann ‚Schulthess (1862—1916, Mitglied der Gesellschaft seit . 1918);: Der al allzu früh von uns Geschiedene en wurde als einziger Sohn am It bee eh igung von Verfasser 1770 vom T. November 1916. is 746 Ferdinand Rudio und Carl Schröter. seinem Bruder ein angesehenes kaufmännisches Gewerbe erarbeitet. In den Werken des Grossvaters Heınkıch KELLER, des Kartographen und Panorama- zeichners, hatten Wissenschaft und Kunst ihren schönen, bleibenden und zum Teil neuen Ausdruck gefunden. Der Knabe hatte das künstlerische Talent seines Grossvaters geerbt. In den obern Klassen des stadtzürcherischen Gym- nasiums zeigte HERMANN SCHULTHESS seine ausgesprochene Begabung für die Naturwissenschaften. egann seine Studien in Zürich. Aus seinen Neigungen ergab sich für ihn von selbst das Studium der Medizin. Mit grösster Begeisterung hörte er Physiologie bei Prof. HrrManN, dessen Vorlesungen einen so tiefen Eindruck auf ihn machten, dass der junge Student sich ernstlich mit dem Gedanken iz die akademische Laufbahn zu ergreifen, um sich ausschliesslich physio- logischen Studien zu widmen. Äussere Hemmungen veranlassten ihn, diesen Gedanken fallen zu lassen. Seine weitern Studien führten ihn nach Würzburg, as Amt ein übernommen. Als RER, beleuchtete ee 92 die Sanitäts- einrichtungen unserer Nachbarländer und die Reformvorschläge für unser Sanitätswesen. Aus seiner sich über Jahre erstreckenden militärärztlichen Tätigkeit, den häufigen Rekrutierungen, die er vorzunehmen hatte, entstand die Arbeit: „Die Herzkrankheiten bei der Aushebung und Ausmusterung in der schweizerischen Armee in den Jahren 1875—1904*. Die Ergebnisse seiner Arbeit, besonders die erschreckende Zunahme der Herzkrankheiten bei dem grossen deutschen Bad für Herzkranke, Berlin und Bern ab. Im Herbst eröffnete er in Zürich mit 45 Jahren seine spezialärztliche Praxis für Herz krankheiten. eng Ze sein Hauptaugenmerk auf eine möglichst genaue Stellung” der Diagn ahre 1911 reichte er in einer schweizerisch-fachwissen- ehe. Zeitschrift die Arbeit ein: „Das Sphygmometer, ein neuer Apparat zur ee .“ Herzfunktion“. Er trat hiemit mit einem eigenen, für seine gebauten, neuen Apparat vor die Öffentlichkeit. Er sollte die Mögichke ne auf mechanischem Wege ein Urteil über die Zirkulation, tlich die en am unverletzten Menschen, zu gewinnen. Bis übe die ee der Schweiz hinaus erweiterte sich der grosse Kreis seiner Patienten. Zwei Jahre sı später 1915, hatte Schuutuess in unermüdlichem Schaffen eine neue Methode, eine neue Sphygmophotographie zur Blutdruckmessung und Herzprüfung ausgearbeitet und sie durch Modellversuche mit einem selbst- gebauten Kreislaufmodell kontrollie Beim Beginn des Weltkrieges rief der Militärdienst Dr. H. SCHULTHESS, der inzwischen zum Oberstleutnant emporgerückt war, nach Glarus, wo BR die Einrichtung einer PorEitoriiliiinen en übertragen gie Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. 747 Im Frühjahr 1915 meldeten sich die ersten Zeichen der langen, schweren Krankheit. Kuraufenthalte vermochten nur zeitweise dem Leidenden die ge- liebte Arbeit wieder zugänglich zu machen. Bis zu seinem letzten Tage lebte der Verstorbene mit edler Begeisterung und Klarheit trotz grösstem körper- lichem Elend in seiner Wissenschaft. = : Verzeichnis der grösseren Arbeiten von Dr. med. Hermann Schulthess: 1889 en Untersuchungen über die Ätiologie des Mammacarcinoms. Bei- e z. klin. Chirurgie, 4. Ban Kell, 1894 Statistischer Beitrag zur Kenntnis des Erythema nodosum. Cerr.-Blatt für chweiz. Ärzte, Jahrg. 1896 Körpermessungen bei schweizeiischen Turnern im Jahre A veranstaltet durch den eidgen. Turnverein, bearbeitet von Dr. 1896 Die körperlichen Bedinguugen des Sprechens. Mitteilg. d. "Gesellsch, f. deutsche Sprache in Zürich. «= 1906 ° Die Herskrankheilen bei der Aushebung und Ausmusterung der schweiz. 5 ’ Armee in den Jahren 1875—1904. Zeitschrift für schweiz. Statistik, 42. Jahrg. 1908 Kreislauf und Atmung mit besond. Berücksichtigung turnerischer Übungen. : Monatsblätter für das Schulturnen, 19. Jahrg., Nr. 10, 1908 Sphygmobolometrische Untersuchungen an Gesunden und Kranken. Deutsch. med. Wochenschrift 1908 23 u 3. 1911 Das AR rien ein neuer Apparat zur Prüfung der Herzfunktion, von Dr. Herm. Schulthess. dam -Blatt für Schweizer Ärzte 1911, Nr. 14. 3 1915 Eine neue Sphygmophotographie zur Blutdruckmessung und Herzprüfung, a. kontrolliert durch Modellversuche von Dr. Herm. Schulthess. Centralblatt U IR ü 44.19. 1916 Über Messung des Art ea und Free def Herzfunktion. Corr.- ; Blatt für Schwäis. Ärzte 1916, Nr. Marie Heim- -Vögtlin (1845 — 1910). | er pas } Wir halten es für geboten, in den „Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte“ dieser hochbedeutenden Frau zu gedenken, die als erste Sch weizer-Ärztin in der Geschichte der wissenschaftlichen =, Berufsarten in unserem Lande eine So wichtige Rolle gespielt hat. Der folgende Nekrolog ist mit gütiger Erlaubnis von Verfasser : ' und Redaktion abgedruckt aus der „Zürcher Wochen-Chronik“ vom “ 25. ‘November 1916. Am 7. November morgens 7 Uhr ist Frau Dr. med. Marır Hen-Vogrum gestorben, Sie wurde 1845 als zweite Pfarrerstochter in Bözen, Kt. Aargau, 8 Den ersten Unterricht erhielt sie zusammen mit ihrer Schwester en die Eltern und den ren - freie Zeit trieb sie engen mit den Bauernkindern und sam und Versteinerungen. Im Alter . drei a] einen guten Unterricht genoss, dann noch ein Jahr nach ] von 16 Jahren konnte : sie ins Elternhaus zurückkehren. : € ed "und Feld füllten 748 Ferdinand Rudio und Carl Schröter. in Zürich. Dort auch lernte sie, mit der Zeit zu haushalten. Zurückgekehrt, übersiedelte bald die Familie nach Brugg. Hier gab es Verkehr mit gebildeten Altersgenossinnen und eine Bibliothek! Das aber, was ihr am meisten Befrie- digung bot, war Hilfsarbeit in einem kleinen Kinderspital = Brugg und Kranken- pflege bei Bekannten im Städtchen. Hier nun reifte zuerst der Wunsch, nicht nur Gehilfin des Arztes zu sein, sondern auch das nk selbst leisten zu können. Als sie vernahm, dass in Zürich zwei Russinnen zum Studium der Me- dizin zugelassen ‘worden seien, befestigte sich ihr Entschluss, alles daranzu- setzen, um Medizin studieren zu können. Anderthalb Jahre trug sie sich Tag und Nacht mit diesem Gedanken, bis sie es — erst selbst von Krankheit wieder genesen und erstarkt — wagte, ihrem Vater ihren Wunsch kund zu tun. Schon lange vorher hatte sie im geheimen in frühen Morgenstunden oder während der Küchen- und Näharbeit aus Büchern Latein, Mathematik und Anfangsgründe der Naturwissenschaften studiert. Der Vater erklärte ihre Absicht für eine reine Unmöglichkeit und empfand liebevolles Mitleid mit der Tochter. Er wurde von andern Verwandten und Bekannten mit Abmahnungen und Vorwürfen überhäuft. Einzig die ältere Tochter hielt treu zur Schwester. Nach einem langen halben Jahr zwischen Furcht und Hoffnung, beriet der Vater, bewegt durch die Ausdauer und Zähigkeit, mit der die Tochter an ihrem en festhielt, einen befreundeten Pfarrer, den Taufpaten von MARIE VösTLın, und einen befreundeten Arzt, der sie bei der Krankenpflege oft abe hatte. Beide erklärten ihm: Die Ärztin wird eine wundervolle & Errungenschaft der Menschheit sein, wenn sie dafür die richtige Begabung hat, und deiner Tochter fehlt diese nicht. Jetzt war auch der Vater entschlossen und liess sich auch durch den ärgsten Gegensturm nicht mehr beirren. Voll Freudigkeit, obschon Schwierigkeiten in Menge erwartend, siedelte MaRrıE VöctLın im Herbst 1868 nach Zürich über und wurde an der medizi- nischen Fakultät der Universität Zürich immatrikuliert. Studenten und Pro- fessoren — auch diejenigen, die dem Frauenstudium abhold gestimmt waren, legten der Studentin keine Schwierigkeiten und keine Unannehmlichkeiten in den Weg, sie liessen das Experiment gewähren. Alle Bedenken der Ver- wandten verstummten, als Marıe nach dem ersten Quartal überglücklich und. frisch und gesund nach Hause kam, und der Vater hatte es nicht zu bereuen, dass er seiner T'ochter die Freiheit gegeben hatte, dem ersehnten Ziele ent- gegenzugehen. Die 4'/s Studienjahre waren eine glückliche Zeit. Die Freude am Beruf wuchs. Sie arbeitete unter gütigen Lehrern und wackern Mitstu- dierenden — bald auch weiblichen Geschlechts, und der Verkehr mit den Kranken im Spital war das allerbeste. Im Sommer 1870 bestand sie nach- träglich die Maturitätsprüfung mit den Kantonsschülern in Aarau und die erste “ Hälfte der re Prüfung, im Winter 1872/73 die medizinische Fach- prüfung und das damals noch davon unabhängige Doktorexamen. Darauf folgte ein Semester Studiam i in Leipzig und ein a Assistenz an der k. Entbindungs- “ anstalt in Dresden unter Geheimrat Wın Im Sommer 1874 kehrte die junge Pen nach Zürich zurück und begann ihre Praxis im gleichen Hause, in welchem sie nun gestorben ist. Nach kurzer Zeit schon stand sie inmitten einer ausgedehnten, dankbaren pe = Im Frühjahr 1875 ‚verheiratete sich Dr. Mile Yoga mit ALBER Pro- nach sk olhende Teil der Kollegenschaft konnte seine Anerkennung nieht mehr versagen, und die Vorurteile wichen rascher, als man es hoffen Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. 749 wältigte eine ungeheure Arbeit. Sie zählte zu den besten Spezialisten in : ee und Geburtshülfe bis über die aa hinaus, Mit n Kollegen stand sie mehr und mehr auf bestem Fus Im Jahre 1882 wurde sie Mutter eines Sohnes und vier Eee später einer Tochter. Beide Kinder hat sie selbst genährt und gepflegt. Die Praxis musste einigermassen eingeschränkt werden. Dies war nun um so eher möglich pe worden, als sich unterdessen in Zürich andere tüchtige Ärztinnen angesie hatten. Mit sorgfältiger Ausnützung der Zeit gelang es, den Mutte erpiächten ie den Berufspflichten gerecht zu werden. Die Familienfreuden stärkten auch für die Strapazen des Berufes, und die Kinder hatten eine vortreffliche Mutter, die für sie mehr leistete, als die meisten Mütter ohne Beruf es tun können. äter war Frau Dr. Heım bei der Gründung der a Pfle- gerinnenschule mit Frauenspital sehr beteiligt und war dort viele re Ab- teilungsärztin und Lehrerin für die Pflege der en Vor einigen Jahren musste sie mehr und mehr aus Gesundheitsrücksichten von der Betä- tigung des Berufes zurücktreten. Allein sie blieb tätig in Armenkrankenpflege und Wohltätigkeit bis zur letzten Woche ihres Lebens. Dies ist in allerkürzesten Zügen der Lebenslauf von Frau Dr. MarıE He. Einer Menge von schweren Ereignissen wie von Freuden, die ihren * Lebensweg g ae haben, ist dabei nicht gedacht. Für edle Genüsse fand sich darin kein Raum, kaum dass für die allernötigste Erholung sich die Zeit erobern kiohe $ as grosse Lebenswerk der Verstorbenen war vor allem eine Arbeit des Bahnbrechens. Sie hat alle gesetzlichen Schwierigkeiten und älle Vorurteile durchbrochen und überwunden, die dem Berufe der Ärztin im Wege standen. Frau Dr. Marıe Hem ist nicht nur in der Schweiz, sondern auf dem m ganzen ewesen. Heute ahnt man kaum mehr die Schwierigkeiten, die früher vor- handen waren. Und mit welchen Mitteln führte sie diesen siegreichen Kampf Stufe um Stufe? Ihr Grundsatz war von n Anfang bis zu Ende der gleiche ge- blieben: Nicht mit Worten fechten, sondern durch die tatsächliche Leistung und das eigene Beispiel beweisen und überzeugen. Jedes frauenrechtlerische Wesen war ihr zuwider. Die Studenten und Professoren mussten das takt- volle Benehmen und die treflichen Leistungen anerkennen, die Examinatoren mussten die besten Noten geben und Zulassung zu den weiteren Stufen befür- worten. Eine ungewöhnlich klare und tiefe Auffassung alles dessen, was ge- r a Enllr Nicht nur die zur Behandlung kommenden kranken n waren zur Verehrung hingerissen, selbst der ursprünglich der Sache durfte, und auf weitem Umkreise. esass eine sehr egegeag Bildung, en ig e ohen en- _ diesen Weg des Bahnbrechens zu führe Imehr Triebfeder das Bedürfnis, wohlzutun. Arztlich und menschlich zugleich war sie an Tausenden von Frauen eine Wohltäterin und ee als ‚solche von een" .s 750 Ferdinand Rudio und Carl Schröter. verehrt. Die Ärztin wurde vielen Freundin und Beraterin für das ganze Leben. In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren wurde die berufliche Praxis mehr und mehr zurückgedrängt, die Wohltätigkeitsarbeit beanspruchte alle noch vor- handene Kraft. Stets überstiegen die Anforderungen die Möglichkeiten. Dann wurde die Gräfin, die sich noch zur Sprechstunde anmeldete, nicht mehr an- genommen, wohl aber die arme alte Frau. „Die erstere kann sich ja an die besten en Ärzte w enden, die arme Frau aber nicht war. Als ein langes Lungenleiden sie ergriffen es = urteilte sie alles richtig, was ihr bevorstehe. Die ganze Grösse ihrer Persönkiähkeit blieb bis zur letzten Minute ‚aufrecht. Sie freute sich über den relativ gelinden Ver- Krankenpflegerinnen von Beruf. Sie gab ni, Art. Sie sc rieb und diktierte noch an den beiden letzten Tagen eine Menge von Abschieds- briefen mit allerlei Anweisungen. Am vorletzten Ken klein Sohn und Tochter auf ihren Wunsch = noch Händels „Largo“ vor. Sie hatte grossen Genuss daran. Die letzten Gedanken und Worte gingen dahin, wie gut sie es habe, nach er ee Arbeit hier zu sterben, ihr _ Leiden sei ja nichts gegenüber den Leiden in den Schützengräben! Mit diesem letzten Worte auf den Lippen verschied sie SE ohne Todeskampf. Ein so reiches Leben ist in so kurzer Darstellung nicht zu würdigen. Wir verweisen auf eine vollständigere Biographie, die später in BuOEIOER er scheinen wird. = Eduard Ortgies (19. Februar 1829 bis 6. Dezember 1916, Me von 1855 bis 1889) '). EpvAarn OrTsıEs wurde am 19. Februar 1829 in Bremen als Sohn eines Lehrers geboren, der sich im Unterrichtswesen für Taubstumme grosse Ver- dienste erwor hat. Seine Lehrzeit als Gärtner machte der junge ORTSIES im Jahre 1844 in Hamburg in einer grossen Handelsgärtnerei und ging dann 1848 nach England, wo er durch die erfolgreiche Kultur der Victoria regia in Chatsworth, auf dem Schlosse des Herzogs von Devonshire seinen gärt- nerischen Ruf begründete. Er arbeitete darauf 5 Jahre lang in dem berühmten nn von Lovis van Hourte in Gent. Im Jahre 1855 wurde er an die t Petersburg kam. 40 Jahre lang w irkte der hervorragend tüchtige Mann an dieser ‚Stelle, erst unter Oswaup HEEr, seit 1882 unter CARL ÜRAMER, seit 189 & S 5 5; 3 = 5 08 < & = 3 a, un schen P ia imperialis, Saxifraga pel tata, Ahie; concolor, bifolia, magnifica, Pinus u u. flexilis, Pilocereus Haagii, Tillandsia argentea, Zamia Lindeni u. Roezlii und 7 neue Begonien, Be ') Nach freundlichen en von seinen Sem Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. 751 die prächtige B. Frroebelii), der mit einer Reihe berühmter Sammler (Warscrwicz, Rozzı, Waruis, Le LER, GARNIER in Cuba, BESSERER und KıEAsT ‚des Gartens, so dass er unter dem jetzigen Direktor, Prof. Scuisz, mit Recht aufgegeben wurde. e 1894 "uayLıaaqur uastorg uasaıp ut puls uoprupsog pum uo]Jof] Any Ussoy arg GL'6 |cr'6 |ea’s |es'z |es'z Ier’y 'er'g |ea’e |S6’F |ag#7 |er’g |ST'g || Zunppueygy aop [o}L] wop u odeıyosung GL°08 | SE 61 a6 zT | a IT Jar ar Jaz’er |se’aı |s6 or ja 6 [a8 Ja, 9 |eee | re ge th 08°L1109 '91 | 07 '@1 | 06 FT | — "87 |08°'11109'01 1076 |06°%8 | —'L 08’ |09 7 | " "2° wegen SBTT ICE ELISE’ SS TIL CB OT |as 6 | IL II I Il use | Be |. BED 011086 |09 8: |06°2:108°2:109 9.1085 TOP EEE DL EI 5 1.0 002000 I arı Iae'ı 1er Is [ee Ice [eu er |eLe |uE au us | rer ruaszg — uadog Fr | 17 1a 17 "14 da “Id dd 1 a "I “LI dmorg | pdwosg | dog | dog | pda | Spdosg | dmg | dmg | pdwoxg ) dog | Spdwoxg | "dwoxy 1 008. | sı5 | 0% | 566 | 006 | SLI | 091 | cl | 001 GL 04 °6 u9puoyagsyowu nz puıs orefduoxrf 910JoM :yorfppwy.1o UoSto.ALT ‘9rwjdwoxoldıT 0G IFeydsjjosen) AOp uoA Ieyao doyny dad Ypragossayef[fdg.IoTA A9p sme wyeaedag any Asoaıd Die „Vierteljahrsschrift * der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich Be — in Kommission bei Beer & Co. ann durch jede Buchhandlung be- zogen werden. Bis jetzt sind Erthienen Jahrgang 1-60 (1856—1916) als - Fortsetzung der in 4 Bänden (1847 —1855) veröffentlichten , „Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Vom 51. Jahrgänge an beträgt - der Preis der Vierteljahrsschrift 3 Fr. jährlich. Altere Jahrgänge sind, soweit noch vorhanden, zu reduzierten Preisen erhältlich. Der + Jahr- Su —F etschit der Natarforschenden Gesellschaft zur Feier He 150 jäh- n Bes — kostet 20 Fr. Er besteht aus der Geschichte der Ge- sellschaft a "Sei iten an 6 Tafeln), aus 35 wissenschaftlichen Abhand- lungen (598 Seiten und 14 Tafeln) und einem en nte (66 Seiten). Die seit 1799 in ununterbrochener Folge von der Gesellschaft herausgegebenen KANN sind ebenfalls durch die Buch- handlung Beer & Co. Seit 1865 sind erschienen: i rrenbildungen. 1913. G. Asper: Wenig bekannte Gesellschaften kleiner Viere 881. R. Billwiller: Kepler als lieformator een nat auf dem Sänt 88. K. Bretscher: Zur Geschichte des Wolfes in der we 1906 Ö. Cramer:- Bau und Wachstum des Eteidchalüiee 1889. A. Escher v.d.Linth und A. Bürkli: Die Wasserverhältnisse der Stadt Zürich und ihrer Umgebung. 1871. A. Forel: : Die Nester der Ameisen. 1893. H. Fritz .Gräffe: Reisen = im Innern der Yet Viti Levu. 1868. u: Grubenmann: Ueber die Rutil- nadeln einschliessenden Bergkrystalle vom Piz Aul im et artwich: pium smittel. 1 ). lleer: Die Pflanzen der Pfahlbauten. 1806. Flachs und Flachskultur. 187: Alb. Heim: | über di wit Berge. 1874. Ueber Er am 11. September 1895 (unter Mitwirkung von L. Du RE F.A.F = ), 1896. Neuseeland. 1905. Der Bau der Schweizeralpen. 908 n. Heim: Über Eisberge. 1911. Auf dem Vulkan Smeru auf ae 1916. Th. He g: Rei RT, aus Ostbolivia. 1910. {. Hescheler: "Sepia offeinalist.. Me meine Tintenfisch. 1902. Der erraltiach. he 909. J. Jäggi: Die hie und der Tribulus_ der e Blutbuche zu Buch am m 1894. C. Keller: Über "arbenschutz in "der Tierwelt. 1879. A. Lang: Geschichte der Mammut- ınde (mit Bericht über den Fund in Nieder ee 8 . Lunge ‚eleuchtung sonst, jetzt und einst. 1900. A. Menzel: Zur Geschichte der iene und ihrer Zucht. 1865. Die Biene. 1869. C. Moeseh: Geologische eschreibung der Umgebungen v von Brugg. 1867. Wohin und warum ziehen unsere Vögel. 1877. Der japanische asesgreerti und der fossile Salamander von ee 1857. J. Pernet: Hermann v. Helm holtz. 1895. A. de Quervain: Aus ar Wolkenweit. 1912: M. Rikli: Kultur und Naturbilder a der spanischen Riviera. 1907. F. Rudio: Zum ee Neujahrsblatt der Naturforschenden Gesellschaft. 1898 E. Schär: Das Zuckerrohr. 18%. H. Schinz: Schweizerische Afrika- Ronnie an der Anteil der Schweiz ” di "Erschliessung und Er- m forschung Afrikas iberhaupt 1904. chlaginhauten: Die wieh- sten fossilen Reste des Nenschengeschlecht, 1914. Sel : Ein zur eich Wasser. 870. Die kün A Fischzucht. Tabelle tons C. Schröter: Die Flora der Eiszeit. 1883. Der Bambus. ehneaikiseh 1897. Die Palmen Fr und Br Bedbuung für die Tropenbewohner. 1901. Leo Wehrli: ; erg zu Chemnitz. 1915. A A.Weilenmann: Über die Luftströ- ei, Indhesgnderd di die Stürme Europas. 1876. Die elektrischen Wellen : und ıre Anwendung zur drahtlosen Strahlentelegraphie na chMarconi 193. Wolf: Joh. Feer, ‚Beitrag. Be Ronflichte der Schweizerkarten. 1873. Zur Beachtung. 2 Die Bücherbestände der Naturforschenden Gesellschaft, die mit dem 1. Januar. in den Besitz und damit auch in die Verwaltung. der Zentralbibliothek über ergegangen Sitzungsberichte von 1916. Protokoll der Sitzung vom 17. Januar 1916, abends 8 Uhr, im Auditorium 4c des Eidg. Physikgebäudes. 1. Das Protokoll der letzten Kine; wird genehmigt unter Verdankung an den Autorreferenten und den Sekre orsitzende begrüsst E RN Vorstand des ostschweize- Eichen Veräkns für Luftschiffahrt und die ee Fliegerabteilung. 3. Als neues Mitglied wird aufgenomme Herr Hermann Bader-Schneebeli, kon Traubenstrasse 5, Zürich 2, empfohlen durch Herrn Prof. Rikli. 4. Einladung der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft. =” Fixierung des Jahres zwischen 1917 und 1920, zu welchem die S.N. G. eingeladen werden soll, ihre Jahresversammlung in Zürich abzuhalten, hat die see dem Vorstande überbunden. In Anbetracht, dass das Intervall cit 1896 schon ein zu langes ist, dass mit Rücksicht auf die Neubauten schon sit 1911 ständig verschoben wird, dass nach bisheriger Erfahrung auch auf 1919 die vollständige reihe des Hauptgebäudes der Eidg. Technischen S. N. G. durch Paul Usteri in Zürich ist, dass sich die Intervalle zu unserer 200jährigen Feier von 1946 besser gestalten, ferner dass nie auf das zukünf- tige Auditorium maximum nicht angewiesen sind, sondern wie das letztemal un Zürich festzuhalten. Der Beschluss wurde dem Zentravorstande di S.N. 6. ent und der Präsident schreibt uns darauf Grand aa le 23 d&cembre 1915. a le Dr. Rübel, secr6taire de la Societe zuricoise des sciences naturelles Zurich. Monsieur et cher Collögue ae Comite central ne s’6tant pas r&uni en dernier lieu je n’ai pas pu Ani. ® communiquer encore la lettre par laquelle vous m’avez inform& de la deeision de la Soeiete zuricoise de maintenir sa Typen de recevoir la Societe hel- IV E. Rübel. le maintien de la r&union de 1917 & Zurich causera au Comite central. Veuillez le dire ä& nos chers Collegues et amis de Zurich et agreer vous-me&me, cher Collögue, l’assurance de mes sentiments les plus affectueusement d&vou6s. Ed. Sarasin, president central. 5. Auftraggemäss hat der Vorstand darüber beraten, ob auch das Neujahrs- blatt den Mitgliedern gratis verabfolgt werden könnte. Ein definitiver Beschluss musste verschoben werden, bis ein Budget nach den neuen Verhältnissen vor- iegt. 6. Bei der redaktionellen Bereinigung der Statuten zeigte sich, dass der Passus über den Vertrag mit der Stadt in den alten Statuten unrichtig lautete und daher nicht übernommen werden kann. Die neuen Verhältnisse haben den Vertrag längst überholt. Vor endgültiger Bereinigung der Statuten muss daher die ae Löschung des Vertrages mit dem Stadtrat vereinbart werden. 7. Vortrag des Herrn Privatdozenten Dr. August Piccard: Die RR der Flugmaschinen. (Mit Experimenten.) Bei jeder Flugmaschine müssen zwei Hauptbedingungen erfüllt sein: 1. Die Hubkraft muss zum mindesten gleich dem Gewichte des Apparates sein; 2. die Stabilität muss derart sein, dass der Apparat entweder von selbst in der richtigen Lage bleibt oder doch vom Führer ohne zu grosse Mühe in derselben erhalten werden kann. Bei den Aeroplanen wird die Hubkraft erzeugt durch die horizontale Bewegung geneigter Flächen. Wir wollen im folgenden zur Vereinfachung annehmen, diese Tragflächen seien Ebenen. Zum gleichen Zweck werden wir absehen von den Wirbeln, welche hinter den Flächen entstehen. Die Hubkraft einer Tragfläche ist nun nicht nur abhängig von ihrer Grösse, dem Anstell- winkel und der Geschwindigkeit, sondern auch noch von ihrem Umriss. Ein längliches Rechteck z. B., dessen lange Seite horizontal ist und normal zur Bewegungsrichtung steht, hat eine grössere Hubkraft als das gleiche Recht- eck, nachdem es in seiner Ebene um 90° gedreht worden ist. Im ersten Falle muss fast alle verdrängte Luft nach unten ausweichen, wodurch eben die Hub- kraft erzeugt wird; im zweiten -Falle aber kann ein bedeutender Teil der Luft nach beiden Seiten abfliessen. (Daher sehen wir längliche Flügel bei Aeroplanen und bei Vögeln.) Wenn ein Rechteck senkrecht zur Bewegungs- richtung steht, so fällt natürlich der Druckmittelpunkt (d. i. der Angriffspunkt der Resultierenden aller Druckkräfte) in den Mittelpunkt des Rechteckes. Wird aber die Fläche geneigt, so verschiebt sich der Druckmittelpunkt nach vornen (Regel von Avanzini) ehe: mit Ventilator und Manometer, sowie mit Ventilator und drehbaren Flächen). Über die Stabilität irgendeines um eine Achse drehbaren Körpers lässt sich folgendes sagen: Damit Gleichgewicht besteht, muss die Summe aller Drehmomente gleich null sein. Damit das Gleichgewicht stabil ist, muss jede kleine Drehung des Körpers ein Drehmoment auslösen, welches den Körper in die Gleichgewichtslage zurückführt. Im andern Fall ist das Gleichgewicht labil oder indifferent. (Beispiel: Pendel, dessen Schwerpunkt unter, über oder am Drehpunkt ist.) Wenn die Bedingung des stabilen Gleich- gewichtes erfüllt ist, so ist damit noch keineswegs erwiesen, dass der Körper in der Gleichgewichtslage verharren wird; denn wir können in bezug auf das zurückführende Drehmoment 3 Fälle unterscheiden: 1) Das Drehmoment ist nur abhängig von der Lage des Körpers; dann beschreibt derselbe um seine Sitzung vom 17. Januar 1916. N Gleichgewichtslage Schwingungen von konstanter Amplitude, da die vom Dreh- moment während einer ganzen Periode geleistete Arbeit gleich null ist (z.B. reibungsloses Pendel). 2. Das Drehmoment ist während zunehmender Elon- gation jeweilen stärker als während abnehmender. Die von ihm in eine ganzen Periode geleistete Arbeit ist dann negativ; die Amplituden nehmen rasch ab, d. h. sie sind gedämpft (Beispiel: Ein Pendel wird durch einen Elektromagneten in die Mittellage gezogen, sobald es dieselbe verlässt. Der Stromkreis enthält einen dünnen Eisendraht, welcher kurz nach jedem Ein- schalten heiss wird und den Strom abnehmen macht. Demonstration). 3. Das Drehmoment ist während zunehmender Elongation jeweilen schwächer als während abnehmender. Die geleistete Arbeit ist positiv und die Amplituden des Pendels nehmen, trotz dem stabilen Gleichgewicht, zu. (Beispiel: An obigem Apparat wird der Eisenwiderstand ersetzt durch einen grossen Elektro- magneten, dessen Selbstinduktion den Strom nur langsam zunehmen lässt. Demonstration der zunehmenden Amplituden.) Ersetzt man den Eisendraht durch einen konstanten Ohm’schen Widerstand, so haben wir den ersten Fall mit konstanten Amplituden An Hand des Gesagten lassen sich nun die Stabilitätsbedingungen von Aeroplanen und motorlosen Gleitfliegern leicht überschen. Der einfachste Fall ist eine ebene Fläche, deren Schwerpunkt in der Mitte liegt. Die Avanzini’sche Regel erklärt, warum die Vertikalstellung ein labiles, die Horizontalstellung ein stabiles Gleichgewicht besitzt. Wegen der ungleichmässigen Fallgeschwin- digkeit (Maximum nach jeder extremen Stellung, Minimum nach jeder Hori- zontalstellung) und wegen ihrer seitlichen Komponenten setzt jedoch das sta- bilisierende Drehmoment verspätet ein; die Amplituden nehmen daher zu, bis dass die Fläche sich überschlägt und als „rotierendes Blatt“ schräg ab- wärts fällt (Demonstration fallender Karten). Die seitliche Stabilität der Aeroplane ist daher nicht gut, wenn dieselben nur eine ebene Tragfläche haben. Eine leichte V-Stellung der beiden Flügel oder aber vertikale Flächen oberhalb des Schwerpunktes (Kastenapparate und Rückenflosse) geben dagegen gute Seitenstabilität, da das richtende Moment sofort einsetzt, haben aber Nachteile bei seitlichen Windstössen. Daher verzichten die modernen Aeroplane auf vollkommene Seitenstabilität und verwenden Schräglagensteuer. Die Längs- stabilität der Aeroplane (Neigung nach vorn und hinten) kann durch verschie- dene Mittel erreicht werden: 1. Jeder einfache Aeroplan ist nach der Avanzi- ni’schen Regel stabil. Aus den erwähnten Gründen aber zeigt er oft zunehmende Amplituden. Solche Modelle überschlagen sich dann leicht, sind also für unbe- mannte Gleitflieger meist unbrauchbar; für. gesteuerte Aeroplane aber werden sie viel angewendet. 2. Ein Aeroplan, welcher vornen eine seitlich ausgedehnte, hinten aber eine in der Bahnrichtung ausgedehnte rechteckige Tragfläche besitzt, ist recht stabil, da die vordere Fläche relativ mehr trägt, sobald der Aeroplan nach vornen neigt. Die Stabilität der gewöhnlichen Ein- decker mit Rumpfverkleidung beruht wohl teilweise auf diesem Prinzip. 3. Eine schwache V-Stellung von Flügel und Schwanzflosse (im Längsschnitt betrachtet) liefert sehr stabile Modelle. Der Wirkungsgrad wird aber dadurch bedeutend verschlechtert. Sie wird daher nur bei Gleitfliegermodellen angewendet. Die Flugbahn ist sehr steil. 4. Wenn der Apparat vorn als Zweidecker, hinten als Eindecker gebaut ist, so entsteht gute Längsstabilität, weil die vor- deren Flächen sich desto weniger stören, je mehr der Apparat nach vornen geneigt ist, dabei also mehr tragen. Die meisten modernen Zweidecker weisen VI E. Rübel. diese Bauart auf. An Hand were kleiner Gleitflugmodelle werden die verschiedenen Formen demons Zum Schlusse sei noch wäh dass die viel angestrebte automatische Steuerung wohl deshalb bis jetzt versagt hat, weil die durch die Schräglage ausgelöste Steuerung immer etwas zu spät einsetzt und zu spät aufhört, so dass der Apparat wohl stabil ist, aber gern mit zunehmender Amplitude um seine normale Lage schwingt, bis dass er sich überschlägt. Erst wenn die Konstrukteure eine Rückführung in den Servomotor der Steuerung ein- n automatischen Steuerungen theoretisch gut sein; eine solche Konstruktion würde aber wahrscheinlich in der Praxis zu kompliziert sein. (Autoreferat.) Die Diskussion wurde von den Herren Prof. de Quervain, Dr. Arnold Heim, Prof. Meissner, Prof. Zermelo und dem Vortragenden benutzt. Der Vorsitzende verdankt aufs beste den Vortrag, der uns in so vortrefflich klarer, anschau- licher Weise in diese interessanten Probleme eingeführt hat. Dem h. Schulrat sei für die Überlassung des Lokales gedankt. Protokoll der Sitzung vom 31. Januar 1916, abends 8 Uhr, auf der Schmidstube. Vorsitzender: Prof. Dr. M. Rikli. Anwesend 140 Personen. Traktanden: 1. Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. 2. Die Gesellschaft hat durch den Tod verloren am 21. Januar 1916 Herrn stud. med. Werner Simon. Die Anwesenden erheben sich zu Khrei des Verstorbenen. 3. Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Nationalrat Julius Guyer-Berchtold, Fabrikant, Uster, empfohlen durch Herrn Dr. Halperin und Herrn Prof. Dr. O. Guyer. Herr Bruno Platter, Assistent der Schweiz. Agr.-Chem. Anstalt. Asylstr. 65, Zürich 7, empfohlen durch Herrn Dr. F. Fritz. 4. Vortrag des Herrn Prof. Dr. Otto Schlaginhaufen: Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. (Mit Lichtbildern.) Die Pygmäenforschung hat vielfach darunter zu leiden gehabt, dass ihren Objekten zum vorneherein eine besondere Stellung zuerkannt und die Unter- suchung der Unbefangenheit beraubt wurde. Auch die Pygmäen sind den Ge- setzen der Variabilität unterworfen, weshalb die Auffindung einzelner Individuen von kleiner Statur nicht zur Aufstellung einer Pygmäenrasse im Gebiet des Fundortes berechtigt und die Konstatierung höher gewachsener Individuen innerhalb einer wirklich kleinwüchsigen Gruppe diese ihrer Pygmäennatur Menschengruppe von durchschnittlich mittlerer oder hoher Statur abzusondern und als Pygmäenelemente zu bezeiehnen. Menschengruppen, die sich mit ihrer Körperlänge etwas über Pygmäengrösse erheben, dürfen nur dann als mit Pygmäen gemischte Rassen aufgefasst werden, wenn die enge der Frequenzkurven oder die Tatsachen der Vererbung dies beleg Diskussion über das Pygmäenproblem dürfen eingeschlossen Heas nicht durch- wegs in die Liste der Pygmäen aufgenommen) werden: die ee der Halb- 2-7 © und kulturellen ie mit einzuschliessen. Sitzung vom 31. Januar 1916. Von insel Kola, des nördlichen Finnland und des schwedisch-norwegischen Grenz- ebiets, die Obongo und verwandte brachykephale Typen des westlichen Mittelafrika, die Pygmäen des Ituri- und Lindibeckens, die Batwa des Zwischenseengebiets, die Babinga des mittleren Ubangi und des Sanga, die Batua vom Tumba- und Leopoldsee, die Buschmänner Südafrikas, die Bewohner der Andamanen, die Semang der Malayischen Halbinsel, die Negrito der Philippinen, die Wedda von Ceylon, die Senoi von Malakka, die Toala von Celebes, die Tapiro-Pygmäen im Quellgebiet des Mimika- flusses in Holländisch-Neuguinea, die Kamaweka am Inawafluss in Britisch- Neuguinea, die Goliathleute im Gebiet des Eilandenflusses in Holländisch- Neuguinea, die ihnen benachbarten Pesechem und Morup, die Eingeborenen des Toricelligebirges, die Kai des Sattelberges bei Finschhafen und vielleicht ein Stamm auf den Neu-Hebriden. Da unter dem Ausdruck der „Pygmäen“ eine Menschengruppe von aussergewöhnlich kleiner Statur verstanden sein will und die häufiger vorkommenden Rassenstaturen mindestens 150 cm messen, eignet sich diese Zahl als obere Grenze der durchschnittlichen Pygmäen- staturen. Als künstliche Grenze ist sie mit dem Grad von Kritik zu handhaben, wie er für die Verwendung aller biologischen Klassengrenzen geboten ist. Alle das Pygmäenproblem betreffenden Ansichten gruppieren sich in zwei . Kategorien. Entweder wird vorausgesetzt, dass die Pygmäen an die Wurzel des Stammes der Menschheit gehören, oder aber man erblickt in den Pygmäen sekundäre Formen, welche ihre Kleinheit der Einwirkung be- sonderer Einflüsse verdanken. Zur ersteren Auffassung bekennt sich die Pygmäentheorie von Kollmann und P. W. Schmidt’s Theorie von der Einheit- lichkeit aller Pygmäen. Gegen Kollmann’s Auffassung spricht erstens die Tat- sache, dass die ältesten Menschenreste von mittlerer und höherer Statur sind und dass kleine Individuen (ob auch Rassen ist ganz unsicher) erst im jüngeren Palaeolithikum und namentlich im Neolithikum auftreten, zweitens der Umstand, dass alle Pygmäen mit wohlgewölbten Schädelkapseln ausgestattet sind und nicht den Typus des mit niedrigem Schädeldach und fliehender Stirn ver- sehenen Kopfskelettes besitzen. Der letztere Einwand wird auch durch den ontogenetischen Befund nicht entkräftet, dass sich die Schädelformen von Menschen und Affen im kindlichen Stadium näher stehen als im erwachsenen bare kainogenetische Verschiebungen in Betracht. Ein Vergleich einiger weniger Merkmale schon ergibt, dass die Pygmäen keine morphologische Einheit bilden. Nimmt man an, dass die Pygmäen unter der Einwirkung der Umwelt im eitesten Sinn entstanden seien, so kann man sich vorstellen, dass die Einflüsse die Individuen direkt treffen und sie selbst unmittelbar oder die Nachkommen mittelbar umformen. Es kann sich aber auch diese Beeinflussung durch das Mittel der Selektion geltend machen. Das Beispiel der Collignon’schen Feststellungen an der Bevölkerung von Limousin zeigt, dass zwar mit dem ersteren Fall zu rechnen ist, doch fehlt es an zuverlässigem Material, das die Anwendung dieser Auffassung auf die Pygmäen zulassen würde. Mehr Wahr- scheinlichkeit hat die Annahme für sich, dass die Pygmäenrasse das Ergebnis eines Selektionsprozesses seien, der unter der Einwirkung irgendwelcher äusserer Faktoren vor sich ging. Dabei ist der Begriff‘ der Umwelteinflüsse möglichst weit zu fassen und namentlich auch die grosse Zahl der m. Mit dieser Ansicht verträgt VII E. Rübel. sich die allgemein gemachte Beobachtung gut, dass die Pygmäen gesunde, kräftige und in keiner Weise verkümmerte Menschenschläge darstellen. (Autoreferat.) Der Vorsitzende verdankt aufs beste den interessanten Vortrag, der eine gute Übersicht über diese verwickelten Fragen bietet. An der Diskussion beteiligten sich die Herren Prof. Rikli, Dr. Piecard, I. Friedländer, Dr. Halperin, Prof. Heim, Prof. Hescheler und der Vortragende. Protokoll der Sitzung vom 14. Februar 1916, abends 8 Uhr, auf der Schmidstube. Vorsitzender: Prof. Dr. M. Rikli. Anwesend 103 Personen. aktanden: 1. Das Protokoll der lezten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. . Soeben ist die Nachricht eingegangen von dem Tode unseres ältesten Ehrenmitgliedes Herrn Dr. Richard Dedekind, Professor der Mathematik an der Technischen Hochschule Braunschweig, Mitglied unserer Gesellschaft seit 1858, Ehrenmitglied seit 1896. Ferner ist uns erst jetzt bekannt geworden, dass Herr Dr. Karl Grün, ah Mitglied seit 1910, am 1. August 1915 an der deutschen Westfront gefallen Die Geilcieh erhebt sich zu Ehren al von ihren Sitzen, 3. Als neue Mitglieder werden aufgenom Herr Dr. Alfred Knabenhans, Ethnologe, Be 225, Zollikon, empfohlen durch Herrn Dr. Gogarten, Herr Sek.-Lehrer Friedrich Rutishauser, Winterthurerstrasse 58, Zürich 6. empfohlen durch Herrn Höhn-Ochsner, Herr Karl Theiler, Sprecherstrasse 6, Zürich 7, empfohlen durch Herrn Prof. Schlaginhaufen, Herr Dr. med. Hanns von Meyenburg, I. Assistent am pathol. Institut, empfohlen durch Herrn Prof. Busse. 4. Der Zentralvorstand der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft teilt uns mit, dass die diesjährige Jahresversammlung der S. N. G. voraussicht- lich Ende August oder Anfang September in Schuls-Tarasp stattfinden wird. 5. Der Vorsitzende begrüsst die Herren Stadträte Kern und Klöti und eine Reihe höherer Beamten des Gesundheitswesens, des Bauwesens und der Wasserversorgung, die uns die Ehre ihres Besuches machen infolge der Wichtig- keit des Vortragsthemas für diese Gebiete. 6. Vortrag des Herrn Privatdozenten Dr. Werner Fehlmann: Die Selbstreinigung des Wassers und die biologische Reini- gung städtischer Abwässer 5 Die Selbstreinigung des Wassers, nach der landläufigen populären Ansicht durch die Bewegung des Wassers hervorgerufen, gründet sich nach wissen- schaftlichen Untersuchungsresultaten auf andere Faktoren, auf Verdünnung (Letheby 1869), Verdünnung und Sedimentierung (2. Rivers Pollution Commission), Licht, Temperatur, Bewegung des Wassers, Zutritt des Sauer- stoffes, Tätigkeit lebender Zellen, Länge des Flusslaufes, ren (Weyl 1397). Dabei wird unterschieden: y Sitzung vom 14. Februar 1916. IX eigentliche Selbstreinigung, d. h. absolute Entfernung der Schmutz- “ uneigentliche Selbstreinigung, d. h. relative Entfernung der Schmutz- Die Faktoren der uneigentlichen Selbstreinigung sind wohl in gewisser Hinsicht wesentlich, insbesondere für Keimzahlenverminderung (Beispiel: See- wasser), sie erklären aber zweifellos nicht alle Symptome der. Selbstreinigung. ie Komponenten der eigentlichen Selbstreinigung sind erst in jüngerer Zeit richtig erkannt worden. (Kolkwitz, Marsson, Hofer, Thienemann, Lauterborn u.a.) Dabei hat sich auch die frühere Ansicht der bakterio- logischen Schule (Pettenkofer, Prausnitz u.a.), wonach den Bakterien der Hauptanteil bei der Selbstreinigung zufällt, als A Baar erwiesen. Die Bakterientätigkeit ist nicht änsschlagwebender Faktor, wie z.B. durch die Isaruntersuchung von Hofer, Siegl und Graf, die ee von Lauterborn und Forster und die Arbeit über die Limmat von Thomann bewiesen wird. Keimzahlen sind demnach nicht mehr ausschliesslich als Index für die Selbstreinigung anzusehen, und sie können auch nicht mehr als ein- wandfreier Masstab für vorhandene chemische Verunreinigung gelten, weil eben Keimverminderung und Abnahme der Verschmutzung nicht immer parallel gehen Na ch der neuen Theorie handelt es sich bei der Mehrzahl der von Weyl biologische zu betrachten, d.h. die Tätigkeit der Tiere und Pflanzen. Nac dieser Ansicht ist Selbstreinigung keine Mineralisierung, oder eine Transformation der toten organischen Substanz in lebende, durch ungezählte aufeinanderfolgende Inkarnationen von Pflanze zu Tier und von Tier zu Tier; sie ist eine progressive und regressive Metamorphose der eig Substanz, bewirkt durch ständiges Assimilieren, Fressen und Gefressenwerde Daraus resultiert, dass die Selbstreinigung sich am kein vollzieht, wo das Wasser mit der grössten Anzahl von Tieren und Pflanzen in Berührung e g steht, ewässer, mit ausgedehnter makrophytischer Vegetation. Demnach ist die Einleitung der Kanalisation ins Fliesswasser und in tiefe Seen unrichtig, ins- besondere, wenn die Uferzone durch Auffüllung und Korrektion zerstört ist, Schwere hygienische Nachteile sind neben einer weitgehenden Schädigung des Fischbestandes vielfach die F ner Harp? Arsen ir ee ur Gleichzeitig mit dieser auf biologis n Selbstreinigungs- theorie wurde auch erkannt, dass die nah der Wasserorganismen ver- schiedene Beziehungen zeigt zum Chemismus des Wassers, dass z. B. ver- schieden hoher Kochsalzgehalt gewisse Tiere fördert, andere dagegen er teilig. Derartige durch verschieden hohe Konzentration besonders be- güns stigte „Leitorganismen“ sind in grosser Zahl auch für organische Be festgestellt worden (z. B. „Schmutzfink* erster Ordnung: Tubifex, Rein- wassertier: Planaria alpina.) Zur Klassifizierung dieser Organismen dient das Kolkwitz-Marsson’sche Saprobiensystem. Die praktische Anwen- dung dieser Erkenntnis ist die biologische Analyse. Sie ermöglicht eine ' Beurteilung der chemischen Zusammensetzung eines Wassers auf Grund seiner Flora und Fauna, und ist in manchen Fällen der chemischen und der bak- ge Begutachtung en % E. Rübel. Die biologischen Abwasserreinigungsverfahren basieren alle auf der Tätig- keit der Organismenwelt. Bei den künstlichen biologischen Methoden (Füll- Fra be die besten andern Methoden, schafft aber, statt nur zu zerstören, pro ha einen Jahresertrag von 800 bis 1000 Fr., dadurch, dass man, entsprechend den Ver- hältnissen in’der Natur, die in den Teichen infolge des Selbstreinigungsprozesses entstehenden Mengen von Wasserorganismen durch Fische ausfressen lässt, Berechtigte hygienische Bedenken gegen die Verwendung solcher Fische be- stehen ebensowenig wie Nachteile in Aussehen oder Geschmack. Dieses Hofer’sche Fischteichverfahren ist für die Praxis von grosser Bedeutung, weil es mit Recht heute als rationellste Ra ee bezeichnet. werden darf; für die Wissenschaft liefert es im Grossen den Beweis, dass die ihm zugrunde liegende moderne Auffassung von der Sebstreinigung als einem (Au yarmlogend biologischen Prozess die richtige ist. referat.) Der Vörsitzende verdankt aufs beste die interessanten a und eröffnet die Diskussion. Herr Prof. Dr. Otto Roth hebt die unverminderte Wichtigkeit der bakteriologischen eine hervor. Über eine n erkt er, dass das Wasser doch schon stark verdünnt sei, dass die Behlamınbeilstigung eine vorgelagerte Siebtrommel bedinge und dass ein äusserliches Anhaften schäd- licher Bakterien an den Fischen immerhin noch denkbar sei. Es müssten darum erst genaue Untersuchungen in dieser Richtung angestellt werden, {wenn man an eine Einführung der Klärteiche bei uns dächte. Herr Prof. Dr. Max Düggeli teilt als Beispiel für die biologische Selbst- reinigung mit, dass der von ihm bakteriologisch untersuchte Leutschenbach in Örlikon, der sanft durch die Rieder floss, auf ganz kurzer Strecke sich reinigte, jetzt infolge von Kanalisation allerdings nicht mehr. Er schliesst sich dem Vortragenden an, dass die Sonne nicht viel ausrichten kann. Die Spaltpilze wissen sich davor zu schützen, indem sie die Unterseite der ee iss ob das asser, in welchem Bacterium coli commune gefunden worden ii; als cefaketich für Kropfinfektion zu betrachten ist. Herr Prof. Dr. Silberschmidt teilt mit, dass nicht alle Faktoren, die zur Kropfbildung führen, genügend bekannt sind, um diese Frage bestimmt zu beantworten. Eine gewisse Verunreinigung des Wassers kann prädisponierend für Kropf sein. Er wünscht, dass den nicht überall guten Wasserverhältnissen in kleineren Ortschaften des Kantons Zürich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werde. Herr Prof. Dr. Heim teilt mit, dass der Grund, dass in Genf Coli-Bakterien im Wasser gefunden wurden, hingegen nie in Zürich, darin liege, dass in Genf das Seewasser unfiltriert benützt wird, in Zürich hingegen eine intensive reinigende Filtration durchmacht. Herr Dr. Fehlmann betont, dass er unter verunreinigtem Wasser nicht erst ein fäulnisfähiges verstehe, sondern es schon viel früher verunreinigt nenne, wenn es im biologischen Gleichgewicht eines Gewässers Änderungen hervorruft. Flora und Fauna reagieren mit enormer Schärfe in Fällen, wo chemisch noch nichts festzustellen ist. ä Gi Se ea ae Exkursion vom 19. Februar 1916, XL Protokoll der Exkursion zur Besichtigung der Limmatvernnreinigung durch Stadt und Gaswerk von Zürich und deren Wirkung auf Flora und Fauna der Limmat unter Leitung von Herrn Privatdozent Dr. Werner Fehlmann Samstag, 19. Februar 1916, nachmittags 1°° ab Zürich nach Schlieren Vorsitzender i. V.: Dr. E. Rübel. Anwesend 24 Personen. Sowohl die städtischen Abwässer als auch die Gaswerk-Abwässer fliessen Bere seitig in die Limmat. Eine Mischung des Wassers tritt nur schr langsam ‚ die beiden Ufer zeigen daher eine ganz verschiedene Flora und Fauna. Obörh alb des Gaswerkes im stark verschmutzten Wasser finden sich der Ab- wasserwurm Tubifex und der Limnodrillus nebst einer Reihe Infusorien. Es ist eine polysaprobe Zone (mit viel Fäulnisstoffen). Unterhalb des Gaswerkes ande Limmatufer zeigt nur Een Verunreinigung, was durch die A proben“ angezeigt wird, z.B. die Napfschnecke Ancylus, vereinzelt e Flagellate Ei eine Rotalge Bangia ae eg und unsere einzige Floridee Batrachospermum moniliforme. An einer Quelle in Ober-Engstringen u wir die Anzeiger für reines Wasser, den Flohkrebs Gomarus pulex u.a. Vollständig rein ist die Quelle nicht, denn es fehlen die Zeiger des reinsten Wassers Planaria alpina (für kaltes Wasser) und Planaria monocephala (für wärmeres Wasser). Im s stagnierenden Altwasser konnten wir den Übergang vom verschmutzten Wasser zum reinen Wasser innerhalb weniger Meter beobachten, indem dort die „schmutzige“ OsciHaloria vorkam, hier die „reine* Spirogyra. Die biologische Analyse liefert nicht Zahlenwerte, aber Durchschnittswerte für eine Verunreinigung, und zwar ist sie auch wirksam, wenn der Chemiker nichts mehr ausrichten kann, z. B. wenn das schmutzende Abwasser abgestellt ist oder eine Quelle infolge guten Wetters momentan sauber fliesst; auch Herr Prof. Schellenberg machte darauf aufmerksam, dass die Über- schwemmungszone des linken Ufers, wo sie am stärksten gedüngt wird durch die schmutzigen Abwässer dicht mit dem Rohrglanzgras Phalaris arundinacea bestanden ed während auf dem saubereren rechten Ufer sich gar keines findet. er . Hug demonstriert die Geologie der Umgebung. Wir stehen auf dem Ki esfeld, das zum Rückzugsstadium der Moränen von Zürich der letzten Eiszeit gehört. Unter uns findet sich Kies bis zu einer Tiefe von 0 m, ganz von Grundwasser durchdrungen, einer bedeutenden unterirdischen Limmat. Um uns sehen wir den Moränenzug des Stadiums Sc ng ie drei grossen Stadien der Moränen von Killwangen, von Schlieren und von Zürich sind alle zeitlich vor A bekannte Bühlstadium zu setzen, weiches erst mit dem Hurdener zusamm | Im Kloster Fahr Be eheirlerle Herr Dr. Fehlmann und Herr Gams unter den Mikroskopen all die gefundenen und auch heute gerade Fra ge- fundenen Objekte. Leider war die Limmat seit letzten Samstag um 30 cm ge- stiegen und die Zone der bestbewachsenen Steine war nicht mehr zu erreichen gewesen. XI M. Baumann. Die trotz Sturm und Regen wohlgelungene Exkursion endigte im Kloster Fahr, nachdem man von Schlieren linksseitig limmataufwärts gegangen war bis oberhalb des Gaswerkes, darauf rechtsseitig noch weiter bis Ober-Engstringen. hülfe durch Mitbringen und Aufstellen seiner Zentrifuge und einer Masse Prä- parate von früher hier gesammelten Pflanzen und Tieren Bericht des Quästors über die Rechnung der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich as Jahr 1915. A. Betriebsrechnung,. Einnahmen: Mitgliederbeiträge Neujahrsblätter . Vierteljahrsschriften F desthen ee vo Behörden und Gesellschaften Zinsen . R se « Diverse en, a Be Ausgaben: Bücher ’ 5 : : uchbinder Neujahr sblatt Vi erteljahrsschrift ataloge Miete, Heizung und Beleuchtung Besoldungen Verwaltung Diverse Abschluss. Total der Einnahmen ; ; ; ’ . Fr. 15,454. 88 Total der Ausgaben . 5 54 Rückschlag der Bekiihirschiieng Fr. 1,745.96 B. Kapitalrechnung. Einnahmen. Saldo letzter Rechnung . 2 : i . Fr. 9,309. 82 ; u. 559.80 Übertrag von Stammgutrechnung „3471.80 Schenkungen und Legate Ser ei Fr. 16,341.42 Au ; Übertrag auf Betrichsrechnung isn) . Fr. 4,031. 60 Saldo der Betriebsrechnung . 1,745. 96 n Fr. 5,772.56.: Bericht des Quästors. XIH een Total der Einnahmen h ; ü . Fr. 16,341.42 Total der Ausgaben . 5,117.56 Saldo re Kastielreiinuhe Fr. 10,563. 86 Saldo der Kapitalrechnung am 31. Dez. 1914 Fr. 9,309. 82 Saldo der Kapitalrechnung am 31. Dez. 1915 ,„ 10,568. 10,563. 86 ‘Vorschlag der Kapitalrechnung Er 1.254. 04 C. Stammgutrechnung., innahmen. Saldo letzter Rechnung . . . . ... Fr. 70,000. — Zinsen , i ö N i ® „3471.80 Fr. 73,471. 80 ji Ausgaben. ‘ Übertrag auf Kapitalrechnung i \ . Fr. 3,471.80 Abschluss. Total der Einnahmen i s BE . Fr. 73,471.80 Total der Ausgaben . ? 7. WE en der heraus Fr. 70,000. — Vermögen der Gesellschaft. 1. Anlagen und Baarschaft. Saldo der Stammgutrechnung (unantastbar) . Fr. 70,000. — Saldo der Kapitalrechnung (disponibel) 7: 404968: 86 Fr. 80,563. 86 2. Erratische Blöcke. a. Erratischer Block, Speerfindling, in Ringwil-Hinwil, erworben um Fr. 29.— laut Kaufbrief vom 5. Juni 1872. b. Erratischer Block, Sernifit, Rötelstein genannt, beim Hof Rotenfluh in Ober-Embrach, erworben um Fr. 36.— laut Auszug aus dem Grundprotokoll Embrach, Notariat Kloten 22. Juni 1869 und Abtretungsvertrag vom 29. Dez. 1883. 6 Erratischer Block, Alpenschiefer, in Wald, erworben um Er. 20.— laut Kaufbrief Notariat Wald, den 10. Oktober 1872. d. Erratischer Block in der Wolfsgrube Wald, erworben laut eye urkunde vom 3. Juli 1869, Notariat Wald. 3. Druckschriften. Verschiedene Druckschriften in 36,618 Exemplaren, laut detailliertem Verzeichnis beim Herrn Druckschriftenverwalter der Gesellschaft. 4. Bibliothek. Die Bibliothek d der Gesellschaft ist bei der Schweizer. Mubliferrersicherungs- gesellschaft in Bern versichert gegen Brand mit Fr. 224,000.— Die Bibliothek ging mit 1. Januar 1916 schenkungsweise in den Besitz der Zentralbibliothek ' Zürich über, laut Schenkungsvertrag vom 21./31. Mai 1915. Auch in der Rechnung der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich zeigen sich die Wirkungen des europäischen Krieges in verschiedenen Hinsichten. Infolge Einberufung von Mitgliedern ins Feld sind uns eine grössere Anzahl Jahresbeiträge nicht eingegangen und wie gross die Lücken noch sein werden, die der mörderische Krieg in unsern Mitgliederbestand noch reissen wird, ist XIV M. Baumann. nicht abzusehen. Dank eifriger Werbetätigkeit, die auch an dieser Stelle aufs Beste verdankt sei, ist die Einnahme aus Mitgliederbeiträgen gegenüber dem Budget nur um Fr. .— weniger geworden. Mit verschiedenen andern kleineren Posten zusammen ergibt sich = dem Budget eine Minder- einnahme von Fr. 345. 12. In den Ausgaben ergibt sich für Bücheranschaffungen gegenüber dem Budget eine Minderausgabe von Fr. 1,463.27, indem verschiedene Publikationen ihr Erscheinen vorübergehend eingestellt haben. Durch verschiedene grössere oder kleinere Budgetüberschreitungen, an denen beinahe alle Konti beteiligt sind, reduziert sich die effektive Minderausgabe gegenüber dem Budget auf Fr. 299.16, sodass der Rückschlag der Betriebsrechnung, der auf Kapital- rechnung übertragen wurde, sich auf Fr. 1745.96 beläuft, gegenüber veran- schlagten Fr. 1,700. —. Zur Kapitalrechnung ist zu bemerken, dass diese eigentlich einen Rück- schlag im Betrage desjenigen der Betriebsrechnung ergeben müsste. Dank einer Zuwendung von Fr. 3,000. — von den Hinterlassenen eines verstorbenen Mitgliedes und von einem derselben zusammen, verwandelt sich dieser Rück- schlag in einen Vorschlag von 1,254.04. Die Schenkung sei auch an dieser Stelle aufs herzlichste und wärmste verdankt. Die Stammgutrechnung ist mit Fr. 70,000.— Kapital statutengemäss gleich geblieben. Sämtliche Wertschriften der Gesellschaft sind mit ihrem Nominalwert in Rechnung geste a Budget für das Jahr 1916. Einnahmen: = Mitgliederbeiträge . ; ; h 5 . Fr. 7,000. — Neujahrsblätter te Pe a! 350. — i nr sschriften r 150. — Geschen ee: Da ee Beige. von Behörden und Gesellschaften ii} | 8 Zin „ 4,000. — Fr. 14,200. — Rückschlag i Be f ; , Br 800. — Fr. 15,000. — Ausgaben: Neujahrsblatt Druck i . Fr. 1,400. — Spedition und Spesen ee 5, 150.— Fr. 1,550.— Vierteljahrsschrift wissenschaftlicher Teil . . Fr. 9,000. — ; i Er ; re 800. — Spediti : ; : Pe, 400.— „ 10,200.— Miete ; r - > ; ; j 2 150. - - Personalaus sga aben i a en er ” N. — Verwaltung Bureaumateri: al j . Fr. 150.— ; Drucksachen und Ins sera = 150. — 5 erg ner wer® Protokolle % 350. — 5 Porti und 7 200. — Bares ; Verschiedene ae ,.. Diverses . i 5 ‚ a, : ET N se 0. — Fr. 15,000. — Zürich, den 3. April 1916. Der Quästor: Dr. M. Baumann-Naef. EEE 0 A, 7 Be Bericht des Sekretärs. XV Bericht des Sekretärs über die wissenschaftliche Tätigkeit und den Bestand der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1915/16. Es wurden im Berichtsjahre 10 Sitzungen abgehalten. Die Teilnahme war eine sehr rege. Im Durchschnitt waren die Sitzungen von 103 Personen besucht. Vorträge: 1. Dr. Konrad Bretscher: Der Frühjahrszug der Vögel im schweizerischen Mittelland und sein Zusammenhang mit den Witterungsverhältnissen . a. Prof. Dr. Albert Heim: Aus der Geologie des Juragebirges. . Dr. Fritz Sarasin: Die steinzeitlichen Stationen des Birstales zwischen Del&emont und Basel. Mit Lichtbildern. Statutenrevision. — Prof. Dr. Martin Rikli: Zur Kenntnis der Flora der Insel Kreta. Mit Lichtbildern. Dr. Arthur Tröndle: Die Wirkung der Schwerkraft auf die Pflanze. Dr. August Piccard: Die Stabilität der Flugmaschinen. Mit Experimenten. Prof. Dr. Otto Schlaginhaufen: Pygmäenrassen und Pygmäenfrage. Mit Lichtbildern. 8. Dr. Werner Fehlmann: Die er des Wassers und die biolo- gische Reinigung städtischer Abwä Prof. Dr. Karl Henschen: Die frei eie ae Überpflanzung von Geweben, Organteilen und Organen. Mit Lichtbildern. . Prof. Dr. Hans C. Schellenberg: Die Vererbungsverhältnisse von Rassen mit gestreiften Blüten und Früchten. Mit Demonstrationen. Bm Bi Fern oO Exkursionen: 1. Besichtigung der Limmatverunreinigung durch Stadt und Gaswerk Zürich und deren Wirkung auf Flora und Fauna der Limmat. Unter Leitung von Dr. Werner Fehlmann . Lägernexkursion. Wiewohl diesem Gesellschaftsjahr angehörend kann erst nächstes Jahr darüber berichtet werden, da sie nach der Hauptversammlung stattfinden wird. DD Vorstandssitzungen: Der Vorstand hatte dies Jahr sehr viel zu erledigen. Es geschah dies in 8 Sitzungen, die meist bis Mitternacht dauerten. Von ausserordentlichen Geschäften war es hauptsächlich die Übergabe unserer Bibliothek an die Zentralbibliothek und deren Folgen, wie die Erneuerung unseres Vertrages mit der Stadt, Verfügungen über die Archivverwaltung, die Verwaltung der Druckschriften, das neue Anstellungsverhältnis des Abwarts usw., was eine eingehende Behandlung erforderte. Insbesondere wurde eine Totalrevision der Statuten vorgenommen; sie war nötig sowohl in Bezug auf die Bibliotheküber- gabe, als auch in vielen andern Beziehungen, die eine Anpassung an die jetzigen Verhältnisse erforderten. Ferner wurde die Vierteljahrsschrift so ausgestaltet, dass sie den Mitgliedern noch mehr zu bieten vermag und überhaupt ihren Wert noch erhöht. Vierteljahrsschrift: Der 60. Jahrgang (1915) der Vierteljahrsschrift umfasst 649 und LXX VII ' Seiten. Im ersten Teil finden sich 10 Abhandlungen von denen 2 der Botanik XVI H. Schinz. (von 4 Verfassern), 3 der Zoologie, 3 der Geologie, 1 der Mathematik und 1 der Biographie (von 5 Verfassern) angehören. Im zweiten Teile folgen die Sitzungsberichte mit den Autoreferaten der Vorträge, der Bibliothekbericht, das Mitgliederverzeichnis, sowie das Inhaltsverzeichnis der Bände 51—60 (1906—1915) der Vierteljahrsschrift. Neujahrsblatt: Das Neujahrsblatt auf das Jahr 1916, 118. Stück, ist von Herrn Dr. Arnold Heim geschrieben und trägt den Titel: „Auf dem Vulkan Smeru auf Java‘. Es enthält 15 Seiten und 10 photographische Originalaufnahmen des Verfassers auf 6 Lichtdrucktafeln. Mitgliederbestand: Im Laufe des Jahres sind folgende Mitglieder gestorben: 10.5.1915. stud. phil. Geogr. Otto Staedtner, gefallen in Flandern. . 5» 15. Prof. Dr. Fritz Mühlberg, Geologe in Aarau. 8. 7.15. Dr. med. J. J. Suter. 31. 8.15. Dr. Karl Grün, Botaniker, gefallen an der deutschen Westfront. 4. 10. 14. P. Emil Huber-Werdmüller 14. 11. 15. ‚Stadtrat Dr. Erismann. Fabrikant Johann Beglinger, Winterthur. = 1.1916. stud. med. Werner Simon 16. Prof. Dr. Rich. Dedekind, Math, Brannschweis, Eiressnelleß: Tuer sind 12 Mitglieder. Neuaufgenommen wurden seit dem letzten Bericht 28 Mitglieder. Zu Ehrenmitgliedern wurden in der letzten Hauptversammlung ernannt: Dr. Fritz Sarasin, Basel. Dr. Paul Sarasin, Basel. Prof. Dr. Hans Schinz. rof. Dr. Alexander Tschirch. Am 31. Dezember 1915 zählte die Gesellschaft 457 Mitglieder, wovon 16 Ehrenmitglieder, 4 Korrespondierende Mitglieder, 415 Ordentliche Mitglieder 22 Freie ausländische Mitglieder. Zürich, 1. Mai 1916. Der Sekretär: Dr. E. Rübel-Blass. Bibliothekbericht. Die Zahl der Entleiher beziffert sich 1915 auf 112 mit 1542 Werken (1914: 126 Entleiher mit 1164 Werken). Der Leihverkehr scheint, wenn auf diese Zahlen abgestellt wird, ein unbedeutender gewesen zu sein, doch muss hiebei in Betracht gezogen werden, dass die verschiedenen in einer Reihe von Hoch- schulinstituten aufgestellten Serien in den obgenannten Ziffern nicht mitinbe- griffen sind und dass es gerade diese Serien sind, die naturgemäss vou den Interessenten am häufigsten benützt und entliehen werden. worden, Anzahlder Tauschgesellschaften: a) Schweiz 42; b) Deutschland 110; c) Österreich-Ungarn 45; d) Holland, Luxemburg 14; e) Dänemark, Schweden, Norwegen 22; f) Frankreich 41; g) Belgien 10; h) Grossbritannien und Irland 35; i) Italien 31; k) Spanien, Portugal 8; 1) Russland, Rumänien 0 Der „Lesesaal“ ist durchschnittlich von 11 Personen pro Tag besucht a Bibliothekbericht von 1915. XVu m) Amerika 109; n) übrige Länder 35. Im ganzen tauscht demnach unsere Gesellschaft REN mit 527 andern Gesellschaften ihre Druckschriften aus (1914: 524). Neu hinzugekommen sind: 1. Memoirs of the College of Science, Kyoto (Japan); 2. Mitteilungen aus der medizin. Fakultät der K. Universität Kyushu, Fukuota (Japan); 3. Proceedings of the National Academy of Sciences, Washington-Baltimore. ‚ingegangen sind keine Tauschverbindungen. Zum Tauschverkehr ist zu bemerken, dass aus einzelnen der mit uns tauschenden kriegführenden Ländern teils gar keine (Belgien), teils nur ver- einzelte (Russland, Ungarn) Periodica eingetroffen sind; im Grossen und Ganzen kann aber gesagt werden, dass der Einfluss der Kriegswirren die Veröffentlichung und den Austausch der wissenschaftlichen Periodica nicht in dem Masse beeinträchtigt hat, wie vielleicht da und dort nach Kriegsausbruch befürchtet worden ist. Zahl der angeschafften Periodica: a) Akademien, Allgemeines 30; b) Astronomie, Meteorologie 3; c) Botanik 14; d) Geographie, Ethnographie 8; e) Geologie, Petrographie, Mineralogie, Palaeontologie 17; f) Mathematik 13; 8) en Chemie 12; h) Zoologie 14. Zusammen 111 (wie 1914). Geschenken sind eingegangen: 11 Zeitschriften-Bände, 77 Einzel- 2er 23 Broschüren und 12 Karten, zusammen 123 Stück. i ie im Herbst vorgenommene Revision ergab ein günstiges Resultat, indem keine Abgänge zu konstatieren waren. Von den „Gemeinsamen Zuwachsverzeichnissen der Bibliotheken in Zürich“ sind im Berichtsjahre erschienen: Jahrgang XVII, (1914), Heft 4, XIX (1915), Heft 1 und 2 Die Mappenzirkulation gibt zu keinen Bemerkungen Anlass. Durch ein jeder Mappe beigelegtes Zirkular wurden die Partizipanten des Lesezirkels angelegentlichst eingeladen, für genaue Einhaltung der Lesefrist von einer Woche und für regelmässige Weitersendung der Mappen im Interesse der: Gesamtheit besorgt zu sein, was zur Folge hatte, dass der Verkehr sich ohne nennenswerte Störungen abwickelte; letzteres war auch der Fall mit der Museums-Lesegesellschaft. Da die Bibliothek der Naturforschenden Gesellschaft gemäss Schenkungsvertrag auf den 1. Januar 1916 an die zürcherische Zentral- bibliothek übergeht, wird diese Berichterstattung in Zukunft in Wegfall kommen, gleicherweise die Mappenzirkulation, und es erübrigt dem gegen- wärtigen Bibliothekar nur noch, indem er von einer ihm lieb gewordenen Be- tätigung Abschied nimmt, einen letzten Rückblick auf die ihm anvertraut ge- wesene Bibliothek zu werfen. Er kann sich hierin kurz fassen, hat doch sein Vorgänger im Amte eines Redaktors der Druckschriften unserer Gesellschaft, ristoph Salomon Schinz, Hans Heinrich Schinz, Fair Jakob Horner, Leonhard Usteri, Johann Friedrich Graberg, Hans Conrad ae Carl Ot Johann Heinrich Waser, Hans Schinz, ich Lavater, : : = Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. | 1 XVoI Hans Schinz. und zwar haben hievon drei, Christoph Salomon Schinz, Johann Jakob Horner und Hans Schinz zusammen nicht weniger als 112 Jahre lang die Bibliothek verwaltet! Ihre Aufgabe war eine doppelte: sie hatten für die Mehrung des Bücherbestandes durch Ankauf und die Erweiterung des Tauschverkehrs besorgt zu sein. Je länger je mehr ist der Tauschverkehr zur Hauptaufgabe geworden. Trat der gegenwärtige Berichterstatter bei seinem Amtsantritt einen Tauschverkehr mit 258 Gesellschaften an, so kann er nun mit Abschluss seiner Amtstätigkeit der Zentralbibliothek einen solchen mit 527 Gesellschaften übergeben. Selbstredend hat die rasch anwachsende Zahl der Tauschobjekte ein ebenso rasches Anwachsen der Unkosten, d.h. der Ausgaben für Bücher- einbände im Gefolge gehabt und dies, in Verbindung mit der Notwendigkeit, bestimmte Periodica und kostspielige Lieferungswerke kaufweise erwerben und fortführen zu müssen, hat es mit sich gebracht, dass die Mittel zur An- schaffung neuer Werke von Jahr zu Jahr beschränkter geworden sind, so dass sich schliesslich der Bibliothekar gezwungen gesehen hat, von solchen voll- ständig abzusehen und seine Tatigkeit so gut wie ausschliesslich auf den Ausbau des Tauschverkehrs zu beschränken. Es ist dies ja gewiss bedauerlich gewesen, aber es darf doch auch darauf hingewiesen werden, dass inzwischen andere zürcherische oder in Zürich stehende Bibliotheken wirksam in die Lücke getreten sind, wir erinnern nur an die Bibliothek der eidg. technischen Hoch- schule, an die Bibliothek des Kunstgewerbemuseums, die Bibliothek des Lese- museums, die Universitäts- oder Kantonsbibliothek und eine Reihe weiterer kleinerer Bibliotheken, über deren Bestand wie Geschichte die von Rektor Professor Dr. Wilh. von Wyss verfasste Festgabe auf den 1. Ferienkurs für schweizerische Mittelschullehrer, Zürich 1911 (Zürichs Bibliotheken), trefflichen Aufschluss erteilt. Der Tauschverkehr unserer Gesellschaft hat aber ander- seits unserm Staatshaushalt im Laufe der Jahre bedeutende Mittel erspart, ja wir dürfen ruhig behaupten, dass an einer Reihe kantonaler Universitäts- institute eine erspriessliche wissenschaftliche Arbeit schlechterdings unmöglich gewesen wäre, wenn nicht die Naturforschende Gesellschaft diesen das hie- für unbedingt notwendige Rüstzeug in Gestalt der wissenschaftlichen Periodica in liberalster Weise zur Verfügung gestellt hätte. Dass unser Tauschverkehr diese Ausdehnung gewinnen konnte, das ist zu einem guten Teil das Verdienst der Vierteljahrsschrift und der abtretende Bibliothekar möchte es daher auch nicht unterlassen, den ihm vorangegangenen Redaktoren unserer Druckschriften den verdienten Dank der Bibliothek abzustatten, vorab Prof. Dr. F. Rudio, der es verstanden hat, die Vierteljahrsschrift durch Ausstattung und Inhalt so zu fördern, dass sie im der Folge ein von allen wissenschaftlichen Gesellschaften des In- und Ausla chgegenstand geworden ist. Diesen seinen Dank dehnt der Bibliothekar auch auf den getreuen Ge- a sellschaftsabwart, H. Koch, der auf 33 Dienstjahre zurückblickt, und auf seine „Bibliothekariats-Hilfe“, Ban A.Kern, Bibliothekar am zürcherischen Kunst- gewerbemuseum, aus; beide haben ihn durch die vielen Jahre hindurch ver- ständnisvoll und getreulich unterstützt. Dankend gedenke ich auch zum Schlusse der Gastfreundschaft und mannig- fachen Hilfe, die unserer Bibliothek seitens der nun auch in der Zentral- bibliothek aufgegangenen zürch. Stadtbibliothek stets zu Teil geworden ist. 75 Jahre lang haben wir mit dieser unter einem Dache gewohnt und nie ist dieses Zusammenhausen getrübt worden, trotzdem wir ja nur zu Gaste waren und trotzdem beiden Bewohnern das Kleid längst zu eng geworden war! Auch Vertrag mit dem Stadtrat von Zürich. XIX hier nehme ich das Verdienst nicht für mich in Anspruch, sondern anerkenne unumwunden dieses dem Bibliothekariate der Stadtbibliothek zu Im Januar 1916. Hans Schinz. Der Stadtrat von Zürich und die Naturforschende Gesellschaft in Zürich haben gegenseitig folgenden Vertrag geschlossen: $1. Die Naturforschende Gesellschaft hat laut Schenkungsvertrag vom 31. Mai 1915 ihre gesamte Bibliothek an die von Kanton und Stadt Zürich neu errich- tete Stiftung „Zentralbibliothek* unentgeltlich abgetreten mit der Bedingung, dass der Bestand des von der Naturforschenden Gesellschaft herrührenden Teiles der Zentralbibliothek samt Zuwachs aus den von der Gesellschaft abge- lieferten und von der Zentralbibliothek anzulegenden Inventaren jederzeit erkennbar und nachweisbar sei und im Falle der Aufhebung der Stiftung un- belastet ins Eigentum der Gesellschaft zurückfallen soll. Die Naturforschende Gesellschaft wird jedoch den bisherigen ee en eg Tauschverkehr mit über 500 wissenschaftlichen Gesellschaften des und “ Auslandes weiterhin auf eigene Rechnung fortsetzen und die gesamten eara an die Zentralbibliothek unentgeltlich überweisen, auf welchem Wege dieser Stiftung jährlich wertvolle vielseitige Anschaffungen zukommen werden. 8.2. Die wesentlichen Publikationen der Naturforschenden Gesellschaft, ; mit welchen dieser wertvolle Tauschverkehr aufrecht erhalten werden kann, erfordern die jährliche Aufwendung sehr erheblicher finanzieller Mittel, für deren Beschaffung die Naturforschende Gesellschaft auch weiterhin auf die Unterstützung des Staates und der Stadt angewiesen ist. 5 3. Der Stadtrat von Zürich leistet an die Kosten dieser dem Tauschverkehr gewidmeten wissenschaftlichen Publikationen der Naturforschenden Gesellschaft _ einen jährlichen Beitrag von Fr. 1200. — (zwölfhundert Franken), welcher jeweilen im letzten Vierteljahr see wird. $ 4. Sollte sich die Naturforschende Gesellschaft, solange die Zentralbibliothek besteht, a auflösen, so tritt sie ihr Kapitalvermögen der Zentralbibliothek ab. Sollte die Zentralbibliothek bei der Auflösung der Gesellschaft nicht mehr = bestehen, so fällt das Kapitalvermögen der Gesellschaft sowie ihr Bücher- XX E. Rübel. 85. Der vorstehende Vertrag ersetzt den Vertrag zwischen der Stadt Zürich und der Naturforschenden Gesellschaft vom 27. November 1849 und tritt nach erfolgter Genehmigung durch den Stadtrat Zürich und die Generalversammlung der Naturforschenden Gesellschaft in Kraft. Zürich, den 8. April 1916. Der Vorstand des Finanzwesens: Der Präsident li der Naturforschenden Gesellschaft: M. Rikli. Genehmigt, Zürich, den 12. April 1916. Im Namen des Stadtrates, der Stadtpräsident: der Substitut des Stadtschreibers: . Billeter. Dr. Bertschinger. Genehmigt von der Hauptversammlung der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Zürich, den 8. Mai 1916. Der Präsident: M. Rikli. Der Sekretär: Dr. E. Rübel. ‚Statuten der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Zweck und Tätigkeit der Gesellschaft. 5:4; Die Naturforschende Gesellschaft in Zürich ist im Sinne des Art. 60 und. ff. des Z.G. B. ein Verein zur Förderung der Naturwissenschaften und zur Verbreitung der PRENRIERSUOILES Diese Zwecke sucht sie insbesondere zu erreichen . Durch Vorträge ui EEE: aus dem Gebiete der Natur- wissenschaften und durch Exkursionen . durch Herkangabe periodischer Publikationen naturwissenschaft- en Inhaltes 3. durch Unterstützung naturwissenschaftlicher Forschungen. Als Mitglieder der Gesellschaft können Freunde der Naturwissen- schaften aufgenommen werden, die zur Erreichung des genannten Zweckes beitragen wollen. Organisation der Gesellschaft. 5 2 Die Organe der Gesellschaft sind: a) die Hauptversammlung (vergl. $ 3), b) der Vorstand (vergl. $ 5), c) die Rechnungsrevisoren (vergl. $ 10). Statuten der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich.’ XXI Die Hauptversammlung der Gesellschaft. 8 3. Die e Hauptversammlung findet alljährlich im Anfang des Sommer- semesters, spätestens im Mai statt. In derselben legt der Quästor die Rechnung und das Budget vor, die Rechnungsrevisoren teilen das Resultat ihrer Prüfung mit und stellen bezüglichen Antrag. Der Sekretär berichtet über die wissenschaftliche Tätigkeit und den Be- stand der Gesellschaft, der Redaktor über seine Tätigkeit. In derselben Sitzung werden die nötigen Wahlen und allfällige Statutenänderungen vorgenomm Nötigenfalls kann eine ausserordentliche Hauptversammlung durch den Vorstand einberufen werden Sitzungen der &esellschaft. S 4. Die Gesellschaft versammelt sich in der Regel im Winter alle 14 Tage, im Sommer ein- bis dreimal. In diesen Sitzungen werden über Gegenstände aus dem Gesamtgebiete der Naturwissenschaften Vorträge gehalten oder kleinere Mitteilungen gemacht, allfällig unter ‘ Erläuterung durch Vorweisungen oder Experimente. Das Protokoll der vorhergehenden Sitzung ist zu genehmigen Für den Sommer sind ein bis zwei Exkursionen oder Besichtigungen vorzusehen. Der Vorstand. 85. Der Vorstand besteht aus Präsidenten, Vizepräsidenten, Quästor, Sekretär, Redaktor, dem Vertreter in der Kom- mission der Zentralbibliothek und zwei bis drei Beisitzern. Er versammelt sich nach Bedürfnis auf Einladung des Präsidenten oder auf Wunsch zweier Mitglieder. Zur Vertretung der Gesellschaft, sowie zur verbindlichen Unter- schrift sind der Präsident oder sein Stellvertreter zusammen mit einem anderen Vorstandsmitgliede ermächtigt. ’ Die einzelnen Funktionäre handeln im übrigen nach den Weisungen des Vorstandes; sie können die laufenden Korrespondenzen ihres Amtes selber unterzeichnen. Der Vorstand ist ermächtigt, nach Bedürfnis einen Abwart oder ' andere Hülfskräfte anzustellen. 8 6. \ Der Präsident leitet sowohl die Versammlungen der Gesellschaft als auch diejenigen des Vorstandes und veranstaltet die Exkursionen. Er hat dafür zu sorgen, dass in den Sitzungen Vorträge gehalten oder = Vorweisungen gemacht werden. ‘ Der Quästor besorgt die Finanzen der Gesellschaft. Die Jahres- rechnung ist auf Ende Dezember abzuschliessen und mit dem Budget en vier Wochen vor der Hauptversammlung dem Vorstand zur Genehmigung v. vo nie Die Jahresrechnung geht alsdann an die RU "Statuten der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Der Quästor hat ein Inventar über das gesamte Gesellschafts- vermögen zu führen. Der Sekretär führt in den Versammlungen der Gesellschaft und des Vorstandes das Protokoll; er hält ein genaues Verzeichnis der Mitglieder und ein Merkbuch über Rechte und Pflichten der Gesell- schaft, Protokollbeschlüsse usw. und besorgt die Korrespondenz; er erstattet in der Hauptversammlung Bericht über Bestand und Tätigkeit der Gesellschaft Der Redaktor besorgt die Herausgabe der von der Gesellschaft beschlossenen Veröffentlichungen, insbesondere der „Vierteljahrsschrift“ und des „Neujahrsblattes“, und berichtet darüber i p Der Vertreter in der Kommission der Zentralbibliothek vertritt die Interessen der Gesellschaft in der Zentralbibliothek gemäss $ 12 der Statuten der Stiftung, im Sinne des Schenkungsvertrages vom 31. Mai 1915 und im Hinblick auf die Anschaffungen der Bibliothek auf naturwissenschaftlichem Gebiete. oO Mitgliedschaft. Bi Die Gesellschaft besteht aus: Ehrenmitgliedern, Korrespondierenden Mitgliedern, Ordentlichen Mitgliedern Freien ausländischen Mitgliedern. 88. Ordentliche Mitglieder. Wer in die Gesellschaft aufgenommen zu werden wünscht, wird auf sein Gesuch von einem Mitglied münd- lich oder schriftlich beim Präsidenten oder Sekretär angemeldet. Die Anmeldung wird auf der Einladung zur nächsten Sitzung bekannt gegeben. Gehen bis dahin beim Vorstande keine Einsprachen ein, so wird der Bewerber in der nächsten Sitzung als Mitglied erklärt. Über Einsprachen entscheidet der Vorstand nach Prüfung der Gründe. Gegen dessen Entscheid kann von seiten der Mitglieder an die Gesellschaft turriert werden. Jedes neu aufgenommene Mitglied erhält eine vom Präsidenten S = und vom Sekretär unterzeichnete Mitgliedkarte Ordentliche Mitglieder bezahlen einen Jahresbeitrag von 20 Fr.; sie erhalten die „Vierteljahrsschrift“ und das „Neujahrsblatt“ unentgeltlich. Die ausserhalb der Stadt Zürich wohnenden ordentlichen Mitglieder bezahlen auf Wunsch einen Jahresbeitrag von nur 7 Fr., in welchem Falle sie keinen Anspruch auf: unentgeltlichen Bezug der „Vierteljahrs- schrift“ haben, jedoch das „Neujahrsblatt“ unentgeltlich erhalten. Beim Eintritt in die Gesellschaft ist die den kommenden Quartalen entsprechende Quote des Jahresbeitrages zu bezahlen. Wer die statuten- gemässen Beiträge nicht bezahlt, hört auf, Mitglied der Gesellschaft zusein. Statuten der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. XXI 89. Ehrenmitglieder werden auf Antrag des Vorstandes in der Hauptversammlung der Gesellschaft durch offene Abstimmung mit Zwei- drittel-Mehrheit gewählt. Jedes Mitglied hat das Recht, dem Präsidenten zuhanden des Vorstandes bezügliche Vorschläge zu machen. Korrespondierende Mitglieder werden auf Vorschlag eines oder mehrerer Mitglieder und auf den Antrag des Vorstandes mit Zweidrittel-Mehrheit in offener Abstimmung gewählt; die Wahl kann in jeder Sitzung vorgenommen werden. Freie ausländische Mitglieder. Der Vorstand ist ermächtigt, Mitgliedern, die zufolge Wegzuges aus der Schweiz ihren Abschied als ordentliche Mitglieder der Gesellschaft nehmen, die Eigenschaft eines „Freien ausländischen Mitgliedes“ auf die Dauer von zehn Jahren und erneuerbar anzubieten. Solche Mitglieder kann der Vorstand von sich aus jederzeit wieder als ordentliche Mitglieder aufnehmen. Die freien ausländischen Mitglieder haben weder Rechte noch Pflichten. Die Veröffentlichungen der Gesellschaft gehen den Ehren- und korrespondierenden Mitgliedern unentgeltlich zu. Die freien aus- ländischen Mitglieder erhalten keine Veröffentlichungen. Wahlen. $ 10 : Der Vorstand wird von der Hauptversammlung in geheimer Abstimmung und mit absolutem Mehr gewählt. Der Präsident, der Vizepräsident und die Beisitzer werden auf zwei Jahre, der Quästor, der Sekretär, der Redaktor und der Vertreter in der Kommission der Zentralbibliothek auf sechs Jahre gewählt; nur der Präsident ist un- mittelbar nach Ablauf seiner Amtsdauer für dasselbe Amt nicht wieder wählbar Die beiden Delegierten an die Jahresversammlung der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (siehe $ 15) werden von der er in offener Abstimmung jedes Jahr gewählt. Die beiden Rechnungsrevisoren werden von der ee versammlung in offener Abstimmung auf zwei Jahre gew. Vermögen der Gesellschaft. 71. Das Vermögen der Gesellschaft besteht aus: a) dem Rn von 70,000 Fr., das nicht angegriffen werden n ei verfügbaren Mitteln, und lichen Besitz an N ee Blöcke), an n Druckschriften usw. Die Kapitalien sind in sichern Wertschriften zinstragend selig und in offenem Depot bei der Zürcher Kantonalbank aufzubealene: | 8 12. Die Rechnungsrevisoren haben die Jahresrechnung und die REN Vermögensverwaltung. der Gesellschaft zu ‚prüfen un und hierüber dem füich Vorstand zuhanden der Haup Bericht zu erstatten. a ne XXIV Statuten der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Die Bibliothek. 8 13. Die Bibliothek ist der Zentralbibliothek durch Vertrag vom 31.Mai1915 schenkungsweise abgetreten worden. Im Falle der Aufhebung der Stiftung „Zentralbibliothek“ fallen die sämtlichen, von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich eingeworfenen Bestände samt Zuwachs unbelastet ins Eigentum der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich zurück. Laut Schenkungsvertrag ist den Mitgliedern der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich die Benützung der gesamten Zentralbibliothek ae zu erleichtern. Das Archiv. 8 14. Das Archiv befindet sich im Gebäude der Zentralbibliothek, die der Gesellschaft gemäss Schenkungsvertrag ein Lokal zur Verfügung stell. Das Archiv steht unter der Aufsicht des Vorstandes. Schweizerische Naturforschende Gesellschaft. Die Naturforschende Gesellschaft in Zürich ist eine Da schaft der Schweizerischen S. N. G.); sie anerkennt deren Statuten als für sich verbindlich. 2 Dem Zenträlvorsfänd der S. N. G. ist ein Jahresbericht der —. N. G. Z. einzusenden und jeweilen der Wechsel in der Präsidentschaft anzuzeigen. Änderungen der Statuten sind dem Zentralvorstand der S.N.G. durch Übersenden von zwei Exemplaren zur Kenntnis zu bringen. Mindestens einen Monat vor der Jahresversammlung der S. N. G. sind dem Jahresvorstand die Namen der beiden Delegierten und die Vorschläge für neu aufzunehmende Mitglieder mitzuteilen. Schlussbestimmungen. S 16. Die Revision der Statuten kann nur durch die Hauptversammlung geschehen. Abänderungsanträge sind mindestens einen Monat vorher dem Präsidenten zuhanden des Vorstandes schriftlich einzureichen. Laut Vertrag mit der Stadt Zürich vom 8. April 1916 geht im Falle der Auflösung der Gesellschaft das Vermögen in das Eigentum der Zentralbibliothek über. Sollte diese dannzumal nicht mehr bestehen, so tritt die Stadt an deren Stelle. Mit Annahme gegenwärtiger Statuten sind alle früheren erloschen. Angenommen in Ser Deere am 8. Mai 1916 im Waldhaus Dolder, Zürich Der Präsident: Prof. Dr. M. Rikli. Der Sekretär: Dr. E. Rübel. Sitzung vom 28. Februar 1916. AXV Protokoll der Sitzung vom 28. Februar 1916 abends 8 Uhr auf der Schmidstube. S Vorsitzender: Prof. Dr. M. Rikli. Anwesend 142 Personen. al n 1. Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den retär 2. Als neues Mitglied wird SRHEETE Herr Dr. med. F. Wala Kubly, Bellerivestrasse 38, Zürich 8, empfohlen durch Herrn C. Seelig und Herrn Prof. C. Keller. 3. Vortrag des Herrn Prof. Dr. Karl Henschen: Die freie operative Überpflanzung von Geweben, rganteilen und Organen. Mit Röntgenlichtbildern. Das Ziel chirurgischer Gewebeverpflanzungen ist, das gepfropfte Gewebe nicht nur anatomisch unter Wahrung seiner Lebensfähigkeit und seines Baues, sondern auch als physiologisch vollwertiges Ersatzstück einheilen - zu lassen. Während dem Experimentalzoologen nicht nur bei Wirbellosen, sind die Möglichkeiten der künstlichen Gewebsverpflanzung beim Menschen und den höheren Tieren sehr viel enger begrenzt. Vortragender erläutert in Wort und Bild die biologischen Bedingungen und die praktisch-chirurgischen Ziele der Transplantation der einzelnen Gewebe (Haut, Schleimhäute, Binde- gewebe, Sehnen, Fascie, Bauchfell, Muskel, Nerven, Knorpelgewebe, Knochen, Gelenke, Blutgefässe). Die Verpflanzung gattungsfremder Gewebe misslingt beim Menschen fast ausnahmslos; nur die Stützgewebe der höher stehenden Affen, namentlich Knochen, ‚können beim Menschen für längere Dauer zur Einheilung gebracht werden. Die homoioplastische Transplantation, die art- gleiche Überptlanzung von Mensch zu Mensch, erzielt bei den meisten Geweben eine scheinbare An- oder Einheilung; doch verfällt auch hier das Ersatzstück mit wenigen Ausnahmen einer bald raschern, bald langsameren Aufsaugung, wobei es als „lebender organischer Fremdkörper“ durch die Zellen und Säfte des Wirtskörpers verarbeitet und schleichend ersetzt wird. Einzig die Über- pflanzung körpereigener Gewebe (Autoplastik) gibt nicht nur die Sicherheit geglichene Erfolge. Die technische Vervollkommnung der Gefässnaht erschloss die Möglichkeit der Überpflanzung ganzer Organe (Niere, Milz, Darm, Glied- massen): Organe gattungsfremden Ursprungs gehen trotz des Zirkulations- anschlusses rasch zugrunde; auch das gattungsgleiche Organtransplantat verfällt bald rasch, bald erst nach Monaten der Schrumpfung, narbigen Umkapselung und dem Schwunde; nur körpereigene, an den ursprünglichen Ort rückver- pflanzte oder an eine andere Stelle durch Gefässanschluss wieder eingebaute Organe (freie ungestielte Nierentransplantation auf den Milzgefässtiel) heilen wieder dauernd und voll funktionsfähig ein. Der menschliche Körper wie der _ der höheren Wirbeltiere lehnt demnach plasma- und zellfremdes Gewebe in allerdings sehr unterschiedlicher Art ab; nur bei Verwendung jugendlicher Gewebe und bei nahester Blutsverwandtschaft scheint zuweilen ein Gewebe- austausch möglich. Diese Tatsaclıe beweist, dass es nicht nur eine Art- und Gewebe-, sondern auch eine Tdiidnanspezia der zalen it. Die hetero- © ’ _ Inanspruchnahme, örtliches und allgemeines Körperbedürfnis sein weiteres ' Schicksal: pflanzt man einen aus Bindegewebssträngen geflochtenen Gewebe- XXVI E. Rübel. und homoioplastische Transplantation ist letzten Endes nichts anderes als eine parenterale, d. h. mit Umgehung des Darmkanals vollführte Einverleibung höchstgebauter, zell- und serumfremder Stoffe grossen Stiles; nach den Unter- suchungen Abderhaldens baut der Körper parenteral zugeführte Fremdstoffe mit Hülfe von Abwehrfermenten soweit ab, bis ihre Bausteine wieder zur Synthese körpereigener Stoffe verwendbar sind. Versuche, vorgängig deımn. chirurgischen Gewebevertausch den hinderlichen biochemischen : Zell- und Serumunterschied zu beseitigen und eine wenigstens vorübergehende Isochemie- ‘von Spender und Empfänger künstlich herbeizuführen, waren bislang erfolglos ° (Säfte- und Blutaustausch mittels künstlicher siamesischer Verwachsung durch Parabiose; wechselseitige Serumeinspritzung; Vorbehandlung des Spenders mit dem Serum des Empfängers; längere möglichst gleichartige Ernährung von Geber und BAODTBOBER Nur wenn wir ein Gewebe in gleiche oder ähnliche funktionelle Bedin- gungen überpflanzen regen in normalerweise fettspeichernde Binde- gewebslager, Knochenhaut an Knochen, Haut in Hautdefekte, Bauchfell in Lücken seröser oder synovialer Häute), bewahrt der Pfröpfling nicht nur de Feinheiten und Sonderheiten seines anatomischen Baues, sondern heilt auch physiologisch vollwertig ein (harmonische Transplantation). Verpflanzen wir Gewebe BRD an Orte, wo sie Es geweblichen „Affinitäten* nicht finden können und wo s cht hingehören, so erfährt das Pfl ee eine wesentliche are seines Baues und damit eine Änderung Funktionen (disharmonische mer die Knochenhaut, E in Berührung mit totem, erkranktem oder verletztem Knochen so mächtige Knochenlager zu bilden vermag, kommt, unter a Bedingungen ver- bracht, über spärliche Ansätze einer kurzlebigen Knochenbildung nicht hinaus; heterotop verpflanztes Fettgewebe wandelt sich wenigstens zum Teil in Narbengewebe um. Der Pfröpfling übermittelt einen gewebespezifischen bio- chemischen Wachstumsreiz auf das gleichartige Gewebe des neuen Standortes, eine Wirkung, welche nach Beobachtungen bei Haut- und Stützgewebe- Transplantationen auch dem homoioplastischen und sogar dem BRRSRFINNE Pfropfgewebe zukommt. Während die Transplantation im Pflanzenreich nach Vöchting durch das- Gesetz der Polarität geleitet wird, sind solche das Schicksal des Pflanzstückes- wesentlich bestimmende Ordnungskräfte bei den Transplantationen an Mensch und Tieren weniger grob ersichtlich; bei den mechanischen und den Deck- geweben sind jedoch die Ergebnisse der Verpflanzung um so harmonischere, Je genauer die Gewebe in Sinn und Richtung ihrer Spannungen am neuen Standort eingefügt werden. Ist der Pfröpfling eingeheilt, so regeln funktionelle riemen in einen Sehnendefekt, so tritt nach vorübergehender Überschussbildung eine Reduktion der Zugfasern ein, bis der Querschnitt der eingeschalteten: Sehne bezüglich des Gehaltes an Zugfasern dem Querschnitt des zugehörigen Muskels angepasst ist; umgekehrt sehen wir ein in eine Lücke des Ober- schenkelknochens eingepflanztes Wadenbeinstück so viel an Dicke zunehmen, bis es tragfest ist und die Dicke des ersetzten Knochens ungefähr erreicht. Der Enderfolg jeder chirurgischen Transplantation wird mitbestimmt durch frühzeitige Aufnahme der Funktion. Dies gilt nicht nur für die Einheilung der „mechanischen“ Gewebe (Sehnen, Eiagig Faseie), sondern auch für m Bi: > Sitzung vom 8. Mai 1916. XXVU Arbeitsgewebe, insbesondere für die endokrinen Drüsen (Schilddrüse usw.). Der Chirurg muss darum funktionell transplantieren. Das Transplantat zeigt innerhalb gewisser Grenzen Möglichkeiten einer funktionellen Anpassung sogar % bei heterotoper Verpflanzung, sofern der neue Standort dem Mutterboden ähn- Bi liche Bedingungen bietet Die Tatsache, dass gänslich herausgenommene Organe bei Rückverpflanzung in den gleichen Körper wieder ihre volle und normale Funktion aufzunehmen vermögen, beweist die hohe Autonomie gewisser Organe wie Niere und Schild- drüse und erweist ein Prinzip der physiologischen Selbstverwaltung und einer hohen Unabhängigkeit der Organfunktion vom zentralen Nervensystem. Pfröpfling und Wirtskörper vermögen sich wechselseitig zu beeinflussen. Bei heteroplastischer und homoioplastischer Überpflanzung stirbt entweder der Pfröpfling unter akutestem Zerfalle ab oder es wird der Wirtskörper durch eine vom Transplantat ausgehende toxische Wirkung geschädigt. Die bio- logischen und die Wundbedingungen des Aufnahmebodens bestimmen wesentlich das Schicksal jeder chirurgischen Pfropfung (frühzeitiger Anschluss an den Saft- strom und die Ernährung; gute und allseitige Gewebeverklebung; Fernhalten der Wundinfektion; narbenfreies Aufnahmegewebe; Einfluss örtlicher, .chemisch spezifischer Affinitäten oder biochemischer Fernkorrelationen). (Autoreferat.) Mit grosser Bewunderung für die chirurgischen Leistungen bekundet die . Versammlung dem Vortragenden das lebhafteste Interesse. Der Vorsitzende gibt sich darauf in einer lebhaften Diskussion kund, an der sich die Herren Dr. Piecard, Prof. Schellenberg, Dr. Meyer-Rüegg, Prof. Schröter und der Vortragende beteiligen. Protokoll der Hauptversammlung vom 8. Mai 1916 nachmittags 6'/a Uhr im Waldhaus Dolder. Vorsitzender: Prof, Dr. M. Rikli Anwesend 40 Personen. Traktanden: 1. Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär 2. Der Bericht der Rechnungsrevisoren wird verlesen und auf deren Antrag wird die Rechnung für das Jahr 1915 samt dem Voranschlag für 1916 genehmigt und dem Quästor bestens verdankt mit besonderer Betonung der mustergiltigen, klaren Übersichtlichkeit. - . Der Bericht des Sekretärs über die wissenschaftliche Tätigkeit und den Bestand der Gesellschaft wird unter bester Verdankung genehmigt. 4. Der Schlussbericht des Bibliothekars, der einen interessanten Über- bliek über die Geschichte unserer Bibliothek enthält, wird unter bester Ver- 5 er ee s Anlass des Übergangs unserer Bibliothek an die Zentralbibliothek muss Sr unser Vertrae mit dem Stadtrat betreffend Beitragsleistung an unsere Gesellschaft vom 27. November 1849 den neuen Verhältnissen angepasst werden. Der neue Vertrag wird genehmigt. Es 6. Es war angeregt worden, den Mitgliedern auch das Neujahrsblatt von nun an unentgeltlich zuzustellen. Der Vorstand hat die Frage an Hand des neuen Voranschlages studiert und beantragt die Gratisabgabe des Neu- jahrsblattes an alle Ehren-, EEE und ordentlichen rege hass age wird. XXVII E. Rübel. 7. Herr Prof. Dr. O. Schlaginhaufen findet, die Preise für Separata aus .der Vierteljahrsschrift und dem Neujahrsblatt seien sehr hoch bemessen, im Vergleich mit ausländischen Publikationsorganen mehr als doppelt so teuer. Es ist aber im Gesellschaftsinteresse, dass die Autoren nicht durch derartiges ‚abgehalten werden, wertvolle Arbeiten bei uns zu publizieren. Prof. Schlagin- haufen beantragt, dass der Vorstand oder eine Kommission prüfen möge, ob sich die Preistabelle nicht in der Weise ändern lasse, dass die Preise für Separata herabgesetzt werden. Der Vorsitzende erklärt, dass der Vorstand ‚den Antrag gerne zum Studium entgegennehme. 8. In die am 6. Dezember 1915 genehmigten neuen Statuten müssen ausser einer Reihe redaktioneller Bereinigungen die soeben gefassten Beschlüsse über. ‚den Vertrag mit dem Stadtrat und die Abgabe des Neujahrsblattes eingefügt werden. Die gesamten Statuten werden zur Abstimmung unterbreitet. Herr Prof. Dr. F. Rudio wünscht in $ 6, Alinea des Redaktors, nach „Veröffent-- lichungen“ einzuschieben: „insbesondere der Vierteljahrsschrift und des Neu- N Mit dieser Ergänzung werden die Statuten genehmigt. i icherung des Abwartes. In zuvorkommender Weise hat sich die Zentralbibliotbek bereit erklärt, unseren Abwart H. Koch auch in die Ver- ‚sicherung aufzunehmen. An die jährlich zu zahlende Versicherungssumme von Fr. 1680.— als 60°/o der Besoldung leistet die Zentralbibliothek Fr. 1180.—, die ‚Naturf. Ges. Fr.500.—. Der Vorstand beantragt, diesem Abkommen hoisupflichtsn, was beschlossen wird. Herr Dir. H. Escher bemerkt dazu, dass die Zahlen zwar vom ‘Ausschuss vorgeschlagen, aber noch nicht von den massgebenden Be- hörden der Zentralbibliothek ratifiziert sin 10. Der Vorsitzende teilt mit, dass die uns gehörenden erratischen Blöcke (siehe Rechnungsbericht) von Prof. Rikli, Dr. Bircher, Dr. Brockmann und Dr. Hirschi inspiziert worden sind und dankt Herrn Dr. Bircher bestens, ‚dass er in überaus freundlicher Weise sein Auto dazu zur Verfügung gestellt hat. 11. Wahlen des Vorstandes. Es werden gewählt als: Präsident 1916—1918 Rektor E. T.H. Prof. Dr. Emil Bosshard, Vizepräsident 1916—1918 Prof. Dr. Karl Henschen-Naef, _ Beisitzer 1916—1918 Ing. E. Huber-Stockar, 5 * Dr. Alfred Kienast (Math.), Dr. Arnold Heim (Geol.). Sekretär, Quästor, Kedakini und Vertreter in der Kommission der Zentral- bibliothek fallen dies Jahr nicht in Wiederwahl. 12. Als Rechnungsrevisoren für 1916—1918 werden gewählt: Dr. jur, Ernst Bircher, Karl Seelig, Kaufmann. 13. Als Delegierte an die Jahresversammlung der Schweizerischen Natur- forschenden Gesellschaft vom 6. bis 9. August in Schuls-Tarasp werden Prof. Dr. E. Bosshard und Dr. E. Rübel gewählt. 14. Mit Akklamation wird beschlossen, der Jahresversammlung der S.N. G in Schuls als Jahrespräsidenten für 1917 (Zürich) Prof. Dr. C. Schröter vor- ; zuschlagen. 15. Der Vorstand hat das aus Tübingen zurückgekehrte freie ausländische Mitglied Prof. Dr. Edgar Meyer, Prof. Phys. an der Universität Zürich (Physikalisches re, nach $ 9 der Statuten wieder. als ordentliches Mit- glied aufgenomme Sitzung vom 8. Mai 1916. - XXIX 16. Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Dr. Rudolf Orthner, dipl. Chem., Bolleystr.40, Zürich 6, empfohlen durch Herrn B. Platter, Herr Dr. med. Alfred Brettauer, ee 55, Zürich 1, empfohlen durch Herrn Dr. E. Meyer-Schaere Herr Theodor Vogel, Apotheker, Secfeldstr. 81, Zürich 8, empfohlen durch Herrn Prof. Schröter. Herr Sylvester Rehsche, Rechtsanwalt a. D., Hofrat, Mythenstr. I; Zürich 2, empfohlen durch Herrn Dr. Baumann-Naef. Herr Dr. med. Walter Furrer, Seestr. 53, Zürich 2, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. 17. Vortrag des Herrn Prof. Dr. H. C. Schellenberg: Die Vererbungsverhältnisse von Rassen mit estreiften Blüten und Früchten. Gestreifte Rassen findet man innerhalb sehr vieler Kulturpflanzen. Es sind entweder die Blüten, die Blätter oder die Früchte, die recht augenfällig die Streifenbildung zeigen; weniger beobachtet ist das Vorkommen von Korn- bildungen, Warzenbildungen oder Haarbildungen in streifenförmiger Anordnung. Die Untersuchung der betreffenden Rassen ergibt, dass jeweils das ganze Individuum die Aufteilung in Streifen zeigt, aber nur in gewissen Organen wird sie recht augenfällig. So zeigt z. B. die Birnensorte Schweizerhose nicht allein gestreifte Früchte, sondern auch re Triebe und eine dieser Strei- fung entsprechende Scheckung der Blätte - Als günstiges Objekt zum Studium ia Vererbungsgesetze dieser Streifen- bildungen hat der Verfasser die Rassen mit rotgestreiften Früchten von Zea ays L. untersucht. Vor allem zeigt sich, dass diese roten Maise viel mannig- faltiger sind als man bis heute annahm. Es sind drei verschiedene Rot in der Kornschale lokalisiert und jedes kann für sich in Streifen aufgelöst werden. Ausserdem kommen noch Rassen vor, wo nur der Griffelansatz oder die Korn- basis rot ist. Für die Auflösung der roten Kornfarbe in Streifen muss man ein Streifen- gen annehmen, denn man erhält bei Kreuzung zwischen weissen und roten Rassen ein intermediäres Rot. Nur wenn ein bestimmtes Weiss an Rot an- gepaart wird, tritt das Rot in Streifen auf. Jedes der verschiedenen Rot der Kornfarbe kann für sich in Streifen auf- geteilt werden. Für die F,-Generation ergibt sich, dass die Streifen in vier verschiedenen Kategorien auftreten können aus rein theoretischen Gründen. Sie wurden aber alle durch das Experiment auch gefunden. Das Streifenmerk- mal scheint ferner mit der roten Kornfarbe eine Koppelung einzugehen. Die verschiedenen Formen der Streifung der Körner am gleichen Kolben be- ruhen auf einem Wechsel der Prävalenz, der nur das Streifengen, nicht aber ' das Farbengen berührt. Ganz analog wie die rotstreifigen Maise verhalten sich die Rassen mit gestreiften Blüten: Nelken, Antirrhinum etc., ferner die Rassen mit gestreiften ' Früchten: Äpfel, Birnen, und auch die Rassen mit gescheckten Blättern. Da die Aufteilung der Gewebe in Streifen entwicklungsgeschichtlich früher oder ‚später erfolgt, ergeben sich daraus die verschiedenen Verteilungen der sen auf die Schichten des Vegetationskegels und die verschiedenen Die ‚Variegatavererbung s timmt mit der Streifenvererbung en Der der Variegataäste in grüne Äste bedeutet den Verlust des: Streifen- ARD. ” AXX E. Rübel. merkmales und hierin stimmen die Verhältnisse mit den Verlustmutationen ‚überein. (Autoreferat.) Der Vorsitzende verdankt aufs beste den Vortrag, der diese sehr interessante Seite der Vererbungsfrage beleuchtet. In der Diskussion frägt Dr. A. Thellung, ob die Farbe nur in Frucht und Samenschale lokalisiert sei oder ‚auch im Endosperm, da dies wichtig ist, indem im ersten Fall nur mütterliche Einwirkung besteht, während im zweiten Fall auch der väterliche Einfluss sich ‚geltend machen kann. Prof. Schellenberg betont, dass beides vorkommt und naturgemäss bei der Forschung streng auseinandergehalten werden muss. 8. Dr. E. Rübel spricht dem abtretenden Präsidenten Prof. Dr. M. Rikli den besten Dank der Gesellschaft aus ; 19. Dr. Rübel ladet zum Beitritt in die Schweizerische Naturfor- ‚schende Gesellschaft ein. Es herrscht noch vielfach die irrtümliche Mei- ‚nung, als Mitglied der kantonalen Gesellschaft sei man eo ipso auch Mitglied ‚der eidgenössischen, es ist dies aber nicht der Fall, und doch wird sich jedes „Mitglied eine Ehre daraus machen, durch Eintritt in die Schweizerische Natur- a forschende Gesellschaft die eidgenössische Br DSTEREDSERSTIRNGE auch inden Naturwissenschaften zu betonen. To In die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft tritt man ein, indem man von einer er re oder drei Mitgliedern vorgeschlagen wird. In der S. n G. läuft das ganze naturwissenschaftliche Leben der Schweiz zu- sammen. Sie entspricht einer Akademie der. en auf schweizerisch-demo- kratischer Gr ge. An i die auf allen Gebieten der Naturwissensch s = werden, erstattet. Ferner werden zusammenfassende Hauptvorträge gehalten, so- wie spezielle Fachvorträge in den Sektionen. Die Berichte des Zentralvorstandes, .des Senates, der Kommissionen (zur Zeit 15, wie z. B. die Geologische Kommission gleich Schweiz. geologische Landesanstalt usw.), der Sektionen (zur Zeit 7, wie die Schweiz. Bot. Ges., Schweiz. Zool. Ges. usw.), der Tochtergesellschaften (zur Zeit 20 ‘kantonale naturf. Ges), der Gesellschaftsbestand, die Nekrologe, die Hauptvorträge in extenso, sowie Referate über die Sektionsvorträge erhalten die Mitglieder in -einem wertvollen grossen Band: „Verhandlungen* (Piste im Buchhandel Fr. 10.—), —. auniigöhhlich zugestellt. Trotzdem beträgt der Jahresbeitrag der Mitglieder ‚nur 5 Fr. n der FE Verden 6 ee in a8 vorgeschlagen zu werden wünscht, 2 sich in Verbindun t dem Sekretär E. Rübel. 20. An die Sitzung Eee = ein gemeinsames Abendessen an. Prof. ‚Rikli freute sich über das Gedeihen unserer altehrwürdigen Gesellschaft, die ‚heute ihr 170. Lebensjahr vollendet. Prof. Bosshard widmete dem abtretenden Präsidenten einige Worte des Dankes; Dr. Hermann Escher sprach über unsere bisher nachbarlich zusammenwohnenden und nun vereinigten Bibliotheken, über -den Gründer unserer Gesellschaft, Johannes Gessner, dessen Bild auch auf ‚der Stadtbibliothek im Lesezimmer hängt. : ER Protokoll der Lägern-Exkursion, ae gemeinsam mit der Aargauischen Naturforschenden ger unter Leitung von Herrn Prof. Dr. M. Rik Sonntag den 10. September 1916. Vorsitzender: Prof. Dr. E. Bosshard. Anwesend 81 Personen, 60 Zürcher, 21 Aargauer Besammlung in der Schalterhalle des Hauptbahulieiee bis 6445, ab Zürich mit Extrazug 7%, in Örlikon 7508, in Dielsdorf 7425. Aufstieg durch Bene Beine Sitzung vom 10: September 1916. XXXI nach Regensberg und auf die Hochwacht (860 m). Daselbst z’Nüni. Ab Hoch- wacht 10°30, Gratwanderung zum Burghorn (12%) und Besuch der Ehrendinger Gipsgruben; in Baden 2b45. Daselbst Mittagessen im Grand Hotel (3%). Nach- mittags Besichtigung des Klosters Wettingen, ab Baden 4h43, in Wettingen 4548; ab Wettingen 6h25, in Zürich 6659. Mitteilungen über Regensberg, ‘Burg Hochlägern und Führung in Wettingen durch Prof. Dr. H. Lehmann, Direktor des Landesmuseums. Geologische Führung: Prof. Dr. A. Heim. Geographische Führung: Prof. Dr. Aug. Aeppli. Botanische Führung: Prof. r. M. Rikli. In kurzer Zeit brachte der Extrazug die zahlreiche Gesellschaft nach Diels- dorf, wo der Aufstieg nach Regensberg begann. In einem Steinbruch, der . einen schönen Aufschluss bot, gab Prof. Heim: ein klares Bild über den geologischen Bau der Gegend unter Zugrundelegung einer Reihe speziell ' für diesen Anlass gezeichneter und vervielfältigter Profile. In der Lägern be- finden wir uns am äussersten östlichen Ende des Kettenjuras, dieses Seiten- ästchens der Alpen. Unter den tertiären Schichten fehlt die Kreide, sie ist abgetragen worden im Alttertiär, denn damals war hier Festland. Angedeutet ist sie nur noch durch das Bohnerz. Wir stehen also in einem Gewölbe der Juraschichten, im obersten Jura, dem Malm. Weiter westlich, wo das Gewölbe aufgebrochen ist, sieht man auch den mittleren Jura, den Dogger, und den “antern Jura, die Lias. Zur Zeit der letzten Vergletscherung gelangte der ' Linthgletscher nicht mehr ganz bis zur Lägern, wohl aber noch in die Nähe, Er lagerte die Moränen von Killwangen und Würenlos ab und die, welche den Katzensee staute. In der vorletzten Eiszeit hingegen wurde der Gletscher- strom durch die Lägern geteilt, er floss zu beiden Seiten und vermochte nicht den Widerstand dieses Juragewölbes zu brechen; nur oberflächlich zu kratzen gelang ihm: noch sind die Gletscherschrammen ob Dielsdorf zu sehen. Beim Eingang des Städtchens Regensberg mit dem Blick auf Dielsdorf und Umgelände, neben dem hübschen alten Pfarrhaus und dessen Gegenüber, einem Bau, dem man in seiner stillosen Hässlichkeit nur die Abtragung wünschen möchte, entwickelte Direktor Lehmann ein anschauliches Bild von der Geschichte des Städtchens und besonders von deren Gründern, der Freiherren von Regensberg. Diese Freiherren, die schon 1080 in den Schriften auftauchen, sassen unten am Katzensee in ihrem Wohnturm Alt- Regensberg. Da zu jener Zeit die Würde eines Kastvogtes eines Klosters einem Geschlecht Ansehen verlieh, suchten auch die Regensberger dieser Würde teilhaftig zu werden. Wenn auch ihre eigenen Güter schon bedeutend waren, reichten sie doch allein zu einer so grossen Schenkung noch nicht. Die Ge- mahlin Lütolds II. war aber eine reiche Freiin von Vaz; das ermöglichte die Gründung des Klosters Fahr im Jahre 1130. Bei dieser Gründung waren die Herren aber so unvorsichtig, das Kloster an Einsiedeln zu schenken. Eine Folge davon war, dass sie hier bald nicht mehr viel zu sagen hatten. Lütold IV. - gründete darum 1204 das Kloster Rüti und sonnte sich im Glanze dieser Kast- vogtei. Seine Güter hatten grossen Zuwachs erhalten, da ihm seine Gemahlin, . vorn, re B gen reichten noch viel weiter: ein Bruder Lütolds IV. war Erzbischof von Salz- | es Für Lütold V. und seine reiche Gemahlin, eine Gräfin von Neuburg, reg der alte Wohntarm a am 1 ‚Katzengee zu ne Um den XXXU E. Rübel. Glanz des hochangesehenen Geschlechtes richtig entwickeln zu können, musste auch eine entsprechende Burg errichtet werden. Er baute sie auf die Höhe, wo er seine Lande überschauen konnte. Seine Gefolgschaft wurde um die Burg angesiedelt. So entstand das Städtchen Regensberg. Er grün- dete auch unten an der Limmat zur Ausbeutung des Zürcher Wasserweges das Städtehen Glanzenberge. Nun stehen die Herren auf der Höhe ihrer Macht. Ihre Besitzungen breiten sich von der Limmat bis zum Rhein aus in Ba noch weiter im Aargau, Thurgau, Schaffhausen und im Schwarzwald. Sie besassen eine ganze Masse Burgen, z. B. die Ütliburg, und Burg Wulp bei Küsnacht u.a. m., so dass sie sagen konnten, Zürich liege wie ein Fisch im Netz ihrer Burgen. Es blieben daher auch die Fehden mit Zürich nicht aus, sowie mit ihren Rivalen, den Grafen von Habsburg, die durch die Beerbung der Kyburger zum mächtigsten Geschlecht der Gegend emporgewachsen waren. Damit beginnt der Niedergang der Regensberger. Sie gingen an den böhmischen Königshof, um die Wahl Rudolfs von Habsburg zum Kaiser zu vereiteln; doch gelang ihnen dies nicht. Zürich mit Rudolf von Habsburg zerstörte Glanzen- berg, eroberte die Ütliburg. Lütold VII. und VII. zogen es jedoch vor, an dem üppigen Hofleben teilzunehmen. *Wir finden sie am österreichischen Hof, wo sie viel Geld verbrauchten. Es war schwer, solch ein Riesenvermögen durchzubringen, aber sie brachten es doch in verhältnismässig kurzer Zeit. fertig. 1306 verkauften sie Neu-Regensberg an die Österreicher, 1326 schlug Lütold VII. die Burg Balm, bald auch Alt-Regensberg los. 1317 verkaufte s er seine Helmzier, das Brackenhaupt, an einen Herrn v. Zollern, dessen Nach- kommen es jetztnoch'tragen. Wir finden esnoch im Wappen des deutschenKaisers. Zur Zeit des Sempacherkrieges, als Zürich gegen das nunmehr habsburgische Neu- Regensberg vorging, kamen zum erstenmal in unsern Landen Feuerwaffen zur Verwendung. Später verpfändeten die Habsburger Regensberg an die Stadt Zürich, in deren Besitz das Städtchen bald überging. 1687 wird es nach dem System Vauban befestigt; die Bastionen sind wieder abgetragen worden. Wir begaben uns nun zum Schloss, unterwegs noch einen Blick in den tiefen alten Sodbrunnen werfend. Der Wehrturm ist rund, im Gegensatz zur sonst üblichen viereckigen Form, und ganz getrennt vom Pallas, dem Wohn- hause, das heutzutage den hohen ethischen Zweck erfüllt, den armen, schwach- sinnigen Kindern ein Heim zu bieten. Wir ziehen weiter durchs freundliche Städtchen vorbei an den reich mit im zarten Violett der massenhaft blühenden Herbstzeitlosen erglänzen, gelangen wir zur Hochwacht, von wo man trotz einigem Dunste einen hübschen Rund- blick über das Vorgelände geniesst. Prof. Dr. Aug. Aeppli gab hier geo- graphische Ausführungen. Breit vor uns liegen südlich das Furttal, nördlich das Wehntal, beides frühere Läufe der Linth und nun Trockentäler ohne grösseren Flusslauf. Der Moränenkranz des Linthgletschers hat den Fluss abgelenkt. Es blieb Sumpfland zurück. Daraus erklärt sich die Siedelungs- weise. Die Mitte der Talsohle ist ine Siedelungen; diese ziehen sich auf den Seiten in zwei Reihen hin, und zwar sind es lauter geschlossene Dorf- siedelungen. Der kleine Katzenseebach floss rückwärts nach Seebach, wurde dann ins Furttal abgelenkt, jetzt wegen der Seebacher m RETTEN durch. Vertiefung wieder seebachwärts gezwungen. Sitzung vom 10. September 1916. XXXIH Weiter aufwärts führt uns der Weg zu den Ruinen von Hoch-Lägern, die vor einigen Jahren die Antiquarische Gesellschaft ausgraben liess. Man erkennt noch die grosszügige Anlage. Auch hier war ein Sodbrunnen. Schon damals wussten die Leute die wasserhaltigen Stellen zu finden. Direktor Lehmann berichtete von den Rittern von Lägern, meist von Legern geschrieben, dass sie Dienstmannen der Regensberger waren, wahr- scheinlich ein Zweig der Herren von Boppelsen. Sie hatten auch Besitzungen in Kloten, Illnau, Rheinfelden und ein Haus im Niederdorf Zürich. Die Burg Lägern sperrt vollständig den Lägernzugang gegen Regensberg. Mit Glanzen- berg fiel auch diese Burg. Die Herren wurden 1256 Burger zu Zürich, wo sie verarmten und ausstarben. 1387 wohnt der Letzte, Friedrich von Legern mit ' seiner Magd, gratis bei Merkli Frey im Neumarkt, . der ihm sogar noch die Bettwäsche lieh. (Merkli Fryo, der ihn „und sin jungfrowen: ane zins behielt und ime sin bettgewand und andern sin ua HU: des er bedorft och ane zins lech“.) Auf schmalem Gratweg wandert die Gesellschaft zum ee des Burghorn, wo Prof. Dr. M. Rikli botanische Mitteilungen macht. Die Botanik kommt durch das Verschieben der Exkursion aus dem blütenreichen Frühjahr in den Herbst zu kurz. Die Lägern bietet einige reiche und inter- essante Gebiete, die nun zu besuchen keinen Zweck hat. Wir denken uns die Orchideenwiesen (34 Arten kommen hier vor) und die heissen Felsfluren oder Gariden. Die Flora zeigt eine bedeutende Eigenart. Es gibt 20 Arten, die im Kanton Zürich überhaupt nur an der Lägern zu finden sind, und weitere 58, die der Umgebung von Zürich fehlen. Am meisten schliesst sich die Lägern- ora der von Nord-Zürich an, besitzt aber noch eine Reihe jurassischer Be- sonderheiten. Nach der Herkunft der Flora sind drei Gruppen zu unter- scheiden. Den Grundstock bildet das silvestre Element, das die ganze ge- mässigte Zone Eurasiens besiedelt. Sodann gibt es westliche und östliche Einwanderung. Unter den westlichen befinden sich charakteristische Jura- Kalkpflanzen, darunter seien genannt ein Lauch Allium senescens, die Feuer- lilie ZLilium croceum, eine Wicke Vieia Gerardi, Seseli libanotis, der Grat- . zeiger Bupleurum longifolium, das sich nie weit vom Grate entfernt. Be- sonderes Interesse haben immer die sogenannten „Alpenpflanzen“ der Lägern erweckt, die aber grösstenteils jurassische Einwanderer sind; der Jura ist ja Alnus viridis, die Bärentraube Arctostaphylos uva ursi, die Gänsekressen Arabis alpina und alpestris.. Von Osten her kommen die Pontischen Einstrahlungen donauaufwärts ins Gebiet von Schaffhausen und Nord-Zürich. Einige wenige erreichen auch noch die Lägern, von denen genannt seien: die Küchenschelle Anemone pulsatilla, die Heidensegge Carex ericetorum und die drei Ginster Genista germanica, G. tinetoria und Cytisus sagittalis. Hier oben auf dem Burghorn und in den Gipsgruben von Ehren- dingen erläuterte Prof. Heim weiter die Geologie des Gebietes. Ein grosser Teil der Lägern ist abgetragen, sie mag ursprünglich 2—3000 Meter hoch ge- gewesen sein. Das Material, rheinabwärts geschwemmt, hat dazu beigetragen, Holland aufzubauen. Vom Burghorn, das aus oberm Jura besteht, sieht man nordwärts den entblössten Muldenkern aus älteren Schichten. Wie es dem Innern, gequetschten Kern eines Gewölbes entspricht, zeigt sich der Gips und ' die bunten Mergel in prachtvoller innerer, sekundärer Fältelung. . Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 61. 1916. II XXXIV E. Rübel. Quellen müssen immer dort entstehen, wo eine undurchlässige Schicht angeschnitten wird. Aus grossem Einzugsgebiet sickert das Wasser durch die durchlässigen Schichten hinunter auf die nächste undurchlässige.. Wo die Limmat den Muschelkalk der Trias angeschnitten hat in Baden, sprudeln die Thermen heraus. Unter Zürich liegt diese Schicht etwa 2000 Meter tief, dort kann sich das Wasser seine hohe Temperatur aneignen. An der Oberfläche finden sich diese Schichten erst wieder in Engelberg und dem Maderanertal. Von dort unter Zürich durch nach Baden und Schinznach liegt dieses pracht- volle System grosser kommunizierender Röhren. Zwei Jahre braucht das Wasser aus dem Maderanertal nach Baden, denn ein besonders nasses oder trockenes Jahr in den Alpen macht sich jeweilen zwei Jahre später in den Badener Quellen geltend. Um 3 Uhr gelangte die Gesellschaft zum wohlverdienten Mittagessen nach Baden. Der Präsident der Gesellschaft, Rektor Prof. Dr. E. Bosshard, be- grüsste die Aargauer und dankte den Herren Vortragenden. In launiger Weise, sprach Prof. Dr. A. de Quervain. Prof. Dr. Hartmann, Präsident der Aargauischen Naturforschenden Gesellschaft, sprach deren Dank aus; für sie seien die Zürcher Freunde meist die Gebenden an Vorträgen und Arbeiten, aber umgekehrt gingen auch aus dem Aargau oft hervorragende Natur- forscher hervor, wie z.B. Arnold Lang und Friedrich Mühlberg, die gen ürchern Wertvolles bringen. Für den Nachmittag war noch der Besuch des Klosters Wettingen. vorgesehen, wo wiederum Landesmuseumsdirektor Lehmann fachkundig uns führte. Aus Sturmesnot im Heiligen Land errettet, gründete nach seinem Gelübde Heinrich von Rapperswil 1227 das Kloster und übergab es den Zister- ziensern. Nach einer anfangs hoch erfreulichen Entwicklung kam es im 15. Jahrhundert durch üppigen Lebenswandel unter liederlichen Äbten her- unter. Eine neue Blütezeit erlebte das Kloster Ende des 16. Jahrhunderts unter seinem Regenerator Abt Peter Schmid von Einsiedeln. Ein Rundgang zeigte uns die bekannten schönen Altertümer. In der Kapelle steht noch der Sarkophag, in dem die letzten Kyburger begraben lagen. Man fand noch ihre roten Haare; sie waren also 1263 noch von alemannischer Rassenreinheit. Auch Kaiser Albrecht hatte nach seiner Ermordung im Kloster gelegen bis zur Überführung nach Speyer. Wir bewunderten die bekannten prächtigen Chor- stühle, die wunderbaren er aus verschiedenen Jahrhunderten und die schönen Stuben des Abte Reich an Naturgenuss und worst kehrte die Gesellschaft heim. Wer sich über die vorgetragenen Wissensgebiete noch weiter unterrichten möchte, sei hingewiesen auf folgende Bücher: Rikli: Das Lägerngebiet. Pflanzengeographische Studie mit Ausblicken auf die Bewirtschaftungsgeschichte. Berichte der Schweiz. Bot. Ges. Heft 17. 1907. — Mühlberg: Erläuterungen zur geologischen Karte der Lägernkette. Eclogae geol. Helv., Bd. 7, Nr. 4. 1902. — Stutz: Über die Lägern. (Geol.) Neujahrsblatt der Nat. Ges. "Zürich. 1864. — Nabholz: Geschichte der Freiherren von Regensberg. Diss. 184. — Hegi: Herren von Legern. Genealog. Handb. z. Schweizergeschichte, IH. Bd. 1908—16. — Hegi: Burg und Herren von en Anzeiger für Schweizer 16. Altertumskunde. 1909. Der Sekretär: Dr. E. Rübel. E BR, Sitzung vom 23. Oktober 1916. XXXV Protokoll der Sitzung vom 23, Oktober 1916, abends 8 Uhr auf der Schmidstube. Vorsitzender: Prof. Dr. E. Bosshard. Anwesend 112 Personen. Traktanden: 1. Die Protokolle der Hauptversammlung und der Lägernexkursion werden geuchmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. 2. Unsere Gesellschaft hat seit der letzten Sitzung fünf Mitglieder durch den Tod verloren: am 23. April 1916 Eduard Heinrich Gräffe, Inspektor der zoologischen ' Station Triest, ältestes Ehrenmitglied, Mitglied seit 1860, nen seit 1896; am 20. Juni 1916 Dr. Amalie Hallmann in Bremen am 3. Juli 1916 Prof. Phys. Dr. Alfred Kleiner, Mitglied seit 1873; am 26. September 1916 Dr. Karl Keller- Escher, Kantonsapotheker, Mitglied seit 1882; - am 11. Oktober 1916 Dr. Laura Hezner, Privatdozent der Mineralogie an der E. T.H. Die Anwesenden erheben sich zu Ehren der Verstorbenen von ihren Sitzen. 3. Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Fräulein Hermine Herder, Malerin, Villa Yalta, Seefeldstrasse 237, Zürich 8, empfohlen durch Herrn Prof. Rikli. Herr Desire Korda, Ing. Elektr., Privat-Doz. E. T. H., Werdmühleplatz 2, Zürich 1, empfohlen durch Herrn Dr. Piccard. Herr Alfred Resch, Dr. med., Fraumünsterstrase 8, Zürich 1, empfohlen durch Herrn Dr. F Wünse Herr Adolf Widmer, Dr. nie ‘Freigütstrasse 5, Zürich 2, empfohlen durch Herrn Dr. Baumann-Naef. Herr Pit Wolfer, 2 med., Weinnlatı 7, Zürich #, empfohlen durch W Herr Albert Aahaun Schwarzer, Kaufmann, Wiedingstrasse 14, Zürich 3, empfohlen durch Herrn Prof. Bosshard. Herr Josias Braun, Dr., Konservator am Geobotanischen Institut Rübel, Winterthurerstrasse 66, Zürich 6, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. 4. Der Präsident teilt mit, dass die Jahresversammlung der Schweize- Eschen Naturforschenden Gesellschaft in Schuls unserem Wunsche gemäss für 1917 Zürich mit Akklamation als Versammlungsort bezeichnet hat und mit grosser Akklamation auf unsern Vorschlag Herrn Prof. Dr. C. Schröter zum Jahrespräsidenten gewählt hat. Er hat schon Schritte getan, gemeinsam mit dem Vorstand der Naturforschenden Gesellschäft Zürich den Jahresvorstand zu wählen. 5. Zur Belebung di: freundschaftlichen Verkehrs unter den Mitgliedern soll der gemütliche Hock nach der Sitzung von nun an im Lokal selber statt- finden, damit mehr beisammen bleiben, als dies beim Lokalwechsel der Fall ist. 6. Vortrag des Herrn Dr. Jakob Hug: Die letzte Eiszeit in der Umgebung von Zürich. Der Vortrag wird in erweiterter Form im Laufe des nächsten Jahres in x FR „Vierteljahrsschrift* zur Veröffentlichung gelangen; für das Protokoll. genügt daher eine ganz kurze Inhaltsangabe. Bei der letzten der. vier Eiszeiten, die sich im Be Mittelland nachweise n lassen (Würm Be können her FOR unter- schieden en: b XXXVI E. Rübel. 1. Maximale Ausdehnung Killwangen: Verbreitung des Eises bis auf die Linie Mellingen - Killwangen - Würenlos -Oberweningen - Windlach - Station Glattfelden. Die Eisoberfläche stieg gegen die Alpen rasch an, so dass nur die Gipfel vom Ütliberg und Bürglenstutz-Albishorn als Nunataker heraus- ragten. Abfluss der Schmelzwasserflüsse durch Reusstal, Limmattal, Wehntal, Windlachertal usw. 2. Rückzugsstadium von Schlieren. Begrenzung der Eiszungen durch die Linie Birmensdorf-Schlieren-Regensdorf (Katzensee)-Oberglatt. Hervor- tauchen des ganzen Albis, Käferberg, Zürichberg und Pfannenstiel. Abflüsse durch das’ Tal von Urdorf, durch das Limmattal von Schlieren an, durch das Furttal von Regensdorf an 3. Rückzugsstadium von Zürich, mit getrennten Eiszungen im Reuss- tal (Bremgarten-Ottenbach-Mettmenstetten-Rifferswil), Limmattal (Zürichsee- becken) und Glattal (Fällanden-Gfenn-Hegn ‘ Zwischen den Stadien von Schlieren und Zürich schalten sich vier Zwischen- phasen ein, die besonders beim Lappen des Reussgletschers zwischen Birmens- dorf und Affoltern a. A., ferner als en zwischen dem untern Zürich- see und dem Albiekamın sehr gut ausgeprägt si ‚Jeweilen beim Übergang von einer Phase zur rdes haben die Abfluss- e verhältnisse geändert, für jeden Stand der Eiszungen lässt sich in der Regel - ein besonderes Flussystem rekonstruieren. Die bekanntesten Ascher gehörenden # Rinnen sind das Sihl- und Reppischtal. Von den Endmoränen des Zürcherstadiums haben sich die Gletscher- zungen in allen Tälern rasch zurückgezogen, im Linthgebiet bis nach Hurden. Bei diesem raschen Rückzug blieb das Zungenbecken von der Ausfüllung durch Erratikum verschont, es entstanden so fast in allen Tälern Seen (Zürich-, Greifen- und Pfäffikersee). (Autoreferat.) In der Diskussion nennt Prof. Bosshard für weitere Interessenten das Büchlein von Rektor Beck über die Zeugen der Eiszeit um Zürich. Prof. Heim betont, dass es das Verdienst des Vortragenden ist, die gleichen Stadien in den Seitenmoränen konsequent aufgesucht und darauf dann die relative Zeit- bestimmung der Stadien gegründet zu haben. Prof. Früh freut sich sehr über die prächtige, zielbewusste Methode von Dr. Hug. Dr. Rübel frägt, wie sich diese Stadien zu den von Penck und Brückner eingeführten Rückzugsstadien Bühl, Gschnitz und Daun verhalten. Killwanger-, Schlierener- und Zürcher- stadium sind alle älter als die Penckschen, deren erstes, das Bühlstadium bei uns der Moräne bei Hurden entspricht. Auf die Anfrage von Prof. Schröter bemerkt Dr. Hug, dass das alte Sihltal ganz richtig in den Zürichsee mündete d ; ; E wurde. Dr. de Quervain weist darauf hin, dass die bisher als gleiche Bildung behandelten Sihl- und Reppischtäler nun verschiedene Varianten sind, von denen das Reppischtal nur die kurze Bildungszeit zwischen S, und S, hatte, während das Sihltal sich jetzt noch weiter u Der Vorsitzende verdankt aufs beste den interessanten, anregenden Vort Protokoll der be vom 13, November 1916, abends 8 Uhr, auf der Schmidstube. Vorsitzender: Prof. Dr. E. Bosshard, Anwesend 88 Personen. Traktanden: 1. Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter r Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. | Sitzung vom 13. November 1916. XXXVI 2. Unsere Gesellschaft hat im Oktober 1916 ihr Mitglied Herrn Dr. Her- mann Schulthess durch den Tod verloren. Die Anwesenden erheben sich zu Ehren des Verstorbenen von ihren Sitzen 3. Vortrag des Herrn Dr. H.Brockmann-Jerosch: Die Anschauungen über Pflanzenausbreitung. Die Frage nach der Pflanzenausbreitung gehört zu den grundlegenden der Pflanzengeographie. Es ist deshalb von Interesse, von Zeit zu Zeit Umschau zu halten, um zu sehen, was für neue Gesichtspunkte sich hier der Wissen- schaft bieten. Unter den Ansichten über TREE gibt es zwei entgegengesetzte Richtungen und es dient zur Klärung der Frage, wenn die beiden einander gegenübergestellt werden. Die eine Richtung, die die Pflanzengeographen vor- züglich früher vertreten haben, glaubt, die Pflanze könne sich in jeder Gene- ration nur in einer Etappe auf kurze Distanz oder, wie man sich ausdrückt, schrittweise verbreiten. Grössere orographische Hindernisse, wie Gebirgs- ketten, wären demnach unüberwindlich. Die entgegengesetzte Richtung glaubt, dass neben der schrittweisen Verbreitung auch eine solche - grössere Distanzen, die man die sprungweise Verbreitung nennt, vorkom Die Verbreitungsbiologie hat sich schon lange mit den Bincichtungen, die der Verbreitung dienen, beschäftigt. Die grundlegenden Begriffe hat schon Linn& geschaffen und seit dieser Zeit ist eigentlich nichts Wesentliches hinzu- gekommen. Wohl sind viele Einzelheiten noch nicht untersucht und es bleibt noch manches zu tun übrig. Die Frage nach der Verbreitung selber, sei es in Schritten oderi in EIER hat die Biologie hingegen nicht beantworten können. Wohl wissen wir, dass sich die Pflanzen durch Tiere verbreiten. Ob aber die Zugvögel Samen über Gebirge oder Meere bringen, lässt sich zurzeit nicht beantworten, da die bisher untersuchten Zugvögel keinen Samen im Verdauungskanal nachweisen liessen und auch am Gefieder keine Samen mittrugen. Da die Biologie keine Entscheidung der Frage bringt, so kann man .ver- suchen, durch Beobachtung der Veränderungen innerhalb der Flora_der Frage auf den Grund zu kommen. Die Adventivflora bietet sehr naheliegende Beispiele. Hier sehen wir, dass, sobald der Mensch eine Pflanze in ein Land bringt, in dem sie früher nicht vorkam, sie sich nicht nur schrittweise, sondern auch sprungweise verbreiten kann. Die Adventivflora unterscheidet sich zu- meist von der einheimischen Flora dadurch, dass sie auf vom Menschen mehr oder weniger beeinflusste Standorte angewiesen ist. Allein einzelne Arten gehen doch auch in die natürliche Vegetation über. Meist wird die Adventiv- flora als etwas Neues betrachtet, das ganz mit den heutigen Verkehrseinrich- tungen in Zusammenhang steht. Aber mit Unrecht. Schon die. ältesten Menschen trieben einen weit ausgedehnten Handel, wie das die in ihren Grab- stätten vorgefundenen Schmuckgegenstände beweisen. Regelmässige Handels- beziehungen lassen sich in der Römerzeit nachweisen. Damals bezogen bei- spielsweise die in Vindonissa lagernden Legionen ihre Gamellen aus Südgallien und assen eingemachte Oliven und Austern. Mit dem damaligen Packmaterial muss eine grosse Zahl von Arten verschleppt worden sein. Wenn sich diese in die natürliche Vegetation einbürgern konnten, so lassen sie sich heute kaum .mehr als einst neue Ankömmlinge erkennen. Wenn die Adventiven im allgemeinen keine grösseren Veränderungen der einheimischen Flora hervorbringen, so können diese sehr gross werden, wenn XXXVIN E. Rübel. der Mensch eingreift und die Konkurrenzverhältnisse stört. Auf St. Helena, in Neuseeland und in Australien ist ein grosser Wechsel im Vegetationsbild und in der Flora eingetreten, seit dort europäische Pflanzen eingeführt worden sind. Auch wenn durch den Menschen oder durch geologische Veränderungen neue Standorte, z. B. Wälder, Sümpfe, trockenes Land aus Sümpfen geschaffen, also — und das ist wohl das Entscheidende — die Konkurrenzverhält- nisse geändert werden, so treten unerwartet rasch Arten auf, die zum Teil nur durch grosse Sprünge ihre neuen Standorte erreicht haben können. Wen es sich um engbegrenzte Standorte handelt, dann weisen sich die betreffenden Arten am besten über die Tatsache verhältnismässig häufiger sprungweiser Verbreitung aus. Wenn es demnach eine sprungweise Verbreitung gibt, so darf man wohl annehmen, dass auch die ursprüngliche Flora uns Beispiele von Arealen bietet, die sich nur durch die Verbreitung auf grosse Distanzen erklären lassen. In der Tat gibt es einzelne Arten mit zerstreutem Vor- kommen, die nur durch mehrfache sprungweise Ausbreitung verstanden werden können: Eines der schönsten Beispiele besitzt die Schweiz wohl in der Trien- talis europaea. Diese kleine, krautige Primulacee ist im Norden Europas = recht häufig und in den Standortsansprüchen nicht besonders wählerisch. In unsern alpinen Wäldern, in der Zwergstrauchheide hätten wir Tausende von Standorten, die ihr zusagen dürften. Trotzdem kommt sie in der Schweiz nur ei einzelnen wenigen, miteinander nicht in Verbindung stehenden Standorten . An diesen ist sie, soweit sie den Floristen, die natürlich auf diese Sel Ei Ek fahnden, entgangen ist, häufig und es erweckt den Anschein, als ob sie sich hier recht wohl fühle. Da die Pflanze auch im Schwarzwald selten ist, so kann man wohl nur an eine mehrfache, und zwar sprungweise Einwanderung von anderer Seite denken. Die spontane Flora bietet aber auch von andern Gesichtspunkten aus Beispiele, die sich nur durch die sprungweise Verbreitung erklären lassen. Viele Pflanzen sind an ganz bestimmte Bodenverhältnisse oder an be- stimmte Pflanzengesellschaften oder an ein gewisses Entwicklungs- stadium einer Pflanzengesellschaft gebunden. Da diese Bedingungen für das Vorkommen der Pflanzen sich nicht Schritt auf Schritt vorfinden, sondern durch grössere Distanzen getrennt sind, so müssen die Pflanzen über diese hinweg- kommen, um ihre Standorte zu erreichen. Wir finden nun tatsächlich, dass hmal . wen Quadratmeter — mit kalkreichem Boden sozusagen immer kalkstete Arten be- herbergen. Hier müssen also, soweit es sich um einst mit Eis oder Firnschnee bedeckte Orte handelt, nach dem Rückzuge der diluvialen Gletscher die kalk- : steten Arten in Sprüngen diese Standorte gefunden haben. Zum gleichen Er- gebnis führt uns die Betrachtung der Arten, die an bestimmte andere Standorte, so z.B. an eine grössere Meereshöhe, bestimmte Pflanzengesellschaften, Höhlen, Felswände usw., die nur sprungweise erreicht werden können, gebunden sind Durch die Betrachtung dieser Verhältnisse kommen wir zum Schlusse, dass der Satz: „Die Pflanzen kommen im Prinzipe überall hin“ zu be- stätigen sei. en Dieses Resultat ist besonders für die Florengeschichte von grösster Be 2; deutung. Finden sich im schweizerischen Mittelland Pflanzen der Alpen von so nehmen einzelne Pflanzengeographen allein auf Grund ihres isolierten Vor- kommens an, sie hätten nur schrittweise diese Standorte erreichen können und Sitzung vom 13. November 1916. XXXIX dazu sei nur zu einer Zeit mit allgemeinen alpinen Klimaverhältnissen auch im Mittellande die Möglichkeit vorhanden gewesen. Es stellten also die jetzigen Pflanzen nur spärliche Reste einer einst allgemeinen Pflanzendecke dar, es seien Relikte der Eiszeit. Die analogen Schlüsse erfolgten auf Grund der wärme- und trockenheitbrauchenden Arten, die besonders in den zentralen Alpentälern vorkommen, wo sie nicht mit ihren Hauptverbreitungs- gebieten in Verbindung stehen. Also einzig und allein aus dem unzusammen- hängenden Areal wurde auf ein alpines Klima während der Eiszeit im Mittel- land und auf eine nachfolgende warmtrockene Periode geschlossen. Mit dem oben genannten Ergebnis fallen eine Reihe von Schlüssen dahin, die man be- sonders in früherer Zeit auf Grund der zerrissenen Pflanzenareale aufge- stellt hatte. Allein der angegebene Satz bedarf auch der Einschränkung. Wenn er allgemein richtig wäre, so müsste jede Art bereits die Verbreitung a haben bis zu den Grenzen, die ihr durch Klima, Boden und die Konkurrenz anderer Lebewesen gesteckt werden. Gerade die Adventivflora beweist aber, dass dies nicht der Fall ist. Die wichtigste Einschränkung, die der Satz wohl braucht, ist der Hinweis auf die Zeit. Gerade die Alpentäler zeigen in ihren Wiesen eine grosse Unausgeglichenheit und viele ganz gewöhnliche, ja an andern Orten tonangebende Arten sind in einzelne Alpentäler noch nicht eingewandert. So fehlt dem Puschlav Arrhenatherum eier und der Gegend südlich des Walensees sogar Trisetum flavescens. Wir dürfen also das genannte Ergebnis nur in der Form aussprechen, dass die Pflanzen wohl überall hinkommen, aber in ihren Wanderungen der Zeit stark unterworfen sind. Wohl sind Tatsachen bekannt, die zeigen, dass die Pflanzen sich rasch und sprungweise verbreiten können, dann aber wieder gibt es andere Fälle, wo die Pflanzen ohne sichtbare Ursachen anscheinend ihnen zusagende Standorte nicht besiedeln. (Autoreferat:) In der Diskussion betont Prof. Schröter, dass die Verbreitungsmittel sich nicht als entscheidend für die Verbreitung erweisen: engbegrenzte A bei Pflanzen mit leicht transportierbaren Samen oder Sporen. Er erinnert an den bekannten Salzhagel am Gotthard, dessen schwere Brocken aus der Sahara hergewindet kamen.. Herr Friedländer macht auf die gleichmässige Flora der ee ı N ee rn . EN. fmarkcam Herr Gams demonstriert eine Reihe Pflanzen aus dem Wallis, die weit ent- fernt ihre nächsten Standorte haben. Er fand ganze Pflanzengesellschaften im Gewölle von Vögeln. Dr. Rübel erwähnt auch eine Verbreitung auf grosse niederlässt. Herr Prof. Schinz tut dar, wie leicht und oft vegetative Ver- breitung stattfinden kann. Er warnt vor allzu extremen Anschauungen betreffend der grossen Sprünge der Verbreitung. Herr Prof. de Quervain spricht zur Frage des Windweges. Es gibt Zyklonen mit ungewöhnlichen Strassen. Damit kann ein Hertransport sogar aus dem fernen Osten erklärt werden. Herr Prof. Bosshard bemerkt, dass zu seiner Kantonsschulzeit die Elodea wohl im botanischen Garten, aber nicht im Zürichsee vorkam, dass sie 1900-1909 im See häufig war und später wieder verschwand. Diese beliebte Aquarienpflanze wurde auf jeden Fall öfters durch Knaben verbreitet, die ihre Aquarienabfälle Veen Er verdankt dem Vortragenden aufs beste die. —.. zusammenfassenden Ausführungen: en XL E. Rübel, Protokoll der Sitzung vom 27. November 1916, abends 8 Uhr, auf der Schmidstube. Vorsitzender: Prof. Dr. E.Bosshard. . Anwesend 115 Personen. i Traktanden: 1. Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. 2. Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Karl Agthe, Dr. Diplom-Ing., Assistent der Chemie an der Universität, Zürichbergstrasse 45, Zürich 7, empfohlen durch Herrn Prof. Rikli. Herr Adolf Naef, Privatdozent f. Zool. an der Universität, Bolleystrasse 40, Zürich 6, empfohlen durch Herrn Dr. Tschulok. Der Vorsitzende ersucht jedes Mitglied, der Gesellschaft ein neues Mit- glied zuzuführen d. Yakaca des Herrn Prof. Dr. Georg Wiegner: Kolloidehemie und Bodenkunde. Kolloidchemie ist ein Teil der allgemeinen Dispersoidchemie, die sich mit dem Studium des gesetzmässigen Zusammenhanges vom Zerteilungsgrad eines Systems mit seinen physikalischen und chemischen Eigenschaften befasst. Eine grobe Dispersion ist der Boden, die Wichtigkeit seines Dispersitäts- oder Zer- teilungsgrades vor allem für die physikalischen Eigenschaften nr den Agri- kulturchemikern und Landwirten schon lange bekannt. Neu ist di dass die Gesetze, die man beim Studium maximal- und er rin Systeme r fand, sich, quantitativ abgestuft, auf dieEigenschaften der grob dispersen Systeme, also auch auf die des Bodens übertragen lassen. Es lässt sich mit Hilfe einer neuen Methodik zeigen, dass z. B. die Beobachtungen über Dispersitätsände- rungen kolloider Systeme sich, quantitativ abgestuft, am grob dispersen System des Bodens wieder finden lassen. Die Wirkungen vor allem der Kalkdüngung, aber auch die einer ganzen: Anzahl von land- und forstwirtschaftlichen Kultur- massnahmen bei der Beackerung, Düngung und Bewirtschaftung gelangen damit in einen neuen Zusammenhang mit den Erkenntnissen der allgemeinen Kolloid- chemie. Die „Schutzwirkung“, die zuerst von Zsigmondy bei der Wechsel- wirkung von kolloidem Gold mit Gelatine nachgewiesen wurde, lässt sich auch an groben Tonsuspensionen, die durch adsorptiv ungesättigten Humus geschützt werden, verfolgen und hat praktisch wichtige Konsequenzen bei der Entstehung und Auswaschung der Böden. Das Verhalten der Humusstoffe gegenüber Elektro- Iyten ist das von kolloiden Zerteilungen. Die schönen mikroskopischen Beob- achtungen, die J. Früh bereits 1883 über das Verhalten von Sacculmuskörnern bei Zusatz von Lauge und Säure veröffentlichte, werden durch die Unter- suchungen der Kolloidchemiker ins ultramikroskopische Gebiet hinein erweitert. Die von W. Biltz in ihrem Zusammenhang mit elektrischen Erscheinungen auf- geklärte gegenseitige Kolloidfällung ist eine der Ursachen für das Zustande- kommen der sog. austauschfähigen kolloiden Bodenzeolithe oder Geolithe. Der für die Konzentration und den Nährstoffgehalt unserer Böden wichtige „Basen- austausch“ lässt sich in seinem Verlauf als Absorptionsreaktion, und zwar als Wechselwirkung zwischen Jonen und kolloiddispersen Ultramikronen auffassen. Diese Auffassung liefert quantitativ auswertbare Ergebnisse, die mit den prak- tischen Beobachtungen gut übereinstimmen. Das Verständnis für die Entstehung unserer sog. Bodentypen (Podsol, Braunerde, Schwarzerde, Salzböden, Laterit- ee, i Sitzung vom 11. Dezember 1916. XLI böden etc.) lässt sich nur unter Zuhilfenahme der Gesetzmässigkeiten der Dispersoidchemie weiter vertiefen. (Autoreferat.) In der Diskussion hebt Herr Prof. Bosshard hervor, wie es der jungen Kolloidchemie gelungen ist, schwierige Bodenprobleme auf einige wenige Grund- sätze und einheitliche Gesichtspunkte zurückzuführen. Herr Prof. Heim be- kann, Süsswasserton nicht. Der Vortragende bestätigt, dass Benzol, Toluol usw. in grobe Zerteilungen eintreten kann, in feine dagegen nicht. Der Vor sitzende verdankt die ausserordentlich interessanten und ug Mitt lungen aufs beste. Der Sekretär: Dr. E. Rübel. Protokoll der Sitzung vom 11. Dezember 1916, abends 8 Uhr, auf der Schmidstube. Vorsitzender: Prof. Dr. E. Bosshard. Anwesend 115 Personen. Traktanden: 1. Die Gesellschaft hat am 30. November 1916 durch den Tod verloren: Werner Weissenbach-Griffin, Ingenieur. Die Versammlung erhebt - sich zu Ehren des Verstorbenen von ihren Sitzen. 2. Unser. Ehrenmitglied, Herr Dr. Paul Sarasin in Basel feiert heute, 11. Dezember 1916, seinen 60. Geburtstag. Es wird ihm folgendes Telegramm gesandt: \ Herrn Dr. Paul Sarasin, Basel. Ihrem hochverehrten Ehrenmitglied, dem verdienstvollen Forscher, dem Begründer des Naturschutzbundes sendet herzlichen Glückwunsch zum heu- tigen 60. Geburtstage die in zahlreich ing Sitzung SU FREE nn forschende Gesellschaft in Zürich. Der Präsident: Prof. Dr. E. Bomshä; : Der Sekretär: Dr. E. Rübe 3. Das Protokoll der letzten a wird ee unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekre 4. Als neue Mitglieder werden res Herr Arnold Schwarzenbach-Fürst, Shane Kilchberg bei Zürich, empfohlen durch Herrn Dr. Baunann-Nä ef. Herr Dr. William D. Treadwell, Privatdozent der Chemie an der Eid- genössischen Technischen Hochschule, Freudenbergstr. 146, ._. 6, empfohlen durch Herrn Prof. Baur. Herr Dr. Ing. h.c. Ferdinand Heberlein, Freie EN RRReN 132, Zürich 8, empfohlen durch Herrn Prof. 5. Laut Beschluss haben die Mitglieder For auf den unentgeltlichen Bezug des Neujahrsblattes. Wer es schon am Berchtoldstag haben möchte, kann es bei Anlass der „Stubehitze“ abholen gegen unterschriebenen Gutschein (der den Mitgliedern noch zugesandt werden wird). Wer es nicht nach alter Sitte abholt, erhält es ohne weiteres in den folgenden Wochen des Januar, da die Briefträger nicht unnötigerweise in den Neujahrstagen damit belastet werden sollen, zugesandt. 6. Auf Antrag von Prof. Schröter hat der Vorstand beschlossen, im An- schluss an den Glazialvortrag von Dr. Hug, im Frühjahr eine glazial-geolo- gische, literarische, botanische, Ehnieche Exkursion. ns Glattfelden- Rheinsfelden-Eglisau zu veranstalten, XLII E. Rübel. 7. Vortrag von Herrn Dozent Dr. Adolf Oswald: Die innere Sekretion und ihre Bedeutung in der Biologie und Medizin. Unter innerer Sekretion versteht man die Ausscheidung seitens drüsiger Organe von chemischen Substanzen mit spezifischer Potenz in die Blut- und Lymphbahn. Innersekretorische (endokrine) Drüsen sind die Schilddrüse, die Nebennieren, die Hypophyse, die Thymusdrüse, das Pankreas und die Keimdrüsen. Ausserdem sind zu nennen die Nieren und die Schleimhaut des Dünndarms. An den Begriff der inneren Sekretion sind wir berechtigt, folgende Forderungen zu stellen: 1. Die Entfernung des Organs hat bestimmte Ausfallserscheinungen im Gefolge; 2. Durch Implantation des Organs an irgendeiner Stelle des Organismus werden diese Ausfallserscheinungen beseitigt; 3. Zufuhr des mechanisch zertrümmerten Organs beseitigt sie ebenso; 4. Desgleichen das daraus isolierte Hormon; 5. Durch übermässige Zufuhr des Hormons lässt sich ein Zustand herbeiführen, der dem durch übermässige Funktion des Organs bewirkten gleichkommt. Unter allen endo- krinen Drüsen erfüllt die Schilddrüse allein alle diese Postulate. Durch Ent- fernung des Organs entsteht Myxödem. Dieses lässt sich heilen durch Implan- tation von Schilddrüsengewebe oder Zufuhr von Organbrei, resp. des daraus darstellbaren Thyreoglobulins. Erfolgt der Wegfall der Schilddrüsenfunktion in die Wachstumsperiode, so tritt Wachstumsstillstand ein (Kretinismus). Übe Beibringung von Thyreoglobulin bewirkt bei manchen Individuen Hyperthyreoidismus (Kropfherz, Basedow’sche Krankheit). Entfernung von Nebennieren bewirkt rasch zum Tode führende Erkrankung. Beim Menschen führt die krankhafte Zerstörung des Nebennierengewebes die Addison’sche Krankheit herbei. Im Experiment lassen sich durch Zurücklassung der einen Nebenniere auch nach Einheilung an einem von ihrem natürlichen entfernten Standort unter Belassung des Organs an einem Gefässtiel die Ausfallserschei- nungen hintanhalten. Addison’sche Krankheit wird durch Implantation von Nebennieren nicht beeinflusst. Die übrigen Postulate sind nicht erfüllt. Das Adrenalin hat keinen Einfluss auf den Verlauf der Krankheit. Entfernung der Hypophyse führt im Experiment zum Tode. Implantation des Organs ist erfolglos. Vergrösserung des Organs durch Tumorbildung zieht eine Wachstumsvermehrung vorwiegend der Extremitäten und hier wiederum der Hände und der Füsse (Akromegalie, Riesenwuchs), auch abnorme Fettbildung nach sich. Das Hormon Hypophysin ist ohne Einfluss auf den Verlauf der Ausfallserscheinungen. Ent- fernung des Pankreas hat schweren Diabetes zur Folge mit letalem Ausgang. Von diesem Organ kennen wir kein Hormon. Implantation von Drüsengewebe ist erfolglos. Entfernung der Keimdrüsen bewirkt Fettansammlung und bei nicht i ausgewachsenen Individuen das Ausbleiben der sekundären Geschlechtsmerkmale. Auch hier ist die Implantation des entfernten Organs erfolglos. Auch ist kein Hormon bekannt. Die Thymusdrüse spielt ihre Hauptrolle im Kindesalter. Von der Pubertät an nimmt sie allmählich an Umfang ab bis auf einen kleinen Rest. Entfernung des Thymus im ersten Lebensalter bewirkt Wachstumsstillstand und Verkümmerung, die langsam zum Tode führt. Mit dem Erhaltenbleiben des Thymuskörpers beim Erwachsenen bringt man den sogen. Thymustod nm Zusammenhang. Die endokrinen Drüsen beeinflussen sich gegenseitig. Die Wechselwir- kungen sind von hoher Bedeutung. Der Vortragende berichtet über Versuche an den Kreislauforganen, die unter anderem auch die gegenseitige Beeinflussung $ Sitzung vom 11. Dezember 1916. XLIHN aufzuklären suchen. Thyreoglobulin erhöht die Erregbarkeit des Nervus vagus, des Nervus depressor und des Nervus splanchnicus für den faradischen Strom. Nicht nur das vegetative Nervensystem wird in seiner Ansprechbarkeit gefördert, sondern auch das animale. Das Schilddrüsenhormon macht das ganze Nerven- system empfindlicher für äussere und innere Reize. Diese Erscheinung erklärt die üble Wirkung des Jods bei manchen mit Kropf behafteten Menschen, ebenso die mitunter beobachtete schädliche Wirkung einer Röntgenbestrahlung des Kropfes. Die rasche Verkleinerung des Kropfes überschwemmt den Körper mit Thyreoglobulin. Auch das Kropfherz lässt sich aus den Eigenschaften des Thyreoglobulins erklären, ebenso die Symptome der Basedow’schen Krankeit. Thyreoglobulin erhöht die Wirksamkeit des Adrenalins auf das Blutgefäss- system. Hypophysin steigert den Blutdruck, seine Wirkung ist aber schwächer als die des Adrenalins, dafür hält sie länger an. Thyreoglobulin erhöht seine Wirkung nicht in so namhafter Weise wie die des Adrenalins. Hypophysin erhöht die Wirksamkeit des Adrenalins in beträchtlichem Grade. Thymus- extrakt wirkt blutdruckherabsetzend. Es dürfte sich um eine Wirkung auf den Herzmuskel handeln. Adrenalin wirkt steigernd auf den Kohlenhydratstoffwechsel. Thyreo- globulin erhöht diese Wirkung. Letzteres vermehrt den Sauerstofiverbrauch und die Kohlensäureausscheidun Mit den mitgeteilten Beobachtungen ist die Tätigkeit der endokrinen Drüsen nicht erschöpft. Gleiche Hormonwirkungen finden sich in der Wirbeltierreihe bis hinunter zu den Fischen. In der Diskussion betont Prof. Winterstein, dass es das grosse Verdienst des Vortragenden ist, die wirksame Substanz der Schilddrüse isoliert und die gegenseitige Wirkung der endokrinen Drüsen klargelegt zu haben. Er berichtet von Versuchen zur Heilung des Diabetes, die leider durch den Krieg unter- brochen worden sind. Prof. Schröter- bemerkt, dass die Akromegalie an die Pflanzengallen erinnert, die auch die Grössenveränderung dem injizierten Stoff verdanken. Prof. Henschen macht darauf aufmerksam, dass die Chirurgen Reverdin und Kocher die Studien der inneren Sekretion angeregt haben. Er selber hat Schilddräsen-Transplantationen vorgenommen. Dr. Halperin frägt, ob das Thyreoglobulin im Körper nicht zerfalle und man einen einfacheren Körper finden könnte, der dieselben Wirkungen ausübt, worauf Dr. Oswald antwortet, dass man nicht weiss, wie weit ein Abbau stattfindet. Auf die An- frage von Herrn Friedländer bestätigt der Vortragende, dass man Schild- drüsenextrakt aller möglichen Säugetiere für den Menschen verwenden kann. dass es gar nichts anderes brauche, als den täglichen Genuss einer Tyrakrin- Tablette, deren 50 in einer Flasche zu Fr. 3.50 zu haben sind, um die Kretinen- heilung herbeizuführen. Der Vorsitzende beglückwünscht den Vortragenden zu den Erfolgen, die: er erreicht hat, spricht die Hoffnung aus, dass es ihm vergönnt sein möge, auch die übrigen dunkeln Punkte noch aufzuklären, und _ drückt den in Dank für den interessanten Vortrag aus. > _ Hörsaal der Universe rien.n wo ern For über Mineralsynthese sprechen wird. 8. Die nächste Sitzung wird am 15. Januar 1917 im grossen zoologischen r Sekretär: Dr. E. Rübel. Verzeichnis der Mitglieder Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, abgeschlossen am 31. Dezember 1916. | zZ : Präsidenten der Gesellschaft.') 1746—1790 Johannes Gessner, Dr. med., Chorherr, Professor der Physik und Mathematik. 1790—1803 Hans Caspar Hirzel, Dr. med., Stadtarzt und Ratsherr. 1803—1812 Joh. Heinrich Rahn, Dr. med., Chorherr 1812—1831 Paul Usteri, Dr. med., Arzt, Natarlagne her und Staatsm, 1831—1834 Joh. Caspar Horner, Dr. phil., Professor der Mathematik, Borschungreenter, 1834—1847 Heinr. Rudolf Schinz, Dr. med., Arzt und Professor der Naturwissenschaften 1847—1849 Albert Mousson, Dr. phil., Professor der Physik. 1849—1851 Oswald Heer, Dr. phil., Professor der Botanik. 1851—1853 Arnold Escher von der Linth, Dr. phil., Professor der Geolagie; sik. 1857—1859 Albert Moussen, Dr. phil., Professor der Physik. 1859—1861 Rudolf Clausius, Dr. phil., Professor der Physik. 1861—1863 Arnold Escher von der Linth, Dr. phil., Professor der Geologie. 1863—1865 Oswald Heer, Dr. phil., Professor der Botanik. 1865—1867 Albert Mousson, Dr. phil., Professor der Physik. 1867—1869 Gustav Zeuner, Dr. phil., Professor der Mechanik. 1869-1870 Pompejus Bolley, Dr. phil., Professor der Chemie 1870—1872 Johannes Wislicenus, Dr. phil., Professor der Chom ie, 1872—1874 Carl Culmann, Dr. phil., Professor der Ingenieurwissenschaften. 1874—1876 Ludimar Hermann, Dr. med., Professor der Physiologie. nik. 1878—1880 Albert Heim, Dr. phil., Professor der Geologie. 1830—1882 Heinrich Friedrich Weber, Dr. phil., Professor der Physik. 1882—1884 Eduard Schär, Dr. phil., Professor der Pharmacie. 1884—1886 Wilhelm Fiedler, Dr. phil., Professor der darstellenden Geometrie. !) Die historischen Angaben sind der von Prof. Dr. F. Rudio auge az unserer Gesellschaft entnommen, die den ersten Band der „Festschrift t forschenden Gesellschaft in Zürich 1746—1896* (zugleic ch 41. Ja BR ang der „Vierteljahrsschrift“) bildet. Diese Arbeit (274 Seiten und 6 Tafeln) gibt ein ic Bild der Entwieklung unserer Gesellschaft während der ersten 150 Jahre ihres Bestehens und ist Beer & Co., Peterhofstatt, Zürich, zum Preise von Fr. 10.— zu beziehen. Der 2. Band er Festschrift, zum selben Ar eng besteht aus 35 Vena een s den Gebieten der Mathematik, Geodäsie und Astronomie, Physik, Chemie und Pharmacie, Misernlosis Geologie, Bofanik, Zach Medizin. Er umfasst 598 Seiten and 14 were Der Vorstan 2. EEE r ‘ ER IR AER Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in Zürich, XLV 1886—1888 Albert Heim, Dr. phil., Professor der Geologie. 1888—1890 Garl Schröter, Dr. phil., Professor der Botanik. 1890—1892 Heinrich Friedrich Weber, Dr. phil., Professor der Physik. 1892—1894 Georg Lunge, Dr. phil., Professor der Chemie. 1894—1896 Alfred Kleiner, Dr. Stk, Professor der Physik. 1896—1898 Wilhelm Ritter, Dr. phil., Professor der TERN 1898—1900 Ferdinand Rudio, Dr. phil., Professor der Math 1900 —1902 - Jakob Escher-Kündig, Dr. phil. h. c., ge er Nester 1902—1904 Arnold Lang, Dr. phil., Professor der Zoologie. 1904—1906 Ulrich Grubenmann, Dr. phil., Professor der Mineralogie. 1906—1908 Alfred Werner, Dr. phil., Professor der Chemie. 1908—1910 Max Standfuss, Dr. phil., Professor der Zoologie. 1910—1912 Carl Schröter, Dr. phil., Professor der Botanik. 1912—1914 Emil Huber-Stockar, Ingenieur. 1914—1916 Martin Rikli, Dr. phil., Professor der Botanik. 1916—1918 Emil Bosshard, Dr. phil., Professor der Chemie. 31: Sekretäre.') 1746—1752 Hans Ulrich von Blaarer een Sekretär, auch Notar genannt) und Hans Conrad Heidegger ee Sekretä 1752—1759 Hans Caspar Hirzel, Dr. med., er 1759—1778 Salomon Schinz Dr. med., Arzt und Naturforscher. 17 181000 Hans Rudolf Schinz, Pfarrer und Natur- forscher. 1790—1796 Johann Heinrich von Orelli. 1796—1799 David Rahn, Dr. med., Stadtarzt. 1799— 1801 Johann Jakob Cramer, Pfarrer und Professor. 1801—1823 Heinrich Rudolf Schinz, Dr. med., Arzt und Professor der Naturwissenschaften. 1823—1835 Hans Locher-Balber, Dr. u Professor der Medizin. 1835—1843 Ferdinand Keller, Dr. phil., Naturforscher und Archäolog. 1843—1847 Albert Kelliker, Dr. med., Professor der Ana- tomie. 1847—1857 Rudolf Heinrich Hofmeister, Dr. phil., Professor der Physik. 1857—1 Hermann Pestalozzi-Bodmer, Dr. med., Arzt. 1860—1870 Carl Cramer, Dr. phil., Pro- fessor der Botanik. 1870--1880 August Weilenmann, Dr. phil., Professor der Physik. 1880—1886 Robert Billwiler, Dr. phil., Direktor der meteorologischen Zentralanstalt. 1886—1892 Adolf Tobler, Dr. phil., Professor der Physik. 1892—1894 Carl Fiedler, Dr. phil, Privatdozent der Zoologie. 1894—1899 Alfred Werner, Dr. phil., Professor der Chemie. 1899—1906 Karl Hescheler, Dr. phil., Prof. der Zoologie. 1906-1912 Emil Schoch-Etzensperger, Dr. phil. 19121918 Eduard Rübel, Dr. phil., Geobotaniker. 13L Quästoren.’) Quästoren des Lotterie- oder Hauptfonds. 1751—1787 Caspar Scheuchzer. 1788—1814 Hans Conrad Lochmann. Si Hans Jakob Pestalozzi. 1826—1832 Johann Jakob Hess. 1832—1842 Salomon Klaus 1842— 1854 Otto Rudolf Werdmüller. 2) In den en Jahren waren in den Statuten zwei Sekretariate vorgesehen, eines für die ökonomischen und eines für die wissenschaftlichen Geschäfte, Das erstere, auch Notariat genannt, wurde aber ie dem Rücktritt Ulrich von Arial des ersten und einzigen Notars der Gesellschaft, = dem wissenschaftlichen ve Bis zum Jahre 1854 besass die Gesellschaft eh ; Quästoren; die des Brauch- fonds (auch Oüitor-Ausgeher 5 enannt) und die des Lotteriefonds (auch Quästor- nn. genannt). Den ersteren fiel bis zum Jahre 1833 un das Vizepräsidium zu. Im Jahre 1854 erden die beiden Quästorate vereinigt. -Der erste, der das umgestaltete neue Amt ee war Meyer-Ahrens. XLVI Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in Zürich. Quästoren des Brauchfonds. 1746—1759 Hans Conrad Meyer, Staatsmann und Meteorolog. 1759—1790 Hans Caspar Hirzel, Dr. med., Stadtarzt. 1790—1803 Johann Heinrich Rahn, Dr. med., Chorherr. 1803—1811 Diethelm Lavater, Dr. med., Apotheker, Naturforscher und Staatsmann. 1811—1812 Paul Usteri, Dr. med., Arzt, Naturforscher und Staatsmann. 1812—1831 Johann Caspar Horner, Dr. phil., Professor und Forschungsreisender. 1831—1834 Heinrich Rudolf Schinz, Dr. med., Arzt und Professor. 1834—1841 Leonhard Schulthess, Kaufmann ‚und Botaniker. 18411851 Johann Jakob Usteri-Usteri, Kaufmann. 1851—1854 Adolf Salomon Pestalozzi, Bankier. 1854—1858 Conrad Meyer-Ahrens, Dr. med., Arzt. 1858—1874 Johann Caspar Escher-Hess, Kaufmann und u 1874— 1876 Hans Rudolf Schinz-Vögeli, Kaufmann und ne? 1876—1887 Johann Caspar Escher-Hess, Kaufmann und Naturforscher. 1887—1914 Hans ae Dr. phil., Mathematiker. Seit 1914 Moritz Baumann-Naef, Dr. a EV: Bibliothekare. 1754—1757 Johann Jakob Köchlin, Pfarrer, 1757—1764 Hans Heinrich Schinz, Kauf- mann und Staatsmann. 1764—1774 Leonhard Usteri, Chorherr und Professor. 1774—1778 Conrad Heidegger, Staatsmann. ee Tokaın Heinrich Waser, Pfarrer. 1780-1792 Heinrich Lavater, Staatsmann. 1792—1837 Christoph Salomon Schinz, Dr. med., Arzt, Chorherr und Professor. 1837—1881 hei Jakob Horner, Bibliothekar und Polens: 1881—1892 Johann Friedrich Graberg, Zeichenlehrer. 1881—1892 Carl ge Physiker. 1892—1915 Hans Schinz, Dr. phil,, Professor der Botanik. Pr Redaktoren der Vierteljahrsschrift. 1856—1893 Rudolf Wolf, Dr. phil., Professor der Astronomie 1894—1912 Ferdinand Rudio, Dr. phil., Professor der Mathöniatik, Seit 1912 Hans Schinz, Dr. phil., Professor der Botanik. vi Vertreter in der Kommission der Zentralbibliothek. Seit 1916 Martin Rikli, Dr. phil., Professor der Botanik. V.LL Ehrenmitglieder.') Nigel ni seit Hr. Choffat, Paul, Dr., Landesgeologe, R. do Arco a Jesus 3 Lissabon . . . 1873 1896 » Eberth, Karl Josef, Dr.med., Prof. an der Universität, Ringbahnstrasse 111 . . . . Halonsee: . . .. 1865 1896 » Frobenius, Georg, a Prof. d. ER Universität Berlin . . 2. 1875 186 2 » Hantzsch, Arthur, Dr. ; Prof. der Chemie an der Universität Leipzig. . . . 1885 1896 - » Heim, Albert, Dr., a. Prof. d. Geol. beider Hochschulen, 2 im Winter grins 25, im Sommer Hofstrasse 10 „ Zürich 7 . . . 1870 1914 !) Die ältesten Mitglieder (17), die der ge schon 40 Jahre fee z = durch fettgedruckte Jahreszahlen ausgezeichne Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in Zürich. XLVH Higlied- urn i seit Hr. ee reren Dr., Mathematiker d. Rentenanstalt, Dolderstrasse 9 Zürich 7-.. . 18881912 » Reye, Ylanlır, Dr. ‚Prof. d. Math. an der Universität Strassburg. . . 1863 1896 » Rudio, Ferdinand, Dr, Prof. der Mathematik an der techn. Hochschule, Dolderstrasse 111 . ‚= Zurich 11,788 5.793881 -1912 » Sarasin, Fritz, Dr., Zoologe, Spitalstrasse 22. EB 1 N ee m} 0, » Sarasin, Paul, Dr., Zoologe, Spitalstrasse 22. . Bsel .... — 195 » Schinz, Hans, Dr., Prof. der Bot. an der Universität, Saufeldstrasse 1 a Zürich 8 . . .:1889 ' 1915 » Schwarz, Hermann Amandıs, Dr., Prof. der Mathe- matik an der Universität, Humboldtetrasse 33 . Grunewald bh. Bern 1869 1896 » Schwendener, Simon, Dr., a. Prof. der Botanik an ; der Universität, Motthäfkirchstraise 28 BerinW .... —- 1839 » Tschirch, Alexander, Dr., Prof. Pharm). an ‚der Universität : Bern. 2.22 4918 VII. ‚Korrespondierende Mitglieder. ur Hr. Margerie, Emmanuel de, Geologe, Rue du Bac 110 Paris VII . . . — 1883 » Bredig, Georg, Dr., Prof. für Elektrochemie an der techn. Hochschite .=Karlsrühe »:. >: 1910: 1911 » Einstein, Albert, Dr., Prof. Phys.,. Akkdeniie e- Wissenschaften R . Berlin-Dahlem . 1911 1911 » Willstätter, Richard, Dr., Prof. Chem; an de: nn Universität . ern. Mine 5.000.201 = IX. Ordentliche Mitglieder. ul Hr. Abegg, Karl, Kaufmann . . ‚.. "Zollikerstrasse 323 . 8 1910 > Abeljanz, Haruthian, Dr., Prof. Chem. an der Univ. . Huttenstrasse 66. . 6 1880 » Ackerknecht, Ebe erhard, Dr. Prosektor a. vet.-med. Institut . (landesabwesend) : . 6 1911 v » Aeppli, August, Dr., Prof. an der kant. Industrieschule Kronenstrasse 24. . 6 1889 » Agthe,Karl, Dr. ‚ Dipl.-Ing. Assist. a a.d.Univers. Zürichbergstr.45. . 1 1916 » Ahrens, Heinr., Dr., Geologe, Sandweg 84 . . Frankfort a. M. _ 1912 » Alder, Max, Prof. an der höhern Tochterschule ‘, "Neptunstrasse 44 7 1918 > Amberg, Otto, Dr... . . Limmatquai 50 . 1 1903 = > Ammann-Schwarzer, ubert. Zi ...:. ., Wiedingstr. 3. ; 3 1916 © > Arbenz, Paul, Dr., Prof. Geol, an 4. Univers. ee Nenfeldstrasse 45 he Bet. 48% 2750-1906 > Bachmann, Hans, Dr., Prof. an = Kantonsschule 3 Luzern, Bambergstr. 5. . — 1897 ‚ Traubenstr. 5... .. 2 1916 a re rer Prof. d. Vokein. a. d. eidg. techn. Hochse . . ... Gloriastrasse 68. . 7 1915 en Bebler, _ Be E am kant, an en et 308: 6 1911 Tr 1) age ee 7 gi allfälli se Pe | et a degihend dem Quästor, Herrn Dr..M. Baumann-Naef, Tödistrasse 39, Zürich 2," ind dem Sekretär, Herrn Dr. E. Rübel, Zürichbergstrasse 30, Zürich 7, mitzuteilen. XLVIN WENNS VIII MNMNMÖOHG . A Be 2 Be” xv YNSNDWDI BY LUYII N ILL LU LE N MEI U RD . Bänziger, ee Dr. med., Fee Ber, Julius, Bäschlin, Fritz nenn Br a. d. tech Hohl Baragiola, Wilhelm Tale, DE Abteifingevörstind der Schweiz. YWersichsanstalt Privakdozaut a. d. techn. Hochschule Bareiss, Arthur, Karla: 6 Baudisch, Oscar, Dr., Chem Baumann-Naef, Marita, Dr., Ghäniker . Baumann-Naef, . Baumann, Weiter, Kauf Baur, Emil, Dr., Prof, ars an es techn. Hochschule Baur-Widmer, Hans, Architekt . Beck, Alexander, Dr., a. Prof. Math. 3 Beck-Barker, Bernh., Dr., Rekt. d. Freien Gymnasiums Beck, Emil, Dr., Prof. am kant. Gymnasium . Beer, Robert, Buchhändler : Behn-Eschenburg, ., Direktor Bender, Paul, iäerankihs Kunstanstalt Bernheim-Karrer, Jakob, Dr. med., Prof. . Beyel, Christi oe mi Privatdozent Math, an der techn. Hochschule Biber, Hugo, Biber, rg meta Biedermann, Robert, Fabrikant. Sonnenberg Bierbaum, Willi, Redaktor . . ; Bircher, F. Ernst, Dr. jur., Höchtemwalt. Bircher, Max, Dr. med. . i Bissegger, Eduard, Deitine er etär a Bonsaninit: Bitterli, Emil, Ing. Comp. gener. de l’Electr., Rue Chardon-Lagarche 48 i ; attmann-Ziegler, Heinrich, Fabrikant E ; Bleuler, Eugen, Dr. med., Prof. an der Universität . Bloch, Isiak Adolf, Dr., Prof. an der Kantonsschule . er Wassily, Dr. Botaniker r, Eduard, Dr., ee en Albert, Apptlicker k Bosshard, Emil, Prof. Chem., Rektor d Kidg, Techn, ich x Bosshard, Heinrich, Dr., "Prof. am kant. G Brandenberger, Konrad, Dr., Prof. a. d. kant. Haakrihne Braun, Josias, Dr., Konservat. a. Geobot. Inst. Rübel Bremi, Walter, Dr., er i Brennwald, re Bretscher, Konrad, Dr., TERRERRE Brettauer, Alfred, Br med Brockmann-Jerosch, Henryk, Dr. BER bat. a. n Knir. Brunner, Friedrich, Dr. med. Ay Neumünster Brunner, Otto, Dr., Apsthuke ie Bühler, Anton, Dr. med., Privatdoz. a. Er Universität Bürgi, Oscar, Dr. med. ER Prof. an der Universität Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in Zürich. Stadtkr. Mitglied Zürich seit Billrotstrasse 15 . 89 Bergstrasse 54 .. 3 AAN Zollikon u Uetikon — 1938 Wädenswil . — 1911 Alp ai 2 1910 (landesabwesend) 6 1910 Tödistrasse 2: 1910 Tödistrasse 2 1915 enquai 70 32-1910 Ottikerstrasse 52 6 1911 Mühlebachstrasse 173 8 1910 Schanzenberg-Schönbergg.? . 1 1870 St. Annagasse 9 . 1 1904 Schanzenberg-Schönbergg. 7. 1 1907 eterhofstatt 10. . 1 1905 i .— 1910 Zollikon = 1911 Gehe 36. 2 1%3 Gemeindestrasse 26 . 7 1882 orgen. . .». .— 190 Thalwil . . : — 1910 Winterthur . — 1915 Dufourstrasse 91 . . 8 1914 Sophienstrasse 2 . 7 1902 Keltenstrasse 42. 7 1902 Wiesenstrasse 14 . 8 189 Paris... = 1910 Wädenswil . .,— 1911 Burghölzli . 8 1900 Solothurn . . . .— 189 Ekkehardstrasse 8 6 1915 Rotbuchstrasse 24 , 6 1900 ingerstrasse 9 1 1889 Ottikerstrasse 38 6 1913 Hochstras ‚7.1892 Sonneggstrasse 50 . 6 1902 Winterthurerstr. 66 . 6 1916 Hönggerstrasse 148 . 6 1911 Kurhausstrasse 9. . 7 1911 Weinbergstrasse 146 6 18% Bahnhofstr. 55 . 1 1916 Kapfsteig 44 : 7 120 orchstrasse 85 7 188 immatquai 56 . 1: 1907 Plattenstrasse 32. .. 7 1904 _ Dufourstrasse 4 . . 8 1906 di Ei (a = 5 in EH. re Ei nr ee Ben BE. % N; Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in Zürich. Hr. Bützberger, Fritz, Dr., Prof. a. d. kant. Industrieschule » Burri, Robert, Dr., Prof., Abteilungs-Vorst. der eidgen oniekustakien » Busse, Otto, Dr. med., Prof. an ER Univ er sität » Garpentier, Fritz, Fabrikant » Geresole, Maurice, Dr., Prof. Chem. an * Bach Hochschule ui; 5 Prof. an ner Uses tät. » Gonstam, Emmanuel Josef, Dr., Prof. Chem. a. d. techn. Hochschule Frl. Daiber, Marie, Dr., Pros. u. Assist. a. zool. Inst. beider Hochsch., Pritatdoz. Hr. Denzler, Albert, Dr., Privatdozent Rlektrot. a. d. techn. Hochschule » Denzler, Wilhelm, Ingenieur > Diebold, Fritz, Dr. m . Frl. Dübendorfer, Emma, Dr. as; u 2 Hr. Düggeli, Max, Dr., Prof. ldw. Bakter. an ee er Hochschnle » Dumas, Bee Dr., Prof. Math. an d. Univers., Plateau de Bethusy » Du Pasquier, Gustav, = Prof. "Math. an 1 Ei. » Dürst, Ulrich, Dr., Prof. Zool. an der Universität » Dürsteler, Wilhelm, Dr., Chemiker » Eder, Rob., Dr., Privatdozent f. Pharm. a. d. techn. Hochschule . » Egli, Karl, Dr., Prof. am kant. Gymnasium . Egli, Max, Dr., Prof. am kant. rer Egli-Sinclair, Theodor, Dr. m Ehrhardt, Jakob, Dr. med. _ Prof. a. a Universität » Eichhorn, Gustav, Dr., Physiker vi y ysı . » Erb, Josef, Dr. Genlogb; Anna TE WRIEERN 30 ; zu Fr. Erismann, Sophie, Dr. med. Hr. Ernst, Alfred, Dr., Prof. Bot. an au Universität » Ernst, Heinrich, Hr; Regierungsrat . » Ernst, Julius Walter, Ingenieur . » Escher, Berend, Dr.sc.nat. ‚Batatsce Petroleum. » Escher-Schindler, Conrad, Oberst, » Escher-Kündig, Johann Christof, ae = log . » Escher, Hermann, Dr., Direktor air Zeitraliiblietbek » Escher, Rudolf, Prof. Technol. a.d.techn. Hochschule . >» Escher, Wilhelm Caspar, Direkt. d. Schw. Kreditanst. » Farny,JeanLucien, Prof. Elektr.a.d. techn. Hochschule » Feer, Emil, Dr. med., Prof. an der Universität . ‚> Fehlmann, Werner, 5 Privatdozent an der techn. Hochschule > Feix, Richard, Direktor der ke » Felix, Florian, Dr. med., Arzt » Felix, Walter, Dr. TE Prof. an a Universität > Fenner, Karl, Dr., Prof. am kant. Gymnasium > Ferraris, Erminio, dipl. Bergingenieur » Field, Herbert Haviland, Dr., Dir. d. Gene. Biblio » Fingerhuth, Maz, Dr. med... Viertejehesschif 4. Natrt, Gen Zürich. Jahrg. 61. u. XLIX Stadikr. Mitglied Zürich seit Moussonstrasse 14 . 7 1911 Liebefeld-Bern . — 18% Büchnerstrasse 10.6 1911 Dufourstrasse5 . . 8 1910 Hadlaubstrasse 58 . 6 1910 ugano, Via Salvatore 21 — 1894 Plattenstrasse 58 . 7 1902 Schönberggassel . . 1 1881 Krähbühlstr.6 . . 7 1906 Schmelzbergstr. 14 . 7 1881 Küsnacht b. Zch. — 1892 Bahnhofstrasse 1. . 1 1907 Bahnhofstrasse 88 1.1912 Hofstrasse. 75... :..:.7. 1912 Lausanne — 1911 Neuchätel — 1907 Bern s — 1899 Thalwil . — 1910 Schönleinstrasse 22 . 7 1915 denbachstrasse 33 6 1905 Herrliberg ; 2°. 1910 Balmhofsträste 82 T 1881 Weinbergstr. 74 . 6 1903 Falkenstrasse 6 "6 19 — 1899 wer) use eigens I eit yon (Kt. Waadt) 1 913 Frohburgstrasse 70 . 6 1901 onneggstrasse 61 6: 1905 Freiestrasse 2 7 190 Weltevreden, Java . — 1910 Seilergraben 1 . 1 1915 Gotthardstrasse 35 . 2 1883 St. Urbangasse 1 1911 Kapfstrasse 25 7 1874 Scheideggstrasse 22 . 2 1911 Fehrenstrasse 23 . 4.192 reiestrasse 10) 7 1911 Zollikon, Zollikerstr. 52? — 1915 Splügenstrasse 10 . 2 1914 ädenswil . .— 1910 Köllikerstrasse en Rt) Freiestrasse 211 . . 7 195 Freiestrasse 42 en 3011 Köllikerstrasse 9. . 7 189 Feldeggstrasse 80 8 1905 IV L Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in Zürich, Hr. Fischer, Paul, Dr. med., untere Waid . » Fleischmann, Carl, Apotheker . » Fliegner, Alb., Dr., Prof. Math. » Flückiger, Otto, Dr. ‚Prof. ander höhern Töchterschule » Flury, Philipp, Adkmktd. eidg. forstl. Versuchsstation » Franel, Jerome, Dr., ir Math. and.techn. Hochschule » Frank, Ludwig, Dr. m 5 » Frey, Hans, Dr., Re am be kat: ehren Fri. Frey, Hedwig, Dr., Assistent am anat. Institut der Universität Hr. Frei, Walter, Dr. med. vet., Prof. an der Universität » Frick, Theodor, Dr. D. S., Zahnarzt » Friedländer, Immanuel, Geulrs » Fritschi, Friedrich, Nationalrat » Fritz, Franz, Dr., Tierarzt . » Froehner, Julius, Dr. med., Zahnarzt. » Froelich, Friedrich, Chem. . » Früh, Jakob, Dr., Prof. Giper an äsrisehe. Ho hie » Furrer, Ernst, Dr. ., dipl. Fachlehrer f. Naturwissensch. » Furrer, Walter, Dr. med, . % > Bampert, Paul, Kaufmann . : . ..... » Gams, Hellmut, cand. phil. ee » Ganz, Emil, Kaufmann a a » Gassmann, Theodor, Dr., Zalmarıt » faule, Georg Justus, Dr. er * Prof.: = i. Universität » Geiser, Karl Friedrich, Dr., Prof, Math. » Gerlach, Rudolf, Dr., Prof. am kant. Lehrerseminar . » Gerwer, Friedrich, TEE Be Sr. ; » Glauser, Rudolf, dipl. Chemiker » nehm, Robert, Dr., a. Prof., Präs. a. Schw. Sehriraiiäe » Gogarten, Emil, Dr., RER x » von Gonzenbach, Willy, Dr. er ; » Graemiger, Benjamin, Ingenieur » Graf, Arthur, stud. phil. j » Gramann, August, Dr. ‚ Sekundarichrer ; > Krcihacher, Heinrich, ih, Pro ysi » Grete, E.-A Vorsteher d. EEE, Veschstatin » Ürisch, Andreas, Assistent a. d. se z. Samen- untersuchungs- u. Versuchsanstalt » Grossmann, Marcel, Dr., Prof, Math. a. d. er Tochschule » Ebenen Ulrich, Dr Prof. Min. an beiden Hochschulen > Günthart, E. Aug., Dr., Bemontiträih a » Guyer-Berchtold, Julius, Nat.-Rat, u a » Guyer, Oskar, Dr., Prof. a. d. kant. Handelsschule » Gysi, Alfred, Dr.D. er Prof. a. d. Zahnarzt-Schule der Universität . r » Haab, Otto, Dr. med., Prof. an der Universität . » Haas, de, Walter, Redaktor d. techn. Monatshefte er bei B. Sad. ige Fi Mörschwil b. St.Gallen — 1918 19 Rigistrasse 52 6 1915 Obe En ee ET Witikonerstr. 64 . . 7 1910 Turnerstrasse 31 . 6 1888 Biberlinstrasse 25 . 7 1892 ürichbergstrasse 45. 7 1910 Küsnacht b. Zch. . == 1896 Mittelbergstrasse 17. 7 1912 Heliosstrasse 8 a Bergstrasse 86 TIR00° Dolderstrasse 90 71 1915 Steinwiesstrasse 18 . 7 1892 Forchstrasse 151. . 7 1914 Peterstrass 439417 Brugg, Hauptstrasse . — 1914 Freiestrasse 6 7..1895 Affol b. Z. . — 1913 Seestrasse 53 . #23 1916 Mythenstrasse 29 . 2 1915 Theaterstr. 2. Pi Rämistrasse 9 . . 11905 Snrichberaitrasee 13 FI. Küsnacht b. Zeh. . — 1883 Küsnacht b. Zeh. . — 1905 Ebelstrasse 11. . . 7 1914 Dornach, Soloth. . . — 1912 Eidmattstrasse 6 . 7 1873 Höhe Zollikon . . — 1907 Gloriastrasse 599 . . 7 1912 Höngg, Zürcherstr. 111 . — 1914 Männedorf . . — 1913 gg, . — 189 Freiestrasse 29 1.1918 ee 31 6 1894 Oerlikon — 197 Hirreibeigähriiee 3 6 1908 Titlisstrasse 2“ SER Leipzig-Goh — 1910 G. Teubner, en 3, ee Uster. . 25 1916 Pestalozzistrasse 33. d 1915. Obere Zäune 10 & 1898 Pelikanstrasse 4 . 1 e 1880 2 Männedorf, Landstr. 90 . — 1911 Frl. Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in Zürich. LI Habegger, Emma Hr. Haffter, Paul J.. Halperin, Jakob, Dr. m Hartwich, Karl, Dr., Bart, Pladi a. & Aa "Hochseh, Hauri, Hans, Dr.., Sökohdarlchruf Heberlein, Dr. Ins: Chemiker . Hefti, Paul, Forstmeister ; Hegi, @ust., Dr., Prof. Bot. and. Universität ei: 18 Heim, Arnold, Di. Geologe, im Winter Hottinger- strasse 25, im Sommer Hofstrasse 100 r Henny, Gerhard, dipl. chem. Laboratoire de geologie de Pniversite Henschen, Karl, Dr. med., Prof. a H Botaniker . Herder, Hermine, Malerin, Villa Yalta ; Herk: jen nrath, Franz, In Herzfeld, Eugen, Dr., Ass. am ehenk: Lab. a. REREN Hescheler, Karl, Dr. ‚Prof. Zoolog. anbeid. Hochschulen Hess, Gottfried, Architekt ; Hess, Walter, Dr. med,, Be kosenta. a. Universität Karl Emil, a. Prof., Ingenieur-Konsulent Hiller, Eduard, Apotheker, Sonnenapoth : Hirsch, Arthur, Dr., Prof. Math. a. d. techn, Hochschule . Hirschfeld, Ludw wig, Dr. med., Assist. am ges Institut der Universität . ; arleh i Hofer, Hans, ikkographe Besser : Holliger, Wilhelm, Dr., Seminarlehrer Hubacher, Karl, Dr., Kantonsapotheker . Huber-Stockar, Emil, Ingenieur Huber-Pestalozzi, Gottfried, Dr. Ber & ai Huber, Hans, Dr. med., Sanatorium uber, Kipa, ee er ie uber, Max, Dr. jur., Prof. der Rechte an der Univers. Huber, Robert, Dr., Prof. am kant. Gymnasium Hüni-Caumont, Emil, Kaufmann . 7:3 Hug, Jakob, Dr., Sekundarlehrer . Huguenin, Gustav, Dr. med., Prof.. Hurwitz, Adolf, Dr., Prof. Math. a.d. köchi: Hostwiänle Imhof, Othmar Emil, Dr. Jabs, Asmus, techn. Direkto Jaccard, Paul, Dr., Prof. n an FEAT Hodischnle Jaeger, Carl, Dr., Chemiker, en eg8. Janike-Schneider, Emil, Priv.-L Jantsch, Gustav, Dr., Privatdoz. nn a. z Univ ersität Jeannet, Alphonse, Dr. ‚ Geologe d. Schweiz. agege Kommission, Ealdnweg $ Du Jenny-Tschudi, Daniel, Fabrikant . . » |. Hans, stud. Mainaustrasse 15 . Nordstrasse 15 Winterthurerstr. 40 . 6 1912 Klosbachstrasse 159. 7 1910 Rämistrasset 5 8: 71-291 Reinacherstrasse 8 . 7 1903 Siadikr. Mitglied Zürich seit Gaswerk Schlieren . — 1915 Baur au Lac . 1::1915 Ester. 7 Haar Freiestrasse 76 . . 7 1892 St, Gallen, Ekkehardstr. 1 . — 1911 Zollikerstr. 132 8 1916 Bülach — 1910 München . . . .— 1903 Zürich 7 ....-— 1906 Lausanne ..— 1911 Sach 2 ‚42-1910 6: 1915 a 8 1916 Höngg, Zürcherstr. IN .==:1913 Ekkehardstrasse 16 . 6 1911 8 6 Huttenstrasse 54 6 1912 i 6.90: 1910 a 40 6 1910 Küsnacht . — 1912 Wettingen: : ©... .— 1896 Belsitostrasse 20. . 7 1912 ünsterallee 12 . 8 1888 Englischviertelstr. 61 7 1915 . — 1910 ännedorf » : .. .— 1900 Schloss Wyden b. Ossingen . 1910 Streulistrasse 16 . . 7 Brandsehenkestr. 28. 2 van 16. 6: 1910 Bergstr Er uslee 1 7 Königafoldn-Bragg Ka Alpenstrassse3 . . 2 1%5 Konkordiastrasse 12. 7 1903 Kilchberg b.Z. . . — 1915 Freiestrasse 4 . . 7 1908 (landedebwänuugff . === 1910 ee 6 Z . 1918 = jon See Schloss ; vuvvH Be VE? 05 ee u EeE HEu SE DE Zen mE 2 2 2 3 I; ee ne Fe ee 5, WERE EEE ENT “ Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in Zürich. . Keer, Arnold, Chemiker . Keller, Emil, Dr. med., Arzt Keller, Konrad, Dr., Prof. Er an ir In: ak. Keller, Konrad, Landw ß Keller, W. Adolf, Dr., ei a. Ural Oaapian Oil Comp- Kiefer, Adolf, Dr., Prof. am Institut Konkordia i Kienast, Alfred, Dr; Privatdoz. Math. an der techn. Hochschul Klages, Wilhelm, Hiteningeieur Kleiber, Albert, D Klett, Max, Dr., aniker 3 Klinger, Rudolf, Dr. med., PEAERIER am ine Institut Klöti, Eugen, Lehrer . . 5 Knabenhans, Page er Behnelore k ‚ Walter, c &xbil Kelsch, Adolf, Dr., een Schriftst her Ä Pr Robert, Dr., Prof. an der Kantonsschule Desire, Ing. Elektr., Priv.-Doz. a. d. E. wei L. J., cand. geol. . Künzli, Emil, Dr., Prof, an der Eile. T.H., Küpfer, Max, Dr., re vergl.-anat, Inst. d. Unirers, . Kubly, F. Wala, Dr. med. = Kummer, er Dr. Ing. Al Pt. = bein okkäehale "Mythei Kummer-Weber, Wilhelm, Pflanzer Kunz, Carl, Dr., Privatlehrer . Kym, Otto, Dr., Chemiker Lämmel, Rudolf, Dr. Lautenbach, Max, Dr. jur. ool. Anstalt Leuzinger, abe Mädchen-Erz. ik: Liebmann, Erich, Dr. - Assist. an der med, Klinik Lipschütz, Alex., Dr. med., Physiol, Institut der Gnirrnität Löwensberg, Paul, Dr. med.. . Lüdin, Emil, Dr., Prof. an der Kb Yedosttieschale Lüthy, Adolf, Dr., Prof. an der höh. Töchterschule Lunge, Georg, Dr., a. Prof. Chem Maier, Hans W., lg d. Are Mark-Bechtold, Andre, Dr. Maurer, Julius, Dr., Direkte Mebie or. Yan, Ah: Medicus, Fritz, Dr. ‚Prof, Philos. a. d.techn. Hochschule Meierhofer, Hans, Dr., Prof.a.d. höhern Töchterschule , Ernst, Dr., Prof. Mech. an der techn. Hochschule edrich, Sekundarlehrer . e Meister, Otto, Dr., Chemiker er Meister, Ulrich, Dr., a. Nabonairet Mende-Ernst, Theodor, Dr. med. . Mertens, Walter, Gaskinnrhah ; inrich, Antiquar ‚ Be Stadtkr, Mitglied Zürich seit 1910 Külchberg b. Zch. . üsnacht b. Zch. —:1910 Asylstrasse 17 »:7::1819 juggachstrasse 12. 6 1902 Tulln, Sariew (Russ.) — 1911 eller-Stalder, Vietoriahof, Luzern. Minerväliiäike 149 18 Küsnacht b. Zeh. . Russenweg 3 Kirchgasse 13. Heliosstrasse 6 Stauffacherstrasse 9 . üschlikon Ballen... «; Werdmühlepl.2 . Stapferstrasse 23. Solothurn Klausstrasse 20 Bellerivestr. 38 nstrasse ID. Carmenstrasse 15 Büchnerstr. 16 Schulhausstrasse 23 . Treichlerstrasse 4 onneggstrasse 29 Mo Ilis > R Kantonsspital & Bern, Brunnmattstr. 2 Wytikonerstr. 31 Stolzestrasse 14 . Streulistrasse 35 . Carmenstrasse 37 Zollikon, Rütistrasse 23 Horn. „ar... Universitätsstrasse 89 Gethestrasse 10. . 1 Dreikönigstrasse 37 . Asylstrasse 114 ..... 7 Meet l. ns z a Yv v “ a 0 ee) SEN EI ut ee Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in "Zürich. LIM . v. Meyenkurg, Bin; Dr. med.,I. Ass. am pathol. Inst. Meyer, Edgar, Dr., Prof. am Physik, Institut d. Universität Meyer-Schärer, Emil, Dr., städt. Schulsekretär . Meyer, Frieda, cand. öol; . Meyer-Fierz, Fritz, Kaufm Meyer-Rüegg, Hans, Dr. BB ‚Privat Di, a. =: Univ. Meyer-Hürlimann, Karl, Dr. med. Monakow, Konstantin von, Dr. med., Prof, 2. Pr Unirersität Morton, Friedrich, Dr., Bot. Inst. £ k. Universität . Müller, Albert, Buchhändler üller-Thurgau, Hermann, Dr., Direkt. a. Schw. Kor suchsanstalt für ea Wein- und Gartenbau . Müller, Marcus, L Muralt, Wilhelm en Dr. sr Naef, Adolf, Dr., Priv.-Doz. f. Zoologie a.d. Universität Nänni, Jakob, DE; dipl. Fachlehrer f. we Narutowicz, Gabr., Ing., Prof. an der . Hochsch. Niggli, Paul, Dr., Prof. f. Mineral. a. = Universität Ogushi Kikutaro, Dr., Prof. der Anatomie . . Oppliger, Fritz, Dr., Prof. am kant. Lehrerseminar . Orthner, Rudolf, Dr. Chem Oswald, Adolf, Dr. med., Piivatdoz. an der Üalvorsit. Ott, Hans, Direktor der Ott-Toblerschen Privatschule Pestalozzi-Bürkli, Anton, Dr. r, Margarethe, Lehre . Peyer, Bernh.,Dr., Tue, is Palma, Inst. ‚Alte kalae Pfister, Johann, Ingenieur Martha, Lehrerin Ai 2 Piccard, Aug.,Dr.,‚Privatdoz. . Phys. a. a. techn. Hoshsch. i Platter, Bruno, Assist. d. Schweiz. Agr. -chem. Anstalt Präsil, Franz, Dr., Prof. Masch, a. d. techn. Hochschule Quervain, Alfred August de, Dr., Prof. Met., zn der ige Zentral-Anstalt . Rascher, Max, Buchhändler . Raths, Jakob, Sekundarlehrer . Redeker, August, Apotheker . : Rehsche, Sylvester, Rechtsanwalt 8. D., Hofrat i Riese, Heinrich, Inganisur i, Martin, Dr., Prof. Bot. an e koch Ho BAER Ris, Friedrich, Dr. _ Direktor der Pflegeanstalt E > ‘ Rohn, Arthur, Prof. N an der: techn. Hochschule Stadikr. u Zürich Selnaustr. 16 :°. 7... :,: 1 1916 Kraftstrasse 48 7 2 7 8 : 7 tingerstrasse 20 . 7 1901 Dufourstrasse 11 ee.) Wien Il... in Nägelistrasse 9 7 7 1 6 ss } Susenbergstrasse 173 1912 Wädenswil. . . . — 1891 itikon .... — 1913 Rämistrasse 18 7 1883 Es ee Pl}: Russenweg 8 1913 Tobslholetzanie 34 71912 Leipzig, Talstr. 35 . — 1913 Osaka (Japan). . . — 1913 Küsnacht b. Zeh. z 1893 Bolleystr. 40 6 Hofstrasse 76. ET Kapfstrasse 6 . . 7 1910 Löwenstrasse 21 . " Sophienstrasse 12 7 München, Nenhauserstr. . 1913 Küsnacht b. Zch.. . — 1915 Derlikon., . 2% 191 Schönleinstrasse 11 . 7 1912 Asylste: 68.222. 71916 Heuelstrasse 51 77: 41898 Gloriastrasse 68 . . 7 1907 Rathausquai 20 ..1 1%5 Streulistrasse 31 . . 7 1897 Bremen-Hemelingen . — 1913 Mythenstr. 1 = 110 i Lt. 1904 Fraumünsterstr.8 . 1 1916 nzenbühlstr. 93 . . 8 1915 Brandschenkesteig 12 2 1894 u „0.1892 MR ; . Bahnhofstrasse 58 . 1 1889 Blümlisalpstrasse 11. 6 1912 LIV WU FERNEN BLUM LM SM EEE DEE UM. M EEE z_ru us EB. 44, BD . Rollier, Louis, Dr., Prof. Geol. a. d. techn. Hochschule Culmannstrasse 36 Roth, August, Dr., 6ymn.-Lehrer am Freien Gymnasium . Roth, Otto, Dr. Prof. Bakt. an d. techn. Hochsch. Roth, Wilhelm, Dr. BR Rothpletz, Gottlieb Friedrich, Sadtgärtder. i Ruge, Georg, Dr. med., Prof. an der Universität . Rusterholz, Arnold, Prof. Vet. med. an der Universität Rutgers, Fritz, Ingenieur, Zürichstrasse 11 Rutishauser, Friedrich, Sekundarlehrer . Sammet, Otto, Dr., Apotheker Sauerbruch, Ferdinand, Dr. ne Prof. 8. 2 Univ. Schäppi, Theodor, Dr. med. et obs ; : Schärtlin, Georg Gottfried, Dr., Direkt. FR REN Schardt, Hans, Dr., Prof. Geol. an n beiden Hochschulen a teren Wilhelm, Dr. Sch ‚ Hans, Dr., Prof. u; an der ic, Hochschule ee Kaspar, Dr., Tierarzt Schindler-Stockar, er Dr. jur., Rechtsdithält ; Schindler, Konrad, Dr. med Schlaginhaufen, Otto, = Prof. Anthrop. a. w Uni Schmid, Ed,, 2% rof. an der kant. a man Schmidt, Oscar, Dr ee d. Aitssst Febr, Gurk Schoch-Etzensperger, Emil, Dr. Schöller, Cäsar, Dr., Fabrikant Schöller, Walter, cand. chem. . Schoop, Max Ulrich, Physiker i Schröter, Carl, Dr., Prof. Bot. a. d. _— kei von Schulthess-Schindler, Anton, Dr. med... . Schulthess-Hünerwadel, Hans, Verlaßs-Buehliändler ö Schulthess, Wilhelm, Dr. med., Prof. a. d. Universit. arz, Emil, Dr. med. Reiirkiarg Ara Schweitzer, Alfred, = Prof, Phys. an der techn. Hochschule > R ER : Seiler, Ulrich, Dr., Prof. a am ask: Gymnasium Johann, Dr. med. Silberschmidt, William, Dr. we; Prof. ; an der Uniy. ling E35 Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in Zürich. Stadtkr, Mitglied ieh seit Schindlerstrasse 4 . Engl. Viertelstr. 54 . Plattenstrasse 34 . Glärnischstrasse 40 . Gladbachstrasse 65 . Scheideggstrasse 45 . ürichbergstrasse 30 ischofsze a in Hadlaubstrasse 106 . igistrasse 35 : Todistrasse AT; Oerlikon . TER 58.. Neue Beckenhofstr. 42 Florhofgasse 2 Josephstrasse 67 . Alpenguai 40 . Voltastrasse 18 Neue ne 14 Hofstra Ho Rämistrasse 2. . . See Kilchbergstrasse 15 . Hadlaubstrasse 106 . Scheideggstrasse 35 . Zollikerstrasse 136 Hohenbühlstr. 16 , Hardturmstrasse 82 . Merkurstrasse 70 . Kreuzbühlstrasse 16 . Rämistrasse 52 . Neumünsterallee 3 eidengasse 9. . . Kilchberg b. Z., Seewart tockerstrasse 32 Möhrlistrasse 69 . Stadelhoferstrasse 15 Kastanienbaum b. Luzen . Gartenstrasse 14. Kastanienbaum b. Luzen . Mythenquai 4 . Pestalozzistrasse 29 . Plattenstrasse 86. . ee 54 Zürich a en le ae a IPÄAIDAAHn R hd 2 1913 Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in Zürich. LV Stadtkr. Hitglied Zürich se Nie it Hr. Speckert, Joseph, Dr. med. 22,2% Bahnhofstrasse 5; +:4912 » Sperber, Joachim, Dr., Forhlehrer aan. ‚Büchnerstrasse 36 6 1898 e » Sponagel, Paul, Dr., Ghihrer ; ‚-Sihlguai 141 © . 25 1914 8 = » Stänbli, Karl, Dr. bei; Privatdoz, a. = ee Zürich St. Moritz-Dorf . — 1903 Sr » Standfuss, Max, Dr. ‚Prof,, Entom. a.d.E.T.H. . . Kreuzplatz2 . ..7 1889 =. Fr. Staub-Elmenhorst, Mary Ellen . neu Palmengasse. 8 52.219144 Hr. Staub, Rudolf, Dr., Gologe . . . 2. 2.2.2... Titlisstrasse 60 41911 Fr. Staub-Wagopoff, Sara, cand. geol. Titlisstrasse 60 1914 Hr. Staub, Walter, Dr. sc. nat., ‚ce FR 5 Poiroleo la Corona, Aporiado Postal No. 238 ; mpico, Mexico . — 1911 » Staudinger, Dr., Prof, der NE an Pr sh. Hochschul ; er sl 61912 » Stebler, F.G., Dr; Vorstand der schweiz. Samenunter- suchungs- und Versuchsanstalt -. . . . . - Walchestrasse 27. 6 1879 » Stebler, Karl, Lehrer. . . . . % 2.2.3 2... Gladbachstrasse 76 7: 1895 » Steiger, Adolf, Dr. med. . - . » 2. 2 2.2.2... Goldauerstrasse 7 6 1905 » Steiger, Karl, Kunstmaler . . . . 2.2... Kilchberg b.Zch.. . — 1910 » Steiner, Albert Karl, Dr. med. . 2... Apollostrasse 2 7 1910 » Steiner, Gotthold, Dr., EEE RN Thalmil. . #2... ##1911 » Steiner, Hans, cand. phil. . . . » Turnerstrasse 422. . 6 1912 » Stierlin, Hans, Dr., Prof. am Ent Öriren . . Culmannstrasse 71 . 6 1910 » Stodola, Aurel, Dr. ‚Prof. Masch. a.d.techn. Hochschule Freiestrasse 62 . . 7 1894 » Stoll, Otto, Dr. med., a. Prof. der Geogr. . . . . Klosbachstrasse 75 . 7 1875 » $to oppanl, Giovanni Am ns > med., Prof. an der rztschule der Uni tät .. Bahnhofstrasse 30 ..1 1903 » R "Hans, Dr... Prof: a a: Ineii . Kapfsteig ; FELMT » Suter, Heinrich, Dei; ‚Prof. am kant. Gymnasium . . Goldbach b. Küsnacht .— 1871 » Täuber, Karl Paul, Ingenieur u en ae. Bobbichstrasse 82. ...6..1910 » oh i » 2.020200... (landesabwesend) — 1914 » Thellung, Albert, Dr., Priv. Doz. Bot d. Uni Klausstrasse 47 8 1911 » Sean Adolf, Dr., Prof. Elektr.a.d. Ei Hochschule Winkelwiese 4 1.1873 » winsky, Constantin, Dr., Geologe imnalra.. on LITE » a Fred. Pearson, Dr., "Pro, Chem. a.d. er Hochschule Bächtoldstrasse 15 . 7 1894 >» Treadwell, William D., Dr., Pivatdoz, d. Chem. a.d.6.1.H. Freudenbergstr.146 . 6 1916 » Tröndle, Arthur, Dr., Privatdoz. ee an der Univers.. Höhenweg 16. . . 7 1915 » Trueb, Reinhold, Ingenieur, Fabrika Hombrechtikon -. . — 1911 » Trümpler, Alfred, dipl. Chemiker u. ee Fachlehrer Kasinostrasse 20. . 7 1914 » Tschulok, Sinai, Dr., Fachlehrer für Naturwissensch. und Privaldozent an der Universität Gloriastrasse 68 . . 7 1909 » Ulrich, Alfred, Dr. med., Leiter der en Anstalt Südstrasse 150 . . 8 1903 » Ulrich, Konrad, med. pract., Assistenzarzt am othologischen Institut Basel, Kohlenbergsir. 3 . — 1912 » Veraguth, Otto, Dr. med., Privatdoz. a. d. Universität Ringgerstrasse 11 2 1903 » Vogel, Theodor, ‚Apotheker Seefeldstrasse 81. . 8 1916 » Volkart, Alb., Dr., Adjunkt der Khwe, inenintär- suchungs- und Versuchsan stalt . Frohburgstrasse 67 . 6 1900 » Wagener, A., Brendelstrass - . . » Homburg v.d. Höhe. — 1910 » Wartenweiler, Tags er 2 Verlikons ee — 1806 » Waser, Ernst, Dr., Chemiker . >» 2» Büchnerstrasse 22 6 1915 » Weber, Emil, Dr., Sek.-Lehrer . ; . Hotzestrasse 35 6 1911 > Wegmann, Gustav, Ingenieur . .» . . . ... . Hofstrasse 132 . . 7 1898 LVI su u u iM iV x NUM NDMKDYH v v NW NENENEWHLINGEN vs Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in Zürich. . Wehrli, Hans, Dr., Prof. Geogr. an der Universität . Wehrli, Leo, Dr., Prof. a. d. höh. Töchterschule . Weigel, J. Heinrich, Direktor d. Nat. Cash Register Co. Weiss, Pierre, Dr., Prof. Phys. an d.techn. Hochschule Werner, Alfred, Dr., Prof. Chem. an der Universität etter, Ernst, dipl. Fachlehrer d. Naturwissensch. Wettstein, Ernst, Dr., Prof. au der kant. Industrieschule Wettstein, Walter, Sekundarlehrer . Weyl, Hermann, Dr., Prof. Math.a.d. becker Hochäch, Widmer, Adolf, Dr. med. ; Wiederkehr, Rudolf, Sakuindariehrne R Wiegner, Georg, Dr., Prof. Agr. Chem. a. d. ale Iochschale Wiesmann, Theodor, Sekundarlehre Wild, Oscar, Dr. ind; Privaten; a =: Universität Winterstein, en Dr., Prof. = Chem. a. d. techn. Hochschule Wolter, Alfred, Dr. Brot le an Böhlen Hochs, Wolier, Paul, D s Wünsche, Fritz, es IR am en Di. N Universität Wyider, Theodor, Dr. med., Prof. an der Universität Wyss, Max Oscar, Dr. Se, Privatdoz. a. d. Univ. Wyss, Oscar, Dr. med., v. Wyss-Schindler, Wilhelm höhern Töchterschule (ält Wyssling, Walter, Dr., Prof. ia an ae = Hochschule ; Zangger, Heinrich, Dr. med., a an der Universität Zeller-Williger, Erwin, Inge EEE Zeller, Heinrich, Dr. jur., et alt Zermelo, Ernst, Dr., Prof. Math. an der Universitä t. ‚Otto, Be Prof.Vet. Med.a.d. Universität Zölly-Veillon, "Heinrich, Ingenieur . Zollinger-Jenny, Ernst, Fabrikant ‚ Erwin, Dr. med., Prof. an der Univ ersität Zschokke, Theod,, Obetbaslschnfker a. d. eidg. Ver- suchsanstalt für . Obst- und Gartenbau . uppinger, Zürcher, Ernst, as Zürcher, Joh. Friedr. . {. ‚Di. Pot, ker er 2. Kurhausstrasse 11 ochstrasse ns Gladbachstrasse 89 Merkurstrasse 54 Attenhoferstrasse 34 Birmensdorferstrasse 224 Schmelzbergstr. 20 . eg Steinwiesstrasse sl: Physikstrasse 4 Sternwarte . Sg I. Z een 2 Seefeldstrasse 23 . = =. Kilchbergstrasse 85 . ee 4 Wädenswil. Bergstr asse 25 Schön gasse 9 Seefeldstrasse 115 . Brunaustrasse 42 . Bellariastrasse 57 Selnaustrasse 36 . Wädenswil . Wallisellen . Brunngasse 2 . . Pension Florhof . Freie ausländische Mitglieder. . Bühler, Anton, Dr., Prof. Forstwiss. a. d. ce Bluntschli, Hans, Dr. med., Prof. Zool. a. d. Univers,, Gärtnerw. Disteli, Martin, Dr., Prof. Math. a. d.techn. Hochschule, vn 152 Driesch, Hans, Dr., Uferstrasse 2 . . v. Eggeling, Heinrich, Dr. med., Prof. an d. Univerait tät Emden, Rob., Dr., Prof. and. techn. Hochsch. (Phys.), Habsburgerstr.& Ernst, Paul, Dr. med., Prof. an d. Univers., @raimbergw. 8 Tübingen . . . Frankfurt a.M. . = rlsruhe . . Heidelberg . Jena. 2 Pe München Heidelberg ee er 7 Zürich „E er oo» oO= IA | DBAWAÄandı an an vo-Aı|roa-ı seit Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Gesellschaft in Zürich. LVO Hglid ug B:: Hr. v. Frey, Max, Dr. med., Prof. an der Universität . Würzburg. . . 1898 1914 » Goldschmidt, Heinrich, Dr., Prof. Chem. a.d. Univers. Christiania . . 1881 1914 » Höber, Rudolf, Dr. med., Prof. and. Univers. (Physiol. Inst.) Kiel. . . . . 1889 1914 » Jordan, Hermann, Dr., Prof Physiol., Frans Halsstraat 19 Utrecht. . . . 1903 1914 » v.Laue, Max, Prof. Phys., Beethovenstrasse 33 . . Frankfurta.M. . 1912 1914 » Lorenz, Richard, Dr., Prof. Elektrochem. an der Univ. Frankfurt a.M. . 1897 1914 » Martin, Paul, Dr., Prof. Anat. a.d. Univers., Johannesstr.I5 Giessen. . . . 1889 1914 » Martin, Rudolf, Dr., Prof. Anthrop., Kusliadake: 81 Karlsruhe . . . 1890 1916 » Maurizio, Adam, Dr. a Bot.a.d.k.k. Hochschule Lemberg . . . 1902 1914 » Moallison, Theod., Dr., rop., Panoramastrasse 22 Heidelberg-Rohrbach . 1905 1914 „ « Panchaud de Bottens, adalbere Dr. phil.u.med. . Hamburg . . . 1911 1916 - » Ribbert, Hugo, Dr. med., Prof. an der Universität Bonh \..s 5. 1098 Ts » Rothpletz, Aug., Dr. Prof. Geol. a. d, Universität, Hiselastr, i München . . . 1880 1914 » Schall, Karl, Dr., Prof. Chem. an der Universität, Bternwartenstr. 79 Leipzig. . . . 1889 1914 » Stix, Oswald, Dr. ing., Ingenieur, Seidlgasse 14. . WienII . . . 1908 1914 » Weber, Friedr., Dr., Geologe, Nederlandsche Coloniale Petroleum Maatschappy, Koningsplein W 20 . Batavia-Welterreden . 1904 1914 » Wundt, Wilhelm, Dr. med., phil. et jar., Prof. Philos. a. d. Cnivers. Leipzig. . . . 1874 1914 Ki A. Vorstand. ee: Präsident: Hr. Bosshard, E., Dr., Prof., Ottikerstrasse = ae 1916-1915 P Vizepräsident: >» Henschen, K., Dr., Prof, almengase2 . . .. ....1916-1918 Sekretär: » Rübel, E., Dr., Zürichbergstrasse 30 et 2: 1940-1918 Quästor: » Baumann-Naef, M., Dr., Tödistrasse 39, u 9, III Redaktor: » Schinz, Hans, Dr., Prof. Seefeldstr. 12 . . . 2... 1912-1918 Vertreter in der Kommission der Zentralbibliotkek:: Hr. Rikli, M., Dr., Prof., Brandschenkesteig 12 . ... 1916-1922 Beisitzer: » Huber-Stockar, E., Ingenieur, Nenmmiinstarnlia i2. . .. 1916-1918 » » Kienast, A., Dr., Küsnacht b. Z. . DE 0. » ‘» Heim, Arnold, Dr. "Hotlingerstikise 25 a . 1916-1918 B. Rechnungsrevisoren 1916-1918. Hr. Bircher, E., Dr. jur. » Seelig, Carl. Abwart: Hr. Koch, Hans Heinrich, Rämistrasse 44; gewählt 1882, Mitgliederbestand. | we Auf 31. Dezember 1916 a # Ehrenmitglieder ee a : en Mitzlider a. 4 II. Ordentli she Mitglieder. u. a „er... me 458