a | VKAargI:+ Vierteljahrsschrift der - Naturforschenden Gesellschaft ın Zürich. nunren Herausgegeben von Prof. Dr. HANS SCHINZ Direktor des Botanischen Gartens und Museums der Universität Zürich. Vierundsechzigster Jahrgang. 1919. Mit 1 Porträt und 11 Tafeln. > Zürich, in Kommission bei Beer & Co. in Zürich AR BOTAnn\ 1919. cu ee IR VON ne ı B | MAR28 1922 ww a 94 R er j armen Gründungsjahr der Gesellschaft 1746. Ss. 1—518 ausgegeben am 12. April 1919. Das Doppelheft 1/2, Bogen 1—33, des 64. Jahrganges (1919) er Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich ist von dieser als Festschrift zur Feier der Vollendung des 70. re Albert Heims (am 12. April 1919) erschienen. S.519—861 und I—LXIX ausgegeben am 31. Dezember 1919. Buchdruckerei Gebr. Fretz A. G., Zürich. Inhalt. Erster Teil: Abhandlungen. Paul Arbenz. Probleme der Sedimentation und ihre BRERRS zur Gebirgsbildung in den Alpen Ausgegeben als rahe; am 18. Ka 1919. E. Baumberger. Zur Geologie von Leuzigen, mit einem Überblick über den geologischen Bau des westlichen Bucheggberges . usgegeben als Separatabdruck am 12. April 1919. Emil Bächler. Die Stellung der Geologie zur heutigen BEE Höhlenforschung usgegeben als rstehihehe; am 12. Aorıl 1919. Ed. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado Ausgegeben als Separatabdruck am 12. April 1919. Ernst Blumer. Entwurf einer Übersicht der Erdöllagerstätten Ausgegeben als Separatabdruck am 12. April 1919. H. Brockmann-Jerosch. Weitere RER zur Beurteilung der ae flora ; e 2 ; . Ausgegeben als a am 12. Apail 1919. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf . eben als Separatabdruck am 1. September 1919. A. Buxtorf. de y Talgeschichte der Via Mala - Ausgegeben als Separatabdruck am 12. April 1919. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster und R. Brauchli. Hear Unter- suchungen in Mittelbünden . i Ausgegeben als RE am 12. Kon 1919. H. Fischer-Sigwart. Stratiotes aloides L. bei Zofingen usgegeben als Separatabdruck am 1. See 1919. A. Fliegner. Einige Anmerkungen zur Thermodynamik . Ausgegeben als Separatabdruck am 1. Ben a 1919. J. Früh. Zur Morphologie des Zürcher Oberlandes Ausgegeben als Separatabdruck am 12. April 1919. Rudolf Fueter. Über die Konstruktion einer speziellen automorphen Funktion k . ; ; . ü i & 5 ; Ausgegeben als Separatabdruck am 1. September 1919. U. Grubenmann. Lamprophyrische Ganggesteine im zentralen Gotthard- granitgneis aus der Umgebung des St. Gotthardhospizes Ausgegeben als Separatabdruck am 12. April 1919. Ad. Hartmann. Wasseruntersuchungen im Gebiete der Magdalena- ga in Niederkalifornien Ausgegeben als rischen am 12. ai 1919. 246 219 141 117 Arnold Heim. Über Arbeitsmethoden schweizerischer Alpengeologen Ausgegeben als Separatabdruck am 12. April 1919. Arnold Heim. Fir Geologie des Günten . gegeben als ERRRTERT am 12. April H. Hirschi. en ng zu ‚abs oluten Altersbestimmungen hir Mae der Schw usgegeben Re Bapanitabirunk am 12. Apkik 1919. J. Hug. Der mens am Türlersee . Ausgegeben als ER RN am 12. April 1919. Dr. Robert Keller. Studien über die geographische Verbreitung schwei- zerischer Arten und Formen des Genus Rubus Ausgegeben als ee am 1. September 1919. A.Kiefer. Über Kreis- und Kugelse Ausgegeben als ehaläbeiuck am 1. September 1919. Joh. Jak. Menzi. Das Stomodaeum der Lumbrieiden. Die Grenze zwischen Ektoderm und Entoderm in der ontogenetischen Entwi des Lumbrieiden-Vorderdarms mit sschlessndenVerglichungen über die Be, Bildung eben als Separafabirutk am 1. Beplemder 1919. E. Neuweiler. Die: Pflanzenreste aus den Pfahlbauten am Alpengquai in Zürich und von Anime sowie einer interglazialen Torfprobe von Niederweningen (Zürich) . . usgegeben als Seeditk am 1. September 1919. Paul Niggli. Petrographische Provinzen der Schwei Ausgegeben als Separatabdruck am “ Aue 1919. J. Oberholzer. Der tektonische | von Glärnisch-, Schild- und Wiggisgruppe Ausgegeben als Senssrklebruih am 12. April 1919. H. Preiswerk. Die überkippte Tauchfalte am er und ihre rüheren we : usgegeben als Siparaluliüruck ı am 19. April 1919. A.de nn her Wirkungen eines vorstossenden Gletschers . egeben als Separatabdruck am 12. April 1919. Ferdinand und Carl Schröter. Notizen zur Schweizerischen Kultur- geschichte. 49. Die Eulerausgabe (Fortsetzung) . 50. Nekrologe: Konrad Brandenberger. Georg Biss. Aasgons Gtete. Paul Choffat, Theodor Reye. Karl ae Alfred Werner. Adolf Hurwitz R Ausgegeben als Senaisiahrirck am 31. Disnbes 1919, F- Schalch, mit Beiträgen von B. Peyer. en ein neues Rhätvorkommen im me des Donau-Rheinzuge sgegeben als ENG am 12. Kos 1919. Rudolf Staub. Gin das Längsprofil Graubünden Ausgegeben als Separatabdruck am 48 April 1919. Walther Staub. Neuere Ergebnisse der een Untersuchung des öst- lichen Mexico usgegeben als Separktuhleie am 19. April 1919. 670 617 837 837 Seite ‚ A. Thellung. u. zur Adventivflora der Schweiz (III) ; 684 usgegeben als Separatabdruck am 31. Dezember 1919. Leo Wehrli. ee im Lago Nahuel-Huapi . 487 Ausgegeben als Separatabdruck am 12. April 1919. L. Zehnder. Über die Ursachen der geologischen Epochen 136 Ausgegeben als Separatabdruck am 12. April 1919. Verzeichnis der Publikationen von Albert Heim. ER auf seinen 0 eburtstag, den 12. April 1919 499 Zweiter Teil: Sitzungsberichte. Seite Alfred Kienast, Sitzungsberichte von 1919 . 4 i R . I rin sind folgende Autoreferate ml: Josias Braun-Blanquet. Über die eiszeitliche Vegetation des südlichen Europa XLI Anton Bühler. Die Arteria als ei Piobleh XXXVI H. E. Fierz. Friedensmöglichkeiten der schweizerischen chemi- schen Industrie ö V Ernst Furrer., Wendtangen: in dar Vegsiskiunnlucke er nis In H. Greinacher. Wechselstromversuche . i i CARL VHI J. Hug. Geologische Mitteilungen über den Sihlwald“ XXXTU Hans W.Maier. a Studien der Mimik Geisten- kranker . i XVH Edgar Meyer. Wie gelogen wir zu Er Konlslischen Auf- fassung der Elektrizität? ; XXX Adolf Naef. Bilder vom Bau din Taler ee“ Tintenfische ’ XLV Otto Naegeli. Klinische Blutuntersuchungen in En natur- wissenschaftlicher Betrachtung * \ XI E. Ott. Das städtische Gaswerk in Schlieren i Xu A.de Quervain. . die Ergebnisse der lrairirindtieh Grönlandexpeditio XXVI Jean Stähli. Phirafkalinche ur Shyaiko: Aeiache isline aus dem Gebiete der Augenheilkunde XIV J, Strohl. Innere Sekretion und allgemeine Biologie : ; vu sowie: E. Ott. Besichtigung des städtischen Gaswerkes in Schlieren . Xu A.Kienast. Exkursion in den Sihlwald . XXXU — Exkursion in die Fabrik und Gutswirtschaft Mass; in kompl und auf die Kyburg XXXIV M.Baumann-Naef. Bericht des Önästsns über die Beckiikng der Naturfor, schenden Gesellschaft in Zürich für das Jahr 1918 XIX A. Kienast. Berie es Sekretärs über die wissenschaftliche Tätigkeit und di Bestand der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1918/19 i XXI Hans Schinz. Bericht di Heisklön ü } ® i i XXIV Statuten der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich ; XLVH Verzeichnis der Mitglieder der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich auf den 31. Dezember 1919 i H \ : ü . LI NB. Die Separatabdrücke sind nicht im Buchhandel zu haben, u NET VE Ve Erster Teil Abhandlungen ee mt Die überkippte Tauchfalte am Campolungopass und ihre früheren Deutungen. Von H. PREISWERK, Basel. (Als Manuskript eingegangen am 5. Mai 1918.) Einleitung. Ein für Mineralogen und Geologen wohlberühmter Ort ist der Passübergang von Faido oder Rodi-Fiesso im oberen Tessintal nach Fusio im obersten Maggiatal über den Campolungo. Vor mehr als hundert Jahren wurde diese merkwürdige Lokalität ans Licht gezogen durch Fleuriau de Bellevue, der im Sommer 1791 an den schneeweissen, zuckerkörnigen Dolomitmassen des Passes jene eigenartige, rosafarbene Phosphoreszenz entdeckte, die beim Schlagen und beim Erwärmen eintritt, sowie die hohe Gesteinselasti- zität des Dolomites, über die er 1792 eine Abhandlung veröffentlicht hat (1). Diese Arbeit enthält m. W. auch die ersten geologischen An- gaben (p. 89) über den Fundort. Die interessanten Entdeckungen von Fleuriau de Bellevue sind dann weiterhin durch Saussure (2, p. 174 u. 176), Ebel (3, p. 239), Amoretti (4, p. 93 u. 96), Lardy (5, p- 243) und Lavizzari (8, p. 7 u. 25) bekanntgemacht worden. - Weit mehr noch verbreiteten den Ruhm des Campolungo die in dem Dolomit eingewachsenen seltenen Mineralien: Korund, Diaspor, _ grüne Turmaline ete., die den Weg in alle Museen der Welt fanden. Die Hauptfundstelle wurde ums Jahr 1813 von den Brüdern Camossi in Airolo entdeckt (9, p. 644). Nach J. Königsberger, dem wir eine kurze Beschreibung der Lagerstätte mit Literaturangabe verdanken (20), liegt der Fundort etwas nördlich von der Höhe des Passes, zwischen den Alpen Campolungo und Cadonighino (Quote 2141), den die Geologen gerne als Cadonighinopass bezeichnen. Seit etwa 40 Jahren dürfte die Lagerstätte nicht mehr ausgebeutet worden sein. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 1 2 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Währenddem das mineralogische Interesse an der Campolungo- gegend frühzeitig einen gewissen Höhepunkt überschritten zu haben scheint, entwickelte sich das geologische Verständnis langsamer. Ich will im Folgenden, nach einem kurzen Rückblick über die Auffassungen und Darstellungen des Gebirgsbaues der Campolungo- region bei verschiedenen Geologen seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, eine neue Deutung der Aufschlüsse geben, die sich auf meine jüngsten Beobachtungen im Felde stützt, nämlich eine Deutung unter Annahme von überkippten Tauchfalten. Eine allgemeinere Bedeutung scheinen mir derartige Falten im Campolungogebiet dadurch zu gewinnen, dass hier in guten Auf- schlüssen, in relativ kleinem Bezirk und an Hand von weithin sicht- baren Gesteinsfarben ein Vorgang studiert werden kann, der in der modernen Alpentektonik bereits eine wichtige Rolle spielt. Es sind die von den modernen Alpentektonikern als „enroulements“ oder auch „Einwickelungen“ bezeichneten Effekte der Gebirgsbewegungen. Die Aufschlüsse am Campolungo. (Fig.1). Die Alp Campolungo ist seit kurzer Zeit durch die Anlage schöner Wege von Rodi zum Lago Tremorgio sehr leicht zugänglich geworden. In drei guten Stunden kann der Wanderer vom Tal aus den flachen Boden der Alp erreichen, bei dessen Betreten er sich mit einem Schlag mitten in die Marmorwelt des Campolungo versetzt sieht. Zur Linken und zur Rechten öffnen sich geologische Szenerien von faszinierender Schönheit. Aus dem dunkeln Gestein des Gebirges sieht man die blendend weissen dolomitischen Marmormassen hervorleuchten, links die weissen Schichtköpfe zu wilden Erosionsformen sich türmend, rechts dieselben Marmore zu mächtigen Falten von absonderlicher Gestalt geknäuelt. Wenden wir uns zuerst nach links, zu der tief in die Dolomit- schiehten eingerissenen Scharte zwischen dem Filo im Norden und dem Gebirgsstock des Pizzo Campolungo im Süden, dem „Cado- nighinopass“ (siehe Profil I, Fig. 1). Das ganze Profil schneidet eine scheinbar einheitliche, isoclinale Schichtenserie. Die Dolomit- | Bargen trennen die umgebenden dunkeln krystallinen Schiefer in en und einen liegenden Teil, deren verschiedenartiger arakter sich schon von weitem zu erkennen gibt. Die liegenden Schiefer, die im Filo gipfeln, sind bräunlich gefärbt, reichlich mit un er und bilden sanft geschweifte Gratformen. Es sind > zu den Bündnerschiefern gehörenden Kalkschiefer, Die hangenden 3 Jahrg. 64. H. Preiswerk. Die überkippte Tauchfalte am Campolungopass. "Wu Yoorsıeı] Yy e/e9gp \ * I 21 A safary2SsawujÖjeu@4H ‚un ayızsenbjeuesg (odenjoudaez \ \ en SID SYOJSSO) SP WOR yjSar i \ f: WER OLISEU0N) NY BLE) WODIE rwoyogg wr uoberz ayrosj1doßöry) I MEER Lrwoyofg un waßD7 94218411084] zwopogg 1061104424207 BE > sen syremyaney FR e ’ ; IRBUIT L FA 5 Sr * / Ser SYINPSY/EH E33 EINL (odunyouwe)) e95T nr JEROLS [2P 0214 6192 pay €7 w006/ IE FIIR o,Bsowast] er ode7 ER ine x NN - 5 VBMS N se won SaYUSWE. \ & fourybiwope2) Ss 7, Unjochve 0ZU/ LS RE zeichnet werden v. 4 Vierteljahrssehrift d. Naturf. Geseilsch. in Zürich. 1919 Schiefer, die den zerrissenen Grat zum Pizzo Campolungo hinauf bilden, sind mehr grüngrau gefärbt und vegetationsärmer. Es sind granat- reiche, zum Teil quarzitische Glimmerschiefer und Granatquarzite prätriadischen Alters. Die Serie liegt also dem Alter nach verkehrt. ‘In der Scharte selbst, wo die Triasdolomite anstehen, bemerkt man zwei getrennte Massen des weissen Dolomit, eine kleinere nördlich ‚vom Pass, die grössere am Pass selbst und südlich davon. Beide bestehen aus demselben zuckerkörnigen Dolomit von weisser oder bläulichgrauer Farbe. Phlogopitreiche Schichten bilden dunklere und festere Bänke, die besonders an dem hochragenden weissen Zahn über der Passhöhe als balustradenartige Erosionsrelikte weithin sichtbar hervorragen. Die tremolitreichen Schichten treten im Terrain nicht hervor. Sie bilden eher Depressionen als Rippen, da sie vorwiegend aus mürbem, zerreiblichem Dolomit bestehen. Mitten in der Scharte, beiderseits flankiert von den weissen Dolomiten fallen, direkt nördlich vom Sattel 2141, dunklere, teil- weise grasbedeckte Gesteine auf. Es sind Rauhwacken und Kalk- schiefer, deren Bedeutung wir später besprechen wollen. Von den nackten Dolomitfelsen wäschen die Tagwässer weissen Dolomitsand ab, der in den Alluvionen der Campolungoebene sich ausbreitet und Schneefelder vortäuscht. Südlich vom Bach ragen aus dieser Ebene mehrere flache Rundhöcker, die auffallenderweise aus Kalkschiefern bestehen (27). Am Südrand der Campolungoebene tritt die scharfe Grenze zwischen dem Dolomit und den ältern krystallinen Schiefern mehr- fach zu Tage. Die Schichten fallen nach Süden ein. Wendet man den Blick von der Campolungoalp nach Westen gegen den Campolungopass zu den schönen Dolomitfalten empor, so findet man dieselben Gebirgsglieder wie am Cadonighinopass, aber AM völlig veränderter Lagerung. (Profil II der Fig. 1)Y). Die am Cadonighinopass das Hangende bildenden, flach südfallenden Granat- quarzitschiefer gelangen in dem Felsz vertikale Lagerung. flachen Dolomitsa ttel zu wölben scheint. Steigen wir vom Campolungopass im Streichen der Schichten ins 1) : “ s ’ Leider musste Profil II zum Vergleich mit Profil I und III umgekehrt ge- 2 e verglichen mit der L SE : : - Dolomitfalte von der Alp Pe Fe der klassischen Ansicht der liegenden Jahrg. 64. H. Preiswerk. Die überkippte Tauchfalte am Campolungopass. 5 Maggiatal hinunter, so treffen wir schon etwa 500 Meter von der Passhöhe entfernt, ausschliesslich sehr steile Schichten. Das flache Dolomitgewölbe ist verschwunden. An seiner Stelle sind nur Reste steilgepresster Falten im Dolomit sichtbar. (Profil III.) Historisches. Schon zahlreiche Geologen haben ihre Beobachtungen über den Campolungo veröffentlicht, ohne dass es bisher .gelungen wäre, eine befriedigende Erklärung zu finden, speziell für die dem Beobachter auf der Alp Campolungo in die Augen springenden Komplikationen. Fleuriau de Bellevue (1) macht p. 89 einige wohlzutreffende Angaben über die Lagerungsverhältnisse des Campolungodolomites. Zu jener Zeit, d.h. bevor Charpentier und Lardy die Belemniten am Nufenen entdeckt hatten, war es noch unmöglich, den Gebirgs- bau dieser Gegend aus den herrschenden Anschauungen heraus zu verstehen. Dies geht aus den folgenden klaren Sätzen von Fleuriau ‚de Bellevue (p. 90) hervor: „La pierre calcaire en couches est done ici recouverte par un genre de pierre de premiere formation; elle repose egalement sur un schiste quartzeux micace; cette roche est done @videmment pri- mitive.“ Im Jahre 1815 veröffentlicht Lardy in Leonhards Taschenbuch (5) die Beschreibung eines Ausfluges auf den Campolungo. Wir finden dort eine ziemlich eingehende Beschreibung der Aufschlüsse. Beson- ders auch treffende Angaben über das Auftreten der Tremolite. Weitere mineralogische und geologische Mitteilungen machte Lardy in seiner Arbeit über den St. Gotthard (6). Den schönen Anblick der Dolomitfalten von der Alp Campolungo aus, beschreibt er p. 248 mit folgenden Worten: „A l’ouest les rochers de dolomie sont compos6es de couches de differentes nuances de blanc et de gris qui presentent les replis les plus composes.“ Besonders interessant für unsern Gegenstand sind die der Arbeit beigegebenen Profile durch das Gotthardmassiv und das obere Tessin- tal: Lardy hat die Nufenenschiefer bis ins Bedrettotal hinein und zum’ Scopi verfolgt. Die Kalkschiefer des Campolungogebietes lässt er aber bei den zur Primärformation gezählten Glimmerschiefern. Somit bleibt der Fossilfund am Nufenen (1814) noch ohne Konse- quenz für die Altersbestimmung der Campolungodolomite, deren geo- logisches Niveau Lardy zwischen die primitiven Gneise und Glimmer- schiefer ] . 248). En Sein a des Cadonighinopasses mit dem charakte- 6b Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 4 ristischen weissen Dolomitzahn über der Passhöhe zeigt, dass Lardy die verkehrte Lagerung der Schichten richtig erkannt hat. B Studer JSU Mk Jassello NW X EN N 1 ee e Da 9 i x 1:40000 ce 5 ” K von Friksch \ 1873 r Lruiner 6ol alte ber Hess ?6n un 1.25.000 | ; A. a STEH i 4, (an -85) Crmpalungo i N Ne? u. 4 Gars a R % 5. Glimmerschieler 2” 1:100 000- gg ; J. Königsberger 1908 # 277 / SER HERE HN = ma {(d IN, Bündner. 302 } N SIIN Is >53 ci Tee ER, FI ea 2 HE WWF = + ba - N R, En rar, Y ae EA u /:20000 ca - - > Br iR, EN = Fig.2. Profile durch die Dolomitschichten am Campolungo aus den Jahren 1832 — 1908. | Die Karte von B. Studer vom Jahr 1844 (7), bringt in der skratigraphischen Auffassung den Fortschritt, dass die belemniten- Koi Schiefer mit den Kalkschiefer, die durchs obere Tessintal | er Campolungo bis Fusio streichen, unter der Bezeichnung: Jahrg. 64. H. Preiswerk. Die überkippte Tauchfalte am Campolungopass. 7 „Flysch“ vereinigt sind und samt den Dolomiten als jüngere Bil- dungen den Gneisen und Glimmerschiefern gegenübergestellt werden. Die Kalkschiefer (Flysch) vergleicht Studer dem „terrain jurassique modifi6“ der Franzosen (7, p. 306). Das Alter der Dolomite bleibt unbestimmt. Auch Studer hat ein Profil (vgl. Textfigur 2) durch den Cam- polungo gezeichnet (7, Taf. XI, Fig. 1). Da er aber die südwärts an den Dolomit anstossenden Granatglimmerschiefer teilweise mit seinem „Flysch“ vermengt hat, wie auch aus der Karte ersichtlich ist, so bildet sein Profil für das Verständnis des Gebirgsbaues des Campo- lungo durchaus keinen Fortschritt gegenüber den Profilen von Lardy. Weitere Klärung brachte die bewundernswerte Karte der Pen- ninischen Alpen von Gerlach in: 200 000 (10). Der zuckerkörnige Dolomit des Binnentales, der Bruder des Campolungodolomits, wurde als Liegendes der Glanzschiefer (schiste lustr6) und Hangendes der Gneise als Trias festgestellt durch Vergleich mit den Westalpen. Damit war de facto auch die stratigraphische Stellung des Campo- lungodolomites festgelegt. Leider liegt der Compolungo ausserhalb der Gerlachschen Karte. Die Zugehörigkeit der Campolungodolomite zu den Dolomiten und Gypsen des Bedrettotales, die nach Gerlach Trias sind, hat dann Studer 1872 im Index der Petrographie ausgesprochen (11, pag. 67) und so die Kette der Schlussfolgerungen vollendet, ohne direkt noch den Namen Trias auf den Campolungodolomit anzuwenden. Die Aufnahmen von F. Rolle (13) klärten den tektonischen Zusammenhang der Dolomitvorkommen unter sich und ihre Beziehung zu den Bündnerschiefern besser auf. Das Campolungoprofil (13, Tafel I, Fig. 2) siehe Fig. 2, gibt die Verhältnisse im Ganzen richtig wieder und bestätigt die schon von Lardy erkannte umgekehrte Lagerung. Über das Alter des Dolomites äussert sich Rolle (p. 19) dahin, dass der Dolomit vom Campolungo als Bedeckung von Glimmerschiefer und seinerseits überlagert von grauem Bündnerschiefer möglicherweise ein Äquivalent der Triasmassen im Osten (von Blatt Bellinzona-Chia- venna) sei. Die Profile von A. Heim zur „Geologie der Hochalpen zwischen Reuss und Rhein“ (15) enthalten ebenfalls einen Durchsebnitt durch den Campolungo (Tafel I, Nr. 2). Der Campolungodolomit ist hier als Rötidolomit eingetragen und damit definitiv zur Trias gestellt, vgl. Fig. 2. Seine Zugehörigkeit zu den Triasbildungen am Skopi, die die Basis von fossilführendem Jura bilden und zu den Triasablage- rungen weiter ostwärts, die typischen Verrucano überlagern, ist durch 8 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 den tektonischen Zusammenhang überzeugend dargetan. Die Aufnahme der Profile durch Heim reicht bis 1871 zurück. Es ist demnach zweifel- los, dass wir Heim die definitive Klarlegung der Stratigraphie des Campolungogebietes zu verdanken haben. Es erübrigt noch auf einige Arbeiten einzugehen, die sich mit den speziellen Komplikationen der Campolungopasshöhe befasst haben. K. von Fritsch (12) hat die Campolungoregion in 1 : 50.000 geologisch kartiert, ein Profil in 1: 50000 durch den Grat zwischen Cadonigo und Campolungo gezeichnet (Profil Nr. 10), sowie eine geo- logische Skizze der Campolungopasshöhe (Tafel IV, Fig. 20). Er weist darauf hin (p. 139), dass die Dolomitmasse am Pass die Form eines umgekehrten (sollte heissen liegenden) lateinischen C hat, stösst aber bei genauerer Betrachtung auf Rätsel, die er nur „andeuten“ nicht „lösen“ kann. Der Hauptgrund der für Fritsch die Lösung der Rätsel unmöglich macht, ist die zweideutige Rolle, welche. die „Disthen und Staurolith führenden Schiefer (Sdi)“ in seiner Legende spielen. Er bezeichnet damit einerseits die gelegentlich Disthen führenden Granatglimmerschiefer und Granatquarzite, die das Han- gende des Dolomits auf der Alp Campolungo bilden und die nach meinen Aufnahmen das jüngste prätriadische Glied des überschobenen Campo Tencia-Lappens bilden, anderseits aber auch die Staurolith- schiefer von Piora, die zweifellos zu den mesozoischen Bündnerschie- fern gehören. Die Kalkschiefer (SK) und die Staurolithschiefer (Sdi) sind in der Pioramulde altersgleich. Daher liegt es für Fritsch nahe, auch die beiderseits dem Dolomitgewölbe am Campolungo pseudo- antiklinal auf- und anlagernden Schiefer zu parallelisieren, wie dies im Profil 10 angedeutet ist (vgl. Fig. 2), obschon er den petrogra- phischen Unterschied der beiden Schiefergruppen deutlich hervorhebt. es nn en (14) spielt die Pseudoantiklinale des ER erständnis unglückliche Rolle, indem Stapf sie einfach als Antiklinale bucht (Tafel 25, Fig. 1), ohne ihre geolo- gische Muldennatur zu beachten. Re a. nn 2: Bonney (16) die beiden Pro- een Di “ on nn Cadonighinopass und vergleicht sie (P.299) „a fold ee olomitfalte am Kanolunge nennt er Die Verschiedenheit + e ...n RT rextüguet Profil {a n nn und Cadonighinoprofil Sattel der Dolomitfalte a Beige en er ER EEE ee a macht Bonney keinen Altersunterschied zwischen Jahrg. 64. H. Preiswerk. Die überkippte Tauchfalte am Campolungopass. 9 den die Dolomite beiderseits begleitenden Schiefern, offenbar weil auch er den Dolomit für den Kern der Antiklinale hielt und die Schiefer beiderseits für die sich entsprechenden Schenkel. Damit ignoriert er aber die früheren Errungenschaften von Lardy, Heim und Rolle und gelangt zu keiner den Tatsachen gerechten Deutung des Campolungoproblems. Die Schichtenfolge am Cadonighinopass hat Bonney sorgfältig aufgenommen, hielt sie aber nicht der Wiedergabe wert (p. 300), offenbar weil er darin einen nur durch die Zufälligkeiten der Sedi- mentation bedingten petrographischen Wechsel vermutete. Und doch liegt gerade in der Schichtfolge am Cadonighinopass, wie. wir sehen werden, ein wichtiger Schlüssel der Campolungotektonik. Einen bemerkenswerten Versuch, die so viel besprochene Campo- lungofalte zu erklären, hat endlich C. Schmidt im gleichen Jahre gemacht in seinem Querprofil durch die Alpen vom Rigi bis Saltrio (17, Tafel VIII, Fig. 1). Danach umhüllt das Campolungodolomit- gewölbe den krystallinen Kern einer kleinen Antiklinale, die bedingt ist durch eine südlich davon ins Krystalline eingesenkte sekundäre Mulde mit Bündnerschiefer im Muldenkern. Meine ersten Aufnahmen in jener Gegend schienen diese Schmidt- sche Auffassung zunächst zu stützen. Ich komme daher im nächsten Abschnitt noch darauf zurück und habe hier nur noch zwei Forscher: Klemm und Königsberger zu erwähnen, die sich seither mit dem Campolungo beschäftigt haben. Die Ansicht von G. Klemm (19, p. 4), dass die Glimmerschiefer im Hangenden und Liegenden des Dolomitlagers am Cadonighinopass sich nicht unterscheiden lassen, kann ich unmöglich teilen. Schon die Farbe unterscheidet sie von weitem. Auf Alpe la Piotta, die Klemm (p. 4) zum Vergleich heranzieht, trifft es allerdings zu, dass die Glimmerschiefer im Hangenden und Liegenden des Dolomit über- einstimmen. Dort bildet der Triasdolomit den Kern einer schmalen iskolinalen Mulde im prätriadischen Schiefer. Am Cadonighinopass aber liegt der Dolomit im Mittelschenkel einer überschobenen Falte, deren Muldenkern aus Bündnerschiefer besteht. Die merkwürdige Behauptung, dass am Pizo Lambro und gu Cadonighinopass die Schichten „einfache Aufrichtung bis zu 40 erlitten“ hätten, wird sich wohl aus dem Folgenden von selbst wider- o ns . Königsberger hat in seiner eingangs zitierten Arbeit (20, p. 527) ein Profil durch die Alp Cadonigo gegeben. Dasselbe stimmt in ‚seinen Beobachtungsdaten recht wenig mit meinen Aufnahmen 10 ‚Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 überein (vgl. 27, Tafel 81a, Profil No. 40 und 41). Bemerkenswert ist die theoretische Konstruktion seines Profils vom historischen Standpunkt aus. Die Staurolith (und Granat) führenden Schiefer mit der Signatur Scdi, die bei Cadonigo das Hangende des Dolomitlagers bilden, deutet Königsberger in Übereinstimmung mit den Profil- zeichnungen von Heim und Schmidt als prätriadisch und stellt sie zwischen Tessinergneis und Dolomit. Das Dolomitgewölbe des Cam- polungo, das auf der Alp Cadonigo noch als kleine Schichtenbiegung erscheint, fasst Königsberger mit Schmidt als normales Antiklinal- gewölbe auf, insofern, als es seiner Zeichnung nach ältere Schichten überwölbt (vgl. Textfigur 2). Damit gelangt er aber in die peinliche Situation, dass die prä- triadischen „Sedi“ an seiner Dolomitantiklinale den Gegenschenkel der mesozoischen ,„SK‘“ bilden und sieht sich zur Lösung dieser Schwierigkeit zur Annahme bedeutender Discordanzen veranlasst, sowie einer recht gezwungenen Hineinsteckung des südlichen Teils des Dolomitgewölbes zwischen den ‚„Tessinergneis‘‘ und die Stauro- lithschiefer (Sedi) hinein. Die Tauchfalte des Campolungo. Im Verlauf meiner Aufnahmen der geologischen Karte des Obern Tessin- und Maggiagebietes bin ich nun zu der auf Fig. 1, Profil I bis III dargestellten Auffassung gelangt. Dazu führte mich nament- lich die genauere Untersuchung der Dolomitgrenzen gegen die Granat- quarzite einerseits und die Kalkschiefer anderseits, sowie die detail- lierte Aufnahme des Cadonighinoprofils. Dabei stellte sich zunächst heraus, dass auf der Dolomitgrenze gegen die mesozoischen Kalk- . schiefer in der Regel eine Rauhwackeschicht entwickelt ist, auf der Grenze gegen die prätriadischen Schichten aber eine dünne Quarzit- bank, Rauhwacke dagegen fehlt. Es resultiert daraus als Normal- profil die in der Legende (Fig. 1) wiedergegebene Schichtenfolge. Nach dieser Feststellung ist nun von entscheidender Bedeutung für zn Eruierung der Faltengestalt die Tatsache, dass der etwas dunklere oa une am ‚Campolungopass selbst (Profil II) aus Wir haben also den Kern des Gewölbes mit den nördlichen stratigraphisch höhern Grenzschichten unterirdisch in Verbindung a | BEE. Der nördliche von den beiden absteigenden Ästen AT wölbes muss unten blind enden, von jüngern Schichten umhüllt. Das Dolomitgewölbe entspricht nicht einer Antiklinale, sondern einer nach Jahrg. 64. H. Preiswerk. Die überkippte Tauchfalte am Campolungopass. 11 oben gekehrten Muldenumbiegung. Ihr Kern ist ein als Fenster wieder auftauchender Muldenkern. Die Art der Faltung entspricht - völlig der klassischen Mulde am Axenmättli. Wir haben „eine zum Gewölbe gekehrte Mulde‘. (Heim, 15, p. 67). Da diese Auffassung der Darstellung von C. Schmidt wider- spricht, habe ich noch kurz auf letztere einzugehen. Schmidt zeichnet (17, Tafel VIII, Fig. 1) einen von Dolomit umgebenen Mulden- kern aus Bündnerschiefer auf der Südseite der Campolungopasshöhe (Fig. 2). Bei meiner ersten Orientierungstour im Jahre 1906 habe ich in der tiefsten -Einsattelung des Passes, unmittelbar nördlich vom Pizzo del Prevat schlecht aufgeschlossene, unter dem Rasen hervorstechende Kalkschiefer gefunden und dieselben als eine Bestätigung der Schmidt- schen Auffassung bewertet. Meine veränderte Ansicht über die Campo- lungofalte veranlasste mich später, die Sache nachzuprüfen. Ostwärts vom Sattel, wo etwas tiefer am Hang die Aufschlüsse besser werden, sah ich in der Tat keine Kalkschiefer im Schichtenprofil anstehen. Ich halte daher auch die im Sattel nicht mehr für anstehend, sondern für Schuttmassen, die vom Südgipfel der Meda abgerutscht sind. Fällt somit dieser Einwand gegen die hier vorgebrachte Theorie dahin, so brachte anderseits das Studium benachbarter Querschnitte überraschende Bestätigung. Wenn man von der Passhöhe aus nach Westen der kleinen Bach- rinne folgt, die dem Nordrand der Dolomitzone entlang gegen die Alphütten von Pianaseio sich senkt, so trifft man am rechten Ufer in ca. 2150 m Höhe auf quarzitische Granatglimmerschiefer, die mit denen des Pizzo del Prevat völlig übereinstimmen. Sie bilden eine vertikale Schichtplatte von ca. 15 m Dicke, eingelagert zwischen zucker- körnigem Dolomit im Süden und Rauhwacke im Norden. Offenbar liegt hier der schmalgepresste kristalline Kern der Tauchfalte vor, wie sich aus dem Vergleich von Profil I mit Profil III ergibt. Nach unten müssen diese kristallinen Schiefer im Dolomit enden. In den tiefer gelegenen Aufschlüssen gegen Westen ‚sind sie in der Tat nicht mehr zu finden. Auf der Passhöhe verhindert Kalkschieferschutt ihren Nachweis. Eh Profil II geht in Profil III über durch rasches Einsinken der Tauchfaltenachse gegen Westen und Zusammenpressen der ver- schiedenen Faltenteile zu annähernd vertikaler Schichtstellung. Eine schöne Bestätignng für die Annahme einer Tauchfalte gibt auch das Cadonighinoprofil (Profil I, Fig. 1). Die nördliche, am Hang des Filo lehnende Masse weissen Dolomits gehört der Tauchfalte an. Deutlich sieht man von der Alp aus das Konvergieren ihrer Grenz- 12 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 schichten nach unten. Die etwas grasbedeckten Schiefer und Rauh- wacken, die den weissen Dolomit nördlich von der Passhöhe unter- brechen, sind nichts anderes als der verkehrte Muldenkern der Falte, der als Fenster emposticht. In dessen Zentrum erscheinen hier sogar noch die Bündnerschiefer, die sehr wahrscheinlich im Zu- sammenhang mit den die Rundhöcker in der Campolungoebene auf- bauenden Kalkschiefern stehen (vgl. p. 4). In der Scharte oben, am Cadonighinopass, sind die Schiefer beiderseits von Rauhwacke flan- kiert. Es ist evident,' dass diese zwei etwas nach oben konvergieren- den Rauhwackeschenkel dem noch geschlossenen Rauhwackegewölbe im Kern des grossen Dolomitgewölbes am Campolungopass (Profil I) entsprechen. Wir finden im Cadonighinoprofil (I) alle tektonischen Glieder vom Campolungoprofil (II) wieder, vermehrt um die Jura- schiefer im Muldenkern. Leichtes Ansteigen der Muldenachse von West nach Ost und Zu- sammenpressung der verschiedenen Faltenteile zu einem isoklinalen Schichtpaket unter der gewaltigen, nach Norden überschobenen kry- stallinen Masse des Campo-Tencia-Lappens, bringen die Ummodelung der Formen hervor, die dieselben Gebirgsglieder in beiden so ver- .schieden struierten Profilen I und II zur Schau tragen. enn man die Profile I—-IH der Reihe nach von Ost nach West -durchgeht, so erhält man den Eindruck, dass die rasche Änderung bedingt ist durch einen zwischen Profil I und II einsetzenden hoch- gelegenen Widerstand gegen die vom Süden her kommende Über- schiebungsbewegung. Dieser plötzlich auftretende Gegendruck wendet die Schichten von flachem Südfallen im Filo zum Nordfallen in der Meda und verursacht die absonderlichen Knetungen in der Campo- lungotrias (Profil II). Ein Blick auf die Karte (27) belehrt uns sofort, dass die kri- stalline Masse der Massarikette, der „Sambuco-Lappen* diese Wir- Pr ee n er a nn der Meda als eine den don Tasten ar Di an Masse dem vorbranden- ei un x n — lt. Die ERIHcheR beiden Lappen = = on ischen Se ichten werden auf der Alp Pianascio vertikalen Bande zusammengepresst. Uberkippte Tauchfalten und tektonisch äquivalente Erschei- Danger im Ioheenaeen Wallis und den übrigen Schweizeralpen. Die überkippten Tauchfalten, die ich iım Vorhergehenden vom Ü m y * ” . Y a polungo beschrieben habe, scheinen im nördlichen Tessin nicht die einzigen zu sein. are a TE PET gay Pr ale a Eu ee ve ee RE er a RE Jahrg. 64. H. Preiswerk. Die überkippte Tauchfalte am Campolungopass. 13 Auf den Höhen zwischen Maggia und Tessingebiet in den Kalk- schieferbergen gegenüber von Airolo findet man mehrere langgedehnte schmale Gneislagen, die dem Nordrand des kristallinen Maggialappens folgend den Bündnerschiefern eingelagert sind. Vielfach tauchen sie unter den überschobenen Maggialappen. Auf den Profilen zu meiner Karte in 1:50000 (27, 81b) habe ich sie hypothetisch als vom Masgialappen herunter tauchende Faltenstirnen dargestellt. Für diese etwas kühn aussehende Auffassung finde ich in den Campo- lungoprofilen eine gute Stütze. Die Entstehung der überkippten Tauchfalten kann man sich folgendermassen vorstellen. Eine sich vorschiebende Deckfalte stösst mit der antiklinalen Stirne an ein Hindernis und bleibt stehen. Die Vorwärtsbewegung — gewissermassen der Vegetationspunkt — geht an andere Teile der ganzen Deckfalte über. Diese wälzen sich über die antiquierte, stecken gebliebene Antiklinal-Stirne hinweg, pressen sie in die Tiefe, kippen sie um und walzen sie zu dünnen Lamellen aus, die der Bewegungsfläche, d.h. der Basisfläche der Deckfalte ange- schmiegt sind. Man könnte solche Lamellen etwa auch als „einge- walzte Antiklinalen“ oder „eingewickelte Faltenstirnen“ bezeichnen. ' Verfolgen wir das Alpenstreichen vom nördlichen Tessin nach Südwest, so treffen wir auf analoge Erscheinungen im Wallis. Aus dem Simplongebiet möchte ich nur die imposante Rückfaltung im Monte Leone erwähnen, die ich bei der Konstruktion der Profile für die Simplonkarte als solche erkannt habe (21). In noch grösserem Masstab als im Tessin scheint die Bildung von ganz analogen Tauchfalten im Unterwallis vor sich gegangen zu sein. Dem gewaltigen Bogen der St. Bernharddecke sind nach E. Ar- gand (23) eine ganze Reihe, von der Hauptmasse losgelöster Lamellen vorgelagert. Argands Zeichnung lässt zwar in den meisten Fällen die Art ihrer Abtrennung theoretisch offen. Im Schnitt durchs Val d’Anniviers (Profil 23) jedoch ist der Pontiskalk unverkennbar als Fenster, die kristallinen Schiefer von Niouc als überkippte Tauch- falte gezeichnet. Argand charakterisiert den Vorgang dieser Lamellen- bildung trefflich durch das Wort „enroulement‘ (p. 12). Rabowski hat auch im Val Ferret diese Rückfaltungen beob- achtet (26) und als „faux sinclinaux, souvent tres etires“‘ beschrieben. Ich selbst hatte im Herbst 1917 Gelegenheit, dieses Phänomen auf weite Strecken im Tal von Iserables und bei Chäble zu verfolgen. Die geologische Situation im südwestlichen Wallis einerseits und im Nordtessin anderseits ist insofern identisch, als beiderorts die 14 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Stirnen liegender Deckfalten von Süden her gegen die zentralmassi- vische Region anbranden. Da wie dort schwimmen die zurück- gebliebenen eingewalzten Lamellen im Bündnerschiefer unter der Basisfläche des ‚‚flanc renverse‘“ der kristallinen Schubmassen. Es erscheint mir unabweislich, für die Entstehung dieser Lamellen da wie dort die gleichen Vorgänge als Ursache anzunehmen. Die hier besprochenen Rückfaltungen sind nahe verwandt mit den Einwiekelungen, die in den nördlicheren Alpen beobachtet sind. Lugeon hat schon 1901 die „ecaille de Neocomien & cephalopode“ als Einwickelung unter die Diableretsdecke dargestellt und damit die Bedeutung dieser Vorgänge für die Alpenfaltung in helles Licht gesetzt (18, p. 729 u. 731, sowie 22). Neuerdings hat Arn. Heim die Einwickelung zur Lösung von Deckenproblemen in den nordöst- lichen Schweizeralpen herangezogen (24). Auch bei R. Staub (25) spielen Einwickelungen eine Rolle in seinen neuesten Darstellungen der Faltungsphasen in Graubünden. Das Studium der Tauchfaltungen im Tessin und Wallis bietet gewisse Vorteile vor dem der soeben genannten Alpenregionen. Die inneralpinen stratigraphischen Verhältnisse sind einfacher und die verschiedenen Phasen des Vorganges sind besser erhalten geblieben, wie mir scheint, infolge grösserer Plastizität dieser tieferen Decken- systeme im Moment der Faltung. Darum lässt sich in dieser Alpenregion ganz besonders schönes Material gewinnen für das Studium überkippter Tauchfalten in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien. Zitierte Literatur. I. Fleuriau de Bellevue: Sur un marbre elastique du Saint-Gothard. Obser- | vations sur la physique etc. (Journal de Physique) Paris 1792 Tom. 41 91. P- 2. H.B. de Saussure: Voyages dans les Alpes 1796. Bd. VII. 3. J.G. Ebel: Anleitung... die Schweiz zu bereisen. Zürich 1804. 2. Teil. # Carlo Amoretti: Viaggio di tre laghi. Milano 1806. 5. Ch.Lardy: Bericht über einen Ausflug nach dem Campolungo (übersetzt). en aschenbuch f.d.g. Mineralogie. C. Leonhard. I 1815, p- 69 sai sur la Zee geognostique du St. Gothard. Schweiz. Denkschr. 1. B u Memoire geol. sur la masse des montagnes entre la route du ee celle du St. Gotthard. Mem. soc. geol. France. 2. serie 8. L.Lavizzari: Sui minerali della Svizzera Italiana 1845. ee 2 En a MEERE © EN FE er ze a, 1 Er Eee N EB a a a a Ta ee er a Be 7, 2 EEE TE a 2 a Fe be Bee Jahrg. 64. H. Preiswerk. Die überkippte Tauchfalte am Campolungopass. 15 21. - B. Studer: Geschichte der Physischen Geographie der Schweiz... Bern 1863. H. Gerlach: Die Penninischen Alpen (mit Karte 1:200 000). Neue Denkschr. Schweiz. Nat. Ges. XXII 1869. ‚ B. Studer: Index der Petrographie und Stratigraphie... Bern 1872. K. von Fritsch: Das Gotthardgebiet. Mit Karte 1:50000. Beiträge z. geol. Karte d. Schweiz. XV 1873. F. Rolle: Das südwestliche Graubünden und nordöstliche Tessin. Beiträge z. geol. Karte d. Schweiz. XXIII 1881. F.M. Stapf: Geologische Beobachtungen im Tessintal. Zeitschr. d. Deutschen geol. Ges. Bd. 33, 1881 A. Heim: Geologie der Hochalpen zwischen Reuss und Rhein. Beiträge zur geol. Karte d. Schweiz. XXV 1891. T.G. Bonney: Mesozoie rocks and erystalline schists in the Lepontine Alpes. Quart. Journal geol. soc. London 4. C. Schmidt: Geologische Excursionen durch die centralen Schweizeralpen. Livret-Guide geol., Congres geol. international 1894. \ M. Lugeon: Les grandes nappes de recouvrement etc. Bull soc. geol. de France. (4) T. I 1901. G. Klemm: Bericht über Untersuchungen an den sogenannten Gneissen und den metamorphen Schiefergesteinen der Tessiner Alpen. Sitzungs- ber. K. P. Akad. d. Wissensch. Berlin, 7. März 1907, XII p. 245—58. . J. Königsberger: Geologische Beobachtungen am Pizzo Forno und Beschreibung der Minerallagerstätten des Tessinermassivs. Neues Jahrb. f. Minera- logie ete. Beil.-Bd. XXVI 1908, p- 488 — 564. C. Schmidt u. H. Preiswerk: Geol. Karte der Simplongruppe. Beiträge z. geol. Karte der Schweiz. Lfg. XXVI. Erläuterungen Tafel III Profil 13 u. 14. . M. Lugeon: Sur les relations teetoniques des Prealpes internes avec les nappes helvetiques de Morcles et des Diablereis. Comptes rendus Acad. des sciences. Paris, juillet 1909. E. Argand: Les nappes de recouvrement des Alpes Pennines. Beiträge z. geol. Karte d. Schweiz. Lief.: 31. 1 Arn. Heim: Zur Tektonik des Fiysches in den östlichen Schweizeralpen. Bei- träge z. geol. Karte der Schweiz. N. F. Lief. 31. 1911, Tafel IV. ‚ R. Staub: Über Faciesverteilung und Orogenese in den südöstlichen Schweizer- alpen. Beiträge z. geol. Karte d. Schweiz. N. F. Lief. 46 III. Abt. 1917. M.F.Rabowski: Les lames cristallines du Val Ferret ete. Proces-verbaux. Soe. vaud. des se. nat. 5 Dec. 1917, p- 4 . H. Preiswerk: Oberes Tessin- und Maggiagebiet. Beiträge 2. geol. Karte der Schweiz, 26. Lief. II. Teil. Spezialkarte No, 81. Profiltafeln Sia u. b (im Druck). Zur Morphologie des Zürcher Oberlandes. Von J. Frün (Zürich). (Hiezu Taf. 1.) (Als Manuskript eingegangen den 11. Juni 1918.) Napf und Glattal bilden zwei morphologische Unica der Schweiz, speziell des Mittellandes, jener als reif und neu belebte, radial durch- talte Erhebung, dieses als tote und jedenfalls im oberen Teil vorherrschend felsige Hohlform. Wie sich dem Beobachter in der innern Waadt seewärts schauend die Profillinie des Geländes als westlich geneigter Strieh durch den alpinen Vorhang darbietet, so wird man auf der Strecke Effretikon-Oerlikon durch den scheinbar dem Talboden direkt aufgesetzten Alpenkranz überrascht. Und doch sind beide von dem Gebirge durch einen grossen Talsee getrennt, von dem aus „terrassierte“ Schwellen die Flachformen gegen Norden absperren. Das Glattal fällt auf durch die Weite, die Breite des Talbodens, speziell im Zürcher Oberland vom Greifen- und Pfäffikersee nach Rapperswil; beträgt sie doch zwischen den felsigen Bergfüssen des Mönchaltorfertales und Fehraltorf-Irgenhausen 7,5—8,5 km. Sie wird bloss von der Auf- schüttungsebene des St. Galler Rheins unterhalb der Engen Montlingen- Götzis übertroffen. Dabei ist das Gefälle klein. Als „Stammtal* mag in prädiluvialer Zeit das konsequente Wäggital gedient haben, doch nur als irgend eine der möglichen Talfurchen. Für die weitere und fluviale Entwicklung müssen durchaus Linth oder Linth mit einem „Walensee-Rhein“ in Betracht kommen. Es ist ein in der Diluvialzeit ausgearbeitetes und seines alpinen Einzugsgebietes längst beraubtes, geköpftes Erosionstal. i Wie die topographische Karte zu zeigen vermag, sind die Talseiten mehr oder weniger deutlich terrassiert wie im Zürchseetal, welche Er- / ern it vielleicht durch Meyer von Knonau (1) zum erstenmal ähnt, aber inihrer holociset Dun (2)1891 gewürdi En g erst durch Alb.Heim gewürdigt worden ist. Dort und im Glattal werden die Terrassen von Ufermoränen der letzten Eiszeit schief geschnitten und in ihrem u Veerteljahrsschrift d.Natusf. Ges. Zürich. Jahrg. 60% 1919. en.) “ | y " Ausschnitt aus Dufourkarte BUIX. / 185%erstmals erschien / G 3 N nu er dr ei 7 De en ; I 7=N w f 'E 3 E, \ | eV, \ 5 NA f & In jP Y & y 4 F I “ BEN se = & R GR Er 7 A a SER x y EN ER 3 - ee N I N ) ‘*e I ) N En a, Dr x ud Fin r Y 3 E 75 TEN EAN SL IN N) AÄNE ba Zur Morpholo gie des Züricher berlandes \ Sehmeixerische Landestopographie, Bern. 1918 u 2 3 4 > 0 BA Massstab 1:100 000 ee V Wasserfall | ——.— Wasserscheide Ce. 5 Jals E A Streichen. u. Fallen. der Schichten J.Früh Jahrg. 64. J. Früh. Zur Morphologie des Zürcher Oberlandes. 17 Alter nach oben bestimmt. Da durchaus ähnliche Terrassen in jedem entblössten und den Atmospbärilien ungleich widerstehenden Schichten- system mehr oder weniger deutlich als Denudationsterrassen entstehen können, in Flusstälern. an Küsten, inWüsten, an zahlreichen gebänderten Erhebungen wie in den höhern Gebieten des Napf (3), in der Hörnli- kette, und da sie im Glatt- und Zürichseetal ohne Flusschotterreste und Anklänge an Serpentinen sind, so werden sie nach den zusammen- fassenden und kritischen Erörterungen in Alb. Heims „Geologie der Schweiz“ verschieden gedeutet. In diesem engen Rahmen müssen wir uns auf die Morphologie des breiten Talbodens beschränken, einem durch die Enthauptung des: ursprünglichen Tales enstandenen Neuland mit eigenartiger Entwicklung. Darüber besteht kein Zweifel, dass dieser im wesentlichen die Endform einer reichen diluvialen Erosion und Aufschüttung darstellt, welche wir erst seit dem Mitteldiluvium etwas überblicken können, weil Reste der ältern Quartärzeit d. h. von zwei ersten Eiszeiten (älterer und jüngerer d. h. höherer und tieferer Deckenschotter) und der ersten Interglazialzeit fehlen. Sie finden sich aber in der Öffnung des Tales zum Rhein von den Tafelbergen des Irchels zur Egg und dem Stadlerberg. .Man kann versuchen, sich eine Vorstellung von der totalen Austiefung des Glattales in jenen Zeiträumen zu machen, indem man die Molasseoberfläche im Liegenden des tieferen, ein angelegtes Tal anzeigenden Deckenschotters gleichförmig nach Südosten ansteigen lässt, beispielsweise diejenige des Rheinsberges in 510 m ü. M.; mit 4°/00 würde die Schwelle Lützelsee-Bubikon in ca. 450 m ü.M. um 148-150 m, bei 2°/oo noch 75 m höher gestanden haben als heute. Übereinstimmung besteht darin, dass in der zweiten oder Haupt- interglazialzeit ein Zürichseetal ausgetieft war und dass in dieser Periode die Alpenflüsse für das Glattal ausgeschaltet worden sind. Im jüngeren Diluvium konnten mithin noch Verwitterung, zwei- malige Vereisung und lokale Niederschläge als fluviale Faktoren der dritten oder letzten Interglazialzeit am Abtrag des Zürcher Oberlandes tätig sein. Den Vorgang können wir nicht mehr ganz rekonstruieren. Zum voraus darf angenommen werden, dass die fluviale Erosion gegen- über früheren Epochen sehr zurückgetreten sein He in Folge der Verkleinerung des Einzugsgebietes und des Totalgefälles. Welcher Unterschied besteht in der Grösse der postglazialen Erosion vom Aabach bei Uznach,der Jona Wald-Rapperswil und einer mittelländischen egenüber den Talfurehen des heutigen Oberlandes! So gering- ale Erosion taxieren mag, hier muss sie relativ t kommen und es muss in unserer Aufgabe liegen, 2 Sense g fügig man die glazi wesentlich in Betrach Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 18 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 an den Bodenformen den Ausdruck der umgestaltenden Kräfte aufzudecken. Zum voraus muss daran erinnert werden, dass die Formen im übrigen durch die Struktur oder Natur und Stellung ‘der Gesteine bedingt sind. Unser Gebiet ist aufgebaut von obermiocänen, sar- matischen Süsswassergebilden: Nagelfluh inkl. App llergranit (Feld- bach-Hüllestein-Laupen), meist fest, Sandstein, Süsswasserkalk, Mergel. Die NW fallende Nagelfluh von Rapperswil ist nur 2,5 km von der nördliehen Antiklinale der dislozierten Molasse entfernt, weshalb gleichsinnige Schichten bei Jona noch bis 30° NW aufgerichtet sind, bei Ferrach mit 15°, südlich des Egelsees mit 7°, und mit dem Kapf bei Bubikon ist man in der flachen Molasse. Diese Daten lassen eine ausgiebige selektive Erosion erwarten, welche der Land- schaft in der Tat vielerorts ein scharfes Gepräge gibt. Damit treten wir dem Gegenstand näher, indem wir von SE-NW schreitend, genetisch folgende Abschnitte unterscheiden: Drei Zonen vorherrschender Erosion, dann Gebiete eiszeitlicher Aufschüttung, die Bildung der beiden Seetäler und die postglaziale Umformung. L Ohne Zweifel ist das S-Gehänge der Glattalschwelle ein Teil der rechten Linthtalseite, aber nach oben nicht mehr voll- ständig, wie die Ansicht vom rechten Ufer und der Vergleich mit der Fortsetzung nach Westen und Osten lehren. Es ordnet sich zweifellos gut ein in den oberen Teil des ganzen Talprofils, wie es beispielsweise bei Herrliberg erhalten ist und ebenso in jene schräge grosse Fläche, welche sich oberhalb Schmerikon-Uznach bis Gol- dingen-Sion-Riedern deutlich gegen höhere, steilere-Partien ausdehnt und welche sowohl gegen die Talmitte als talauswärts etwas ge- neigt ist. Die Schluchten der Uznacher Aa und der Jona folgen ‚ihrem kürzesten Gefälle. Man erkennt die Fläche als abgeschliffenen, fein gerippten und in dieser Form bereits von H. €. Gyger 1667 charakterisierten Hang über Eggwald-Laupen bis Wald. Über die Deutung bestehen nach den eingehenden Untersuchungen in der „Geologie der Schweiz‘ Unstimmigkeiten, auf die hier Raumes halber nicht eingetreten werden kann. Dagegen soll auf die zunehmende | Verflachung des Talgehänges vom untern Zürichsee an aufwärts auf- . gemacht werden. Ist die 500 m Kurve der topographischen gan für Tärich 500 m vom See entfernt, so steigert sich deren stand bis Erlenbach auf 975m (Herrliberg und Seehalde 925 und ; Ei | Jahrg. 64. J. Früh. Zur Morphologie des Zürcher Oberlandes. 19 432), Männedorf auf 1125, am Schwellenhang des Glattales mit ver- mehrtem Anteil von harter Nagelfluh in einer Ausdehnung W-E von 2800 m nach dem Lützelsee auf 1925 und 2390 m, und endlich in der Richtung Rapperswil-Rüti in einer westöstlichen Distanz von 3km auf rund 5000 m. Hier hat also eine weitgreifende Eineb- nung stattgefunden. Beidseitig der postglazialen Jonaschlucht sind alle Formen noch gut erhalten. Die Verebnung ist nicht auf Konto dieses Flusses zu schreiben. Im übrigen lassen sich auch davon keine Spuren entdecken und ist zu beachten, dass ja das Zürichseetal be- reits in der letzten Vergletscherung die ihm zukommende tiefe Lage ‘ hatte. Die Schwelle muss diese Abschrägung und Verebnung durch das jüngere Diluvium und angesichts der ausgezeichneten Erhaltung durch die letzte Vergletscherung erhalten haben. Vom Hummelberg 492 m ü.M. E der Jona bis Kämmoos 500 m W der Jona gibt es kaum höhere Stellen, mithin auf 3,7 km ein Gefälle von ca. 2 /o. Ein gegen 15 km? grosses Gelände Rüti-Rapperswil schwankt in den Höhen um 500 mü.M. Rütiwald und Platten-Reckl ind längst als ganz auffallende, die dislozierte Molasse scharf schneidende Ter- rasse bekannt, und von Lee 527 m (Schwesterrain) nach W schauend, ergibt sich eine gleichförmige Abschrägung vom höheren Hombrechti- kon bis Morgensonne-Trüllisberg 488 m W Feldbach. Dagegen erhebt sich fremdartig über diese Einebnungen die Nagefluhkuppe „Rüssel“ um rund 30 m. Die durch den raschen Wechsel von Nagelfluh und Sandstein mit Mergel und Kalken bedingte selektive Erosion zeigt sich hier besonders in der sehr eleganten Rippung der genannten Verebnung und in „Terrassen“. Sie ist örtlich geradezu delikat in Zer- legung der Oberfläche in im Streichen ziehende feinste Grätchen, in eigentliche, entsprechend angeordnete Inselfluren (Ferrach, Laupen- Wald, um Jona), welche vielerorts nicht mehr in 1: 25,000 zum Ausdruck kommen, dagegen im Frühling oder Herbst durch den Gegensatz ihres Grün zu dem Rotbraun der feuchten, kalten und trennenden Streuetälchen der mergeligen Zonen. Vom Rütiwald nach W ist die Stellung der Rippen flacher, die Ausräumung der sie trennenden Mergel, Kalke, tonigen Sandsteine energischer, und während Jona-Schmerikon ein herrliches System subsequenter, ge- schlossener, dirigierter Flüsse aufweist, begegnet man hier stark isolierten Rippen oder Stufen, welche mehr und mehr einzeln den Charakter kleiner Terrassen annehmen. Die glaziale Erosion wurde wie jene Nachfolgeflüsse dirigiert und hat offenbar auch zur Aus- räumung E-W beigetragen. Mancherorts liegt Schutt und bestanden vorübergehend durch Seekreide angezeigte “flache -Seelein wie ım 20 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Mösli bei Ranghausen-Uerikon. Das Seegehänge der Glattal- schwelle ist terrassiert und gerippt. Nahe der Schwelle zeigt die Karte (Bl. Rapperswil) auffallend breite Flächen, nach N und NW vom Kranz der Schwellenkuppen begrenzt. Man möchte an eine Rippung fast söhliger Molasse denken. Doch spielen lokale tektonische Verhältnisse mit. Hier oben ist man in der Fortsetzung der von Aeppli kartierten „Synklinale der Ter- rassen“ am Zürichsee, welche fast 100 m tiefer östlich Kehlhof- Stäfa beobachtet werden kann als Stelle, wo. die „rückläufigen Ter- rassen“ in normal talauswärts fallende übergehen. Es sei nur an das Bild der Verbiegung der Terrassen erinnert, das man vom linken Seeufer aus zwischen Meilen und Stäfa hat mit der „Antiklinale“ Allenberg-Auf Dörf 490 m ob Männedorf, wo die elektrische Bahn plötzlich auf der Isohypse läuft, oder die waldfreie fast horizontale Stelle höher oben in 600 m auf der Wasserscheide zwischen den Strassen Männedorf-Ötwil.und Stäfa-Grüningen. Die Umbiegung ist unsymetrisch, sanfter nach NW, etwas steiler nach SE. Östlich Seeweid (NW Hombrechtikon) durchbricht die Landstrasse SE fallen- den Süsswasserkalk senkrecht zum Streichen. Das war für mich die einzige sichere Stelle nebst Kropfgasse-Ober Lutikon S des Lützel- - sees. In Grütrain-Grütholz SE Hombrechtikon wagte ich kaum einen Entscheid, weil die anscheinend wagrechten Schichten lokal etwas zerfallen, gestört sind oder sich auskeilen. OÖ. Herbordt (4), Berg- ingenieur, hat die Winkel genau zu bestimmen versucht: Seeweid 12° SE, Kropfgasse 10°, Hasenweid (ca. 1800 m $ Kirche Hombrech- tikon) söhlig, Dorlentobel (1500 m SW der Kirche) 5° NW, W Üri- kon 9° NW. Die Verhältnisse sind in der Tat folgende: söhlige Nagelfluh: Strassenkreuz 622,5 S Ötwil, ebenso Sandstein im „Tobel- holz“ ca. 570 m im Westende von Herrenholz (ca. 400 m N Seeweid- see). Das sind Stellen der oberen Biegung oder Krümmung, die „Ab- beugung‘. Von da fallen Nagelfluh und Süsswasserkalk nach SE. Zu dem „Verbindungsstück* der flexurartigen Erscheinung gehören die Abdachungen des bewaldeten Rückens Mühlhölzli - Sennweid, die schwach gerippte Abschrägung nach Ober Redlikon, die Nagel- fluh von Rain-Buch-Ober Lutikon am Lützelsee, über welchen der Süsswasserkalk weiter nach Hombrechtikon bis Grütrain - Grütholz söhlig wird. Eine zusammenhängende untere Biegung durch dieselbe einheitliche Schicht ist nicht sichtbar und bei teilweise auskeilenden .. nicht zu erwarten, aber unzweifelhaft stehen in NW-SE-Rich- erg ‚eine Entfernung von 400-500 m nahezu söhlige Kalke an. ie Zone. Hombrechtikon - Dörfli - Tobel- Unterer Rennweg erscheint | | Jahrg. 64. J. Früh. Zur Morphologie des Zürcher Oberlandes. 21 als weites Plateau mit nur flach gründigem Boden. Moränenreste dürften sehr selten sein. Auf weite Strecken entblössen die Seiten- gräben der Landstrasse von Redlikon bis östlich Egelsee Süsswasser- kalk oder Nagelfluh. Wie die topographische Karte lehrt, steigt dann das Terrain bald südlich Berikon zu Bühl, Hochwacht und Schwesterrain (Lee 527 m) an, welche Höhen mit Geissberg, Baren- berg die Köpfe sanft nach NW einfallender Schichten, ein Rippen- system, darstellen. Zunächst wandert man auf knolligem, rotem Süsswasserkalk, welcher ob „Dorf“-Schwesterrain für hohe Strassen- mauern ausgebeutet worden ist, nach Osten herrscht diekbankige Nagelfluh vor. Es besteht also auch eine untere Biegung, eine „Auf- beugung“ und man erhält hier den trefflichsten Einblick in die Fort- setzung der „alpinen Randflexur‘ vom Zürichseetal und dies senk- recht zum Streichen auf ea.2 km. Nach Osten wird die Umbiegung unsicher. Der Kapf westlich Ritterhaus-Bubikon ist anscheinend horizontal geschichtet. Wie die bereits von Herbordt gegebenen Profile zeigen, schneidet die schiefe Terrasse Hombrechtikon - Ürikon die Flexur und die Aufbeugung Schwesterrain ist durch glaziale Aus- räumung Wolfhausen-Egelsee sichtbar gemacht. Als konsequente Begleiterscheinung der söhligen Lage der mio- cänen Gebilde Hombrechtikon-Dörfli-Berlikon sind die schönen Wasser- fälle zu nennen, Stellen selektiver Talbildung in Form von Stufen, bedingt durch liegende Mergel und hangende feste Nagelfluh (vgl. die Karte). Nicht blossdurch mediane und lineare Erosion,sondern auchdurch Entwicklung einer befeuchtenden, nach den Flanken allmählich weniger wirksamen Spritzzone und Verwitterung, einer die normale Erosion unterstützenden Absplitterung, entstehen die bekannten hufeisen- förmigen, unterhöhlten Träger der rauschenden Erscheinung. Diese runde Form heisst im Oberland „Gubel“, womit auch Flühen, in andern Gegenden runde Hügel, bezeichnet werden. In der die Drum- lins von Gottshaus-Bischofszell tragenden horizontalen Molasse ist der „Lauftenbach‘, am NW-Hang des Allmann der „Hohlestein‘, in der oberen Töss unterhalb der Bachscheide 794 m der prachtvolle „Laufen“; NW Fischental verzeichnet Bl. 216 den hufeisenförmigen Greisengubel, W Gibswil ist der „Gubeltätsch“ ; auf der linksufrigen Strasse von diesem Ort nach Wald zeigt der Ortsname „Gubelrain“ dem Wanderer eine im Wäldchen verborgene Nagelfluhbank an, eben- so lehrt der Wasserfall auf Dorf-Allmend oberhalb Männedorf, dass die Terassenfläche aus diesem Gestein bestehen muss. Fein sind diese konkaven Stufen in dem unbenannten Tälchen dicht ‚östlich Platten (Hombrechtikon), besonders bei Tobel. Auffallend ist das 22 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 schmale sich gleichsam einbohrende Eichwiestobel, das plötzlich auf der Ebene beginnt, und geradezu grossartig ist der Kontrast zwischen dem schmalen Bächlein der offenen Ebene und dem bei Berlikon fol- genden plötzlich durch den Laufen eingeleiteten über dreissig Mal breiteren bewaldeten Tobel. 2. ‘Die Schwelle zwischen Glatt- und Zürichseetal ist topographisch geneigt von rund 620 m im W bis < 510 m östlich Ritterhaus, noch tiefer NW Rüti und zeigt unter der Kulturschicht die nackten Ge- bilde der Molasse, selten erratische Blöcke oder Moränenreste. Sie ist vom Südrand des Lützelsees bis gegen den Kapf mehrfach ge- kerbt auf 520 m, 527, 526, 520 bis gegen 510 m. Endlich ist sie charakterisiert durch Felsschüsseln, See- und Moorbecken, eine Seenzone. Die Randsiedelung „Gunten‘ d. h. Tümpel, Kolk, verrät die ehe- malige Existenz des Üzikersees mit bis 40 m hoher südlicher Um- rahmung durch SE fallende Nagelfluh, westöstlicher Erstreckung von ca. 575 m und zentraler geschlossener Kurve von 550 m. Auf seiner „Zürcher Cantons-Carte‘“ 1667 verzeichnet ©. Gyger den See, der jetzt ein ziemlich abgebautes Moor mit basaler Kalkmudde enthält. Einst war der See höher. Sein vertiefter Abfluss zum Lützelsee ist in Sandstein und Kalkplatten geschnitten. Durch eine Schwelle von ca. 5 m ist er nach Osten vom Seeweidsee getrennt, einer tingsum steil und 10—15 m hoch durch Nagelfluh und Kalkbänke umrahmten Cuvette, welche nach Norden durch den künstlich ver- tieften Gehrenbach nach dem Lützelsee verbunden ist. ©. Gyger kennt den See nicht. An dessen Stelle zeichnet er Wald und den Bach als zweiten Abfluss des Üzikersees. Bei Verstopfung des See- weidsees kann ein Überfliessen nach jenem stattgefunden haben. Noch heute besteht ein künstlicher und beidseitig fallender Verbindungs- kanal. Bemerkenswert ist im NE die steil umrahmte Bucht des See- weidsees. Die Scheune südlich der Landstrasse steht auf einer felsigen Halbinsel. Basis des Moorgürtels Seekreide. Der 6 m tiefe und etwa 12 ha umfassende Lützelsee ist der Rest eines durch Seekreide en und innerhalb der geschlossenen Höhenkurve 510 m ee z rk a ns Becs innerhalb eines prachtvollen Felsbeckens in Ar Sir etkerkalk, welche sich bis 20 und 30 m über dem liegen; N-& und gan ee es u Pegel eg esser der Cuvette je über ein km. Nach Osten erhebt sich eine klei | . iR eine gerundete und stellenweise See- TE nn BE ee U 207 a nn Jahıg. 64. J. Früh. Zur Morphologie des Zürcher Oberlandes. 23 | kreide aufweisende Nagelfluhinsel nebst einer Zwerginsel. Das ganze Becken ist im Norden bei Adletshausen durch eine Nagelfluhschwelle gegen die Moorschüssel mit Seekreide östlich dieses Ortes getrennt. Ganz flach sind die Schüsseln bei Kühweid nördlich des Seeweidsees und von Ober Rennweg-Ober Wolfhausen. Ein reizendes Bild ist ferner der von der Isohypse 500 m eingefasste in der Talung Hom- brechtikon-Rüti gelegene Egelsee 408 m („Nägelsee‘). Die stellen- weise bis 15 m hohe Umrahmung ist Fels: Nagelfluh vom Geissberg, Neugut und Rüti, Süsswasserkalk bei Widerzell und namentlich bei Zell, wo alte Gruben und kreideweisse Gesteinsbrocken in Äckerchen den Aufbau der Abflusschwelle begrenzen. Eine grössere Felsschüssel enthält das Krähenried 508 m SW Bubikon, wofür die Rippen ob Häusli am Südrand einen schönen Überblick gewähren. Der südliche Teil ist von der Kurve 510 um- schlossen und zeigt im Grunde etwas erratisches Material und See- kreide. Oberbösch ist eine Felseninsel. Nach N öffnet sich eine etwas höhere Bucht bis 513 m und zugleich eine Abflussmöglichkeit nach Osten bei Unter Wechsel (top. Karte No. 229 und 227). Diese Fels- schüsseln bilden Teile einer Skulpturlandschaft, von der sie unmöglich getrennt werden können. Das ausgearbeitete Gelände be- steht aus nacktem Felsgrund und weist weder Verkarstungen noch Flussrinnen auf. Im Zürichseetal sind alle Anzeichen der Verglet- scherung vorhanden und aus der letzten Eiszeit auch Schrammen parallel zur Talachse N Freienbach und bei Schirmensee. Sicher gab es einst gewaltige Schlifflächen auf dem Südgehänge und der Glatt- talschwelle. Aus Mangel an deckender Grundmoräne sind sie hier kaum mehr 'erhalten und nur ein glücklicher Zufall bringt sie da oder dort bei Anschürfungen zu Tage, beispielsweise nach Herbordt dicht N der Richttanne (Lützelsee) bei Neuweid in SE-NW-Richtung. Der Rhein-Linth-Gletscher überflutete als schwächerer Teilgletscher in der letzten Eiszeit die Schwelle als Transfluenzstufe, bearbeitete sie lokal sofort mit Abstumpfung der Schichtenköpfe (wie auf dem Südrand des Lützelseebeckens) und Ausfurchung breiter, kurzer Breschen oder Kerben und fand nach Anordnung der Ufermoränen am Pfannenstiel einen ausgezeichneten selektiv deformierten Dif- fluenzsporn, einen Eisteiler. Auch die Seebecken sind zwanglos Endformen der glazialen Erosion, wie ich es für Uziker- und Seeweidsee 1907 ausgesprochen habe (5). Wie Zusammenstellungen in Heims „Geologie der Schweiz“, $, 224-384 und bezügliche Karten lehren, finden sich erratische Blöcke der letzten Eiszeit von der Südseite des Bachtels bis zum Schauenberg bei 24 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Winterthur in Höhen von 995-870 m. Bei seinem höchsten Stand er- reichte also der Rhein-Lintharm der Würmvergletscherung eine erheb- liche Mächtigkeit über dem Oberland und die durch ihn bedingten Ero- sionserscheinungen können nicht befremden. Es drang der Gletscher mit seinem östlichen Ufer sogar ins Tösstal hinüber, wie ich 1908 auf Yberg N Kollbrunn durch Funde von Melaphyren, Sernifiten, Tavey- annazsandsteinen, Spiliten, Puntaiglasgranit als Bestätigung der Be- obachtungen von J. Hug und J. Weber (6) erkannt habe. Damals gewann ich auch einen Einblick in die fiederartige Zerschneidung des SE-NW von rund 900 auf 680 m oder 20°/oo fallenden Plateau zwischen Glatt und Töss. Diese fast eigenartige Ver- gesellschaftung von etwa sechs Tälern oder Talungen und entspre- chenden SW-NE streichenden bewaldeten Riedeln zwischen Bäretswil und Theilingen ist offenbar durch alte fluviale Furchen zu einer höher fliessenden Töss vorgezeichnet. Der Gletscher erweiterte die meisten in der bei Theilingen und Madetswil überraschend breiten Profilform oder schürfte breite Hohlungen aus, wie durch Hermatswil und Gündisau; mehrfach sind Endmoränen angezeigt, westlich Weisslingen, schräg nach Osten gelagerte Schotter, wie denn überhaupt sich Schotter an die Moränen anschliessen können, als Beweis, dass die Schmelz- wasser extra moränisch tätig waren. Die Wasserscheidentäler bestehen aus zwei Strecken, aus einem gegen die sich vertiefende Töss mehr und mehr sich entwickelnden Flusstal mit Verdrängung der Wasserscheide gegen das tote Glattal und einem südwestlichen breiten, runden Gletscherbett. 3. Die ungefähr nördlich Oetwil-Bubikon-Dürnten folgende Hügel- landschaft mit annähernd gleich hohen Elementen ist bereits auf der ersten Ausgabe von Dufour IX. 1854 insofern ‚besonders gewertet, als diese Karte nördlich Gossau-Berg-Unter Ottikon-Herrschmettlen akzen- tuiertere und grössere Formen darstellt, auf deren Besprechung bald a. wird. Innerhalb der beiden Grenzlinien liegen Yürherrschund ER dazu tritt ab und zu intercollin, angestossen als a ee Aufschüttung Grundmoräne der letzten FE # Ten kkumulationen fehlen, also auch Flusschotter. Das irre “ ne übrigen aus denselben Gebilden wie die früher ne . zeigt deshalb auch die Folgen eines selektiven RE N en wir die flache Schichtung wieder durch die en r en Wasserfälle ausgedrückt. Diese überraschenden mente finden sich in den zwei bei der Mühle (Säge) Unter Ottikon Jahrg. 64. J. Früh. Zur Morphologie des Zürcher Oberlandes. 25 zusammentretenden Bächlein, bei Izikon, südlicher ist die Bezeichnung „Laufenried“ oder Giessweid leitend; ebenfalls über eine Nagelfluhbank stürzt das Bächlein ins Katzentobel nördlich Ober Dürnten und ganz überraschend ist der Fall in diesem Dorfe selbst. Endlich treten die Kaskaden wieder auf bei Hinter Kloster — Esslingen. Soweit es in Worten möglich ist, mögen nun einzelne Geländeabschnitte kurz charakterisiert werden. Stark durchschliffen und ausgeräumt ist die Gegend um Bubikon- Dürnten bis Wendhäuslen-Bezholz um die Bahnlinie Rapperswil-W etzi- kon; die vorerst mehr indifferenten Rundhöcker erscheinen als Inselflur innerhalb weiträumiger, sanft welliger Ebenheiten oder flachschaligen Gebilden. Das Dürntenried liegt in einer vorherrschend glazial aus- geräumten Öuvette. Weiträumige wellige Ebenheiten und flache Schalen in + 500 m beherrschen den übrigen Teil auf Blatt Hinwil um Unter Ottikon über Grüningen-Binzikon-Izikon nach Adletshausen und Laufenried. Die vier ersten Orte liegen in einem Gelände mit flachgründigem Boden und vielerorts in Fels geschnittenen Strassengräben, wie Izikon- Rebacker-Platten-Binzikon - Grüningen - Hanfgarten-Islen - Unter Otti- kon. Häuser sind auf die Umgebung überragende zugerundete Felsen erbaut (Grüningen, Izikon). Die zahlreichen flachen, felsigen Terrain- wellen kann man kaum übersehen, beispielsweise auch oberhalb Senn- hütte Izikon über Langacker nach Hanfgarten. Wie eindrucksvoll müsste die Landschaft auf einem Plan 1: 10000 oder gar 1: 5000 erscheinen. In dieser Gegend beginnt bereits die Umformung zu läng- lichen, E-W, dann SE-NW in der Richtung des sich bewegten Eises angeordneten Rundhöckern. Ein feines Beispiel bietet der 150 m westlich der angeschliffenen Strassenunterlage Hanfgarten gelegene: fein läng- lich, gleich einem Drumlin, nahezu E-W gerichtet, gewölbt mit steil auf das tiefer liegende Molasseplateau abgesetzten Flanken, oben rund, . 20—23 m breit, mit verlassenen Sandsteingruben und eigentümlichen anein Trockenklima erinnernden Verwitterungsschalen auf dem Rücken. A ni 0 a Befremdend erscheinen hohe, aufgesetzte, wahrscheinlich einen Fels- kern umschliessende Drums aus feiner Grundmoräne zwischen Bubikon | und Binzikon, wie Vorder- und Hinter Homberg mit 563 und 568 m, | der schildförmige Käsberg 549, Nippberg 551, Tannsberg 533 und Schleussberg 557, welche die Richtung des Würmgletschers genauer 4 ‚bezeichnen. W der Strassenbahn Grüningen-Oetwil (Bl. Mönchaltorf) verschärft | sich dieser Charakter auf der sanft nach Esslingen-Lieburgbach und } zugleich nach NE abgedachten Unterlage. Bei vorherrschenden Sand- 26 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 steinen treten zugleich dominierend kleinere und milde Formen auf, deren Struktur unter der allgemeinen Rasendecke nicht überall klar ist. Eines ist sicher. Dieselbe zierliche, talauswärts gleich gerichtete Ausbuchtung der Isohypsen, wie sie Bilder verschliffener Rippungen der dislozierten Molasse um Rapperswil-Jona-Laupen auszeichnen, charakterisieren auch hier das Gelände bei flacher Schichtung, verraten hier einen Parallelismus von kleinen Formen und diese müssen Rund- höcker, Drumlins der letzten Eiszeit, oder beides mit Übergangsformen sein. Flache Rundhöcker treten links und rechts von Holzhausen auf, (hier und an anderen Stellen Andeutungen deformierter Stufen), weniger scharf entwickelt bei Eulen, gegen Uezikon mit der Siedelung Geren- stöck auf Süsswasserkalk. Am Westende des Dorfes Oetwil steht Molasse an, ferner an der Strasse nach Esslingen bei Neuegg und Gusch; Hügel um Etzikon dürften wesentlich aus Sandstein bestehen (Steinbruch), wie denn von Oetwil an die Mauern an Gebäuden viel Sandstein aufweisen. Im Rinderholz NW Holzhausen schneidet die Strasse durch Sandstein, und Bächelsrüti-Vilberg haben Nagelfluh. Viel- leicht sind die meisten, zarten, flachen, schmalen und NW orientierten Hügel zwischen Holzhausen -Willikon -Oetwil-Esslingen Drums, manche mit Molassekern. Der Friedhof Oetwil liegt auf Grund- moräne und das Westende vom Burstholz zeigt dasselbe betonartige Gefüge. Im ganzen oben abgegrenzten Gelände sind erratische Gesteine heute wenigstens selten, Tafelberge fehlen. Die Erhebungen sind nicht linear in Zügen angeordnet, sondern wechselständig, weshalb ehemalige Wasserrinnen nicht zu rekonstruieren wären. Die Topographie kann daher unmöglich das Ergebniss einer reifen, diehten Durchtalung sein, wenn gewiss Spülformen dieser oder jener Art in höheren abgetragenen Niveaux existierten. Sie ist auch postglazial unwesentlich verändert, eine klare, jungglaziale Gestaltung innerhalb der massigen Ufermoränen des Zürichstadiums längs des Pfannenstiels. Niemand kann sich der Tatsache verschliessen, dass die ganze Landschaft ein eiszeitliches Gepräge hat, dass sie vorherrschend aus breit konkaven und schmalen erhabenen Kleinformen der glazialen Erosion und Erhebungen glazialer Aufschüttung in Form von Drums aufgebaut ist. 4, Dieselbe Hügellandschaft erstreckt sich noch in der Richtung re arena nach Ober Wetzikon. Dagegen ist na vente ea NW-SE sanft ansteigende Bänke von eyreap er-Otti on sichtbare, im Aatal bei Uster 470 m, m und westlich Station Unter Wetzikon ca. 525 m ” I Seien; at gelin zn Dale a ar WE ; ; * a a SE a ln ae Pipe: m = > Jahrg. 64. J. Früh. Zur Morphologie des Zürcher Oberlandes. 27 entblösste Molasse mit eiszeitlichen Aufschüttungen bedeckt, als deren massige Basis die im Aatal auf mehr als 30 m hoch auf- geschlossenen Aatalschotter auftreten. Von Breite-Langfurren bei Bertschikon im NW in #500 m ü. M. über Ober Ottikon-Sennwald bis Fuchsbühl 545 m nahe der Bahn N Bubikon sind dieselben auf 5,6 km vielfach auf weite Strecken als fest verkittete quartäre Nagelfluh entblösst. Dass sich wieder ein Gletscher darüber bewegt hat, wird durch die Umformung der Oberfläche in wellig gefurchte Plateaux und rundhöckerige Kleinformen parallel zur Richtung des Eises bewiesen. Sie ist identisch mit dem Schotter von Seebach bei Zürich, auf dem ich 1894 unter sehr dünner Jungmoräne einen mehrere m? grossen Gletscherschliff von derselben Feinheit wie auf miocäner Nagelfluh entdeckte. Den Abbau des im Querschnitt trapez- förmigen, an den Flanken diskordant mit Grundmoräne belegten Schotterhügels besonders 1894/98 fleissig verfolgend, kann ich zwischen ihm und dem Aatalschotter keinen Unterschied erkennen. In beiden dieselbe etwas wechselnde Schichtung, abwechselnde grössere Ver- festigung durch schlammig-kalzitisches Zement zu Bänken, grösste Verkittung zu altem Gemäuer an den Aussenflächen, vielfach lückig und nicht selten gequetschte Geschiebe (7), wie sie Gutzwiller von Ober Oitikon beschrieben und wie sie von Genf, Thungschneit und vielen andern Orten bekannt geworden sind, ab und zu hohle Ge- schiebe, stellenweise ziemlich häufig (Unter Ottikon, Sennwald), die- selbe Vertretung von Leitgesteinen des Rhein- und Linthgebietes mit lokaler miocäner Nagelfluh von Hüllestein-Rüti, Süsswasserkalk, gemeiner rasch zerfallender Molasse, Gerölle von 20—30—40 cm, sparsam Verrucano, Sernifit, Alpenkalk, Speernagelfluh von 80 bis mehr als 100 cm, gerundet oder stumpfkantig, ab und zu Ge- rölle benachbarter anstehender miocäner Nagelfluh mit unvollständig ausgelöschten Eindrücken, während Geschiebe aus älterer quartärer Nagelfluh bis jetzt nicht konstatiert worden sind, ebenso wenig Ge- schiebe mit erhaltenen Schrammen. Dagegen fand ich im Juli 1893 in Ober Uster, linkes Ufer der Aa, etwa N von „Stöckler“ der Karte, ‘ Grundmoräne mit geschrammten Gesteinen, bestätigt von H. Hell- ' mund (8). Daselbst auch etwas Bänderton, eine Schicht gequetschter ‘ Geschiebe und lokal schräg NW fallende ungleich zu „Zapfensanden“ verkittete Sande, wie sie aus dem Diluvium Oberschwabens, dem ' Thurgau u. v.a. 0. bekannt sind. Die Gerölle sind nicht von der - einheitlichen Rundung derjenigen der miocänen Nagelfluh und allu- vialen Flusschotters, sondern vielfach kantenbestossen. Ein Verband mit innern Moränen, einem Übergangskegel, fehlt. Die Schotter 98 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 stossen alpenwärts als Erosionsfläche aus und fehlen gegen Grüningen- Bubikon, sowie im Tal von Mönchaltorf und gegen Oetwil-Esslingen. WE Wenn ‚Seebach‘“ zur mitteldiluvialen ‚interglazialen“ Hochterrasse gezählt werden kann, muss auch der Aatalschotter so alt sein; beide sind für mich strukturell einheitlich fluvioglazial, weshalb sich hier mit dem Verfasser der ‚‚Geologie der Schweiz“ $. 272—74 sofort neue Fragen aufdrängen. Angesichts der lehrreichen und wichtigen Mitteilungen von H. Hellmund über die hangenden Schieferkohlen nach Bergbautagebüchern muss bedauert werden, dass man die Ver- zahnung der verschiedenen Schichten von „Estrich“ (Grundmoräne), Grien (Kies), Letten ‚„‚Tanggis‘‘ (Letten?), Mergel, Schneckenletten, Kohlenschmitzen nicht mit dem Auge des heutigen Naturforschers de visu interprätieren kann. Die Altersbestimmung würde durch Aufschluss über den komplizierten Vorgang der Aufschüttung sehr gewinnen. Die Kohlen sind durch Fossilien der vorletzten Vergletsche- rung zugeteilt, und der letzten Riszeit gehört nun als oberste Auf- schüttung die ganze Drumlinlandschaft an, welche (nach Blatt Hinwil No. 227!) aus linsenförmigen, wechselständigen und in der Richtung des bewegten Eises angeordneten, meistens aus Grundmoräne mit 60—90°/o geritzten Geschieben bestehen und ab und zu an Höhe den grössten Elementen der oben beschriebenen südlichen Hügelland- schaft gleichkommen oder sie übertreffen. Nachdem ich 1893 die Drumlins südlich Wetzikon erkannt und nach ausgedehnten Studien den Begriff einer entsprechenden Landschaft aufgestellt (9), hat H. Hellmund durch exakte farbige Kartierung und Wertung der ein- zelnen Elemente eine instruktive Darstellung des Ganzen geboten. Ohne auf Details einzutreten, ist heute zu konstatieren, dass man sich aus verschiedenen Gründen nicht ängstlich an die primäre An- forderung des Aufbaues eines Drum aus Grundmoräne halten kann, ist das nicht einmal zutreffend für die amerikanischen, irisch-schotti- schen und baltischen grossen Drumlinszonen. Jede grössere Drumlins- scharung zeigt vorherrschend Hügel aus mehr oder weniger deut- licher Grundmoräne, daneben Formen von „Crag and tail“ der Eee # en Forscher, d. h. rundliche Felsen auf der Me ame Kerala ar in ma a et | schliesst, endlich reine Rundhöcker. So k a ee Bas ar Varhkene ı Pr i 0 artiert H. Hellmund, so schaft, so um Bussnang- Gries 1b =“ a en man nach der innern akt ar ee ua rag ee mit Hellmund zwischen Hügeln durch glaziale Akkumulationen ( Fa en echte Drums aus Grundmoräne = * etwas verschiedene Gebild Jahrg. 64. J. Früh. Zur Morphologie des Zürcher Oberlandes. 29 mit oder ohne präexistenten Kern und Kiesdrums oder Krypto- Äsar, Kames) einerseits und Hügeln glazialer Erosion (aus ehe- maligen Randmoränen gebildete „Esker“, Kiesesker, Felsschliffrelikte — glaziale Felsrundhöcker) ‚anderseits unterscheiden würde, so sind die Elemente genetisch doch nicht so scharf zu trennen, d. h. ent- wicklungsgeschichtlich in engerem Zusammenhang wie Kartenbild und Natur ergeben. Zum voraus scheint diese Systematik nicht ohne Missverständnis zu sein. Esker ist ein wenig gebrauchter -irischer Ausdruck, gleichbedeutend mit dem schwedischen Äs (spr. Os) pl. Äser, einer durch Schmelzwasser entstandenen subglazialen, viele km langen und mit den Schrammen ziemlich parallelen Rückenbildung aus Kies und besonderem Querprofil, wie zahlreiche amerikanische Arbeiten der letzten Jahre (11) wieder zeigen. Das schottische „Kame“ — Rücken wurde mehr und mehr auf eigentümliche, dem Gletscherrand parallele, kurze Kiesrücken beschränkt. Habe ich seiner Zeit (9) den Vergleich mit Sandbänken eines Flusses gebraucht, um dem Eindruck „des Fliessenden und Gefurchten“ zu genügen, der Ablagerung vor topographischen Hindernissen, so erkannte ich doch, dass dadurch „keine allseitig befriedigende Erklärung‘ geboten werde und wies hin auf die mögliche Umarbeitung von Endmoränen durch vorrückende Gletscher. Die „Alpen im Eiszeitalter‘ weisen wieder auf solche Ver- hältnisse hin. Ich glaubte sie auf dem rechten Thurufer unterhalb der Karthause Ittingen im Thurgau feststellen zu können (12). W.Schmidle findet auf der Bodanhalbinsel die vorherrschend pflügende Umprägung von präexistenten Endmoränen zu Drumlins als Hanpt- ursache und Ahlmann (12) erkennt W Billingen in Mittelschweden Drums als umgeformte Äser und konstatiert zugleich das Losreissen von Kalkschollen von anstehenden flachen Silurtafeln durch das Eis. Die Tätigkeit des letzteren kann die Vergesellschaftung verschiedener gleichgerichteter Drums mit Übergängen zu Rundhöckern und wirk- lichen Roches moutonnees zwanglos erklären. Sie entbindet uns von der Beweisführung für die mögliche Existenz ähnlich angehäufter Innenmoränen im Gletschereise, erklärt die Abwesenheit von Schotter und Schotterflächen an der äussern Grenzzone der Drumlinscharung und verträgt sich mit dem relativ sparsamen Vorkommen dieser Hügelwelt unmittelbar hinter der Moräne des Maximalstandes und der zerstreuten Verbreitung innerhalb des vergletscherten Areals im > Ganzen. Sie harmoniert mit dem Eindruck des Fliessenden, der Bil- ei dung von Zwillingen, Drillingen, Viellingen, die sich auf der Isohypsen- karte so schön darstellen. Die Drumlinslandschaft mag anatomisch & umfassen, vorherrschend sind es die 30 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 - gleichen, und morphologisch erscheint sie als Einheit, als Endform der glazialen Erosion, im Glattal als besondere Facies eines post- glazial kaum deformierten Gletscherbodens. Dass sie nach Form und Anordnung der Elemente nicht das Werk der fluvialen Zerstörung einer gegebenen Grundmoränendecke sein kann, braucht nicht weiter bewiesen zu werden. Statt der einzig typischen „Schaf- oder Schweine- herde‘‘ müssten unter sich parallele lange Rücken mit rostförmiger Gliederung bestehen, gleich den nach Sven Hedin äolisch aus Löss- und Lehmschichten Zentralasiens ausgefurchten Jardangs oder den Sastrugy auf Schneeflächen Sibiriens. | 5. Von den zwei Seetälern ist das östliche, kleinere und höhere links entschieden auf grosser Strecke unter den Aatalkies eingesenkt, Jünger als derselbe, aber ohne irgend eine herrschende und diluviale Flussfurche. Der gut zwei km breite Talboden ist die Fortsetzung der besprochenen Hügellandschaft Dürnten-Hinwil-Ober Wetzikon- | Pfäffikersee mit Drums, Rundhöckern, fluvioglazialen ab und zu noch Schrammen aufweisenden Geschieben eines Lappens desW ürmsgletschers. Von der miocänen Nagelfluh der Stegenmühle (Aawiesen) muss sich nach Dr. Messikommer sel. die Molasse wenig unter Terrain nach den sichtbaren Vorkommnissen derselben um Ober Wetzikon und Kempten erstrecken. Dann folgt seewärts harter grüner Boden unter fluvioglazialen Aufschüttungen und schliesslich ein alluvialer Saum, der-letztere meist mit 1—1,5 m Torf und Seekreide bedeckt. Dann wird fast die ganze Talbreite vom Pfäffikersee eingenommen, dessen Spiegel (1876) in 541 m liegt und dessen 600 m lange Zentralebene 36 m tiefer in 505 m. Der See wird unvollständig von einer Moräne des Zürichstadiums mit Maximalhöhe von 552 m oder 11 m über dem See eingerahmt. Hierauf folgt das Schotterfeld von Fehraltorf und anschliessend das durchnittlich kaum 200 m breite. in Molasse geschnittene Kemptal.' Jahrg. 64 J. Früh. Zur Morphologie des Zürcher Oberlandes. 31 an das Westende des ‘Mt. Pelerin erinnert, endlich an der Moräne mit angesetzter Schotterfläche. Das Tal hat von der Wasserscheide Hinwil-Oberhöflerried (E Herrliberg) in rund 550 m nur ein Gefälle von 9 m oder 1,7°/oo zum See, bis zur Stegenmühle + 541 m. 2,25°/oo, von hier zur Zentralebene 26°/o. Der Gefällsbruch deutet den raschen Übergang zum Seebecken an. Dieses kann nicht durch Einsenkung entstanden sein. Nichts verrät den Kolk eines Flusses, den man erst finden müsste. Er erfüllt zum Teil das Zungenbecken eines Gletschers und weist zentripetale Entwässerung auf. Weil See- und Kempttal morphogenetisch von einander unabhängige Gebilde sind, fällt auch der Einwand, das Seebecken liege nicht unter der Sohle der Kempt, weg. Im übrigen ist die Molasse bei Ober Illnau mit 406 m wenig über dem Flusse sichtbar, die Sohle vielleicht kaum tiefer als die Zentralebene. Bedenkt man, dass diese aufgeschüttet, die Kempt aber — wie die zahlreichen Schwellen lehren -—, kräftig erodiert hat, so darf man sich nicht wundern, wenn die Flussohle bei Ober Illnau sogar tiefer als die Zentralebene liegt. Das Becken des Pfäffikersees ist in seiner Endform die Folge einer glazialen Aus- räumung, und der See wird durch die Moränenreste und Schotter- ebene etwas überstaut. Durch den in die Nagelfluh bei Aawiesen- Robenhausen („Stegenmühle“ anno 1654) 1856 vertieften Abfluss wird der See auf dem heutigen Niveau von 541 m erhalten und damit das volkswirtschaftlich so überaus wichtige Nutzgefälle von 102 m bis zum Greifensee in 439 m ü.M. Komplizierter ist das breite Mönchaltorfertal mit dem eben- so langen und breiten 36 m tiefen trogförmigen Felsbecken des Greifensees als direkte Fortsetzung desselben. Zweifellos ist es in seiner Gesamtheit ein Erosionstal, aber unmöglich durch die heutige Aa gebildet. Zudem fehlt ein normales Einzugsgebiet. Wollte man _ versuchen, oberhalb Grüningen eine mediane obere Rinne aufzudecken, etwa in der kaum 3 km, d.h. gegenüber dem Mönchaltorfertal nur halb so langen, breiten und mit mehr als 3°/oo fallenden Verbin- E: dung Laufenried-Izikerried u.s.f., so ist zu beachten, dass man hier E bereits in der oben erwähnten + 500 m hohen und zwischen Unter Bi; Ottikon und Bahnhof Grüningen 2km breiten, welligen und felsigen Ver- ebnung ist, von der die Molasseoberfläche nach links und rechts, d.h. nach SW und NE ansteigt, so dass man sich in einer orographischen flacheren Mulde befindet ohne Spuren eines alten Flussbettes. Der % : Beginn des Mönchaltorfertales zeigt sich mit Vermehrung des Ge- fälles etwa im 1250 m breiten Querschnitt Grüningen-Islen, von wo. es sich unter anatomisch nich t überall sicher festzustellenden Boden- 32 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 N wellen zu beidseitigen, anstehenden 3—9 m hohen Talbodenresten Jungholz-Tägernau und Oberbrand-Schwobhof-Tannsberg bei Gossau senkt, welche stellenweise sanfte Rundhöckerformen aus Nagelfluh oder Sandstein oder wenig Grundmoräne zeigen. Der Boden von Brand 455—460 m ist nach links und talauswärts allmählig abge- schrägt, so dass gegen die Talmitte nur noch eine Rippe besteht, welche in Pflugtiefe mit dem Nagelfluhrundling Buchwald 462m verbunden ist. Ihm zur Seite steht nach links der Rundhöcker 451 m. ‘ Mönchaltorf steht wieder auf einer Schwelle oder einem NE-SW = talein- und auswärts abgeschrägten Talbodenrest aus Nagelfluh und 7 Sandstein, mit einer scheitelständigen, flachkonvexen Grundmoränen- 7 decke, die in der Talachse etwas orientiert ist, wodurch Hellmund ) veranlasst wurde, den Hochfurren 460 m als Drum zu taxieren. Von E RR n da an beginnen die linken Talränder schärfere Formen anzunehmen, U während sich die rechte Seite mehr und mehr gegen Uster zu er U weitert und zu einer über der Molassetafel „Zelg‘ in NE-SW ab- 4 geschrägten Fläche entwickelt, deren nordöstlichem Rand Drums U direkt aufsitzen. Solche stehen auch oberhalb Riedikon innerhalb der ” ‘Talebene von SW-NE in Reih und Glied (Endmoränenrest?) als U mit der Talachse parallele linsenförmige bewaldete Hügel 461, 463, 462 und 461m; flachwellige Grundmoräne verbindet sie mit der- " jenigen auf der Stosseite des Riedikerberges. Schon etwas oberhalb deutet sich eine Akkumulationsstufe im Tale bei Halden an durch fuvioglazialen (?) Kies, bald folgt der Gefällsbruch zu dem tadellos " trogförmigen, glatten Seebecken, an dessen Ostufer im Jungholz U Rundhöckerformen erscheinen und 1893 von uns bei Tiefstand auf der Uferbank südlich Greifensee feine Gletscherschliffe unter Moräne und an der Wasserkante konstatiert werden konnten. Aatalkies fehlt Jahrg. 64. J. Früh. Zur Morphologie des Zürcher Oberlandes. 33 Als Boden des toten Glattales hat das Zürcher Oberland in seinem komplizierten Verband von Kleinformen ein durchaus glaziales Gepräge, das nacheiszeitlich weder durch natürliche Abspülung, noch durch anthropogene Abschälung für Wein- und Ackerbau wesentlich geändert worden ist. Das Heute ist das Gestern. Wie in allen jugend- lichen und vertikal wenig gegliederten Landschaften unseres Klimas, kommt die Ruhe des Geländes besonders in der unvollständigen Ent- wässerung zum Ausdruck. Wenn beim Rückzug der letzten Gletscher Schmelzwasser die Aatalfurche begonnen, postglazial die Jona auf kürzestem Wege eine Schlucht eingegraben, Wasserfälle eine boh- rende Tätigkeit kleiner Rinnsale bezeugen, so bestehen daneben schleichende Bächlein, schilfige Tälchen und namentlich Moore. Die Wasserscheide zwischen Glatt und Linth ist konsequent der grössten Ausschürfung von Rapperswil-Rüti-Bubikon hier am meisten nach Norden verschoben, zieht NE-SW von Hinwil über Bezholz und Laufenried-Adletshausen nach Uezikon, mehrfach etwas unsicher durch Moore (vgl. Tafel I). Die Bahnlinie Uster - Rapperswil schneidet sie auf einer 375 m langen Horizontalen in 514,6 m ü.M. beim Strassenübergang Herrliberg-Hinwil. Zwei Tatsachen scheinen a priori nicht mit der Jugend des Oberlandes zu harmonieren, die in 1:25000 messbare grosse Flussdichte (1,56 in der Land- fläche nördlich des Sees Bl. Rapperswil Nr. 229 und 2 innerhalb Bl. Hinwil Nr. 227) und das zarte Relief, die feine Textur, welehe zusammen als Kennzeichen einer fluvial fein zerschnittenen, reifen Landschaft gelten. Von der geringen Durchlässigkeit des Bodens, dem grossen Gefälle des Südgehänges und dem peri- pherischen Einfluss von Bachtel und Pfannenstiel abgesehen, ist vor allem zu beachten, dass das Gelände nirgends den Eindruck eines beherrschenden Talsystems darbietet, dass vielmehr das domi- nierende Moment in der Scharung von über 200 erhabenen Klein- formen mit trennenden konkaven Elementen liegt, in welchen die Gewässer weniger als Bildner, häufiger als angepasste Rinnen erscheinen. Relief und Textur sind hier nicht so sehr das Resultat einer fluvialen Durchtalung, sondern das Ergebnis der vorherrrschend glazialen, vielerorts durch die Struktur bedingten Ausräumung oder - der primären individualisierten Aufschüttung. 3 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. : Re % Re 34 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Literatur: . Erdk. d. schweiz. ne 11838, S. 116 und 128. Aeppli A., Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz, 34. Liefg., 1894. F. Nussbaum, Mitt. bern. nat. Ges. pro 1911 0.Herbordt, Geol. Aufnahme Rapperswil-Pfäffikon. 1:25 000. Inaug.- -Diss., Univ. Zürich 1907. .J.Früh u. Schröter, Moore d. Schweiz, Beitr. geol. Karle. geotechn. Serie IH, Bern 1904. ame o “ _— 6. J. Hug, «Beiträge» N. F, XV. Lief. 1907 und J. Weber, Mitt. nat. Ges., Winterthur 1908. 7. J. Früh, Nagelfluh d. Schweiz, Denksehr. schw. nat. nn en 1888, S. 162. 8. H.Hellmund, Vierteljahrsschr. nat. Ges. Zürich, Bd. 5 9 J.Früh, Jahrb. nat. Ges. St. Gallen pro 1894/95 0. J. Früh, Eclogae geol. helv., VIII, 1904. 1. J. W.Gregory, the relations of Kames and Eskers (Geogr. Journal 1912). R.D. Salisbury & Wallace W., Wisconsin Geology in Nat, Hist. Survey, Bull. V, 1900, S.124; E. Blackwelder in Steinmann & Wilckens, Handb. der reg. Geologie (VII, 2. Abt., U.S. A.), Heidelberg 1912, S. 90 u.a. Autoren. 12. Mitt. thurg. nat. Ges., XVII, Frauenfeld 1907. 13. Z. f.Gletscherkunde, Berlin 1916, S. 10%; vgl. auch A.Rothpletz, Die Ösierseen, landesk. Forschung geogr. Ges. München 1917, Heft 24. ii er SE a ee A er ae = un. ze PR RRIEN, ETAGE: en ’ ;- Weitere Gesichtspunkte zur Beurteilung der Dryasilora. Von H. BROCKMANN-JEROSCH (Zürich). (Als Manuskript eingegangen den 23. Juni 1918.) Eine eingehende Beurteilung von wissenschaftlichen Hypothesen verlangt wohl immer, dass diese im Rahmen der Kenntnisse und Anschauungen der Zeit ihrer Entstehung betrachtet werden. Nur so vermag man ihren Wert zu erkennen und ihren Urhebern gerecht zu werden. Auch zum Verständnis derjenigen Hypothese, die eine so grosse Bedeutung für die Entwicklung der Anschauungen über das Klima, die Ursachen und die Vegetation der Eiszeit gehabt hat und die auf Grund der Dryasflora aufgestellt wurde, sind einige historische Rückblicke nötig. Es ist bekannt, dass in der Schweizeverhältnismässig recht frühe das wirkliche Wesen der Eiszeit erkannt worden ist. Schon vor bald 100 Jahren, im Jahre 1824, hat nämlich der schweizerische Ingenieur Venetz in der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft die er- ratischen Blöcke des Schweizer Mittellandes und selbst diejenigen im Norden Deutschlands auf eine ehemalige grosse Vereisung zurück- geführt. Venetz fand zwar noch recht wenig Beachtung und sein Vortrag wurde erst zwölf Jahre später publiziert. | Mehr Eindruck machte ein anderer Vertreter der gleichen Hypo- these, Agassiz. Er förderte die Kenntnisse der Glazialgeologie in reichem Masse, aber anderseits hat er ihrem Ansehen sehr geschadet. Agassiz gehörte noch zu Cuviers Schule und demnach war für ihn die Eiszeit eine plötzlich eingetretene Katastrophe. Unmittelbar “vor der Erhebung der Alpen bedeckte sich die Erde mit einer un- geheuren Eiskruste, deren Grenze durch die erratischen Blöcke an- gegeben ist. Als die Alpen gehoben wurden, schmolz das Eis und es entstanden da grosse Erosionstäler, wo am Grunde der Spalten die Ströme schmelzenden Eises zwischen ihren gefrorenen Wänden dahinflossen: die heutigen Alpentäler. 36 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Die Verknüpfung der Katastrophentheorie mit der Eiszeittheorie wurde ein grosser Hemmschuh für die Entwicklung der Glazialogie. Die neuere Schule der Geolagen, die Aktuellisten, stand ihr fremd gegenüber und Lyell, Leopold von Buch, Darwin u. a. suchten ohne Eiszeit die diluvialen Ablagerungen zu erklären. Die alte Volks- meinung führte die eiszeitlichen Ablagerungen auf grosse Fluten, auf die Sintflut zurück. In ähnlicher Weise wollte man von wissenschaft- licher Seite die glazialen Erscheinungen durch die Drift von Eisbergen im Meereswasser deuten. Die bedeutendsten damaligen Vertreter der Wissenschaft bekannten sich zur Drifttheorie, die Glazialtheorie hatte nur wenig Anhänger und entwickelte sich nur langsam. Es ist uns heute nur schwer verständlich, wie die Drifttheorie ; bis etwa 1875 herrschend sein konnte. Der Grund liegt nicht nur darin, dass die Glazialogie die diluvialen Erscheinungen noch nicht restlos erklären konnte, sondern ganz besonders in palaeontologi- schen Tatsachen und deren Deutung. Schon der erste wissenschaft- liche Interpretator der diluvialen Erscheinungen, der Schweizer Venetz, griff, um ein Beispiel für die diluvialen Verhältnisse zu geben, zu den heutigen Alpen. Gerade so, wie die heutigen Gletscher in den Alpen beinahe nur mit der Kälte in Zusammenhang gebracht werden, so sollte das Diluvium in entsprechender Weise kälter gewesen sein als die Gegenwart. Ebenso sah Agassiz eine ungeheure Kälte als die Ursache der diluvialen Vergletscherung an. Gegen diese Ansicht sprach die Palaeontologie. Lyell machte‘ geltend, dass °/ıo der diluvialen marinen Muscheln heute noch in der gleichen Gegend lebenden Arten angehören. In Europa hätten, so machte er geltend, viele Testaceen und einige Säuger das Diluvium überlebt. Die Kälte könne also nicht so intensiv gewesen sein, dass sie alles tierische Leben vernichtet hätte, wie die damaligen Glazialisten annahmen. Die diluvialen Diekhäuter waren von den Palaeontologen als die Vertreter eines milden, warmen Klimas gedeutet worden, das eine Fortsetzung des Tertiärs sein sollte. Die Glazialisten wollten nun aber während des Diluviums ein kaltes Klima haben und kamen dadurch wiederum _ mit der Palaeontologie in Konflikt. Darwin brachte von seiner Reise nach Südamerika die Ansicht nach Hause mit, das eine Fauna von Diekhäutern mit einer Vergletscherung zusammen gehen könne, so- bald das Klima sich durch grosse Niederschläge auszeichne. Dämit war Darwin der erste, der die Folgerung auf ein feuchtes, mildes Klima während des Diluviums, wie sie selbständig von den Balaesn: tologen auf Grund der Tierfunde gemacht worden war, mit einer Vereisung, wie sie die Glazialisten bewiesen haben ee: in Ein- a ie nen ira sat u ER 2 0 2 zu UT iS Ye 2 art ER - ee] N au 70 Bi in et Fee Aal ea a en alien, ra ah nn Jahrg. 64. H. Brockmann-Jerosch. Weit. Gesichtsp. z. Beurt. d. Dryasflora. 37 klang brachte. Die Glazialisten beharrten aber auf ihrer Hypothese der Entstehung der Eiszeit durch eine Kälteperiode und damit blieben die Palaeontologen ihrerseits Anhänger der Drifttheorie. So kam es, dass diese bis 1875 die Schulansicht geblieben ist. Die Gedankenverknüpfung einer Eiszeit mit einer Kälteperiode war und blieb in den germanischen Ländern!) so innig, dass jeder neue palaeontologische Fund, der die Deutung der Eiszeit als Kälte- periode zu stützen im Stande war, sehr begrüsst und aus ihm oft über das richtige Mass hinaus Folgerungen gezogen wurden. Von dem palaeontologischen Beweis der Kälteperiode hing ja der Fort- schritt in der Anerkennung der Eiszeittheorie eben in gewissem Sinne ab. Die Kombination einer Eiszeit mit einer feuchten Klimaperiode lag trotz Darwin und trotz der palaeontologischen Funde damals fern. Einerseits wurden die Alpen, anderseits die Nordpolarländer als Beispiele heutiger Vergletscherungen herangezogen, ganz im Rahmen der damaligen Forschungsweisen. Die Anden Südamerikas, Neuseeland und Alaska blieben dabei ganz aus dem Spiele. Sie haben ja überhaupt niemals so viel Anreiz zur Erforschung gegeben und sind heute noch viel weniger untersucht als z. B. die Nordpolarländer. Von Wichtigkeit waren damals die Funde des Dänen Steen- strup um 1842, der in den Torfmooren Dänemarks die Spuren eines Baumwechsels nachwies. Über den Schichten der frühern Verglet- scherung folgen sich immer dieselben Ablagerungen: eine dünne Schicht von Zitterpappel mit Birke, dann Kiefer, hierauf Eiche und schliess- lich die Erle. Da man im europäischen Russland die gleichen Arten finde, wenn man von Süden gegen die Baumgrenze geht, so zeige diese Schichtfolge — so nahm man an — dass verschiedene Zeiten mit verschiedenen Klimaten aufeinander gefolgt seien. Die Steenstrupschen Untersuchungen wurden scheinbar gekrönt durch die Funde von Nathorst. Dieser nahm an der Nordens- kiöldschen Polarreise teil und als er dabei 1870 Spitzbergen besuchte, drängte sich ihm, wie er wörtlich selber schreibt”): „der Gedanke - mit unwiderstehlicher Gewalt auf, dass die Pflanzen, welche die Re- präsentanten der Flora in diesem hochnordischen Lande bilden, während der Eiszeit auch über das südliche Schweden und über das Gebiet verbreitet gewesen sein müssen, das einst von dem skandinavischen Inlandeis bedeckt gewesen ist.“ Y ier ist nur von den Ansichten in diesen Ländern die Rede. In andern 4 Yänden, besonders in Frankreich kam es nie zu einer ee Schule; sondern ‚wir finden noch dort verschiedene Ansichten nebeneinande x, By Studien und Forschungen, se Ausgabe 1885, S. 258. 38 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 7 Als Nathorst nach Hause zurückkehrte, suchte er nach solchen polaren Arten in den Glazialablagerungen von Schonen in Südschweden. Er fand in der Tat in diluvialen Tonen subalpine und alpine Zwerg- weiden und -sträucher, darunter Dryas octopetala, die als häufigste Art den Namen für diese Flora abgab. Ja noch mehr: Nathorst kam nach Zürich zu dem damals bereits kränklichen O. Heer. Nach dessen Angaben ging er mit Messikomer nach Schwerzenbach am Greifensee und fand dort auch tatsächlich im Liegenden des Torfes des Krutzelried in diluvialen Tonen eine beinahe identische Flora. Die Frage nach dem Klima und der Ursache der Eiszeit war bisher noch garnicht in Diskussion gezogen worden. Die Vergleiche mit den Nordpolarländern und den Alpen waren viel zu naheliegend, die Kenntnisse über Alaska zu gering. Durch die Funde von Nathorst schien die ganze Sache im Sinne einer Kälteperiode völlig bewiesen zu sein. Nach dem verdienstvollsten Vertreter dieser Hypothese nannte ich sie die Nathorstsche Hypothese!). Bei den Funden der Dryasflora wurde nur immer die eine Deu- tung in den Vordergrund: gestellt, nämlich die, welche sich auf die obere alpine und die polare Grenze der betreffenden Arten stützt. Nach ihrem äussersten heutigen Vorkommen wurden sie als polare, hochnordische, alpine oder hochalpine bezeichnet. In der Regel ge- nügt das Vorkommen oberhalb der Baumgrenze, um eine Art als hochalpin anzusehen und durch ihr Auffinden als Fossil ein „hoch- alpines Klima“ während der Zeit der Ablagerung der betreffenden geologischen Schicht zu beweisen. Dabei waren die meisten Forscher in ihrem Urteil recht be- fangen. Es lässt sich nicht umgehen, dies zu sagen. die Frage nach der allgemeinen Höhenverbreitung d Arten kaum berührt. Wenn die obere lag, so war man zufrieden, denn im Grunde verlangte der damalige Stand der Glazialogie vor allem den Beweis, dass es während des Diluviums kalt gewesen sein könne. Nun haben aber heute nur ganz vereinzelte Arten ihr Hauptverbreitungsgebiet oberhalb der alpinen Baumgrenze. Der alpinen Höhenzone können wir nur drei Arten der diluvialen Dryasflora nach ihrer Hauptverbreitung zu- rechnen, nämlich Salix herbacea (Salix polaris gehört offenbar eben- falls hierher, ist aber heute nur arktisch), Oxyria digyna und Saxi- fraga oppositifolia. Aber auch sie „steigen“ in tiefere Zonen „herab“ 3 Vergl. H. Brockmann- Deltas bei Kaltbrunn und deren zeit“, Jahresber. der $ So wurde z. B. er betreffenden Grenze nur möglichst hoch seen go ee Pflanzenreste des glazialen Ceutung für die Auffassung des Wesens der Eis- t. Gallischen naturf. Ges., St. Gallen 1910, Leipzig 1912 Mare. EN zusammen mit Rubia peregrina, Geranium s . Paeus im Rasen von Sesleria coerulea in bildner ist, Jahrg. 64. H. Brockmann-Jerosch. Weit. Gesichtsp. z. Beurt. d. Dryasflora. 39 oder finden sich als „herabgeschwemmte“ Arten auf dem Schotter der alpinen Gewässer. Man ist leicht geneigt, in dem „Herabsteigen‘“ etwas Abnormales zu sehen und vergisst, dass die alpinen Arten doch nicht etwa aus Patriotismus oder edler Begeisterung für die schöne Alpenwelt sich diese hochgelegenen Wohnsitze gewählt haben. Es sind Faktoren sehr realer Art, die den alpinen Arten diese Stand- orte zuweisen. Da sind in erster Linie die Konkurrenzverhältnisse zu nennen: Bäume, Sträucher, meist auch hohe Kräuter und Gräser oder sonst eine üppigere Vegetation fehlen, ja oft ist überhaupt keine geschlossene Vegetationsdecke vorhanden. Ferner finden in grösseren Höhen die Pflanzen eine intensive Belichtung und eine relativ lange Sonnenscheindauer. Die den Pflanzenwuchs schädigenden Extreme fehlen oft dem Alpenklima. Auch in anderer Hinsicht kann es als günstig gelten, weil es z.B. einen lang andauernden und sichern Schneeschutz gewährt. Der Schneeschutz verursacht bei vielen immer- grünen empfindlichen Sträuchern, wie z. B. den Alpenrosen (Rhodo- dendron-Arten) das Vorkommen in der alpinen und subalpinen Zone und das Fehlen in der „wärmern“, tiefern. Wenn nun das Klima tieferer Zonen irgendwo geringere Extreme aufweist, so „steigen“ eben viele Alpenpflanzen herab. Der Schneeschutz ist da, wo das Klima sowieso milde ist, wie in den ozeanischen Teilen der Alpen oder in der Nähe des Meeres, eben nicht mehr nötig und das Herab- steigen wird ganz natürlich. Etwas sehr ähnliches geschieht, wenn die Konkurrenzverhältnisse geändert werden. Warum sollte das Vorkommen der Geröllpflanze Saxifraga oppositifolia im Schotter eines Alpenflusses, wo die meisten Arten durch die Strömung zugrunde gehen, oder am steinigen Ufer eines Sees etwas Abnormes bedeuten, besonders wenn durch zeitweise Überschwemmung noch der Schneeschutz ersetzt wird ? Heute findet sich Saxifraga oppositifolia am Bodensee, Empetrum nigrum in den Dünen Hollands auf Meeresniveau und Dryas oetopetala mit Sesleria coerulea und Calluna bestandbildend in Westirland bei 50 m ü. M.') Solche Tatsachen müssen mit berücksichtigt werden, wenn man aus dem fossilen Vorkommen der Dryas und ähnlicher Arten auf heutige Vege- tation und heutiges Klima schliessen will. Mit Unrecht hat man diese Verhältnisse übergangen. ; An Die Einseitigkeit der üblichen Betrachtungsweise zeigt sich aber Glen Inagh. Die Dryas findet sich dort angineum, Chlora perfoliata, Ulex euro- soleher Menge, dass sie selbst Rasen- 1) Ballyraghan, County Clare am 40 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 auch darin, dass die Tatsache, dass neben diesen besprochenen, an- geblich hochalpinen und hochnordischen noch eine ganze Reihe anderer Arten vorkommen, lange Zeit unbeachtet blieb, ja in manchen Schriften nicht mit einem Wort gewürdigt wurde. Neben der eigentlichen Dryasflora, die an den diluvialen Fundorten heute allgemein aus- gestorben ist, finden sich noch heute in der Nähe lebende Arten vor. Es ist nun leicht begreiflich, dass bei Funden von Fossilien die ausgestorbenen mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen, als die noch lebenden. Die Phytopalaeontologen haben nur der einen Arten- gruppe der Dryasflora Wert beigemessen und die andere lange Zeit vernachlässigt, ja oft garnicht erwähnt. Schon in seiner ersten Arbeit über die Dryasflora!) erwähnt Nathorst einen Fund von Potamogeton lucens, lässt ihn aber in der Zusammenfassung und Diskussion völlig unberücksichtigt. Bei diesen heute noch in der Umgebung lebenden. Arten handelt es sich in erster Linie um Wasserpflanzen. Die Wasserbecken, in denen der Ton abgelagert wurde, der die Dryasflora einhüllt, waren mit Wasserpflanzen besiedelt und diese haben sich regelmässig er- halten. Sie lebten an Ort und Stelle, während wir bei der Dryas- flora gar keinen Beweis dafür haben, wo diese eigentlich wuchs. Das Wesentliche ist aber, dass diese Wasserpflanzen heute weder in die alpine Zone hinaufsteigen, noch polarwärts jenseits der Baum- grenze vorkommen. Die Flora der Dryastone setzt sich also aus zwei ganz verschiedenen Komponenten zusammen, die heute nicht mehr zusammentreffen. Die Wasserpflanzen sprechen zweifelsohne gegen die Nathorst- sche Hypothese. Sie blieben aber lange Zeit ganz unbeachtet, bis am Wiener Botaniker-Kongress 1905 Gunnar Anderson mit aller er re ae Beranke, „Meine Untersuchungen und sag n Jahre , so sagte er wörtlich®), „haben zu tischen Chaankler 1 in \ufassung von dem allgemeinen klima- Abschmelzen des en er re Bere a see arktisch, wie z. B, heutzutage auf Spitzb ar re Be sondern viel wärmer Dies eht a a BS sn aus dem Umstand hervor, dass a le von Wasserpflanzen, wie Potamo- ea ; n yllum, Batrachium und oft auch von Sumpfpflanzen, nn ” n a a in den alleruntersten (ältesten) Lunds Univ. Ba nt e = ORTE Alnarp i Skäne, ”) Wiener Kongressberichte $. 59, FE Jahrg. 64. H. Brockmann-Jerosch. Weit. Gesichtsp. z. Beurt. d. Dryasflora. 41 Teilen der Dryaszone vorkommen. Da diese Pflanzen eine relativ lange Vegetationsperiode erfordern — wenigstens vier Monate über 0°C. — und eine nicht zu niedere Sommertemperatur — wenigstens 56° C. für den Juli — sind wir berechtigt, auf eine verhältnis- mässig artenreiche und reichgegliederte erste Flora zu schliessen, die in ihrem allgemeinen Charakter mit der Flora!) der unteren Teile ‘des jetzigen alpinen Gebietes von Skandinavien oder Südgrönland übereinstimme.“ Anderson ist meines Wissens der erste, der durchgreifend dar- legte, dass nicht nur die Dryasflora, sondern auch die mit ihr zu- sammengefundenen Wasserpflanzen gewürdigt werden müssen. Das war sicherlich ein Fortschritt. Hiergegen scheint es mir, dass die daraus gezogenen Schlüsse nicht berechtigt waren. Die Wasserpflanzen finden sich heute in den Alpen nicht in der alpinen Zone, wohin man ‚die Dryasflora verlegen möchte. Es ist daher unlogisch, die Temperatur- verhältnisse während der Ablagerung der Dryastone durch die Dryas- flora allein oder durch die Wasserpflanzen allein bestimmen zu wollen. Ebenso fehlerhaft scheint es mir, durch Zugeständnisse gleichsam die mittlere Temperatur zwischen den beiden Extremen zu suchen. Dabei wäre ja weder die eine noch die andere Vegetation möglich. Die Lösung liegt offenbar an einem andern Ort. Die Kritik Andersons an der alten, extremen Nathorstschen Deutung wurde, wie das zu erwarten war, widersprochen. Zuerst im Jahre 1906 wandten sich C. A. Weber und später in noch ein- gehender Weise der Limnologe Wesenberg-Lund dagegen. Beide gehen von der Tatsache aus, dass in hohen Breiten „gerade die Wasseransammlungen in einer besonders ungünstigen Lage sind, weil die Sonnenstrahlen den Wasserspiegel in einem sehr spitzen Winkel treffen, wogegen besonders die dem Süden zugewendeten Gebirgshänge dem Einfluss der Sonnenstrahlen in bedeutend höherem Grade aus- gesetzt werden, weshalb auch solche Lokalitäten den üppigsten Pflanzen- wuchs aufzuweisen haben“ (Nathorst, Spätglaziale Süsswasserab- lagerungen, Geol. Fören. Stockholm Förh. März 1910). Unter andern Breitegraden würden sich die Verhältnisse anders gestalten. Bei einem höhern Sonnenstand würde sich das Wasser stärker erwärmen und eine reichere Wasserflora tragen. „Wenn die Wasserpflanzen heutzutage nicht so weit nach Norden gehen, so beruht dies BAD einfach darauf, dass die Dryasflora jetzt nach Breitegraden ‚hinauf- gerückt ist, wo die Littoralregion (der Seen) nicht mehr eine so viel 1) Gemeint ist hier die Vegetation. 43 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Te höhere mittlere Temperatur im Sommer hat als die Luft.“ „Daher eignen sich die Wasserpflanzen auch nicht gut als Indikatoren für eine erhöhte Lufttemperatur. Vom limnologischen Gesichtspunkt aus lässt sich demnach die Disharmonie zwischen Land- und Wasser- flora in den spätglazialen Süsswasserablagerungen leicht erklären.“ Nathorst hat sich dieser Hilfshypothese von Weber und Wesen- berg-Lund angeschlossen und auch Andersson erklärte in der Diskussion auf dem Stockholmer Geologenkongress 1910 auf meine Einwände hin, dass er seine frühern Einwände fallen gelassen habe. Es sei mir gestattet, darauf hinzuweisen, dass diese Hilfshypothese die Disharmonie der Flora der Dryastone doch nicht aufklärt. Die Alpen liegen noch südlicher als Schweden und haben einen noch höhern Sonnenstand. Aber auch hier kommen die Dryasflora und die Wasserpflanzen nicht mehr zusammen vor, wäs schon Schröter in seiner „Flora der Eiszeit‘ 1883 hervorhob (8. 28). Daraus geht m. E. klar hervor, dass die Deutungsversuche Webers und Wesenberg- Lunds nicht über die Disharmonie beider Floren der Dryastone hin- weghelfen. Beinahe von keiner Seite wurde jedoch die Nathorstsche Hypo- these angefochten und im deutschen Sprachgebiet ist sie immer noch die herrschende Sehulansicht. Nathorst persönlich geht ja sehr weit. Er erklärt die Dryasfunde alle ausserhalb der Baumgrenze gelegen und glaubt, die Strenge des Klimas habe eine lockere, den Boden nicht überall von Pflanzen bedeckende Vegetation gebildet. In dieser Form sind wenige Pflanzengeographen Nathorst nachgefolgt. Das hat aber insofern wenig zu bedeuten. Je nachdem dem einzelnen Forscher dieses oder jenes Beispiel mehr vorschwebt, wird das Eiszeitklima baldals milder, bald als strenger angesehen. Wenn auch die wenigsten Forscher der extremen Auffassung der diluvialen, grossen Kälteperiode, wie sie sich Nathorst vorstellt, so folgen sie ihm doch in der Art der Beweisführung. | In früheren Jahren habe Stellungnahme der Anhänger d wiesen, schweiz — in anderen Gegenden der Schweiz fehlen ich von neuem di | darlegen. J.Hug ich wiederholt auf die einseitige er Nathorstschen Hypothese hinge- solche — möchte e Unhaltbarkeit der Nathorstschen Hypothese ) hat in neuerer Zeit die Abflussverhältnisse der Gletscher ') Die letzte Eiszeit in der U forschenden Gesellschaft neryerisenen Zürich, 62, Jahrgang, 19 rs g von Zürich, Festschrift der Natur- a Vierteljahrsschrifit der Naturforschenden Gesellschaft An Hand der mir naheliegenden Dryasfunde der Nordost- re . lg Jahrg. 64. H. Brockmann-Jerosch. Weit. Gesichtsp. z. Beurt. d. Dryasflora. 43 der letzten Eiszeit in der Umgebung von Zürich bei ihrem Rückzug eingehend studiert und es gelang ihm, dadurch die Gleichaltrigkeit der Moränen festzulegen. Der Rückzug der Gletscher konnte in eine ganze Reihe von einzelnen Phasen zerlegt werden und damit erhielten wir Klarheit über das relative Alter der diluvialen Fossilfundstellen in der Umgebung von Zürich. Zwischen das Maximum der letzten Vergletscherung und das Bühlstadium, dem die Moränen von Rappers- wil-Hurden zugerechnet werden, schieben sich die deutlich erkenn- bare Phase von Schlieren und das Stadium von Zürich ein. Zwischen Schlieren und Zürich liegen eine ganze Serie gut erkennbarer End- moränen, die dem ruckweisen Zurückgehen der Gletscher entsprechen. In Zürich blieb das Gletscherende lange bestehen und es wich dann ohne weitere Moränen zu hinterlassen in gleichmässiger Abschmelzung bis zum Bühlstadium bei Rapperswil-Hurden zurück. Die Fundstellen sind kurz folgende: Melingen, an der Reuss gelegen. Die Fundstelle ist unmittelbar westlich und südwestlich der Station Mellingen. Das einschliessende Material ist Schlammoräne (J. Früh in Schweiz. Tonlager, Beitrag z. Geol. d. Schweiz) in direkter Verbindung mit den Moränen vielfach durch den Gletscher gestaucht. Auffallend ist hier die grosse Zahl von Salix reticulata-Blättern und das sozusagen völlige Fehlen der andern Fossilien. Es ist nur ein Blatt von Betula nana gefunden worden. Die Schlammoräne von Mellingen gehört in das Maximum der letzten Vergletscherung. 3 Nieder-Weningen, im Wehntal. Die Zunge des Linthgletschers hatte während des Maximums der letzten Vergletscherung eine Ab- flussrinne durch das Wehntal und das Surbtal in die Aare. Über dem Schotter des Gletscherabflusses lagen die berühmten Mammute mit Fichte und anderen Pflanzen. Die Mammute lebten hier mit Bäumen zusammen, „während oder kurz nachdem das Gletscherende der letzten Vergletscherung bei Schöfflisdorf stand“ (Heim, Geologie der Schweiz, S. 315). Bonstetten, westlich der Albiskette. Die spärlichen Reste der Dryasflora sind in Ton gebettet, der als eine „glaziale und post- glaziale Bildung in einem Schmelzwassersee“ (Lugeon, Schweiz. Tonlager, S. 371) anzusehen ist. Der untere Teil des Tones bietet Fossilien: es sind Betula nana-Blätter in einer Unmenge von Chara- pflanzen, die man am Verlaufe der einstigen Aste und Zweige jetzt durch weisse Kalkschüppchen im Ton sich abzeichnend, erkennt. Die Tonbildung erfolgte beim Rückzuge des Armes des Reussgletschers während des Stadiums von Bonstetten. 44 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Hedingen, südlich von Bonstetten. Es ist eine ganz analoge Bildung mit einer Dryasflora aus der jüngeren Zeit, aus der Zeit des . Stadiums von Hedingen. m Schönenberg, westlich Richterswil. Es handelt sich um einen Glazialton mit einer spärlichen Dryasflora, der älter ist als das Zürich- stadium, aber jünger als das Stadium von Schlieren. Die Dryasflora kommt mit Spuren -der heutigen Wasserflora vor. Krutzelried bei Gfenn, Schwerzenbach. Auf Moränen des Fossilfunde der letzten Vergletscherung im Linth- und Reussgebiet. t. Maximum der letzten 9. Zwischenstadien 3. Zürichstadium 4. Bühlstadi Vergletscherung zw. Schlieren- und Zürichstadium adium von Stadium von : Bonstetten Hedingen : Melingen: . Dryasflora : ‚Niederweningen: . . Mammuth und Fichte Bonstetten:... ....% ... ©. -Dryasflora mit heutiger ; Wasserflora Badingehnncca. nen sn u sl. -Dryasflora mit | heutiger Wasserflora Schwerzenbach:. .0.'., . Dryasflora mit heutiger Wasser- flora im Ton, Nied ” Eichenflora im Torf BT SR PR oe en a 5%, Oliryasflore Talk heutiger Kaltbrunn: . ne je Stadiums von Zürich liegt ein fossilreicher Ton, der bestuntersuchte der Schweiz. Seine Flora haben Schröter und Neuweiler dar- gestellt und letzterer hat ausserdem den Torf durchforscht. Der Ton ist Gletscherschlamm mit vielen Resten von heutigen Wasserpflanzen. Nach oben ist der Ton vielfach mit dem Torf verkeilt, woraus hervor- Behl, unge bei der letzten Phase der Tonablagerung bereits die Torf- bildung stark eingesetzt hatte. Schon die untersten Torflagen zeigen die Reste heutiger Laubbäume, wie Eichen und Linden. Niederwil bei Frauenfeld. Die Ablagerung gehört in Bezug auf altbrunn. In einer eingehenden Arbeit Jahrg. 64. H. Brockmann-Jerosch. Weit. Gesichtsp. z. Beurt. d. Dryasflora. 45 habe ich die Flora und Vegetation der in das Bühlstadium gehörenden Ablagerung dargestellt. Es handelt sich um eine Vegetation von Laub- bäumen mit Koniferen, die direkt neben dem Gletscher wuchs. Die Hauptvegetation bestand aus einem Eichenmischwald. Im Zusammenhang mit dieser Tabelle müssen wir folgende Tat- sachen hervorheben. Die Dryasflora findet sich einzig in den Tonen, niemals aber in den mit Ton überlagernden Torfen, worauf schon Schröter aufmerksam machte. Die Tone sind fluvio-glaziale Bildungen. Da ihre Ablagerung und zugleich die der Dryasflora sofort aufhört, nachdem die Gletscher sich zurückgezogen haben, kennzeichnet sich die Dryasflora als eine lokale und zeitlich beschränkte Erscheinung. Ausserhalb der Vereisung hat man in ganz Mitteleuropa nie irgend welche Spuren der Dryasflora oder überhaupt von Pflanzen gefunden, die der baumlosen Tundra im Sinne der Nathorstschen Hypothese entsprechen würden. Alle Moore und Tuffe in den nicht vereisten Gebieten haben bis zur heutigen Stunde ein negatives Ergebnis geliefert, ein Umstand, der sicher zu denken gibt. Die Conchylien-Fauna der Tuffe weist umgekehrt auf eine grosse Konstanz hin, doch erlaubt der Raum nicht, darauf einzutreten. Die Torfe der Schweiz geben, wenn sie sich auch durch das Fehlen der Buche und Fichte in den untersten Lagen und das Vor- herrschen der Eichen scharf kennzeichnen, doch Forderungen an Klimaansprüche an, die im Grossen und Ganzen den heutigen nahe- stehen. Wir haben durch diese durch Hug durchgeführten Alters- bestimmungen festgestellt, dass während an einem Orte bereits die Fichte und die Eichen wuchsen, am andern noch eine Dryasflora sich ablagerte. Die Dryasflora im Gebiete der Linth und der Reuss bildet demnach nicht einen einheitlichen Horizont, sondern sie lagerte sich zu verschiedenen Zeiten ab und zwar gleichzeitig mit der Flora, für die wir die Eichen als charakteristisch ansehen müssen. Die Dryas- flora darf demnach auf keinen Fall als die allgemeine Vegetation der damaligen Zeit angesehen werden. ge Man kann sich nun sehr wohl vorstellen, dass die Dryasflora während der Abschmelzungsperiode als erste Vegetation die freien Moränen und Schotter besiedelte. Damit ist sie durch Bodenverhält- nisse und vielleicht auch durch die Nähe der Gletscher bedingt. Mit gleichem Rechte aber kann man sich fragen, ob die Dryasflora nicht auf den Obermoränen der Gletscher wuchs oder a nah Eise ein- gefroren aus dem Gebirge hertransportiert wurde. Wir haben vor- läufig weder für die eine noch die andere Ansicht Anhaltspunkte. 46 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 g Auf alle Fälle zwingen uns diese Verhältnisse, vorsichtig gegen die Deutung der Dryasflora zu sein. Ganz besonders ist es die Dis- harmonie zwischen ihr und der immer mit ihr vorkommenden Wasser- flora, die zum Aufsehen zwingt. Ich glaube deshalb, wie ich dies früher schon mehrfach angeführt habe, von der Nathorstschen Hypo- these absehen und die Lösung des Problemes der Vegetation des Klimas und damit auch der unmittelbaren Ursache der Eiszeit in einer ganz andern Richtung suchen zu müssen. Eine Eiszeit können wir uns — vorläufig rein theoretisch ge- sprochen — auf zwei verschiedene Weisen entstanden denken. Erstens durch eine Periode mit niederer Temperatur. In diesem Falle werden die Niederschläge in vermehrter Weise in fester Form fallen und die Schmelzung des Schnees verlangsamt werden. Bei dieser Art der Entstehung einer Eiszeit behalten die Niederschläge ihre grosse Wichtigkeit bei. Hätten die Faktoren, die die niedere Temperatur verursachen, zu gleicher Zeit eine Abnahme der Niederschläge zur Folge, so könnten die Gletscher nicht wachsen. So finden wir be- kanntlich gerade am Kältepol der Erde ein bewaldetes Land ohne Vergletscherung vor. Es ist nun nicht denkbar, dass ein einzelne allein ändere. Eine Abnahme der Temperatur, wel Baumgrenze von 2000—2500 m auf 300 m ü.M,, als bewiesen annimmt, veranlassen würde, ohne dass faktoren sich ändern würden, ist vom klimatologischen Standpunkt aus undenkbar. Da das Klima nun nach den meisten Forschern ein kontinentales gewesen sein soll, so kämen wir damit zu einer so kleinen Niederschlagsmenge, dass diese zu einer so starken Ver- grösserung des Eises garnicht ausreichen würde. Der zweite theoretische r Klimafaktor sich che ein Sinken der wie es Nathorst die andern Klima- werden verkleinert und dami . solches Klima würde ein Folge haben. Es würde abe N N END te a Jahrg. 64. H. Brockmann-Jerosch. Weit. Gesichtsp. z. Beurt. d. Dryasflora. 47 trotzdem nur selten erwogen worden. Wohl der erste, der auf. diese Verhältnisse hingewiesen hat, war Darwin, wie ich das bereits er- wähnte. Ausserdem hat Oskar Drude jene Gegenden zum Vergleich herangezogen. In einer Arbeit „Betrachtungen über die hypothetische vegetationslosen Einöden im temperierten Klima der nördlichen Hemi- sphäre zur Eiszeit‘, welche 1889 in Petermanns Mitt. S. 282—296 erschien, findet Drude, es sei mit Unrecht die Ansicht: ‚wo Eis- bedeckung war hatte keine Vegetation Platz‘‘ zum Grundsatz erhoben worden. Dieser sei von folgenschwerer Bedeutung für die Anschauung von den ersten Besiedlungsverhältnissen nach der Eiszeit geworden. Drude hält dem entgegen, dass bei starker Gletscherausdehnung in verhältnismässig mildem Klima die alpine Region zwischen Wald und Eis zurücktritt und dass Wälder und Gebüsche unvermittelt mit dem überdauernden Eise in Berührung stehen. In Alaska seien die Moränen der dortigen Gletscher mit Gesträuch und Dickicht von grosser Mächtig- keit bedeckt, so dicht, dass es viele Stunden voll Anstrengung kostet, um sich nur eine Meile weit durchzuarbeiten. „Diese Voraussetzung ist also nicht richtig, dass da, wo man die Wirkung verschwundener Gletscher geologisch erkennt, das Land zur Zeit jener Eisbedeckung notwendigerweise eine Einöde gewesen sein muss“. Nathorst wandte sich gegen die Drudesche Ansicht. Ganz besonders mit dem Hinweis auf die Dryasflora sagte er, die theoretische Möglichkeit für solche Verhältnisse wäre wohl gegeben, aber die Dryasflora beweise eben „aufs Entschiedenste, dass das Klima mit der Abschmelzung des Eises während langer Zeitabschnitte so streng war, dass nur solche extreme Glazialpflanzen, wie Salix polaris und Dryas octopetala. dieselben ertragen konnten“. Drude hat sich nicht weiter über diesen Punkt geäussert und wohl seine Einwände fallen gelassen. Es erübrigt noch, auf neue Forschungen hinzuweisen, die zeigen, dass vieles dafür spricht, dass wir im Alpengebiet sehr ähnliche Ver- hältnisse während der Eiszeit gehabt haben, wie sie heute in ozea- nischen, vergletscherten Gebieten vorkommen. Ich möchte hier auf einen Aufsatz in Hettners Geograph. Zeitschrift, Heft 12, 1915 hin- weisen. Wilhelm Wolf schreibt: „Der ungeheure Eisfächer des ‚Malaspina-Gletschers nimmt eine Fläche von etwa 3900 qkm ein, das heisst er ist beinahe so gross wie die Fläche der Kantone Zürich, Schwyz und Luzern zusammen, und beinahe dreimal so gross als das Ausbreitungsgebiet des Linthgletschers mit dem Walensee- Arm des Rheingletschers zusammen während der letzten Eiszeit. Aus grösserer Entfernung betrachtet, sieht er wie eine ungeheure weisse Hochfläche mit kulissenartigem Alpenhintergrund aus, die im Südwesten und 48 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Siiden von ‘einem niedrigen Landstreifen umzogen zu sein scheint. Kommt man näher, so wächst dieses Land und verbirgt mehr und mehr den sanft gewölbten Eisschild dahinter. Man erkennt, dass es ein Waldland ist, und wie das Schiff noch näher heranfährt, so unter- scheidet man darin zwei Stufen. Zunächst dem flachen Strand ist das Waldland mehrere km weit ganz niedrig; mehrere Flüsse mit breiten, kahlen Sandbänken durchlichten es. Dann kommt ein An- stieg und dahinter wieder weit ausgedehnter, ebener, lichter Wald, über den nur eine feine, weisse Eislinie hinwegschimmert. Die vordere Ebene ist das bewaldete Schottervorland des Malaspina, der nur im Nordwesten eine Strecke weit mit seinem Eiskliff an den Ozean reicht. Die zweite Stufe des Waldlandes aber ist, so unglaublich es klingen mag, bewaldetes Gletschereis. Natürlich stehen die Bäume nicht unmittelbar auf dem Eis. Diese ist vielmehr mit einer Ablations- moräne von 3—4 Fuss Stärke bedeckt, einer lehmig sandigen Erd- masse, die aus dem in der 5—8 km breiten Waldzone nur 100 bis 400 m dicken Eis ausgetaut ist. Je weiter vom Rande, um so schwächer wird die Moräne, die flachbewurzelten Fichten und Erlen verschwinden, hie und da zeigt sich reines Eis an der Oberfläche, und schliesslich steht man auf der blendenden, flach welligen Gletscherfläche. Russel schätzt die Waldzone des Malaspina auf 52—65 km?, also so gross wie der Zürichsee (ohne Öbersee). Am Nunatakgletscher lässt sich folgendes zeigen: „Während der alte Moränenkranz reifen Nadelhochwald trägt, sahen wir auf der Strandterrasse jüngeren Wald von Espen (cotton wood) und Erlen mit zerstreuten Fichten. Nähert man sich dem jetzigen Gletscher, so werden die Fichten, obwohl gesund und mühelos wach- send, immer spärlicher, und es bleiben fast nur Espen, Erlen und Weiden übrig, nahe dem Eise sieht man auch keine Espen mehr. Es ist also, obschon das Klima allen genannten Gewächsen zuträglich ist, doch eine ganz bestimmte Marschordnung in ihrem Vordringen: zuerst schnellwüchsige Blumen und Gräser und rasch erwachsende Buschformen, dann die Espen und zuletzt die Fichten und Hemloks. Wie wohl sich die Vegetation befindet, lehren zwei Erscheinungen aufs Deutlichste: das untere, auf flachem Schottergrund an der Disent- chantment-Bucht ausgebreitete Ende des „Bunten Gletchers‘‘ liegt ziemlich tot und hat sich mit Moränenschutt bedeckt. Besteigt man den Rand, so sieht man einen Kilometer weit nichts vom Eise, sondern nur steinige Hügelchen und dazwischen klare Teiche. Die Hügel haben einen Eiskern und die Teiche erhalten ein gut Teil Schmelz- wasser, aber trotzdem wuchert dort dichtes Erlengebüsch. Manche SPD EB Te Sa De SE et a a an a a le RENTE: ae a N Ei Kan Jahrg. 64. H. Brockmann-Jerosch. Weit. Gesichtsp. z. Beurt. d. Dryasflora. 49 Sträucher stehen schief, andere sind ganz verrutscht und in Schutt begraben, weil der Eisboden unter ihnen wegschmilzt. Es ist ein ganz merkwürdiger Eifer, mit dem die grüne Lebensmacht in diesen wüsten Gefilden Fuss zu fassen strebt!“ Auch in den Moränenteichen von Alaska lagert sich, wie Tarr berichtet, aus schlammigem Schmelzwasser feiner grauer Ton ab; Blätter von Buschweiden und Erlen, von Lupinen und andern rasch dort aufspriessenden Pflanzen mögen hineinflattern und eingebettet werden, ganz wie die Weiden- und Zwergbirkenwälder unserer deut- schen Spätglazialflora; bleibt ein Teich bestehen, so werden sich später die Blätter von Espen hinzu finden und schliesslich kommt der Fichtenwald entsprechend unserem Föhrenwald. Das legt Wolff den Gedanken nahe, dass die Reihenfolge: Dryas- flora, Populus tremula und Birke, Kiefer und schliesslich Eichenflora eine Sukzession darstellen, wie die Neubesiedlung des vom Eise frei- gewordenen Bodens in Europa vor sich gegangen sei. In der Tat lassen sich viele Gründe anführen, die dafür sprechen. Man darf noch in diesem Zusammenhange auf die Tatsache aufmerksam machen, wie häufig Populus tremula und Kiefer neuen Boden als erste Baumpioniere besiedeln. Die letzten Bäume der polaren Baumgrenze sind Föhre, Fichte und Birke, aber niemals Pappeln, wie diese auch der alpinen Baumgrenze fehlen. Sollten die Verhältnisse von Alaska im Grossen und Ganzen ein Bild der diluvialen Zustände Mitteleuropas bieten, dann müssten wir auf ein feuchtes und mildes, also ein ozeanisches Klima schliessen. Dieses ist mild genug, um die Wasserflora der Dryastone zu gestatten und zugleich ist es ja das feuchte, gleichmässige Klima, das das Herabsteigen von Höhenpflanzen auf das Meeresniveau fördert. Die vermehrten Niederschläge und die gleichmässigen Temperaturverhält- ‘nisse sind in diesem Falle die Ursache der Eiszeit. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürieh. Jahrg. 64. 1919. Zur Geologie von Leuzigen, mit einem Überblick über den geologischen Bau des westlichen Bucheggberges. Von E. BAUMBERGER, Basel. Mit einer Kartenskizze und 5 Profilen (Taf. II). (Als Manuskript eingegangen am 27. Juni 1918.) Der Bucheggberg, ein breiter Molasserücken mit ausgedehnten Waldungen und fruchtbarem Ackerland, trennt westlich der untern Emme bei Solothurn die weiten Schwemmebenen des Aare- und Limpachtales. Der östliche und südliche Teil desselben ist solothur- nisches Gebiet; der Nordhang mit den Gemeinden Leuzigen, Arch, Rüti, Büren gehört zum Kanton Bern. Die Gemeinde Leuzigen, ungefähr in der Mitte zwischen Solothurn und Büren gelegen, greift weit in die Alluvialebene der Aare hinaus, umfasst aber auch grosse Gebiete des Molasserückens. Die orographischen Züge, die den Nord- rand des Bucheggberges charakterisieren, sind bei Leuzigen besonders scharf ausgeprägt. Insbesondere sind es aber die interessanten geo- logischen Verhältnisse, welchen ich seit vielen Jahren meine Auf- merksamkeit geschenkt habe. Ihrer Besprechung sind die nach- folgenden Mitteilungen gewidmet. Ich mache, der spätern Darstellung vorauseilend, auf die ausgedehnten Kalktufflager der Gemeinde auf- merksam, welche in frühern Zeiten die umliegenden Gebiete mit einem geschätzten Baumaterial versorgten. Bei unseren Erörterungen sind wir genötigt, gelegentlich über den engen Rahmen des Gemeindegebietes, dessen geologische Ver- hältnisse in der beigefügten Kartenskizze dargestellt sind, hinauszu- treten; es ist für das Verständnis unserer Ausführungen von hohem Wert, die Beziehungen des kleinen Geländeabschnittes zum ganzen Bucheggberg im Auge zu behalten. Dies gilt namentlich für die Darstellung der Lagerungsverhältnisse der Molasse. Wir erweitern diese Angaben zu einer gedrängten Übersicht über den geologischen Bau des westlichen Bucheggberges. Zu diesem Zwecke sind der Kartenskizze einige Profile des genannten Gebietes beigegeben. Unsere Mitteilungen über den Nordrand des Bucheggberges bei Leuzigen können dadurch nur gewinnen. Jahrg 64. E. Baumberger. Zur Geologie von Leuzigen. öl 1. Überblick über den geologischen Bau des westlichen Bucheggberges. In steiler Schichtstufe fällt der Südrand des Bucheggberges fast ungegliedert zur Ebene des Limpachtales ab. Der Nordrand des Hügelzuges zeigt im Gegensatz zum hohen Südrand eine grössere orographische Detailgliederung. Durch einen ansehnlich breiten Streifen glazialer Bildungen ist der Molassesockel hier verhüllt; dieser Streifen bildet eine den ganzen Nordrand des Hügelzuges begleitende, viel- fach terrassierte Übergangsstufe zwischen der Aareebene und dem breiten Bergrücken. Zahlreiche Bäche haben den Nordrand des Molasserückens und vielerorts auch den vorgelagerten glazialen Ge- ländestreifen durchfurcht, gelegentlich auf letzterem Schuttkegel auf- gebaut. Mehrere stattliche Ortschaften zwischen Solothurn und Büren finden sich jeweilen am Ausgang eines gegen das Aaretal geöffneten Molassetälchens, zum Teil auf Schuttkegeln, so die Dörfer Leuzigen, Arch, Rüti. Aber nicht nur der Nordrand, auch die breite Hügel- fläche ist gegliedert. Von Gossliwil an ostwärts trennt das Biberntal den Rücken des Hügelzuges in einen höhern südöstlichen und in einen niedrigern nordwestlichen Abschnitt. Am Aufbau des Bucheggberges beteiligen sich oligocaene und miocaene Molassebildungen. Die oligocaene ältere Schichtserie. setzt sich zusammen aus bunten Mergeln, oft mit Kalkkonkretionen und grauen, tonigen und daher meist weichen Sandsteinen mit gesimse- artig vorspringenden Knauerlagen. Der tiefste zu Tage tretende Horizont dieser Gesteine am Bergsockel gegen das Limpachtal (z. B. bei Balm) dürfte stampisches Alter besitzen. Die miocaenen, sicher marinen Bildungen bestehen aus drei verschiedenen Gesteinshorizonten, - die nach ihrem geologischen Alter das Untermiocaen = 1. Mediterran- stufe = Burdigalien — Helvetien (Rollier) repräsentieren. Über den bunten oligocaenen Mergeln folgt der untere Muschelsandstein mit 3 einer Mächtigkeit von 3—5 m, der vielerorts durch Aufnahme kleiner N ‚ bunter Gerölle kristalliner Gesteine in eine Nagelfluh übergeht und - früher als Mühlestein und Baustein an vielen Stellen ausgebeutet "worden ist. Das Volk kennt diese Gesteinslager unter dem Namen ‘„Mühlefluh“. Am Bürenberg konnte ich darin Haifischzähne nachweisen. ‚Belegentlich enthält der Zement ar ea EoloBiinb Prague ma- zu ind im Selscker bei Schnottwil. Studer beschreibt dieses Gestein ale Muschelnagelfluh‘. Darüberfolgen ca.80 -100m graue, weiche, glimmer- " Biche Sandsteine, oft in mächtigen Lagern homogen entwickelt, oft | ber auch mit Einlagen harter Knauern, die zonenweise angeordnet 52 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 auftreten. Im Dach der grauen Sandsteine ist der obere Muschel- sandstein entwickelt, der im Bockstein südlich Hessigkofen in zwei durch homogene weiche Sandsteine (alter Sandsteinbruch im Obern Bockstein) getrennten Niveaux auftritt. Das tiefere Niveau ist im Untern Bockstein durch Steinbruchbetrieb auf wenigstens 15 m auf- geschlossen. Östlich vom Obern Bockstein und am Schöniberg tritt das dünnbankigere, höhere Muschelsandsteinlager an die Erdober- fläche, am Schöniberg in einer Mächtigkeit von 6-7 m angeschnitten. Unsere Profile zeigen, dass der Bucheggberg sich aus einem Gewölbe und zwei flachen Mulden aufbaut. Die miocaenen Sedimente sind in ihrer heutigen horizontalen Verbreitung auf die südliche Mulde und auf den Bürenberg beschränkt. Die oben kurz geschilderten Molassegesteine sind faziell gleich entwickelt wie im Jensberg und Büttenberg bei Biel'). Der Nordrand des Bucheggberges gegen das Aaretal und ebenso die Mittelzone längs des Biberntales bietet in- folge der ausserordentlich starken Bedeckung mit glazialen Ablage- rungen nur spärliche Aufschlüsse der Molasseunterlage. Diesem Um- stand ist es zuzuschreiben, dass der Nordrand des Hügelzuges in meiner ersten kleinen Mitteilung über den Bau des Bucheggberges als Nordschenkel eines flachen Molassegewölbes aufgefasst wurde?). Die seither durchgeführte geologische Kartierung des ganzen Buch- eggberges hat nun gezeigt, dass die Schichtserien der Molasse am ganzen Nordrande schwach gegen den Berg einfallen und somit auch der Bürenberg und der zwischen Aaretal und Biberntal gelegene Ge- bietsstreifen eine flache Mulde darstellen. Wir verweisen auf die dieser Mitteilung beigegebenen Profile. Im Stromstrich des diluvialen Rhonegletschers gelegen, war zeit- weise der ganze Hügelzug unter Eis begraben. Der Bucheggberg ist ein gewaltiger Rundhöcker. Als eiszeitliche Bildungen treffen wir mächtige wasserzügige Schotterfelder und lehmige, wasserundurchlässige Grund- moräne. Über ihre horizontale Verbreitung und Höhenlage in un- serem Gebiet und über ihre gegenseitigen Beziehungen gilt folgendes: Schotterfelder in beträchtlicher Ausdehnung und Mächtigkeit be- decken den Rücken des Molassezuges zwischen Aare und Biberntal mit Ausnahme des Bürenberges. Das Gebiet des südlichen Mulden- zuges entbehrt östlich Schnottwil der Kiesfelder. Sie werden in der ') Eine ausführlichere Beschreibung der Gesteine fi ndet sich inE.Baumberger: Beiträge zur Geologie der Um mgebung von Biel und Grenchen. Mit 1 Dronltafad Hin 5. Textfiguren, ki der Naturf. Ges. Basel. XXVI. 1915, mberger: Über die Molasse im Seeland nnd 1903. ®2) E. Ba handlg. der Natur. Ges. Basel, XV. im Bucheggberg. Ve- Jahrg. 64. E. Baumberger. Zur Geologie von Leuzigen. 53 geologischen Literatur als Plateauschotter bezeichnet. Im Ver- hältnis zu ihrer bedeutenden horizontalen Ausdehnung im südwest- lichen Gebietsstreifen treten sie nur auf kleinen Flächen oder nur an Erosionsrändern an die Erdoberfläche. Meist ist eine mächtige Grundmoränendecke darüber ausgebreitet. Die Gemeinden Arch und Leuzigen besitzen die grössten Flächen, auf denen die Plateauschotter entweder direkt an die Oberfläche treten oder unter einer wenig mächtigen Moränendecke verborgen sind. Grundmoräne bedeckt meist auch die Talhänge, so dass auch hier, trotzdem Schotterteld und liegende Molasseunterlage bei der Talbildung angeschnitten worden sind, Aufschlüsse nicht häufig und die Kiesbänder an den Erosions- rändern nicht kontinuierlich zu verfolgen sind. Immerhin gewähren sowohl am Erosionsrande der Kiesfelder als weiter im Kiesfeld drin liegende Ausbeutungsstellen einen Einblick in die Zusammensetzung der Schotter und orientieren über deren Mächtigkeit. Im Zielacker | (Gumilochgriengrube) nördlich Oberwil hat der Aushub die grün- . lichen sandigen Mergel der Molasseunterlage erreicht; das Kieslager Ä besitzt eine Mächtigkeit von 16 m, die darüber liegende Grundmoräne eine solche von 6m. In den Kiesgruben an der Gossliwilstrasse bei Ei Arch misst der Kies 24m; die liegende Molasse ist im Niveau der Gruben nicht freigelegt, dürfte aber in geringer Tiefe zu erschürfen sein. An der nördlichen Hügelkante ob Ichertswil im Biberntal liegen unter zirka 3 m Grundmoräne 8—10 m Kies; in der west- lichsten Grube treten an der Basis des Kieslagers die bunten, berg- wärts einfallenden Mergel der oberoligocaenen Molasse zu Tage. Aeberhardt°) und Nussbaum *) °) haben nachdrücklich dar- auf hingewiesen, dass die Plateauschotter im Bucheggberg fast aus- schliesslich aus Aaregletschermaterial bestehen und dass die kristal- ' linen Geschiebe recht frisch aussehen. Ich kann diese Beobachtungen - für die von den obgenannten Autoren besprochenen Lokalitäten durch- aus bestätigen und füge bei, dass auch die Plateauschotter in der Umgebung von Leuzigen diese Eigenschaften besitzen. Die Grund- a ‚moräne dagegen, welche die Schotterfelder und deren ältere Ero-, sionsränder auf grosse Strecken verhüllt, ist typische Rhonegletscher- _moräne mit den charakteristischen Wallisergesteinen. Gelegentlich i F- "IE B: E 4 2 $ | | 3) Aeberhardt, B. Note sur le Quaternaire du Seeland. Arch. sc. phys. et lat. Geneve. 1903. \ 4) Nussbaum, F. Über die Schotter im Seeland. Mittlg. der Naturf. Ges. - Ern 1907. ei ei ussbaum, F. und Aeberhardt, B. Bericht über die Exkursionen der Kr Stweizer. geolog. Ges. in die diluvialen Schottergebiete der Aare und der Emme. | Elogae geol. Helv. Vol. XI, No. 6. 1912. 54 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 ist die Grundmoräne in ihrer Basis direkt über den liegenden Schot- tern in der Fazies der Bändertone entwickelt, so in der Lochmatt südlich Schnottwil (Firstacker-Griengrube südlich Punkt 556) und südlich Nennigkofen (ob Punkt 487 südlich der Mühle). Wir werden später bei der Besprechung der nähern Umgebung von Leuzigen nochmals auf diese Plateauschotter und die Ober- Aächenform der Molasseunterlage zurückkommen. Hier möchte ich nur betonen, dass die bei Oberwil im Zielacker auftretenden Schotter wesentlich tiefer liegen (Molasseunterlage bei ca. 480 m), als die im benachbarten östlichen Gebiet und bei Schnottwil (westlich Salacker über dem Mühlebach). Jünger als die Plateauschotter sind die von den Geologen als Seelandschotter bezeichneten Kiesmassen, welche am Rand des Aaretales auftreten und hier den Molassesockel verhüllen. Auch diese Schotter sind von mächtiger Grundmoräne des Rhonegletschers be- deckt: auf diesen tiefer liegenden Sehottern tritt die Moräne auch in Wallform auf; die Wälle sind allerdings vielfach durchbrochen und verwaschen, lassen sich aber dennoch ungezwungen in Randmoränen- züge einordnen. Der hier zur Verfügung stehende Raum gestattet leider nicht, diese glazialen Bildungen einlässlicher zu besprechen. Wir hoffen, in einer spätern Arbeit, bei Gelegenheit der Publikation der geologischen Karte des Bucheggberges die glazialen Bildungen einlässlich im Zusammenhang behandeln zu können. Nach dieser kurzen Orientierung über die Geologie des west- lichen Bucheggberges kehren wir zu unserer Kartenskizze der Ge- meinde Leuzigen zurück. 2. Die Umgebung von Leuzigen. Wie grosse Treppenstufen treten die drei früher genannten, nach der Höhenlage geschiedenen Geländestreifen hervor: im Norden die Alluvialebene der Aare, 431 m über Meer; weiter südlich die durchschnittlich 30 m über dem Aarespiegel liegenden, mit Moräne eingedeckten Seelandschotter im Gebiet des Dorfes nnd nach weiterm Anstieg von ca. 100 m der Molasserücken des Bucheggberges mit einer Höhe von 540—570 m. In einem Profil vom Aaretal über Thürnen-Höhäcker nach dem Oberberg ist dieser Stufenbau besonders scharf ausgeprägt. In den Gräben der Aareebene beobachtet man eine fruchtbare Torferde über graublauem alluvialem Lehm. Im übrigen Gebiet der Karte nimmt die lehmig-kiesige Grundmoräne des Rhonegletschers den weitaus grössten Raum ein. Jahrg. 64. E. Baumberger. Zur Geologie von Leuzigen. 55 Zunächst treffen wir sie, stellenweise mächtig aufgetragen, über den Seelandsschottern. Die auf der Karte eingetragenen Schotter treten an Steilrändern, z. B. Thürnen, unter mächtiger Moräne her- vor oder sind, wie westlich vom Unterdorf, nur von einer dünnen Moränendecke verhüllt. Mehrere Kiesgruben in der Umgebung des Dorfes gewähren einen Einblick in die Zusammensetzung dieser fluvio- glazialen Rhoneschotter aus der letzten Eiszeit. Wie schon aus der Karte zu ersehen, ist ihre Höhenlage verschieden. Die lehmige Grund- moräne mit gekritzten Geschieben und gelegentlich mit grossen ' eckigen Blöcken, der Obermoräne entstammend, wurde durch die Drainage-Arbeiten im Jahr 1916 in der Längersmatt, dem Luchli, den Friesenmatten, der Mettlen vorzüglich aufgeschlossen. Ich sah in der Mettlen (südöstlich vom Bahnhof) grosse Arolla-Gneissblöcke. Aber auch der breite Molasserücken südlich des Dorfes ist mit alpinem Schutt eingedeckt. Wir besprechen zuerst dessen Unterlage, die Molasse. Nur an den Steilrändern gegen das Aare- und Biberntal tritt in schmalen Streifen die oligocaene Molasseunterlage hie und da zu Tage, Einzelne der nachfolgend genannten Aufschlüsse sind jetzt verschwunden. Hinten in der Brunnadern, am Nennigkofenweg nahe der Kantons- grenze, sind früher in einem kleinen Grübchen weiche Sandsteine gebrochen worden. Beim westlichsten Sammler der neuen Wasserversor- gung über dem Kalktufflager in der Brunnadern konnte ich seinerzeit durch eine unbedeutende Schürfung südfallende Sandsteine nachweisen. Etwas westlich von dieser Stelle, wo der sogenannte Trämelweg bei Kurve 510 das westliche Ende der „Ziegeldählen* erreicht (früher war hier eine kleine Ziegelei), beobachten wir in grösserem Aufschluss bunte Mergel und weiche Sandsteine. Beim Bau des neuen Salzholen- Weges im Jahr 1906/07 wurden unter typischer Grundmoräne ca. 10° nach Südosten einfallende bunte Mergel angeschnitten. Der Salzhole- graben und der westliche Hang der „Burg“ bieten ebenfalls kleine Aufschlüsse anstehender Molasse. Im Hang des tiefen Hohlweges zwischen Rosenmatt und Eimatt (Hohle Gasse) wurden seinerzeit \ | gelegentlich Molassesande ausgehoben. Im Jahr 1916 sind bei den Kanalisationsarbeiten im Bietwil unter der steilen Halde der Südseite Sandsteine und bunte Mergel erschürft worden. Auf der Nordostseite ‘des Kreuzhubels und im Bänli wurde die Molasse bei Brunnengrabungen nachgewiesen. Über dem kleinen Schotteraufschluss am Bänliweg steht EMolasse an. Den besten Aufschluss von Molassesandsteinen finden wir ; \edoch ea. 500 m westlich der Gemeindegrenze auf der sog. Platten bei a a] 476 (nördlich vom Haselbach; vergl. Bl. Grenchen No. 123), wo 56 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 in.einem kleinen längst aufgelassenen Steinbruch harte Sandsteinplatten Ost 40° N streichen (Dekl. 11°) und mit 16° nach Südosten einfallen. Längs des Biberntales sind die Aufschlüsse noch spärlicher. Am Tscheppachmöslirain fallen harte Sandsteinplatten, am neuen Weg im Sehluchgraben bunte Mergel nach Nordwesten ein. An der Basis der westlichsten Griengrube ob Ichertswil (P. 530) und im Lochgraben sind bunte in den Berg einfallende Mergel entblösst. Bevor wir uns der Besprechung von Schottern und Moräne zuwenden, welche die stark abgetragene flache Mulde eindecken, ist es angezeigt, sich noch mit den Erosionstälchen zu beschäftigen, die strahlenförmig sich gegen den Kern des Dorfes öffnen. Das Bietwil-Tälchen im Westen trennt den Kreuzhubel, dessen Kern nachweisbar aus Molasse besteht, vom breiten südlich sich ausdehnenden Molasserücken ab; durch das Tälchen der Brunnadern ist der auffällige Längenberg vollständig vom zurückliegenden Bergland abgeschnitten. Molasse lässt sich an demselben oberflächlich nirgends auffinden. Meines Erachtens stellt der Längenberg einen mit Grundmoräne stark überklebten Molasse- Rundhöcker dar; die höchsten Teile des Hügels dürfen, ebensowenig wie am Kreuzhubel, nicht als Moränenwälle gedeutet werden. Zwei kurze Erosionsrinnen; der Salzholengraben westlich und das Diepermoos östlich der Burg, greifen weniger tief in den Molasserücken südlich des Dorfes ein. Alle diese Erosionsrinnen hat der Rhonegletscher mit seiner lehmig kiesigen Grundmoräne ausgepolstert. Das Bietwil, der Salzholengraben und namentlich das Diepermoos waren daher bis vor kurzer Zeitstrecken- weise ausgesprochene Rietgebiete. Als solche sind sie absichtlich in die Kartenskizze eingetragen worden. Im Jahre1916 sind Bietwil und Dieper- moos, gleichzeitig mit den früher schon genannten Grundmoränegebieten nördlich des Dorfes, drainiert worden. Im „Salzholengraben“ hat die zähe lehmige Grundmoräne beim Strassenbau im Jahr 1906 viele Schwierigkeiten bereitet. An allen 3 Lokalitäten enthielt der graue zähe Moränenlehm Quarzitgeschiebe und gelegentlich grosse eckige Walliserblöcke. Mir sind besonders die Arollagneisse aufgefallen. Im Salzholen-Graben bleibt ein seltener Findling — ein Smaragditgabbro (Euphotid) von über 6 m? Inhalt aus dem Allalingebiet im Wallis — der Nachwelt als interessanter Zeuge der letzten Vergletscherung unseres Geländes erhalten. Ein grosser Block des gleichen Gesteins nordwestlich derBurg ist 1906 bei Gelegenheit der Strassenkorrektion. verschwunden. Der Rhonegletscher hat bei seinem letzten Rückzug reichlich erratische Blöcke ausgestreut im Gebiet der vielfach ver- waschenen und durchbrochenen Rückzugsmoränen längs des Molasse- randes. Als Bausteine waren sie sehr gesucht. Wir finden sie in reicher Jahrg. 64. E. Baumberger. Zur Geologie von Leuzigen. 57 Zahl an den Dorfgassen (auch in den Nachbardörfern Nennigkofen, Arch und Rüti) aufgestapelt und in Strassen- und Hausmauern ver- wendet; mit grossen Gneissplatten sind Bäche eingedeckt und überbrückt; viele dienen als Weg- und Marchsteine. Nun wenden wir unsere Aufmerksamkeit den Plateauschottern und deren Moränendecke zu. Der nördliche Teil des Plateaus ist fruchtbares Ackerland; der südliche trägt bis an die Gemeinde- und Kantonsgrenze ausgedehnte prächtige Waldungen. Die Oberfläche im Feld- und nament- lich im Waldgebiet zeigt flache Wannen und breit angelegte, wenig hohe Wellen in reicher Abwechslung. (Vergl. Kurvenbild der Karte!) Ruhigere Oberflächenformen stellen sich da ein, wo die Schotter nahe an die Erdoberfläche treten. Grosse Kiesgruben finden sich im „Dünnbüttli‘ "und im „Winkel“ ; auf der Kohlrüti ist der Sodschacht in Kies abgeteuft. Über dem Kalktufflager in der Brunnadern dürfte das Kiesfeld eine Mächtigkeit von 12—15 m besitzen. Aber auch über der Hügelkante längs des Biberntales treten Kieslager auf. Eine Kiesgrube findet sich im „Tanneneinschlag“ des Leuzigenwaldes; mehrere Gruben sind gegenwärtig im Betrieb am Waldrand ob Ichertswil, ca. 1200 m östlich der vorigen (Blatt Bätter- kinden No. 128). Im übrigen Gebiet des Hügelrückens beobachten wir überall, recht ungleichmässig aufgetragen, die lehmig kiesige Grundmoräne des Rhonegletschers, besonders mächtig entwickelt in den flachen Erhe- - bungen innerhalb der Waldzone, die sich vielleicht einst unter Berück- sichtigung ähnlicher Wallformen im benachbarten Waldgebiet als verwaschene und durch Erosion zerstückelte Teile einer Ufermoräne erkennen lassen. Diese höchst gelegene Grundmoränendecke ist arm an bedeutenderen erratischen Blöcken. Ein riesiger Wallisergneissblock auf dem Stöckernfeld, an den ich mich noch recht gut erinnere, ist beim Bau der Gäubahnlinie 1875 gesprengt und verwendet worden. Südlich „Knörs Acker“, gegen den Lochgraben konnte ich 1917 drei ansehnliche Findlinge feststellen, ebenso einige im Lochgraben. Das Bachbett des Lochgrabens ist zudem übersäet mit Quarzitgeschieben bis zu Kopfgrösse, die alle aus der Grundmoräne ausgewaschen sind. Endlich möchte ich noch auf zwei grössere Gneissblöcke aufmerksam machen, die am Hang gegen das Biberntal nahe der Kantonsgrenze logen; der eine davon misst wohl 15 m’. | Von besonderem Interesse sind die flachen Wannen in der Grund- Mpränendecke des Waldgebietes: das „Egelmoos‘‘ mit einem Flächen- inlalt von 95 Aren:und das „Heidi“ mit einem Flächeninhalt von über 10 Hektaren. Unter Torferde von wechselnder Mächtigkeit 58 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 findet sich ein grauer, geschiebefreier, absolut wasserundurchlässiger Lehm — ein Grundmoränenschlamm, in stehendem Wasser abge- setzt. Das in diesen Wannen sich aufspeichernde Niederschlagswasser ist kalkfrei. In beiden Mooren haben interessante Pflanzenformen aus der Gletscherzeit bis auf unsere Tage ein Asyl gefunden. - Beiderorts suchte man schon vor langer Zeit durch geeignete Entsumpfungsarbeiten den Ertrag des Bodens zu steigern. Im Egel- moos wurde auf der Ostseite im Jahr 1871 ein Versickerungsschacht von 18—19 m abgeteuft und mit Kalktuffquadern ausgemauert. Unter einer lehmigen Grundmoräne von 3—4 m Mächtigkeit wurde bis auf die obgenannte Tiefe lehmig-sandiger Kies angetroffen. Die Zu- leitungsgräben führten das Wasser einem Vorschacht zu. Der Ver- sickerungsschacht hat den Erwartungen nicht entsprochen. Im Jahr 1881 wurde daher die Tonröhrenleitung nach dem „Ursprung“ er- stellt. Der Sammelschacht für dieselbe am Nordwestrande des Egel- moos besitzt eine Tiefe von 3—4 m; etwa 1—1,5m ist er in Moor- erde und tiefer in zähem grauem Gletscherlehm ausgehoben. Im April 1911 habe ich durch mehrere Bohrungen im Egelmoos eine Schicht Torferde von 85—110 cm und darunter überall den obge- nannten zähen Glaziallehm feststellen können. Im „Heidi“ wurden zwei Senklöcher im Jahr 1873/74, ein drittes 1879 abgeteuft und mit Tuffsteinquadern ausgemauert. Die Tiefe derselben beträgt 19 bis 22m. In 19 Hauptkanälen und 13 Seitenkanälen wird das Nieder- schlagswasser jeweilen einem Vorsammler zugeführt, wo Holzteile und Schlamm zum Absatz gelangen, bevor das Wasser in den Ver- sickerungsschacht abfliesst. Die Schachtprofile stimmen überein: Moor- boden in wechselnder Mächtigkeit, bis 15m; 3—4m zäher grauer Er | Glaziallehm, dann kiesige Grundmoräne; an der Basis durchlässiger Sand und Kies. Bis jetzt haben die Versickerungsschächte dem ge- a wünschten Zweck entsprochen; namentlich soll der im Jahr 1879 = abgeteufte Schacht sehr gut entwässern. a Das Vorkommen von Schottern unter einer mächtigen Moränen- decke im „Heidi“, weit im Waldgebiet drin gelegen, hat für die Feststellung der horizontalen Ausdehnung der Plateauschotter eine grosse Bedeutung. Schon die Tatsache, dass über den Bergkanten 2 gegen Aare- und Biberntal mächtige Schottermassen auftreten, legt den Gedanken nahe, es möchten diese unter der ausgedehnten Grund- moränendecke des breiten Hügelrückens ebenfalls vorhanden sein 5 und ein grosses Kieslager darstellen. Di sprechen sehr dafür. « Die Schachtprofile im „Heidi“ Über die Zusammensetzung der Plateauschotter und den Er- Jahrg. 64. E. Baumberger. Zur Geologie von Leuzigen. 59 haltungszustand der kristallinen Gerölle haben wir schon im ersten Teil berichtet. Unsere Plateauschotter finden sich im Rhonegletscher- gebiet. Sonderbarerweise bieten die Kiesgruben äusserst selten ein Leitgestein des Rhoneerratikums, sondern Gesteine, die dem Aare- gebiet angehören. Entweder erreichte der Aaregletscher lange vor dem Rhonegletscher das Alpenvorland und die Schmelzwasser des Eises verfrachteten während der Eiszeit die Schottermassen bis an den Jurarand, oder aber die Schotter sind Flusschotter, gebildet zu einer Zeit, da die alpinen Eisströme sich bis in die Alpentäler zu- rückgezogen hatten. (Vergl. Aeberhardt, loe. eit. pag. 17 etc.; Nussbaum, loc. cit. pag. 29). Wir werden in einer spätern Arbeit über den Bucheggberg auf diese Frage zurückkommen. Die Molasseunterlage der Plateauschotter ist eine Erosions- fläche. Östlich vom Bürenberg sind alle miocaenen Bildungen in der Mulde abgetragen. Die Molasseunterlage für die Schotter nimmt nicht im ganzen Verbreitungsgebiet derselben das gleiche Niveau ein. Aber auch die Schotteroberfläche ist eine ausgesprochene Ero- sionsfläche. Unsere Kartenskizze zeigt, dass in den verschiedenen guten Aufschlüssen die Oberfläche des Kiesfeldes recht ungleiche Höhe besitzt. An einer Abtragung der Kiesfelder scheint auch der Gletscher, der bei seinem Rückzug auf den Schottern die Grund- moränendecke zurückliess, wesentlich mitgewirkt zu haben. Ich glaube, diese Annahmen durch folgende Beobachtungen stützen zu können: Auf dem Kohlrütifeld ragt ein langgezogener, flachrückiger Nagel- fluhzug 3—4 m über das Niveau des ebenen umliegenden Geländes hervor (vgl. Karte); er setzt sich westwärts unter einer dünnen Moränendecke, die in der Karte nicht berücksichtigt werden konnte, in der Richtung über Punkt 551,2 gegen die Dünnhüttli-Kiesgrube fort. Vor der Eröffnung der Dünnhüttli-Griengrube wurde die Nagel- fluh auf dem Kohlrütifeld gesprengt und als Strassenschotter im um- liegenden Gebiet verwendet. Der Nagelfluhrücken reichte 10—15 m weiter nach Westen. Ähnliche verkittete Schotter stechen auch am öst- lichen Steilhang im Ursprung aus dem Rasen hervor. „Stubers Fluh‘“, wie der Nagelfluhzug auf der Kohlrüti im Volksmund heisst, ist ent- - standen, als das Schotterfeld wenigstens die nämliche Höhe besass, wie der jetzige Nagelfluhrücken. In der Dünnhütli-Kiesgrube ragen tatsächlich die stark verkitteten Schotter direkt unter dem Humus nicht über die nächste Umgebung hervor. Die heutige Form des | Nagelfluhrückens auf der Kohlrüti, ebenso wie die Oberfläche des Umliegenden Gebietes zeigen keine Anzeichen, dass fliessendes Wasser den Nagelfluhzug aus dem Kies herausgearbeitet hat; vielmehr han- 60 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. =. VO delt es sich um einen Nagelfluh-Esker, der aus der verkitteten Schottermasse durch den Eisstrom herauspräpariert worden ist; die Längsachse liegt durchaus in der Bewegungsrichtung des diluvialen Rhonegletschers in dieser Gegend. Die glaziale Erosion hat hier das Kiesfeld um wenigstens 3—4 m abgetragen. Die Kalktufflager von Leuzigen. (Vgl. Kartenskizze und Profil 5). Das Kalktufflager in der Brunnadern, womit wir uns weiter: beschäftigen, ist nicht das einzige am Nordrand des Bucheggberges. Es konnten auch im Bietwil westlich von Leuzingen, dann aber namentlich im Bereiche des Oberdorfes Arch (Pfrundmatt ob der Kirche) grössere Kalktuffablagerungen festgestellt werden. Alle diese Vorkommen stimmen in Bezug auf ihr geologisches Auftreten voll- ständig miteinander überein. Der Kalktuff von Leuzigen ist in seiner Hauptmasse ein erdiges | krümeliges, leicht zerreibliches Kalzinmkarbonat von weisser bis hell- gelblicher Farbe. Im Innern der erdigen Kalktuffmasse treten un- regelmässig begrenzte Stöcke von verfestigtem Tuff auf, welcher als „Luffstein‘ bezeichnet wird und als poröses, leichtes Baumaterial namentlich für den Riegbau sehr gesucht war.°) Gegenwärtig ist die Nachfrage nach dem genanten Baumaterial eine geringe, wohl infolge der allgemein gewordenen Verwendung von Back- und Zementsteinen. Der feinste erdige Kalktuff (vom Volk als „‚Schlirgtuff‘‘ — schlirgen = Schmieren — bezeichnet) wurde früher mit Vorliebe zum Scheuern der Holzhäuser, sowie zum Reinigen von Holzwaren verwendet. In den achtziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts wurde versucht, den Kalktuf zur Herstellung von Bausteinen zu verwerten. Die mittelst einer Handpresse hergestellten Bausteine bestanden aus einer Mischung von Kalktuff, Kies und Zement. Im Jahr 1892 wurde der Betrieb ab re er Fe a EM TE AT FE TR N TEE FR PETE Ar el Bene. 7 Ur SEP aa Se PET El Dan a Fee anspruchen die Funde römischer Münzen nn 2 =” & o = a & -_— > ce ” ar 5 [> < je) [= 1 or © Lu | =) © -; Zu u © er rabstätten daselbst, aus Tuffsteinquader gefügt. In neuerer Zeit wurde ım Tuff ein wohlerhaltenes Serpentin °) Das K lei ertae Pins = 216 Kubikfuss wurde abgegeben zu 28—36 Franke N ahn. Der K graphisch beschrieben. Ein bug Bern, Zürich 1850, pag. 115 Bern, deutschen Teils, antiquarisch-to , s, quarisch -top@ Fr für Freunde der vaterländischen Vorzeik — Jahıg. 64. E. Baumberger. Zur Geologie von Leuzigen. 61 Steinbeil gefunden (teste Baumberger 1902). Ähnliche Funde sind auch anderorts in Kalktufflagern gemacht worden. Baltzer?) be- richtet über römische Überreste aus der Tuffgrube in Toffen bei Bern, welche 10—12 m unter der heutigen Oberfläche des Tufflagers zum Vorschein gekommen. Tobler’) erwähnt palaeolithische Artefakten aus dem Kalktuff von Kiffis im Oberelsass. Die Kalktufflager stehen örtlich und ursächlich in engster Be- ziehung zu den Plateauschottern. Ihnen entstammt der gesamte Kalk- tuff, der in den Brunnadern einzig eine Fläche von wenigstens 4!/, Hektaren bedeckt. Die Kiesmassen auf dem Molasserücken sind sehr wasserdurchlässig. Regen- und Schneewasser sickern in dieselben ein und lösen den feinen Kalksand zwischen den Geröllen. Die bunten wasserundurchlässigen Mergel der Molasseunterlage bilden einen ausgezeichneten Wasserhorizont. Im Tälchen der Brunnadern ist der- selbe auf längere Strecke durch Erosion angeschnitten. Hier tritt. das harte Wasser am Nordrande des Waldstreifens, der den Steil- hang über der Brunnadern bedeckt und vom Volk als „Ziegeldählen * bezeichnet wird, in vielen starken Quellen zu Tage (vgl. Profi. 5). Das anstehende Molassegestein, über dem das Wasser austritt, ist im Quellengebiet von wenig mächtigem Gehängeschutt verhüllt, der in der Hauptsache aus dem höher am Hang liegenden Kieslager stammt. In der Kartenskizze konnte dieser schmale Gehängeschutt- streifen nicht berücksichtigt werden. Der ganze Hang unter der „Ziegeldählen“ ist mit Kalktuff von mehreren Metern Mächtigkeit bedeckt. An der freien Luft wird das Wasser kalkärmer, indem ein Teil des Kalziumbikarbonates in das einfache Karbonat übergeht und als Kalktuff zum Absatz gelangt. Gewiss hat hiebei die Vegetation die Ausscheidung von Kalktuff sehr gefördert.'°) Beim Aushub des verfestigten Kalktuffes bemerkte °) A. Baltzer. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. 30. Liefg. 1896. pag. 104. ®) Aug. Tobler, Der Kalktuff von Kiffis, Elsass. Eclogae geol, Helv. Vol. V. Nr. 1. 1897. 10) Mit Prof. Früh bin ich (man vergleiche die vortrefflichen Ausführungen in seiner Arbeit: Zur Geologie von St. Gallen und Thurgau, mit besonderer Berück- sichtigung der Kalktuffe. Berichte der naturf. Ges. St. Gallen, 1885) der Ansicht, dass tote und lebende Pflanzenkörper (angehäufte Blätter, lebende Moospolster) durch eine des harten Wassers auf grosse Flächen, wobei die halde eine fast 1 dm mächtig ° inkrustierten Buchenblättern. Das harte Wasser, Fe 62 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 199 : ich recht häufig inkrustierte Moose, Buchenblätter und die Faltblätter des auf dem Tufflager noch gegenwärtig reichlich auftretenden Blau- grases (Sesleria coerulea Ard); die stark inkrustierenden Cratoneuron- und Philonotis-Formen sind jetzt noch im Tuffgebiet reichlich vor- handen. !') | Die Unterlage des Kalktufflagers ist jener graublaue, wasser- zurückhaltende Moränenlehm, mit Rollsteinen durchsetzt, der das ganze Brunnaderntälchen auskleidet. Unmittelbar südlich der Säge, unter dem Kalktuff im Niveau der Strasse war er schon vor Jahren h zu beobachten; im Frühjahr 1916 ist er direkt unter dem kleinen, a über Tuff sich ausbreitenden Rietchen östlich der Säge (vergl. Profil 5) i in einer Mächtigkeit von 1!/s m, mit vielen Geschieben bis zu Kopf- grösse versehen, an der Oberfläche stark verseift, durch eine Rutschung ; der Beobachtung zugänglich geworden. £ Im Jahre 1909 sind die bedeutenderen Quellen über dem Tuff- = sickerte durch eine den Han bedeckend i ; plättern. ' Der Kalktuff zeigte sich g ende Schicht von hergewehten Buchen ; unten in der Kalktuffschicht al hängende Masse Die Buchenblätter darin waren vern ; ee Fi Ab- drücke de or ı vermodert, die durch Inkrustation entstandenen z fläche des Lagers ware N un och vor- handen und nur schwach überrindet. me 1) Eine eigenartige Gesellsch die Zusammensetzung und Geschicht interessante Moorflora im „Egelmo aft von Pflanzen bewohnt die Tufflager. Übe e dieser Pflanzengesellschaft und über die ebenso Jahrg. 64. E. Baumberger. Zur Geologie von Leuzigen. 63 Verfestigung des Kalktuffes zu Tuffstein; wenigstens wurde das beste Baumaterial stets in dieser Tiefe angetroffen. Oft fanden sich in der verfestigten Tuffmasse mannigfaltig gestaltete kleine Tropfstein- höhlungen mit einem Wandbelag von durchscheinendem Kalksinter und den Hohlraum durchsetzenden Säulchen. Im Volksmund heissen derartige Gebilde „Figursteine“‘; sie wurden mit Vorliebe zur Ein- fassung von Gartenbeeten verwendet. Die liegende Moräne des Tufflagers ist so alt wie diejenige, welche die Plateauschotter eindeckt, die alten Erosionsränder der- selben und der Molasse überzieht, ferner die jüngeren Schotter (Seelandschotter) im Niveau des Dorfes auf grossen Räumen unseren Augen entzieht und welche weiter talwärts unter die Alluvionen der Aareebene taucht. Der Rhonegletscher hat sie zurückgelassen, als er in der letzten Eiszeit nach langem Stillstand bei Wangen und einem kürzeren Halte bei Solothurn endgültig unser Gebiet verliess. Die Kalktuffbildungen in der Brunnadern und im Bietwil liegen über dieser Grundmoräne und sind somit jünger. Sie haben postglaziales Alter. Bestätigt wird diese Folgerung auch durch die subfossilen Schnecken des Kalktuffes. Herr Dr. G. Bollinger (Basel) hatte die Güte, meine bisherigen Funde aus dem Kalktuff der Brunnadern zu bestimmen. Es fanden sich folgende Formen: Hyalina cellaria Müll., Hyalina nitens Mich., Eulota fructicum Müll., Helicodonta obvoluta Müll., Hygromia incarnata Müll., Arianta arbustorum L., Isognomostoma per- sonatum Lam., Cepaea Karben Müll , Cepaea sylvatica Drap., Ena montana Drap., Lymnaea peregra Müll. Nachgewiesen sind sie in den postglazial entstandenen Kalktuffen von Kiffis!?) und der Umgebung von Bern) (Kehrsatz, Toffen, Schlosswil), bekannt ferner aus den sandigtonigen Anschwemmungen der Flüsse im Gebiet der Niederterrasse von Basel, dagegen kaum vertreten in der Gastropodenfauna des echten Lösses'*), Sämtliche Formen sind hygrophil und gehören der noch jetzt lebenden 'Schneckenfauna der Schweiz nördlich dem Alpenzuge an'’)., Um so interessanter ist daher die Tatsache, dass von den genannten Schnecken bis jetzt nur Hyalina nitens unter den gegenwärtig auf dem Tuff- lager lebenden Formen aufgefunden werden konnte. Im Laufe vieler Jahre ist das Material ENRAMBIOnBetragen worden, 2) Vgl.°) pag. 61. ') Vgl.°) pag. 61 und ferner J. Piaget: Revision de Quelques Mollusques glaciaires du Musee d’Hist. nat. de Berne. Mittlg. der Naturf. Ges. Bern 1914. 4) A. Gutzwiller: Der Löss mit besonderer Berücksichtigung seines Vorkommens bei Basel. Wissenschaftl. Beilage zum Bericht der Realschule zu Base] 1893/94. 5) Ver ergl. die sorgfältigen Zusammenstellungen von Dr. G. Bollinger in seiner Tnang, -Dissertation: Zur Gastropodenfauna von Basel und Umgebung. Base 1909. 64 . Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 das in der vorliegenden kleinen Arbeit zusammengestellt worden ist. Gerne habe ich wieder freundliche Erinnerungen aufgefrischt, die mich an Dorf und Gelände ketten, wo ich meine Jugendzeit verlebt. Viele Angaben in Text und Karte, insbesondere die Zeitangaben, für deren Genauigkeit ich nicht hätte einstehen können, sind in den Archiven der Gemeinde nachkontrolliert worden. Für diese Arbeit, sowie für viele wertvolle Mitteilungen bin ich dem jetzigen Sekretär der Bürgergemeinde, Herrn F. Affolter, ganz besonders aber Herrn Samuel Käsermann, Landwirt in der Brunnadern zu Leuzigen, sehr zu Dank verpflichtet. Die zuständigen Behörden haben mir in ver- dankenswerter Weise den für die geologischen Eintragungen benutzten Übersichtsplan der Gemeinde vom Jahr 1890 zur Verfügung gestellt. SR: De y Anregung zu absoluten Altersbestimmungen radioaktiver Gesteine der Schweiz. Von H. HirscHı (Braunwald). (Als Manuskript eingegangen am 16. Juli 1918.) 1. Einleitung. Mit der Erweiterung und Vertiefung unserer wissenschaftlichen Erkenntnis und unserer Untersuchungsmethoden, erschliessen sich stetsfort neue Anhaltspunkte, um die dem menschlichen Geiste vor- schwebenden Ziele zu erreichen. In der Geologie gehören zu den - letztern ganz besonders die absoluten Altersbestimmungen gewisser Geschehnisse in und auf der Erdrinde. Wie sehr man sich auch bis in die Gegenwart hinein mit allen zu Gebote stehenden Wissensmitteln bemühte, das wirkliche Alter gewisser geologischer Zeitmerkmale festzulegen, immer blieben die erhaltenen Resultate, vielleicht abge- sehen von Versuchen an geologisch jungen, nicht vordiluvialen Ereig- nissen, im Rahmen der Relativität, in Form von chronologischen Tabellen ohne ein absolutes Zeitmass. Daher muss die Entdeckung der Radioaktivität in der Geologie als ein äusserst fruchtbringendes Rüstzeug zur Erkenntnis der Naturvorgänge speziell in zeitlicher Hin- sicht aufgefasst und vom Geologen benutzt werden. Dies ist bis dahin nur in recht bescheidenem Masse erfolgt. In der Schweiz sind, soweit dem Verfasser bekannt, nur Messungen der radio- aktiven Intensität von Gesteinen, Quellen und der Atmosphäre aus- geführt worden,') ein Versuch, das absolute Alter von Gesteinen - zu ermitteln dagegen noch nicht unternommen worden. Obgleich vorausgesetzt werden darf, dass die Schweizergeologen über Radioaktivität im Wesentlichen orientiert sind, mag manchem die folgende einfache, knappe Darlegung der Grundlagen dieses mo- dernen Gebäudes und dessen auch der Geologie dienenden Räume nützlich sein. In den am Sch Literaturverzeichnisse enthalten, von Robert W. Lawson waren für die nac luss zitierten Werken. sind auch ausführliche auf die verwiesen wird. Die Arbeiten hfolgenden Darlegungen be- sonders nützlich. ra gockel ‚Radioakt d’Quellen. SammlungVieweg. Heft 5, en Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. wel /EF zejs1oy Bi zerzmptog >] 2, EEE va772 .yog PPFIHUIS 24 "NUIE AIYITAIBIRRNN HIT wyog PL Slagwaıng 257 oH Tin, rn er ÄisgJPPIS + ml zI+ waß}Ena7 PrgSsoop/ -- = IS5 DES soo ja Ko “ _—- ee es nn E47 77maulj25° IUDPADEN, P2177.770 yaadılay25l jeayungıg ols PR ooo0oo0% o 200.0 > ren n gr 272272772 er = en er N S Ss N v >” Biagpmyjowl/2C. £59 Sapharz ur Y Joul zeyypeduz PrS } 9559704 2400207 wende] DZZITREI er „A jepy2oJlug DS PIPMULSPaIY ag Zell SS FTTOLD WIOJSPUBDSTBYGPST A L2I2I0 59 velopbssap En um una m ANDERE Eu En mm r ne - = a a m BL FE - - rn 3 H WIOJPHBsJay>s77y Jes2ju7g r 509 zul 6i = UNOJSY20, 20 un 699 PA 4 PRBLLZN dss pi Biagruo2S° u7aT 3% egende (d ineinde eE EUX [de n. or Sie Nachdem dl Bersichlsplar der GemeindevomJahr1sgg FREIEN >IBMTErGEE Lab 110000 Kalkluff eelngirohe: Eintragungen ‘ MHRARReR HHiHR ; von 2’ £. Baumberger Basel z FOR RHRENER ul Rielgebiele . 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Man unterscheidet drei Hauptstrahlengruppen, «, ß, y, die sich chemisch und physikalisch charakterisieren. «-Strahlen sind positiv geladene Heliumatome, die vom zer- fallenden Radioatom mit einer. durchschnittlich '/ıo der Licht- ‚geschwindigkeit betragenden Geschwindigkeit fortgeschleudert werden, um am Ende der Bahn in stofflich normale Atome überzugehen. Ihnen wesensverwandt sind die positiv geladenen, rasch bewegten Atome und Moleküle der Kanalstrahlen. ß-Strahlen entsprechen schnell bewegten, negativ geladenen Elektronen, die bis nahezu Lichtgeschwindigkeit erreichen und mit den ebenfalls negative Ladung tragenden Kathodenstrahlen überein- stimmen. : y-Strahlen beruhen, wie jetzt allgemein angenommen wird, wie das gewöhnliche Licht und die Röntgenstrahlen auf elektromagnetischen Impulswellen. Einige namhafte Forscher schreiben auch ihnen korpus- . kularen Charakter zu und nehmen sie als neutrale, ungeladene Teil- chen an. Als Korpuskel mit elektrischer Ladung sind die «- und $-Strahlen durch elektrische und magnetische Felder ablenkbar. Alle drei Strahlengruppen bewirken in Luft und andern Gasen Ionisation, welche zur Ausarbeitung der besten und empfindlichsten qualitativen und quantitativen Messmethoden geführt hat. Die ioni- sierende Wirkung ist für die verschiedenen Strahlengruppen und Strahlen quantitativ verschieden. Bei den Korpuskularstrahlen entsteht oder verschwindet sie mit einer bestimmten untern Geschwindigkeits- grenze. Für die absolute Zeitmessung sind vorläufig nur das aus den e-Strahlen resultierende Helium und die beim radioaktiven Zerfall übrigbleibenden chemisch stabilen Endprodukte verwendbar. (Im Wärmehaushalt der Erde kommt überdies als sehr wichtiger Faktor die beim radioaktiven Zerfall produzierte Wärme in Betracht. Ein Jahrg. 64. H. Hirschi. Anreg. z. absol. Altersbest. radioakt. Gest. d. Schweiz. 67 Gramm Radium würde bis zu seinem vollständigen Zerfall in: das ‚stabile Endprodukt (Uranblei oder RaG) etwa drei Milliarden Gramm- kalorien Wärme erzeugen, aequivalent dem Energieinhalt von 400 Kilogramm guter Steinkohle oder Anthrazit). Das aus «-Strahlen entstandene Helium kann unter bestimmten Verhältnissen fast quanti- tativ aufgespeichert sein, ebenso, aber noch besser die beim radio- aktiven Zerfall restierenden stabilen Eudprodukte, die Bleiisotopen. Dies ermöglicht unter bestimmten Verhältnissen eine quantitative Ermittlung, aller dieser Zerfallsprodukte, was wichtige Rückschlüsse in bezug absoluter Alterbestimmungen gestattet. Als primäre Mutterradioelemente gelten zunächst nur Uran und Thorium. Das Actinium, nunmehr auch Protaetinium genannt, gilt dagegen als Abzweig innerhalb der Uranreihe.!) Von Kalium und Rubidium kennt man zurzeit nur ß-Strahlenemission, aber keine Zerfall- produkte. Für die absolute Altersbestimmung von Gesteinen ist die An- wesenheit von Uran und Thorium eine Vorbedingung. Wir wissen aber, dass diese Elemente in allen Gesteinen, wenn auch meist in äusserst geringen Mengen zugegen sind. Die Beträge schwanken z. B. für die Gesteine des Gotthardtunnels von 0,2 bis 4,3 x 10° gr. Tho- rum per Gramm Gestein und von 0,7 bis 14,3 x 10"? für Radium. Uran ist im Mittel in der Erdkruste in one gleicher Menge ver- treten wie Thorium. Der radioaktive Zerfall geht, das ist der Kardinalpunkt, nach ganz bestimmten Zerfallgesetzen vor sich, die absolut unabhängig von irgend welchen äussern physikalischen und chemischen Bedingungen ‘sind. Uran und Thorium sowie das sekundäre Mutterelement Prot- actinium haben ihre eigene Zerfallreihe, die u.a. eine bestimmte Zahl e-Strahler enthält. Jedes dieser Mutterelemente, sowie deren radioaktive ‚Zerfallsprodukte haben eine ganz bestimmte Lebensdauer. Die Zahl der von jedem Radioelement in der Zeiteinheit zerfallenden Atome istin jedem Moment proportional der Anzahl noch unzerfallener Atome. Dieser Atomzerfall vollzieht sich nach einem Exponentialgesetz, das durch die einfache Formel N; = N, e” gegeben wird, worin N, die Anzahl zur Zeit t existierenden unzerfallenen Atome, N, ihre Anzahl zur Zeit O, !) Man könnte versucht sein, auch das Thorium in genetische Beziehungen zum Uran zu bringen, obgleich vorläufig verschiedene Data, darunter speziell das Atom- gewicht des Thoriums und das Fehlen eines Gleichgewichtszustandes zwischen Jiesen beiden Elementen in den Uran-Thormineralien, dem Thorium noch keinen Raum in der Uranzerfallsreihe gewähren. Bei der Komplexität der radioaktiven Erschei- nungen und der daran beteiligten Stoffe sind aber vielerlei Annahmen möglich. ® 68 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 1 die Zerfallskonstante des bestimmten Radioelementes von der Dimen- sion einer reziproken Zeit, e die Basis der natürlichen Logarithmen bedeutet. Aus diesem auch experimentell erkannten Gesetz ergibt sich, dass die Zerfallsgeschwindigkeit und damit proportional auch die In- tensität der Radioaktivität einer quantitativ und qualitativ gegebenen radioaktiven Substanz stetig abnimmt. Für langsam zerfallende Ele- mente, wie das Uran z. B., wird deshalb der gänzliche Zerfall einer gewissen Gewichtsmenge erst in unfassbar langer Zeit erreicht. Für die Lebensdauer eines radioaktiven Elementes führte man daher die übersichtlicheren Grössen „Halbwertzeit“, „Mittlere Lebensdauer“ und „Zerfallskonstante“ ein. Unter Halbwertzeit z. B. ist diejenige Zeit- grösse verstanden, innerhalb welcher genau die Hälfte einer Gewichts- menge eines Radioelementes zerfällt. (Für Uran ist diese Grösse — 4,9% 10° Jahre, für Radium = 1733 Jahre!) ete.) Ohne auf die rechnerischen Operationen einzugehen gelten zwischen Halbwertzeit T, Mittlerer Lebensdauer r und Zerfallskonstanten A die numerischen Beziehungen T = 0,69315 X 2 —= 0,69315 t = : = 1,4425 T 1 N 0,69315 = Log. nat. 2 1= —- = 0,6915 X T 3 Es liegt nun auf der Hand, dass für die Messung der in der Geologie vorkommenden hohen Zeitgrössen nur die langlebigen Radio- elemente in Betracht kommen können. Zwischen den radioaktiven Zerfallprodukten, sowohl unter sich, als gegenüber ihrem Mutter- element, stellt sich schliesslich stets ein Gleichgewichtszustand ein, in welchem deren Atomzahlverhältnis konstant bleibt. So finden wir in einem primären, völlig frischen Uranmineral stets das Verhältnis 1 Gramm Uran auf 3,33% 10” Gramm Radium. Bemerkt sei noch, dass dieses im Gleichgewichtszustand konstant bleibende Atomzahlver- hältnis mit der Lebensdauer der einzelnen Radioelemente in genauer Beziehung steht. Der radioaktive Abbau des Uranatoms (ebenso desjenigen des Thorium; Actinium dagegen noch unsicher) vollzieht sich zuerst durch . Aussendung von «-Strahlen, also von Heliumatomen, wodurch, da das Atomgewicht von Helium = 4 ist, mit jedem «-Strahl das Atom- gewicht des entstandenen Zerfallproduktes um vier Einheiten tiefer steht. Durch Abgabe von drei Heliumatomen in Form von «-Strahlen 1) Die neusten Messungen durch V. F. Hess und Robert W.Lawson er _ geben 1580 Jahre. (Mitt. aus dem Institut für Radiumforschung, Nr. 105). IE a 5 ee ® e ui 1 aa A a er u TE re Eh Se a = A; re Jahrg. 64. H. Hirschi. Anreg. z. absol. Altersbest. radioakt. Gest. d. Schweiz. 69 geht aus dem Uranatom das Radiumatom hervor, dessen Atomgewicht 238 minus 3X 4 — 226 ist. Bis zum völligen Zerfall des Uranatoms durch die verschiedenen radioaktiven Zwischenprodukte hindurch, sind neben ß und y-Strahlen acht «-Strahlenaussendungen ermittelt. Das stabile Endprodukt des radioaktiv zerfallenen Uranatoms ist Uranblei (Ra G) dessen Atom- gewicht bisher genauest zu 206,4 (+ 0,08 bis 0,18) (theoretisch 238 minus 8% 4 — 206) bestimmt ist. Das Uranblei ist mit dem gewöhn- lichen Blei (Atomgewicht = 207,18) isotop. Die Differenz im Atom- gewicht zwischen Uranblei und gewöhnlichem Blei, welche noch nicht ‚aufgeklärt ist, bildet das Mittel, diese beiden Blei voneinander zu unterscheiden. Das stabile Endprodukt der Thorreihe scheint speziell Thorblei (Th E) zu sein mit dem genauesten bisher ermittelten Atomgewicht 207,77 (=+ 0,04), das mit dem gewöhnlichen Blei ebenfalls isotop ist. Theoretisch sollte das Atomgewicht des Thorblei 208,12 sein, nämlich 232,12 minus sechs Heliumatome. _ Ausser Helium und den stabilen Endprodukten kommen für die geologische Zeitmessung in besonderen Fällen auch noch die sog. pleochroitischen Höfe in Anwendung, sofern diese durch radio- aktive Einschlüsse veranlasst werden. In diesen Fällen sind solche Höfe deutlich zonar. Die einzelnen mikroskopisch feinen, schalenförmig Sich umschliessenden Verfärbungszonen verdanken ihren Ursprung in erster Linie den verschiedenen, verfärbenden a-Strahlengruppen, deren maximale Reichweiten jeweils dem äussern Radius jeder Schale entspricht. Die Verfärbung eines pleochroitischen Hofes ist abhängig von der radioaktiven Intensität des Zentraleinschlusses einerseits und dem Alter des Minerals andrerseits. Verschiedene Entwicklungsstadien der natürlichen Höfe entsprechen jeweils der Menge emittierter «- Strahlen des radioaktiven Kerns und werden mit unter genau be- kannten Bedingungen künstlich erzeugter Höfe verglichen. Dabei muss allerdings der radioaktive Stoffgehalt (spez. an Uran und Thorium) des Kerns, der meist aus Zirkon, Brookit, Thorit, Orthit, Titanit etc. besteht, bekannt sein. Bis anhin musste man sich in letzterer Hin- sicht mit Abschätzung des Urangehaltes solcher Einschlüsse begnügen. Bemerkenswert ist die Wahrnehmung, dass die pleochroitischen Höfe nur in geologisch ältern Mineralien auftreten, in tertiären da- gegen so gut wie unbekannt sind. Ausnehmend starke Radioaktivität, welche die Zeit kompensieren könnte, scheint in den radioaktiven Einschlüssen pleochroitischer Höfe daher nieht angenommen werden . Zu müssen, sondern dürfte sich innerhalb gewisser Grenzen bewegen. RB Hr 70 Vierteljahrsschrift d. Naturf.. Gesellsch. in. Zürich. 1919 Das Alter eines Gesteins wird nun entweder nach der Helium- oder Bleimethode bestimmt. Gleichzeitige Anwendung beider Methoden bietet eine Kontrolle. Die Heliummethode liefert gegenüber der Blei- methode meist viel kleinere Werte, was wohl in der weniger voll- ständigen Aufspeicherungsmöglichkeit von Helium gegenüber den - bleiartigen Endprodukten liegt. Die Bleimethode ist unbedingt zu- verlässiger. Für die beiden Methoden gelten nachstehende Formeln, deren Begründung u.a. in der Mitt. Nr. 100 von Lawson aus dem Institut für Radiumforschung in Wien zu finden ist. (070.5 MN) 0.285 se 9,1 Millionen Jahre He = Volumen Helium in cm? pro 100 gr. Mineral U = vorhandenes Uran 0,285 Th = Uranaequivalent des Thoriumgehaltes Ein Gramm Uran samt Zerfallsprodukte erzeugt pro Jahr 11,0 x 10-3 cm? Helium = 1,97 x 10-11 gr. (U + 0,384 Th) >< 7900 Millionen Jahre dieser Formel ist der prozentuale Gehalt des Minerals an Blei, Uran und Thorium zu setzen. Die Grösse 0,384 entspricht auch hier dem Uranaequivalent. Eine streng genommen in dieser letztern Formel anzubringende Korrektur kann für praktische Zwecke vernachlässigt werden Gramm Uran erzeugt pro Jahr 1,27 x.10-10 gr. Ra G (Uranblei). Um möglichst einwandfreie Altersbestimmungen von radioaktiven Mineralien bezw. Gesteinen zu erhalten, wollen wir noch folgende Vorbedingungen hervorheben: 1. Das Mineral muss auf primärer Lagerstätte und völlig frisch und ebenso in ganz frischem Gestein eingeschlossen sein. 2. Die Uranmineralien sollten möglichst thoriumfrei sein, damit nicht das stabile Endprodukt des Thoriums (Thorblei) das Uran- blei, dessen Atomgewicht ein wichtiges Kriterium ist, verunreinige und umgekehrt sollten die zu untersuchenden Thoriummineralien möglichst frei von Uran sein. Immerhin lässt sich, wie obige Formeln zeigen, das Thorblei- respektive Uranbleiaequivalent einführen. 3. Das Atomgewicht des isolierten Uranblei soll möglichst nahe 206,0 sein, dann ist es auch wirklich nur aus Uran hervorgegangen. Thorblei dagegen verlangt theoretisch ein Atomgewicht von 208,12. Je näher das Atomgewicht der beiden abgetrennten isotopen Blei den genannten Werten kommt, umso besser eignet sich das Mineral zu Altersbestimmungen. ber die Verwendung des Thoriums zu Altersbestimmungen orientiert uns die obgenannte Mitteilung von Robert W. Lawson. In s 8 N Jahrg. 64. H. Hirschi. Anreg. z. absol. Altersbest. radioakt. Gest. d. Schweiz. 71 seinen beiden Arbeiten (s. Literaturverzeichnis) finden sich Zusammen- stellungen von Altersbestimmungen ausländischer Mineralien und Ge- steine nach der Blei- und Heliummethode. In obigen Darstellungen ist flüchtig dargelegt, wie oe in gewissen Fällen absolute Altersbestimmungen an Mineralien bezw. Gesteinen vorgenommen werden können, womit den Geologen ein bisher utopisch gebliebener, tiefer Wunsch zur Realisierung gelangt. Der Anfang, dies hohe Ziel zu erreichen, ist gemacht, das Gerüst geschaffen, das uns an dem noch steilen Weg Halt gewährt. Dies Gerüst ist aber stetig zu vervollkommnen, zu verstärken, aber auch stetig durch scharfsinnige Kritik von Fehlern zu befreien. Spezielles über schweizerische Eruptivgesteine. In der Schweiz, mit ihren vielen, auch radioaktive Mineralien führenden Eruptivmassen würden sich Gesteine finden lassen, die sich für absolute Altersbestimmungen auf radioaktivem Wege eignen. Bis dahin sind, wie eingangs gesagt, derartige Bestimmungen noch nicht durchgeführt worden, sondern nur Messungen über die Inten- sität der Aktivität von Gesteinen, die für absolute Altersbestimmungen höchstens als Fingerzeig dienen können. Einen solchen Fingerzeig geben uns auch gewisse radioaktive Quellwässer. Dass solche Altersbestim- mungen für die Geologie der Schweiz von ganz eminenter Bedeutung sein können, ganz besonders inbezug auf die zeitliche Festlegung der grossen tektonischen Vorgänge und indirekt der Entstehung gewisser Sedimentgruppen, braucht nicht besonders betont zu werden. Wir wollen hier nur zwei Intrusivgesteinszonen als Beispiel an- führen. Die eine Zone liegt im östlichen Aarmassiv zwischen Reuss- tal und Kistenpass, representiert durch Gesteine eines mannigfach differenzierten, granitodioritischen Magmas, speziell durch Syenite, Granite, Diorite und deren Ganggefolgen. Insbesondere hat Fr. Weber in seiner schönen Arbeit „Über den Kali-Syenit des Piz Giuf und Umgebung und seine Gang- gefolgeschaft“?) diese Gesteine, die für die vorliegende Anregung besonders in Betracht fallen, petrographisch genau beschrieben. Be- wunderungswürdig sind seine scharfen, eingehenden Beobachtungen über die sog. pleochroitischen Höfe um Orthit (Allanit) und Zirkon, als hätte er eine Ahnung gehabt über die tiefere Bedeutung, welche diesen Höfen noch zukommen sollte. !) Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz. Neue Folge, XIV. Inaugural-Disser- tation 1904. 72 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Seine Angaben über den Aufbau und die Dimensionen dieser Höfe gestatten uns direkt die Voraussagung der radioaktiven Elemente, die sie veranlasst haben. Einige Stellen aus Webers Arbeit sollen des- halb hier wörtlich folgen (Seite 57): „Von der Gestalt des Orthits ist nur die Form des Hofes abhängig, nicht aber seine Breite, die auch bei nicht isometrischer Gestalt des Kerns rings um denselben die gleiche bleibt...“ „Im Biotit ist der Hof nicht selten doppelt: den Orthit von 0,01—0,02 mm umgibt zunächst ein brauner Hof von 0,02 mm und diesen wiederum ein 0,01 mm breiter schwarzer Ring (| a braungelb)‘. Wie oben erwähnt, entsprechen die äussern Ränder jeder Zone (Schale) eines pleochroitischen Hofes der Reichweite der verschiedenen «-Strahlen. In Biotitsubstanz wurden folgende Reichweiten von «- Strahlen bestimmt: von Uran = 0,013 Millimeter „ RaC = 0,033 Th C = 0,04 ü Der von Weber erwähnte doppelte Hof hatte eine Totalbreite von 0,02 + 0,01 = 0,03 mm, was auf «-Strahlen von Radium C schliessen lässt. Der äussere dunkle Ring entspricht der maximalen Verfärbung, die bei Geschwindigkeitsabnahme der «-Strahlen gegen das Ende ihrer Reichweite — wo sie in gewöhnliche Heliumatome übergehen — eintritt. Die von Weber gemessenen grossen Hofbreiten bis 0,075 mm sind wohl durch krystallographisch-chemische Momente der verfärbten Mineralien Biotit und Hornblende bedingt, eventuell auch durch che- mische Prozesse, welche von den begleitenden, viel durchdringenderen ß- und y-Strahlen begünstigt oder von diesen selbst hervorgerufen werden. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Zirkone und Orthite in den von Weber beschriebenen Gesteinen radioaktive Elemente führen und also eventuell zu absoluten Altersbestimmungen verwendbar sind. (Möglicherweise ist der Zirkon teilweise als Thorit zu be- stimmen, mit welchem ersterer zum Verwechseln ähnlich ist.) Die pleochroitischen Höfe wurden durch Weber in fast allen von ihm untersuchten Gesteinen beobachtet, speziell in den basischen Ausscheidungen der basischen Randfazies des Syenits. Verfasser hat die Bearbeitung dieser Gesteine hinsichtlich ihrer Radioaktivität an die Hand genommen und wird darüber später in einer andern Arbeit berichten. Die zweite Gesteinszone, deren absolute ehesskklung geolo- gisch in mancher Hinsicht sehr bedeutungsvoll wäre, liegt in den tertiären granitischen Durchbrüchen, welche zwischen dem Bergell = 3 Br ne Br Far Jahrg. 64. H. Hirschi. Anreg. z. absol. Altersbest. radioakt. Gest. d. Schweiz. 73 und Veltlin ihre Hauptausbreitung erlangen und einen Ausläufer bis Bellinzona hinsenden. Die Verbreitung dieser tertiären Eruptiva findet sich in den „Tektonischen Karten der südöstlichen Schweizeralpen‘“, Beiträge 1916 von Rudolf Staub. Obgleich die mikroskopischen Untersuchungen dieser Gesteine noch nicht veröffentlicht sind, kann bei dem z. T. tonalitischen Charakter derselben die Anwesenheit radioaktiver Accessoria mit Sicherheit vorausgesagt werden. Zwar sollten bei dem jugendlichen Alter der Gesteine die auf radioaktivem Wege entstandenen pleochroitischen Höfe fehlen oder nur embryonal entwickelt sein, trotz Anwesenheit radioaktiver Kerne. Rudolf Staub hat in seiner schönen Arbeit „Petrographische Untersuchungen im westlichen Berninagebirge in den granitischen Gesteinen, den Serizitalbitgneissen, Apliten, Monzoniten und deren Ganggesteinen ete., oft reichlich Orthit und Zirkon als Kerne in pleo- chroitischen Höfen beobachtet, sodass auch da radioaktive Substanzen vorliegen werden, die zu absoluten Altersbestimmungen dienen können. Ich habe mich darauf beschränken müssen, bloss diese wenigen, ' anregenden Beispiele hervorzuheben, obgleich noch viele Beobach- tungen anderer Forscher innerhalb unserer Landesgrenze. angeführt zu werden verdienten. Für die Sedimentgesteine, die fast durchwegs mehr oder weniger radioaktiv sind, besitzt man zur Zeit noch keinen gangbaren Weg, ihr absolutes Alter direkt zu ermitteln. Indessen ist ein solcher Weg nicht von vorneherein als unmöglich zu bezeichnen. Vielleicht wird man zunächst so weit kommen, auf radioaktivem Wege verschiedene Sedimente in absolutem Zeitmass vergleichen zu können, dass man 2. B. zwischen zwei petrographisch-faziell gleichen Sedimenten ver- schiedener geologischer Epochen die absolute Altersdifferenz bestimmt. Für die praktische Durchführung von absoluten Alters- bestimmungen kann u. a. folgender Weg betreten werdeu: Von dem wichtigen, vermutlich radioaktiven Gestein wird eine . gute Durchschnittsprobe von-etwa 1 kg gesammelt und sehr fein pulverisiert. Ein Gramm hiervon wird noch feiner pulverisiert bis. zur Korngrösse unter 0,01 mm, damit alle radioaktive Strahlung die Körnchen verlassen kann. Dieses äusserst feine Gesteinspulver wird in gleichmässiger Schicht, z. B. mit Alkohol, auf eine tellerförmige Platte aufgeschwemmt. Diese wird nach Ausglühen (zum Entfernen vorhandener Emanation) sofort in das Instrument für elektrometri- sche Messungen (z. B. Jonometer) eingeführt, mit welchem sich auf Grund der bewirkten Jonisation die Intensität der Radioaktivität des 74 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Gesteinsmaterials herausstellt. Ist diese bedeutend höher als der Durchsehnittswert der Eruptiva, so kann das Gestein für absolute Altersbestimmung geeignet sein. Nun folgt eine genaue mikroskopische Untersuchung, bei der sich zeigen wird, welche Gesteinsaccessorien die hohe Radioaktivität des Gesteins bedingen. Diese Accessoria werden alsdann in genügenden Mengen nach den üblichen mechanischen Methoden aus dem Gesteins- pulver getrennt, um daraus durch äusserst feine chemische Analysen den Gehalt an Uran, Thorium, Helium und Blei zu bestimmen. Das geologische Alter ergibt sich nach den auf Seite 70 erwähnten For- meln aus dem Verhältnis von Blei und Helium zu Uran oder Thorium. Diese ausserordentlich viel Sorgfalt, Zeit und Sachkenntnis er- fordernden Arbeiten können teilweise nur von Spezialisten und in besonderen Instituten ausgeführt werden. Das Resultat ist aber auch entsprechend wertvoll; denn heute sind die Radiologen darüber einig, dass die oben skizzierten Anschauungen theoretisch einwandfrei sind und nur die äusserst genaue Ausführung der praktischen Arbeiten zu vervollkommnen bleibt. In der Radioaktivität als Zweiggebiet der Radiologie bleibt end- los vieles noch zu leisten, auf dass uns Licht werde in den tiefsten Tiefen naturwissenschaftlichen Erkennens, an dem auch die Geologie mitzuwirken hat und gleichzeitig Ergänzung finden wird. Nachtrag. Nachdem das Manuskript zu den vorstehenden Darlegungen ab- geschlossen war, erhielt ich von meinem Freund Rudolf Staub Mit- teilungen über die Eruptiva des Bergellermassivs, welche hier in extenso als Nachtrag folgen mögen: „Zirkon und Orthit sind, soweit ich bis jetzt urteilen kann, in den jungtertiären Eruptivgesteinen des Bergellermassivs in ungefähr gleicher Quantität vorhanden, wie in den jungpaläozoischen Eruptiva des Berninagebirges. Der Zirkon zeigt die gewöhnlichen Eigenschaften, der Orthit ist meist von bedeutend hellerer Farbe als im Engadin. Kräftig braune Töne im Pleochroismus sind selten. Desgleichen fällt als ein Haupt- unterschied der Bergellerorthite gegenüber denen der alten Bernina- gesteine auf: das fast völlige Fehlen der dort so häufigen Epidot- kränze. Die Umwandlung des Orthits in Epidot und Zoisit, unter Ab- gabe von Fe,0, und der seltenen Erden ist also in den jungen Erup- tiva des Bergells noch lange nicht so weit vorgeschritten wie in den Jahrg. 64. H. Hirschi. Anreg. z. absol. Altersbest. radioakt. Gest. d. Schweiz. 75 alten Berninagesteinen. Man kann auch daraus ohne weiteres das be- deutend höhere Alter der letztern beweisen. Pleochroitische Höfe um Zirkon und Orthit kommen auch in den Bergellergesteinen vor, jedoch in sehr verschiedenem Masse. — Das Hauptgestein, der porphyrartige Bergellergranit, zeigt in vielen Fällen nicht die geringste Spur von pleochroitischen Höfen, in andern Fällen aber kommen solche vor, sowohl um Zirkon wie um Örthit. Auch .in dem feinkörnigen Novategranit der Cacciabella z. B. sind die Höfe recht verschieden. Ich traf dort Orthite ohne jeden Hof und winzige Höfe um Zirkon einerseits, anderseits aber auch solche, die den Durchmesser des Zirkonkornes bis auf das Zehnfache übertrafen. Solch riesige Höfe bilden aber eine Ausnahme, die zwar momentan noch nicht genau zu erklären ist, deren Grund ich aber zu erklären bestrebt sein werde. Es könnte sich dabei eventuell um ganz ver- steckte, letzte Reste eingeschmolzener alter Gesteine, d. h. deren Biotite handeln, doch ist diese Frage jetzt erst noch schwer zu ent- scheiden. — Der Tonalit und Diorit des jungen Massivs zeigt in der Regel auch nur ganz kleine Höfe oder aber, und dies in vielen Fällen, gar keine. Ein bestimmtes, eanaii gültiges Gesetz lässt sich also an diesen Eruptiva an und für sich betrachtet, nicht aufstellen. Sehr lehrreich gestaltet sich aber der Vergleich der Eruptiva mit ihren ältern Ein- schlüssen von Gneissen, Amphiboliten ete. Dort sind die pleochroi- tischen Höfe ganz allgemein in viel grösserer Quantität und meist auch bedeutend grösserem Umfange vorhanden. Der Unterschied ist oft ganz frappant. Auch Mineralien, die in den jungen Eruptiva noch keine Spur von Höfen zeigen, wie z. B. der Titanit, weisen in den alten Amphiboliten z. B. bedeutende Höfe auf. Ich glaube, gerade diese Differenz ist bei dieser Altersfrage der beteiligten Gesteine von ausschlaggebender Bedeutung, und es lässt sich demnach meine bisherige Erfahrung in folgenden Satz zusammen- fassen: Der Altersunterschied zwischen den jungen Bergellereruptiva einerseits, den alten Berninagesteinen und den ältern Bergellerein- schlüssen anderseits äussert sich nicht etwa in dem völligen Fehlen der pleochroitischen Höfe einerseits, und in deren Vorhandensein anderseits, sondern dieser Altersunterschied kommt nur, aber in starkem Masse, in deren verschiedener Quantität zum Ausdruck. Auch die jungen Gesteine weisen pleochroitische Höfe auf, aber viel weniger und viel kleinere als ihre alten Verwandten.“ i Dieser Nachtrag ist für unser Thema ein wertvoller Fingerzeig. ’ 76 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Wie für die Gesteine am Piz Giuf und Umgebung, soll in einer spätern Arbeit von mir eingehenderes berichtet werden. Die in den jungen Bergellereruptiva auftretenden breiten pleochroitischen Hofbildungen halte ich, sofern diese radioaktiven Ursprungs sind, unbedingt als an ältere eingeschmolzene Gesteinsreste gebunden. Hauptliteratur. Rutherford. Radioaktive Substanzen und ihre Strahlungen. Marx, Handbuch der Sergey ae Akademische Verlagsgesellschaft 1913. St. Meyer und E. v. eidler. Radioaktivität. Verlag Teubner. 1916. A. Gockel. Die N von Boden und Quellen. Sammlung Vieweg 1914. Robert W.Lawson. Über absolute Zeitmessung auf Grund der radioaktiven Er- scheinungen. Die Naturwissenschaften. 1917, Heft 26/27. Robert W. Lawson. Das Alter der Thoriummineralien. Mitt, Nr. 100 aus dem Institut für Radiumforschung in Wi Besonders in den zwei ersten Fundamentalwerken finden sich vollständige Literatur- verzeichnisse, auf die verwiesen wird, während die Arbeiten von Lawson für den Geologen Wichtige Tabellen über absolute Altersbestimmungen von Mineralien und esteinen enthält. Die Arbeit von A. Gockel enthält viele Tabellen über Thorium- und Radiumgehalt von Gesteinen und praktische Messmeth oden, wie sie speziell für Geologen ge- eignet sind. Der tektonische Zusammenhang von Glärnisch-, Schild- und Wiggisgruppe. Von J. OBERHOLZER, Glarus. Mit 3 Profilen. (Als Manuskript eingegangen am 17. Juli 1918.) Wenn die Erosion nicht tiefe Furchen in den massigen, unge- gliederten Gebirgskörper geschnitten hätte, den die Alpen nach ihrer Auffaltung darstellten, so wäre es den Geologen kaum möglich ge- worden, die grossen Komplikationen ihres inneren Baues klarzulegen. Aber andererseits bilden diese Defekte im Alpengebäude auch wieder ein Hemmnis für die Erforschung seines Bauplanes.. Nur auf müh- samen Umwegen ist es oft möglich, eine Vorstellung darüber zu ge- winnen, wie die tektonischen Glieder zweier jetzt durch einen breiten Taleinschnitt von einander getrennten Gebirgsmassen einst mitein- ander in Verbindung standen. Ein hübsches, doch nicht allzu schwie- riges Problem dieser Art bieten die drei Berggruppen dar, welche Linthtal und Klöntal bei Glarus einrahmen. An den Felswänden, mit denen sie gegen die Täler abfallen, lässt sich der tektonische Bauplan jeder dieser Berggruppen mit ziemlicher Klarheit feststellen; aber trotzdem ist es durchaus nicht auf den ersten Blick ersichtlich, wie die tektonischen Einheiten der einen Gruppe durch die Hohl- räume der Täler hindurch mit denjenigen der benachbarten Gebirge zu verbinden sind. In früheren Mitteilungen!) habe ich eine kurze Übersicht über die Tektonik der drei Gebirgsgruppen gegeben. Im Folgenden soll ihr tektonischer Zusammenhang etwas eingehender, namentlich auch mit Zuhülfenahme der Faziesverhältnisse, begründet werden. .Oberholzer: Die Überfaltungsdecken auf der Westseite des Linthtales; Kane geol. Helvetiae, 1908, Vol. X. p. 531—555. — Der De ekenbau der Glarner- alpen östlich von der Linth; Verhandlungen der Schweiz. Naturf. Ges. 1914; ebenso in. Eclogae geolog. Hetvetiae, 1914, Vol. XII, p. 369—372. — Bericht über die Exkursion der Schweiz. Geolog. Ges. in die Glarneralpen 1917; Eclogae geolog. 04. Helvetiae. Vol. XIV, p. 687— 78 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 1. Übersicht über die Tektonik der Schildgruppe. Um den tektonischen Zusammenhang von @lärnisch, Schild und Wiggis festzustellen, gehen wir am zweckmässigsten von der Schild- gruppe aus, deren Deckenbau besonders auf der gegen das Linthtal gerichteten Abdachung recht klar zutage tritt. Wie sich schon aus der geologischen Karte‘) ersehen lässt, sind am Aufbau der vom Gufelstock nach dem Kerenzerberg verlaufenden Schildkette drei in Form von Überfaltungsdecken übereinanderliegende normale Schicht- serien beteiligt (Fig. 1): 1. Die Glarnerdecke ruht, wie die Aufschlüsse an der Loch- seite bei Schwanden und im Mühlebachtal bei Eugi beweisen, als tiefste der drei Decken auf dem Flysch, über den die gesamten nörd- lichen Kalkalpen zwischen dem Aarmassiv und dem Molasseland hinweg- geschoben sind. Sie baut den ganzen südlichen Teil der Schildkette auf und umfasst die gesamte Schichtreihe vom Verrucano bis zu den eocänen Globigerinenmergeln. Der Verrucano ist an den Abhängen nördlich von Sernf- und Mühlebachtal von unten bis oben als grob- klastische rote Breceie (Sernifit) ausgebildet und erreicht hier mit über 1500 m seine maximale Mächtigkeit im Gebiet der Glarner- alpen. Die Trias (Melsersandstein, Rötidolomit und Quartenschiefer) ‚bildet besonders die breiten Hochflächen von Fessisalp und Walen- fessis und die gegen das Tälchen von Brandalp abfallenden Abhänge der Gufelstockkette. Darüber folgen am Schild Dogger und Malm, auf seiner Nordwestabdachung im Gebiet von Heubodenalp und Plattenalp die Kreide und das Eocän. Verrucano und Trias bilden im südlichen Teil der Schildkette im ganzen ein breites Gewölbe, das mit steil gegen WNW fallendem Nordschenkel unter den Schild taucht und in der Scheitelregion im Gebiet von Fessisalp, Schafläger und Hechlenstock innerhalb der Trias viele kleinere Störungen in Form von teils flachwelligen, teils schmal gedrückten Falten und schuppenartigen Überschiebungen auf- weist. Noch intensivere Störungen folgen am Schild innerhalb Jura und Kreide. Besonders fallen zwei fast parallele, mit etwa 35° Neigung gegen SE fallende Bruchflächen auf, welche die steil nach NW fallenden Malm- und Kreideschichten quer durchschneiden und im Gebiete von Rässegg und Schlafstein einen mächtigen Keil zwischen sich einschliessen, der um mehrere hundert Meter unter Jura und B Trias des Schildgipfels nach SE zurückgeschoben ist. Der obere dieser ') J. Oberholzer und Alb. Heim, Geologische Karte der Glarneralpen, 000. erg No, 50, publiziert von der ze iz. geolog. Kommission. h ua Bern. je19WOJSuoyouBdnLIaA — IA weg do1opyun aaaejug = IM pAnuumdurpe = un mn yey1amaag = S A9JOIISOURON.LIOAA = SA UOUNL SOp yeyuopjeloy = SW yeyuaıdurpeA = YA (dajeıypsuLiadıgofs ; sel], = L -U9JLPTgISWIETSJUAWR) — wr) Yeyfpseıy-uemusjneg —= YY nn yjeyuajunwuny) upog — 4 12300 = A opeIy =D usjuammpsdlsgsnig —= Id ulsjspuwszeuuwiaaw, — SL aetps = V arg = 39 . .. 2jezuspesps = [1 ysiypım = IM ‘000001 :7 "“ddnaasıadıy PIp pun yastuıgın uop yoanp [ıJoag '@ "21 —__, — — SZZOYLBOOL, SL SALE. nu == nern TE; - u rn EEE EEE a DE N Sn Sn _ - -—— nen ne rn nn 4 he 2 Rn ayaapu2=. nn vr Br s : / : & er me - ERY aog ee Bere ; Far DIN? ; MN er de .- Popbiagen.g. 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Gesellsch. in Zürich. 1919 beiden Brüche kann als eine Faltenverwerfung‘ aufgefasst werden, da er in der Tiefe, wie man am Abhang zwischen Äugsten und Brand beobachten kann, in eine gegen NW geöffnete, scharf gebogene Syn- klinale übergeht. Die nach NW sinkenden Malm- und Kreideschichten bilden nachher noch zwei knieförmige, gegen NW geneigte Falten, eine kleinere unter dem oberen Teil von Heubodenalp und dann unter den Ennetbergen eine weit grössere, in deren leicht über- kipptem Mittelschenkel Kreide und Eocän bis auf die Sohle des Linthtales hinuntersteigen. Etwa 500 m weiter im Norden tauchen sie wieder gewölbeartig empor und brechen dann in der Bachseli- runse oberhalb Alpenbrückli plötzlich ab. Im Kern der so gebildeten Synklinale liegt die mächtige Globigerinenmergelmasse der Ennet- berge. Als eine nördliche Fortsetzung der Glarnerdecke darf viel- leicht der unterhalb Netstal über dem rechten Linthufer fensterartig auftauchende, von Globigerinenmergeln bedeckte Malm von Krähen- berg betrachtet werden. 2. Die Mürtschendecke wird von ihrer Unterlage durch eine Überschiebungsfläche getrennt, die im Süden zwischen Gufelstock und Schild fast horizontal liegt, dann zu steilerem Nordwestfallen umbiegt und zwischen Netstal und Mollis unter die Sohle des Linth- tales taucht. Dieses Verlaufes der Schubfläche wegen ist diese zweite Decke im Süden nur in ihren älteren Schichten (Verrucano bis Schilt- kalk) und bloss in Form von inselartigen Erosionsrelikten (Gufelstock- Höchgrat, Schwarzstöckli, die drei Schildgipfel) erhalten geblieben. Erst vom Fähristock an tritt sie als zusammenhängende Gebirgs- masse auf; ihre Juraschichten bauen Fronalpstock und Scheienstock, Kreide und Eocän den Neuenkamm und den tieferen Teil des Kerenzer- berges auf. Nördlich vom Spaneggsee sieht man den Malm von Fron- alpstock und Scheienstock in den Mürtschenstock hineinstreichen, und ebenso steht die Kreide des Neuenkammgebietes in direkter Ver- bindung mit derjenigen am nördlichen Ausläufer des Mürtschenstock. Diese Zusammenhänge beweisen, dass die normale Schichtreihe, welche den Mürtschenstock und seine gegen Mühlehorn sinkende Abdachung aufbaut und unten mit dem Verrucano am Grate von Kühmettler und Drei Hörner abschliesst, mit der vorhin als Mürtschendecke der Schildkette besprochenen Schichtreihe eine einheitliche Decke bildet. Die Überschiebungsfläche zwischen Mürtschendecke und Glarner- decke verläuft völlig diskordant zu den Schichten beider Decken und zwar in der Weise, dass in der Richtung von Norden gegen Süden und Osten sowohl als Dach der Glarnerdecke wie als Basis der Mürtschendecke immer ältere Schichten auftreten. Oberhalb Krähen- Jahrg. 64. J. Oberholzer. Der tekt. Zus. v. Glärnisch-, Schild- u. Wiggisgr. 81 berg bei Netstal, kurz vor ihrem Untertauchen unter die Talsohle, beginnt die Mürtschendecke mit schwachen Resten von Trias, unter Fronalpstock und Fähristock ruht sie mit voll entwickelter Trias auf Flyschmergeln, in der Gipfelregion des Schild direkt auf dem Malm, im Gebiete des Gufelstock und am Westrande des Murgtales mit Verrucano auf Rötidolomit oder Verrucano der Glarnerdecke. Als Rest eines Mittelschenkels zwischen den beiden Decken darf wahrscheinlich eine an den Lochseitenkalk erinnernde brecciöse oder marmorisierte Kalkbank von 10—30 m Dicke betrachtet werden, die zwischen Fronalpstock und Schild auf der Überschiebungsfläche auf- tritt und an ihrer Basis von dünn gequetschten Resten von Seewer- kalk begleitet wird. In ähnlicher Weise lässt sich vielleicht die merk- würdigste tektonische Erscheinung der Schildgruppe erklären, eine zwischen Mürtschendecke und Glarnerdecke eingeklemmte, verkehrt liegende, Malm, Kreide und Eocän umfassende Schichtreihe, die am Westfusse des Fronalpstock vom Linthufer bis auf die Terrasse von Matten hinaufreicht und in der Höhe durch die Überschiebungsfläche der Mürtschendecke schief abgeschnitten wird. Die Mürtschendecke der Schildgruppe zeigt im ganzen eine ruhigere Lagerung als die Glarnerdecke. Im Mürtschenstock sind: die Jura- schichten zu zwei prachtvoll ‚geschwungenen: Falten :zusammenge- schoben, deren nördliche sich westwärts im.Fronalpstock, ostwärts im Alpfirzstock fortsetzt. Nördlich davon: sinken Jura und Kreide mit 20—25° Neigung und sanftwelligen Verbiegungen gegen den Walensee und die Linthebene und tauchen dann am Nordufer des Sees wieder im Sockel der Churfirstenkette empor. Ein grosser, Mürtschendecke und Glarnerdecke durchschneidender Querbruch lässt sich vom Kessel von Spanegg auf 8 km Länge über Mürtschenfurkel,, Murgseefurkel und Widersteinerfurkel bis ins Mühlebachtal verfolgen. Längs der Bruchfläche ist der östlich davon liegende Gebirgsteil be- trächtlich in die Tiefe gesunken. 3. Die Säntisdecke ist nur im Nordwesten unserer Berggruppe als Unterlage der Neuenalp in ‚Form eines 4 km langen und 2,5 km breiten, ausschliesslich aus unterer Kreide bestehenden Lappens er- "halten geblieben. Sie ruht mit Valangienmergeln überall auf dem fast nur durch Nummulitenkalk repräsentierten Eocän der Mürtschen- decke und fällt konkordant mit letzterer ziemlich Be eNE gegen ; Nordwesten. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 6 82 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 2. Der tektonische Zusammenhang von Schild- und Wiggis- gruppe. Man erkennt fast auf den ersten Blick, dass die mächtigen Fels- wände, mit denen Wiggis und Rautispitz gegen das Linthtal ab- fallen, im wesentlichen aus zwei Decken aufgebaut sind. Die tiefere derselben beginnt über dem Grundkopf bei Riedern mit Dogger, um- fasst noch Malm und Kreide und endigt an der äussern Kante der von der Talsohle bei Näfels südwärts ansteigenden Terrasse von Wiggisalpeli mit Nammulitenkalk. Westwärts streicht sie durch die Büttenenwand bis in den Südfuss des Deyenstock hinein. Die zweite Decke besteht ausschliesslich aus Kreide und bildet die Gipfel der Wiggiskette und ihre zum ÖOberseetal absinkenden Abhänge. Nord- wärts greift sie in breiter, prachtvoll gebogener Mulde unter dem Oberseetal durch und bricht nördlich davon in der Fridlispitzkette plötzlich ab. Im Süden endigt sie mit der Doppel-Synklinale des ‚ Wiggisgipfels und des Krautlistocks und hängt durch dieselbe mit einer höhern Decke, der Rädertendecke, zusammen. Diese selbst ist durch die Ochsenkopf-Synklinale mit der Drusbergdecke verbunden, welche die Kreidegebirge westlich vom Wäggital und nördlich vom Pragelpass aufbaut. (Vergl. hiezu Eclogae geolog. Helvet. Vol. X, p. 548—552 und Tafel XII und XII.) Unter der tiefern der beiden Decken erscheint am Grundkopf am Südostfuss des Wiggis noch Korallenkalk des Tithon als Glied einer noch tieferen kleinen’ tektonischen Einheit. In keinem Zu- sammenhang mit den beiden Decken steht auch die Wagetenkette, die am Nordrande der Wiggisgruppe aus dem subalpinen Flysch auftaucht. Ferner kommt der Deyenkette am Südrande der Gruppe eine besondere tektonische Stellung zu und endlich wäre als be- sondere Decke noch der Wildflysch zu nennen, der von der sub- alpinen Flyschzone aus in die Synklinalen zwischen den verschiedenen Decken eindringt. (Vergl. Fig. 2.) an hat von jeher in der Oberseetal-Synklinale die westliche Fortsetzung der klassischen Kreidemulde von Amden betrachtet, da beide im gleichen Streichen liegen und nach Form und geologischem ‚Bau auffallend miteinander übereinstimmen. Seitdem wir vom Decken- bau der Alpen sprechen, galt es daher auch als sichere Tatsache, dass die Decke, der die Oberseetalmulde angehört, also die über dem Eocän von Näfels-Wiggisalpeli liegende Decke, wie auch der über Ss dem Eocän des Kerenzerberges liegende Kreidelappen von Neuenalp zur gleichen Überfaltungsdecke gehören, wie die Amdenermulde, also Jahrg. 64. J. Oberholzer. Der tekt. Zus. v. Glärnisch-, Schild- u. Wiggisgr. 83 zur Säntisdecke, die den über dem Eocänband Betlis-Laubegg- Walenstadterberg liegenden obern Teil der Churfirstenkette und das Säntisgebirge aufbaut. Lassen schon die tektonischen Formen diesen Zusammenhang als sicher erscheinen, so macht ihn eine Vergleichung der Fazies- verhältnisse zur völligen Gewissheit. In allen drei Gebieten, in der Gipfelregion der Wiggiskette, auf Neuenalp wie in der Säntis- decke auf der Nordseite des Walensees'), tritt die Kreide in einer neuen, von derjenigen der tieferen Decken stark abweichenden, namentlich durch weit grössere Mächtigkeit ausgezeichneten Fazies auf. Ich hebe hier nur die auffallendsten dieser Faziesmerkmale her- vor. Während im Autochthonen und in Glarner- und Mürtschendecke die Valangienmergel noch fehlen oder nur durch schwache sterile ' Mergellagen vertreten sind, erscheinen sie auf Wiggisalpeli und Neuenalp wie im obern Teil der Churfirstenkette in einer Mächtig- keit von 80—100 m und zeichnen sich oft durch Reichtum an Petre- fakten (besonders Exogyra Couloni d’Orb. und Alectryonia rectan- gularis Röm.) aus. Der Valangienkalk ist in allen drei Gebieten 50—80 m mächtig, kieselkalkartig feinspätig und in einzelnen Lagen reich an Kieselknauern, in den tieferen Decken dagegen nur 10—25 m mächtig und gleichförmig grobspätig. Der Hauterivien-Kieselkalk übertrifft mit 120-200 m Mächtigkeit denjenigen der tiefern Decken um das Mehrfache. Die Drusbergschichten sind ebenfalls weit mäch- tiger als in den tiefern Decken und im Gegensatz zu diesen arm an Exogyra aquila d’Orb. Der Schrattenkalk ist am Wiggis wie im westlichen Teil der Churfirstenkette etwa 250 m mächtig und durch stark kalkige Ausbildung der Orbitolinaschichten ausgezeichnet. An beiden Orten ist auch der Gault über 50m mächtig und umfasst nicht nur Cenoman und Albien, wie in den tiefern Decken, sondern auch noch das Gargasien. Der Seewerkalk ist in der Wiggiskette wie in den Churfirsten inwendig viel heller grau als in den tiefern Decken und enthält an beiden Orten im untern Teil eine rote Bank. In der Oberseetalmulde wie in der Mulde von Amden werden die Seewerschichten von mächtigen Senonmergeln bedeckt, die den tiefern ' Decken völlig fehlen. Endlich fehlt an beiden Orten der Nummuliten- kalk, der in den untern Decken überall auf der obern Kreide trans- grediert. Nachdem so der tektonische Zusammenhang der Kreide der !) Die Stratigraphie der Gebirge nördlich vom Walensee ist von Arnold Heim in seiner Monographie der Churfirsten-Mattstockgruppe (Beiträge z. geolog. Karte der Schweiz, Liefg. 50) aufs gründlichste dargestellt. 84 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Neuenalp einerseits mit der Säntisdecke auf der Nordseite des Walen- sees, anderseits mit der Kreide der Oberseetalmulde und der Gipfel- region des Wiggis nachgewiesen ist, liegt der Schluss auf der Hand, dass die unter dieser Säntisdecke liegende normale Schichtreihe in allen drei Gebirgsgruppen einer und derselben Decke angehört, dass also die im Sockel der Wiggisgruppe unter dem Eocän des Wiggisalpeli liegende Schichtserie zur Mürtschendecke gehört wie die Jura-Kreideserie von Fronalpstock und Neuenkamm auf der Ost- seite des Linthtales. Für diesen Zusammenhang spricht auch die Übereinstimmung der beiden Deckengebiete in einigen andern Erscheinungen tekto- nischer Art. Auf beiden Seiten des Linthtales sinkt die Schichtreihe ziemlich gleichförmig nach NW. Am Rautispitz wie am Kerenzer- berg ruhen die Valangienmergel der Säntisdecke meistens unmittelbar auf den Nummulitenschichten der tiefern Decke, die Überschiebungs- fläche liegt also an beiden Orten inbezug auf die hangende und auf die liegende Decke im gleichen stratigraphischen Niveau. Ebenso beginnt die untere Decke am Grundkopf an der Südostecke des Wiggis wie oberhalb Krähenberg am Westfusse des Fronalpstockes, also an zwei annähernd im gleichen Streichen liegenden, etwa 3km voneinander entfernten Stellen, mit derselben Schichtgruppe, mit Dogger-Echinodermenbreccie. Völlige Gewissheit darüber, dass die Schichtreihe im Wiggis- sockel bei Netstal die Fortsetzung derjenigen der Mürtschendecke des Fronalpstockgebietes darstellt, erlangen wir wieder durch die : Vergleichung der Faziesverhältnisse, wobei sich die völlige Übereinstimmung der gleichalterigen Schichten beider Gebiete nach Mächtigkeit und lithologischem Charakter herausstellt. Aus dieser Vergleichung hebe ich folgende Tatsachen hervor: Der tithonische Korallenkalk ist an beiden Orten 70-80 m mächtig, wesentlich schwächer als in der Glarnerdecke. Die Zement- steinschichten (Portlandien) sind im Süden an der Büttenenwand am Wiggis wie am Mürtschenstock relativ mächtig, reich an schwarzen Mergellagen mit eingelagerten spätigen oder oolithischen Kalkbänken und werden in beiden Berggruppen nach Norden auffallend schwächer und ärmer an Mergellagen. Der Öhrlikalk ist auf beiden Talseiten ein gut gebankter oolithischer Kalk von 60-100 m Mächtigkeit. Die Valangienmergel fehlen an beiden Orten. Der Kieselkalk schwillt in beiden Gebieten von Norden gegen Süden von 25 m auf 50-60 m - Die Altmannsehichten fehlen als scharf ausgeprägter Horizont. | ie Drusbergschichten sind sehr reich an Exogyra aquila d’Orb. und Jahrg. 64. J. Oberholzer. Der tekt. Zus. v. Glärnisch-, Schild- u. Wiggisgr. 85 zeigen im mittleren Teil eine 10—20 m mächtige Folge von spätigen Kalkbänken mit dünnen Mergellagen. Der obere Schrattenkalk ist in beiden Gebieten nur 5—25 m mächtig. Der Gault ist nur 6—10 m mächtig und umfasst bloss Albien und unteres Cenoman. Der Seewer- kalk ist mit 60—100 m in beiden Gebieten auffallend mächtig. Der Nummulitenkalk ist auf beiden Talseiten als glaukonitreicher Assı- linengrünsand mit dünnen Mergellagen ausgebildet. Schwieriger ist es, einen Entscheid über die tektonische Stellung der unter der Mürtschendecke liegenden Korallenkalkmasse des Grundkopf an der Südostecke des Wiggis zu fällen. Da Kreide und Eocän in ihrem Hangenden ganz fehlen, gehört sie wahrscheinlich nicht zur Glarnerdecke. Am ehesten darf sie als Fortsetzung der im ersten Abschnitt erwähnten, am Westfusse des Fronalpstock zwischen Glarner- und Mürtschendecke eingeklemmten, verkehrtliegenden Malm-Kreideserie betrachtet werden, da letztere mit ihr im gleichen Streichen liegt, ebenfalls Korallenkalk als mächtigstes Schichtglied enthält und oben auch durch die Überschiebungsfläche der Mürtschen- decke schief abgeschnitten wird. Dass der Grundkopf einem tek- tonisch sehr stark gestörten Gebiete angehört, beweisen die vielen Klüfte und Rutschflächen, die sein Gestein nach allen Richtungen durchziehen. Zur gleichen, zwischen Glarner- und Mürtschendecke eingekeilten Scholle sind wahrscheinlich auch die westlich von Rie- dern in der Umgebung von Staldengarten und in der Löntschschlucht zutage tretenden, zum Teil stark brecciösen Quintnerkalkmassen zu rechnen. Da die Wagetenkette bei Oberurnen in ähnlicher Weise an- nähernd parallel zum Nordflügel der Oberseetalmulde der Säntisdecke emporsteigt, wie die Mürtschendecke bei Näfels unter diese Syn- klinale untertaucht, so liegt die Vermutung nahe, sie sei nichts anderes als die Nordstirn der Mürtschendecke. Ernst Blumer') und Arnold Heim?) haben bereits gestützt auf die Faziesverhält- nisse diesen Zusammenhang bestritten und die Vermutung ausge- sprochen, die Wagetenkette gehöre zur Glarnerdecke oder stamme vielleicht sogar aus dem Gebiet der parautochthonen Decken. Dass sie eine ungewöhnlich hoch aufsteigende autochthone Falte ist, ist von vornherein unwahrscheinlich, da sie alle Kreidestufen vom Öhrli- ©23).Ernst Blumer. Zur Kenntnis des ge Alpen-Nordrandes. Viertel- jahrsschrift d. Zürcher naturf, Gesellschaft, 1906, p 4 2) Arnold Heim, Die Nummuliten- u. rs ehhdllae een wi ren Abhandlungen d. schweiz. paläont. Gesellsch. Vol. XXXV. 1908, p. 66—67. — Mono- graphie der Churfirsten- ee Beiträge z. geol. Karte Mi Schweiz, Liefg. 50, 1917, p. 646 86 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 kalk bis zum Seewerkalk enthält, während in den nördlichsten, bei Linthal auftauchenden autochthonen Falten erst der Öhrlikalk vorhanden ist und die mittlere und obere Kreide erst weiter im Süden sich einstellen. Auch zeigen die Nummulitenschichten der Wagetenkette eine südlichere Fazies als diejenigen der nördlichsten autochthonen Falten des Linthgebietes. Während sie in letztern stets mit grobkörnigem, nummulitenarmem Quarzsandstein beginnen, sind in der Wagetenkette ihre untersten Lagen als stark glaukonitischer Sandkalk mit lagenweise gehäuften Assilinen ausgebildet. Der mächtige Korallenkalk des Tithon, die Fazies der Zement- steinschichten, die in der Wagetenkette wie am Schild einen etwa 25 m mächtigen Wechsel von dunkelgrauen Kalkbänken mit dünnen schwarzen Mergellagen bilden, die schwach entwickelte Kreide würden schon eher gestatten, die Wagetenkette als Nordstirn der Glarner- decke aufzufassen. Allein mehrere Tatsachen stehen auch dieser Annahme entgegen und lassen es als wahrscheinlicher erscheinen, dass sie einem ursprünglich noch nördlicheren Faziesgebiete, dem jenigen der Griesstock- oder Kammlistockdecke der Claridenkette — entstammt. Se a) Vor allem gibt die Facies der Nummulitenschichten zu Be- denken Anlass. Während sie noch in der Glarnerdecke am Schild als etwa 5—7 m mächtiger, ziemlich homogener glaukonitreicher “ Kalk ausgebildet sind, dessen Nummulitenfauna zum weitaus grössten Teil aus Assilina exponens besteht, sind sie an der Wageten etwa 15 m mächtig und gliedern sich in einen untern Glaukonitsandkalk mit massenhaften Assilinen und einen obern, von glaukonitischen & Linsen durchzogenen blaugrauen Kalk, reich an Nummulina compla nata Lam., N. helvetica Kaufm. und Orthophragminen. In ganz äh licher Ausbildung und mit derselben Fauna finden wir die Nummu- litenschichten 2. B. auf der Alp Gemsfayer in der Claridenkette. Würden wir die Wagetenkette als Nordstirn der Glarnerdecke auf “ fassen, so wären wir genötigt, innerhalb der 6—7 km langen Strecke . age aan und Schild einen zwar nicht unmöglichen, aber ” b) Kite er Aare sehr starken Fazieswechsel anzunehm#f" ; er ea a“ e der Schildgruppe (und, wie wir 2 A Schrättenkalke St = lärnisch) sind die Orbitolinaschichten 5 ; Mächtigkeit von Transgressionsgrenze des Albien in = , RR ee len. ‚In der Wagetenkette dages®! ie 54 Be nicht nur der obere Schr i Ka as ee ! itolinaschichten. Einzig am Ostende “ onnte ich einige schwache Reste derselbe! a a a een rent Tr Tas Zu Jahrg. 64. J. Oberholzer. Der tekt. Zus. v. Glärnisch-, Schild- u. Wiggisgr. 87 bemerken. Auch in der Claridenkette, z. B. am Kammerstock, sind sie stellenweise in schwacher Entwicklung vorhanden. c) In der Glarnerdecke der Schildgruppe fehlen typische Alt- mannschichten. Sie sind lithologisch dadurch angedeutet, dass die im Dache des Hauterivien-Kieselkalkes liegenden Echinodermenkalk- bänke von glaukonitischen Schlieren durchzogen werden. In der Wagetenkette dagegen liegen (z. B. östlich vom Wagetengipfel) über 20--22 m Kieselkalk zunächst 1,5 m Echinodermenbreccie mit Glau- konitschlieren und darüber eine etwa 10 m mächtige, an die Alt- mannschichten erinnernde Folge von glaukonitreichen Kalkbänken. In gleicher Weise ist auch am Kammerstock in der Claridenkette zwischen Kieselkalk und austernreiche Dıusbergschichten eine ziem- lich mächtige Folge von Glaukonitkalkbänken eingeschaltet. d) Die etwa 60—80 m mächtigen eocänen Globigerinenmergel der Wagetenkette werden von typischem Taveyannazsandstein bedeckt in der Glarnerdecke am Schild dagegen sind die Globigerinenmergel über 200 m mächtig und Taveyannazsandsteine fehlen. In mächtiger Entwicklung finden wir letztere in den autochthonen Falten der ' Hausstockgruppe und der Claridenkette, nach W. Staub') und Arnold Heim?) auch in der parautochthonen Hoh-Faulendecke des Wind- gellengebietes, nach W. Staub auch in der Griesstockdecke bei Heit- mannsegg, westlich vom Klausenpass. Diese Tatsachen zeigen, dass Kreide und Tertiär der Wageten- kette faziell enger mit dem Gebiet der parautochthonen Decken der Claridenkette als mit der Glarnerdecke verbunden sind. Vielleicht handelt es sich um ein Stück der Griesstock- oder Kammlistock- decke, das durch die darüber gleitenden Decken von seiner Wurzel abgequetscht und nordwärts bis an den Alpenrand vorgeschoben wurde. 8. DM tektonische Zusammenhang zwischen Schild- und Glärnischgruppe. Wie ich früher (Eelogae geol. Helvet., Vol. X, p. 531— 555) dar- gelegt habe, sind am Aufbau der Glärnischgruppe hauptsächlich drei grosse Überfaltungsdecken beteiligt: 1. Die Glarnerdecke tritt auf der Ostseite der Berggruppe vom Stöckli am Vorderglärnisch bis zur Fritternrunse an der Klausen- 1) W,. Staub, Geologische Beschreibung der Gebirge zwischen Schächental und em Beiträge z. geol. Karte d. Schweiz, Liefg. 62, 1911, p. 47—5l. ®) Arnold Heim, Zur Tektonik des Flysches in den östlichen Schweizeralpen. Beiträge z. ie Karte d. Schweiz, Liefg. 61, p. 42. 88 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 strasse als relativ niedrige Felsmauer im Sockel des Gebirges ge- simseartig aus dem Abhang hervor. Sie beginnt südlich von Thon mit Rötidolomit, weiter im Süden mit Dogger oder Malm und endigt oben mit eocänen Globigerinenmergeln. Die ganze Schichtreihe ist überall mehr oder weniger stark durch Quetschung reduziert. Unter der Terrasse von Braunwald ist sie auf eine stark metamorphe Kalk- bank reduziert und westlich von der Fritternrunse über dem Urner- boden ist sie völlig verschwunden. 2. Die Mürtschendeeke baut am Vorderglärnisch den mittleren Teil der gegen das Linthtal abfallenden Steilwände auf und umfasst hier Trias, Dogger, Malm und Öhrlikalk. In der Guppenrunse stellt sich an der Basis noch Verrucano ein, der südwärts rasch bis auf 500 m Mächtigkeit auschwillt, dann wieder abnimmt, während gleich- zeitig im Dache der Decke die jüngeren Schichten durch die Über- schiebungsfläche der nächst höhern Decke der Reihe nach abge- schnitten werden. Südlich vom Luchsingertobel ist die ganze Decke auf eine wenige Meter mächtige Verrucanolage reduziert und unter dem ganzen südlichen Teil der Glärnisch-Ortstockgruppe durch Ver- quetschung verschwunden. 3. Die Axendecke bildet den ganzen oberen Teil der Glärnisch- Örtstockgruppe und die ganze zwischen Urnerboden, Schächental, Vierwaldstättersee und Pragelpass sich ausdehnende Jura- und Kreide- Gebirgstafel. In ihrer Kreideregion treten über der eigentlichen Axen- decke noch eine Reihe von Zweigdecken auf (Bächistockdecke, untere und obere Silberndecke, Toralpdecke). An den Gipfeln des Glärnisch ist nur die tiefste derselben, die Bächistockdecke, erhalten geblieben. Als weitere tektonische Einheiten wären noch zu nennen: 4. Die Griesstockdecke, die von der Claridenkette her längs der Klausenstrasse unter die Axendecke und die Glarnerdecke taucht, aber schon westlich von Linthtal endigt. 5. Die Wildflyschdecke, die unter dem südlichen Teil der Glärnisch- Ortstockgruppe die Unterlage der helvetischen Decken bildet, unter ihrem nördlichen Teil aber verquetscht zu sein scheint. Es ist nun zu untersuchen, ob die beiden als Glarner- und Mürtschendecke bezeichneten Decken der Glärnischgruppe wirklich identisch sind mit Glarnerdecke und Mürtschendecke der Schild- gruppe. Nach dem äusseren Schichtenban zu urteilen, erscheint ein ‚ direkter tektonischer Zusammenhang der beiden Gebirge auf den ersten Blick wenig wahrscheinlich. Am Schildabhang über Ennenda a sehen wir eine eınzıge normale Schichtreihe mit mächtigem Verru- cano und Jura und erst an den Gipfeln kleine Reste einer höhern Jahrg. 64. J. Oberholzer. Der tekt. Zus. v. Glärnisch-, Schild- u. Wiggisgr. 89 Decke, an den Glärnischwänden aber eine dreifache Wiederholung von Jura und Kreide und im Sockel keinen Verrucano, dafür im gleichen Niveau mit diesen alten Schichten des Schild Kreide und Eocän. Am Schild beobachten wir ein starkes Nordwest-Fallen der Schichten, kräftige Faltungen und Bruchverschiebungen, während an den gegenüberliegenden Glärnischwänden die Schichtlinien in auf- fallend ruhiger Lagerung fast horizontal verlaufen. Da die tiefste zwischen Glarus und Lintthal am Ostfusse des Glärnisch zutage tretende Decke auf dem basalen Flysch ruht und an ihrer Basis von einer typischen Lochseitenkalkbank begleitet wird, genau wie die Glarnerdecke der Schildgruppe an der Lochseite bei Schwanden, so liegt trotz der vorhin betonten Unterschiede im Bau der beiden Berggruppen die Annahme nahe, jene Decke sei die west- liche Fortsetzung der Glarnerdecke der Schildgruppe. Daran wird man sofort den Schluss fügen, dass die zweite Decke im östlichen Teil der Glärnischgruppe identisch ist mit der zweiten Decke des Schildgebietes, also mit der Mürtschendecke. Volle Gewissheit über die Richtigkeit dieser Vermutungen bringt nun die Faziesver- gleichung der Schichten gleichen Alters. Die Bergsturzmassen am Glärnischfuss zwischen Schwanden und Glarus verhindern leider, zu sehen, ob dort die tiefste Decke des Glärnisch bis in den Verrucano hinunterreicht und ob dieser dasselbe grobklastische Gestein ist wie in der Glarnerdecke der Schildgruppe. Infolge der tektonischen Reduktion, welche die Decke gegen Süden erleidet, fehlt südlich von Schwanden der Verrucano am Fusse des Glärnisch. Es steht dies im Einklang damit, dass auch in der Kärpf- gruppe der Verrucano der Glarnerdecke nach Süden eine rasche Re- duktion erfährt und schliesslich verschwindet. Wichtig ist nun die Tatsache, dass der am Ostabhang des Glär- nisch zwischen Guppenruns und Luchsingertobel als tiefstes Schicht- glied der zweiten Decke auftretende Verrucano nicht als grobes 'Sernifitkonglomerat ausgebildet ist, wie in der Glarnerdecke der Schildgruppe. Er ist, wie man besonders gut an der Guppenrunse sehen kann, seiner Hauptmasse nach ein roter, etwas schieferiger Sandstein oder sandiger Schiefer, meistens reich an weissen Glimmer- blättchen und kleinen eckigen Quarzkörnern. Einzelne ziemlich grob- konglomeratische Bänke kommen zwar vor, treten aber gegenüber dem schieferigen Gestein stark zurück. In ganz ähnlicher Fazies ist der Verrucano der Mürtschendecke in der Schildgruppe ausgebildet. Am Südostfusse des Mürtschenstock, auf Bärenboden südlich vom Alpfirzstock und am Grate des Kühmettler besteht er grösstenteils 90 Vierteljahrsschriit d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 aus groben roten Tonschiefern mit reichlichen Glimmerschüppchen und feinen Quarzkörnern, schieferigen, glimmerhaltigen, feinen bis ziemlich grobkörnigen Sandsteinen, und auch die in den tieferen Lagen noch vorwiegenden konglomeratischen Bänke sind stets weniger grobklastisch als in der Glarnerdecke und meistens etwas schieferig. Diese Faziesübereinstimmung beweist, dass der Verrucano am Öst- abhang des Glärnisch tektonisch nicht mit dem ihm benachbarten Verrucano der Glarnerdecke am Ausgange des Sernftales zusammen- hängt, sondern die Fortsetzung des Mürtschendecken-Verrucanos von Siwelle-Schild, Stelli-Fronalpstock, Mürtschenalp, Bärenboden und Kühmettler darstellt. Vorzügliche Anhaltspunkte für die Deckenunterscheidung liefert auch die Stufe des Rötidolomits. Aus manchen früheren Arbeiten über die Geologie der Glarneralpen möchte man schliessen, dass die Rauhwackefazies, die oft an die Stelle des kompakten Rötidolomits tritt, weder inbezug auf Schichthöhe noch auf regionale Verbreitung an ein Gesetz gebunden sei, und es ist auch schon die Meinung ge äussert worden, dass ihr Auftreten von der Tektonik abhängig sel, indem sie besonders an Stellen intensiver Dislokationen den dichten Rötidolomit zu ersetzen pflege. Nach meinen Beobachtungen jedoch tritt die Rauhwacke im ganzen Gebiet der helvetischen Fazies — wenigstens östlich von der Reuss — in durchaus gesetzmässiger Weise, in bestimmter regionaler Verbreitung und unabhängig von tektonischen Störungen auf. Sie ist eine primäre Faziesabänderung des Rötidolomits. Im autochthonen Gebirge des Linth- und Tamina- gebietes, ebenso in der Glarnerdecke der Schildgruppe besteht die ganze Rötistufe aus dichten dolomitischen Kalkbänken. Im nörd- lichen Teil der Mürtschendecke, z. B. südlich von Quarten am Walen- see, besonders schön auf Gäsialp östlich vom Alpfirzstock und am Stelli südöstlich vom Fronalpstock lässt sich das erste Auftreten der Rauhwackefazies beobachten. In der untern Hälfte der Rötibildung werden einzelne Bankgruppen durch Zellendolomit ersetzt. Die Rauh- wackebildung greift dann südwärts rasch um sich; schon auf Bären- © boden südlich vom Alpfirzstock und am Fähristock im Schildgebiet sind die untere Hälfte oder Dreiviertel der ganzen Stufe durch Raub wacke ersetzt; in ihrem Dache aber bleibt eine 15-—-30 m mächtige Schichtgruppe als dichter Rötidolomit bestehen. In dieser Weise finden wir nun die Rötistufe nach Süden und Osten durch das ganze Dobseh der Mürtschendecke und auch in der Axendecke ausgebildet. 5 ‚ Für unsere Frage ist nun wichtig, dass der am Glärnischfuss zwischen Thon und Nidfurn aufgeschlossene Rötidolomit echter dichter z so SER Re ” Jahrg. 64. J. Oberholzer. Der tekt. Zus. v. Glärnisch-, Schild- u. Wiggisgr. 91 Dolomit ist, wie in der Glarnerdecke am Schild, dieselbe Schicht- gruppe aber in der zweiten Decke des Glärnisch zwischen Stöckli und Guppenrunse aus 50—80 m Rauhwacke mit einem etwa 15m mäch- tigen Abschluss von dichten Dolomitbänken besteht, genau wie in der Mürtschendecke der Schildgruppe, des Spitzmeilengebietes und der Grauen Hörner. Am Glärnisch fehlen die Quartenschiefer in beiden Decken völlig, während sie in der Schildgruppe sowohl in der Glarnerdecke wie in der Mürtschendecke fast überall, oft in sehr mächtiger Entwicklung, vorhanden sind. Dieser Unterschied kann jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Identität der Decken in den beiden Gebirgsgruppen begründen, da jene Lücke am Glärnisch eine Folge tektonischer Ver- quetschung, noch eher eine Wirkung der Denudation sein kann, die der Ablagerung des Jura im helvetischen Faziesgebiet voranging. Auch in der Schildgruppe beobachtet man oft auf kurzen Strecken als Folge jener Abtragung starke Schwankungen in der Mächtigkeit der Quartenschiefer. . Zu den Erscheinungen dieser Diskontinuität gehört es auch, dass in den beiden Decken sowohl am Glärnisch wie in der Schild- gruppe der Lias fehlt, während er dann in der Axendecke in grosser Mächtigkeit einsetzt. Der Dogger ist in beiden Decken und in beiden Berggruppen in der durch geringe Mächtigkeit auffallenden Fazies ausgebildet, wie sie dem ursprünglich nördlichen Teil des helvetischen Faziesgebietes eigen ist. Die Echinodermenbreceie (Bajocien) ist in der zweiten Decke am Glärnisch nördlich von der Guppenrunse ähnlich wie im nördlichen Teil der Mürtschendecke in der Schild- gruppe nicht 10 m mächtig, schwillt dann aber südwärts an den Abhängen unter Guppen und Oberblegi rasch auf zirka 30 m an und zugleich stellt sich, wie man schon auf Miıttelguppen beobachten kann, unter dem sonst dunkelgrauen Gestein eine ausgesprochen röt- liche, von Muscheltrümmern erfüllte Echinodermenbreccie ein, wo- mit sich bereits die Annäherung an die Fazies der Axendecke an- kündigt. In der Mürtschendecke der Schildgruppe lässt sich zwar diese Faziesänderung nicht im gleichen Masse beobachten, weil der Dogger nicht genügend weit nach Süden reicht; doch wird ihr Beginn durch dünne Lagen von roter, von massenhaften kleinen Müschelchen erfüllter Echinodermenbrecceie angedeutet, die sich an der Siwelle und bei Robmen am Mürtschenstock im obersten Teil der Eisensandstein- und Schiefergruppe einstellen, Dass die beiden Decken des Glärnisch identisch sind mit Glarner- und Mürtschendecke der Schildgruppe, beweisen auch die Faziesver- 99 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 hältnisse des obern Malm. Der hellgraue, massige Korallenkalk (Tros- kalk), der in beiden Decken den dunkelgrauen Quintnerkalk über- lagert, ist in beiden Gebieten in der untern Decke etwas typischer und mächtiger ausgebildet als in der obern. Die darüber folgenden Zementsteinschichten bilden in der Glarnerdecke am Schild eine etwa 95 m mächtige sehr regelmässige Wechsellagerung von ziemlich dicken schwarzgrauen tonigen Kalkbänken vom Quintnerkalktypus mit dünnen dunkeln Mergellagen. Genau in derselben Fazies finden wir sie in der tiefern Decke am Vorderglärnisch bei Glarus, ebenso weiter im Süden über den Fruttbergen bei Linthtal, mit dem blossen Unter- schiede, dass hier die Mächtigkeit, wohl infolge tektonischer Quet- schung, auf etwa 5m gesunken ist. In der zweiten Decke aber er- scheinen sie am obern Rande der hohen Malmwand westlich von Mitlödi in einer Mächtigkeit von 85—100m und gliedern sich in eine untere, aus groben schwarzen Mergelschiefern mit eingestreuten dünnen Kalkbänken bestehende Stufe und einen oberen, aus spätigen oder oolithischen Kalkbänken mit dunkeln Mergellagen bestehenden Teil. In überraschend ähnlicher Ausbildung erblicken wir die Schicht- gruppe in der Mürtschendecke am Mürtschenstock, wo über der etwa 80 m mächtigen dunkeln Schiefermasse der „schwarzen Schnur“ eben- falls eine ziemlich mächtige Reihe von Kalkbänken mit mergeligen Zwischenlagen folgt. on der Kreide ist in der oberen der beiden Decken am Glär- . nisch einzig noch der Öhrlikalk') vorhanden als eine etwa 60 m mächtige Folge von oolithischen Kalkbänken, die zwischen der Hansli- runs und dem Güntlenau im Klöntal die Zementsteinschichten über- lagert. In derselben Ausbildung und ähnlicher Mächtigkeit finden wir den Ohrlikalk in der Mürtschendecke am Neuenkamm und Mürtschen- stock, In der tieferen Decke dagegen ist er am Vorderglärnisch süd- lich vom Stöckli nur etwa 25 m mächtig, ziemlich genau wie in der Glarnerdecke am Schild oberhalb Ennetbühls. Auch die übrigen Kreidestufen dieser Decke zeigen am Glärnisch s durchaus die Fazies der Glarnerdecke des Schildgebietes, abgesehen davon, dass ihre Mächtigkeit infolge tektonischer Quetschung oft stark reduziert ist. Ich hebe bloss hervor, dass, wie man in der Hetschisrunse über Mitlödi und auf Leuggelenberg westlich von Thon beobachten kann, der obere Schrattenkalk noch fehlt und der Albien- “a Gault mit einer an Phosphoritknollen reichen Schicht direkt auf den Orbitolinaschiehten ruht, genau wie in der Glarnerdecke am Schild- ') Dieser Öhrlikal Troskalk“ eingetragen. k ist in der geologischen Karte der Glarneralpen als „oberer — Jahrg. 64. J. Oberholzer. Der tekt. Zus. v. Glärnisch-, Schild- u. Wiggisgr. 93 abhang oberhalb Ennetbühls. Erst im südlichsten Teil der Decke, östlich von Fritternalp oberhalb der Klausenstrasse, schiebt sich zwischen Orbitolinaschichten und Gault eine 4—6 m mächtige Stufe oberen Schrattenkalks ein, womit die Annäherung gegen die Fazies der Mürtschendecke zum Ausdruck kommt. Wie in der Glarnerdecke auf dem Nordwestabhang des Schild, so sind auch im Glärnischgebiet die auf dem Seewerkalk transgre- dierenden Nummulitenschichten zwischen dem Stöckli am Vorder- glärnisch und der Fritternrunse über der Klausenstrasse als glau- konitreicher sandiger Kalk von 4—6 m Mächtigkeit mit lagenweise gehäuften Assilina exponens Sow. ausgebildet. Bei dieser Vergleichung hat sich eine fast vollständige Fazies- übereinstimmung der beiden tieferen Decken der Glärnisch- gruppe mit Glarnerdecke und Mürtschendecke des Schild- Vorderglärnisch Linthtal Schild 2337 Tristli ‚Siwelle Rotera SW 228 ; i E Fig. 3. Längsprofildurch Vorderglärnisch u. Schild. 1: 75000. B = Bergsturz. Erklärung der übrigen Monogramme bei Fig.1 und 2. gebietes herausstellt, so dass man mit Sicherheit die Decken des einen Gebietes als Fortsetzung der Decken des andern betrachten arf. Die Axendecke, die den ganzen mittleren und oberen Teil der Glärnischgruppe aufbaut, lag gewiss einst auch in.der Schildgruppe über der Mürtschendecke, ist aber dort vollständig abgetragen worden. Es hängt dies en dem EN ROBIN dass westlich von der Linie Murgtal-W t l die Decken und Falten- axen nach Westen sinken. Dieses axiale Fallen wird gegen das Linth- tal so stark, dass die Überschiebungsfläche zwischen Mürtschendecke und Glarnerdecke, die an den Schildgipfeln in etwa 2200 m Höhe liegt, auf der Stöckliterrasse am Vorderglärnisch auf 1000 m herabge- stiegen ist (Fig. 3). Es ist namentlich auch schuld daran, dass Schild 94 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 und Glärnisch auf den ersten Blick tektonisch so heterogen erscheinen, obsehon die Decken des einen Berges sich in denjenigen des andern fortsetzen. Ein weiterer Grund für dieses verschiedenartige Aussehen liegt jedoch auch in der Verquetschung, welche die Glarnerdecke im Glärnisch gegen Westen erfährt. Sie hat nicht nur eine starke Reduk- tion der einzelnen Schichtgruppen, sondern auch eine rasche Umge- staltung und Auslöschung der am Schild vorhandenen tektonischen Formen bewirkt. 4. Der tektonische Zusammenhang von Glärnisch- und Wiggisgruppe. Die tektonischen Beziehungen von Glärnisch- und Wiggisgruppe sind zuerst von den beiden Geologen, welche diese Gebirgsgruppen monographisch bearbeitet haben, Baltzer') und Burckhardt?), etwas eingehender besprochen und durch Profile dargestellt worden. Auf dem Boden der älteren Anschauungen über die Tektonik der nördlichen Kalkalpen stehend, haben selbstverständlich beide ver- sucht, den komplizierten Bau der beiden Gebirge und ihren Zusammen- hang durch blosse lokale Faltung, ohne Zuhülfenahme regionaler Überschiebungen, zu erklären. Um Kreide und Eocän am Nordufer des Klöntalersees einerseits mit den gleichalterigen Schichten in der Gipfelregion von Deyenstock und Wiggis, andererseits mit der Kreide an den Glärnischgipfeln in Verbindung zu bringen, mussten höchst komplizierte Faltungen angenommen werden, von denen tatsächlich an den Bergwänden nichts zu sehen ist. Burckhardt erkannte, dass die den Südrand der Wiggisgruppe bildende Deyenkette sich stratigraphisch und tektonisch eng an Glär- nisch und Silbern anschliesst. Er betrachtete sie als ein schmal gedrücktes, nach Norden überliegendes, auf der Eocänzone Pragel- Näfels aufruhendes Kreidegewölbe, dessen normalliegender Südschenkel über das Klöntal hinweg in direktem Zusammenhang stehe mit dem von Baltzer und Alb. Heim dargestellten liegenden Faltensystem des Glärnisch, während sein überkippter Nordschenkel am untern Rande von Blanken um eine knieförmige Biegung jener Eocän-Syn- klinale herum unmittelbar in die nordwärts fallende normale Kreide- !) A. Baltzer, Der Glärnisch, ein Problem al 73, p. 54 und Profil I—-II. alpinen Gebirgsbaues. Zürich 18 e ?) C. Burckhardt, Monographie der Kreideketten zwischen Klöntal, Sihl und ne Kuss z. geol. Karte der Schweiz. Liefg. 35, 1896, p. 173—186, Tafel IV, ro En Jahrg. 64. J. Oberholzer. Der tekt. Zus. v. Glärnisch-, Schild- u. Wiggisgr. 95 serie übergehe, die den Sockel des Wiggis bildet und von uns als Mürtschendecke aufgefasst wird. Aus seinen Profilzeichnungen muss man schliessen, er nehme an, diese tiefere Kreideserie hange im Innern des Wiggis um jene Eocänsynklinale herum mit der Kreide in der Gipfelregion des Wiggis (Säntisdecke nach neuer Auffassung) zusammen, obschon er mit Nachdruck die grossen Faziesunterschiede zwischen den beiden Kreideserien hervorhebt. Immerhin bewog ihn die Erkenntnis, dass die Eocänzone Pragel-Näfels zwei stark ver- schiedene Faziesgebiete trennt, die Frage ernstlich zu erwägen, ob nicht im Sinne der Bertrandschen Überschiebungstheorie jene Eoecän- zone mit dem Eocän am Ostfusse des Glärnisch und demjenigen der südlichen Glarner Alpen zusammenhange, Glärnisch und Deyenkette also einer grossen von Süden her über dieses Eocän hinübergescho- benen Falte angehören. Eine wesentlich neue, den modernen Anschauungen sich nähernde Darstellung der Tektonik der Wiggisgruppe gab Rothpletz 1898 in . seinem „Geotektonischen Problem der Glarneralpen“. Nachdem er festgestellt hatte, dass das hellgraue Kalkband an der Basis der obern Kreideserie der Wiggiskette nicht, wie Burckhardt angenommen hatte, Schrattenkalk, sondern Valangienkalk ist, und daher nicht als gequetschter Mittelschenkel zwischen dieser Kreideserie und der- jenigen im Sockel des Wiggis betrachtet werden kann, kam er zu der Annahme, dass die Kreidemasse der Deyenkette und der Gipfel- region der Wiggiskette von der Jura-Kreide-Eocänserie im untern Teil des Gebirges durch eine Überschiebungsfläche getrennt werde. Als Ursache des anormalen Kontaktes des Eocäns von Deyenalp mit dem überkippten Valangien der Wiggissynklinale nahm er lediglich eine Verwerfungspalte an; er fasste somit Deyenkette und Wiggis- gipfelregion zu einer tektonischen Einheit zusammen und stellte sie als nördliche Fortsetzung der Überschiebungsmasse des Glärnisch dar, die wir jetzt als Axendecke bezeichnen. Lugeon') erkannte im Gegensatz zu Rothpletz die grosse Be- deutung des Eocänbandes Pragel-Näfels für die Regionaltektonik der Glarneralpen. Er erblickte darin die Grenze zweier grossen Über- schiebungsmassen, der „nappe superieure de Glaris“, die sich wieder in drei Teildecken (nappe de Wiggis, nappe de Räderten und nappe de Fluhberg) gliedert, und der „nappe inferieure de Glaris“, welche die tektonischen Einheiten umfasst, die wir jetzt als Glamordecke; Mürtschendecke und Axendecke unterscheiden. Abweichend von Roth- on, Les grandes nappes de recouvrement des Alpes du Chablais et ) M.Lu de la Suisse. Bulletin Soe. geol. Franee. 1901, p- 776-796 und Fig. 9 u 96 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 pletz lässt er, gestützt auf die Darstellung Burckhardts, das Ge- -wölbe der Deyenkette um eine synklinale Biegung herum unmittelbar in die Kreideserie im Sockel des Wiggis übergehen und dachte sich ersteres als ein Glied im Faltensystem des Glärnisch. Bei meinen Versuchen, die in den Glarneralpen erkannten Decken- elemente zu einem System zusammenzustellen, stiess ich im Gebiet des Klöntals stets auf Widersprüche, solange ich in Anlehnung an Burckhardt und Lugeon Deyenkette und Wiggissockel als Bestand teile einer und derselben Decke, der Mürtschendecke, auffasste. Die Rätsel lösten sich aufs beste, als ich 1905 mich endlich entschloss, auch die Wiggisgruppe und namentlich den Deyenstock im Terrain selbst zu studieren. Die Hauptergebnisse der Untersuchung waren: 1. Der Deyenstock stellt nicht ein kleines vollständiges Gewölbe mit normalem und verkehrtem Schenkel dar, sondern eine einfache, von den Zementsteinschiehten (Portlandien) bis zu den eocänen @lo- bigerinenmergeln reichende, nach Norden überliegende Schichtreihe, also, wie schon Rothpletz angab, den nach N überkippten Schenkel eines grossen Gewölbes. i Mataab 7003 L>» B a aa Fr 2. Diezur 5’ ir I Teisr ] Büttenen z wand setzen sich, wenigstens in ihren untern Stufen bis und mit dem Schrattenkalk, unter dem untern Rande von Blanken und im Südfusse desDeyenstocks kontinuierlich und stets bergeinwärts fallend bis zum Schuttkegel von Herberig fort. Es können also nicht, wie die Profile Burckhardts dies erfordern würden, die Kreideschichten . unter Blanken zum nördlichen und diejenigen über dem Klöntalersee zum südlichen normalen Schenkel der Deyenfalte gehören. 3. Die Schichten des Deyenstockgipfels hangen überhaupt nicht a mit der Kreideserie an seinem Südfusse und unter Blanken zusammel, sondern sind durch eine Überschiebungsfläche von ihnen getrennt. Im Westen, bei Herberig und Rinderband, stossen die steil süd fallenden Zementsteinschichten, zwischen Rinderband und Blanken ebenso die Öhrlikalkschichten des Deyenstockgipfels, diskordant auf die flach bergeinwärts und gegen Westen fallenden Seewerschichten 4 des Deyenstockfusses.. Am untern Rande von Blanken findet man noch Zementsteinschichten nahe über diesem Seewerkalk. Stellen weise, z. B. oberhalb Herberig, liegen unter den schief abgeschnittenel Schichtköpfen der südfallenden Zementschichten stark gequetschte Lagen von Seewerkalk, Nummulitenkalk und Flyschschiefern als Reste des verkehrten Mittelschenkels des Deyengewölbes. 4. Die selbst noch am untern Rande von Blanken über dem ı Seewerkalk der tieferen Kreideserie auftretenden Valangienmergel e en . ö5 & > ne 2 er er 2 Sie PEN OBER ERENE VON ee ER SR N Jahrg. 64. J. Oberholzer. Der tekt. Zus. v. Glärnisch-, Schild- u. Wiggisgr. 97 und Valangienkalke und die Aufschlüsse an der Büttenenwand be- weisen, dass die Säntisdecke in Form eines tief nach Süden vor- ragenden Keiles zwischen das Deyengewölbe und die Mürtschendecke eingewickelt ist. Nach diesen Feststellungen konnte als sichere Tatsache ange- nommen werden, dass das Kreidegewölbe der Deyenkette nicht mit der Mürtschendecke im Sockel der Wiggisgruppe zusammenhängt, sondern das Stirngewölbe einer höheren Decke darstellt. Die Hauptmasse dieser Decke war weiter im Süden, also offenbar in der Axendecke des Glärnisch zu suchen. Bei der Konstruktion der geo- logischen Profile durch Glärnisch und Wiggisgruppe lässt sich denn auch in der Tat das Deyengewölbe zwanglos mit der Axendecke des Glärnisch verbinden (vgl. Fig. 2, ei TOMOBRE geol. helvet. Vol.X, Tafel12 u. 13). Derselb ıbtsich, wenn man dasDeyen- gewölbe nach Westen in den Hintergrund des Klöntales verfolgt. Bei der Betrachtung der geologischen Karte wird man nicht zweifeln, dass die Kreide des Silberngebietes, die bei Richisau unter die Säntis- Drusbergdecke taucht, die unmittelbare Fortsetzung des westlich von Vorauen für eine kurze Strecke unter Schuttbildungen ver- schwindenden Deyengewölbes ist. Bei Klönstalden aber sieht man die untere Kreide und die Zementsteinschichten dieser Schichtreihe vom Silberngebiet her durch den Boden des Rossmattertales hin- durch in die Axendecke des Glärnisch übergehen. Mit der Auffassung der Deyenkette als Nordstirn der Axendecke stehen auch die Faziesverhältnisse im Einklang. Die Kreide der Deyenkette weicht zwar nicht auffallend von derjenigen der Mürt- schendecke im Sockel des Wiggis ab, zeigt aber auch keine Merk- male, die einer Verbindung mit der Axendecke widersprechen, ab- gesehen davon, dass die Valangienmergel in der Deyenkette noch fehlen, dagegen am Glärnisch bereits ziemlich kräftig ausgebildet sind. Im ganzen nimmt aber doch die Kreidefazies der Deyenkette eine vermittelnde Stellung zwischen Mürtschendecke und Axendecke ein. Die untere und mittlere Kreide sind durchschnittlich etwas mächtiger entwickelt als in der Mürtschendecke. Im westlichen Teil der Deyenkette erscheint im Dache der Orbitolinaschichten eine 5 bis 7m mächtige Serie von kieseligen Kalkbänken, die den tieferen Decken fehlt, dagegen auch in der Axendecke auf der Westseite des Rossmattertales auftritt und dann besonders in den Silberndecken typisch entwickelt ist. Den Zusammenhang der Deyenkette mit der Axendecke des Glärnisch beweisen aber namentlich die Zementstein- schichten. Sie besitzen am Südabhang von Mättlistock und ie Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 98 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 schon fast die grosse Mächtigkeit, durch welche sie sich an den Nordwänden des Glärnisch auszeichnen und bestehen hier wie dort aus groben, schwarzgrauen Mergelschiefern mit grau anwitternden, fast dichten, dunkelgrauen, mergeligen Kalkbänken, während die der Mürtschendecke eigentümlichen, heller anwitternden, spätigen oder oolithischen Kalkbänke fehlen. Die tiefste unter. den oberen Zweigdecken der Axendecke, die Bächistockdecke, der die höchsten Gipfel des Glärnisch ange- hören, hat sich einst gewiss auch nordwärts über das Klöntal hin- über erstreckt und wahrscheinlich auch noch das Deyengewölbe überdeckt. Ich habe früher schon (Eelogae geolog. Helvet. Vol. X, Tafel 13) angedeutet, dass die auf Deyenalp in den Flyschmergeln steckende, aus Seewerkalk und Nummulitenkalk bestehende kleine Linse wahrscheinlich das steil herabgebogene Nordende der Bächi- stockdecke darstellt. Vielleicht darf man dazu auch die ausgedehnten Kreidemassen rechnen, die östlich davon im oberen und mittleren Teile von Blanken mit steilem Südfallen im Flysch stecken und im Osten mit dem oberen der beiden auffälligen am Rande der Blanken- nische stehenden Felstürme endigen. Dass die unter Säntisdecke und Axendecke liegende Mürt- * schendecke der Wiggisgruppe und die in Abschnitt III ebenfalls als Mürtschendecke nachgewiesene Unterlage der Axendecke in der Glärnischgruppe durch das Klöntal hindurch zusammenhangen, ist auf den ersten Blick nicht sehr einleuchtend, da die Decke am Glär- nisch mit mächtigem Verrucano beginnt und im Norden schon mit Öhrlikalk abschliesst, im Wiggis aber mit Dogger, am Südfuss des Deyenstock sogar erst mit Öhrlikalk anfängt und bis ins Eocän hin- aufreicht. Dieser heterogene Aufbau kann uns aber in unserer Auf- fassung nicht irre machen, entspricht er doch dem für alle helveti- schen Decken der östlichen Schweizeralpen gültigen Gesetz, dass gegen die Stirnregion hin an der Basis der Decke die ältern Schichten allmählich auskeilen, gleichzeitigaber in ihrem Dache immer Jüngere Schichten sich einstellen. “ Am Nordostufer des Klöntalersees tauchen unter dem Öhrlikalk der Mürtschendecke, der unten durch eine prachtvolle, durch den Neubau der Klöntalstrasse aufgeschlossene Rutschfläche begrenzt ist, glaukonitreicher Nummulitenkalk und etwas Globigerinenmergel als oberste Glieder einer tieferen Decke fensterartig auf. Da die Schichten- folge normal ist, kann es sich kaum um die am Westfuss des Frön- alpstock und am Grundkopf bei Riedern konstatierte verkehrte Scholle zwischen Glarner- und Mürtschendecke handeln. Am ehesten darf . Jahrg. 64. J. Oberholzer. Der tekt. Zus. v. Glärnisch-, Schild- u. Wiggisgr. 99 man darin die nördliche Fortsetzung der Glarnerdecke erblicken, die an der Nordecke des Vorderglärnisch unter die Bergsturzmassen des Klöntals untertaucht.. Das bereits für Schild und Glärnisch hervorgehobene Einsinken der Decken gegen Westen hält auch durch den ganzen Glärnisch und durch die Wiggisgruppe hindurch an. Es steigert sich in beiden Gebirgen gegen den westlichen Teil des Klöntals und bedingt eine Reihe orographischer und geologischer Erscheinungen. Es erklärt sich daraus die Abtragung der obersten Zweigdecken der Axendecke über dem Glärnisch, das Nebeneinanderliegen von Säntis-, Räderten- und Drusbergdecke in Form von drei Nord-Süd verlaufenden Ketten, das Fehlen der Axendecke und die geringe Ausdehnung der Säntis- decke in der Schildgruppe. So trägt dieses westliche Einsinken der tektonischen Einheiten nicht wenig dazu bei, dass die heute noch erhaltenen Teile unserer drei Berggruppen einen recht verschieden- artigen geologischen Aufbau zeigen, obschon sie aus denselben Decken modelliert worden sind. Über ein neues Rhätvorkommen im Keuper des Donau -Rheinzuges. Von t F. ScHALcH, mit Beiträgen von B. PEyEr. (Zürich). (Als Manuskript eingegangen Ende Juni 1918.) Durch eine Anzahl in letzter Zeit veröffentlichter Arbeiten über Rhätvorkommen und die Stratigraphie des oberen Keupers erschien dieser Gegenstand zu einem endgültigen Abschluss gelangt zu sein, soweit es Ing en um uns AOOR ER BDEN se und den südlichen hiat handelt Es galt bisher als Estätehiende Tatsache, dass die Ablagerungen des Rhät die Linie Adelhausen-Hägendorf bei Solothurn nach Osten nicht überschreiten, während man anderseits die ersten Andeutungen ihres Wiederauftretens erst aus der Gegend von Täbingen und Balingen kannte. In dem ganzen Zwischengebiet war Rhät bisher nirgends nach- gewiesen und schien hier überall, wo es hätte erwartet werden ie zu fehlen. Diese Annahme seines Nichtvorhandenseins erschien um so berech- tigter, als sie sich speziell auf ano Anzahl von die Grenzschichten zwischen Keuper und Li Profilen stützte, welche teilsschon früher bekannt waren, teils gelegentlich der Kartierung der in Betracht kommenden Blätter") der geologischen Spezialkarte von Baden neu aufgefunden und genauer untersucht wurden. Es handelte sich in der Hauptsache um folgende Punkte undan denselben beobachtete Erscheinungen: 1. Ein i. J. 1873 in der Nähe von Unterhallau erschlossenes Profil am sog. „Neuen Weg“ (vergl. Karte Fig. 1), durch welches sich die ‚unmittelbare Überlagerung des roten, zu oberst graugrün und gelb BORENIER ENGEREN durch eine dunkelgraue Kalkbank mit dem 3 Berge dei Bonndorf, Blumberg, Stühlingen, Wiechs-Schafl- hausen und Griess Jahrg. 64. F. Schalch. Ueber ein neues Rhätvorkommen. 101 Fossilinhalt der Psilonotenschichten auf das bestimmteste nachweisen liess. ') 3. Beim Bau der strategischen Bahn Weizen-Immendingen?) ent- standene Aufschlüsse in den Keuper-Lias-Grenzschichten, vor allem denjenigen im Tunnel am Achdorfer Weg, durch welchen ein kontinuier- liches Profil durch sämtliche Schichten vom Gipskeuper bis an die obere Grenze der Posidonienschiefer gewonnen wurde. „Zwischen Schilfsandstein und Stubensandstein herrschten bunte, vorwiegend rote Mergel, die sich auch im Hangenden des Stuben- sandsteins in ähnlicher Weise wiederholten und ohne irgend welches heterogene Zwischenmittel direkt von den Gesteinen des untersten Lias überlagert wurden.“ An einen durch gestörte Lag abnor- men Verband von Keuper und Lias war bei der sonst vollkommen regelmässigen Schichtenfolge nicht zu denken. Ganz entsprechend wiederholten sich die Verhältnisse an der von der Bahnlinie überfahrenen Keuper-Liasgrenze in dem Einschnitt am „Bohl“ südlich vom Fützener Bahnhof. Sie finden sich loc. eit. näher erörtert. . Von einem abweichend erscheinenden Zwischenmittel zwischen buntem Keupermergel (Zanclodonmergel) von gewöhnlicher Beschaffen- heit und unterstem Lias war auch hier nichts zu bemerken. 3. Einen beiden Gral ten fürdieWasserversorgung entst Aufschlussim Dorf Beggingen,?)in welchem über den obersten, schmutzig blaugrauen und grünlichgrauen Keuper-(Zanelodon-)mergeln, von einer, ihrem vertikalen Betrag nach kaum in Betracht kommenden Unterbrechung abgesehen, sofort die typischen Gesteine des untersten Lias einsetzten. ‚Die bemerkenswerte Tatsache, dass nach den Auf- schlüssen bei Pfohren und Fützen die rhätischen Schichten des oberen Keupers in der Wutach- und Randengegend, wie auch noch im oberen Donautal vollständig fehlen, würde sich, dem Gesagten zufolge, auch für Beggingen von neuem bestätigen, da kaum anzunehmen ist, dass dieser sonst überall durch besondere Gesteinsbeschaffenheit und Fossil- führung sich auszeichnende Grenzhorizont gerade nur infolge der minimalen Unterbrechung des Profils nicht wahrgenommen werden konnte. Es ist vielmehr sicherlich das Gegenteil der Fall.“ ee 5 pn ’ 1) F,Schalch, Beiträge zur Kenntnis der Trias am südöstlichen Schwarzwald. Inaug.-Diss. Schaffhausen 1873, S. 95 2) Die geologischen Verhältnisse der Bahnstrecke Weizen-Imniendingen. Mitteil. der Grossh. Bad. Geol. Landesanstalt. II. Bd., S. 146—150. 3) F. Sch., Mitteil. der Grossh. Bad. Geol. Landesanstalt. III. Bd. S. 255 — 258. 102 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 4. Eine im Herbst1899 speziell zur Klärung der Grenzverhältnisse zwischen Keuper und Lias vorgenommene Ausschachtung im Dorf Ewattingen, über welche Bd. IV, S. 51—60 der Mitteil. der Grossh. Bad. Geol. Landesanstalt ausführlich berichtet wurde. 5. Zwei ebendaselbst Bd. V, $S. 140-142 zur Sprache gebrachte Profile vom Südwesthang des Buchberges bei Fützen und von einer zeitweise betriebenen Grube neben Sig. 757,6, an der Strasse Hausen vor Wald-Döggingen. Da wie dort folgte über den graulichvioletten, zu oberst gelb oder schmutzig-graugelb gefärbten Zanelodonmergeln, von diesen nur durch ein ganz schwaches Schiefertonzwischenmittel mit liasischen Fossilien getrennt, sofort die typische Psilonotenbank. 6. Das schon von Vogelgesang') besprochene Profil der gelegent- lich des Bahnbaus Singen-Offenburg angelegten Materialgrube bei Pfohren, das, während Jahrzehnten dem Verfall preisgegeben, anlässlich der Kartierung von Blatt Geisingen von neuem offengelegt wurde und zu den in den Erläuterungen zu diesem Blatt S. 17—21 enthaltenen Ausführungen Anlass gab. 7. Aufschlüsse, welche i. J. 1911 gelegentlich der Anlage der Wasserversorgung für die Gemeinde Hausen vor Wald in der Nähe von Döggingen, Blatt Bonndorf, auf Gewann „Baierloh‘‘ hergestellt worden waren. Sie förderten folgende, die Keuper-Lias-Grenzregion umfassenden Schichten zutage: m Arietenkalk 1,00 Dunkle, tonige Mergelschiefer 0,30 Eisenoolithische Angulatusbank 3,80 Dunkle Mergelschiefer (Schwaichel) mit reichlicher Führung sehr feiner weisser Glimmerschüppchen; vereinzelte Fisch- schuppen (Leptolepis) | Psilonotenbank. Fossilreiche, kristallinisch-dicht erscheinende Kalkbank, hart, rauchgrau, reichlich Trochiten und Echiniden- stacheln führend, auf der angewitterten Bruchfläche als Crinoi- denbreccie erscheinend, ohne Glaukonit. Pyrit recht spärlich und in ganz feiner Verteilung beigemengt. 3,30—4,0 Stark zersetzter und in Folge davon hell ockergelb gefärbter Keupermergel, durchflochten von einem dichten Netz von Kalk- spatäderchen oder durch eine Menge feiner Sprünge zerklüftet, 0,2 or 1 ” ) Jahrb. f. Mineral. und Geolog. 1868, $. 321 —32 i i | e = 5 und Geologische Beschreibung der Umgebungen von Triberg und Donaueschi ei x ingen. Beitr. z. isti i wall. v. Baden. 30. Heft, Karlsruhe 1872, $. 97 ana 88. os ! en m, WE ERREGER DO A RE En ER BEREITEN Er EEE BON AEE Le rem ei U TEE Aa En Ten a Ur a" hen REDEN, d ScbdDHE EEE am air mar ame "ander ana aA EREERG, Tun mm Kam Damm EIER Wer Eee Be ne nn een. Du main. Bin Amy Mr a on TE wre © mem gummE Mm m men a en. EEE? dicken. TEE UUERREBEETEN. ° EBEN: UFEEE TREE m Urn enamrn gene. WEINE WU vn m Am en - un; msn Si Wan m m u re ! TE FI 131-3 [ man me mm mm mn m a \ raue ua au ua Twin ? ZN 75 = are m Sram e 39% EN, =, SN DE \ BEN D > = G ran ; == Ye: FETT — & FI NA-T ae ner au E HZIH 7 7 DB 7 ZA UF PIE Dar} GUEZ m NM I ss | | N N Or: 3 * N . PL. NS hrppasntg] x aa RER Eu un m mu . mr er u Br a an m mac: — urn — m = ET en m y Er a name U ee — —— er ET 0 AB ann TER WERE N LIN \ [1] N ans (| ET u a 5 Arieten-, Angulaten- | u. Psilonetenschich- z ten Hauptstein- mergel == Schilfsandstein 1 /? . £ ’ Ailchingen- Ke uper) von F. Schalch. xxx Quarzitische 1,3 BuNEuE oOOOO0900 k SEHPLHENTEIN 2222323228 Ins sntliıln 82588 © Zoe Niederterrassen- Lössle Hochterassen- Jüngerer „ ‚wemmter schotter schotter Deckenschotter 47 ig. 1. Geologische Kartenskizze der Umgebung von Unterhallau eo: ach den für die Schweiz. Geol. Kommission geführten Aufnahmen Masstab 1 : 25000. 104 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 welche von dünnen, manganoxydischen Anflügen überzogen sind. Neben der intensiv gelb gefärbten Abänderung erscheinen solche von hell weissgrauer bis gelblichweisser Farbe und klein- bröckliger Beschaffenheit. 1,50 Gleichmässig rot gefärbter Zanclodonmergel. Die Verhältnisse zeigen keinerlei Abweichungen, dem unter >. erwähnten, ca. 3 km ostnordöstlich entfernten Aufschluss bei Hausen vor Wald gegenüber, sie ergaben aber eine wesentliche Vervollständi- gung der Schichtenfolge für den unteren Lias. 8. Die nochmalige Vornahme einer Ausschachtung im Dorf Ewattingen, veranlasst durch die im Herbst 1913 von der Deutschen geologischen Gesellschaft ausgeführte Exkursion an die Wutach. Sie bestätigte vollständig die früheren Ergebnisse. Nach diesen bisher zu Gebote stehenden, im Vorhergehenden kurz rekapitulierten Erfahrungen konnte es als feststehende Tatsache gelten, dass im ganzen Donau-Rheinzug das Keupergebirge nach oben mit den Zanelodonmergeln abschliesst und diese letzteren mit Ausfall des Rhät überall direkt von den untersten Schichten des Lias über- lagert werden. | Mit dieser Annahme stand einzig und allein nicht im Einklang eine Notiz von Prof. Merklein!), dass früher einmal das Keuper- bonebed bei Neuanlage einer Strasse unterhalb des Armenhauses von Unterhallau gefunden worden sei und zwar durch den als Pfarrer zu Salmansweiler in Württemberg verstorbenen Herrn Heusler, “ früher Reallehrer in Neunkirch. „Es ist aber längst wieder bedeckt‘. Da aus letzterem Grunde die Bestätigung eines solchen Vorkommens | eg Ort und Stelle nicht mehr möglich wär, erschien es um so au- n gezeigter, die 8. 100 sub 1. erwähnte Grabung an einem nur ca. Ikm vom Armenhaus entfernten Punkt, welcher für baldige Erreichung eines entscheidenden Resultates günstige Bedingungen bot, vornehmen 4 zu lassen. a Sie führte, wie oben bemerkt, zu negativem Ergebnis. en Wäre nach der Merkleinschen Aussage der betreffende F und nicht ausdrücklich unterhalb des Armenhauses gemacht worden, so hätte man an eine allfällige Verwechslung mit dem Bonebed der ') Merklein Beitrag zur Kenntnis d Ba r er Erdoberfläche um Schaffhausen. $ ae zum Gymnasialprogramm des Schaffhauser Gymnasiums. "Schaffhausen 1869 Jahrg. 64. F. Schalch. Ueber ein neues Rhätvorkommen. 105 Lettenkohle am jenseitigen (westlichen) Abhang des Berges denken können. Am südöstlichen Berghang tritt unterhalb des Armenhauses aber nur noch mittlerer Keuper und kein älteres Gebirge mehr zutage; es konnte also tatsächlich nur das eigentliche Keuperbonebed gemeint sein (vgl.. die Karte Fig. 1). Eine Aufklärung dieser Unstimmigkeit wurde erst in letzter Zeit durch Ausführung einer neuen Grabung ermöglicht. Schon zur Zeit der Kartierung von Blatt Stühlingen existierte etwas südwestlich des genannten Armenhauses, auf@Gewann „Breitelen‘, (Fig. 1) an der Böschung eines Feldweges, ein ziemlich guter Auf- schluss in den unteren Schichten des Lias von den Obtusustonen abwärts bis ca. 2 m ins Liegende der Angulatusbank, der jedoch eine weitere Fortsetzung bis zum Beginn des Keupers vermissen liess. Eine 1915 vorgenommene Verbreiterung desselben Weges gab zu einer neuen sauberen Abgrabung der ca. 7 m hohen Böschung Anlass, durch welche die genannten liasischen Schichten in aus- gezeichneter Weise frisch offengelegt wurden. Es war damit eine ungewöhnlich günstige Gelegenheit geboten, durch Abteufen eines voraussichtlich nur wenige Meter tiefen Schachtes von der Unterkante der Böschung aus auch die noch nicht aufge- schlossenen untersten Schichten des Lias und ihren Anschluss an den Keuper sichtbar zu machen und die hier obwaltenden Verhält- nisse in exakter Weise festzustellen. Die Grabarbeiten liessen sich innerhalb weniger Tage bewerk- stelligen und führten zu dem nach den bisherigen Erfahrungen immerhin recht unerwarteten Ergebnis, dass für die betreffende Lokalität das Vorhandensein einer dem Rhät beizuzählenden Bildung zwischen den Zanclodonmergeln und dem untersten Lias nicht mehr zu bezweifeln sei. Wir geben zunächst das Profil des ganzen Aufschlusses, wie es an Ort und Stelle aufgenommen wurde und von anderer Seite!) wiederholt Bestätigung fand; es stellte sich in der Hauptsache folgendermassen dar: m ” 2,00 + ?Obtusustone, zu unterst erfüllt von fein zerriebenen | Schalensplittern. m 2,50 Arietenkalk ! 0,23 Angulatusbank ') Den Herren Prof. Dr. Deecke, Heim und Schardt. 106 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 m k 5,35 Schwaichel mit unregelmässig eingeschalteten, sich rasch wieder verlierenden wulstigen Kalksandsteinplättchen i 0,20 Obere Psilonotenbank h 0,70 Schwarze, geradschiefrige, posidonienschieferähnliche Mer- gelschiefer g 0,14—0,16 Untere Psilonotenbank f 0,04—0,05 Schwarze rauhe Mergel, reichlich Liasfossilien führend e 1,00 Lockeres Mergelbonebed mit denselben Fossilien wie d d 0,25 Kompakte Zanclodonmergelbreecie mit Bonebed ce 0,80 Zanclodonmergel wie a b 0,20 Lage von chaillesförmigen Steinmergelknollen a 2,00 +? Gewöhnlicher, grün- und rotscheckiger Zanclodonmergel. 1. Die Zanclodonmergel. Das zu unterst erreichte, noch bis zu 3 m Tiefe durchsunkene Gebirge a bis e erwies sich als ein durchaus typischer Zanclodon- mergel, teils liehtgrünlichgrau, teils rötlichviolett, die Farben verwaschen in einander übergehend, schon mit kalter Salzsäure stark brausend, ausser einzelnen kleinen Gagatkohlenstückchen und einem wenige Zentimeter langen schwarzen Knochenfragment voll- ständig fossilfrei. b Besonders hervorgehoben wurde eine in der Oberregion der Zanclodonmergel eingeschaltete Lage von chaillesförmigen, harten, dolomitischen Steinmergelknollen, welche ganz in derselben Aus- gl bildung bereits aus dem Profil der Pfohrener Materialgrube bekannt waren und von Strübin') auch bei Niederschöntal in nahezu dem gleichen Niveau notiert, werden. Von äusserlich unregelmässig knolliger Gestalt, zumeist faust- bis kopfgross, selten bis über 25 em 4 Durchmesser erreichend, erscheinen sie im Innern vorwiegend kr stallinisch-dicht, teils hellgrau bis ganz licht-violettrötlich, teils m tensiver violett gefärbt, die verschiedenfarbigen Partien in der Regl sich scharf gegen einander absetzend, mit ab und zu eingesprengten feinen Eisenkiespünktchen, die sich in der Regel mit einem rötlichen N eisenoxydischen Zersetzungshof umgeben zeigen. Makroskopisch, wie in den Schliffen war nichts Organisches in ihnen zu entdecken (Fig. 2), Neben den kompakten Knollen finden sich andere mit grösseren ') Verhandl. der Naturf. Ges, geologieae Helvetiae, Vol. VII, 1901, S. 119193 in Basel, Bd. XII, S. 586-602 und Eeloga® : Jahrg. 64. F. Schalch. Ueber ein neues Rhätvorkommen. 107 und kleineren kalzitischen Drusen im Innern, deren Wandungen teil- weise mit dünnen weissen Barytüberzügen überkrustet erscheinen, genau in derselben Weise, wie es für das entsprechende Vorkommen in der Pfohrener Materialgrube angeführt wurde!) Von derartigen Drusen strahlen nach den verschiedensten Rich- tungen adrige Apophysen aus, welche, von feinkörnigem Kalzit er- ‘füllt, sich nach unregelmässiger Verästelung vor Erreichung der Knollenoberfläche wieder auskeilen. Durch ihre dunkle, an Anthrakonit erinnernde Farbe heben sie sich von dem durchsetzten hell weissgrauen Gesteinsgrund scharf ab. Fig. 2. Ein anderer, ungewöhnliche Grösse erreichender Knollen liess im Innern eine der Oberfläche konform verlaufende, 5—6 cm breite Zone mit an Septarienrisse erinnernden, drusigen, ganz von wasser- hellen Kalzitkristallen überkrusteten Hohlräumen erkennen. Die Oberfläche der Knollen erscheint gewöhnlich unregelmässig- höckerig, bezw. mit verschieden gestalteten Erhöhungen und Ver- tiefungen versehen. 2. Das Rhät. "Als wichtigstes Glied der ganzen Schichtenreihe erwies sich das mit d und e bezeichnete, die Zanclodonmergel vom untersten Lias ‚trennende Zwischenmittel, das oberste Schlussglied des Keupers, der- en ') Erläuterungen zu Blatt Geisingen, S. 18. ne ee fr De a Er A ER N EN u ie +7 war EP ale PAR REN Bea de Ta ale ch de En NEN Te Re. A 3 BE Re ESTER NE NN HerSp Kan ? BER 2a 1919 108 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. jenige Teil des Profils, den wir aus sogleich näher anzugebenden iründen als den Vertreter des Rhät anzusehen haben. Es wurden von demselben zwei differente Partien unterschieden, die, in der Hauptsache mit einander übereinstimmend, eigentlich nur durch das bei d ziemlich kompakte, bei e vorwiegend lockere Ge- füge von einander abweichen. Im einen wie im andern Fall handelt es sich um ein sehr auf- fälliges, vollkommen sandfreies Gebilde von durchaus mergeliger Beschaffenheit, also einer Ausbildung, wie man sie sonst für das Rhät in keiner Weise erwarten sollte. a er, n RR Fig. 3. Eine nähere petrographische Untersuchung (vergl. Fig. 3) gibt, dass wir es bei dem Rhätvorkommen von Unterhallau mit einem reinen Aufarbeitungsprodukt des darunterliegenden Lan elodonmergels zu tun haben, in der Hauptsache bestehend einem zusammengeschwemmten Haufwerk nur unvollkommen ecki- ‚ger, ‚vielmehr vorwiegend mehr oder weniger mechanisch bear- DeIWeven, bisweilen selbst glattgescheuerter, grösserer und klein zumeist nur 1—2 mm messender, ausnahmsweise bis 16 mm gt‘ s Een Kalk- ‚und Mergelbröckchen, die teils durch ein u * reichlich vorhandenes, fein-kristallinisches Kalzitbindemi ae een: verbunden sind, teils eines eigentlichen Zusan EIER e gänzlich ‚entbehren und dann aus einem | Akkumulat von Mergelbröckchen bestehen. | a RE Jahrg. 64. F. Schalch. Ueber ein neues Rhätvorkommen. 109 Nur vereinzelt finden sich Bröckchen und Fetzen von intensiver grün gefärbtem, anscheinend tieferen Schichten des (mittleren) Keu- pers entnommenem Mergel beigemengt. Ganz untergeordnet kann weisser, erdiger Baryt die Stelle des sonst kalzitischen Bindemittels vertreten. Auch nach Behandlung des kompakten Gesteins d mit kalter Salzsäure lässt sich im Rück- stand von Quarz so gut wie keine Spur nachweisen; ersterer be- steht vielmehr aus verschiedenfarbigen, hauptsächlich graugrünen bis grünen, z. T. auch weiss oder ziegelrot gefärbten Bröckehen von fein schwammig-porösem Aussehen, die beim Erwärmen mit Salzsäure unverändert bleiben und so gut wie unschmelzbar erscheinen. Sowohl der kompakte, wie der lockere Teil der Zwischenbildung zeichnet sich durch verschieden reichliche Führung von Kohlen- bröckchen, Knochenteilchen, Fisch- und Saurierwirbeln, Zähnen und Koprolithen aus, teilweise stark mechanisch bearbeitet, andern- teils über Erwarten gut erhalten. Sie verleihen der ganzen Bildung einen ausgesprochenen Bonebedcharakter. Am besten lässt sich der Fossilinhalt aus der lockeren paitie,, e des Profils gewinnen, die mit Zuhilfenahme von Sieben durchge- waschen wurde. Aus dem vom Schlamm gesäuberten Rückstand konnte der Fossilbestand einfach ausgesucht werden. Eine ca. sechstägige Schlemmtätigkeit genügte zum Verarbeiten des ganzen zutage geförderten Materials. Die Untersuchung und Bestimmung der zusammengekommenen Funde hat Herr Dr. B. Peyer in freundlicher Weise übernommen. Nach demselben setzt sich die Fauna aus folgenden Arten zu- sammen: Ceratodus parvus Ag. (h).') Sargodon tomicus Plien. (h) m nur. Pflasterzähne). Hybodus spec. (s). Hybodonchus E. Fraas? (s s). Ganoidschuppen (s 9 (mur in nicht näher bestimmbaren Frag- menten Dressiybaurws- spec. (1 BrOBERAFDRN, 1 ARENA und kleinere ragmente). Termatosaurus Albertii Plien.: (h) Komp Zähne). Megalosaurus spec. (Zähne). )(h)= Kb. (s) = selten, (s s) = sehr selten. 110 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Ferner zahlreiche kleine Wirbelkörper, besonders von Notho- sauriden, skulptierte Schädelknochenfragmente von Fischen (viel- leicht auch Labyrinthodonten), sowie weitere, bisher nicht näher bestimmbare Fragmente von Reptilienknochen. Aus diesen Wirbeltierresten ergibt sich bezüglich Alter und Charakter der in Frage kommenden Schichten Folgendes: Von stratigraphischer Bedeutung ist nur das Vorkommen von Ceratodus parvus Ag. und Sargodon tomieus Plien. Diesen beiden Formen aber dürfte tatsächlich die Bedeutung von bezeichnenden rhätischen Leitfossilien zukommen. Wenn schon die spezifische Bestimmung von Ceratodus-Zähnen im allgemeinen recht unsicher ist, so erscheint doch Ceratodus par- vus als eine charakteristische Form, die man bisher nur aus dem Rhät kennt. (Vgl. Miall, Monograph of the Sirenoids and Ürossop- terygian Ganoids, Palaeontogr. Soc., London 1878, 8.29; — End- lich, F. M.: Das Bonebed Württembergs. Dissertation. Tübingen 1870, 8. 11; — Quenstedt, F. A.: Handbuch der Petrefaktenkunde, II. Aufl., Tübingen 1882—85, 8.298) '). Für Sargodon ermöglicht die eigenartige Struktur eine Bestim- mung auch der Pflasterzähne von an sich indifferenter Form. Auch Sargodon ist bisher nur aus dem Rhät bekannt. (el. ausser Plieninger, „Über Sargodon tomicus“, Jahreshefte des Ver. für vaterländ. Naturkunde in Württemberg, Jahrg. III, Stuttgart 1847, S. 165; — Quenstedt, loe. eit. Seite 298 und Endlich, loc. it. auch Woodward, A. Smith: Catalogue of the fossil fishes in the British Museum, Part. III, S. 67—68, London 1895; — Leuchs, K.: Die geologische Zusammensetzung und Geschichte des Kaisergebirge$, Innsbruck 1907, Seite 90 (dieselbe Arbeit auch in d. Zeitschr. des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg, Folge 3, Heft 51); — Erni, Das Rhät im schweizerischen Jura, Eclogae geol. Helvet., Vol.Xı Lausanne 1910, 8.35 u. 41; — Henry, J.: L’Infralias dans la Franche- ; Comte.. Mem. de la Soeiete d’Emulation du Doubs, Besangon 1875, S. 412; — Gümbel, Geognostische Beschreibung des bayrischen Alpengebirges, 8.398, Gotha 1861; — Priem, Etude des Poissom® fossiles du Bassin parisien, Seite 12, Paris 1908). . ; Dazu kommt in zweiter Linie, dass weitere Wirbeltierreste, die in den Arbeiten von Endlich und Henry mit Artnamen belegt „2 Fogsiende Bochreilung der Haller Funde von Cerafous par Sa er rezen RR i ; Pa schr. Deutsche Geol, Ges., Bd. 68. dh tiassische Gebisse von Ceratodontidae. BET Jahrg. 64. F. Schalch. Ueber ein neues Rhätvorkommen. 111 wurden, an der Hallauer Fundstelle in ganz übereinstimmender Weise vorkommen, aber hier nicht besonders aufgeführt wurden, da die betreffenden Bestimmungen wertlos sein dürften. Hingegen konnten die im Rhät von Württemberg, der Um- gebung von Basel, dem Schweizer Jura und der Franche-Comt& häufigen Genera Acrodus und Saurichthys nicht nachgewiesen werden, was möglicherweise nur mit der relativ geringen Grösse des Auf- schlusses zusammenhängt, vielleicht aber auch in dem von E. Fraas (Die Labyrinthodonten des schwäbischen Trias, Palaeontographica Bd. 36, 8. 20 u. f., Stuttgart 1889) in vorzüglicher Weise erläuterten Charakter der Bonebedablagerungen überhaupt begründet ist. Hinsichtlich des Fehlens von Avieula contorta Portlock sei dar- auf hingewiesen, dass dieses Leitfossil für das schweizerische Rhät erst lange nachdem die Wirbeltierreste schon wohlbekannt waren, nachgewiesen werden konnte (vgl. Erni, loc. eit., 8.7). Offenbar waren entweder die dieser Muschel zusagenden Lebensbedingungen bei dem Hallauer Rhätvorkommen nicht vorhanden, oder aber, auch wenn Avicula contorta in der Fauna des schweizerischen Rhät häu- figer war, die Bedingungen für ihre fossile Erhaltung gerade in den Bonebedablagerungen äusserst ungünstig. Dem Funde von Gressiyosaurus dürfte keine stratigraphische Bedeutung zukommen. Über den geologiscben Charakter der Ablagerung lassen die gefundenen Reste keine sicheren Schlüsse zu. Am wahrscheinlichsten erscheint es nach den Betrachtungen von Fraas!) 1889/90, S. 22 u. f., dass es sich um eine brackische oder um eine sehr küstennahe marine Bildung handelt. 3. Der untere Lias. Derselbe bildet den Gegenstand einer besonderen, in Vorbereitung befindlichen Publikation in Mitt. der Grossh. Bad. Geolog. Landes- anstalt VIII: Bd. 4. Der obere Keuper bei Hallau im Vergleich zu seiner Ausbildung in der Westschweiz und in Schwaben. Nicht nur für den Donau-Rheinzug, sondern für den grössten Teil des dem Süd- und Südostrande des Schwarzwaldes folgenden Keuperausstriches erscheint das Auftreten des Rhät bei Unterhallau als ein durchaus unerwartetes und unmotiviertes. ') Fraas, E.: Palaeontographica, Bd. 36, Seite 20 u. f. 112 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Wie bereits oben $. 100 angedeutet, finden sich nämlich, soweit bis jetzt bekannt, die nächstgelegenen Rhätvorkommnisse erst wieder einerseits im nichtgefalteten Deckgebirge des südlichen Schwarzwaldes bei Basel und im Faltenjura westlich einer ungefähr von Reigolds- wyl nach Hägendorf bei Solothurn gezogenen Linie, anderseits in der Umgebung von Täbingen und Balingen in Württemberg. Bei Basel umfassen sie ein Gebiet, das etwa durch die Grenzpunkte St. Chrischona-Mönchenstein-Liestal- Adelhausen !) bezeichnet wird. Genaue, durch künstliche Aufschlüsse am Ufer der Ergolz bei Niederschöntal ermöglichte Untersuchungen liegen von Strübin vor.‘) Sie lassen sich in erster Linie zu einem Vergleich mit der Hallauer Ausschachtung heranziehen. Bezüglich der Zanclodonmergel herrscht da wie dort noch grosse Übereinstimmung. | Grünlichgraue und schmutzig-violette Mergel herrschen auch an der Ergolz vor; in ea. 2,10 m Abstand unter ihrer oberen Grenze zeichnet Strübin eine 0,40 m starke Konglomeratbank mit Knochen- _ fragmenten und fossilem Holz besonders aus, dessen einzelne, wenig gerundete Gerölle Erbsen- bis Nussgrösse besitzen. Leider findet sich über die Natur dieser Gerölle nichts näheres angegeben. Bei Hallau wurde in dem dort durchsunkenen Anteil der Zanelo- donmergel kein derartiges heterogenes Zwischenmittel bemerkt. Auf die anscheinende petrographische Übereinstimmung der Knollenlage an der oberen Grenze von 3 des Strübinschen Gesamt- proflls mit b der Schichtenfolge bei Hallau ist bereits oben hinge- wiesen worden. Beide lassen sich aber nicht ohne weiteres identifi- zieren, da darüber bei Hallau nochmals 0,80 m Zanclodonmergel folgen, bei Basel aber sofort das Rhät beginnt. Letzteres erscheint hier, wie gewöhnlich, in Form eines mehr fachen Wechsels von Sandstein und Schieferton, wovon letzterer seiner Mächtigkeit nach. allerdings vorherrscht. ; ; i täti ) en vielfach bezweifelte Rhätvorkommen von Adelhausen findet eine Be- stätigung urch das pflanzliche Fossilienmaterial, welches i. J. 1869 Herr prof. Sandberger in Würzburg liegen halte un org] ran erh einem feinkörnigen, hellgelben Sandstein, der durchaus das Aue echtem Rhätsandstein hatte. Auch der durch Buxtorf zuerst geleistel® Nachweis des Rhät bei St. Chrischona stimmt mit der Angabe Sandbergers e. züglich Adelhausen. 2) Verhandlungen der Naturf. G | ‚ Gesellsch Eclogae geologicae Helvetiae, Vol. VII 1901. 8. 119 — aft in Basel, Bd. XIII, $. 586-602 und 193. . 2 a An die Sandsteine ist auch das Vorkommen des Bonebeds ge Rha | r zum Vergleich mit der Ba reuther Rhätflora durch Prof, Schenk näher untersuchen Bee: Die betreffenden Ber “ n iR iR m . N ı 2 FAIR PR ER Bra he SE Pin; Vans ii . Jahrg. 64. F. Schalch. ‚Ueber .ein neues Rhätvorkommen.. 113 bunden, und zwar liegt dieses letztere ganz an der er des Rhät, unmittelbar über der chailles-Knollenlage. Erst höher finden sich in den Konilstsinschwäfen der Schlafen: tone die leitenden marinen: Conchylien des Rhät. Zu oberst schliesst letzteres mit einer 5 cm starken Lage von aschgrauem Schieferton ab. . ‚Ziemlich dieselbe Entwicklung wie bei Basel zeigen die aus dem Kettenjura bekannten Rhätvorkommnisse, welche besonders in der zusammenfassenden Abhandlung von Erni') und den Arbeiten 'von Buxtorf näher besprochen sind. Wir verweisen auf die diesbezüg- liche Literatur, die sich in der Ernischen Publikation nahezu voll- ständig?) angeführt findet, und heben als vergleichshalber besonders in Betracht kommend nur folgendes heraus: Auch im Aargauer, Basler, Solothurner und Berner Kettenjura besteht das Rhät überall aus weissen oder grauen, manchmal gelb verwitternden Sandsteinen,im Wechsel mit dunkeln, blättrigen Mergeln; nur in einem Fall wurden rote Mergel zwischen den Sandsteinen beobachtet. Seine Mächtigkeit beträgt 6—7 m. Tritt ein Bonebed auf, so erscheint es fast regelmässig an der Basis des Rhät, ab und zu (Käspisbergli, Weissensteintunnel) durch ein dünnes Mergelzwischenmittel in zwei Lagen gesondert. Nur ausnahmsweise (Tunnel du Doubs) setzt es erst in beträcht- lichem Abstand über der Rhätbasis ein. Conchylien finden sich hauptsächlich in den Sandsteinen über dem Bonebed, sie können aber auch in diesem vorkommen, zusammen mit den vorherrschenden Wirbeltierresten. In nicht minder ausgesprochenen Gegensatz wie zu dem Rhät der Umgebung von Basel und demjenigen des westschweizerischen Jura, | stellt sich das isolierte Vorkommen von Hallau zu dem durch eine A Reihe vou Spezialuntersuchungen genauer bekannt Bomann. oberen euper von Württemberg. Zunächst in Betracht kommen Profile aus der Gegend von Tros- Singen und Rottweil. th 3 Das Rhät im schweizerischen Jura, Eelogae ir Helvetiae Vol. XI, B n Mit Ausnahme der nachträglich erschienenen Notiz von Buxtorf: Einige emerkungen über das Rhät im Juragebirge und den Gebirgsbau der en Belogae ‚geologicae Helvetiae Vol. XI, S. 358—365. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 8 114 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Von ersterer Lokalität stellen Lörcher‘) und Issler?) die Schichtenfolge an der Keuper-Liasgrenze folgendermassen dar: Issler Psilonotenhorizont. Mächtige Psilonotentone mit Nagelkalk 1—1,5 m Psilonotenbank 10 cm dunkle kalkig-tonige Schicht. Keuper Helle Keupermergel mit einer härteren Bank da- zwischen, in rote übergehend; Bonebed fehlt. Lörcher d) 1—1,5 m Psilonotenbank, schwefelkiesreich ec) 10 cm dunkle, sandige ölige (?) Tone mit einer Masse von Fisch- schuppen, Stacheln und Pentacrinus psilonoti, nach unten übergehend in | b) 20-30 em gelben Ton, von weissem Kalkmergel durchsetzt a) Roter Knollenmergel, oben mit gelben Flecken. Die Verhältnisse deeken sich für den Lias mit jenen von Hallau bis an die Basis der 10 cm messenden Tone des Lörcherschen Profils. Ä Was bei Trossingen darunter liegt, muss bereits zum Zanelodon- mergel gerechnet werden; ein irgendwie als Rhät zu deutendes Zwischen- mittel fehlt. Trotzdem lässt Lörcher nur a und b als Knollenmergel gelten, sieht dagegen c als Zwischenbildung zwischen ihm und dem Lias an und betrachtet das Vorkommen von Fischschuppen in ce als Andeutung des Bonebeds. Bekannter als die Trossinger Lokalität ist der Aufschluss an der Roten Steige zwischen Rottweil-Altstadt und Wellendingen, von welcher Haag?) und Lörcher‘) das folgende Profil geben: en 3. Liaskalk, 2. 2—3 m bläuliche sandige Mergel, ganz fossilleer. 1. Knollenmergel. _ Es wurde gelegentlich derim April 1898 abgehaltenen Versammlung des Obafrhanuiechen geologischen Vereins in Tuttlingen besichtigt. Man kam darin überein, dass 1 als Knollenmergel, 3 als Psilonotenkalk ') Beitrag zur Kenntris des Rhäts i ine ee e n Schwaben. J Vereins für ae Naturkunde in Württemberg, 58. krpesag Wongee a 178. U: iträge zur Stratigraphie und Mi en You graphic LV- Beni. re nd Mikrofauna des Lias in Schwaben. Palaeon 5 ®) Haag F.: Zur Geologie ; ; Be Ba Re gie von Rottweils Umgebung. Programm des Kgl. ann . *) loe. eit. $. 158 und 159, a Re a Ds N Le a 2 an re En er ar Fed © A, oz are a ae Br in. te, Ya FE Ro N x xt Ale, Jahrg. 64. SP, Schälch. Ueber ein neues Rhätvorkommen. 115 2 höchstens stratigraphisch, nicht aber nach Gesteinsbeschaffenheit, als Bonebed zu deuten sei. Lörcher erklärt 2 für rhätisch, „da jede Spur von Fossilien fehlt, vielmehr die Leitmuscheln für den untersten Lias erst in den darüber- liegenden Kalkbänken auftreten.“ Ein solcher Mangel jeglicher Fossilreste ist aber gerade für die Knollenmergel charakteristisch. Zum erstenmal tritt typisches sandiges Rhät in der Gegend von Zepfenhahn und Täbingen wieder zu Tage. . Das von Waidelich von dieser Gegend gegebene Profil erinnert schon ganz an die normalen, für das westschweizerische Rhät und die weiter nördlich liegenden württembergischen Vorkommnisse geltenden Verhältnisse. Es stellt sich in der Hauptsache folgendermassen dar: Psilonotenkalk 5—10 cm Mergel 20—30 cm Ton 60 cm sandige Platten mit Rhätconchylien 1,5 m leerer. Sandstein. An einer benachbarten Stelle zeigte sich ein Bonebed dem Sand- stein eingelagert oder es liegt an dessen Basis, bezeichnet also die Grenze zwischen Rhät und Knollenmergel. Letzterer geht auch hier nach oben in gelben Letten über, wie esim Donau-Rheinzug gewöhnlich der Fall ist. . Das Gesagte mag genügen, um die Schärfe des Gegensatzes hervor- treten zu lassen, in welchen sich das Hallauer Rhätvorkommen zu dessen normaler Entwicklung in der Westschweiz und in Württemberg Setzt. In beiden letzteren Gebieten stellt sich der obere Keuper als eine ausgesprochene Sandsteinbildung dar; denn wenn auch nicht mit abso- luter Sicherheit behauptet werden kann, dass überall da, wo Lias auf Knollenmergel liegt, das Rhät fehlt, so hält man sich doch im allgemeinen für berechtigt, den Ausfall des letzteren da anzunehmen, wo alle und jede Sandbeimengung vermisst wird. 5 Das Hallauer Vorkommen nimmt in dieser Hinsicht eine durchaus Pigenartige Stellung ein und bietet schon deshalb ein die obige aus- hrliche Darstellung vielleicht rechtfertigendes Interesse. Die ganze Ablagerung erscheint hier in rein-mergeliger Facies in Gestalt eines einheitlichen, ausgesprochenen Bo- nebeds, dem alle sonst das Rhät charakterisierenden petro- FE EN ie ® 116 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 graphischen Kennzeichen fehlen. Es stellt ein reines Auf- arbeitungsprodukt des darunterliegenden Zanclodonmergels dar, das offenbar nicht von weiter herantransportiert wurde, da die es zusammensetzenden lockeren Mergelbröckchen eine stärkere me- ehanische Beeinflussung nicht durchgemacht hätten, ohne vollständig zerrieben zu werden. Nach dem Gesagten kann der ganzen Ablagerung nur eine recht geringe Ausdehnung beigemessen werden, denn sonst wäre ihr voll- ständiges Fehlen in weniger als 1 km betragender südwestlicher Ent- fernung (am Neuen Weg) ebensowenig verständlich, wie ihr Nicht- vorhandensein in dem ganzen übrigen, gegen Nordost sich anschlies- senden Teil des Donau-Rheinzuges. Man möchte an eine Zusammen- schwemmung in einer wenig ausgedehnten, taschenartigen Vertiefung denken, welche durch diese ihre begünstigte Position vor der Zer- störung bewahrt blieb, während das damit einst zusammenhängende Niederschlagsgebiet in weiter Ausdehnung von derselben betroffen wurde. ee Wir stimmen damit der schon von Buxtorf geäusserten Ansicht durchaus bei, dass das Rhät ursprünglich nicht nur im ganzen Gebiet der Nordschweiz zum Absatz gelangte, sondern auch ein direkter Zusammenhang zwischen den schweizerischen und schwäbischen Vor- kommen bestand, trotz der durch die spezielle Art der Ablagerung bedingten abweichenden petrographischen Beschaffenheit des die Ver- bindung herstellenden Hallauer Vorkommens. Wenn heute in der bestehenden Lücke zwischen Schweizerhalle oder Liestal und Täbingen Rhät sonst nirgends nachweisbar ist, 0 dürfte dessen Fehlen lediglich einer nachträglichen Abtragung zuzU schreiben sein, eine Vorstellung, welche auch aus andern, von Bux torf bereits hervorgehobenen Gründen als berechtigt erscheint. Erni setzt sich allerdings in ausgesprochenen Gegensatz, wenn er eine direkte, durch einen Meeresarm hergestellte Verbindung dee schweizerischen Rhät mit dem schwäbischen bestreitet, entgege® det auch schon von Lapparent geäusserten Ansicht. Von dem Rhät- vorkommen bei Unterhallau war allerdings zur Zeit der Publikatioß von Ernis Arbeit, d. h. im Jahre 1910, noch nichts bekannt. Wasseruntersuchungen im Gebiete der Magdalena-Bay in Niederkalifornien. Von AD. HARTMANN (Aarau). (Hiezu Tafel III—V.) (Als Manuskript eingegangen am 9. August 1918.) Im Jahre 1915 hat unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Ar- nold Heim eine kleine schweizerische Expedition im Auftrage einer Gesellschaft einen Teil der Halbinsel Niederkalifornien auf Kolonisier- barkeit untersucht. Es handelte sich in erster Linie um Feststellung der Boden-, Wasser- und Klima-Verhältnisse dieses am wenigsten bekannten Landes des nordamerikanischen Kontinentes.! ER Der Verfasser will in Folgendem seine Beobachtungen über die merkwürdigen Wasserverhältnisse mitteilen. Er verdankt seinem Freunde Arnold Heim nicht nur die herrliche Reise, sondern auch viele Anregungen für die folgenden Studien. Da das Klima der Halbinsel extrem trocken ist, das Land zum grössten Teil aus Wüsten und Steppen besteht, so hängt eine Kolonisation in erster Linie von der Quantität und Qualität der vor- andenen Wasservorräte ab. Mit den hydrologischen Verhältnissen steht die Alkalifrage im direkten Zusammenhang. Warmes trockenes Klima bedingt die Bildung von Salz- und Alkaliböden, deren Studium von besonderem Interesse und enormer praktischer Bedeutung ist. Btwa /ıo des ebenen, bewässerungsfähigen Bodens der Vereinigten Staaten ist unbrauchbares und unkorrigierbares Alkaliland. Die Bodensalze dieser Gebiete sind entweder Meeressalze, also Rückstände von verdampftem Meerwasser oder dann aus primärem Gestein entstehende Verwitterungssalze. Die Meersalzböden finden sich in der Nähe des Ozeans oder in einst überfluteten Depressionen. Die Salzböden der zweiten Art, die eigentlichen Alkaliböden, finden Sich in allen Höhenlagen, sind ausserordentlich verbreitet und treten en or eg Heim: Reisen im südlichen Teil der rg rakterpflange ei 2 jr Ges. f. Erdkunde in Berlin, 1916, Nr. 1, ee u ie Karsten u. “re albinsel Niederkalifornien, in Vegetations a | Wi ck, 13. Reihe, 1916, Heft 3/4. 118 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 unvermittelt in den schönsten Kulturebenen auf. Die Regenmenge solcher Gebiete reicht nicht aus, um das bei der Verwitterung ent- stehende Salz aufzulösen oder gar fortzuführen. Das Salz bleibt im Boden liegen, erleidet vielfache Umsetzungen und teilweise Auslau- gungen und bedingt für die Vegetation sehr nachteilige Bodenver- änderungen. Die Salze lösen sich in der Regenzeit im Wasser auf, verteilen sich infolge Diffusion und Schwerewirkung im ganzen vom Wasser benetzten Bodenkörper, steigen dann zur Trockenzeit mit dem Wasser an die Oberfläche, bilden dort in dem Masse, wie das Wasser ver- dunstet, konzentrierte Salzlösungen oder gar Ausblühungen bis Salz- _ krusten, die oft viele Kilometer weit wie Schnee das Land bedecken. Bei der nächsten Regenzeit verschwinden die Salze wieder, sinken mit dem Wasser in den Boden und machen somit alle Bewegungen des Bodenwassers mit. e Bei geringem Alkaligehalt kann ein Boden mehrere J ahre gute 3 | Erträge liefern. Durch die künstliche Bewässerung aber wird ihm - eine fünf bis zehnmal grössere Wassermenge zugeführt als durch de Niederschläge; die benetzte Bodenmasse wird viel dicker und es werden auch entsprechend grössere Mengen Alkalisalze mobil gemacht. Diese steigen bei der durch die Kulturen stark gesteigerten Wasserver- dunstung in die Höhe; an der Oberfläche tritt zuerst Salzanreicherung ein. Die Alkaligefahr ist also die Folge der künstlichen Bewässerung und zeigt sich oft erst einige Jahre nach begonnener Kultur. Mitten | in den schönsten Pflanzungen treten Flecken auf, die Pflanzen sind im Wachstum gehemmt, erkranken und sterben ab; später erscheinen die Alkaliausblühungen. Wenn auch die grosse Salzkonzentration an der Oberfläche nur kurze Zeit andauert und mit der nächsten Regen- oder Bewässerungsperiode wieder verschwindet, so werden die Pflanzen gleichwohl getötet. i Es ist begreiflich, dass man in den Vereinigten Staaten der Alkali | frage besondere Aufmerksamkeit widmet und sie in vielen Labora torien und Versuchsanstalten des Dep. of Agriculture studiert. : Vom praktischen Standpunkte aus werden die Alkalisalze inzwd | (fruppen eingeteilt, in weisses Alkali, bestehend aus den Neutral | salzen der Metalle Na, Mg, K und der Salzsäure und Schwefelsäure, 4 und schwarzes Alkali, das neben andern Salzen Soda in merklichen Mengen enthält. Die erste Bezeichnung ist ohne weiteres verständlich, die zweite bedarf noch einer Erläuterung. Soda kann bei der Ver witterung der Alkalisilikate direkt entstehen, bildet sich aber auch durch Umsetzung aus NaC] mit CaCO, und MgC0, bei Gegenwart Taf.H. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 112°| w.L.v. Gr. 0jo del Agua | Huerta Vieja N 5 Andra RN g Pi 0 ra Grande 1: BERTS X Er ’ Medano Blanc TER Rlupa Eurom | 4@ Santo Domingo 1: qua del Leon T KR ut \ [) 11 ® San Julian 6 AendeH | 1 Shefarıe Sehen 10 er y. Kalifornien S3Z1LNNVYAMIANN IN DoH ONVvı mh =. Ext ef Conejo ! je - q u 9 MATANCITA ZA Ramadita \ \ \ 44 2 ® Agen 45 '@ Corvatillo Toyo Golan I o Alto NIEDERKALIFORNIEN zwischen 24°z0' und 26°20' Nördl. Breite Km, -- - - -REISE-RUUT- - - -- eN2 1-68 Wasserproben Ha ii an j SEE, Et D N \ \ ) Sauce 49 @505.Rosa BR 65-, 5,5. Teresia GIAGUA VERDE HOFER, ZÜRICH. Ad. Hartmann, Aarau. Jahrg. 64. A. Hartmann. Wasseruntersuch. im Geb. d. Magdalena-Bay. 119 freier Kohlensäure, die im Boden besonders reichlich durch Verwesen . von Humus entsteht. Soda bedingt dann ein Auflösen von Humus- säuren und gleichzeitig ein Zusammenbacken des Bodens, weil die Bodensole in Gele übergehen und sich verfestigen. So bedingt die Soda die Entstehung von dunklen Vertiefungen im Boden. In vielen Untersuchungen wurde die Widerstandskraft der wich- tigsten Kulturpflanzen gegen Schwarz- und Weiss-Alkali festgestellt. Ein Sodagehalt von 0,05—0,1°/o der trockenen Bodenmasse schädigt die Pflanzen und macht den Boden unbrauchbar; nur in seltenen Fällen und bei sehr wenig Sodagehalt kann durch Zusatz von Gips oder Kalkmörtel eine Korrektur erfolgen. Weniger schädlich ist das Weissalkali. Ist jedoch der Gehalt über 1,5°/o, so gedeihen nur noch wenige Pflanzen, vor allem Salzsträucher und Salzgräser und die viel Alkali vertragende Dattelpalme. Die Weissalkaliböden unter 1,5°/o Salzgehalt werden in fünf Gruppen eingeteilt; in Böden mit 1,5—1, 1,0—0,8, 0,8—0,6, 0,6—0,4, 0,4—0,1°/» Gehalt. Man kennt das Ver- halten der meisten Kulturpflanzen gegen diese Alkaligehalte und kann durch geeignete Wahl der Pflanzen einen schwachalkalischen Boden noch ausnützen. Bei der Untersuchung eines Gebietes auf Kolonisationsfähigkeit ist es also von grösster Bedeutung, den Boden auf Alkaligehalt zu prüfen. Zu diesem Zwecke wäre die umständliche chemische Unter- suchung einer sehr grossen Anzahl von Bodenproben notwendig. Eine vorläufige Orientierung gibt die chemische Untersuchung aller in einem Lande angetroffenen Wasseraufschlüsse, weil ja gerade die pflanzenschädigenden Natriumsalze vom Boden nicht adsorptiv zurückgehalten werden, sondern in die Bodenwässer übergehen. Solche Wasseranalysen sind ferner auch notwendig, um sich über die Wasser- Qualität für Trink- und Bewässerungszwecke zu orientieren. „ Es war nun von vornherein ausgeschlossen, von allen gefundenen Wässern Proben zu erheben, einige Wochen auf dem Pferde mitzu- schleppen und dann im nächsten Laboratorium der Vereinigten Staaten zu analysieren. Es musste das Wasser an Ort und Stelle auf die einfachste Art untersucht werden. Eine von. Wilton Whitney und Thos. H. Means') inAnwendung gebrachte elektrische Methode zur Bestimmung der Leitfähigkeit des Boden- oder Quellwassers konnte nicht in Betracht fallen, weil diese Methode einige genaue und emp- findliche Apparate erfordert und dann nur das Quantum, nicht aber die Natur der vorhandenen Salze anzugeben vermag. Eine einfache a | ') Bulletin Nr. 8 U.S. Department of Agriculture, Division of soils. 120 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 auf Titration beruhende Wasseruntersuchung im Felde war vorzu- ziehen. Um die Titration zu vereinfachen und besonders um alle platzraubenden Apparate auszuschliessen, wählte ich die denkbar ein- fachste massanalytische Methode, die in Folgendem kurz beschrieben sei. Wasseruntersuchung im Felde. Die mehrwöchige Reise zu Pferde in einem fast unbewohnten Lande von Wüstencharakter verlangte grösste Beschränkung des Ge- päckes. Um selbst Büretten und ihre Stative entbehren zu können, wählte. ich: die Tropfenzählmethode an Stelle der gewöhnlichen Titra- tion. Die Resultate können keinen Anspruch auf grosse Genauigkeit machen, doch genügen sie vollauf zur Beantwortung der Hauptfragen, um. die es sich handelte. Eine Wasseruntersuchung vom . Iykiehischen Standpunkte aus war ‘von vorneherein ausgeschlossen, weil das meiste Wasser in offenen Tümpeln, Teichen, künstlichen Wasserlöchern. allen möglichen Verunreinigungen ausgesetzt ist und immer wieder von neuem mit Tierexkrementen und‘ Tierleichen verunreinigt ‚wird. Eine Nach- weisung der im Wasser vorhandenen Metalle oder. Kationen war überflüssig, denn wenn man die Reaktion des Wassers, das Quantum des vorhandenen Chlors und Schwefelsäurerestes ermittelt, so ist man auch über den Salzgehalt genügend orientiert und kann sogar. den Trockenrückstand approximativ berechnen. Unter den Metallen oder Kationen kommen in einem solchen Wasser vor: Natrium (weitaus die Hauptmenge) Kalium, Caleium, Magnesium, Eisen und Aluminium, unter den Säureresten oder Anionen Cl, SO,, CO,, PO,, SiO,, NO;, NO,. Da ein solches Wasser immer mit Kohlensäure gesättigt ist, so halten sich trotz basischer Keaktion die Kationen und Anionen das Gleichgewicht. Bestimmt man die Menge der Anionen, so kennt man annähernd den Salzgehalt. Die Anionen PO, und SiO,, NO, und NO, kommen in so geringer Menge vor, dass man sie ruhig ver- nachlässigen kann; man hat also nur noch das Chlor, SO, und ein Aequivalent der CO, zu bestimmen. Dieses Aequivalent findet man mit genügender Genauigkeit für die Beurteilung der Bodenwässer in der Alkalinität oder temporären Härte des Wassers. Es genügt somit, wenn man im Wasser. die Alkalinität oder ‚Härte, das Chlor und die Schwefelsäure bestimmt. Die Alkalinität wird durch Titration At Salzsäure unter Ver- wendung von Methylorange als Indikator ermittelt. Wenn alle Kohlen E, säure ausgetrieben und basisch reagierenden Salze neutralisiert sind, tritt ein Farbenumschlag von Gelb in Rot ein, den man sehr leicht Jahrg. 64. A. Hartmann. Wasseruntersuch. im Geb. d. Magdalena-Bay. 121 ur wenige Minuten und liefert auch bei der Tropfenmethode gute Resultate. Etwas mehr Mühe erfordert die SO,-Bestimmung, weil man keine titrimetrische Methode kennt, sondern auf die Fällungs- reaktion mit Bariumchlorid angewiesen ist. Man setzt zur gemessenen Wassermenge eine salzsaure Bariumchloridlösung, erhitzt zum Kochen, damit sich der Niederschlag rascher ausscheidet und filtriert, fährt mit der Fällung und Filtration fort, bis keine weitere Reaktion mehr entsteht und berechnet aus der verbrauchten Bariumchloridlösung die S0,- Menge. er Ä An Stelle der Büretten verwendete ich Tropffläschehen von 90 ce Inhalt, guter ‚Qualität und gleichmässiger Tropfenbildung. _ Die Lösungen wurden so eingestellt, dass ein Tropfen, in 50 ce des zu untersuchenden Wassers. gegeben, 50 Milligramm des zu be- - Stimmenden Stoffes anzeigte. Ein Tropfen HC], in 50 cc Wasser gegeben, entsprach 50 Milligramm CaCO,, ein Tropfen Silbernitrat 50 Milligramm Chlor und ein Tropfen Bariumchlorid 50 Milligramm SO, in einem Liter Wasser. Die bis zum Farbenumschlag oder zur Ausfällung der Schwefelsäure gebrauchte Tropfenzahl multipliziert mit 50 ergab also die Anzahl der Milligramme der gesuchten Sub- . stanzen im Liter. | Die Stammlösungen der Reagenzien konnten in Flaschen von 300 € Inhalt mit eingeschliffenem Zapfen und gedrechselten Holz- Wis sehr gut und sicher transportiert werden und hielten sich auf der Sanzen fünfmonatlichen Reise vortrefflich. Zum Abmessen von ” cc Untersuchungswasser benützte ich Messzylinder, als Reaktions- Sefässe kleine stärke Pulverflaschen. Zur SO,-Bestimmung diente . eine kleine Spritlampe, ein kleines zerlegbares Stativ, an dem ein Erlenmeierkochfläschehen mit einer Klemme aufgehängt war. Alle diese Objekte. (Messzylinder, Reagierflaschen, Erlenmeier, . oPfläschchen für Reagenz und ‚Indikator, Trichter, Spritlampe, ‚er etc.) waren verpackt in einem mit Filz ausgekleideten Holz- üstchen von 32 cm Länge, 15 cm Breite und 16 cm Höhe. Zwei Sinne Längsbretter teilten den Raum in drei schmale Streifen, der ecke] war durch Scharniere leicht zu öffnen. Alle diese Objekte ° 7 aren im geschlossenen Kästchen oben und unten durch den 'Filz "sehalten und steckten: in eingeklemmten Kartonhülsen. Ausser 122 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 den genannten Artikeln nahm das Kistchen noch eine Reihe anderer Gegenstände auf, so Lötrohr, Reagenzgläser, Glühröhrchen, Pipetten, Ariometer, Thermometer, viele feste und flüssige Chemikalien und Medikamente. Es fasste gegen 50 Glas- und einige Papierobjekte und wog samt Ledergriff, Gürtelriemen und zwei seitlichen Metallösen zum Befestigen am Reitsattel nur 3,5 kg. Die Verpackung hat sich sehr gut bewährt; es zerbrach nicht ein Stück des Inhaltes, obwohl das Mikrolaboratorium starken Erschütterungen ausgesetzt war. Erläuterungen und Ergänzungen zur Tabelle. Die Temperatur aller untersuchten Wässer betrug im Mittel 92,71° Celsius. In den 10—12 m tiefen Schächten zeigte das Wasser 19,7 bis 21°; in den Quellen oberhalb Purisima und Comondu 24 bis 95° was der mittleren Temperatur der Gegend entsprechen mag. Einige niedrige Temperaturen konstatierte ich am frühen Morgen in kleinen seichten Tümpeln und bei der höchsten, ca. 600 m über dem Meere gelegenen Quelle Nr. 35 im Gebirge. Die 34.6° warme Quelle von Poza Casa vieja ist eine aus dem Bohrloch tretende arthesische Mineraltherme. Die Alkalinität, erhalten durch Titration mit Salzsäure, drückt den auf CaCO, umgerechneten Gehalt an basisch reagierenden Sub- stanzen aus. Dividiert man diese Zahlen durch 10, so erhält man die temporäre Härte in französischen Härtegraden, d. h. CaCO, in 100000 Teilen Wasser. Sobald die Härte 40° übersteigt, ist sie nicht mehr allein durch gelösten kohlensauren Kalk verursacht, sondern es werden noch ba- sische Salze, vor allem Soda vorhanden sein. Von den 68 Proben zeigen zwölf mehr als 40 Härtegrade. Ein gleichzeitiger Gehalt von Gips und Natriumchlorid drückt die temporäre Härte herab. Der Chlorgehalt der niederkalifornischen Gewässer ist von be- | sonderem Interesse. Während die Wässer der Schweiz im Mittel drei bis sechs Milligramm Chlor aufweisen, zeigen die obigen 2127 Milligramm, also mindestens 500 mal mehr als die unsrigen. Schliesst man bei der Durchschnittsberechnung die vier chlorreichsten Wässer aus, so beträgt der mittlere Chlorgehalt noch 775 Milligramm im Liter. Dieser ausserordentlich hohe Chlorgehalt ist ohne Zweifel nicht durch einen primären grösseren Chlorgehalt des Bodens bedingt, sondern durch die salzige Meerluft, die als kräftiger Nordwest- Monsun ständig über das Land weht. Den geringsten Chlorgehalt zeigten die im Innern der Halbinsel zu Tage tretenden Quellen von Purisima, Comondu und am Fusse der Giganta, die am weitesten vom 8 qu.ay Iypıo] 0001 0291 0001 fer) _ 9 ponasseq SWOUBLUEg Ser 75 : sojqie) x 00L 0% osıl 61 BE ug‘; 'ypoplosseq uopqeg oypury 1% > unwıqqjad [Bla 006€ OLE 0081 91 “98 azıyd Uosqeg olouy 08 a qua 74919] dtuam 0001 009 0c8 61 ..0% ur g'[ ypoplasse 4 oysaıpuy ung 61 8 unıdqpad Pu 0008 VO 008 € 7; 08% 091 'yaIaL ST 3 qua Iypıay f 91 001 SE 186 u yoLLasse A apuwag vz04 LI = yorqad 3ıuam 0081 006 0 X “u u 57 peyps ooueiq ouepem 91 o sog. 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Gesellsch. in Zürich. may Iyo1aT “ sofqle] une.ıqqjad “ sorqıe) sojq.Ie) qnıy dar uayassny 9TA “ STUoM j9IA 1y9S SuM “ [pIA au1oy “ ands auto! auto} au] ınds “ DEN 20749 yoytu -TBXIV 16 616 anyeı -adwa ] u 275 PpeDS wu FL] upeups ug] X 007 'UPIAL u 8x6 ‘yML u gxy yurnualA ur g ‘y9OLIOSSe NM u 0 x 001 ‘yaIaL yppeyosdung urazg U0A W 00% “ sunder] uoA WG ‘POLIOSSE A In Cs end IN 0008 ‘yprarend w 01x 04 'yIaL In 09 and In 00011 ‘pnbaossempunag * 008 nd “ 00017 * “0006 " Im osı ‘sung Im 177 ‘ur 0gg "uauunig 'sOyNY "IN 062 ‘send In 0076 'senLd u 5 'yopıyog sossa]yaspne -19sse 4 SOp HY oJIEAAO)) oje ouepa wu 08 « Ro u 001 u HUO0OF prosıy vjouejen aunder] ur eund eyuedig 7 npuouor) ajuoy [pp Ssnsaf ojusag] u8S endy ep olO elaıy eQlongd oypuy oseq vwrsımg oAoly eloıa esen) ez04 euejuoA %7 uowey IH seouBlieg] Se] awyenjug -9g044 10P 1O 125 Hartmann. Wasseruntersuch. im Geb. d. Magdalena-Bay. A Jahrg. 64. un.ıdq[ad “ ey ands S 4 un.ıdqjad 1914 ana I4910L x sofq.te} ındg ana F4210] r yaıunaa 1A qu. yore] 3tuoM quı? Iy91To] 3 une.ıqgpo3 * qua JyaTo] : umeagqja8 x unaıdqjad 2 and ınds “ “ “ “ : I91A “ 00F 2) “ “ BI PIA uoyassny AST, \ yeylu [By V 115% 01% Y16 091 9'705 1° 6% 985 sI 07% 7% 6'871 955 861 87% 8°C 9'971 L'61 ınyeı -adwoL 19MIN r i "16 "USSS]UOSTNLIOSER A UP UEyasımz uodunulayjugf opejuozuoy usjnopaq ER eg ( u 9x 06 'WRL YJIOLIISSEMAYULLL uch xg ‘yon | wm Gxca ‘yaroL ur 08 X 085 yPIoL WOLIISsseM "5 U 001x001 ‘u1o[aag epıaa endy U EXCT “yorL u 1x6 pIaL u 7x OL ‘WIoL ssnf FT WIE y9oLlosseM Noqssnpg u yoroy, ssn[T Wir Y9OLIOSSe A uropy ‘yoTay, wopy yaray, oLIOSSse A wu 6 ypepg u 37 yoeyog u ‘Öl w ‚6I ur pI wu 9‘c] u9[ SOSSH]JISInE -I9sseq\ SOPp Y peyag aeyag Yqpeıps paNag yoeyos | 89 WG er in u 9 W00OI « “ 9 wWOGE u “ 49 WOOOT u # £9 W00OE u “ 29 u CE 173 %“ 19 at 09 ul „ f GC w008 ı “ gc w08 u 2 18 ee w00l % u cc # 00° ppeieg oAoliy HG 2 04pRd u 'epejegoAouygG we oseg - 6C BISOIaL, IG ur ooor?oH eyues 0G 9OneS ypuey okolly 6F zum) e] 8 odnjoy ir yuey jeounp 9F suryeujum- : -2q044 10p MO N. 126 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Ozean entfernt sind. Auch in andern Gebieten ist ein Zusammenhang zwischen Meeresnähe und Chlorgehalt des Bodens festgestellt wor- den; so wohl am schönsten an der atlantischen Küste Nordamerikas von Long Island bis Kanada. Der Ohlorgehalt nimmt dort landeinwärts regelmässig ab, und die Linien gleichen Chlorgehaltes laufen parallel der Küste. Das dem Chlorion zugepaarte Metallion ist ohne Zweifel das Natrium; in der folgenden Kolonne der Tabelle ist der aus dem Chlorgehalt sich ergebende Gehalt an Natriumchlorid angegeben. Das Meerwasser enthält im Mittel 3,6 °/o Gesamtsalz und 2,8 °/o Koch- salz. Die beiden Proben 42 und 43 weisen einen bedeutend höheren Salzgehalt auf als das Meerwasser. Die weitere Kolonne gibt einige Angaben über den Sulfat- Gehalt der Wässer und beruht auf den im Felde ausgeführten Fällungsreaktionen mit Bariumchlorid. Die meisten Wässer enthalten nur Spuren von Sulfat, die chlorreichen aber bedeutend mehr. Eine approximative Bestimmung konnte nur in wenigen Fällen durchgeführt werden. War die Fällung mit Bariumchlorid gering, so wurde der Gehaltmit „wenig“, war sie stark, mit „viel“ taxiert. Die sulfatreichsten Wässer finden sich im Unterlauf des Purisima- tales, Proben 22—26. Das Wasser des arthesischen Brunnens ent- hält ca. 2,4 Gramm Kalziumsulfat im Liter und stellt eine ge- sättigte Gipslösung dar. Der hohe Gipsgehalt dieser Wässer ist durch die anstehende gipsführende Miocänformation bedingt. Es scheint, dass grössere Mengen Alkalisulfate, wie sie in vielen Alkalıiböden ÖOberkaliforniens vorkommen, in Niederkalifornien fehlen. Farbe, Aussehen und Geschmack der Wässer waren sehr verschieden. Farbloses und reines Trinkwasser lieferten einzig die Quellen von Purisima und Comondu. Die Wässer der meisten Schächte waren durch mechanische Fremdkörper leicht getrübt, einzelne zeigten auch einen sehr schlechten Geschmack. Von ähnlicher Qualität waren auch die Wässer der Bewässerungskanäle von Purisima und Comondu. Viel unreiner war das Wasser der vielen künstlichen Wasser- löcher, Viehtränken, Tümpel und Teiche. Alle Farbnüancen von Gelb. Grün und Braun mit mehr oder weniger Schwebestoffen waren vel- treten. Alle diese Wasserstellen sind die Lebenszentren für unzäh- lige Luft-, Land- und Wasser-Tiere. Von weit her kommen sie, um ihren Durst zu stillen und zu baden, wühlen dabei den alten, faulen Bodenschlamm auf und fügen in Form von Harn und Kot : immer wieder neuen Schmutz zum kostbaren und seltenen Lebens- element. Mebrmals mussten auch wir mit solchem Schmutzwasser e kein Jahrg. 64. A. Hartmann. Wasseruntersuch. im Geb. d. Magdalena-Bay. 127 unsere Mahlzeiten bereiten, weil tagereisenweit kein anderes zu finden war. Merkwürdigerweise ertragen die Eingebornen das Schmutzwasser recht gut und geniessen es oft ungekocht, während bei uns selbst das gekochte Wasser Gesundheitsstörungen verursachte. An den hohen Salzgehalt der Wässer gewöhnte man sich bald und lebte viele Tage lang mit Wässern von 2,8 bis 4,4°/oo Kochsalz. (Proben 1, 15, 26, 36, 37, 47, 48.) (Siehe Tafel V.) Verwendung des Wassers zu Trink- und Bewässerungs- zwecken. In unverändertem und ungekochtem Zustande. dürfen nur Quell- wässer von Comondu und Purisima verwendet werden. Die meisten andern Wässer werden an ihren Austrittstellen verschmutzt, liessen sich aber durch richtige Fassung, Klärung, Filtration und chemische Reinigung trinkbar machen. Eine Beseitigung der Alkalisalze ist natürlich ausgeschlossen, also kommt für die Beurteilung nur noch der Salzgehalt in Frage. Stellen wir dabei lediglich auf den Gehalt an Kochsalz ab (eine Vernachlässigung der Sulfate ist der kleinen Menge wegen gerechtfertigt), so ergibt sich folgendes Bild: 60 °/, der Wasserproben enthalten mehr als 0,5 0/9 Salz is > „ „ a DU ” $)) E) NEN ” - 10 Br ” 32) r n..8 ” ” : Kochsalz wird durch unser Geschmacksorgan erst wahrgenommen, wenn der Gehalt der Lösung mehr als 500 Mgr. i. L. beträgt. 40%o der obigen Proben würden somit keinen Salzgeschmack aufweisen, bei 17% wäre der Salzgeschmack ausgeprägt, doch nicht lästig (0,5 bis 19/00 Na Cl), bei 21% wäre der Salzgeschmack sehr stark, doch zur Not erträglich (1,0—2,5°/oo NaCl). Bei 12°/o wäre bei einem Salzgehalt von 2,5—5°% der Salzgeschmack auf die Dauer un- erträglich und 10°/o der Wasserproben wären überhaupt des Salz- . gehaltes wegen als Trinkwasser ganz unbrauchbar. Günstiger liegen die Verhältnisse für die künstliche Bewässe- Fung des Landes. Man kann annehmen, dass die Kulturpflanzen einen Salzgehalt von 0,5% ohne merkliche Schädigung ertragen, somit L würden 30 °/o der untersuchten Wasserproben zur Bewässerung ver- endet werden können, unter der Voraussetzung, dass es jedes Jahr einmal regnet und die durch Bewässerung zugeführten Salze wieder aufgelöst und fortgeführt werden. Nach der Aussage der Eingebornen X es aber auch vorkommen, dass einige Jahre hintereinander Regen fällt (die Vegetationsverhältnisse scheinen die Aussagen \ 128 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 zu bestätigen). Dann würden sich die Salze im Boden anreichern and die Planzen schädigen; es könnten somit nur noch ca. 78 °/o der Wasserproben ohne Einschränkung zum Bewässern dienen. Geologische Verhältnisse der untersuchten Wasser- ... aufschlüsse. 1. Quellen. Die Wasserproben 30, 31, 32, 34 und 35 sind direkt Quellen entnommen. Quellen sind in diesem Land der Trockenheit und "Wüsten eine grosse Seltenheit; sie werden von den Eingebornen Ojos del Agua, Augen des Wassers genannt und bilden immer die Mittelpunkte von Siedelungen. Die 600 m hoch gelegene Quelle am Nordrand der Giganta lieferte nur 2,5 Minutenliter und entspringt einer tonigen Schicht des aus Basalten und tertiären Konglomeraten bestehenden Berges. Die andern Quellen sind bedeutend grösser, 60, 300, 5000 und 10000 Minutenliter. Das Sammelgebiet dieser Quellen wird heute durch eine ausgedehnte Basaltdecke gebildet, die vielfdach von brauner Blocklava und Aschenkegeln überlagert ist. Das Wasser sinkt durch die Klüfte der Lava, trifft unter derselben grobe, unregelmässig gelagerte Konglomerate und wird dann durch mergelige tertiäre Schichten am weiteren Eindringen verhindert. Die grossen Quellen von Comondu und Purisima haben, erstere vor und letztere nach dem Erguss der Hauptlavadecken die beiden Täler in die eocäne Tafellandschaft hineingeschnitten. Die beiden Quell- bäche haben die Entstehung der beiden einige hundert Jahre alten Oasen- dörfer Purisima und Comondu mit 600-1000 Einwohnern veranlasst. Das Wasser dient zur Bewässerung der Kulturen und wird von diesen vollständig aufgeschluckt. Die wichtigsten Kulturen sind Weinreben, Dattelpalmen, Feigen, Orangen, Zitronen, Granatäpfel, Oliven, Zucker- rohr, Mais, Weizen, Erbsen, Bohnen, Bananen und Sojabohnen. Sie be- decken in beiden Oasen je ca. 0,5 Quadratkilometer Fläche. (Vgl.Taf.V.) 2. Die Wasseraufschlüsse in den Talläufen. Weitaus die meisten der obigen 68 Wasserproben konnten den Wasserlöchern, Tümpeln oder Teichen der Talläufe entnommen werden- Die Proben No. 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 38, 39, 40, 41, 42, 43 stammen aus dem Tal des Arroyo Soledad in der Nähe der Matancita Ranch. Sechs Wasseraufschlüsse wurden künstlich erzeugt durch Graben von zwei bis vier Meter tiefen Löchern, die übrigen sind natürliche Tümpel und Pfützen von verschiedenen Dimensionen. Das Gesteinsmaterial de® Flussbettes besteht aus weissem Sand von verschiedener Korngröss® I iiieenengmenenesen nennen -(SEL OS IXaL 'S) SOLLEN) sorf [Jpdoyurypny uspppnypsaäjne uapioq Pıp punadlsjug wr “uojtg Blog Pylaıjopow -SNE.IOU OUPRIPOIRARTT d9p sn® A9p aylım AOp uf "purjinyny we]lossemeg „uy c/o pun umuyomum 009 "89 Ju JIOpusaseg 'vewsiing 87] Taf. IV. ‚ur d yG ‘SI6T Ten "I Joyd ‘way "uay Vierteljahrsschrift d. Naturf, Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. Jahrg. 64. A. Hartmann. Wasseruntersuch. im Geb. d. Magdalena-Bay. 129 und vereinzelten grösseren Geröllen. Die 13 Aufschlüsse liegen auf einer Strecke von wenigen Kilometern; man sollte also eine gleich- mässige chemische Beschaffenheit des Wassers erwarten. Gerade das Gegenteil ist der Fall; die Gehaltszahlen der Proben zeigen die denkbar grössten Differenzen. Schon die Alkalinität schwankt von 100 bis 350, noch weit grösser sind die Schwankungen des Chlor- oder Natriumchloridgehaltes. Die chlorärmste Probe dieser Serie enthält 50, die chlorreichste sogar 42 500 Milligramm Chlor. Diese grossen Differenzen der Wasserproben aus einem und demselben Tal- lauf beweisen, dass kein Grundwasserstrom vorhanden sein kann, sondern dass es sich nur um mehr oder weniger grosse, stagnierende Wasservorräte handelt. Die Entnahmestellen der Proben 4, 5 und 6 sind nur etwa 50 resp. 15 m auseinander; die drei Proben besitzen ein sehr ähnliches Wasser, das einen grösseren Grundwasservorrat repräsentiert, aus dem früher vermittelst Dampfmaschine und Kolben- pumpe angeblich 24 bis 80 Kubikmeter pro Tag gepumpt wurden, wobei der Wasserspiegel sich nur um ca. 90 em senkte. Dieses Wasser diente zur Tränkung von ca. 1500 Stück Vieh und zur Be- wässerung von acht Hektaren Kulturland. Die Proben Nr. 39 bis 43 sind im Unterlauf in der Nähe des Meeres aus Löchern und Tümpeln genommen. Die grossen Gehalts- differenzen dieser fünf Wässer sind überraschend. Es ist möglich, dass die beiden untersten, No. 42 und 43, bei Hochfluten mit dem nahen Meere in Verbindung treten, doch ist das für den 2 km weiter talaufwärts gelegenen Teich nicht mehr der Fall. Wenn ein Grund- wasserstrom vorhanden wäre, so müsste er gerade hier in der Küsten- nähe sich bemerkbar machen; statt Wasserverdünnung und Aus- gleichung haben wir hier Salzkonzentration in verschiedenen Stadien. Die Proben 3 und 40 sind demselben Wasserloch in einem Zeitabstand von 29 heissen Tagen entnommen. Die Härte des Wassers ist gleich geblieben, der Salzgehalt hat 350 Mgr. zugenommen. Ganz ähnlich liegen die Wasserverhältnisse im Unterlauf eines 2weiten für Niederkalifornien typischen Flusses, im Bett des Arroyo Salada. Die 19 Proben, 49 bis 68, sind Wasseraufschlüssen der untern 15 km des Flussbettes entnommen, teils künstlichen Wasser- löchern, teils Tümpeln oder Teichen. Eine Vergleichung der Gehalts- zahlen gibt dasselbe Bild wie am Arroyo Soledad. Die Alkalinität schwankt diesmal von 100 bis 600, der Chlorgehalt von 50 bis 5550 Milligramm. Die 19 Proben zeigen nicht weniger als 15 ver- schiedene Chlorgehaltszahlen. Trotzdem das Flussbett auch hier aus den und feinem Kies besteht, ist zwischen den meisten Wasser- Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. r 130 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 aufschlüssen kein direkter Zusammenhang. Das Vorhandensein eines Grundwasserstromes ist ganz ausgeschlossen ; es handelt sich auch hier wieder um einzelne mehr oder weniger stagnierende Grundwasser- tümpel. Wässer, die nur einige hundert Meter auseinander liegen, weisen die grössten Salzdifferenzen auf. Zwischen der Lage des Wasseraufschlusses, der Grösse der Wasserfläche und dem Salzgehalt fehlt jeder sichtbare Zusammenhang. Eine Erklärung dieser merk- würdigen Verhältnisse soll weiter unten gegeben werden. 3. Die Wasserschächte ausserhalb der Talläufe. Die wichtigsten Daten ihrer Wässer seien in einer Tabelle extra zusammengestellt: Sehachttiefe Temp. Alkalinität Chlorgehalt in m Cels. Mgr.CaCO, Mer.Cl. 7 17 35 300 2350 10 13 94,3 350 700 11 16 vr 300 1 15 13 91,8 300 9500 16 12 21,5 350 44 17,4 19,6 500 300 45 y. 19 350 200 46 16 19,7 400 1175 47 15,6 16,6 450 1500 48 14 n 350 1600 49 19,7 _ 400 450 50 10,5 — 375 775 51 12 — 350 3750 52 9 —_ 500 825 Die Schächte liegen alle im Flachlande hinter der Magdalena- Bay, teils in der 5 bis 25 km breiten Zone der Medanos, teils in der noch breiteren Zone der Llanos. Die „Medanos‘, Sandhügel, sind 0,2—2 km lang, 50—500 m breit und 5—30 m hoch. Zwischen den vielen Sandhügeln liegen tonreichere abflusslose Mulden. Offenbar handelt es sich hier um altes, durch Wasser- und Luft-Erosion ver- ändertes Dünengebiet. Die „Llanos“ oder Ebenen sind hinter den Medanos gelegene flache, eigenartige Depressionen mit guten ton- reichen Böden, in denen das Wasser nach starken Regen noch einige Zeit liegen bleibt; die grösste ist die Big Meadow oder Llano de Hiray mit ca. 100 km?. Die meisten Schächte von ca. 1 m? Quer- schnitt, mit Holz aus Kaktusstämmen ausgekleidet, bilden die Zentren der Hofsiedlungen. Das Wasser wird in Ledereimern von Eseln emporgezogen und in Lehmgruben den Tieren zur Verfügung gestellt oder zur Bewässerung der seltenen kleinen Gärten verwendet. Jahrg. 64. A. Hartmann. Wasseruntersuch. im Geb. d. Magdalena-Bay. 131 Wieder fällt die grosse Verschiedenheit der chemischen Zu- sammensetzung der Wässer auf. Das salzreichste Wasser enthält an Mineralstoffen mehr als das zwanzigfache des salzärmsten. Nach . Aussagen der Eingeborenen soll im ganzen Gebiet Grundwasser vor- kommen, das an der Oberfläche süss, weiter unten salzig sei. 4. Einzelfälle von besonders merkwürdigen Wasservor- kommnissen. (Siehe Tafel V.) A. Am Östrande der Medanoszone liegen in alten, trockenen Flussbetten zwei Teiche von 150—200 m Länge und 20 m Breite, Agua Leon und Poza Grande, deren Wasser durch Schmutz dunkelbraun gefärbt ist. In unmittelbarer Nähe, kaum 1—3 m vom Teichufer entfernt, findet sich in kleinen Löchern reines Wasser, das den Ansiedlern zum Trinken dient. Die Analyse ergab: Temperatur Alkalinität Chlor Mgr. Mgr. Trinkwasser Agua Leon 91,7 200 150 Teichwasser „ fü 27,3 500 400 Trinkwasser Poza Grande 20,7 275 100 Teichwasser , 23,0 800 1500 Das Niveau steht in den Trinkwasserlöchern ca. 10 bis 20 em höher als im Teich, dennoch findet kein sichtbares Überfliessen statt. B. Süsswasser auf vegetationslosen, vom Meerwasser umspülten und durchsetzten Dünen der Santa Maria-Bay und an der Lagune. Nach Aussage der Inlandbewohner findet sich überall auf der Düne über dem Salzwasser gebrauchsfähiges Süsswasser. An zwei verschiedenen Stellen wurden je zwei Löcher in die Dünen geschaufelt wd Wasserproben erhoben. Die Analysen ergaben: Temperatur Alkalinitäit Chlor 1700 Düne Santa Maria Bay, altes Loch 23,4 Ä ” u) » „ neues Loch 93,4 750 850 Düne an der Lagune, Loch auf Ozeanseite 91,3 350 2500 bei Soledad Mündung „ „ Lagunenseite 31,3 225 1500 Die Aussagen waren somit bestätigt. Dieses Süsswasservor- kommen in einem so trockenen Lande auf einer ca. 1000 m breiten und nur wenige Meter hohen, kahlen Düne, die auf beiden Seiten vom Meerwasser bespült wird, ist sehr überraschend. Das Loch, ausdem die vierte Probe erhoben wurde, lag nur 5 m vom Meerwasser weg; das Niveau des Süsswassers lag damals zur Flutzeit 25 em unter dem Meerniveau. Auch hier nimmt der Salzgehalt mit der Tiefe ‚ach zu, sodass man aus einem Loch nur wenige Hektoliter brauch- en Wassers schöpfen kann. Es schwimmt somit auf dem Salz- "asser der Düne überall eine dünne Süsswasserschicht, die wohl 132 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 nieht allein vom Regen gespiesen wird, denn die mittlere Regenmenge beträgt kaum über 10 cm und es regnet nicht jedes Jahr. Es handelt sich hier ohne Zweifel um Kondensationswasser. In der Nähe der Küste ist die Luft kühl, feucht, bildet viel Nebel und Tau, benetzt alle Gegenstände, während sie einige km vom Ufer entfernt sehr trocken ist. Der feine Dünensand verhindert einerseits die Diffusion mit dem untern schweren Salzwasser und anderseits die Verdampfung. Erklärung der abnormen Verschiedenartigkeit der Wässer im untersuchten Gebiete. Am auffallendsten unter den mitgeteilten hydrologischen Verhält- nissen ist ohne Zweifel die chemische Verschiedenartigkeit des Wassers. Wie ist es erklärlich, dass auf so kleinem Raume bei ähnlichen Bodenverhältnissen so verschiedene Wässer vorkommen? Wie kommt es, dass die in einem trockenen Flussbette nahe beisammenliegenden Grundwässer und Tümpel in ihrer Zusammen- setzung so sehr differieren und dass zwischen Chemismus, Lage und Grösse der Gewässer gar kein gesetzmässiger Zusammenhang besteht? 1. Am nächsten liegt die Annahme, die einzelnen Wässer seien verschieden weit fortgeschrittene Eindampfungsstadien ursprünglich ähnlicher Bodenwässer. Gegen diese Annahme sprechen mehrere Tatsachen, so die grosse Verschiedenartigkeit der Wässer in den Schächten, wo die Verdunstung keine Rolle spielt, der fehlende Zu- sammenhang zwischen Grösse und Salzgehalt der Teiche, die Salz- armut einzelner, bald eingetrockneter Tümpel (No. 54, 55, 57, 59 des Arroyo Salada) und der sehr hohe Salzreichtum einzelner grosser Teiche (No. 39, 43 des Arroyo Soledad und No. 64 und 66 des Arroyo Salada),. 2. Man könnte ferner annehmen, der primäre Salzgehalt des Bodens sei sehr verschieden, es werden durch die Flüsse und die Wasserschächte sehr verschiedene Bodenschichten angeschnitten, die an das Wasser verschiedene Salzmengen abgeben. Demgegenüber ist einzuwenden, dass die oberen Bodenformationen ausserordentlich gleichmässig sind. Am steilen Seitenufer des Teiches No. 64 konnte ich feststellen, dass der Salzgehalt des Bodens an der Oberfläche am grössten ist und nach dem Innern rasch abnimmt. Das Wasser hat also an den Boden das Salz abgegeben, nicht umgekehrt: ie Am besten können die beobachteten Verhältnisse erklärt werden durch die Annahme, dass die auf den frischen Dünen ” Lagune und Santa Maria-Bay beobachtete Überlagerung des Süss" Vierteljahrsschrift d. Naturf, Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919, THEY. Phot. Arn. Heim, 23. April 1915 7° a. m. Fig. 1. Agua del Leon. Tümpel im ausgetrockneten Schlammsand-Flussbett des Arroyo Santo Domingo; ein wichtiges Lebenszentrum. Wasserprobe Nr. 13. rähgeer N } Phot. E. Kluth, 13. Mai 1915. Fi . ; = 2. Künstliches Wasserloch im Dünensand an der Lagune nördl. d. Mündung afropo Soledad, nahe gegenüber dem pazifischen Ozean. Wasserprobe Nr. 36. Jahrg. 64. A. Hartmann. Wasseruntersuch. im Geb. d. Magdalena-Bay. 133 wassers auf dem Meerwasser auch im ganzen untersuchten Flachland vorhanden sei. Durch Untersuchungen in andern Küsten- und Dünen- gebieten, so besonders in Norddeutschland und Holland wurde kon- statiert, dass unter dem süssen Hydrometeorwasser immer Meerwasser liegt, dessen Oberfläche nicht eine Ebene, sondern eine unregelmässig gekrümmte Fläche ist. Die Form der Grenzfläche ist durch die hydrostatischen Verhältnisse und diese wieder hauptsächlich durch die Porosität des Bodenmaterials bedingt. In einem Dünengebiet steigt die Grundwasserfläche unter den Dünenwällen an, sinkt unter den Dünentälern. Damit hydrostatisches Gleichgewicht besteht, muss dann die Grenzfläche Süsswasser-Salzwasser unter den Wällen nach unten, unter den Tälern konvex nach oben verschoben sein. Solche Verhältnisse sind tatsächlich auf der ostfriesischen Insel Nor- derney beobachtet worden (vgl. Keilhack, Lehrbuch der Grund- wasser- und Quellenkunde, 8. 151£.), wo einer Erhöhung des Grund- wasserspiegels um 1,5 m über das Meeresniveau eine Depression der Salzwassergrenze um 50 bis 60 m unter den Meeresspiegel entpricht. Gegen die Annahme, dass im Untergrunde des Flachlandes hinter der Magdalena-Bay Meerwasser vorhanden sei, lässt sich nichts ein- wenden. Die in der Medanoszone und auch auf viel höheren Gebieten häufig zu findenden rezenten Muscheln beweisen, dass das Land in Hebung begriffen ist, also war das Flachland vor nicht gar langer Zeit Meer. Die Medanoszone war einst Dünenlandschaft, die Zone der Llanos Lagunengebiet (entsprechend der heutigen Dünen- und Lagunenzone). Die grossen Lagunen wurden seit dem Rückzug des Meeres mit feinem Schlamm und Sandmaterial aufgefüllt, sind aber heute noch wie die Medanoszone im Untergrunde mit Salzwasser durchsetzt. Auf diesem Salzwasser ruht eine mehr oder weniger dicke Süsswasser- schicht. Die spärlichen Winterregen werden vollständig, die seltenen tropischen Regen zum Teil vom Boden aufgenommen. Die schweren Bodenpartien sättigen sich bald mit Wasser, der Ton quillt auf und lässt weiteres Wasser nicht mehr einsickern; dieses fliesst den san- digen Bodenpartien zu, sickert dort ein oder wendet sich den De- Pressionen oder Flüssen zu. Das einsickernde Wasser sinkt bis auf das Salzwasser und bleibt dort liegen, weil eine Diffusion im Sand- boden sehr erschwert ist. Bei starkem Süsswasserandrang in gut durchlässigem Boden wird die Salzwasseroberfläche nach unten ge- drückt, hebt sich dafür im tonreichen Boden, wo wenig Süsswasser zutritt. In sandigen oder gar kiesigen Böden wird somit eine viel dickere Süsswasserschicht sein als im schweren tonigen. Ein Schacht Im Innern einer sandigen Bodenpartie wird viel süsses Wasser liefern, a 2 134 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 ein soleher in schwer durchlässigen wenig und salziges Wasser im selben Niveau. Wird die Grenzzone Salz-Süsswasser von einem Fluss durch- schnitten, so wird die Flussohle bald in der Salzwasser-, bald in der Süsswasserzone liegen. Die beim Eintrocknen des Flusses in den tiefsten Stellen des Flussbettes bleibenden Tümpel stehen bald mit dem Salzwasser des Untergrundes, bald mit bedeutenden Süss- wasservorräten in Verbindung, je nach der Porosität des Ge- steines. Der grösste von uns beobachtete Süsswasservorrat ist das Seelein der Agua verde (No. 62), das auf der Nordostseite durch unterirdische Quellen, die aus konglomeratischen Schichten fliessen, gespiesen wird und keine Anzeichen einer Niveauabsenkung aufweist. Ohne Zweifel macht die Salzwassergrenze unter diesem Süsswasserbecken eine starke Depression nach unten, deshalb bleibt das Wasser des Seeleins immer salzarm. Das Gegenstück bildet der fast ebensogrosse langgestreckte Teich No. 64, der nur ca. 1,3 km unterhalb im selben Talboden liegt. Auf dem steilen Südostufer des Teiches ist ein schwerdurchlässiger, tertiärer Sand- stein anstehend, der ohnehin wenig Süsswasser aufnehmen kann. Das Süsswasserquantum und somit der hydrostatische Druck des Süsswassers ist also hier klein, es muss das Meerwasser höher steigen und den Teich versalzen. Durch die Annahme einer im ganzen Gebiet des Tieflandes vor- handenen Salzwasserunterlage mit welliger Oberfläche, die überlagert ist von einer verschieden dicken Süsswasserschicht, können alle die merkwürdigen Wasserhältnisse des von uns untersuchten Gebietes erklärt werden. Wichtigste Resultate der Wasseruntersuchungen. 5 . Die in der Bergregion entspringenden Quellen sind von den Oasen- dörfern Purisima und Comondu vollauf ausgenützt zur Bewässerung der dort vorhandenen Kulturen. Grundwasserströme existieren in den Talläufen nicht. Das an vielen Orten gefundene Grundwasser stammt aus einer stagnierenden, wenig dicken und unreselm&<<: Si rschicht, die offenbar auf einer Salzwasserunterlage roh Es kann sein, dass an einzelnen Stellen, wo grobe ausgedehnte Sande oder gar Konglomerate im Boden Vorkamuik die Grund- wassermasse beträchtliche Dimensionen annimmt, so z. B. bei Agua verde und Matancita. Da aber alle in der Phäns angetrofienen m m » Jahrg. 64. A. Hartmann. Wasseruntersuch. im Geb. d. Magdalena-Bay. 135 or — I Wasseransammlungen, auch die beiden eben genannten abflusslos sind, sollte durch ein systematisches Abpumpen die Grösse dieser Vorräte zuerst ermittelt werden. . Da die Niederschläge im Mittel 10 bis 20 cm per Jahr nicht übersteigen dürften und das meiste Wasser der heftigen tropischen Regen oberflächlich abfliesst, die Kulturpflanzen aber zum Gedeihen in der heisstrockenen, bewegten Luft mindestens 1 bis 1,5 m Wasser pro Jahr brauchen, so würden die jetzt vorhandenen Wasservor- räte wahrscheinlich bald aufgezehrt sein und könnten sich bei kon- tinuierlicher Kultur nicht mehr regenerieren. . Auch im günstigsten Falle könnte auf die Dauer nur ein ganz kleiner Teil des im Lande vorhandenen guten Bodens künstlich bewässert werden. . Das im Wasser vorhandene Salz ist zur Hauptsache Natrium- chlorid und stammt aus dem Meere und wurde dem Lande entweder durch die Luft zugeführt oder ist ein Relikt des früher ausge- dehnteren Meeres. Ausgesprochene Alkaliböden kommen nicht vor. Die Eignung des Wassers zu Trink- und Bewässerungszwecken wurde schon oben auf Seite 127 erläutert. Über die Ursachen der geologischen Epochen. Von L. Zeunper (Zürich). (Als Manuskript eingegangen am 5. September 1918.) Aus den übereinanderliegenden geologischen Schichten ist der Schluss gezogen worden, dass unsere Erde ım Laufe unermesslicher Zeiten sehr verschiedenen Daseinsbedingungen unterworfen war. Eis- zeiten sind auf ihr entstanden, und zwischen den Eiszeiten hat es heisse Perioden mit Sintfluten gegeben. Durch derartige mächtige Umwälzungen auf der Erdoberfläche sind vermöge der damit ver- bundenen Klimaänderungen viele Lebewesen gezwungen worden, aus- zuwandern, wenn es ihnen nicht gelang, sich den ‘neuen Daseinsbe- dingungen anzupassen. Es ist nicht wahrscheinlich, dass die genannten geologischen Umwälzungen in inneren Vorgängen unserer Erdkugel — etwa in mächtigen Einbrüchen der Erdkruste, durch einen von aussen ein- stürzenden, verhältnismässig grossen Weltkörper, oder in gewaltigen chemischen oder radioaktiven Wirkungen — ihre Ursachen haben und entsprechend grossartige Vorgänge, die nur in unserem Sonnen- system abgelaufen sind, — etwa Einstürze früher noch dagewesener Planeten in die Sonne — möchte ich dafür im wesentlichen auch nicht verantwortlich machen. Vielmehr glaube ich, aus den neueren astronomischen Forschungen müsse namentlich auf Einwirkungen geschlossen werden, die ausserhalb unseres Sonnensystems liegen. Unsere Sonne bewegt sich mit einer Eigengeschwindigkeit von etwa 20km in der Sekunde durch das Weltall hindurch. Nun ist der unserer Sonne am nächsten befindliche Stern « Centauri etwa 4,3 Lichtjahre von ihr entfernt. Ferner hat unser ganzes Stern“ system nach v. Seeligers Forschungen !) endliche Dimensionen, die von ihm im Mittel auf etwa 9000 Lichtjahre abgeschätzt worden sind. Würdesichal ere Sonne itder genannten Eigengeschwindig- keit gegen den Stern « Centauri bewegen, so hätte sie ihn in 4,3.300 000/20 — 64500 Jahren erreicht und unser ganzes Sternen“ '!) Neweomb, Astronomie, 4. Aufl., Leipzig 1911, S. 642. Jahrg. 64. L. Zehnder. Über die Ursachen der geologischen Epochen. 137 ee _ system würde sie bei gleichbleibender Richtung und Eigengeschwindig- keit in 135 Millionen Jahren durchmessen. Nähme dagegen ihre Eigen- geschwindigkeit bei ihrer Bewegung von der Mitte unseres Sternsystems, wo sie sich jetzt ungefähr befinden soll, nach aussen gleichmässig bis auf Null ab, so würde sie sich im gleichen Zeitraum (135 Mill. Jahre) von der genannten Mitte bis zu den äussersten wahrnehm- baren Sternen bewegen. In der Tat muss durch Gravitationswirkungen, _ die alle anderen Sonnen und alle übrigen kosmischen Massen des Sternsystems auf unsere Sonne ausüben, ihre Eigengeschwindigkeit verzögert werden, wenn sie sich vom Sternsystemzentrum nach aussen _ bewegt, sie muss beschleunigt werden, wenn sie gegen dieses Zentrum gezogen wird. Nun kann sich aber unsere Sonne nicht dauernd geradlinig fort- bewegen. Wenn nämlich Gravitationswirkungen die Ursache ihrer i Bewegung sind, so müssen ja die ihr am nächsten befindlichen Sterne N. die grösste Wirkung auf sie haben. Stände unsere Sonne lange Zeit _ Aur unter dem Einfluss eines einzigen, ihr am nächsten benachbarten Sternes, so müsste sie um ihn bezw. um den, beiden Weltkörpern gemeinsamen Schwerpunkt einen Kegelschnitt (Ellipse, Parabel, Hyperbel) beschreiben. Sicher ist also die Sonnenbahn eine ge- krümmte Kurve, wahrscheinlich wird sich die Sonne in Jahrmillionen weithin durch das Sternsystem hindurchschlängeln. Kommt sie da- bei den ihr jeweils am nächsten benachbarten Sternen, die ja auch alle, ähnlich wie sie, ihre Eigenbewegungen haben, nur wenig nahe, so wird ihre Bewegungsrichtung durch diese Nachbarsterne nur wenig geändert; kommt sie ihnen aber sehr nahe, so kann sie in beträcht- lich andere Richtungen abgelenkt werden, um so mehr, je näher sie an denselben vorbeifährt und je grösser deren Massen sind. So könnten vielleicht Milliarden oder gar Billionen von Jahren ver- ichen, bis unsere, Sonne einmal zufällig gerade den äussersten E Rand des ganzen Sternsystems erreichte. . Wenn unser Sternsystem endlich begrenzt ist, wenn es durch die Gravitationskräfte seiner eigenen Bestandteile aufeinander zu- | ' Sammengehalten wird, so müssen wir folgern, dass sich die grössten 2 assenansammlungen, teils als Sterne, teils als kosmische Nebel, Als fein verteilte kosmische Meteoritenmassen, in der Nähe seines Zentrums befinden, dass an der Grenze des Sternsystems relativ nur * Noch Spärliche Massen vorhanden sind. In Zeiträumen also, in denen A unsere Sonne dem Sternsystemzentrum nahe .befindet, wird 16 mächtige: kosmische Massen, Meteorite in ungeheurer Zahl zu r Sich heran und in sich hereinziehen; sie wird dadurch Energie ge- au hr = En ie EN Free” kon ES RE Ey Eh 2 = 138 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 nug aufnehmen, um entsprechend intensive Strahlungen verausgaben zu können. Der besonders grossen Sonnenstrahlung entsprechend wird unsere Erde in dieser Weltlage eine besonders grosse Wärmezufuhr erhalten, sie wird eine besonders heisse Periode durchmachen. In andern Zeiträumen aber, in denen sich unsere Sonne der Stern- systemgrenze nahe befindet, in denen sie wenig, zuletzt wohl fast gar keine kosmischen Massen mehr in sich hereinzuziehen vermag, wird sie sich abkühlen; sie kann sogar erkalten, jede Strahlung ver- lieren, und entsprechend wird auch unsere Erde eine Kälteperiode durchzumachen haben. Indessen ist, wie bemerkt, die Wahrscheinlichkeit des Eintretens namentlich dieser letztgenannten Kälteperiode ausserordentlich ge- ring. Viel wahrscheinlicher ist das Hindurchfahren unserer Sonne, wie überhaupt irgend eines anderen Sterns oder Weltkörpers, durch einen der zahlreich vorhandenen kosmischen Nebel hindurch. Denn solcher kosmischen Nebel gibt es, wie durch die photographischen Durchmusterungen des ganzen Himmels (l. c. S. 495 ff.) festgestellt worden ist, eine ungeheure Anzahl, fast an jeder Stelle des Himmels hat man mehr oder weniger umfangreiche kosmische Nebel gefunden. Wenn daher unsere Sonne bei ihrem Sichhindurchschlängeln zwischen den andern Sternen einen solchen kosmischen Nebel durchzieht, 80 müssen entsprechende Veränderungen auf ihr und auf den sie be- gleitenden Planeten eintreten. Allerdings wissen wir nicht, woraus die kosmischen Nebel bestehen. Vielfach werden sie als schwach (etwa elektrisch) leuchtende, sehr verdünnte Gasmassen aufgefasst. Welches aber auch ihre Beschaffenheit sein mag, sicher werden solche Nebel die Strahlung der Sonne irgendwie beeinflussen, sei es durch Verstärkung, sei es, etwa vermöge der Absorption, durch Schwächung . derselben. Bedenken wir, welche Ausdehnung die meisten kosmischen Nebel haben, die zu unserer Wahrnehmung gelangen, Ausdehnungen, die der Grössenordnung nach Hunderttausende von Jahren für das Hindurchfahren unserer Sonne durch den ganzen Nebel erfordern, so begreifen wir leicht, dass z. B. solche Absorptionswirkungen, won sie auch nur schwach wirkten, doch im Verlaufe so ungeheurer Zeit- räume die Strahlung unserer Sonne und damit das irdische Klima ausserordentlich stark beeinflussen könnten. Nach meiner Auffassung sind aber die kosmischen Nebel nicht etwa leuchtende stark verdünnte Gasmassen, die ihr Leuchten nur zu bald verlieren müssten, vermöge ihrer Lichtstrahlung, sondern sie sind Wolken kosmischen Staubs, Meteoritenwolken ?), welche sich ‘) L. Zehnder, Ewiger Kreislauf des Weltalls, Braunschweig 1914, S-. 310. Jahrg. 64. L. Zehnder. Über die Ursachen der geologischen Epochen. 139 in grosser Zahl im ganzen Sternsystem befinden, welche dieses mit gewissen Eigengeschwindigkeiten als Meteoritentriften durchziehen, ohne uns aber im allgemeinen sichtbar zu sein. Sie verdecken auch nicht die hinter ihnen befindlichen Sterne, weil ihre Meteorite viel zu klein sind, viel zu grosse Abstände von einander haben und sich viel zu schnell bewegen. Nur dann können sie uns sichtbar werden, wenn sie von einem sehr nahen hellen Stern genügend beleuchtet werden, oder wenn sie sehr erhitzt werden, dass sie selbst leuchten. Aber derartig erhitzte Meteorite haben ihre Strahlung auch sehr bald verausgabt, dann kehren sie wieder in ihren nichtstrahlenden Zustand zurück, sie werden wieder unsichtbar. Solcher unsichtbarer kosmischer Nebel, Meteoritentriften, gibt es nun in unserem Sternsystem eine ungeheure Anzahl. Jede Trift hat, wie jeder Stern, ihre bestimmte Eigengeschwindigkeit, mit der sie sich durch das Sternsystem hindurchbewegt, aber diese Ge- schwindigkeit und die Bewegungsrichtung sind im allgemeinen für jede Trift verschieden. Bewegen sich nun an einer Stelle des Welt- Taums zwei solche Meteoritentriften durcheinander hindurch, indem sie diese Stelle in wesentlich verschiedenen, teilweise in entgegen- gesetzten Richtungen durchfliegen, so stürzen dort zahlreiche Meteorite der beiden Triften zusammen. Dadurch werden sie für uns erst sichtbar. Kometen, die unserer Sonne sehr nahe kommen, können bis auf Bigengeschwindigkeiten von etwa 600 km gebracht werden. Meteo- rite, die in unsere Erde stürzen, haben stets viel kleinere Geschwindig- keiten, immerhin noch solche von über 50km in der Sekunde. Da- neben erscheint die Eigengeschwindigkeit der Sonne selber, etwa 20 km, schon ziemlich klein. Stürzen aber, beim Hindurchfahren von Meteoritentriften durcheinander, die Meteorite auch nur mit Ge- schwindigkeiten von einigen 20 bis 50 km aufeinander, so erhitzen Sie sich dabei doch — der mechanischen Wärmetheorie zufolge — gegenseitig bis zur hellsten Glut. Gase, die in ihnen okkludiert waren, werden frei, bilden Gashüllen um sie, brennbare Gase werden ent- zündet. Jedes Paar ineinander gestürzter Meteorite der beiden Triften Strahlt also während einer gewissen, wenn auch nicht grossen Zeit- dauer teils ein kontinuierliches Spektrum, teils ein Gasspektrum (Linien- oder Bandenspektrum) aus, teils wirkt es auf Licht anderer Meteoritenpaare, von dem seine @ashülle durchsetzt wird, absor- bierend ein. So haben wir von verschiedenen ineinandergestürzten Meteoritenpaaren verschiedene Strahlungen zu erwarten. Jede solche Strahlung ist an sich nur von ziemlich beschränkter Zeitdauer, aber 140 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Millionen, vielleicht Billionen von Meteoritenpaaren stürzen bei aus- gedehnten Nebeln jeden Augenblick zusammen und Hunderttausende von Jahren mögen verstreichen, bis die grössten in unserem Stern- system vorhandenen Meteoritentriften vollständig durcheinander hin- durchgefahren sind. Dabei werden natürlich nur solche Meteoriten- paare besonders helleuchtend, die aus beiden Meteoritentriften stammen, mit andern Worten: die kleinere Trift bildet sich, soweit sie die grössere Trift durchsetzt, gewissermassen in ihr ab; nur so weit wird sie leuchtend. Würde also z. B. ein spiralförmig gebautes Meteoritensystem durch eine viel grössere Meteoritentrift sehr gleich- mässiger Meteoritenverteilung hindurchfahren, so würde nur das Spiralsystem zum Leuchten gebracht, wir würden einen Spiralnebel sehen. Fährt nun unsere Sonne bei ihrer Wanderung im Sternsystem durch eine solche unsichtbare oder sichtbare Meteoritentrift, durch einen kosmischen Nebel hindurch, so zieht sie in entsprechend ver- stärktem 'Masse kosmische Massen an sich heran, sie erhitzt sich durch die unmittelbar in sie hineingestürzten Meteorite, sie ver- dampft mindestens einen Teil der Massen der Meteorite, die nahe genug um sie herumfahren, die sich nachher in abgelenkten Rich- tungen wieder von ihr entfernen. So ändert sich also die Strahlung der Sonne durch Zeiträume hindurch, die nach tausenden, ja nach hunderttausenden von Jahren zählen können, je nach der Grösse der durchsetzten Meteoritentriften. Zu gewissen Zeiten während dieses Hindurchfahrens wird die Sonnenstrahlung verstärkt sein, sofern ihre Oberfläche durch die hineingestürzten Meteorite stärker erhitzt worden ist und eine Absorption nicht wesentlich schwächend wirkt; zu an- dern Zeiten wird aber die Wirkung der Absorption überwiegen. Hierdurch sind also die wechselnden Bedingungen gegeben, die, ein- geschoben in die langdauernden Perioden langsamer stetiger Ver- änderungen unseres ganzen Sonnensystems, zu den grossen geologi- schen Umwälzungen geführt haben, wie sie als Eiszeiten und Sint- fluten ihre Wirkungen auf die Erdoberfläche und auf alle l,ebewesen ausgeübt haben. Jedes Hindurchfahren unserer Sonne durch eine mächtige Meteoritentrift hindurch verändert ausserdem dauernd ihre Masse, die Umlaufzeiten: ihrer Begleiter und erhöht ihren Energie- inhalt, so dass sie wieder Jahrtausende oder Jahrmillionen eine fast u gleichbleibende Strahlung auszusenden vermag. £ ie Pa EZ x a ee Se BE 7 a De BE SE 7 Entwurf einer Übersicht der Erdöllagerstätten. Von ERNST BLUMER (Zürich-Zollikon). (Als Manuskript eingegangen am 27. September 1918.) „Jedes Erforschte ist nur eine Stufe zu etwas Höherem in dem verhängnisvollen Lauf der Dinge.“ Alex. v. Humboldt, Das Erdöl, dieses schwankende Gemisch verschiedener Kohlen- wasserstoffe, dessen Ausbeute diejenige fast aller anderen Bergbau- produkte überflügelt hat und zurzeit an Wert nur noch von Kohle und Eisen übertroffen wird, hat sich im Lauf der letzten fünf Jahr- zehnte als ein Naturkörper von ungeahnt universeller Ver- breitung erwiesen. Selbst in den Kometen, Meteoriten und manchen Fixsternen und in geringer Menge in verschiedenen vulkanischen Aus- hauchungen sind Kohlenwasserstoffe nachgewiesen, wie auch in Er- starrungsgesteinen in seltenen Fällen vereinzelte Öltröpfehen aufge- funden worden. Die grossen und reichen Ölvorkommen der Erdrinde, ‚die eigentlichen, ausbeutbaren Erdöllagerstätten sind indessen, wiewohl ebenfalls über die ganze Erde verbreitet, doch so gut wie ausnahmslos auf Sedimentgesteine beschränkt. Einzig in Place- ‚Mita Canyon im südlichen Kalifornien, 30 km nördlich Los Angeles, in der Santa Clara Valley, haben einmal vorübergehend ein paar Bohrungen einige Fass Öl aus kristallinen Schiefern gewonnen. Eldr idge und Arnold, die diese Gegend beschrieben haben), nehmen gewiss mit Recht an, dass dieses Erdöl aus dem anstossenden, in sanz Kalifornien so ölreichen Tertiär stamme und nun bloss auf sekundärer Lagerstätte in den Fugen und Klüften des kristallinen Schiefers auftrete. Aber immerhin sind hier tatsächlich ein paar Fass | en öl aus gneissähnlichen Gesteinen erbohrt worden! Diese eine kleine Ausnahme steht allein und ist erklärt. Von ihr abgesehen, stammen Alle die tausende von Millionen Fass, die hunderttausende von Millionen ‚Litern Petroleum, die bisher gewonnen wurden, überall, in Pennsyl- ; Bere ) U. 8. Geol. Survey, Bull. 309, S. 100. 142 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 vanien gleich wie in Kalifornien, an den Ufern des kaspischen Meeres wie am Fusse der Karpathen, in Mexiko wie in Hinterindien aus sedimentären Lagerstätten, schöpfen alle die hunderttausende von Ölbohrungen, die hunderte und hunderte von Ölfeldern in den ver- schiedensten Regionen und Erdteilen aus Schichtgesteinen, und es giebt kaum eine Stufe der geologischen Sedimentreihe zwischen Silur und Tertiär, die nicht irgendwo als ölführend erkannt worden wäre! Wie jede Flüssigkeit es tun würde und wie das Wasser es tut, so erfüllt das Erdöl die in den Sedimentgesteinen vorhandenen Hohl- räume. Als solche haben trotz ihrer Kleinheit die Gesteinsporen durch ihre ungeheure Zahl und ihr daher doch bedeutendes Gesamt- volumen die weitaus grösste Bedeutung und überragen an Wich- tigkeit alle Gesteinshohlräume anderer Natur, wie beispielsweise Spalten und Klüfte um ein vielfaches. Erdölgänge können demnach zwar auch vorkommen; solche Spaltenausfüllungen sind aber von geradezu verschwindender Bedeutung verglichen mit den grossen Erdölmengen, die in feine Gesteinsporen eingeschlossen sind. Hierbei wiederum überwiegen wahrscheinlich die Erdölvorräte in mächtigen Tonschiefermassen diejenigen in Sandstein oder Kalkstein. Aber mit diesem Schieferöl verhält es sich wie mit dem Golde des Meer- wassers; es ist zu allgemein verbreitet, zu diffus verteilt und kann daher nicht gewonnen werden; es wird auch infolge der Feinheit der Poren und der damit zusammenhängenden starken Adhäsion und inneren Reibung nur schwer abgegeben, kann nicht wandern, ist gewissermassen fest mit dem Gestein verknüpft. Mächtige Schiefer- massen, obwohl selbst oft öldurchtränkt, wirken daher in der Natur gerade als undurchlässige Hüllen, welche diejenigen Sedimente hermetisch einschliessen, die mit ihren grösseren Poren das Erdöl leicht wandern, leicht sich sammeln und beim Anbohren leicht ab- fliessen lassen. Ton- und Tonschiefergesteine sind somit vortreffliche Deckgesteine oder Hüllschichten. Die eigentlichen Ölbehälter oder Ölspeicher für grosse Ansammlungen sind ausnahmslos gröber porige Sedimente, in erster Linie poröse Sande oder gar Konglome- rate, in zweiter Linie kavernöse Kalke oder Dolomite. Aus Ölsanden wird Erdöl gewonnen in Pennsylvanien, in Ih- nois, in Oklahoma-Kansas, in Kalifornien, im Kaukasus, in Rumänien. usf. Aus Ölkalken stammt das meiste Öl in der Lima-Indians- Ölregion von Ohio und Indiana, in Louisiana und Texas am Golf vn Mexiko, in Mexiko selbst, in Kanada, usf. So erscheinen die Erdöllagerstätten als Imprägnationen von porösen Sandstein- oder Kalksteinbänken, die zwischen R ; 7 Jahrg. 64. E. Blumer. Entwurf einer Uebersicht der Erdöllagerstätten. 143 _ undurchlässige Tonschichten eingeschlossen sind. Wie diese Sande oder Kalke bilden sie Lager, Linsen, Flötze. Sie sind daher als Imprägnationsflötze, Imprägnationslager oder kurzweg als Lager zu bezeichnen, die in vielfacher Wiederholung in die sedi- mentäre Schichtreihe eingeschaltet sind. Folglich wird heute kein Eingeweihter mehr in rein vulkanischen Gebieten oder in den kristallinen Kernen unserer Hochgebirge nach ‚Erdöl suchen. Aber selbst innerhalb der sedimentären Regionen der Erdkruste überwiegen die ölleeren Flächen. Welches sind die Gesetze, die hier die ungleichmässige Verteilung der Ölvorräte regeln? Warum ist an einer Stelle ein einziger Quadratkilometer die Quelle unerhörten Reichtums, während in weitem Umkreis tausende von Quadratkilo- metern steril bleiben? Solche und ähnliche Fragen einer Lösung näher zu bringen, gehört zu den dankbarsten Aufgaben der modernen Geologie. Schon vor mehr als einem halben Jahrhundert wurde ungefähr gleichzeitig in Pennsylvanien wie in Hinterindien die eigentümliche Tatsache erkannt, dass die Erdöllager meist auf den Scheiteln der Schichtfalten liegen, dass Erdöllager und Antiklinalaxen sich decken. Bald fand man dieselbe Gesetzmässigkeit auch in anderen Gegenden immer und immer wieder. Gleichzeitig beobachtete man als noch all- gemeinere Wahrheit, dass das Erdöl stets von Salzwasser begleitet ist. Wir können heute mit ziemlicher Sicherheit sagen, ohne aller- dings in dieser kurzen Abhandlung auf eine Begründung eintreten zu können, dass dieses Salzwasser einen Rest alten Meerwassers gleich- wie das Erdöl ein Umwandlungsprodukt der darin einst abgestorbenen Lebewesen darstellt. Erdöl und Salzwasser waren daher ursprünglich ‚iffus gemischt; ersteres ist ja inmitten des letzteren langsam ent- Ständen. Wie wir aber, wenn wir Salzwasser und Öl in einem ein- fachen Reagenzglase schütteln, bald wahrnehmen, dass das leichtere 2 0 nach oben steigt, das schwerere Wasser nach unten sinkt und so fie beiden Stoffe sich nach ihrem spezifischen Gewichte scheiden, so ‚hat diese Trennung von Wasser und Öl nach der Dichte sich auch in der Natur im Grossen vollzogen. Das Erdöl wanderte innerhalb der Porösen Ölhorizonte nach oben, das Salzwasser nach unten; ım | inklang damit treffen wir heute in einem gefalteten Ölhorizont Erd- öl oben in den Faltenscheiteln, Salzwasser unten in den Schenkeln ' nd Mulden. Wer auf der Antiklinale bohrt, erhält Öl; wer in der °yaklinale bohrt, erhält Salzwasser! Das ist die ebenso einfache wie Seniale Erklärung des antiklinalen Vorkommens der Öllagerstätten, ® 820g. Antiklinaltheorie, die schon im Jahre 1861 in Kanada 144 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 durch den weitblickenden Sterry Hunt aufgestellt worden ist. Sie hat sich seither in den verschiedensten Weltgegenden als wahres „Ei des Kolumbus“ erwiesen; man hat, ihr folgend, in zahllosen Öl- feldern so beispiellose Erfolge erzielt und sie immer von neuem be- stätigen können, dass es nicht wunder nehmen kann, wenn viele ge- neigt sind, den antiklinalen Typus der Erdöllager für den allein mög- lichen zu halten. Während zwar Höfer, der selbst zur Ausbreitung der Antiklinaltheorie sehr viel beigetragen hat, doch immer noch vorsichtig bloss vom „begünstigenden Einfluss der Antiklinalen* spricht, gehen manche andere gleich ins Extrem und sagen: „Ohne Antiklinalen keine Ölanhäufungen!* Hat dies ja eigentlich sehon Sterry Hunt getan, der 1867 die Ansicht vertrat, dass alle produk- tiven Ölquellen Nordamerikas in Undulationen der Schichten, das heisst in Axen der Antiklinalen angetroffen werden.“') Dieser Ausspruch des genialen Urhebers der Antiklinaltheorie geht aber zu weit. Er gilt, wie wir im folgenden zeigen werden, nicht einmal für ganz Nordamerika. So wunderbare Erfolge diese Lehre in vielen Ölregionen erzielt hat, so verfehlt wäre es, ihr un- | beschränkte Gültigkeit zuzuschreiben. Der allgemeinste Überblick teilt die sedimentären Regionen an der Oberfläche unseres Planeten in Tafelländer und in Faltenländer; erstere bilden die unabsehbaren Ebenen, letztere die langgedehnten Züge der Kettengebirge. Die antiklinalen Erdölvorkommen sind naturgemäss auf die gefalteten Zonen der Krdkruste beschränkt; wir finden sie namentlich in deren einfacher gefalteten Teilen am Fuss der hohen Gebirgszüge, in den Vorländern der Gebirge, so zu beiden Seiten des Kaukasus, so in Galizien und Rumänien am Aussenabfall der Karpathen, in der appalachischen Ölregion am Westfuss der Alle- ghanies, in der grossen Geosynklinale der CentrallValley of California zwischen Sierra Nevada und Coast Range, wie am Fuss der hinter indischen Gebirgszüge. : Die ölführenden Falten können alle möglichen Formen und Dr mensionen annehmen. Ihre Länge kann zwischen 10 und 100 km ihre von Mulde zu Mulde gemessene Breite von 3 bis 15 km schwanken = Ihr horizontaler Verlauf kann geradlinig oder bogenförmig sein, A in einzelnen Fällen können die Falten aus zwei völlig rechtwinklig u einander verlaufenden Teilen bestehen. Der Faltenscheitel kann eine oder = !) Bull. soe. geol. France 2, Bd. 24, 1867, S. 570. Jahrg. 64. E. Blumer. Entwurf einer Uebersicht der Erdöllagerstätten. 145 ' mehrere Kulminationen besitzen. Die Neigung der Schenkel kann nur einige Grade betragen, misst aber doch meistens zum mindesten 10—20°; sie kann bei einem oder bei beiden Schenkeln bis auf 90° ansteigen, ja der eine Schenkel kann selbst stark überliegen. Dem- nach unterscheidet man flach- oder breitgewölbte und steilschenklige, enggedrängte Ölantiklinalen, ferner Ölantiklinalen mit und ohne flache Scheitelumbiegung, schliesslich aufrechte, geneigte und über- liegende Ölantiklinalen. Die bedeutendsten dieser Öllagerstätten sind, der Antiklinaltheorie entsprechend, gewöhnlich an schöngewölbte Faltenscheitel ge- knüpft. Wir schlagen für diese wichtigsten, auf den Faltenscheiteln gelegenen Öllager die Bezeichnung Scheitellager vor. Diese Scheitel- lager wandeln sich sowohl nach den Schenkeln wie nach dem einen und andern Gewölbeabfall in Salzwasserlager um; wo ferner der Faltenscheitel anstatt einer mehrere Kulminationen besitzt, trifft man häufig schon auf den die Kulminationen trennenden Scheitel- depressionen Salzwasser an; das Scheitellager ist hier auf mehrere Kulminationen verteilt; es zerfällt in mehrere Kuppellager. Es sind also gerade die stärksten Erhebungen des Faltenscheitels, die domförmigen Aufwölbungen, die Kulminationen oder Kuppeln, die sich am ölreichsten erweisen. Und wie jede Antiklinale eine oder mehrere Kulminationen besitzt, so bildet jedes solche Scheitellager zugleich ein oder mehrere Kuppellager, die durch ölarme oder sterile Scheiteldepressionen getrennt werden. Das Erdöl ist innerhalb des gesamten Faltenbereichs tatsächlich nach den allerhöchsten ihm zu- 'gänglichen Punkten gewandert. . Besonders bekannte Beispiele solcher Kuppellager sind manche Ölfelder von Baku, ferner Groznyi am Nordfuss des Kaukasus, Bo- ryslaw-Tustanowice in Galizien, viele Ölfelder der appalachischen Ölregion in Pennsylvanien, Westvirginien und Kentucky, das grosse Saltereekfeld in Wyoming, das berühmte Spindletop-Feld in Texas, wie auch die meisten hinterindischen Ölfelder. Die Breite der produktiven Kuppellager schwankt nach ihrer Grössenordnung um einen Kilometer, die Länge kann 1—10 km und mehr betragen; die Flächenausdehnung kann von Bruchteilen eines Quadratkilo- meters bis auf 10 und 20 Quadratkilometer ansteigen. N Im Laufe der Zeit stiess man aber da und dort auf Ollager, die zwar immer noch auf dem Faltenscheitel liegen, aber nicht mehr - Auf dessen höchster Erhebung; man lernte Scheitellager kennen, die keine Kuppellager sind. Man fand nämlich da und dort produktive rstätten im Gewölbeabfall, zwar stets vereinzelt, aber oft von Vierteljahrsschrift d, Naturf.Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 10 146 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 unerwartetem Reichtum. Als besonders bedeutendes Beispiel solcher Scheitellager im Gewölbeabfall seien erwähnt die reichen Öl- lager im südlichen Abfall der Coalinga-Antiklinale in Kalifornien; ein weiteres, kleineres aber sehr schönes Beispiel ist das Shannon- Feld im nördlichen Abfall der Saltereek-Kuppel in Wyoming, ebenso Arbanasi im nördlichen Gewölbeabfall der Berca-Beciu-Antiklinale in Rumänien. Schon diese Depressionslager scheinen im Widerspruch zu stehen mit der Antiklinaltheorie, nach der wir doch eigentlich das Erdöl auf der höchsten Kulmination erwarten sollten. Das Öl ist aber in diesen Fällen meist in seiner Wanderung unterbrochen worden dadurch, dass der Ölhorizont gar nicht bis zur Kulmination reicht, sondern vorher entweder auskeilt oder durch einen Bruch abge- schnitten wird oder gar offen ausstreicht. Man kann demnach aus- keilende, abgeschnittene oder offen ausstreichende Scheitel- lager im Gewölbeabfall unterscheiden; davon kommen als ge- legentlich reich Pe Vorkommen namentlich die ersteren beiden in Betracht. Gänzlich im Widerspruch mit, der Lehre vom antiklinalen Vor- kommen der Öllager stehen nun aber die Schenkellager, die man in den letzten Jahrzehnten an manchen Orten entdeckt hat und die in seltenen Fällen sogar ebenfalls sehr reich sein können. Schenkel- lager finden sich mit Vorliebe m stark und unregelmässig ge- falteten Schwerölregionen. Das Musterland der Schenkellager ist daher Kalifornien. Dort schöpft das Westside-Feld im Coalinga-Distrikt aus einem ganz aus, nahmsweise reichen Schenkellager im Ostabfall der Coast Range zur Central Valley of California. Ebenso enthält die Region der Puente Hills südöstlich Los Angeles reiche steile Schenkellager. Zahlreiche kleinere produktive Schenkellager finden sich zu beiden Seiten des Tales von Santa Clara nordwestlich Los Angeles. Der Geologe, der aus den Ölgebieten Pennsylvaniens oder Bakus oder Birmas kommt, traut seinen Augen erst kaum, wenn er in Kalifornien zahlreiche produzierende Brunnen in ganz steilen Schichten antrifft! Auch in den durch Deckenbau ausgezeichneten Ölgebieten Ga- liziens findet man produktive Schenkellager. Immerhin sind in der . Mehrzahl der Fälle, wie in Kalifornien so’ noch mehr in Galizien, die Erträge dieser Schenkellager klein. Zwei weitere stark und unregelmässig gefaltete Ölregionen, die wir vergleichend betrachten wollen, sind die Golfküste von Loui- Jahrg. 64. E. Blumer. Entwurf einer Uebersicht der Erdöllagerstätten. 147 siana-Texas und die rumänische Ölregion. Beide Ölgebiete haben den gemeinsamen Zug, dass mächtige Salzablagerungen der ölführenden Stufenfolge eingeschaltet sind. An der Golfküste treffen wir eigentümliche, orographisch zwar kaum sich abhebende, aber tektonisch jäh und unvermittelt aus dem umgebenden Flachlande aufsteigende Salzdome, die schon früh Aufsehen erregt haben und vielfach aufgefasst wurden als Aufwölbungen, erzeugt durch die Kristallisationskraft des Salzes! Nach unserer Auffassung handelt es sich jedoch sowohl in den kuppelartigen Aufwölbungen der amerikanischen Golfküste mit ihren Salzkernen wie in .den rumänischen Antiklinalen mit ihren Salzkernen um Falten, die deshalb besonders stark gestört und unregelmässig sind, weil die in die gefaltete Schichtmasse eingelagerten plastischen Salzschichten sich dem Faltungsvorgang gegenüber anders verhalten haben als die übrigen Schichten. Wahrscheinlich vollzieht sich jede Faltung, worauf zuerst Buxtorf im schweizerischen Jura aufmerksam gemacht hat, über einer plastischen Schichtgruppe, die als Schmiermittel und Füllmittel die sich faltende Decke von der ruhig bleibenden | Unter- lage trennt und gleichzeitig in die sich aufwölbenden Faltenkerne . emporsteigt. Wo nun gar ganz ausnahmsweise plastische Salzschichten die Faltungsunterlage bilden und in die Faltenkerne aufsteigen, da ist die Faltung eine besonders unregelmässige geworden. Das gilt auch für andere gefaltete Salzregionen. Im Einklang damit sind an der Golfküste wie in Rumänien die Gewölbeschenkel vielfach ver- Quetscht oder zerrissen. Dementsprechend sind auch die Ölhorizonte in den Schenkeln bald linsenförmig angeschwollen, bald ganz zer- drückt oder abgeschnitten. Es ist daher nur natürlich, dass in diesen Regionen besonders häufig eine Wanderung des Öles nach dem Kuppelhöchsten durch Brüche oder durch Ausquetschung verhindert Wurde; was an anderen Orten durch primäres Auskeilen, ist hier durch tektonische Ausquetschung erreicht worden. Wir werden somit ‚In diesen Gebieten neben ausstreichenden und auskeilenden namentlich abgeschnittene und abgequetschte Schenkellager antreffen. Für Loui- "ana-Texas wie für Rumänien sind denn auch Schenkellager an Falten, deren Kern von Salzkörpern gebildet wird, vielfach be- eichnend. An beiden Orten wird dementsprechend öfters Erdöl in | steilen Schichten erbohrt. Re Zusammenfassend, können wir also, wie bei den Scheitellagern m Gewölbeahfall, so auch bei den Schenkellagern ausstreichende, Auskeilende und abgeschnittene unterscheiden und hier noch 4% ie abgequetschten Schenkellager hinzufügen. Auskeilende, ab- 148 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 geschnittene und abgequetschte Schenkellager können in einzelnen Fällen sehr reich sein. Auch in allen diesen Fällen hatte das Erdöl die Tendenz, nach der Faltenkulmination zu wandern; es ist aber im Schenkel stecken geblieben, weil der Ölhorizont selber in zusammen- hängender Form nicht weiter reichte. Also auch hier ist das Erdöl nach der höchsten ihm überhaupt zugänglichen Stelle gewandert! Von einem antiklinalen Vorkommen, einem Vorkommen auf dem Falten- scheitel, auf der Antiklinallinie oder Antiklinalaxe kann man aber gewiss nicht mehr sprechen. Doch ist das noch nicht die grösste Abweichung vom antiklinalen Typus der Erdöllagerstätten. Man hat schiesslich selbst Mulden- lager in vereinzelten Fällen zweifellos festgestellt! Immerhin sind solehe ausbeutbare synklinale Erdölvorkommen äusserst selten. Man kennt bisher einige wenige in Kalifornien, so das Arroyo Grande Feld südlich San Luis Obispo'), die Kentuck Wells auf der enggequetschten Oats Mountains Synklinale im Norden der Santa Clara Valley”), viel- leicht eines in Rumänien, und schliesslich liesse sich auch das Asphalt- lager des schweizerischen Val de Travers hieher rechnen. Alle diese mir bekannten synklinalen Ölvorkommen sind solche von asphalti- schem Schweröl, im Val de Travers ja schon zu Asphalt erstarrt, und alle sind nicht sehr bedeutend. Ein reiches Erdöllager in einer Synklinale ist unbekannt; die Zahl der bisher aufgefundenen kleinen Muldenlager ist zudem so gering, dass sie fast verschwinden, ver- glichen mit der Gesamtheit. So zeigt eine vergleichende Prüfung aller der zahllosen Erdöl- lagerstätten in gefalteten Gebieten, dass Scheitellager stark über- wiegen, dass sie aber doch nicht die einzige Art ausbeutbarer Öl vorkommen darstellen, wie heute noch viele Fachgenossen annehmen. Neben den vorherrschenden und oft aussergewöhnlich reichen Kuppel- lagern findet man gelegentlich auch reiche Scheitellager im Ge- wölbeabfall; ebenso kennen wir einzelne reiche und viele arme Schenkellager; in sehr seltenen Fällen hat man sogar schwach produktive Muldenlager aufgefunden. Wenn wir daher schon im Faltenlande der „Antiklinaltheorie“ keine absolute Gültigkeit zuerkennen können, so steigt weiter die noch wichtigere Frage auf: Sind denn Öllagerstätten überhaupt N s auf das Faltenland beschränkt? Fehlen sie dem Tafellande? Die endlosen Ebenen, die im Südwesten der grossen Seen ') U.S. Geol, Survey, Bull. 392, von Arnold und Anderson. :) U. 8. Survey, Bull. 309, von Eldridge und Arnold. ’ a 4 a Fee Zr, 5 REN u. rc aa Jahrg. 64. E. Blumer. Entwurf einer Uebersicht der Erdöllagerstätten. 149 zwischen Alleghanies und Rocky Mountains, durch das Stromnetz des Mississippi zum mexikanischen Meerbusen entwässert werden, sind der Typus eines weiten Tafellandes. Die. Einförmigkeit der Landschaft spiegelt die Eintönigkeit und Stetigkeit im Aufbau des Felsgerüstes. Durch viele Tagereisen bleibt der geologische Wan- derer stets in demselben Gestein, wobei, soweit das Auge reicht, flache Felsbänke nach allen Himmelsrichtungen in schwindender Ferne den Horizont begrenzen. Deutliche Faltung ist diesen Regionen fremd. Und trotzdem treffen wir. hier Öllagerstätten, und zudem noch solche von gewaltigem Reichtum und sonst unbekannter Aus- dehnung! Man hat unbegreiflicherweise immer wieder versucht, auch diese Ölfelder in das Schema des Antiklinaltypus einzupassen! Man hat kleinste Schichtschwankungen als Anzeichen von Antiklinalen’ ge- deutet! Nach unserem Dafürhalten sollte aber kein vernünftiger Beobachter erwarten, dass diese Schichttafeln, die über tausende und zehntausende von Quadratkilometern, ja über ganze Staaten und über namhafte Teile von Kontinenten sich erstrecken, mathematische Ebenen oder Teile einer mathematischen Kugel- oder Geoidfläche darstellen. Schon bei der ursprünglichen Ablagerung am Meeres- grunde können ja leichte Unregelmässigkeiten, wie leichte primäre Schiehtschwankungen nicht gefehlt haben; in erster Linie wird eine weitverbreitete Meeresablagerung häufig ein leichtes primäres Gefälle von der Küste seewärts besitzen, entsprechend der Neigung des Meeresgrundes, auf dem die Sedimentation sich vollzog. Ebenso werden ursprüngliche leichte Schichtwellen oder Undulationen nicht fehlen, ebenfalls im Zusammenhang mit der Beschaffenheit des Ab- agerungsuntergrundes. Ob die ebenso flachen wie ungemein ausge- dehnten schildförmigen Erhebungen, mit Schichtneigungen von Bruch- teilen eines Grades, wie der Cincinnati-Schild, dessen Zentrum im Winkel der Staaten Indiana, Ohio und Kentucky liegt und dessen grösste Breite gegen fünfhundert Kilometer, d. h. die dreifache Breite der Alpen zwischen Mailand und Zürich misst, oder wie der Ozark- Schild mit Zentrum im südlichen Missouri als solche primäre Un- dulationen oder als äusserst flache Geantiklinalen zu deuten seien, mag hier dahingestellt bleiben. Über ganze Staaten wird durch one Schilde ein gleichsinniges äusserst schwaches Fallen hervor- gerufen. Allerdings kann dieses einförmige leichte Fallen gelegent- ü durch horizontale Zwischenstücke, die wir tektonische Stufen oder Terrassen nennen, oder gar durch ebenso sanftes Gegenfallen, Also wieder durch kleine Wellen, leichte Undulationen, unter- 150 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 brochen werden. Aber alle diese Nebenerscheinungen, Schilde, Ter- rassen, Undulationen und Brüche vermögen nicht, den alles beherr- schenden Eindruck ‘des Tafeligen, der allverbreiteten Horizontalität der Schiehten zu stören. Auge und Kompass sind in diesen Gebieten gewöhnlich nicht mehr imstande, Schichtneigungen festzustellen. Es ist den amerikanischen Geologen erst durch sorgfältiges Nivellieren charakteristischer Gesteinsbänke über grosse Entfernungen, wie durch Kartieren des Formationswechsels allmählich gelungen, die in diesen Tafelländern überhaupt noch vorhandenen kleinsten Schichtneigungen, die gewöhnlich nur nach Bruchteilen eines Grades zählen, zu er- kennen. Dass solche Schichtabweichungen von der Horizontalen vor- kommen, ist nicht verwunderlich; aber dass sie so gering sind, dass solche Stetigkeit im Aufbau des Untergrundes, solche tektonische Ruhe herrscht über so weite Gebiete, das scheint uns wahrhaft er- staunlich!' So müssen wir denn auch erwarten, dass die hier vor- handenen Erdöllagerstätten, verglichen mit den bisher beschriebenen, ein wesentlich verändertes Gepräge tragen. Wir nennen sie im Gegen- satz zu den Faltenlagern Tafellager. Gewisse Übergänge zwischen beiden Typen finden sich in der appalachischen Ölregion. Die appalachische Olregion, die sich am Westfuss der Al- leghanies vom Staate New York bis nach Tennessee erstreckt, ist nur zum Teil der Typus eines gefalteten Ölgebietes, soweit nämlich als sie im westlichen Teil der grossen appalachischen Geosynklinale liegt. Diese uralte Faltungszone erscheint in den Alleghanies intensiv gefaltet; im westlichen Vorlande der Alleghanies, eben in der appa- lachischen Ölregion, ist dagegen die Faltung äusserst sanft. Man kennt hier nur noch maximale Schichtneigungen von 2—3°, aller- höchstens 5° und das durchschnittliche Fallen übersteigt nie einen Grad. Diese schon sehr schwache Faltung nimmt westwärts, mit der Entfernung vom Gebirgsfuss, noch immer mehr ab, bis schliess- lich in den westlichen Teilen der appalachischen Ölregion nach unserem Dafürhalten von Faltung überhaupt nicht mehr gesprochen werden kann. Das Faltenland geht dort allmählich über in die grosse Missis- sippi-Tafel. Die Ölführung ist indessen nicht beschränkt auf das Faltenland; sie reicht auch in das Tafelland, und so erscheint die appalachische Ölregion zum Teil als gefaltetes Ölgebiet, allerdings das schwächst gefaltete, das wir kennen, zuM Teil aber als reines Tafelland. In letzterem haben stellen- weise tektonische Terrassen noch einen bedeutenden Einfluss auf die Ölverteilung; an anderen Stellen schwindet. auch der letzte Einfluss der Tektonik gänzlich. Diese beiden Öl- Jahrg. 64. E. Blumer. Entwurf einer Uebersicht der Erdöllagerstätten. 151 feldertypen des appalachischen Tafellandes seien noch kurz be- sprochen. Zum ersten Typus gehören namentlich viele Ölfelder in Süd- ost-Ohio. Orton fand schon in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts, dass in West-Pennsylvanien, Südost-Ohio und Kentucky sehr viele Öl- und Gasfelder mit tektonischen Unregelmässigkeiten und terrassenähnlichen Strukturen zusammenhängen, wobei das äusserst sanfte, einen Grad nie erreichende Schichtfallen auf eine bestimmte Strecke unterbrochen wird und so eine horizontale Stufe oder Terrasse innerhalb des allgemeinen Fallens entsteht. Ein hieher gehöriges Beispiel bietet das Macksburg-Feld in Südost-Ohio!): Eine ölführende Schichtfolge von 500 m Mächtigkeit sinkt mit einer Neigung von !/;—!/s° langsam nach Südosten; im Bereich des Ölfeldes hört plötzlich auf eine Breite von etwa fünf Kilometern jedes messbare Fallen auf; die so entstandene horizon- tale Terrasse umfasst 40-50 km?. Jenseits derselben stellt sich von neuem das normale Fallen ein. Die ölführende Schichtfolge ent- hielt im Jahre 1888 fünf Ölsande, wovon jeder Öl auf der Terrassen- fläche und Gas auf der äusseren Terrassenkante lieferte; die produ- zierenden Flächen aller fünf Sande haben ungefähr dieselbe Um- grenzung, was alles deutlich auf den Zusammenhang von Tektonik und Ölführung hinweist. Der zweite Typus umfasst Ölfelder, die ohne solchen Zu- sammenhang mit tektonischen Terrassen oder anderen Unregelmässig- keiten, wie auch ganz unbekümmert um das appalachische Streichen verlaufen. Wollte man da noch von Antiklinalen oder Synklinalen sprechen, wie dies manche Amerikaner tun, so würden dieselben von den anders verlaufenden Öllagern vielfach geschnitten; auch ist der eine Ölhorizont in dieser, der andere in jener County ölführend! Beim einen müsste also eine Kulmination hier, beim anderen dort liegen. Nichts spiegelt besser den gänzlich verschwundenen Einfluss der Tektonik als diese Inkongruenz, dieses Nichtsichdecken der Ol- ansammlungen verschiedener Horizonte! Ein Beispiel für diesen Typus bietet uns der Sewickley Quadrangle nördlich Pittsburg in Pennsylvanien: Dieses Gebiet ar umfasst eine Fläche von gegen 600 km? mit zahlreichen Ölhorizonten und mıt Anfangserträgen einzelner Brunnen bis zu 2000 Fass. Das Fallen ‚der Schichten wird in diesen weiten Gebieten nie grösser als 1'/s° und ist durchschnittlich nur etwa '/2°, bald nach dieser, bald nach $ ') Vergl. E. Orton, The Trenton Limestone. $th Annual Report U. S. Geol. amvey. 1889. S. 596, 152 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 jener Himmelsrichtung. Von den verschiedenen innerhalb einer 150 m mächtigen Schichtfolge vorhandenen Ölsanden wird der eine hier, der andere dort produktiv; die Ölsande zeigen in ihren Ölansamm- lungen weder untereinander noch mit irgend welcher Tektonik irgend welchen Zusammenhang! Es ist mir daher unbegreiflich, wie man in diesem Gebiete noch von antiklinalen Ölvorkommen hat sprechen können‘). So vollzieht sich innerhalb der schwächst gefalteten Ölregion, die wir kennen, ein allmählicher Übergang vom Faltenlande zum Tafellande. Von Osten gegen Westen schwindet langsam der Einfluss der Tektonik auf die Ölanhäufungen mehr und mehr. Aber Tafel- land wie Faltenland enthalten ausbeutbare Lagerstätten. Bei solcher Sachlage erscheint es heute erklärlich, dass gerade in der Gegend, die neben Kanada die Wiege der Antiklinaltheorie darstellt, über diese Lehre durch Jahrzehnte hindurch der erbittertste Kampf tobte, der je in der geologischen Wissenschaft ausgefochten worden ist. In jeder anderen Ölregion der Erde wäre die Antiklinaltheorie entweder gleich zum Siege gelangt oder überhaupt nicht entstanden, weil sie dort entweder ziemlich allgemein oder gar nicht gilt. In der appa- lachischen Ölregion ist sie schliesslich doch durchgedrungen und feierte dann, auf günstigeren Boden verpflanzt, ihren Siegeszug um den Erdball. Sie gilt aber nicht einmal für die gesamte appa- lachische Region, geschweige denn für den ganzen Planeten. Ein Tafellager, das schliesslich als antiklinales gedeutet werden könnte, ist das Illinois Feld, das im Südosten des Staates Illinois auf der La Salle Undulation liegt, die Raymond 9. Blatchley?) als eine ebenso ausgedehnte wie flache Falte auffasst. Ihr West- flügel besitzt eine durchschnittliche Neigung von etwa 1/,° und eine Breite von 20—40 km; der Ostflügel ist noch flacher bis zur Un- bestimmtheit. Die produktive Scheitelfläche ist etwa 100 km lang, bis 12 km breit und besitzt eine Ausdehnung, die wir auf 700 km’ schätzen. Da nicht erwiesen ist, dass diese grosse, sanfte Welle durch Faltung entstanden ist, ziehen wir vor, von einer Undulation des Tafellandes zu sprechen. Auf jeden Fall ist indessen der Ein- fluss der Schichtlage auf die Position der Ölansammlungen deutlich# alle die verschiedenen Ölhorizonte werden auf dem Scheitel der Un- dulation produktiv. "Anders verhält es sich bei der Lima-Indiana Öl- und Gas- !) J. Munn, Econ. Geol. Vol. 4, 1909, S. 141. 2) Econ. Geol. Vol, 7, 1912 S. 574. Jahrg. 64. E. Blumer. Entwurf einer Uebersicht der Erdöllagerstätten. 153 region, in West-Ohio und Ost-Indiana. Sie liegt in gleichsinnig äusserst sanft nordfallenden Schichten, im Nordflügel des - Cineinnati-Schildes. Das ganze Öl- und Gasgebiet zerfällt in mehrere Teilfelder, wovon das Gasfeld von Indiana, das ausgedehnteste Gas- feld der Erde, eine Fläche von etwa 7000 km?, ungefähr einem Siebentel der Schweiz entsprechend, einnimmt. Der grösste im Lima- Feld, einem anderen Teilfeld, beobachtete tektonische Höhenunter- schied beträgt trotz der ebenfalls grossen Ausdehnung nur hundert Meter. Lage wie Umgrenzung der Öl- und Gaslager zeigen meist kei- nerlei Zusammenhang mit der Tektonik und müssen versuchsweise durch Bohrungen bestimmt werden. Nicht viel grösser ist der Einfluss der Tektonik im Mideonti- nent-Gebiet, der Ölregion von Kansas-Oklahoma!). Dieses weite Gebiet bildet in tektonischer Hinsicht eine gewaltige, mit etwa einem halben Grade gegen Westen fallende Tafel, die den Westflügel des in Missouri kulminierenden Ozarkschildes darstellt. Innerhalb einer Region, die an Ausdehnung die ganze Schweiz übertrifft, findet man überall dasselbe äusserst sanfte Westfallen, das vom Auge und selbst mit dem Kompass gewöhnlich nicht einmal wahrgenommen werden kann. Ebensowenig vom blossen Auge zu erkennen sind leichte tektonische Terrassen oder überaus flache Undulationen. Sie können . mit. Ölfeldern zusammenhängen. Wahrscheinlich sind aber auch häufig einfach gegen Osten auskeilende Tafellager. Primäre Sedimentationsfaktoren haben bei der Entstehung und Umgren- zung der „Pools“ von Kansas und Nord-Oklahoma eine grössere Rolle gespielt als die so einförmige Tektonik. Diese hat insofern einen allgemeinen Einfluss ausgeübt, als sie bei dem schwachen Schichten- ansteigen nach Osten ein allgemeines Ölwandern gegen Osten hervor- gerufen hat; zum. Stillstand dieser Wanderung und damit zur Öl- Anhäufung kam es bald da, wo dieses Schichtenansteigen einen Unterbruch erlitt, bald aber da, wo ein Ölhorizont ostwärts aus- | ilte. In lezterem Falle ist es ganz unmöglich, Vorhandensein und. Ausdehnung der unterirdischen Erdölvorräte nach Anzeichen der Erd- ®erfläche vorauszusehen. Der ausgedehnteste aller Oklahoma Pools st 50 km lang, bis 10 km breit und hat eine Fläche von etwa 200 km!: er ist also grösser als das Fürstentum Liechtenstein oder s entspricht dem dritten Teil des Glarnerlandes. sich wie das Midcontinentgebiet bildet die mexikanische op.) Vel. Bulletins und Geologie Folios der U. $. Geol. Survey, sowie Snider, ak and Natural Gas in Oklahoma, 1913, und Kansas Geol. Survey, Vol. IX, Me Haworth. — Süd-Oklahoma gehört nicht dazu. 154 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Ölregion oder Tampicoregion‘) eine flache, äusserst sanft meerwärts geneigte Tafel. Diese Platte wird hier von zahlreichen Bruchzonen und Spalten, die teilweise mit Basaltgängen und Reihen von Basaltschloten erfüllt sind, durchschnitten. Das Erdöl, offenbar einst innerhalb der schwach geneigten Ölhorizonte gegen Westen schichtenaufwärts wandernd, hat sich dann namentlich längs der Basaltgänge und Bruchzonen gestaut, in deren Nachbarschaft die meisten reichen Ölvorkommen der Gegend gefunden werden. Wie für Oklahoma und Kansas auskeilende, so scheinen für Mexiko abge- schnittene Tafellager besonders bezeichnend. Nach dieser kurzen Darstellung einiger Tafellager seien die beiden Haupttypen von Öllagerstätten, die Scheitellager und die Tafellager noch rasch verglichen, die man, im Banne der Anti- klinaltheorie, bisher trotz ihres recht verschiedenen Charakters nicht deutlich auseinandergehalten hat. Wohl mag es Forscher geben, die auch im Tafellande in jeder Unregelmässigkeit der Schichtlage em- bryonale Faltung sehen. Aber solange als man überhaupt zwischen Faltenland und Tafelland einen Unterschied macht, wird man auch die Ölvorkommen in Faltenlager und Tafellager gliedern müssen. Wie überall in der Natur, so bestehen auch hier Übergänge; wir haben solche in der appalachischen Ölregion gefunden. Aber meist sind die Unterschiede zwischen beiden Typen von Lagerstätten 80 gross, dass man im einen das andere nicht mehr zu erkennen glaubt. Die Scheitellager sind mehr oder weniger scharf begrenzt durch die sterilen, wassererfüllten Schenkelzonen; die Tafellager besitzen keine solche deutliche Umgrenzung. Diese kann hier nicht zum voraus bestimmt, sondern muss durch Versuchsbohrungen langsam abgetastet werden. Die Scheitellager sind viel weniger ausgedehnt als die Tafel- lager, deren Oberfläche oft nicht nur die von Faltenscheiteln, sondern von ganzen Falten vielfach übersteigt. Die grössten mir bekannten Faltenlager besitzen eine Ausdehnung von 10—20 km?; selbst die kleinsten Tafellager sind meistens grösser, und die ausgedehntesten, wie manche Pools von Oklahoma, wie das Illinois Feld oder das Findlay Gasfeld überziehen Flächen von mehreren hundert Quadrat- kilometern, ja, wenn wir das Indiana Gasfeld als ein einheitliches betrachten, selbst von mehreren tausend Quadratkilometern! Die antiklinalen Felder erscheinen daher wie vereinzelte, 2 !) Vergl. „Petroleum“, IV, 1909, S. 1186 (Bericht von Dr. Emil Böse) und a „Petroleum“, IV, 1909, S. 1340 (nach D. T. Day, Petroleum Review, Bd. 20). # Jahrg. 64. E. Blumer. Entwurf einer Uebersicht der Erdöllagerstätten. 155 streute Punkte innerhalb der weiten sterilen Muldenregionen, während die Tafellager sich vielfach fast berühren oder gar schliesslich zu- sammenfliessen und einen grossen Teil der Fläche der gesamten Öl- region einnehmen, bis diese, wie beim Mideontinent Gebiet beinahe als ein einziges riesiges Ölfeld von der Grösse der ganzen Schweiz erscheint. In den antiklinalen Feldern herrscht im Zusammenhang mit der Faltung der Schichten oft starke Veränderlichkeit der Bohrtiefe; die Tafellager sind ausgezeichnet durch auffallende Konstanz der Bohrtiefe über weite Gebiete. Bei Scheitellagern decken sich die produzierenden Flächen der verschiedenen üb lerlieg Ölhorizonte annähernd, und kleine Abweichungen stehen im Einklang mit dem Faltenbau. Im Tafel- land kann dieses Sichdecken, diese Kongruenz der verschieden tiefen Öllager vollständig wegfallen, und das umso eher, je mehr der Ein- fluss der Tektonik bei der Bildung der Ölansammlungen gegenüber anderen Einflüssen zurückgetreten ist. Im Faltenland ist Streifenform der Felder in der Richtung des allgemeinen Falten- und Gebirgsstreichens vorherrschend; im Tafel- land fehlt jede solche Gesetzmässigkeit. Allgemein kann man sagen, dass im Faltenland Ölführung und Tektonik in engem Zusammenhang stehen; im Tafelland ist ein solcher Zusammenhang nur noch locker oder fehlt ganz. Im Faltenland sind die Ölbohrungen im Durchschnitt vielleicht reicher im Ertrag. Das Tafelland ist dagegen ausgezeichnet durch die sehr grosse Zahl der Brunnen auf den viel ausgedehnteren Feldern, sowie durch eine grössere Konstanz ihrer Produktion. Das Erdöl ist vielfach im Tafellande gewissermassen noch allgemeiner verteilt; im Faltenlande scheint es in höherem Masse an einzelnen Punkten konzentriert. “> Die grossen und reichen Ölvorkommen sind fast ausnahmslos entweder Scheitellager oder Tafellager, im besonderen entweder Kuppellager oder Tafellager! Reiche Schenkellager sind sehr selten, reiche Muldenlager unbekannt. Daraus ergibt sich weiter, ‚dass sehr bedeutende Öllagerstätten gewöhnlich an flache Schicht- lage geknüpft sind; Ölvorkommen in steilen Schichten sind vor- "legend klein und wenig anhaltend. Wenn daher eine vergleichende Betrachtung wie die vorliegende den verbreiteten Glauben zerstören muss, dass sämtliche Ollager auf Rn Faltenscheitel oder gar auf deren höchste Erhebungen, auf Kuppeln 156 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 beschränkt seien, so ist doch ein Zug sozusagen allen ausbeutbaren Lagerstätten gemeinsam. Bei allen werden wir zur Annahme ge- führt, dass das Erdöl aus einem weiteren Umkreis an seinen heu- tigen Fundort gewandert ist, sich dort angereichert hat, indem es dabei stets innerhalb des Ölhorizontes an die höchste ihm über- haupt erreichbare Stelle stieg. Nur bei den Muldenlagern trifft das nicht zu. Sonst ist das einzige mir bekannte Gebiet, wo diese Ge- setzmässigkeit nicht überall deutlich scheint, der westliche, dem Tafellande angehörige Teil der appalachischen Ölregion. Dagegen haben selbst die noch so geringen, aber über ungeheure Eintfer- nungen anhaltenden gleichmässigen Schichtneigungen im Lima- Indiana-Gebiet, in Illinois, in Oklahoma, in Kansas genügt, um Öl- wanderungen zu veranlassen, wie anderseits horizontale Schwellen oder sanftestes Gegenfallen genügten, um diese Wanderungen zu einem Abschluss zu bringen und zu einer Ölanreicherung zu führen. Die eigentliche Ursache dieses aufsteigenden Wandertriebes liegt, wie wir schon eingangs erwähnt haben, begründet in der verschiedenen Dichte von Erdöl und Salzwasser, die in den Ölhorizonten stets miteinander verknüpft sind wie das Erz mit der Gangart. Das leichte ÖL stieg nach oben, das schwere Wasser sank nach unten, und so kommt es, dass überall, wo man in einem Ölfelde mit Bohrungen in der Rich- tung des Fallens :vorwärts schreitet, man schliesslich in Salzwasser gerät. „The oilsand dips into water“ sagt der amerikanische „Oil- man“, und diese Erfahrung wird immer und immer wieder gemacht, sei es in steil gefalteten Regionen, sei es im Tafellande, dessen Schichtneigungen sich von Auge nicht erkennen lassen. Das leichte Öl schwimmt innerhalb des Ölhorizontes auf dem schwereren Wasser. Wenn manche Fachgenossen versucht haben, die Gesetzmässig- keiten der Ölverteilung innerhalb der Erdrinde auf andere Ur- sachen zurückzuführen, wenn manche die stärkere Zerklüftung der Faltenscheitel als Grund der Ölanreicherung auf Antiklinalen be- trachten, oder wenn Mrazec in Rumänien die Ölwanderungen un Ölanreicherungen auf durch die Faltung hervorgerufene tektonische Druckdifferenzen zurückführt, so können wir solchen Einflüssen MUF eine nebensächliche Bedeutung zusprechen. Diese Deutungen müssten im Tafelland von vornherein dahinfallen. Wenn wir für den geschil- derten Kreis von Erscheinungen nach einer allgemeinen Erklärung trachten, so kennen wir heute noch keine bessere als die vor mehr als einem halben Jahrhundert von Sterry Hunt gegebene, nach der im Innern der Erde wie vor unseren Augen im Reagenzglas | und Wasser sich nach der Dichte scheiden müssen. . ! ei, 3 5. Jahrg. 64. E. Blumer. Entwurf einer Uebersicht der Erdöllagerstätten. 157 Als auf einen wahren Prüfstein dieser Anschauung machen wir zum Schlusse auf,die Tatsache aufmerksam, dass die gesetzmässige Scheidung von Wasser und Öl nach der Dichte um so klarer aus- gesprochen erscheint, je grösser der Dichteunterschied der beiden Flüs- sigkeiten ist. Daher finden wir in den gefalteten Leichtölregionen, sei es in Pennsylvanıen, in Birma, in Wyoming oder anderswo, die Ölanreicherungen auf Gewölbescheiteln und deren domförmigen Auf- wölbungen stets am schönsten ausgeprägt. Die gefalteten Leicht- ölregionen liefern die Musterbeispiele für die Antiklinal- theorie. Dagegen werden die Gesetzmässigkeiten in der Ölverteilung um so weniger streng, je mehr die Dichtedifferenz von Öl und Wasser schwindet. Darum konnten wir schon oben Kalifornien mit seinen schweren Asphaltölen das Land der Schenkellager nennen; darum kommen dort selbst Muldenlager vor! Alle uns bekannten Mulden- lager bis und mit demjenigen vom Val de Travers in der Schweiz sind in der Tat Vorkommen von schwerem Asphaltöl. Wo das Öl fast oder ganz ebenso schwer geworden ist wie das Wasser, fällt der Grund zur Scheidung beider Flüssigkeiten dahin. .Das Öl hat damit ‚seinen Wandertrieb nach oben verloren und folgt nun wie das Wasser der Schwere! Eine tabellarische Klassifikation der Erdöl- lagerstätten ist auf folgender Seite beigefügt. 158 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Anhang. Tabellarische Übersicht der Erdöllagerstätten und vorgeschlagene Nomenklatur. I: E Ta.paktonland . 2.0.22, .;Faltenlager 1. Auf Faltenscheitel . . . . . Scheitellager a) Auf Kulmination. . . . . Kuppellager b) In Gewölbeabfall . . . . Abfallager 2. In Faltenschenkel . . . . . Schenkellager 2:0 Malle 02000000, u 2.:Muldenlager 1. In Tafelland: :. ...x . . Tafellager 1. Auf sanft geneigten Tafeln . . Geneigte Tafellager 2. Auf Undulationen . . .. . Undulationslager 3. Auf Stufen, Terrassen . . Stufenlager (Abfallager: offen ausstreichende, Kakafende: abgeschnittene) (Schenkellager: ausstreichende, auskeilende, abgeschnittene, abgequetschte) (Geneigte Tafellager: ausstreichende, Barkeilande; abgeschnittene) Wichtigste Öllager: Scheitellager (Kuppellager) und Tafellager. x ; Faltenlager Tafellager Scheitel- Schenkel- Mulden- Geneigte Undulations- Stufen- lager lager lager Tafellager lager lager Kuppel- Abfall- lager lager III, Scheitellager. . . . Antiklinallager Kuppellager . . . . Kulminationslager Abfallager . . . . Depressionslager Schenkellager . . . Monoklinallager Muldenlager . . . . Synklinallager Tafellager - . . . Plateadlager Geneigte Tafellager . Monokline Plateaulager Schichtwellenlager. . Undulationslager Stufenlager . . . . Terrassenlager MB ee, 7 Ehe un a SE Ze Über Arbeitsmethoden schweizerischer Alpengeologen. Von ARNOLD HEIM (Zürich). (Als Manuskript eingegangen am 3. Oktober 1918.) Inhalt. Seite Topographische Grundlage . NL pet a 160 te Kanienaulsahme ee eh Zeichnen im Gebirge A u 164 ee ee ER Ih ‚Stratigraphische BURDBERIMOEON. a a ea a er IRE Tektonische und petrographische Beobachtungen . ’.. ... .....0..22...169 a a a ea 171 Bee Hansauhelten 2.00 2000 2 ee a ae ze Drucklegung . . . . . 176 Im Laufe der letzten 15 Jahre haben sich bei der detaillierten geologischen Aufnahme und Darstellung unserer Alpen unter dem ‚Einfluss des Jubilars bestimmte Arbeitsmethoden herausgebildet, über die für den Anfänger der Geologie wie auch für aussenstehende Geo- logen einige Bemerkungen von Interesse sein mögen. Noch heute gibt es ja zahlreiche ausländische, mit den neueren alpinen Unter- suchungen wenig vertraute Fachleute, welche die erstaunlichen Fern- überschiebungen und Deckeneinwicklungen als blosse Phantasien be- lächeln und nüchternere geologische Detailaufnahmen empfehlen, während doch kein anderes Land so detaillierte geologische Hochge- birgskarten und andere graphische Darstellungen hervorgebracht hat, 0, wie die Schweiz, und gerade diese von den schweizerischen Alpen- ‚geologen als ihre vornehmste Spezialität betrachtet werden. Be Von denjenigen Arbeiten, die in allen Ländern die gleichen sind, e. wie Sammeln, Präparieren, Bestimmen, Beschreiben der Fossilien, . Mikroskopische, chemische, physikalische Untersuchungen, Mikro- und Eu Makrophotographieren im Laboratorium in Aufsicht und Durchsicht, Literatur- und Sammelstudien etc. soll hier nicht gesprochen werden. * 160 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Auch die geophysischen Arbeiten (die Deckentheorie bestätigende Schweremessungen, Erdbeben, Gletschermessungen, Radioaktivität vergl. H. Hirschi in dieser Festschrift) und die geotechnischen Arbeiten (Tunnelbau, Quellen etc.) müssen wir übergehen, um die- jenigen Arbeitsgebiete kritisch zu beleuchten, die mehr oder weniger jeden Alpengeologen berühren. Topographische Grundlage. Erst für einen kleinen Teil der Alpen (z. B. Kt. St. Gallen, Appen- zell,Vierwaldstätterseegebiet, Waadtländeralpen z. T.) ist die topogra- phische und bereits auch die geologische Aufnahme in 1:25 000 durchgeführt und von der schweizerischen geologischen Kommission veröffentlicht (Spezialkarten No. 27, 29, 38, 39, 44, 68, 80). Die topographischen Alpenblätter 1:50000 sind zum Teil revisions- bedürftig, da sie schon vor einigen Jahrzehnten unter minimalen Besoldungen unter Akkord ausgeführt wurden. Diejenigen neueren Datums sind vorzüglich durchgeführt. Allein es zeigt sich, dass die geologischen Komplikationen in vielen Teilen der Hochalpen so ausser- ordentlich gross sind, dass auch die beste Grundlage in 1:50 000 nicht ausreicht. Es wurde daher auf Initiative der Schweizer. geolo- gischen Kommission, unterstützt vom Schweizerischen Alpenklub, dem Schweizerischen" Ingenieur- und Architektenverein u. A. ein Gesuch an den schweizerischen Bundesrat eingereicht, es möchte das ge- samte Alpengebiet in 1:25 000 neu aufgenommen werden. Der Krieg hat diesen Plan hinausgeschoben. Soweit es die Drucktechnik ermöglicht, soll nicht schematisiert werden. Eine charakteristische Terrainzeichnung ist, wie Albert Heim in Vorträgen und Schriften oft betont hat, nur möglich von einem im geologischen Beobachten geübten Topographen, der die Formen der Oberfläche im Zusammenhang mit dem geolo- gischen Bau zu verstehen vermag. Die besten Alpenkarten sind von geologisch vorgebildeten Topographen aufgenommen worden. Schicht- biegungen, Bruchlinien, Abgrenzungen von Schuttkegeln und Moränen, Quellen, Karrenfelder, ja die Schichtlage und Art der Gesteine lässt sich aus erstklassigen Spezialkarten oft unmittelbar herauslesen, und die geologische Bearbeitung ist ungemein erleichtert. Eine einzig dastehende Leistung ist die Vermessung des Rhone gletschers und seiner Bewegungen seit 40 Jahren mit zugehöriger topographischer Karte in 1:5000, SURRHEUBER von der Schweizerischen Landestopographie unter Leitung der Gletscl ion der Schweiz. Naturf. Gesellschaft (Neue Denkschriften Bd II, 1916). Obwohl Jahrg. 64. A. Heim. Ueber Arbeitsmethoden schweizer. Alpengeologen. 161 ausserschweizerisches Alpengebiet betreffend, ist hier auf die neuen Blätter des Deutsch-österreichischen Alpenvereins in 1:25 000 mit 20 m-Kurven, bearbeitet von L. Aegerter aus Bern (z. B. Lechtaler Alpen 1911) hinzuweisen. Alles bisherige übertrifft seine photo- grammetrische, mit dem neuen Stereo-Autograph gezeichnete Karte der Dachsteingruppe 1915. Hier sind alle natürlichen Rauhigkeiten von Kurven und Fels automatisch dargestellt, wie es die geschick- teste Hand des Zeichners im Terrain kaum jemals zustande bringen könnte, In manchen Alpengebieten sind die tektonischen Komplikationen So gross, dass auch eine Karte in 1:25 000 oder 1:20 000 nicht ausreicht und zu einer Wiedergabe der tatsächlichen Verhältnisse Massstäbe von 1:10000, 1:5000 oder 1:2500 gewählt werden müssen. Solche topographische Aufnahmen werden dann am besten vom Geologen selbst ausgeführt, der gleich die geologisch wichtigsten Punkte (auf Schichtgrenzen, Brüchen ete.) als Vermessungspunkte wählt (vergl. geologische Spezialkarten No. 75 Biferten-Selbsanft . 1:15000 von W. A. Keller, No. 53 Flifalte 1:3000, No. 85 Faren- ‚stöckli 1: 2500 u. a.). 30 wichtig für den Topographen die Übung im geologischen Beobachten, so unumgänglich ist für den Alpengeologen, überhaupt für jeden Terraingeologen, eine gute Vorschule im topographischen Vermessen und Kartenzeichnen. Nicht die Arbeit mit Theodolith und Kippregel ist für den Geologen das Wichtigste, sondern das Skizzieren, wobei es weniger auf absolute Genauigkeit der Ent- fernungen und Höhen ankommt, als aufcharakteristische Terrain- zeichnung. Selbst eine rasche, aber mit Geschick ausgeführte Skizze einer geologisch merkwürdigen Stelle ist meist nützlicher als eine lange Beschreibung in Worten. Ein ausgezeichnet praktisches Instrument zum Kartenskizzieren _ 1m 1:5000 bis 1: 1000, auch für Höhen- und Mächtigkeitsmessungen, Ist die kleine „Alidade nivellatrice“ von Tavernier-Gravet in Paris, in Verbindung mit einem zusammenklappbaren Messtischehen Yon ca. 30:40 cm auf photographischem Stativ. Man misst sich ' Zunächst. mit dem Messband eine praktische Basis, bestimmt von = ‚beiden Endpunkten aus durch Vorwärtseinschneiden etwa ein Dutzend = der Prägnantesten Terrainvorsprünge (die am besten vorher mit ge- ‚Schälten Stöcken von der Höhe des Messtischchens markiert sind), Samt ihren Höhen durch Ablesung der Prozente und Zehntelprozente. al Zwischenliegenden Standorte bestimmt man durch Rückwärts- nschneiden nach Orientierung des Messtischehens mit dem Präzi- Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919, 11 162 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 sionskompass und skizziert jeweilen an Ort und Stelle sogleich die Höhenkurven. Das Nivellieraneroid hat sich für solche Aufnahmen wegen der stetigen Luftdruckschwankungen nicht bewährt. Weit genauer und fürMaasstäbe bis etwa 1:20 000 ausreichend ist die für Reisen praktische, in Amerika viel gebrauchte „Gurley Explorers Alidade“, wozu aber bereits ein schwererer Messtisch, Mess- latten und Gehülfen benötig werden. In hervorragender Weise eignet sich die photogrammetrische Aufnahme als Grundlage für die geologische Bearbeitung. Nach der älteren und einfacheren Methode wird von vermessenen Punkten aus unter konvergierender Richtung photographiert. Her- vorragendes hat auf diesem Gebiete Ingenieur X. Imfeld geleistet. | Er benützte eine gewöhnliche 13:18 Klappkamera, mit der er von einigen mit dem Theodolith bestimmten Fixpunkten aus in hori- zontaler Stellung Photographien aufnahm. Durch einfaches Propor- tionsrechnen im Studierzimmer erhielt er nach den Photographien in einem Tag 100—200 Punkte aus je vier Einzelbestimmungen, deren Höhen meist nur einige Dezimeter voneinander abwichen. So wurden durch Imfeld Detailkarten aus dem Mont Blanc-Gebiet und viele andere Spezialkarten für Gebirgsbahnprojekte (Säntis-Nordseite), s0- wie sein berühmtes Relief des Matterhorn in 1:5000 aufgenommen. Ein Rucksack mit einem kleinen Theodolith photographischer Kamera und Stativ war alles, was er im Gebirge benötigte. Nach der neueren Methode wird von zwei Endpunkten einer vermessenen Basis aus in paralleler Richtung photographiert, nach dem Prinzip des Stereoskops, nur mit weiter (50—100 m oder mehr) auseinanderliegenden Objektivaxen. Mittels des Komporators (Zeiss) werden die Koordinaten abgelesen. Das vollkommenste leistet der bis jetzt einzig in Wien vorhandene sehr teure Stereo-Autograph, der eindirektes Zeichnen der Höhenkurven gestattet. JedesubjektiveSchema- tisierung und die sinnlose konventionelle Glättung der Kurven fällt dabei von selbst weg, sodass das Kurvenbild genau so rauh zackig aus sieht, wie es sich bei stufenweiser Versenkung des Gebirges unter Wasser ergeben würde (vgl. die Karrenfelder auf der Dachsteinkarte)- Erfreulicherweise hat die schweizerische Landestopographie die für offenes Hochgebirge besonders geeignete photogrammetrische Me- thode eingeführt, und bearbeitet damit die neuen Blätter sogar in = 1:10 000. Auch wenn man im Terrain mit dem Messtisch gearbeitet hat, e; ist eine photographische Zugabe zum feineren Reinzeichnen der Een formen stets sehr erwünscht. E "Jahrg. 64. A. Heim. Ueber Arbeitsmethoden schweizer. Alpengeologen. 163 Erst wer sich selbst im Kartenzeichnen im Terrain geübt hat, ist imstande, eine gegebene Spezialkarte rasch und nach allen Seiten räumlich zu erfassen. Geologische Kartenaufnahme. Mit Recht gerät mehr und mehr die alte Methode in Misskredit, die Formationsgrenzen auf Grund eines Farbstiftgeschmiers erst in der Studierstube zu zeichnen. Alle Eintragungen sind an Ort und Stelle im Terrain mit hartem, scharf gespitztem Bleistift vorzunehmen, und diese jeden Abend mit feiner Feder und Tusche nachzutragen, die in keinem Rucksack fehlen sollten. Einige Geologen benützen sogar gelegentlich Tusche und Feder unter freiem Himmel (Buxtorf und Schüler). Denn das wichtigste für den Druck ist ein scharfes und klares Farbgrenzenoriginal. Voreiliges Ausziehen erschwert aber nachträgliche Verbesserungen, die oft am besten aus der Ferne beurteilt werden können. Stets soll die grösstmöglichste Genauigkeit : bei einem Mindestmass von Schematisieren angestrebt werden, soweit ‚es überhaupt die Druckmethoden ermöglichen, wobei noch Viertels- millimeter zu berücksichtigen sind. Lieber jahrelang an einem ein- zigen Blatt arbeiten, als eine flüchtige schematische Karte in den Druck geben, ist das Prinzip. Die meisten Schweizergeologen benützen in kompliziertem Terrain zum geologischen Eintragen photographische Kartenvergrösserungen, auf denen sich auch topographische Berichtigungen anbringen lassen. Im rauhen Gebirge kann man nicht immer den Formationsgrenzen entlang gehen. Man nimmt dort, wo möglich, genaue Profile auf und verfolgt dann mit dem Feldstecher die einzelnen Felsbänder den inzulänglichen Wänden entlang bis zu einer von der anderen Seite ger zugänglichen “Stelle. Bei natürlicher Darstellung verlaufen die Schichtgrenzen meist . Tanh und zackig, zum Unterschied so vieler Karten, auf denen die ; renzlinien in ungeschickter, der Natur widersprechender Weise ab- gerundet werden. Bei guter Grenzlinienzeichnung lässt sich auf “ Grenzen von Schuttbildungen, Moränen, Gehänge- 164 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 zeichnung bieten u. a. die neuen Spezialkarten No. 27, 29, 44, 50, 52, 55, 60, 62, 66, 68, 69, 76, 80, 84 der Schweizerischen geologi- schen Kommission. Zeichnen im Gebirge. Das Zeichnen ist die beste Übung und Selbstkontrolle der systematischen Beobachtung. Erst wenn man im Gebirge ge- zeichnet hat, ist man sich dessen sicher, ob und was davon geologisch noch nicht verstanden ist, und durch das Zeichnen wird die Erinne- rung gefestigt. Man verwächst gleichsam mit der Natur. Der gute Zeichner ist stets ein guter Beobachter, denn nicht die Handfertig- keit, die sich jeder bis zu einem gewissen Grad aneignen kann, ist die Hauptsache des Zeichnens, sondern die Fähigkeit zu systemati- schem Beobachten. Wohl noch kein Geologe hat im Zeichnen eine solche Meisterschaft erreicht, wie der Jubilar. Seine Lehrerin war von Kind auf die unmittelbare Natur. Nicht in der Studierstube oder auf der Schulbank erlernt man das geologische Zeichnen. Unter den schweizerischen Alpengeologen nimmt das Zeichnen zum Unterschied anderer Länder einen besonders wichtigen Platz in der geologischen Gebirgsdarstellung ein (vgl. Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz). Eine einfache Skizze aus wenigen charakteristischen Strichen sagt oft mehr als viele Worte. Ein Notizbuch mit guten Skizzen ruft die Erinnerungen in einem Augenblick zurück und ermöglicht unter Dutzenden von Büchern das denkbar rascheste Auffinden gesuchter Notizen. Man kann im Terrain nicht zu viel notieren, denn das Gedächtnis trügt früher oder später. Zu sorgfältigen Aufzeichnungen ist aber auch ein stattliches, festes Notizbuch notwendig. m allgemeinen ist die Strichmanier, ohne Schraffieren und Schattieren, ausschliesslich aus Linien, die im Gebirgs körper individuell erkennbar sind, vorzuziehen; denn die geo- logische Zeichnung soll im allgemeinen frei sein von zufälligen Schlag- schatten, überhaupt von Beleuchtungseffekten. Betrachtet man irgend einen Umriss im wilden Gebirge in Beleuchtung von vorn, so erweist er sich nicht als kontinuierliche Linie, sondern aus vielen einzelnen, absetzenden Linien zusammen- gesetzt, die sich ergänzen und ablösen. Daher wirkt auch in einer guter Profilzeichnung, und noch mehr in einer Gebirgsansicht ste kontinuierlich gezogene längere Linie unnatürlich. Eine ideale nung ist stets aus ungezählten kurzen und nicht geradlinigen Einz strichen zusammengesetzt, von denen auch der kleinste einer Terra” form entspricht. Zeich nze- ts eine Jahrg. 64. A. Heim. Ueber Arbeitsmethoden schweizer. Alpengeologen. 165 Strichzeichnungen geben sofort ein körperliches Bild, wenn man die gegen den Beschauer gerichteten Vorsprünge und die vordersten Linien am kräftigsten hält. Mancher sonst guten Zeichnung fehlt die Perspektive, weil die dunkeln Furchen, statt ‘die dem Beschauer zugekehrten Gräte mit stärkeren Strichen gezeichnet sind. Als Beispiele musterhafter perspektivischer Gebirgszeichnungen seien genannt die Panoramen Albert Heims vom Säntis, Mythen, Zürichberg und dessen geologische Zeichnungen in „Säntisgebirge‘ (Beiträge Lfg. 16), ferner die Panoramen von X. Imfeld vom Mont Blanc, Weissenstein, Jungfrau ete., diejenigen von Simon vom Niesen und Finsteraarhorn. Auch bei tektonischer und stratigraphischer Profilierung muss das Skizzieren im Terrain Schritt halten. Auf den gedruckten Pro- filen sieht man meist an der Umrissform wie am Schichtenverlauf, ob dazu Terrainskizzen oder Photographien verwertet wurden, oder ob nur nach der Karte gezeichnet ist. Auch hier, wie bei der Grenz- zeichnung der Karten, heisst es nicht abrunden, sondern die Ter- rainformen mit allen ihren Zacken und Rauhigkeiten charakteristisch wiederzugeben (vgl. z. B. Profile Säntisgebirge, Beiträge Lfg. 16). „Ich kann nicht zeichnen“ ist für den Geologen keine Ent- schuldigung. „Also zeichnen lernen!“ so sagte mit Recht unser Jubilar zu seinen Schülern. Eine Ehrensache sei es jedem Geologen, seine Originale für den Druck selbst auszuführen, denn der Berufszeichner versteht in der Regel nicht viel von Geologie und ver- mindert den Wert der Darstellung. Photographieren. Nicht statt des Zeichnens, sondern daneben ist die photogra- Phische Aufnahme von unschätzbarem Wert für die geologische Er- forschung des Hochgebirges. Nur wenige Photographien eignen sich war zur direkten Wiedergabe. Oft übersieht der Autor, dass dem Leser nicht alles aus dem objektiven Bilde klar werden kann, was er selbst auf Grund seiner Terrainstudien darin wieder findet. Oft a man im rauhen Gebirge nicht die Zeit oder die Möglichkeit, sich Stunden- oder gar tagelang zum Zeichnen hinzusetzen. Ist die Geo- Sie an Ort und Stelle verstanden, so behilft man sich mit Skizzieren nd Photographieren und verbessert zuhause die Skizzen nach den Photographien oder vereinigt verschiedene Einzelskizzen unter ge- Nauerer Innehaltung der Proportionen zu einem Gesamtbilde. Auch von der Photographie kann man zeichnen lernen. Dabei darf man 166 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 sich aber ebensowenig wie in der Natur selbst von der Beleuchtung beirren lassen; denn an sich belanglose Formen können je nach der Liehtrichtung hervortreten, die wichtigsten Gratlinien hingegen in Schlagschatten verschwinden. Die Zeichnung soll aber die Formen nach Maass ihrer Wichtigkeit im Gesamtrelief hervortreten lassen. Von besonderem Wert zum Zeichnen sind daher Photogra- phien vom gleichen Standpunkt in verschiedener Beleuchtung, oder Stereoskopbilder (Lugeon, R. Staub). Von grüsster Wichtigkeit ist es, fertige Photographien oder Vergrösserungen von solchen auf halbmattem Papier im Terrain zu verwenden, um darauf die geologischen Einträge vorzunehmen. Selbst auf guten Karten grösseren Masstabes können steile Felspartien mit komplizierter Tektonik nicht befriedigend dargestellt werden. Eine andere als die vertikale Projektion ist erforderlich. Nach der Photo- graphie kann man nicht nur ein Felsband, eine Rinne um die andere mit dem Feldstecher verfolgen, sondern auch an Ort und Stelle jede Kleinigkeit, jeden Block, Strauch oder Rasenfleck, auf dem man steht, wieder erkennen, was selbst mit der besten Zeichnung in der Hand nicht möglich ist. Man kartiert so gleichsam auf der Photo graphie und kann die Übertragung auf die Karte und die weitere Verarbeitung ruhig späterer Hausarbeit überlassen. Nur in wenigen Fällen eignet sich die geologisch bemalte Photo- graphie zur direkten Wiedergabe (Beispiel „Beiträge“ n. F. Lig. XX, Taf. X). Ballon- und Fliegeraufnahmen können beim Kartieren, zum Ver- bessern schlechter Kartenteile, sowie für stereometrische Projektionen besonders wertvolle Dienste leisten. Nach Photographien, insbesondere wenn diese mit bekannter Brennweite, von bekannten vermessenen Punkten aus und mit hori- zontal stehender Objektivachse aufgenommen sind, lassen sich auch Kartenfehler verbessern und viele Messungen anstellen. Durch ein- fache Proportion erhält man die Schichtmächtigkeiten, insofern der Standpunkt sich in der Verlängerung der Schichtfläche befindet. Bedeutet f die Brennweite des Objektives, f' den diagonalen Abstand vom Objektiv bis zu der im Bilde zu messenden Stelle, m die im Bilde gemessene Schichtmächtigkeit, E die aus der Karte gemessen“ Entfernung vom Standpunkt bis zu der zu messenden Stelle, so ist f quellen an, die für die meisten geologischen Fragen ohne Belang sind. . die Mächtigkeit M = ee Dieser Bestimmung haften kleine Fehler- > Jahrg. 64. A. Heim. Ueber Arbeitsmethoden schweizer. Alpengeologen. 167 Die Art des Photographierens und die Wahl der Kamera richtet sich nach zweierlei Gesichtspunkten: Eine kleine leichte Kamera für Platten oder Film, z.B. 9>x< 12cm, kann bei gutem Wetter im Hochgebirge ständiger Begleiter des Geo- logen sein. Ein leichtes Stativ dazu ist zum Horizontieren und Ab- blenden für Zeitaufnahmen mit Gelbscheibe stets vorteilhaft, da man grösstmögliche Schärfe und detaillierte Zeichnung der duftigen Ferne - wie der Schatten im Vordergrund erstrebt. Hervorragendes leistet das Zeiss-Tessar f: 6,3. Ein tadelloses Negativ kann stets mit Vor- teil linear auf das Zwei- bis Dreifache vergrössert werden. Die Verwendung einer grossen Stativkamera 13% 18 cm oder 15% 24 cm mit langem Auszug und allem Zubehör ist eine Arbeit für sich, die man nach bestimmtem Programm an den klarsten Tagen (am besten bei Föhn) vornimmt. Für die Einteilung der Exkursion ist dabei in erster Linie die Richtung der Beleuchtung von den ein- zelnen in der Karte vorgemerkten Standpunkten aus massgebend. Oft lässt sich wegen der Beleuchtung nur eine tadellose Aufnahme im Tag ausführen, unter Umständen aber auch bis zu einem Dutzend und mehr. Am meisten kommen lange Brennweiten zur Ver- n wendung. Von 350 mm Brennweite an bietet eine scharfe Photo- graphie mehr Einzelheiten, als sie ein normal scharfes Auge vom gleichen Standpunkt in der Natur unterscheiden kann. Der Verfasser verwendete meistens eine Kamera 18x24 cm mit Zeiss-Doppel- protar, Brennweiten 180, 216, 350, 412 mm, Chromo-Isolarplatten und Gelbscheibe. (Vgl.z.B. „Beiträge“ Lfg. XX, Taf. I, II, V und Neu- Jahrsbl. d. Naturf. Ges. Zürich 1910, Taf. 1—2). Statt der vorge- Schriebenen sechsfachen Exposition bei Verwendung der Agfa-Gelb- ‚Scheibe exponiert man für geologische Aufnahmen vorteilhaft 10 bis 20 fach, denn es kommt dabei nicht auf künstlerischen Effekt, sondern auf möglichst viele scharf gezeichnete Details auch in den tiefsten Schatten an. Je greller die Beleuchtung, umsomehr ist absichtlich u überexponieren, während bei allgemeinem ‚Schatten normal eXponiert werden kann. ul Jede nicht allzustark überexponierte Platte lässt sich ohne Ver- i Stärken mit den neuen Gaslichtpapieren verschiedener Härtegrade „Nach Wunsch kopieren. Oft ist eine extra weich gehaltene Ver- 8rösserung auf Bromsilberpapier vorteilhaft, um direkt darauf mit „sche zu zeichnen und das Gezeichnete wieder zu pausen. Gegen- ee ichtbilder, welche infolge ihrer einfachen Linien und Tonabstufungen die schönsten künstlerischen Wirkungen ergeben, sind wenn möglich = für geologische Zwecke zu vermeiden, schiefes nicht zu steiles Sonnen- = 168 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 licht für offene Landschaf;en am vorteilhaftesten. Für geologische Detailaufnahmen ist hingegen der Sonnenbeleuchtung auszuweichen, weil diese nebensächliche Linien oder störende Schatten übertrieben her- vorhebt. Wenn immer möglich‘sollte die Kamera nach der Libelle hori- zontiert werden. Für Panoramen und photogrammetrische Auf- nahmen ist eine genaue Libelle notwendig. Bei Panoramen aus ver- schiedenen Einzelaufnahmen kann man mit Vorteil von einer Auf- nahme bis zur nächsten !/s bis 1 Stunde zuwarten, um allzubreite Schatten auf der Seite gegen die Sonne und schattenlose Beleuchtung ohne Relief auf der anderen Seite zu vermeiden (vgl. Panorama Taf. I mit Erläuterungen in „Beiträge“ n. F., Lfg. 20). Eine gewöhnliche Photographie ergibt die natürlichste Wirkung, wenn man sie mit einem Auge in der Entfernung ihrer Brennweite betrachtet. Kürzere Entfernungen vom Auge als 30 cm wirken er- müdend. Eine Aufnahme mit 12 cm Brennweite z. B. wirkt am besten, wenn man sie dreifach linear vergrössert und in 36 cm Ab- stand vor sich hält. Bei jeder Aufnahme sollten notiert werden: Standpunkt, Brenn- weite, Kompassrichtung der Objektivachse, Vertikalverschiebung des Objektivbrettes in Millimetern (zur Horizontbestimmung), Tag, Stunde und Minute der Aufnahme; und diese Angaben sollten auch bei all- fälliger Reproduktion wiedergegeben werden. Oft ist zur Veröffentlichung eine Kombination von Photographie und Zeichnung vorteilhaft. Für Lichtdruck lässt sich nach entsprechen- der Präparation direkt mit Bleistift und Pinsel die Plattenschicht über- arbeiten und für Phototypie das gleiche auf halbmattem Positiv (Gaslichtpapier) vornehmen. (Beispiel Schichtbiegungen in Seeber, Faulhorngruppe, Bern 1911, Taf. 1—3). Alle diese Retouche- arbeiten müssen selbstverständlich vom Geologen eigen“ händig ausgeführt werden. Stratigraphische Beobachtungen. Die wichtigste Grundlage aller stratigraphischen Aufnahmen bildet eine möglichst grosse Zahl möglichst genauer Spezial- profile, die nach dem lithologischen Charakter, Fossilgehalt, Mächtig“ keiten. unter fortlaufenderSkizzierung des charakteristischen Ab- witterungsprofiles festgehalten werden. Durch das Skizzieren überzeugt man sich am raschesten, ob die Aufzeichnung des Profiles lücken- los ist. Etwas vom schwierigsten und zeitraubendsten ist die Bestim Jahrg. 64. A. Heim. Ueber Arbeitsmethoden schweizer. Alpengeologen. 169 mung der Mächtigkeiten von Schichtabteilungen. Diese einfach zu ignorieren geht heute nicht mehr an. In erster Linie ist stets Übung im Schätzen nützlich, denn eine ungenaue Mächtigkeitsangabe ist immer noch besser als gar keine, insofern diese auch mit ent- sprechendem Vorbehalt gegeben wird. Direktes Abmessen mit dem Meterstab, wo dies möglich ist, ergibt über grössere Abstände nicht unbeträchtliche Fehler. Man sucht daher die Gesamtmächtigkeit auf andere Methoden, aus der Karte, durch Photogrammetrie, Propor- tionen und Winkelmessungen (Alidade) zu bestimmen und korrigiert proportional die Einzelbeträge. Steht man vor einer Felswand, so ' kann man sich den 2 m-Masstab oder einen längeren abgemessenen geschälten Stab hinstellen und von weitem zählen, wie oft dieser in der Gesamtmächtigkeit enthalten ist. Alle Profile, die veröffentlicht werden, sollen in bestimmtem Maasstab gezeichnet, und Maasstab und Orientierung angegeben werden. Von besonderer Wichtigkeit sind die Beobachtungen und Auf- zeichnungen über den Verband der einzelnen Schichten untereinander, ob lithologischer Übergang vorhanden und wie rasch dieser stattfindet, oder ob eine Diskontinuität vorliegt und welcher Art diese ist. Zur Aufdeckung der genauen Kontakte, die oft auf Gras- bändern liegen, leistet der Gletscherpickel die besten Dienste. Die Bemerkung „I m ohne Aufschluss“ bedeutet meistens so viel wie ‚Pickel vergessen“ oder „flüchtig gearbeitet‘. Die möglichst genaue Bestimmung der Mächtigkeit ist für jede graphische Darstellung des Schichtverbandes und seiner Faziesver- änderungen eine notwendige Voraussetzung. Viel schwieriger als die Mächtigkeiten sind die Längenmaasse unter Abwicklung der Falten- und Deckenprofile zu bestimmen. Hierbei handelt es sich bereits um die Sraphische Zusammenstellung aus den einzelnen Naturbeobach- tungen. Es versteht sich, dass bei einem abgewickelten Faziesprofil der Vertikalmaasstab meist 2—10 fach übertrieben dargestellt werden Muss (vergl. „Beiträge“ Lfg. 20, III. Teil, Fig. 105, 111, 129, 134, - 140, 152; Lfg. 46, Tat. II—IV). Abgewickelte Faziesprofile- bieten > den besten Einbliek in die paläogeographischen Verhältnisse. Der früher vernachlässigten Mikroskopie der alpinen Sediment- gesteine wird heute mehr Beachtung geschenkt. na Wr Min | f we Fe Tektonische und petrographische Beobachtungen. Die modernen tektonischen Aufnahmen sind unzertrennlich ME stratigraphischen oder petrographischen. verknüpft und unter- \ kützen sich gegenseitig. Die vergleichende Stratigraphie, die Fragen 170 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 der Faziesveränderung, der Isopen etc. sind oft entscheidend für die Bestimmung der tektonischen Stellung eines Gebirgsteiles im Verband der Überschiebungsdecken. Sie hat den schärfsten Beweis geliefert, dass die höheren helvetischen Decken jeweilen weiter von Süden stammen. („Beiträge“ Lfg. 20, ID. Teil.) Manche tektonische Arbeit hat aus Mangel an Kenntnis der Faziesveränderungen fehl- geschlagen. Die bekannte „Klippenfazies*, speziell diejenige der sogenannten rhätischen Decke setzt mit fast genau gleicher Schicht- folge von den Berner „Pr&alpes“ bis Wien (St. Veit) fort. In anderen Zonen, z. B. der helvetischen, weichen die Isopen leicht vom Streichen ab, derart, dass eine tektonische Einheit im Längsverlauf allmählich zur Fazies der andern übergeht. Auf Grund lokaler tektonischer Studien allein lässt sich kein Gebirgsteil verstehen. Auffallenderweise haben die neuen Arbeiten ergeben, dass auch die kristallinen Gesteine Konstanz ihrer Ausbildung im Streichen aufweisen, sodass die gleichen Schubdecken über hunderte von Kilometern durch analoge kristalline Serien ausgezeichnet sind. So ist es R. Staub z. B. gelungen, die Margna-Decke Grau- bündens mit der Dent Blanche-Decke des Wallis zu verbinden. Ausser- ordentlich fruchtbar haben sich die minutiösen chemisch-mikrosko- pischen Untersuchungen für die Tektonik erwiesen. Die Verbindung der modernen Tektonik und ihrer geometrischen Konsequenzen mit der modernen Petrographie hat die grössten Errungenschaften der letzten zehn Jahre in der Tektonik der Schweizeralpen gezeitigt (Argand, R. Staub). Hand in Hand schreitet die sorgfältigste Detail- kartierung voran, sodass jede neue tektonisch-petrographische Er- rungenschaft durch Spezialkarten belegt wird. Wie unzertrennlich die moderne Tektonik mit der Stratigraphie verknüpft ist, zeigen wiederum die Arbeiten von Argand und R. Staub, die an den Stirn- rändern der grossen Schubdecken, besonders im penninischen System, jeweilen Seichtmeerbildungen oder Trockenlegungen konstatierten und daraus schliessen, dass schon in der Karbon- und Triaszeit die Überschiebungen als Geantiklinalen vorgezeichnet waren. Die genaue Verfolgung der Achsengefälle der grossen Schub- decken ermöglicht die Bestimmung der Tiefentektonik. So sind die bis zu 20 km Tiefe gezeichneten Profile von Argand keine Phantasie gebilde, wie mancher ausländische Geologe bei flüchtigem Studium annimmt, sondern streng geometrische Konsequenzen. Jahrg. 64. A. Heim. Ueber Arbeitsmethoden schweizer. Alpengeologen. 171 Feldausrüstung. Hammer. Für Arbeiten im sedimentären Gebiet ist der Hammer mit Spitze vorzuziehen. Als Meissel beim Sammeln von Versteine- rungen, wie zum Tritthacken auf steilen Halden und zum Klettern an steilen Rasenplätzen bietet er ausgezeichnete Dienste. Für rein petrographische Arbeiten und im Hochgebirge, wo ein Eispickel ohnehin unumgänglich ist, hat der Hammer mit breiter Schneide beim Zuschlagen der Handstücke seinen Vorteil. Pickel. Bei stratigraphischen Aufnahmen, besonders in den _ verwachsenen tieferen Regionen ist der Gletscherpickel zum Auf- decken der so oft verwachsenen Schichtkontakte und leicht verwitter- baren Fossilbänke unentbehrlich, denn gerade unter solchen begrasten Bändern findet man die wichtigsten Aufschlüsse über Fazies und 'Schichtverband. Kompass. Am raschesten orientiert der Kompass mit Dekli- nationskorrektur, da hierbei jede nachträgliche Rechnung wegfällt und die Streichfallzeichen gleich im Terrain eingezeichnet werden können. Für Messtischskizzen und photogrammetrische Aufnalımen ist ein Präzisionsinstrument mit Libelle erforderlich. Horizontalglas. Für rasche Messung von Höhenunterschieden, Schichtmächtigkeiten bei horizontaler Schichtlage, Höhenorientie- tungen in der Karte nach der gegenüberliegenden Talseite etc. ist das kleine leichte „Horizontalglas“ vorteilhaft. Alidade. Die kleine Alidade von Tavernier in Verbindung mit einem zusam klappl Messtischehen und photographischem Stativ ist das beste Instrument zum Skizzieren von Karten in grösseren _ Maasstäben. Mit einiger Übung lassen sich damit auch von freier Hand kleinere Winkel bis zu Zehntelsprozenten messen und dadurch Höhen, Mächtigkeiten etc. bestimmen. Aneroid. Wegen der vielen Fehlerquellen hat das Mitschleppen _ eines grossen Nivellieraneroids nur in seltenen Fällen Wert, während ein gutes kleineres Instrument beim Kartieren, besonders in Wald- abhängen, unter steter Kontrolle an den Vermessungspunkten der Karte gute Dienste leistet. ‚Photographische Kamera siehe Seite 167. Notizbuch. Es zeigt sich, dass die Qualität der Notizen und Aeiehnungen im allgemeinen proportional der Qualität und dem Format des Notizbuches ausfallen. Glattes Papier ist dem rauen vorzu- “ = ziehen, da es den Bleistift weniger abnützt, weniger verschmiert und . Weniger Raum einnimmt. Koh-i-noor F und H-Bleistifte eignen sich ; al besten. Bei Albert Heim und seinen Schülern hat sich ein Stan- 172 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 dard-Notizbuch mit Leinwanddecke vom Format 14,5 x 22 cm ein- gebürgert, das allen Strapazen standhält. Feldstecher. Zum Zeichnen eignet sich besonders der 6 fache Zeiss, während sonst 8—12 fache Vergrösserung vorteilhafter ist. DieübrigenAusrüstungsgegenstände, wieSalzsäure Tropffläschehen, Meissel, Lupe, Farbstifte, Maasstab ete. verstehen sich von selbst. Durch die vielen Eisenbahnen, Hotels und Klubhütten sind die Schweizeralpen unvergleichlich leichter zugänglich als vor Jahr- zehnten, als man auf Post und Sennbütten allein angewiesen war. Nur ausnahmsweise benötigt man daher Zelt oder Schlafsack im Freien. E. Argand übernachtete häufig allein zwischen Steinen in den Walliseralpen bei über 3000 m Höhe in einem kaum 1 Pfund schweren, hermetisch verschliessbaren Zeltsack aus Mosetie Batiste. Graphische Hausarbeiten. Zeichnen. Früher musste die Zeichnung vom Stecher rechts- links verkehrt mit der Stahlnadel oder Tuschfeder auf Stein über- tragen werden. Um keine Feinheit zu verlieren, hat Albert Heim diese Arbeit stets selbst ausgeführt („Mechanismus“ 1879 und „Hoch- alpen‘, Beiträge Lfg. 25, 1891, Taf. I—IV). Bei den heutigen photographischen Übertragungs- und Verviel- fältigungsmethoden darf die Forderung aufgestellt werden: Jede publizierte geologische Zeichnung soll Originalzeichnung des Beob- achters sein. Der Geologe braucht nur ein gutes Original in Tusche auf Pauspapier oder besser auf rein weissem (allenfalls bläulichem, aber nicht gelblichem) glattem Papier einzureichen, das als Klischee im Text in Zink oder als grössere Tafel auf Stein oder Aluminium übertragen werden kann. Das Wichtigste ist, dass die Striche voll- kommen schwarz und voneinander klar getrennt sind. Daher Vorsicht mit dem Gummi! Am besten ist es, das Original #/s bis doppelt so gross zu zeichnen, als die Reproduktion ausfallen soll. Selbstverständlich wählt man die stärkst mögliche Verkleinerun®: die noch Gewähr leistet, alle wichtigen Einzelheiten klar wieder- zugeben. i Seltener, z. B. bei Dünnschliffzeichnungen, wird man die Auto- typie oder Rastermethode wie bei der Wiedergabe von photo- graphischen Positiven anwenden. Sehr vorteilhaft wirkt unter Um ständen eine Kombination von Bleistift- und Tuschezeichnung, ode eine überzeichnete, etwas hell kopierte Photographie (am besten auf halbmatt Gaslichtpapier, wie z. B. Cyko oder Velox). . Jahrg. 64. A. Heim. Ueber Arbeitsmethoden schweizer. Alpengeologen. 173 Jeder publizierende Geologe sollte soweit über die Reproduk- tionsmethoden unterrichtet sein, dass er weiss, in welcher Weise er sein Original am zweckmässigsten ausführt. Wer sich die Mühe er- sparen will, die Schrift in der Originalzeichnung selbst mit aller Sorgfalt auszuführen, legt der Zeichnung noch ein daran geheftetes Pausblatt als Original für die Beschriftung bei. Die Schrift wird dann entweder vom Stecher auf der Druckplatte, resp. von einem Zeichner auf Papier ausgeführt, oder aber mit Drucksatz in Form von Zettelchen dem Original aufgeklebt, sodass dieses dann samt Schrift in einemmal photographisch auf die Druckplatte übertragen werden kann. Stets ist es für den Druck von Vorteil und billiger, wenn ein fertiges Original samt Schrift eingereicht wird, und daher dem Geologen von grösstem Wert, wenn er sich selbst in den ein- fachen Druckschriften geübt hat. Ein einziger Alpengeologe hat bis jetzt ganze geologische Karten und Profiltafeln samt Beschriftung wie ein Berufslithograph ausgeführt, sodass diese unverändert photo- graphisch übertragen werden konnten (E. Argand, Spezialkarte No. 64 in 1:500 000), Ist ein Teil einer Originalzeichnung misslungen, so braucht nicht alles noch einmal neu ausgeführt zu werden, sondern man kann be- liebige Papierstücke darüber kleben und überzeichnen. Sofern die Ränder der zusammengesetzten Papierstücke bei der Reproduktion ‚ überhaupt sichtbar werden, lassen sich diese auf dem Zinkklischee wie auf Stein oder Aluminium mit Leichtigkeit wegretuschieren. Misslungene Striche oder Kleckse werden mit Deckweiss entfernt und weisse Punkte oder Striche weiss auf schwarz gesetzt. Karten. Beim Reinzeichnen der Karten, sofern das Original nicht selbst sauber genug ausgefallen, ist das Wichtigste die scharfe lare Grenzlinienführung mit Tusche. Die Grenzen im Original gestrichelt oder punktiert auszuführen ist nicht nur vergebliche Mühe, sondern schädlich, weil dadurch an Schärfe der Form verloren geht, cenn die Grenzlinienzeichnung auf topographischer Grundlage (Sieg- friedblatt) kann nicht direkt photographisch übertragen werden (vgl. rucklegung). Wo die Formationsgrenzen im Terrain nicht scharf bestimmt werden konnten oder Übergänge vorhanden sind, lassen sich später die Grenzlinien zwischen den Farbflächen wieder auslöschen, was der Autor in einem Probedruck angeben kann. Für den Lithographen ” And aber die Grenzlinien im Original durchweg notwendig zur Her- ; i“ stellung genau passender Farbplatten. Die Farben können für das e Origina beliebig gewählt werden, doch ist es vorteilhaft, wenn der 174 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Autor bereits annähernd diejenigen Töne und Zeichen wählt, die durch Kombination aus möglichst wenig Einzeldruckplatten herge- stellt werden können. Von grossem Wert ist daher die Kenntnis der Farbdruckverfahren und die Übung im Einschätzen der Kombinations- töne. Ausgezeichnete, dem Studium zu empfehlende Vorlagen bilden u. a. die neuen geologischen Spezialkarten No. 44, 50, 52, 55, 60, 62, 66, 69, 84 und die geologische Übersichtskarte der Schweiz in 1:500 000, II. Auflage. Profile. Je nach dem Charakter des Gebirgsteiles sind Profile mit einfachen Umrissen, Kulissenprofile oder Profilserien vor- teilhaft. Die Kulissendarstellung ist dann am günstigsten, wenn der Hintergrund über die Hauptquerschnittlinie vorragt und dessen Tek- tonik ohne starkes Achsengefälle die zufällige Oberfläche des Haupt- schnittes ergänzt. Ist dies nicht der Fall, so wirken die Kulissen verwirrend, wie z.B. in „Beiträge“ Lfg. 44, 1914. Profilserien nähern sich in ihrer Wirkung dem Stereogramm (vgl. Alb. Heim, Säntis- profile 1905; Argand, Alpes Occidentales, Spezialkarte No. 64; Ra- bowski, Simmental, No. 69; Buxtorf, Vierwaldstättersee, No. 27, 29, 66). Bei Schwarzdruck ohne Farbe ist besonders darauf zu achten, dass die konventionellen Signaturen für die einzelnen Schichten der Natur nicht mebr als nötig zuwiderlaufen. Schiefer werden nicht quer, sondern längsgestrichelt, massige Kalke entsprechend ihren Querklüften mit Querstrichen bezeichnet, Sandsteine punktiert ete. Perspektivische Ansichten. Bei Zeichnungen von einem bestimmten Standpunkt aus, wie bei Parallelprojektionen kommt die Photographie ausgiebig zur Benützung. Zur Erzielung einer harmo- nischen Gesamtwirkung muss nach der ersten Fertigstellung der Federzeichnung ein weiteres Verstärken der nach vorn gerichteten Linien vorgenommen werden (vergl. Seite 165). Dieses Verstärken muss sogar übertrieben werden aus zwei Gründen: Durch die Repro- duktion werden bei Verkleinerung die dickeu Linien etwas schwächer, die Haarstriche aber, die nicht ganz ausfallen, verdickt, und ferner töten die geologischen Farben die sonst gut wirkende Perspektive ab. Wald und Bäume, mit denen sich der Geologe schon im Terrain nicht befreunden konnte, verwünscht er noch mehr am Zeichnungs- tisch. Auch hier ist an das Prinzip zu erinnern, nach der Oberflächen gestaltung, nicht nach Tonwerten zu zeichnen. Wald und Bäume sind also, von Staffage im Vordergrund abgesehen, nur in leichten Umrissen auszuführen. Schraffieren oder gar schwarz ausfüllen der selben zerstört die perspektivische nen m BRNEOR Zeichnung: er ES OR OID. Zur übersichtlich j lichen Wieder- N - Jahrg. 64. A. Heim. Ueber Arbeitsmethoden schweizer. Alpengeologen. 175 gabe grösserer Gebirgsteile, die nicht von einem wirklichen Punkte aus gleichmässig überschaut werden können, eignen sich am besten Parallelprojektionen und Stereogramme mit horizontaler oder ge- neigter Projektionsrichtung. Zunächst werden alle Vermessungs- punkte der Spezialkarten im gewählten Maasstabe aufgetragen, dann Stück um Stück unter Benützung aller Terrainskizzen und Photo- graphien unter ständigem Konstruieren und Proportionieren einge- zeichnet. Grösstmögliche Schärfe der Photographien ist vor allem notwendig, um darauf mit der Lupe die in der Karte verzeichneten Vermessungspunkte, z. B. einen Hüttengiebel zwischen Tannen, heraus- zufinden. Auch jede kleine Skizze kann verwertet werden. Zu ge- naueren Darstellungen, die gleichsam als Kartenaufnahmen in andern als der vertikalen Projektionsrichtung aufzufassen sind und hunderte von Arbeitsstunden erfordern, müssen erst eigens zahlreiche, mit dem Kompass orientierte Photographien in grösserem Maasstabe mit langen Brennweiten aufgenommen werden. So wurden z. B. für die hori- zontale Parallelprojektion der Gebirge am Walensee 1:15 000 („Bei- träge* Lfg. 20, Spezialkarte No. 87) über 30 Photographien in 18x24 cm mit 350-412 mm Brennweite von der gegenüber- liegenden Talseite aus aufgenommen. Ähnliches gilt für die Parallel- projektion vom Nordrand des Säntisgebirges („Beiträge“ Lfg. 16, Taf. XL). Ä Für andere Gebirgsgruppen, insbesondere solche mit einseitig geneigten Faltenachsen, ist schiefe Projektionsrichtung parallel den Faltenachsen am lehrreichsten. Solche Darstellungen sind u. a. von _ Arbenz (Spezialkarte No. 55 bis), Argand, Lugeon und Trümpy ge- geben worden. Die Parallelprojektion bietet gegenüber dem Profil den Vorteil 5 objektiver Darstellung der körperlichen Oberfläche, gegenüber der perspektivischen Ansicht den Vorteil eines und desselben Maass- Stabes aller darin enthaltenen Gebirgsteile, und weiterer Übersicht. Relief. ‚Die vollkommenste geologische Wiedergabe der Ober- fläche eines Gebirgsteiles bietet das Relief. Es hat aber nur dann _ Berechtigung, wenn darin wesentlich mehr enthalten ist, als in der besten Karte. Ein solches geologisch wertvolles Relief erfordert aber nicht nur eine Summe von zeichnerischen, technischen und‘ _ künstlerischen Fähigkeiten, die nicht jedem Geologen gegeben sind, sondern bei sorgfältigster Ausführung auch unermüdliche Arbeit. Das vollkommenste geologische Gebirgsrelief der Gegenwart ist das- Jenige des Säntisgebirges in 1:5000 von Albert Heim und ©. Meili. In diesem Falle war es möglich, die geologische Bemalung den natür- 176 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 lichen Anwitterungsfarben fast genau entsprechend zu halten. Zahlreiche andere geologische Alpenreliefs von Albert Heim und X. Imfeld sind in der geologischen Sammlung der Eidgenössischen technischen Hoch- schule aufgestellt. (Vgl. Alb. Heim, Das Relief, Jahrb. d. Naturf. Ges. St. Gallen, 1903). Dass keine tektonische Zeichnung und kein Relief überhöht werden darf, ist heute für Schweizergeologen selbstverständlich. Drucklegung. Druck von Photographien. Am billigsten und von schöner Wirkung ist die Autotypie oder der Rasterdruck, wenn hierzu geeignetes glattes Papier verwendet wird. Im Text eingeführt enttäuscht oft der Auflagedruck gegenüber dem Probedruck. Selbstverständlich sind Rastervon möglichster Feinheit vorzuziehen (No.70 und feiner). Das Original wird als Positivbild eingereicht, das überzeichnet sein kann. Besser, aber teurer, ist der Lichtdruck, insofern er in feinstem Korn und vom besten Drucker an moderner Presse auf nicht zu rauhem Papier ausgeführt wird. . Das Lichtdruckverfahren ist aber äusserst heikel. Mit einem guten Probedruck ist das Gelingen der Auflage noch nicht sicher. Vor allem wichtig ist die Herstellung einer feinstkörnigen, „kornlosen“ Lichtdruckplatte (feine, sensibili- sierte Gelatinehaut auf Spiegelglasplatte). Als Original wird am besten das Negativ eingereicht, das alsdann zum Kopieren auf die Lichtdruckplatte pellikuliert wird (vgl. z. B. „Beiträge“, Lfg. 20 n. F., Taf:1 H, IV; V). Farbendruck der Karten. Die Auswahl der Farbzeichnungen ist gleichzeitig eine wissenschaftliche und eine technische Frage. Bei Spezialkarten in grösseren Maasstäben können die internationalen Formationsfarben nicht mehr konsequent innegehalten werden. So z. B. lassen sich 15 Abteilungen der Kreide nicht durch verschiedene Grün klar auseinanderhalten, auch nicht durch Farbzeichen darauf. Wichtige, wenig mächtige Abteilungen (z. B. Gault) müssen durch kräftigere Kontrastfarben hervorgehoben, grössere Flächen in zarteren Tönen gehalten werden. Es ist unmöglich, für die Spezial- karten der Schweizeralpen eine einheitliche Farbenskala durchzuführen (vgl. hierüber die Preisarbeit von Albert Heim Sit imago speculum veritatis, Internat. Geologenkongress Bologia 1881). : Farbgrenzen werden vom Lithographen auf Gelatine oder Paus- Die im Kartenoriginal mit feiner Feder und Tusche ausgezogen Er Bi * 4 a re ae a a Ten 1 BER Eu Jahrg. 64. A. Heim. Ueber Arbeitsmethoden schweizer. Alpengeologen. 177 ‚papier gepaust und von dieser auf die Druckplatte aus Stein oder Aluminium übertragen, und zwar wegen der Dehnung des Papieres durch die Feuchtigkeit Quadrat um Quadrat. Statt feinster Punktierung hat sich am besten feinste Strichelung erwiesen. Unter Umständen sind ganz ausgezogene feinste Grenzstriche vorteil- haft. Auf den stummen @renzlinienabdrücken wird nun für jede einzelne Farbe je ein Farbenoriginal hergestellt, im ganzen also so viele, als einzelne Farbdrucke auszuführen sind. Dabei dürfen die Kombinationen nicht vergessen werden. Eine Hauptschwierigkeit ist die Wahl von möglichst wenig einzelnen Farbplatten, die durch Kombination möglichst viele leicht voneinander unterscheidbare und für die Formationen passende Farbtöne ergeben. Diese viel Erfahrung erfordernde Auswahl wird für die „Beiträge“ seit Jahren von Albert Heim als Präsident der schweizerischen geologischen Kommission getroffen. Alle Mischfarben können durch Kombination der Reintöne erzielt werden (wie z. B. verschiedene Braun durch rosa + grün, oder rosa + !/» grün etec.), Halb-, Drittel- oder Viertelstöne werden meist durch feinste Maschinenschraffur oder Raster aus den Voll- tönen hergestellt. Obwohl diese Arbeit bei komplizierten Grenzen . inter Umständen teurer wird als die Zuhilfenahme weiterer Farb- druckplatten, hat sie den ausserordentlichen Vorteil, dass je nach Richtung und Breite der Schraffurlinien oder Raster mit der Lupe die verschiedenen, zu ähnlich ausgefallenen oder später verblichenen Töne voneinander unterschieden werden können. Die Kombination darf aber nicht zu weit getrieben werden. Nie sollten mehr als drei, am besten nur ein bis zwei Einzeltöne an der gleichen Grenze “usammenstossen, weil sonst bei der geringsten Verschiebung unreine Ränder entstehen. Ausser den durchsichtigen Farbtonplatten braucht man meistens noch zwei bis drei Farbzeichenplatten mit Deckfarben für Zeichen und besonders hervorzuhebende Gesteine, die nur ganz kleine Flächen einnehmen. Die einfachsten Karten können mit drei Farbplatten hergestellt werden. Die komplizierteren neuen Spezialkarten, welche in den letzten 15 Jahren von der schweizerischen geologischen Kommission . herausgegeben worden sind, erforderten 5—10 Farbtonplatten mit Farbzeichenplatten, den Schwarz-, Blau- und Braundruck der j opographischen Unterlage nicht mitgerechnet. Ganz prachtvolle Resultate haben z. B. die Spezialkarten No. 50, 55, 69, 84 ergeben. Als = Übersichtskarte steht wohl die zweite Auflage der geologischen Karte Schweiz in 1: 500000 unübertroffen da, bei der allerdings auf Vierteljahrsschrift d. Naturf, Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 12 178 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Sehraffur verzichtet und im ganzen das Höchstmass von 24 Druck- platten angewendet wurde: 4 für die Topographie, 17 Farbtöne und 3 Farbzeichen. Bei kritischen Farben und zur Kontrolle der letzten Korrekturen ist es oft notwendig, dass der Herausgeber oder der Autor persön- lich die Druckarbeit an der Maschine überwacht. Die gleichen, aber bedeutend vereinfachten Arbeitsmethoden gelten für die farbigen Tafeln von Profilen und Ansichten oder Photographien. Bei Federzeichnungen in Schwarz fällt der teure Grenzstich weg, dagegen dürfen bei perspektivischen Darstellungen nur zarte Farbtöne verwendet werden, da sonst die Perspektive und damit das Verständnis derselben verloren geht. Auch photographische Drucke können direkt mit Farben über- druckt werden (vgl. „Beiträge“ Lfg. XX, Taf. X—XIII). Die Photo- graphien müssen aber weich sein, in Schwarzgrau gehalten werden und dürfen keine breite dunkle Schlagschatten enthalten. Selbst die besten Originale erfordern bei komplizierten Karten wiederholte Korrekturen mit hunderten von Einzelverbesserungen, und von der Zeit der Eingabe des Originals vergeht bei ununter- brochen fortgesetzter Arbeit wenigstens ein Jahr bis zum ersehnten Tag der Herausgabe, der dem Autor den Abschluss des wichtigsten Teiles seiner Alpenaufnahme bedeutet. Petrographische Provinzen der Schweiz, Von Pıur NieeLı (Tübingen). (Als Manuskript eingegangen am 11. Juli 1918.) Mit der Erkenntnis, dass jedes Gestein, in der zur Beobachtung gelangenden Ausbildung, notwendiges Produkt aller physikalisch- chemischen Faktoren ist, die während der erstmaligen Bildung und seinerUmbildung im Laufe der geologischen Epochen wirksam waren, trat das Problem der Gesteinsassoeiation in der Petrographie in den Vordergrund. Gesteine, die unter ähnlichen und voneinander abhängigen Bedingungen gebildet wurden, vereinigt man zu einer Petrographischen Provinz. Entsprechend den drei Hauptentste- hungsweisen können sedimentäre, magmatische und metamorphe Gesteinsprovinzen unterschieden werden. Dabei kann es sehr wohl sein, dass ein Gestein nach seinen verschiedenen Stadien der Bildung und Umbildung zeitlich verschiedenen Provinzen zugeordnet werden muss, beispielsweise einer ursprünglich magmatischen Provinz und einer oder mehreren, später in Erscheinung tretenden, metamorphen ' Provinzen. Dass die Alpen, und insbesondere die Schweizeralpen, eine klassische Stätte für derartige Untersuchungen geworden sind, verdanken wir zum nicht geringen Teil den geologischen Forschungen inseres Jubilars Albert Heim, sowie den petrographischen Studien seines Kollegen U. Grubenmann. Wer das Glück gehabt hat, beider. Schüler zu sein, wird stets dankbar der sich gegenseitig ergänzenden Re Anregungen dieser ausgezeichneten Lehrer gedenken. 2 0 Die Gesteinsprovinzen magmatischen Ursprungs haben bis heute die eingehendste Berücksichtigung erfahren. Die Verwandtschaft ist er zum grossen Teil eine stoffliche (Blutsverwandtschaft). Die nach ' aussen wandernden Magmen differentiierten sich im temporalen und ateralen Sinne und gaben so Anlass zur Entstehung magmatischer Gesteine verschiedener Zusammensetzung, aber mit deutlichen Be- Aehungen chemischer Art untereinander. Eine Hauptaufgabe der plivgesteinskunde ist es, die Abhängigkeit des Differentiations- Yerlaufes von geologischen Faktoren darzutun. Zu dem Zwecke müssen 180 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 wir den Differentiationsverlauf, das heisst die Art der Beziehungen chemischer Natur zwischen den Magmen (jetzt Gesteinen) ein und desselben Stammes, kurz kennzeichnen können. Wir müssen ge- wissermassen Typen der magmatischen Provinzen aufstellen und diese untereinander und in Rücksicht auf die während der Bildungszeit massgebenden geologischen Faktoren vergleichen. Nur wenn alle bereits näher untersuchten Eruptivgesteinsprovinzen nach der gleichen Methode berechnet werden, der Differentiationsverlauf in unter sich streng vergleichbaren Diagrammen dargestellt wird, ist Aussicht auf Erfolg vorhanden. Bei der Ausführung einer grösseren systematischen Arbeit dieser Art sind von mir eine Reihe von untersuchten petro- graphischen Provinzen der Schweiz in Betracht gezogen worden. Da eine kurze Diskussion der Diagramme auch ohne Berücksichtigung der Hauptfragen mancherlei interessante Beziehungen offenbart, möge sie hier erfolgen. Eine Ergänzung wird später Gelegenheit zu einer allgemeinen vergleichenden Behandlung ergeben. Zur Darstellung der chemischen Verhältnisse von Gesteinsana- lysen wird in dieser Arbeit durchgängig ein neues, eingehend von mir geprüftes Verfahren angewandt. Die Molekularzahlen von Al,O; (Fe, Mg, Mn) 0,CaO und (K,Na),O werden auf die Summe 100 um- gerechnet!) und als al, fm, e, alk bezeichnet (al+ m + c-+ alk — 100). Jedem Gestein kommt dann in einem Konzentrationstetraeder mit al, fm, e, alk als Eckpunkten ein Punkt zu. Die im molekularen Verhältnis [CaO+(Fe, Mg,Mn)O-+(K, Na), O+ Al,0,]: 810, = 100: x stehende Zahlx wird als si-Zahl bezeichnet. Sie kann im Konzentrationstetraeder dem Punkt beigeschrieben werden, wodurch das Gestein bereits in den wesentlichen Merkmalen bestimmt ist. In gleicher Weise werden, wenn notwendig, Ti0,-, C0,-, P, 0, -, SO, -, Cl, - Zahlen (fi, c0, Pı > rk K,0 so, el) nn Die molekularen Verhältnisse ST und na) eg MgO werden als k und mg bezeichnet und in einem besonderen rechtwinkligen Diagramm einander gegenübergestellt. Damit sind alle wesentlichen Verhältnisse der Gesteine dargestellt; si, al, alk, fm, e, k, mg genügen bei Eruptivgesteinen meistens zur voll- kommenen Charakterisierung. Die Berechnung ist, was hier nicht dargetan werden kann, gleich günstig zur Darstellung sedimtärel, magmatischer und metamorpher Provinzen. Sie darf als Universal- ') Alles Fe,0, als FeO in Rechnung gebracht. Zu CaO eventuell Ba, SrO; zu K,O eventuell Li,0; zu Al,O, eventuell Cr,O,. . Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 181 methode bezeichnet werden, die auch sehr gut gestattet, Sedimente . von Eruptivgesteinen zu unterscheiden. Um ein Differentiationsdiagramm zu erhalten, das die gegen- seitigen chemischen Beziehungen der Gesteine erläutert, wählt man die'si-Zahl zur Abscisse, die al, fm, c, alk-Zahlen zu Ordinaten. Die Ordinatenendpunkte al werden unter sich, ebenso die von fm, c, alk jeweilen unter sich, verbunden. Die entstehenden Kurven ‚geben die Abhängigkeit der übrigen chemischen Bestandteile von Si0,-Gehalt an. Sie können auch miteinander verglichen werden und zeigen dann, welche Bestandteile gleichgerichtetes oder gegensätzliches Verhalten aufweisen. Gegenüber andern Darstellungen besitzt diese _ den grossen Vorteil, dass die Ordinatenzahlenwerte vom si-Gehalt nicht mehr direkt rechnerisch abhängig sind. Da man die Si 0, -freie Restsumme auf 100 berechnet hat, sind die Abseissenwerte tatsächlich ‚etwas Neues, das mit den Ordinatenwerten verglichen werden kann. Gegenüber der Osannschen Berechnung ist die vollständige Trennung von CaO einenteils von den Alkalien, andernteils von (FeMg)0O, hervor- zuheben. Physikalisch-chemische und mineralogische Befunde sprechen dafür, dass (Fe, Mn, Mg)O und (K,Na),O als Sammelkomponenten durchaus zweckmässig gewählt sind. Ausserdem ist auch die in den Nebendiagrammen zum Ausdruck kommende Abhängigkeit zwischen k und mg sowohl für den Mineralbestand als den Differentiations- verlauf kennzeichnend. (H. S. Washington) (Alkaliaugite NaFe Biotite vorwiegend K Mg). In den hier publizierten Diagrammen sind für analoge Punkt- werte und Kurven, um die Übersichtlichkeit zu erleichtern, stets die gleichen Symbole verwendet worden. Fig. 1 gibt das benutzte Sch hema an. : E - - -_—_- - -_— „u 2,10, (als ti) ist nirgends berücksichtigt worden, ebensowenig = B 0, (als pP). Zur Gewinnung eines ersten Überblickes können diese, rigens nicht immer bestimmten Bestandteile sehr wohl vernach- 182 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 lässigt werden. Die betrachteten petrographischen Provinzen sind von ganz verschiedener Art. Zum Teil handelt es sich um grössere, komplexe Einheiten, zum Teil um kleinere, engere Verwandtschaften. In allen Fällen gestattet das Differentiationsdiagramm die Beziehungen chemischer Natur herauszulesen. Die Untersuchung einer sehr grossen Zahl petrographischer Pro- vinzen hat mir gezeigt, dass für den Gesamtverlauf der Differentiation in einem bestimmten Gebiet die chemischen Verhältnisse jener Gesteine charakteristisch sind, für welche fm = al ist. (Seien diese Gesteine tatsächlich vorhanden oder werde ihre mutmassliche Zusammen- setzung durch Interpolation aus den Differentiationskurven gefunden.) Je enger die Verwandtschaft der miteinander verglichenen: Ge- steine ist, umso grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass einfache Kurven die gleichartigen Ordinatenwerte verbinden. Da al im all- gemeinen mit sinkendem si abnimmt, ‚fm zunimmt, schneiden sich irgendwo beide Kurven. Die Grüsse der für diesen Schnittpunkt charakteristischen si-Zahl, sowie die bei gleichem si gerade vorhan- denen Werte für alk und c variieren sehr stark und bestimmen im Grossen den gesamten Differentiationsverlauf. Gesteine von diesem Charakter (fm = al) werden von mir isofal genannt (gleiches fm und al). Das Gebiet der Isofalie muss daher für alle durchgehenden Ge- steinsserien aufgesucht werden. Durchgehend ist die Gesteins- serie, wenn sowohl Gesteine mit /m > al als mit fm < al auftreten. Einseitige Gesteinsserien liegen nur auf der einen Seite der Isofalie. Komplexe Gesteinsserien umfassen Eruptivgesteine ver- schiedener struktureller Ausbildung (Tiefengesteine, Ganggesteine, Er- gustgesteine), einfache Gesteinsserien werden von unter ähnlichen Bedingungen erstarrten Magmen gebildet. (Nur Ganggesteine eines Stammagmas oder nur verschiedene Facien eines Tiefengesteinstockes oder nur verschiedene Ergüsse eines Magmaherdes.) Diese allgemeinen Erörterungen vorausgeschickt, kann an die spezielle Darstellung einiger schweizerischer petrographischer Pro- vinzen geschritten werden. Alle Figuren sind, um den Einzelvergleich zu ermöglichen, aM Ende des Textes angeschlossen worden. Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 183 l. Ganggefolgschaft des Albtalgranites im Südschwarzwald. Tabelle I. Schwarzwald (Südrand). (P. Niggli.) F al|fm| e alk\ k 2 Analytiker | Gestein, Fundort e | An : #|52| 6/ 0,42 10.261013 P. Niggli RoterTurmalin-Aplit.Laufenburg, Schweiz 4#1|46| 7| 8 | 39 |0.41/0.35| L. Hezner Weisser? älterer Aplit. , ; 4048| 9 | 8 | 35 |0.45/0.22 ; Roter Aplit. : Be 145 |112| 7 | 36 0.480.997 P. Niggli Ganggranit. + m 38:25 |12 | 25 0.41 0.52| H. Hirschi Albtalgranit. Albtal, Baden 233138125 | 18 | 19 10.38 0.26| P. Niggli Gang- ? Mischgang. Laufenburg, Schweiz 713331 16 | 20 0.42 0.43| 0. H. Erdmannsdörffer| Amphibolgranit. Wehrathal, Baden 3128 | 22 | 19 |0.42)0,50 P. Niggli Lamprophyr. Laufenburg, Schweiz 17129 | 33 | ı8 20 \0.52|0.54 = x Wehratal, Baden 180 24139117 | 19 0.61/0.59| 0. H. Erdmannsdörffer R 5 i 5/47 | ı6 12 |0.54|0.62| H.Ph. Roothaan ä Laufenburg, Schweiz r r . u 20 146 14 20 0.58 0.75 ” Der grobkörnige, porphyrartige Biotitgranit des Albtales im Süd- Schwarzwald besitzt ein.Ganggefolge aplitischer und lamprophyrischer esteine. Die Lamprophyre sind jünger als die Aplite. Die einge- hende Petrographische Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Von mir, oder auf meine Veranlassung hin, wurden eine Reihe von Ganggesteinen, die bei den Sprengungen für das Laufenburger Kraft- werk in frischem Zustand geschlagen werden konnten, chemisch ana- Iysiert. In der Tabelle sind die Daten verglichen mit solchen, die "us einer Arbeit von O. H. Erdmannsdörffer (Mitt. ‚Grossh. Bad. geol.L. A. IV 1901) berechnet wurden. Die Differentiation des Haupt- Magmas in zwei neue, komplementär erscheinende Teilserien ist aus dem Differentiationsdiagramm (Fig. 2) gut ersichtlich. Die basische Abspaltung besitzt echt lamprophyrischen bis durbachitischen Cha- fakter. c nimmt mit sinkender Kieselsäure nur wenig zu. Der Hauptgranit liegt rechts der Isofalie, die bereits ins Lamprophyr- feld fällt, Isofalie bei ungefähr si — 200; al= fm ungefähr je 30; ce = alk Mgeführ je 20. alk ist gleich /m im Hauptgranit bei si = 270. Ab- Se en fr q 8esehen vom pneumatolytischen Turmalinaplit, besitzt % mittlere Werte von 0,35—0,65 (Fig. 2a). Im allgemeinen, wenn auch nicht “eng einsinnig, nimmt mg mit fallendem si zu. Die Lamprophyre _ Sud zu einem grossen Teil biotitreich. Das Differentiationsbild ist in mancher Hinsicht bereits typisch durchgehende magmatische Gesteinsserien: Mit sinkendem si 184 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 nehmen im grossen und ganzen al und alk ab und fm und c zu. Je geringer anfänglich gegen links hin die Abnahme der beiden ersten Grössen ist, bei umso kleinerem si-Gehalt stellt sich die Isofalie ein, Isofalie bei ungefähr 200 ist immer noch typisch für pazifischen Charakter der Gesteinsassociation, in ausgesprochen atlantischen Provinzen kann die Isofalie bis gegen si = 100 verschoben werden. liegen von U. @rubenmann und seinen 2. Das zentrale und östliche Gotthardmassiv. Teiluntersuchungen über Eruptivgesteine des Gotthardmassivs Schülern (P. Waindziok, L. Hezner, A. Schneider, P. Niggli, L. J. Krige) vor. Eine ein- gehende Gesamtuntersuchung der geologischen und petrographischen Tabelle Il. Gotthard. (P. Niggli.) : a —— | si\al\fm| e Jalk k |mg, Analytiker | Gestein, Fundort 5 458 | 50 | 7|.4 |] 39 0.56|0.48| L. Hezner Aplit im Kristallinagranit. Scopi | 413 | 42 | 15 | 9 | 34 |0.5210.68 5 Randaplit d.MedelserProtogin.Somvixertal | 317 | 44 | 12 | 13 | 31 10.50/0.38 a Medelser Biotit-Protogin. Santa Maria 293 | 39 | 21 | 15 | 25 0.530.29| H. Ph. Roothaan| Kristallinagranit Ä 247 | 34 | 28.| 17 | 21 |0.24|0.42| L. Hezner Kristallinagranit. Lukmanier Skai 263 | 35 | 25 | 19 | 21 10.2310.40 » ” „ 193 | 30 | 36 { 18 | 16 0.26'0.58| H.Ph.Roothaan | Diorit. Ufiern-Kristallinatal 159 | 28 | 35 | 22 | 15 10.21|0.52 ö r ; » 148 | 29 | 40 | 17 | 14 0.630.56| W. van Holst | Lamprophyr. Lukmanier 195 | 34 | 39 | 7120 |0.67|0.41| L. Hezner Basische Schliere in Protogin. Lukmanier 448 143 |18 | 6 | 33 10.57,0.28| L. Hezner Orthogneis. Val Nalps 434 | 49) 9 | 5 | 37 110.7010.25 er . nta nera 437 | 47 | 17 | 2 | 34 10,5510.45 B\ Quarzporphyr. Muraun 411 | 45 | 17 | 9 | 29 10.62|0.48 # Orthogneis. Val Termine 407 | 42 | 16 | 11 | 31 |0.44/0.22| P. Waindziok | Gamsbodengneis Gamsboden 280 | 39 | 22 | 16 | 23 |0.4210.42| L. Hezner Bugneigranodiorit. Bugnei 157 | 25 | 42 | 20 | 13 ,0.2810.63 4 Diabasporphyrit. Muraungebiet ıss | 3ı | 39 | 21 | 9 |0.28[0.48| A. Schneider |G ibolit. Gigestaffel | .28|0. i ranatamphibolit. Gigestalte 105 | 23 | 45 | 27 ı 5 .0.21.0.60 i 5 5 100 | 20 | 51 | 24 | 5 .0.22|0.52| L. Hezner Amphibolit. Piz Nadels co! 4/90 | 5| 1 ? |0.90| A. Schneider - | Diallagperidotit. Gigestaffel 56| 1194| 4 | 110251081 ° „ 52105) 9|-— |05 | ? lo.s9 . 5 Zum Vergleich: 5 i 362 | 43 | 18 | 4 | 35 |0.83/0.25| J. Meyer Granit ob Van. Aiguilles-Roug®® (Eclog. geol. Helv. 1916) 3 Pi ; 2 ‚der Metamorphose. Die H Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 185 Verhältnisse ist seit einigen Jahren von mir in Angriff genommen. Viele hier publizierte Analysen entstammen dieser Untersuchungs- _ reihe. Die ältesten vorkarbonischen Intrusionen weisen gabbroid- peridotitischen Charakter auf. Alte, sehr SiO, -reiche, granitische Gesteine wurden ebenfalls bereits durch die variscisch-herzynische Faltung intensiv gestreckt; sie treten heute als Streifen - Stengel- gneise zu Tage. Am Ende dieser Faltungsperiode intrudierten gra- nitische Magmen, mehrere Stöcke bis Lakkolithen bildend. Sie weisen zum Teil eine granodioritische bis dioritische Differentiation auf und sind von aplitischen und lamprophyrischen Gängen durchsetzt. Das entstandene Faltengebirge wurde intensiv erodiert, gıosse Verrucano- massen lagerten sich zwischen jetzigem Aar- und Gotthardmassiv, be- sonders im östlichen Teil, ab. Gleichzeitig fanden porphyritische Extrusionen und Lagerintru- sionen statt. Quarzporphyre bildeten sich teils gleichzeitig, teils etwas früher. Der zentrale granodioritische Kern bewährte sich zur Zeit der Alpenfaltungen als stauende, versteifende Masse. Der vor Praetriasischer Erosion geschützte, glimmerschieferreiche und mit Verrucanofüllmaterial reichlich bedachte, nördliche Teil wurde zwischen den Intrusionskernen von Aar und Gotthardmassiv zusammengepresst und zum Teil, vom Verrucano an, in Faltendecken nordwärts vorge- trieben. Schliesslich pressten ‚die letzten penninischen Schübe das ostwärts absinkende Massiv diskordant an und auf das Aarmassiv. Vulkanische bezw. magmatische Tätigkeit ist zur Alpenfaltungszeit nicht erkennbar. Alle Eruptionsgesteine sind vormesozoisch. Der Charakter der granodioritischen Differentiation der carbo- nischen Intrusion ist aus der Gesteinsassociation des Medelser-Cri- Stallinatales ersichtlich, die von mir eingehend untersucht wird. Die zu dem Zwecke bis jetzt ausgeführten Analysen findet man im ersten Teil der Tabelle 2 auf die Werte si, al, fm, alk, e, k, mg berechnet. Fig. 3 zeigt das Differentiationsdiagramm. Die analy- Sierten Gesteine sind möglichst frisch, ein geringer Tonerdeüberschuss m den sauren Gliedern ist nur zu einem geringen Teil eine Folge tti g insdiff: iation. ist ähnlich der des Electric Peaks und der Sierra Nevada in Nordamerika, ähnlich auch der Differentiation in der Selladecke der Bernina. Biotitgranit, R Biotit und Biotit-Hornblendegranodiorite, Hornblendediorite sind die auptfacien. Aplite und Lamprophyre erweitern das Differentiations- bi d nach links und rechts hin. k schwankt ziemlich stark, viel- leicht auch etwas infolge der metamorphisierenden Einflüsse. In inter- . Mediären Gesteinen ist k oft niedriger als im benachbarten Aar- 186 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 massiv oder in der Selladecke. Von besonderem Interesse ist die sekundäre Differentiation, die in einer biotitreichen, lamprophyrischen Schliere im Medelserprotogin erkenntlich ist. (Fig. 5 und Fig. 5a.) Sie ist im Sinne von L. Milch der reinste Typus einer durbachi- tischen Differentiation. Das Diagramm zeigt, dass einzig fm sich anreichert, während al, alk und c fast ganz gleichmässig abnehmen. Auch mg (siehe Fig. 5a) bleibt fast unverändert, k wird grösser. Mineralogisch bedeutet das, dass die gleichen Mineralkomponenten in Schliere und Hauptgestein anwesend sind und einzig Biotit ange- reichert wurde. Zum Vergleich findet man in den Figuren 5 und 5a auch das Bild der namengebenden, durbachitischen Differentiation ge- strichelt eingezeichnet. Der Vorgang ist hier bereits etwas kompli- zierter, € reichert sich mit abnehmendem si gleichfalls an. (Horn- blende!) Auch mg ändert sich dort, entsprechend einer Wanderung verschiedenartiger femischer Molekeln, ausserordentlich stark. Im Gegensatz zu manchen Schlieren im Striegauer Granit nimmt mit sinkendem si mg zu. Der Totalcharakter der hauptsächlichen Eruptivgesteinsassociation (exklusive Ganggesteine) im östlichen Gotthardmassiv, ohne Rück- sicht auf das Alter, geht aus dem Diagramm Fig. 4 hervor. Si0,- reiche, ältere Granite und jüngere Quarzporphyre besitzen s; um 400. Im mittleren Teil finden sich die Granodiorite, Granite und .Diorite des Medels und wohl auch der Fibbia, sowie jüngere prophyritische Gesteine. (Die von R. Beder beschriebenen des Verrucano der Glarner- decke sind zu stark zersetzt, so dass die Analysen nicht verwendet werden konnten.) Gabbroide Gesteine sind fast durchwegs alt. Sie sind jetzt als Amphibolite vorhanden. Strukturelle und mineralo- gische Nachweise des früheren eruptiven Charakters sind fast keine vorhanden. Manche Amphibolite sind auch sicher sedimentär. Die hier berücksichtigten drei, mit grosser Wahrscheinlichkeit eruptiven Gesteine sollen nur zeigen, dass derartige Differentiationsglieder vorhanden sind. Serpentine und Talkschiefer zeigen hingegen noch alle Übergänge zu Diallagperidotiten und Harzburgiten. Das Associationsdiagramm, das temporal und lateral verschieden- artige Gesteine umfasst, die aber alle einer grossen Einheit ange hören, kann als typisch für die Granit-Diorit-Peridotitreihe gelten. Isofalie um sö — 200; al= fm ungefähr 30-31; e ungefähr 19, alk ungefähr 18. Die Differenz al-alk beträgt in einem grossen si-Inter- vall zirka 13 Einheiten. Ganz ähnliche Verhältnisse sind in der Hauptserie der Sierra Nevada Nordamerikas vorhanden ei Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 187 3. Differentiation im östlichen Aarmassiv. Tabelle Il. Östliches Aarmassiv. siiallfm| c lalk) k |mg Analytiker Gestein, Fundort E 4151| 2| 443 |0.39| ? | L. Hezner Aplit. Schattigwichel 48139 115 | 13 | 33 0.3910.48 s; Granitporphyr. Kleiner Mutsch 192128 |32 | 16 | 24 0.6610.63) M. Dittrich Kalisyenit. Piz Giuf 18132 |38 | 16 | 14 0.5310.50| L. Hezner Kersantit. Giufstöckli ma |38 | 23 | 12 |0,34|0.64 5 Spessartit. Roter Wichel 20144 | 11 7 ı 37 \\0.49!0.06| L. Hezner (Juarzporphyrrandfacies des Granites Witenalpstock 49|42 19 7 | 32 1|0.41|0.29 ? Aaregranit. Nünistock 34|4|10 | 91 36 0.47|0.38| L. Hezner Quarzreicher Granit. Gliemsstöckli 2913912 | 6 | 30 |0.46|0.50 Y Tödigranit. Tödi 38145117 | 14 | 24 |0.5510.47 5 Granit. Brigelserhörner a 28 |30 | 15 | 27 \0.5010.52| je Pontegliasgranit-Syenit. Val Ponteglias 2315/28135 | 14 | 93 \0.52!0.64 R Granit-Syenit, Piz Tgietschen 16/23 | 41 | ı8 | 18 0.450,65 5 Monzonitisches Gestein. Piz Tgietschen 146123 |40.| 20 | 17 /0,3510.61 x | : „ Gliemsstöckli BUEErERTEEruEr 0.17 0.42 © Diorit. Somvix 19122|4 22 | 12 0130.44 h » Piz Tumbif 14123837 | 23 | 12 0.240.69 5 een Literatur: F. Weber. Beiträge geol. Karte der Schweiz. N. F. 14. (1904). J. Königsberger. Erläuterungen zur geol. Karte des Aarmassives. (1910). B.G. Escher. Dissertation Zürich (1911). F. Weber, U. Grubenmann, L. Hezner. Viertelj. Zürich. Nat. Ges. 61 (1916). Zum Vergleich mit dem benachbarten Gotthardmassiv ist ein näheres Eingehen auf den Charakter der Gesteinsassociation im Aar- massiv durchaus notwendig. Die Arbeiten von F. Weber, J. Königs- berger, B. G. Escher, W. Staub und R. Beder, sowie eigene Be- Obachtungen geben genügende Anhaltspunkte. Lediglich zur Demon- Stration, dass einige Schlussfolgerungen sich bereits zahlenmässig Stützen lassen, wurden einige Tiefengesteinsanalysen, die U. Gruben- Mann und L. Hezner publizierten, und die Material zu einer von = hu % - Weber seit mehreren Jahren in Angriff genommenen weiteren Arbeit sind, berechnet. ‘ Die geologische Geschichte und Intrusionsfolge ist durchaus ähnlich der des Gotthardmassives. Die vermutlich ältesten erkenn- baren, vorkarbonischen Intrusionen waren peridotit-gabbroider bis dio- Yitischer Natur. Darauf folgte die Intrusion granitischer Gesteine, 188 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 die jetzt als Erstfeldergneis ete. zu erkennen sind. In Begleitung der Faltung, besonders gegen Schluss hin, setzte die Hauptintrusion der Syenite, Aargranite und ihrer Differentiationsprodukte ein. Wäh- rend einer Erosionsperiode, vielleicht gefolgt von einer zweiten schwachen Aufrichtung, intrudierten und extrudierten quarzporphy- rische-porphyritische Massen. Zwischen Aar- und Gotthardmassiv findet man noch im Verrucano Quarzporphyre und basische Erup- tiva. Chemisch zeigt die karbonische Tiefengesteinsdifferentiation im Gotthard- und Aarmassiv wenigstens zum Teil ein verschiedenes Verhalten. Im östlichen Gotthardmassiv wiegt die granitisch-grano- dioritisch-dioritische Association weitaus vor, im östlichen Aarmassiv ist der Alkaligehalt im allgemeinen ein höherer, so dass die Diffe- rentiation zu einer granitisch-syenitisch bis monzonitisch-dioritischen wird. Beiderorts sind saure und intermediäre Gesteine relativ kali- reich (k = 0.35—0.66). Eingehend hat bis jetzt Fr. Weber den Kali- syenit vom Piz Giuf (etwas älter verfestigt als der zentrale Granit) und die Ganggesteine in seiner Nähe untersucht. Naturgemäss ist die strenge Zugehörigkeit der Gänge zum Syenit (im Gegensatz zum begleitenden Granit) nicht beweisbar. Das Differentiationsdiagramm (Fig. 6) zeigt sofort den besonderen Charakter mancher Differentia- tionen im Aarmassiv gegenüber solchen im östlichen Gotthardmassiv- alk ist von sö—= 200 an nach rechts hin nur um 4—8 Einheiten geringer als al. Vergleicht man die Zahlen für den Kalisyenit mit denen des Tödi- granites, des Nünistockgranites, des Pontegliasgranitsyenites, SO wird die Ähnlichkeit der Differentiation mit ‘der der Little Belt Mountains von Montana (Nordamerika) ersichtlich. Analysen von in Unter- suchung begriffenen Gesteinen bestätigen diese Schlussfolgerung aufs beste. (Siehe Fig. 7 und 7a). Ausser dieser vorwiegend syenitisch- monzonitischen Differentiation ist eine granodioritische ebenfalls vor- handen. Zum Teil ist sie älter, zum Teil findet sie sich gegen MR Gotthardmassiv hin. Der Granodiorit vom Bugneital, südlich des zentralen Aaregranites, ist von mir untersucht und zur Association des Gotthardmassives gestellt worden. Isofalische Gesteine finden sich im Aarmassiv von si = 270 bis ungefähr 190. (Eigentliche Isofalie wohl um 270). e ist in diesem Gebiet bedeutend kleiner als alk. Das ergibt den wesentlichen Unter schied gegenüber dem östlichen Gotthardmassiv und auch dem Schwarz“ waldgebiet. Der Südschwarzwald ist in dieser Hinsicht eher etwä® 5 näher verwandt als das Medelsergebiet. Die Isofalie der Little Belt- . Mountaingesteine liegt bei ungefähr si = 210. , Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 189 4. Eruptivgesteine der Selladecke des Berninagebietes. Tabelle IV. Selladecke. Bernina (R. Staub. Diese Zeitschrift 60 [1915] 202). : silal| fm | e \alk| k \mg Analytiker Gestein, Fundort m|45|.6| 6 | 43 |0.26/0.53| S. Staub Banatitaplit. N. Chapütschin %0 139 | 24 | 16 | 21 0.45 [0.50 e Banatitische Randfacies. Kl. Chapütschin 243 |34 | 31 | 19 | 16 /0.50/0.64| R. Staub (Juarz-Monzonit ,„ Vadret da Roseg 20 35 | 29 | 17 | 19 0.49|0.45 5 | Banatit. 5 3 20132 | 34 | 19 | 15 /0.39/0.44| S. Staub Quarz-Hornblendemonzonit „ % 6 | 36 | 30 | 19 | 15 /0.46/0.49| R. Staub a h re 10 |22 | 42 | 23 | 13 |0.04/0.39| S. Staub ? Metamorpher Lamprophyr. Scerscen 1612242 | 25 | 11 |0.4510.49 we r „ Vadret da Roseg Es handelt sich um oberkarbonische Intrusivgesteine des süd- lichen Alpengebietes, die bei der Alpenfaltung in Decken nordwärts vorgetrieben wurden und dabei starke Epimetamorphose erlitten haben. Die Intrusion erfolgte nach R. Staub ihrerseits am Schlusse karbo- uischer Faltungsvorgänge. Die nachträgliche Metamorphose hat der Chemismus nicht sehr merklich, stellenweise aber doch erkennbar, verschoben. So ist der hohe Tonerdegehalt des „Quarzmonzonites“ si =206 wohl eine sekundäre Erscheinung. Inwiefern das Alkalien- verhältnis noch. primär ist, lässt sich mit Sicherheit schwer feststellen, die annähernde Konstanz (ausgenommen si —= 150) steht mit dem ursprünglichen Gesteinscharakter in guter Übereinstimmung. Der relativ hohe bis mittelhohe c-Gehalt bedingt die mittelhohen Zahlen für ng. = ist wenig schwankend. ee a Bet 2 m Die Gesteine gehören einer komplexen (zweifachen), durchgehenden Gesteinsserie an, umfassend Typen von Intrusivkörpern mit ihren andfacien und den zugehörigen schizolithischen Gängen. Wegen der durch Metamorphose bedingten kleinen Unregelmässig- keiten im Chemismus empfiehlt sich die Zeichnung von mittleren ausgeglichenen Kurven (SieheFig. 8). Der eigentümliche, ausgesprochen “ Pazifische Charakter der Gesteinsassociation tritt so übersichtlich zu a a Ein Hauptintrusionsgestein (sö = 210) besitzt angenähert den : inter der al-Kurve. Dementsprechend ist dort e>alk und liegt R die Isofalie mittelhoch. (Bei ungefähr & = 211; al=/fm um 32.5; '=155,c=19.,5). Die von 100 si ausgehende, schräg aufwärts “ Yerlaufende Gerade ist: die Sättigungslinie für Metasilikate und Feld- 190 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 späte. Nur die Lamprophyre liegen wenig unterhalb der Sättigung (erkenntlich an den darüber liegenden alk-Punkten). Die „Quarzmonzonite“ genannten Gesteinstypen besitzen ziemlich hohe si-Zahlen. Damit steht der pazifische Gesamtcharakter im Zu- sammenhang. Monzonite mit niedrigem si sind gerne mit syenitischen Gesteinen vergesellschaftet oder solchen, die der Serie intermediären bis atlantischen Typus verleihen. Chemisch sind die Gesteine, abge- sehen von k, auch mit dem von R. A. Daly als Granodiorit bezeichneten Typus nahe verwandt.') Die Gesteinsassociation weist mannigfaltige Beziehungen zu der des Electrie Peaks in Nordamerika auf, doch ist dort %k kleiner. Die Medelser Granodioritdifferentiation (Fig. 3) des Gotthardmassives be- sitzt ebenfalls ein ähnliches Diagramm. Im Gebiet der Isofalie ist in der Selladecke al (?primär) etwas höher, alk etwas niedriger. Die in den Mittelpartien allgemein grössere Differenz al-alk leitet zu den tonalitischen Differentiationen über. Es lässt sich eine Associationsreihe bilden : Östliches Aarmassiv — Südschwarzwald — östliches Gotthardmassiv — Selladecke — Tonalit- gruppe. 5. Eruptivgesteine der Errdecke (Bernina) Oberengadin. Tabelle V. Errdecke. (R. Staub, Viertelj. Nat. Ges. Zürich 1914, 1915, 1916). silalifm| e |alk| k img Analytiker Gestein, Fundort 442 |42 16 | 3 39 10.44|0.27| S. Staub Alsbachit. Westgrat Piz Corvatsch 421 | 47/13 | 6 | 34 /0.38/0.13) R. Staub Aplit? Vedretta di Scerscen inferiore 387 | 41 | 18 | 13 | 28 |0.6410,52| S. Staub Granitfacies. Nordfuss Chapütschin 339 | 42 | 18 | 13 | 27 |0.48|0.08| R. Staub Granit. Vadret da Corvatsch 336 | 43 | 14 | 11 | 32 /0.45/0.29| S. Staub x 321 | 41 | 22 | 10 | 27 |0.49|0.50 e RESTIER Mortelhütte EN 289 | 42 | 22 | 13 | 23 0.4410.55 : Quarzsyenit.? Grat südöstlich Chastelel® 261 | 39 | 24 | 18 | 19 0.771038 , Basische Schliere in Granit = 144 | 23 156 | 9 | 12 0.27/0.55| R. Staub Lamprophyr.? Südlich Alp Ota _ 143 | 19 | 50 | 16 | 15 10.33|0.34 R „Alkalispessartit“.? Mortelhütte 133 | 18 | 55 | 17 | 10 10.351044] S. Staub Spessartit.? Crap Alp Ota 131 | 30 | 38 | 18 | 14 0.93|0.58 5 Vogesit.? Piz Corvatsch ') Die Bezeichnung Monzonit a allerdings von den amerikanischen Petro- graphen häufig in dem Sinne, wie Staub sie anwendet, gebraucht. So nennt ar spielsweise. A. Knopf ein Gestein ir i=290; a=37, m=B, e=B; =; k=050; mg = 0.40 aus er Helena mining region von Montana bereits (Juarzmonzonit! Über die Abgrenzung von Granit, Granodiorit und re siehe W. Lindgren. Am. Journ. of Seience 159, Seite 269 (1900). Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 191 Die von R. Staub beschriebenen Gesteine sind zum Teil stark mylonitisiert und epimetamorphisiert. Das Alter der Intrusionen ist wohl oberkarbonisch. Bei manchen Gesteinen ist die eruptive Her- kunft nicht sichergestellt, die auf den Chemismus sich stützenden Folgerungen sind nicht immer einwandfrei. Auch chemische Ände- rungen während der alpinen Metamorphose sınd nicht ausgeschlossen, bei manchen Gesteinen mit hohem al sogar wahrscheinlich. Die Association ist sicherlich noch typisch pazifisch und steht in naher Verwandtschaft mit der der Selladecke. Die Isofalie wird ober- halb ss: = 200 liegen mit al= fm etwa 32—33 und alk » e. Es ist von Interesse, dass derartige Gesteine gerade in der Sella- decke vorliegen, einer Decke, die nach R. Staubs glänzender Syn- these der Tektonik der ostschweizerischen Alpen mit der Errdecke das „Wurzelgebiet“ gemeinsam hat. In der Tat vergleichen wir die beiden Diagramme Fig. 8 und 9 miteinander, so sehen wir, dass die , beiden Hauptgesteine (abgesehen von der sekundären Ganggesteins- differentiation) sich gegenseitig zu einer durchgehenden Differentia- tionsreihe ergänzen. In der Selladecke liegen sie im si-Intervall von ca. 200—260, in der Errdecke im si-Intervall von 260—400. Beide Diagramme passen bei s2 = 260 fast genau aufeinander. (Selladecke: si= 260; adl=39; fm=4; c=16; ak— 21; Errdecke: sö — 261; al— 39; fm = 24; c— 18; al = 19.) Beide Gesteinsassociationen lassen sich daher zweifelsohne zu einer, petrographischen Provinz vereinigen und entstammen dem gleichen Magmaherd. Nun lässt sich der Vergleich mit der Gotthardprovinz auch etwas eingehender gestalten. Die Verwandtschaft ist eine sehr enge. Etwas höherer Tonerdegehalt und niedriger Kalkgehalt in den Mittelpartien der Err-Sellaregion ist vielleicht nur eine sekundäre, durch Meta- morphose bedingte Erscheinung. In der Medelser-Differentiation ist alk = fm bei ungefähr si— 280, in der Sella - Errdifferentiation 2wischen 280 und 290. Nimmt man den höheren al-Gehalt als pri- mär an, so leitet die Differentiation, wie bereits erwähnt, schwach Zur tonalitischen über. (Siehe Fig. 18.) Ina Verwandt wäre auch die von V.M. Goldschmidt beschriebene Diferentiation des Opdalit-Trondhjemitstammes im südlichen Nor- Wegen mit ungefährer Isofalie bei sö — 230, alk=20, c=16. Sie a st ebenfalls noch nicht typisch tonalitisch. =. Der „Opdalit“ besitzt: 192 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 si = 201; ad=30; fm = 36; c=17; alk= 17 (oder auch s = 210) k= 0.41, mg = 0.56. Staubs „Quarzhornblendemonzonit“: si = 210; al = 32; fm = 34; c = 19; alk = 15; k = 0.39; mg Der Diorit im Kristallinatal: ea t ne eel; ae 16; ke 02 ri Der Tonalit Taufers Rieserferner: a = 206; EI elek = 10; = 039; Ed Der Pyroxenglimmerdiorit vom Electric Peak N.'A. i—=19; = 80; fm a 3;e= 19; ce 17; ke 02 R. A. Dalys Mittel der Granodiorite: Tabelle VI. Berninagebiet. (Untersuchungsgebiet U. Grubenmanns. Diese Zeitschrift. silal|fm| ce lalk| k |mg| Analytiker Gestein, Fundort 427 |43 | 10 | 3 | 44 10.50.0.14| L. Hezner Alkaligranit. Piz Chalchagn 376 | 45 | 12 | 11 | 32 0.44 0.15 5 Biotitgranit. Tschiervahüttenweg 281 | 42 | 18 | 17 | 23 .0.45 0.35 ® Banatit. Ob Spaniolenturm, Pontresina 276 | 32 | 29 | 15 | 24 110.48|0.39 = R üdlich Pontresina 250 | 36 | 25 | 17 | 22 0.48 0.40 “ “ R x blaugrau 195 | 36 | 24 | 19 | 21 110.37 0.43 > „Monzonit“. Val Roseg 157 | 22 | 40 | 19 | 19 10.49|0.42 2. ; (Ferretobrüche) 136 | 26 | 40 | 24 | 10 .0.30|0.48 rk Gabbrodiorit. " Südöstlich Sanssouci 118 | 23/45 !24 | 8 0.09'0.61 = & Isola persa 116 | 25 | 43 | 20 | 12 0.40 0.68 R r Vom See an der Bovalroute 107 | 22 | 45 | 23 | 10 10.21 10.62 5 ” Val Roseg, Ferreto 448 | 38 | 17 | 3 | 42 0.45 0.05 # Paisanit. Erratisch südlich Pontresina 444 3718| 4 | 41 0.45 0.06 K „ Linke Moräne Morteratschglelsche! 444 |43 15 | 3 | 39 10.43.0.28| ° „ Alsbachit. Piz Corvatsch, I 437 |46 | 9 | 5 | 40 10.44 0.22 “ Roter Aplit. Piz Chalchag 441 | 36 | 18 | 10 | 36 0.47 0.15 n Paisanitporphyr. ne Pontresina-Wortentsch S 45 | 6| 6 | 43 |0.26,0.52 5 Banatitaplit. Moräne nördl. en 339 | 40 | 10 | 19 | 31 \0.38/0.10 2 Bahnhof Pontresin 354 | 46 | 11 | 13 | 30 \0.4710.46 5 Moneoniiänl, Weg zur a 184 | 32 | 33 ‚20 | 15 10.54/0.65 r Lamprophyr im Banatit. Berninastrass® 183 | 31 | 34 | 17 | 18 /0.54/0.54 = Glimmerdioritporphyrit. Blöcke, Tschierahilen tg 161 | 28 | 35 | 21 | 16 \0.50/0.54 H Lamprophyr. Linke Seitenmoräne, Morte 159 | 27 | 38 | 19 | 16 ,0.20/0.40 ” Dioritpropyrit ob Platzers a 143 | 21 | 46 | 20 | 13 |0.2910.56 r Lampı se Banatit. ea 33/21/45 | 20 |ı1 josoloss| , u 130 |22 | 45 | 20 | 13 103310.) . Granit. Ob. Boralhül® 121 | 24 | 45 | 21 | 10 10.1710.61 a“ Gabbrodierit. Plaziers Pontresina 91 1 12:72| 1| 7 10.520.18 a Lamprophyr. Blöcke Bovalweg “ Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 193 = 249; al = 36; fm = 26; c= 19; alk = 19; k = 0.26; mg = 0.49. Ein Monzonitmittelwert: = 154; al = 27; fm = 34; c = 22; alk= 17; k = 0.44; mg = 0.51. Ein Granodiorit von Californien: = 241; al = 35; fm = 26; c= 19; alk= 20; k = 0.40; mg = 0.45. Es sind das alles Gesteine, die um die mittlere Eruptivgesteins- zusammensetzung herum liegen. 6. Weitere Eruptivgesteine aus dem Berninagebiet f; (Berninadecke usw.) Eine eingehende chemisch - petrographische Untersuchung der übrigen Gesteine des Berninagebietes steht durch Herrn Prof. Dr. U. Grubenmann in Aussicht. Bereits ist eine grosse Anzahl von Analysen publiziert worden und in liebenswürdiger Weise wurde mir eine Berechnung nach meiner Methode gestattet. Es handelt sich offenbar um sehr komplexe Differentiationsserien, die zu einfachen Diagrammen nur bei richtiger gegenseitiger Zuordnung der Gesteine führen werden. Das Diagramm Fig. 10 vermittelt nur den allge- meinen Charakter des gesamten Komplexes. Die von mir ausge- wählten, berechneten Tiefengesteinsanalysenwerte sind durch Gerade (denen natürlich keine volle Bedeutung im Diagramm zukommt) ver- bunden und die Werte einiger Ganggesteine lediglich durch Punkte markiert worden. In chemischer Beziehung ist die Gesteinsassocia- tion verwandt mit der des östlichen Aarmassives. Hier wie dort herrscht eine Region von si 180 bis ungefähr s — 280 in der alk, ° und fin wenig variieren, auf jeden Fall keine einsinnige Tendenz der Anderung aufweisen. Im Berninagebiet ist in diesem Intervall /m allgemein niedriger als im Aarmassiv, al etwas höher, auch ist die Differenz alk-c im erstgenannten Gebiet kleiner. Es handelt sich hier wohl um regionale (fraglich sekundäre) Unterschiede des ganzen östlichen Komplexes gegenüber dem zentralschweizerischen. In der Tat verhält sich die Berninadeckenassociation zu der der Sella- und rdecken ungefähr wie östliches Aarmassiv zu Gotthardmassiv. Der Gesamtkomplex muss noch als pazifisch oder pazifisch-inter- Mediär bezeichnet werden, er ist weder typisch atlantisch, noch typisch intermediär. Hingegen findet sich, worauf U. Grubenmann _ Pereits in einer kleiner Arbeit aufmerksam gemacht hat, am Si 0,- : ‚Teichen Ende der Differentiationsreihe eine typisch paisanitisch . Seriehtete Teilserie, wobei bei kleinem mg f mit steigendem si Wächst (Fe als Fe,0,) und gleichzeitig al=alk wird. Derartige al- Kalireiche (auch basische) Endglieder können den Gesamtcharakter Merteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 13 194 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 noch nicht bestimmen, allerdings stellen sie sich umso eher ein, je häufiger si-arme monzonitische Glieder sind. Typisch intermediär in dieser Hinsicht ist die Association von Predazzo. Dort liegt das Ge- biet wechselnder Isofalie zwischen = 130 und si = 210, also be- deutend tiefer. Damit ist auch bereits ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Provinzen gekennzeichnet. 7. Die Differentiation des Platta mala-Granitmagmas im Unterengadin. Ä Tabelle VII. Platta mala-Granit. (U. Grubenmann, Beiträge geol. Karte der Schweiz, SF, 23.1908). silal|ifm| e lalk| k mo Analytiker Gestein, Fundort 494 | 47 | 17 | — | 36 \0.25/0.43| L. Hezner Aplitische Granitvarietät. Platta mala 386 | 42 13 | 6 | 39 ,0.48/0.24 “ Hauptgranit „ " 377 142 |15 | 6 | 37 '0.43|0.47 5 “ Galgenhügel unterhalb Sent 252 | 33 | 22 | 15 |-30 10.1510.57 ” Randfacies unterhalb Remüs 213 | 35 | 33 | 16 | 16 ,0.55/0.48 5 Basische Facies des Granites. Strase bei Rmis Die interessante kleine, wohl lakkolithische, Differentiation ist von U. Grubenmann ausführlich beschrieben worden. Das Vor- kommnis liegt in der tektonisch ausserordentlich kompliziert gebauten Region des Unterengadiner Fensters. U. Grubenmann hat auf die schwach alkalische Natur des Granites und seiner Facien aufmerksam gemacht. Die Differenz al-alk ist in der Tat bis in die Gegend der Isofalie gering. Aarmassivische Gesteine mögen zum Teil ganz ähn- liche Verhältnisse aufweisen. Das Hauptgestein der Platta Mala und die basische Facies si — 252 zeigen das Bild einer lamprophyrischen Differentiation im Sinne L. Milchs. Wohl nimmt c in ungefähr gleichem Masse wie /m zu, aber die gleich gebliebene Differenz al- alk zeigt, dass es sich nicht um Wanderung anorthitischer, sondern RSiO,-artiger Moleküle handelt. In Übereinstimmung damit tritt Hornblende neu im Mineralbestand auf. Ein Vergleich mit der Me- delserschlierendifferentiation, der gewöhnlich durbachitischen (Fig. 5) und der Differentiation des Tasnagranites (Fig. 11) wird von Nutzen sein. Eigentümliche Verhältnisse weist si 213 gegenüber si 386 auf. Bei allgemein malchitischem Charakter der Differentiation nimmt merkwürdigerweise k zu. Das Alkalienverhältnis ist (? primär) ebens® wenig konstant wie das Verhältnis er Die Gesteinsreihe ist einseitig, die Isofalie ist nicht erreicht worden- Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 195 8. Differentiation des Tasnagranitmagmas. Tabelle VIll. Tasnagranit. (Unterengadin.) (U. Grubenmann: Beiträge geol. Karte der S N. chweiz, N. F. 23. 1909.) slal | fm e Gr k |mg | Analytiker | Gestein, Fundort #9 |45 | 11 | 3 | 42 |0.400.34| O. Züst Quarzprophyrische Randfacies. Ardez 4140 18 | 3 | 39 0.3510.44 > Quarzreicher Granit. Posisirasse unterhalb Arder 4139/23 | 6 | 32 0.32/0.45| H. Hirschi Granit (porphyrartig) I 234137|28 | 7 | 28 0.3410.35| O. Züst Hauptgranit. Sass Majur 22132 |34 | 15 | 19 |0.61/0.46| L. Hezner Glimmervogerit. Bellezza. Randgestein Mr |27 |42 18 | 13 /0.48/0.44| O. Züst Glimmer-Randfacies. Alp Laret | | Der von O. Züst und U. Grubenmann untersuchte Tasnagranit liegt ebenfalls im Gebiet des Unterengadiner Fenster. Die kleine, übsche Differentiation ist noch typisch pazifisch, aber von mehr syenitischem Charakter. Das Hauptgestein besitzt bei geringem c annähernde Gleichheit von J/m und alk. Der Albulagranit mit si= 276; ad= 36; /m= 22; c=13; alk—= 28; k—= 0.40; mg = 0.43; ist c- reicher und /m-ärmer. Auch die Granite der Errdecke unterscheiden Sich ganz wesentlich vom Tasnagranit, wenn vielleicht auch alle einer stossen geologischen Einheit angehören. Isofalie der Tasnagranitdifferentiation (einfache ? lakkolithische Differentiation) bei sö = ungefähr 223; al = fm = 32,5; alk = 20; e=15. mg ist ziemlich konstant, k wechselnd. Das .ergibt ein Bild ; wie Fig. 11a. Das Kreuz entspricht dem Albulagranit. Hauptgestein und Facien ö = 212 und si 147 zeigen das Bild einer k-malchi- a en TE: gie Tabelle ıx, Gabbro des Unterengadins. (U. Grubenmann, Beiträge geol. Karte der Schweiz N. F. 23, 1909). | k Im Analpytiker | Gestein, Fundort Re 3137/12 18 0.41/0.48| L. Hezner Grober Biotitgabbro. Stollen Clemgiaschlucht al 1/29 | 31 9 |0.09|0.53 . Biotitgabbro ? r K 25 | 50 11 | 14 |0.44|0.48 ee Glimmerreicher grober Gabbro R 20 | 36 | 38 6 '0.27|0.44 : Hornblendegabbro. Clemgia un 3/50 |18| 9 0.31/0.34 . Biotit-Hornblendegabbro 16a | 32) 8 jo.08lo.r7 - | Diallaggabbro. Bürkelkopf - 10173115 | 9 097/078 i _ Hornblendit, biotitführend. Clemgiastollen SS 37 | 19 | 14 0.42 0.48 r Gabbrodiorit. Spescha 196 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 tischen bis durbachitischen Differentiation. (Zunahme von fm und e, schwache Vergrösserung der Differenz al-alk; Zunahme von k). Stark saure Gesteine sind kalkarm mit schwacher Andeutung pantelleri- tischer Typen (hohes /m). 9. Die Gabbros des Unterengadins. Eine eigentümliche Gabbroassociation hat U. Grubenmann aus dem Unterengadin, der Clemgiaschlucht, beschrieben. Sie ist ein schönes Beispiel einer basischen Differentiation, die vom si-Gehalt wenig ab- hängig ist, und dennoch durch das Differentiationsdiagramm vollständig interpretiert werden kann. Der chemische Bestand scheint durch die Metamorphose kaum gelitten zu haben. al und alk-Gehalt nehmen mit sinkendem si (siehe Fig. 13) regelmässig ab. Unabhängig davon zeigt sich ein stark gegensätzliches Verhalten von c und fm. Biotit, Hornblende und Augit sind die der Menge nach im Mineralbestand stark wechselnden Komponenten. Hauptsächlich der Wanderung unter- worfen waren also Molekelarten vom Typus RSiO, und R, Si0,, so- wie ihre Komplexbildungen wie Diopsid, Biotit. Die Differentiation hat ähnliche Bahnen eingeschlagen wie in den benachbarten Diabas- gesteinen. Jedoch sind hier, bei den Gabbros, in Verbindung mit im allgemeinen etwas niedrigern alk-Gehalt, fm zum Teil kleiner, c oft bedeutend grösser. c- und /m-Kurve nähern sich weit mehr. Ob beide Associationen dem zeitlich gleichen Magma entstammen, ist infolge Tabelle X. Diabese, Grünschiefer, Serpentine des Unterengadins. (U. Grubenmann, Beiträge geolog. Karte der Schweiz, N.F.23, 1909). ei silal|fm| e \alk| k |mg| Analytiker Gestein, Fundort 135 | 27 | 48 | 10 | 15 '0.11/0.59| L. Hezner Diabas (fastaugitfrei). Schlosshügel TarasP 130 | 24 | 44 | 18 | 14 0.06 0.48 O. Züst | Spilit. Poststrasse unterhalb Ardez 194 | 24 | 56 | 6 | 14 |0.08I0.68| L. Hezner Diabas (plagioklasreich). Nord Ap (am 118 | 19.) 42 | 27 | 12 \0.12|0.57 “ Diabas. Piz Mondin | 111 | 21 |) 48 | 19 | 12 |0.07\0.51 u Augitdiabas. Unterhalb Remüs 110 | 21 | 53 | 14 | 12 10.3510.5£| O. Züst Diabas. Ardez 108 | 21 | 46 | 20 | 13 |/0.4010.57| L. Hezner Spilitschiefer. Aschera as 105 |23 49 | 17 | 11 j0.13l06 , Variolit. Ardez ” 103 | 19 | 43 | 27 | 11 0.0910.51 e Außitreicher, basischer Diabas- Alp 2 2/1 2194| 4/0 0.88 i Serpentin. Alp Champatsch Ne 62 | 3195| 2| 0 0.90| E. Blumer i Fontana Tarasp 64! 2794| 4| 0 0.89| L. Hezner i Val Zuort R. 1 37) %| 2/0 0.90| Arn. Heim = Tasnabach { Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 197 - der starken tektonischen Mischung in diesem Gebiet noch nicht sicher- gestellt. Chemisch liesse sich das, trotz der Verschiedenheiten, sehr wohl denken. Der anhangsweise berechnete Gabbrodiorit von Spescha entstammt wahrscheinlich einer anderen tektonischen Einheit (nach _ Spitz und Dyhrenfurth) P,O, wurde bei diesen apatitführenden n ur eg Gesteinen nicht bestimmt, al mag daher etwas zu hoch sein. 10. Diabase und Serpentine des Unterengadins. Die ebenfalls von U. Grubenmann beschriebenen Gesteine fin- den sich im Bündnerschiefer des „Unterengadiner Fensters“. Vielleicht gehören sie der rhätischen Decke an und sind kretazischen Alters na Se a re - (eventuell trisasisch oder mesozoisch). Sie bilden, wie Grubenmann feststellte, einen ganz besonderen Typus. Die nachträgliche Meta- morphose hat die Gesteine stark beeinflusst, chemisch kommt dies (ausgenommen etwa Gestein si = 124) wohl wenig zum Ausdruck und es darf angenommen werden, dass das Differentiationsdiagramm pri- märe Züge widerspiegelt. Charakteristisch sind hoher /m-Gehalt, relativ hoher Alkaliengehalt, hauptsächlichste, gegensätzliche Differentiation von fm und c, das letztere wie in den soeben besprochenen Gabbros. Die ursprünglichen Typen müssen sich besonders durch verschiedenen Se Erzgehalt und verschiedene Zusammensetzung der femischen Mine- alien unterschieden haben. Der Wanderung waren wiederum ver- schiedene R-Silikate vom Typus R,SiO, bezw. RSi0, unterworfen. Das macht auch begreiflich, dass die Variation keine Funktion des si-Gehaltes sein kann. Dennoch gestattet das Diagramm eine voll- Ständige Interpretation dieser einseitigen Gesteinsassociation. : Mit den Diabasen und Gabbros chemisch verwandte Gesteine va alifm|ic alk| k mg Gestein, Fundort 2117 |47 194 | 12 |0.60/0.66| Shonkinit. Yogo Peak, Little Belt Mountains 13,51 39 196,5 11 10.57|0.67| Essexitgang. Predazzo, Tirol en 23 | 40 |97 10 '0.25|0.56| Gabbro. Emigrant Gap., Sierra Nevada, Nord-Amerika 1% |40 23 | 12 |0.2310.45| Norit. Tripyramid Mt., New Hampshire, „ » 128 134 29 | 9 lo.11l0.51| Ossipit. „ ss n on In 41 [23 | 11 |0.30|0.39| Gabbro. Salem Neck, Essex Co. a, Im [43129 | 7 10.04.0.58| Diabas. Mariposa Co., SierraNevadaa » une 54 118 | 11 0.530.73|. Absarokit. Yellowstone, Nat. Park. ” ” a 8 a2 124 | ıı 0.41/0.58| Augitvogesitgang. Castle Mountains, > » Es wird von grossem Interesse sein, vg _ Aschiefer diesen schwach atlantischen Charakter aufweisen und ob die inter- n Mediäre Monzoni-Predazzodifferentiation damit in Zusammenhang zu bringen ist. zu erfahren, ob auch die mesozoischen 198 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 findet man in verschiedenen Provinzen, einige von ihnen sind bereits typisch atlantisch. Die kleine Zusammenstellung auf 3.197 mag darüber Auskunft geben. (Siehe auch U. Grubenmann Ioe. cit.) diabase bezeichnet. Die Gesteine werden am besten als Essexitgabbros und Essexit- ll. Grüngesteine der rhätischen Decke des Oberengadins. Tabelle Xl. Grüngesteine. Oberengadin, | R H. P. Cornelius N. J. f. Min. BB. XXXV. 1912. .Staub, Viertelj. Zürch. Naturf. Ges.,60, 1915. silalifm| ec jalk k |mg| Analytiker Gestein, Fundort 133 | 27 143 | 17 | 13 0.04!0,55| L. Hezner Chloritschiefer. Piz Longhin (Cornelius) 115 | 21 | 49 | 17 | 13 \0.26/0.62| H. P. Cornelius | Uralitisierter, gepresster Gahhro. Grarasalvas (Cornelius) 111 | 21 | 42 | 26 | 11 |0.18/0.53| L. Hezner Augitehloritschierer. Zwischen Blaunca und Gravasalnas ( 111 | 23 | 40 | 22 | 15 0.0910.51) H. P. Cornelius | Epidotchloritschiefer. Südlich Capalotta (Cornelius) 61 | 15 | 59 | 26 | (1) 0.50 fr a ördl. (iravasalvas ,, a a El a ar 0.88| R. Staub Serpentin. Prasura (Staub) 115 | 14 | 47 | 25 | 12 |0.07)0.42] S. Staub Diabasporphyrit. Grialetsch (Staub) 108 | 33 | 30 | 28 | 9 0.21|0.67 £ Diabas. Paludetta (Staub) 107 | 4/7015 | 1050009) „ Nephrit. Furtschellas (Staub) 91 |32|51 | 7,10 x Sehr fraglich ob eruptiv. Grialetsch (Haub) Die Gesteine zwischen Septimer- und Julierpass sind nach H.P.Cor- nelius und G. Steinmann ophiolitisch intrusiv, wobei die Intrusion vorwiegend der Diskontinuitätsfläche zwischen Triasdolomit und Gneis folgte. Die Intrusion steht mit der Alpenfaltung in Zusammenhang und ist vielleicht kretazisch. Die Hauptfaltung hat die Gesteine noch intensiv metamorphisiert. Der Typus der Differentiation ist, sofern der Chemismus erhalten geblieben ist, durchaus ähnlich dem der Unterengadiner Grünschiefer. fm ist gross; c und fm verhalten sich im allgemeinen gegensätzlich. Doch nimmt bereits hier mit steigendem c-Gehalt oft auch al zu, so dass an Wanderung anorthitischer Mole- küle gedacht werden muss. Und geologisch verwandte Gesteine, die R. Staub aus dem Berninagebiet beschreibt, zeigen bereits zum Teil gewöhnlich diabasischen Charakter. (Siehe Tabelle 11.) Es erscheint daher nicht ratsam, die Differentiationsart und den Chemismus zuf geologischen Parallelisierung zu verwenden. Die diabasartigen und gabbroiden Gesteine stehen mit Peridotiten, Pyroxeniten und deren Umwandlungsprodukten im engen Verband. Der Chloritalbitschiefer von Grialetsch und der Nephrit von Furt schellas zeigen wohl kaum mehr primären Eruptivgesteinschemismuß. Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen- der Schweiz. 199 ‚Der erstere mit sö = 91 kann keine spinellreiche Schliere sein. Im Diagramm findet man ausser den von H. P. Cornelius beschriebenen Gesteinen nur die Serpentinanalyse von Prasüra, in Analogie zum Malencoserpentin verwertet. Die besonderen Varietäten, die R. Staub aus dem Berninagebiet beschrieb, sind nur in der Tabelle aufgeführt. Das Diagramm (Fig. 15) ist mit dem der Unterengadiner Diabase zu vergleichen. 12. Ganggesteine bis Lagerintrusionen in der Nähe des Rassassergrates (Unterengadin.) Grubenmann : Beitr, geol. Karte d. Schweiz N, F. 23, 1909. Tabelle XII. BON Rapsnssorgrät. a und John. Jahrbuch k. k. geol. R. A, 27, 1877. slal|l/m| e alkı k |mg\| Analytiker Gestein, Fundort an 10 |37 | 30 | 13 | 20 |0.34/0.64| L. Hezner Prophyrischer Vogesit. Nördl. Griankopf 19 [37 | 27 | 21 | 15 |0.9510.58 a Labradorporphyrit. Craist Alta 4731133 | 20 | 16 /0.3910.21| John Proterobas. Nördl. Zehnerkopf Mıa|ss 21 16 0.31/0.53| L. Hezner Labradorporphyrit. Nördl. Griankopf 153 | 27 | 39 21 | 13 /0.33/0.29| John Gemischter Lagerstrom am Zehnerkopf 10 [38 132 | 24 | ıı 0.221049) „ Labradorporphyrit. Nordöstl. Zwölferspitz Wil 18 00708. e Zwölferspitz Es verhalten sich wie Fig. 16 zeigt im allgemeinen gegensätz- lieh ak und e sowie al und /m. Einige Analysen sind relativ alt. P, 0, und TiO, sind nicht immer bestimmt worden. Das wird wohl die Ursache für den etwas hohen al-Gehalt sein. Abgesehen davon mag der Gang der Variation der primären Differentiation entsprechen. Die ganze Association liegt im Gebiet der Isofalie mit nicht unerheb- lichen Abweichungen nach beiden Seiten hin. Quarzporphyre kommen daneben vor. Das Alter der Eruptiva ist noch unbestimmt. 13, Grünschiefer des östlichen Wallis. (Mesozoikum der penninischen Decke.) Die Grünschiefer leiten sich von gabbroid-ophiolitischen Gesteinen i | ab. Das Alter der Intrusion bis Extrusion ist mesozoisch und steht 308 der Alpenfaltung in Beziehung. Einige „Randfacien‘ weisen relativ sauren Charakter auf, anderseits sind Serpentine als Begleit- &esteine vorhanden. Die meisten Prasinite führen neben albitischem .. üblende. Der Pikrit besteht aus Serpentin, Chlorit, Caleit, Tre- = molit, Eisenerz. Dass der ursprüngliche Chemismus durchwegs erhalten 200 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Tabelle Xlll. Walliser Grünschiefer. (H. Preiswerk, Beiträge geol. Karte d. Schweiz, N.F.26 Verhandl. Nat. Ges. Basel 1903.) alıfm|ı c alk, k mo Analytiker Gestein, Fundort | 207 ı 35 | 13 | 25 | 27 |0.0810.45| H. Preiswerk Prasinit-Randfacies. Tschampigenkeller, Binnental 176 | 27 | 22 | 34 | 17 \0.11/0.58| F. Hinden „ 153 | 16 | 36 | 35 | 13 0.45/0.71| M. Dittrich Amphibolit. Forcolettapass 120 | 21 | 42 | 24 | 13 |0.16|0.65| H. Preiswerk Gabbroider Prasinit. Tschampigenkeller, Binnenla 110 | 22141129 | 8 10.15/0.58| F. Hinden a ; Westabhang des Banhorues | 109 | 17 | 43 | 29 | 11 \0.3510.67| H. Preiswerk Chlorit-Prasinit. Im Eich bei Visp 97 | 22 | 34 | 42 | 2 |0.13|0.52| F. Hinden Prasinit mit Klinozoisit. Imere Nanzlche 0631:8187} #1 1.1.2 10,88 5 Pikrit. Saflischpasshöhe Dazu Serpentine, Gangprasinite u. s. w. geblieben ist (Kalknähe!), ist kaum wahrscheinlich. Gegenüber manchem tektonisch ähnlich entstandenen Grünschiefern des Engadins fällt der hohe c- und relativ niedere /m-Gehalt auf. Eine einfache Gesetz- E mäsigkeit wie dort lässt sich aus dem Diagramm Fig. 17 nicht mehr herauslesen, doch ist ersichtlich, dass al und alk ziemlich regelmässig abnehmen, ce und fm zunehmen. Ein nicht mit angeführter Gang- prasinit zeigt noch weitere Variabilitätsfähigkeiten. Hinsichtlich der Metamorphose ist die starke Hornblendeführung bemerkenswert, die mit dem hohen e in Zusammanhang steht und deshalb im Engadin zurücktritt. Die Untersuchung wurde von H. Preiswerk ausgeführt. i14. Tonalitdifferentiation der Rieserferner (Österreich). In jüngster Zeit sind in den Schweizeralpen auch tonalitische Gesteine als letzte Intrusionen der alpinen Faltung aufgefunden worden. Tabelle XIV. Tonalitdifferentiation Rieserferner (Österreich). F. Becke. Denkschriften Ak. Wiss. Wien. 75.1. 1913. Tsch. Min. petr. Mitt. 13 (1893). EEE 2 silallfw| ce lalk| k ma Analytiker Gestein, Fundort 435 | 47 | 5 | 16 | 32 10.410,38] R. Pfohl Tonalitaplit. Burgkofel bei Taufers. 376 | 47 | 16 | 13 | 24 10.3710.30| E. Zdarek Tonalitporphyrit. Nördlich von Sambock 256 | 39 | 24 | 20 | 17 0.4710.39| R. Pfohl Quarzglimmerdiorit. Zinsnock 7 206 | 36 | 31 | 23 | 10 10.39/0.43| Th. Panzer Normaltonalit. Taufers, Reinwald 137 | 23 | 51 | 16 | 10 10.55|0.46| R. Pfohl Schliere im Tonalit.. D 106 | 21 | 52 | 18 | 9 |0.27|0.48| F. Erben Kersantit. Abendweide a Zum Vergleich; Mr & 168 | 31 x | 26 | 11 als S. Staub Tonalit (Quarzdiorit). Melirolo, ey Ze El rn a SE BA Pa, ee a Da or; a ee Tr u ei = a. um e ee ? SSR ee Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 201 Es mag daher erwünscht sein, eine typische derartige Differentiation, die gleichfalls dem Alpengebirge angehört, zu besprechen. Leider gibt es auch von der charakteristischen, von F.Becke beschriebenen Rieser- fernerassociation wenige gute Analysen. Bei den hier berechneten fehlt zum Teil die P,O,-bestimmung, die Ti O,-bestimmung ist wohl nicht immer richtig (Spur in Tonalit ?). So mögen besonders in der Gegend der Isofalie die al-Kurven und die si- und /m-Zahlen etwas zu hoch sein. Im übrigen kommt der tonalitische Charakter mit hohem c und niedrigem alk sehr schön zu Ausdruck (Fig. 18). alk = c weit oberhalb der Isofalie bei ungefähr si = 280. In der Gegend der Isofalie (um si — 200) alk wenig grösser als 10, c über 20. Von der syenitisch-monzonitischen (Aarmassiv), der granodiori- tischen (Gotthardmassiv), der banatititsel (Selladecke-Errdecke) führt die sukzessive Änderung zur tonalitischen Association. Die vier Dia- gramme sollten mit einander verglichen werden, um die Variabilität in der Association pazifischer Typen zu erkennen. Zum Vergleich ist der von R. Staub beschriebene, nach ihm tertiäre Tonalit von Melirolo im Tessin bewertet worden. Dieser Tonalit ist für den Gesteinstypus vielleicht noch charakteristischer. Es ist bei i — 168, bei annähernder Isofalie, ak = 11, ce = 2%. Hier ist auch al — /m normal um 31—32 und nicht so hoch, wie nach den älteren Analysen aus dem Rieserfernergebiet zu erwarten wäre. Das Alter der Riesertonalitintrusion ist noch nicht sichergestellt. Kretazische Eruption ist nicht unwahrscheinlich. Mit der Altersbe- Stimmung hängt zusammen, ob sichere Beziehungen mit den jungen Gesteinen des Adamello und des Disgraziamassives, sowie des Tessines vorhanden sind. Über derartige Fragen siehe auch A. Spitz, Mitt. geol. Ges. Wien 1915, 227. Die Berechnung erfolgte auf Grund der . von Becke angegebenen Molekularzahlen. 15, Ergussgesteine des Hegau, Baden, Deutschland. Mehrfach ist von atlantischen Gesteinsassociationen vergleichs- Weise die Rede gewesen. Typische Associationen dieser Art sind bis Jetzt in der Schweiz nicht aufgefunden worden (abgesehen von der aisanitteilserie der Bernina). Hingegen stehen mit der Alpenfaltung 5 ‚in Beziehung die im nördlichen Vorland zur Tertiärzeit extrudierten : Melilithbasalte und Phonolithe des Hegaus. Da sie einige der atlan- schen Associationsmerkmale erkennen lassen, sollen sie hier eben- Malle berücksichtigt werden. Durchgehende Untersuchungen fehlen noch. Durch die Arbeiten 0m. Erb und U. Grubenmann ist man über die Melilithbasalte 302 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Tabelle XV. Melilithbasalte, Phonolithe vom Hegau (Deutschland). silal|lfm| e |alkı k |mg | Analytiker Gestein, Fundort 196 | 42 |15 | 5 | 38 10.2510.10| Föhr Phonolith. Mägdeberg 183 | 42 | 11 | 8 | 39 10.19|0.05| „ “ Hohentwiel s0| 8155 129 | 8 |0.35/0.66| Dittrich Augithornblendebombe. Heilsberg 70 | 10 | 58 | 24 | 8 |0.27|0.72 M Basaltbombe. Hohenhöwen 68 | 11 | 56 | 29 | 4 10.26|0.71 & Melilithnephelinbasalt. Wartenberg 63 | 9156 | 29 | 6 |0.32|0.67| L. Hezner Melilithbasalt. Hobenhöwen 63 | 9157| 21 | 6 0.32|0.68| U. Grubenmann “ Stoffelhof ti in den femischen Gliedern um 4. gut orientiert. Die geringe sö-Variationsbreite ist bemerkenswert, doch fällt si bis auf ungefähr60. Die Phonolithe zeigen, wie noch unterhalb si = 200 Glieder mit niedrigem /m (10—15) vorhanden sind, so dass die Isofalie bei sehr niedrigem si-Gehalt liegen muss. Gleichzeitig ist alk noch sehr hoch (Fig. 19). Das alles ist charak- teristisch für atlantische Gesteinsserien, so liegen beispielsweise im Laacherseegebiet die Isofalie bei sö ungefähr = 140; alk ähnlich c, um 20; in Essex County (Massachusetts, Nordamerika), si ungefähr = 140; al = fm 29; alk ungefähr = 25; c = um 17 im Gebiet des Magnet Cove, Nordamerika (lakkolithische Differentiation) si = 100; al — m — 26; alk = ec 24; im Polzengebiet von Böhmen # — 140; al = fm 30,5—31, alk 19.5, ce = 18.5. Die letztere von K. Scheumann beschriebene Differentiation ist in mancher Hinsicht der vom Hegau nahe verwandt. Aus Fig. 19a ist ersichtlich, dass Natronvormacht und hohes mg die Melilithbasalte, ungefähr gleiche Natronvormacht und sehr kleines mg die Phonolithe charakterisieren. Schlussbemerkungen. Zu einer eingehenden Diskussion der Verhältnisse reicht leider der mir. zur Verfügung stehende Platz nicht aus. Müssten doch zu Vergleichszwecken eine ganze Reihe anderer petrographischer Pro- vinzen ebenfalls diagrammatisch veranschaulicht werden. Ich hoffe aber später in dieser Zeitschrift darauf zurückkommen zu können. Vorläufig mögen nur einige all i ichtspunkt erwähnt werden. Die meisten Eruptivgesteine der schweizerischen Alpen sind unzweifel- haft vortriasisch. Was im Schwarzwald, im Harz, im sächsischen Erzgebirge vorliegt, bildet ebenfalls die kristalline Grundlage in den Alpen. Im Aar- und Gotthardmassiv erkennt man Intrusionen, die Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 203 sicher vorvariscisch sind; sie bilden basische, gabbroide und grani- tische Gesteine. Sie sind mindestens einmal kontaktmetamorphisiert und zweimal dynamometamorphisiert worden. Sie entsprechen den Amphiboliten, Erlanfelsen, Eklogiten, den Schapbachorthogneisen, den grauen und roten Gneisen des Schwarzwaldes und des’ Erzgebirges. Zum Teil während der variscischen Faltung, hauptsächlich aber gegen ihr Ende, intrudierten, wohl in der Tiefe während des Faltungspro- zesses bereits differentiierte, granodioritische bis granitische und sye- nitische Magmen. Nur kleinere Differentiationen sind echt lak- kolithisch, in der Hauptsache handelt es sich (wie im Harz, nach 2H, Erdmannsdörffer) um Aufpressung bereits schlierig differen- tierter Magmen. Differentiationsort und Verfestigungsort entsprechen sich nicht. Das sind die Aequivalente der SchwarzwälderGranite und Syenite, zum Teil auch der gepressten Granite, ferner der sächsischen Granite des Eibenstockes, von Schwarzenberg usw. und als wenig früheres Stadium: der Granulite. Erkennt man im sächsischen Erz- gebirge und im Harz noch sehr gut den Zusammenhang zwischen den letzten tektonischen Bewegungen und der Intrusion, so kann dieser in den Alpen mehr nur geahnt werden. Die magmatische Tätigkeit ist mit dem F altungsende nicht zum Stillstand gekommen. Folgten die aplitischen und lamprophyrischen Gangnachschübe wohl unmitteltar, so sind porphyritische und quarz- porphyrische Ergüsse zum Teil erheblich jünger. Sie stellen Ex- trusionen und Lagerintrusionen dar, zu einer Zeit, wo die Haupt- massive der Erosion anheimfielen. Wie Gotthard- und Aarmassiv, wie Schwarzwald und Erzgebirge, verhielt sich nach R. Staub das jetzige Berninagebiet. | on der Trias bis und mit der Kreide, im Beginn des alpinen Faltenzyklus, findet man in der Schweiz fast ausschliesslich wieder gabbroide-ophiolitische Intrusionen und submarine Extrusionen. Der gleiche Zyklus wie zur Carbonzeit setzt von neuem ein. Gegen das Ende der Faltungen, mit der Verfestigung diesezum Abschluss bringend, allgemeine Erstarrung der sich faltenden Erdrinde) intrudierten in den Südlichen Regionen tonalitische Magmen. (Disgraziamassiv nach Cornelius, Steinmann und R. Staub, Melirolo nach E. Gutz- #iler und R. Staub.) Im Aar- und Gotthardmassiv und im nördlichen essin sind keine tertiären Eruptivgesteine sichtbar geworden. Ungefähr gleichzeitig wurden am Südrand der; Dinariden Rhyolite, RP lagioktastrachyte, Trachyte, Basalte und Dolerite gebildet. Im nörd- ichen Vorland extrudierten atlantische, meist intermediärsaure bis Schr basische Laven. (Melilithbasalte, Nephelin-Melilithbasalte und 204 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Phonolithe des Hegau.) Weiter ostwärts ist die Geschichte der mag- matischen Tätigkeit noch weit komplizierter. Das Alter mancher Ge- steine wie der von Predazzo, des Monzoni, der Rieserferner, ist noch nicht sichergestellt. Bei aller Mannigfaltigkgeit in den Einzelzyklen heben sich aber, zum mindesten in dem zentralen 'Alpenteil, zwei mit Faltungen ver- knüpfte, gleichartige grosse Intrusionszyklen heraus. Die Ähnlichkeit des älteren mit den Intrusionsfolgen im Schwarzwald, Harz- und Erz- gebirge zeigt, dass es sich um allgemeine Erscheinungen handelt, die auch Ursachen von universeller Bedeutung besitzen müssen. Man darf für die vortriasische Zeit das ganze Gebiet von den Alpen bis ins Erzgebirge als eine grosse petrographische Einheit, die in viele Einzelprovinzen zerfällt, betrachten. Die kleinen Unterschiede syste- matisch zu verfolgen und die Teilgebiete gegeneinander abzugrenzen, wird ein Ziel petrographischer Forschungen der nächsten Jahre sein. Für die Zentral- und ostschweizerischen Alpen lässt sich vorläufig etwa folgendes sagen: Im östlichen Gotthardmassiv wiegt die grano- dioritische, im östlichen Aarmassiv daneben die syenitisch-monzo- nitische Differentiation vor. Die Antigoriogneise von fraglichem Alter besitzen etwas alkalireicheren Charakter als die Gotthardgesteine. Im Südosten sind Err- und Selladecke nahe verwandt; granodioritisch- banatitische Differentiation herrscht vor. Im übrigen Berninagebiet ist die Differentiation ähnlich der des Aarmassives, mit etwas stär- kerem Anklang an atlantischen Typus in den basischen und sauren Endgliedern. Alle verschiedenen Provinzen weisen gegenüber einem granitisch-syenitisch bis granitisch-granodioritischen Gesamtcharakter schwache Nüanzierung auf. Der Tektoniker wird das bedauern müssen, da alle auf den Chemismus praetriasischer Eruptivgsteine gegründeten Schlussfolgerungen wenig beweiskräftg sind. Westrichtung grösser als in der Nord-Südrichtung, welch letztere für die hiedenen Deckenbild wichtigist. Auch wiederholensich Unter“ richtung offenbar mehrfach?). Ich möchte nicht schliessen ohne unserer leider viel zu früh ve” storbenen Kollegin Frl. Dr. L. Hezner zu gedenken. Wieviel die chemisch-petrographische Erforschung der schweizerischen Alpen ihr zu verdanken hat, zeigt am besten ein Blick auf die publizierten Tabellen: Kolonne Analytiker. . ) Ob wohl der ausgeprägt tonalitische Charakter der kretazisch-tertiären Intru- sionen mit stärkerer Deckenbildung in Zusammenhang zu bringen ist? Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 205 Lamprophyre 00 a Hauptgestein + nun on nmnmı er, oe z m R “ ee i n 1 200 260 320 Ar runs — i9.2. Süd fig.2. Süd- Schwarzwald. 6 a BEE een Sl = ee jo nn. Br u ER et 20 wi AL = Shift near a ger ge Pe Mm mpg 1 + t 200 260 320 330 440 —si. | fig.5. Medelserrheingebietbotthardmassiv. 40 ... ker na; RL. I re En we 9.5. es ee 2 RE ER N rn de ER ? en —— 120 180 30 —si Larapropkyrische Schliere 3 Protgin.Mebelergebit 1919 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 206 Di a0 a ER a & 4 5 Nr0-2 NE SEE = Ä BR & n7 | „IT ri e MERWIDINN ) EL £ er sag ER Are h Er l | . Hi 1 09 en \ B en | f Le en | i en, wie 2a hi Nm > REES, pt Vub N ame a ” ‚Msstmuun u | ee > wer T eh Zu song 2 Y BV u! 127 DZ # Jahrg. 64 P. Niggli. Petrographische Provinzen der Schweiz. 207 Pr 1 it ER. M) | en N Ben = mul ee RE EEE " a RL abadst BE R Rp A) 4 RER : ee u ER ® + rt u N a a. 4 ——si fig.6. Aalisyenit Piz Ginf. Rarmassiv. Ei ED a De Pd En REN ee 7 Yes Fe @ I mh - ei ne .. a » vet, 1 - —. el 2 - N ee ee Di -_ — 2. —— n-S l / 0 Be a a or ——>si fig.8. SHelladeche . Berninagebiet. Hauptgestein in —— Laase ER RE ER IRRE . Be ee En 00 — si fig.9. Erpdeche. Berninagebiet 1919 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 208 (mgv6uaaagg) vumusg 161 “Nuvabonst) 10 nee ....®. - Te a TE > 0% BI . IS umAbydnnuf 3 I na vo Jahrg. 64 P. Niggli. Fetrographische Provinzen der Schweiz, TEE BER: = Ba = | “ıyı BruBbı, Bez Vierteljahrsschrift d. Naturf.Ges.Zürich. Jahrg. 64. 1919. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 210 I : I 40 N 7 Rn E Fe is a BEP. = A RT Fi an Ex se, 2 an e: ee .- 9 Pan Pi en a rag ea re Ei Ve a RN BE er, er se EIER 60 0 1m 120 140 a a ee —— fig.17. Örünschiefer Wallis —— e ON I Meliralo RR RENT 40 RER ER RS BET a 20 de.” Y 5 en Be eu 6. 27 ei ee a 3 See ER re ee m 0 220 280 BR #00 ae A fig.18. Rieserferner. 2 l | | Va a en et nr 3 ' 2 0 60 120 130 "240 —>$i fig.19. Hegan. Jahrg. 64 P. Niggli. Mp [ a Turmalıgaplit Nr R ’ Na 02 a 06 fi.22 Schwarzwald, MT u > Medlol $ PAELSEr | [\ DE SEE BEE Fe 02 ri 04 =—h fig. 52 Gotthard. [0) 2 06 a K fig.82 Helladeche. Petrographische Provinzen der Schweiz. 211 0: &0ss Mg : (6) E o Rx 40 o mg o ” = Na 02 | sh us K fig32 Gotthard. Mg f ji Ä en \ Kulisgenit "T Deorite / & mg) & q je} 5 oo, Berssas / 02 ; [e} Fe ; Na aa. Ä fig. 72 Marmassiv. Mg : is fe) . (6 2 = R fofe) mg o g o r o o a “ 000 ” [e] 8 Fe ; 06 Na A ERRERE fig.102 Berni na. 212 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 T 7 ro BR - - Mg : = 86 | u ? R Fa 184 30bo Mg 00% 0 » Mg 'ö 123 j [e) (0) j i . | 109 02 02 fisttd Tognagranit 1 Hfia.15& Onbbro l:Engel fe L_ N AR Na 02 RArd 06 HK Na 02 ass nd* K Hg ’ # Mg ; 3 o 0) » x o oO 06 © fr) 06 reY >) "au ® ? (6) Mg [a o x Oberangadin - A o Äntekengadın - Ten dı 4 „| Grünschiefer fig. Diobase U-Engadirt — Hig.i7ei nı.(; Fe ; ; Fe { Wallis Ben Wr m Pt Er T En mas | Werts: Brkalte 3x 06 — ii Mediln 2 ß alı ee E ie N 2 4 0 mg fig. 9: 6) SER Bun | \of Ei Hogan No ‚x Melirolo Jessım N 02 : 02 fig.18%] Rieserferner a | Fe fe a Phonolitke ee ar Er gu Der Bergsturz am Türlersee (Kt. Zürich). Von J. Hvc (Zürich). (Als Manuskript eingegangen am 22. Oktober 1918.) 1. Der Talriegel bei Aeugstertal. Bei einem Gange durch das obere Reppischtal von Stallikon auf- wärts, fällt uns bei Aeugstertal eine ganz unvermittelte Änderung im Charakter der Form des Tales auf. Der 3—400 m breite Talboden ört an dieser Stelle auf. Von einem Talboden ist hier nichts mehr zu sehen. An dessen Stelle gewahren wir eine plumpe, unförmliche Fig. 1. Verbreitung des Bergsturzes. : 25 000 Aequidistanz 20 m A. Ablagerungsgebiet des Bergsturzes (schraffiert). R. Abrissnische (gestrichelt). 214 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Bodenerhebung, durch welche die Reppisch ganz an den rechten Tal- hang gedrückt wird. Die Ausdehnung und die Form unseres Talabschlusses lässt sich am besten aus der vorstehenden Kartenskizze (Fig. 1) entnehmen. In der topographischen Karte 1: 25000 machen nicht weniger als 9 Höhenkurven die ausgeprägte Ausbuchtung nach Nordosten mit. Übersteigen wir das Hindernis, oder weichen wir ihm nach links aus, so erfahren wir, dass es ‚sich hier nur um einen scheinbaren Ab- schluss des Tales handelt. Nach einem Unterbruch von 1,5 km kommt unser Tal wieder zu seinem Rechte. Die vom untern Reppischtal be- kannten, aus Molassesandsteinen und Mergeln gebildeten Hänge stellen sich wieder ein. Nur der Talboden hat seinen Charakter etwas ge- ändert; er wird vom Blau des Türlersees eingenommen. 2. Bergsturzcharakter des Riegels. Über die geologische Zusammensetzung des Riegels gab am besten eine Exkursion am 23. Mai 1914 Aufschluss. Zu jener Zeit wurde längs des Nordhanges ein neuer Weg angelegt, der verschiedene tiefe Ein- schnittenotwendigmachte. Es wurde dabei überall eine ausLehm, Mer- geln undGli d gesetzte Masse blossgelegt, in welcher regellos Sandsteinbrocken in allen möglichen Grössen eingebacken waren. Zweifellos liegt hier Material aus der obern Süsswassermolasse vor, dieja an den Gehängen überall ansteht, aber die Lagerung kann nicht mehr die ursprüngliche sein. Die Form des Talriegels schliesst eine Bildung durch Wassertransporte aus; auch eine langsam abgewitterte Schutt- halde müsste ganz andere Formen angenommen haben. Bei einer s0 weitgehenden Durchknetung kann es sich nur um einen einmaligen grossen Abbruch, um einen Bergsturz handeln. Dafür sprechen auch die eigenartigen Landschaftsformen in den obersten Partien des Riegels. Einige ausserordentlich steile Hügel stechen fast turmartig bis som hervor; sie sind auf der Karte als Punkte 745, 747 und 756 besonders hervorgehoben. Es handelt sich hier um gewaltige Brocken von Molasse- sandstein, die unter der Wucht des Sturzes aus der weichen, mergelig- tonigen Masse herausgehoben worden sind und sich in dieser merk- würdigen Stellung zu halten vermochten. Durch die Abwitterung sind die einzelnen Hügel von einem Schuttkegel umsäumt worden, wodurt die ursprünglichen steilen Formen etwas gemildert wurden. 3. Die Abrissfläche. = Über die Herkunft des Bergsturzes braucht man sich nicht lange den Kopf zu zerbrechen. Schon aus dem Kartenausschnitt geht hervor Jahrg. 64. - J. Hug. Der Bergsturz am Türlersee. 215 dass die rechte Talseite zwischen den Häusergruppen „Götschihof“ und „Habersaat“ seine normale Form bewahrt hat, ein Ausbruch von dieser Seite ist daher undenkbar. Die linke Talseite, der Nordost- hang des Aeugsterberges trägt dagegen durchaus den Charakter einer bergwärts gebogenen Ausbruchnische, die sich schon aus der Karte deutlich erkennen lässt. Die Abrissfläche beginnt, am Nordende bei den Häusern „Mühleberg“ ausserordentlich scharf ausgeprägt, mit einer Sprunghöhe von nur einigen Metern und schwillt gegen den höchsten Punkt des Aeugsterberges auf gegen 100 m an. Die Nische erstreckt sich auf eine Länge von nicht weniger als 1,3 km. Fast überall stehen an der steilen Abrissfläche die nackten Schichtköpfe der Molasse an; die Vegetation hat sich hier nur teilweise das Feld erobern können. Aus dieser Nische hat sich die gewaltige Schuttmasse des Berg- sturzes direkt gegen den rechten Talhang vorgeschoben, nur eine kleine Komponente raffte sich zu einem Vorstoss gegen Norden auf. 4. Rauminbalt. Über den Inhalt des Bergsturzes gibt uns die Kartenskizze be- reits etwelchen Aufschluss. Die horizontale Ausdehnung wäre auf un- gefähr 1 km? anzuschlagen, die mittlere Dicke darf zu 60—70 m geschätzt werden, der Kubikinhalt würde sich demnach auf 60—70 Millionen m? berechnen. Zum Vergleich führe ich die beiden be- kanntesten historischen Bergstürze an, denjenigen von Goldau, mit 15 Millionen, und den noch jüngeren Kollegen von Elm, mit 10 Mill. m°. Beide stehen also in Bezug auf Grösse weit hinter dem Bergsturz am Türlersee. 5. Die Ursache des Bergsturzes. Auch die Ursache der Ablösung der Bergsturzmasse muss nicht weit gesucht werden. Im Gebiet der horizontal gelagerten Mo- lasse hat man nicht selten Gelegenheit, entsprechende Vorgänge im Kleinen beobachten zu können. Wird ein solcher Felshang durch einen Fluss so unterspült, dass die Böschung nahezu senkrecht, d. h. für die Molasse zu steil wird, so entstehen nahezu senkrechte, unten gegen den Fluss hin abbiegende Risse, die oft in grösserer Zahl bergwärts folgen und nahezu parallel zu der erodierenden Wasserader verlaufen. In letzter Zeit hatte ich Gelegenheit bei verschiedenen grossen, zu Wasserbauten gehörenden Aufschlüssen derartige Klüfte im anstehen- ne den Fels zu beobachten. . Für unseren Fall müssen wir ebenfalls eine Unterspülung des linken Hanges durch den eiszeitlichen Fluss voraussetzen, der den Talboden gebildet hat (siehe Abschnitt 7). Die so entstandene, für die 216 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Molasse zu steile Böschung gab den Anlass zur Bewegung. An einer gewaltigen Kluft, die den Aeugsterberg durchsetzte, löste sich die ihres Fusses beraubte Masse ab und glitt etwa 80 m tief in den Tal- boden ab, wobei sie mit ihrem obern Rand den untersten Teil der Abrissfläche zu decken vermochte. Man kann sich fragen, ob für den beschriebenen Vorgang der Name Bergsturz die richtige Bezeichnung sei. Meines Erachtens wäre aber mit dem Namen „Schlipf“ oder „Rutschung“ die Erscheinung noch weniger zutreffend zusammengefasst, da die Bewegung in nahezu vertikaler Richtung erfolgte. In der Diskussion mit Fachgenossen an Ort und Stelle ist auch die Bezeichnung „Absackung“ als zutreffend erwähnt worden. 6. Die Beziehungen des Türlersees zum Bergsturz sind so einleuchtend, dass ich darüber nur wenige Worte zu verlieren brauche. Es versteht sich von selbst, dass die im obersten Reppisch- tal gesammelten Wasser durch den Bergsturzriegel gestaut wurden. Der Türlersee muss also zur Gruppe der Bergsturz-Abdämmungsseen gerechnet werden. 7. Altersbestimmung. Die Beobachtungen, die sich bei einem Gange über die höheren Partien des Ablagerungsgebietes ergeben, könnten leicht irre führen. Es fällt uns nämlich hier das Vorkommen von zahlreichen erratischen Blöcken auf; ich erwähne besonders die Blöcke von Nummulitenkalk, die an der Waldecke, 100 m südlich von Punkt 747, zu einem Haufen aus den Wiesen zusammengelesen worden sind. Die Bedeckung mit Moränen wird bei einem Bergsturz in der Regel dahin gedeutet, dass ihm ein höheres Alter zukomme als dem überlagernden Erratikum. Da es sich in unserem Falle nur um Moräne der letzten Eiszeit handeln kann, so wäre demnach der Berg- sturz der letzten Interglazialzeit zuzuweisen. Damit käme man aber meines Erachtens auf eine unrichtike Fährte. Der Bergsturz zeigt in seiner Form nirgends die ie Spione der Einwirkung eines über ihn hinweggegangenen Eisstromes. Im weiteren habe ich bereits auf Seite 215 darauf hingewiesen, dass die Ursache zur Ablösung der Felsmasse nur in der Unterspülung des Hanges bei der Talbildung gesucht werden könne. Das Reppisch- tal musste also in seiner heutigen Tiefe bereits vorgebildet sein. Schon Alex. Wettstein (Geologie der Umgebung von Zürich 1885, Seite 60) und Alb. Heim (Die Geologie von Zürich. Vortrag am IV. inter nationalen Geologenkongress 1894, Seite 194) haben bewiesen, dass Jabıg. 64. J. Hug. Der Bergsturz am Türlersee. 217 das Reppischtal in seiner Entstehung mit der letzten Eiszeit in Ver- bindung stehen müsse. Damals legte sich eine Seitenmoräne des Reuss- gletschers an den Westrand des Albis an, von welchem der Zimmer- berg und der Aeugsterberg noch nicht abgetrennt waren. Der an der rechten Flanke des Gletschers abfliessende periphere Schmelzwasser- bach schnitt sich zwischen der Moräne und dem Albishang ein und bildete so die breite Talsohle. Der heutige, aus dem beschränkten ‚Einzugsgebiet gesammelte Abfluss hätte niemals einen so breiten Talboden auszuspülen vermocht; er ist ja nicht einmal imstande, die von den Seitenbächen vorgeschobenen Schuttkegel wegzuräumen. Die genauere Untersuchung hat ergeben, dass die Bildung des Reppischtales während der letzten Eiszeit, kurz nach dem Stadium von Schlieren begonnen hat und einige Zeit vor dem Zürcherstadium zu Ende war, d. h. der entsprechende Schmelzwasserfluss setzte zur Zeit der Endmoräne von Wettswil ein und hörte mit dem Rückzug von der Moräne von Hedingen-Lilienberg auf. (J. Hug. Die letzte Eiszeit der Umgebung von Zürich. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich, 1917, Seite 135.) Auch während der Periode der Talbildung des Reppischtales kann man sich die Entstehung des Bergsturzes nicht recht vorstellen, der kräftige Schmelzwasserfluss hätte sonst ohne Zweifel einen Teil der Ablagerung wegzuräumen vermocht. Wir können uns also die Sache nur so erklären, dass der Schmelzwasserfluss die Unterspülung des linksseitigen Talhanges besorgte, worauf dann nach dem Erlöschen des Wasserlaufes, d.h. nach dem Rückzuge des Gletschers von der Moräne von Hedingen-Lilienberg-Vollenweid die Ablösung der Masse erfolgte. Einen weiteren Anhaltspunkt für die Altersbestimmung bilden | die Funde aus der Pfahlbauerzeit, die während des ausnahmsweise 5, niedrigen Wasserstandes vom Herbst 1911 am trocken gelegten Ufer e8 Türlersees gemacht werden konnten. (Siehe Notizen in der Zürcher Wochenchronik, Jahrgang 1911 im Heft vom 18. November, Seite 464 m 0.H.(0. Heierli) und 16. Dezember von H.K.(H. Kübler). : Nach diesen Erwägungen wären Bergsturz und Türlersee in ihrer Bildung zwischen die letzten Phasen der letzten Eiszeit und die Pfahl- 2 bauerzeit zu stellen. “ 8. Zusammenfassung. Der Gang der Ereignisse am Türlersee liesse sich in folgende er ıkte zusammenfassen: 218 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 199 1. Während der zweiten Hälfte der letzten Eiszeit (zwischen den Stadien von Schlieren und Zürich) unterspülte der das Reppischtal bildende Schmelzwasserfluss den Fuss des Aeugsterberges. 2. Die so geschaffene übersteile Böschung konnte sich auf die Dauer nicht halten; eine Masse von 60—70 Millionen m° löste sich ab und legte sich als Riegel quer durch die Talsohle. 3. Hinter der Bergsturzanhäufung mussten sich die aus dem oberen Teil des Reppischtales kommenden Wasser zum Türlersee stauen. Zur Tektonik der Front Range in Colorado, Von Ep. Brozscn (z. Z. Tulsa, Oklahoma). (Als Manuskript eingegangen am 19. November 1918). Verglichen mit dem Alpengebirge ist die Geologie der Rocky Mountains noch wenig bekannt, und dies dürfte mit Ausnahme von Gebieten von besonderer praktischer Bedeutung noch auf lange Zeit hinaus der Fall sein. Die Hauptursache liegt neben der grossen Aus- dehnung des Gebietes und der Abgelegenheit vieler wichtiger Lo- kalitäten im Mangel an guten topographischen Karten. Beinahe ein Drittel des in die Rocky Mountains fallenden Areals der Vereinigten Staaten hat gar keine topographischen Karten, von Canada und Mexico gar nicht zu reden. Die meisten Karten sind im Maßstab 1:125 000 oder sogar nur 1:250000 und zur Kartierung komplizierter Geologie "unbrauchbar. Die Blätter im Maßstab 1:62500, die der Verfasser im Terrain zu prüfen Gelegenheit hatte, sind ungenau und ungenügend als topographische Grundlage zu einer geologischen Spezialaufnahme. Nur einige isolierte topographische Blätter von ökonomisch wichtigen Stellen sind in grösserem Maßstab aufgenommen. Es sind aber auch Schwierigkeiten rein geologischer Natur zu überwinden, wie Unterbrechungen in der Sedimentation, Landab- lagerungen, bei denen, wie auch bei gewissen marinen Sedimenten, typische altersbestimmende Fossilien fehlen oder noch nicht gefunden _ worden sind, und schliesslich Eruptivgesteine verschiedenen Alters, besonders tertiäre Basaltdecken, die grosse Gebiete völlig der Beob- achtung entziehen. = Die Tektonik ist schon aus dem Grunde kompliziert, weil be- deutende Faltungen zu verschiedenen Zeiten stattgefunden haben. Die is folgenden sind dem Verfasser aus eigener Anschauung bekannt: nn l. Die präcambrische Faltung in Colorado, von der später die Rede sein wird. 2. Die wunderschön von der Southern Pacific Railroad östlich _ Marathon zu beobachtende Diskordanz in den Davis Mountains in 220 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Texas. Die Schichten des Carbons fallen dort auf eine weite Strecke mit ca. 40° gegen Osten ein. Die Schichtköpfe sind zu einer ebenen Fläche aberodiert, auf welcher die Schichten der untern Kreide lagern. Transgressionsfläche und Kreideschichten fallen unter einem kleinen Winkel gegen Osten. Diese Aufrichtung und Faltung fällt, soweit wir wissen, in die Juraperiode. Während dieser Zeit fanden am ÖOst- rand der Rocky Mountains in Colorado keine Faltungen statt, sondern nur leichte Hebungen und Senkungen, welche Unterbrechungen in der marinen Sedimentation bedingten. 3. Die Faltung am Ostrand der Rocky Mountains in Colorado, die noch die jüngsten Kreideschichten mit ergriffen hat. Der Ostrand der Front Range in Colorado. ‚ Der grösste in nicht allzukleinem Maßstab zusammenhängend geo- logisch kartierte Komplex liegt am Ostrand der Rocky Mountains in Colorado. Er umfasst die folgenden Folios des United States geolo- gical Survey (Maßstab 1: 125 000): Folio No.58 Elmoro, No. 71 Spanish Peaks, No. 186 Apishapa, No. 68 Walsenburg, No. 135 Nepesta, No. 36 Pueblo. Diese sind meist im Vorland gelegen, und nur Pueblo und Walsenburg reichen an das Kristalline heran. Das nördlich anschliessende Folio No. 203 Colorado Springs (1916), das die Spezialkarte Manitou 1: 48000 enthält, zeigt den Gebirgsrand sehr schön, während das nächst westliche Folio No. 7 Pikes Peak mit der Spezialkarte Cripple Creek 1: 25.000 fast ganz im Kristallinen liegt. Eine verbesserte Aufnahme der letztern findet sich in der grossen Monographie des Cripple Creek Gold Distriets (U. 8. 6. 8. Prof. paper No. 54). | Nördlich Colorado Springs schliesst an Folio No. 198 Castle Rock, während das folgende Gebiet in U.S.G.S. Monograph 27 beschrieben ist. Dieses Werk enthält eine Karte 1:125000 der Umgebung von Denver, eine Spezialkarte im doppelten Maßstab der Gegend von Golden und eine im vierfachen Maßstab der Umgebung von Boulder. Von letzterem Gebiet und zugleich sich weiter nach Norden ef- streckend findet sich eine Karte 1:62500 in U. 8. G. 8. Bulletin No. 265. Nach Norden bis zur Staatsgrenze haben wir eine Beschreibung mit Karte (ca. 1:200000) in Colorado geological Survey first Be port 1908. Dazu kommt anschliessend in Wyoming U. 8.6.8. Folie No. 173 Laramie-Shermen. u Diese Publikationen geben ein beinahe zusammenhängendes Bild | des Ostrandes des als Front Range bekannten Teiles der Rocky Mountains mit ihrem Vorland. Die Aufnahmen sind zusammen 1 = 2) M Schlägigen $ Jahrg. 64. E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado. 221 gestellt auf der geologischen Karte von Colorado 1 :500000 (Colo- rado state geol. surv. 1913). Der Verfasser hatte Gelegenheit, einzelne Punkte dieses Gebietes zu studieren, nämlich die Umgebungen von Boulder, Golden und Co- lorado Springs. Die geologischen Verhältnisse sollen kurz beschrieben werden, wie sie sich aus einem kursorischen Studium der Literatur und eigenen Beobachtungen darstellen. Kristallines Grundgebirge. Nordwestlich Golden besteht das Grundgebirge aus Gneisen sedimentären Ursprungs, die zum Teil stark injiziert sind. Die Schichten sind steil gestellt, W-E bis WSW-ENE streichend und meist steil nach Süden einfallend. Pegmatitgänge zum Teil von grosser Mächtigkeit sind häufig. Viele von ihnen folgen dem Streichen der Gneise, was andeutet, dass ihre Instrusion gleichaltrig oder jünger ist als die Faltung. Bei Boulder trifft man statt Gneis Granit, häufig von porphy- roider Struktur. Nordwestlich der Stadt ist er massig, südwestlich mehr oder weniger zu einem Gneis geschiefert, was möglicherweise durch einen Altersunterschied bedingt ist. Die Schieferung läuft in der allgemeinen Streichrichtung der Gneise bei Golden. Aplitische "und pegmatitische Gänge sind häufig, doch sind letztere von ge- fingerer Mächtigkeit. Ihr Verlauf ist wechselnd, häufig NE SW unter einem Winkel zur Schieferung. Andere Ganggesteine meist porphy- rischer Natur sind häufig.!) Einzelne Varietäten derselben durchdringen auch die Sedimente und bildeten zur Zeit der jüngsten Kreide oder des ältesten Tertiärs weite Basaltdecken im Vorland, von denen bei Golden noch ein grosses Stück zu sehen ist. _ Der Granit enthält häufig basische Schlieren. Gneis ist im Granit- gebiet westlich Boulder nur in kleinen Komplexen vorhanden. Ein- zelne sind vielleicht nur Einschlüsse. Immerhin zeigen sie, soweit beobachtet, das allgemeine Streichen des Grundgebirges. Erst 14 km westlich Boulder finden sich zusammenhängende Gneisgebiete. Im oberen Teil von Gregory Canyon SW Boulder?) an der neuen Strasse enthält ein verwitterter Gneis Knollen, die an Gerölle erinnern. Im Pikes Peak Gebiet besteht das Grundgebirge grösstenteils ee Te R.D. George and R.D. Crawford: The main Tungsten Area of Boulder ı County, Colorado. Reprinted with Additions from the First Report of the Colorado _geol. Survey. 1916, an vergleiche ausser den erwähnten geologischen Karten auch die ein- topographischen Blätter des U, 8.6. S. x 222 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 aus Granit, von dem in Colorado Springs Folio 4 Varietäten ver- schiedenen Alters kartographisch ausgeschieden wurden. Schieferung des Granites wurde vom Verfasser nicht beobachtet, ist aber stellen- weise vorhanden!). Immerhin ist der jüngste Granit wohl jünger als die alte Faltung. Die Zeit dieser alten Faltung oder Serie von Faltungen ist präcambrisch. Das jüngste eingefaltete Gestein ist ein Quarzit an South Boulder Creek, in dessen Liegenden sich ein Glimmerschiefer befindet. Diese algonkische Gesteinsserie ist ein wunderbares Beispiel der Metamorphose einer Sandstein-Mergelserie in kristalline Schiefer. Eine analoge Serie wurde in dem landschaftlich berühmten Canyon des Thompson Rivers beobachtet mit interessanten Lagerungsbeziehungen sowohl zum Granit als auch zu den Sedimenten. Quarzite sind auch auf dem Pikes Peak Folio kartiert und sollen sich an verschiedenen andern Orten der Front Range vorfinden. Sedimente. In der Umgebung des Pikes Peak (Pikes Peak und Colorado Springs Folios) liegt über dem kristallinen Grundgebirge ein Sand- stein cambrischen Alters und dann ein silurischer Kalk, in dem. sich grosse Höhlen befinden. Reste eines höheren Kalkes (Castle Rock Folio) gehören zum Missisippian (Unterkarbon). Diese Formatio- nen fehlen weiter nördlich und sind wahrscheinlich der Erosion an- heimgefallen. Vielleicht gelingt es entlang dem schlecht aufge- schlossenen Kontakt zwischen Kristallinem und Sedimenten noch Re- likte derselben aufzufinden, oder Gerölle in den jüngeren Formationen. In der Umgebung von Boulder liegt direkt auf dem Granit die Wyoming-Gruppe, auch „Red Beds“ = Rotliegendes genannt, ein Komplex von roten Konglomeraten und Sandsteinen, stellenweise Arkose, nach oben feiner und toniger werdend. Diese klastische Serie ist eine Strandbildung und besteht aus Material des benachbarten kristallinen Grundgebirges (Quarzitgerölle am South Boulder Creek in der Nähe des anstehenden Quarzits). Sie wurde füher als Trias angesehen. Neuere Fossilfunde?) weisen den unteren Teil (lower Wyo- ming) dem Pensylvanian und vielleicht Perm zu. Dieser Teil erreicht eine Maximalmächtigkeit von 600 m bei Boulder und 800 m bei 4) Whitman Cross: Pikes Peak Folio No. 7, U.8.6G.$. 1894. . M. Butters: Permian or „Permo-Carboniferous“ ofthe eastern foothills of the Rocky. Mountains in ER Colorado geol. Survey Bull. 5. Part 3,1913. g: R * Jahrg. 64. E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado, 223 Denver.‘) Bei Colorado Springs, wo er die weltberühmten Erosions- formen im Garden of the Gods bildet, sind es sogar 1100 m. Der obere Teil (upper Wyoming), aus tonigen Sandsteinen und sandigen Tonen, auch etwas Gips und Kalk bestehend, gehört dem Perm oder der Trias an. Seine Mächtigkeit ist ca. 200 m. Nach einem Hiatus, der in Wyoming von den marinen jurassi- schen Schichten der Sundance-Formation eingenommen wird, folgen die Sandsteine, Kalke und bunten Tone der Morrison-Formation, die als Süsswasserablagerungen spätjurassischen Alters vielleicht in ‚die Kreide übergehend aufgefasst werden. Diese Formation wird bei Boulder über 100 m mächtig, bei Colorado Springs aber nur etwa 70 m. Im letzteren Gebiet findet sich etwas untere Kreide, kaum 100 m mächtig, die weiter nördlich fehlt ‘oder nicht ausgeschieden ist. Dort folgt auf die Morrison-Formation mit einer Paralleltrans- gression der vorwiegend sandige, im untern Teil aus Konglomerat bestehende Komplex des Dakota-Sandsteins. Die Mächtigkeit dieses infolge von Pflanzenresten als Süsswasserablagerung betrach- teten Sandsteins ist etwas über 100 m in der Umgebung von Boulder, ist aber bei Colorado Springs zu ca. 30 m reduziert. Die Colorado-Gruppe besteht aus der Benton- und der Niobrara- Formation, die erstere aus Mergel mit etwas Kalk und Sandstein be- stehend, während die Kalkschichten in der letztern häufiger und mächtiger werden. Die Benton-Formation ist im nördlichen Gebiet segen 200 m mächtig, bei Colorado Springs aber nur ca. 100 m. Die Niobrara-Formation wird im Norden mit 130 m angegeben und nimmt nach Süden etwas zu. Die Montana-Gruppe besteht aus ca. 2000 m Mergel im Norden, die sich im Süden auf 800 m reduzieren, und darüber aus einem Sandsteinkomplex von ca. 400 m im Norden und 200 m im Süden. Waren die Ablagerungen der Colorado- und Montana -Periode ' Marin, so versüsst sich das Meer in der Laramie-Epoche. Während dieser Zeit wurden im Norden Sandsteine und Tone, sowie pro- duktive Kohlenflötze in einer Totalmächtigkeit von 300—400 m ab- Selagert, im Süden aber nur ca. 100 m. Darüber folgen im Denver- Bassin die Arapahoe- und die Denver-Formation, zusammen min- destens 700 m mächtig, wahrscheinlich der Dawson Arkose bei : Colorado Springs entsprechend. Diese Sedimente im Süsswassersee . /on Denver, die viel vulkanisches Material enthalten, gehören der = Ningsten Kreide oder schon dem untersten Tertiär an. | 2 erechneten Die Mächtigkeitsangaben sind abgerundet nach den von Fuss in Meter um- Angaben der amerikanischen Geologen. 224 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Tektonik. Während oder kurz nach Ablagerung dieser Kreide-Tertiär-Grenz- schichten wurde das Gebirge gefaltet und aufgerichtet. Das allge- meine Streichen ist N-S mit lokalen Abweichungen zu NNW-SSE. Auffallend erscheint, dass diese neue Faltung rechtwinklig zu der alten präcambrischen verläuft. Dazu muss bemerkt werden, dass ein Zusammenschub perpendikulär zu einer alten Faltung zwar einen grösseren Widerstand zu überwinden hat, aber dann eine neue un- abhängige Faltung hervorrufen wird, während ein Schub unter einem schiefen Winkel zur, alten Faltung leicht in die alte Richtung ab- gelenkt würde. Die älteren Autoren nehmen als Ursache der Dislokationen eine vertikale Hebung der Front Range an. Fenneman') glaubt sogar, dass das jetzige kristalline Gebiet sich während der ganzen Zeit der Ablagerung der Sedimente gehoben habe und dass die Sedimente sich nie wesentlich weiter westlich als heute erstreckt hätten. Diese Meinung wird wohl kaum noch aufrecht erhalten, und der Verfasser sieht keinen Grund, warum die älteren grobklastischen Sedimente nicht teilweise und die jüngeren marinen nicht in normaler Mächtig- keit die ganze Front Range bedeckt haben sollten. Diese Ansicht wird gestützt durch die normale Auflagerung der Sedimente auf dem Kristallinen im nördlichen Teil der Front Range in Wyoming (Laramie- Sherman Folio) und durch Relikte von Sedimenten auf dem Granit SW Pikes Peak (Pikes Peak Folio). Überliegende Schichten, Transversalverschiebungen etc. beweisen einen Zusammenschub, doch ist in den erwähnten Publikationen grosses Gewicht auf vertikale Hebung des Gebirges gelegt. So weit es dem Verfasser möglich ist, die Verhältnisse zu überblicken, lassen sich alle Erscheinungen am einfachsten und einheitlichsten durch Zusammen- schub erklären. Die Schichten östlich der Rocky Mountains fallen schwach nach Osten. Dieser Ostfall wird stärker, je mehr man sich dem Gebirge nähert. Stellenweise sind die Schichten sogar senkrecht oder über- gekippt. Entsprechend der Petrographie der Sedimente ergibt sich folgendes Bild: Die harten Schichten des untern Wyoming sind unter steilem Winkel an das Kristalline angelagert und überragen € in Stellen, scharfe Felszähne bildend. Dann folgt eine Combe bestehend aus oberem Wyoming und Morrison, deren härtere Lagen lokal schwache Rippen bilden. Der darauf folgende Dakota-Sandstein bildet ’) N. M. Fenneman: Geology of the Boulder Distriet, Colorado. U. 8.6 Er Bull. 265, 1905. se Jahrg. 64. E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado. 225 wieder eine scharfe Hügelkette. Alle jüngeren Formationen sind mergelig und so stark erodiert, dass sie sich an den meisten Orten topographisch in der grossen Ebene verlieren. Zudem sind sie häufig terrassiert, welche Terrassen mit Quartär bedeckt sind. Ihre Tek- tonik muss aus zerstreuten Aufschlüssen kombiniert werden. In diesem Vorland sind an verschiedenen Orten, z.B. in den Kohlenminen von Marshall Brüche (Faults = Verwerfungen) vorhanden, doch ist ihr Zu- sammenhang mit der Tektonik des Gebirges noch unklar. Der Gebirgsrand lässt sich in einzelne Abschnitte zerlegen, die als normal und gestört bezeichnet werden können. R Der nördliche Teil. Von Lefthand Creek nördlich Boulder bis zur Grenze von Wyo- ming ist die Tektonik normal. Die Fallwinkel übersteigen kaum 40°. Vom Gebirge zweigen in SSE-Richtung Antiklinalen ab, die sich in der Ebene verlieren. Sie sind unter der Bezeichnung „en öchelons“- Falten in der Literatur bekannt, von der Art, wie sie sich ablösen. Einzelne sind so stark aufgewölbt, dass die Erosion das kristalline Grundgebirge in ihrem Kern aufgedeckt hat. Boulder. Bei Boulder und bei Golden deuten überliegende Schichten und Transversalverschiebungen bedeutendere Störungen an. Bemerkens- wert ist vor allem das scheinbare Fehlen eines Teils der Schichtserie. Nach den geologischen Karten stösst bei Boulder das untere Wyo- Ming an die Niobrara-Formation und bei Golden sogar an die Mergel der Montana-Gruppe. Dies wird von den Autoren durch Nichtab- lagerung oder Erosion vor Deposition der nächsten Schicht erklärt. Zur Erklärung dieses Vorganges wird bei Boulder und bei Golden { je eine E-W streichende Antiklinale angenommen, die sich jeweilen ‚von Zeit zu Zeit gehoben haben soll, so die Sedimentation störend. Nach den Beobachtungen des Verfassers lässt sich dies viel einfacher erklären. Die Sedimentgruppe bis und mit dem Dakota-Sändstein besteht aus Landablagerungen oder, soweit sie marin ist, aus Konglo- Meraten und Sandsteinen. In einer solchen Serie sind wesentliche Schwankungen in der Mächtigkeit zu erwarten, ohne dass man lokale . üifferentielle Hebungen oder Senkungen anzunehmen braucht. Dies Silk jedoch nicht für die höheren Schichten. Beobachtungen an Ort und Stelle zeigen, dass das Phänomen eine einheitliche tektonische Ü “ 2 tSache hat, die mit der Hauptfaltung im Alttertiär zusammenhängt, er Ganz einfach zu ergründen ist dies allerdings nicht, denn viele der Vierteljahrsschrift d.Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 15 226 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 entscheidenden Punkte sind durch Gehängeschutt, Bergschlipfe, Schutt- kegel!), Alluvionen, Schotter verschiedenen Alters und vielleicht sogar Moränen (letztere unter 8000° nicht sicher nachgewiesen) verdeckt. Diese Ablagerungen sind auf den geologischen Karten des Gebietes nicht oder nur ungenügend ausgeschieden, so dass man nicht ersieht, was auf diesen Karten Beobachtung und was Kombination ist. Der Verfasser hatte Gelegenheit, die tektonischen Verhältnisse der Umgebung von Boulder selbst zu studieren. Die geologische Karte der Gegend von Fenneman (I. c.) ist in den Details ungenau, wohl eine Folge der schlechten Topographie. Die topographische Unterlage ist übrigens kein Überdruck, sondern eine traurige Kopie der topographischen Blätter, die an sich schon viel zu wünschen übrig lassen. Teils aus dieser Karte, meistens aber nach eigenen Beobachtungen ergibt sich folgende Tektonik: Die topographisch höheren Teile der Wyoming-Formation fallen mit ca. 50° gegen Osten. Die jüngeren Schichten bis und mit der Niobrara-Formation zeigen zunehmend stärkere Fallwinkel. Dieses ist aber nicht eine Eigen- tümlichkeit der jüngeren Formationen. Die älteren zeigen dasselbe Bild, wo sie tief genug angeschnitten sind, z.B. am Boulder Creek. Stellenweise sind die Schichten sogar etwas überliegend, an einer Stelle bis in die Horizontale übergehend. Dies ergibt eine schwach überliegende Antiklinale, die stellenweise im Scheitel gebrochen und überschoben ist. Dabei kamen Schleppungen, Reduktion der Mächtig- keit weicher Schichten und Abquetschung härterer vor, wie sich in den meisten Aufschlüssen zeigt. Diese Überschiebung erklärt auch das scheinbare Fehlen mehrerer Formationen. Im hangenden Schenkel sind sie der Erosion anheimgefallen und im liegenden Schenkel von den ältern Schichten des obern Schenkels verdeckt. Dass dies nicht besser zu sehen ist, hat seinen Grund in der Topographie. Der Rand des Gebirges fällt regelmässig steil ab ohne Ausläufer und zwar ist der Höhenunterschied auf eine Vertikaldistanz von 2—3 km beinahe 1000 m. Überdies scheint die Überschiebungsfläche steil nach Westen einzufallen, wovon noch später die Rede sein wird. Diese Auffassung der Tektonik ist auf den beiliegenden Profilen dargestellt. ') Die von Fenneman beschriebenen und abgehildeten Terrassen (Mesas) in der Nähe von Boulder sind ineinander geschachtelte Schuttkegel verschiedenen Alters, stellenweise übergehend in Schutthalden oder Talschotter. Es ist nieht un wahrscheinlich, dass in dieser Gegend dem Fuss des Gebirges entlang einmal em Längstal verlief, zu einer Zeit, als die jüngeren Schichten weiter östlich noch nieht so tief erodiert waren, vielleicht geschützt durch eine Basaltdecke, deren Stiel noch in dem Eruptivgang der Valmont Butte zu sehen ist. | » "uoÄuen Je9g °AI "uoAuen 9/04 "IT AI Ppjnog yaıfpas TI "uoäuen STWOMT YOTpnS ’I En "OP&AI0OT0) ‘aopjnog 194 puwaissatgen uop y>aıanp OTIJoIT Oy9sLuo4y9L ‘I BIT e BIZZZN Burtsrohgf JUL? Buruaigg go WOSIAOgG ZIINE RS! NIN BION0L woJW0g DIDAGON Purozuop] Sarysb12g BIS \) \} S N + EU) ) RRRRURN Yan 4 er) AENAAN 4 AAN) N s BERN. 0 . X\ \ x Na 000 at \y NURTTASSENE \\o RITA KARA, [\ \ \ N N IR 7 \ E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado. ‚0009 en , ‚ DENN ER ir I \ de 4 NT ’ N \ an ER, > \)Jıy LH ZN \ LLLEO \ u N N KT SINISDEN AN e SIIIINAL, ‚0009 ‚ooc9 NANNTE REN es N S\ v Jahrg. 64. 228 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Nur wenige Aufschlüsse zeigen die Tektonik gut und sie sollen deshalb einzeln besprochen werden. Schon 5 Meilen nördlich Boulder leiten eine Anzahl kleiner Trans- versalverschiebungen (Fenneman, |. c. Fig. 3) die bedeutenderen tektonische Störungen ein. Die Aufschlüsse entlang Fourmile Canyon zeigen noch einen regelmässigen Ostfall von 45—55°. Interessant ist hier eine kleine, aber scharfe Falte, die in NNW-SSE-Richtung das Tal kreuzt. Sie ist besonders schön zu sehen am Abhang nordwestlich Hügel 6475 in einer Sandsteinlage des obern Wyoming. Der West- schenkel fällt zuerst mit 45°, dann nach einem Knick mit 75° nach SW ein. Die höher liegenden harten Schichten des Morrison und Dakota machen die Biegung auch mit, nur etwas schwächer. So ist das Streichen im rückwärtigen Schenkel im Dakota-Sandstein beinahe E-W. Auf der Ostseite des Hügels 6475 ist diese Falte noch deutlich, und offenbar dem Benton angehörige Mergel finden sich in der Synklinale hoch obon am Abhang zwischen dem Dakota-Sandstein. Weiter süd- östlich sind die Aufschlüsse ungenügend. In der Verlängerung in der Ebene zeigte eine Bohrung Erdgas unter offenbar analogen tektonischen Verhältnissen, wie das Ölfeld nordwestlich Boulder (siehe Fenne- man). Die teilweise diagonal geschichteten Sandsteine des untern Wyoming auf der Nordseite von Fourmile Canyon zeigen die starke Störung auch, aber nicht so klar. Bemerkenswert ist, dass ein strati- graphisch dazwischen liegender Sandstein in der Talsohle die Falte viel schwächer zeigt; sie hat also nur die topographisch höheren Schichten stark ergriffen. Auch in diesem Gebiet gilt die Regel, dass von Mergelkomplexen getrennte harte Schichten von starken Faltungen ungleich betroffen werden. Diese kleine Antiklinale hat die gleiche Richtung wie die Falten ‚en öchelons“ und muss in ihrer Anlage gleichaltrig sein, offenbar älter als die Hauptfaltung, welche etwas anders gerichtet war und diese vorher nur schwache Antiklinale in einzelnen Schichten scharf zusammenbog. Entlang Twomile Canyon fallen die Schichten im obern Teil 60° E, im untern bis 80° E. Der Dakota-Hügel im Süden besteht aus zwei N-S verlaufenden Felskanten. Diejenige durch den Gipfel fällt 70 gegen Osten. Eine östliche am Abhang zeigt 35—45° Westfall und ei scheint auf den ersten Blick verrutscht. Dass dies nicht der Fallist, ergibt sich in der nächst südlichen auf der Karte angegebenen Schlucht (siehe Profil D. An normalen steil ostfallenden und beinahe senk- rechten Dakota-Sandstein schliesst sich, etwas unter denselben em schiessend, steil westfallender überkippter Sandstein an mit Umbe gungen, den Übergang zu den oben erwähnten 35° Westfall andeutend. a Jahrg. 64. E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado. 229 \ Weiter östlich fallen auch die Benton-Mergel mit ca. 50° nach Westen. Es handelt sich um eine steil nach Westen einfallende Überschiebungs- fläche, die die beiden Sandsteinkomplexe trennt. In horizontaler Richtung beträgt die Überschiebung wohl nicht mehr als 50 m, doch dürfte der obere Schenkel beträchtlich entlang der steilen Dislokations- fläche in die Höhe geschoben worden sein. Dieser Schlucht entlang geht überdies eine Transversalverschiebung, die bewirkt, dass südlich die Überschiebung nach Osten gerückt und teils erodiert, teils von Gehängeschutt bedeckt ist. Diese Verschiebung beträgt im Dakota- Sandstein gegen 50 m. Weiter westlich im untern Morrison sind es noch ca. 10 m. Auch eine kleine Runse weiter nördlich zeigt eine geringe Transversalverschiebung. Es mag hier erwähnt werden, dass wahrscheinlich die meisten Quertäler des Gebietes, seien es nun grosse Canyons oder kleine Runsen und Lücken, ihre Anlage Transversalverschiebungen, allerdings teilweise von geringem Ausmass, verdanken. Auch wo einzelne Schich- ten sich ohne Unterbruch quer durch den Canyon verfolgen lassen, können andere Schichten verschoben sein, welche Dislokation sich in den zwischenliegenden Mergeln verliert. Direkt westlich der Stadt Boulder sind alle Schichten beinahe senkrecht, zum Teil sogar etwas überliegend und stark in der Mäch- tigkeit reduziert. Auf die Distanz von einem Kilometer ist die hori- zontale Entfernung zwischen Grundgebirge und Niobrarakalk beinahe auf die Hälfte reduziert. Die Wyoming-Gruppe ist höchstens in halber Mächtigkeit vorhanden. Der Dakota-Sandstein besteht aus einem einzigen Felszahn, der steil in die Luft ragt, und auch die Benton- Formation muss sehr stark reduziert sein. Ob der Dakota-Sandstein ' Nach Süden ganz auskeilt, wie Fennemans Karte angibt, ist mangels an Aufschlüssen nicht ersichtlich. Südlich Boulder Creek nähert sich das untere Wyoming wieder Seiner normalen Mächtigkeit, während das obere Wyoming und die Morrison-Formation sehr stark reduziert sind (nicht aufgeschlossen). Der Dakota-Sandstein ist nur wenige Meter mächtig und zerfällt ünter dem Hammer in kleine Brocken. Benton und Niobrara zeigen eine Umbiegung von 55° Westfall zu horizontal in verkehrter Lage- ung (Profil II). Der Kalk zeigt Abquetschungen und ist in die _ Sergel eingewalzt. Der verkehrt liegende Niobrara-Kalk ist auch ‚auf der Ostseite des Berges zu sehen (30° Westfall). Das Ganze ist überlagert von einem aus „Rotliegendem“ bestehendem Bergschlipf. Fenneman gibt ein Profil dieser Stelle (l. c. Fig. 4) und erklärt die n U mbiegung und Überkippung als durch den Bergschlipf bewirkt. 230 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Henderson') erklärt es durch den Druck des nebenbei etwa 400 m höher steil ansteigenden Berges. Solche Agencien können wohl Mergel deformieren, nicht aber Kalkschichten biegen, wie eine solche Bie- gung ohne Bruch deutlich zu sehen ist. Dies konnte nur durch tek- tonische Ursachen zustande kommen zu einer Zeit, als diese Kalk- lage noch von einem mächtigen Komplex jüngerer Schichten bedeckt war. Auch im „Rotliegenden* finden sich Anzeichen tektonischer Vorgänge. Der von Fenneman kartierte Intrusivgang ist geschiefert, und es finden sich Rutschflächen sowohl am Randgestein als auch am Gangmaterial. Etwas südlich an der neuen Strasse ist ein zusammenhängender Aufschluss, in dem sich die Schichtlage aber nicht mit Sicherheit feststellen lässt. Die Mergel und Kalke der Colorado-Gruppe scheinen in verkehrter Lagerung schwach nach Westen einzufallen. Dakota, Morrison und oberes Wyoming sind nicht aufgeschlossen und sicher stark reduziert oder fehlend.. Das untere Wyoming ist von vielen Rutschflächen in verschiedenen Richtungen durchsetzt, eine in den gestörten Gebieten ganz allgemeine Erscheinung. Am steilen Abhang nördlich Gregory Canyon finden sich alle Formationen teils in Bruch- stücken, teils anstehend. Es ist aber so viel verrutscht und das An- stehende so schlecht aufgeschlossen, dass es einen genauen Kenner ‘der verschiedenen Schichten braucht, um die tektonischen Verhält- nisse klarzulegen. Immerhin ist die Mächtigkeit der Schichten zwi- schen unterm Wyoming und Niobrara nur gering. Rutschflächen sind häufig, und eine Aderung der Gesteine erinnert an Breceiation. In der Schlucht SW des Chautauqua ist eine zusammenhängende Serie biszur Benton-Formation aufgeschlossen, die letztere senkrecht stehend. Die Mächtigkeit hat bedeutend zugenommen. Eine Kalklage der Morrison-Formation ist in die unterliegenden roten Wyoming-Mergel eingequetscht. In dem von Fenneman Pole Canyon genannten Tälchen hat dieser Autor richtig zwei Verschiebungen angenommen, eine entlang einer vertikalen Fläche (Transversalverschiebung), die andere entlang einer horizontalen, resp. nach Westen einfallenden Fläche (Überschiebung). Auf der Südseite liegt der Ost fallende Dakota-Sandstein von nor maler Mächtigkeit auf dem jüngeren Niobrara. Die mit demselben verbundenen Benton-Mergel sind so zerdrückt, dass die sonst deut- liche Schichtung nicht mehr zu erkennen ist. Gegen Westen am schliessend und zu diesem untern Komplex gehörend ist eine dünne ') Junius Henderson: The Overturns in the Denver Basin. Journal Geol. 2 Vol. 9, 1903. : Jahrg. 64. E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado. 231 Lage von Dakota-Sandstein, die steilen Westfall zeigt. Dies beweist, dass die Horizontalkomponente der Überschiebung gegen 100 m beträgt (Profil III). Im hangenden Schenkel ist die Mächtigkeit aller For- mationen beinahe normal, wenn auch die Morrison etwas Quetschung zeigt. Im Mittelschenkel ist der Dakota stark reduziert. Auf der nördlichen Talseite ist eine Umbiegung in Niobrara-Kalk zu sehen, entsprechend der früher besprochenen. Dazu kommt noch eine Trans- versalverschiebung von gegen 200 m, die offenbar nur die überscho- benen Schichten betroffen hat. Gegen Westen hört diese auf und ist im Wyoming-Sandstein nicht mehr zu erkennen. Die Schichten nörd- lich der Transversalverschiebung sind in ihrer Mächtigkeit reduziert. Weiter südlich beim Bear Canyon deutet eine Biegung im Nio- brara-Kalk das Ausgehen der Überschiebung an (Profil IV). Dort, sowie am South Boulder Creek scheint die Mächtigkeit wieder normal zu sein. In letzterem Tal übersteigen die Fallwinkel, soweit beob- achtet, nirgends 60°. Deuten schon die Transversalverschiebungen, die vielen Rutsch- flächen und die in die gequälten Mergel eingekneteten härteren Schichten an, dass das scheinbare Fehlen gewisser Formationen bei Boulder auf tektonischen Ursachen beruht, so gelang es an drei Stellen (siehe Profiltafel) eine regelrechte Überschiebung nachzuweisen. Die Aufschlüsse genügen nicht, um mit Sicherheit zu konstatieren, ob es ein und dieselbe Überschiebung ist, oder ob einzelne Über- schiebungen sich ablösen. Der Betrag der Überschiebung in hori- zontaler Richtung ist gering, so weit ersichtlich höchstens 100 m. Da aber die Überschiebungsfläche meist steil steht, so könnte der Betrag des Schubs entlang dieser Fläche wesentlich grösser sein. Immerhin genügt er zusammen mit dem tektonischen Ausquetschen der Schichten, um den Eindruck hervorzurufen, dass einzelne For- mationen gar nicht abgelagert wurden. Die Front Range bei Boulder ist eine mächtige, leicht nach Osten überliegende Antiklinale mit einem Scheitelbruch. Der Schenkel über der Bruchfläche wurde durch die Überschiebung wenig beeinflusst, höchstens etwas steiler gestellt und die Schichten stellenweise in der Mächtigkeit reduziert. Der liegende Schenkel wurde übergelegt, lokal bis zu horizontal verkehrter Lagerung, und stark geschleppt und in _ der Mächtigkeit reduziert. Eine Erscheinung, die sich nicht ohne weiteres in das tektonische Bild einreihen lässt, sind eine Anzahl Längsbrüche nahe am Kristal- linen, die den Kontakt mit der Wyoming-Formation verdoppeln. Sie sind in der Literatur ausführlich besprochen. Der Schlüssel findet 232 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 sich in einer schon von den ersten Forschern beobachteten synkli- nalen Umbiegung am. Boulder Mtn. Nach des Verfassers Auffassung fällt die Synklinale nach Westen ein und ist zu beiden Seiten von einer Bruchlinie begrenzt. Wir haben es also zu tun mit scharfen Falten, in denen die antiklinalen Umbiegungen auf das kristalline Grundgebirge erodiert und auch sonst wohl im Scheitel geknickt und verschoben sind. Die Synklinalen sind abgequetscht, zerrissen und meist bis zur Unkenntlichkeit ausgewalzt. Eine nur scharf zusammen- gebogene, aber nicht zerrissene Falte dieser Art ist die oben be- schriebene Antiklinale im Fourmile Canyon. Die Bruchflächen fallen nach den älteren Autoren steil nach Westen ein. Entgegen der aus- drücklichen Bemerkung von Eldridge!) konstatierte der Verfasser im Bear Canyon ein Ostfallen der Bruchfläche von 75° (siehe Profil IV). In der SSE gerichteten Schlucht SE Boulder Mtn., in deren oberstem Teil die synklinale Umbiegung zu sehen ist, finden sich unterhalb 7000 Fuss Felsmassen, die offenbar dem obern Teil des untern Wyoming angehören und deren Schichtung infolge der tek- tonischen Beeinflussung nicht mehr erkennbar ist. Sie sind offenbar eine Fortsetzung der Synklinale, Die Längsbrüche streichen parallel zu den Falten „en &chelons*, d. h. unter einem kleinen Winkel zum allgemeinen Streichen. Diese jetzt als Längsbrüche erscheinenden Falten wurden zusammen mit den Falten in einer früheren Phase der Gebirgsbildung angelegt und später unter dem unter etwas verschiedenem Winkel wirkenden Druck abgeschert, steilgestellt und beinahe bis zur Unkenntlichkeit deformiert. Golden. Bei Golden, wo nach Eldridge an einer Stelle die vertikalen Schichten der Laramie-Formation nur 500 Fuss vom Kristallinen entfernt sind statt der normalen 13000 Fuss, wurde von diesem Ver- fasser (l. c.) auch Nichtablagerung des fehlenden Komplexes ange- genommen. Ziegler?) hat kürzlich nachgewiesen, dass das scheinbare Fehlen der Schichten durch eine Überschiebung mit einem Ausmass von ca. 8000 Fuss zu erklären ist, was dem Eindruck entspricht, den der Verfasser bei einem kurzen Besuch erhielt. Die Schichten sind steil überliegend, und aus der geologischen Karte sind eine Anzahl Transversalverschiebungen ersichtlich. ) S. F. Emmons, Whitman Cross and G, H. Eldridge: Geology of the ‚Denver Basin in. Colorado. Monograph of the U. $.G. S. Vol. 27, 1896. Vietor Ziegler: Foothills Structure in Northern Colorado. Colorado School of Mines Quarterly, Vol. 12, number 2, 1917. Machdem “ Jahrg. 64. E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado. 933 Ziegler schlägt dieselbe Erklärung für die Unregelmässigkeiten bei Boulder vor, doch zeigt sein Profil, dass er die dortigen Verhält- nisse nicht eingehend studiert hat!). Dass der Zusammenschub gerade bei Golden und Boulder eine Vertikalstellung und Überschiebung bewirkte, während er weiter nördlich sich in Vorfalten auflöste, darf wohl mit den dortigen Basalt- decken (Table Mtn. bei Golden, bei Boulder erodiert und nur noch als Gang in der Valmont Butte zu sehen) in Zusammenhang gebracht werden. Diese versteiften die Schichten des Vorlandes, welche in- folgedessen von der starken Faltung nicht ergriffen wurden. Morrison. Südwestlich Denver scheint der Gebirgsrand wieder normal zu sein. Die Felszähne und Rippen des untern Wyoming- und des Dakota- ' Sandsteins können von Denver aus, sowie von der Eisenbahn deutlich beobachtet werden. Auch die Morrison-Formation dürfte hier gut entwickelt sein, hat sie doch von dieser Lokalität ihren Namen be- kommen, Perry Park. Die Umgebung von Perry Park ist enthalten im Castle Rock Folio®). Die als mehr oder weniger vertikale Verwerfungen ange- gebenen Dislokationen können als Überschiebungen, ähnlich denjenigen bei Boulder und Golden gedeutet werden. Richardson erwähnt, dass an der Mündung von Gove Canyon der Granit einige hundert Fuss auf die Sedimente überschoben ist. Nach der Karte grenzt weiter südlich bis ins Blatt Colorado Springs der Granit stellenweise an die Dawson Arkose, und die älteren Sedimente fehlen oder sind in der Mächtigkeit stark reduziert. Ge- hängeschutt verdeckt die meisten wichtigsten Punkte. Immerhin dürfte auch hier eine Überschiebung statt einer Verwerfung ange- Nommen werden. Garden of the Gods. ‚Die südliche Fortsetzung der gestörten Zone ist im Colorado Springs Folio?) enthalten, der grösste Teil auf der Spezialkarte Manitou, welche Publikation zum vollen Verständnis der folgenden Ausführungen "gezogen werden sollte. Diese Spezialkarte ist die beste geologische Be. ') Der Verfasser wurde auf die Z ieglersche Publikation erst aufmerksam, : die Untersuchung bei Boulder abgeschlossen war 30. B. Richardson: Castle Rock Folio No. 198, 1915. 9 George J. Finlay: Colorado Springs Folio No. 203 U.8.G.S. 1916. 934 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch, in Zürich. 1919 Aufnahme am Ostrand der Front Range. Trotzdem enthält sie eine Anzahl Ungenauigkeiten, die eine falsche Auffassung der Tektonik bewirkten. Die angegebenen Streich- und Fallzeichen sind so spärlich, dass sie nur ein ganz oberflächliches Bild der Tektonik gewähren, um so mehr, als sie gerade an den wichtigsten Stellen fehlen. In der Verlängerung der oben erwähnten Störungen sind bei Glen Eyrie und im Garden of the Gods die Schichten steil gestellt, meist vertikal und häufig überliegend, während westlich gegen Manitou die älteren Sedimente einen geringeren Fallwinkel (10—12°) auf- weisen. Die Steilzone ist durchsetzt von einer grossen Zahl von Trans- versalverschiebungen, ausser den auf der Karte angegebenen noch viele von kleinerem Ausmass. Einzelne verlaufen EW, andere SW-NE. Die letzteren sind offenbar jüngeren Datums und gleichaltrig mit der Ute Pass-Überschiebung, zu welcher sie senkrecht stehen. Statt der Transversalverschiebungen finden sich auch lokale Verbiegungen, wie überhaupt bemerkenswerte Veränderungen der Streichrichtung schon aus der Karte ersichtlich sind. Sind diese Erscheinungen durch Tangentialschub zu erklären, so sind auch die Längsbrüche nicht vertikale Verwerfungen, wie Finlay annimmt, sondern Überschie- bungen, die stellenweise das scheinbare Fehlen einzelner Formationen bedingen. Besonders im südlichen Teil des Garden of the Gods, wo die Konglomerate des untern Wyoming die Schichtköpfe der jüngeren Formationen bis zur Kreide queren (siehe geol. Karte), ist eine Über- schiebung klar zu sehen, wie auch Finlay im Text angibt. Der abnormale Kontakt ist an mehreren Orten gut aufgeschlossen und zeigt überall ein Einfallen gegen Westen. Südlich des Reservoirs wo die Konglomerate an bunte Mergel anstossen (wahrscheinlich Morrison und nicht Benton), wurde ein Einfallen der Verwerfungs- fläche von 35° gemessen; nordwestlich an der Strasse sind es 60° und weiter nördlich ist der Winkel vielleicht noch etwas steiler. Die Bruchlinie verläuft nicht westlich des Reservoirs, wie Finlay angibt, sondern durch dasselbe und konnte dort, da es kein Wasser enthielt, genau verfolgt werden. Die komplizierte Geologie dieser Zone ist auf der Karte nicht mit der wünschenswerten Genauigkeit dargestellt. So wurde zum Beispiel am Südend von Hügel 6655 eine Verdoppelung des Wyoming-Konglomerates beobachtet, die aus der geologischen Karte nicht ersichtlich ist. | k Die Überschiebungen hören nicht auf am Fontain Creek, wie Rn, Finlays Karte wahrscheinlich erscheint. Westlich Colorado Cily findet sich genau dieselbe Erscheinung, wie sie bei Boulder südlich Twomile Canyon beobachtet wurde (Profil No. I), nur ist es hier et Jahrg. 64. E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado. 235 Niobrara-Kalk, der mit 80° nach Osten fallend die Rippe bildet und am Osthang dann mit 50 bis 60° gegen Westen einfällt. Dazwischen liegt ein keilförmiger Mergelkomplex, der offenbar die Überschiebung enthält. Weiter südlich zwischen den zwei auf der Spezialkarte an- gegebenen Transversalverschiebungen wiederholt sich dasselbe Bild im Dakota-Sandstein. Dieser Aufschluss an der Eisenbahn ist aller- dings so kurz, dass er als verrutscht angesehen werden könnte, wenn nicht die jüngeren Schichten an der Strasse nach Westen einfallen würden und überhaupt dasselbe Phänomen an andern Orten besser aufgeschlossen beobachtet worden wäre. Ute Pass-Überschiebung. Nur ein wenig weiter am Ausgang des Bear Canyon stösst ‚diese : NS bis NNE-SSW streichende Schichtserie an die Ute Pass-Über- schiebung, die sie in NNW-SSE-Richtung verlaufend überdeckt. _ Diese Dislokation, eine weit bedeutendere Störung als die bisher beschriebenen, wurde sowohl auf dem Pikes Peak-Folio als auch auf dem neuen Colorado Springs-Folio als Verwerfung mit vertikaler Verschiebung kartiert. Dass wir es mit einer liegenden und über- schobenen Falte zu tun haben, ergibt sich ohne weiteres aus einigen allgemeinen Beobachtungen, besonders aber aus einer eingehenden Beschreibung der Erscheinungen an ihrem Verlauf, der beinahe zu- sammenhängend begangen wurde. Dass die Ute Pass-Dislokation eine überliegende Falte ist, ergibt Sich schon daraus, dass die Schichten am Gebirgsrand mit wenigen Ausnahmen in verkehrter Lagerung gegen dasselbe einfallen, so das Vorhandensein eines Mittelschenkels beweisend. Es sei auch ei wähnt, dass Gneis in grösseren und kleineren Komplexen am Gebirgsrand eine häufige Erscheinung bildet. Derselbe ist leider nicht einmal auf der Spezialkarte ausgeschieden. Obwohl der Gneis nicht notwendig jünger und wahrscheinlich sogar älter ist als der Granit, so bildete er doch ursprünglich eine Umhüllung um den Granitkern und blieb Nach der Faltung am Gebirgsrand (im Mittelschenkel) erhalten, während er im höheren Teil des Gebirges mehr der Erosion anheimfiel. Die Pikes Peak-Region ist nun nicht eine normale überliegende Antiklinale, sondern von einem bedeutenden Längsbruch begleitet, der, wie Finlay richtig annimmt, im Grossen uud Ganzen dem Ron- takt des Kristallinen mit den Sedimenten folgt. Dieser Kontakt fällt Segen das Gebirge ein, was sich aus einer genauen Kartierung ergeben haben würde, und während bei typischen vertikalen Verwerfungen die Rutschflächen mehr oder weniger senkrecht verlaufen, so ist es bei 236 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 den vom Verfasser in situ, beobachteten nicht der Fall. Auch die häufigen Transversalverschiebungen können nur der Auslösung eines horizontalen Schubes ihre Entstehung verdanken. „Sandsteingänge im Granit“. Der ganzen Dislokationszone entlang finden sich Sandsteinkom- plexe in oder am Granit, die sowohl am Pikes Peak als auch dem Colorado Springs-Folio als „Sandsteingänge im Granit“ kartiert sind. Ihre Entstehung ist den Verfassern unklar. Finlay, der sie richtiger- weise mit den Dislokationen in Zusammenhang bringt, nimmt an, dass Sandstein entlang der Verwerfung durch die Bewegung zu Sand zerrieben wurde, der dann in die Verwerfungsklüfte hineinfiel oder hineingewaschen oder gepresst und schliesslich konsolidiert wurde. Demzufolge wird das Alter dieser Sandsteine als Tertiär angenommen. Während diese Sandsteine in der Regel mehr oder weniger massig sind, so lässt sich an den grösseren Komplexen an vielen Orten deut- ‚liche Schichtung beobachten. Dünne „Gänge“ fallen, soweit beob- achtet, gegen das Gebirge ein oder sind mit dem Gneis und Granit verfältelt, und einzelne sind zu Linsen ausgezogen. Die einzige logische Erklärung der Entstehung dieser „Sandsteingänge“ ist, dass sie bei der Gebirgsbildung durch Schuppenbildung in das Kristalline hinein- gefaltet wurden. Der „Gangsandstein“ ist in der Regel nicht identisch mit den- jenigen der sedimentären Serie. Am häufigsten zeigt sich eine Analogie zum cambrischen Sandstein, stellenweise auch zu Sandsteinen des untern Wyoming. Am alten Ute Pass-Saumpfad fand der Verfasser ein Konglomerat, das mit gewissen Horizonten des untern Wyoming identisch ist. Wenn man bedenkt, dass bei der Überschiebung und Schuppenbildung alle Sandsteine bis und mit dem Dakota in das Kristalline eingefaltet worden sein können, so dürften sich für alle „Gangsandsteine‘ Analogien in der sedimentären Serie finden. Über- dies muss bemerkt werden, dass die „Gangsandsteine* infolge der Überschiebung aus einer von den jetzigen Sedimentaufschlüssen um mehrere Kilometer entfernten Zone stammen, in welcher Distanz sich kleine fazielle Veränderungen einstellen können. Auffällig ist das Fehlen von Kalken, besonders des Silurs als Gangmaterial. ö 2 Die „Gangsandsteine“ sind in der Regel massig und stark kieselig, Ä stellenweise beinahe quarzitisch. Alle mergeligen weicheren Partien der ursprünglichen Sedimentserie wurden bei der Schuppenbilduns offenbar abgequetscht und ausgewalzt. Wahrscheinlich hat auch eine 2 gewisse Metamorphose stattgefunden, teils durch Druck, teils dich 7R " h y Jahrg. 64. E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado. 237 Infiltration von Quarz. Dass quarzhaltige Lösungen auf den Kluft- flächen zirkulierten, ergibt sich aus der Beobachtung eines Quarzganges entlang einer Transversalverschiebung. Es gelang dem Verfasser unter den „Gangsandsteinen“ zwei deutliche Typen von grösserer Verbreitung zu unterscheiden. Der Komplex westlich Stratton Park ist ein meist violetter, aber stellen- weise weisser Sandstein, der dem Cambrium ähnlich sieht. Diesem cambrischen Typus gehören auch eine grössere Zahl der dünneren „Gänge“ im Granit an. Der grosse Komplex von Gangsandstein südlich Manitou besteht aus einem hellen Sandstein mit dunkelroten Flecken, häufig über- gehend in roten Sandstein mit weissen Adern. Das rote Material bildet stellenweise weichere Schichten im hellen Sandstein, der rauh anwittert, stellenweise mit hervorstehenden Adern. Die letztere Eigenschaft wurde an verschiedenen Orten (Boulder, Garden of the Gods) im obern Teil des untern Wyoming beobachtet, wo diese Schichten tektonisch gestört sind. Diese Serie, die lokal auch in dünneren Gängen im Granit beobachtet wurde, soll als Wyoming- Typus bezeichnet werden. Feines Konglomerat wurde südlich Manitou zwar nicht im Anstehenden, wohl aber in: Bruchstücken beobachtet. Ute Pass-Überschiebung südlich Bear Canyon. Die steilgestellte Schichtserie der Kreide wird am Ausgang des Bear Canyon durch die grosse überschobene kristalline Masse des Pikes Peak-Massivs im Streichen gegen Südosten abgelenkt und zu einem Mittelschenkel übergekippt. Der Eisenbahn nach Süden folgend trifft man zuerst den mit 55° nach SW einfallenden übergekippten Dakota- Sandstein, dann nicht nur in dem Tälchen, wie auf der geo- logischen Karte angegeben, sondern auch östlich davon im Bahn- einschnitt den Niobrara-Kalk mit einem Fallwinkel von 45°. Der nächste Aufschluss an der Eisenbahn bei der 6900 Fuss-Kurve (auf der geologischen Karte ist alles Quartär) ist wieder Niobrara-Kalk in offenbar überkippter Lagerung in flache Wellen gefaltet, aber im Ganzen gegen das Gebirge einfallend. Genau kann die Schichtlage bestimmt werden am nördlichen _ Ende des auf der Karte als Niobrara angegebenen Komplexes nord- = Festlich Stratton Park. Das Einfallen gegen das Gebirge beträgt °; die Lagerung ist verkehrt. Dies ergibt sich daraus, dass der _ Niobrara-Kalk von dem dem obersten Benton angehörenden Sandstein überlagert ist. In der stratigraphisch jüngsten Schicht dieses Sand- Steins, Bert am Kalk, wurde ein Bonebed mit Haifischzähnen entdeckt, 238 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 ein im Colorado Springs-Folio nicht erwähntes Vorkommnis. Auch im Garden of the Gods und bei Glen Eyrie beobachtete der Verfasser zerstreute Knochenreste in diesem Horizont, so dass an der strati- graphischen Interpretation und der verkehrten Lagerung kein Zweifel besteht. Zwischen North Cheyenne Creek und South Cheyenne Creek findet sich Dakota-Sandstein, der auf der geologischen Karte fehlt; weiter südlich folgt Niobrara-Kalk, in schlechten Aufschlüssen, und beim Starr Ranch gibt eine geologische Karte am Granit-Kontakt Mergel der Montana-Gruppe an. Alle diese Aufschlüsse sind zweifellos in verkehrter Lagerung und gehören dem Mittelschenkel an. Der direkte Kontakt mit dem Kristal- linen wurde nirgends beobachtet, ist aber zweifellos eine Überschie- bung. Die Annahme einer vertikalen Dislokation ist nirgends not- wendig. Das Kristalline in der Nähe des Kontakts besteht teils aus Gneiss, teils aus Granit. Westlich Stratton Park ist ein grösserer Komplex des cambrischen Typus von „Gangsandstein“, der eine deut- liche Rippe bildet und etwas weiter nach Südosten aufgeschlossen ist, als die Karte angibt. Dieser Sandstein fällt mit 60° gegen das Gebirge: ein. An mehreren Stellen ist der Kontakt mit dem Kristallinen aufgeschlossen, der normal erscheint. Dieser Sandstein ist das ver- kehrte Stück der Gewölbeumbiegung der auf das Vorland aufgescho- benen Pikes Peak-Falte. Im untern Teil des South Cheyenne Canyon befindet sich eine auffällige, mit annähernd 30° gegen das Gebirge einfallende Kluft- fläche. Dies ist möglicherweise eine Überschiebungsfläche im Kri- stallinen. ' Das Südende der Überschiebung. Im obern Teil von Limekiln Valley finden sich sehr gute Auf- schlüsse, doch ist diese Gegend sehr schlecht kartiert. Die untere und die obere Wyoming-Formation sind sehr deutlich zu sehen, aber auf der geologischen Karte gar nicht angegeben, obwohl die erstere mächtige Felswände bildet, die sogar aus grosser Distanz zu sehen sind. Die Schichtfolge ist nicht ganz normal. Ausgequetschte Partien veranlassten ‚offenbar Finlay, Verwerfungen anzunehmen, die ın Wirklichkeit Überschiebungen sind. Der ganze Komplex vom Niobrara Kalk hinunter fällt gegen das Gebirge ein, am Nordend des Auf | schlusses mit 55—60°, gegen Süden flacher (ca. 40°), alles in ver h kehrter Lagerung als Mittelschenkel der Antiklinale. Der direkte Kontakt mit dem Kristallinen, das auch hier „Sandsteingänge“ enthält, en en, EN Jahrg. 64. E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado. 239 wurde nicht beobachtet, aber ist zweifellos eine Überschiebung mit einem Einfallswinkel, der eher geringer ist, als der Fallwinkel der Sedimente. - War bis hieher das Streichen der Sedimente parallel dem Ge- birgsrand NNW-SSE gerichtet, so drehen beide in eine Nord-Süd- Richtung, die schliesslich nach Südwesten umbiegt. Zwischen Rock Creek und Little Fountain Creek ist, wie aus der geologischen Karte herauszulesen, das Kristalline über den untersten Teil des Wyoming hinübergeschoben. Entlang Little Fountain Creek bildet auf der Karte das „Rotliegende“ eine bedeutende Einbuchtung in das Kristalline. Dieses Bild ergibt sich, da dem Bach entlang das überschobene Kristal- line erodiert ist, während es auf beiden Talseiten erhalten blieb. Auch hier wurde ein „Sandsteingang“ beobachtet. Die Überschiebungsfläche taucht in einem flachen Winkel gegen das Gebirge ein. Der Kontakt kann nach Süden um den Hügel herum verfolgt werden. An einer Stelle ist er direkt aufgeschlossen und der Einfallswinkel beträgt ca. 25°. An dieser Stelle sind Gneis und Granit ineinander verfaltet, während nicht weit davon der Granit über der Überschiebung in eine Reibungsbreccie umgewandelt ist. Die Sedimente fallen mit einem Winkel, der nur wenig steiler ist als die Überschiebungsfläche, in verkehrter Lagerung unter das Gebirge ein und sind von kleinen Transversalverschiebungen durchsetzt. Weiter vom Kontakt entfernt wird die Schichtlage steiler. Am Dakota-Sandstein wurden 80° West- fall gemessen und der Niobrara-Kalk fällt schliesslich normal vom Gebirge weg. Entlang der auf der geologischen Karte angegebenen Transversalverschiebung, die allerdings WNW-ESE verläuft, hört die Überschiebung plötzlich auf und die Sedimente sind weniger steil - gestellt. Dieser Bruch muss weit in das Kristalline zurückreichen, Wo wahrscheinlich die Überschiebung durch eine andere abgelöst wird. Südlich der Transversalverschiebung ruht das Wyoming-Konglomerat direkt auf dem Kristallinen, während nur wenig weiter sich der Silur- kalk einschiebt. Dies beweist, dass hier das Fehlen des Silurs auf Erosion vor Ablagerung des Wyoming und nicht etwa auf der Über- Schiebung beruht, eine Tatsache, die aus der geologischen Karte nicht | ‚ersichtlich ist. Die Tendenz zur Überfaltung zeigt sich aber schon . Wieder in der nächsten Schlucht, wo der Silurkalk von 40° Ostfall am Bachbett immer steiler werdend in die Höhe steigt und schliesslich etwas überliegt. Die Intensität des Zusammenschubes am Gebirgs- a nimmt aber rasch ab und die Schichten werden flacher. Die ‚Axe der Faltung zieht sich in SSE-Richtung in die Sedimente hinaus \nd bildet eine auf dem Pueblo-Folio deutlich ersichtliche Antiklinale. 240 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Eine „Verwerfung“ im Red Creek wurde nicht besucht, da die Strasse unpassierbar war. Während das Kristalline am Südende des Massivs offenbar unter die Sedimente untertaucht, so sind innerhalb desselben wohl noch Überschiebungen vorhanden. Finlay gibt im Text „Sand- steingänge“ am Mt. Pittsburg an, die er aber nicht kartiert. Die im Pikes Peak-Folio!) angegebenen Störungen am Südende des Massives sind wohl teils als Transversalverschiebungen, teils als lokale Überschiebungen aufzufassen, was sich teilweise aus dem Text ergibt. Eine definitive Interpretation der Tektonik an Hand der Karte ohne Felduntersuchung ist der schlechten topographischen Unterlage wegen und infolge mangelnder Angaben über Streichen und Fallen ausgeschlossen. Die Überschiebung südlich Manitou. Vom Bear Canyon ein Stück weit nach Norden sind die tek- tonischen Verhältnisse analog dem südlichen Teil, nur dass die Sedi- mente unter einem schiefen Winkel gegen die Überschiebung streichen. An derselben sind sie im Streichen gedreht und überdies als Mittel- schenkel übergekippt. In der Schlucht, in welcher Finlay eine Transversalverschiebung angibt, findet sich eine Granitfelswand, die das Tal abschliesst und die etwas gewellt mit ca. 65° gegen das Gebirge einfällt. Auf der nördlichen Talseite ist an dieser Wand ein „Sandsteingang‘ von cambrischem Typus. Er ist auch etwas gewellt; seine Schichten fallen mit ca. 50° gegen den Granit ein und er keilt offenbar gegen die Tiefe aus. Auf der südlichen Talseite fehlt er, und an der Granit- ‚wand finden sich gewellte Bänder von verschiedenfarbigem Ton und dann ein verwitterter Augengneis. Talauswärts folgt verwitterter Granit, dann eine granitische Reibungsbreccie, Granit einer anderen Varietät, Gneis und dann wieder Granit, welch letzterer auch auf der nördlichen Talseite zu sehen ist. Diese Stelle .gibt wertvolle | Aufschlüsse über die Natur der „Sandsteingänge“. Es ist kein Zweifel, dass hier eine Überschiebung vorhanden ist, die mit höchstens 65 gegen das Gebirge einfällt. In der nächst nördlichen Sehlucht bringt eine Transversalver- | schiebung den Kontakt zwischen Kristallinen und Sedimenten weite” nach Westen zurück und von hier bis Engelmann Canyon sind min destens zwei Hauptüberschiebungen zu unterscheiden, die eine ungefähr entlang Finlays Verwerfung, die andere südlich Iron Mtn. und Sheep Mtn. ') Whitman Cross: Pikes Peak Folio No. 7, U. S.G. S. 189. le an ee en Jahrg. 64. E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado. 241 Nach Finlay soll die Verwerfung südlich Manitou besonders gut aufgeschlossen sein. Aber das ist gerade die Gegend, wo seine Karte ungenau ist. Am Östportal des untern Tunnels ist die Überschiebung schön aufgeschlossen. Das Wyoming-Konglomerat fällt mit 40° unter das Kristalline ein, das seinerseits eine Anzahl „Sandsteingänge“ vom Wyoming-Typus enthält. Der Kontakt verläuft hier meist weiter südlich, doch ist Finlays „Verwerfung“ vielleicht eine separate, weniger bedeutende Überschiebung. Im Tälchen zwischen Iron Mtn. und Sheep Mtn. schiebt sich zwischen W yoming-Formation und Granit „Gangsandstein“ ein, dessen Kontakt sowohl zum Granit im Hangenden, als zum Konglomerat im Liegenden bergwärts einfällt, was eine Überschiebung beweist. In der Schlucht, die von Sheep Mtn. nach Nordosten ausgeht, fällt das Konglomerat im untern Teil vom Gebirge weg. Talaufwärts wird die Schichtlage immer steiler und schliesslich überstürzt. Auf diesen steil überkippten Schichten liegt mit einer 40° gegen das Ge- birge einfallenden Kontaktfläche ein verfalteter Komplex von Kristal- linem und „Gangsandstein“, und zwar so, dass Granit, Gneis und Pegmatit über dem „Gangsandstein“ liegen, mehr oder weniger als horizontale Decke, aber in den „Gangsandstein“ hinein verfältelt. Auch der „Gangsandstein“ enthält Adern von Gneismaterial, was anzeigt, dass diese Gesteine intensiv ineinander gewalzt worden sind. . In dem von Sheep Mtn. nach Osten gehenden Tälchen ist die Überschiebung nicht aufgeschlossen, doch sieht man die graduelle Aufrichtung und Überkippung des Konglomerates. Am Bächlein, das von Süden in den Sutherland und Creek mündet, ist das letztere auch zu sehen, und zwar fällt das Konglomerat nahe am Kontakt mit 50° gegen das Gebirge ein. Der hier wellige Kon- takt ist eine mit ca. 60° gegen das Massiv einfallende Überschiebung, der entlang stellenweise der Granit in eine Reibungsbreccie umge- wandelt ist. Nahe der Talsohle finden sich noch weiter gebirgseinwärts Konglomeratschichten, die (wahrscheinlich in verkehrter Lagerung) ' nach Nordosten einfallen. Der Kontakt mit dem Granit, der an der Basis eine mächtige Breccie bildet, steigt für eine Strecke gegen das Gebirge an, um nachher wieder unter einem 50° nicht übersteigenden Winkel gegen Südwesten einzusinken. Im Granit sind „Sandstein- | gänge und unregelmässige Gneis-Nester, alles eine starke Verknetung Andeutend. Diese Stelle zeigt also einen kristallinen Gewölbekern, der nicht nur auf das Wyoming-Konglomerat überschoben, sondern sogar in absteigender Richtung in dasselbe hineingepresst worden ist. Am jenseitigen Abhang gegen Sutherland Creek zeigen sich auch Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919, 48 249 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Verfältelungen von „Gangsandstein“ und Granit mit einem kleinen, offenbar wurzellosen Komplex von Granit und Gneis. Wo die neue Strasse von diesem Creek’ nach Crystal Park an- zusteigen beginnt, ist ein abnormaler Kontakt von Granit im Lie- genden und Sandstein im Hangenden mit einem zwischenliegenden zerquetschten Gneis-Paket, alles gegen das Gebirge einschliessend. Weiter oben an der Strasse sind eine grosse Anzahl „Sandsteingänge* zu sehen, alle intensiv mit Granit und Gneis verfältelt, soweit er- sichtlich meist in liegende Falten gelegt. Das Ganze zwischen den zwei Hauptüberschiebungen liegende Paket ist eine intensive Ver- fältelung von Granit, Gneis und „Gangsandstein“, welch letzterer, soweit beobachtet, ausschliesslich dem Wyoming-Typus angehört. Die innere Überschiebung ist aufgeschlossen im Einzugsgebiet des auf der Karte ungenannten Baches zwischen Sutherland Creek und Redrock Canyon. Der Kontakt zwischen „Gangsandstein“ und dem zusammenhängenden Kristallinen ist abwechselnd eine vertikal stehende Transversalverschiebung und eine Überschiebung. Der Fall- winkel der letzteren, die stark wellig erscheint, ist an einer Stelle mit etwa 50° messbar. Dass dies ein tektonischer Kontakt ist, er- gibt sich daraus, dass hier eine Pegmatitlinse zwischen die Sandstein- schichten eingewalzt ist. In einem in der Nähe durch den Sandstein in das aufliegende Kristalline getriebenen Stollen ist der Kontakt beinahe eben und hier wurde ein Einfallwinkel von 45° gemessen. Offenbar ist eine weitere Überschiebung noch weiter vom Gebirgs- rand im Kristallinen vorhanden. Der von Finlay angegebene „Sand- steingang“ halbwegs zwischen Sheep Mtn. und Eagle Mtn. wurde bis südlich Sutherland Creek verfolgt. An der neuen Strasse am Nord- abhang von Hagle Mtn. bei ca. 7800 Fuss wurde eine mit 35° bergeinwärts fallende Kluftfläche beobachtet, entlang welcher eine Reibungsbreccie entwickelt ist. Der Verfasser nimmt an, dies sei eine weitere, höhere Überschiebung. Die Überschiebung am Ute Pass. Die Überschiebung folgt dem alten Ute Pass-Saumpfad, sn deutet durch die Topographie und eine Zone von „Sandsteingängen“- Gegen die Passhöhe sind es offenbar zwei Überschiebungen, die eine der Bahn entlang, wo im Pikes Peak-Folio eine Verwerfung ange“ geben ist, die andere weiter südwestlich durch eine Zone von „Sand- steingängen“ angedeutet, Es mag hier bemerkt werden, dass einzelne Teile eines „Sandsteinganges‘“, d. h. einer sedimentären Schuppe iM Granit, nicht in einerg ten Zone vorzukommen brauchen. re te Tr E12 ll ee an a = Geo, Soc. America. Vol. 10, 1899. Jahrg. 64 E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado. 243 Der „Gang“ kann sehr wohl durch Transversalverschiebungen kom- pliziert sein. Die nordöstliche der zwei angenommenen Überschie- bungen ist nur durch die Topographie bewiesen. Die sedimentäre Syaklinale ist viel stärker gefaltet, als im Profil des Pikes Peak- Folios angegeben ist. Im Nordschenkel wurden 80° gemessen, und der Südwestschenkel wurde auf ca. 50° geschätzt, so dass die Sedi- mentschichten in die Luft ausstreichen, bevor der anstehende Granit ‚ erreicht wird. Eine Andeutung dieser Synklinale findet sich auch in den flacheren Schichten westlich Manitou. Diese werden gegen die Überschiebun g steiler und waren wohl im höheren erodierten Teil über- liegend. Hier finden sich im Vorland kleine lokale Überschiebungen und kleine liegende Falten, die von Crosby!) beschrieben und ab- gebildet wurden. Eine der letzteren ist sehr schön von der Ute Pass- Strasse aus zu sehen. Der Ute Pass-Überschiebung entlang können wir von Nordosten ‚ nach Südwesten unterscheiden: Das Vorland, in dem die Sedimente vom Gebirge wegfallen; eine synklinale Umbiegung; der liegende Teil des zerrissenen Mittel- schenkels mit 40-—70° gegen das Gebirge einfallend. (Diese Er- scheinungen sind weniger deutlich nordwestlich Manitou, teils weil die Sedimente erodiert sind, teils auch weil vielleicht die tektonische Störung schwächer ist); die Hauptüberschiebung, durchschnittlich Wahrscheinlich etwa 40° gegen Südwesten einfallend und die Schicht- köpfe der Schichten im Liegenden überschneidend; Andeutungen des hangenden Teils des Mittelschenkels durch „Gangsandstein“ und Gneis; schliesslich ein kristalliner Gewölbeschenkel (die antiklinale Umbie- gung ist nicht ersichtlich, da alle Sedimente erodiert sind). Der letztere zeigt in sich wieder Faltungen und Überschiebungen, durch ‚Sandsteingänge“, Klüfte und Dislokationsbreecien angedeutet. Ins- besondere ist zwischen Manitou und Bear Canyon ein grosser Komplex in liegende Falten gelegt. Leider konnten wegen Zeitmangel keine detaillierten Profile durch die Ute Pass-Überschiebung aufgenommen werden. Der Betrag der Überschiebung ist nicht leicht zu schätzen. Nach Finlay grenzt das Kristalline beim Starr Ranch an die Mergel der = Montana-Gruppe. Die Mächtigkeit der Sedimente bis zu diesem Horizont beträgt wesentlich über 2000 m. Gleich daneben werden diese vom ranit im Cheyenne Mountain ca. 800 m überragt. Bedenkt man den Es Setrag der Erosion im Kristallinen und die Wahrscheinlichkeit, dass ) W. 0. Crosby: Archean-Cambrian Contact near Manitou, Colorado. Bull. 244 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 diese Montana-Mergel dem Mittelschenkel angehören, so beträgt die vertikale Komponente der Überschiebung über 3000 m. Bei einem Einfallen der Dislokationsfläche von 45° würde der Horizontalbetrag der Überschiebung mindestens 3 km betragen. Der Betrag des Zu- sammenschubes dürfte wesentlich grösser sein infolge der Schuppen- bildung im Kristallinen, deren Ausmass sich beim jetzigen Stand unserer Kenntnisse nicht einmal schätzen lässt. Zusammenfassung. Die Front Range besteht tektonisch aus zwei Teilen, dem Pikes Peak-Massiv und dem nördlichen Teil. Der nördliche Teil ist eine bis auf das kristalline aberodierte Antiklinale. Ihr Ostrand zeigt steilen Ostfall, der sich allmählich verflacht. Im nördlichen Teil von Colorado ist das Vorland in Falten gelegt, die staffelförmig vom Gebirge abzweigen (Falten „en &chelons‘). Weiter südlich ist die Antiklinale an den meisten Orten überliegend und zeigt stellenweise einen Scheitelbruch mit Überschiebung. Im nörd- lichen Teil in Wyoming sind ähnliche Verhältnisse vorhanden, was sich aus der geologischen Karte(Laramie-Sherman-Folio) und Beobachtungen des Verfassers von der Eisenbahn aus ergibt. Zu diesen Überschie- bungen, die mit Abquetschungen und Reduktionen in der Mächtigkeit der weicheren Schichten verbunden sind, kommen noch Längsbrüche nahe am Kristallinen, die als abgequetschte Synklinalen aufzufassen sind, und eine grosse Anzahl von Transversalverschiebungen von aller- dings meist nur geringem Ausmass. Sind die Überschiebungen im nördlichen Teil der Front Range mehr lokaler Natur, so zeigt die Antikinale des Pikes Peak an ihrem Rand eine zusammenhängende Überschiebung Yon mindestens 3 km Horizontalverschiebung, kompliziert mit einer intensiven Schuppung und Fältelung des Gewölbeschenkels. Auch die nächst südliche Kette der. West Montains (siehe Pueblo und Walsenburg-Folios) dürfte als Antiklinale mit Scheitelbruch und Überschiebung aufzufassen sein. Weite Überschiebungen in der Form von regelrechten Decken wurden in der Front Range nicht beobachtet. Immerhin können be- deutende tektonische Störungen im Kristallinen und vielleicht auch in dem mächtigen Mergelkomplex der Montana-Gruppe sich der Be- obachtung entzogen haben. = Zeitlich können drei Phasen der Faltung unterschieden werden Während der ersteren wurden die „en echelons*-Falten, die Ling“ brüche am Kristallinen und die Ute Pass-Überschiebung angelegt, a Jahrg. 64. E. Bloesch. Zur Tektonik der Front Range in Colorado. 245 die alle NNW-SSE gerichtet sind. Während der zweiten und Haupt- phase bewirkte der Zusammenschub eine Faltung in N-S-Richtung, die den Gebirgsrand steil stellte mit überliegenden Schichten, Scheitel- brüchen, Überschiebungen und Transversalverschiebungen. Dabei wurden auch die vorher angelegten Falten weiter entwickelt und stellenweise stark zusammengepresst und abgequetscht (Boulder Mtn.). Während der dritten Phase scheint der Zusammenschub wieder in der ursprünglichen Richtung gewirkt zu haben. Der Rand des Pikes eak-Massivs wurde auf die aufgerichteten Schichten des Vorlandes hinaufgeschoben, was im Garden of the Gods zu den SW-NE ge- richteten Transversalverschiebungen führte. Diese letzte Aufschiebung des Pikes Peak-Massivs scheint in ziemlich später Zeit stattgefunden zu haben, vielleicht erst nach der Peneplainisierung des Gebirges (Colorado Springs-Folio, Fig. 8). Auffällig ist die Steilheit einer Anzahl der Überschiebungsflächen. Man könnte sich denken, dass vielleicht das Zentrum des Gebirges eine Rücksenkung erfuhr, die sich am Rand als Drehbewegung äusserte und die Überschiebungsflächen steiler stellte. Der Verfasser ist sich wohl bewusst, dass er den Rand der Front Range nur kursorisch studiert hat. Insbesondere wäre eine grössere Anzahl genauer Profile erwünscht. Leider erlaubte ihm die zur Ver- fügung stehende Zeit keine detailliertere Untersuchung. Es ist auch möglich, dass wichtige ‚Publikationen über das Gebiet übersehen wurden. Es gelang aber nachzuweisen, dass die Front Range ihre Ent- stehung einer einheitlichen Ursache, nämlich dem Zusammenschub verdankt, ähnlich, wie es in anderen Faltengebirgen der Fall ist und dass Vertikaldislokakionen, d. h..typische Verwerfungen fehlen. Weitere Untersuchungen werden zweifellos noch neue Komplikationen zu Tage fördern, aber sie werden an dem Prinzip nichts ändern, dass die Front Range ein typisches Faltengebirge ist. Probleme der Sedimentation und ihre Beziehungen zur Ge- birgsbildung in den Alpen. Von PAUL ARBENZ (Bern). (Als Manuskript eingegangen am 1. November 1918.) 1. Die Ablagerungen, die in einem gewissen Zeitabschnitt gebildet werden, zeigen, wie allgemein bekannt ist, nicht überall den gleichen Charakter, weisen vielmehr lithologische Unterschiede auf, ändern sich in ihrer Mächtigkeit und Fossilführung und zwar oft so weit- gehend, dass es mühsamer Vergleiche bedarf, um Ablagerungen gleichen Alters als solche zu bestimmen. Unter der Bezeichnung „Faziesveränderungen in horizontalem Sinne“ oder „horizon- tale Faziesdifferenzen“ pflegt man diese Erscheinungen zusammen- zufassen. In den letzten Jahrzehnten wurden nicht zum wenigsten unter Anregung durch unsern Jubilar auch in den alpinen Schicht- reihen die Faziesverhältnisse genau untersucht. Die Arbeiten Arnold Heims über die Churfirstengruppe und die helvetische Kreide sind in dieser Hinsicht unübertroffen. Die Feststellung der Faziesdiffe- renzen und Übergänge in den helvetischen Alpen hat von jeher eine wesentliche, im Anfang ganz unentbehrliche Stütze für die Decken- konstruktionen abgegeben. Darin lag zunächst der grösste Wert der- artiger Untersuchungen. Gleichzeitig wurde aber auch der Versuch gemacht, die verschiedenen Ablagerungsbedingungen, als deren Folge die Faziesveränderungen aufzufassen sind, näher kennen zu lernen, vor allem die Beziehungen zur Meerestiefe zum Ausdruck zu bringen. Die Einreihung von Ablagerungen aus der Vorzeit in die jetzt an- genommene Tiefenskala ist manchmal leicht, besonders bei Sedimenten der neritischen Region, oft aber auch sehr schwierig. Gerade die besten Anhaltspunkte, die Fossilien, sind leider in unsern Alpen oft alu spärlich vertreten. Häufiger ist man in der Lage, einen Begriff VON Gesamtcharakter der betreffenden Sedimentation und ihren genetischen Beziehungen zu benachbarten Räumen zu gewinnen, als über ä Meerestiefen auch nur einigermassen Auskunft geben zu können; Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 247 und selbst wenn es gelingt, eine Ablagerung in die Haugsche Skala einzureihen, so ist damit häufig wenig gewonnen. n den nachfolgenden Zeilen soll nun der Versuch gemacht werden, durch eine etwas andere Orientierung den Fragen nach der Meerestiefe möglichst aus dem Wege zu gehen und Gesetzmässigkeiten der „normalen“ und „gestörten“ Sedimentation zu verfolgen, um auf diese Weise von den Problemen der Sedimentation zu solchen der Gebirgsbildung zu gelangen. Dabei treten wir in den Vorstellungs- kreis der Argandschen „Embryotektonik“, die aus den Ideen von Suess, Haug, Horn u.a. herausgewachsen ist. Neben den horizontalen Faziesveränderungen, von denen oben die Rede war, muss besonders auch im Gedanken an alpine Verhält- nisse ihr Gegenteil, nämlich die oft erstaunliche „lithologische Konstanz“!) in gewissen Schichtgruppen im Auge behalten werden, d. h. das Auftreten immer wieder gleicher Gesteine mit gleichen Merkmalen in einem und demselben Formationsglied nicht nur in einer, sondern in mehreren oder gar allen Zonen der Alpen. Mit erstaunlicher Zähigkeit erscheinen z. B. die Kalke des Malm nach allen Fährnissen der Faziesveränderungen immer wieder, ebenso die Dolomite der Trias, die Flyschgesteine u.s. f. Mit anderen Worten: neben den die „Fazies“ modifizierenden Einflüssen ist häufig ein „lithologischer Stufencharakter“ festzustellen. Dabei kann es vorerst gleichgültig bleiben, ob derselbe die Funktion einer be- Stimmten Meerestiefe sei oder nicht, ob er sich durch landläufige Vorstellungen über die „Fazies“* erklären lässt oder nicht. Es will mir scheinen, dass gerade die Stufencharaktere sehr weit verbreiteter konstanter Komplexe am schwersten physisch und chemisch zu defi- nieren sind. > Ausser dem Fazieswechsel im horizontalen Sinne ist ebenso be- kannt der Fazieswechsel im vertikalen Sinne. Aus dem ver- Schiedenartigen lithologischen und faunistischen Habitus übereinander- liegender Schichten wird mit Recht auf zeitliche Änderungen in der Fazies geschlossen. Die Absatzbedingungen (Meerestiefe etc., Milieu) können sich durch Krustenbewegungen und andere Vorgänge anders &estalten.. Neben grossen Faziessprüngen (Transgressionssedimente auf Kontinentalbildungen, Regressions- und Festlandssedimente auf a EN f ') Die erste Notierung derartiger Erscheinungen rührt wobl von Huxley 1862 her, nach Day 1874 (11); er nennt sie Homotaxıs. 248 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 marinen Schichten), die einschneidenden Veränderungen der Verteilung von Land und Meer ihre Entstehung verdanken, begegnet man fast überall kleineren Sprüngen und allmählichen Übergängen. Wohl der häufigste Fallist der Übergang einer tonig-schlammigen Ablagerung in eine mehr oder weniger organogen-kalkige, so im Oxford-Argovien, im Valangien, im Barremien (Drusbergmergel- Schrattenkalk). Man nimmt im allgemeinen an, die tonig-schlammige Fazies sei die bathyalere, die kalkige die neritischere. Dieser Schluss mag in vielen Fällen zutreffen, beweisen kann man diese Auffassung aber meistens nicht. In allen den genannten Fällen verbindet sich mit dem vertikalen auch ein horizontaler Fazieswechsel, d. h. die Änderung in der Sedimentation tritt zwar überall gleichsinnig, aber nicht gleichzeitig ein. Die zeitliche „lithologische Suk- zession“ gibt ein Bild des durch „Fazieswechsel in horizon- talem Sinne* geschaffenen Nebeneinander von Sedimenten. Diese Gesetzmässigkeit hat Joh. Walther in seiner Lithogenesis unter den Begriff „Korrelation der Fazies* gestellt, indem er (8. 979) betont, dass sich nur solche Fazies und Faziesbezirke überlagern können, die in der Gegenwart nebeneinander zu beobachten sind. Die lithologische Variation innerhalb einer solchen durch Übergänge verbundenen Übereinanderlagerung zweier lithologisch (faziell) verschiedener Komplexe bleibt meistens mehr oder weniger dieselbe, und zwar eine beschränkte, gleichgültig ob wir die einzelnen Schichten horizontal weithin verfolgen oder die vertikal übereinanderliegenden Schichten studieren. Einige Beispiele von lithologischer Variation innerhalb eines in sich geschlossenen, durch keine grossen Faziessprünge zerteilten Schichten- komplexes mögen das Gesagte erläutern. In allen Fällen macht sich die Variation sowohl horizontal, wie vertikal geltend. Obere Kreide: ATRUeE Seewerkalk (Couches rouges) Q 1 7 Se ER Seewermergel-Senon-(Amdener-)Mergel glauconitführend (Basis und Senon) Mit Ausnahme der Flysch-, besonders Wildflyschfazies der obern Kreide, die den Eintritt einer tiefgreifenden Störung der Sedimen- tation darstellt, ist mit diesem Schema der gesamte lithologische Formenschatz für die Oberkreide nicht nur der helvetischen Zme angegeben. Mittlere Kreide: Auch dieser Abschnitt zeigt nicht nur in de helvetischen Region einen ausgeprägten Stufencharakter, der sich IR der Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 249 gleicher Weise vonı Gargasien bis zum Cenoman geltend macht. Die Variabilität ist hier eine beträchtliche; sie führt von Tonen und Mergeln über knollige, kieselige Kalke zu Oolith (selten), Echino- dermenbreccie und Sandstein und erhält durch das in allen Typen mögliche, mehr oder weniger reichliche Hinzutreten von Glauconit einen besondern Anstrich. Lithologischer Grundcharakter und Glau- conitgehalt scheinen unabhängig voneinander zu variieren. Eine weitere Besonderheit dieser Ablagerungen ist die Häufigkeit schwarzer, phosphatisierter Fossilien. Barr&mien und unteres Aptien: Die beiden Endglieder sind: Fossilarme Mergel und Mergelkalke (mit nur ganz vereinzelten Ammo- niten mit Ausnahme des N6ocomien ä C&phalopodes) — Drusberg- schichten, und Schrattenkalk (oft oolithischer, organogener Kalk mit Milioliden, Diploporiden ete., dazu Requienien, Radioliten, mit Über- gang zu Echinodermenkalk). Die Variation ist in der helvetischen Zone, ebenso im Jura und den äussern Westalpen sehr beschränkt und erhält nur etwas Mannigfaltigkeit durch fossilreiche Zwischen- glieder, wie die in verschiedenen Niveaux auftretende Fazies der Orbitolinamergel. Der Eintritt der Kalkfazies ist meist kein plötzlicher, vielmehr durch rhythmische Wechsellagerung zwischen Kalk und Mergel verwischt. Dieser intime Wechsel von Kalk und Mergel kann keineswegs auf Wechsel von neritisch und bathyal zurückgeführt werden In ihren Endgliedern rücken die Barr&mienmergel wohl in die bathyale Zone ein, für die Einreihung der gesamten Drusbergschichten ins Bathyale liegen aber zu wenig Anhaltspunkte vor. Ganz ähnliche Verhältnisse zeigt bekanntlich auch das Valan- gien mit seinem Pendeln zwischen Mergeln und Urgonfazies in der nordhelvetischen Zone und zwischen Mergeln resp. Tonen und dichtem bathyalem Diphyoideskalk in der südlichen Zone. Die Kalkfazies ist Im obern Valangien „zähe“, d. h. lithologisch konstanter als im mitt- leren und untern Teil. Unten macht sich der Wechsel zwischen Kalk der neritischen Zone und Mergel geltend, oben dagegen geht der neritische Kalk nach Arn. Heim mindestens zum Teil hori- “Ontal in bathyalen Diphyoideskalk über. Diese Erscheinung wieder- holt sich in den Schichtreihen nicht nur der Alpen ungemein häufig, Ss nämlich, wie hier, eine Kalkfazies im untern Teil einer = Stufe labiler ist und ganz von Mergeln ersetzt werden kann, d.h. : die Mergelfazies das Typische darstellt, während oben die Kalkfazies = Onstant ist und die lithologische Variation sich hier innerhalb ver- > Schiedener Sorten von Kalk abspielt. Ungemein zäh ist auch der Gesteinscharakter des helvetischen 350 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 _ Dogger, speziell des Aal&nien vom Rhein bis über die Rhone hinaus. Trotz Mächtigkeitsschwankungen von 1:10 und wohl noch mehr, ist die lithologische Variation auffallend beschränkt. Sie lässt sich durch folgendes Schema ausdrücken: Tonschiefer — knorrig-sandige, eisenschüssige Tonschiefer — ‚/eisenschülssige Echinodermenbreccie — Eisensandstein x Quarzit Das Eisensilikat (Chamosit?) kann lokal und spärlich als Oolith ausgebildet sein und vertritt wohl den Glauconit. Die Echinodermenkalk-Fazies kann ganz fehlen. Sie tritt häufig oben (nicht zu oberst) auf, einen Teil des Eisensandsteins ersetzend, selten denselben ganz vertretend (Mürtschenstock) und noch seltener an der Basis als Transgressionssediment über der Trias (Innert- kirchen-Engelberg, vermeintlicher Lias). Eine Besonderheit zeigt sich im Balmhorn- und Urirotstock- gebiet. Dolomit als Körner und Gerölle treten dort in gewissen Lagen in Masse auf (ebenso übrigens auch im Bajocien des Urirot- stocks) und verwandeln die sandigen Schiefer oder Echinodermen- gesteine des Aalenien in Dolomitbreceien. Ausgezeichnete Beispiele beschränkter lithologischer Variation liefern auch die verschiedenen Stufen der alpinen Trias. Man denke z. B. an den Buntsandstein und die Werfenerschichten, an die Raiblerschichten in Graubünden und Nordtirol und den Keuper, ferner die ladinischen Mergel, Kalke und Dolomite mit ihrem fast überall völligen Fehlen grob-klastischer Beimengungen. Eine weitere auffallende Gesetzmässigkeit solcher Schichtreihen mit mehr oder weniger wechselnder Fazies ist ausser der beschränkten lithologischen Variation die mehrmalige Wiederholung gleicher oder ähnlicher lithologischer Sukzessionen im Kleinen wie IM Grossen. Im Kleinen erscheint die Wiederholung als rhythmische Wechsellagerung (Repetitionsschichtung) von Mergel und Kalk besonders dort, wo ein grosser Mergelkomplex nach oben allmählich in einen Kalkkomplex übergeht (vgl. 15; 8, 17). Während dieser Fall sehr häufig ist (Argovien, helvetische und jurassische Geissberg schichten, Drusbergschichten, Öhrlimergel-Öhrlikalk, Partnachmergel- 26 Arlbergkalk), trifft man den umgekehrten Fall, dass ein Kalk durch rhythmische Wechsellagerung nach oben ebenso allmählich in Mergel Re überginge, seltener. Von naheliegenden Beispielen wüsste ich nur wi Zementsteinschichten des Tithon zu nennen, die zum Valangien über“ Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 251 leiten, häufig aber gegen den Malmkalk noch scharf abgesetzt sind, und die zonenweise auftretenden Verbindungsschichten zwischen Haupt- dolomit und Rhät (Wechsel von Dolomit- und Kalkbänken im no- risch-rhätischen Grenzniveau), dann von Kalk und Mergel im Rhät. In grösserem Umfang sind die sich wiederholenden lithologisch ähnlichen Sukzessionen als Sedimentationszyklen bekannt, eine Be- zeichnung, die gewiss berechtigt ist, als sie rhythmische oder zykli- sche Wiederkehr gleicher Absatzbedingungen angeben will. Eine Parallelität zwischen Abtragungszyklen auf dem Festlande und ma- rinen Sedimentationszyklen kann nur für die grössten, ganze For- mationen umspannenden Sukzessionen angenommen werden, für die kleineren und kleinsten wollen wir uns hier nur mit der Konstatie- rung derselben begnügen und die weitschichtige Materie der Erklä- rungsversuche möglichst beiseite lassen. Auf zyklische Gliederungen der Sedimentreihen wurde man wohl zuerst in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Amerika aufmerksam (Hull, Sterry-Hunt, Dawson), zum Gegenstand einer selbständigen Forschungsrichtung wurde sie durch Newberry (21, 22). Die jüngere stratigraphische Literatur ist sehr reich an zer- streuten Notizen über dieses Thema. Einige zusammenfassende Be- merkungen finden sich in Suess’ Antlitz der Erde (25), ferner in Dacques Paläogeographie (10). Nicht vergessen werden darf, dass das stratigraphische System von Mayer-Eymar auf der Annahme einer konsequent sich immer wiederholenden zyklischen Sedimentation beruht, auf der die Zwei- teilung seiner Stufen begründet ist. Nicht weniger streng an die zyklischen Sukzessionen hält sich in neuerer Zeit Rollier (23). eine Zusammenstellung von Juraprofilen in seinem Werke über die Fazies des Dogger (23, p. 175—180) sind in dieser Hinsicht von be- sonderer Bedeutung. Seine Stufenabgrenzungen fallen möglichst genau mit den Zyklengrenzen zusammen. Ein ausgezeichnetes Bild über die in. gleicher Weise zyklisch gegliederten Juraablagerungen, vor allem des Bathonien Lothringens lieferte Klüpfel (17, 18). Nehmen wir zum Ausgangspunkt unserer nur auf das Wesent- liehste zu beschränkenden Ausführung den Dogger der Jura- region. Die Profile, wie sie z. B. in Heims Geologie der Schweiz, Tafe] XVII, in Toblers Juratabellen oder im zitierten Werke yon ‚Rollier übersichtlich zusammengestellt sind, zeigen im Grossen eine h Wechsellagerung von Tonen, Mergeln und Kalken verschiedener Art, Vorwiegend eisenschüssigen Mergelkalken, Oolithen und Echinoder- 252 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 menkalken. Zwischen die extremen Glieder der Tone oder Mergel und der Kalke schalten sich häufig knollige oder mit Repetitions- schichtung versehene Sedimente ein, in denen Kalk und Ton intim wechsellagern. Der Wechsel dieser Sedimente ist aber kein willkür- licher, lässt vielmehr verschiedene nicht überall gleich deutliche zyklisch sich wiederholende Sukzessionen von Gesteinen erkennen. 1. Das Aalenien beginnt bei uns mit Tonen, die sich eng an das Toarcien anschliessen, darüber folgen als Kalke, besonders Spat- kalk, Sandkalk oder Eisenoolith, die Murchisonaeschichten, an die sich, zur gleichen Sukzession gehörend, die Concavus-Sowerbyi- Schichten anschliessen. Dass auch letztere von Rollier noch zum Aalenien gezogen werden, ist in lithologischer Hinsicht durchaus “konsequent und entspricht den natürlichen Verhältnissen nicht nur im Jura, sondern auch in vielen Teilen der Alpen. Der zweite Teil der Gesteinsreihe besitzt entschieden neritischen Charakter, der erste dagegen wird allgemein als bathyal angesehen. 2. Mit dem Bajocien beginnt, nach Abtrennung der Sowerbyi- schichten, eine neue, etwas kompliziertere' Sukzession. Tonige und knollige Schichten erscheinen besonders im östlichen Jura, mit Eisen- oolith der Humphriesischichten beginnend, während im Westen Echi- nodermenkalke und Korallen führende Ablagerungen schon von An- fang an einsetzen. Es folgen dann im ganzen mittleren und westlichen Jura neritische Kalksedimente, vor allem der (untere) Hauptrogenstein. Vom Friektal an östlich dauerte aber die tonige Sedimentation länger, und am Randen ist schliesslich nur das oberste Bajocien noch durch einen Eisenoolith markiert, alle tiefern Schichten aber sind vorwiegend tonig ausgebildet. 3.—4. Das Bathonien bringt wieder neue Zyklen; bei uns sind es deren zwei, in Lothringen mehrere. Im Berner Jura enthält der erste Zyklus Homomyenmergel und obern Hauptrogenstein (Bathien Rollier), der zweite die Moveliermergel und die Oolithe cannabine, resp. Pierre blanche (Bradfordien). In andern Regionen ist diese Kalkphase stark verwischt. Hier aber findet sich an ihrem Ende eine scharfe Grenze. Es ist eine deutliche Emersionsfläche mit Bohr- muschellöchern. Derartige auf vorübergehende Trockenlegung oder Hebung in die Litoralregion deutende Spuren sind in den Schicht- reihen nicht selten (Klüpfel und Arn. Heim nennen sie häufig). Sie finden sich immer am Schluss einer lithologischen Sukzession, 2" der Grenze zweier Sedimentationszyklen und werden von mehr oder weniger deutlich entwickelten Transgressionssedimenten überlagert Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 253 (Geröllschichten, Trümmerkalk u. dergl.), die den neuen Zyklus ein- leiten. 5. Auch ım Callovien ist mindestens eine Sukzession von Ton und Kalk enthalten, am deutlichsten da, wo Callovientone von der Dalle nacree überlagert werden. Ob das Cornbrash (Variansschichten) durchweg zum gleichen Zyklus gerechnet werden muss, scheint mir fraglich, aber sicher ist, dass die Grenze gegen das Bradfordien ganz scharf ist. Will man, wie das früher meistens geschehen ist, die Variansschichten zum Bathonien ziehen, so fällt die scharfe Zyklen- grenze innerhalb der Stufe. Schon an diesen Beispielen ist die gesetzmässige Sukzession Ton— Mergel—Kalk (Oolith, Spatkalk, Eisenoolith), der oben mit einer Emersionsfläche abschliessen kann, deutlich zu erkennen. Klüpfel konstatierte im lothringischen Jura deren 30. Ganz gleichsinnige, wenn auch in der lithologischen Variations- breite nicht identische Sukzessionen enthalten auch der Lias (Brandes, 6)und der Malm, und man begreift es, dass Mayer-Eymar versuchen konnte, alle Etagen in zwei Teile, eine Tonstufe unten und eine Kalkstufe oben, zu teilen. Es dürfte aber wohl besser sein, drei Phasen innerhalb einer solchen Sukzession oder eines Zyklus zu unterscheiden: l. Transgressionsphase mit Aufarbeitung des Untergrundes, oft auch klastischer Zufuhr. 2. Inundationsphase mit einer Sedimentation, die häufig den Charakter der bathyalen Zone zeigt, jedenfalls bathyalere Zustände brachte als 1 und 3, und lithologisch durch das Vorwiegen von Ton und Mergel, dann Kalk, ausgezeichnet ist. 3. Regressionsphase mit ausgesprochen neritischer, kalkiger oder sandiger Sedimentation, in vielen Fällen mit einer Emersion, sehr häufig mit einer scharfen Gesteinsgrenze (Discontinuität) abschliessend. Von 1 bis 3 verändert sich die Sedimentation langsam, von 3 zu 1 erfolgt dagegen ein rascher Wechsel, auch wenn es nicht zu Emersion und Transgression kommt. Besonders die Darstellungen von Rollier zeigen, in welcher Weise der lithologische Charakter innerhalb eines Zyklus variiert. Die lithologische Variation ist hori- 20ntal und vertikal sehr nahe verwandt; die tonige Sedimentation ist unten am konstantesten, die kalkige oben. Ganze Zyklen können lithologisch monoton werden und verwischt er- Scheinen. Im Westen ist es die Kalkfazies, die früher einsetzen ; ® kann, bis fast zur völligen Verdrängung der Mergel (unt. Bajoeien), - im Osten kann die Tonphase länger andauern und für die Kalkphase 254 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 fast oder gar nichts mehr übrig lassen. Am prägnantesten sind die- jenigen Profile, wo sich, wie etwa im Berner Jura, Kalke und Mergel die Wage halten; da ist die zyklische Wiederholung gleichsinniger lithologischer Sukzessionen am auffallendsten. Nicht weniger deutlich und gesetzmässig ist die zyklische Gliede- rung der helvetischen Kreide, deren Faziesverhältnisse unter der Anregung von Alb. Heim durch eine ganze Reihe seiner Schüler studiert und durch Arn. Heim und Ernst Ganz zu einer bis in alles Detail gehenden Vollständigkeit aufgeklärt worden sind. Alle Stufen zeigen gleichsinnige Faziesänderungen in horizontalem Sinne, und allen ist eine für diesen Raum auffallende Beschränkung in der litho- logischen Variation eigen. Eine besondere Eigentümlichkeit dieser Profile liegt in der bis viermaligen Wiederholung der Urgonfazies. 1. Zyklus: Tithon — Öhrlimergel — Öhrlikalk (oolithisch-or- ganogen, oben nicht selten Korallen). Unt. Valangien. 2. Zyklus: Valangien (s. s.) — Mergel —Valangienkalk (schratten- kalkähnlich, oben häufig eine Echinodermenbreceie mit Sandgehalt). Abschluss (resp. Anfang des folgenden Zyklus) eine nicht überall vor- handene Bank von Glauconitsandstein, (Gemsmättlischicht, oberes Valangien). 3. Zyklus: (Glauconitsandstein des obern Valangien) — Mergel und Kieselkalk des Hauterivien, zuletzt wiederum häufig Echinodermen- breccie und Glauconitsandstein (Altmannschichten, unt. Barremien). 4. Zyklus: (Glauconitsandstein) — Mergel und Kalkbänke der Drusbergschichten — unt. Schrattenkalk. 5. Zyklus: Orbitolinamergel (z. T. mit Einlagerung von Sand- stein) — oberer Schrattenkalk (unt. Aptien), zu oberst Korallen und Echinodermenkalk weit verbreitet, mit Emersion oder Discontinuität abschliessend. 6. Zyklus: Beginn der „mittleren Kreide“, „Gault* s.l.: Fossil- bank mit Phosphat und Glauconit (Luitere Zug), Mergel, Glauconit- sandstein, Sandstein oder Oolith und schliesslich Echinodermenbreeci® (Gargasien). 7. Zyklus: Glauconitphospbatbank, Mergel mit Glauconit, Kalk; kein einfacher Zyklus (Albien). 8. Zyklus: a) Turrilitenschicht (Glauconit-Phosphatbank), Ceno- man, Bindeglied von 7 und 8. b) Seewerkalk, bathyaler Foraminiferenkalk. c) Seewermergel-Senon, bathyale Foraminiferen mergel mit pyritifizierten Fossilien, nur ind Südzone vorhanden. / Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 255 9. Zyklus: Emersion und Transgression durch die jungkreta- zischen Wangschiefer oder das Tertiär. In der Südzone sind Stellen mit mariner Verbindung von Kreide und Tertiär wahrscheinlich. Bei den meisten der genannten Zyklen mit Ausnahme des letzten, der völlig neue Zustände brachte, fällt die beschränkte und immer wieder ähnliche lithologische Sukzession auf. Die letzten Glieder sind die neritischsten, die darauffolgenden Glauconitbänke mit ihren als schwarze Phosphate erhaltenen Fossilien und Fossiltrümmern markieren das Umkippen in den bathyaleren Zustand. Sie reprä- sentieren vielfach die Transgressionsphase. Immersions- und Regres- sionsphase schliessen sich als Hauptglieder des Zyklus mit der aus- : giebigsten Sedimentation an. Von der nördlichen zur südlichen Zone der helvetischen Kreide vollziehen sich die bekannten Faziesveränderungen, die sich, auf die zyklische Gliederung bezogen, folgendermassen formulieren lassen: 1. Der erste Zyklus setzt aus und verschmilzt infolge Auskeilens des Öhrlikalks mit dem zweiten. | 2. Der neritische Kalk des zweiten Zyklus besitzt grössere Kon- stanz. Er geht im Süden nicht in Mergel, sondern in einen bathy- alen Kalk (Diphyoideskalk) über, der seinerseits wiederum weit ver- breitet, d.h. sehr konstant ist. 3. Die Mergel von 1 und 2 nehmen gegen S stark an Mächtig- keit zu, die Austern verschwinden. 4. Der Kieselkalk des 3. Zyklus nimmt stark zu und wird an der Basis tonig. 5. Die Mergelfazies des 4. Zyklus ersetzt im S den ganzen untern Schrattenkalk, d. h. der ganze Zyklus verschwindet wie der erste. 6. Der obere Schrattenkalk (= Regressionsphase des 5. (+ 4.) Zyklus ist auch im $ noch lange konstant vorhanden als spätiger kieseliger Kalk. ' ?. Der 6. Zyklus (Gargasien) fehlt im N. An seine Stelle tritt eine Lücke in der Schichtreihe. . 8 Im 8. Zyklus nimmt eine allgemeine Überflutung überhand, die Immersionsphase dominiert. 9. Alle diese Faziesveränderungen finden sich in parallelen Zonen. Die Linien gleicher Fazies laufen nahezu parallel mit den Falten 5 und den Deckengrenzen. Der Übergang von Nord- in Südfazies ist _ en ganz kontinuierlicher und bestätigt die Richtigkeit der Decken- Profile, Die ganze Zone besass den Charakter eines Schelfmeeres, 8@nz ähnlich wie die Juraregion im eben besprochenen Dogger, mit nn bergang von der neritischen in die bathyale Zone. Der 256 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 horizontale Fazieswechsel bringt auch hier die gleichen lithologischen Variationen wie die vertikale Sukzession. Gute Grenzen sind die Emersionsflächen, variable die- jenigen zwischen Immersions- und Regressionsphase. Beispiele von viel umfassenderen und lithologisch noch extremeren Sedimentationszyklen enthält die Triasformation vor allem in der germanischen Provinz durch das Hinzutreten kontinentaler Trans- gressionssedimente am Anfang der Zyklen und rein chemischer Ab- sätze am Ende der marinen Phasen als besondere Begleiterscheinung der Regression unter „Eindampfung“ von Meeresteilen. Die Zyklen tragen hier deutlich den Charakter von Transgressionswellen. (1. Rudimentärer Zyklus: Mariner Oolithkalk im unt. Buntsand- stein am Harz, dann Buntsandstein). Erster Hauptzyklus: Röt (Dolomit, Gips in Thüringen) des obern Buntsandstein — beginnende Transgression. Wellenbildung (unt. Muschelkalk) = Immersion, marin. Anhydritgruppe mit Steinsalz ete. und Ton (mittlerer Muschelkalk) = Regression mit Eindampfung, chemischer Zyklus. Dabei ist zu beachten, dass hier, wie auch in andern Fällen, bereits das Röt, d.h. die Transgression zu lokalen „Eindampfungen“ führte und vielleicht Teilzyklen enthielt. Zweiter Hauptzyklus: Hauptmuschelkalk (marin = Trans- gression plus Immersion), Lettenkohle (unt. Keuper) regressiV, halb- kontinental; Keuper mit lagunären Teilzyklen (Gipskeuper), die ın der ostalpinen Trias sich zum dritten Hauptzyklus mit dem Haupt- dolomit auswachsen. Hier fallen die Stufengrenzen nicht mit den Zyklengrenzen ZU sammen. Die Zyklen, besonders deren Anfang, stimmen zeitlich wohl nicht genau miteinander überein. Die Frage drängt sich auf, ob die Zyklen denn überhaupt überall gleichzeitig waren und ob sie als Grundlagen für die Stratigraphie angenommen werden dürfen. Für die grossen, Festländer verschlin- genden Transgressionen ist dies sicherlich nicht der Fall. Das zei die Untersuchungen von Grabau (13) über das Palaeozoikum und | Mesozoikum in Nordamerika, das lehrten auch die hervorragenden Arbeiten des allzu früh uns entrissenen Boussac (9) über das Eoget der Alpen. Mit der wandernden Transgressionswelle rückt auch der Streifen mit typischer Transgressionssedimentation langsam gegen das Festland vor. Der Anfang des Zyklus verspätet sich also umso“ . mehr, je weiter dieser über den Kontinent fortschreitet- Die kleinen Stufenzyklen des Jura sind in ihrer Hauptzahl ” Hi eichzeie Anglo-pariser Becken und in der Schweiz gewiss nahezu gl gen a Br 2 VERIENE EN EER ne Niere Dre Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 257 Klüpfel betont aber, dass die Zyklen in Lothringen einmal nicht durchgehend seien -—- das würde ihre Gleichzeitigkeit in grösseren Gruppen nicht ausschliessen —, aber auch wirklich nicht gleichzeitig seien. Die Bestimmung des relativen Alters der Zyklen benachbarter Gegenden, das geht sowohl aus den Argumentationen Rolliers wie Klüpfels hervor, kann übrigens aus den Fossilien allein nicht ein- wandfrei bewiesen werden, da die Faunen in hohem Masse von der Fazies abhängig sind. Das Eintreffen vieler Ammonitenfaunen ist vom Eintreffen des jeweiligen Zyklus resp. einer Phase des Zyklus abhängig, die für die Verbreitung, für aktive und passive Wanderung günstige Bedingungen bringt. Zur Bestimmung des relativen Alters der Zyklen in benachbarten Zonen ist die minutiöseste Verfolgung der einzelnen Schichten nötig. | Es ist kein Zufall, dass die Stufenstratigraphie aus Ländern stammt, wo die zyklische Gliederung besonders deutlich ausgeprägt ist und die lithologischen Stufenmerkmale dominieren. Die besten Zeiteinschnitte liefern offenbar die Emersionsflächen, falls sie weite Verbreitung zeigen, d.h. die Endphasen der Zyklen, die unbestimm- testen die Grenzen zwischen Ton- und Kalkphasen. Alle Lokal- geologie und auch die Detailkartierung hat lithologische oder Zyklenstratigraphie als Hauptgrundlage. Sie kann auch ohne Fossilien zu einem befriedigenden Resultat führen und die Faziesverhältnisse weitgehend klarlegen helfen. Eine wichtige Tatsache ist nun, dass die Sedimentationszyklen besonders reichlich in den Ablagerungen der ehemaligen Trans- gressions- oder Epikontinentalmeere auftreten. Die Stufenstrati- graphie stammt, wie Haug betont, aus derartigen Meeresabsätzen, nicht aus den monotoneren der Geosynklinalen. Dieser Umstand hängt mit der typischen Ausbildung der die Stufengliederung ‚ermög- liehenden Zyklen zusammen. Zyklische Sedimentation ist für die Epikontinentalmeere die normale Sedimentation. Irgend eine Störung durch gebirgsbildende Vorgänge ist dabei nicht im Spiel. So leicht es ist, die Existenz der lithologischen Sukzessionen und die weite Verbreitung gleichartiger Sedimentzyklen zu erkennen und richtig zu bewerten, so schwierig ist es, die Ursachen für die Zyklengliederung überhaupt und auch für den lithologischen Aus- druck, den sie findet, anzugeben. Die massgebenden Faktoren sind Jedenfalls mannigfaltig. Periodische Änderungen des Klimas, der ; Zusammensetzung des Meerwassers, der Strömung und vor allem Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64 1919. 17 258 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Hebungen und Senkungen kommen in Frage, wobei auch nicht ver- gessen werden darf, dass auch das Wasser gegenüber dem Festen durch Veränderung seiner Quantität oder Verdrängung absolut, nicht bloss relativ seine Lage verändern konnte. Nicht jede Regression und Emersion bedeutet Hebung des Bodens; auch die Ausfüllung des Meeres verändert die Fazies der entstehenden Sedimente und führt zu dessen Verdrängung. Es handelt sich hier um ein un- gemein kompliziertes Problem, das hier in Kürze nicht abgehandelt werden kann. Die Ausführungen Klüpfels (18, p. 107 ete.) sind in dieser Hinsicht besonders lehrreich. Sie zeigen, dass die allge- meine Auffassung, der zyklischen Gliederung liegen relative Niveau- schwankungen zugrunde, für viele Fälle wohl richtig ist. Das in den epikontinentalen Meeren zur Ablagerung gelangende Material stammt, soweit die Zyklen normal sind, vom Festland, vom Kontinent, dessen Schicksal sich in den zyklischen Sedimenten wider- spiegelt. Von dort wird es in klastischer oder gelöster Form durch die Gewässer zugeführt und gelangt unter wechselnden Bedingungen zum Absatz. Zwei Gruppen von Sedimenten und zwei Typen der Sedimenta- tion mischen sich in diesen Meeren: 1. Die epirogene Sedimentation, bei welcher das Material in Form von Geröllen, Sand und Schlamm vom Festland stammt. 2. Die thalattogene Sedimentation, welche die rein chemi- schen und organischen Sedimente umfasst. Es kann dabei unent- schieden bleiben, woher das gelöste und zur Ausscheidung gelangende Material stammt; sie ist auch keineswegs auf Epikontinental- oder Schelfmeere beschränkt. Der Versuch, chemische und organogene Absätze zu trennen, stösst in den meisten Fällen auf grosse Schwie- rigkeiten. Eine prinzipielle Trennung erscheint mir unnatürlich, viel- mehr diese Zusammen! assung geboten. Wollte man auch die entsprechen- den Sedimente der Seen einbeziehen, so wäre die Bezeichnung hydatogen zu wählen und die Abteilungen thalattogen und limnogen zu unter- scheiden. Aus dieser Definition geht hervor, dass der Begriff thalattogen® Sedimentation keinen Gegensatz zur epirogenen bildet, sich vielmehr mit ihr, wie auch mit einem dritten Typus überall verflechten kann. Die innige Vermengung beider Typen ist in der organogen-detri- tischen Ablagerung besonders deutlich. Thalattogenes Material wire. hier nach Art der epirogenen Einschwemmungen in Form von Sand und Trümmern wieder niedergesetzt. SE Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 259 3. In den Alpen, wie auch in den meisten andern grossen Ketten- gebirgen gibt es Zonen, in denen die Schichtreihen keine gesetz- mässige zyklische Gliederung zeigen. Dahin gehören die jungpalaeo- zoischen Casanaschiefer, die Schistes lustres der Trias und des Jura, die Flyschfazies und die Molassebildungen. Argand, sowie auch R. Staub haben aus der penninischen Zone Stellen beschrieben, wo die Casanaschieferfazies von unten, die Schistes lustres-Fazies von oben die hier im übrigen „germanisch“ gegliederte Trias mit Sand- stein, Dolomit und bunten Schiefern aufzehren, so dass fast nichts mehr übrig bleibt. Die mächtigsten Zykleneinschnitte der Erdge- schichte sind hier fast ganz verwischt infolge einer tiefgründigen Störung. Wir befinden uns hier in einer jener Regionen, die von Haug und andern Geosynklinalen genannt wurden. Aber bei weitem nicht in allen Geosynklinalen ist die zyklische Sedimentation gestört. Die ostalpin-mediterrane Trias zeigt meistens eine ausgezeichnet zyklische Gliederung, so dass man versucht ist, sie einem im Laufe der Entwicklung durch beträchtliche Senkungen modifizierten Epikontinentalmeer zuzuweisen. Auch wenn innerhalb ihrer Schichtreihe tiefmeerische Sedimente auftreten, zu denen man (ob mit Recht?) die roten Cephalopodenkalke rechnet, so nehmen sie doch nie den Charakter der Glanzschiefer an. Die Schistes lustres- und auch die Flyschfazies ist keineswegs bloss eine Funktion der Tiefe. Die Glanzschiefer gehören wohl vor- wiegend der bathyalen Region an. Wichtiger als die absolute Tiefe ist aber das Anhalten gleicher Sedimentationsbedingungen, d.h. in diesem Fall von starker Zufuhr von Schlamm und gröberem Ma- terial aus benachbarten Zonen unter fortschreitendem, die Sedimen- tation immer wieder ausgleichendem Nachsinken des Untergrundes. Dieser Schluss drängt sich angesichts der enormen Massen solcher Sleiehartigen Sedimente immer wieder auf. Grosse Mächtigkeit, Wechsel im Kleinen, aber Monotonie im Grossen und Fossilarmut sind die Hauptmerkmale von Schistes lustres und Flysch. Wohl niemand hat diesen Typus von Sedimenten und die Beziehungen zur Deformation des Untergrundes und zum wer- denden Gebirge grosszügiger und klarer geschildert als Marcel Bertrand (5). Schistes lustres (fysch schisteux, trias et jurassique), 'ysch s.s. (flysch grossier, er6tace, eocene), Molasse (oligocene- ; Miocdne) bilden für ihn eine Reihe ähnlicher Faziestypen, in denen Sich das werdende, aus der Geosynklinalphase langsam ‚auftauchende ebirge widerspiegelt. Auch in andern älteren Gebirgen sah er 260 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 dieselbe Fazies und Sukzession wiederkehren und versuchte sie den vier wichtigsten Gebirgsbildungszyklen (Chaine huronienne, Chaine silurienne, Chaine houillere, Chaine alpine; oder präcambrische, cale- donische, herzynische, alpine Gebirgsbildung) beizuordnen. Auf die Ursachen, die in den epikontinentalen Meeren Sedimen- tationszyklen von kleiner Spannweite riefen, reagierte diese Sedi- mentation nicht. Ihre Zyklen sind nach Marcel Bertrand viel umfassender und decken sich erst mit den grossen Perioden der Erd- geschichte. Aber innerhalb dieses riesigen Rahmens zeichnen sich deutlich die von den kleinen Zyklen her bekannten drei Phasen der Transgression, Inundation und Regression ab. Die erstgenannte Phase kommt in der penninischen Zone nur dort zum Ausdruck, wo die Trias noch ihre Stufenmerkmale zeigt, wo die palaeozoische Ge- birgsbildung resp. Deformation nicht kontinuierlich in die mesozo- ische überging, vielmehr eine Hebung eingeschaltet war. Der ganze Typus der Sedimentation dieser Gebirgszonen steht in seinen Endgliedern in schroffem Gegensatz zur epirogenen, und muss als ein dritter Typus, als orogene Sedimentation, aufge- stellt werden. Es ist ganz unmöglich, bei der Fossilarmut dieser Komplexe eine Einreihung in die Tiefenskala vorzunehmen. Man liest von bathyalen Casanaschiefern, die unter Umständen in pflanzen- führendes Carbon übergehen oder in festländische Verrucanosedimente. In den Bündnerschiefern pendelt die Sedimentation zwischen „neri- tisch“ und „bathyal“ herum, wobei unter den Begriff „neritisch“ Kalke, Konglomerate und Breceien, unter „bathyal“ die Tonschiefer fallen. Stärkere Schübe von grob-klastischem Material und Eintreten etwelcher thalattogener Sedimentation mögen diesen Fazieswechsel wohl meistens verursacht haben. Änderungen in der Tiefe sind da- durch keineswegs bewiesen. Die Störung der normalen Sedimentationszyklen kam sich in der Richtung gegen eine orogene Zone in zwei verschie denen Formen äussern, entweder durch Übergang der zykli- schen Sedimente in die homogene Geosynklinalfazies ag in Konglomerate und Breeeien. Der erste Fall tritt am Südrand der helvetischen Zone ein. Die deutlich gegliederten Schelfabsätze verlieren, wie wir oben gesehen haben, im Süden noch innerhalb der helvetischen Decken zwei er drei) Zyklen, die Sedimente werden toniger und dabei mächtig Kalke schwinden. Ganz ähnlich geht es mit dem Dogger der Bes" ee Alpen. Die positiven Beweise für neritische Fazies verschwinden “ er der Fauna. Die bathyalen Formen der Kreide kommen erst spärlie Se ger, die ee ee ragen $ RR TE Se Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 261 werden aber an andern Orten dominierend. Die „Facies mixte“ von Grenoble entspricht ihrer Fazies nach dem helvetischen Schelf und zeigt gegen SE ganz ähnliche Übergänge wie die helvetische, führt aber bis zur cephalopodenreichen bathyalen Fazies. Wir finden das entsprechende Glied bei uns nicht mehr in den eigentlichen helveti- schen Decken, sondern in dem Ne&ocomien ä cöphalopodes der Zone des Cols und der Zone externe in den Prealpes, deren Heimat un- mittelbar südlich derjenigen der helvetischen Decken liegt. Der Übergang von neritisch zu bathyal ist hier sicher dokumentiert. Er entspricht dem Übergang vom Schelf in die zentralen Teile einer Geosynklinale. Über ihren Südrand wissen wir fast nichts. Verschiedene Autoren glauben, im obern Teil der Schistes lustres und der Bündnerschiefer sei auch Kreide vertreten. Dies ist ange- sichts der Unmöglichkeit, Trümpys Eogen von älteren Schichten zu trennen, wahrscheinlich, aber bestimmte Anhaltspunkte liegen nicht vor. Der zweite Fall der Störung tritt uns am typischsten dort entgegen, wo wir jenseits der Bündnerschieferzone wieder auf Malm und Kreide stossen, nämlich in der über die Bündnerschiefer und ihren Flysch weggeschobenen Falknisdecke. Die Schichtreihe erinnert mit ihrem Malmkalk, mit Urgonfazies und Glauconitsandstein sehr stark an die helvetische Fazies. Diese Verwandtschaft bleibt aber auf den lithologischen Grundstock der Sedimente beschränkt. Die Sedimentationszyklen haben sich nicht alle wieder eingestellt. Die auffallendste Störung beruht hier aber in Einschwemmungen von Sand, Geröll und Blöcken, die sich in allen Horizonten sozusagen ' vom Dogger bis zum Flysch vorfinden. Die Gerölle, unter den in den tiefern Lagen vor allem Granit dominiert, sind zu ganzen Lagern vereinigt. Sie sind bald abgerundet, bald eckiger, und ihre Korn- Srösse nimmt von S gegen N von mächtigen Blöcken bis zu Sand ‚ab. Wir haben hier eine Einstreuung von Konglomeraten und Breeeien vor uns, die durch Formationen hindurch anhielt, ohne den lithologischen Grundcharakter (d. h. die Stufenmerkmale) völlig zu . Verändern. Die darüber folgenden Schuppen und Teildecken, die, wie auch schon die Falknis, heute zur sog. unterostalpinen Schubmasse gestellt ' Werden, sind nicht weniger reich an Breceien. Schliesslich bleibt keine Stufe der Sehichtreihe vom Verrucano bis zum Flysch, die nicht e Irgendwo als Breccie entwickelt, d.h. voll von Einstreulingen oder Produkten sedimentärer Umlagerung wäre; ja es gibt sogar Stellen (). Cadisch wird darüber berichten), wo es den Anschein hat, als 262 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 ob die ganze Schichtfolge eines Profils von der Trias bis zur Kreide breceiös entwickelt wäre. Noch viel mehr als bei der Fazies der Schistes lustres drängt sich hier die Vorstellung von kontinuierlichen Deformationen auf. Dort war es das Bild der sinkenden und sammelnden Mulde, hier dagegen das einer immer wieder blossgelegten Aufragung, der Steilküste und des Steilabfalls mit seinem Geröllschutt. Es ist die Nähe nicht der Geosynklinale, die immer wieder sinkt, sondern der stets wieder aktiven Geantiklinale. Diese Zone fällt mit dem Rand der unterostalpinen Deeken zusammen. Der Charakter der Sedimente dieses Randes zeigt, dass aus der Geantiklinale der Decken- komplex geworden ist, dass mit andern Worten die Geantiklinale schon im Mesozoikum ihre differenzielle Bewegung gegenüber den vorliegenden Bündnerschiefersynklinalen begann. Ohne Zweifel steht auch diese Sedimentation im Zusammenhang mit der Gebirgsbildung und verdient daher die Bezeichnung orogen. Ihren Höhepunkt erreicht die Störung der normalen Sedimen- tation durch orogene Konglomerat- und Breccieneinlagen, erzeugt durch Einschwemmung und wohl auch submarine Abrutschung in der Fazies des Blockflysches oder Wildflysches. Weder an ein bestimmtes Alter noch an eine Meerestiefe scheint diese ausserge- wöhnliche Form der Ablagerung gebunden zu sein. Eine scharfe Grenze gegenüber dem Vorgang der oben geschilderten Einschwemmung existiert nicht. Nach Arn. Heim setzt die Wildflyschfazies in der helvetischen Zone schon im Senon ein, um dann im Alttertiär ihren ‚ Höhepunkt zu erreichen. In der Gegend von Sachseln und östlich des Surenenpasses erscheint der Wildflysch von Globigerinenmergel durchsetzt, die bald mehr an die helvetischen Staadschiefer, bald mehr an die Senonmergel erinnnern. Auch hier liegt es nahe, einen Teil des Wildflysches in die Kreide zu versetzen, ganz gleich wie In Teilen der Zone des Cols und von Habkern, wo der innige Verband mit den ebenfalls kretazischen Leimernschichten eine Trennung I Kreide und Tertiär oft unmöglich macht. Die „wilde“ Zusammen setzung dieser sehr heterogenen Sedimente ist zum Teil primär, zum Teil wurde sie noch durch tektonische Vorgänge verstärkt. Als rein mechanische Reibungsbreccie an der Basis der Decken darf man s% wie Sarasin, Arn. Heim und Beck gezeigt haben, keineswegs auf- fassen. Sie sind vor allem eine Begleiterscheinung der im Meer vorgetriebenen Decken (vgl. Beck 4). Bald blockreich, bald frei von solehen, erscheinen sie uns hier als ein vorwiegend straiet® phisches, dort mehr als ein tektonisches Durcheinander (vgl. diedee Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez, z. Gebirgsbild. 263 Problem ausgezeichnet wiedergebenden Notizen von Lu geon, 20 und Gagnebin, 12). Die bisherigen Ausführungen lassen sich etwa folgendermassen zusammenfassen. Ausgehend von den Erscheinungen der horizontalen Fazies- veränderungen in sedimentären Schichtreihen wurde auch auf die häufig auftretende lithologische Konstanz, d. h. den Stufen- charakter aufmerksam gemacht. Die Faziesveränderungen in vertikalem Sinne zeigen häufig ge- wisse Gesetzmässigkeiten, indem sich ähnliche lithologische Suk- zessionen in einer Formation wiederholen und als grössere oder kleinere Sedimentationszyklen aufzufassen sind. Die litho- logische Variation ist darin eine beschränkte und bewegt sich in den gleichen Grenzen wie bei den horizontalen Faziesveränderungen der betreffenden Stufe. Zyklisch gegliederte Schichtreihen treten besonders als Typus der normalen Sedimentation im Bereich alter Transgressions- oder Epikontinentalmeere auf. In vielen Fällen lassen sich innerhalb eines solchen Zyklus drei Phasen unterscheiden: Trans- gressions-, Inundations- und Regressionsphase, die bis zur Trockenlegung (Emersion) führen kann. In den Geosynklinalen und orogenetischen Zonen über- haupt erfahren die Sedimentationszyklen Störungen und werden schliesslich ganz verwischt. Sie verschwinden nicht nur in den bathyalen Massen einer Synklinale, sondern auch in Ablagerungen, die wie z.B. Flysch und Teile der Schistes lustres zwischen sog. ba- thyaler und neritischer Fazies herumzupendeln scheinen. Die Störung ann aber auch auf groben Einstreuungen beruhen, die sich den nor- malen Sedimenten beimengen. Die erste Art der Störung kann nach den heutigen Vorstellungen einer Geosynklinale, die zweite einer Geantiklinale zugewiesen werden. Die lange Dauer gleichartiger Störungen der normalen Sedi- mentation ruft der Vorstellung lang andauernder störender Ursachen, .in diesem Falle kontinuierlichen Deformationen als Vor- läufer eigentlich gebirgsbildender Bewegungen. Unabhängig von den Tiefenverhältnissen können darnach folgende Typen der Sedimentation unterschieden werden: 1. Epirogene Sedimentation, in Epikontinentalmeeren. Kla- Stisches Material stammt vom Festland (Kontinentalblock). Zyklische Gliederung ist die Regel. 2. Orogene Sedimentation, in Geosynklinal- und Geantiklinal- 264 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 regionen. Klastisches Material stammt vom werdenden Gebirge. Zyklische Gliederung der Sedimente wird mehr und mehr verwischt. 3. Thalattogene Sedimentation (chemische und organogene Absätze liefernd), die keinen Gegensatz zu 1 und 2 bildet, vielmehr damit in mannigfaltigster Weise verflochten ist. Dabei bleibt es gleichgültig, woher die gelösten, jetzt ausgeschiedenen Stoffe stammen. Den Schluss, orogene Sedimentation finde sich in orogenetischen Zonen (Geosyn- und Antiklinalen), darf man nicht auf alle Geosyn- klinalen im Sinne Haugs ausdehnen. Es gibt ausgedehnte sog. Geo- synklinalräume mit mehr oder weniger intensivem Relief, die, wie z. B. die ostalpine Trias, zyklische Schichtreihen enthalten. An diese Zusammenfassung kann noch ein Gesichtspunkt ange- schlossen werden, der von Grabau (13) besonders hervorgehoben worden ist: In der Transgressionsphase kommt das eingeschwemmte Material der Bewegung des Strandes entgegen, in der Re- gressionsphase bewegen sich beide gleichsinnig. Dieser Satz gilt in dieser Allgemeinheit. nur für die epigorene Sedimentation, Anders verhält es sich bei orogenen Ablagerungen und ihrer Wan- derung. Um dieser Frage näher treten zu können, müssen wir weiter ausholen. Die Untersuchungen und Deduktionen von Haug, Argand, R. Staub und anderen haben gelehrt, dass im Querprofil der Zentral- alpen eine Anzahl Geosynklinal- und Antiklinalwellen miteinander abgewechselt haben. Die wichtigsten Antiklinalen waren schon im Jungpalaeozoikum angedeutet und wuchsen durch Übertreibung ihrer Formen zu Decken aus (Bernhard-, Dent Blanche-, unterostalpine Decken). Die An- wendung und Gültigkeit dieser Anschauung für die ostalpinen Decken bedarf im einzelnen noch einer genauen Prüfung. Andere Decken — sie sind in der Regel jüngeren Datums — entstanden aus den Tiefen der Synklinalen (z. B. die Mte. Rosa- Decke). Die Umbildung und Vortreibung der Geantiklinalen in Form von Decken war ein fortschreitender, in Phasen gegliederter, auf lange Zeiträume verteilter Prozess. Im Tertiär erfolgte die stärkste Be- wegung, der tektonische Paroxismus. ee Diese ungemein fruchtbare Anschauung präzisiert und krönt de . alte Idee, dass die jungen Kettengebirge im Mesozoikum eine Geo- 2 synklinalphase durchgemacht haben. Die Wellengliederung der Or“ i 9 | | E | i Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 265 genetischen Zone findet ihre Übertreibung und Verzerrung in den tektonischen Schlussformen; sie erscheint wie ein Embryonalgebilde gegenüber dem ausgewachsenen Gebirge. Eine Menge von Rück- und Analogieschlüssen aus den Faziesverhältnissen haben die Errich- tung und den weitern Ausbau dieses Ideengebäudes ermöglicht, in dem die Tatsachen ohne Zwang einlogiert werden können. Geosynklinalen und Antiklinalen lassen sich direkt mit den Insel- kränzen und den sie begleitenden Vortiefen und Tiefseegräben ver- gleichen. Suess, Haug, Horn (16), Argand (3) und Brouwer (7) haben diesen Vergleich gemacht und die Übereinstimmung gezeigt. Inselkranz und Vortiefe gehören zusammen wie Gewölbe und Mulde. Beide sind nicht starr, sondern in Umbildung und Bewegung be- griffen. Der Inselbogen rückt gegen die Vortiefe und sucht sie zu verdrängen. Die Geantiklinale entspricht dem. Inselkranz. Hier herrscht festländische Abtragung. Von den Erosionsborden können grobe und gröbste Einstreuungen dem Meere überliefert werden. Der Steilabfall zur Vortiefe ist die Heimat der grobklastischen orogenen Fazies mit ihren Konglomeraten, Breceien und Abrut- _ schungen. Beständig erneuert sich die Steilböschung infolge Vortriebs des Inselbogens und damit auch die orogene Sedimentation. Die rasche und mächtige Zufuhr von Material überwältigt die Tiefen- charaktere in den Sedimenten. Der Boden der Vortiefe beherbergt die bathyale orogene Fazies. Ist sie breit und offen und ein eigentliches Tiefmeer, so kann sich der Einfluss des Inselbogens verlieren. Die 'normale tiefmeerische Sedimentation stellt sich ein. Schreitet der Inselbogen nicht gegen den freien Ozean vor, so ist die Aussenseite der Vortiefe von einem Vorland begrenzt, einem Schelfmeer mit epirogener Sedimentation. Geht die Bewegung weiter, So wird die Vortiefe zwischen Inselkranz und Vorland eingeengt und Verdrängt durch tektonische und sedimentäre Auffüllung. Schliess- colich strandet der Inselbogen am Festlandsklotz und der tektonische Bildungsprozess ist abgeschlossen oder das Vorland knickt unter Bil- dung neuer Vortiefen immer wieder ein, der Last und dem Andrang der zur Decke gewordenen Erdwelle nachgebend. Die beiden konzentrisch gebogenen Inselkränze von Timor-Te- h : Nimber-Ceram ° und Flores-Wetter-BandaInseln-Api, welche die Bandasee umgeben und mit ihren Vortiefen versehen gegen die Kon- finentalränder und Schelfe von Australien und Neu-Guinea geschoben a Werden, zeigen die grösste Übereinstimmung mit den für die West- 266 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich, 1919 alpen gewonnenen Vorstellungen. So mögen nach den Arbeiten von Ar- gand (3) und Brouwer (7) die Westalpen zu gewissen Zeiten im Meso- zoikum ausgesehen haben. Diese Feststellung ist nach zwei Richtungen wichtig, die von den genannten Autoren, ferner vor allem auch von Horn (16) weitgehend gewürdigt wurden. Einmal zeigt sich uns hier tatsächlich ein in Bildung begriffener Ketten- und Deckenbogen, dessen jugendliche und fortschreitende Bewegungen zweifellos fest- stehen, und ferner festigt sich im Anblick dieser Formen die Vor- stellung von der allmählichen, über Perioden der Erdgeschichte ver- teilten Entwicklung der Gebirgsbogen, mit andern Worten einer kontinuierlichen Deformation. Die Ketten der Bandasee veranschau- lichen die Geosynklinalphase, die Alpen das Schlußstadium. Zwei Arten von Krustenbewegungen können sich eines solchen Systems während seiner Entwicklung bemächtigen: 1. Allgemeine epirogenetische Bewegungen oder verwandte Vorgänge, die ein relatives oder absolutes Steigen und Sinken des Was- serstandes zur Folge haben und eine Hauptursache für grössere Sedi- mentationszyklen im Vorlandsschelf, wie in der orogenetischen Zone sind. Es wäre falsch, die Geosynklinalen von solchen Be- wegungen auszunehmen. Das Vorhandensein vieler zyklisch . geglie- derter Schichtreihen in Geosynklinalen und das Eintreten der grössten Zyklen selbst in die orogene Fazies zwingt zu diesem Schluss. Argand lässt die Zeiten der Senkungen mit einem Nachlassen der tangentialen Pressung zusammenfallen. Mir scheint dieser Zusammen- hang nicht in allen Fällen notwendig bestehen zu müssen, besonders dann nicht, wenn z. B. wie in der Trias Transgressionen, Fazies und Zyklengliederung in der orogenetischen Zone wie im Vorland mitein- ander übereinstimmen und nur in den orogen am stärksten gestörten Streifen eine Modifikation erfahren. : 2. Differenzierte Bewegungen von Rücken und Vortiefe resp. Vorland, entsprechend einer stärkeren Deformation der Falten infolge tangentialen Schubes, — orogenetische Bewegungen, die eine stärkere Ausprägung der orogenen Fazies im Gefolge haben. Transgressionen und Regressionen in der orogenetischen Zone und im Vorlande stimmen zeitlich nicht miteinander, sind vielmehr meist in ihr Gegenteil verkehrt (Gesetz von Haug). Diese Überlegungen drängen sich auf angesichts der ungeheure! _ Komplikationen in den Schichtreihen der Gebirge und geben vielleicht = eine Handhabe, um die Ausnahmen vom Haugschen Gesetz erklären zu helfen. > Wie schon oben bei der Erwähnung der Bertrandschen Idee Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 267 ausgeführt wurde, besitzt auch die orogene Sedimentation ihre aller- dings weit umfassenden Zyklen, die mit den grossen erdgeschicht- lichen Deformations- und Abtragungszeiten übereinstimmen. Die Bandasee veranschaulicht uns ein Gebirge in der Inundations-, die Alpen ein solches in der Regressionsphase. 5. So verlockend es wäre, diese Überlegungen unter Berücksichti- gung und Vergleichung des Vulkanismus weiter zu spinnen und nach dem trefflichen Ausspruch von Argand: „L’esprit se plait a ranimer ces choses 6vanouies“ (3, p. 180) zu weitern Schlüssen zu gelangen, muss nochmals zu einem konkreten Beispiel zurückgekehrt werden, an dem die Wanderung und schliessliche Verdrängung einer Vortiefe abgelesen werden kann, nämlich zur wohlbekannten hel- vetischen Zone, mit der aus leicht begreiflichen Gründen schon wiederholt in diesen Zeilen operiert wurde. Das Gastern-Erstfelder-, wie auch das Aarmassiv waren am Ende der palaeozoischen Aera durch festländische Abtragung aus Gebirgen zu Rumpfebenen erniedrigt worden. Die Triastransgression bemäch- tigte sich sukzessive des Festlandes und hinterliess vor allem den Rötidolomit als Vertreter des Muschelkalks. Stellen, wo die Trias zwischen Kristallin und Lias resp. Dogger fehlt, sind, soweit sie überhaupt heute erhalten sind, wohl nicht als primäre Lücken zu erklären, sondern deuten eher Regionen an, wo die Triasschichten bald nach ihrem Absatz wieder abgetragen wurden. Mochte auch der Untergrund noch uneben gewesen sein, die allgemeine Senkung ermöglichte schliesslich dem Meere, fast überall hinzugelangen und Schwellen und Tiefen im allgemeinen gleichmässig zu überfluten. Konglomeratischen Rötidolomit in einer deutlichen Transgressions- fazies kennt man nicht. Die echten Transgressionssedimente gehören dem Buntsandstein an, der Rötidolomit macht die Inundationsphase des Triaszyklus genau mit. Der Keuper ist regressiv, entsprechend dem der germanischen Fazies, und fehlt häufig ganz. Schon im Lias beginnt sich das Helveticum zum erstenmal gründlich zu differenzieren. Das ganze Erstfeldermassiv lag, soviel wir bis jetzt wissen, trocken. Massiveinwärts fehlt nicht nur der Lias, sondern auch das Aalenien. In den untern helvetischen Decken der Ostschweiz fehlt der Lias immer noch. Er erscheint erst und 2war plötzlich in der Axenkette von Braunwald, am Walensee, bei \ Engelberg. Eine Ausnahme bildet das Toarcien von Vättis am Ost- 268 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 ende des wieder auftauchenden Aarmassivs. Der von B. @. Escher am Tödi (Sandalp) verzeichnete Lias bedarf einer Revision. Anders waren die Verhältnisse am Westende der beiden Massive. Das Gasterenmassiv scheint fast völlig frei von Lias zu sein, er er- scheint dagegen in grosser Mächtigkeit und gut gegliedert in der Verlängerung des Aarmassivscheitels in der Gruppe des Torrenthorn und ist von dort aus auch in die Doldenhorndecke übergegangen (Lugeon, 19). Swiderski (26) berichtet, dass in der Verlängerung der Massivaxe südwestlich des Bietschhorns eine neue Antiklinale mit stark neritischer und reduzierter Schichtreihe auftrete. Lias und Dogger sind hier reich an Einschwemmungen von Sand und Rötidolomit, deren Heimat das Aarmassiv gewesen sein muss. Auch im Lias von Engelberg und der Urirotstockgruppe sind Quarz und Dolomit als Sand und Gerölle reichlich vertreten. Das Gleiche gilt auch für den Dogger, der wie der Lias in verschiedenen Niveaux Dolomitbreecien enthält. Im allgemeinen nehmen die Dolo- miteinschwemmungen gegen Süden ab; ihre Heimat ist demnach im Norden, d.h. im Aarmassiv zu suchen. Die nördliche Abgrenzung der kontinuierlichen Liasablagerungen verläuft offenbar nicht parallel mit den Deckengrenzen. Sie bleibt im Osten weiter alpeneinwärts zurück und schiebt sich im Westen immer weiter nach Norden vor. Ob diese Grenzlinie die primäre Verbrei- tung des Lias angibt, ist nicht absolut sicher, aber doch sehr wahr- scheinlich. Dass Liasgesteine in transgredierenden Aalenienschichten als Gerölle enthalten wären, ist mir nicht bekannt. Nun erhebt sich die Frage, ob die genannte Sedimentation des Lias mit seinen Sandsteinen und Breccien eine epirogene oder 0T0- gene genannt werden soll. Die Antwort hängt davon ab, ob man die damalige Aufragung des schuttliefernden Aarmassivs als eine Geantiklinale auffassen kann, hervorgegangen aus dem Wiederaufleben der palaeozoischen Gebirgsbildung, oder ob man es vorzieht, an eine kontinentale Hebung mit verhältnismässig steilem Südabfall zu denken. Eine dieser Aufragung nördlich vorgelagerte Vortiefe ist wegen der Überlagerung durch Decken und Molasse verborgen. Keinerlei An- deutungen für ihre Existenz sind zu finden. Der Südrand der „A uf ragung“ läuft, und das scheint das Wesentlichste zu sein, weder mit den herzynischen noch mit den alpinen Falten und Decken parallel. Die Einschwemmungen stammten grösstenteils wohl von Norden. Schon im Dogger verschwindet der Festlandssaum, und die Schicht- reihe wird auf längere Zeit lückenlos. Verbreitung und Fazies des helvetischen Lias lassen zwar auf beträchtliche Deformationen des Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 269 aarmassivischen Untergrundes im Lias schliessen, entsprechend der Bildung der grossen Geantiklinalrücken der penninischen Zone. Nach dem Gesagten wäre es aber trotz der an orogene Fazies stark er- innernden Sedimentation nicht richtig, im nördlichen Aarmassiv und Erstfeldermassiv eine echte Geantiklinale des Lias anzunehmen. Vie] wahrscheinlicher ist es, dass der in der Trias noch gleichförmige Raum des Massivs und seiner südlich anschliessenden Zone bei des Ausbildung der Walliser Geosynklinale, die hauptsächlich in diese Zeit fällt, weit gegen Norden einknickte und als ein Stück der von der Geosynklinale ergriffenen, abgebogenen Vorlandes ge- deutet werden muss. Damit ist ein orogener Einfluss zugegeben, ‚ aber trotzdem kann die Sedimentation epirogen genannt werden, da viel Material vom Vorland stammt und am Geosynklinalrand zur Ablagerung gelangte. Die Gliederung in einen, zwei oder mehr Zyklen ist überall erkennbar, zum Unterschied gegenüber der pen- ninischen Zone, wo lithologisch ähnliche, ja oft identische Sedimente in, trostloser Monotonie ohne geordnete Sukzessionen entstanden. Eine scharfe Grenze zwischen epiro- und orogenen Sedimenten, zwi- schen Material, das von Norden oder von Süden stammt, existiert nicht Das Aal&nien besitzt mit seinem Eisensandstein einen ausge- sprochenen Stufencharakter. Woher der feine Sand und die beige- mengten Glimmerschüppchen stammen, die allenthalben mit einem eisenschüssigen (eisensilikathaltigen) Bindemittel zum Absatz ge- langten, ist unbekannt. Nur das nördlichste Erstfeldermassiv, nörd- lich des Windgällerückens, dann wieder zum Teil die Mürtschendecke besitzen keinen Eisensandstein. Bei der fast allgemeinen Überflutung des Vorlandes sucht man die Heimat dieser grossen feinkörnigen Sandmassen eher im Süden. ie Die Gesteine des Bajocien lassen auf Ablagerung in einem gegen Süden sich vertiefenden Meer vom Charakter eines vorwiegend der neritischen Region angehörenden Schelfes schliessen, vor allem die Echinodermenbreceien. Auch noch im Bajocien müssen aar- massivische Inseln vorhanden gewesen sein. Sicher erkennbar ist | der Inselfelsen des Windgälleporphyrs, der noch seine marinen Ge- Blle lieferte. Auf nahe Inseln lässt auch der Reichtum des Bajo- &iens an Dolomitkörnern z. B. bei Innertkirchen schliessen. Bevor die Versenkung in tiefere Räume eintrat, kam es vorübergehend - Regressionen, die das Fehlen des Bathonien oder des Callovien, “erner des Oxford und Bildung von lokalen Kopglomeraten (Uri- % rotstockgruppe) verursachten. en Be a a Fr NEN BE TEN En M PETE HH, 232 ee ® a . = ee Br Be 5 er a 270 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Der unruhigen Zeit des Lias und Dogger folgten im Malm und in der Kreide Perioden, wo orogene Einflüsse im Helvetieum nicht mehr nachzuweisen sind. Es waren Zeiten der Ruhe und allgemeiner Meeresbedeckung. Der Aufbau durch normale Sedimentation domi- nierte. Der Malm enthält nirgends epirogenes Material von gröberem Korn. Das ganze Vorlandsmeer zeigte weit und breit keine Inseln. Der Malmkalk ist der Typus eines thalattogenen Produktes. In welcher Weise sich das Malmmeer südwärts gegen die penninische Zone fortsetzte, darüber ist wenig Bestimmtes bekannt. Andeutungen von G@sell (14) lassen vermuten, dass er einen Übergang des Malm in die Fazies der Bündnerschiefer nicht für unmöglich hält. Trotz des bathyalen Charakters verschiedener Sedimente (z. B. Malmkalk, Berriasien) besass die helvetische Zone auch in Malm und Kreide die Eigenschaften eines Epikontinentalmeers, das sich gegen Süden vertiefte. Die zyklische Gliederung ist die gleiche wie im Juragebirge, mit Ausnahme der Wende von Jura und Kreide, wo vorübergehend eine differenzierte Bewegung eintrat. Um die Wende von unterer und oberer Kreide begann die Überschiebung der fernsten ostalpinen Decken. Gebirgsbildung, Re- gression des Meeres und diskordante Auflagerung von Konglome- raten etc. war die Folge. Von diesen Vorgängen ist im Helveticum noch gar nichts zu spüren. Das Meer wurde tiefer (Turon-Senon), ohne zunächst orogene Fazies anzunehmen. Erst an der Wende von Kreide und Tertiär wurde es auch hier lebendig. Das Vorland stieg zunächst allenthalben und wurde zum „Bohnerzfestland“, das bis in die Alpen reichte. Nur im Südsaum des Helveticums und in der ersten Geosynklinale hat sich das Meer kontinuierlich gehalten und Absätze hinterlassen, die einer Aufteilung in Kreide und Eogen widerstreben. Dass hier das Paleozän überall fehlen soll, ist eine kaum haltbare Annahme. Hier erscheint auch zuerst die orogene Fazies mit Wildflysch und zeigt, dass dieser _ Meeresstreifen zur eingeengten Vortiefe der grossen Deckenwellen geworden ist. Dann, vom Mitteleozän an, kam das Meer aus Süd- osten angerückt und erreichte das Ostende des Aarmassivs, das noch flach in der Tiefe lag, im Lutetien. Im Auversien gelangte e8 bis zur Windgälle, im Bartonien (Priabonien) stiess es noch weiter VOR} seine Nordgrenze liegt unter den Decken begraben, ebenso die wohl noch weiter vorgeschobene Uferlinie des OligocänmeereS. Erst jetzt bildete sich der überall gleich aussehende Altdorfer Sandstein und Dachschiefer und der Taveyannazsandstein. Damit hörte die Sedi- ne Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 271 mentation im inneralpinen Helveticum auf und die Deckenschübe be- gannen. Ein Sammelprofil durch das Tertiär der Titliskette zeigt folgende Verhältnisse: 1. Malmkalk und Valangien (letzteres nur lokal). Die übrigen Kreideschichten abgetragen vor Ablagerung der 2. Siderolithischen Bildungen(Bohnerz, Sandstein, Breceien). 3. Kohlen- und Brackwasserschichten der Gadmerflühe. Priabonien. 4. Mariner, nummulitenführender Sandstein des Priabo- nien, an den Wendenstöcken und Gadmerflühen mit zweimaliger, mächtiger, gegen Süden fallender Deltaschichtung. Gesamtmächtig- keit 60—80 m, schiefgeschichtete Partien vertikal 30 m mächtig. Dadurch ist die Ablagerung des Sandes an einer gegen Süden ab- fallenden Böschung erwiesen. Die Transgressionswelle kam von Süden, der Sand in letzter Instanz von Norden. Seine eigentliche Heimat ist unbekannt. Die Verschiebung des Strandes und die Bewegung des klastischen Materials waren gegeneinander gerichtet, wie bei normalen Transgressionen. Die Sedimentation war eine epirogene. Die ehemals weiter im Süden gelegenen Priabonien- sedimente werden zusehends ärmer an Sand und gehen in Globige- finenmergel über. Die Sandmassen der Titliskette hatten diesen Ablagerungsraum jedenfalls nicht durchschritten. 5. Globigerinenschiefer (Oberholzer, Arn. Heim), Pria- bonien. Vertiefung des Meeres mit vorübergehend unterbrochener Sandzufuhr. 6. Altdorfersandstein, oben in Konglomerat (Flüelen) über- gehend, unten mit Taveyannazsandstein (Oligocaen). Mehrere 100 m. Die Sedimente stammen zweifellos von Süden unter sukzessiver Ver- gröberung des Kornes. Grosse Fossilarmut herrscht, die Ablagerung erfolgte rasch. Ohne Zweifel zeigt dieser Komplex orogene Vor- tiefenfazies. Die Vortiefe hat den Scheitel des nachmaligen Massivs ne überschritten. N BF Te! 7. Aufhören der Sedimentation; Beginn der tektonischen Akku- Mulation mit der Überschiebung des Wildflysches und seiner zu- gehörigen Unterlage aus dem Zentrum und Südrand der ehemaligen = alttertiären Vortiefe. Das helvetische Schelfmeer wurde also zuerst zum Teil trocken- gelegt (Eogen), dann transgredierte wohl unter fortschreitendem Ein- . nieken des Untergrundes das Eozänmeer: Die zunächst noch epiro- 472 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 gene Sedimentation (4) kippt bald in die orogene (6) um; an der Grenze tritt nach einer kurzfristigen bathyalen Phase (5) der Taveyannazsandstein auf, als ein ins Helveticum vorrückender Ver- treter der Pietre verdi. Seine Herkunft ist, wie die der meisten Grüngesteine, unbekannt. Dass er nur den tiefern Decken und den Autochthonen eigen ist, rührt davon her, dass entsprechend junge Sedimente den höhern Decken fehlen. Damit begann die Vortiefen- sedimentation. Die Sedimente vergröbern sich, das Meer wird ver- drängt. Die Wildflyschfazies vermochte nicht bis hieher vorzudringen, blieb vielmehr weiter im Süden zurück. Noch ehe sie bis zur Titlis- kette gelangen konnte, war das Meer und damit die Vortiefe ver- drängt. Das Wildflysch erscheint dafür sofort per Schub mit der ersten Deckenwelle. Die Verschiebung der Fazieszonen der Vortiefe wurde von den Deckenschüben überholt. Der Andrang der Decken wurde immer mächtiger. Die helvetischen Sedimente selber, die so lange Ruhe hatten, wurden ergriffen und Decke um Decke über- schoben. Schliesslich musste selbst der solide autochthone Unter- grund weichen, und widerwillig bäumte er sich als Aarmassiv zu seiner heutigen Höhe empor. Mit dem Beginn der Überschiebung des Wildfiysches und der helvetischen Decken war das Meer aus den Schweizeralpen vertrieben. Die Vortiefe und ihre Sedimentation musste mit einem Rucke weiter- fliehen, nämlich ins Molassevorland hinaus. Das Molassebecken ist die Vortiefe der miozänen Alpen. Aber auch hier hatte e8 keine Ruhe. Orogene Sedimente Yon den Alpen her und epirogen® vom Schwarzwald (Juranagelfluh) füllten es immer wieder aus. Im untern Vindobon wurde es bis weit in den Jura hinaus, dessen ‚Schiehten noch flach lagen, vertrieben, und gleichzeitig strahlten grobe orogene Einschwemmungen bis Delsberg aus. Heim hat seiner Geologie der Schweiz die Verlegung der Meeresrinne IM Mo lasseland in allen Einzelheiten verfolgt. Aber nicht nur durch bald marine, bald lacustre Sedimentation wurde die Vortiefe weiter en“ geengt. Schliesslich wurde sie durch letzte starke Schübe gleich“ ‚gefaltet L und zusammengedrängt. Juraregion und Molasseland wurden . nr einander abgegliedert. Damit strandeten die Faltenwellen am Auer Vortiefe der Vor raun u zeitig mit dem Juragebirge und den helvetischen Decken sten Vorland, und zur Bildung einer neuen durchgehenden kam es nieht mehr. Als letzter Anlauf zur Regeneration tiefe am Südfuss des Schwarzwaldes sind vielleicht die von Bi entdeckten Einsenkungen längs des Rheintales anzusehen. Rhem Jahrg. 64. P. Arbenz. Probleme d. Sedimentation u. ihre Bez. z. Gebirgsbild. 273 graben und Saöne-Niederung wirkten als Breschen im Vorland, ohne als eigentliche junge Vortiefen gelten zu können. Die Sedimentation in der Molassevortiefe hatte ausgesprochen orogenen Charakter. Die grosse Mächtigkeit ruft der Vorstellung einer mit der Ablagerung Schritt haltenden Senkung. Über die Tiefen- verhältnisse der bald brackischen, bald marinen, bald lacustren Becken hat man keine rechte Ahnung. Im allgemeinen war wohl die Tiefe gering. Zyklische Gliederung ist durch die marine Ingression im Burdigalien angedeutet, führte aber zu keiner gesetzmässigen Suk- zession. Die Fossilarmut vieler Schichten erschwert überdies die Stratigraphie. Die orogene Sedimentation scheint hier nicht bloss alle Merkmale wechselnder Wassertiefe, sondern auch die Einflüsse selbst des Milieus zu verwischen; so ist es bekanntlich oft unmöglich zu sagen, welche Sedimente marin, welche brackisch und welche limnisch sind. So lernten wir der Reihe a die orogenetische Sedimentation kennen in der Geosynklinal- oder Inundationsphase, in der Vortiefen- phase (beginnende Regression, Wildflysch etc.) und in der Regressions-, man könnte sie auch Verlandungsphase nennen. Die erstgenannte fällt in die Zeit der quasi embryonalen Entwicklung des Gebirges, die beiden letzten in die des Paroxismus der Deformation. In allen Phasen überwiegen die spezifischen Merkmale der orogen gestörten Sedimentation über die Einflüsse der Tiefe und den lithologischen Stufencharakter. Stets sind Fossilien selten, und eine zyklische Gliederung lässt sich meistens nicht durchführen. In der Molasse wird sogar der Unterschied zwischen marin und festländisch ver- wischt. Mit dem Wachstum des alpinen Deckengebäudes sahen wir am Beispiel der helvetischen Zone die erste alpine Vortiefe gegen das ‚Vorland wandern. Die orogene Fazies erschien hier zuerst im Eogen, und unmittelbar nachher wurde auch diese Zone von der tektonischen Umwälzung ergriffen. Vorher hatte sie den Charakter eines Schelf- Meeres mit Abfall gegen Süden. Die helvetischen Decken zeigten, weil sie aufgefalteter Vorlandsschelf sind, keine embryonale Phase im Mesozoikum, zum Unterschied der Hauptwellen des penninischen Bogens. Auch aus diesem Merkmal darf wohl auf die Passivität und geringe Tiefgründigkeit der „Helvetiden“ geschlossen werden. Mit der Vortiefe wanderte auch die orogene Sedimentation, ver- gleichbar einer Transgression, was ihr Übergreifen und Vorrücken er anbelangt, aber in ihrem Charakter trotz des Vorrückens einer Re- Sression entsprechend, da das Meer schliesslich seichter und am Ende 18 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. a 974 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 ganz verdrängt wurde. Dieses Wandern wurde im Eogen der hel- vetischen Zone durch eine echte Transgression mit epirogenen Sedi- menten eingeleitet, der dann sofort die orogene folgte. Wie bei einer gewöhnlichen Regression marschierte die Strandlinie in gleichem Sinne, wie der Sedimentstrom, aber wie bei einer Transgression greifen die Ablagerungen vom Stammeere aus festlandwärts über. Ein solcher Vorgang ist den normalen Epikontinental-Zyklen voll- ständig fremd. Mit diesen Feststellungen, die sich soweit wie nur möglich an beobachtete Tatsachen angeschlossen haben, möge unser Versuch zu einer Gliederung der Sedimentationsvorgänge und zur Deutung ihrer Zusammenhänge mit der Gebirgsbildung abschliessen. Auf die tie- feren Ursachen der geschilderten Erscheinungen zyklischer Sedimen- tation und periodisch wiederkehrender Gebirgsbildung einzugehen, wäre gleichbedeutend mit der Aufrollung aller Grundfragen des geologi- schen Geschehens. So weit auszuholen erlaubt der Rahmen dieser Skizze nicht, und ich wage auch nicht weiterzugehen. Unser ver- ehrter Meister Albert Heim, dem diese Zeilen gewidmet sind, möge nachsichtig über die Unvollkommenheiten und Lücken dieses Ver- suches hinwegsehen. Zitierte Literatur. 1. K. Andree. Wesen und Ursachen der Schichtung. Geolog. Rundschau VI, p. 351—397, 1916 2,:P.’Arbenz. Plobleine der Sedimentation und ihre Beziehungen zur Gebirgs- bildung in den Alpen. Mitt. d. Naturf. Ges. Bern, Protokoll v. 23. März 1918. 3.. E. Argand. Sur l’are des Alpes occidentales. Ecelogae geol. Helv. XIV p. 145— 191, 1916. 4. P. Beck. Die Niesen-Habkerndecke.... Eclogae geol. Helv., XH. p. 65-151, 1912 5. M. Bertrand. Structure des Alpes francaises et r¤ce de certains facies sedimentaires. C. R. Congr. geol. internat. Zurich 1894, p. 163—177. Th. Brandes. Die faziellen Verhältnisse des Lias zwischen Harz und Egge gebirge mit einer Revision seiner Gliederung. Neues Jahrbuch f. 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Fraas und so vieler anderer hat die Höhlen- forschung in Europa, soweit sie sich namentlich mit den Fragen einer im Höhlenschuttboden begrabenen, ausgestorbenen Tier- und Menschen- welt beschäftigte, besonders in den letzten Jahrzehnten einen un- geahnten Umfang erreicht. Längst schon war die Furcht vor dem Unbekannten und Übernatürlichen, das nach der Volksmeinung in den unterirdischen Gemächern der festen Erdrinde spukte, ver- schwunden; auch die noch von unserem Gessner gehegte Idee der spezifischen Heilwirkung der Knochenreste von Bären, Elefanten (&bur fossile) usw., um derentwillen so manche Höhlen bereits in früheren Jahrhunderten unverdient zu Berühmtheit gelangten, hatte andern Anschauungen Platz gemacht. ungehobener Schätze aus der ältesten menschlichen Urzeit in Höhlen und Abris sous roches. Durch ein. gemeinsames tatkräftiges und freudiges Zusammenwirken selhaften fertig erstellten „Methodologie der modernen prähistorischen Forschungen , geeigneten Zeitpunkt dem Druck übergeben werden soll. Ich hoffe, dass es DE gelingen möchte, eine stattliche Reihe schweizerischer Geologen dazu bes immen ” können, dass sie bei prähistorischen Forschungen in unserem Lande ihre we Mithilfe in geologischen Dingen als eine freudige Pflicht im Interesse der Y ländischen Wissenschaft erachten. Da ich weiss, wie ausserordentlich zerstreut MUT | die Literatur der diluvialchronologischen Untersuchungen allein ist, habe ich ab- sichtlich dieser kleinen Schrift ein möglichst vollständiges Verzeichnis, $€ für den Geologen von ‚Wert ist, beigegeben. Er Jahrg. 64. E. Bächler. Die Stell. d. Geologie z. h. paläol. Höhlenforsch. 977 Allein, wenn selbst im Laufe der „aufgeklärten“ Epoche mancherlei Höhlenforschung neben der Suche‘ nach dem paläontologischen und . prähistorisch-menschlichen Inhalte des Höhlenschuttes betrieben wurde, wie die Ergründung der topographischen, physikalischen, geologischen, meteorologischen, hydrologischen und biologischen Verhältnisse, nebst intensiven Spekulationen über Entstehung und Alter der Höhlenräume, so sind wir heute doch noch weit davon entfernt, eine zureichende, auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende Spelaeologie zu besitzen. Mit vollem Rechte bemerkt auch Knebel (1), dem wir die neueste „Höhlenkunde“ verdanken: „Die Höhlenkunde stellte bisher noch einen Zweig der Forschung dar, in welchem man über eine Fülle unerörterter und ungelöster Probleme gleichsam zur Tagesordnung geschritten ist.“ Trotzdem die Höhlenkunde an und für sich ein spezifisch geo- graphisch-geologisches Problem darstellt, so fällt es auf, dass selbst umfangreichere Lehr- und Handbücher der Geologie dieses Gebiet am kärglichsten behandeln. Merkwürdigerweise finden wir auch in den Beiträgen zur geologischen Karte der Schweiz über das Vorkommen von Höhlen, über ihre Verteilung im Gebiete und die Phänomena ihrer Bildung in den einzelnen Schichtgliedern usw. nur sehr spär- liche Angaben, wie denn selbst der topographische Atlas der Schweiz nur die grössten und im Volke bekanntesten Höhlen verzeichnet und dabei die grosse Zahl der Felsschutzdächer („abris sous roches“) völlig übergeht. Der Höhlenforscher, besonders jener, der sich mit prähistorisch-archäologischen Untersuchungen beschäftigt, ist daher ' gezwungen, sich eine eigene Höhlen- und Abris-Karte anzufertigen, ‚ sobald er in irgend einem Gebiete eine systematische Bearbeitung der für paläontologisch-prähistorische Dinge in Betracht fallenden Objekte durchführen will. Zu einer solchen systematischen Durch- Suchung derselben muss es aber kommen, wenn auf dem noch allzu brach liegenden Gebiete der prähistorischen Erforschung unseres Vater- andes — insbesondere was das paläolithische Zeitalter anbetrifft — Wirklich Erspriessliches geleistet werden soll (31). Die rasche Folge der Entdeckungen von paläolithischen Stationen in andern Ländern, die Funde von Veyrier (1833) Villeneuve (1868), im Kesslerloch (1874), Schweizersbild (1891), Wild- kirchli (1904), Cotencher (1916), bei Büsserach, Winznau (1905), Birs- | tal, auf Schweizerboden sind genügende Hinweise darauf, dass auch -"Wiser Land viel. mehr Fundmaterial für die Zeugnisse des altsteinzeit- lichen Menschen besitzen muss. Stellt es sich endlich heraus, dass einige der altpaläolithischen Siedelungen wie Wildkirchli und Cotencher 278 Vierteljahrsscehrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 chronologisch dem letzten Interglazial (Riss--Würm) zugeteilt werden dürfen, so ergibt sich daraus die Wichtigkeit der Mitsprache der Geologie, insbesondere der Diluvialgeologie, wenn es sich darum handelt, die Altersstellung prähistorischer Ablagerungen mit hinreichender Sicherheit zu fixieren. Gilt es auch als gesicherte Tatsache, dass die jüngste Stufe des älteren Paläolithikums, wie das Magdalenien und die Übergangs- kulturen des Tardenoisien und Azilien der Spät- und Postglazialzeit einzugliedern sind, so wächst dagegen die Schwierigkeit der Ein- ordnung der menschlichen Funde der Diluvialzeit in das allgemeine geologische Schema der Glaziale und Interglaziale, sobald wir es mit den dem Magdalönien vorausgehenden vorgeschichtlichen Stufen des Solutreen, Aurignacien, Mousterien, Acheulden, Chelleen und Prae- chelleen zu tun haben. Die Forderung aber, dass heute Diluvialgeologie und -Archäologie unbedingt im engsten Kontakte stehen müssen, um die Altersfragen prähistorischer und speziell alt- und mittelpaläo- lithischer Kulturstufen zu präzisieren, und dass aus ihrem einheit- lichen Zusammenwirken die positiven Resultate herauszuschälen sind, an Hand derer sich die Leitlinien finden lassen für eine sichere Inter- pretation des Alters der Menschheit selbst (3), ist erst seit der geologisch-paläontologischen Chronologisierung der Eiszeiten durch Albrecht Penck mit besonderem Nachdruck hervorgehoben worden. Es ist das Verdienst Pencks, dass er selbst: auch die Altersfrage der prähistorischen Kulturstätten aufgegriffen und sie in lebendige Diskussion gebracht hat (4). Wie die Diluvialgeologen in allen Ländern, in denen die Spuren ehemaliger Vereisungen vorhanden sind, sich bemühten, das Penck- sche Glazialsystem ihren örtlichen Spezialuntersuchungen zu Grunde zu legen, so arbeitete die Prähistorie der beiden letzten Jahrzehnte unablässig am Ausbau der Formenkreise der paläolithischen Technik der sog. Typologie und an der Kenntnis der „Kulturperioden“ der älteren Steinzeit (Chell&en, Acheuleen, Mousterien, Aurignacien, Solu- tr6en und Magdalönien). Trotz der Erkenntnis, dass die Grundlage des Gabriel de Mortilletschen Systems im allgemeinen als gesichert zu betrachten sei, erwies es sich für die Prähistoriker doch für not- wendig, selbst diese Hauptstufen des Paläolithikums wieder in eine Reihe von Unterabteilungen zu trennen. Von besonderem Werte em schien es aber auch, eine Parallelisierung der Typologie nach den er verschiedenen Fundländern und Fundorten durchzuführen. Eine Zeit lang schien es sogar, als wollte die Diluvialprähistorie ihre eigenen Wege wandeln, da sie mit der rein prähistorischen Betrachtung der > Jahrg.64. E. Bächler. Die Stell. d. Geologie z. h. paläol. Höhlenforsch. 279 Werkzeuge und Kunstgegenstände, mit der Technik der Herstellung und Verwendung derselben und mit der Aufeinanderfolge der Industrie- perioden das Problem der Altersbestimmung der Funde als genügend gefestigt glaubte. Allein auch auf dieser Seite drang doch mehr und mehr die Überzeugung durch, dass die Gleichartigkeit der prähistorischen Kultur- stufen in den verschiedensten Ländern in einen bestimmten Einklang . zu bringen sei mit den Ergebnissen der neuen diluvialen Chronologie, da die Ansiedelung des Paläolithikers und seine Verbreitung besonders auch von geologischen und klimatologischen Bedingungen abhängig gemacht war. So sehen wir denn die Parallelisierung der paläolithischen Kultur- stufen mit den quartärgeologischen Chronologieschemata bald in den Vordergrund des Interesses gerückt, wobei natürlich auch eine Über- einstimmung derselben für verschiedene Länder anzubahnen versucht wurde. Allein die Sache stellte sich als viel schwierigeres Problem heraus, als es anfänglich angenommen wurde. Rasch nach der Auf- stellung des diluvialgeologischen Chronologiesystems von Penck machten sich Einsprachen gegen?dasselbe, namentlich hinsichtlich der Zahl der Glaziale und Interglaziale geltend. Während die einen, wie Geikie in England, Mühlberg u.a in der Schweiz eine mehr denn viermalige Vereisung nachweisen zu können glaubten, so waren andere wie Boule, Paris (5), nur für eine Dreiteilung der Eiszeit. Noch andere, wie Deecke (6), für zwei Haupteiszeiten, und einzelne Uni- glazialisten, wie Geinitz (7) und Aigner (8), sowie Holst in Schweden fassten die Eiszeit als einheitliches Phänomen auf. Immer- hin hielt die Mehrzahl der Quartärgeologen am Penckschen System fest; ihnen folgten im Verein diejenigen Spezialisten, welche sich die Aufgabe gestellt hatten, nun auch die stratigraphisch-prähistorischen Ergebnisse und die archäologischen Fundtatsachen in das diluvial- geologische System Pencks einzupassen. Allein hier zeigten sich die Schwierigkeiten erst recht, ein für alle Länder gemeingültiges Chrono- logiesystem aufzubauen. Noch heute stehen wir mitten in der gewal- tigen Diskussion um die Einordnung der paläolithischen Kulturen in die Abschnitte der Eiszeit. Es würde zu weit führen, den Widerstreit der Meinungen, der er nicht immer. mit: der nötigen Objektivität und persönlichen Leidenschaftslosigkeit geführt wurde, hier näher darzulegen; es mag 2 Senügen, der Forscher Erwähnung zu tun, welche auf dem Wege der geologisch-paläolithischen Praxis sich jene Erfahrungen gesammelt - haben, die sie berechtigen, in der Chronologisierung des Alters des 280 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich, 1919 Menschengeschlechtes mitzusprechen. Mit und nach Penck war es besonders Hugo Obermaier, der in verschiedensten Arbeiten (9) unter Zugrundelegung des Penckschen Systems auch die Paralleli- sierung der westeuropäischen Paläolithfunde mit jenen des Ostens durchführte, wobei er in späteren Publikationen (9f) die Fortschritte der Paläolithforschungen in seinem chronologischen System berück- sichtigte. Auch Hoernes (10), der sich zwar fast ausschliesslich mit der archäologischen Betrachtung des diluvialen Menschen abgibt, ver- sucht eine schematische Darstellung der alpinen Eiszeiten nach Penck mit hypothetischer Beifügung paläolithischer Stufennamen aus dem ausseralpinen Diluvium. Die neueren Chronologien, die sich an die Namen Wiegers, Bayer, Schmidt, Koken und Menzel ketten, treten besonders auf die Phänomene der während der paläolithischen Aera eingetretenen Klimaschwankungen und der damit verbundenen geologischen Er- scheinungen ein, namentlich der Bildung der Lehm- und Löss- ablagerungen, sowie der paläontologischen Einschlüsse in den Kultur- schichten, soweit dieselben als wirkliche Klimazeiger in Berücksich- tigung gezogen werden dürfen. Von besonderer Wichtigkeit ist die geologisch-archäologische Altersbestimmung des Löss, welcher im Verlaufe des letzten Dezenniums eine Reihe wichtiger paläolithischer Kulturstationen zutage fördern liess (am Rhein: Munzingen, Metter- nich und Rhens, Andernach, Achenheim, sowie in Niederösterreich (Wachaugebiet: Aggsbach, Willendorf, Krems etc.) und in Mähren und Böhmen. Bei der Unterscheidung eines älteren Löss vor Beginn der Riss-Eiszeit und eines jüngeren, zweiteiligen zu Beginn der Riss- Würm-Interglazialperiode hat sich das von Henry Breuil(11) zwischen die Kulturstufen des Moust6rien und des Solutrden neu eingesetzte Aurignacien dem Jungaurignacienlöss zuteilen lassen. n Diese äusserste Abgrenzung, die jüngst J. Bayer, Wien (12), der zwar unsern st. gallischen Rheinlöss als evident postglazial gelten lässt (13), vorgenommen hat, bringt danach das Aurignacien in das Riss-Würm-Interglazial, das Solutreen in die Hochwürmeiszeit, wäh- rend das Mousterien II in die Risseiszeit und das ältere Mousterien (D sogar noch in das Mindel-Riss-Interglazial hinunterreicht. Hans Menzel (14), welcher der Paläontologie ein Hauptmitspracherecht bei der chronologischen Eingliederung der prähistorischen Kulturstufen fordert, schliesst sich der Bayerschen Chronologie am nächsten Alı rangiert aber das gesamte Mousterien (I und II) und sogar noch das 2 obere Acheuleen in die Rissvergletscherung. Bei einer paläontologischen a = Eingliederungsmethode lässt Menzel die Wirbeltiere, wie namentlie Jahrg.64. E. Bächler. Die Stell. d. Geologie z. h. paläol. Höhlenforsch. 281 die verschiedenen Elephasarten, sozusagen ausser Betracht, da er ihnen keine allzu grosse Empfindlichkeit gegen klimatische Einflüsse bei- misst und ihnen zudem in vielen Fällen die primäre Lagerstätte ab- spricht. Weitaus günstiger steht es nach Menzel mit den Binnen- mollusken, „deren Anwesenheit (insbesondere aus der Fülle ihres Auftretens) ziemlich genaue Schlüsse auf die klimatischen Verhältnisse zur Zeit ihres Daseins ziehen lassen“ und als wichtige Leitfossilien zur Gliederung des Diluviums dienen dürfen. Dem Bayerschen System am nächsten kommt auch dasjenige von Fr. Wiegers (15, Tabellen in 15e), der sich wohl am schärfsten dafür ausspricht, dass die Prähistorie unbedingt als gefestigter Grund- lage der Geologie der Diluvialzeit bedürfe, ja er geht soweit, zu sagen, „dass die Wissenschaft vom fossilen Menschen in ihrer Ge- samtheit keine prähistorische, sondern eine geologische Disziplin ist, an der Prähistorie und Anthropologie gewissermassen nur als Hilfs- oder Grenzwissenschaften beteiligt sind.“ Die richtige Erkenntnis des Diluvialmenschen, seines Alters, seines Lebens und Treibens, seines Wanderns und Werdens lässt sich mithin allein auf breitester geo- logischer Grundlage gewinnen. Die Geologie ist Richtlinie und Grund- lage dieser neuesten, aber interessantesten Wissenschaft über den menschlichen Ursprung“ (Wiegers, 15a, 8. 423—424). Wenn wir auch nie so weit zu gehen vermöchten wie Wiegers, weil zur Prä- historie doch in evidentem Masse auch die Typologie, die Stratigraphie der Fundschichten, die paläontologischen und anthropologischen Tat- sachen mitzureden haben, so möchten wir doch seinen oftmaligen Appell an die Geologen aller Länder nur kräftigst unterstützen. Wie Bayer, so hat auch Wiegers besonders das Lössproblem unablässig verfolgt. Mit andern Fachgenossen hält er dafür, dass der Löss viel eher eine Erscheinung der Glaziale als der Interglaziale sei. Gleich wie Penck und Bayer schiebt auch Wiegers das Solutreen und Aurignacien zurück, doch nur in die Würm-Vergletscherung, dem älteren Mousterien (I) aber weist er die Stelle der geologischen Riss- Würm-Zwischenzeit zu, während Bayer bekanntlich dasselbe noch in die Mindel-Riss-Zwischeneiszeit hinabsetzt. Einen zurückhaltenderen Standpunkt nehmen besonders Schmidt und Koken ein, die mit Obermaier, Breuil und Boule das gesamte Aurignacien und Solutreen mit dem Magdalenien der Spät- und Post- glazialzeit zuweisen, während das Mousterien nicht weiter als an den ginn und in den Verlauf des Würmglazials sich eingliedern lässt. Wir verdanken Schmidt (16) die während einer Reihe von Jahren 5 Mit grösster Energie und überraschendem Erfolg vorgenommenen 2382 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch.. in Zürich. 1919 Untersuchungen der bekanntesten süddeutschen paläolithischen Kultur- stätten, die nun eine vergleichende Stratigraphie des Ostens mit dem Westen gebracht haben. In dem monumental angelegten Werke von R. R. Schmidt, E. Koken und A. Schliz: „Die diluviale Vorzeit Deutschlands“ (16,m) besitzen wir zum ersten Male eine Zusammen- fassung des gesamten Paläolithikums dieses Landes, wobei auch die benachbarten schweizerischen Fundstätten Kesslerloch, Schweizersbild und Wildkirchli zur Sprache gelangen (S. 188—193). Die mit Recht gestellte Forderung, zur Erstellung eines quartär- chronologischen Systems vorab auch der in den Höhlenfüllungsstraten und in den diluvialen Ablagerungen des Aussengebietes vorkommen- den fossilen Fauna ein Hauptaugenmerk zuzuwenden, ist bei den neuesten Forschungen in ausgiebigem Masse zur Verwirklichung gekommen. Während die einen sich dabei vornehmlich an bestimmte für die archäologischen Straten charakteristische Riesengestalten der Tierwelt, wie die Pachydermen (Elephas meridionalis, E. antiqwus, E. primigenius, Rhinoceros tichorhinus, Rh. Merkit, Hippopotamus) oder an andere grössere Säugetiere (wie Bison priscus, Bos primi- genius, Equus caballus), besonders auch an das Renntier (Rangifer tarandus) und den Moschusochsen (Ovibos moschatus) zur Chronologie des Diluvialmenschen halten, ziehen es andere Paläontologen (17) vor, kleinere, für ein sicheres Kriterium der klimatischen Verhältnisse besser geeignete Vertreter der Säugetiere und Vögel, wie namentlich die arktischen Nager der Tundren und der subarktischen Steppen („Steppentiere‘, „Steppennager“ nach Pallas), Lemminge (Myodes torquatus und M. obensis), Lepus variabilis, Lepus albus, Pferdespringer (Alactaga jaculus) und rötliches Ziesel (Spermophilus rufescens), Dteppen“ murmeltiere (Arctomys bobac), Zwergpfeifhasen (Lagomys pusillus), sowie die grosse Reihe der Wühlmäuse (Arvicoliden) als Leitfossilien ‚zur Horizontierung zu benützen. | z Wenn nun auch eine ausgesprochene Anpassungsfähigkeit. an extreme klimatische Verhältnisse lange nicht allen für die Chrono- logisierung benützten Tieren eigen ist, so dürfte doch ein massenhaftes Auftreten einzelner Typen wie Rangifer tarandus, Ovibos moschatus, Antilope saiga und die typischen Steppennager genügende Hinweise auf besondere einstige klimatische Vorgänge enthalten. In neuester Zeit werden namentlich die Binnenmollusken-Faunen zu einer Gliede- | rung der Quartärabschnitte und zur Beurteilung der Lössablagerungn herangezogen (18). ua ur Br Durchmustern wir die verschiedenen ärchäologisch - paläonto- : logischen Systeme, die seit ‘der Klassifikation Pencks aufgestellt s Jahrg.64. E. Bächler. Die Stell.d. Geologie z.h.paläol’Höhlenförsch. 283 wurden, so ergibt sich daraus die Tatsache, dass wir zur Stunde trotz der bedeutenden Schritte, die die Erforschung des diluvialen Menschen vorangetan, noch kein absolut zuverlässiges Itinerar für. die Ein- ordnung der typologisch zum Teil bereits mit achtungswerter Genanig- keit durchbestimmten prähistorischen Straten.in die geologische Eis- zeitchronologie besitzen. Da ist noch alles in vollem Fluss, und wir dürfen uns deshalb nicht wundern, wenn einzelne „vorsichtigere“ Prähistoriker ihre Hauptpublikationen über jahrelange exakte archäo- logische Forschungen einer Zeit überwiesen haben wollen, wo die geologische Diluvialchronologie eine noch festergefügte Basis auf- zuweisen vermag. 5 — Für den Prähistoriker des jetzigen Momentes besteht m. E. die Hauptaufgabe darin, seine Fundstätten nach allen Regeln moderner Grabungstechnik und -Methodik zu bearbeiten, in dem Sinne, dass auch eine spätere Zeit mit vorgerückterer Erkenntnis sich noch ein völlig klares Bild von den einstigen Fundtatsachen zu rekonstruieren vermag. So dürfte es möglich werden, an Hand einer Reihe von Lokal- Monographien dieser Art später die leitenden Fäden zu einem gefestigten Ganzen zu verweben. Es gilt das Gleiche für die Arbeit des Diluvial- geologen. Wir alle arbeiten ja wohl „nur für unsere Zeit“, allein eine bestimmte Reife sollten auch unsere Forschungen unter allen Um- ständen aufzuweisen vermögen. Es braucht hier kaum darauf hingewiesen zu werden, dass je weiter wir in der eiszeitlichen Skala hinuntergehen (also von der Risseiszeit weg), die Einreihung der paläolithischen Funde des Acheu- Ieen, Chelleen ganz erheblichen ‚Schwierigkeiten begegnet. Das zeigt sich am deutlichsten in den verschiedenen Chronologien von Penck, Boule,Obermaier, Bayer, Wiegers, Schmidt, Koken, Menzel(19). Soviel mag heute sicher stehen, dass der Mensch des Paläolithikums noch völlig innerhalb des Rahmens der Eiszeit hineinzufassen ist, ebenso noch ein Teil des Prächelleens und der sog. Eolithen. Gerade das Problem der Eolithen, das besonders von A. Rutot in Brüssel in zahlreichen Schriften (20) eine so weitgehende Inter- Pretation gefunden, — wobei sich rasch eine Anzahl temperament- voller Gegner desselben verlauten liessen —, hat die Vertreter der Geologie aufs eifrigste beschäftigt, zumal der Anschein gegeben war, als handle es sich in den ältesten Eolithen sogar um intentionelle, durch Menschenhand geschaffene Primitivwerkzeuge aus der Tertiär- Stufe des Oligocaen. So mächtig der Kampf um diese „Steine der Morgenröte“ während eines ganzen Jahrzehnts (19001910) getobt, 80 unbegreiflich ist die nachmalige Stille, die um sie entstanden, 284 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 nachdem schliesslich eine Majorität von Typologen sich für deren „natürliche“ Entstehung ausgesprochen hatte. So wenig es heute zu- lässig ist, den Beginn der Knochenbenutzung des Menschen als Werk- zeuge erst in die Zeit des Aurignacien festzulegen (tatsächlich finden wir sie schon früher!), so wenig darf der Beginn der Menschheit etwa mit dem „coup de poing“ (Faustkeil) verkettet werden. Es muss eine Zeit der „formlosen“ Werkzeuge gegeben haben, als Vorläufer der sog. archäologischen „Typen“. Der Name dieser vorausgehenden prähistorischen Stufe (ob Praechelleens oder Eolithikum) tut dabei nichts zur Sache. Das Problem dürfte dennoch zu gegebener Zeit in neuer Form wieder auferstehen. Wie weit die Anschauungen auch über den Verlauf der post- glazialen Epoche noch auseinandergehen, zeigt am besten die Samm- lung von Berichten für den 11. internationalen Geologenkongress in Stockholm 1912 (21), sowie die Arbeiten von Brockmann-Jerosch (22) und Hans Menzel (23). Von der genaueren Fixierung der spät- und ' postglazialen Zeit ist nun aber die schärfere Begrenzung der prä- historischen Stufen des Magdalenien und des Tardenoisien-Azilien in die Stadien des Bühl-Gsehnitz und -Daun bedingt. Aus all dem Gesagten ergibt sich, wie ausserordentlich wichtig die Mithilfe der Diluvialgeologie für die Gesamtheit der paläolithischen Forschungen der kommenden Zeit zu werden verspricht. Was unsere schweizerischen diluvialgeologischen Verhältnisse anbetrifft, so sind wir durch die Untersuchungen von Penck und Brückner und zahl- reichen andern Geologen (siehe die Literatur in Albert Heim, Geo- logie der Schweiz, Bd. I, das Diluvium), sowie durch die zusammen- fassenden Arbeiten von Roman Frei und Ed. Blösch mehr oder weniger orientiert über das Glazialphänomen in unserem Lande, besser als dies in vielen ausserschweizerischen Ländern der Fall ist. So sollte es allmählich auch möglich werden, bei den geologischen Spezial- arbeiten auf kleineren Gebieten durch eine stärkere Berücksichtigung der diluvialgeologischen Verhältnisse (Gletscherschliffe auf anstehen dem Felsen, Riesentöpfe, erratische Blöcke, Ausbreitung des Errati- kums, Moränen, diluviale Schotter, interglaziale Ablagerungen, diluviale Aufschüttung und deren Lagerungsstörungen, organische Reste: nach 4 Albert Heim, Geologie der Schweiz) der schweizerischen prähister rischen Forschung kräftig vorzuarbeiten. Das Gesagte gilt natürlich für alle jene Gebiete mit einstiger Vereisung, wobei die Einreihung von Funden eines bestimmten Orten an dasjenige Eiszeitschema gebunden ist, das zur Zeit für ein grösseres F Areal die brauchbarsten Anhaltspunkte darbietet. Für das alpıne Jahrg.64. E. Bächler. Die Stell. d. Geologie z. h. paläol. Höhlenforsch. 285 Gebiet wird daher das Pencksche System am ehesten Anwendung finden, während in Norddeutschland (24) die bis heute nachgewiesene dreimalige Glaziation zu berücksichtigen ist. — Viel schwieriger gestaltet sich die genauere Bestimmung in den ausserglazialen Ländern oder dort, wo nur Spuren von eiszeitlichen Bildungen vorhanden sind, dieselben sogar gänzlich fehlen. Eine Dreiteiligkeit für das französische Quartär nimmt Boule (26), sowie Lapparent an, während Penck aus den vier Schottern der Rhone und der Isere auf die vier mit ihnen korrespondierenden Eiszeiten der Zentral- und Ostalpen schliesst und Obermaier auf Grund seiner vier Schotterterrassen der Garonne in den Pyrenäen auch zur Einordnung der archäologischen Stufen ‚gelangt. In den total unvereisten Gebieten Frankreichs, wie z. B. in der Dordogne, hat Wiegers (27), „gestützt auf mehr oder weniger feine und auffällige Unterschiede in der quartären Tier- und Pflanzenwelt“, namentlich aus dem wechselnden Auftreten des arktischen Renntieres, des Mammuts und des behaarten Nashorns, ja selbst des Lemmings, sowie aus dem Vorhandensein charakteristischer Terrassenbildungen den Versuch gewagt, „eine gemeinsame Basis zu schaffen, auf der eine Vergleichung der Schichten des französischen Diluviums mit dem deutschen möglich ist“. So verdienstvoll die Untersuchungen Wiegers für die Diluvialgeologie und -Archäologie sind, so ist es doch ver- früht, sich der vollen Freude hinzugeben, dass nun durch dieselben das alte, brennende Problem der restlosen Parallelisierung und Gleich- stellung des Westen und Ostens endgültig gelöst wäre. Es gilt hier noch viel minutiöse Arbeit zu schaffen, geradeso wie im Umkreise jeder einzelnen prähistorischen Station im Gebiete der vollen Ver- eisungserscheinungen. Erinnern wir daran, wie schwer es hält, das genaue geologische Alter derjenigen paläolithischen Fundplätze mittelst geologischer Argumente zu bestimmen, die im Niveau über den Vereisungen und innerhalb der Jungmoränen der Alpen liegen, wie 2. B. das Wwild- kirchli. Neuestens gesellt sich zu ihm eine erstaunlich reiche palä- ontologische Fundgrube von Ursus spelaeus — Ja .. mit bereits gesicherten Tatsachen von der Anwesenheit des Bärenjägers — ım Drachenloch ob Vättis, auf einer absoluten Meereshöhe von nicht weniger denn 2440 m (28). Selbst dort, wo eine Paläolithstation mitten in der Moränenlandschaft geborgen ist, kann nur mit der vollen Seriosität des gesamten geologischen Rüstzeuges an die Be- Stimmung ihrer Altersfrage herangetreten werden. Wir begreifen es gar gut und freuen uns über die wohlbegründete und weise Zurück- 286 Vierteljahrsschrift d: Naturf. Gesellsch. in Zürich. „1919 haltung des Entdeckers der zweiten ältesten paläolithischen Fundstätte der Schweiz in Cotencher bei Neuenburg, Auguste Dubois, wenn er in seinem’ Berichte (29) über die von ihm seit 1916 an diesem Orte betriebenen Forschungen bekennt: „Quant au probleme de la determination de l’äge glaciaire de la faune et du materiel paleo- lithique de Cotencher, nous nous bornerons A dire que gräce au fait que nous nous trouvons en plain depöt morainique et, gräce aussi & un heureux’concours de eirconstances, nous avons tout lieu d’esperer que nous arriverons & le resoudre avec nettete, mais il serait pour le moment premature d’aborder cette question qui exigera d’ailleurs d’assez longs developpements.“ Wenn der Prähistoriker von heute es den so ansehnliche Leistungen der neueren Stratigraphie (die oft mit Zentimetern von Profilschichten zu rechnen hat!), sowie der schon weit ausgebauten Typologie der vorgeschichtlichen Industriedokumente zu danken hat, dass es ihm ermöglicht wird, die Funde der einzelnen Straten zu determinieren und sie zu einem mehr oder weniger geschlossenen Bilde zu vereinigen, so darf es anderseits doch nicht verbehlt bleiben, dass selbst heute auch innerhalb der Formenkreise der paläolithischen Industrien noch gar manche Unklarheiten bestehen. Ihre Ursachen liegen oft in örtlichen Verhältnissen z.B. mit Bezug auf das zur Verwendung gelangende Stein- und Arbeitsmaterial, sein seltenes Vorkommen, das „Abflauen von Typen“ und die Retardierung von Kulturen infolge langer Abgeschlossenheit der paläolithischen Horden. Wie man in der Geologie von Sonderablagerungen spricht, so kann man auch in der Prähistorie „Kulturfazies“ unterscheiden. — Das Vor- wiegen sogenannter „atypischer Formen“ über die eigentlichen schönen Typen in einer Fundstrate mag oft einzig bedingt sein durch weit- gehendste Ausnützung eines ‚so wie so im Gebiete seltenen Roh- materials an Quarziten, oft handelt es sich um reine Abfallprodukte der Werkzeugindustrie, um unvollendete oder total abgenützte Stücke. Dem Praktiker der paläolithischen Höhlen- und Abris-Forschung ist es ja nur zu gut bekannt, dass beinahe in jeder Station die Zah der sog. „schönen Typen“ (die noch in den meisten unserer Paläolith- sammlungen der Museen zu Unrecht allein paradieren, während die übrigen „atypischen Stücke“ beiseitegeschoben werden) prozentual in grosser Minderheit vorhanden sind. ; Im Vorausgegangenen ist dargetan worden, in welcher Weise . die Geologie, als getreue Mitarbeiterin des Prähistorikers, für Me ar Hauptfrage der zeitlich geologischen Altersbestimmung den vOME — geschichtlichen Fundstätten eine der vornehmsten Aufgaben besitzt. i Jahrg. 64. E. Bächler. Die Stell. d. Geologie z. h. paläol. Höhlenforsch. 287 Nun gibt es aber noch eine ganze Reihe anderer Fragen, in denen sowohl die dynamische als die historische Geologie ein entscheidendes Wort abzugeben hat. Sei es dabei, dass der Geologe als Berater herbei- gezogen wird, oder dass er die selbständige Bearbeitung eines oder mehrerer Sonderkapitel der wissenschaftlichen Monographie über eine bestimmte Fundstätte übernimmt. Neben der allgemeinen Schilderung der Situation der Fundstätte: Lage nach absoluter und relativer Höhe, Form und Exposition des oder der Höhlen- und Abrisausgänge (Felsentore, Felsenfenster), Zugänglichkeit, günstige Siedelungsbedingung, meteorologische und klimatische Verhältnisse einst und jetzt, Flora und Fauna von heute und früher, ausser der Beschreibung der topographischen Beschaffen- heit (Gestaltung, Verlauf der Höhlenhaupt- und Nebenteile, Tunnels, Röhren, Spalten, Klammen, Schlote, Wasserläufe usw.) handelt es sich vor allem um die Darstellung der gesamten geologischen Verhältnisse der Fundstätte und ihrer näheren und ferneren Umgebung: Stratigraphie und Tektonik. Gesteinsart, sowie die einstigen tektonischen Vorgänge bilden bekanntlich die Ausgangspunkte für die Frage der Genesis der Höhle oder des Abris und deren heutigen Charakter (Spalten-, Zerklüftungs-, Dislokationshöhlen, Naturschächte usw.). Aus der Gestaltung der Höhlenwände, den Wasserverhältnissen, insbesondere aber auch aus der Beschaffenheit der Höhlenfüllung ergibt sich, ob es sich um Fluss- wasserhöhlen oder Sickerwasserhöhlen, um mechanische oder chemisch- lösende Wirkung des Wassers bei der Höhlenbildung und -Zerstörung (Erosion oder Korrosion) handelt. Lage und Verlauf (Fallen und Streichen), Beschaffenheit (Zerklüftung, Absplitterung, Glättung, Aus- kolkung) der Höhlenwandschichten, Härte des Gesteins, Exposition zu Licht und Wärme, Feuchtigkeit, Luftzugsverhältnisse, Ventilation, Temperatur bedingen die Art der Verwitterung, deren Produkte mit jenen des Sinterprozesses einen Teil der Höhlenauffüllung bilden. Flusswasser sind neben Gesteinsdislokationen oft richtungbestimmend für den Verlauf der Höhlen. Das Eindringen der Wintertemperaturen erzeugt charakteristische Eisbildungen (Eishöhlen, Eispaläste, Stalak- üiten und besonders Stalagmiten). Der Sinterprozess erzeugt Sinter- terrassen, Sinterstalaktiten und -Stalagmiten. Höhlenflüsse, unter- irdische Abflüsse, Grundwasser können von praktischer Wichtigkeit . Werden, wenn es sich um Quellverhältnisse handelt (Färbungen mittelst = Fluoresein), Die meisten Punkte der Höhlenhydrologie behandelt Knebel (1) in ausführlicher Weise. 29%. Von besonderem Interesse ist oft auch vom Standpunkte der 288 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Prähistorie aus die Frage des Alters der Höhle. Da die Höhlen- bildung namentlich in sedimentären Gesteinen, wie den Kalken, häufig an tektonische Dislokationsflächen gebunden erscheint, so lassen sich von der Bestimmung des Alters der prähistorischen Funde aus, nament- lich jenen, die direkt auf dem nativen Boden der Höhle oder in nächster Nähe desselben gelegen sind, gewisse Rückschlüsse ziehen auf die Möglichkeit einer ersten zeitlichen Besiedelung der Höhle. Die letztere selbst aber kann nie älter sein als die Dislokationserschei- nungen im Fels. Ganz hervorragende Dienste vermag die Geologie dem praktischen Höhlenforscher des Paläolithikums zu leisten, wenn es sich um die Diskussion der Höhlenausfüllung bezw. um die Charakteri- sierung der Fundschichten (fertile Schichten) und der fundleeren (infertilen) Schichten handelt. Dieselben sind oft recht mannigfaltig zusammengesetzt und die Frage ihrer Genesis liegt zur Beantwortung z. T. auf geologischer Seite. Da wechseln typische Lehmschichten mit solchen, die aus Sinterablagerungen und Kalkmehl bestehen. Der Verwitterungsprozess im anstehenden Höhlengestein macht sich durch die Einlagerung von kleineren und grösseren Schuttstücken desselben, ja selbst eigentlichen Deckenabbruchplatten (besonders in Kalkhöhlen mit horizontaler Schichtlagerung) bemerkbar. Die Grösse der Abbruch- stücke hängt von der Kompaktheit des Gesteins der verschiedenen geologischen Stufen ab. (Seewerkalk und -Schiefer bedingen ganz andere Formen der Schutteinlagerung als zum Beispiel Schrattenkalk und Valangien). Was den Lehm in Höhlen anbelangt, so dürfte bei genauerer Untersuchung derjenige, der in loco als Auflösungsrückstand aus dem Höhlengestein entstanden ist, von dem von aussen stammenden, oft von weiterher eingeschwemmten wohl zu unterscheiden sein. Noch charakteristischer ist endlich das Höhlenfüllungsmaterial, das von diluvialen Gletschern (glaziale Relikte: Erratica, geschrammte Ge- schiebe, fluvioglaziale Gerölle ete.) in die Höhle oder an den Fundort von prähistorischeu Relikten eingeführt, oft eingepresst wurde. Derartige Straten, die dem Archäologen gewöhnlich keine oder nur spärliche Dokumente liefern, spielen nun aber als sogenan | infertile Schiehten zwischen den Fundschichten eine belangreiche Rolle, da sie einmal zur Trennung der prähistorischen Industrien, anderseits aber auch zur Unterscheidung der. verschiedenen diluvialen Phasen wesentliche Dienste leisten können. Es gibt sogar Fälle, WO ae fertilen Schichten durch förmliche hartversinterte Schichten getrennb: nte 5 Jahrg.64. E.Bächler. Die Stell. d. Geologie z. h. paläol. Höhlenforsch. 289 sind, die dann als sichere Abgrenzungen der Horizonte nach oben und nach unten dienen. Lassen sich die einzelnen durch Material, Konsistenz, Farbe, oft plötzlich auftretenden und wieder verschwindenden Grabungs- oder Profilschichten mit ihrem prähistorischen Inventar als die „Blätter der Urgeschichte“ bezeichnen, so können sie dem Geologen Anhalts- punkte schaffen für die einstigen geologischen Vorgänge in der Höhle, in gewissen Fällen selbst zu paläoklimatologischen Anzeigern werden. Es gibt da noch ausserordentlich viel zu ergründen! Welch’ bedeutende Unterschiede lassen sich selbst in ein und derselben Höhle feststellen mit Bezug auf die Mächtigkeit der Höhlenauffüllung. Differenzen von 2—-4 Meter und noch mehr, je nachdem daselbst rein natürliche Ab- lagerungen oder solche mit den Depots von Tierknochen und der Hinterlassenschaft des einstigen Höhlenbewohners vorhanden sind. In verschiedenen Höhlen des Säntisgebirges stiessen wir bei Grabungen in korrespondierenden Tiefen auf mächtige Lager von Sturzblöcken aus dem Anstehenden. Ob wir es da mit synchronen Dislokations- erscheinungen im Gebirge oder mit gleichzeitigen Störungen des Gleichgewichtes der Gesteinsschichten infolge von Erdbeben zu tun haben ? | Noch in gar manchen Beziehungen wünscht der Urzeitforscher des Geologen, Petrographen und Paläontologen Rat und Hilfe. Der Höhlenschutt führt oft merkwürdige chemische und mechanische Ver- witterungsformen und -Zustände, sowie Zersetzungsstadien der Gesteine, Petrefakten, die vielleicht schon des Urmenschen Phantasie anregten, „Naturspiele“, die verzweifelte Ähnlichkeit mit intentioneller Arbeit („Pseudoartefakte“) und Kunst des Höhlenbewohners besitzen. Wie - verschiedentlich ist von prähistorischen Forschern schon der Versuch gemacht worden, aus der Mächtigkeit des Höhlenschuttes Berechnungen über das Alter und die Zeitdauer der Sedimentation und Auffüllung anzustellen, um damit Schlüsse zu ziehen auf die Chronologie einer prähistorischen Besiedelung. Da wird der Geologe mit Recht darauf hinweisen, wie alle solche „Berechnungen“ eben nur den Stempel des sehr Relativen tragen und genaue Resultate unter keinen Um- 'ständen zu erreichen sind. Zum Schlusse sei noch darauf aufmerksam gemacht, wie sehr der Prähistoriker auf die richtige Determination und Charakteri- sierung des Artefaktengesteinsmaterials und besonders auch auf die Bestimmung von dessen Herkunft angewiesen ist. In Kalk- höhlen, wo Quarzite und Feuerstein als Steinwerkzeuge, Nuclei, Ab- Sprenglinge aus der Urzeit vorgefunden werden, ist wohl die erste Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. ae u Sk Ha z e ; 290 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Frage die: Woher hat der Paläolithiker sein Artefaktenmaterial bezogen ? Wo ist dasselbe im Anstehenden vorhanden ? Handelt es sich um erratisches, exotisches Gestein oder gar um Tauschmaterial, welch letzteres uns den Fingerzeig geben kann für einstige Ver- bindungen, die die paläolithischen Sippen untereinander gepflegt haben, oder die uns sogar den Weg der Ein- und Auswanderung derselben vorzeichnen ? Die Aufgaben der relativ noch sehr jungen Urgeschichtsforschung sind komplexer BAbIE Ging Banee- abe von 2. Spodinl minsonnchA (Geologie, Petrog de, Chemie, Zoologie, Er Hola: Anatomie, es besonders auch vergleichende Ethnographie der Naturvölker) müssen ihr helfend zur Seite stehen, wenn sie sich nicht nur in Typologie und in Auf- speicherung von „Kuriositäten“ Genüge leisten will, sondern die wich- tige Mission hat, ein Teil der Geschichte der Entwicklung des Menschen- geschlechtes, seines Fortschrittes von primitiver Gestaltung desselben zu höheren und höchsten Kulturformen zu sein. Die retrospektive Betrachtung der Menschheitsgeschichte, zu der naturnotwendig auch die den viel grösseren Zeitraum umfassenden urgeschichtlichen Kulturphasen gehören, will ja nicht zuletzt auch dem immer wieder zum Nachsinnen und Nachforschen auffordernden Problem der Menschwerdung, „der Auferstehung der Menschheit aus dem Dämmer des Trieblebens in die Helle des Bewusstseins“ näher- treten. Aus der geistigen Enge des Primitirmenschen mit dem Über- wiegen der tierischen Instinkte tritt der ‚schlafende Riese“ in das Erwachen zu zielbewusstem Kampfe mit ihnen und ins Stadium bewusster Kulturarbeit, aus der Naturbeherrschung zur Kultur- beherrschung, in der durch „das volle, harmonische Ausleben der Individualität, die freie und stete Vervollkommnung der Persönlich- keit im Dienste der Sozietät, der Menschheit, im Erstreben und Er- ringen alles Bessern“ zugleich auch das wahre Glück des Menschen geborgen liegt (30). In diesem Sinne reiht sich die heutige urge- schichtliche Forschung jenen Wissenschaften ebenbürtig an, die in der Erkenntnis des Aufstieges der Menschheit zugleich ihren Fort- schritten nachgeht, die zwar nicht in gerader Linie erfolgen, letzten Endes aber doch von Phase zu Phase eine Entwicklung zum Höheren, zum wirklichen Menschen, bedeuten. » ” > a on Jahrg.64. E.Bächler. Die Stell. d. Geologie z.h. paläol. Höhlenforsch. 291 Anmerkungen und Literaturnachweise, W. von Knebel. Höhlenkunde, mit Berücksichtigung des Karstphänomens. e Wissenschaft, 15. Heft. Braunschweig, Viewe 16. Von ala Werken za er Höhlenkunde, die noch viel. Brauchbares enthalten, mögen erwähnt s W. Boyd-Dawkins (Spenge) Die Höhlen und die Ureinwohner Europas. Heidelberg. 1876 Salomon Röinsch. Antiquites nationales, I (Epoque des alluvions et des cavernes). Paris. 1887 E. A. Martel. Les Abimes etc. Set ar Franz Kraus. Höhlenkunde. Wie E. Bächler. a) Die prähistorische a in der Wildkirchli-Ebenalphöhle. Verh. d. Schweiz. Naturf. Ges. 1906. S. 412. b) Das Wildkirchli, die älteste prähistorische Kulturstation der Schweiz. Schriften des Ver. f. Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. 1912. - A. Penck. .a) Die alpinen Eiszeitbildungen und der prähistorische Mensch. Archiv für Anthropologie. N. F. Bd. 1, S. 78—90. Tabelle $. 90. b) Das Alter des Menschengeschlechtes. Zeitschrift für Ethnologie. 1908. Heft 3, ' 8. 390—407. 'e) — und Brückner. Die Alpen im Eiszeitalter. 1909. Bd. I, S. 373, 379 u. ff.; Bd. II, S. 439—440, 699—716, Tabelle S. 716; Bd. III, S. 1153 — 1176 j Marcellin Boule. Observation sur un Silex taille du Jura et sur la chrono- logie de M. Penck. L’Anthropologie T. = (1908), pag. 1—13; mit Tabellen. W. Deecke. Geologie von Baden. 2. Teil. 1917. F.E. Geinitz. Die Eiszeit. Wissenschaft, i“ 6. Heft. Braunschweig. 1 1906. - D. Aigner. Das Tölzer Diluvium. Landeskundl. Forschungen d. Geogr. Ges. in München. 1910. Hugo Obermaier. a) Le Quaternaire des er et la nouvelle classification du Prof. A. Penck. en XV, 1, S. 25— 36. 1904. b) La station paleolithique de Krapina. aloe 1905, XVI, 1,8.13— 27. mit Tabellen e) Beiträge zur "Kenntnis des Quartärs in den Pyrenäen. ° Archiv für Anthro- pologie. N. F. 1906. 1. Teil in Bd. 4, Heft 4, S. 299—310. 2. Teil in Bd. 5, Heft 3 und 4, S. 244—262; mit Tabellen d) Das geologische Alter des Menschengeschlechtes a Be der Geolog. Gesellschaft Wien, 1908, III, S —322; mit Tabe €) Les formations glaciaires des Vi es et I’homme halsolithigte. L’Anthro- pologie XX, 1909, S. 497—522; mit Tabellen f) Der Mensch der Vorzeit. Allgem. Verlagsgesellsch. Berlin-München-Wien. 1911/12; ie 5. 336 u. » Moritz Hoernes. Der diluviale Mensch in Europa. Braunschweig. Vieweg u. Sohn. 1903. Tabelle S. 212. - H. Breuil. a) Les gisements Presolutreens du type d’Aurignac. Extrait C.R. 13eme Congr. d’Anthropologie et d’Archeologie prehistorique. Monaco. 1907. b) L’Aurignacien presolutreen. Extrait de la Revue pr&historique, d£me annee, et 9. ‚No. ec) Les subdivisions du Paleolithique superieur et- leur signification. C.R bein session du Congr. internat. d’Anthropologie et d’Archeologie pre- historique, Tome 1, $. 165—238, Geneve, 1912. AR] oseph Br er. a) Das geologisch-archäologische Verhältnis im Eiszeitalter. m bellen. | Zeitschr. f. Ethnologie. Berlin, 1912, S. 1-22; mit Ta b) Das Alter des Menschengeschlechtes, a.a.O. S. 180—187 (1912) m. Tabellen. 292 13. Re de von mir 1912 durchgeführte völlige Entblössung des Profils von Wartau- Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 c) Die Chronologie des jüngern waren Mitt. d. prähistor. Komm. d. Akad. d. Wissensch. Wien, 1913, Bd. 2, Heft 2; mit Tabellen. d) ns Gliederung des Diluviums in Europa. Mitt. d. geol. Ges. Wien, 3, 1913, 188—196 ; mit Tabellen. e) ns Chronologie der diluvialen Kulturen und Ablagerungen in den Alpen und in Norddeutschland. Zeitschr. f. Ethnologie. Berlin, 1914, Heft 2 u. 3, S. 466478; mit Tabellen f) Die Bedeutung der Mousterienstation Markkleeburg bei Leipzig für die quartärgeologische Frage. Manus. 1914, Bd. 7, S. 315—325. g) Chronologie des temps quaternaires. C. R. 14eme session du Congr. internat. d’Anthropologie etc, Geneve 1912, Bd. 1, 145—164; mit Tabellen h) Das Klima während des Riss-Würm-Interglazials. Jahrb. f. Alterturaskunde. Wien, 1911, Bd.5, S. 98—106. i) Das Alter der Lößstationen am Rhein. aa f. Altertumskunde. Wien, 1910, Bd. 4, S. 154—171. ) Kan Löss und re Kulturi in Mitteleuropa. ae, £. Alter tums- unde. Wien, 1909, Bd. 3, S. 149—160. > weg-Weite bis auf die Tiefe glazialer Ablagerungen hat sich das sicher en Alter dieser Lössablagerung restlos ergeben. Vgl. auch J. Früh, Das postglaziale Löss im St. Galler Rheintal. ee d. Naturf. Ges. Zürich, 1899 und Broekmann-Jerosch, Das Alter des schwei- zerischen diluvialen Lösses. In der gleichen ale 1909. 14. Hans Menzel. a) Die paläontologischen Grundlagen für die Chronologie des 15. Fr. Wiegers. a) Über die prähistorische Untersuchung einiger deutscher Diluvialmenschen. Zeitschr. f. Ethnologie. 1914, Heft 2 u. 3, 8. 241— 248; mit Tabelle. b) wer en, Entwicklungsgeschichte der älteren Postglazialzeit im nörd- n Europa und ihre Beziehung zur Prähistorie. Zeitschr. f. Ethnologie. re Heft e% u. Er S. 205—240; mit Tabellen. Diluvialfundstätten. Zeitschr. f. Ethnologie. 1914, Heft 2 u. 3, S. 421—438. b) Die diluvialen Kulturstätten des Vezeretales, ibid. 1913, Heft 1, S. 126—160; mit Tabellen. c) Über das Alter des diluvialen Menschen in gr Zeitschr... deut- schen geol. Ges. Bd. 65, 1913, Monatsber. No. 11, S. 542—567. d) Die Gliederung des französischen Pliocaens und ee Zeitschr. d. deutschen geol. Ges. Bd. 65, 1913, S. 384—417. e) Die geologischen Grundlagen für die Chronologie des Diluvialmenschen. ' Zeitschr. d. deutschen geol. Ges. Bd. 64, 1912, Monatsber. No. 12, S. 578—605:; mit Tabellen f) Die diluvialen Kulturstätten Nörddeutschländs und ihre Beziehungen zum Alter des Löss. Prähistorische Zeitschrift 1909, Sonderabdruck, 1—36. 16. R. Schmidt. a) Die neuen paläolithischen Kulturstätten der schw äbischen Alb- rch. f. Anthropologie. N. F. Bd. 7, 1908, Heft 1, S. 6 b) Die späteiszeitlichen Kulturepochen in Deutschland und die neuen paläo lithischen Funde. Korrespondenzblatt d. deutschen Ges. f. Anthropologie. 1908, S. 1—8. u. Neubur; €) ze re Kulturen der Ofnet. Ber. d. naturw. V ereins f. Schwa- 110. I d) Die aeisöltiecke ee der Ofnet. Manus, 1909, Ergänzung band. © — dungpalaolichikume Manus, 1909, Heft 1 u s Aurignacien in Deutschland. Vergleichende anne des älteren nd 2. D. = - — Über die Fehlerquellen in der Beurtei Jahrg.64. E. Bächler. Div Stell. d. Geologie z. h. paläol. Höhlenforsch. 293 f) Der Sirgenstein und die diluvialen Kulturstätten Württembergs. Stuttgart (Nägeli & Sprosser) 1909/10. g) Die diluvial-prähistorischen Sammlungen deutscher Funde in Tübingen. Manus, 1909, I. Ergänzungsband. h) Die archäologischen Einschlüsse der Lößstation Achenheim im Elsass und die paläolithischen des Rheintallösses. Prähistorische Zeitschr. 1909, Bd. 1, Heft 3—4, S. 339—346; mit Tabellen. i) Die paläolithischen Kulturen und die Klimaschwankungen in Deutschland nach dem Maximum der letzten Eiszeit. Korrespondenzblatt d. deutschen Ges. f. Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. 1910, No, 9/12. k) Zur Stratigraphie der Wildscheuer. Prähistorische Zeitschr. 1910, Bd.2, 2/3, S. 241— 246. l) Die Grundlagen für die Diluvialchronologie und Paläontologie Westeuropas. Zeitschr. f. Ethnologie, 1911, Heft 6, S. 945—973; mit Tabellen. m) Stuttgart, 1912. E. Schweizerbart (Nägele & Sprosser). . A. Nehring. Über Tundren und Steppen der Jetzt- und Vorzeit. Berlin, 1890. . H. Menzel. Die paläontologischen Grundlagen für die Chronologie des Menschen. Zeitschr. f. Ethnologie. 1914, Heft 1—2, 8. 241—248. . Auf die neueste, von O. Hauser (1915) erstellte Tabelle zur Diluvialchronologir des Vezeretales („Über eine Chronologie des mittleren Paläolithikums im Vezeretal“, Dissertation. Leipzig 1916) trete ich hier nicht näher ein, da "das sogen. Micoquien Hausers in seiner Parallelisierung mit den Funden von Kösten, Weimar-Taubach, Ehringsdorf, Hundisburg, ja sogar des Wildkirchli noch einer gründlicheren Prüfung bedarf. Die Chronolorie- tabelle ist eine Akkomodation an die archäologischen Befunde, entstamm also nicht geologischen Erwägungen. An dieser Stelle sei auch verwiesen auf Bi -V. Commont. Chronologie et stratigraphie des industries protohistoriques, neolithiques et paleolithiques dans le nord de la France. Congr. internat. d’Anthropologie et d’Archeologie prehistorique. Geneve, 1912, 5. 239-254. . Mit Bezug auf das Problem der Eolithen kann hier nur auf zwei Hauptschriften von A. Rutot verwiesen werden: i a) Le Prehistorique dans l’Europe centrale (industrie de la pierre). Namur, 1903 b) Mise au point pour 1911 du memoire intitul& Le Prehistorique dans !’Europe centrale. €. R. Congr. Dinant, . ? er ; na Die übrigen Arbeiten Rutots über Eolithen, sowie über die Glazial- chronologie sind niedergelegt in Bull. Soc. Prehistorique de France. ee Congrös Prehistorique de France 1908. } = Se 5 Von den a ntie olithischen Schriften mögen hier noch erwähnt sein: H. Obermaier. Zur Eolithenfrage. Arch. f. Anthropologie. Braunschweig 1905. N.F. Bd. 4, Heft 1. : ap , VER 9) 16. 1905. Marc Boule. L’origine des Eolithes. L’Anthropologie. T. R. Hoernes. Über Bolithen. Naturw. Verein für Steiermark. a ea 45. Paul Sarasin. Einige Bemerkungen zur Eölithologie. Mitt, d. eogr.-SENNOBT, Ges. Zürich. 19081909. lung der Eolithen. Mitt. d. Naturf. Ges. Basel. Bd. 22, Heft 1, 1911 294 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 21. Die Veränderungen des Klimas seit dem Maximum der letzten Eiszeit. Stock- ‚'holm, 1910. 22. Broöckmann: Jerosch. a) Die Änderungen des Klimas seit der letzten Ver- gletscherung in der Schweiz. Wissen und Leben. 1910. b) Neue Fossilfunde aus dem Quartär und deren Bedeutung für die Auf- fassung des Wesens der Eiszeit. Vierteljahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich, 54, 1909. ce) die fossilen Pflanzenreste. des glazialen Delta bei Kaltbrunn und deren Bedeutung für die Auffassung des Wesens der Eiszeit, Jahrb. d. St. Gall. Naturw. Ges. 1908/1909. 23. Hans Menzel. Die geologische Entwicklungsgeschichte der älteren Postglazial- zeit im nördlichen Europa und ihre Beziehungen zur Prähistorie. Zeitschr. f. Ethnologie, 1914, Heft 2 u. 3. 24. F. Wahnschaffe. Die Oberflächengestaltung des norddeutschen Flachlandes. Stuttgart, 1909. 25. E. Geinitz. Das Quartär von Nordeuropa. Stuttgart, 1904. { 26. A. de Lapparent. Traite de Geologie. 5. Aufl. 1906. M. Ka Essai de paleontologie stratigraphique de l’homme. Revue d’Anthro- pologie. Paris, 9: 21.: Fr. Wie Siehe Literaturhinweise No. 155b und d. 28. E. Bächler. Vorläufiger Bericht über die ersten Ausgrabungen im Drachen- loch ob Vättis, 2440 m ü. M. Jahresber. d. Naturhist. Museums St. Gallen. 1917/18. 29. Vgl. een Jahresber. d. Schweiz, Ges. f. Urgeschichte (Soc. suisse de pre histoire). 1917, S. 25. 30. F, Müller-Lyer. Die Entwicklungsstufen der Menschheit. Bd. II: Phasen der Kultur. II. Aufl. München, Albert Langen, 31. Ein ne der in der Schweiz varkontaanden Höhlen befindet sich in ul Egli, Beitrag zur Kenntnis der Höhlen der Schweiz. Vierteljahrsschr. d. at Ges. Zürich (1904). Die Arbeit enthält ausser allgemeinen Bemer- kungen über das Höhlenproblem eine ausführliche Beschreibung des 1894 entdeckten Hölloches im Muotatale. Für die Orientierung der Geologen in der Vorgeschichte des Paläolithikums sei hier auf folgende Hauptwerke (die übrige Literatur wird in meiner „Methodo- logie“ in ausgiebiger Weise berücksichtigt) is gemacht: 1. Jos. Dechelette. Manuel en prehistorique. Bd. I. Paris, Alphonse Picard et fils. 1908. Das be Moritz Hoernes. Der diluviale Be in Europa. Braunschweig, Fr. View weg 9 u. Sohn, 1903. (Zieht Chell&o-Mousterien zusammen, kennt das Aurignacien noch nicht !!). — Aa as des Menschen. Bd. I u.Il. Wien u. Leipzig, Hart- ebe 3. H. Obermaier. Die Steingeräte des französischen Altpaläolithikums. Wien, Altred Hoelder, 1908. 4. H. Obermaier. Der Mensch der Vorzeit. (Bd. I von: Der Mensch aller Zeiten). Allg. Verlagsges. Berlin-München-Wien, 1912. (Vorzüglich zur Einführung!) 5.04 Herselt Urgeschichte ae Schweiz. Zürich, A. Müller, 1901. Ver griffen. Bedarf einer Neuau 6. A. Schenk. La Suisse pristoriqe. Lausanne, 1912. Enthält auch die neuern Forschungen. P Kae Die Völkerschaften der Schweiz von der Urzeit bis zur Gegenwart. Stuttgart, Strecker & Schröder, 1915. -1 ” REN m Va re Se a TE er FE I een Pe % SER Über das Längsprofil Graubündens. Von RupvorLr Staus (Zürich). Hiezu Tafel VI. (Als Manuskript eingegangen am 31. Oktober 1918.) Seit den Tagen, da Albert Heim mit seiner klassischen „Geo- logie der Hochalpen zwischen Reuss und Rhein“ die erste glanzvolle ' Periode der Erforschung Graubündens, die Aera eines Escher, eines Studer und eines Theobald zum würdigen Abschluss brachte, hat auf seinem Fundament die Erkenntnis vom Baue der Alpen nie ge- ahnte Fortschritte gemacht. Lugeon begründete 1901 in einer einzig- artigen Synthese die Lehre der grossen Decken, und seither hat die- selbe in allen Teilen der Alpen und weit darüber hinaus einen wahren Siegeszug gehalten. Was Lugeon in genialer Weise vorausgesehen hatte, ist heute durch eine Fülle der verschiedensten Arbeiten aus allen Teilen der Alpen nicht nur bestätigt, sondern vielfach noch überboten. Was früher als unverständliches Chaos erschien, löst sich jetzt auf in gesetzmässige Harmonie, und mehr und mehr erkennt man den grandiosen Mechanismus dieser Gebirgsbildung. Ungeheuer- liches verstehen wir heute im Lichte der neuen Anschauungen als unabänderliche Koneoguenz des nischen Iuettanderepielans der Kräfte, als Resultat Phasen ein und derselben PUDUILAL grandiosen gebirgsbildenden Beweping, und .. sich PARERHNBEOER Y1:1,.11 nenund -fügen derVorgänge, dieses sich F Grundgesetzes, das Aufspüren grosser und grösster 7 udammanhänge und Gesetzmässigkeiten im scheinbaren Chaos, das alles bürgt uns dafür, dass Lugeon uns den richtigen Weg gewiesen hat. Die Er- forschung des Wallis und die Synthese der Westalpen, wie sie Ar- - gand in glänzender Weise durchgeführt hat, zeugen wie nichts anderes von der. grosszügigen Weite und der Gestaltungskraft der Lugeon- schen Lehre = lm Beine dieser neuen Ideen nahm auch die Geologie Grau- bündens, die seit den Tagen Albert Heims und Theobalds geruht 296 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 hatte, einen neuen Aufschwung. Steinmann und seine Schüler be- gannen mit dem eifrigen Studium einzelner Gebiete, wie des Rhätikons, der Gegend von Arosa, des Schams, des Unterengadins. Aber es fehlte noch die Verfolgung der gefundenen Bauelemente auf weitere Strecken und deren Einreihung in grössere Einheiten, es fehlte noch der die einfachen Grundzüge suchende Geist der Lugeonschen Auf- ‚fassung, man verlor sich allzusehr im gewaltig sich häufenden Detail. Ganz anders Zyndel, der seine Bergheimat leidenschaftlich liebende Bündner. Er war der erste, der auf Grund eingehender weitreichender Studien uns ein einheitliches Bild vom Gebirgsbau Graubündens ent- werfen konnte, der erkannte, dass nicht das Chaos, sondern ein grosses Grundgesetz: das des Deckenbaues, die Tektonik von ganz Bünden regiert, und er wie kein anderer wäre dazu berufen gewesen, diese erste Synthese zu erweitern und zu vertiefen, den Anschluss an die Nachbargebiete zu suchen, die grossen Zusammenhänge noch weiter aufzudecken. Er kam nicht mehr dazu, und mitten aus seinem viel versprechenden Schaffen entriss ihn uns der Tod. Dafür kamen andere und suchten von neuem ein kleinliches Chaos zu errichten mit konzentrischen und divergenten Schüben, drehender Kraftrich- tung, und kreuz und quer das Gebirge regellos durchlaufenden Mulden. Die Zyndelsche Auffassung der Gebirge Graubündens als eines 8% waltigen Paketes übereinanderliegender einheitlich von Süd nach Nord bewegter Decken, und damit zusammen die Lehre vom Decken- bau der Alpen überhaupt wurde als regionaltektonische Spekulation schlimmster, ja frivoler Art, als in höchstem Grade unwissenschaft- lich zurückgewiesen. Aber Unverstand und Beschränktheit konnten den Stein, den Zyndel ins Rollen gebracht, nicht mehr aufhalten. Die Ideen und Gedanken Zyndels lebten weiter, und heute, sechs Jahre nach Zyndels erster Synthese, finden wir durch alle neueren Detailaufnahmen, auch die von gegnerischer Seite, seine Ideen vom Deekenbau Graubündens vollauf bestätigt. Heute sind eine ganze Anzahl junger begeisterter Geologen damit beschäftigt, auf Zyndels Grundlagen weiterzubauen. Immer weiter schreitet die Erforschung des herrlichen Gebirgs- landes, Jahr für Jahr noch werden ständig neue Entdeckungen 8° macht, und Jahr für Jahr fügt sich der Bau Graubündens immer schöner und vollkommener in den gewaltigen Rahmen der modernen Deckenlehre, und jedes Detail, und sei es auch noch so klein, vet” vollständigt und ergänzt die natürliche Ungezwungenheit ‚derselben Die Bedeutung der Detailfalten, der Verfaltungen der Decken, der ' Einwieklungen, die Gliederung des ganzen Vorganges in verschiedene Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 297 Phasen, tritt immer markanter in die Erscheinung und zeigt immer mehr das kunstvolle Ineinandergreifen der einzelnen Teile des grossen komplizierten Apparates. Was früher unverständlich, ja den Postu- laten der neuen Lehre direkt entgegengesetzt erschien, wirkt heute mit als bescheidenes Ornament am grossen Deckengebäude. Diese wachsende und stetsfort sich vertiefende Erkenntnis vom Deckenbau Graubündens bringt es nun mit sich, dass wieder mehr als früher auch den Erscheinungen im Längsprofil, als den ge- waltigen Schwankungen der Bauelemente im Streichen, die ge- bührende Aufmerksamkeit zugewendet wird, kommen doch gerade im Längsprofil die grossen Linien des Alpenkörpers in prägnantester Form zum Ausdruck. In mächtigen Wellen heben und senken sich die Axen der grossen tektonischen Einheiten, der Decken, im Verlaufe ihres Streichens vom Mittelmeer bis nach Wien. Gebiete hoher Kulminationen wechseln mit solchen tiefer Depressionen, und dazwischen finden sich wiederum Zonen mit langen ‘das Gebirge durchschneidenden Zügen von Quer- falten. Zonen ruhiger Kontinuität im Fallen der Decken- und Falten- axen erfahren plötzlich brüske Flexuren, und alle diese Erscheinungen zeigen unzweideutige Beziehungen zu den Hebungs- und Senkungs- zonen im Vorland der alpinen Faltung, in den herzynischen Massiven. Alle diese Erscheinungen, die durch Argand aus den pennini- schen, durch Lugeon und Arbenz aus den helvetischen Alpen schon lange bekannt sind, finden sich in Graubünden in ganz gleicher Weise wieder. Auch das Längsprofil durch Graubünden weist eine intensive Gliederung auf, und es ist der Zweck der folgenden Zeilen, die Grund- züge dieser Gliederung und deren Beziehungen zum Vorland, mehr Skizzenhaft allerdings, und späterer Vervollständigung und Vertiefung edürftig, kurz klarzulegen. Dieses Längsprofil Graubündens ist keineswegs unbekannt oder gar neu. Schon die ältesten Erforscher des Gebietes, Escher und ' Studer, erkannten die Wichtigkeit des Längsprofils und gaben vor 80 Jahren bereits ein prachtvolles Längsprofil durch Mittelbünden, das in der Hauptsache auch heute noch zu Recht besteht. Ohne auch nur eine Ahnung von der modernen Deckenlehre gehabt zu haben, zeichnen diese Forscher den Granit des Piz d’Err und des Piz Gravasalvas als Decke flach auf den jüngeren Sedimenten. Nichts ‚zeugt mehr von der Genauigkeit und Vorurteilslosigkeit ‚in der Be- bachtung dieser ausgezeichneten Männer, als gerade diese für die a damalige Zeit ausserordentlichen Profile. Die Längsprofile, die Theo- bald später vom Avers über den Piz Platta zum Piz Alv im Heutal, 298 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 oder vom Lago di Mezzola über den Muretto, den Piz Tremoggia und Piz Bernina nach Bormio gezeichnet hat, bedeuten gegenüber der feinen Beobachtung eines Escher und Studer einen entschiedenen Rückschritt. Sie haben heute beinahe nur noch historischen Wert. Ein drittes Längsprofil endlich verdanken wir neuerdings Albert Heim, worin zum erstenmal zugleich ein Längsprofil durch die Decken wenigstens des westlichen und mittleren Bündens gegeben wird, und schliesslich reicht Argands grosses Längsprofil durch die Westalpen ebenfalls noch etwas in unser Gebiet hinein. Kleinere Längsprofilstücke gaben ferner Zyndel durch die Errgruppe, Paulcke durch das Unterengadin, Spitz und Dyhrenfurth durch die Unterengadiner und Münstertaler Dolomiten, die Sassalbo- und Piz Alv-Region am Berninapass, desgleichen Trümpy, und schliesslich ich selber dureh das Berninagebirge, und insbesondere die Querfalten am Ostabfall dieser Gebirgsgruppe. Aus meiner tektonischen Karte der südöstlichen Schweizeralpen lassen sich auch bereits die Hauptzüge des ganzen Längsprofils herauslesen. Dasselbe ist nun auf der dieser vorliegenden Arbeit beigegebenen Tafel (Taf. VI) übersichtlich dargestellt. Die markantesten Züge des Längsprofils sind die Kulmina- tionen und Depressionen der Decken, sie seien zuerst behandelt. Flexuren im Axenfallen und Querfalten erscheinen mehr als orna- mentales Detail und kommen daher für die Gliederung des Längen- profils erst in zweiter Linie in Betracht. Daraus ergibt sich dann die schliessliche Gesamtgliederung des Längsprofils, und wir können endlich zum Schlusse noch auf die Wechselwirkungen derselben mit der Gliederung des Vorlandes, sowie das Wesen und die Ursachen der Querfaltung noch etwas näher eingehen. . Beginnen wir mit den Kulminationen und Depressionen. P. Arbenz hat vor sechs Jahren in einer grosszügigen Studie zum erstenmal eine Gliederung des Längsprofils durch die östlichen helvetischen Alpen gegeben, und den Einfluss derselben auf das Vor- land der Molasse, und umgekehrt dessen Rückwirkung auf die Aus bildung der helvetischen Decken eingehend beleuchtet. Diese Längs- gliederung der östlichen helvetischen Alpen ist für das Verständnis = des Längenprofils durch die Decken Graubündens von fundamentaler “ Bedeutung, sind doch die helvetischen Alpen östlich der Reuss, und. 3 die Zentralmassive im Besonderen, das direkte Vorland Graubünden® gewesen; und es müssen sich ganz naturgemäss nahe Beziehunse! Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 299 zwischen den beiden Gebieten ergeben, sobald wir tiefer in das Längs- profil Graubündens eindringen. Arbenz gliedert das Längsprofil der östlichen helvetischen Alpen von West nach Ost in folgende Elemente: — . Die Kulmination des Berneroberlandes, Die Depression des Haslitales, Die Kulmination des Reusstales, Die Depression Muottatal-Segnespass, Die Kulmination von Vättis-W eesen, Die Depression des Rheintales bei Feldkirch, Die Kulmination des Bregenzerwaldes. Die Kulminationen des Berneroberlandes und des Reusstals samt der dazwischen liegenden Haslidepression erkennen wir ohne Schwierig- keiten wieder in der mächtigen mehrteiligen Kulmination der pennini- schen Decken im nördlichen Tessin, der gewaltigsten Queraufwölbung der Schweizeralpen. Hier sind die tiefsten Bauelemente derselben, ja der Alpen überhaupt, aufgeschlossen, und von dieser hohen zentralen Wölbung sinken sowohl nach Westen wie nach Osten die Decken im Streichen in tiefe Depressionen hinab, um nie mehr auch nur an- nähernd dieselbe Höhe zu erreichen. Im Westen erscheinen in der Depression des Wallis sukzessive die höheren penninischen Decken in riesiger Mächtigkeit, und die tiefen Gneisdecken des Simplon und des Tessins verschwinden darunter auf Nimmerwiedersehen. Zwischen Val d’Aosta und Sion erreicht diese Walliserdepression ihre grösste Tiefe, und hier ist auch die höchste Walliserdecke, die Dentblanche, am vollständigsten erhalten geblieben. Von da an steigen die Axen wieder auf zur Kulmination des Gran Paradiso-Valsavaranche. ' Gegen Osten verschwinden die Tessiner- und Simplondecken ebenfalls unter mächtigen höheren Einheiten, den Bündner-Aquiva- lenten der Walliserdecken, und diese ihrerseits tauchen immer noch weiter nach Osten unter in die gewaltige Depression Graubündens. Auf der Linie Tiefenkastel—Piz Tremoggia verschwinden auch die höchsten westalpinen Decken unter den riesigen Massen der sie be- deckenden Ostalpen, aber auch diese sinken noch immer weiter nach Osten, und noch immer höhere Decken bleiben in dieser enormen Bündnerdepression erhalten. Erst weit im Osten, im Unterengadin, heben sich die Axen der Falten und Decken wieder und steigen die "westalpinen Glieder im Deckengebäude Bündens von neuem, als mäch- tiges Fenster, unter den ostalpinen Massen ans Tageslicht empor. Jenseits Val Sinestra aber sehen wir die Axen wiederum gegen Osten a ee -1 300 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 sinken, und die penninischen Bündnerschiefer verschwinden abermals unter den sie bedeckenden Ostalpen (s. Tafel VI). An der äussersten Ostgrenze unseres Landes erkennen wir als deutlich eine starke Kulmination, die die gewaltige Bündnerdepression gegen Osten abschliesst. Die ganzen rhätischen Alpen fallen in diese Bündner- depression hinein. Westlich wird dieselbe begrenzt durch die Hauptkulmination der Alpen, die des Tessins, östlich durch die des Unterengadins. Noch viel gewaltiger und tiefer als die des Wallis, lässt sie auch die höheren und höchsten Teile des alpinen Deckensystems, die in den benachbarten Kulminationen schon längst abgetragen sind, in die Erscheinung treten, und deshalb ist auch die Gliederung Graubündens in Decken noch viel reicher als die des Wallis. Jenseits der Unterengadiner Kulmination verschwinden die westalpinen Glieder Graubündens unter den mächtigen Gneis- massen der Oetztaleralpen, um erst 50 km weiter östlich am Brenner im Fenster der Hohen Tauern wieder darunter hervorzutauchen. Wir können also in grossen Zügen zwischen Tessin und Tauern sofort folgende Gliederung des Längsprofils vornehmen: 1. Die Tessiner Kulmination, . Die Bündner Depression, . Die Unterengadiner Kulmination, . Die Oetztaler Depression, >» 5. Die Tauern Kulmination. "Wir haben östlich der grossen zentralen Tessiner Kulmination zwei weitere wichtige Kulminationen im Alpenkörper, zu denen sich weiter im Osten endlich noch die Kulmination des Semmeringgebietes gesellt. Wie sind nun diese Elemente Graubündens in Verbindung ZU setzen mit den von Arbenz gefundenen des helvetischen Vor- landes? >» 8 mw Dass die beiden Kulminationen des Aarmassivs westlich der Reuss der mehrteiligen Tessiner Hauptkulmination entsprechen, ja zum 1°! ihre direkte Fortsetzung sind, wurde bereits oben gesagt und ist allgemein bekannt. Wie aber gestalten sich die Dinge weiter östlich? Vor die eine weite Bündnerdepression fallen nicht weniger selbständige Elemente im Vorland, nämlich die Depression des Segnes- passes, die Vättiser Kulmination und die Rheintaler Depression. Die Äquivalent der. Vättiser Kulmination kann doch nie und nimmer als Aquiv Unterengadiner Aufwölbung gelten, von der sie ja bei annähern gleichem Querstreichen über 60 km entfernt ist. als drei 5 PETE: ER EI FERR ey = Sir Vz P r rue Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das‘ Längspıofil Graubündens. 301 . Vielmehr entspricht die flache Depression des Rheintales bei Feldkirch, mit ihrem gegen Westen wie gegen Osten kontinuierlichen Steigen der Axen, der Depression zwischen Klosters und dem Unter- engadin, d. h. der Quermulde, in welcher heute die Silvrettadecke als oberste tektonische Einheit Bündens liegt, und die Unterengadiner Kulmination, die östlich an dieselbe anschliesst, findet ihren Ausdruck alpenauswärts in der Queraufwölbung des Bregenzerwaldes, die durch das einzigartige Auftreten des Malm an der Canisfluh bei Au cha- rakterisiert wird. Die Depression des Rheintales ist die Fortsetzung der Silvrettadepression, die Kulmination des Bregenzerwaldes jene der Unterengadiner Aufwölbung. Die zwei grossen Kulminationen des Reusstals und des Bregenzer- waldes sowie die grosse Depression des Rheintals lassen sich also vom Alpenrand bis weit ins Innere des Gebirges hinein ver- Ei folgen. Umgekehrt machen sich aber auch Oetztaler Depression N Fe a h% = een und Tauern Kulmination bis hinaus in die Bayrischen Kalk- alpen geltend. Von der Transversale Au—Unterengadin sinken die kalkalpinen Teildecken in ihrem Streichen konstant nach Osten, eine gewaltige Schuppe häuft sich. auf die andere, und je weiter wir nach Osten vordringen, in um so höhere Elemente der Kalkalpen gelangen wir. Über die Schubmassen der Allgäuerdecken legt sich diejenige der Lechtaleralpen, über diese die Wetterstein- und endlich die Inn- taldecke. Im Miemingergebirge zwischen Landeck und Innsbruck, genau vor der grossen Depression der Oetztalermasse, liegt der tiefste Punkt der kalkalpinen Axen. Von da an heben sie sich wieder gegen Osten heraus, die oberste Kalkalpendecke Westtirols, die Inntaldecke, verschwindet wiederum im Streichen, sie steigt in die Luft, und unter Ihr erscheinen nordöstlich Innsbruck im Karwendelgebirge von neuem die tieferen Elemente des Wettersteins. Erst jenseits der Salzach, wo im Süden die penninischen Gesteine der Tauern wieder ostwärts, und diesmal definitiv, untersinken unter das ostalpine Kristallin der Muralpen, stellt sich die Inntaldecke, wenn auch 2. T. in veränderter Fazies, wieder ein, und darüber erscheinen endlich die höchsten tek- tonischen Elemente der Alpen überhaupt, Hallstätter- und Dachstein- deeke, Dem Untersinken der penninischen Bündnerschiefer im Unter- ' engadin und oberen Inntal unter die Oetztalermasse entspricht in den i: Kalkalpen genau das Ostwärtssinken von Allgäuer-, Lechtaler- und ® Wettersteindecke unter die Inntaldecke, dem Emporsteigen des Pennini- kums am Brenner und in den westlichen Tauern das Wiederansteigen x ‚der Inntaldecke im Karwendel. Das Fallen der Axen östlich der 302 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Tauern endlich findet sich in gleicher Weise wieder in den nördlichen Kalkalpen östlich der Salzach, wodurch selbst die höchsten Elemente der Alpen, Hallstätter- und Dachsteindecke, bis unter das allgemeine Erosionsniveau hinunter gelangen. Tauernkulmination und Oetztalerdepression lassen sich also tatsächlich gerade wie Tessiner- und Unterengadiner- Kulmination, und genau wie die Depression der Silvretta und des Rheintales oder wie die des Wallis über weite Ge- biete, oft über 60, ja stellenweise bis gegen 100 km weit, quer durch das ganze Gebirge verfolgen. Nur die Kulmination von Vättis schien zunächst gar keine Fortsetzung alpeneinwärts zu haben. Dies erschien um so merk- würdiger, als doch gerade die Vättiser Kulmination an sich viel be- deutender ist und viel tiefer greift als jene des Bregenzerwaldes, und als doch eben diese an sich viel schwächere Aufwölbung eine mächtige südliche Fortsetzung in der Unterengadiner Kulmination besitzt. Diese tiefgreifende, bis ins hercynische Grundgebirge reichende Vättiser Kulmination konnte doch südwärts nicht plötzlich einfach aufhören und in der gewaltigen Depression Graubündens verschwinden. Eine gewisse Fortsetzung derselben musste irgendwo vorhanden sein, und sie ist auch tatsächlich, wenn auch vielerorts nur schwach ange- deutet, noch weit hinein ins Innere des Gebirges nachweisbar. - Alpenauswärts sehen wir zunächst die Kulmination von Vättis sich mächtig erweitern im System der helvetischen Decken; die scharfe Aufwölbung von Vättis selbst wird immer mehr zu einem breiten flachgebogenen Rücken in den helvetischen Decken. Derselbe verläuft westlich an den Grauen Hörnern vorbei durch das hintere Weisstannental und die Gegend des Spitzmeilen teils gegen Weesen, teils aber auch gegen den mittleren Walensee zu. Dort sehen wir z. B. bei Quinten die Mürtschendecke einen ihrer axialen Höhepunkte erreichen, von welchen aus sie sowohl nach Osten wie nach Westen langsam sinkt. Die Fortsetzung der Vättiser Kulmination alpen- einwärts sollte also ungefähr auf eine Verlängerung der Linie Quinten-Vättis oder vielleicht allgemeiner Walensee-Vättis, ZU ein und liegen kommen, und diese weist hinein ins Oberhalbst ; en oberste Engadin. Sind dort Spuren einer Kulmination in Decken Graubündens nachzuweisen? In den folgenden Zeilen dies versucht werden. | Im allgemeinen und in grossen Zügen fallen die Dee Oberhalbsteins und des Oberengadins allerdings alle flach nae kon.de h Osten EEE EEE RE EEE NER EEE Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündene. 303 - unter die höheren Decken ein, aber eben nur im allgemeinen. Be- trachten wir zunächst die Verhältnisse im obersten Engadin. = Tief greift dort das Penninikum als mächtiges Halbfenster ins ostalpine Deckenland hinein, uns die Unterlage desselben in gross- artiger Weise enthüllend. Von Surlej, wo das Ostalpine sich wie ein Tunnel über den penninischen Gesteinen schliesst, sehen wir die Unterfläche der ostalpinen Decken in verschiedenen flachen Wellen langsam gegen Westen ansteigen. Nördlich Sils ist dies am Lagrev- massiv prachtvoll zu sehen. Jenseits der Fuorcla Gravasalvas streichen am P. 2928 die ostalpinen Decken in die Luft hinaus, und ihre Fortsetzung wäre eigentlich hoch über den Gipfeln des Piz Gravasalvas und Piz Materdell zu erwarten. Statt dessen sehen wir jenseits des Passes die ostalpinen Decken im Streichen wiederum tief hinabsinken, und die Massen des Piz Materdell und des Piz Grava- salvas sind nicht penninisch, wie wir fast erwarten durften, sondern ostalpin. Erst westlich des Piz Gravasalvas heben sich die ostalpinen Decken definitiv und für immer in die Luft hinaus. An der Fuorecla Gravasalvas stehen wir also vor einer ausgeprägten, .deut- lichen Kulmination in der Unterfläche der ostalpinen Decken, die sich durch drei tektonische Einheiten: Bernina-, Err- und Margnadecke hindurch zu erkennen gibt (s. Tafel VN). ze Eine ähnliche Kulmination wie an der Fuorcla Gravasalvas finden wirim Kleinen auch bei Surlej. Die ostalpinen Decken fallen dort zunächst gegen Westen ein; erst halbwegs Sils steigen sie definitiv gegen die Fuorcla Gravasalvas hinan. Wie dort kommt auch hier diese Kulmination besonders im Verlauf der Berninadecke zum Aus- druck. So scharf wie die Aufwölbung an der Fuorcla Gravasalvas ist die Kulmination von Surlej allerdings nicht, sie ist gegenüber derselben auch mehr von sekundärer Bedeutung. - Versuchen wir nun diese Oberengadiner Kulmination in Ihrem Streichen weiter nach Norden, alpenauswärts zu verfolgen. In den Bergen südlich der Julierstrasse fehlen zunächst Spuren einer solehen Queraufwölbung, wenigstens sind solche durch die Arbeiten von Cornelius bis jetzt nicht bekannt geworden, und es ist wohl mög- lich, dass die Kulmination, die wir zwischen Lagrev und Materdell erkannt haben, in ihrer direkten Fortsetzung nördlich bald ausklingt. Dafür treffen wir aber in der Gegend von Bivio, kaum 5 km nord- westlich. der Fuorela Gravasalvas, von neuem auf deutliche Anzeichen einer ziemlich kräftigen Kulmination. Leider fehlen immer noch etailuntersuchungen über dieses hochinteressante Gebiet, aber die Tatsache einer beträchtlichen Queraufwölbung in der Gegend von 304 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich, 1919 Bivio lässt sich schon aus den Angaben von Zyndel und Cornelius herauskonstruieren, und eigene Begehungen, die ich im Jahre 1915 in der dortigen Gegend machte, bürgen mir für die Richtigkeit jener Grundlagen. Am Piz Nair östlich Bivio, dem Piz Brascheng oder Barscheng der älteren Karten, tauchen die Gesteine der Margnadecke, hier hauptsächlieh Bündnerschiefer und Ophiolithe, unter die geschlossenen Massen der altkristallinen Errdecke. Das Ganze fällt flach nach Osten ein. Der P. 2464, dem Piz Brascheng westlich vorgelagert, besteht noch aus penninischen Grüngesteinen. Der Überschiebungs- kontakt der Errdecke zieht sich, soviel ich mich dessen erinnere, weiter östlich noch ziemlich hoch am Abhang des Piz Brascheng durch. Die Gesteine der Errdecke streichen, dies ist sicher, über den P. 2464 hinaus in die Luft. Ihre auch nur geradlinige Verlänge- rung käme hoch über die Kette des Piz Scalotta jenseits der Julia zu liegen. Statt dessen aber sehen wir am Piz Scalotta eine ausge- dehnte Klippe der Errdecke erhalten, die nicht nur etwa die Gipfelregion, sondern fast den ganzen Berg bis auf die Höhe von ungefähr 2400 m herab zusammensetzt. Würde diese Klippe des Scalotta über Crap Radonds noch weiter kontinuierlich nach Osten sinken, so träfen wir die Errgesteine noch am ganzen Hang ob Bivio, und die Überschiebung der Errdecke auf das Penninikum würde, wenn nicht im Tal der Julia selbst, so doch nur in geringer Höhe östlich desselben verlaufen. Niemals aber könnte das Penninikum östlich Bivio bis über 2450 m hinauf alle Gehänge bilden (vergl. Taf. vn. Diese Tatsachen zeigen vielmehr deutlich, dass die Klippe des Scalotta in ihrem Streichen gegen Osten sich wieder bedeutend heben musste, um über den Crap Radonds und P. 2464 hinweg wiederum mit flachem Ostfallen den Piz Brascheng zu erreichen. Mit andern Worten: eine Kulmination in der Unterfläche der ostalpinen Decken ergibt sich auch bei Bivio.') Ob dieselbe die gerade und direkte Fortsetzung der Aufwölbung an der Fuorcla Gravasalvas darstellt, was durchaus nicht ausge schlossen ist, bleibt vorderhand unsicher, aber auf alle Fälle steht die Oberengadiner Kulmination nicht allein da, und die Linie F uorcla Gravasalvas—Bivio bildet, wenn nicht eine einzige durch gehende Kulmination der Decken, so doch eine auffallende Zone von soleben. ') Tatsächlich fallen auch am obern CGrap Radond und in den Felspartien here ” . es (Nach- 4 lich Plang Tschuigls die Bündnerschiefer und Ophiolithe der Margnadecke ® längere Strecke nieht wie sonst nach Osten, sondern flach nach Westen ein. trägliche Beobachtung vom Februar 1919.) ‚Jahrg. 64 Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 305 Wir finden also tatsächlich Spuren ausgedehnter Kulminationen in der südlichen Verlängerung der Vättiser Aufwölbung. Auf jeden Fall stehen diese beiden Queraufwölbungen des ÖOberengadins und von Bivio deutlich hinter der von Vättis, und sind mit keiner an- deren des Vorlandes in Beziehung zu bringen. Forschen wir weiter! Nordwestlich von Savognin begegnen wir zum zweitenmal im Oberhalbstein den ostalpinen Massen auf der Westseite des Tales in der Dolomitklippe des Piz Toissa, und hier wie bei Bivio sehen wir im Tal den Zusammenhang mit dem ostalpinen Gebirge unter- ‘ brochen, und die penninischen Gesteine hervortreten. Die Klippe des Piz Toissa liegt in ganz gleicher Position wie die des Piz Scalotta. Sehen wir näher zu! Mehr oder weniger flach fällt im „Stein“, der dem Tal den Namen gegeben, die ostalpine Serie nach Osten ein. Westlich davon ' erscheinen oberhalb Salux und Del die penninischen Bündnerschiefer und Ophiolithe, zwar stark gefältelt, aber in viel flacherer Lagerung als jenseits des Tales am Stein. Die Brücke vom „Stein“ zum Piz Toissa ist durch diese Schiefer unterbrochen. Am Piz Toissa selbst fällt die ostalpine Trias nur kaum oder nur äusserst schwach nach Osten, ja an manchen Stellen sogar deutlich nach Westen ein. Auf alle Fälle aber steigen die Kössenerschichten und Liasbreceien des Toissa nicht nach Osten, sondern nach Westen hinab; die Überein- stimmung zwischen Zyndel und Mylius ist in dieser Beziehung be- merkenswert. Ob auch die Überschiebungsfläche unter dem Toissa selbst diese lokale Aufwölbung nach Osten mitmacht, lässt sich leider nicht konstatieren. Unter allen Umständen aber sehen wir auf dem Profil Toissa— Salux— „Stein“ abermals eine quere Aufwölbung in den Decken, analog derjenigen von Bivio. Dass dieselbe nur sehr Nach ist, hat nichts zu bedeuten, die Hauptsache ist, dass überhaupt ' solch eine Unregelmässigkeit vorhanden ist. Sowohl auf den Pro- filen Meyers durch das Schams wie Mylius’ durch den Piz Toissa 6 kommt dieselbe deutlich zum Ausdruck.') re Wir haben also zwischen Piz Toissa und dem Lauf der Julia in gleicher Weise wie bei Bivio eine flache Kulmination vor uns, die wir als Saluxer Kulmination bezeichnen können. Dass dieselbe nicht bloss eine zufällige ist, ersehen wir daraus, dass sie en RER ’) Das westliche Einsinken des vorderen Piz Toissa ist noch stärker ausgeprägt als auf den Profilen ersichtlich, und harmoniert, wie man z. B. von der Poststrasse Zwischen Tinzen und Roffna aus prachtvoll sehen kann, vollständig und ausgezeichnet Auit’dem westlichen Einsinken der Axen in der dahinter erscheinenden Ringelspitz- gruppe. (Februar 1919.) | 20 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 306 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 genau auf die Verbindungslinie Vättis—Bivio—Fuorcla Gra- vasalvas fällt und in dieser Richtung südlich Savognin in den Vor- bergen des Piz Arblatsch auch tatsächlich eine deutliche Fortsetzung besitzt.) Deren Bedeutung erhöht sich noch, wenn wir sehen, dass auf dieser gleichen Linie von Kulminationen in der nördlichen Fort- setzung der Queraufwölbung von Salux—Arlös eine weitere kleine, dafür aber umso schärfere Kulmination sich findet, diejenige, dank welcher unter den Schamserdecken zwischen Solis und Tiefenkastel die basalen Viamalaschiefer nochmals als Fenster hervortreten. In den riesigen Bündnerschiefermassen des Stätzerhorns verliert sich nach unseren jetzigen Kenntnissen diese Kulmination, hingegen können wir das Zutagetreten der helvetischen Reste im Domleschg als Anzeichen einer durchaus analogen Queraufwölbung den Kulmina- tionen dieser Zone anschliessen. ir haben also tatsächlich in der rückwärtigen Verlängerung der Vättiser Kulmination, die wir als eine tiefgreifende, bis auf den hereynischen Untergrund entblösste und ausgeprägte kennen, eine ganze Reihe von Stellen, wo die Decken nicht wie sonst in Grau- bünden flach nach Osten fallen, sondern wo dieselben zu einer deut- lichen Kulmination im Streichen ansteigen. Die Fuorcla Grava- salvas, Bivio, die Gegend zwischen Roffna und Piz Arlös, Salux und die Schlucht der Albula zwischen Solis und Müstail mar- kieren die einzelnen Punkte dieser Kulminationszone (s. Tafel VI!). Dieselbe können wir aber auch noch weiter nach Süden verfolgen. In den obersten Teilelementen der Margnadecke lässt sich die Aufwölbung der Fuorcla da Gravasalvas noch schwach erkennen, die kristallinen Kerne dieser Decke dagegen scheinen mitsamt ihren tief- greifenden Synklinalen in der Gegend von Gravasalvas und Plaun da Lej dieselbe nicht mehr mitzumachen, sie sinken konstant nach Osten ein. Auch in den Bergen von Fex und Fedoz scheinen zunächst Anzeichen einer Kulmination zu fehlen. Doch ist dieselbe dort, wenn auch nur schwach vorhanden. Während an der Margna und auf der Strecke Maloja—Sils die Axe der Decke stark, zum Teil überstürzt, nach Osten sinkt, sehen wir dieselbe in der Gegend des Piz Güz und Led fast horizontal nach Osten ziehen, ja stellenweise am Piz Led sogar nach Osten steigen. An der Fuorcla Chapütsch ım hintersten Fex sehen wir die kristallinen Schiefer der Fedozserl®, statt wie gewöhnlich nach Osten, nach Westen einfallen. Der Pass : ') Die Bündnerschiefer des Piz Arlös im Nordgrat des Piz Arblatsch en im Gegensatz zu denen des Piz Arblatsch und Forbisch gegen Osten, d. h. Dr den Engpass von Roffna, deutlich und stellenweise ziemlich stark, an. (Februar 191% F H ee an Hi ae ee SEE ira, ‚Jahrg. 64. Rud. Staub Ueber das Längsprofil Graubündens. 307 selbst liegt in der Axe, im Scheitel der Wölbung. Das Westfallen hält zwar nicht lange an, es macht schon vor dem Firngrat des Fora wiederum flachem Ostfallen Platz. Eine kleine Kulmination im _kristallinen Kern der Margnadecke ist also an der Fuorela Chapütsch vorhanden. Auch westlich Platta im vorderen Fex fallen die Gneise der Malojaserie lokal, nicht wie sonst axial nach Osten, sondern nach Westen ein, und dasselbe beobachten wir zum Teil auch an der Trias von Laret, so dass wir auch dort kleine Teil- kulminationen im Kern der Decke vor uns sehen. Die Kulminationen des Oberhalbsteins und der Fuorela Gravasalvas finden also auch noch weiter südlich in den kristallinen Kernen der Margnadecke weitere, wenn auch nur schwache Äquivalente (s. Tafel VI, Profil 6). Von der Fuorela Chapütsch steigen wir hinunter in die Tiefen des Malenco, im Angesicht des Monte della Disgrazia. An der Nordwestwand des herrlichen Berges tauchen Trias und Gneise der Surettadecke, die wir vom Bergell durchs ganze Fornogebiet verfolgen konnten, steil ostwärts unter die Serpentine von Val Malenco. Dis- ‚grazia, Pizzo Cassandra, Pizzo Ventina, Monte Braccia und Pizzo Senevedo bestehen zu ihrem grössten Teil aus denselben. Bis jenseits Valle Ventina hält das östliche Einsinken der Serpentine an, dann heben sie sich wieder nach Osten heraus, und darunter hervor steigen in den tiefen Talgründen von Chiesa und Lanzada von neuem die Triasgesteine und Gneise nach Osten empor, dieselben, die am Monte della Disgrazia unter den Serpentinen verschwunden waren. Erst östlich Lanzada und Tornadri senken sich die Axen abermals nach Osten und verschwinden Trias und Gneise der Suretta für immer unter den Serpentinen und den höheren Decken des Malenco. Trias und Gneise der Suretta treten bei Lanzada fensterförmig unter ihrer Serpentinhülle hervor, und dieses Fenster von Lanzada verdankt sein Dasein nur dem nochmaligen Emporsteigen der Axen im Streichen, d. h. einer starken tiefgreifenden Kulmination (vergl. Tafel VI, Profil 7). Die Kulmination von Lanzada liegt genau im Streichen der grossen Zone von Queraufwölbungen, die wir nun vom ' Walensee über Vättis, Solis, Salux und Bivio bis ins oberste ' Engadin als solche kennen; sie ist deren letzte südliche > Fortsetzung. Damit haben wir nun aber auch für die Zone der Vättiser Kul- _ Mination einen weithin das Alpengebirge durchquerenden Verlauf = Nachgewiesen, auf Grund dessen wir die ganze gewaltige Depression 308 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 zwischen Unterengadin und Tessin, die Bündnersenke, in zwei gleich- wertige Teile zerlegen können. Die Bündner Depression wird durch eine weitreichende Zone von Kulminationen, die im Grossen der Vättiser Quer- aufwölbung im Vorland entsprechen, in eine westliche und eine östliche Hälfte geteilt, die Depression Westbündens und die Ostbündens. Diese Depressionen decken sich heute in weitgehendem Masse mit dem Areal der westalpinen und der ost- alpinen Decken. In der Senke Westbündens treten heute die west- alpinen, in derjenigen Ostbündens die ostalpinen Decken in ihren grössten Massen an die Oberfläche. Die östliche Depression birgt in ihrem Grunde die Silvrettadecke, wir können sie daher auch Silvretta- depression heissen, im Grunde der westlichen Senke liegen die Klippen des Toissa, Scalotta und Materdell, und wir können dieselbe daher auch als die Depression Toissa—Scalotta—Materdell bezeichnen. | Unsere Wanderung durch Bünden ist für einmal wieder zu Ende. Sie hat uns ermöglicht, mehr als bisher eine Gliederung auch im Längsprofil dieses Gebirgslandes durchzuführen. Von Westen_nach Osten können wir im Längsprofil Bündens nun folgende Elemente unterscheiden: 1. Die Tessiner Kulmination, Die Depression Westbündens oder die Depression Toissa— Scalotta— Materdell, | 3. Die Kulminationszone Vättis—Länzada, 4. Die Depression Ostbündens oder die Silvrettadepression, . Die Unterengadiner Kulmination. Oetztaler Depression und Tauern Kulmination liegen bereits ausserhalb unseres engeren Gebietes. Auf einer Strecke von über 100 km trennen die Kulminationen zwischen Vättis und Lanzada die benachbarten Depressionen. Im Norden sehen wir sie die helvetischen Decken und den hereynischen Untergrund erfassen, im Süden die zwei oberen penninischen, ım Oberhalbstein die drei unterostalpinen Hauptdecken und die Schamser- decken. Bei Vättis und Lanzada ist die Form der Aufwölbung am stärksten, zwischendrin und in den helvetischen Decken ist sie wenigel stark, am schwächsten in der obersten Decke, die sie betrifft, des Piz d’Aela—Toissa. = ou Die Intensität der Kulminationen ist im autochthonen . Untergrund und in den tieferen Decken die grösste, N | oben verlieren sie an Prägnanz. der N ER - 1 Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 309 Die Depressionen, die diese zentralen Bündnerkulminationen be- gleiten, sind in ihrer Intensitätsehr ungleichwertig. Die Senke des west- lichen Bündens geht bei weitem nicht so tief hinab wie die der Silvretta. In ihr sind daher auch die ostalpinen Decken nur mehr in einzelnen Klippen, in Rudimenten erhalten, während umgekehrt in der tiefen Silvrettasenke alle penninischen Glieder Graubündens weit unter der heutigen Oberfläche verborgen bleiben. Der Grund der westlichen Senke liegt ganz nahe der trennenden Kulmination, heben sich doch am Piz Toissa, am Scalotta, am Materdell und an der Disgrazia die Deckenaxen, kaum einige Kilometer von der grossen Aufwölbung entfernt, wiederum definitiv nach Westen empor. Der Grund der westbündnerischen Senke liegt auf der Linie Piz Toissa— Piz Scalotta—Piz Gravasalvas—Monte Braccia, und die Klippen des Toissa, Scalotta, Gravasalvas und Materdell verdanken nur dieser Senke, in der sie vor der’ Erosion am besten geschützt waren, noch ihr Dasein. Ohne dieselbe wären sie schon längst durch Abtrag ver- schwunden. Östlich der grossen Vättiser Aufwölbung erreichen im Säntis- gebirge die Falten der helvetischen Decke eine weitere kleinere Teil- kulmination. Etwas ähnliches sehen wir in Graubünden, wo auch wenig östlich der Kulmination des Oberhalbsteins in der Errgruppe eine kleine Teilaufwölbung erscheint, dank welcher im hinteren Val Bever der Untergrund der Errdecke nochmals zum Vorschein kommt. Ein gewisses Äquivalent dieser Teilkulmination haben wir ja bereits auch schon von Surlej kennen gelernt, und ähnliche Teilelemente werden sich wohl noch mehr finden lassen. Damit sei aber nicht gesagt, dass dieselben die Fortetzung der Kulmination der Säntisfalten seien, sondern nur, dass sie sich in ähnlicher Lage befinden wie jene. Die Unterengadiner Kulmination setzt sich südwärts noch weiter fort. Ihr beidseitiges Untertauchen im Streichen finden wir in gleicher Weise in der Sesvennamasse, und das Ansteigen der Axen aus der Silvrettadepression gegen Osten erkennen wir noch am Ortler. Auch Unterengadiner Kulmination und Silvrettadepression erreichen damit eine Länge von über 100 km, und stellen sich damit würdig an die Seite der grossen westalpinen Kulminationen und Depressionen. I Damit sei für einmal die Frage der Kulminationen und Depres- Sionen verlassen, und wir gehen weiter zum Problem der Querfalten. In weiten Wellen heben und senken sich die Decken Bündens in ihrem Verlaufe von West nach Ost. Flache Kulminationen wechseln 310 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 mit tiefen Senken, in denen selbst die höchsten Glieder des Gebirges erhalten geblieben sind. Ein weites, ruhiges An- und Absteigen aller Axen, das ist das allgemeine Bild des Längsprofils. Aber an ge- wissen Stellen wird diese fast majestätische Ruhe gestört, das Axen- fallen ist nicht mehr gleichmässig nach einer Seite hin, sondern es macht einer unruhigen Faltung Platz, die schief oder quer das Ge- birge auf mehr oder weniger grosse Strecken durchzieht. Oft sind diese Querfalten von bedeutender Grösse, sie ergreifen ganze Decken- pakete, oft sind sie weniger gefährlich und verbiegen nur die Über- schiebungsfläche einer Decke mit ihrer Nachbarschaft, und oft endlich finden wir sie nur in einzelnen Teilen der Decken, am meisten wohl in den plastischen Schieferzonen der Schistes lustres. Als „Querfalten* wurden einstmals alle die die Alpen quer durchstreichenden Muldenzüge zwischen quer zum gewöhnlichen Alpen- streichen gerichteten Zentralmassiven aufgefasst, und als solche Quer- falten waren in Graubünden unter anderen die mesozoischen Mulden- zonen des Misox, des Splügen, des Avers, des Oberhalbsteins, des Fextales bezeichnet worden. Die Deckentheorie hat mit diesen älteren „Querfalten“ samt und sonders aufgeräumt und sie alle in einem neuen Lichte erscheinen lassen. Heute ist nachgewiesen, dass die- selben keine echten Querfalten sind. Sie sind nur die querverlaufenden Erosionsanschnitte schief axial einfallender liegender Mulden, die im übrigen ganz normal streichen. Lugeon und Albert Heim haben das Verdienst, diese einstigen Querfalten der Misoxer-, Splügener-, Averser- und Oberhalbsteinermulde in ihrer richtigen Bedeutung zuerst erkannt zu haben. Aber auch jetzt noch werden solehe Zonen jüngerer Gesteine, die ganz analog wie Misoxer-, Splügener- und Aversermulde quer zur allgemeinen Streichrichtung der Alpen zwischen zwei kristallinen Massen verlaufen und die als Austritt einer flach axial sinkenden, zwei verschiedene Decken trennenden Sedimentplatte zu deuten sind, als Querfalten und Quermulden bezeichnet. So. 2. D. der Sassalbo! Ein Verfahren, das eben je nach dem Erosionsanschnitt der betreffenden Zone zu solch verwirrten Begriffen wie konzentrischen oder divergenten Schüben, Drehen der Kraftrichtung, bogenför- miger Überschiebung nach allen Richtungen, und anderem mehr führen muss. Solche Querfalten sind hier allerdings nicht gemeint, sondern nur diejenigen, bei denen wirklich querstreichende Umbiegungen tatsächlich beobachtet worden sind. Diese Art von Querfalten a N en a ist erst in den letzten Jahren mehr und mehr bekannt geworden, ns und es ist mir deshalb natürlich nicht möglich, eine vollständig eZu N ee - Be = % Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 311 sammenstellung aller Querfalten Graubündens zu geben. Nur einige Hauptzüge seien herausgegriffen. Eine wichtige und in ihrer relativen Einfachheit überaus klare Zone von Querfaltungen kennen wir aus der Gegend des Bernina- passes. Dort sind Bernina- und Languarddecke, die sonst ruhig flach ostfallend übereinanderliegen, intensiv miteinander verfaltet, und diese Verfaltungen streichen annähernd quer zum gewöhnlichen Alpen- streichen. Weiter im Süden ergreift dieselbe Querfaltung auch noch die tieferen Decken bis hinab zur Margnadecke, ja vielleicht bis hinab zum Malencoserpentin. Auf eine Länge von über 15 km verfolgen wir diese Querfaltung am Ostabfall des Berninagebirges vom Val d’Arlas über den Sassal Masone bis nach Selva im Puschlav (Prof. 6,7). Eine zweite Zone von Querfalten folgt weiter östlich in der Grenzregion zwischen Berninalanguard- und Campodecke. Der Sassalbo, diese prachtvolle liegende, in sich wohl enorm kom- plizierte, aber nicht nach Westen geöffnete, gegen Süden und nicht gegen Osten geschlossene Mulde zwischen Languard- und Campo- decke, sinkt nicht überall flach unter die höhere Decke ein, sondern er ist mit derselben durch querverlaufende Falten schwach verfaltet. Eine eigentliche Überkippung der Überschiebungsfläche wie am Ber- ninapass findet am Sassalbo nicht statt. Hingegen finden wir eine solche angedeutet am Pizzo Campaccio im oberen Valle Abrie, wo das Kristallin der Campodecke unten im Tal flach ostfallend über der liegenden Trias liegt, höher. oben aber infolge starker Quer- faltung nicht nur senkrecht gestellt, sondern sogar wiederum nach Osten überkippt wird, also steil nach Westen fällt. Aber gerade hier und im oberen Livigno ist unter der die Überschiebungsfläche steil- stellenden Querfalte das weitere flache Untertauchen des Mesozoikums unter das Kristallin der höhern Decke prachtvoll sichtbar und ein muldenförmiger Zusammenschluss des obern und untern Kri- stallins ist nirgends zu sehen. Wohin des weitern diese zweite Querfaltenzone, die der Sassalboregion, hinstreicht, entzieht sich zur- zeit noch unserer Kenntnis, aber sicher ist ihr Verlauf zwischen dem Sassalbo und dem obern Livigno auf eine Strecke von über 20 km festgestellt. Die Überschiebungsflächen werden zum Teil nur Schwach mehr flexurartig im Streichen verbogen, zum Teil aber auch überkippt. In der Sedimentzone des Sassalbo selbst kommt es dabei zu einer intensiven quergerichteten Kleinfältelung. Zwischen diesen beiden Hauptquerfaltungszonen finden wir noch eine dritte im Val del Fain, durch welche die Überschiebungsfläche der " Languarddecko flexurartig zur Tiefe gebogen und der liegende 312 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Alvzug zum Teil stark quer gefältelt wird. Trümpy erwähnt Quer- faltung auch vom Colle del Fieno, doch gehört dieselbe wohl zur Sassalbozone. Weiter im Osten sind quer zu den Alpen streichende Falten aus den Unterengadiner Dolomiten und endlich vom Piz Lad und vom Endkopf bekannt, beidseits der grossen Unterengadiner Kul- mination, und am Ostende der Oetztaler Depression gelangt durch Querfaltung die „lepontinische‘, besser unterostalpine Serie des Tribulaun lokal auf die oberostalpine Oetzmasse. Die Querfalten der Unterengadiner Dolomiten sollen nach Spitz und Dyhrenfurth sowohl nach NE als auch SE im Streichen bogenförmig umbiegen "und die Scheitelregion eines von E nach W bewegten Faltenbogens bilden. Dieses bogenförmige Umschwenken wird als solches erst noch zu beweisen sein. An vielen Stellen, wo es vorhanden sein sollte, ist nichts davon zu sehen, wie ich mich noch zusammen mit Zyndel wohl überzeugen konnte. Auch ist die Zahl der wirklichen un- zweifelhaften NS streichenden Scharniere nicht so gross wie ange- geben wird. Manche beruhen auf rein optischen Täuschungen, so die am Piz Daint, eine Ansicht, die auch von Argand, der das Münstertal besucht hat, geteilt wird. Immerhin sind. quer zur Alpenrichtung streichende Falten vorhanden, wir dürfen also von Querfalten im Unterengadin sprechen. Die Querfalten Graubündens sind aber nicht nur auf den Osten beschränkt, sie kommen in ganz gleichem Masse auch im Westen vor. Ein ganzes Bündel solcher quer das Gebirge durchlaufender Faltenzüge findet sich wenig westlich der Kulmination Vättis-Lanzada, dieselbe auf weite Strecken begleitend. Vom Monte della Dis- grazia lässt sich dieses Faltenbündel über den Muretto und den Septimer bis ins Avers und Schams hinaus verfolgen, auf eine Strecke von 50 km quer durch das ganze Deckensystem Grau- bündens hindurch (vergl. Tafel VI, Profile 4, 5,6, 7!). An der Disgrazia sehen wir die Axe der Surettadecke in steiler Flexur nach Osten einsinken, stellenweise sind dort Dolomite und Gneise derselben quer miteinander verfaltet. An der Cima di Vazzeda beobachten wir Ähnliches, auch kleine Überkippungen der Faltenaxen, wodurch die Trias oft quer unter ihre normale Unterlage ‚ hinein gerät. Die Steilstellung in der Kette des Monte del Foras ist ebenfalls auf Querfaltung zurückzuführen, denn sowohl weiter östlich im Malenco, wie weiter westlich im Bergell fallen die Suretta- gesteine stets flach axial nach Osten. Am Pizzo dei Rossi ist die Basis der Margnadecke, statt wie gewöhnlich im Malenco und wIe Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 313 derum im oberen Bergell flach nach Osten zu sinken, steil aufge- richtet und sogar überkippt, und nördlich des Murettopasses sehen wir dieselbe in prachtvollem Bogen wieder ostwärts flach zur Tiefe schiessen. Für einen Ost-Westschieber eine herr- liche Stirnfalte wie am Sassal Masone und anderswo. Jenseits Plan- canin treffen wir dieselbe Querfaltung wieder, aber hier sehen wir, wie die am Pizzo dei Rossi aufgerichtete und überkippte Basis der Margnadecke mit einem neuen, diesmal gegen Osten gekehrten scharfen Knie wiederum nach Westen zurückschwenkt, um von da an kontinuierlich in dieser Richtung zu steigen. Die Stirn- falte einer Ost-West bewegten Margnadecke am Pizzo dei Rossi liesse sich also nicht aufrecht erhalten. Im Talgrund von Casaceia und bei Maloja ist von einer eigentlichen Querfaltung nichts zu sehen, alles sinkt gleichmässig axial nach E. Hingegen treffen wir wiederum auf eine Querfaltung, dieselbe offenbar wie am Muretto, am Sep- timer und westlich davon. Die Verhältnisse sind dort äusserst verworren, aber das eine lässt sich feststellen, dass das Axialgöfälle westlich der Aua da Sett südlich des Passes zunächst etwas abnimmt, um dann aber nach kurzer Zeit am Pizzo Turba dafür um so ge- waltiger und steiler in die Höhe zu schiessen. Das Profil Pizzo Turba-Sassello battuto ist in dieser Beziehung sehr lehrreich. Zur Überkippung der Basisfläche der Margnadecke wie am Murettopass kommt es nicht, die Axen erleiden nur eine starke Flexur. Dem gleichen Querfaltenbündel gehören weiter westlich die prachtvollen ostwärts überliegenden Querfalten am Piz Furtschella im Val Maroz an, in welche Bündnerschiefer und Ophiolithe der Suretta- decke einbezogen sind, und das gleiche Phänomen einer scharfen Querfaltung endlich beobachten wir jenseits Val di Camp am Piz Duan, wiederum in Bündnerschiefern und Ophiolithen, und schliesslich ‚auch in einer kleinen Falte von Trias und Kristallin in der Südwand dieses Berges. Auch östlich des Murettopasses erkennen wir lebhafte Quer- faltung in der Kette des Pizzo della Margna und im Val Fedoz. Die Axe der Margnatrias sinkt, wie man schon von der Poststrasse aus deutlich sehen kann, nicht gleichmässig flach nach Osten, sondern sie beschreibt eine deutliche quere Falte. Stellenweise ist sie gegen E überkippt und fällt die Trias nach Westen, erst später wieder nach Osten ein. Im Kristallin der Margnagipfelregion repetiert sich dieses Phänomen. Die kristallinen Schiefer fallen zunächst nur flach nach Osten, um dann östlich der Schulter in einer scharfen spitzen Falte zunächst überkippt steil nach Westen und endlich wieder flach 314 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 nach Osten zu sinken. Im Val Fedoz finden wir das Gleiche wieder. Die Fedozserie schiesst am Piz Fedoz nicht flach ostfallend, wie man erwarten sollte, unter der höheren Malojaserie hervor, sondern sie fällt westwärts unter dieselbe ein. Erst nach mehreren ziemlich scharfen querverlaufenden Falten stellt sich das endgültige Ostfallen ein, welches dann bis gegen die Kulmination an der Fuorcla Chapütsch anhält. Wir haben also zwischen Piz Duan und Val Fedoz ein breites Bündel von ostwärts bewegten Querfalten, das sich aus der Gegend der Disgrazia bis zum Septimer gut ver- folgen lässt. Jenseits des Septimers aber hört diese Querfaltenzone keineswegs auf. So berichtet Zyndel von intensiver Querfaltung am Averser Weissberg, ferner am Piz Alv und endlich von einem Teil der Splügener Kalkberge. Östlich dieser Averser Querfalten fand ich solche ebenfalls gegen E gerichtet, in den Ophiolithen des Piz Platta am Thälihorn im hintern Val Berela. Der Piz Toissa nahe der Vättiser Kulmination, zeigt nach Zyndel starke Querfaltung. Quer- falten sollen auch wiederum im nördlichen Surettamassiv vor- handen sein, wohl als Ausläufer oder als Äquivalente der Querfalten am Piz Duan. In den Bündnerschiefermassen zwischen Vals, Safıen und Domleschg scheint sich endlich diese gewaltige Querfaltenzone zu verlieren. Westlich dieser über 50 km langen Querfaltenbündel des Muretto und des Avers finden sich in der Gegend des Splügenpasse$ An- zeichen einer neuen selbständigen Querfaltung. Durch dieselbe werden die Splügenermulde und die angrenzenden Decklappen des Tambo- und Surettamassivs ergriffen, und deren Axen, die sonst regelmässig und flach nach Osten fallen, zu einer scharfen Flexur verbogen. Die Gesteine des Splügenerzuges werden dadurch in der Gegend von Sufers und am Splügenpasse selbst sehr steil, ja oft senkrecht gestellt, und erst weiter südlich und östlich wird das für die regionale Tek- tonik entscheidende flache Einfallen derselben zwischen die flach gelagerten kristallinen Massive sichtbar. Dass diese Steilstellung nicht als Ansatz zu einer Nord-Süd streichenden Stirnfalte einer Ost-West bewegten Surettadecke aufgefasst werden kann, dafür sorgen neben allgemeinen Überlegungen die flach gelagerten Lappen der Splügene” Axen mulde westlich Campodoleino. Diese zeigen deutlich, dass die der trennenden Mulde auch westlich der Steilstellung von Sufers und vom Splügenpass rasch wieder in ihr normales flach westlich u. 1er Fu re fe es Au . steigen zurückkehren. Weitere und vielleicht noch intensivere Quer es ee Be ne I 3 ee Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 315 falten sind in der Splügenregion vorderhand nicht bekannt, doch dürften sich solche noch finden lassen. Aus dem Gebiet der Adula sind bis jetzt eigentliche Querfal- tungen nicht bekannt. Albert Heim zeichnete allerdings zwischen Olivone und Val Carasina eine prachtvolle Querfalte, durch welche die Axe der Decke auf La Colma stark nach Osten überkippt wird. Doch handelt es sich hier nach persönlicher Mitteilung von Alb. Heim nur um die etwas verdrehte normale Stirnfalte der Adula. Hingegen weist das an vielen Stellen im Misox und im Rheinwald oft abnorm steile Einsinken der Adulagneise unter die Misoxermulde, und dieser ihrerseits unter die Tambodecke wenigstens auf eine ähnliche Flexur der Axen hin, wie wir sie eben vom Splügenpass kennen gelernt haben. Kleinere Querfalten finden sich auch nördlich Val Vignone südlich Hinterrhein. ; Damit wären die bis jetzt eruierbaren Querfaltungen im süd- lichen Bünden kurz erwähnt und zusammengestellt. Es bleibt uns noch übrig, nun rasch noch die Querfalten des nördlichen Bündens und der benachbarten helvetischen Alpen zu überblicken. Westlich der Vättiser Kulmination, also in der Fortsetzung der Muretto- und Averser Querfaltung, ist von eigentlichen Quer- falten nur sehr wenig bekannt. Einzig in der Umgebung von Bonaduz und Rhäzüns, sowie bei Pardisla im Domleschg sind grössere und kleinere Querfalten durch Arbenz und Walter Staub gefunden worden. Dieselben ergreifen nur den helvetischen Untergrund und setzen nicht in die Bündnerschiefer hinein. Dennoch können sie als unterirdische, in den hangenden Bündnerschiefern maskierte Ausläufer der grossen Murettoquerfaltenzone betrachtet werden. Aber solche Schwärme von Querfalten wie dort suchen wir hier vergebens. Aus den Glarneralpen beschreibt Albert Heim zwei einzige Fälle, die etwas an Querfaltung in unserem Sinne gemahnen. Ich meine die quere Einstülpung des Mittelschenkels und des Verrucano der Glarnerdecke in den Flysch von Elm, die von der Setherfurka am Panixerpass zum Kalkhorn am Wichlenberg zieht, und die Quer- faltungen am Piz da Dartgias am Kistenpass. Weitere Anzeichen Querer Faltung scheinen zu fehlen. a er die Zahl der Querfalten östlich der Vättiser Kulmination gegen die Silvrettadepression hin, Dieselben können gewissermassen als Äquivalente der Bernina - Sassalbo - Querfaltung gelten. Im Norden gehört zunächst sehr wahrscheinlich hierher das Nord-Süd streichende Gewölbe des Schollberges am Ostabfall der Alviergruppe, dann aber mit Sicherheit die prachtvollen Querfalten, 316 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in ‘Zürich. 1919 welche Trümpy aus dem Saminatal im Lichtensteinischen beschreibt, woselbst die Axen der Falknisdecke in starke Falten verbogen sind, und bei denen es bis zur lokalen Überkippung der Faltenaxen kommt. Von grösseren querstreichenden Scharnieren berichten Trümpy und Spitz ferner aus der Gegend der Scesaplana. Deren grosses Ausmass ist auf Trümpys Profilen ersichtlich. Die Mitta gspitzenmulde im östlichen Rhätikon zeigt ebenfalls einen zum Alpenstreichen queren Verlauf. Aus dem Plessur- und Ducangebirge erwähnen Spitz und Dyhrenfurth schief und quer verlaufende Falten, deren Natur nun durch die Arbeiten von Arbenz und seinen Schülern aufgeklärt werden wird. Das stellenweise rapide Untertauchen der Aeladecke unter die Silvretta in der Gegend von Bergün dürfte vielleicht, wenn nicht auf Querfaltung im eigentlichen Sinne, so doch auf eine scharfe flexurartige Abbiegung der Axen deuten. Den Mitteilungen von Ar- benz und seinen Schülern über diese Regionen ist mit dem grössten Interesse entgegenzusehen, wird doch durch dieselben eine der grössten und am meisten umstrittenen Lücken in unserer Kenntnis Graubündens endlich ausgefüllt. Kleinere Querfalten werden sich wohl noch anderwärts in Bünden nachweisen lassen, so vielleicht in vermehrtem Masse zwischen Li- vigno und Oberengadin; aber die Mehrzahl der graubündnerischen Querfalten glaube ich nun doch erwähnt zu haben. Die Querfalten sind in Graubünden ein durchaus allgemeines und weit ver- breitetes Phänomen. Die Querfalten sind nicht bloss an einzelne Gebiete gebunden, wie es zuerst fast den Anschein hatte, sondern sie kommen in den verschiedensten Regionen und tektonischen Ein- heiten vor. Charakteristisch ist ihre Vorliebe zu Schwarm- und Bündelbildung. Meist lassen sich diese Querfalten über grössere Gebiete quer durchs Gebirge verfolgen, oft löst die eine die andere im Streichen ab, die eine Falte verliert sich, und wenig daneben taucht dafür eine andere auf. Einzelne solcher Querfaltenbündel er- reichen dabei eine respektable Länge. So lässt sich die Bernina- querfaltung auf über 15, die des Sassalbo auf über 20, die des Mu- retto sogar bis auf 50 km quer zum Alpenstreichen verfolgen. Dıe meisten dieser Querfalten zeigen ein Überliegen nach Osten. Cha- rakteristisch ist auch eine gewisse Scharung der Querfalten ım Innern des Gebirges, dieselben divergieren vielfach gegen aussen. Auch ist ihre Zahl im Innern des Gebirges, im südlichen Bünden, viel grösser, sie verlieren sich allmählich gegen Norden. sonders deutlich zeigt sich dies im Querfaltenbündel gerade wes der Vättiser Kulmination. Die Gebiete in der Verlängerung tlich Es Sa a DE ee ee rtenne BIS, WR der | HR \ ce ng che, a Fe ee Pe Sa ee a EEE A he ee er Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 317 Bernina- und Sassalboquerfaltung sind leider noch zu wenig studiert, um dort vielleicht ähnliche Zusammenhänge hervortreten zu lassen. Die künftige Forschung hat hier noch ein weites Feld, und es werden sich noch manche Gesetzmässigkeiten in der Verteilung der Quer- falten ergeben, die heute zu erkennen wir noch nicht imstande sind. Das eine ist sicher, dass die Querfalten in Graubünden ein durchaus weit verbreitetes und an sich grossartiges Phänomen sind. Wir können nun dazu übergehen, unsere Gliederung des Längsprofils durch Graubünden eben anhand der Querfalten- zonen noch feiner zu gestalten. Von West nach Ost können wir folgende Elemente ausscheiden: 1. Die Tessiner Kulmination, 2. Die Depression Westbündens, a) Die Axenverbiegung im Misox, . b) Die Axenverbiegung bis Querfaltung am Splügenpass, c) Die Querfaltenzone Muretto— Avers—Oberhalbstein— Rhä- züns, Die Kulmination Vättis—Lanzada, Die Depression Ostbündens oder Silvrettadepression, a) Die Teilwölbung Val Bever—Surlej, b) Die Teildepression des Berninastockes, c) Die Querfaltenzone Val del Fain — Berninapass—Puschlav, d) Die Querfaltenzone Sassalbo— Livigno, in gleicher Situation wie c und d im nördlichen Bünden die Querfalten des Rhätikon (Falknis, Scesaplana), e) Zone der querstreichenden Falten am Ofenpass, . Die Unterengadiner Kulmination, Die Oetztaler Depression mit den Querfaltenzonen des Piz Lad und des Endkopfes. | Die Zukunft wird diese erste Gliederung des Graubündner Längs- Profils wohl noch vertiefen und feiner ausbauen, deren Grundzüge aber dürften damit gegeben sein. Es bleibt uns nun noch übrig, eine gewisse Vorstellung zu ge- ' Winnen von den a wa a Ursachen und Wechselwirkungen des Längsprofils. Beginnen wir wiederum mit dessen grossen Zügen, den Kale Minationen und Depressionen. Hinter der gewaltigen Aufwölbung 2 des Aarmassivs liegt die n Hauptkulmination der Decken im Tessin, hi nter der kleineren Kul- 318 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 mination von Vättis die kleineren Kulminationen des Oberhalbsteins, des Oberengadins, des Malenco, und vor der Unterengadiner Quer- aufwölbung sehen wir die Kulmination des Bregenzerwaldes. Hinter jeder Kulmination des Vorlandes, sei es des herceynischen oder des helvetischen, steht eine entspre- chende Kulmination der Decken. Das erscheint mehr und mehr, wenigstens für die Schweizeralpen, als ein eigentliches Gesetz. Ur- sächliche Beziehungen zwischen den Aufwölbungen des Vorlandes und denen der Decken müssen daher vorhanden sein. Die Frage ist nur: liegt die Urache der Aufwölbungen im Vorland in den Kulminationen der Decken, oder sind umgekehrt nicht | gerade diese letzteren auf Stauungen durch die Kulmina- tionen des Vorlandes zurückzuführen? Weder das eine noch das andere ist unbedingt richtig. Zunächst sind ganz gewiss die Deckenkulminationen älter als die Aufwölbung der helvetischen Zentralmassive, und demnach auch älter als deren queren Kulminationen, wenig- stens in ihrer heutigen prägnanten Form. Die Kulminationen der Decken waren schon vor der Ablagerung der Molasse als solche vorhanden, denn ihre heutige Verteilung spiegelt sich bereits wieder in der Verteilung der grössten Nagelfluhmassen. Die mächtigsten Nagelfluhklötze und -Deltas liegen, wie Arbenz schon lange gezeigt hat, direkt vor den grossen Kulminationen. So sehen wir die ge waltige Masse der Napfnagelfluh vor der Kulmination des Berner- oberlandes, die des Rigi und Rossberges vor der Tessiner-Reusstal- Aufwölbung, die des Speer, des Zürcheroberlandes, von St. Gallen und Appenzell im Vorland der- Kulmination Vättis—Lanzada, die Nagelfluhen des Bregenzerwaldes endlich vor der Unterengadiner Auf- wölbung. Das Material ‚dieser Nagelfluhen stammt zum weitaus grössten Teil aus den ostalpinen und penninischen Teilen dieser Kul- minationen. Diese gelangten als solche. zuerst in den Bereich der Erosion, in ihnen setzte der Abtrag am frühesten ein und dauerte _ R am längsten, und deshalb sehen wir auch die grössten Massen ihrer ‚Abtragungsprodukte diesen Zonen grösster Kulmination direkt vor- gelagert. Anders liesse sich die auffallende Verteilung der Nageltluh und deren Lage zu den Kulminationen gar nicht erklären. Arbenz hat darauf genügend hingewiesen. Die Kulminationen der Decken * sind also älter als die Ablagerung der Molasse. N Die Molasse aber wurde aufgerichtet, gefaltet, erodiert und diente ; a später den noch heranrückenden äussersten Vorposten der helvebi- . 4 schen Decken ihrerseits als stauender Widerstand. Die letzten Be Es Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 319 wegungen der helvetischen Decken stossen auf ein bereits durchtaltes altes, in sich unabhängig gefaltetes Molassegebirge: die Randketten branden an der subalpinen Nagelfluh. Diese letzten Bewe- gungen der helvetischen Decken nun sind die Folge eines letzten intensiven Schubes aus dem Süden, der weiter alpeneinwärts durch die Aufwölbung der autochthonen Zentralmassive und die dadurch bedingte Steilstellung und stellenweise Überkippung der helvetischen Decken dokumentiert wird. Durch die Aufwölbung der Zentralmassive wurden die darüber liegenden helvetischen Decken nochmals und energisch nach Norden gestossen, und die Brandung der Rand- ketten an der Nagelfluh ist damit eine letzte Folge dieser endgültigen Aufwölbung der Zentralmassive. Die Aufwölbung der Zentralmassive und damit auch die Ausbildung der autoch- thonen Kulminationen in ihrer heutigen Form, ist also viel jünger als dieMolasse,dieseihrerseitsist wiederum jüngerals die Kulminationen der ostalpinen und penninischen Decken. Die Deckenkulminationen Graubündens und der innern Alpen überhaupt sind also viel älter als die Kulminationen der Zentralmassive in ihrer heutigen Form. Die heutigen Kulminationen des Vorlandes sind nicht die Ursache der Decken- kulminationen, sie konnten als starre Widerlager so wenig wie die Nagelfluhmassen, die ja erst durch das Bereitsvorhandensein der Deckenkulminationen als solche an ihren heutigen Stellen erklärbar sind, auf die heranrückenden Decken wirken und dieselben hinter ihnen lokal höher stauen. Das Zusammenwirken der weiter vor- rückenden Deckenkulminationen mit dem stauenden Einfluss der Nagelfluhzentren scheint im Gegenteil die Bildung der Kulminationen im zwischenliegenden helvetischen und hereynischen Gebiete erst recht ausgelöst und befördert zu haben. Jeder Blick auf eine geologische Karte der Alpen aber lehrt uns, dass doch die hercynischen Massive es schon waren, die als enorme stauende Widerstände auf das von Süden heranrückende alpine Deckenland einen gewaltigen formenden Einfluss ausgeübt aben. Zwischen den alten Massiven fluten die helvetischen, pen- üinischen, präalpinen und ostalpinen Decken ungehindert durch und drängen weit hinaus ins heutige alpine Vorland, hinter den Massiven aber staut sich die Bewegung, die Decken werden zurückgehalten und der Schub wölbt sie daher nur umso höher und gewaltiger auf. 80 sehen wir überall hinter den Massiven die mächtigsten = Kulminationen, hinter den Lücken zwischen denselben die tiefsten Depressionen im alpinen Deckengebäude. Durch die a 2 FRE Ne 320 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Pforte zwischen Mercantour und Pelvoux fluten die Decken des Em- brunais, zwischen Pelvoux, Belledonne und Montblanc drängen die penninischen Decken in mächtigem Bogen vor, und durch die Lücke zwischen Montblanc— Aiguilles Rouges- und Aarmassiv stossen die helvetischen, penninischen und präalpinen Decken in gewaltigen Massen weit ins alpine Vorland hinaus. Hinter dem doppelten Widerstand des Aar- und Gotthardmassives entsteht die grösste Stauung der penninischen Decken, die zur Tessiner Kulmination führt, hinter dem Montblane sehen wir die Kulmination des Gran Paradiso und Val- savaranche. Die Depression des Wallis liegt in der Zone unbehinderten Vorrückens zwischen Aarmassiv und Montblanc, die Depression von Lanzo hinter den frei sich entwickelnden Guirlanden der Grajischen Alpen. Im Osten sehen wir dasselbe Phänomen in grösstem Maßstab, wo in der tiefen Senke zwischen Aarmassiv und Böhmischer Masse der gewaltige Bogen der Ostalpen sich frei entwickeln kann, an beiden Enden deutlich zurückgehalten und in freier Entwicklung ge- hindert durch die auftauchenden alten Massive. _ Der Einfluss des hercynischen Vorlandes auf die alpinen Decken macht sich aber auch noch anders geltend. Hinter den Massiven _ stauen sich die Massen, die tieferen Elemente werden zurückgehalten, und nur die höheren und höchsten vermögen das Hindernis zu über- winden. Vor den Enden und in den Lücken zwischen den Massiven ist die Zahl der Decken eine viel grössere als vor dem Massiv selber, ganz abgesehen davon, dass in jenen tiefen Senken auch die höchsten Elemente, vor Erosion geschützt, erhalten geblieben sind. Wiederum ist es das Verdienst von Arbenz, auf diese wichtigen Tatsachen zuerst aufmerksam gemacht zu haben. So sehen wir, wie die Zahl der helvetischen Decken gegen die Kulmination des Aarmassivs immer mehr abnimmt und wie nur die höchste, die Wildhorn—Drusberg- decke, sich über die ganze Länge des Massivs verfolgen lässt. Glarner-, Mürtschen-, Axen-, Diablerets- und Morclesdecke, sie alle kennen wir wohl aus den Senken zu beiden Seiten der Massivkulmination, aber keine von allen deutlich vor der Kulmination selbst. Der Einfluss der hereynischen Massive auf die von Süden anrückenden Decken ist also unleugbar ein grosser gewesen, und wit sind gezwungen, diesen Einfluss als einen allgemeinen und als den primären anzuerkennen. Die grossen Leitlinien im Baue der Alpen sind abhängig vom hereynischen Untergrund un die Kulminationen in den Decken müssen daher letzten Endes die Folgen einer gewissen Konfiguration der h eynischen Massive gewesen sein. ; E ee RE EINER BEE en gu er Er dach (2 En N, i * N % k a a ae I a BE he a nt a TH re IT N 1 ee EEE * _ Widerstandsfähiger als die sie umgebenden älteren Gneise und Be Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 321 Die Querwölbungen des Vorlandes in ihrer heutigen Form können, wie wir gesehen haben, die Ursache der Deckenkulmina- tionen nicht gewesen sein, da sie in ihrer jetzigen Ausbildung jünger sind als dieselben. Wohl aber können an den Stellen der jetzigen ausgeprägten hereynischen Kulminationen von jeher schon solche in schwächerer Form, aber doch prägnant genug, um einen stauenden Einfluss auszuüben, vorhanden gewesen sein, ja solche älteren Erhebungen müssen wir sogar postulieren, denn ohne solche ist der offensichtliche Einfluss des Vorlandes auf die heran- rückende Deckenmasse gar nicht erklärlich. Die heutigen hereynischen Kulminationen sind wohl in ihrer jetzigen scharfen Form jünger als die Deckenkulminationen, aber deren Anlagen sind viel älter, und auf diese ist der stauende Einfluss zurückzuführen, durch den erst die Deckenkulminationen entstanden sind. Die tertiäre Faltung hat wohl diese alten An- lagen verstärkt und ihnen ihre, heutige prägnante Form gegeben, aber niemals hat sie erst diese Längsgliederung der Massive hervor- gebracht und geschaffen. Die Anlagen der hereynischen Kulmina- tionen und Depressionen sind älter als die ersten Anfänge der Alpen- faltung, auf die sie ja schon gewirkt haben, und ihre Ursachen gehen daher zurück bis in die Zeiten der hereynischen Gebirgsbildung. Welches sind diese Ursachen? Sie können primär nur in Un- regelmässigkeiten der prätriadischen Abrasionsfläche des hereynischen Gebirges gesucht werden. Der Abtrag des alten Gebirges hat naturgemäss nicht überall gleichmässig gearbeitet. Er hat keine völlige Ebene geschaffen, über welche später wieder das Meer flutete, sondern es blieben gewisse Relikte in Form unregel- mässiger Höcker stehen. Durch Verwerfungen. wurden dieselben viel- leicht noch weiter akzentuiert, und diese Unebenheiten müssen als Anlage der späteren hercynischen Kulminationen stauend auf die anrückenden Decken gewirkt haben. Der Anstoss zu den An- lagen der hereynischen Kulminationen kann also in einem ungleichmässigen Abtrag der hereynischen Gebirgsketten Sesucht werden. \ : Dieser ungleichmässige posthereynische Abtrag lässt sich seiner- seits wiederum auf andere Ursachen zurückführen, die in ihrer Ge- Samtheit wir nicht im Entferntesten überblicken können. Eine ge- #isse Rolle spielte dabei ganz gewiss die Verteilung der her- Cynischen Intrusiva. Dieselben waren gegenüber Erosion und Abwitterung in ihrer damaligen jugendlichen Frische bedeutend 2 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 322 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Geselisch. in Zürich. 1919 Diese Intrusivzentren samt ihrer näheren Umgebung müssen daher schliesslich die posthereynische Peneplain als mehr oder weniger Aache Relikte des hereynischen Gebirges in Form gewaltiger Höcker noch etwas überragt haben. Die Verteilung der Intrusiva in den heutigen Zentralmassiven gibt dieser Anschauung in weitestem Masse recht. So sehen wir überall die Hauptverbreitung der alten Eruptiva in den Kulminationen der heutigen Massive und genau an den Stellen und in den Regionen, wo dieselben auf die anrückenden Deckenwellen als kräftigste Widerstände wirkten. Das Granitmassiv des Mercantour, die Granite der Meije und der Ecrins im Pelvoux, der Granit des Montblanc und endlich im grossen der Aaregranit, sie alle liegen da, wo die anflutenden Decken am meisten zurückgehalten wurden. Ein Bliek auf die Karte von Argand zeigt diesen Zusammenhang in klarster Weise.') Der letzte Grund für die Verteilung der Deckenkulmina- tionen, ja der Kulminationen überhaupt, und damit die letzte Ursache der heutigen Längsgliederung des Alpen- gebirges liegt also in der Verteilung der hercynischen In- trusiva. Was diese ihrerseits bedingt hat, darüber vermögen wir heute noch keine befriedigende Antwort zu geben. Dass diese In- trusiva sich am Innenrand der alten hereynischen Ketten, im Vrland einer ausgedehnten Senkungszone, der alten Thetis, finden, ist im Hinblick auf die analoge Stellung der tertiären periadriatischen Massen | in bezug auf die Alpen und die adriatische Senkung ganz verständ lich. Was aber die Verteilung der Massen im Streichen bedingt hat, das wissen wir bis heute, auch von den periadriatischen Massen, noch nicht mit Sicherheit. Wir können nur sagen, dass vielleicht irgendwelche Besonderheiten in der Tektonik der intrudierten Ge birge den aufsteigenden Magmamassen einen bestimmteren Weg an- gewiesen haben als anderswo. Die letzten Ursachen der Verteilung posihereyni- a ei ee ih 1) Denselben Einfluss der Intrusivzentren auf die Gestaltung der nr schen Peneplain zeigen in gewisser Hinsicht auch die ostalpinen Decken mit ihre hereynischen Untergrund. Wenn deren Intrusivzentren beim posthereynischen ABDe gegenüber den Gneis-Schieferzonen tatsächlich höckerartige höhere Rumpfstücke bildeten, so müssen wir heute im Gebiete dieser intrusiven Höc 2 Sr Ki 8 ST a ie nie pressionen zu suchen sind, ist damit nicht gesagt. Sicher ist der Einiluss landes auf die Bildung derselben der bestimmendere gewesen. Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 323 der hereynischen Intrusiva und damit auch die ersten Anlagen der heutigen Längsgliederung des Alpenbogens, gehen also wohl auf die uns nun nicht mehr zugängliche Tektonik des alten hereynischen Gebirges zurück. Die Verfolgung der Ursachen der heutigen Längengliederung des Alpenbogens hat uns weit zurück bis ins obere Paläozoikum ge- führt. Die Kulminationen der Decken sind zurückzuführen auf Stau- ungen an gewissen präexistenten „Kulminationen“ des hercynischen Vorlandes, diese ihrerseits sind die weitere Akzentuierung von flachen Rumpfstücken, die, weil um die resistenteren Intrusivgesteine geschart, beim Abtrag des hercynischen @ebirges nicht so weit denudiert wurden wie die aus leichter verwitterbaren Schiefern bestehenden Nebenzonen. Die Eruptivzentren wirkten als solche auch schon rein mechanisch, indem sie den heranflutenden Decken als starrere Wider- lager den grösseren Widerstand boten als die weicheren plastischeren kristallinen Schiefer. Die Lage der hereynischen Intrusiva bedingte also direkt und indirekt in letzter Linie die Lage der heutigen Kul- mination. Vom Mittelmeer bis ans Ostende des Aarmassivs und wiederum in der böhmischen Masse finden wir diese Auffassung bestätigt. Nur die Kulmination von Vättis scheint mit keiner Intrusivmasse zu- sammenzufallen. Aber einmal ist der dort aufgeschlossene hereynische Raum so klein, dass nur ein ganz geringer Teil der eigentlichen Kulminationszone, die ja schon unter dem Segnespass beginnt und erst unter dem Prättigau sich verliert, heute sichtbar ist. In diesem Raum kann sich eine gewaltige Intrusivmasse befinden, von der wir heute keine Ahnung haben. Aber andererseits sind im Fenster von Vättis Gesteine aufgeschlossen, die dem gepressten Tödigranit überaus nahe stehen. Man vergleiche nur die Beschreibung der Vättiser Orthogneise von Tolwinsky mit derjenigen des Tödigranits von Escher. Die resistenzfähigeren Gesteine, die hier beim Abtrag des hercynischen Gebirges den Anlass zur Bildung eines höheren Höckers und damit später zu der Kulmination von Vättis boten, sind vorhanden, es sind aber nicht eigentliche Granite, sondern Mylonite von solchen, Orthogneise. Ob dieselben dem Tödigranit wirklich äquivalent sind oder nicht, bleibt hier völlig gleichgültig. Die Hauptsache ist die Feststellung eines gegenüber den Serieit- 'schiefern des Aarmassivs resistenzfähigeren Orthogesteins. Die schein- '® Ausnahme von Vättis existiert also nicht. Für die Präexistenz der hereynischen Kulminationen als relative Erhebungen der posthereynischen Peneplain haben 324 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 wir aber auch noch weitere Anhaltspunkte. Auf diesen Erhebungen konnten sich zunächst keine jüngeren Sedimente ablagern, dieselben mussten notgedrungen zuerst die dazwischen liegenden Senken aus- füllen. Erst nach deren Auffüllung konnte die Sedimentation auch auf den höheren zurückgebliebenen Rumpfgebirgsstücken einsetzen. Tatsächlich fehlen auch an diesen Stellen der Zentralmassive eine Reihe von Sedimenten, besonders frühmesozoischen, die in den be- nachbarten Senken vorhanden sind, oder dieselben sind auch in den Kulminationsgebieten vorhanden, aber in bedeutend lückenhafterer Ausbildung als in den zwischenliegenden Senken. So fehlt der klastische grobkonglomeratische Verrucano sowohl dem Gebiet von Vättis wie dem des Reusstales völlig; in der da- zwischenliegenden Tödigruppe jedoch ist er, wenn auch nur wenig mächtig, als typisches violettes und grünes Sernifitkonglomerat vor- handen. Dieses Vorkommen in der Senke zwischen Reusstaler- und Vättiser Kulmination steht ganz gewiss nicht einzig da, sondern muss zwischen dem Tödi und der Region unter der Ringel—Segnes- gruppe eine ununterbrochene und stellenweise auch mächtigere Fort- setzung haben. Gegen Süden stand dieselbe wohl in kontinuierlicher Verbindung mit dem gleichfalls wohl nicht nur zufällig in genau den- selben Sektor fallenden Sernifit der Glarnerdecke. Dieser setzt dort mit einer Mächtigkeit von mehreren hundert Metern ein, er muss also noch einen beträchtlichen Ausläufer nach Norden gehabt haben. Diesen Ausläufer vermuten wir in der Fortsetzung des Verrucano der Sandalp gegen Osten. Im autochthonen Gebiet von Vättis, Tamins und Bonaduz hingegen fehlt der konglomeratische sedimentäre Verru- cano, dort haben wir nur diabasische Ergüsse und Tuffe und Quarz- porphyrdecken. Desgleichen suchen wir vergebens nac Verrucano im ganzen Kulminationsgebiet des Aarmassivs Von der Windgälle bis ins Lötschental. Dort setzt der Verrucano in Form der allerdings als tektonisch bedingt angezweifelten Granitbreceien und Konglomerate wieder ein. Die stratigraphische Natur derselben ist jedoch keineswegs ausgeschlossen ; auch fehlen ähnliche sichere Fälle solcher tektonischer Granitbreccien in den Alpen bisher, und in symmetrischer Lage jenseits der Wildstrubelsenke sind typise violette Verrucanokonglomerate in der Carbonmulde der Dent de Moreles vorhanden. Ich zweifle nicht, dass sich irdisch in die des Lötschentals fortsetzen, die Senke zwisch Kulminationen des Montblanc — Aiguilles Rouges- und des. Gastern-Massives erfüllend. Für die Region der Reusstaler und Vättiser Kulmination ; he dieselben unter en den Aue .. ee ee FR Tea u ETW a ET TER Re ER SE REES ee Be de re Ei ee ! y a n Ei N x Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 325 aber steht fest, dass auf ihnen als höher gelegenen Teilen der posthercynischen Peneplain klastischer Verrucano sich nicht abgelagert hat, wohl aber in der dazwischenliegenden, also schon damals als Senke sich dokumentierenden Region der Tödigruppe. Diese Konfiguration des hereynischen Untergrundes macht sich noch weiter geltend bis in den Lias und Dogger hinein. Dem Scheitel des Aarmassivs fehlen, soweit man dies aus den unmittelbar benachbarten Gebieten der Windgälle und von Fernigen schliessen kann, in der Region der Reusstal-Kulmination die typischen Quarzite der Trias, es fehlen, mit einziger Ausnahme einer winzigen, 1910 durch meine Frau entdeckten Dolomitbank bei Fernigen, Rötidolomit und Quartenschiefer, es fehlt endlich der ganze Lias, und der Dogger führt bis hinauf ins Callovien Porphyr- und Triasgerölle. Trias und Lias kamen also auf den höchsten Teilen der Reusstal- kulmination gar nicht oder nur kaum zur Ablagerung, auf jeden Fall nicht in jenem Masse, wie wir es sonst in den helvetischen Alpen zu sehen gewohnt sind. Ganz anders gestaltet sich das Bild in der Tödigruppe. Die Trias ist als feines Konglomerat und als Quarzit, ferner als Röti- dolomit und Quartenschiefer prägnant ausgebildet und trotz ihrem Seichtmeercharakter hie und da doch bis über 100 m mächtig. Es lassen sich oft ein unterer Muschelkalk- und ein oberer Keuperdolomit unter- scheiden, die durch Quartenschiefer getrennt sind. Über der Trias folgen wenige Meter kompakter Echinodermenbreecie und Quarzite des obersten Lias, derselbe ist also im Gegensatz zum Reussgebiet wenigstens teilweise vorhanden. Der Dogger zeigt die gewöhnliche Fazies, Gerölle fehlen. Bei Vättis endlich sind wohl Trias und Lias auch ausgebildet, aber doch etwas anders als in der Tödigruppe. Unter dem Röti- dolomit liegen grobe Quarzite und Quarzsandsteine. Der Rötidolomit selbst ist nicht mehr wie im Tödigebiet zusammen mit dem Quarten- schiefer bis 100 m mächtig, sondern höchstens 60 m. Einen obern Keuperdolomit wie im Tödigebiet kennen wir von Vättis nicht. Der Keuper ist dort nur durch den Quartenschiefer vertreten, in welchem grobe Dolomitbreceien und Quarzsandsteine hervorzuheben sind. Stellen- weise fehlt er ganz. Der oberste Lias, das Toarcien, ist nicht wie im Tödigebiet durch eine kompakte Echinodermenbreceienbank !) !) Ob diese Echinodermenbreccie noch dem obersten Lias oder bereits dem Aalenien angehört, erscheint nach den Untersuchungen von Arbenz noch nicht völlig entschieden, doch ist hier diese Frage ohne Belang. 326 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 vertreten, sondern dieselbe ist hier reichlich mit Geröllen und Brocken der liegenden Rötigruppe erfüllt, also deutlich stark litoral. Umsomehr überrascht die reiche Ammonitenfauna an deren Basis. Dieselbe kann nur aus tieferen Ablagerungsräumen der Nachbarschaft stammen. Sowohl gegen Süden wie gegen Norden keilt der Lias aber ganz aus. Hingegen scheint es wahrscheinlich, dass diese Fauna aus dem Gebiet zwischen Tödi und Vättis oder östlich Vättis her- stamme und dass dieses Gebiet wie zur Permzeit so auch im obersten Lias noch deutlich als Senke mit bathyalerer Sedimentation bestanden hat. Diese Senke ihrerseits kann sehr wohl mit dem mitteleuro- päischen Liasmeer verbunden gewesen sein, auf das die Fauna von Vättis ja tatsächlich hinweist. Auf jeden Fall aber zeigen sowohl das Reussgebiet wie Vättis vom Perm bis in den obersten Lias, das Reussgebiet sogar bis in den Dogger hinein, gegenüber der zwischen- liegenden Tödiregion deutlich den Charakter von flachen Erhebungen. Die Anlagen zu den Kulminationen sind also tatsächlich schon vom Perm an und bis in den obersten Lias als solehe nachgewiesen, sie haben schon auf die Aus- bildung der helvetischen Schichtenreibe einen grossen Ein- fluss ausgeübt. Später allerdings wurden diese Höhendifferenzen durch die weitergehende Sedimentation völlig ausgeebnet, aber die Erhebungen im hereynischen Untergrund blieben als solche in der Tiefe weiter bestehen und wirkten dort weiter als Zonen stärksten Widerstandes gegen die von Süden anrückenden Decken; hinter ihnen stauten sich dieselben höher auf und so bildeten sich allmählich die Deckenkulminationen. Die Kulminationen des Gran Paradiso, die des Tessins und die des Oberhalbsteins, des Oberengadins und von Lanzada, sie alle sind bedingt durch ein ihnen im Wege stehendes hercynisches Widerlager- In den Westalpen, im Montblanc- und Aarmassiv ist dasselbe auf grosse Strecken erschlossen, aber schon bei Vättis wäre es beine unter seiner helvetischen Umhüllung verborgen geblieben. Dieser Fall, wo wir das stauende hercynische Widerlager nicht mehr sehen können, tritt nun weiter östlich auf. Auch vor den Kulminationen des Unterengadins und der Tauern müssen wir mächtige alte her- cynische Widerlager und Erhebungen annehmen, hinter denen die anrückenden Decken höher stauten und die damit den Anstoss Er gaben zur Bildung jener gewaltigen Kulminationen. Nur sind diese et er sich unterirdischen Ausläufer des hercynischen Rahmens der Westalpen dort noch unter den riesigen Massen der darüber hinweg gefluteten Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 327 Decken verborgen. Dass sie da sind, dafür bürgen die Verhältnisse in den Westalpen zur Genüge. Der Widerstand eines hercynischen Massivs im Unterengadin spiegelt sich übrigens auch deutlich in einem Zurückbleiben der Stirn der unterostalpinen Decken, besonders der Campodecke. Damit glaube ich nun die Beziehungen zwischen den Kulmina- tionen des Vorlandes und denen der Decken genügend beleuchtet zu haben und fasse die Resultate, zu denen wir gelangt sind, kurz zu- sammen. An der Zerstörung des hereynischen Gebirges arbeiteten Erosion und Verwitterung nicht überall gleichmässig. Die damals jungen In- trusiva desselben boten dem Abtrag als die resistenzfähigsten Ge- steine der hereynischen Serie den stärksten Widerstand. Auch nachdem das Gebirge fast völlig ausgeebnet war, blieben diese Gebiete als etwas erhöhte höckerartige Rumpfgebirgsstücke bestehen. Diese höheren Stellen der posthereynischen Peneplain wurden zum Teil bis in den Dogger hinein gar nicht oder nur äusserst schwach vom Meere überflutet. Sie bewahrten gegenüber den benachbarten Re- gionen ihren Charakter als relativ resistenzfähige Gebiete und als höhere Erhebungen des posthereynischen Rumpfes. Als solche wirkten sie von allem Anfang an schon auf die anrückenden Deckenembryonen als Widerstände. Zur Zeit der grossen tertiären Faltungen aber stauten sich hinter diesen auch schon primär durch die grössere Starrheit ihrer Intrusivzentren zu den stärksten Widerlagern prä- destinierten Stellen die Decken höher als in den Senken nebenan, wo sie unbehindert vorrücken konnten, es bildeten sich hinter ihnen, durch sie verursacht, die Kulminationen der penninischen und ost- alpinen Decken. Durch Abtrag dieser Deckenkulminationen haupt- sächlich entstanden vor denselben die gewaltigen Klötze der sub- alpinen Nagelfluh. Aber die Bewegung ging weiter. Die pennini- schen und ostalpinen Decken rückten immer weiter vor, und zu einem gewissen Zeitpunkt haben wohl die Kulminationen der Decken, ver- stärkt durch die von ihnen geschaffenen Widerlager der Nagelfluh, es vermocht, nun ihrerseits die schon vorhandenen hereynischen Un- ebenheiten, die bis dahin eigentlich keine Kulminationen im wahren Sinne, sondern Erosionsrelikte des hereynischen Gebirges waren, stärker zu akzentuieren und weiter zu heben. Damit wurde nur deren Rückwirkung auf die immer stärker heranflutenden Decken eine wiederum grössere und wurden diese nur von nelem wieder um so höher aufgestaut. Dem schliesslichen Zusammenwirken aber der heranrückenden gewaltigen Deckenkulminationen mit den vorgelagerten 328 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Nagelfluhwiderständen gelang es endlich, die alten Massive ganz in Bewegung zu setzen, ihnen ihre heutige Gestalt und Lage zu geben und die Kulminationen des hereynischen Untergrundes in ihrer heutigen scharf ausgeprägten Form zu schaffen. Auf diese Weise, durch mannigfache Wechselwirkung aller Kräfte, sehen wir die heutigen Formen im Längsprofil zustandekommen. Die Kulminationen des Vorlandes sind zu solchen als rumpf- gebirgsartige Erosionsrelikte des hercynischen Gebirges primär prädestiniert, sie bewirken die Kulminationen in den Decken, aber diese hinwiederum sind es, die den Kul- minationen des Vorlandes ihre heutige prägnante Gestaltung geben. Gehen wir nun noch über zu den Ursachen der Querfalten. Wir haben oben gesehen, dass die Querfalten keineswegs auf einzelne privilegierte Regionen beschränkt, sondern vielmehr über das ganze Deckenland Bündens zum Teil in Bündeln und Schwärmen, zum Teil einzeln weit verbreitet sind. Lokale Ursachen können also nicht zur Erklärung des merkwürdigen Phänomens herangezogen werden. Als solche kamen z. B. einander stauende Einflüsse zwischen einzelnen Decken in Frage. So habe ich die Berninaquerfaltung seinerzeit als sekundäre Stauchung im Gefolge des deckenbildenden Schubes als Ausdruck eines Kampfes um den Raum zwischen zwei vordringenden Decken aufgefasst; man konnte annehmen, dass die starrere Berninadecke dabei die weichere Languarddecke mit Leichtig- keit beiseite gedrückt, und dass damit eine lokale Überfaltung der Bernina- auf die Languarddecke von Westen nach Osten stattge- funden habe; für die Verhältnisse am Berninapass auch heute noch die beste lokale Erklärung. Als Ursache der Querfalten am Muretto konnte, als dieselben nur gerade dort bekannt waren, ein seitlicher Druck von der Intrusion des Bergellermassivs als plausible Erklärung gelten. Heute aber fällt dieselbe dahin, kennen wir doch diese Mu- rettoquerfaltung noch weit ausserhalb des Wirkungskreises des ter- tiären Massivs. Die Ursache der weiten Verbreitung der Querfalten kann nicht in lokalen Verhältnissen gesucht werden, die- selbe muss eine allgemeine sein. Spitz und Dyhrenfurth, und. 5 mit ihnen noch immer sehr viele ostalpine Geologen, suchen um nr Ursache in einem allgemeinen Ost-Westschub. Sie leugnen nis e: bedeutenden Schub quer zur Richtung des Gebirges und operieren = Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Lärgsprofil Graubündens. 329 dafür mit um so ausgedehnteren Längsschüben. Der Deckenbau der Ostalpen, und zum Teil der Westalpen, existiert für sie nicht. Wohl aber sind nach diesen Autoren grosse Massen von Osten nach Westen gewandert und haben auf diese Art und Weise auch eine Art von Decken, und zwar solche bis zu 60 km Überschiebungsbreite, erzeugt. Die Querfalten Graubündens werden dabei als Stirnfalten und sonstige normale Faltenzüge der ostwestbewegten Decken ge- deutet. Der ganze tief erschlossene Bau der Westalpen, und der Alpen überhaupt, schliesst aber Längsbewegungeninsolchem Ausmasse vollständig aus. Der Verlauf des ostalpinen Gebirgs- bogens steht in querem Widerspruch dazu, derselbe müsste notge- drungen ganz anders verlaufen. Und der Deckenbau der Alpen lässt sich mit solchen Argumenten, wie Spitz und Dyhrenfurth sie gegen denselben ins Feld führen, oder mit welchen ihn ganz besonders Heritsch im „Handbuch der Regionalen Geologie“ abtut, nicht mehr erschüttern oder gar widerlegen. Der harmonischen Gesetzmässig- keiten und offensichtlichen Zusammenhänge sind heute zu viele, als dass die Lehre vom Deckenbau einfach ignoriert werden könnte. Das spüren auch jene ostalpinen Geologen mehr und mehr, auch sie kommen heute nicht mehr ganz ohne Süd-Nordschub und ohne Decken aus, aber sie sträuben sich offenbar dagegen, eine westalpine Theorie auch in den Ostalpen anerkennen zu müssen. Immer wieder hört man den Einwand, mit dem „starren Schema der reinen Deckentheorie* komme man nicht aus. Aber wer macht denn die Deckentheorie zum „starren Schema“? Die westalpinen Geologen gewiss nicht. Das starre Schema existiert nur in den Köpfen derer, die sie nicht begreifen oder nicht verstehen wollen. Es würde zu weit führen, hier auf eine Aus- einandersetzung mit dem Ost-Westschub einzutreten, aber das eine ‚ist sicher, dass ein Ost-Westschub in bedeutendem Umfange für die ‚Alpentektonik gar nicht in Frage kommt, und dass sich speziell die Querfalten auch anders als durch Ost-Westschub im ostalpinen Sinne erklären lassen. age Wir haben oben gesehen, dass hinter den Kulminationen des Vorlandes die Decken, weil durch dieselben zurückgehalten, sich höher stauten zu den Deckenkulminationen. Zunächst können diese 'Kul- Bei weiter andauerndem Schub von Süden und Widerstand im Norden kann diese Stauung aber immer stärker werden, sie kann zu Ver- biegungen und Flexuren im Streichen und schliesslich sogar zu den Querfalten führen. Dieselben sind tatsächlich am häufigsten 330 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 und heftigsten in der Nähe, zu beiden Seiten der Kulminationen. So sehen wir die Bernina—Sassalbo- und Muretto— Averser-Querfalten die Kulminationen von Vättis—Lanzada auf weite Strecken begleiten, so stehen die Querfalten des Ofenpasses, des Piz Lad und des End- kopfes zu beiden Seiten der Unterengadiner Kulmination. Diese allmähliche Höherstauung der Kulminationen in- folge andauernden Schubes und Widerstandes kann eine Ursache der Querfalten gewesen sein. Deren Intensität ist aber damit nicht in allen Fällen zu erklären. Sie wird aber völlig natürlich, sobald wir uns den bereits ausgebildeten oder fast fertigen, flach gekrümmten Deckenbogen itlie gedrückt denken Durch starke seitliche Zusammenpressung in der Richtung des all- gemeinen Streichens sind die Querfalten vollauf erklärt. Sind An- zeichen für eine solche seitliche Zusammenpressung vorhanden? Argand hat die Querfalten der Gegend der Dora Riparia und des Chisone im Piemont durch eine Verkürzung des hereynischen Rahmens und dadurch bedingte seitliche Zusammenpressung erklärt. Etwas Ahnliches nun können wir allerdings in Graubünden nicht nachweisen, da östlich von Vättis der hereynische Rahmen in der Tiefe verschwindet und auch sonst Anzeichen und Gründe für eine seitliche Zusammenpressung oder Annäherung der hereynischen Massive hier nicht vorliegen. Wohl aber kann der Grund zur Querfaltung in Graubünden in einer allgemeinen Einengung des Deckenbogens infolge weiteren Vorrückens desselben erblickt werden. Gegen das Ende der Alpenfaltung setzte nochmals eine kräftige Süd-Nordbewegung ein, dieselbe, welche die Zentralmassive aufwölbte und die alpinen Randketten an der Molasse branden liess. Dabei wurde der alpine Deckenbogen weiter nach vorn gedrückt, er bekam die Tendenz, sich stärker zu krümmen. In den äusseren Partien des Bogens musste derselbe schliesslich überspannt werden, er musste reissen, in den inneren Partien dagegen kam ‚ grössere Krümmung infolge seitlichen Widerstandes einer relativen Annäherung der beiden Enden des Bogens gleich, diese Annäherung bewirkte starke seitliche Stauung, un dieser verdanken wir endlich die Querfalten. Ganz dasselbe Phänomen, das wir im Kleinen an einem genü elastischen, noch berindeten Holzbogen beobachten können. Spannen wir den Bogen genügend, so sehen wir die Rinde auf der Aussenseite itauı. des Bogens reissen, die der Innenseite aber sich in kleine querfa artige Runzeln legen. ie. Dem letzten energischen Vorrücken des alpinen Deckenbogen® gend Be Jahrg. 64. Rud. Staub. Ueber das Längsprofil Graubündens. 331 verdanken wir am Alpenrand die Längszerreissungen, im Alpeninnern die Querfalten. Tatsächlich sehen wir vor den Querfalten Graubündens die Längszerreissungen zwischen Linth und Rhein, vor den Querfalten des Tessins diejenigen am Vierwaldstätter- see; die Sporne der Nagelfluh haben dabei die Längszerreissungen nur noch weiter akzentuiert, befördert und verstärkt. Für diese Deutung spricht ferner das Divergieren und schliess- liche Ausklingen der Querfalten gegen aussen, deren Scharung gegen innen, Eine gleiche Divergenz sehen wir auch im Verlauf einzelner Kulminationen und Depressionen. Die Depression westlich der Vättiser Kulmination z. B. ist auf der Höhe von Vättis ca. 15, im Oberengadin aber kaum noch 2 km vom Scheitel der Kulmination entfernt. Die Divergenz ist überaus deutlich. Auch gegen Norden entfernt sich die Depression des Segnespasses immer mehr von der Vättiser Kul- mination, so dass sie am Alpenrand bis gegen 30 km von derselben entfernt ist. Einen gewissen Einfluss auf die grössere Häufigkeit und die engere Scharung der Längsprofilelemente im Innern Grau- bündens kann zum Teil auch das energischere Vordringen der Dinariden am Brenner, durch das notwendig der Bündner Deckenraum eingeengt werden musste, gehabt haben. Aber die Hauptursache scheint mir in dem Uebertreiben des Deckenbogens und der damit verbundenen Stauung seiner inneren Teile zu liegen. Für eine solche Übertreibung des Deckenbogens und eine dadurch verursachte seitliche Stauung in demselben haben wir in Graubünden noch weitere Anhaltspunkte. Aus einer ganzen Reihe von Einwick- lungen wissen wir, dass die jüngsten Bewegungen im Deckensystem Bündens sich durchwegs in den penninischen Decken abspielten. Der Bogen der westalpinen Decken war also noch in Bewegung, als der- jenige der Ostalpen bereits zur Ruhe gekommen war, er war viel länger aktiv. Gegenüber dem weiter vorrückenden westalpin-pen- ninischen Bogen bildeten die seitlich benachbarten in tiefen Depres- sionen liegenden Teile der ostalpinen Decken passive Widerstände, die zu seitlichen Stauungen in den benachbarten Teilen der beiden Bogen und damit zu den Querfalten führen mussten. Da der Schub vom penninischen Bogen ausging, so musste sich in der Grenzregion durch Interferenz mit den ostalpinen Widerständen naturgemäss eın sekundärer Schub von Westen nach Osten ergeben, und tatsächlich haben wir gesehen, dass sozusagen alle Querfalten Graubündens nach Osten überliegen. Der allgemeine Süd-Nordschub hat sich in den Querfalten Graubündens infolge Interferenz mit schon vorhandenen tief verankerten seitlichen Widerständen in einen West-Ostschub a. FRE 332 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 übersetzt, und die Querfalten Bündens lassen sich auch mit einem solehen viel besser verstehen als mit dem umgekehrten Ost-West- schub der ostalpinen Geologen. Die treibende Kraft aber war auch hier kein Längsschub, sondern der allgemeine Süd-Nordschub. Das letzte Vordringen der penninischen Decken und ihrer Nachbarschaft zusammen mit dem Nachgeben der Zentralmassive bedingte eine Übertreibung des Deckenbogens und damit zusammen jene starke seitliche Stauung, der wir heute die Querfalten Grau- bündens verdanken. Die Querfalten des Rhätikons als schon an der Aussenseite des Bogens liegend, können wir auf ähnliche Art und Weise erklären. Dieselben lassen sich ungezwungen als sekundäre Stauungen zwi- schen dem bereits tief verankerten Silvrettamassiv und der später emportauchenden helvetisch-hercynischen Region im Gefolge des allgemeinen Süd-Nordschubes ohne Schwierigkeiten deuten. Das Herumschwenken der ostalpinen Falten gegen Südwesten aber ist anderer Art. Es ist bedingt durch das Zurückschwenken des ost- alpinen Bogens überhaupt, der hier von allem Anfang an durch die alten Widerlager des Vättiser- und Aarmassivs zurückgebremst worden war. Mit einem Ost-Westschub hat auch dieses Phänomen nichts zu tun. Damit glaube ich nun zur Genüge gezeigt zu haben, das Querfalten Graubündens in keiner Weise mit ausgedehnten Ost-West- schüben in Zusammenhang gebracht werden müssen, sondern auch sie sich zwanglos erklären lassen aus dem unermüdlichen und un- erschöpflichen Spiel der Kräfte, das der allgemeine Süd-Nordschub in den Alpen ausgelöst hat. Eine leichte weitere Krümmung des Deckenbogens, bedingt durch ein nochmaliges freieres Vorrücken desselben, das seinerseits wohl durch das endliche Nachgeben der hercynischen Massive veranlasst worden war, genügte, den Bogen zu übertreiben, im Vorland ihn zum Zerreissen, im Innern aber zu querer Faltung zU zwingen. Die Querfalten Graubündens verdanken nicht grösseren unabhängigen Längsbewegungen ihr Dasein, auch sie sin letzten Endes der Ausdruck des primären und allgemeinen Süd-Nordschubes, der die Alpen vom Meer bis nach Wien beherrscht. s die Benutzte Literatur. 1. 0. Ampferer und W. 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Über Wirkungen eines vorstossenden Gletschers. Beobachtungen am obern Grindelwaldgletscher, Herbst 1918. . Von A. pe Quervaın (Zürich). Mit 1 Karte im Text und 1 Tafel. Als Manuskript eingegangen am 5. Dezember 1918. Der modernen Gletscherforschung war es bisher versagt geblieben, das Verhalten der Gletscher bei einem allgemeinen Vorstoss be- obachten zu können. Von den schweizerischen Forschern, die in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts gerade in der Erwartung des Eintritts dieses Phänomens die Überwachung der Gletscher und insbesondere die genaue Untersuchung des Rhonegletschers zu organi- sieren begonnen haben, sind wenige mehr unter uns; von diesen allerdings einer, dessen Namen für immer mit der „Gletscherkunde‘ verknüpft ist, und den wir jetzt feiern, in unverwüstlicher Frische! Aber auch uns Jüngern kam es vor, wie etwas von jenen Dingen, die wohl früher, sozusagen in der guten alten Zeit vorkamen, aber jetzt nicht mehr. So ist es begreiflich, dass heute, wo es den Anschein hat, als ob das nicht mehr Geglaubte doch einmal zur Wirklichkeit werde, sich des Glaziologen angesichts einer solchen machtvoll vorwärts drängenden x nfallsaber Eisfront geradezu eine gewisse Nervosität bemächtigt; jede eine grosse Spannung, sich und der Wissenschaft nichts von den Er- scheinungen und Wirkungen entgehen zu lassen, die da zu beobachten sein möchten und von denen einige geeignet sein könnten, schwebende Streitfragen Licht zu werfen. chon vor fünf Jahren, als sich an den Gletscheren ; etwas regte, hatten wir den Eindruck, es sei Pflicht und zugleich höchste Zeit, wenigstens in dem uns nächstgelegen möglichst einwandfreie Firnzuwachsmessungen auf kommneter Methoden an die Hand zu nehmen, um doch fü auch au Re en VE den noch kaum | en Alpengebiet Grund vervoll- 2 diesen Vierteljahrsschrift d, Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919, Tafel VII, Fig. 1. 12, Sept. 1915. Fig.2. 25. Aug. 1918. Phot.deQ. Oberer Grindelwaldgletscher. Fig. 5. (Von Westen). Phot. de Q. Fig. 3. Zungenende (bei P. 9). Fig.4. (Von un ie „Nase im Boden“ rapid ig Das Eis schiebt sich i einen mehrere re hohen Felsblock hinaus; fläc :hlich den Schotter a schiebe nde "Eisunterfi he a Unterseite des losgequetse wi Teils des Felsens fester Te il, = Spa alte in ang Abtrennung (Pur akt des Kärtche x \ \ \ » Bi Rn i # f - Y . BEN n Di a h: | 4 \ he \ N: s ee r R - je } { n f = 2 4 an f Da ij N j x > r f RE . / 8 ; j F A ? x % * - ’ # F in d Wo h Be , “ “ } i ih i N EYyNs j \ 1.5 23 5 PER } ws “ j R > ”" en R ; N If en W ut rc‘ ! Po { y Fa a j N x „a £ "Yu l N } 4 *L ” | i x l ; er ar Ar R \ h Sl a D s ae > # # vs n&- 6. Fig. 7. Gletscherkörner mit Forelschen Streife nat. Grösse, aufgenommen von A. Pi rd durch direkten Abklatsch vom Eis, Bei S Andeut, v. Spa im Gielscherkorn — Fig. 7. Einheitl. Faltung « ‚Forels hen Streifen. Jahrg. 64. A. de Quervain. Ueber Wirkungen e. vorstossenden Gletschers. 337 Vorstoss dafür gesorgt zu haben, dass wir nicht im Unklaren über die Veränderung der tatsächlichen Faktoren im Firngebiet bleiben, wo sich ja ein -Vorstoss vorbereiten muss. Diese (unter der Ägide der physikalischen Gesellschaft Zürich) in Gemeinschaft mit wenigen ausdauernden Kollegen durchgeführten Messungen versprechen jetzt Jahr um Jahr grösseren Wert und erlauben, mit um so besserem Gewissen auch dem Studium der unterdessen lebendig gewordenen Gletscherenden sich zuzuwenden. Wo man da auf interessante Erscheinungen stösst, wird man ohne Zögern sie zu erfassen versuchen; es wäre eine fatale Pedanterie, sich von vornherein nur auf ein einziges Objekt, wie etwa den „offi- ziellen‘ Rhonegletscher festzulegen, der, so umsichtig er kontrolliert ‚wird, doch vielleicht nicht alle Erscheinungen, z. B. diejenigen der Stirnmoränen, gleich typisch darbieten wird. Seit 1913 hatte ich Gelegenheit, jährlich das Verhalten des klas- sischen obern Grindelwaldgletschers zu verfolgen, der ja für die Alpenschilderung zweier Jahrhunderte den Typus des Gletschers schlechthin abgegeben hat. Im Sommer 1918 fand ich ihn so inte- ressant, dass ich meinen Aufenthalt ausdehnte, um das Zungenende mehrmals (im ganzen 7 mal) besuchen ie in bescheidenem Umfang eine Anzahl genauerer Messungen und B machen zu können, über welche hier berichtet sei. Eine Unterstützung von anderer Seite, etwa durch die Schweiz. Gletscherkommission, wird vielleicht später eine sachlich erwünschte Weiterführung und etwas grössere Aus- dehnung erlauben. Dies und das von den Beobachtungen dürfte neuartig sein, wenn man es auch — nachträglich — als Vorauszusehendes zu bezeichnen versucht ist. Eine eingehende, in dieser Materie ja leicht polemisch werdende Diskussion konnte und sollte hier nicht Platz finden. Die mit den Fragen Vertrauten werden sich auch für die PRENOUnE einiger Tatsachen interessieren. Ich beginne mit einigen allgemeinen Feststellungen. Am 25. August fand ich das Gletscherende, welches schon seit 1913 in langsamem Anschwellen und Vorrücken war, gegen 1917 stark ver- ändert und zwar im ausgesprochenen Vorrücken und schon im Ein- ‚treten in die dem Absturz vorgelagerte Schotterebene. Der charakte- A ristische Felsen in der Mitte der Zunge, der nach meiner Aufnahme von 1915 noch wenig verändert, aber 1917 durch in die Höhewachsen der Eistrümmerhalde schon stark verkleinert gewesen war, ist jetzt verschwunden (s. Bild 1 u.2 in der Tafel VII); er ist am 15. Juni ‚endgültig zugegangen und zwar schliesslich durch ee! eg Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919, 338 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 oben her.!) Es besteht noch jetzt auf der rechten (für den Beschauer linken) Seite eine aus Eistrümmern gebildete Halde, aus welcher der Gletscherbach hervorbricht, wo im Gletschertor. deutlich die Zu- sammensetzung aus Trümmern erkennbar ist. Diese Eishalde verhält sich noch sehr wenig aktiv; freilich bewegt sie sich auch vorwärts, wie die Streifung des untenliegenden Lehms erkennen liess, da wo der Rand etwas zurückgeschmolzen war. Aber nur an der Ecke Punkt 1 (s. Kärtchen im Text S. 340, 1:2000) ist die Spur eines 10 cm hohen Moränchens aufgescharrt. Es ist zu erwarten, dass die Bewegung und die Aufarbeitung des Schotterbodens hier erst stärker wird, wenn die Massen (s. die früher durch den Mittelfelsen isolierte Zunge in Tafel VII, Bild 1 und 2 links) von oben nachgerückt sind, was wohl im Sommer 1919 erreicht sein wird. Rechts (für den Beschauer) ist das Vor- drängen schon aus dem Habitus des Gletschers sehr charakteristisch erkennbar durch die gewölbte Stirn, die steil in die Moräne nieder- geht, die sie vor sich her treibt. Auf einer von der gegenüberliegenden Talseite aus 1900 m Höhe gemachten Stereo-Aufnahme mit 150m Basis war deutlich zu erkennen, wie die Eismassen gegenwärtig zu- nächst gegen die (von vorn gesehen) rechte Flanke (Milchbachmoräne des Hochstandes) gedrängt werden und an der Front schon etwas nach links zurückgelenkt ankommen. Später ist eine etwas andere Richtung zu erwarten; siehe die eingetragenen Schrammenpfeile des Kärtehens. Die tiefen Radial- oder Längsspalten, welche dieser Teil der Zunge aufweist, kann ich nicht allein auffassen als Auseinanderfallen der Eismassen infolge tangentialen Zuges, sondern es kommt hier nach meiner Ansicht zum Ausdruck ebenso sehr oder mehr die aktive Druck-Stauchung der vordersten, noch gehemmten Eismassen durch die nachdrängenden. Eine solche Druckstauchung am Zungen des vorrückenden, gegen die Blockmoräne sich stemmenden Gletschers tritt auch in anderer Weise in Erscheinung, durch die Bildung Rn Art von schaliger Abspaltung der Eisschichten. Die untern Er. massen sind durch tiefe, verankerte Blockhindernisse noch gehemmt. ns Die obern müssen sich von ihnen in schaliger Schicht abscheren. Bine & Aufnahme, die hier nicht wiedergegeben werden konnte, zeigt s 1) Zur Konstatierung dieser Veränderungen habe ich 1915, 1917 und 1018 ein und demselben Standpunkt aus stereoskopische Aufnahmen mit 107 Ben, Art gemacht (von der Abzweigung des Weges zum Wetterhornaufzug aus skop betrachtet, die grössten Formate, ja übertrifft sie in der Verwendung. statierung räumlicher Verhältnisse und Veränderungen. (Sehr schön hat übrigens seit einem Jahr die Schweiz. Landeshydrographie. mac ende Jahrg. 64. A. de Quervain. Ueber Wirkungen e. vorstossenden Gletschers. 339 Bild einer solchen schaligen Abscherungs- oder Stauchungsspalte. Hinter der abgebildeten vordersten, die schon 1—2 m klaffte, war schon eine zweite im Entstehen. Die Moränenhindernisse waren an dieser Stelle am grössten (bei Punkt 11). Diese Art von Spalten kann naturgemäss nur an vorrückenden Gletscherenden beobachtet werden und musste deshalb in der bisherigen Spaltenklassifikation fehlen. Wir gehen zur Charakterisierung der Moränen über. Sie sind sehr verschieden entwickelt und zusammengesetzt. Auf der linken Seite (vom Beschauer) fehlen sie sozusagen ganz (Karte Punkt 16,1, 2). Hier liegt die wenig aktive Eistrümmerhalde. Rechts sind zu unter- scheiden die Strecken, wo der vorrückende Gletscher nur auf Schotter gestossen ist, und wo er frühere Moränenblöcke antraf. Zwischen 13 und 14 ist die Moräne doppelt. Es ist vorgelagert ein 2 m hoher Wall von auffallend gleichmässigem, schon ziemlich gerundetem halb- faustgrossem Material; das ist der aufgeschürfte Schotter, bisher die einzige Stelle, wo der frühere Untergrund stärker angegriffen ist; dahinter, unmittelbar am Eis, liegt ein etwas höherer und breiterer Wall von groben bis metergrossen Blöcken; einer von cirka 50 m? bei Punkt 11. Dieser setzt sich, die ursprüngliche Einsenkung bei 10 mitmachend, bis 9 fort, oben 2-3 m breit und etwa 3m hoch; von Punkt 9—8 ist nur sehr feines Glazialschotter-Material ca. '/s m hoch aufgeschürft; weiter nach rechts sind es wieder grosse Blöcke, mit grundmoränenartigem Schlamm und Sand gemischt, welche die Moräne ausmachen (Tafel VII, Bild 3). Es wird wichtig sein, festzu- stellen, wie stark der Gletscher fernerhin den Schotter aufpflügt. Höchst bemerkenswert erscheint das Verhalten des vordringen- den Eises zur Moräne. An den meisten Stellen schiebt das Eis die Wälle vor sich her; wo Vegetation vorhanden war (Rasendecke be- sonders zwischen Punkt 11 und 13), ist dieselbe '/),—1 m weit vor der Moräne in Runzeln gefaltet und gestaucht; die kleinen Tännchen sind niedergelegt; zwischen 5 und 6 werden schon armsdicke Erlen nieder- gelegt (resp. vorher abgeholzt!). Wie der Gletscher mit „der Nase im Boden“ wie ein Pflug scharrt, ist am schönsten bei Punkt 9 zu sehen, auf welchen sich auch einige unten angeführte Messungen be- ziehen (Bild 3). Vorläufig geschieht, nach dem aufgeworfenen Material zu schliessen, dieses Pflügen zu vorderst nur wenige cm tief. Bemerkenswert ist das Benehmen des Eises an jenen Stellen, wo grosse, zum Teil von früher her im Boden verankerte Blöcke das Vordringen hemmen. An diesen Punkten stösst das Eis über die Moräne oder das Hindernis weg frei in die Luft hinaus, mehrere ‚ag o .-— Ft 3 N ın °h. ahrsschrift d. Naturf. Gesells« I Viertel 340 gigt dag g7 vionsany ap y uon abjnn 4 ET T ge 1 05 0 of os o 8 0007 : 1 suaydsjajbpjomjapuiun) uuago sap apu" uabun? z s3y00J4y0g 0 "pjomyasng y 'ayyuny auassawaßusg vw u.“ MY. u. r RE st ws“ « “a8 ‘ Fir Rd gift £ auyasje] [[ö— Jahrg. 64. A. de Quervain. Ueber Wirkungen e. vorstossenden Gletschers. 341 Meter hoch und weit ein eigentliches Eisvordach bildend (siehe Tafel VII, Bild 4). Ausserordentlich interessant ist nun das Verhalten des Eises zu solchen widerstrebenden, von ihm überholten Blöcken. Es ist erstaun- lich zu sehen, wie aktiv das Eis hier wirkt. Schon beim Betreten der jungen Moränen fällt es auf, wie die meisten der Blöcke ganz frisch und stark verwundet sind, als ob ein Steinhauer hier gear- beitet habe; manche Blöcke gesunden Gesteins (Grauer und grünlicher, zum Teil mehr schiefriger Gnveis, als Mylonit bestimmt) sind in ein- zelne Stücke zerpresst und zermürbt, deren Zusammenhang eben noch erkenntlich ist. Man denkt zunächst an die gegenseitige Zerpressung der Blöcke unter dem Druck des Eises. Bei näherem Zusehen lässt sich auch feststellen, wie das Eis selbst den widerstrebenden, im Boden noch festgehaltenen Blöcken, indem es über sie weg und um sie herum „fliesst“, oder sich presst, kopfgrosse bis zentnerschwere Stücke einfach ab- reisst. Diese erstaunliche, brutale Machtäusserung des anscheinend nachgiebigen Eises gegenüber dem festen Felsmaterial war an einigen Punkten so auffallend und evident, dass sie sogar ganz von selbst die Aufmerksamkeit der an der Eishöhle arbeitenden Einheimischen auf sich zog. Unten sind Messıffigen eines Einzelfalls mit dazugehöriger Abbildung (Tafel VI, Fig. 4 und 5) wiedergegeben. Das Ausbrechen von Stücken geschah auch seitlich an solchen Blöcken, die schon einigermassen gerundet waren, und wo man hätte annehmen können, das Eis finde vielleicht nicht mehr genügende An- haltspunkte; ein zweiter und dritter Besuch zeigte trotzdem zu meiner Überraschung solche Blöcke neu verletzt. Was mit ganz glatten Blöcken geschieht, entzog sich der Beobachtung. Ein guter Einblick in die Beschaffenheit der Reibungs- ' fläche zwischen Eis und Fels bot sich durch den abgewarteten Zufall, dass eine über die Moräne re Eismasse (diejenige von Bild 4 und 5) von ca. 10 m?, vor den Augen und Füssen des Beob- achters niederstürzte, sodass die eben noch tätig gewesene, mehrere Quadratmeter grosse Schubfläche des Eisblocks sowohl wie die passive Fläche des Felsblocks sofort betrachtet werden konnten. Zwischen Eis und Fels hatten sich b Schlamm und kleinere i Steine befunden. Sehr bemerkenswert ist, dass letztere recht fest am Fels hafteten und offenbar angefroren waren, obschon die Luft- temperatur ca. 10° betrug. Auch die entsprechenden am Eisblock haftenden Steine und zermalmten Splitter waren angefroren. Man hat 342 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 wohl anzunehmen, dass dieses Anfrieren der plötzlichen starken Druck- entlastung nach dem Stürzen des Eisblocks zuzuschreiben ist; also einem Regelationseffekt. Die Betrachtung der frühern Unterfläche des Eisblocks zeigte, dass das Eis sich schneller bewegt hatte, als die eingebackenen Steine; denn auf der Stoßseite waren dieselben fest vom Eis umpresst; auf der abgekehrten Seite dagegen erstreckte sich noch 20—30 em weit in Hohlform das Profil dieser 1—3 cm breiten Steine, und zwar etwa 5 cm weit ganz scharf und noch 20 cm weiter schon etwas abgestumpfter. Diese Erscheinung erklärt mir die langgestreckte Facetten- bildung hinter härtern Gesteinseinschlüssen an eisgeglätteten Felsen, wie ich sie z. B. an der Felswand am Ende des Weges zur frübern Eishöhle am untern Grindelwaldgletscher bis zu 1 m Länge vielfach beobachtet habe, im Kalk hinter eingeschlossenem Quarz. Vielleicht wirft diese Beobachtung auch einiges Licht auf die Entstehung jener höchst eigentümlichen ganz geraden, sehr langgestreckten, in der Richtung der Eisbewegung liegenden Schuttwälle im Lee fest ver- ankerter Felsblöcke („Schuttfahnen‘“), wie ich solche zuerst vom Bifertengletscher beschrieben habe (s. Verhandl. d. Schweiz. Nat. Ges. 1917. 8. 204). Diese Beobachtung wird dann auch von A. Heim in der „Geologie der Schweiz“ bestätigt (pag. 40). Das Erklärungsmoment besteht für mich darin, dass das Eis bei den hier vorkommenden Druckverhältnissen tatsächlich nicht so plastisch ist, dass die durch ein Hindernis entstandene Furche bald sich schliesst; es bleibt also in dem einen Fall der Felsen eine Strecke = weit vor Abschleifen bewahrt (Entstehen der Felsfacetten), im andern Fall, hinter grossen Blöcken, bleibt das Eis sogar noch viele Meter weit ohne Berührung mit dem Boden; eindringende Luft mag beitragen die Furche offen zu halten, in welche das seitlich auf- S liegende Eis den ausweichenden Schutt hineinpresst; so entstünden 3 dann die Schuttfahnen im Lee der Blöcke. e- Lehrreich für die Beurteilung des wirklichen Plastizitätsgrades des Eises am Gletscherende im Verhältnis zur Unterlage ist noch folgende, bei oben erwähnter Gelegenheit gemachte Beobachtung: Aul- fallend war ein unmittelbar hinter den Steinen vorhandener Schaum | von geschabtem Eis, aus I—2 mm grossen, feinen Blättehen be stehend: sozusagen die Hobelspäne, die hier vom Werkzeug selbst ab- gegeben wurden! Die Schleifarbeit hatte also bis zur letzten Sekunde vor dem Abstürzen gedauert und war nicht ausschliesslich mit plas- tischer Deformation vor sich gegangen. Wenige Minuten nachher wäre. Jahrg. 64. A.de Quervain, Ueber Wirkungen e. vorstossenden Gletschers. 343 dieser intime Einblick in die Art des Arbeitens natürlich nicht mehr möglich gewesen. Von Interesse mag nun noch sein die Mitteilung einzelner Be- wegungsmessungen am Eis und an Felsstücken, die im Losbrechen begriffen waren. Die Bewegung der pflügenden Eisnase bei Punkt 9, genauer des vor ihr hergeschobenen Walls von feinem Kies und Sand wurde gefunden: vom 28. Aug. bis 1. Sept. um 70 cm. Vom 1. Sept. bis 7. Sept. um 136 cm; im Mittel täglich um 21 cm, wobei ein Teil der Tage sonnig und warm war, so dass’ die Abschmelzung ent- gegengearbeitet hat. Bei Punkt 11, vor der grossen, ungemein stau- enden Blockgruppe, sind immerhin die Bodenwülste vom 28. Aug. bis '1. Sept. um 10 cm vorgerückt, bis 7. Sept. insgesamt um ca. 30 cm. (s. auch unten Seite 347) Folgende Beobachtungen gelangen über die Bewegung einesin Abscherung begriffenen Felsblocks (Bild 4 und 5). Am 25. Aug. war der linke Teil „b“ eines mehrere Meter breiten und hohen, offenbar tief verankerten, sehr grossen Blocks „c* (schiefriger, grüner Gneis, Mylonit) bei Punkt 7 auf ca. 1 m Breite und Tiefe und 40 cm Dicke vom darüber hinauskriechenden Eise,a* schon ausgebrochen und 46'/s cm weit mitgenommen; am 28. Aug. war das Stück um 16'/s cm weiter geführt und jetzt in mehrere Stücke zerpresst; am 1. Sept. noch 11!/. cm weiter (s. Bild 4 und 5.) Wenige Minuten nachdem sich der Beobachter zum Zwecke der letzten Messung unter dem überragenden Stück befunden und in der Sturzlinie befindliche Internierte gewarnt hatte, stürzten die Trümmer ab. Der ausgebrochene Teil des grossen Blocks betrug ca. '/im?. Die rechte Seite des obersten Teils des Blockes war oben geblieben und nur um ca. 2cm während der Be- obachtungszeit verschoben worden, wie auch auf Bild 5 (links ober- halb ce) ersichtlich ist. Das neuerdings (nach dem am folgenden Tag erfolgten Absturz der Eiszunge) über den Block vorrückende Eis wird wohl die Arbeit weiter fördern. Man möchte hier eher von einer zertrümmernden als nur von einer splitternden Erosion des Gletschers sprechen. Es sieht darnach aus, als ob Blöcke mit geeigneter und entsprechend orientierter Struktur auf diese Weise schnell aufge- arbeitet werden können. Kommt es nachher überhaupt zur Abrundung so wird die schleifende Erosion nach einem wesentlich andern Tempo arbeiten. Es mag sein, dass dann diese anfängliche Zertrümmerung in wenigen Wochen mehr vollbringt, als die spätere Schleifarbeit von Jahren beträgt. Das Verhalten des Eises zu solchen im Schutt des Vorge- ländes steekenden Blöcken schien mir von jeher besonderes Inte- 344 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. | 1919 resse zu bieten. Es sind ihm auch wegen des noch zu besprechenden Anbringens von Erosionsmarken noch einige Bemerkungen zu widmen. Dass grosse, nicht anstehende, mehr oder weniger aus dem Schutte oder der Grundmoräne herausragende Blöcke im Zungengebiet vom Gletscher nicht wesentlich von der Stelle bewegt, aber an Ort und Stelle in unveränderter Lage lange Zeit, wohl während einer ganzen Vorstosszeit recht erheblich bearbeitet worden sind, habe ich 1911 am schönsten vor der Zunge des Bifertengletschers gefunden und später darauf aufmerksam gemacht: es ist natürlich auch anderswo zu sehen, ».B. am Rhonegletscher. Angesichts des ersteren Beispiels (auf wel- ches sich auch A. Heim an der angeführten Stelle bezieht) pflegte ich jeweils die Teilnehmer der Exkursion aufmerksam zu machen auf . die scheinbar entgegengesetzten Schlussfolgerungen, die aus diesen Vorkommnissen gezogen werden können (und seither auch gezogen worden sind): Man kann mit Nachdruck darauf hinweisen, dass der Gletscher selbst da, wo er nicht mehr grosse Geschwindigkeit und Mächtigkeit besitzt und eine allgemeine Schuttunterlage nicht mehr forträumt, sondern sie nur zum „Drumlin“ formt, doch noch eine solche Felsenunebenheit recht stark, wohl in verhältnismässig wenig Jahren, ‚abgeschliffen hat. Ebenso nachdrücklich aber kann man betonen, dass ein Gletscher selbst da, wo er solche Unebenheiten noch ganz merk- lich abrundet, nicht einmal im Stande sei, so weit in die Tiefe zu arbeiten, dass er diese Blöcke und den sie festhaltenden Schutt fortschaffe! Angesichts des vorrückenden Gletschers schien es mir am rich- tigsten, ihm selbst auch weiterhin die in einigem ja schon angedeutete Antwort auf die Frage zu überlassen, ob und wie weit er vorzi he, den lockern Untergrund, oder den Fels oder beides, oder keines IM Angriff zu nehmen; um diese Antwort zu ermöglichen, war einerseits eine Aufnahme des dem Gletscher unmittelbar vorgelagerten Terrains inseiner jetzigen Höhenlage, andererseits die Anbringung von Erosions marken nötig, worin A. Baltzer am untern Grindelwaldgletscher 1892 in umfassender Weise vorangegangen ist. Ausser, am Rhone gletscher liegt in der Schweizeinein Hinsicht auf einen Vorstoss gemachte grössere Aufnahme eines Zun gengebiets jetzt noch vor vom Biferten- gletscher, dank der uneigennützigen Arbeit von Ing. E. Schnitter, a , woe leider nicht folgen, sondern musste mich, nachdem ich mieh vergebens am a zuE sich von uns dafür interessieren liess. Im vorliegenden Fal sich um eine Improvisation handelte, konnte ich diesen Mustern fachmännischen Beistand umgetan hatte, auf das Notwendig®, Charakterisierung der augenblicklichen Situation aber auch ganz ge a des vol nügende beschränken, nämlich die tachymetrische Aufnahme Jahrg. 64. A. de Quervain. Ueber Wirkungen e. vorstossenden Gletschers. 345 dern Eis- und Moränenrandes, und einiger Anschlusspunkte des Vor- geländes und auch einer Anzahl Punkte des Eisabhanges selbst, in der Nähe des vordern Randes, bis zu 50 m Höhe, von denen einige nur heikel zu erreichen waren. Die Arbeit des Lattenträgers am Gletscherfuss und auf dem Gletscher übernahmen am 7. Sept. meine Frau, am 9. Sept. Herr Pfr. Martin Nil in Grindelwald, unterstüzt von zwei Lehrern des Orts, Herren Brawand und Reist. Die Höhen, die auf ca. +0.1m unter sich zuverlässig sind, wurden in die Karte eingetragen, bezogen auf den Zufahrtweg am Ende der steinernen Brücke, die ca. 80 m von der jetzigen Front über die Entfernungen vom Theodolitstandpunkt sind auf etwa + 0.2 m richtig (es wurde fast immer das Mittel aus zwei Tachymeterablesungen ge- nommen); die Mikrometerkonstante wurde gerrüft. Es schien mir das richtigste, bei einem vorrückenden (sletscher einfach den vordern Fuss der Moräne aufzunehmen, wo eine solche sich bildet. Damit ist nämlich zugleich ein Profil des Geländes in derjenigen Höhenlage festgelegt, in der der Gletscher dasselbe antritt. Aufeinanderfolgende Aufnahmen werden so das ganze Vorgelände ‘erfassen (falls nicht vorgezogen wird, dasselbe sogleich in grösserem Umfang aufzunehmen). Wenn dann nach dem Rückzug des Gletschers das Gelände wieder frei wird, werden die Veränderungen leicht fest- zustellen sein, hinsichtlich der Aufschüttung oder der Ausräumung von Schutt.) Die. Erosionsmarken sollen der Feststellung der Felsbear- beitung dienen. Nach dem Vorgang von A. Baltzer am untern Gletscher (wo die Marken aber wohl noch lange Zeit nicht erreicht sein werden) schien es mir geboten, die anscheinend sehr günstige Gelegenheit am obern Gletscher nicht zu versäumen, soweit es die Mittel erlaubten. | Es fanden sich zunächst im Schotter des Vorgeländes drei typische Gneisblöcke von mehreren Metern Ausmass, welche anscheinend sehr tief im Untergrund steckten und von denen ich nach der ganzen Art und Orientierung ihrer gegenwärtig sichtbaren Eisbearbeitung mit Wahrscheinlichkeit annehmen konnte, dass der vorrückende Gletscher 1) Nachträglich erst konnte ich, in Widerspruch mit anderer Auskunft, in Er- fahrung bringen, dass im Frühjahr die Landeshydrographie schon einige Messungen ‚ausgeführt hatte, welche nun einen interessanten Vergleich zur Feststellung der seit- herigen Fortschritte erlauben werden. ; 346 "Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 sie an ihrer Stelle lassen werde. In diese drei Blöcke wurden 4 Loch- marken gemeisselt. Ferner fanden sich ziemlich auf der rechten Seite (vom Beschauer) 2 Stellen im glattgeschliffenen anstehenden Kalk, wo auch zwei Lochmarken eingehauen wurden. Alle Löcher wurden (bei einem Durch- messer von 15—16 mm) ca. 120 — 130 mm tief gemacht (d. h. so weit die Länge der Meissel ging) und entweder direkt tachymetrisch ein- gemessen, oder an eingemessene Punkte angeschlossen. Alle Löcher _ wurden mit Wachs ausgegossen. Die Lochtiefen betragen im Einzelnen der Reihe nach Sn I II 101 IV V vi 12,80 11,30 11,20 13,15 12,20 12,60 cm 3 Hiervon sind I und II im selben Gneisblock, III und IV in den beiden andern, V und VI im Anstehenden (s. Kärtchen). Genauere Angaben über die Einzelheiten sind dem Archiv der Schweiz. Gletscher- kommission übergeben. Bei der Wahl des Lochpunktes auf dem Block oder Fels wurde die Möglichkeit berücksichtigt, dass das Eis vonder Leeseite rückwärts durch Absprengen von Stücken den Block ver kleinern und auf diese Weise die Marke erreichen und entfernen könnte: der Abstand vom Bruchrand wurde also ziemlich gross (ca. 1 m) gewählt und überdies genau gemessen, damit eine solche „Rück wärts- erosion* durch Absplitterung, wenn sie stattfände, nachträglich kon- statiert werden könne, Die Wahrscheinlichkeit ist übrigens bei der hier vorliegenden Gestaltung und dem Gefüge der Blöcke von vorm herein nicht gross. Die Tiefe der Löcher, die einigermassen durch Zeit und Mittel beschränkt und lange nicht so gross wie bei Baltzer ist, dürfte immerhin, wenigstens bei nicht mehr als 10—20jähriger Be- deckung und Bearbeitung durch das Eis, noch ziemlich anspruchsvollen „Gletscherhoblern“ genügen, während den Konservativsten die Genaulg- keit der Tiefenbestimmung auf 0.5 mm eben noch hinlänglich un Feststellung der Wirkung erscheinen mag. Bei einigen Löchern wird eine eventuelle Vertiefung nächstes Jahr noch möglich sein. Und nun soll der Gletscher an die Arbeit geben — hoffentlich nieht zu lange. Wir möchten doch selber die Antwort auf unsere Fragen erleben. Nach Abfassung des Vorstehenden hatte ich die Chance, eine Kopie davon, nebst dem Kärtchen, Herrn Prof. A. Piccard, mit dee Bitte um einige ergänzende Beobachtungen, nach Grindelwald mit- geben zu können. Seinen Aufenthalt vom 3.— 6. Okt. hat ei en: auch, mitim Gedanken an die Bestimmung seines Beitrags, in lieben“ Jahrg. 64. A. de Quervain. Ueber Wirkungen e. vorstossenden Gletschers. 347 würdigster und sehr erfolgreicher Weise für die Erfüllung dieser Wünsche verwendet. Aus seinen Notizen und mündlichen Mitteilungen ergibt sich folgendes: Der Eisrand bei Punkt 1 hat auch jetzt noch keine Moräne auf- gescharrt. Vom 4. Sept. bis 4. Okt. hat sich die Moräne bei der Erosionsmarke V um ca. 1.1 m vorgesehoben, bei Punkt 6 um ca. 1.4m; bei Punkt 7 sind die tiefverankerten Blöcke nicht merklich vorge- schoben; das Eis ist 1.5—2 m über sie hinausgegangen; ein weiteres Stück des Blocks (Tafel VII, Fig. 5, rechts von c) ist seitlich abge- quetscht worden. Seine Messungen an der besonders gut zu messenden, aufgescharrten Moräne bei Punkt 9 kombiniert mit den meinigen und mehreren vorangehenden und nachfolgenden Messungen von Herrn Pfr. M. Nil ergeben für deren Vorrücken: Tägliches Vorrücken: 28. Aug. 7. Sept. 15. Sept. 26. Sept. 4. Okt. 6. Okt. 18. Okt.") 21 _ 16 10 11 7 9 cm Für das Vorrücken des Eises selbst an jener Stelle hatte ich vom 1.—2. Sept. den Wert 24 em + 2 gefunden, ‘während aus seinen sorgfältigen Messungen vom 3.—6. Okt. ein Mittel von 17.0 cm folgt. (3./4. = 18.0, 4./6. = 16.4 cm) Es hat also für Eis und Moränenfuss an dieser Stelle die Ge- schwindigkeit des Vorrückens abgenommen und zwar, wie es scheint, schon seit dem Sommer oder Frühjahr, da die mittlere Geschwin- digkeit des vorrückenden Eisrandes an dieser Stelle seit dem 24. Mai (aus Differenz gegen die Aufnahme durch Herrn Ing. Lütschg, von der hydrogr. Landesanstalt, nach freundl. Mitteilung) bis zum 9. Sept. noch 29 cm täglich betragen hat; der Fortschritt scheint aber überhaupt hier besonders gross gewesen zu sein, wegen Fehlens von Hindernissen; auf eine allgemeine Verlangsamung möchte ich deshalb noch nicht schliessen. ') Während des Drucks erhalte ich noch folgende Angaben: 18. Okt.— 3. Nov. ca. 8 cm täglich; 3. Nov. — 16. Nov. ca. 15cm täglich; 6. Dez. — 4. Febr. ca. 16 cm täg- lich. Die Geschwindigkeit hat sich also hier wieder vergrössert. Die Runzeln des Bodens vor den Blöcken bei Punkt 11 schritten vom 18. Ha —16. Nov. durchschnitt- lich um 3,3 cm täglich vor, variierend zwischen 1 und 7 — Bei Punkt 6 stösst das Eis jetzt über die 3—4 m hohe Moräne 4—5 m frei in die Luft (6. Dez.). Seither “beträgt das Vorrücken hier 97-30 cm täglich. Am 16. Januar hatte das Eis die hohe Blockmoräne einfach überkrochen, sich weit jenseits ohne Bruch auf die Schotterebene gesenkt, und stand mit seiner aus dem Schotter neu aufgescharrten m hohen Moräne und 45° hoher steiler Stirn am 4. Februar nur mehr 3,8 m von der Schutzhütte (Kote 5.4 des Kärtchens). Mit dieser Hütte wird man nun wieder re Gletscher weichen müssen*, wie es in den alten Grindelwaldner Be- richten heiss 346 " Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 199 sie an ihrer Stelle lassen werde. In diese drei Blöcke wurden 4 Loch- marken gemeisselt. Ferner fanden sich ziemlich auf der rechten Seite (vom Beschauer) 2 Stellen im glattgeschliffenen anstehenden Kalk, wo auch zwei Lochmarken eingehauen wurden. Alle Löcher wurden (bei einem Durch- messer von 15—16 mm) ca. 120 —130 mm tief gemacht (d. h. so weit die Länge der Meissel ging) und entweder direkt tachymetrisch ein- gemessen, oder an eingemessene Punkte angeschlossen. Alle Löcher wurden mit Wachs ausgegossen. Die Lochtiefen betragen im Einzelnen der Reihe nach SZ I il II IV V VI | 12,30 11,80 11,20 13,15 12,20 12,60 cm Hiervon sind I und II im selben Gneisblock, III und IV in den beiden andern, V und VI im Anstehenden (s. Kärtchen). Genauere - Angaben über die Einzelheiten sind dem Archiv der Schweiz. Gletscher- kommission übergeben. Bei der Wahl des Lochpunktes auf dem Block oder Fels wurde die Möglichkeit berücksichtigt, dass das Eis von der Leeseite rückwärts durch Absprengen von Stücken den Block ver kleinern und auf diese Weise die Marke erreichen und entfernen könnte; der Abstand vom Bruchrand wurde also ziemlich gross (ca. 1m) gewählt und überdies genau gemessen, damit eine solche „Rückwärts erosion“ durch Absplitterung, wenn sie stattfände, nachträglich kon- statiert werden könne, Die Wahrscheinlichkeit ist übrigens bei der hier vorliegenden Gestaltung und dem Gefüge der Blöcke von vom- herein nicht gross. Die Tiefe der Löcher, die einigermassen durch Zeit : und Mittel beschränkt und lange nicht so gross wie bei Baltzer ist, dürfte immerhin, wenigstens bei nicht mehr als 10-— 20jähriger Bey deekung und Bearbeitung durch das Eis, noch ziemlich anspruchsvollen _ „Gletscherhoblern“ genügen, während den Konservativsten die Genaue" keit der Tiefenbestimmung auf 0.5 mm eben noch hinlänglich zur 5 Feststellung der Wirkung erscheinen mag. Bei einigen Löchern wird eine eventuelle Vertiefung nächstes Jahr noch möglich sein. Und nun soll der Gletscher an die Arbeit gehen — hoffentlich nicht zu lange. Wir möchten doch selber die Antwort auf unsere Fragen erleben. | - Nach Abfassung des Vorstehenden hatte ich die Chance, er Kopie davon, nebst dem Kärtchen, Herrn Prof. A. Piccard, mit en, Bitte um einige ergänzende Beobachtungen, nach Grindelwald u geben zu können. Seinen Aufenthalt vom 3.—6. Okt. hat er a auch, mitim Gedanken an die Bestimmung seines Beitrags, in liebens“ Sa, Jahrg. 64. A. de Quervain. Ueber Wirkungen e. vorstossenden Gletschers. 349 Körner systematisch derart gebogen sind, dass das ganze eine völlige, wenn auch wiederum von Abscherungen durchsetzte Falte auf dem Raum weniger Quadratzentimeter bildet (Tafel VII, Fig.7, zum Stutzig- werden an Fingerabdrücke erinnernd!). Hierin käme also zum Ausdruck die Tatsache der Verschiebung der Eisteilchen nicht durch gegenseitige Verlagerung der Gletscherkörner, sondern durch kontinuierliche Deformation innerhalb des Gletscherkorns. Bei einem weitern Studium der Gletscherkorn-Erscheinungen an Hand der Forelschen Streifen wird das Piccardsche Verfahren noch vortreffliche. Dienste leisten. Ein Zurückkommen auf ‚das alte, einst so aktuelle Thema, das . der sorgfältigste Bearbeiter, R. Emden, selbst als noch nicht ab- geschlossen bezeichnet, auf Grund dieses einfachen Verfahrens und systematischer Aufnahmen am Gletscher selbst, dürfte nach unsern Andeutungen lohnend erscheinen. Neuere Ergebnisse der Geologischen Untersuchung des östlichen Mexico.') Von WALTHER Staug (z. Z. Tampico-Mexico). Als Manuskript eingegangen am 15. Dezember 1918. Schreiber dieser Zeilen ist nun schon bald drei Jahre zusammen mit zwei tüchtigen Mitarbeitern, J. M. Muir aus Edinburgh (Scotland) und Dr. H. Adrian aus Olten, damit beschäftigt mitzuhelfen, trotz ungünstiger politischer Verhältnisse, die geologische Untersuchung im östlichen Mexico vorzutreiben. Diese Untersuchungen geschehen im Auftrage der Bataafschen Petroleum Maatschappij, welche Gesellschaft auch in freundlicher Weise auf die Empfehlung von Herrn van Geyten- beck, Leiter der Zweiggesellschaft in Mexico, und Herrn Dr. J. Erb, Chefgeologe der Direktion im Haag, hin, die Veröffentlichung dieser Zeilen erlaubt. Unsere Untersuchungen haben den Bau des ölführenden Gebietes in Mexico klarzulegen. Da jedoch der Bau eines bestimmten Ölfeldes sich dem Gesamtbau der Gegend unterordnet, werden Streifzüge durch das ganze östliche Mexico nötig, zu welchen Exkursionen auch die Gesellschaft in weitblickender Weise die Mittel bot. Die mit grossen Unkosten niedergetriebenen Bohrungen in einem Ölfelde, oder die noch teureren Versuchsbohrungen ausserhalb der bekannten Ölgebiete decken in vielen Einzelheiten den Bau des verborgenen Untergrundes auf und tragen so, obschon auf Ölgewinnung hin gerichtet, zu einer vertieften Erkenntnis des Baues einer Gegend bei, wie sie durch wissen- schaftliche Untersuchungen an der Tagesfläche allein nicht erreicht werden kann. Wir erachten es als eine unserer ersten Pflichten, alles zu tun, um die Bohrergebnisse der verschiedensten Gesellschaften zu sammeln und der Forschung dienstbar zu machen. Die richtige Deutung der Bohrproben ist durchaus nicht immer leicht. !) Eingehendere Untersuchungen werden von uns nur in Ölgebieten vorgenommen. Sie dürfen nicht veröffentlicht werden. Dagegen kann einmal die Verarbeitung des Gesteins oder des Fossilienmaterials von wissenschaftlichem Werte sein. Es ist klar, dass eine Handelsgesellschaft zu solchen Arbeiten keine Gelegenheit bieten kann. Jahrg. 64. W.Staub. Neuere Ergebn. d. geol. Untersuch. d. östl. Mexico. 351 Die geologische Untersuchung des östlichen Mexico war vor Beginn der mexicanischen Revolution, d. h. bis etwa zum Jahre 1912, haupt- sächlich durch amerikanische Geologen in Angriff genommen worden, so vor allem durch die Geologen der Mexican Eagle Co. (Pearson’s interests), der East Coast Oil Co. und der Mexican Gulf Co. Die Revolution hat diesen Untersuchungen meist ein jähes Ende bereitet, und je länger die mexicanische Revolution andauerte, desto mehr kam von den Ergebnissen dieser Untersuchungen, hauptsächlich in wissenschaftlichen Zeitschriften der Vereinigten Staaten, an die Öffentlichkeit. Unsere Zeilen hier dürfen in der Hauptsache nur eine Zusammen- fassung und Kritik der veröffentlichten Ergebnisse und Auffassungen sein. Stratigraphie. Über jurassischen!) Fossilien und spärlich kohlenführenden, schwarzen Schiefern, Kalken und Quarziten, die im östlichen Mexico bis dahin erst NNW von Victoria gefunden worden sind (Victoria ist die Hauptstadt des Staates Tamaulipas; der Fundort liegt westlich Hidalgo am Westabhang der Sierra Ventana und westlich San Encracia am Rio San Bartolo), die jedoch auch im Staate Hidalgo in der Sierra Madre Oriental z. B. zwischen Zılacatipan und Huaya- cocotla, ferner am ‚Arroyo Duraznos, einem Nebenflusse des Rio Vinasco, bekannt sind, folgt der Tamasopakalk, ein massiger, dickbankiger, gelber und grauer, meist dichter Kalk mit Rudisten. Diese fossilarme Kreidekalkmasse führt in den obersten Lagen, ähnlich dem alpinen Hoch- ‚gebirgskalk, Lyditlagen und Knauer; selten ist sie in den obersten Teilen etwas sandig, und sie bildet das Skelett des Sierra Tamaulipas- gebirges und der ganzen Sierra Madre Oriental von Texas bis zum Istmus von Tehuantepec und wohl noch des Gebirges südlich vom Istmus. Die Mächtigkeit dieses Kalkkomplexes wird von Chamberlain und Salisburry (Geology Vol. III. Earth History pag. 118) mit 10.000 bis 20.000 Fuss angegeben. Wir hegen von vornherein gegen solche Mächtigkeitsangaben Zweifel und suchen in einem solchen mäch- tigen gestörten Schichtkomplex tektonische Überlagerungen: Über- schiebungen und Schuppen. E. Böse zeichnet in seinem Querprofil durch die Tamasopaschlucht den Tamasopakalk wohl richtig + 1500 m mächtig. (Excursion du X. Congrös geologique international 1906. No. XXX, pag. 11.) Das Alter dieses Kalkes wird von E. Böse an Hand von Fossil- !) Vergl. Franc L. Nason’s Mitteilung in Economic Geology, August 1909, pag. 423. 352 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 funden im Micoscanon zwischen San Luis Potosi und Tampico als Cenoman oder Vraconnien, d.h. als oberer Teil der mittleren Kreide bestimmt. Der Tamasopakalk wird im weiteren für gleichaltrig ge- halten wie Woodbine und Timbercreek in Texas. An der Bahnlinie von Veracruz nach Mexico City wird die Kreide von E. Böse nach den Orten Escamela, Maltrata und Necoxtla eingeteilt in Escamela- kalk, Maltratakalk (unterer Teil der mittleren Kreide) und Necoxtla- schiefer (untere Kreide). Der oberste Teil des Tamasopakalkes mit den Kiesellagen fehlt hier infolge von Erosion. Nur der Escamela- kalk besitzt die Rudistenfauna; er entspricht wohl dem eigentlichen Tamasopakalk. Der Tamasopakalk verleiht der Sierra Tamaulipas und der Sierra Madre Oriental den Hochgebirgscharakter; er bildet z.B. die steilen, zackigen Felswände des Gebirges um Monterrey, und seine Kalkketten werden von tiefen Querschluchten durchfurcht. Tamasopa liegt an der Bahnlinie von Tampico nach San Luis Potosi. Grade hier an dieser Bahnstrecke sind die Kalkketten streckenweise gegen Osten auf Mendezmergel überschoben. Prachtvolle Schwefel- und Süsswasser- quellen entspringen den Überschiebungsflächen. Der Tamasopakalk ist der Hauptträger des Öles im östlichen Mexico. Überlagert wird der Tamasopakalk durch die San Felipe- oder San Juanschichten, ein Schichtenkomplex mit wechsellagernden, dünnblätterigen Schiefern, Mergeln und Mergelkalker. der in der Sierra Tamaulipas 460 m, im Staate Nueva Leon und im nordöstlichen Teile des Staates Coahuila ca. 400 bis 500 m mächtig ist, der jedoch in den Bohrfeldern des Panucogebietes durch die Bohrungen als nur etwa 300 bis 830 Fuss diek nachgewiesen worden ist, und in den südlichen Ölfeldern stellenweise sogar ganz fehlen kann. (San Felipe liegt an der Bahn Tampico-San Luis Potosi; San Juan an der Bahn Tampico- Monterrey.) Gegen Westen, gegen die Sierra Madre Oriental hin, fehlt stellenweise der unterste Teil der San Felipe-Schichten. Diese Mergel- und Kalkbänke liegen in diesem Falle meist auch einer abgetragenen Oberfläche des Tamasopakalkes auf.) Inoceramus Cripsii Mant., ein Leitfossil der Eagleford-Schichten in Texas, scheint nicht selten zu sein in den San Felipe-Schichten des nordöstlichen Teiles des Staates Coahuila; auch Ammoniten von grossem Durchmesser sind hier ge- funden worden. Doch wartet diese Fauna noch auf genauere Bestimmung. Die San Felipe-Schichten werden nach ihrer stratigraphischen Lage !) Die von E.Böse beschriebenen, fossilreichen Cardenasschichten, von Cardenas an der Bahnlinie nach San Luis Potosi, sind wohl älter oder nur in ihrern obern Teile gleich alt wie die San Felipe. Schichten. Die Cardenasschichten vertreten nach E. Böse das untere Senon. ll ai Jahrg. 64. W.Staub. Neuere Ergebn. d. geol. Untersuch. d. östl. Mexico. 353 und nach den spärlichen Fossilfunden den Eagleford-Schichten, dem Austinkalk und dem untersten Teile der Taylormarls in Texas gleich- gestellt. Die San Felipe-Schichten gehen in ihrem Hangenden allmählich über in die Mendez-Mergel oder Papagallos-Mergel, eine ziemlich einförmige und wohl bis 1000 m mächtige Mergelgruppe mit Foraminiferen, die jedoch nur selten in ihrer vollen Mächtigkeit erhalten ist. Besonders gegen die Golfregion zu sind diese Mergel vor den tertiären Transgressionen streckenweise stark abgetragen worden. Einzelne rote Mergeleinlagerungen helfen diese graue und dunkle Mergelmasse gliedern. In den Ölfeldern bildet diese Mergelmasse eine abschliessende dichte Decke über den ölführenden Kalken. Am Rio Grande, im Staate Coahuila und in Texas, nahe Eaglepass, wurden durch E. T. Dumble und Prof. Cummins über den eigentlichen Mendezmergeln, die dort Braunkohlen führen, noch die wenig mächtigen Escondidoschichten gefunden. Diese führen Fossilien der obersten Kreide. }s Die Braunkohlen im Liegenden der Escondidoschichten werden ‚sowohl im Sabinasbecken, wie gegenüber Eaglepass im Staate Coahuila ausgebeutet. Die eben beschriebenen Kreideschichten sind faziell verschieden von den Kreideschichten in Texas. Ihre Fortsetzung nördlich des Rio Grande ist am Ostfluss der Rocky Mountains zusuchen. Anders verhält es sich mit den Tertiärablagerungen. Die Tertiärschichten von Texas breiten sich südlich des Rio Grande auch nach Mexico aus. Die mexicanische Küstenebene am Golf von Mexico gehört dem wenig gestörten Texas-Tertiärbecken an. Besonders die] Bocänablagerungen sind hier ausserordentlich mächtig ent- wickelt und bestehen aus wenig fossilführenden Tonen, Sanden und Sand- Steinen mit stellenweisen Kohleneinlagerungen. Die wohl 1000 m mächtige Gesteinsfolge wird von BE. T. Dumble wie folgt gegliedert: Jacksonstufe (oberstes Eocän; fehlt wahrscheinlich in der mexi- eanischen Küstenebene vollständig). Friosande Fayette-Sandsteine und Tone Yeguasande Claibornestufe, mittleres Eocän Marineschichten | Carrisoschichten Wilcox- und Midwaystufe mit Ostrea cortex: unteres Eoecän. Die jüngern dieser Stufen und Unterstufen greifen oft transgre- dierend über ‚die ältern weg; es sind z. T. Lagunenbildungen. Vierteljahrsschrift d. Naturf, Ges. Zürich, Jahrg. 64. 1919. 354 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Im Gegensatz zu diesem Texaseocän erstreckt sich längs dem Ostfuss der Sierra Madre Oriental eine Flyschablagerung, Schiefer und plattige Sandsteine, „Lajas“ genannt. Diese Flyschablagerung ist es wohl auch, die im südlichen Tabasco und nördlichen Chiapas zu finden ist, und die hier die nördliche Fortsetzung des zentralameri- kanischen Eocäns von Guatemala darstellt.') Die westlich der Ölfelder, längs dem Fuss der Sierra Madre sich ausbreitenden Chicontepec- oder Tanlajas-Schichten (so wurde diese Ablagerung hier benannt), werden auch nördlich des Panucoflusses zwischen der Sierra Madre und dem Tamaulipasgebirge gefunden. Die Tanlajas-Schichten überlagern die Mendezmergel. Diese eocäne Ablagerung ist gemeinsam mit der Kreide gefaltet. Gerade in den Ölgebieten am Panucofluss und südlich davon ist die Gliederung und Trennung der Tertiärschichten nicht leicht, und eine Einigung der Geologen ist noch nicht zustande gekommen. Für den Schreiber dieser Zeilen und seine Mitarbeiter ist aber die über 1000 m mächtige Chiecontepec-Serie von eocänem und nicht oligo- cänem Alter. Die Alazanmergel (Alazan ist ein Landgut in den Ölfeldern südlich des Panucoflusses) werden von uns, mit E.T.Dumble und Prof. W. F. Cummins von den Mendezmergeln abgetrennt und als eine jüngere eocäne Transgression aufgefasst. Noch ist das Ver- hältnis der Alazanmergel zu der Chicontepee-Serie, tektonischer Störungen wegen, nicht ganz aufgeklärt. Prof. Cummins aber hat das Verdienst, nahe Alazan, am Arroyo Buena Vista, in den Alazan- schichten eine Fauna mit Schizaster gefunden zu haben, die auch zahlreiche pazifische Formen einschliesst, und dienach W.F. Cummins und E. T. Dumble dem Alter nach der Jacksonstufe in Texas gleich- zustellen ist. Diese Alazanschichten wurden von uns auch im nördlichen Chiapas bei Amatan über der Flyschserie gefunden. Der hochinteressante Fund von Prof. Cummins bringt zum ersten Mal den Beweis einer Verbindung zwischen Pazifischem und Atlantischem Ozean zur obern Eoeänzeit, eine Meerverbindung, die südlich vom Ölgebiete, im Staate Vera Cruz und wohl auch südlich vom Isthmus liegen muss. Die Alazanschichten sind von uns auch im Staate Tamaulipas gefunden worden, doch steht der vollständige Verfolg der Schichten noch aus. Die oligocänen Ablagerungen greifen in den Staaten Tamaulipas e Pyritfossilien, die ich während der Flussfahrt von Tapijulapa nach San Bernardo bei Poposa in Mergelschiefern sammelte, und die auch bei San Bernardo zu finden sind, deuten wahrscheinlich darauf hin, dass der untere Teildieses Eoeäns von E. Böse (Lit. No. 2) noch zur obern Kreide gehört. Diese Feststellung ist neu. Jahrg. 64. W.Staub. Neuere Ergebn. d. geol. Untersuch. d. östl. Mexico. 355 und Vera Cruz deutlich transgredierend über eine gehobene, gefaltete und abgetragene Unterlage weg. Diese wohl 1000 m mächtigen Ab- lagerungen bestehen aus Tonen und Sandsteinen im untern Teile, und Kalken im obern Teile. Die Gliederung dieses Oligocäns wird jetzt eben erst von E. T. Dumble, R. E. Diekersen und W.S. W. Key, an Hand von Seeigeln, vornehmlich Clypeastern, durchgeführt (Lit. No. 9). Es scheint sich vor allem um mittel- und oberoligocäne Ablagerungen zu handeln. In den Ölgebieten lässt sich feststellen, dass ein unterer, stärker gestörter Teil von oligocänen Mergeln und Sandsteinen dis- kordant überlagert wird von einer mehr kalkigen Gesteinsserie, die in der Basis Orbitoides papyracea Bon. führt. Das Oligoeän ist nicht so weit gegen Westen hin verbreitet wie das Eocän. Je weiter von der Küste wir nach Westen dringen, desto weniger mächtig ist das Oligocän entwickelt. Die Papyraceaschichten liegen gegen das Landes- innere zu vielfach flach; ihre Transgression über die oligocänen Sand- steine ist hier deutlicher als an der Küste, wo die oligocänen Ab- lagerungen mächtiger, vollständiger und kontinuierlicher sind. In der Isthmusgegend von Tehuantepec fehlt das Oligocän vollständig. Im Gegensatz zu der Verbreitung des Oligocäns greift das Miocän dort, woes vorhanden ist, weit gegenWesten ins Land hinein, besonders in der Gegend des Isthmus von Tehuantepec, wodasMiocän wahr- scheinlich eine Ingression bildet, deren Erstreekung zum allgemeinen NW-SE-Streichen der mexicanischen Kordilleren quer läuft. Dieses miocäne Ingressionsbecken ist den nach Nordwesten vorstossenden zentralamerikanischen Gebirgsbogen nördlich vorgelagert. Dieselbe querfaltende Bewegung, die eine Senkung der Gegend des Isthmus von Tehuantepec hervorbrachte, hob auch das Gebiet nörd- lich davon über Meer, derart, dass im ganzen Ölgebiet des nördlichen Vera Cruz und Tamaulipas marine miocäne Ablagerungen fehlen. Solche Ablagerungen finden sich erst wieder in Texas und Louisiana. Die fossilführende miocäne Mergel- und Tonserie des Isthmus ist wohl 2000—2500 Fuss mächtig. Gegen Chiapas und Tabasco zu wird das Miocän sandiger. Es stellt sich auch eine mächtige, fossilreiche Kalk- ablagerung in den obersten Teilen ein. Das Pliocän der mexicanischen Küstenebene, der Reynosakalk (Lit. 13), ist ein fossilleerer, dichter Kalkstein mit Geröllen, möglicher- weise grösstenteils eine Seenablagerung. In der Isthmusregion von Tehuantepec ist das Pliocän eine fossilreiche, glimmerhaltige Sandstein- und Sandablagerung; sie scheint den Quersynklinalgebieten zu folgen und überlagert das Mioeän diskordant. Terrassen- und Schotterbildungen zeichnen die Diluvialperiode 356 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 aus. Mamutknochen und -Zähne wurden bei Tepetate im Staate Vera Cruz und von einem Schweizer, namens Luis Henggeler, bei San Jose de las Rusias im Staate Tamaulipas gefunden. In den Terassenschottern treten die Gerölle vulkanischer Gesteine in den Vordergrund des Interesses. Es lassen sich in der Intrusions- folge ältere, mehr saurere Gesteinsarten, so z. B. Nephelinsyenite, unterscheiden, die nach oder bei der Auffaltung, z. B. der Sierra Tamaulipas, am Ende der Eoeänzeit in die Kreidegesteine eingedrungen sind. Das Oligocän jedoch ist hauptsächlich von gabbroiden und basal- tischen Gesteinsarten durchbrochen. Grosse basaltische Lavafelder sind in Form von „Mesas“ erhalten; junge Explosivkegel und „dykes* zeichnen uns die Richtung von Verwerfungen. Die Sierra San Martin südlich Vera Cruz, die Sierra Tantima oder Otontepec im Staate Veracruz, und die vulkanischen, basischen, jungen Kegel bei Aldama im Staate Tamaulipas sind die drei grössten, jungen, vulkanischen Gebilde und Zentren im östlichen Mexico. Tektonik. Das östliche Mexico wird von einem gefalteten Gebirgsrücken, dem Tamaulipasgebirge, durchzogen. Diese Sierra Tamaulipas, in ihren nördlichen Teilen Sierra San Carlos, Sierra Papagallos und Sierra Lampazos genannt, trennt sich etwa bei Lampazos als selbständige Gebirgskette von der eigentlichen SierraMadre Oriental ab, um gegen Südosten zu sich immer weiter von der eigentlichen Sierra Madre zu entfernen. Sie liegt der Sierra Madre gegen Osten vor, etwa wie der Jura vor den Alpen. Die erste Andeutung dieser Erhebung fällt in die obere Kreide- zeit, als die obereretazischen Braunkohlen im Staate Coahuila ab- gelagert wurden. Die sedimentäre Gliederung der Sierra Tamaulipas und ihre Faltung ist durchaus gleichartig wie Schichtfolge und Faltung der Sierra Madre Oriental. Wurde aber die Sierra Madre Oriental in der spätern Eoeänzeit in zahlreiche, meist nach Osten überliegende Falten, Synklinalen und Schuppen gepresst, so zeigt die Sierra Tamauli- pas nur einen breiten Antiklinalrücken mit Teilfalten und Brüchen. Im Querschnitt durch die Sierra Madre, längs der Bahnlinie von Monterrey nach Saltillo, lassen sich etwa 10 bis 12 Antiklinalen und Schuppen im Kreidekalk unterscheiden, auf eine Querschnittsbreite von etwa 40 km. Die Sierra Madre Oriental zusammen mit der Sierra Tamaulipas, bilden die südliche Verlängerung der Rockymountains. Die Sierra Tamaulipas verschwindet als Gebirge nördlich des Panucoflusses. Die Falten der Sierra Madre Oriental verschwinden Jahrg. 64. W.Staub. Neuere Ergebn. d. geol. Untersuch. d. östl. Mexico. 357 von Lampazos an gegen Süden, Falte für Falte; die gebirgseinwärts liegende Falte übernimmt nach Süden zu jeweilen die Rolle der Rand- falte. Gegen den Isthmus vonTehuantepee zu verschwindet das Gebirge fast vollständig. Unsere beiden obengenannten Kreideketten sind es aber wahr- scheinlich, welche in später veränderter Form südlich des Isthmus von den Oberlaufen der Grijalva als Kreideketten und Massive wieder auftauchen (siehe Lit. No. 2). Die ursprüngliche Anordnung dieser Gebirge hier war wohl vor dem Vordringen und dem Auffalten der zentralamerikanischen Faltenbogen eine durchaus ähnliche, wie nördlich des Isthmus von’ Tehuantepec. Bei der Auffaltung der zentralameri- kanischen Faltenbogen jedoch überprägt diese jüngere Faltung die ältere. Die Auswirkung der jungen, zentralamerikanischen Faltung bleibt jedoch nicht beim Istmus von Tehuantepee stehen, sondern dringt weiter gegen Norden vor. Sie erzeugt jene erst schwierig verständ- lichen Torsionen, Querhebungen und Quersynklinalen der ältern Kreide- ketten des Tamaulipasgebirges und der Sierra Madre, und sie erzeugt Querstörungen fällt die junge, vulkanische Tätigkeit im östlichen Mexico zeitlich zusammen. Literatur. 1, Aguilera, Les volcans du Mexigque. Compte-rendu du Congres Geologique 906. 2. E. Böse, Resefia acerca de la geologia de Chiapas y Tabasco. Boletin del 0. 1905. "= Guide des excursions du 10 Congres Geologique International. L’Isthme de Tehuantepec. 1906. 4. — Orizaba and Santa Maria Tatetla. 1906. I. — Neuere Beiträge zur Mexikanischen Kreide. 1910, 6. E.de Golyer, Oilin Tampico-Tuxpamregion. Economic Geology, Vol. X. No.7. November-Dezember 1915. #7 The Furbero Oilfield, Mexico, Bulletin of the American Institute of Mining Engineers. September 1915. 8 — The Significance of certain Mexican Oilfield Temperatures. Economic Geology. ‚June 1918, Vol. XII. No. 4. 9. RE. Dickerson and W.S. 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Arbenz im Sommer 1915 auf einer ersten re- kognoszierenden Exkursion durch Mittelbünden führte, hatten wir die grosse Freude, Herrn Prof. A. Heim mit uns ziehen zu sehen durch jene Gebirgswinkel voller geologischer Rätsel. Nun es uns vergönnt war, an dem lockeren Gewebe von Leitlinien, welches jene Exkursion deren Anfängen er Gevatter gestanden und zu deren Fortführung er uns seinerzeit angesichts der Dolomithäupter von Arosa mit unver- gesslichen Worten angespornt hat. Das Gebiet, dessen Detailuntersuchung und Kartierung wir uns, teilweise als Grundlage unserer Dissertationen, zum Ziel gesetzt haben, umfasst den ganzen Gebirgsstock zwischen Lenzerheide, Albula, Land- ausgehend zuerst vom Gebirgsknoten der Weissfluh und Casanna. Im selben Jahre begann auch W. Leupold (W.L.) das Studium der höheren unterostalpinen und der oberostalpinen Deckengebiete der anschlies- ‚Senden Gebirgskette zwischen Plessur und Landwasser, Schiahorn und Sandhubel. Sein Nachbar im Westen wurde im nächsten Jahre R. Brauchli (R.B.), der die Untersuchung der Südwestecke zwischen Ibula, Lenzerheide und Arosa in Angriff nahm. Gleichzeitig schloss Sich gegen Osten H. Eugster (H.E.) an als Bearbeiter des Hochducan- und Muchettagebirges zwischen Albula, Landwasser, Sertigtal und Val Tisch. | 360 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Inhaltsübersicht. Seite 1. Regionaltektonische Übersicht (J.. u. WL) » en 360 ln. N i ... 808 . Die Schieferunterlage zwischen Klosters ad Langwies ( Wo. ©) : 368 “ Die Falknis-Sulzfluhdecke (J. C.) i . 364 a) Die Falknisteildecke im Weissfluhgebiet ; .:,809 b) Die Sulzfluhteildecke Ban Klosters und Litziräti bei Arosı } Bl? 3. Die Aroser Schuppenzone (J.C. u. R.B.) 3 ; ! ei) 4. Die Decke der Aroser Dilen: (w. EUR. B). ; ; : STE 5. Die Silvrettadecke (H.E.u.W.L.). . ’ ; 38 6. Der Sedimentmantel des Rothormmassivs (R. B. u. w. L.) ; A .. 386 III. Tektonik: A. Zur Tektonik der tieferen unterostalpinen Decken im Prätigau und Schanfigg mit besonderer DENE der Weissfluhgruppe . .. 389 : Der östliche Rhätikon (J. C.) nl) . Die Weissfluhgruppe und der NW- Teil des Plessurgebir ges Afdas- Gür- ‘ "zalstach (J.C. u. R.B.) 390 3. Die tieferen unteroslälpinen Decken des Plessürgehirges. im Unter- engadiner Fenster (J.C.). 393 4. Versuch einer Parallelisation der tieferen unterostalpinen Decken des Plessurgebirges mit südbündnerischen und westschweizerischen Ein- heiten (J. C.) 394 B. Zur Tektonik der höheren unterostalpinen Decken und der Silvr ettadecke im Plessur- und Albulagebir irge! 338 5. Das Rothornmassiv und sein Sdedimenttännter (R. B.- u. W. ur ..398 a Die Decke der gene Dolomiten (W.L.u.R.B.. . a i . 1 7. Die Silvrettadecke . 405 a) Tat Erg horänälich der Albalı (va Tisch, Val Tuors, I Höch- H.E. 406 b) Se; zei bandwisserial (w. 1% Fi B) es ar e) Die Guggernell-Lenzerhornkette (R.B. : , . 413 d) Zur Mechanik der Silvrettadecke (H. E. u. W. L) ; { . 415 I. Regionaltektonische Übersicht. Als gewaltiger Eckpfeiler des helvetischen Deckengebäudes er- hebt sich auf der linken Rheintalseite jenseits der Stadt Chur der Calanda mit seinen hellgrauen Malmplatten. Nach Süden und Osten fallen die Felsarten des Gebirgsstockes steil unter die penninischen Bündnerschiefermassen ein, deren weichgeformtes Alpen- und Weiden- gelände mit den wilden und ruinenhaft zerrissenen Schieferköpfen und den tief eingefressenen Schluchten und Tobeln in merkwürdigem Widerspruch steht. Wie ein schützender Mäntel sind diesem Flysch- land wiederum die ostalpinen Schubmassen aufgelagert. Der bogen- förmige Verlauf des ostalpinen Rahmens um das Prätigauer- und Schanfigger Halbfenster entspricht dem im Halbkreis umbiegenden Streichen in der Hülle des ostwärts in die Tiefe sinkenden Aar- massives. Im westlichen Rhätikon sind es die an helvetische Berg- formen erinnernden Falknisspitzen, weiter östlich die Dolomiten der Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 361 Scesaplana, dann die bläulichweissen, leuchtenden Mauern und Türme der Kirchlispitzen, der Drusen- und Sulzfluh, die wie Kronen ihrer Schieferunterlage aufgesetzt sind. Beinahe regelmässig löst längs dem Nordrande des Halbfensters eine Decke die andere als gebirgs- bildendes Element ab, entsprechend wiederholt sich dieselbe Er- scheinung längs dem Südrande des Halbfensters im Schanfigg. In den letzten beiden Jahrzehnten waren es besondere tektonische Fragen, mit denen sich die Erforscher unseres Berglandes befassten. Den Gebirgsbau des Rhätikons behandelten in ihren Spezialarbeiten zuletzt Seidlitz und Trümpy. Ihre Abhandlungen dienten der Be- arbeitung des Weissfluhgebietes als Grundlage. R. Staub unternahm es 1916 und 1917 auch die Decken Nordbündens in das alpine Decken- system einzureihen. Nach diesem Autor bezeichnen wir sämtliche zwischen die penninischen Schiefer und das (oberostalpine) Silvretta- kristallin eingelagerten Schubmassen als unterostalpin. Trümpy unterschied im westlichen Rhätikon von unten nach oben folgende tektonische Einheiten: 1. Die Prätigauschiefer. 2, Die Falknisdecke. 3. Die Sulzfluh- decke. 4. Die rhätische Decke. 5. Die Breecien des Bettlerjoches („Reste der unterostalpinen Decke“ im älteren Sinne). 6. Die ost- alpine Decke (Silvrettadecke), die wir nun als oberostalpin bezeichnen. 4 und 5 kommen im Rhätikon nur in Quetschzonen vor. Seidlitz gliederte im östlichen Rhätikon die Decken wie folgt: 1. Zone der Bündnerschiefer (= Glarnerdecke?). 2. Zone der Sulzfluhkalke — Klippendecke; a) Zone der Falknisbreceie, b) Zone des Sulzfluhkalkes. 3, Zone der Liasbreccien = Brecciendecke. 4. Zone der ophiolithischen Eruptiva — rhätische Decke. 5. Zone der ost- alpinen Trias. 1912 bestritt Z yndel die Überlagerung der Seidlitzschen Brec- ciendecke durch die rhätische Decke, da er, offenbar auf Grund von Beobachtungen im Oberhalbstein und im Gebiete von Arosa, die Breceiengesteine für unterostalpin, die rhätischen für penninisch hielt. Im Weissfluhgebiet liessen sich sowohl die Schieferserien des westlichen Rhätikons (Trümpy), als auch Falknis- und Sulzfluhdecke nachweisen. Die Seidlitzsche Zweiteilung der höheren unterost- alpinen Schubmassen des östlichen Rhätikons erwies sich als unrichtig, beide Komplexe gehören, wie es sich herausstellte, einer und derselben Serie an, Radiolarit und Aptychenkalk („rhätische Decke‘) finden Sich oft als normales Hangendes der Liasbreccie und des Hauptdolomits der »Breeciendecke‘, mit welchen Gesteinen vergesellschaftet sich im Sanzen Fenstergebiet auch zugehöriger Buntsandstein, Verrucano sowie 362 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Kristallin (nach Seidlitz nur (ober-)ostalpin), am Aufbau des Ge- birges beteiligen. Wir bezeichnen diesen vereinigten unterostalpinen Deckenkomplex, der als Ganzes wieder in zahlreiche Schuppen zer- fällt, nach dem Orte seiner mächtigsten Verbreitung als Aroser Schuppenzone. Sie umfasst sowohl die „rhätische‘‘ und „Breccien- decke‘‘ der „Aroser Aufbruchzone“ Hoeks samt dessen „Parpaner Zwischenstück“, als auch die „rhätische“ und „‚Breeciendecke‘“ Trüm- pys, Seidlitz’ und Zyndels, somit alles, was im Rhätikon zwischen Sulzfluhdecke und den oberostalpinen Schuppen, im Plessurgebirge zwischen der Sulzfluhdecke und dem Rothornmassiv liegt. (J. C.). Die nächsthöhere tektonische Einheit bildet demnach im Plessur- gebirge das Massiv der beiden Rothörner und der ihm zuge- hörige Mantel von Triasschuppen. Es stellt einen tektonischen Fremdkörper dar, dessen Einordnung ziemlich schwierig ist; wie das in identischer tektonischer Stellung weiter östlich die Aroser Schuppen- zone bedeckende Kristallin Mädrigen-Davos-Dorf, ist es ein eingewickelter Teil der Silvrettadecke. Zwischen der Oberfläche des Rothornmassivs, resp. des Mädriger Kristallins im Norden und dem Gneis-Porphyr-Verrucanozug Frauen- kirch-Kummerhubel-Sandhubel-Piz Musch im Süden liegt der Sediment- zug der „Aroser Dolomiten“. Wir verstehen darunter die mäch- tigen Dolomithäupter, welche in grossartiger Reihe das Talbecken der oberen Plessur im Süden und Osten umschliessen und durch ihren auffälligen Gegensatz zu den weichen Formen ihrer Unterlage den besondern Reiz der Landschaft von Arosa ausmachen: Aroser Rothorn, Erzhorn, Leidfluh, Schiesshorn, Furkahorn, Thiejerfluh, Mädrigerfluh, Küpfenfluh und schliesslich das Schiahorn. Alle diese Berge wurden früher von Hoek (1906), Zyndel (1912) und Spitz (1913) der Silvrettadecke zugerechnet. Nach unseren Beobachtungen gehören sie, wenn auch die südlichsten nur mit ihren Gipfelpartien, einer besonderen tektonischen Einheit an, welche wir als „Decke der Aroser Dolomiten‘ bezeichnen und, wie später dargelegt wird, als - Aquivalent der Aeladecke bezw. der Unterengadiner Dolomiten be- gesehen vom Rothornkristallinen — erst in der Unterfläche des er- Years Zuges alter Gesteine Frauenkirch— Sandhubel— Piz usch. Am Lenzerhorngipfel schaltet sich an dieser Fläche ein weiteres Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 363 tektonisches Element ein, die verkehrte Lenzerhorngipfel- schuppe. Sie gehört noch zur Silvrettadecke und stellt mit der verkehrten Serie in der Val Tisch bei Bergün einen Rest ihres Mittel- schenkels dar. Sie kann nicht direkt mit der „Suraver Zwischen- decke* (ZAyndel) identifiziert werden. Mit dem Kristallin-Permzug Frauenkirch— Piz Musch be- ginnt der normale Schenkel der Silvrettadecke. (W.L.) Wir unterscheiden demnach von oben nach unten folgende tek- tonische Elemente: 6. Silvrettadecke: normaler Schenkel: Zug Frauenkirch — Sandhubel — Piz Hangendes. verkehrter Schenkel: Lenzerhorngipfelschuppe, Val Tisch. 5a. (Suraver Zwischendecke). 5. Decke der Aroser Dolomiten—Aeladecke. 4. Rothornmassiv und Kristallin Mädrigen — Davos-Dorf. 3. Aroser Schuppenzone. i b) Sulzfluhteildecke. 2. Falknis-Sulzfluhdecke a) Falknisteildecke. 1. Basale Bündnerschieferdecken. II. Stratigraphie. 1. Die Schieferunterlage zwischen. Klosters und Langwies. Die erste brauchbare Gliederung dieses so monotonen Komplexes stammt von Trümpy. Dieser Autor nimmt zwar an, dass in der mächtigen Flyschmasse des Prätigaus Sedimente von mittel- und oberjurassischem, sowie kretazischem Alter nicht ausgebildet seien, konnte aber in besagtem Gebiet der starken dynamometamorphen Umwandlung wegen keine scharfe Grenze zwischen dem tertiären Prätigauflysch und den älteren liegenden Schiefern feststellen. Die von Trümpy den basalen Schiefermassen zugerechneten stark phyllitischen Gesteine sind erst im unteren Schanfigg anzutreffen. Auf einer Wanderung von Langwies nach Chur finden wir schon im Glasaurertobel bei Pagig ausgewalzte dunkelgraue bis schwarze Sand- kalke mit glänzenden Tonhäuten, erst im Castielertobel aber glimmer- führende Kieselkalk- und Sandkalkschiefer vom phyllitischen Habitus der älteren Bündnerschiefer. ' Die tiefste Serie des Tertiärflyschs, die Gandawaldschichten Sind im Fondei und Sapün als Sand- und Kieselkalke mit Tonschiefer- 2wischenlagen entwickelt; aus ihnen besteht die Basis des Stellikopfs wie auch diejenige des Mattlishorns. Am Kistensteingipfel lässt sich ach oben ein allmählicher Übergang derselben in den Ruchberg- Sandstein durch Wechsellagerung von Quarziten, Sandkalken und 364 Vierteljahrsschriit d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Sandsteinen feststellen. Für diese Grenzzone ist das Vorkommen von Glaukonitquarziten und Kieselkalken charakteristisch; solche fanden sich u.a. am Kistenstein, im Drostobel, am Casannapassweg, sowie an der Bahnlinie westlich Cavadürli bei Klosters. Am letzteren Orte zeigt der Kieselkalk Übergänge in eine ebenfalls g itfül j feine Breccie. Diese Gesteine sind vom Falknisgault oft kaum zu unterscheiden. Das typische Ruchberggestein, wie es am Kistenstein vor- kommt, ist ein dickbankiger Sandstein, oft ein Arkosesandstein, der da und dort in eine feine Breccie übergeht. Fossilien: Ein zweifel- hafter Nummulit und Lithothamnien. ie Aebigratschichten sind im oberen Schanfigg als grau- blaue, fein sandige Kalke von hellgrauer oder gelblicher Anwitterung und als dunkelgraue bis schwarze glimmerführende tonige Kalkschiefer entwickelt. Der Kalk ist bald plattig, bald bildet er über meterdicke Bänke. Helminthoiden und Fucoiden sind in dieser Serie auf- fällig reichlich zu finden. Am Stelli bei Langwies fehlen im Liegenden der Aebigratgesteine die Ruchbergschichten scheinbar vollständig. Die Gandawaldserie geht in dieser Gegend durch hundertfach sich wiederholende Wechsellage- rung von Quarziten, Sandsteinen, Sandkalken und Tonschiefern nach oben hin in die Aebigratserie über. Zu den Ganeyschichten Trümpys liesse sich allenfalls eine polygene Breccie rechnen, die Falknis- und auch Aroserzonengesteine (Radiolarit) als Komponenten führt. Sie findet sich am Seehorn im ondei. Mächtigkeiten der verschiedenen Serien: Gandawaldserie: über 500 m. Ruchbergserie (Kistenstein) : 110 m. Aebigratschichten: zirka 100 m. Ganeyschichten ?: einige Meter. 2. Die Falknis-Sulzfluhdecke. (J.C.) Seidlitz war sich noch nicht im klaren darüber, ob Falknis- und Sulzfluhgesteine zweierlei tektonischen Einheiten zuzuweisen seien oder ob man es nur mit Faziesgebieten einer und derselben Decke zu tun habe. Trümpy wies dann die Selbständigkeit der beiden Komplexe im westlichen Rhätikon nach. Auf Grund von noch zu besprechenden Beobachtungen im Unterengadiner Fenster sowie der durch das Auffinden einer vollständigen Kreideserie der Sulzflubzone Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 365 noch grösser gewordenen Übereinstimmung wegen sehen wir uns ver- anlasst, Sulzfluh- und Falknisdecke als Teilelemente einer grossen Schubdecke aufzufassen. a) Die Falknisteildecke im Weissfluhgebiet. Hier sei nur der Übersicht halber eine kurze Beschreibung dieser Serie gegeben und dabei auf Abweichungen von den Verhältnissen im westlichen Rhätikon, die Trümpy beschrieben hat, verwiesen. Triasische Gesteine fehlen zwischen Klosters und Langwies vollständig. Eisen-, Mangan- und bleischüssige braune Sandsteine und glimmerreiche Schiefer, identisch mit den von Trümpy als Lias beschriebenen Gesteinen, möchte ich ihrer grossen Ähnlichkeit mit helvetischen Eisensandsteinen wegen lieber dem Dogger zuweisen. Die Altersbestimmung auf Grund des Fundes einer Liasterebratel, die leider wieder verloren ging, sowie eines Abdruckes von Ammonites radians (aus dem Schutt) scheint mir zu wenig sicher. Falknisdogger steht vom Seehorn am Durannapass weg bis gegen das Stelli hin an der Basis der Serie an, überall von Aebigratschichten unterlagert. Mächtigkeit des Horizontes 10 m (maximal). Wie am Falknis, so ist das Oxford auch im Fondei als schwarzer und grüner Mergelschiefer ausgebildet. Unten in der Stelliwand setzen in den grünen Schiefern Breccienlager auf. Als hauptsächlichste Komponenten dieser Trümmer- gesteine seien genannt: Quarz, Feldspäte, Dolomit ete. An scharfer Trennungsfläche liegen dem Oxford im Fondei die Felsmassen des mittleren und oberen weissen Juras, als unterster Horizont fast allerorts eine ungefähr 10 m mächtige Bank von Falknis- „Konglomerat“ auf, die nur am Schafturm und am Seehorn hinten im Tale gedoppelt auftritt. An der Basis dieser Bank liegt meist ein Konglomerat vor; die Komponenten sind oft vollkommen gerundet. Nach oben zu werden die Klastika eckiger, sodass dann von Falknis- breccie gesprochen werden muss. Als häufigstes Geröll tritt auch hier der grüne Falknisgranit auf; Blöcke von Kubikmetergrösse sind keine Seltenheit. Das Gestein ist von gewissen Varietäten des Albula- und Errgranits kaum zu unterscheiden, von Tasnagranit erst recht nicht. Quarzporphyre, basischere Eruptivgesteine und Para- gneise sind ebenfalls recht häufig. Der Zement ist bald ein Sand- stein von derselben Zusammensetzung wie die Breccie, bald ein Riesen- oolith mit Ooiden bis zu 4 mm Durchmesser, in vielen Fällen auch ein Kalk, der mit dem Malmkalk im Hangenden identisch ist. Dieser - letztere ist meist dicht (sandigere Lagen kommen auch vor), auf dem Muschligen Bruch von dunkelgrauer Farbe und heller, grau bis gelb- 364 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Sandsteinen feststellen. Für diese Grenzzone ist das Vorkommen von Glaukonitquarziten und Kieselkalken charakteristisch; solche fanden sich u.a. am Kistenstein, im Drostobel, am Casannapassweg, sowie an der Bahnlinie westlich Cavadürli bei Klosters. Am letzteren Orte zeigt der Kieselkalk Übergänge in eine ebenfalls glaukonitführende, feine Breccie. Diese Gesteine sind vom Falknisgault oft kaum zu unterscheiden. Das typische Ruchberggestein, wie es am Kistenstein vor- kommt, ist ein dickbankiger Sandstein, oft ein Arkosesandstein, der da und dort in eine feine Breccie übergeht. Fossilien: Ein zweifel- hafter Nummulit und Lithothamnien. Die Aebigratschichten sind im oberen Schanfigg als grau- blaue, fein sandige Kalke von hellgrauer oder gelblicher Anwitterung und als dunkelgraue bis schwarze glimmerführende tonige Kalkschiefer entwickelt. Der Kalk ist bald plattig, bald bildet er über meterdicke Bänke. Helminthoiden und Fucoiden sind in dieser Serie auf- fällig reichlich zu finden. Am Stelli bei Langwies fehlen im Liegenden der Aebigratgesteine die Ruchbergschichten scheinbar vollständig. Die Gandawaldserie geht in dieser Gegend durch hundertfach sich wiederholende Wechsellage- rung von Quarziten, Sandsteinen, Sandkalken und Tonschiefern nach oben hin in die Aebigratserie über. Zu den Ganeyschichten Trümpys liesse sich allenfalls eine polygene Breccie rechnen, die Falknis- und auch Aroserzonengesteine (Radiolarit) als Komponenten führt. Sie findet sich am Seehorn im Fondei. Mächtigkeiten der verschiedenen Serien: Gandawaldserie: über 500 m. Ruchbergserie (Kistenstein): 110 m. Aebigralschichten: zirka 100 m. Ganeyschichten ?: einige Meter. 2. Die Falknis-Sulzfluhdecke. (J. €.) Seidlitz war sich noch nicht im klaren darüber, ob Falknis- und Sulzfluhgesteine zweierlei tektonischen Einheiten zuzuweisen seien oder ob man es nur mit Faziesgebieten einer und derselben Decke zu tun habe. Trümpy wies dann die Selbständigkeit der beiden Komplexe im westlichen Rhätikon nach. Auf Grund von noch zu besprechenden Beobachtungen im Unterengadiner Fenster sowie der durch das Auffinden einer vollständigen Kreideserie der Sulzfluhzone Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 367 rouges. Darüber finden sich glimmerreiche schiefrige Sandkalke von nur 50 cm Mächtigkeit: Ein Restchen von Tertiärflysch. Die- selben Sandkalke bauen zusammen mit Sandsteinen und 'Tonschiefern die Stelligipfelkuppe auf, eine Mächtigkeit von ungefähr 10 m er- reichend. Direkt unter dem Signal steht in einer ungefähr 1'/e m starken Bank eine polygene Breccie an, in der hauptsächlich Falknis- gesteine verarbeitet sind. Wieim Senonschiefer fehlen auch in diesem Flysch Fossilien gänzlich. b) Die Sulzfluhteildecke zwischen Klosters und Litzirüti bei Arosa. “Grüner Sulzfluhgranit kommt sowohl an der Zähnjefluh bei Sapün als auch in abgerutschten, aber teilweise im Zusammenhang gebliebenen Felsmassen N der Weissfluh im Fondei vor, an beiden Orten zwischen Lagen von Couches rouges eingeklemmt, an der Zähnjefluh sogar in Block- und Linsenform denselben eingelagert. Dass es sich nicht bloss um exotische Blöcke handelt, beweist das Vorkommen von grünem Granit in einem über 10 m mächtigen Felsband südöstlich des Zähnjefluhgipfels. Triasdolomit zitiert Trümpy von Klosters-Dörfli, sowie vom Parpaner Schwarzhorn. Das Gestein vom Schliffitschuggen bei Klosters unterscheidet sich vom Sulzfluhkalk im Hangenden durch seine hellere grauweisse Farbe. Es braust mit HC] ziemlich stark, ist also eher ein Kalk als ein Dolomit. Den Dolomit der Furka am Parpaner Schwarzhorn möchte ich als der Aroserzone zugehörigen Hauptdolomit auffassen; der grüne Gneis sowie der Kalk (Lias nicht Tithon) mit denen er vergesellschaftet ist, wären natürlich auch dieser Serie zuzurechnen. Zwischen Klosters und Langwies fehlt jede Spur triasischen Sulzfluhdolomites. Lias in Steinsbergerfazies: Unweit des Weilers Sonnenrüti bei Langwies stürzt das Wasser des Bühlenbaches über eine hohe, zum Teil schluchtartige ausgefressene Felswaud zu Tal. Die Basis dieser Fluh besteht aus einer feinen polygenen Breceie mit Dolomit und Trümmern kristalliner Gesteine als hauptsächlichen Komponenten. Nach oben geht dieses Gestein in einen oolithischen, reichlich Bryozoen führenden Spatkalk über, der dunkelgrau bis braun, oft auch durch Eisenoxydhydrat rot oder grün gefärbt ist. Die polygene Breccie mit der ähnlichen Felsart an der Ardezer „Bahnhofstrasse“ ohne weiteres zu vergleichen, geht wohl nicht an, da polymikte Psephite . von ganz ähnlicher Zusammensetzung oft verschiedenaltrig sind. Es ist aber auch der Spatkalk von dem entsprechenden Gestein am Auf- gang zum Schloss Steinsberg kaum zu unterscheiden, sodass wohl von 368 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Steinsberger Fazies gesprochen werden darf. Bei Sonnenrüti geht die Felsart nach oben hin in einen bläulichen Stinkkalk und dann sofort in normalen Pretschkalk über, aus dem die hell leuchtende Wand sich aufbaut, welche sich von Sapün bis Litzirüti und von hier bis gegen die Alp Wolfsboden durch die Wälder verfolgen lässt: Durch das Auffinden mehrerer weiterer Vorkommnisse von tektonisch gleicher Lagerung im Weissfluhgebiet (Zähnjefluh, Drostobel, Mariastein bei Selfranga), sowie auf Grund der grossen faziellen Übereinstimmung konnte der Beweis völliger Identität von Pretsch- und Sulzfluhkalk erbracht werden. Die im Sulzfluhkalk des Rhätikons gefundenen Fossilien stammen nach Seidlitz aus dunkleren, oolithischen, wahr- scheinlich tieferen Partien des Gesteins. Die Fauna entspricht nach obgenanntem Autor derjenigen des unteren Tithons von Innwald. An der Zähnjefluh wird der Riffkalk in der zweithöchsten Schuppe der Sulzfluhdecke von enorm ausgewalzten und zerruschelten, braunen und schwarzen Sandsteinen und Schiefern unterteuft, die ich ihrer Ähnlichkeit mit Falknisdogger wegen als Sulzfluhdogger betrachten möchte. Mit noch geringerer Sicherheit kann das Alter der von Trümpy erwähnten gelben Sandkalke und schwarzen Tonschiefer vom Schliffitschuggen oberhalb Klosters-Dörfli, die auf meine Ver- mutung hin (1917) von R. Staub als liasisch angegeben wurden, be- stimmt werden. Bei einem zweiten Besuch der Lokalität (1918) wurde das Auftreten von grauschwarzem Kieselkalk in den schwarzen Schie- fern festgestellt, der am ehesten mit Sulzfluhneokom von der Zähnje- fiuh verglichen werden könnte. Da der Lias von Sonnenrüti in Sulz- fluhkalk übergeht, muss im Pretschgebiet der Dogger in Riffkalk- fazıes ausgebildet sein. Die Sulzfluhdecke besitzt eine vollständige Kreideserie, die faziell mit der Falkniskreide völlig übereinstimmt. Sämtliche Horizonte derselben konnten über dem Sulzfluh- tithon wieder gefunden werden. Bis dahin-kannte man nur Couches rouges der Sulzfluhdecke; untere und mittlere Kreide derselben stehen an der Zähnjefluh und am Madrisjoch an, Gault allein S des Maria- steins bei Klosters-Platz. An der Zähnjefluh beträgt die Mächtigkeit der ganzen Kreideserie zirka 20 m. Dem Falknisneokom entsprechen plattige, feinsandige Kalke, Kieselkalke und Sandsteine. Die Tristelschichten sind an der Zähnje- fluh wie am Stelli als Breecien ausgebildet. Am leichtesten kennt- lich von allen Gesteinen ist der Gault, vertreten durch glaukonit- führende Breceien und ebensolche Sandsteine und Quarzite. Schon längst bekannt und schon von Mojsisoviez richtig gedeutet sind Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 369 die Sulzfluh-Couches rouges. Sie unterscheiden sich nicht von den gleichnamigen Schichten der Falknisserie, es sind helle Flaserkalke, deren Plattigkeit. durch extreme mechanische Beanspruchung merk- würdigerweise wieder verloren geht, so dass sie oft massigen Charakter zeigen. Tiefrote Couches rouges stehen hoch oben im Wald zwischen Langwies und Sonnenrüti an; sie sind auch hier von Foraminiferen gänzlich erfüllt. Tertiärflysch fehlt EN Sulzfluhserie im Weissfluhgebiet völlig. 3. Die Aroser Schuppenzone. (Casanna, Weissfluh, Aroser Weisshorn, Parpaner Schwarzhorn, Parpaner W.eisshorn). Zeigen Falknis- und Sulzfluhschichtreihe sowohl helvetische als penninische Anklänge, so führt diese nächsthöhere Serie schon zu rein ostalpiner Fazies über. Die Ausbildung der Aroser Schuppenzone in . dem Umfange, wie wir sie jetzt definieren, ist keineswegs einheitlich, doch lässt sich vorläufig mit faziellen Argumenten keine Unter- teilung begründen. Wie in den tieferen Einheiten, so finden wir auch hier kaum einen Horizont, der nicht in Breecien- oder Sandstein- fazies ausgebildet sein kann; das Gewoge der Geantiklinalen und Geo- synklinalen scheint demnach ein dauerndes gewesen zu sein. a) Schichtreihe mit nicht breceiösem Mesozoikum. 1. Kristallin. Im Weissfluhgebiet ist dasselbe hauptsächlich durch Casanaschiefer vertreten, die sich von den durch R. Staub aus dem Berninagebiet beschriebenen Gesteinen oft kaum unterscheiden. Glimmerschieter und Konglomeratgneise sind die häufigsten Vertreter dieser Serie; an der Cotschna finden sich denselben paläozoische Marmore eingelagert. Paragneise sowohl als auch Marmore sind vielerorts von einem granitischen Magma injiziert, unzählige Granat- und Turmalin führende Pegmatitgänge durchsetzen dieselben, sie zu Hornfelsen, Injektionsgneisen ete. umwandelnd. Reste des Mutter- gesteins der Intrusiva, von dem die injizierte Schieferhülle bei der Überschiebung abgeschert wurde, finden sich da und dort. Es handelt sich um einen grünen, ziemlich basischen Granit. 2. Verrucano und Buntsandstein. Als Aufbereitungsprodukt des Kristallinen, mit demselben oft in primärem Sedimentations- kontakt stehend, sind rot und grün gefärbte Breecien, Sandsteine ‚und Schiefer hieher zu rechnen. Zum Buntsandstein gehören möglicherweise weisse Quarzite im Hauptertäli bei Sapün. Hoek be- schrieb solche auch aus dem Gebiete von Arosa. Vierteljahrsschrift d. Naturf.Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 24 370 Vierteliahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 3. Mittlere und obere Trias. Wie für die tieferen unter- ostalpinen Decken Staubs, so ist für die Aroser Zone die unvollständige Ausbildung dieser Formation ein Charakteristikum. Nur am Gipskirchli bei Klosters wird der Verrucano von einem durch Auslaugung seines Gipsgehaltes in Rauchwacke übergeführten Karbonatgestein und einer über 10 m mächtigen Gipsschicht über- lagert. Im Hauptertäli S der Weissfluh steht über dem Buntsandstein- Quarzit ein gelblich anwitternder kieselhaltiger Dolomit an, der sebr wahrscheinlich mit den von Cornelius aus dem Gebiete von Samaden und von Seidlitz aus dem östlichen Rhätikon beschriebenen Gesteinen identisch ist. Cornelius rechnete diese Felsart den Raibler- schichten zu. In fast allen Schuppen der Aroserzone wird die Trias durch einen bis über 100 m mächtigen Dolomitkomplex repräsentiert. Es handelt sich zweifellos um Hauptdolomit. Derselbe zeigt feinzuckerförmiges Gefüge, graue, gelbliche oder weisse Färbung, zerfällt bei der Ver- witterung in lauter eckige Bruchstücke und ist meist nur schwach geschichtet. In höheren Partien ist er fast durchwegs von breceiöser Ausbildung. Ein Zement fehlt dieser Breccie; die eckigen, nur durch die Färbung sich unterscheidenden Komponenten sind mosaikartig - ineinander geschweisst. (J. ©.) 4. Jura: Rhät. An der Ostseite des Grünhorns auf Parsenn stehen blaue Mergelkalke an, die von Schalenresten ganz erfüllt sind. Wir sehen sie mit braunschwarzen Sandsteinen vergesellschaftet, in welchen sich Cardita austriaca Gümb. in wenigen guterhaltenen Exem- plaren vorfand. Es handelt sich also offenbar um Rhät. Rhätschiefer mit Cardita austriaca treffen wir auch in den unteren Lenzerhorn- schuppen. In den höheren Komplexen der Aroserzone geht der Haupt- dolomit nach oben meistens in einen weissen, dichten, massigen Kalk über, der stellenweise durch Eisenoxydhydrat rot gefärbt ist. Es handelt sich um rhätischen, in den tieferen Teilen vielleicht auch norischen Dachsteinkalk. Lias, Dogger, Malm. In den höheren Schuppen der Aroser- zone (Casanna, Weisshorn-Tschirpen, tiefste Lenzerhornschuppen) setzt sich der Lias aus einer tieferen Kalk- und einer höheren Schieferserie zusammen. Der Kalk geht stellenweise allmählich aus dem Rhät- kalk hervor, besitzt meistens rötliche oder gelbrote Färbung und enthält stellenweise massenhaft unbestimmbare Ammoniten, Belemiten, Bivalven und Cidarisstacheln. Schon Rothpletz, Hoek u. a. kannten diesen roten Öephalopodenkalk aus dem Gebiete von Arosa; & Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 371 handelt sich um Hierlatzkalk. In den unteren Lenzerhornschuppen ist der Kalk teilweise durch Dolomitprimärbreeeien mit rotem, toni- gem Bindemittel ersetzt, ferner findet sich hier an der Grenze gegen das Rhät oft eine Lithodendrenbank. Die auflagernden Kalkton- schiefer sind dunkelblau, erhalten aber bei der Verwitterung durch ihre tonigen Schichtbelege ein braunfleckiges oder -streifiges Aus- sehen ; sie enthalten Fucoiden und fragliche Belemniten. (R.B. u. J. C.) Es sind dies die sog. Streifenschiefer Theobalds, welche dieser Forscher überall in den Muschelkalk stellte. Auch Seidlitz hat später „Muschelkalkstreifenschiefer“ ausgeschieden, zweifelte aber schon an ihrem triadischen Alter. Da sich im Weissfluhgebiet ein Übergang dieser Schiefer in den wahrscheinlich oberjurassischen Ap- tychenkalk konstatieren lässt, vertreten sie ohne Zweifel den Lias und auch den Dogger. (J. ©.) Der Aptychenkalk ist meist ganz dicht, auf dem muschligen Bruch von blaugrauer Färbung, angewittert gelblich bis grauweiss. In tieferen Niveaus gut gebankt, geht er oft gegen das Hangende in einen hellen Plattenkalk über, der häufig massenhaft Mikroorga- nismen (Radiolarien ete.) enthält und im Handstück kaum von den Couches rouges sich unterscheidet. Der von Steinmann nach dem Gehalte an Mikrofossilien Radio- larit genannte rote oder grüne Hornstein tritt im ganzen Weissfluh- gebiet als gut geschichtetes, fast reines Kieselgestein auf, das infolge seiner Widerstandsfähigkeit gegen tektonische Beanspruchung und die Erosion als guter tektonischer Leithorizont dienen kann. In der Nähe des Kontaktes mit basischen Eruptivgesteinen setzen im Radiolarit hie und da Manganerzlinsen auf, die an verschiedenen Orten im Plessurgebirge (s.1.) ziemliche Quantitäten von bis 33 %/oigem Erz führen. Solches findet sich übrigens auch in breceiösen, kiesel- haltigen Lagen des Hauptdolomits. b) Mesozoikum in Breccien- und Sandsteinfazies. Im ganzen Plessurgebirge können alle oben beschriebenen Schicht- glieder vom Hauptdolomit bis und mit dem Radiolarit durch mächtige Lagen von Psephitgestein ersetzt sein. Es handelt sich um typische ' Brandungsprodukte, um mit Argand und R. Staub zu sprechen, um Geantiklinalbildungen. Zwei Gesteinstypen sind es hauptsächlich, welche die Komponenten dieser Felsarten liefern: Der Hauptdolomit und das Kristalline. Bei der fortwährenden Abtragung der geanti- Ä ; klinalen Inselberge wurde natürlich zuerst die Sedimentbedeckung, dann erst das Kristalline mit seiner Casanaschieferhülle weg erodiert: 372 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Im allgemeinen sind deshalb die polygenen Breccien relativ jüngerer Entstehung, als die nur aus sedimentären Klastika zusammengesetzten; wo altmesozoische Gesteine bis aufs Altkristalline hinuntertransgre- dieren, sind sie natürlich auch von polymikter Zusammensetzung. Zur Altersbestimmung dieser Trümmersedimente dienen uns folgende Anhaltspunkte: 1. In der Weissfluhwestwand lässt Sich, ein Übergang von Haupt- dolomit in einen mächtigen, fast ausschliesslich aus Dolomit zusammen- gesetzten Breecienkomplex (Liasbreceie früherer Autoren) und weiterhin in polygene Breccie ‘konstatieren. 2. An der Weissfluh geht die Breccie seitlich zuerst in Sand- steine und glimmerreiche, braune und schwarze Sandsteine, dann in Liasschiefer über. 3. Bei Wallbrunnen im Fondei liegt die polygene Weissfluhbreceie in verkehrter Lagerung unter dem Aptychenkalk. 4. Bei Maran führt das polymikte Gestein Radiolarit als Kompo- nente. Streifenschiefer mit reichlich eingestreuten sedimentären und kristallinen Komponenten hat Seidlitz im östlichen Rhätikon Mandel- schiefer genannt. “Aus 1, 2, 3 und 4 ergibt sich ohne weiteres, dass die Breccien- bildung von der Triaszeit bis ins jüngere Mesozoikum an- dauerte. c) Basische Eruptiva im Weissfluhgebiet. Die Aroser Schuppenzone enthält als Erbe der „rhätischen Decke‘ auch die Hauptmasse der bekannten Ophiolithika. Während bei Arosa das Ophiolithikum hauptsächlich durch diabasische Gesteine vertreten ist, herrscht zwischen Klosters und Langwies Serpentin bei weitem vor. Der Totalpserpentin ist nach Ball aus einem Lherzolith ent- standen; oft ist er noch ganz erfüllt von Diallagkristallen, die bronze- ähnlich glänzend auf der Anwitterungsfläche hervortreten. Auf dem Bruch ist das Gestein von dunkelgrüner bis schwarzer Färbung; aus heller grünlichen Serpentinvarietäten bestehen die Harnische der zahl- losen Rutschflächen, die es durchziehen. Mit meinem Freund Leupold zusammen hatte ich das Glück 300 m südwestlich P. 2562 zwischen Weissfluh und Schwarzhorn im Totalp- _ serpentin ein Vorkommnis von olivinführendem Pyroxenit zu entdecken. ariolit, Spilit und verwandte Gesteine der Diabassippe finden sich von der Zähnjefluh bis an den Casannapass in einem zwischen Aroserzone und Sulzfluhdecke eingelagerten Serpentinzug. vor, der auch in die Gesteine der Sulzfluhdecke eindringt. ie Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 373 Obwohl bis dahin in den Ophiolithen und den umliegenden ser- pentindurchtränkten Sedimenten noch nie typische Kontaktmineralien gefunden wurden, lautet doch das Urteil beinahe aller Forscher dahin, dass vielerorts ein Primärkontakt vorliege. Auch auf Grund der Be- obachtungen im Weissfluhgebiet kommen wir, wie schon Ball, zu demselben Schlusse. Entsprechend dem basischen Magma handelt es sich eben um eine vorwiegend kaustische Metamorphose. Sulzfluh- und Aroserzonengesteine sind von Serpentingängen auch in vertikaler Richtung durchsetzt und aufgeschmolzen worden. Dass an Diskontinuitätsflächen gleichzeitig eine Durchknetung mit allerhand abgeschürften Gesteinen stattfand, lässt sich besonders gut unweit E der Parsennfurka konstatieren, wo sich mächtige Gneis- und Kalkblöcke dem Serpentin eingelagert finden; der Kalk wurde zum grossen Teil von Serpentin durchdrungen und marmorisiert, der Gneis blieb unverändert. Kontakt- und Dynamometamorphose waren hier also wohl, wie schon Steinmann annahm, gemeinsam im Spiele. (J. €.) 4. Die Decke der Aroser Dolomiten. (Definition dieser Einheit s. Regionaltekt. Übersicht und Tektonik, 6). 1. Werfönien: Dieser Decke zugehörigen Buntsandstein finden wir einzig als eine Linse stark zerquetschten Quarzits an der Basis der Küpfenfluhwand. 2. Anisien: An derselben Stelle findet sich auch das bis jetzt einzige, sicher zu dieser Decke gehörende Vorkommen von Anisien. Über dem Buntsandstein liegt eine wenig mächtige Echinodermen- breecie, bestehend aus kleinen Crinoidenstielgliedern, wohl von Dado- erinus gracilis Buch. Sie entspricht ohne Zweifel der Gracilisbreccie des oberostalpinen Anisien. Darüber folgen zirka 15 m braungraue, körnige Dolomite, die überlagert werden von hellgelblich anwittern- den, dünnschichtigen Dolomiten oder Dolomitschiefern mit Tonschiefer- _ zwischenlagen. Diese Ausbildung steht den von Spitz und Dyhren- furth ausden Unterengadiner Dolomiten beschriebenen Typen sehr nahe. 3. Ladinien: Sehen wir eine fazielle Ähnlichkeit mit den Unter- engadiner Dolomiten auch für das Ladinien voraus, so wird ent- Sprechend den Verhältnissen im Unterengadin auch in der Schichtreihe der Aroser Dolomiten zwischen den ladinischen und den norischen Dolomiten kein lithologischer Unterschied zu erwarten sein. Es ist unmöglich, mit lithologischen Argumenten über das Alter der ein- förmigen, dunklen, bald gebänderten und gut gebankten, bald breceiösen \ oder massigen Dolomite, welche den Unterbau der Aroser Dolomiten bilden, eine definitive Entscheidung zu treffen, so lange sie nicht in 374 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 normalem Kontakt mit stratigraphisch bekanntem Liegendem oder Hangendem aufgefunden werden. Wahrscheinlich sind sie ladinischen Alters, doch wird sich ein begründetes Urteil wohl erst nach einer näheren Untersuchung des Schafrückens und der Älpliseegegend ab- geben lassen. 4. Carnien: Die Schwierigkeit der Altersbestimmung für die eben erwähnten Dolomite beruht insbesondere auf dem Umstand, dass das Carnien in der ganzen Decke der Aroser Dolomiten nirgends zu finden ist. Sein Fehlen beruht entschieden auf tektonischen Gründen. Es ist offenbar auf keiner der verschiedenen Schubflächen innerhalb der Decke, deren Gleitmittel es wohl bildete, so weit nach Nordwesten vorgeschleppt worden. (W.L.) 5. Norien: Stand schon die Fazies des Anisien derjenigen der Unterengadiner Dolomiten sehr nahe, so ist die des Norien mit ihr direkt identisch. In mannigfacher Verzahnung mit Rhät und Lias bildet es einen Hauptanteil der mächtigen Obertrias- und Liaszone, welche sich als wichtigstes Element der Decke der Aroser Dolomiten von Surava über das Lenzerhorn, Aroser Rothorn und Erzhorn bis hinaus ans Schiahorn verfolgen lässt. Das untere Norien ist als Hauptdolomit entwickelt. Als dessen tiefstes dürfen wir jedenfalls die rote Breccie am Fusse der Hauptdolomitwand des Piz Miez be- trachten, in Analogie zu der roten Transgressionsbreccie an der Basis des Silvrettahauptdolomits. Das obere Norien aber findet sich in einer Ausbildung, die mit dem von Spitz und Dyhrenfurth beschriebenen norisch-rhätischen Grenzniveaus der Unterengadiner Dolomiten in jeder Weise übereinstimmt. Es ist ein Wechsel von Hauptdolomit mit fossilreichem Kalk, der allmählich von reinem Hauptdolomit zu den Rhätkalken überführt. Kleine Megalodonten und zahlreiche Gas- tropoden, worunter Worthenia solitaria Ben., bilden die Fauna. Die Norienfazies der Aroser Dolomiten entspricht völlig der Südfazies der Unterengadiner Dolomiten, dem Quatervalstypus. 6. Rhetien: Auch das Rhät der Aroser Dolomiten ist entspre- chend der Südfazies der Unterengadiner Dolomiten entwickelt. Aus dem Grenzniveau geht am Erzhorn schwarzer, plattiger Rhätkalk hervor, dem sich bald ein braun anwitternder Komplex von typischer Kössener Ausbildung auflagert, eine mächtige Wechsellagerung von schwarzen Kalken, Lumachellen und Tonschiefern. (R. B. u. W. L.). Als eine Serie gastropodenreicher, plattiger schwarzer Kalkemit Schieferzwischenlagen voller Rissoa (Holopella) alpina Gümb., lässt sich das Rhät nordwärts verfolgen bis zur Küpfenfluh. Diese Fazies ‚Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 375 erinnert deutlich an die Rissoakalke des Fraöletales und des Ortlers. 7. Lias. Die schwarzen Schiefer, welche als auffallende Zone den Piz Naira und das Lenzerhorn durchziehen, sind ohne Zweifel der Hauptsache nach dem Lias zuzurechnen. Es sind dunkle, oft papier- dünne Kalk- und Kalktonschiefer, die durch braune Streifung ein holzähnliches Aussehen annehmen. Sie enthalten Pentacrinusstiel- glieder. Stellenweise schalten sich Kalkbänke ein; sie treten aber den Schiefern gegenüber stark zurück. Es sind Allgäuschiefer, wie wir sie in der Aela- und Albuladecke wiederfinden und bis ins En- gadin und den Fraälezug verfolgen können. Die Fazies des grossen Liaszuges im Lenzerhorngipfel, also der Decke der Aroser Dolomiten, entspricht der Südfazies des Unterengadiner Dolomiten, der Allgäu- schieferfazies. Höhere Horizonte als Lias sind in den Aroser Dolomiten nicht erhalten. (R. B.) Ä 5. Die Silvrettadecke. 1. Der kristalline Anteil der Silvrettadecke ist ein überschobenes herzynisches Massiv. Sein Gerippe bilden langgestreckte Intrusiv- stöcke von Granit, umgeben von Orthogneisen und injizierten Para- schieferhüllen. Letztere bestehen aus psammitischen Gneisen, violett schimmernden Biotit-Serizitschiefern, sog. Casanaschiefern, und darin eingelagerten Amphiboliten. Mancherorts ist die Injektion dieser Gesteine durch den Granit gut zu beobachten. Neben Injektions- gneisen und injizierten Amphiboliten finden sich Biotit- und Diopsid- hornfelse, durchschwärmt von Aplit- und Turmalinpegmatitgängen; so am Schaflägergrat nördlich des Schiahorns. Einige Anhaltspunkte über das Alter der Paraschiefer geben uns graphitische Varietäten derselben, wohl karbonischen Alters, welche sich von der Bergüner Furka über Alp da Tisch verfolgen lassen. Der Silvrettagranit ist ein sehr grobkörniger Zweiglimmergranit, ausgezeichnet durch mächtige Orthoklase und auffällige Biotit-Serizitflatschen. Das als herzynisch zu betrachtende Streichen ist hier ziemlich konstant N 80°W, im Gegensatz zum NE-Streichen der tertiären Sedimenteinfaltungen. 2. Perm und Werfenien. Über der Denudationsfläche des Kristallinen folgen diskordant entweder mächtige Quarzporphyrlagen oder direkt eine klastische Seri ie, deren Jüngstes als sicheres Werfenien zu erkennen ist. Sie transgrediert bald über Porphyr, nei Aber das Kristalline. Die Porphyrdecke ist demnach nicht nd 376 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Kalkan: BT 3 Knollenkalke . Rhetien Crinoidenkalke wassertal. ai Maßstab. Korallogene Kalke . Kalk- u. Tonschiefer TR Dolomite . Norien Crinoidendolomite . Dolomitschiefer . EITELTEZITEITIITN Primärbreccien Rauchwacke Gips Carnien Quarzit u. Sandstein Konglomerat 5. Werfenerschichten Ladinien 6. Pfl uarzit ee 7. Sandige Dol. Schiefer J schichten 8. Dadocrinen-Dolomit und Kalk 9. Recoaro- 10. Trochitendolomit 11. Mittlere Rauchwacke 12, Arlbergkalk 13. Mittelladiniengruppe 14. Arlbergdolomit 6, | Anis. | |: Wert. Rauch- wacken und Schiefer 18. Oberkarnische Dolomite 18a. Sandsteinbank 19. Hauptdolomit 20. Untere Rhätkalke u. Schiefer 21. Hauptlithodendronkalk 22. Obere Rhätkalke Permien WIN RZ: IN: HRG U) f Hi WAHR PIs R N, WIESE Fig. 1. Schichtprofil der Trias der Silvrettadecke in Mittelbünden. (H. Eugster und W, Leupold.) Als die wichtigsten Ergüsse kann man die Vorkommen von Ballalüna (Albulatal) und Gudenziel südlich Val Tuors namhaft machen; ein zusammenhängender Deckenerguss des meist hellgrünen, seltener dunkelroten Porphyrs, lässt sich von Alp Ramoz über den Sandhubel bis zum Kummerhubel und von dort bis zum Schmelzboden verfolgen. Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 377 Innerhalb der auflagernden Klastika konstatiert man von unten nach oben folgende Schichtglieder: a) Basiskonglomerat: Auf dem Amphibolit bildeten sich eisen- karbonatreiche Arkosen mit faust- bis kopfgrossen Geröllen und weissen Kalkeinlagerungen. Auf Gneis findet sich über einer aus- geprägten Aufbereitungszone eine Serie von Konglomeraten mit milch- weissen und rosaroten Gangquarzgeröllen und Porphyrgeröllen. Diese Bildungen sind manganreich und enthalten das früher ausgebeutete Erzvorkommen von Murtel da Fier in der Val Plazbi. Auf Porphyr folgen meist mächtige, ausschliesslich von Porphyrgeröllen zusammen- gesetzte Konglomerate. b) Schiefer und Quarzite: Aus den beschriebenen grobklastischen Bildungen entwickeln sich gegen oben rot und grün geflammte Quarzite, wechsellagernd mit roten, glimmerreichen Schiefern; letztere sind stellenweise gesprenkelt von gelben Ankeritputzen. Einzelne Lagen von milchweissen, rosaroten und oft auch grünen Quarzgeröllen sind ‚in diesem und im folgenden Schichtgliede nicht selten; ebenso Ripple-. marks und Kreuzschiehtung. ec) Die obersten Teile nehmen ein: grün und rötlichbraun ge- streifte Quarzite mit Tongallen; helle, grünliche Quarzite mit rostroten Tupfen, daneben auch kohlereiche Sandsteine, erfüllt von Pflanzenspreu. Aus dem letzteren Niveau stammende Pterophyllum-ähnliche Reste vom Schmelzboden bedürfen noch näherer Bestimmung. d) Den Übergang zur karbonatischen Sedimentation des Anisien vermitteln dolomitische Quarzite und serizitische Dolomitschiefer. Sie bilden ein nur gering mächtiges Schichtglied, das aber aus der Ferne schon durch seine intensiv bräunlichgelbe Anwitterung auffällt; es ist die sog. untere Rauchwacke der älteren Autoren. Typische Rauchwacken finden sich jedoch darin nur selten und lokal, die Dolomit- schiefer aber bilden einen durchgehenden Horizont, in dessen oberem Teil stellenweise auch Fossilien, schlecht erhaltene, verkieselte Zwei- schaler und „Chemnitzien“, enthalten sind. Die Schichtglieder e und d, sowie Teile von b entsprechen, wie sich aus stratigraphischer Stellung und Fazies ergibt, den südalpinen Campilerschichten. | Die verrucanoähnlichen Konglomerate und Arkosen der Basis, besonders aber die Quarzporphyre halten wir für permischen Alters. Die Gesamtmächtigkeit des sedimentären Permo-Werfenien kann 400 m erreichen. ($. Fig. 1.) { 3. Anisien. 'a) Körnige graue Dolomitbänke, die von schwarzen Tonhäuten 378 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. . 1919 durchzogen sind, bilden die Basis der Stufe. Sie enthalten teilweise zerstreut, oft aber auch in eigentlichen Breccienlagen Stielglieder von Dadocrinus gracilis Buch. Nördlich des Landwassers ist der obere Teil dieses Schichtgliedes bald durch eine Bank massigen blauen Kalkes mit kleinen Diploporen, bald durch Bryozoen- und „Litho- dendren“ reiche Kalkschiefer ersetzt. b) Im Hochducangebiet und an der Muchetta folgt darüber eine überall erkennbare Dolomitbank mit gut erhaltenen Fossilien: Ahyn- chonella decurtata Gir., Terebratula (Coenothyris) vulgaris Schloth. und Retzia (Spirigera) trigonella Schloth. c) Als dritter, wohl unterschiedener und den grössten Teil der Stufe beanspruchender Schichtenkomplex folgen dunkelblaue Knollen- kalke mit schwarzen, kohlig-tonigen Schieferlagern zwischen den welligen Schichtflächen. Die Kalke enthalten Brachiopoden, massen- hafte Zweischalerbruchstücke und Gastropoden; es liessen sich er- kennen: Terebratula (Üoenothyris) vulgaris Schloth., Spiriferina spee., Pecten spec. und Daonella spec. Während die Kalke grau anwittern, er- halten die Schieferzwischenlagen eine mehr gelbliche Anwitterungsfarbe und durchziehen die Kalke mit einer Art gelben Netzes. Sie sind erfüllt von Crinoidenstielgliedern, hauptsächlich Pentacrinus und Dado- crinus zugehörig. In den unteren Teilen sind die Tonhäute meist. kieselreich und wittern deshalb als hervortretende Leisten aus dem Kalk heraus. Nimmt der Kieselgehalt noch mehr zu, so bilden sich an Stelle der Schieferlager schwarze Hornsteine heraus, welche in einem ähnlichen Netz, seltsam anastomosierend den Kalk durchziehen. In den oberen Teilen des Kalkkomplexes tritt besonders in den Ton- häuten eine karminrote Anwitterungsfarbe auf, verursacht durch einen beträchtlichen Eisengehalt, der sich stellenweise bis zu lagerförmigen Erzanhäufungen steigert. Nördlich des Landwassers beginnt die Knollenkalkfazies direkt über dem Graciliskalk und umfasst auch das Niveau b; eine dem letzteren entsprechende Fossilbank findet sich hier in den Knollen- kalken zirka 5 m über deren Basis, in Verbindung mit einer Penta- erinusbreccie. d) In den obersten Teilen der Stufe. setzt wieder die Dolomit- fazies ein. Wir betreten nun, ähnlich wie in den Südalpen, eine Zone starker Faziesveränderungen, sowohl im vertikalen als bori- zontalen Sinne. Eine ausgezeichnete, durchgehende Leitschicht bilden darin die Trochitenbänke, massige, aschgraue Dolomitbänke voller Stielglieder von Enerinus liliiformis Schloth., oft eigentliche Encrinus- breceien. Im Ducangebiet lagern sich dieselben direkt auf die Knollen- Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 379 kalke, im Muchetta- und Landwassergebiet jedoch beginnt die Dolomit- fazies schon tief unter den Trochitenbänken; die ganze obere Hälfte der Knollenkalke kann dort durch ähnlich knollige, aber im Gegensatz zum grauen Kalk braun anwitternde Dolomite ersetzt sein. Zahlreiche früher ausgebeutete Erzvorkommnisse des Landwasser- und Albulatales gehören diesen Knollendolomiten an. So der silberhaltige Bleiglanz und die Zinkblende des Silberberges bei Monstein, die Kupfererze im Tieftobel zwischen Wiesen und Schmitten, die alten Kupferschürfungen an beiden Hängen des Albulatales zwischen Filisur und Ballalüna, sowie die Hämatite der alten Eisengruben im Val Tisch. Es handelt sich um Erze metasomatischen Ursprungs. Die Trochitenbänke schliessen gegen oben meist mit einigen wenigen ähnlich aschgrauen Dolomitbänken ohne Crinoiden. e) Darüber aber liegen nördlich vom Landwasser (Amselfluh) mit scharfem Schnitt klirrende, gelbe Kalkschiefer mit langgestreckten wurmförmigen Gebilden auf den Schichtflächen und stellenweise prächtigen Ripplemarks; eine, wie aus dem Folgenden hervorgeht, offenbar transgressive Gruppe. Je weiter wir nämlich gegen S und - W gehen, um so mächtiger stellt sich zwischen den Kalkschiefern und den aschgrauen Dolomiten ein dem N fehlendes, sehr veränder- liches Schichtglied ein, zusammengesetzt aus sandigen, rötlichgelben und braunen Rauchwacken, gelben, rötlich gestreiften, tonigen Dolo- ‚miten, gelben Dolomitschiefern und dichten rötlichen Kalken. Von seinen ersten Spuren am N-Ende der Hochducankette nimmt esgegen W längs dieser Kette immer mehr zu (Hahnengrat-Valmala), setzt auch an der Muchetta ein und erreicht nördlich der Aelagruppe (Schaf- tobel) an 100 m Mächtigkeit, hier deutlich auf Kosten der hangenden Kalke, die von ihm teilweise aufgezehrt und faziell vertreten werden. Es ist die mächtige „untere Rauchwacke“ des Zyndel’schen Schaftobelprofils (1912). Diese Rauchwacke wird aber auch dort unterlagert von anisischen Knollenkalken, wodurch sich Zyndel’s spätere Vermutung (1913), dass es sich nicht nur um „untere Rauch- wacke“ handle, bestätigt wird. Die Rauchwacke stellt im Vergleich , Zu der skythischen „untern‘ und der carnischen „oberen Rauchwacke‘ der älteren Autoren eine „mittlere Rauchwacke“ dar. — Versuchen wir nun eine Parallelisation mit klassischen Anisien- Profilen. Weitaus die grösste Übereinstimmung finden wir mit dem Südalpinen Muschelkalk. In den basalen Dadocrinendolomiten a sehen wir das Ägquiv alent der südalpinen Graciliszone, Gegenüber dem mäch- tigen Gutensteiner-Kalk sind aber unsere Gracilisschichten auffallend 8eringmächtig. Die Brachiopodendolomitbank b und die Knollenkalke e 380 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 vertreten die südalpinen Brachiopodenkalke, die Zone der Iehynchonella decurtata. Faziell gleichen unsere Knollenkalke sowohl den nordalpinen Reiflingerkalken als dem südalpinen Recoaro- kalk. In Anbetracht des Umstandes, dass die Fazies der Reiflinger- kalke auch Teile der ladinischen Stufe umfassen und somit der Name „BReiflingerkalk“ zur stratigraphischen Bezeicl geines rein anisischen Niveaus nicht verwendet werden kann, scheint uns der Name Re- coarokalk für unsere Kalke der einzig zutreffende. Entsprechend können die Knollendolomite als Mendoladolomite angesprochen werden. | Wir glauben nicht fehl zu gehen, wenn wir mit den nun fol- genden Trochitenbänken d die Trinodosuszone beginnen lassen. Im Rhätikon werden nach Trümpy die den unseren völlig entsprechenden oberanisischen Trochitenbänke direkt überlagert von den Buchensteiner Kieselknollenkalken mit Protrachyceras Reitzi (Böckh.) Mojs., ent- sprechen also der Trinodosuszone. Dasselbe Alter haben auch die Trochitenbänke im oberen Anisien Südwesttirols. Was aber von dem nun folgenden Rauchwackenkomplex unserer Ausbildung noch der Trinodosus- oder schon der Buchensteinerzone zuzuweisen ist, ist schwierig zu entscheiden. Doch müssen wir wohl in der scharfen Regression, die sich im Auftreten der „mittleren Rauchwacke“ ausspricht, ein Äquivalent der Regression sehen, welche nach Frauenfelder in den Tessiner Kalkalpen für die Obergrenze des Trinodosusniveaus, die Ablagerungszeit der Grenzbitumenzone, an- genommen werden muss. Entsprechende Regressionserscheinungen im obersten Anisien mit nachfolgender positiver Strandverschiebung in unteren Ladinien sind in den Südalpen noch an manchen Stellen zu beobachten. E Wenn einerseits in der „mittleren Rauchwacke“ wahrscheinlich Aquivalente der obersten Trinodosuszone vertreten sind und anderseits sicher ladinische Äquivalente durch dieselbe faziell ersetzt werden können, so muss die Anisien-Ladiniengrenze im Inneren der Rauchwackenzone liegen; wo diese aber fehlt, liegt sie zwischen den Trochitendolomiten und den gelben Kalkschiefern, wobei eine stratigraphische Lücke nicht ausgeschlossen ist. 4. Ladinien. a) Die Basis der Stufe bilden entweder die schon beschriebenen gelben Kalkschiefer oder, dieselben vertretend, die oberen Teile der „mittleren Rauchwacke‘“, ; b) Über beide lagert sich gleichmässig eine mächtige Serie dunkelblauer, ausgesprochen korallogener, aber dennoch gutge- schichteter Kalke. In der Nordfazies entstehen sie ganz allmählich - Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 381 aus den liegenden Kalkschiefern. In der extremen Südwestfazies bildet eine Verzahnung der „mittleren Rauchwacke“ direkt mit dem . korallogenen Kalk den Übergang,: woraus deutlich hervorgeht, dass sich die Rauchwackenzone auch auf Kosten der hangenden ladinischen Kalke entwickelt. Wenig über seiner Basis beginnt der Kalk mit Dolomit zu wechsellagern. In den tieferen Teilen sind die eingeschalteten Dolo- mite dicht und tonig, in den oberen Teilen grob zuckerkörnig, stets aber wittern sie heller an als die Kalke; an der Obergrenze des Komplexes sind sie meistens schneeweiss, selten etwas rötlich. Der ganze Kalkkomplex erscheint dadurch im grossen gebändert, c) Eine aus den weissen Dolomiten hervorgehende, höchst auf- fallende, korallogene Dolomitbreccie mit weissem, spätigem Zement, ein für die Kartierung vorzüglicher Leithorizont, bezeichnet die obere Grenze des unteren, überwiegend kalkigen Teils der Stufe und trennt ihn vom oberen, rein dolomitischen Teil. Diese nur wenige Meter mächtige weisse Breccie leitet über zu einer ebenfalls geringmächtigen Serie eigenartiger, sehr charakteristischer Dolomitbänke. In den differenziertesten Profilen nördlich vom Landwasser folgen zuerst schwarze Dolomite und Dolomitbreecien, welche reichlich kleine Cri- noidenstielglieder enthalten, dann dunkle Diploporenbänke und helle Dolomite voller kleiner Natiea-ähnlicher Gastropoden, wie sie ver- einzelt auch schon im liegenden Kalk gefunden werden. d) Über dieser differenzierten Gruppe, in welcher sich offenbar eine erneute Regression ausspricht, folgt bis an die Obergrenze der Stufe eine mächtige Masse einförmiger, grauer Dolomite, die im Hand- ' stück von Hauptdolomit nicht zu unterscheiden sind. Dies gilt aller- dings nur für den S und W des Gebietes, wo eine bald massige, bald dünnbankige Ausbildung vorherrscht. Nördlich vom Landwasser jedoch finden wir die ganze Dolomitmasse fast allenthalben aufgelöst in eine prächtige Sedimentations- oder „Primär“breccie, teils mit weissem Spätigem Zement, teils mit grauer Dolomitgrundmasse. Von noch gut erhaltener Schichtung zur teilweisen Auflösung derselben durch kleine submarine_Rutschungen und Stauchungen und weiter zur eigentlichen „Primärbreccie“ lassen sich an der feinen Streifung des Gesteins alle Übergänge beobachten. — Das Ladinien zeigt grosse Annäherung an die nordalpine Kalk- Dolomitfazies. Eine Dreiteilung nach dem südalpinen Zonenschema lässt sich nicht durchführen. Wir lehnen uns infolgedessen in der Nomenklatur mit Vorteil an die nördlich benachbarte und unver- kennbar ähnliche Vorarlberger Fazies an und nennen entprechend 382 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 den vorwiegend kalkigen Komplexe a und b Arlbergkalk, die hangende Gruppe der einheitlichen Dolomite und Dolomitbreccien Arlbergdolomit. Die trennende charakteristische Dolomitserie € bezeichnen wir speziell als Mittelladiniengruppe. | Im Gegensatz zur Vorarlberger Fazies fehlt hier aber jede An- deutung von typischen Partnachschichten. 5. Carnien. a) Mit scharfem Fazieswechsel folgen auf die ‚Kriberedalemnn dünne, klirrende schwarze Kalkschiefer mit karminroten eisen- reichen Tonbelegen auf den Schichtflächen. Anhäufungen von Loxonema- brut an der Basis, Reste von Fischen und schwarze Hornsteinknollen sind weitere Charakteristika. Diese typische Ausbildung des Schichtgliedes findet sich am bebten entwickelt am Piz Prosonch in der Hochducankette. In anderen Teilen des Untersuchungsgebietes bietet die Abgrenzung gegen den Arlbergdolomit einige Schwierigkeiten, da der untere Teil der Kalk- schiefer durch ganz allmählich aus dem Arlbergdolomit hervorgehende schwarze, dünnbankige Dolomite oder Dolomitschiefer vertreten sein kann. Immerhin lässt sich das Schichtglied überall aus der Ferne schon als schwarzes Band erkennen. (Prosantoschichten). | b) Über die Schiefer lagert sich ein bis 100 m mächtiger Komplex gut gebankter Dolomite mit schwarzen Hornsteinen in einzelnen Knollen und ganzen Lagern. Charakteristisch ist das Auftreten von kleinen unregelmässig kugligen Aggregaten milchiger Quarzkristalle, die bald regellos verteilt und geschwürähnlich herauswitternd, bald in gekröseähnlichen Lagern angehäuft, den Dolomit erfüllen. Es handelt sich wohl um eine pseudomorphosenartige Lösungs- ersetzung von Karbonatkugeln, wie solche als letzte Spuren völlig unkristallisierter Fossilien in den ostalpinen Dolomiten häufig zu finden sind. Bänke voller Diploporen und Crinoidenstielglieder sind ' nicht selten. Gegen das Liegende und das Hangende zu geht der Dolomit allmählich in gut gebankte Kalke über. (Alteindolomit). S. Fig. 1. A ce) Es folgt ein wenig mächtiges, lithologisch recht mannigfaltiges Übergangsglied. In die hangenden Kalke des Komplexes b schalten sich zunächst mehrere Bänke gelbgrüner Quarzite ein, dann Kalk- und Tonschieferlagen voller Bactryllien. Darüber lagert sich der mächtige mittelearnische Schiefer- und Rauchwackenkomplex. Helle, dünnschichtige bis sehiefrige, u zu Rauchwackebildung neigende, weiche Dolomite mit braunen Schieht- belegen und gelbe und schwarze Kalkschiefer bilden die Hauptmasse Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 383 der einen Drittel der ganzen Stufe beanspruchenden Serie. Darin eingelagert finden sich zwei mächtige, weithin verfolgbare Bänder breceiöser Rauchwacke, welche stellenweise von Gipslagern begleitet werden. Die gelbe Farbe und die bizarren Verwitterungsformen der Rauchwacke machen den Komplex zu einem der auffallendsten und aus der Ferne am leichtesten erkennbaren der ganzen Trias. Das ausgesprochen helle Gelb unterscheidet ihn von dem aus der Ferne mehr rötlichgelb erscheinenden Band der ‚‚mittleren Rauchwacke“. e) Gut gebankte Dolomite mit zuweilen ziemlich dieken schwarzen oder grünlichgelben Tonschieferzwischenlagen bilden den obersten Drittel der Stufe. Sie enthalten im oberen Teile eine sehr konstant auftretende 10 m mächtige Zone roter und schwarzer, glimmer- reicher Sandsteine. Die positive Strandverschiebung, welche die Dolomite gegenüber der Regression des Schichtgliedes d andeuten, erfolgte offenbar unter mehrfachen Schwankungen. Gegen das Ende der carnischen Zeit wurde sie endgültig von einer starkeu Gegen- bewegung abgelöst, die wieder zu einer fast völligen Austrocknung des Meeres führte, welche sich im Auftreten eines mächtigen Gipslagers an der carnisch-norischen Grenze widerspiegelt. — Die Ausbildung des Carnien nimmt eine Zwischenstellung ein zwischen der lombardischen und der nordalpinen Carditafazies; der südalpine Einschlag ist allerdings überwiegend. Wie das Carnien . der Bergamasker Alpen zeigt es eine Zweiteilung in einen tieferen, marinen und in einen oberen, mehr lagunären Teil. Die fischführenden, schiefrigen Kalke und Dolomite a erinnern an die Fischschiefer von Raibl, die der Zone des Trachyceras aonoides zugerechnet worden. Ferner zeigen sie Ähnlichkeiten mit den untercarnischen Platten- kalken, wie sie Deecke !) aus den Bergamasker Alpen beschrieben hat. Mangels einer anderen, wirklich entsprechenden Bezeichnung belegen wir den Schieferkomplex a mit dem Lokalnamen Prosantoschichten (H. E.), nach seinem typischen Auftreten am Piz Prosonch, dem Piz Prosanto der Dufourkarte. Für die Stellung der Komplexe b und ce gewinnen wir einige Anhaltspunkte in der Kalkfazies des Mte. Blum und Mte. Pora-Massivs. Das Hangende der Plattenkalke bildet dort eine Wechsellagerung von myophorienführenden Kalken, Dolomiten, Mergeln, Sandsteinen und . Schwarzen Bactryllientonen, in welcher wir unschwer ein Analogon von b und ce erkennen können. Die Schichtglieder b und e entsprechen demnach dem Myophorien- und Myoconchenhorizont des Berga- en di ) W. Deecke. Beiträge zur Kenntnis der Raibler-Schichten in den Lombar- schen Alpen. Neues Jahrb. f. Miner. ete., Beil.-Bd. II, 1885. 354 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 masker Carnien und sind somit samt den Prosantoschichten noch in die Aonoideszone zu stellen. Auf der Hochfläche des Altein nehmen sie in typischer Entwicklung bedeutende Flächen ein; wir schlagen daher für b und ce den Lokalnamen Alteinschichten (W. L.) vor; b bezeichnen wir speziell als Alteindolomit, c als Bactryl- lienschiefer. (8. Fig. 1.) Die Schichtglieder d und e ergeben sich ohne weiteres als Äqui- valente der Lombardischen Gips- und Rauchwackebildungen, die als fazielle Vertreter des Torer-Subbullatusniveaus aufgefasst werden. In den Sandsteinbänken: kann eine letzte Einstrahlung sowohl der lombardischen Tuffsandstein- als der Cardita- oder Lunzerfazies er- bliekt werden. Ein der oberen Sandsteinbank entsprechendes Sand- steinniveau beschreiben Trümpy aus dem Rhätikon und Spitz und Dyhrenfurth aus den Unterengadiner Dolomiten. (H. E. und W. L.) 6. Norien. Das in den Ostalpen fast allgemein verbreitete transgressive Einsetzen des Norien über dem regressiven Carnien ist in der Ducanmulde besonders scharf ausgeprägt. Das mächtige Gips- lager im obersten Carnien bezeichnet eine letzte, extreme Regression des carnischen Meeres; eine ausgesprochene Transgressionsbreeeie dagegen bildet besonders da wo die Gipse fehlen, d.h. abtransgrediert oder infolge völliger Trockenlegung nicht abgelagert wurden, die Basis des Hauptdolomits. Sie besteht aus bis mehrere Kubikmeter grossen Dolomitblöcken in einer rot- und grüngefärbten, sehr dichten, tonigen Grundmasse, welche wohl aus lateritischen Verwitterungs- rückständen hervorgegangen ist. Diese rote Dolomitbreceie geht durch allmähliches Zurücktreten des roten tonigen Bindemittels in eine rein dolomitische, graue Breceie über. In derselben lassen sich, ähnlich wie im Arlbergdolomit, häufig Erscheinungen beobachten, welche auf submarine Rutschungen zurückzuführen sind. An der feinen Streifung noch unbreeeiöser Dolomitbänke lässt sich oft eine starke Fältelung und Wellung erkennen, die nicht auf tektonische Ursachen zurückgeführt werden kann. Die dünnen, verschieden gefärbten Bänder innerhalb der Bänke lösen sich allmählich voneinander, zer- brechen und gehen in die eigentliche „Primärbreceie“ über. Das Norien ist bis jetzt nur in der nördlichen Kette des Ducan- gebietes festgestellt. Es zeigt hier reine Hauptdolomitfazies; es fehlt jede Andeutung von norischem Dachsteinkalk, Der unbreceiöse Dolomit der oberen Partien lässt sich von unbrecciösem Arlbergdolomit im Handstück kaum unterscheiden. Er ist reich an Fossilien, jedoch arm an bestimmbaren Exemplaren. Neben Worthenia solitaria Ben- enthält er in Nestern angehäufte Megalodonten. Bemerkenswert u Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 385 ist die starke Mächtigkeitsabnahme des Norien von zirka 150-—200 m im Südwesten (Mäschengrat) auf zirka 25 m und weniger im Nord- osten (Älplihorn). Diese Reduktion ist zur Hauptsache der starken Erosion in der Rhätzeit zuzuschreiben, wie sie von Frauenfelder in den Südtessiner Kalkalpen nachgewiesen wurde. (S. Fig. 1.) 7. Rhät. Dieser Stufe gehören die jüngsten im Hochducangebiet noch vorhandenen Schichten an. Im Muchetta- und Landwassergebiet fehlen sie vollständig. Im Gegensatz zur Unterengadiner Ausbildung ermöglicht ein ausgeprägter Fazieswechsel ihre Abtrennung von den norischen Ablagerungen. Die Grenze der beiden Stufen ist hier nämlich 'eine unverkennbare Transgressionsfläche mit vorausgehender Trockenlegung, die sich am Strehl durch Terrarossabildungen verrät. Die Ablagerungen des Rhät bilden zwei schon lithologisch stark differierende Schichtreihen, die von einem hellen korallogenen Kalk- komplex getrennt sind. Der untere Teil besteht aus dünnbankigen, dunkelblauen, splitterig brechenden Kalken in mannigfacher Wechsel- lagerung mit tonigen, grauen Kalkschiefern und tiefschwarzen Schiefer- tonen. Die Kalke wittern infolge hohen Eisenoxydgehaltes braun an; ihre Schichtflächen weisen stellenweise Unebenheiten auf, die durch Anhäufungen grosser Mengen von Bivalven entstanden sind. Die Kalk- schiefer zeigen bei der Verwitterung bunte, „herbstlaubfarbene“ Oberflächen, während die Schiefertone ein fettes, schlammiges Ver- witterungsprodukt liefern. Das Schichtglied besitzt einen mannigfachen Fossilreichtum, der Anlass gibt zu Bildung von Lumachellen. Folgende Formen konnten bis dahin festgestellt werden: Avicula contorta Portl. Gervilleia inflata Schafh. Cardita austiiaca Hau. Protocardium rhäticum Mer. Anatina praecursor Quenst. Pecten spec. (acuteauritus?) Lima spec. Pinna spec. Pentacrinusstielglieder. Die unteres und oberes Rhät trennende korallogene Kalkbank wird zur Hauptsache von der T'hecosmilia clathrata Emmr. aufgebaut. In den damit vergesellschafteten, gelb anwitternden kalkigen Ton- Schiefern treten in lagenförmigen Anhäufungen Terebratula gregaria uess und Terebratula pyriformis Suess auf. Letztere finden sich oft in ganz besonders erossen Exemplaren. Im Hangenden entwickeln sich hellgelb anwitternde, im Bruch dunkelblaue Kalkschiefer, je Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 386 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. bald in knollige, gut gebankte dunkelblaue Kalke übergehen. Sie enthalten: Protocardium rhäticum Mer. Bactryllium striolatum Heer Semionotusschuppen. Pentacrinusstielglieder. Im Vergleich mit anderen ostalpinen Vorkommen fällt die fast völlige lithologische wie paläontologische Übereinstimmung mit dem von E. Süess beschriebenen Rhätprofil des Osterhorngebietes (Wolf- gangsee bei Salzburg) auf. Ein auffallender mit der „Kössener Fazies* gemeinsamer Zug des unteren Teiles besteht nicht nur in der Aus- bildung als wechsellagernde Mergel und Kalke, sondern auch darin, dass die Bivalven zuerst, die Brachiopoden erst später auftreten. Die Parallelisierung lässt sich sogar noch weiter in die Details durch- führen: So können wir ohne Zweifel in Analogie zum Osterhornprofil die trennenden Korallenkalke als Hauptlithodendrenkalk benennen. Für die Komplexe im Hangenden und Liegenden desselben erscheint die Bezeichnung obere resp. untere Rhätkalke am geeignetsten. E. 6. Der Sedimentmantel des Rothornmassivs. Das kristalline Massiv des Aroser- und Parpaner Rothorns besitzt einen Mantel zugehöriger Triasschuppen. Die Fazies derselben ist vorerst, in einer der Schuppen, noch völlig silvrettahaft, ändert sich aber in den anderen Schuppen in bestimmter Richtung und weicht weitgehend von diesem Typus ab. Der Sinn dieser Faziesveränderung ist eine steigende Vereinfachung der in der Silvrettafazies noch SO klaren lithologischen Gliederung durch Überhandnehmen einer mehr einförmigen Dolomitfazies im Ladinien und Carnien. Es wurde daher auch absichtlich der differenziertere Typus der Silvrettadecke vorangestellt. Die Fazies im Sedimentmantel des Rothornmassives entfernt sich um so mehr von diesem Typus, je weiter wir nach Süden gehen (also in verkehrtem Sinne) und je tiefer wir im Schuppen“ gebäude steigen. Reine Silvrettafazies besitzt noch die oberste nördlichste Trias” schuppe, die zweitoberste Schuppe des Schiesshorns. Sie enthäl korallogenen Arlbergkalk in Wechsellagerung mit weissen zucker“ körnigen Dolomiten, ferner eine gut ausgebildete Mittelladinien-@rupp® überlagert von mächtiger schwarzer Arlbergprimärbreccie. Die nächsttiefere Schuppe des Schiesshorns enthält Ladinien und unteres Carnien, das erstere schon in rein dolomitischer Ausbildung Der Arlbergkalk ist durch plattigen, grauen Dolomit ersetzt, der sich er Bee, SE Ei Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 387 aber durch seine korallogene Struktur noch deutlich als stratigra- phischen Vertreter des Arlbergkalks verrät. Die Mittelladinien-Gruppe ist nur noch schwierig zu erkennen und die oberladinische Breccie fast völlig durch sterile, graue, gutgebankte Dolomite ersetzt. Die- selben halten in gleicher Ausbildung bis ins untere Carnien an, sowohl die Prosantoschiefer, als die Alteindolomite vertretend. Dies geht nicht nur hervor aus ihrer direkten Überlagerung durch die Bactryllien- schiefer, sondern das plötzliche Einsetzen einzelner Lagen schwarzer Dolomitschiefer und Hornsteine über Nestern von Arlbergprimärbreccie lässt uns auch nicht im Zweifel über die Untergrenze des Prosanto- niveaus und damit über die Lage der ladinisch-carnischen Grenze im Innern des Dolomitkomplexes. Von Prosantokalkschiefern ist nichts mehr zu finden; hingegen ist die Obergrenze der Alteinschichten noch in typischer Ausbildung, als Wechsellagerung von dünnbankigen Kalken und Bactryllientonen vorzufinden. Höhere Horizonte sind hier nicht vorhanden. (W.L.) Ebenfall Schupy tel des Massives gehören die mittleren Lenzerhornschuppen; sie sind ans Ende der faziellen Entwicklung innerhalb desselben zu stellen. Die untere Trias ist gegenüber der Landwasserfazies am wenigsten verändert. Auch hier, am Lenzerhorn-Nordwestgrat in mittlerer Höhe, treffen wir über Sandstein und Konglomeraten des unteren und mittleren Werfenien die gelben quarzigen Dolomite der Campilerschichten. Ihre Mächtigkeit beträgt nur wenige Meter. Es folgen zirka 10 m crinoidenhaltiger, zartblauer bis rötlicher, + marmorisierter Kalke, in deren unterem Teil eine von Wülsten überzogene, wahrscheinlich lithodendrenhaltige Bank enthalten ist. Das Niveau dürfte den Gracilisschichten entsprechen. Gegen oben geht es in blaue Knollenkalke über, die wie in der Landwasserfazies von braunen Knollendolomiten überlagert werden. Die Mächtigkeit dieses Schichtgliedes kann Mangels eines ungestörten Profils nicht näher ermittelt werden. Darüber folgen zirka 20 m gebankte körnige, grau anwitternde, im Bruch dunkle Dolomite voller Kalkspatdrusen und schwarzer Hornsteinknollen. In ihrem mittleren Teil finden wir eine einzelne enerinitenreiche Bank. Sie vertritt mit den folgenden zirka 20 m aschgrauen körnigen Dolomits, welcher den obersten Teil des Anisien bildet und reich ist an kleinen Eneriniten, die oberostalpinen Tro- chitenbänke. | Das nächsthöhere Schichtglied bilden zirka 60—100 m gut gebankte helle Dolomite, welche ihrer Lage nach dem Arlbergkalk entsprechen. 388 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Sie werden gegen oben abgelöst von einem dunklen, massigen, ziem- lich grobkörnigen Dolomit, welcher reichlich Diploporen verschiedener Grösse enthält. Dieser Dolomit vertritt offenbar den Arlbergdolomit des Silvrettaladinien. Man bezeichnet ihn hier mit Vorteil als „oberen Arlbergdolomit“, im Gegensatz zu dem liegenden, den Arlbergkalk der Silvrettadecke in dieser Fazies vertretenden plattigen Dolomit, den man dann als „unteren Arlbergdolomit“ benennt. Der „obere Arlbergdolomit“ der mittleren Lenzerhornschuppen stellt durch seinen Diploporenreichtum, der sich bis zur riffartigen Anhäufung steigern kann, einen besonders abweichenden Typus dar. Primärbreceien kom- men allerdings auch hier stellenweise darin vor, jedoch nicht in dem Masse wie in der Landwasserfazies. Bemerkenswert ist eine Tro- ehitenbank, welche innerhalb dieses Horizontes auftritt. Sie ist reich an zirka 1 cm dieken Enerinusstielgliedern, ausserdem enthält diese Zone besonders viele Diploporen. Es dürfte sich hier um ein Äquivalent der Mittelladiniengruppe handeln; die Encriniten sind allerdings grösser als sonst in diesem Horizont. An einigen Stellen enthält der „obere Arlbergdolomit‘“ Ein- schaltungen von dünnplattigen bis schiefrigen Bänken, welche an die dolomitischen Prosantoschiefer der Landwasserfazies erinnern. Dies gilt besonders von einem Band im obersten Teil des Dolomits, das denn auch wohl stratigraphisch die genannten Schichten vertritt. Es folgt darüber ein heller Dolomit, der ähnlich dem Alteindolomit reich an Diploporen ist. Auch hier setzt sich die einförmige ladinische Dolomitfazies offenbar bis ins untere Carnien fort; erst das mittlere Carnien trennt sich lithologisch deutlich ab. Es besteht der Haupt- sache nach aus hellgelben, dünnbankigen bis schiefrigen Dolomiten, durchzogen von mächtigen Rauchwackebänken, grünem Sandstein und bunten Tonschiefern, deren Aufeinanderfolge im einzelnen wegen der starken tektonischen Verknetung kaum festzustellen ist. Höhere Horizonte als Carnien sind in der Sedimenthülle des Massives nicht vorhanden. Nach diesen Beobachtungen kann kein Zweifel bestehen, dass sich die Faziesregion des Rothornmassives unmittelbar an diejenige der Silvrettadecke im Landwassergebirge anschliesst und demgemäss auch eine nahe tektonische Beziehung zwischen diesen beiden Einheiten unter Überspringung der Aroser Dolomiten bestehen muss. Es sei übrigens noch darauf hingewiesen, dass auch das bis jetzt wenig untersuchte Kristallin des Massivs durch seinen Reichtum an Amphibol- gesteinen einen silvrettahaften Habitus besitzt. (R. B.) Te et. A Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 389 III. Tektonik. A. Zur Tektonik der tieferen unterostalpinen Decken im Prätigau und Schanfigg mit besonderer Berücksichtigung der Weissflahgruppe. 1. Der östliche Rhätikon. (J. C.) Trümpy hat die Sedimente der Falknisteildecke durch das ganze Gebirge bis nach Klosters verfolgen können. Seine Angaben seien hier noch etwas ergänzt und auch einige Beobachtungen aus dem Gebiete der höheren Decken mitgeteilt. Als konstantester Horizont findet sich von der Scesaplana weg bis an die Garschinafurka oberhalb Partnun fast stets in gleicher Höhe (2100—2300 m) der Falknisgault aufgeschlossen. Stellenweise ist auch eine beinahe vollständige Serie anzutreffen, so am und über dem Felskopf des Kirchli (östlich des Cavelljoches) Falknisjura, Neokom, Tristelbreccie, Gault und Couches rouges, welche Schichten hier mit denen der Sulzfluhteildecke im Hangenden verfaltet wurden. Auch zwischen Partnun und Madrisa sind am Hochstelli im Gafiertal über einer mächtigen Bank von Falknisbreecie dieselben Schichtglieder mit Ausnahme des Couches rouges in einem normalen Porfil aufge- schlossen. Vom Grate zwischen Jägglishorn und Saaser Calanda bis gegen die Alp Albeina lässt sich der Verlauf der Überschiebungsfläche über den basalen Schiefern gut verfolgen. Falknisjurakalk, Neokom- kieselkalke und -Sandsteine, Gaultbreceie und -Quarzite bilden hier über den ziemlich abschüssigen Südhängen sich hinziehende Felsbänder. Die Zone der Sulzfluhkalke ist von Seidlitz ausführlich beschrieben und in Bild und Profil dargestellt worden. Übersehen hat dieser Autor das Vorkommen von unterer und mittlerer Kreide der Sulzfluhserie am Madrisjoch. Die Aroser Schuppenzone ist auf Schweizerboden, wo sie uns in den letzten Jahren allein zugänglich war, nur von geringer Mächtigkeit. Bei Weberlis Höhle (Plasseggenpass) sind im Ge- gensatz zu Seidlitz’ und in Übereinstimmung mit Tarnuzzers Angaben zwischen Sulzfluhkalk und Silvrettagneis alle Schichtglieder bis auf die Liasstreifenschiefer ausgequetscht. Ein Grund für die Zweiteilung der Aroser Zone in rhätische und Breceiendecke liegt auch im Rhätikon nicht vor. Seidlitz hat 1906 angenommen, die (ober-)ostalpine Mittag- Spitzenmulde setze sich in einer Quetschzone unter dem Silvretta- keistallin bis an die Madrisa fort, in späteren Publikationen zweifelte er mit Recht an der Gültigkeit seiner Annahme. Alle unter den 390 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Silvrettagneissen liegenden Gesteine lassen sich in die Aroserzonen- serie einreihen, allfällig sich vorfindende Granitapophysen nicht aus- genommen. 2. Die Weissfluhgruppeundder NW-Teildes Plessurgebirges: Arosa-Gürgaletsch. Zwei grosse Deckenantiklinalen von kofferfaltenähnlichem Bau durchziehen, soviel sich aus der Schichtlage der Rahmenelemente schliessen lässt, in westöstlicher ‚Richtung das Bündnerschiefer-Halb- fenster. Die eine verläuft parallel der Rhätikonkette von Maienfeld nach Gargellen, ihr stark gewelltes Dach nimmt die ganze Breite ‚der Gebirgskette von der Scheienfluh bis zur Madrisa ein. Die andere Antiklinale zieht sich über die Hochwangkette nach der Weissfluh hin, von wo sie sich, schwach zweigeteilt bis ins Tal von Davos ver- folgen lässt. Im Gebiete zwischen Davosersee und Monbiel-Klosters taucht die letztere an einer Stufe stärkeren Gefälls unter das Silvretta- kristallin ein, wesshalb denn auch im Weissfluhgebiet ein periklinales Einfallen aller unterostalpinen Komplexe gegen Norden, Ost und Süden und ein bogenförmiges Umschwenken im Streichen derselben zu beobachten ist. Falknisgestein findet sich am Nordhang des Casanna-Cotschna- gebirges nur beim Kalbersäss im Drostobel aufgeschlossen. Vom Seehorn und Schafturm, zwei Felsköpfen zuhinterst im Talgrund des Fondei weg bis an das Stelli bei Langwies nimmt die vollständige Schichtreihe der Falknissedimente beständig an Mächtigkeit zu, um die mehrere 100 m hohe Westwand dieses Gipfels aufzubauen. Bei Küpfen oberhalb Sapün erreicht die hier südfallende Schubfläche der Decke den Talboden. Südlich der Strelapassroute finden sich die östlichsten Aufschlüsse in der Falknisserie unweit Langwies an der Landstrasse nach Arosa (Falknisneokom, Tristelbreceie, Glaukonit- kieselkalk des Gault). Die Gesteine der Falknisdecke durchziehen weiter westlich den Fuss des Aroser Weisshorns, wo sie an den Felsköpfen von Capetsch anstehen (Falknisbreccie bis Gault) und von Hoek als Globigerinenschiefer kartiert wurden. Wie im Prätigau so erreichen sie auch im Schanfigg ihre grösste Mächtigkeit im Westen, nämlich in den Ketten des Alpsteins und Gürgaletsch, deren Oberbau ganz aus Falknissedimenten besteht. Die Sulzfluhdecke erreicht am Schlifitschuggen (P. 1273) bei Klosters-Dörflii den Talboden des Schlappins und einige 100 m weiter südlich denjenigen des Prätigaus. Jenseits des Tales stossen wir westlich Selfranga am Mariastein wieder auf deren Schichtglieder- Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 391 Unter dem Bergsturz des Cotschna-Nordhanges streichen dieselben dann ins Drostobel durch. An der Zähnjefluh erreichen sie wieder eine Mächtigkeit von etwa 150 m, von Eggen (bei Sapün) weg bis auf die Alp Wolfsboden bei Molinis lässt sich die weissblaue Wand des Pretsch- oder Sulzfluhkalkes ununterbrochen durch den Wald verfolgen. Die Aroser Schuppenzone studiert man am besten von Sapün- Langwies aus in der Richtung gegen Klosters. Durch die ungeheure Serpentinmasse der Totalp wird dieselbe in einen höheren (Casanna-) und einen tieferen (Cotschna-W eissfluh-) Schuppenkomplex geschieden. Die Grüngesteine selbst sind absolut nicht einer bestimmten Decke zuzuweisen, wenn schon sich ihr Vorkommen örtlich auf eine bestimmte tektonische Zone beschränkt. Unweit westlich der Schwärzi (an der Weissfluh) setzt ein mächtiger Serpentingang senk- recht durch die Gesteine der Sulzfluhteildecke, diese kontaktmetamorph umwandelnd. Unter steilem Winkel steigen die Gesteinsmassen des unteren Sehuppenkomplexes am Haupterhorn bei Sapün nordwärts an, um durch einen langen Grat in die Weissfluh überzusetzen, deren Dach aus Hauptdolomit, dem mächtigsten wandbildenden Gestein der Zone besteht. Vom Haupterhorn bis gegen die Parsennfurka hin wird dieser Dolomit von jüngeren Breccien und Sandsteinen (in verkehrter Lagerung) unterteuft. Gegen P. 2363 westlich der Furka dünnen alle diese Horizonte wie auch der Totalpserpentin im Hangenden rasch aus. Sie entfliehen nach Norden hin unter Moränen- und Gehänge- Schutt der Beobachtung, von den höheren Casannaschuppen überlagert, um in der Cotschna gegen Klosters hin wieder zum Vorschein zu kommen. Weit besser als in der Alp Casanna lässt sich die Iden- tität von Weissfluh und Cotschnaschuppen durch die Fest- stellung eines aus dem Hauptertäli zur Parsennfurka und von dort bis auf die Cotschna sich hinziehenden Radiolaritzuges beweisen. Auf der Davoserseite des Gebirges verhüllt der Totalpserpentin die ostwärts zur Tiefe sinkenden unterostalpinen Komplexe, mit den Hornsteinen ' und Aptychenkalken im Liegenden stets in primärem Kontakt stehend. Am Schwarzhorn, das bis in halbe Gipfelhöhe aus mit Sedimentärmaterial durchtränktem, rot gefärbtem Ophiolithgestein aufgebaut ist, in den höheren Partien aus dunkelgrünem Serpentin esteht, erreicht das Totalpgestein die maximale Mächtigkeit von ungefähr 300 m. Am Cotsehnagrat und auf der östlichen Talseite bei Selfranga (Klosters) beträgt dieselbe nur noch etwa 10 m. Als Klippe schwimmt die Casanna mit ihren wildromantisch zerklüfteten 392 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919‘ Felsenmauern auf ihrer Serpentinunterlage und wo dieselbe ausge- quetscht ist, auf den Cotschna-Weissfluhschuppen. In seinen unteren Teilen wird der Gebirgsstock durch eine Anzahl kleinere auf kaum 1 km verfolgbare Gleitbretter aufgebaut (Grünhorn P. 2525). Diese werden überlagert durch die mächtigen hellgefärbten Haupt- dolomite und Liaskalke und die zugehörigen Reste von Kristallın, Verrucano usw. des Casannagipfels. Sämtliche tieferen unterostalpinen Einheiten streichen W-E, die Schiehten der Casannaschuppen aber SW-NE, was sich nur dadurch erklären lässt, dass dieser Schichtkomplex durch nachträgliche SE-NW gerichtete Bewegungen des „traineau &craseur“ auf seiner starren Serpentinunterlage um etwa 30° aus der ursprünglichen Streich- richtung herausgedreht oder umgefaltet wurde. m Süden der Totalp ruht dem basischen Eruptivum eine mächtige Lage von pegmatitdurchsetzten Casanaschiefern und Injektionsgneissen sowie wenig mächtigem Ganggranit auf, die ihrerseits wieder unter den Dolomitstock des Schiahorns einschiesst. Dieses Kristallın wird am Schafläger durch ein schmales Band sedimentärer Gesteine zwei- geteilt, welches wir als tektonisches Äquivalent der höchsten Casanna- schuppen anzusehen gezwungen sind (s. Profil 1, Tafel IX). Diese gering mächtige Quetschzone streicht über den Dorfberg an den Davoserse® hinüber, an dessen Ufer ihre Schichten unweit Stilli nordwärts ansteigen, um gegen die Mündung des Drusatschabaches wieder unter den Wasser" spiegel einzutauchen, so in ihrem Verlauf die Projektion der Giebelfläche der Weissfluhkulmination auf den Osthang des Davosertales dar- stellend. Von hier weg lassen sich die Casannagesteine, zwischen unter- und oberostalpines Kristallin eingelagert, an den Eingang je Mönchalptal und weiterhin bis ins Kinntobel bei Aeuja (Klosters) verfolgen. Auf der Nordseite des Landquarttales verläuft diese Zone vom Fraschmardintobel über die Cunnrüfe gegen die Madrisa ZU- Zwischen Langwies-Arosa und Parpan erreicht die Aroserzon® ihre grösste Verbreitung und Mächtigkeit. Der Grad der Verschuppun8& ist hier ein solcher, dass mit Recht von „Aufbruch“ gesprochen werden kann. Hoek hat denn auch in dieser Region ganze Berge (Brügger” horn, Plattenhörner) als Quetschzonen kartiert. Yom Aroser WeisshorM bis unter das Lenzerhorn liegen die Schuppen dachziegelig aufeinander, Aa nach Süden und Osten einfallend. Das Aroser Weisshorn ent- spricht tektonisch der Weissfluh, und die basischen Eruptiva am Hörnli bei Arosa ungefähr dem Totalpserpentin, (I. C.) \ Die ter: Weisshorn-Tschirpenkette, das „Parpaner Zwi- schenstück“ Hoeks, ist aus faziellen Gründen (reduz. Trias etc.) eben“ Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 393 falls noch der Aroser Schuppenzone zuzurechnen. Ihre Fazies entspricht derjenigen der Casannaschuppen und des Sedimentzuges am Schafläger, welche ihr wohl auch tektonisch äquivalent sind. Wie die Casannaschuppen im NE so bildet die Tschirpenkette im SW das höchste Element der Aroser Schuppenzone. Im Gegensatz zu den tieferen Schuppen ist dasselbe völlig serpentinfrei. Die Tschirpen- kette wird aus mehreren Schuppen aufgebaut. Die höchste derselben und damit die ganze Aroser Schuppenzone wird auf „Gredigs Älpli* und am Pässchen P. 2622 gegen oben be- grenzt. von der Auflagerungsfläche des Rothornkristallinen, analog wie im NE das Sedimentband des Schaflägers überlagert wird vom Kristallinen an der Basis des Schiahorns. Spitz und Dyhrenfurth betrachteten denn auch (1913) diese beiden Kristallinzüge als tek- tonische Äquivalente. S des erwähnten Pässchens verschwinden die Weisshorn-Tschirpenschuppen unter den Schutthalden des Parpaner Rothorns, erscheinen aber nach einem Unterbruch von 2 km wieder inder Wand des Foil Cotschen. Als „untere Lenzerhornschuppen‘ setzen sie sich in der Form eines reduzierten Paketes rasch wech- selnder Schuppen von Hauptdolomit, Rhät und Lias durch den „Crons“ genannten Hang unter der Lenzerhornwand nach S fort und lassen sich, stets von einem keilartigen Ausläufer des Rothornkristallinen bedeckt, weiter verfolgen bis gegen die Bova pintga, wo sie endlich zwischen den liegenden Bündnerschiefern und den „mittleren Lenzer- hornschuppen‘“ auskeilen. Auch von den tieferen Schuppen der Aroser Schuppenzone finden sich unter dem Lenzerhorn noch Überreste in einer komplizierten Masse von Serpentin, Ophicaleit und kontakt-metamorphem Aptychen- kalk oberhalb Cresta Stgoira. (R. B.) 3. Die tieferen unterostalpinen Decken des Plessurgebirges im Unterengadiner Fenster. (J. ©.) In kaum 17 km Entfernung von Monbiel bei Klosters, wo die tektonisch stark reduzierten Casannaschuppen unter die oberostalpinen Gneise eintauchen, treten unterostalpine Deckenelemente im Val Tuoi bei Guarda und weiter östlich in der Val Tasna und Val Fenga bei Ardez wieder zutage. Die penninischen Schistes lustres des Unterengadiner Fensters zeigen vielerorts grosse Übereinstimmung mit denen des Prätigaus, nur ein Äquivalent der „bunten Schiefer“ kennen wir westlich der Silvretta noch nicht. Der Aufstieg vom Lai Minschun über P. 2848 auf den Gipfel des Piz Minschun führt 394 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919. über eine vollständige Schichtreihe der Falknis-Sulzfluhdecke Es stehen an: 1. Auf Tasnakristallin (-Granit, Quarzporphyr, kristalline Schiefer etc.) mit polygener Breccie transgredierende Tristel- schichten = Minschunbreccie Paulckes! 2. Gaultsandsteine, -Kieselkalke und -Quarzite (typisch). 3. Couches rouges, gespickt voll Foraminiferen. 4. Flysch? am Giptel selbst. Andernorts sind jurassische und triasische Sedimente von der Transgression verschont geblieben, so am Schloss Steinsberg. Dort stehen über Tasnagranit an: 1. Die zu demselben gehörigen Quarzporphyre und seine Schiefer- hülle (siehe Grubenmann und Tarnuzzer 1911). 2. (Haupt)-Dolomit. 3. Polygene Liasbreecie mit reichlichen kristallinen Komponenten. ‘4. Liasbreceie mit sedimentären Klastika und Spatkalk. Paulcke hat die Kreidegesteine des Piz Minschun seiner Bünd- nerdecke zugerechnet und dieselbe mit dem Niesenflysch parallelisiert. Es geht dies nicht an; die basalen Schiefer sind penninisch, die Falknis- Sulzfluhgesteine unterostalpin, also einer anderen höheren Einheit zugehörig. Auch über die Aroser Zone im Unterengadin auf Grund eigener Beobachtungen Angaben zu machen, ist uns noch nicht möglich. Aus den Beschreibungen Paulckes und Hammers ergibt sich indessen unzweideutig, dass Kristallin, Verrucano, Rauchwacke, Gips und auch jüngere Felsarten der Zone dort auftreten. W. Hammer hat 1915 (J. k.k. R.) eine ausführliche Publikation über die Bündnerschiefer im Nordteil des Fensters veröffentlicht. Seine Bündnerkreide, die er längs des ganzen Fensterrandes verfolgte, ist wohl zum Teil der Falknis-Sulzfluhserie zuzuweisen, die linsenförmigen Dolomitvorkomm- nisse über und in den „Schiefern‘ (Frudigerkopf, Urgeneberbach, Malfragkamm u. a. O.) der Aroser Schuppenzone. Durch den „traineau ecraseur” ausgewalzt und in ungezählte Schollen aufgelöst, schwimmen die Reste der Aroser Schuppenzone im Bündnerschiefermeer obenauf, bie und da auch in die Schiefer eingespiesst und durch dieselben eingehüllt: Zeugen der kolossalen Überschiebungen, die auch in dieser Gegend unserer Alpen stattfanden. 4. Versuch einer Parallelisation dertieferen unterostalpinen Decken des Plessurgebirges mit südbündnerischen un westschweizerischen Einheiten. (J. €.) Jede Parallelisation tektonischer Elemente auf grössere Ent- - Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 395 fernungen hin wird erschwert und bis zu einem gewissen Grade illusorisch gemacht durch den schon in der Anlage unregelmässigen Bau und Verlauf der übereinanderliegenden Deckfalten, wie auch durch die mächtige Wirkung der Erosion, welche die höheren Schub- massen besonders über den zentralalpinen Massiven und den Tessiner Gneis- und Schieferdecken abgetragen und die Zusammenhänge zer- stört hat. Um die sich ihrer räumlichen Lage nach entsprechenden Punkte und Partien des Deckengebäudes ausfindig zu machen, sind wir vor allem auf das Studium der Tektonik angewiesen. Stratigraphische Ergebnisse können dem Geologen hiebei nur als Mittel zum Zwec dienen, dies schon allein auf Grund der Tatsache, dass Faziesisopen und Streichrichtung der Deckfaltenaxen sich unter grossem Winkel schneiden können. Steinmann hat 1905 die Decken der Bündner Aufbruchzone mit denen der westschweizerischen Klippenregion in Parallele gesetzt. Die Falknisgesteine entsprachen nach ihm denen der Zoophykus- doggerzone der Pröalpes-mödianes-Decke, die Riffkalke der Sulzfluh mit den zugehörigen Couches rouges der Mytilusdoggerzone. Ferner glaubte Steinmann über der Klippendecke im Prätigau und Schanfigg die Nappe de la Breöche, in den Freiburger und Berner Alpen seine rhätische Decke gefunden zu haben, womit also die Zusammenhänge über die helvetischen Gebirge weg endlich klargestellt schienen. 1910 setzte Paulcke die Unterengadiner Bündnerschiefer dem Niesenflysch gleich, welche Annahme jedoch nur für die penninischen Schistes lustr6s des Fensters zu Recht bestehen kann. In den letzten Jahren erschienen die grosszügigen Arbeiten von R. Staub. Dieser Autor geht bei der Vergleichung unterostalpiner bündnerischer mit westschweizerischen Einheiten von der Annahme ‚ aus, dass die Brecciendecke nördlich und nicht südlich der Prealpes medianes einzuwurzeln, d.h. als eine die Prealpes „einwickelnde*, ursprünglich tiefere Decke aufzufassen sei. Diese von Lugeon und Jeannet geäusserte Idee stützt sich in der Hauptsache auf Erwä- gungen, die sich aus faziellen Befunden dieser Forscher ergeben (Kreide, Rhät). Da aber die Tektonik die Annahme obgenannter Geologen nicht bestätigt — die Bröche du Chablais unterteuft die Klippendeckengesteine nirgends, überall wo solche vorhanden sind, überlagert sie dieselben — können wir die Notwendigkeit dieser Umkrempelung der Einheiten nicht einsehen. Es stellt sich uns aber in diesem Falle die Frage, ob auch die Stratigraphie eine Parallelisie- fung der Breccien- und rhätischen Decke der Voralpen mit höheren 396 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Decken im Plessurgebirge rechtfertige. Tatsächlich zeigt die Schicht- reihe der Breceiendecke eine viel grössere Ähnlichkeit mit derjenigen der Aroser Schuppenzone als mit der Falknisdecke; Verrucano, Bunt- sandsteinquarzit, Rauchwacke, Gips, Triasdolomit und Rhätkalk sind gemeinsame Schichtglieder der beiden Schubmassen. Der Breche inferieure entsprechen die tieferen, älteren Breccienlagen der Weiss- fiuh, den Schistes ardoisiers die oft radiolarienführenden Aptychen- schiefer, der Breche superieure die bei Wallbrunnen den Schiefern und Kalken aufgelagerte jüngere, polygene Breccie. Wir finden aber auch sämtliche Horizonte der Nappe rhetique in den höheren Weiss- fluh- und Casannaschuppen wieder ; Dogger ist dort zwar nicht nach- gewiesen, Aptychenkalk und Radiolarit sowie Couches rouges sind im Westen wie im Osten vorhanden, basische Eruptiva kommen hier wie dort in Vergesellschaftung mit obgenannten Schichtgliedern vor. Unwillkürlich drängt sich uns die Vermutung auf, ob nicht Breccien- und rhätische Gesteine der Westalpen zweierlei Faziestypen ver- schiedener Teildecken ein und derselben tektonischen Einheit repräsen- tieren. Ihrer Ausbildung nach könnte die Serie der Nappe rhetique zwar auch als oberostalpin angesehen werden. Die im Gebiete des Prätigauer Fensters gewonnenen neuen Re- sultate nötigen uns auch zu einer etwas veränderten Auffassung der Zusammenhänge von Nord- nach Mittelbünden. Die Parallelisation der unterostalpinen Decken dieser Gebiete wird erschwert durch die vollständige Zerstörung der tektonischen Zusammenhänge zwischen Nord und Süd durch spätere Abscherungen en bloc; hier ist ganz besonders auf die schon oben gemachten allgemeinen Vorbehalte Rück- sicht zu nehmen. Wenn wir mit R. Staub annehmen, dass südlich des Aela die stirnwärtigen Partien der tieferen unterostalpinen Decken von den wurzelwärts gelegenen durch die hangenden Decken abge- schert und als totes Paket nach Norden verfrachtet wurden, ist es einerseits richtig, dass wir bei der Abrollung des Faziesprofiles die amputierten Deckenglieder unmittelbar mit den Schubmassen des Val Tschita- und Val Lunga-Gebietes zusammenhängen und im Plessur- und Errgebirge identisch ausgebildete Gesteinshorizonte im rekon- struierten Ablagerungsraum in unmittelbaren Zusammenhang bringen müssen. Wir gelangen auf diese Weise wohl zu einem lückenlosen Faziesprofil, dass aber die so erhaltenen Nord- und Südbünden ver- bindenden faziellen Einheiten auch mechanische Einheiten waren, ist noch nicht bewiesen. Es ist dies nur unter der Voraussetzung richtig, dass die embryonalen Diskontinuitätsflächen, welche den ursprünglichen Sedimentationsraum in einzelne später zu Decken sich auswachsende Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 397 mechanische Einheiten segmentierten, ziemlich steil und im Plan zur nachmaligen Schubrichtung senkrecht standen. Nehmen wir aber an, dass diese primären Deckentrennungsflächen die Erdrinde unter sehr flachem Winkel durchschnitten hätten, oder dass sich solche schiefe Abtrennungen im’ ursprünglichen Ablagerungsraum auch quer zum späteren Streichen der Decke vollzogen hätten (dies ist besonders in Regionen nicht ausgeschlossen, wo sich zwei Deckenbogen kreuzen), so ist es sehr wohl möglich, dass die zum wurzelwärtigen Kristallin einer Decke gehörenden Sedimente sich später weiter nördlich oder westlich in der Stirnregion einer höheren Decke vorfinden. Wenn die später von der Köpfung durch die „Campo- und Silvrettaphase*“ betroffenen tieferen unterostalpinen Decken nach einem solchen System gebaut waren, wie schwierig muss es dann heute sein, mit faziellen Argumenten die einstigen ‚mechanischen Zusammenhänge zwischen den Einheiten in Nord- und Südbünden zu rekonstruieren. Versuchen wir nun immerhin, wie dies bisher geschehen, auf Grund der Fazieszusammenhänge dennoch eine Parallelisation zwischen Nord- und Südbünden vorzunehmen, so kommen wir zu folgenden Annahmen, welche wir ausdrücklich als vorläufige bezeichnen. Nehmen wir an, dass Falknis- und Sulzfluhteildecke derselben Stammdecke angehören, so kommt als solche nur die Albula-Errdecke des Ober- halbsteins in Betracht. Schon weil die Trennung dieser letzteren von der Berninadecke sich bis in die Wurzelregion verfolgen lässt, können wir die Sulzfluh- nicht der Berninadecke gleichstellen. Ausser- dem sind Tasna-, Falknisbreccien- und Sulzfluhgranit mit den Tiefen- gesteinen des Albula- und Errgebietes identisch. Wie später weiter ausgeführt wird, sind die Aroser den Unterengadiner Dolomiten und der Aeladecke Zyndels tektonisch äquivalent, welche Komplexe von Staub als zum Gneiskern der Campodecke gehörig betrachtet werden. Zur Parallelisation der Aroser Schuppenzone mit Einheiten des Ber- Ninagebietes bleiben uns zwischen Campo- und Err-Selladecke die rmina- und Languarddecke übrig, welche sowohl unter sich als auch mit der Aroserzone grosse stratigraphische Übereinstimmung aufweisen. Paragneise, Gips und Rauchwacke, Hauptdolomit, Rhät und Liasschiefer der Bernina- und Languarddecke sind von den gleich- Damigen Gesteinen der Aroserzone nicht zu unterscheiden. Zum Schlusse sei das oben Mitgeteilte in einer kleinen Tabelle zusammen- gestellt, weitere Ausführungen sind im Rahmen dieser vorläufigen Mit- teilung nicht möglich. Es entsprechen sich also folgende Einheiten der schweizerischen West- und Östalpen: Ba a a er rl Bee re 398 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Pr6alpes medianes — Falknis-Sulzfluhdecke = Albula-Errdecke (Klippendecke) Nappe de la Be a Sohappehrone | vereinigte Bernina- Nappe rhetique Languarddecke Aroser Dolomiten — Untereng. Dolomiten — Aeladecke — (ampodecke(Staub) B. Zur Tektonik der höheren unterostalpinen Decken und der Silvrettadecke im Plessur- und Albulagebirge. 5. Das Rothornmassiv und sein Sedimentmantel. (Lenzerhorn, Schiesshorn.) Vgl. Tafel VII. Die zusammenhängende Hauptmasse des kristallinen Massivs der beiden Rothörner, des Aroser nnd des Parpaner Rothorns, zeigt im Plan ungefähr die Form eines rechtwinkligen Dreieckes mit einer SW-NE laufenden Hypothenuse Alp Sanaspans— Aelplisee, einer E-W laufenden Kathete Aelplisee— Gredigs Aelpli und einer N-S gerichteten Kathete Gredigs Aelpli— Alp Sansaspans. Nun wird das Massiv, wie bekannt, längs den beiden Katheten von der Aroser Schuppenzone unterlagert. Dieses zweiseitige Schwimmen auf sedimentärer Unter- lage suchten Spitz und Dyhrenfurth seinerzeit durch Annahme eines ihrer „rhätischen Bogen“, d.h. dadurch zu erklären, dass die unterlagernde „Sedimentmulde* der Parpaner Weisshorn-Tschirpen- schuppen längs der nördlichen Kathete E-W streichen, dann um den rechten Winkel des Massives einen Bogen beschreiben und längs der westlichen Kathete N-S bis SE streichen sollte. Gegen E sollte sich das Massiv in der Tiefe mit anderen kristallinen Massen in Verbin- dung setzen. Nun ist aber das N-S-Streichen der Schichten längs der W-Kathete nur eine Folge des starken östlichen Axengefälles und das Streichen der Verfaltungen des Massives mit seinem Sediment- mantel, wie unten gezeigt wird, E-W gerichtet. Eine Verbindung des Massives mit ‘anderen tektonischen Einheiten kann daher nicht gegen E in der Tiefe, sondern nur quer zu diesem Streichen, gegen S oder gegen N, gesucht werden. Betrachten wir nun die Verhältnisse im Süden des Massivs, aM Lenzerhorn. Der zusammenhängenden kristallinen Masse der Nord- hänge des Kars von Alp Sanaspans steht südlich unmittelbar gegen über der NW-Grat des Lenzerhorns mit seiner nur von wenigen kristallinen Keilen durchzogenen Sedimentmasse. Das prächtige P rofil dieses Grates, eines der aufschlussreichsten des ganzen Plessurgebirge® zeigt von oben nach unten folgende Schichtreihe (vgl. Prof. 3, Tafel IX): Jahrg 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 399 3800--23911 m. . . Muschelkalk Serie 4 Fee Bi verkehrte Lenzerhorngipfelschuppe —= & X ber sdolomit verkehrter Schenkel der Silvrettadecke, | Garnien N RE / Rhät-Liasschiefer 1 Rhät-Liaszone des Lenzerhorns — (stellenweise Haupt- Decke der Aroser Dolomiten. a olomitlinsen) Verrucanomylonit Unteres Carnie Buntsandstein Serie 2 20m... .....,Kristallin Mittlere Lenzerhornschuppen = Buntsandstein Sedimente des Rothornmassivs. Arlbergdolomit Carnien Arlbergdolomit 2050 m Kristallin Liasschiefer Liaskal Serie i Liasschiefer Untere Lenzerhornschuppen = Liaskalk Parpaner Weisshorn-Tschirpen- %00 m ee Rhät schuppen —= Aroser Schuppenzone. 1750 m. ; Hauptdolomit etc. Bündnerschiefer Flysch) (R. B.) Die Trias der Serie 2 wird demnach vom Hangenden und Lie- genden durch zwei kristalline Keile getrennt, ausserdem durch einen dritten solchen entzweigespalten. Wie nun diese kristallinen Keile mit dem nördlich vorgelagerten Rumpf des Massives zusammenhängen und wie sich die zwischenliegenden Triasschuppen weiter gegen N verhalten, darüber gibt uns der mittlere der drei Keile und seine normal auflagernde Trias deutlichen Aufschluss. Der Keil überschreitet ; 8egen Norden das „Val“ in der südlichen Umrahmung des Sanaspans- = kessels, durchzieht den Fuss der Karstufe unter P. 2395 und vereinigt Sich mit dem Kristallin am Fusse des Piz Miez. Auch der auflagernde ‚Buntsandstein, Muschelkalk und Arlbergdolomit setzt sich über das »Val® fort und bildet den oberen Teil der Karstufe. Gegen den Fuss © ‚des Piz Miez zu beginnen nun die Sedimente sich aufzubiegen und # 400 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 legen sich als verkehrte Serie mit Kristallin als Hangendem über die normale Serie gegen Süden zurück. Resultat: Der mittlere kristalline Keil verbindet sich gegen Norden mit dem Massivrumpf und die auflagernde Trias endigt als eine nordschauende Biegung mit jüngstem als Kern, d.h. als eine „falsche Antiklinale“ zwischen dem mittleren Keil unten und einem Kristallinen, welches sich wieder gegen S wendet und in den obersten Keil fortsetzt. Das Streichen der Biegung ist W10°N bei ca. 20° Axengefälle gegen E! Ein ähnliches Verhältnis muss auch für die untere Triasschuppe und den untersten kristallinen Keil angenommen werden. Die kristallinen Keile des Lenzerhorn-NW-Grates sind tektoni- sche Apophysen, „falsche Synklinalen“, welche der Massiv- rumpf gegen S in seine Sedimenthülle ausstreckt (s. Prof. 3). Ob nun das Massiv durch eine dieser Apophysen mit anderen kristallinen Massen zusammenhängt, lässt sich nicht entscheiden. Alle‘ drei kristallinen Keile endigen noch in der Wand des Lenzerhorns spitz gegen S. Der oberste ist am weitesten zu verfolgen; als dünnes Band von Verrucano erstreckt er sich bis gegen Pigni. Der mittlere Keil ist zwar der dickste, aber der kürzeste; in seiner süd- lichen Verlängerung senkt sich seine Arlbergkalkhülle in der Bova gronda als „falsche Synklinale“ gegen S in die carnischen Schiefer- und Rauchwackemassen ein. Durch keinen der drei Keile findet dem- nach das Massiv gegen S einen unmittelbaren Zusammenhang mit anderen kristallinen Massen. Ebenso stossen die zwischengelagerten Schuppen seiner Sedimenthülle über Brienz diskordant gegen den basalen Flysch ab und finden keine südliche Fortsetzung. Spitz (1913) liess im Gegensatz zu diesen Beobachtungen die kristallinen Keile nach unten anschwellen und gegen oben antiklinal schliessen. ' In Wirklichkeit stecken aber die kristallinen Keile nicht als normale Gewölbe im Sediment, sondern das Sediment in falschen Gewölben eingeschlossen im Kristallinen. (R. B.) Auch im Norden ist das Massiv von zugehörigen Triasschuppen umgeben. Während es am Erzhorn, Aroser Rothorn, Piz Miez und Lenzerhorn direkt von der Obertrias- und Liaszone überfahren wird, welche nicht zum Massiv, sondern zur „Decke der Aroser Dolomiten“ gehört, beginnt sich am Nordende des Massives im Aelpli in mehreren Schuppen zum Massiv gehörige Untertrias einzuschalten. Das Kristallin endet an der Westseite des Schafrückens spitz gegen N; seine Sedi- mente aber sind von der Decke der Aroser Dolomiten noch weiter gegen N vorgeschleppt worden. Mindestens zwei zum Massiv gehörige Sedimentschuppen ziehen sich mit W-E-Streichen vom Aelpli über ei "1 \ nn . Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 401 - den Schafrücken und die Leidfluh bis in den Schiesshorngipfel, wo sie ebenfalls spitz gegen N auskeilen. (Vgl. Profil 2.) (W.L.) Resultat: Auch im Norden findet das Massiv keinen direkten Zusammenhang mit anderem Kristallinem. Derselbe tektonische Raum zwischen Aroser Dolomiten und Aroser Schuppenzone, welchen das Kristallin im mittleren Streifen eines N-S laufenden Querprofiles ein- nimmt, erfüllt nördlich und südlich »sein verschuppter Triasmantel, mit welchem es, selbst mitverschuppt, durch dünne tektonische Apo- physen verzahnt erscheint. Massiv und Triasmantel zusammen keilen nach N und S zwischen den liegenden und hangenden Einheiten aus: sie bilden zusammen eine Linse grossen Stils. Woher stammt nun dieselbe, mit welcher Decke ist sie zu verbinden? Bevor wir ‚diese Frage diskutieren, müssen wir noch die hangenden Einheiten kennen lernen. 6. Die Decke der Aroser Dolomiten. (Vgl. Tafel.VII.) Rothpletz betrachtete (1900) das Schiesshorn bei Arosa als eine normale Serie von permischem Rötidolomit und transgredierender Trias mit Kössenerschichten als Oberstem. Er erkannte sowohl die auffallende diskordante Auflagerung der Kalke am Schiesshorngipfel als auch ihr ungefähres Alter. Hoek beschrieb (1903 und 1906) die Erzhornkette als eine wenig auf das Rothornkristallin überschobene Antiklinale, die Schiesshorn- Schiahornkette als den verkehrten Mittelschenkel seiner Strela-Amsel- fluhfalte. Mit Rothpletz betrachteten auch Zyndel (1912) und Spitz (1913) die Aroser Dolomiten als normale Serien und tiefere Schuppen der Silvrettadecke, auf welche die Amselfluh-Lenzerhornkette über- ‚schoben sei. Wir haben schon im stratigraphischen Teil die nahe Verwandt- schaft des Fazies der Aroser Dolomiten mit derjenigen der Unter- engadiner Dolomiten hervorgehoben. Wir können auf Grund dieser auffallenden Ähnlichkeit auch eine nähere tektonische Beziehung Zwischen diesen beiden Einheiten vermuten. Unsere tektonischen Be- oObachtungen bestätigen diese Annahme. Die Aroser Dolomiten werden Segen unten begrenzt: Im SW vom Rothornmassiv, im NE von dem Zug kristalliner Gesteine Mädrigen-Davos-Dorf, der sich von der Basis der Thiejerfluh unter der Mädriger- und Küpfenfluh und . dem Schiahorn hindurch verfolgen lässt bis an den Davosersee, hier nterlagert von dem eng gepressten Triasband des Schaflägers. Gegen oben wird der Zug der Aroser Dolomiten begrenzt: Im S von der Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 26 402 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 199. verkehrten Lenzerhorngipfelschuppe, dann von dem Zug alter Gesteine, welcher sich vom Piz Musch über Sand- und Kummerhubel ebenfalls verfolgen lässt bis an den Davosersee; auf der Strecke Frauenkirch- Davosersee steht letztererin breitem Zusammenhang mit derkristallinen Masse der Silvretta. Was zwischen diesen beiden kristallinen Zonen eingelagert erscheint, ist unsere tektonische Einheit der Aroser Dolomiten. Ihre Trias lässt sich nach Norden verfolgen bis in die Westwand des Seehorns, wo wir sie miv einer gegen N geschlossenen Biegung endigen und das hangende Kristallin von Frauenkirch um die Trias herum sich mit dem liegenden Kristallin von Mädrigen vereinigen sehen. Die schon von Theobald (1864) beschriebene „Triasmulde“ des Seehorns (s. Profil 3 in Tafel IX) ist eine vom Kristallin umschlossene Stirn-und Einwicklungsantiklinale, wiederum ein Triastunnel im Kristallinen, wie derjenige der Alp Sanaspans. Das Streichen der Falte ist E (etwas ESE), und sie taucht mit zirka 20° in den vom Kristallin geformten Einwicklungs- tunnel ein. Verfolgen wir dieses Streichen etwa 35 km gegen E, so gelangen wir in die Nordabstürze der Unterengadiner Dolomiten, in die Stirnfalte des Piz Pizoe, und wir zögern nicht, diese Falte für ein annäherndes tektonisches Aequivalent der Falte im Seehorn zu betrachten und damit auch die tektonische Identität der Aroser Dolomiten mit den Unterengadiner Dolomiten zu postulieren. Längs der Schiahorn-Schiesshorn- und Erzhorn-Lenzerhornkette taucht die Decke der Aroser Dolomiten mit östlichem Axengefälle unter die Silvrettadecke ein, um nach einem unterirdischen Verlauf von im Minimum 23 km (zwischen Davos und Zernez) als Decke der Unter- engadiner Dolomiten gegen E wieder emporzutauchen. Das Kristallin von Mädrigen ist unter die Decke der Aroser Dolomiten eingewik- keltes Silvrettakristallin, entsprechend dem Gneis an der Basis des Piz Pizoc, dem „oberen Gneisszug* Theobalds. Die wahre Über- schiebungsfläche der Silvrettadecke im Plessurgebirge aber liegt an der Basis des Kristallin-Permzuges Frauenkirch-Piz Musch und der ver- kehrten Lenzerhorngipfelschuppe. Gehen wir, uns immer unter dieser Fläche haltend, längsden Aroser Dolomiten nach Süden, so können wirals deren oberstes Element eine ununterbrochene Platte von Hauptdolomit, norisch-rhätischem Grenzniveau und stellenweise auch Rhätkalk- und Schiefer von Davos bis zum Erzhorn verfolgen. Sie bildet die Gipfel- platte aller nördlichen Aroser Dolomiten und steht als „Oberbau“ in auffälliger Diskordanz zu ihrem „Unterbau“, welcher hauptsächlich «aus Ladinien bestehen dürfte. Es ist dies die Diskordanz zwischen Rötidolomit und Trias mit auflagernden Kössenerschichten, welche Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 403 Rothpletz vom Schiesshorn beschrieb; auch am Furkahorn ist sie ausgezeichnet zu beobachten. (Vgl. Profil 2.) (W.L,.) In die Fortsetzung des ‚‚Oberbaus‘ der Aroser Dolomiten gehören die imposanten Platten von norisch-rhätischem Grenzniveau, mit welchen das Erzhorn ins Welschtobel abfällt. Am Aroser Rothorn werden dieselben von anderen, tieferen Hauptdolomit- und Rhät- 'Liasschuppen abgelöst, welche sich in die Rhät-Liaszone des Lenzer- horns fortsetzen. Nachdem der Hauptdolomit im Piz Miez noch ein- mal bedeutende Mächtigkeit erlangt hat, ist er durch ‘das ganze Lenzerhorn auf einzelne, kleine Linsen an der Unterfläche der nun nur noch aus den schwarzen Rhät-Liasschiefern und -Kalken bestehen- den Zone reduziert. In ihre Fortsetzung muss man jedenfalls den Dolomitklotz stellen, welcher die Ruine Belfort bei Surava trägt. Südlich des Albulatales setzt sich dieser in die Dolomitwand unter Aclas da Surava fort, die Zyndel in seinen Profilentwürfen durch die Aelagruppe mit dem Hauptdolomit der Aeladecke zusammenhängt. Es wird in diesem Falle der Hauptdolomit der Aroser Dolomiten die nördliche Fortsetzung des Aelahauptdolomits und, da die Aeladecke die SW-Fortsetzung der Unterengadiner Dolomiten ist, gelangen wir auch auf diesem Wege zur Aufstellung der Identität der Aroser und Unterengadiner Dolomiten. (R. B.) Dass diese Identität in der Natur nicht deutlicher zum Ausdruck kommt, beruht auf verschiedenen Ursachen. Einmal befindet sich die kritische Verbindungsstelle zwischen den Aroser Dolomiten und der Aeladecke im Grunde der „Suraver Deckenmulde“, wo infolge der extremen Reduktion aller Elemente das Carnien der Silvrettadecke beinahe die Bündnerschiefer berührt. Anderenteils täuscht das oro- graphische Streichen der Kette der Aroser Dolomiten ein silvretta-' haftes Streichen vor. Dieser Verlauf wird aber einzig bewirkt durch den Erosionsrand der auflagernden Silvrettateile; wie in den tieferen ünterostalpinen Elementen, so ist auch innerhalb der Decke der Aroser Dolomiten das Axenstreichen W-E bis SE, wie die Stirnfalte am Davosersee und die Falten in der Rhät-Liaszone am Lenzerhorn und Piz Naira zeigen. Endlich ist die Überlagerung der Unterengadiner Dolomiten durch die Silvrettadecke nicht ohne weiteres erkennbar. Diese Auffassung wurde denn auch von Spitz und Dyhrenfurth (1915) scharf be- kämpft, besonders mit dem Argument, dass eine flache Überlagerung der Unterengadiner Dolomiten durch das Silvrettakristallin längs der ganzen „nordwestlichen Randlinie“ nicht beobachtet werden könne. Nun ist aber. diese Linie, wie schon Trümpy annahm, ebenso gut 404 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 ein Einwicklungskontakt wie die „Albulalinie‘‘; sie darf daher sehr wohl steil, ja überkippt stehen. Mit der Verlängerung der Decke der Unterengadiner Dolomiten mit E-W-Streichen unter der Silvrettadecke durch bis ins Plessur- gebirge fällt natürlich auch die Deutung der Falten im Innern der Unterengadiner Dolomiten als westschauender Stirnbogen, entstanden durch einen E-W-Schub. Wir sind vielmehr gezwungen, für das interferierende Faltensystem derselben eine andere Erklärung zu suchen Es sei kurz eine Vorstellung mitgeteilt, welche wohl zur Erklärung dieses Phänomens geeignet sein könnte. Man gewinnt aus dem Karten- bild dieser Gegend durchaus den Eindruck, dass die heutige Süd- spitze der Silvrettamasse am Piz Kesch in Bezug auf die jüngsten unterostalpinen Bewegungen in der komplexen Schubmasse der Campo- decke (Aeladecke, Unterengadiner Dolomiten) die Rolle eines bogen- teilenden Vorsprungs spielte. Möglicherweise war der heutige SW- und SE-Rand der Silvrettadecke längs der „Albulalinie“ und der „nordwestlichen Randlinie“ ein Strukturrand schon zu Zeiten dieser letzten Bewegungen im Unterostalpinen, d. h. die Silvrettadecke schon damals eine tote Masse, wodurch sieh ihre Funktion als „äusserer Widerstand“ leicht erklären liesse. An diesem keilförmigen Widerstand fand nun eine Zersplitterung eines primär ca. NNW gerichteten unterostalpinen Schubes in zwei Komponenten statt, eine NE-wirkende und eine NW-wirkende. Der Ausdruck der NE-wirkenden Komponente wären: die W-streichende Einwicklung der Silvrettadecke durch die Aeladecke längs der „Albula- linie‘ und die NW-streichenden Falten der Unterengadiner Dolomiten (Fraölezug ete.). Die Wirkungen der NW-Komponente sehen wir in der NE-streichenden Einwicklung der Silvrettadecke längs der „nord- westlichen Randlinie‘“ und den ‘damit parallel laufenden Falten im Innern der Unterengadiner Dolomiten. Auch sind längs den beiden eingewickelten Kanten der Silvretta- decke wahrscheinlich Driftphänomene vorhanden. Ein solches, hervor- gerufen durch die NW-Komponente, sehen wir in der Zerrung aller Zonen längs des Albulapasses und der Abreissung des Aelahaupt- dolomits vom Hauptdolomit der Unterengadiner Dolomiten zwischen Scanfs und Piz Uertsch. Betrachten wir nun noch einmal das Rothornmassiv. Es scheint auf den ersten Blick die verschuppte kristalline Unterlage und zu- gehörige Untertrias der Öbertrias- und Liasplatte der Aroser Dolomiten darzustellen, wäre demnach ebenfalls unterostalpin. Dieser Einreihung widerspricht seine Fazies; schon im stratigraphischen Teil wurde Ta Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u, R. Brauchli: Mittelbünden. 405 darauf hingewiesen, dass es faziell unmittelbar an die Silvrettadecke anschliesst und daher auch in unmittelbarer tektonischer Beziehung zu ihr stehen muss. Eine solche enge Verbindung kann aber einzig bestehen durch eine Einwickelung. Das Rothornmassiv muss also samt seinen Sedimenten ebensowohl unter die Decke der Aroser Dolomiten eingewickelt sein wie das Kristallin von Mädrigen. Dass es nun als direkte Fortsetzung des Mädriger Kristallins, d. h. als das bis Brienz reichende S-Ende eines einheitlichen Einwicklungsfusses Davos—Mädrigen— Rothornmassiv zu betrachten sei, ist vorläufig un- wahrscheinlich, schon wegen der in diesem Falle 20 km betragenden Breite der Einwicklung. Vielmehr muss nicht ausser Acht gelassen werden, dass auch Einwicklungsphänomene entstehen, wenn ein Paket zweier schon überschobener Decken in einer zweiten Phase von einer neuen sekundären Schubfläche schief durchschnitten und durch weitere Bewegung zweimal aufeinander getürmt wird. Nun haben wir im Plessurgebirge eine zweimalige Übereinanderlagerung unterostalpiner und oberostalpiner DSB: Parpaner Weisshorn-Rothornmassiv ; Aroser Dolomiten-Sil decke. Eine Erklärung des Rothorn- massivs nach der eben angedeuteten Weise, durch eine gemeinschaftliche Verschuppung der unterostalpinen und oberostalpinen Decken, ist demnach sehr wohl möglich. In einer ersten Phase lagerte sich die Silvrettadecke über die Decke der Aroser Dolomiten, dann wurde ein stirnwärtiger Teil der Silvrettadecke durch das Paket Aroser- Dolomitendecke-Silvrettadecke gemeinsam überfahren und blieb als tote Masse unter der Decke der Aroser Dolomiten liegen: das Rot- _ hornmassiv. Nach weiterem gemeinschaftlichem Vorrücken des Paketes verlangsamte sich in einer spätern Phase die Bewegung der hangenden Silvrettadecke gegenüber derjenigen der Aroser Dolomitendecke, die Stirnteile der Silvrettadecke wurden von der Aroser Dolomitendecke erfasst und gerieten neuerdings, diesmal durch eine Einwicklung s. s., unter die Decke der Aroser Dolomiten; es entstand der Entwicklungs- fuss Davosersee—Mädrigen und die Stirnfalte am Seehorn. (W.L.) 7. Die Silvrettadecke. Zwischen dem südöstlichen Erosionsrand der Silvrettadecke im Engadin und ihrem nordwestlichen Rand im Plessurgebirge lassen sich im Plan drei Zonen kristalliner Gesteine erkennen, von einander ge- trennt durch zwei breite Sedimentzonen und stellenweise nördlich und südlich begleitet von zwei weiteren schmalen Sedimentstreifen. In einem allgemeinen Querprofil können wir in diesen sieben Zonen von SE nach NW folgende tektonische Objekte erkennen und benennen: 406 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Die verkehrte Serie der Val Tisch. Das N der Keschantiklinale. Die Ducanmulde . Das ir der Monsteiner Antiklinale (kristalliner kr Frauenkirch— Stulsergrat). 5. Die Landwassermulde: a) Die Muchettafalten (S-Schenkel). b) Die Wiesener Schuppen. c) Die Amselfluh-Valbellahorn -Guggernell-Piz Linardplatte ” -Schenkel). . Der Kristallin-Permzug Frauenkirch—Sandhubel—Piz Musc Die verkehrte Lenzerhorngipfelschuppe. a) Das Gebirge nordöstlich der Albula (Val Tisch, Val Tuors, Hochducan). (H. E.) Zwischen Sertig- und Albulatal erheben sich zwei ausgeprägte NE-streichende Gebirgskämme. Im S die Ducankette, gekrönt durch die zusammenhängende Gipfelkette des Plattenhorns, Hoch- und Gletscherducans, sowie der kühn geschwungenen Piz Ravigliel, Crealetsch, Valmala. Die nördliche oder Monsteinerkette da- gegen erlitt durch die Erosionswirkung der nach dem Landwasser abfliessenden Bäche Breschen und weist mehr isolierte Bergformen auf. Schon im gesamten orographischen Bild spiegelt sich der geo- logische Bau dieser Gegend, die mächtige Ducanmulde wieder, welche von B. Studer und A. Escher bereits als solche erkannt, zum letzten Mal und am eingehendsten von Spitz und Dyhrenfurth 1913 beschrieben wurde. Die Ducanmulde ist nicht so einfach gebaut, wie es auf den ersten Blick erscheint. Wohl bildet die Oberfläche der kristallinen Unterlage im NE eine wirkliche Mulde, ihr sedimentärer Inhalt aber ist, wenn auch ebenfalls muldenartig, so doch keineswegs mit dem kristal- linen Untergrund harmonisch gelagert; die Sedimente stossen an den meisten Stellen diskordant ab. Die Grenzfläche zwischen Kristallin und Sediment ist eine Scherfläche, welche wir als Ducanscherfläche bezeichnen (s. Profil 2, Tafel IX). Eine Ausnahme hievon bildet der S-Schenkel der Mulde, welcher die Hochducankette ihrer ganzen Länge nach aufbaut. Stark gewellt und durch Lokalbrüche teilweise gestört, jedoch konkordant mit dem Kristallinen schiessen die Schichten der unteren Trias längs dieser own na Kette steil in die Tiefe. Weiter nördlich aber werden die jüngeren Triasglieder, etwas flacher gelagert, am kristallinen Boden und nörd- lich ansteigenden Flügel der Mulde diskordant von der Ducanscher- fläche abgeschnitten. Während an der Bergünerfurka skythischer = Quarzit noch ungestört auf Glimmerschiefer und Amphibolit liegt, stossen am Älplihorn und Krachenhorn Hauptdolomit und intensiv Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupoid, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 407 gefaltete Rhätkalke an das Kristalline; dazwischen verschwinden die übrigen Triasglieder sukzessive. Den Zwischenraum zwischen der zur Hauptsache aus ladinischen Dolomiten und Kalken bestehenden Hoch- ducankette im S und den Hauptdolomitgräten der Monsteinerkette im N füllt eine mächtige Zone carnischer Schiefer und Rauchwacken aus. Diese bedingten durch ihre leichte Verwitterbarkeit die sub- sequente Anlage des Stulser- und Ducantales, deren öder und vege- tationsloser Charakter zu der viel freundlicheren Landschaft des ins Kristallin eingeschnittenen Tuorstales in auffallendem Gegensatz steht. Die Ducanscherfläche ist weder im Quer- noch im Längsprofil eben. Wie sie im Querprofil muldenförmig gebogen erscheint, so weist sie auch im Streichen in der Gegend des Krachenhorns eine starke Depression auf und besitzt daher im ganzen die Form einer grossen Schüssel. Ihr Ausstreichen kann längs einer scharfen Linie verfolgt werden, welche vom Sertigtal gegen das Älplihorn aufsteigt, nördlich desselben zum Bühlenhorn hinstreicht und über das Stulsertal und den Cuolm da Latsch nach dem Tuorstal absteigt. Am Cuolm da Latsch fällt die Scherfläche mit 40—55° gegen E ein, am Gipshorn (Monsteinerkette) ist sie stark gegen S geneigt, nimmt gegen das Älplihorn flachere Lagerung an, um an seinem E-Hang mit 25—30° . Steigung gegen E auszustreichen. Südlich Val Tuors, wo sie eine Streeke weit unter Schutt verborgen ist, kommt die Scherfläche, jetzt gegen S ansteigend, oberhalb Sagliaz bei Bergün wiederum zum Vorschein und kann von hier gegen den Sattel zwischen Val Tisch und Val Platzbi verfolgt werden. Fast senkrecht gegen S ausstrei- chend schneidet sie auflagernde, 40° N-fallende Werfenienquarzite diskordant ab. Diese fehlen stellenweise und lassen stark gepressten Porphyr an die Scherfläche herantreten. (Vgl. Profil 2, Tafel IX.) Südlich unter der Ducanscherfläche treffen wir in der Val Tisch eine zweite Diskontinuitätsfläche, die bekannte Überschiebungsfläche, welche die Liasschiefer der Aeladecke begrenzt. Zwischen dieselbe und die Ducanscherfläche eingelagert findet sich in der Val Tisch eine verkehrte Triasserie, Im Hintergrund des Tales, bei den. alten Eisengruben, wird sie aus untertriadischen Schichtengliedern zu- Sammengesetzt, welche stark verfaltet und in einzelne, in allen Rich- tungen streichende Pakete aufgelöst sind. In ihrer dolomitischen Ausbildung weicht diese Untertrias faziell stark von der Ducantrias ab. Talauswärts treffen wir an ihrer Stelle Hauptdolomit und car- Nische Rauchwacken, stets überlagert von Arlbergdolomit. Im E durch Brüche und intensive Faltung noch stark gestört, sind diese Schichten Segen W bald ruhiger gelagert und schwellen im Bergüner Becken, 408 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 die Hauptdolomitmasse westlich Sagliaz und die Rauchwacke und Dolomitfelsen von P. 1501 aufbauend, zu grosser Mächtigkeit an. Ihre westliche Fortsetzung jenseits Bergün finden sie in den Rauch- wackeköpfen von Zinols; ferner wohl auch in Teilen der von Zyndel unter dem Namen „Suraver Zwischendecke“ zusammengefassten Trias- reste, welche sich nördlich der Aeladecke bis zur Motta Palousa aneinanderreihen. Die sehr steil gestellte Überschiebungsfläche an der Basis dieser verkehrten Serie lässt sich vom Unterengadin bis ins Bergüner Tal- becken verfolgen und trennt stets Hauptdolomit von der Liaszone der Aeladecke ab. Spitz bezeichnete ihre Ausstreichlinie 1913 als „Albulalinie“ und fasste die Störung als „Randspalte“ auf. Heute sprechen wir sie als Überschiebungslinie der Silvrettadecke an. Wohin gehört nun die zwischen den Störungsflächen beobachtete Triasserie der Val Tisch? Dass sie die direkte Fortsetzung, der in einem Bogen völlig umschwenkenden Ducanmulde ist, dürfen wir aus folgenden Gründen nicht annehmen. Die Ducanscherfläche müsste in diesem Falle sich in die südliche Störungsfläche fortsetzen; sie geht aber nachweisbar über die verkehrte Triasserie in der Val Tisch hinweg (siehe Profil 2). Stellen die zwischen die Ducanscherfläche und die Silvrettaüberschiebungsfläche eingepressten Triasglieder nicht vielmehr den verquetschten Mittelsch enkel der Silvrettadecke dar? Es spricht nicht nur die Ausbildung der unteren Trias, die aus einem Faziesübergang von den höheren unter- in die oberost- alpine Decke hinweist, für diese Deutung, sondern auch deren ver- kehrte Lagerung, welche auf der ganzen Länge konstatiert werden kann. Ferner wird diese Auffassung bestärkt durch den Umstand, dass die Triasschichten in einzelne Komplexe aufgelöst sind und ihr Streichen sich allmählich demjenigen der Aeladecke nähert; Er- scheinungen, die sich leicht als Folge der Differenzialbewegungen zwischen Aela- und Silvrettadecke erklären lassen, indem einerseits die Deckenschübe verschieden gerichtet waren und anderseits die Deckenbewegung mit ungleicher Geschwindigkeit erfolgte. Zyndel hatte die Trias von Val Tisch schon als verkehrten Mittelschenkel der Silvrettadecke aufgefasst; er rechnete jedoch, sich aufdie Karte von Theobald stützend, auch die hangenden „Verrucano- quarzite* dazu. Wie wir gesehen haben, gehört nun aber nicht die ganze Trias der Val Tisch zum verkehrten Mittelschenkel, vielmehr geht die Ducanscherfläche unter einem Teil derselben hinweg. Sie trennt auf diese Weise die auflagernden skythischen Quarzite, welche als eingewickelter Teil der Ducanmulde anzusehen sind, von den Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 409 unterliegenden zum Mittelschenkel der Silvrettadecke gehörenden Triasgliedern. Die Werfener Quarzite in der Val Tisch stehen mit ihrem N 70—80° E verlaufenden Streichen bei 40° N-Fallen in auffallendem Gegensatz zu ihrer nordöstlichen Fortsetzung am S-Hang der Hoch- ducankette. Hier streichen dieselben N 50° E und fallen 60-—80° . nach S ein. Ferner verändert sich die Stellung der Ducanscherfläche, welche am Cuolm da Latsch N-S gerichtet ist und nach E einfällt, über Sagliaz in der Val Tisch zu W-E-Streichen und 80° N-Fallen. Beim Vergleich dieser Tatsachen mit dem Verlauf der Aeladecke in derselben Gegend, drängt sich einem unwillkürlich das Bild einer in- - tensiven Einwicklung auf. Die südliche Fortsetzung der Ducanmulde wurde hier samt der darunter liegenden Scherfläche in die Falten der Aeladecke eingewickelt. Dass es sich hier nicht um ein bogen- artiges Umschwenken handeln kann, beweisen uns die bei Alp Darlux noch N 60° E streichenden Schichten der Ducanmulde. (8. Profil 2.) Während die Ducanmulde im E unversehrt geblieben ist, weist sie im W infolge dieser Einwicklung starke Störungen auf. Spitz und Dyhrenfurth (1913) beschrieben bereits die in der Val Tuors und auf der W-Seite des Piz Prosonch sichtbaren, nach W schauenden ‚Muldenumbiegungen. Sie führen diese Beobachtungen als Argument für die „rhätischen Bogen“ an. Bei den detaillierten Untersuchungen stellte es sich heraus, dass schon zwischen Piz Prosonch und Piz Valmala scharfe NW-SE laufende Transversalbrüche einsetzen. Die Ducan- mulde wird durch dieselben in einzelne blockartige Stücke zerlegt, in denen die Schichten und die darin enthaltene Umbiegung der Ducanmulde in ihrem Streichen knickartig immer mehr gegen S drehen, je mehr man gegen SW fortschreitet. Infolgedessen tritt die ursprünglich nach NW offene Ducanmulde im äussersten, west- liehsten Block als eine nach W schauende Mulde in Erscheinung. So kam es nur zu einem lokalen Drehen des Streichens in der Mulde, Richt aber zu einem Gesamtumschwenken derselben, nach Art eines Bogens. Dieses auffallende Abbiegen des SW-Endes der Ducanmulde wurde wohl durch eine Drehung der Blöcke in situ hervorgerufen, welche auf die Einwicklung durch die Aeladecke zurückzuführen ist, und ist also sekundärer Natur. In der Gegend nördlich Bergün bildet die mächtige Masse der Liasschiefer und -Kalke, welche die grosse Terrasse von Latsch auf- wen, mit dem Hauptdolomit des Crap eine nach N vorgeschobene scheinbare Stirnfalte der Aeladecke. Sie wird im N durch die steil- gestellte Silvrettaüberschiebung begrenzt und stösst mit ihren stark 410 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 19197; gepressten Schiefern längs einer orographisch deutlich hervortretenden Linie an den Gneis des Cuolm da Latsch. Diese Linie zieht sich aus dem Albulatal nördlich des Crap aufsteigend, durch die Ver- tiefung hinter dem Dorfe Latsch nach P. 1475 in der Val Tuors. Hier liegen zwischen Silvrettagneis und Liasschiefer der Aeladecke eingeklemmt, Serizitschiefer, gepresster Granit und ausgewalzte Sedi- mente. Letztere sind wohlals verschleppte Triasschichten zu betrachten, die aber nicht der Ducanmulde angehören, da sie von deren Scherfläche durch Gneis getrennt sind, sondern mit der verkehrten Schichtserie in der Val Tisch in Zusammenhang gebracht und zweifellos als Aus- quetschungsreste des liegenden Schenkels der Silvrettadecke angesehen werden müssen. (H. E.) b) Das untere Landwassertal. (Vgl. Tafel VIII u. IX, Prof. 2.) Ein breiter Streifen kristalliner Gesteine (hauptsächlich apliti- scher Silvrettagneise) zieht sich vom Cuolm da Latsch über den Stulsergrat nach Monstein im Landwassertal und verbindet sich gegen E mit der Hauptmasse des Silvrettamassives. Es ist dies die Mon- steiner Antiklinale, welche die Ducanmulde von der im NW vor- gelagerten, weiteren Triaseinmuldung des unteren Landwassertales trennt, die wir als Landwassermulde bezeichnen. Der Bau dieses letzteren komplexen Objektes ist in vieler Beziehung sehr ähnlich demjenigen der Ducanmulde. Auch hier ist der jüngere Inhalt der Mulde von dem zwischen der Monsteiner Antiklinale und dem Kristallin- Permzug Frauenkirch-Piz Musch muldenförmig eingesenkten kristallinen Untergrund oder dem ihn vertretenden, mechanisch gleichwertigen Permo — Werfenien im allgemeinen durch eine Scherfläche getrennt, welche wir als Landwasserscherfläche bezeichnen. Eine Ausnahme hievon bildet auch hier wieder der S-Schenkel der Gesamtmulde. Er baut die W- und N-Hänge der Muchetta auf „und ist in mehrere nach N überkippte Falten gelegt. Vom Land- wasser beim Filisurer Viadukt der Rhätischen Bahn über Buel und den Greifensteingrat nach der Muchetta aufsteigend, können wir in demselben folgende tektonische Elemente unterscheiden: 1. Die Wiesener Mulde: Sie stellt den tiefsten Muldengrund der Landwassermulde dar und ist eine enggepresste Carnienmulde, welche nördlich mit einer steil stehenden Scherfläche an den ge schleppten Schichtköpfen der sanftansteigenden Triasplatte des N- Schenkels der Landwassermulde diskordant abstösst. Ihr gehören die Rauchwacken am S-Ende des Landwasserviaduktes an, während am N-Ende desselben schon Anisien des N-Schenkels ansteht. Die trennende + F Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 411 Scherfläche nennen wir Wiesener Scherfläche: sie schneidet oft bis zur basalen Landwasserscherfläche hinunter und trennt die Land- wassermulde in zwei von einander unabhängige Teile. 2. Die Filisurer Antiklinale, welche die Entstehung der Ter- rasse von Filisur (Buel) begünstigt. ie Greifensteinsynklinale, durch die in ihrem Kern enthaltenen grotesken Rauchwackefelsen des Schlosses Greifenstein auffallend. Hierauf folgen im Wald des zur Muchetta ansteigenden Grates 4. Die Jennisberger Synklinale und 5. Die Jennisberger Antiklinale; beide ziehen sich der Cavia entlang nach dem Dorfe Jennisberg. 6. Die Curzinsantiklinale; diese stellt, die Schulter von P. 2318 und die Felsköpfe bei Curzins dador aufbauend, die Verbindung her mit der 7. Muchettamulde. (s. s. gegenüber der früher gebräuchlichen Bezeichnung „Muchettamulde“ für den ganzen S-Schenkel der Land- wassermulde). Ihr einfacher Bau tritt in einer schönen Intersektion ' am SW-Hang der Muchetta schon von weitem sichtbar zu Tage. Betrachten wir nun kurz die Fortsetzung dieser Muchettafalten gegen NE. Bis gegen Jennisberg fallen ihre Achsen nach NE ein, dann beginnen sie kniekartig im derselben Richtung aufzusteigen, die hördlicheren schon westlich Jennisberg, die südlicheren erst weiter östlich. Zugleich steigert sich die Komplikation der Muchettafalten immer mehr. Im Übergang von der Muchettamulde zur Curzinsanti- klinale macht sich schon am W-Hang der Muchetta eine Flexur bemerkbar; dieselbe artet, gegen E intensiver werdend, rasch in eine Scherfläche aus, welche den unterliegenden N-Schenkel von der Mu- chettamulde trennt. Ersterer erscheint stark nach N vorgeschoben, wodurch die übrigen Falten in ihrem Bau gestört wurden. Die Syn- klinalen verlieren längs scharfen Scherflächen den flachen nördlichen Muldenschenkel, während die steileren S-Schenkel erhalten bleiben und nur durch lokale flachliegende Brüche gestört sind. Durch die a Vorschiebung der Curzinsantiklinale und das gleichzeitige Aufsteigen der Achsen der nördlichen Falten verengert sich der Raum zwischen ‚derselben und der Wiesener Scherfläche immer mehr, woraus ein in- tensiver Kampf um den Raum zwischen den verschiedenen Elementen Tesultiert, Die Greifensteinsynklinale wird unter Jennisberg ausge- quetscht, die Jennisberger Antiklinale bohrt sich am Steigrück durch | nterschiebung in die vom Wiesener Viadukt an mit bis 80° Achsen- gefälle wieder emportauchende Filisurer Antiklinale ein, schliesslich 412 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 ein Gewölbe im Gewölbe bildend, ähnlich wie dies von Buxtorf (1916) aus dem Grenchenbergtunnel beschrieben wurde. Die Jennisberger Synklinale hält an bis zur Einmündung des Wiesener Schaftäli ins Landwasser, wo sie ihre letzten Spuren in Form von stark verfäl- telten Rauchwacken zurücklässt. (H. E. u. W.L.) Zugleich mit der Filisurer Antiklinale, deren Form wir in dem sanft ansteigenden Steigrück recht wohl erkennen, steigen beim Dorfe Wiesen gegen E neue Elemente empor, die zwei Wiesener Schuppen. Bei ihrem Auftauchen aus den carnischen Rauchwacken der Wiesener Mulde noch aufrechte Antiklinalen, gehen sie gegen E infolge Unter- schiebung durch die näher heranrückende Filisurer Antiklinale bald in S-schauende Schuppen über, welche in den zwei vom Brückentobel bei Wiesen gegen die Suraveralp aufsteigenden isoklinalen Grätehen sehr deutlich zum Ausdruck kommen. Gegen das Bärental zu ent- wickeln sie sich immer mehr zu den mächtigsten Elementen, auf Kosten aller südlicheren, welche auf der E-Seite des Alteinklotzes an ihnen zerschellen. Die Wiesener Schuppen branden ihrerseits an der Wiesener Scherfläche, d.h. an der flachen Triasplatte des N-Schenkels der Landwassermulde. Diese scheinbar ruhig gelagerte Triasplatte des Alteinplateaus und der Amselfluh-Valbellahornkette ist durchaus keine so einfache, | über dem unterlagernden Kristallin- und Permzug Frauenkirch—Piz Musch normal sich aufbauende Triasserie, als die sie auf den ersten Blick erscheint. Wohl liegen z.B. in den. Wänden der Amselfluh 'Porphyr, Buntsandstein, Muschelkalk und Arlbergkalk in richtiger Reihenfolge aufeinander, aber nur Perm und Buntsandstein stehen mit dem Porphyr in normalem Sedimentationskontakt. Das Anisien ist fast allgemein durch die basale Landwasserscherfläche vom Buntsandstein getrennt; die Campilerschichten sind ein erstes Gleitniveau. Eine zweite Gleitzone bildet die Anisien-Ladiniengrenze, eine dritte die Obergrenze des Alteindolomits. Das zwischen den letzteren zwei Gleitflächen eingeschlossene Schichtpaket ist denn auch in der Trias- platte der Amselfluhkette meistens mehrmals übereinandergetürmt. Ausserdem wird hier fast jede lithologische Grenze zur Scherfläche, so dass die ganze Triasplatte ein Gebäude von Gleitbrettern darstellt- Ahnlich wie in der Ducanmulde steigt auch in der Landwassermulde der kristalline Untergrund gegen N zuerst rascher an als die Trias, sodass das Carnien stellenweise an den Buntsandstein herantritt. Gegen NE hebt sich der kristalline Untergrund der Landwasse mulde derart, dass sich der ganze Triasinhalt, die Platte des N-Schenkels samt den angeschobenen Schuppen des S-Schenkels noch südwestlich er a ed En Pad Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 413 des Kummatals in die Luft hinaushebt, genau wie dies auf demselben Querprofil im Hintergrunde des Sertigtales mit der Ducanmulde der Fall ist. Wohin wir uns diese beiden Mulden durch die Luft ver- längert denken müssen, wo sich ihre Fazies gegen N und NE fort- setzt und wie sich die Triasschuppen des Rbätikon zu dem unter- suchten Teil der Silvrettadecke verhalten, ist noch unbekannt. Gegen SW beginnen die Achsen der Amselfluhplatte sich im Val- bellahorn zu heben infolge der durch die Porphyrkuppe des Sand- hubels hervorgerufenen starken Aufblähung der Unterlage, welche eine intensive Achsenaufwölbung innerhalb der Triasplatte bewirkt. Durch die Aufschlitzung dieser Sandhubelkulmination entstand das auf der Theobaldkarte gut zu erkennende bis nach Wiesen herunter- reichende schlitzförmige Porphyrhalbfenster des Brückentobels und die Unterbrechung der Triasplatte zwischen Valbellahorn und Gug- gernell. Auffallend ist, wie die Wiesener Scherfläche unbekümmert über die Kulminationen und Depressionen im N-Schenkel der Land- ' wassermulde hinwegschneidet und daher bald auf Porphyr, bald auf Trias liegt: der Axenverlauf südlich derselben ist unabhängig von demjenigen nördlich derselben. (W. L.) | c. Die Guggernell-Lenzerhornkette. ' Die Guggernellkette bedeutet eine erneute Achsendepression innerhalb des N-Schenkels; die Verschuppung desselben ist hier be- sonders kompliziert durch das Auftreten von Querfalten. Wie sich die Verhältnisse zwischen Guggernell und Mulein gestalten, müssen nähere Untersuchungen noch zeigen. Am Mulein lagert sich die Triasplatte wieder ziemlich normal auf den Buntsandstein des Muschzuges. Während der leztere im E immer direkt den Aroser Dolomiten aufruht, schaltet sich west- lich Alp Ramoz an seiner Basis eine verkehrte Triasserie mit Silvrettafazies ein, die verkehrte Lenzerhorngipfelschuppe. Wie aus dem Profil 3, Tafel IX, zu ersehen ist, bildet der Muschelkalk derselben den Gipfelturm des Lenzerhorns, darunter folgen in ver- kehrter Reihe alle Schichten bis zum Carnien. Zwischen dem ver- kehrten Muschelkalk des Lenzerhorngipfels und dem normalen Muschel- kalk des Piz Mulein lässt sich der Buntsandstein des Muschzuges & verfolgen bis in die E-Wand des Piz Linard. Dort endet er gegen Oben spitz als ein aufrechter Keil; oben am Grat zwischen Lenzer- „om und Linard liegt der’ normale Muschelkalk direkt auf dem “ verkehrten, ohne Zwischenlagerung von Buntsandstein. Sie sind offen- es bar durch eine Scherfläche getrennt, welche auch den Buntsandstein 414 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. ° | 1919 des Muschzuges im Streichen schief abschneidet, sodass er auf der Westseite des Piz Linard nicht mehr zum Vorschein kommt. Ferner keilen sowohl die verkehrte Lenzerhorngipfelschuppe als der normale Muschelkalk des Piz Linard in dessen W-Wand rasch gegen $ aus, wodurch der Arlbergkalk des Hangenden direkt auf die Rhät-Liaszone des Lenzerhorns zu liegen kommt. Dass die normale Serie am Piz Linard mit der verkehrten Serie am Lenzerhorn direkt durch eine einfache Antiklinalbiegung zu verbinden sei, ist unwahrscheinlich. Vielmehr stellt wohl die verkehrte Lenzerhornserie ein schon weiter nördlich unter den Normalschenkel dar Silvrettadecke geratenes Stück verkehrten Mittelschenkels dar. (Vgl. Profil 3, Tafel IX.) (R. B.) Der Grund der Landwassermulde verlängert sich gegen SW in den Grund der „Suraver Deckenmulde“. Die Falten der Muchetta setzen sich über den Chavagl grond ins Gebiet nördlich der Bergüner- stöcke fort, das schon Zyndel als zur Silvrettadecke gehörig erkannte. Hier nehmen sie ruhigere Lagerung an. Bemerkenswert ist das Um- schwenken des Schichtstreichens im Albulatal. Bei J ennisberg streichen a Sa die Schichten der Curzinsantiklinale N 40—50° E, unterhalb Surmin an der Albulabahn dagegen N 10 E. Ob damit ein Umschwenken der Faltenachsen verbunden ist, bleibt noch zu untersuchen. (H. E.) d. Zur Mechanik der Silvrettadecke. Der Bau der Silvrettadecke steht in auffallendem Gegensatz zu den tektonischen Formen, wie man sie in den helvetischen und pen- ninischen Alpen zu sehen gewohnt ist. Statt der weithin verfolg- baren Falten, welche untereinander in vollem Zusammenhange und einem engen mechanischen Abhängigkeitsverhältnis stehen, finden wir hier auch in den gefaltenen Regionen alles aufgelöst in zwischen Scherflächen und Brüchen begrenzte Schichtpakete, welche sich völlig unabhängig von einander bewegen können. Dieser Bau ist aber ein sekundärer. Der heutige Bau der Silvrettadecke in unserem Gebiet ist eine Palimpseststruktur, in der die primär sicher viel einfachere Anlage der durch gewöhnliche Faltung entstandenen Antiklinalen und Synklinalen, durch sekundäre Vorgänge zwar verwischt, aber dennoch zu erkennen ist. Die primären Anlagen der Antiklinalen und Synklinalen stammen wohl aus einer Phase, da die Silvrettadecke noch ein aktiv vorwandernder Körper war, in ununterbrochener Ver- bindung mit seiner Wurzel. Die heute sichtbaren Komplikationen aber, die unzähligen Bruch- und Scherflächen, das häufige rasche Auf- und Absteigen der Faltenachsen, können erst entstanden sein, da die Silvrettadecke als eine nur noch wenig belastete tote Masse auf der | Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 415 während einer späteren penninischen Faltungsphase wieder lebendig gewordenen Aeladecke nach Norden verfrachtet wurde. Dabei er- _ zeugten die von unten gegen den Boden der Silvrettadecke wirkenden Bewegungen in der Unterlage jene Unzahl von Diskontinuitätsflächen zweiter, dritter und vierter Ordnung, welche die schon gefaltete Silvrettadecke in jeder Richtung zerteilten und ihr den so sehr an schottische Decken erinnernden Habitus geben. Schon die Basis der Decke ist ein typischer, alles diskordant abschneidender „thrustplane“, eine Scherfläche erster Ordnung; die Landwasserscherfläche aber ist eine solche zweiter, die Wiesener Scherfläche eine solche dritter und die Unterschiebungsflächen der darauf bewegten Wiesener Schuppen sind Scherflächen vierter Ordnung. Diese Zerstückelung durch ein System sich kreuzender Flächen ist ein deutliches Anzeichen für ein Milieu von geringer Plastizität und überwiegender Starrheit. Die wichtigsten Scherflächen sind die nach N schief ansteigenden Flächen zweiter Ordnung, wie die Ducanscherfläche (das S-Ende derselben wurde erst sekundär durch die spätere Einwicklung nach N) aufgebogen), die Scherfläche zwischen Muchettamulde und Curzins- antiklinale, die Wiesener Scherfläche und die Landwasserscherfläche; essind diejenigen, auf welchen die aus der Unterlage gegen N und schief gegen oben wirkenden Kräfte sich unmittelbar auslösten. Charak- teristisch ist, wie sich diese Flächen überall da anlegten, wo die Sehichten mit der Richtung dieser Kräfte den kleinsten Winkel bilden, d. h. in den flachliegenden N-Schenkeln der primär angelegten Mulden Im Gegensatz dazu zeigen die steilstehenden S-Schenkel, auf die der Stoss fast senkrecht wirkte, keine wesentlichen Störungen, abgesehen . von Fältelungen und unbedeutenden mit den erwähnten Scherflächen parallellaufenden Brüchen. Die Verschiebung in den N-Schenkeln er Mulden dagegen sind immer bedeutend und zwar ist stets der liegende Teil, die betreffende Kristallin- oder Permantiklinale gegen- über der hangenden Mulde relativ vorgeschoben. Wir nennen diesen Vorgang Untervorschiebung; er ist die Hauptursache des spezifi- schen Habitus der Tektonik im Albula- und Landwassergebirge. So 'st die Monsteiner Antiklinale gegenüber der Ducanmulde unter- Vorgeschoben, die Curzinsantiklinale gegenüber der Muchettamulde "sw. Auf Untervorschiebung und nicht auf Überschiebung beruht ae der seltsam unharmonische Bau aller Triasmulden, das Fehlen der Normalen, liegenden Muldenschenkel. Dass sich die Bewegungen der = Unterlage in erster Linie in den primären Kristallin- und Perm- utiklinalen, viel weniger in der Triasmulden fortsetzen, ist charak- = ‚teristisch für den Zustand des Milieus; nur bei grosser Gesamtstarr- 416 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 heit, d. h. bei geringer Überlastung treten die relativen Starrheits- unterschiede der Gesteine in dem Masse hervor. (H.E. und W.L) Suchen wir nun noch nach dem speziellen Motor der Untervor- schiebungen in unserem Gebiet, so erkennen wir denselben in den Profilen leicht in der tieferen Falte der Aeladecke, der sog. Stirm- falte des Crap bei Bergün. Wir bezeichnen dieselbe als Latscher Stirn. Die Stosswirkung der nach NE vormarschierenden Latscher - Stirn setzte sich in den primären Kristallinkernen der Silvrettadecke fort und erzeugte so die Untervorschiebungen. Die Spannungen waren im E derart, dass sie sich längs scharfen Gleitflächen auslösten, während im W durch Flexuren und Umdrehen der Streichrichtung ein allmählicher Ausgleich der von der Latscher Stirn ausgehenden . Kräfte und ein Übergang in ruhigere Lagerung eintrat. | £ Mit: den Untervorschiebungswirkungen der Latscher Stirn steht auch das Abbiegen des W-Endes der Ducanmulde in Verbindung. Da die kristalline Masse des Cuolm da Latsch, welche ‘unter der Wirkung der Latscher Stirn Untervorschiebungsphänomene im N- Schenkel der Ducanmulde hervorbrachte, gegen E durch die Ducanscher- fläche keilförmig zugeschnitten ist, bewirkten die gegen E gerichteten i ; Komponenten ihrer Bewegung eine Hebung der Ducanmulde. Infolge der dadurch entstandenen Vertikalspannungen und ihrer geringen Elastizität ging diese letztere in Brüche. Gleichzeitig brachte wohl ein aus der Keschgegend wirkender unterostalpiner Schub den öst- lichen Teil der Ducanmulde gegen N vor, während der westliche 3 zurückblieb, einerseits durch die gegen W intensiver werdende Ein- wicklung gehemmt; andererseits erschwerten die vorhandenen Vertikal- brüche eine Übertragung der Bewegung auf den westlichsten Teil der 4 Mulde. Dass überdies noch ein beträchtlicher Stoss von W nach E 1 erfolgte, zeigt in der Val Striela eine interessante Stelle, wo die 1 Einpressung des am westlichsten gelegenen Blockes in den Mulden- k ‚ kern seines östlichen Nachbars deutlich beobachtet werden kann. Ferner lassen ausgeprägte wellenförmige Querfalten der Latscher | Stirn und die sogar innerhalb der Liasschiefer selbst noch entstandenen Querfältelungen die Annahme eines W-E gerichteten Druckes berechtigt 4 erscheinen. Folgende Bewegungen haben also die Abdrehung des W-Endes 4 der Ducanmulde bewirkt: 4 1. Die Unterschiebung des kristallinen Keiles des Cuolm da Latsch unter die Ducanmulde: Entstehung der Transversalbrüche. 4 2. Vorstossen des Hauptteiles der Ducanmulde; relatives Zurück“ bleiben des westlichen Teiles. Vierteljahrsschrift der Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64.1919. | Bee 3: —R - u . Cadisch, W. Leupold, H. su Sees er und R. Brauchli, 1918 we x ED TEE ne 52 - Se en LS 32 = — Bee EL, RE Ri Jar au EEE STIEN a — ee ENT ER FR: & _—— ge ar rag an Be ER loser \- SINE REN SO: Eee De u Br HEINE BEE? PRERERTEHEIER . bi NR N a I ST Kistenskein SFEREE latz ELTNE EN ” u; <” Tanne Ent er —— Be De > RN Are HN d BR ya R. Te ut z 5 N Y . KIA Ei z — tl 2 ERSTES aan AN SEN N RE, 2 ne „— RER EEE Kar 2 ai ER we RR Bere REN Be Tr N fen AIT TATEN ER IR ve 4 — — —— EEE RE AR et Ru Fe TERRY F See VEN UZH ES ENREERE IEHNIHEREEEN > SEREHRERESHENG Se SOESIEREEST. SEES 3. remain. > LIEST OLE ER A N E EPRERSEE ERBESIEESERSE TER : 3 Te Bra FO ee < ; EEE: s ”2 x /, e",»:# er. - DET 27 De = IP Zn 2 ur 7 5ch ai I: ag: GER a ——— IR Nr N —- 70 —— re ENT “ Benz... nn — Stell Be 1° a” \ Kl DET Se -———— — Free REES Q AS; FEIERT RN — Be; RER Be Er e 5 = ee a I En, RL S ern? ——— EOTE BSR ee R \ — 9 —o Largwiey REN: a ‘ ; ee ae RR "4 Pischahn. ER 7: Seehorn NR BF BE RIN) q KIRSTEN IS R ES „ DNTRREELEE Le ltr ee N Pr EEE, I rl Ten a Ds * Zr TOLL, \ S N NENNEN 77 x iA y 22, 7 et SEILER N u z” TA . ae 5 NOn end VASE ÄE © Ss ERS ar EDEN S : — , NR x 5 2, S — ms! > y - >77 S “ Sn Par a SR, SETS & “ ER SE ST ” Se Schw v3 hu. ER R ee 3% - ee 1X 2 . ER GERRIFER A BR DIÖ in ,\ 8°) ä en —_—_ _ MESEINZEETN GE & Bm- Parpan HEHE a IL; °, Io Parpen Ne T—— IE% 2 ar .. ‚17 7 a... < + Bin “ a “ . N ® ex ae x \ f ” h ® N N T. t. Eu S . — nd Trees . \ ; mw — 3. Rot hör nt ; sn SAltin : S a: i S Valbelljahorn S \ BRSER| : ros,|Rofhorn N Ss Hi ? R \ | ” F 7 N er S \ R sm: Y FE g Geifroren Horn NS “RT FEN, Taun \ SAL SR nes: N Gugger rel R Le N \ \ u ER 2 et Monstein : N Ss ee Vz { N‘ SI Bockken;horn N, a N N e 3 R2 zug -Le “ ! IR PAR Aelplihorn ER \ : — u % 4 v4 = .€W Br .. r 7 # fl E S an, . Mulein z f N sa ee) Li 9, er I AA Macht RUN x Be m dl EN. 5” N CKracen 2. horn = Kühalphorn * —— Lenz: IH x Ä ; '£ SS mi o Bar / R > - . ÄAlveneu / . o K .y kr N Nr 4 5 | x tisur Pr 7 % #7, Br FREE Er, 7 /, S, Ku, 37 u’ N e urava \ , ne SEN 4 \ _ Te A ” - @/ — ren %; 1 » Wiesener Schuppen , Curzinsgew 7. Muc A. Monsteiner Antiklinale Masstab-1 : 150,000 1 2 3 4 5 Km. —Tektonische | Karte des Plessurgebirges und der Ducankette. N :Ch.o? III! Pe d’Aela A Zuse KÜMMERILY& FREY. BERN. Tafel VII. B. Oberostalpin 5. Silvrettadecke Klastisches Permo-Werfenien Porphyr Kristallin Verkehrte Serien: Lenzerhorngipfelschuppe Eingewickelte Teile: Rothornkristallin etc. Trias a Kristallin und Permo-Werfenien Antiklinalen -— — — Synklinalen +HHHHH+ Transversalbrüche mtr Scherflächen innerhalb d. Silvr-D. Ueberschiebung der Silvr.-Decke dito eingewickelt A. Unterostalpin 4. Decke der Aroser Dolomiten MM Trias-Lias 3. Aroser Schuppenzone 9 b) Höhere Schuppen: Casanna-Schafläger-Parp. Weisshorn Kristallin-Mesozoikum mr Kristallin des Schaflägerzuges a) Tiefere Schuppen: Weissflsh- Aroser Weisshorn tallin-Mesozoikum z Falkinte-Sulzfluhdecke | b) ey eye Granit bis Fa an |) RAN eV Kreide a) Sail : Dogger bis Flysch »rrrr Unterostalpine Hauptüberschiebung rrrr do. approximativ 1. Bündnerschiefer (Margnadecke) Mesozoikum, Flysch Ss Basische Eruptiva 77 — Streichen und Fallen der Schichten <—> Streichen } —ı Eefeichen und Fallen der Faltenaxen Y \ / Axenkulminationen und Depressionen eljahrsschrift der Naturf. Ges. Zürich Jahrg. 64.1919. Tafel IX. | en Tektonische Sammelprofile durch das Plessurgebirge und die Ducankette. Seehorn Stille N I ! 1000 M- Dischmatal Valbellahorn ! Suraver A. Steigrück Steigtob Landwasser I el ı j Pi I 9 Altein-Tiefenberg a. Bodmen I K—< Züge | Ka BON wW S RE INS ] A f | N n . P 2% 1 : z BE » ei Fee Ai 9 Ny 2 S Y ee - IN NIIN Be - n x PL D ; ARE us AR I S NÜQ RR \ 3 E> 4 \ INN N ec | WEIN FFIIEEEERS], N Tr Muchetta > ET NN II oJ, > er N‘ „500 m (W. Leupold) WS, WS2 Wiesener Schuppen » Wiesener Mulde 2. Fillsurer Gewölbe 6. Curzinsgewölbe 7. Muchettamulde M. A.Monsteiner Antiklinale| 3. Greifensteinmulde 4. Jennisberger Gewölbe 5. Jennisberger Mulde Zu Profil 1 Profil 1 Masstab- 1:60000 "kalt 1 f ar N GE | I Sulzfluhdecke Casanna Schwarzhorn eissfluh here HR IS a S \ I S) P. 20m Serneus | | TRT__ sage ea A PIE PEN men. : ! Se ET), tee er R Bar ER ie . | a IE en Falknisdecke EINS) Küpfenfluh N? a ZIELE \ - . in en KEGRER DT Bündnerschiefer (Fıysch etc.) 53 DR >) (Margnadecke) gr re SITIIEIT IIIRRI = & 4 en TE (l. Cadisch, W. Leupold) = Basische Eruptiva 900 m H Haupterhorn ——Z, . — Ducanmulde 7 DDucanscherfliäche 1 r Profil 2 Landwassermulde en en Hera Bier rung { en 2 H ı ' 1 H L Landwasserscherfläche WWiesenerscherfläche u. \ ; N S NW WS DIT LER Dsüte,: ri > e Ss beat; Be ERBE zen ran nn ee Ehe] I BI- ER ag Er ir Aroser Schuppenzone: Casannaschuppen, Schaflägerzug Kristallin des Schaflägerzuges Weissfluhschuppen (Kristallin-Mesozoikum) SE & L Srheruainteisehnsss Vrdenfürkeli enzerhornaipfelst 2 'Parp. Weissho Aroser Rothorn p Naira de Rothprn | i P, Miez Lenzerhorn a P. Lin * i____S!ivrettadecke Astidscke Belfort Surava —— -_ — Albula P. 901 j “us ei na W. Leuoold) ee = (R. Brauchli, AN GR Sa Latscher St i EST, RR (H. Eugster) Zu ' Profil 2—3 Aroser- ne Decke der, Aroser Schuppenzo Dolomiten Li ar Obere Lias Rhät Hauptdolomit | Schuppen #. Norisch-rhät. Grenzniveau Ob. Schuppen im Allg. She ug Untere Schuppen gi Ladinien Bündnerschiefer (Fiysch etc.) Margnadecke i Deckenüberschiebungen SE Basische Eruptiva Scherflächen kur Gene Carnien 3.567 u nur, Por kb. Er Ladinien SIE Anisien Permo-Werfenien (Klastisch) Porphyr Kristallin Kristallin der Silvrettadecke Decke der Aroser Dolomiten (Trias) “UMMERLYEPFRET BERM. Jahrg. 64. J. Cadisch, W. Leupold, H. Eugster u. R. Brauchli: Mittelbünden. 417 3. W-E gerichteter Stoss senkrecht zur steilgestellten Ducanscher- fläche: völlige Drehung der äussersten Teile in die N-S Stellung. : Es kam also nicht zur Bildung eines gegen S umschwenkenden primären Bogens innerhalb der Silvrettadecke, wie ihn Spitz auf Grund der Beobachtungen am Piz Prosonch postuliert hat, sondern die ursprünglich geradlinig angelegte Ducanmulde wurde durch sekun- däre Vorgänge gebrochen und die einzelnen Teile knickartig gegen $ gedreht. (H. E.) Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg.64 1919. 21 RR RE Br Lamprophyrische Ganggesteine im zentralen Gotthard- granitgneis aus der Umgebung des St. Gotthardhospizes. Von U. GRUBENMANN (Zürich). (Als Manuskript eingegangen am 14. Januar 1919.) Für den Petrographen, der sich mit der wissenschaftlichen Unter- suchung von Intrusivgesteinen beschäftigt, haben die lamprophyrischen Ganggesteine ein besonderes Interesse, nicht bloss als die Produkte eigenartiger magmatischer Spaltungsprozesse, sondern auch wegen der grossen Menge ihrer Erscheinungsformen, die aber, weil sie oft recht unauffällig sind, gerne übersehen werden. Sie kennzeichnen sich durch den vorherrschenden Gehalt an glänzenden schwarzen Biotit- blättern oder schwarzen Stengeln von Hornblenden, auch Augiten, die bald in einer, bald in zwei Generationen wahrnehmbar sind und in letzterem Falle den porphyrischen Bau verraten. Aus einem tieferen Eindringen in die Art ihres Wesens dürften aber angesichts der grossen Mannigfaltigkeit und Wandelbarkeit derselben wertvolle Winke sich ergeben für die Aufklärung der noch immer recht rätselhaften Differentiationsprozesse; darum wird jeder Beitrag zur Mehrung in der Kenntnis derselben zu begrüssen sein. Vor zwölf Jahren hat einer meiner Schüler, P. Waindzoik'), anlässlich seiner „petrographischen Untersuchungen über Gneise des St. Gotthard“ innerhalb dieser Gesteine 43 solcher Lamprophyre auf- gefunden und sechs derselben mikroskopisch und chemisch genauer untersucht. Seither sind in der näheren und weiteren Umgebung des Gotthardhospizes aus militärischen Gründen eine Reihe Wege angelegt worden, wobei neue Lamprophyre zum Vorschein kamen und U weiteren Untersuchungen anregten, die meinerseits im August des vergangenen Jahres begonnen wurden. Vor dreissig Jahren habe ich, veranlasst durch die Arbeiten von Alb. Heim über die Geologie des 1) Züricher Dissertation 1906. x) Jahrg.64. U.Grubenmann. Lampr. Ganggesteine i.zentr. Gotthardgranitgneis.419 Gotthardmassivs '), dort meine ersten Studien über metamorphe alpine Gesteine vorgenommen ?); auch die nachfolgenden petrographischen Mitteilungen beziehen sich auf eine Gruppe metamorpher Gesteine des St. Gotthardgebietes, die noch weiter verfolgt zu werden verdient, um bezüglich ihrer Genesis zu allgemein gültigen Resultaten zu gelangen. Wenn man vom Gotthardhospiz aus zu den südlich davon ge- legenen Militärbaracken hinübergeht, stösst man am Wege, 10 m vor dem ersten Gebäude, im porphyrartigen Fibbiagranit auf einen '/; m mächtigen, steil stehenden, reichlich dunklen Glimmer führenden Lamprophyr, der das erwähnte Hauptgestein senkrecht zum Streichen durchsetzt und sich als Wasserzug bemerkbar macht. Durch etwelchen Abbau gelingt es leicht, frische Gesteinsproben zu erhalten. — Die- selben erscheinen makroskopisch zuckerkörnig, weissgrau gesprenkelt, mit einer schwachen Andeutung von Schieferung parallel den seit- lichen Begrenzungsflächen und auch einer etwelchen Streckung, der Längsrichtung des Ganges entsprechend. Auf den spärlichen Kluft- flächen entdeckt man Körner von Quarz und Caleit. -Unter dem Mikroskop tritt sofort die ausgesprochen kristalloblastische Struktur eines metamorphen Gesteins zutage, die sich namentlich an den vor- herrschenden, stark ausgebuchteten Biotiten deutlich bemerkbar macht. Viele grössere und kleinere Körner von schwach gelblichem Epidot und selteneren, farblosen Zoisiten treten zwischen xenoblastischen Quarzen und Albiten hervor und ergänzen neben ganz spärlichen kleinen Magnetitkörnchen und Apatiten das Gesteinsbild. Caleit er- Scheint sowohl nur in einzelnen Körnern zwischengestreut, als auch in zusammenhängenden Lagen und Schmitzen sekundärer Herkunft. Der von ölgrün nach hellgelb pleochroitische Biotit beherbergt kleinste Epidotkörnchen neben einzelnen Zirkonen und ist relativ rein; durch den Albit markieren sich typisch poikiloblastische Felder, in denen alle Gemengteile eingebettet sind. Die Vergleichung von Längs- und Querschnitten des Gesteins bestätigt Kristallisationsstreckung und Dan kommt zu dem Eindruck, dass porphyroblastische Struktur vor- liegt mit Hinneigung zu homöoblastischer Ausbildung. Dies alles führt zu dem Urteil, dass ein metamorpher Kersantit vorliegt, dessen ürsprünglicher Plagioklas im anorthitischen Anteil sich epidotisiert ') Alb. Heim, Geologie der Hochalpen zwischen Reuss und Rhein. Text zu Blatt XIV der Geol. Karte der Schweiz, U. Grubenmann, Über die Gesteine der sedimentären Mulde von Airolo. — Zur Kenntnis der Gotthardgranite. — Über Gesteine des granitischen Kerns des Östlichen Golthardmassivs. Mitteilungen der Thurgauischen Naturf. Gesellschaft, 8. 9. und 10, Heft, 1888, 1890 und 1892 420 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 und zoisitisiert hat, welche Auffassung durch die Resultate der che- mischen Untersuchung bestätigt wird, die, wie auch alle nachfolgenden Analysen, durch meinen Assistenten, Herrn Johann Jakob, mit grosser Sorgfalt durchgeführt wurde, wofür ich ihm hiemit bestens danke. Sie ergab: 1. Metamorpher Kersantit, östlich der Militärbaracken südlich vom Gott- hardhospiz. Mol. Quot. Mol. Proz. - Werte nach A. Osann'): SiO, 50,66 s 7 Fl TiO, 0,96 ' A= 59 M= 48 EURE On - 58 T=0 CO, 2,34 Projektionswerte: AL,O, : 16,77 17,08 11,07 9,.%,.Ls Fe,0, 1,21 SAIF?) 18,5 35 8 FeO 5,02 8,93 5,79 aMCARIEH TE MnO© 0.09 | NK 18 MC 49 MgO 5,60 14,55 9,43 Werte nach P. Niggli®): CaO 8,34 15,39 9,97 St ==,170 Na,0 0,90 1,52 098 al=32,5 fm =20 c 295 alk=18 K,0 7,00 7,74 5,01 k= 0,77 mg= O,14c= 150° —_ H,0+ 122 3 KR Das Gestein zeigt in SALF gute Über- H,0— 0,04 Ko - einstimmung mit den Kersantiten 1205 100,4 154,36 100,00 und 1206 des unten genannten Opus Fr Spez. Gewicht: 2,85. Osann; für AlCAIk besteht eine kleine Abweichung, für NK und MC eine grössere. Zirka 20 m südlich der letzten Baracke gelangt man am ge. nannten Wege zu einem zweiten, 14 m mächtigen Lamprophyr, der das porphyrartige Hauptgestein parallel oder in sehr spitzem Winkel zur Schieferungsfläche durchsetzt mit 30° NW-Fallen und einer starken lüftung nach SO. Das in der Gangrichtung ausgezeichnet gestreckte Gestein ist etwas gröber im Korn als das vorige und verrät durch schwarzen Biotiten schon makroskopisch porphyrische Struktur ven, einer mattweissen, feinkörnigen Grundmasse. In den langen Biotit- flanschen glaubt man Pseudomorphosen nach Hornblende zu sehen, was sich aber unter dem Mikroskop als Täuschung erweist. charakteristische Gesteinsbild wird lokal durch Biotitkonkretionet unterbrochen. — Durch das Mikroskop bestätigt sich, dass der Unter schied gegenüber dem vorigen Gestein zunächst hauptsächlich em ') Vergl. U.Grubenmann, Krist. Schiefer. 2. Aufl. Berlin 1910. ®- 134 ?) Vergl. A. Osann, Petrochem. Untersuchungen. Abhandl. der Heidelberg! A.d. W. math.-naturw. Kl. 2. Abhandl. 1913, S.6 u. f. 8) Vergl. P. Niggli, Verhandl. der $S.N.G. Zürich 1917. I. Teil, (auch dieses Heft der Vierteljahrsschrift). sa Jahrg.64. U.Grubenmann. Lampr. Ganggesteine i.zentr. Gotthardgranitgneis.421 . struktureller ist, denn es liegt hier eine typisch porphyroblastische Struktur vor, wobei die zahlreichen lappigen, auffallend reinen Biotit- porphyroblasten in ein feinkörniges Grundgewebe von Albit, Quarz, Epidot (spärlichem Zoisit) und Biotit eingebettet sind. Die Epidote zeigen sich öfters typisch zusammengehäuft und verraten dadurch auch hier ihre Abstammung aus der Metamorphose eines basischen Plagioklases. Die dabei freiwerdende Kieselsäure konnte sich öfters zu grösseren Quarzkörnern ansammeln; poikiloblastische Albitfelder machen sich im Schliffe kaum bemerkbar. Vereinzelt werden grössere Rutile und nahezu farblose Granatkörner angetroffen, Caleit in spär- lichen Körnern. Auch dieses Gestein dürfte als metamorpher Kersantit anzusprechen sein, was die unten folgende Analyse bestätigt. Seine Kristallisationsstreckung wird durch die Biotite markiert. Die Vermutung, dass der Gang ostwärts sich auf eine grössere Strecke fortsetze und dann an der Poststrasse '/, km südlich des Hospizes zutage trete (vergl. P. Waindziok 1. c. Melanokrates Gang- gestein Nr. 2), wird durch die Analysenresultate nicht bestätigt. Dagegen kann der Gang vom Militärweg ab in westlicher Richtung weiter verfolgt werden und tritt nach zirka 200 m oberhalb dieses Weges in 25 m Höhe innerhalb einer Infanteriestellung als Ausbiss für 6 m deutlich zutage; seine Mächtigkeit ist auf 2 m zurückge- gangen. Die Korngrösse hat zum Teil etwas zugenommen und die Textur wird mehr richtungslos, zum Teil werden die Komponenten feiner und die Anordnung derselben geht in eine ausgesprochen lamellare über, besonders am östlichen Ende des Ausbisses. Das mikroskopische Bild entspricht in allen wesentlichen Stücken dem oben gezeichneten, sowohl nach Komponenten als nach Struktur; nur werden Calcitkörner etwas häufiger getroffen, einzelne Biotite er- scheinen chloritisiert, auch Pyrite stellen sich ein, kleine Abweichungen, die vielleicht mit der randlichen Lage im Gang zusammenhängen. Die Resultate der chemischen Analyse siehe Tabelle 2, Seite 422. Verfolgt man, ausgehend vom obigen Lamprophyr, den ange- tretenen Weg weiter, so erscheint etwa 20 m westlich der über- schrittenen kleinen Brücke ein drittes, 60-80 em mächtiges, sehr Schönes lamprophyrisches Ganggestein in ganz frischem Anbruch, den dortigen Augengneis senkrecht zum Streichen steilstehend durch- Schneidend. Es ist nach Farbenton, Körnigkeit und Komposition sehr ähnlich dem ersten der untersuchten Gänge, auch hinsichtlich der undeutlichen Schieferung bis Streckung entsprechend der seitlichen grenzung, resp. Längsrichtung des Ganges, der in der zentralen Zone sich etwas grobkörniger zeigt als in den randlichen Partien. 422 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 2. Metamorpher Kersantit südlich der genannten Militärbaracken. Mol. Quot. Mol. Proz. Werte nac Osann Si0O, 52,96 s = 5937 F= 1491 TiO, 0,89 ; A: 516.M= 086 P,0, 035 | 91,12:.6887 Cent GO, Sp. Projektionswerte: Al,O;:..: 19,87 19,79 12,86 2a % fr Fe,0, 1,83 | SA 10: 87 FeO 5,00 9,47 BAT: AICAIk 14,5 9 6,5 MnO 0.08 | NK 6,2 MC 4,9 MgO 4,71 11,95 7,18 Werte nach P. Niggli: CaO 6,82 12,38 8,07 Si = 176 Na,0 3,32 5,45 3,55 aa=38 Im=21 c=4 alk=il K,0 3,16 3,40 2,20 k= 0,36 mg= 0,11 ct= 1,16 H,0O+ 0,78 RR _ Das Gestein zeigt am ehesten Überein- H,O— 0,08 - = stimmung mit dem Kersantit Nr. 1197 99,85 153,56 100,00 der Osannschen Zusammenstellung (l. c), Spez. Gewicht: 2,87. namentlich in den Projektionswerten der 3. und 4. Reihe. . Den Gang aufwärts verfolgend, gelangt man an die oben erwähnte Infanteriestellung und kann dort sehen, wie dieser dritte Lamprophyr zum zweiten nahezu normal verläuft. — Unter dem Mikroskope über- raschen neben den vielen stark gelappten und perforierten dunkel- ölgrünen Biotitporphyroblasten (strohgelb nach e,), die zahlreichen stengeligen und körnigen Epidotaggregate, welche, wie leicht erkannt werden kann, aus der Summation vieler kleiner Individuen hervor- gegangen sind und nunmehr neben ihnen als Porphyroblasten er- scheinen. Zoisite treten stark zurück. Im Grundgewebe liegen poikilo- blastisch durchsetzte Albite in grösseren Feldern, die Quarzkörner sind spärlicher, dafür etwas grösser. Auch Caleit tritt gelegentlich in stärkeren Körnern auf, ähnlich wie Albit alle übrigen Komp nenten einschliessend. Die Kristallisati hief: g in der Hauptsache wieder an den Biotiten ersichtlich ist, tritt im Dünnschliff wenig deutlich hervor. Nach Allem liegt auch hier ein metamorpher Kersantit vor, der aber in der Umwandlung weiter vorgeschritten und mehr ausgeglichen ist als die beiden vorigen. Der Chemismus ist folgender (siehe Seite 423): x In weiterer Verfolgung des Fieudweges tritt 10 m westlich des eben beschriebenen Lamprophyrs eine 6 m mächtige aplitische Zone auf als Fortsetzung der „Banchi* und nach Durchquerung derselben erscheint oberhalb des Weges ein vierter dunkler Gang von C8. 6m Mächtigkeit. Er durchsetzt den Augengneis senkrecht zur Schieferung desselben und kann nordwärts ungefähr 25 m weit verfolgt werden. 3 —' 19,21 TiO, 0,73 1 . ie BO, 0,4 | 91,80, 39,19 Ce Ted 60, 0,59 Projektionswerte: AL,O, 16,79 16,72 10,83 ee F&s0, 1,93 SR. = 48.88. 48 FeO 516! 9,86 6,39 ALLA 414 10° 8 Mn OÖ 0.07 K=-19) u = 50 MsO 5,45 13,82 8,95 Werte nach P. Niggli: CaoO 7,57 13,75 8,92 Si = 145 N,0 1,05 1,73 1,12 al=%65 fm=375 c=2 alk=14 K,0 6,66 7,20 4,66 k= 081 mg= 0,58 cf= 0,54 H,0+ . 0,86 Er SER Das Gestein gleicht am meisten der H,0— 0,06 Ber ne Nr. 1199 der Sammlung Osann (l. c.), 100,55 154,41 100,00 doch nicht gut, da es nach NK und MC Spez. Gewicht: 2,91. stärker abweicht. Sein Hauptgestein erinnert in jeder Beziehung an den zweiten oben untersuchten Kersantit; an seinem östlichen Rande dagegen fällt eine 0,5 m mächtige, stark geschieferte und geschuppte Zone auf, die sehr schön gefältelt ist, während die westliche Randzone zwar wesent- lich glimmerreicher und dunkler, aber nur schieferig, nicht gefältelt, erscheint. Der Ostrand tritt in Berührung mit einem Fibbia-Augen- gneis, der im Vergleich zum gewöhnlichen porphyrartigen Fibbia- gestein ganz deutlich reicher an Biotit und Chlorit, und zugleich aus- gesprochen geschiefert und gestreckt ist. Der Übergang zwischen diesen Gneisformen vollzieht sich ganz allmählich innerhalb einer etwa 0,5 m breiten Zone. — Auch unter dem Mikroskop zeigt die Hauptmasse des neuen Lamprophyrs keinen irgendwie wesentlichen Unterschied gegenüber dem Kersantit Nr. 2; vielleicht sind die Epidot- körner noch deutlicher gehäuft als dort und die Struktur erscheint etwas weniger ausgesprochen porphyroblastisch, etwa wie in Nr. 1. Von einer speziellen Beschreibung, die fast nur Wiederholung sein müsste, kann daher hier abgesehen werden; auch die Resultate der chemischen Analyse, die weiter unten folgen, zeigen weitgehende Übereinstimmung mit den beiden genannten Kersantitvorkommen. Um so mehr Interesse erweckt die Umformung des Ganggesteins gegen die östliche Randzone hin. Zunächst tritt an die Stelle der errschenden linearen Textur ganz vorübergehend eine deutlich Schieferige, die aber sofort durch ausgesprochen helicitische Ausbil- ung eines mehr phyllitisch aussehenden Gesteins ersetzt wird, wobei Sich auf der Hauptfältelungsfläche, unter 30° zur Faltenkammlinie, 424 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 deutlich eine diagonale Streifung bemerkbar macht. Auf dem Gesteins- querbruch erkennt man schon mit der Lupe, dass die gestreckten Mittelschenkel dieser Falten von Glimmern eingenommen werden, während an den Umbiegungsstellen der Sättel und Mulden sich die farblosen körnigen Gemengteile anhäufen. Der ursprünglichen Stress- wirkung senkrecht zu den seitlichen Gangbegrenzungsflächen, welcher die anfängliche Schieferung und Streckung des Ganggesteins zu ver- danken ist, muss nachträglich eine weitere Stresswirkung, nO zur vorigen, gefolgt sein, die sich in hebendem Sinne geltend machte und in der Richtung der Resultante die schief verlaufende Fältelung erzeugte, verbunden mit einer schief zu den Kämmen gerichteten Streifung auf der Hauptfältelungsfläche, die auf dem nunmehrigen seidenglänzenden dunkelgrauen Phyllit sehr deutlich hervortritt. Damit ist zugleich ausgedrückt, dass das Gestein gegen den Rand hin immer feiner und feiner wird, wohl infolge von Kataklase. Auch im unmittelbar anliegenden Fibbiagneis ist deutliche Schieferung und Streckung erkennbar: das Studium des Querbruches spricht aber dafür, dass in Wahrheit eine unvollkommen entwickelte Fältelung vorliegen dürfte, mit einer ähnlichen Genesis, wie die oben ange deutete. — Der gefältelte Lamprophyr lässt im mikroskopischen Bilde eine auffallende Anreicherung an Caleitkörnern, Quarzkörnern und farblosen Glimmerschuppen erkennen, während die körnigen Epidote sehr zurücktreten und nur. noch in spärlichen Individuen den langen Zügen dunkeln und hellen Glimmers eingefügt sind, welche die g&_ 4. Metamorpher Kersantit Gefältelte phyllitische Randzon® oberhalb des Fieudweges. desselben | Mol. Quot. Mol. Proz. Mol. Quot. Mol. Proz. SIO, 54,60 59,00 TO, 09 | P,O, 026[ 990 60,52 ker I 1 Yen ‚D6R 0,34 | Al,0, 16,77 16,72 10,78 17,01 1715 1187 Fe, 0, 2,87 2,85 Fed .2447% 10,04 6,47 4,35 | 9,94 6,59 MnO 006] % MO 5,04 12,80 8,25 3,24 8,32 5,52 CaO 6,2% 11,25 7,25 1,66 3,05 202 Na,0 3,55 5,82 3,75 1,05 1,74 1,15 KO 4,8 4.63 2,98 na 8.26 5,47 H,0+ 075 ar 1,66 a = Oz Me - = 0,08 ne IR N a eg 150,89 1000 Spez. Gewiehte: 2,82, Spez. Gewichte: 2,80. Jahrg.64. U. Grubenmann. Lampr.G i. zentr. Gotthard it i8.495 Werte nach A. Osann: s = 60,5 F. 42.417,08 k='673 M =" 320 C 4,0 Li = Projektionswerte a4,5 Ca fie, SALF =195 35.7 MOAR 1878 N =-56:.Ml = 58 Werte nach P. Niggli: Si = 153 al=27. fm=37 c=185 alk=17,5 k= 0,44 mg= 0,56 cf= 0,49 Porphyrartiger Fibbiagranit, Steinbrüche südlich vom Hospiz. Mol. Quot. Mol. Proz. SiO, 72,02 TiO, 0,27 BO 082 121,33 79,07 Co, 0,00 AL,O, 14,45 14,24 9,27 Fe,0, 0,52 FeO 1,57 | 2,89 1,87 MnO 0,03 MO 021 0,52 0,33 GO 237 4,07 2,64 N,0 321 5,19 3,37 KO 4,84 5,20 3,45 H,0+ 0,46 “= a #,0— 0,00 3 100,27 153,54 100,00 Spez. Gewicht: 2,65. Werte nach A. Osann: I F B— 2,39 = 682 M= 0,9 2A 1.9 Projektionswerte: Ich SAP: = 573515 ACAk=15 4 u NK=49 Mo= 17 Werte nach P. Niggli: Si= 378 al=45 fmm—11 ce =125 alk=32 k- 0,50 mg= 0,51 cf= 1,20 Werte nach A. Osann: s = 67,88 = 9,38 A = 6,62 M=0 = 2,02 T = 2,73 Projektionswerte: ag,5 4 SAl =2 35 45 AICAk=17 3 10 NK = 1,74 MC = 7,31 ven nach P. Niggli: — 2 er fm=35. c =6, alk=21,5 k= 0,83 mg= 0,51 cf=0,19 Geschieferter Fibbiagranit, Randzone östlich Lamprophyr Nr. 4 Mol. Quot. Mol. Proz. 67,87 0,45 0,41 119,78 76,42 0,86 12,48 12,49 7,97 1,51 air! 6,03 3,85 0,03 2% 7,62 4,86 2,19 4,00 2,56 1,23 2,02 1,22 4,41 4,80 3,12 1,05 _ a 0,00 100,35 156,74 100,00 Spez. Gewicht: 2,71! Werte nach A. Osann: s-Bb2 FE = 978 Aa: MO = 26 T=1N Projektionswerte: a5 C3 Iıe SAF = 24 235.35 AlCAk=16 5 9 Nk = 238 MC = 6,5 Werte nach P. Niggli: > al=-3 im=-37 c=11l ak=19 .k= 0,70 mg= 0,7 cf= 0,39 426 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 streckten Mittelschenkel markieren. In der ausgesprochen phylliti- schen Randzone fehlt das Carbonat nahezu ganz; neben den beiden Glimmern (der farblose als Serieit), treten vorwiegend Quarz und Albit in die Erscheinung, besonders an den Umbiegungsstellen. Epidote fehlen, dagegen bemerkt man einzelne Pyrite mit. Limoniträndern. Es war von Interesse, die chemische Zusammensetzung sowohl des Randphyllites, als auch die der angrenzenden, geschieferten und normalen Formen des porphyrartigen Fibbiagneises kennen zu lernen, weshalb dieselben der Analyse unterworfen wurden, deren Resultate behufs Vergleichung vorstehend zusammengestellt sind. Keine der zahlreichen mir zugänglichen Kersantitanalysen stimmt mit der oben angeführten Analyse des 4. Kersantites einigermassen überein, auch mit keinem von denen, die Fr. Weber im östlichen Aarmassiv gefunden und L. Hezner analysiert hat!), was vermuten lässt, dass ein Gestein vorliegt, welches aus seiner Umgebung stofflich beeinflusst wurde. Die Vergleichung des Chemismus von Hauptgestein und Randzone ergibt, dass letztere eine bedeutende Zunahme an Si, und K,O, eine schwächere von Al,O, aufweist, gegenüber einer stärkeren Abnahme von MgO, CaO und Na,0 bei ungefähr gleich- bleibendem Eisengehalt. Die Gegenüberstellung von Fibbiagranit und seiner schieferigen randlichen Abart lässt andererseits eine bedeutende Abnahme des letzteren an SiO,, Al,0, und Na,0, neben einer schwächeren von K,O erkennen, dagegen eine wesentliche Steigerung des Gehaltes an FeO und Mg O. Angesichts dieser Verhältnisse scheint es ziemlich wahrscheinlich, dass zwischen geschiefertem Fibbiagranit und Lamprophyr ein etwelcher Stoffaustausch stattfand in dem Sinne, dass der erstere SiO,, Al,0, und K,O nach dem Kersantit abgab und dadurch in diesem randlich die Ausbildung von Serieit, sowie eine Mehrung des Quarzes veranlasst hat, während umgekehrt der Granit in seiner gneisigen Form unter Aufnahme von FeO und MgO aus dem Lamprophyr eine Steigerung der femischen Gemengteile in der Form von Biotit erfuhr. — Zu meinem grössten Bedauern konnte ich der Kriegslage wegen mir über das geschieferte Fibbiagestein keine Dünnschliffe mehr verschaffen, so dass die Möglichkeit nicht gegeben war, die angedeutete stoffliche Abänderung dieses Gesteins auch noch mikroskopisch nach der mineralogischen Seite zu kon- trollieren. Vom westlichen Ende des Kersantites Nr. 2 (aus der Infanterie- stellung) sich in seiner Streichrichtung vorwärts bewegend, trifft man !) Vergl. Vierteljahrsschrift, Jahrgang 61, 1916, S. 165 u. 166. Jahrg.64. U.Grubenmann. Lampr.G teine i.zentr. Gotthard itgneis.427 o. > > nach ungefähr 120 m einen weiteren ca. 10 m mächtigen Lamprophyr, dessen Anwesenheit sich durch den dort eingegrabenen Wasserzug im Terrain leicht kenntlich macht, eine Beziehung, welche das Auf- finden dieser leicht erodierbaren Ganggesteine ausserordentlich er- leichtert. Der Gang verläuft, ähnlich wie der vorige, ziemlich normal zum Streichen des herrschenden Augengneises, kann abwärts verfolgt werden bis nahe an den Fieudweg, aufwärts bis zu einer Höhe von 2260 m. Sein Gesteinshabitus schwankt einigermassen; die vorherrschende Form ist ziemlich grobkörnig und von gestreckter bis schieferiger Textur. Gegen die Höhe und den Rand hin wird es feinkörniger, oben mehr massig und sichtlich saurer, randlich wieder deutlich schieferig und glimmerreicher. Auch im Hauptgestein treten neben weissen salischen Schlieren und Adern gelegentlich femische Flecken auf und verleihen dem sonst harmonischen Gesteinsbild einen etwas unruhigen Charakter. Schon von blossem Auge erkennt man neben den glänzend schwarzen, langen Biotitflanschen die mattschwarzen stengeligen Hornblenden innerhalb einer weissen oder schwach grauen, körnigen Zwischenmasse. — Unter dem Mikroskop zeigt das normale Gestein angesichts der ungefähr gleichen Grösse aller seiner Kompo- nenten homöoblastische Struktur; ein feinerkörniges Grundgewebe fehlt durchaus, ebensowenig sieht man grössere, poikiloblastische Felder von Albiten. Zu den gebuchteten satt braungrünen, nach _ strohgelb pleochroitischen Biotitblättern gesellen sich in annähernd gleicher Zahl Leisten und körnige Querschnitte der Hornblendestengel, an denen öfter (110) und (010) die Umgrenzung bestimmen. Die Auslöschungsschiefe c/ep beträgt 21°; für ep erscheint die Farbe blaugrün, nach em dunkelgrün und nach eg hellgelbgrün. Zahlreiche Individuen zeigen eine dunkle, scheinbar schmutzige Zentralzone, die man anfänglich einer Magnetiteinlagerung zuschreiben möchte, bis man bemerkt, dass auf dem Wege der Sammelkristallisation sich daraus unzweifelhafte Rutilkörner entwickeln, wie sie in ähnlicher Weise auch in den Biotiten zutage treten und in beiden Fällen als Entmischungsprodukte gedeutet werden müssen. . Pseudomorphosen von Biotit nach Hornblende, die man erwartet, werden nicht ange- troffen, wohl aber einzelne Übergänge in Chlorit. Epidot ist in kleineren Körnern ziemlich gleichmässig verteilt, da und dort auch gehäuft, Stellen, die man wieder ehemaligen Plagioklasen zuschreiben darf. Albite und Quarze bilden zu ungefähr gleichen Teilen die klaren, farblosen Zwischenfelder. Einzelne limonitisierte Pyrite, kleinere Aggregate von Magnetkies und ganz seltene Turmalinstengelchen 498 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 199 ergänzen das Gesteinsbild; Carbonat wurde wenig beobachtet. Das vorliegende metamorphe Gestein dürfte die Mitte halten zwischen Kersantit und Spessartit; ein Teil der Alkalien mag in der Horn- blende Aufnahme gefunden haben. In der deutlich geschieferten, feinschuppigen, glimmerreichen Randzone fehlen die Hornblenden; Biotite und eben so zahlreiche zwischengelagerte Muskovite markieren Kristallisationsschieferung, welche sich aber in Querschnitten als helicitische Textur entpuppt. Im farblosen Zwischenfeld erscheinen vermehrte Quarzkörner und grössere poikiloblastische Albitfelder, mit spärlicher eingestreuten Epidoten in kleineren und grösseren Individuen; auch einzelne Zirkon- körnchen wurden beobachtet. Auffallend ist ziemlich häufiger, m grösseren und kleineren Körnern ganz unregelmässig eingelagerter 5. Kersantit-Spessartit Feinschuppige Randzone desselben oberhalb des Fieudweges. Mol. Quot. Mol. Proz. Mol. Quot. Mol. Proz. Si0O, 52,72 52,50 2 se er 91,23 59,68 vr a7 6921 cd, 301 3,44 AL,O, 18,79 19,15 12,53 16,45 1628 105 F8,0, 0,00 2,99 FeO 4,69 6,86 4,49 3,74 | 9,12 5.91 MnO 0,06 | 0.07 | MO 4,88 12,67 8,29 3,88 9,80 6,35 GO 797 13,48 8,82 7,20 13,00 8,43, N,0 324 5,39 3,53 1,83 2,98 1,93 KO 3,69 4,07 2,66 5,14 5,52 3,62 H,O+ 0,88 - a 1,27 * A #,0— 0,07 — _ 0,12 en re N ee 0 AB 100,00 99,88 154,17. 100,00 Spez. Gewicht: 2,83. Spez. Gewicht: 2,81- Werte nach A. Osann: Werte nach A. Osann: s=5968 F- 15% s =69821 F = 16,08 A= 619 M= 2,48 A= 55 M= 38 4 T- 0 = 0 Projektionswerte: Projektionswerte: a5 Cı,5 Is : 4 &% Iıa SAF =19.4 7 SAF = 35 65 AICAk = 135 95 7 ACAkK = 13 10 7 NK=57 MO=48 NK = 35 MC = 43 Werte nach P. Niggli: Werte nach P. Niggli: i= 149 157 al=3l fm =325 ce =215 alk=15 = =-3 c=3 alk=1P k= 056 mg= 0,65 cf= 0,67 = 0,65 mg= 0,52 ef= 0,75 Jahrg.64. U.Grubenmann. Lampr. Ganggesteine i. zentr. Gotthardgranitgneis.429 Caleit. Für diesen Gang wurde ebenfalls sowohl das Hauptgestein, als auch die Randzone der chemischen Prüfung unterworfen mit nachfolgenden Resultaten. n der von A. Osann |. c. publizierten Zusammenstellung von Analysen entspricht das Hauptgestein in den Projektionswerten sehr gut der Nr. 1203 (Hornblendelamprophyr von Cambewarra range N.S.W.); aus dem östlichen Aarmassiv kommt ihm der von Fr. Weber entdeckte Spessartit vom Stöckligrat nordwestlich vom Lautersee (]. c.) sehr nahe. — Die Vergleichung zwischen Randzone und Hauptgestein lässt bei ersterer einen stärkeren Gehalt an SiO,, Eisenoxyden und K,O erkennen, woraus ihr grösserer Gehalt an Glimmer, besonders auch an Sericit sich erklärt, sowie der angereicherte Quarz; die Zu- nahme an CO, entspricht dem vermehrten Carbonat. Die Abnahme an Al,O, und Na,0 dürfte mit dem Ausscheiden der alkalihaltigen Hornblende zusammenhängen. Es liegt demnach nur eine der nor- malen Abweichungen im Chemismus der Randzone vor und stoffliche Beeinflussung aus der Umgebung scheint ausgeschlossen. 60—70 m nordwestlich der Militärbaracken liegt ein weiterer ähnlicher Gang von 6 m Mächtigkeit, senkrecht zum allgemeinen Schieferstreichen, bergaufwärts ungefähr 200 m weit zu ver- folgen; dann verschwindet er im Terrain. Seine Klüftung geht parallel der herrschenden Schieferungsfläche; die ebenfalls lineare Textur macht sich makroskopisch wenig bemerkbar, scheint eher massig zu sein. Das Gestein gleicht zum Verwechseln der mehr massigen Varietät des vorigen Ganges; doch lässt sich schon mit der Lupe erkennen, dass die Zahl der mattschwarzen Hornblendestengel grösser ist, als diejenige der in die Länge sich dehnenden glänzendschwarzen Biotit- blätter. Auch die zwischenliegenden mattweissen Gemengteile machen sich etwas stärker geltend, ebenso salische Flecken. Femische Kon- kretionen werden nicht wahrgenommen. — Diese Wahrnehmungen werden mikroskopisch bestätigt: Die im Bilde entschieden vor- herrschende Hornblende hat dieselben optischen Eigenschaften wie oben, ihre Stengel sind aber länger und dünner: auch der Biotit ist der nämliche. Von diesen beiden Komponenten lassen sich leicht grössere und kleinere Individuen unterscheiden, weshalb man geneigt ist, die Struktur hier als porphyroblastisch zu bezeichnen, bei quar- zitisch-albitischem Grundgewebe, mit vielen eingestreuten und lokal gehäuften Epidotkörnern. Die Quarzkörner dürften vorwiegen; grössere albitische Felder liegen nicht vor. Hornblende und Biotit sind oft mit einander verwachsen, die Tschermaksche Pseudomorphose fehlt. — Das metamorphe Gestein steht einem ursprünglichen Spessartit 430 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 etwa so nahe wie das vorige, was sich auch durch die Resultate der chemischen Analyse bestätigt. 6. Metamorpher Spessartit-Kersantit, 60 m nordw. der Militärbaracken. Mol. Quot. Mol. Proz. Werte nach A. Osann: SiO, 55,90 BB Term TiO, 0,83 u a > Da EEE. . P,0, : 093f 9933 62,05 TER CO, 0,00 Projektionswerte: Al,O, 18,32 18,17 11,83 a5 Cs fü Fe,0, 1,60 SAIF 195 4 45 FeO 16 8,82 5,74 AIGAIK 14: 9:7 MnO 0,07 NK = 56 MC = 4,6 MgO 4,06 10,25 6,67 Werte nach P. Niggli: ‘CaoO 6,56 11,86 1,12 S N,0: 3% 5,23 3,40 al=31 fm=3 c=%0 ak=16 K,0 3,70 3,98 2,59 k= 043 mg = 0,54 cf= 0,61 H,0+ 0/72 _ - Bezüglich Übereinstimmung mit an- H,O— 0,00 EN _ dern verwandten Lamprophyren gilt das 100,28 153,64 100,00 beim vorigen Beispiel Mitgeteilte. Das Spez. Gewicht: 2,82. Gestein ist bloss etwas reicher an SiÖ.- Parallel dem vorletzten Kersantit-Spessartitgang und ungefähr 40 m unterhalb desselben streicht ein weiterer, ca. 1 m mächtiger Lamprophyr, der im Ronco della Fibbia sichtbar wird und sich an 30 m weit verfolgen lässt. Sein Gestein zeigt randlich beidseitig neben feinerem Korn Schieferung bis Streckung, am Westrand auch schwache Fältelung. — An seinem nördlichen Ausklingen wird es In der Gangmitte auffallend grobkörnig und von sehr schwacher Korn- bindung. Neben den schwarzen Biotitblättern erkennt man dort in ihm nur noch einen grauen, glasglänzenden, körnigen Gemengteil, der unter dem Mikroskop sich als wasserklarer Albit erweist, mit der Tendenz, grössere poikiloblastische Felder zu bilden, in denen neben kleineren Biotitblättehen nur spärliche Epidotkörnchen beherbergt werden; Quarz scheint bloss in seltenen Zwickeln vorzuliegen. Der Biotit zeigt einen Pleochroismus von braungrün nach strohgelb ; sein optischer Achsenwinkel ist sehr klein, bei symmetrischer Lage der Achsenebene, wie sich aus dem Parallelismus derselben mit deutlichen Teilen von gradliniger Umgrenzung der Blättchen erkennen lässt, sodass ein Glimmer II. Art vorliegt, Derselbe ist auffallend rein und da er sich leicht aus dem Gesteinspulver isolieren liess, wurde v. Analyse ausgeführt, mit den nachstehend vorgelegten Ergebnissen, die sich durch Umrechnung leicht auf die Formel (SiO,)s Al,K,Bı 4 SiO, MgFe bringen lassen, so dass ein Biotit, resp. Lepidomelan, vorliegen dürfte, der annähernd die Hälfte des Gesteines bildet. # Jahrg.64. U.Grubenmann. Lampr. Ganggesteine i.zentr. Gotthardgranitgneis.431 SiO, 36,98 Fe,0, 2379 MgO 1088 K,O 10,82 Tio, 171 FeO 1687 CaO 000 H,0+ 1,87 Al,0, 1711 MnO 022 .N»0 060 H,0— 0,1 Summe 99,96 r Spez. Gewicht : 3,015. Das Gestein der randlichen Zonen ist von fast einheitlich schwarzer Farbe. Mit der Lupe erkennt man zwischen den Glimmerschuppen noch graue glänzende Körner. Auch das Mikroskop bestätigt gegen- über dem groben Zentralgestein den deutlichen Zuwachs an Glimmer, dessen Farbe hier stärker ins braune geht, wiederum mit Wechsel nach strohgelb. Die Abwesenheit von Einschlüssen ist weniger auf- fallend, da insbesondere die überall verteilten, grösseren und kleineren Epidotkörner auch vom Glimmer beherbergt werden. Poikiloblastische Albitfelder liegen nur noch spärlich vor, begleitet von zahlreicheren Quarz- und Caleitkörnern. Ein Grundgewebe kann nicht erkannt werden, sodass die Struktur auch hier, ähnlich wie oben, homöo- blastisch erscheint. Besonders in den Längsschnitten offenbart sich an Hand der Biotitzüge eine scheinbare Kristallisationsschieferung, die man aber unter Berücksichtigung des Bildes der Gesteinsquer- schnitte eher als Kristallisationsstreckung bezeichnen wird. Sowohl das grobe Zentralgestein, als Proben von den beiden randlichen Zonen des Ganges wurden der chemischen Analyse unter- worfen und ergaben die nachfolgend übersichtlich zusammengestellten Resultate und systematischen Werte, die, wie sich aus dem Bisherigen erwarten lässt, kersantitischen Charakter haben. “ 7. Metamorpher Kersantit, Ronco della Fibbia. Östliche Randzone Zentrale Schliere “ Westliche Randzone Mol. Quot. Mol. Proz. Mol. Quot Mol. Proz. ol. Qnot. Mol. Pr SiO, 47,96 ‚73 47,02 Tio ‚86 P,0, vis 83,93 53,77 er | 7750 52,10 ni 8223 52,99 60, 181 0,00 1,34 Al,0, 16,10 16,36 10,48 2027 2072 13890 1738 17,61 11,32 Fe,0, 1,79 1,50 1,06 FeO 2.0} 1261 8,04 13.0 21,76 14,63 735 | 1235 7,9 MnO 0,09 0,21 0,10 MO 843 21,87 14,01 725 1275 857 815 21,05 13,60 GO 645 1195 7,66 186 346 23 , 715 1320 . 8,4 N,0 071 119 0,76 oA 31 29. 072 119 0,78 „u 748 9815. 58 8011 889 5,98 ın Le 48: H,0+ 1,22 x 1,20 aM 5 er - me ee mr Du. ee 99,91 156,09 100,00 99,86 148,79 100,00 99,80 155,35 100,00 Spez. Gewicht: 2,92. Spez. Gewicht: 2,9. Spez. Gewicht: 2,94. 432 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Werte nach A. Osann: Werte nach A. Osann: Werte nach A. Osann: s =557 F=37 s =53210 F=%82010 s =392%8 F=- 48 = 60 M= 318 A= 8497 M= 0 A =.573: Me 78 G= 48 Te: .0 a Be © De a Projektionswerte: Projektionswerte: Projektionswerte: 5,5 09,5 fir 25,5 Cı,s fıs a; Cz Iıa SAIF = 17. 3595 SAIF: = 17 45 85 .SAF, = 7 u AlICAk = 13 95 75 AlCAk=17 3 10 AICAIk = 13 10 7 NK=13 MC=64 'NK=29 MC=79 NK=14 Mi=6l Werte nach P. Niggli: Werte nach P. Niggli: Werte nach P. Niggli: i:=:116 Si = 106 Si= 112 1i=3 m=48 al=29 m=48 = 4 mem e=16 ak=13 ee | | ce 18 er k= 0,8 mg = 04 k= 00m 07 k— 086 m= 088 ef = ...0,96 ef = 0,10 cf = 0,39 Die beiden Randzonen zeigen eine überraschende Ähnlichkeit in der Zusammensetzung und haben gemäss den Werten SAIF und und AlCAIk noch ausgesprochen kersantitischen Habitus. Thüring- ische und norwegische Kersantite kommen ihnen darin in der Osann- schen Zusammenstellung (l. c. Nr. 1210—1212) sehr nahe; nur die, Werte für NK weichen stärker ab. Der hohe Gehalt an K,O macht die reiche Glimmerführung verständlich; eine stoffliche Beeinflussung von Seite des umgebenden Fibbiagneises lässt sich nicht erkennen. Dagegen passt die zentrale grobkörnige Varietät des obern Gang- endes nirgends hinein. In den Werten für SAIF kommen allerdings Anklänge an Kersantit zum Ausdruck, diejenigen für AlCAlk, NK und MC stehen aber damit in keiner Weise im Einklang. Offenbar hat man es bloss mit einer lokalen, schlierenförmigen Abänderung des Kersantites zu tun und nicht mit einer selbständigen Gesteinsart- * * * Die im Vorstehenden untersuchten sieben Lamprophyre liegen alle im porphyrartigen „Fibbiagneis“ ; Nr. 2 ist in eine Längskluft desselben eingedrungen, alle andern dagegen in Querspalten. Maximale Stresswirkungen, die senkrecht zu den seitlichen Begrenzungsflächen der Gänge anlässlich tektonischer Verschiebungen sich geltend machte, hatten für die verfestigten, massigen Ganggesteine eine nachträgliche Kristallisationsschieferung bis Kristallisationsstreckung zur Folge: verbunden mit der Erzeugung einer kristalloblastischen Struktur und einer Epidotisierung des anorthitischen Anteils der ursprünglich vo handenen Plagioklase. Die Gesteine behielten dabei, mit Ausnahme von Nr. 4, ihren chemischen Charakter ziemlich unverändert bei; 51€ wurden metamorph. Br Jahrg.64. U.Grubenmann. Lampr. Ganggesteine i.zentr. Gotthardgranitgneis.433 Ihr Chemismus verweist sie in die Gruppe der Kersantite, für Nr. 5 und 6 mit deutlicher Annäherung an Spessartite. Die Pro- jektionswerte der einzelnen Lamprophyre stimmen unter einander teils vollkommen überein, wie bei 1 und 3, 5 und 6, teils stehen sie sich sehr nahe, so dass sie im bezüglichen Osannschen Projektionsdreieck in ihren Punkten entweder sich decken oder doch sehr benachbart sind, alle im dioritischen Felde liegend. — Auch die neueren Pro- jektionswerte SAIF und AlCAIk, sowie NK und MC zeigen für die verschiedenen Hauptgesteine nur kleinere Verschiebungen, weshalb auch in den SAIF- und AlCAIk-Dreiecken die Projektionspunkte ganz nahe beisammen stehen. Aus diesem Grunde durfte von der zeichnerischen Ausführung der Projektionen abgesehen werden. Endlich weisen auch die Werte nach Niggli für die verschiedenen Lamprophyre nur geringe Differenzen auf; immerhin sind die Ab- weichungen etwas grösser als zwischen den Osannschen Werten; am empfindlichsten scheint die Si-Zahl zu sein, die von 176—145 sinken kann, beziehungsweise unter Berücksichtigung von Nr. 7 sogar bis 116 und 112, welcher starke Ausschlag die Vermutung weckt, es möchte sich bei den Gesteinen von Nr. 7 vielleicht nur um basische Randzonen eines einstweilen noch nicht bekannten Hauptgesteines handeln. Für die sichere Handhabung dieses Maßstabes mangelt zur- zeit noch die nötige Breite der Erfahrung. Keiner der untersuchten Lamprophyre gleicht aber einem der andern in allen Werten, es deckt sich auch keiner mit irgend einem der von P. Waindziok (l. c.) untersuchten Beispiele (Melanokrate Gänge Nr.1—4) aus dem Fibbiagranitgneis, gewiss ein sprechender Aus- druck für den Grad der Variabilität dieser dunklen Gänge innerhalb eines kleinen Gebietes und bei gleicher Umgebung. Jeder dieser Gänge erscheint in der magmatischen Spaltung als ein besonderes, streng individuelles Produkt, als eine Person für sich. Für den 4. Lamprophyr, mit der gefältelten Randzone, ergab Sich neben einer nachträglichen tektonischen Umbildung (Phyllitisie- tung und Fältelung) auch eine Verschiebung im Chemismus unter Zunahme des Si O,-Gehaltes durch den Einfluss des sauren Neben- gesteins (Fibbiagranitgneis), der auch im Hauptgestein noch spürbar erscheint; bei Nr. 7 zeigt sich die Ausbildung einer abnorm gearteten, lokalen Schliere. PER ERPERSARREREENDERERISUSALEN Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 28 Aus der Talgeschichte der Via Mala. on A. Buxrorr (Basel). (Hiezu Tafel X— XII.) (Als Manuskript eingegangen am 15. Januar 1919.) Es hat von jeher zu den reizvollsten, aber auch schwierigsten Aufgaben der Alpengeologie gehört, der Geschichte der alpinen Tal- läufe nachzuspüren und im Einzelnen die Ursachen aufzudecken, denen das heutige Bild seine Formenfülle verdankt. Einer unendlichen Mannigfaltigkeit der Erscheinungen stehen wir hier gegenüber: trotz- dem die formenden Kräfte allenthalben dieselben waren, hat ihre Wirkung sich so oder anders vollziehen müssen, je nach den Wegen, die ihnen die gegebene geologische Beschaffenheit des Untergrundes von allem Anfang an vorgeschrieben hat. So bietet jedes Talsystem seine eigenen Probleme dar und wer aufmerksam unsere Alpentäler durchwandert, wird der Fragen nicht Herr, die von allen Seiten auf ihn eindrängen. Vollends wird er sich dessen bewusst, wenn er das Wagnis unternimmt, aus der Fülle der Beispiele eines herauszugreifen und in seine intimsten Züge zu verfolgen. Wo der bisherigen Forschung die Fragestellung und ihre Beantwortung einfach und gegeben schienen, stellen sich unerwartete Schwierigkeiten ent- gegen, immer neue Seiten des Problems treten ins grelle Licht, die Lösung wird reizvoller, aber auch die Beantwortung schwieriger und häufig unsicher. Mit den nachfolgenden Ausführungen möchte ich versuchen, die Aufmerksamkeit auf ein derartiges Beispiel hinzuweisen, das meines Wissens, und ich möchte beifügen merkwürdigerweis® und wohl durch Zufall, bis heute nicht die Beachtung gefunden hat, die ihm gebühren dürfte: ich meine die Talgeschichte der Via Mala. ® In seiner „Geologie der Hochalpen zwischen Reuss und Rhein“ (Beitr. z. geol. Karte der Schweiz, 25. Lieferung, $. 456 und ff.) schildert Prof. Alb. Heim, dass kaum irgendwo die Stufung eines Tales auf- fallender sich zeige als beim Hinterrheintal, wo in regelmässige? Folge enge wilde Schluchten mit weiten offenen Talstrecken wechseln. Jahrg. 64. A. Buxtorf. Aus der Talgeschichte der Via Mala. 435 Am schärfsten tritt dies im Mittellaufe des Flusses in Erscheinung: auf die ebene Talfläche des Domleschg folgt von Thusis fussaufwärts die wilde, düstere Schlucht der Via Mala, die sich nach oben fast unvermittelt öffnet in die in üppigem Wiesenschmuck prangende Tal- weitung des Schams. So eng eingeschlossen die Via Mala heute auch erscheinen mag zwischen den felsdurchsetzten Abhängen, die ostwärts zu den Muttner- bergen und dem Muttnerhorn, westwärts zum Crapschalverkopf und Summapunt hinaufleiten (vergl. die Karte der Tafel X), so fällt doch jedem, der von Thusis aus den Auslauf der Via Mala aufmerk- sam betrachtet, die eigentümlich gegliederte Kontur der beidseitig an- grenzenden Berge auf. Der vorspringende Felskopf der Ruine Hohen Rhätien wird vom östlich benachbarten Gebiet von Graschenna durch eine deutliche Einsattelung getrennt; Hohen Rhätien bricht nach Westen in lotrechten Wänden zum Bett des Hinterrheins ab. Auffallend ist, wie der westlich sich erhebende Felskopf von Crapteig in allen Einzelheiten die Kontur der Felsnase von Hohen Rhätien wiederholt: nach Osten mehr ein allmähliges Ansteigen des Abhangs, nach Westen hohe Felswände, die unvermittelt zum Wiesengelände von Uebernolla abstürzen (vgl. Profil 15 der Tafel X). Von Uebernolla dem Saisabach aufwärts folgend gelangt man zum Sattel von Rongellen (Prof. 13), welcher die Crapteighöhe von den westlich benachbarten Abhängen des Saisawaldes und des Crapschalverkopfes trennt und vom alten, über Ober-Rongellen (1016 m) führenden Via Mala-Weg benützt wurde, bevor im Jahre 1822 das Strassenstück von Rongellen durchs Verlorene Loch nach Thusis erstellt worden war (vgl. Tafel X). Unwillkürlich drängt sich beim Betrachten der beiden auffallenden Depressionen, derjenigen östlich Hohen Rhätien und der- jenigen von Rongellen der Gedanke auf, dass man es wohl mit ehe- maligen Talwegen des Hinterrheins zu tun habe und also die heutige Schlucht durchs Verlorene Loch verhältnismässig junger Entstehung sein müsse. Wiederum war esm. W. Alb. Heim, der erstmals diese Auffassung zur Diskussion gestellt hat; er schreibt (a. a. O. 8. 461): Spuren alter Flussläufe gehen bei Hohen Rhätien 950 m und Rongellen 1016 m viel höher hinauf, als der Talboden von Schams (910 m am bern Eintritt in die Via Mala).“ Alb. Heim vertritt also die Ansicht, 8 seien uns in den Einsattelungen von Hohen Rhätien und Rongellen Teilstücke ehemals hier verlaufender, alter Betten des Hinterrheins erhalten geblieben; wir hätten demnach für den Abschnitt Rongellen- Thusis Flussverschiebungen von beträchtlichem Ausmass anzu- nehmen, 436 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 199 Eine nähere Prüfung der mit dieser Erkenntnis verknüpften weitern Fragen ist in der Folge unterblieben; die Veranlassung das Problem aufzugreifen und weiter zu verfolgen ergab sich mir aber Ende September 1918, als ein Zufall mich in der Via Mala eine Reihe neuer Beobachtungen machen liess, die die früheren Feststel- lungen Heims in den Brennpunkt meines Interesses rückten. Bevor aber in Einzelheiten eingetreten werden darf, ist es nötig einen kurzen Geologischen Überblick über die Via Mala zu geben, wobei uns wiederum die trefllichen Ausführungen von Alb. Heim die sichere Wegleitung geben. Die Via Mala ist auf der ganzen Strecke vom Schluchteingang unterhalb Zillis (915 m) bis hinab nach Thusis (690 m) ein typisches Quertal. Als Ganzes betrachtet verläuft die Schlucht genau Süd- Nord; das Streichen der Gesteinsschichten geht quer dazu und weist sehr beständig von WSW nach ENE; trotz zahlreichen sekundären Fältelungen ist ein allgemeines, ca. 30—50° betragendes SSE-Fallen der Schichten allenthalben erkennbar.') | Die Gesteinsfolge selber ist von ermüdender Gleichförmigkeit: tonige, gelegentlich graphitähnlich glänzende Schiefer wechseln mit kalkreichern Lagen; tritt der Tongehalt zurück, so entwickeln sich schiefrige oder mehr dickbankige Kalke, die häufig durch beige“ mengtes sandiges Material alle Übergänge zu Sandkalken und fein- breceiösen, kieseligen Kalken zeigen. Gesteine der letztern Art kennzeichnen besonders das Verlorene Loch und bedingen die Steil- abstürze von Hohen Rhätien und Crapteig. Über das Alter er dieser, als Via Mala-Schiefer zusammengefassten Gesteine sind wir nicht genauer unterrichtet; immerhin besteht eine gewisse War scheinlichkeit dafür, dass sie dem jüngern Mesozoikum (wahrschei- lich inklusive Alttertiär) angehören dürften, die Mitbeteiligung von unterm Jura ist aber nicht ausgeschlossen. Da. es bis jetzt nicht geglückt ist, innerhalb der über 4000 m mächtigen, durch zahlreiche Fältelungen gestauten Masse der Vi Mala-Schiefer irgendwelche stratigraphische Gesetzmässigkeiten nach“ zuweisen, so fehlt uns heute auch die Möglichkeit ihren Gebirgsbat im Einzelnen zu entwirren und namentlich ihre genauere tektonisch® nd und also kommt elmeht ') Da die Profile der Tafeln X u. XI quer zur Schlucht gelegt si ihre Richtung ziemlich genau mit dem Schichtstreichen zusammenfällt, 50 das Einfallen nicht zum Ausdruck, die Schichten müssen im Sehnitt VI horizontal erscheinen. Jahrg. 64. A. Buxtorf. Aus der Talgeschichte der Via Mala. 437 Stellung im System der Ueberschiebungsdecken Mittel-Bündens fest- zulegen. Einen Versuch nach dieser Richtung hat F. Zyndel unter- nommen („Über den Gebirgsbau Mittelbündens“, Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz, Neue Folge, 41. Liefg., S. 8); ein tragisches Geschick aber hat den reichbegabten jungen Forscher allzu früh seiner so vielversprechenden Arbeit entrissen.!) uf eine im Gebirgsbau begründete, bisher nicht beachtete Eigen- tümlichkeit der Via Mala-Schlucht ist dagegen hier noch aufmerksam zu - machen: Ich meine die symmetrische Anordnung der Seitentobel. Wer die Karte der Tafel X betrachtet oder noch besser die Siegfried- blätter Thusis und Andeer, dem muss es auffallen, wie immer einem Tobel der linken Talseite auch eines auf der rechten entspricht. Ich nenne als wichtigste solcher Tobelpaare: Rongellentobel—Traversiner- tobel, Tröglitobel— Badörtobel, Summapunttobel—Flistobel, Cornlarsa- tobel—Spinga lungatobel ; ihre Zahl würde aber noch bedeutend grösser sein, wenn auch die kleineren Bachrisse und Seitenschluchten auf der Karte Beachtung gefunden hätten. Geht man der Ursache der Er- scheinung nach, so erkennt man leicht, dass im Grunde der Tobel oder ihrer nächsten Nähe tektonische Brüche verlaufen, längs denen auf einer meist nur ganz schmalen Zone eine Verruschelung und Verschleppung der Gesteinsschichten stattgefunden hat, genügend um der Erosion bestimmte Bahnen zu weisen. Es verraten uns also die Tobel ein ganzes System E-W oder WNW-ESE gerichteter Bruch- flächen, deren Einfallen meist ein sehr steiles, fast vertikales ist- Das Streichen der Brüche quert das der Schichten unter spitzem Winkel und geht, allgemein gesprochen, dem Gesamtstreichen der Alpenkette parallel. Ob dieser interessanten Erscheinung eine regionale Ursache zu Grunde liegt und eventuell welche, scheint mir heute noch nicht spruchreif zu sein. Betrachten wir nun Das landschaftliche Gepräge der Via Mala s0 zeigt sich eine von Natur gegebene, klare Dreiteilung der Sehlucht: Zu oberst das Schluchtstück Zillis-Rongellen, die eigent- liche Via Mala, hierauf die Weitung von Rongellen, und endlich der Abschnitt Rongellen-Thusis durchs Verlorene Loch. Diese Gliederung ist in der geologischen Eigenart begründet. Wie dies schon Alb. Heim ausführlich darlegt, lässt sich leicht en RER ')Es sei hier auch verwiesen auf die Abhandlung von D. Trümpy: Geol. L atersuchungen im westlichen Rhätikon. Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. N. F. 46 MS: Abtlg., bes. S. 80—98. 438 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 erkennen, dass die Via Mala trotz ihrer Enge Moränen in grosser Verbreitung aufweist. In der Nähe der dritten (obersten) Via Mala- Brücke tritt „durchtuffte, kleintrümmerige Grundmoräne“ zu beiden Seiten und auch in der Sohle des heutigen Rheinbettes auf, dient der Brücke als Fundament und beweist die ehemals viel grössere Tiefe der Schlucht. Weiter unten erlaubt die Enge der Schlucht nur das gelegentliche Auftreten kleiner Moränenrelikte in Nischen und an weniger steilen Partien der Abhänge. In grösserer Ver- breitung mögen Moränen sich auf den beidseitig über der Schlucht liegenden Maiensässen Sur Ansun, Girs, Bader, Breitenberg, Acla sut, Fengst usw. finden, sie sind aber auf den beigegebenen Karten nicht ausgeschieden worden. Aus der Gesamtverteilung der Moränen aber ergiebt sich in unzweideutiger Weise, „dass die Gletscher im Allgemeinen die Via Mala-Schlucht schon bis in das Niveau der Strasse und zum Teil noch tiefer ausgefressen vorge- funden haben, und dass sie sich fast in alle Winkel des grossartigen Durchbruches hineingedrängt haben, mit einziger Ausnahme der tiefsten Erosionskesselrinnen.“ (Alb. Heim, a. 4 0. S. 461.) Wir werden im Verfolge sehen, dass dieses Ergebnis noch weitern ‚ Ausbaus und mannigfacher Vertiefung bedarf, es behält aber seine allgemeine Gültigkeit insofern, als durch das Auftreten der Moränen die Via Mala sich scharf unterscheidet vom untern Schluchtabschnitt im Verlorenen Loch, wo Moränenreste ganz fehlen. Nachdrück- lich betont Alb. Heim, dass er im ganzen Verlorenen Loch keine Spur derselben mehr angetroffen habe und ich kann dies nur bestätigen. Bine postglaziale Entstehung dieses Teiles wird dadurch a priori nahe- gelegt. | Ausgedehnte Quartärdecken, von Moränen, Schottern und Berg schlipfmassen gebildet, erfüllen dagegen die Weitung vol Rongellen. Der anstehende Kalkschieferfels zeigt sich (vgl. 4 Karten der Tafeln X und XI) nur unten in der engen Schlucht des Rheines, ferner auf kurze Strecke ob der Strasse beim Gasthaus Post Rongellen sowie im südlich benachbarten Rongellentobel. Die Ursache für die Entstehung der Weitung möchte ich weniger im Vorhanden- sein einer mächtigern Einschaltung weicher Tonschiefer suchen, WI® dies Alb. Heim annimmt, sondern in andern, später zu besprechenden Faktoren. Diesem im wesentlichen nach den Forschungen Prof. Heim® entworfenen Bilde möchte ich nun einen neuen Zug einfügen, nämlich Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges, Zürich. Jahrg. 64. 1919, Taf. XII. West Ost Phot. Wehrli A.,-G., Kilchberg-Zürich. Blick von der zweiten Via Mala-Brücke nordwärts hinab auf die heutige Schlucht des Hinterrheins, die mit Moräne M ausgefüllte Schlucht B unterhalb des Pavillon P und die oberflächlich mit Bergsturzmaterial $ überdeckte Schlucht A. ? —Schieferrücken zwischen heutiger Schlucht und Schlucht A. Jahrg. 64. A. Buxtorf. Aus der Talgeschichte der Via Mala. 439 Die alten Schluchtbildungen in der Via Mala. Wer von der überaus kühnen zweiten Via Mala-Brücke nord- wärts in die Schlucht hinunterblickt, dem bietet sich ein Anblick imponierender Wildheit (vgl. Tafel XIT). Tief unten verschwindet in enger, etwa 70 m tiefer Klamm der Hinterrhein, seine Schlucht ist mannigfach gewunden und von wechselnder Breite, stellenweise mag sie keine 3 m erreichen. Die Schluchtwände sind glatt poliert und setzen sich von oben bis unten zusammen aus übereinandergetürmten vielgestaltig gewundenen Erosionskesseln: ein wunderbares Beispiel für die einsägende Tätigkeit eines geschiebereichen Alpenflusses. Das gewaltige Bild wird leider beeinträchtigt durch eine im Ziekzack angelegte Cementtreppe, die von der Strasse, vom sog. Pavillon P aus hinunterführt zu der den engsten Schluchtteil er- schliessenden Galerie. Und doch ist es wohl diese im Jahre 1903 vom Verkehrsverein Thusis erstellte Anlage, welche ungewollter Weise einen der interessantesten Aufschlüsse da geschaffen hat, wo früher — auch noch zur Zeit der Untersuchungen Prof. Heims — Tannen und Graspolster den Untergrund wohl ganz oder teilweise verhüllt haben mögen. Wer aufmerksam das Bild betrachtet, dem fällt auf, dass die Treppe auf einer schmalen Felsrippe erstellt ist, die nach rechts, d. h. nach Osten, haarscharf abgeschnitten erscheint und vom Felshang der rechten Seite getrennt wird durch eine im obern Teil etwa 5—6 m breite, nach unten enger werdende und mit Moränenmaterial M erfüllte Rinne. Eine nähere Prüfung, sei es von der Strasse oben oder von der Treppe aus, lässt ohne weiteres erkennen, dass die Rinne nichts anderes ist als eine alte, moränen- erfüllte Schlucht: wie in der heutigen Klamm so sind auch hier die beidseitigen Wände geglättet und mit Strudellöchern besetzt, auch ım Bilde ist dies rechts von den untersten Knickstellen der Treppe eben noch zu erkennen. Die von der Brücke aus deutlich erkennbare Moränenausfüllung M der alten Schlucht, wird nach ‘unten zu vom rechtsseitigen Talhang fast ganz verdeckt; guten Einblick in den Grund der Schlucht erhält man aber, wenn man das Brückengeländer, da wo es links an die Felswand anschliesst, übersteigt und dem hier noch vorhandenen Stück des alten Via Mala-Weges etwas westwärts folgt (vgl. die 4 Strichel westl. der zweiten Via Mala-Brücke auf der Detailkarte Tafel XT). Die Tiefe dieser alten Schlucht — wir wollen sIe von jetzt ab Schlucht B nennen — bleibt hinter der der heutigen beträchtlich zurück: ihre Sohle liegt ziemlich genau im Niveau der Ansatzstelle des untersten Treppenfundamentes und rechts desselben, die Höhendifferenz bis hinauf zur Strasse, d.h. dem Oberende der Klamm, 440 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 magrund 40 m betragen ; bis hinab zum Rhein bildet der zusammenhäng- ende Schieferfels noch eine ca. 25 m hohe Wand. Der gewaltige, unter- halb der Treppe eingeklemmte Felsblock (wahrscheinlich Rofnaporphyr) ist möglicherweise aus der Moränenanfüllung der Schlucht B herunter- gestürzt. Bevor wir nun den Weiterverlauf der Schlucht B auf der rechten Talseite festzulegen versuchen, wollen wir auf kurze Strecke der Strasse abwärts folgen, über die erste Via Mala-Brücke die linke Talseite gewinnen und bis nördlich Punkt f (vgl. Detailkarte) vor- dringen. Betrachten wir nun rückblickend das zuletzt durchschrittene Strassenstück und dessen Untermauerung genauer, so stehen wir wieder vor deutlichen Anzeichen einer alten Schlucht (vgl. Tafel XIII Fig. 1). Unmittelbar rechts der Telegraphenstange ist im linken Talhang eine tiefe, glattwandige Rinne erkennbar; sie erweist sich wieder erfüllt mit Moräne, die wie allerorts reich ist an Rofna- porphyrgeschieben aus dem obern Teil des Hinterrheintals. Die Breite der Rinne beträgt an der Strasse unten 2'/s m, oben in der Scharte, rechts von den Isolatoren, misst man von Fels zu Fels 31/,—4!/, m. Der alte Via Mala-Saumweg benützte diese Rinne: von der Scharte aus erkennt man noch seine Spur, die Rinne freilich verliert sich in der Schluchtwand fast ganz und wird von Schieferschutt verhüllt, nur spärlich lässt sich die hier auffallend geringe Breite der alten Schlucht erkennen. Der Weg, der ehemals von da aus, dem westlichen Berghang entlang, hinüberführte zu dem oben schon erwähnten Weg- stück bei der zweiten Brücke ist längst von Steinschlägen zerschmettert worden oder selber abgestürzt. Dass die erwähnte Rinne tatsächlich einer alten Schlucht - wir wollen sie fortan Schlucht A nennen — entspricht, zeigt sich sehr schön unterhalb der Strassenmauer: Eine Ueberdachung der Strasse zum Zwecke der Ableitung eines kleinen Bächleins ist ungeschickter’ oder geschickter Weise, wie man will, just so ange- bracht worden, dass mit der Zeit die Moränenausfüllung aus der Schlucht weggespült werden musste. Zur Sicherung der Strasse hat man dann in der Schlucht die auf dem Bilde dunkel erscheinende Mauer errichtet, aber unterhalb derselben ist die Schlucht noch auf mehrere Meter Tiefe deutlich erkennbar. Noch ist kurz auf eine Eigentümlichkeit der Schlucht A hinzu- weisen, die stellenweise auch die heutige Schlucht auszeichnet: Die Schlucht ist nicht vertikal sondern schief eingesägt, hier ist es die westliche Schluchtwand, die überhängt. Etwas nördlich des Auf- nahmepunktes unseres Bildes tritt diese leicht überhängende geglättete Taf. XIll. 1919. Jahrg. 64. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. "5 yyung 10q pr Iyongyps Yon [yPS uPpuapumumu U9JSQ UOA Aaııl op purm uoynzI0 ouyıoq ur dop Zunpunuug »1p punusiojurg -PIS=g NA UJS19 AOP yaıjsom u cz wo ‘y yıppnjyas u "ulayalojurg usp jae gqeumy p Jyanjups Sie dp ya.ımp ae PIp uw sne 9Ssseng-vfen eIA TOP UoA Yollg °1 "dry ((990119peg unog) % Jyung U0A puaser) op sne yaıfgı 5 "SA ’ yyanıyas X "ıaarı U" "JIOYXNE "Y "Joyd van ara "u 0Ud Y u.1odssje 1 ISOMPION ISSE.LIS> A Osse.ng Jahrg. 64. A. Buxtorf. Aus der Talgeschichte der Via Mala. 441 Schluchtwand westlich über der Strasse wieder zu Tage, Moräne ist ihr angeklebt. Schon Alb. Heim beschreibt diese interessante Stelle sehr eingehend (a. a. ©. S. 463) und widmet ihr auch in Lieferung 4 S. 369) seiner im Erscheinen begriffenen „Geologie der Schweiz“ eine spezielle, heute freilich durch Einfügung der alten Schluchten zu ergänzende Profildarstellung. Dabei ist allerdings zu erwägen, dass die Glättung des Felsens doch wohl weniger auf Gletscherschliff sondern auf fluviatile Erosion zurückzuführen sein dürfte. Der später in das Tal eindringende Gletscher mag zunächst etwas nach- geschliffen haben, hat aber mit seinen Moränen im tiefsten Schlucht- teil doch wohl sehr bald auskleisternd gewirkt. Nachdem durch diese Befunde kein Zweifel mehr möglich war, dass just im engsten Teil der Via Mala neben der heutigen Klamm noch mindestens zwei alte, mit Moräne erfüllte Schluchten sich vorfinden, war dem weitern Forschen der Weg klar vorgezeichnet: Es handelte sich einfach darum nachzusuchen, ob noch an andern Stellen in den Wänden der heutigen Schlucht Anschnitte der alten Klammen festgestellt werden könnten. Es ist mir eine angenehme Pflicht an dieser Stelle denen zu danken, die mir bei dieser Untersuchung und später wertvolle Hilfe geleistet haben. Es sind dies vor allem die Herren Direktor F. v. Bidder in Thusis, Ingr. A. Oukhtomsky, Ingr. H. Schorer und Cand. geol. R. Elber in Basel. Herrn Oukhtomsky verdanke ich eine grössere Anzahl interessanter stereoskopischer Photographien, die zu ver- öffentlichen leider keine Möglichkeit vorliegt, die ich aber gerne zur erfügung von Fachgenossen halte; er und Herr Schorer waren zu verschiedenen Zeiten meine unermüdlichen Begleiter als es sich im Okt. und Dez. 1918 darum handelte.die Schlucht in allen ihren Winkeln zu durchstöbern. Sehr wertvdl war mir sodann eine s. 2. vom Splügenbahn-Komitee erstellte topogr. Detailkarte der Schlucht in 1:5000, die mir die Herren Ingre. Wildberger in Chur ver- mittelten. Sie diente als Grundlage meiner Aufnahmen und ist auch in der Detailkarte und den Profilen der Tafel XI verwertet worden. Bei der Erstellung der Unterlage zur Übersichtskarte hatte ich mich der Hilfe von Herrn Geometer J. Roux in Basel zu erfreuen. Für die nachfolgende Detailbeschreibung der alten Schluchten gehen wir aus von der zweiten Via Mala-Brücke, Karte und Profile der Tafel XI sind dabei beständig vor Augen zu halten. Der Verlauf der Schlucht B, die wir beim Pavillon P von der heutigen Klamm abzweigen sehen, verrät sich oberflächlich durch einen im Abhang rechts über der Strasse verlaufenden Moränen- 442 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 streifen, den wir ununterbrochen verfolgen können bis in die Schlucht- wand rechts unterhalb der ersten Brücke. Obwohl hier starke Be- waldung den Einblick erschwert, kann man doch bei näherer Prüfung und auch von der gegenüberliegenden Strasse aus erkennen, dass der Fels von einer Rinne unterbrochen wird, die bei einer Breite von wenigen Metern, bis etwa 20 m unter das Niveau der nahen ersten Brücke reichen dürfte. Die Sohle der Schlucht B bleibt dabei etwa 35 m über der heutigen. Ich besitze leider bis jetzt keine genauen Vermessungen, kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass hier beim Wieder- austritt die Sohle der Schlucht B etwas höher liege als oben beim Pavillon. Die zwischenliegende Strecke hätte also ganz oder stellen- weise Gegengefälle. So auffallend dies auf den ersten Blick erscheinen würde, so ist es doch eine bei schluchtartigen und in wechselnd hartem Gestein eingesägten Talwegen häufig beobachtete Er- scheinung. Zufällig wäre beim Pavillon eine besonders tief ausge- kolkte Schluchtstrecke freigelegt worden. Ich hoffe, später diese interessanten Verhältnisse aufs Genaueste überprüfen zu können.") Nicht ganz einfach gestaltet sich das weitere Verfolgen der Schlucht B. Es war zu untersuchen, ob talwärts ihr Verlauf zusammenfalle mit der heutigen Schlucht, oder aber ein Überqueren derselben stattfinde. Nach vielfacher Prüfung muss ich mich entschieden für das letztere aussprechen und zwar findet die Überquerung auffallender- weise fast unter rechtem Winkel statt (vgl. Punkt f der Detailkarte.) Blickt man nämlich bei der Strassenüberdachung, die auf Fig. 1, Tafel XIII mit dargestellt ist, in die alte Schlucht A hinunter, so kann man trotz des reichlich vorhandenen Schieferschuttes erkennen, wie hier von Osten her eine Schlucht, die in der Sohlenhöhe unserer Schlucht B der rechten Talseite entspricht, fast rechtwinklig gegen die Schlucht A zu verläuft. Die glatte, mit Erosionsnischen versehene Fläche B links unten auf Fig. 1- ist ein Stück des obern Teils der Südwand der Schlucht B. Diese Richtung senkrecht zum Berghang aber Bun die Schlucht B natürlich nicht weiter verfolgen können; ich vermute deshalb, dass von der Vereinigungsstelle bei f die Schluchten A und B nach Norden zu auf eine kurze Strecke zusammenfallen; leider ver” hindern aber Moränen und Schuttbedeckung eine direkte Beobachtung- ) Derartige rückläufige Schluchtsohlen beschreibt sehr eingehend M. Lugeon aus dem Cafion ; pente du lit rocheux d : inys . Ac. Sc: pP. 1798, 19. v1. 1911 ir a er a in er Haut francais a Genissiat (prös de Bellegarde)‘ (Mem. soc. geol. de France, 4" serie, I. mem. N° 8, 1912). Y t.1 öne td. Jahrg. 64. A. Buxtorf. Aus der Talgeschichte der Via Mala. 443 Mit Bestimmtheit aber kann gesagt werden, dass die Schluchten sehr bald wieder auseinander gehen müssen, denn weiter flussabwärts ‚zeigt uns die heutige Schlucht bei g und m wieder zwei getrennte Schluchteinmündungen. Die Einmündung bei m ist eine schmale Klamm, die sowohl von der Strasse als von der rechten Rheinseite aus festgestellt werden kann. Ihre Sohle liegt hoch überm heutigen Rhein und dieser Um- stand bestimmt mich, sie als Fortsetzung der weniger tiefen Schlucht B aufzufassen. Ein nächstfolgendes Stück derselben vermute ich in der wenig tiefen Rinne n—o, die sich westlich der Traversinerbrücke erkennen lässt. Unterhalb Punkt o ist sie wohl genau da verlaufen, wo später die heutige Rheinschlucht entstanden ist. Viel interessantere Verhältnisse zeigt die Schluchteinmün- dung bei g. Wer von der Strasse aus die paar Schritte zum Punkt g absteigt, steht auf einer schmalen, sich zuschärfenden Schiefer- tippe, analog derjenigen bei der Pavillontreppe, nur hier flussabwärts gekehrt. Zur Rechten rauscht in der Tiefe der Rhein, zur Linken aber erscheint eine enge, gegen 50 m tiefe, oben mit geschichtetem fluvioglazialem Kies, unten mit Moräne erfüllte alte Klamm. Stütz- mauern und Pflöcke verhindern oben das Nachrutschen des Kieses und eine Gefährdung der Strasse. Einige heruntergestürzte Baum- stämme sind zwischen die Wände der Schlucht eingeklemmt (vgl. Fig. 2 der Tafel XIII). Im Gegensatz zur Schlucht B ist diese Klamm fast so tief eingeschnitten wie die heutige: zwischen den geglätteten Schluchtwänden kann man ohne allzugrosse Schwierigkeit immer über Moräne zum Rhein hinabsteigen; erst ganz unten, fast im Niveau des Flusses stellt sich die Sohle der alten Schlucht ein! An der Ein- mündungsstelle beschreibt der Rhein eine charakteristische Biegung nach rechts. Blickt man vom Sporn g hinunter in die Rheinschlucht, so bietet Sich eine weitere Überraschung: Nur auf eine ca. 500 m lange Strecke fallen alte und heutige Schlucht zusammen, dann biegt (vgl. Tafel XT) der Rhein nach links ab, die alte Schlucht aber geht in gerader Richtung weiter gegen das Badertobel zu, zwischen die alte Schlucht und den Rhein schiebt sich der Schiefersporn h ein! Von der Traversinerbrücke aus ist die alte Schlucht bei h leicht erreichbar, sie erweist sich bis hinab an den Rhein mit Moräne aus- gefüllt. Aus ihrem obern Teil ist Fig. 2, Tafel XIII aufgenommen, auf welcher wir links und rechts im Vordergrund noch die Wände der alten Schlucht erkennen. In gerader Verlängerung blickt man hinab auf das eingeschaltete ‚aktive‘ Rheinstück und ganz hinten endlich 444 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 erscheint die gegen die Via Mala-Strasse aufsteigende alte Klamm von Punkt g. Die letztere ist mannigfach gewunden und im obern Teil etwas schief bergwärts eingeschnitten. Dadurch erinnert sie sofort an die Verhältnisse der Schlucht A auf Fig. 1 und ich zögere deshalb nicht, anzunehmen, es sei die Schlucht g—h nichts anderes als deren direkte Fortsetzung. Wir gelangen also zum Ergebnis, dass in der Nähe der ersten Via Mala-Brücke neben der heutigen Schlucht noch zwei alte existieren: Schlucht A, deren Tiefe ungefähr der der heutigen Rheinklamm entspricht, und Schlucht B, deren Sohle durchschnitt- lich etwa 30 m über dem Rheinniveau liegt. Wir haben Schlucht A verfolgt bis zum Badertobel. Hier ver- schwindet sie unter Moräne, die ihrerseits unter Breitenberg von Bergsturz- und Abhangssehutt verhüllt wird. Untersuchen wir aber die rechtseitige Wand der Rheinschlucht nach Norden zu, so stossen wir bei Punkt i, ca. 150 m unterhalb der Traversinerbrücke auf eine von rechts her einmündende enge, alte Klamm, die nur der wieder zu Tage tretenden Schlucht A entsprechen kann, denn weiter nordwärts bis zum Traversinertobel ist die Wand der Rheinschlucht unverletzt. Grosse Blöcke im mittleren Teil der Schlucht bei i verunmöglichen das Hinuntersteigen bis zum Rhein; man erkennt aber von oben oder von der andern Seite her, dass die Schlucht A hier nicht ganz so tief ist wie die heutige. Ihre Sohle liegt vielmehr wie bei Punkt 8 ein Weniges über Rheinspiegel, woraus wir folgern dürfen, dass auch oben bei h die alte Schlucht nur wenig tiefer sein dürfte als Rheinniveau. Unterhalb Punkt i fallen heutige Schlucht und Schlucht A zusammen. Nachdem wir nun die Schlucht A an 4 Stellen (i, h, g und e) nachgewiesen haben und daraus auch für die Zwischenstücke ihren mutmasslichen Verlauf ableiten dürfen (vgl. die Strich-Punktlinie der Detailkarte), gilt es die Stelle zu suchen, wo oberhalb Punkt e die Schlucht A vom heutigen Rheinbett nach links abzweigt. Oberhalb der‘ ersten Brücke ist die linke Wand der Rheinklamm ganz intakt, man kann das oben von der Strasse oder unten von der Galerie aus feststellen. Erst in der Weitung nördlich Punkt d ist der Fels unterbrochen, hier aber verhindert mächtiger Bergsturz" schutt eine nähere Untersuchung (vgl. Tafel XIT). Trotzdem kann für mich kein Zweifel bestehen, dass unter diesem Schutt $ die gesuchte Abzweigung begraben liegt; dafür sprechen verschiedene Momente, die auch aus Tafel XII abzulesen sind. Zunächst die Tatsache, dass der Bergsturz als ganzes eine Rinne erfüllt, denn zwischen ihm und der Jahrg. 64. A. Buxtorf. Aus der Talgeschichte der Via Mala. 445 Rheinschlucht bildet der Schieferfels einen leicht vorspringenden Rücken R. Sehr bezeichnend ist auch die plötzliche Verengung des Rheinbettes an der Stelle, wo der genannte Schieferrücken süd- ostwärts gegen den Rhein vorspringt. Hier prallt der Rhein auf und erscheint wie nach rechts abgelenkt in die enge junge Klamm. Es könnte endlich vorgreifend auch darauf hingewiesen werden, dass weiter oben in der ViaMala wieder die Spuren einer tiefen alten Schlucht zu finden sind, doch möchte ich diesem Umstand lange nicht die Be- deutung beimessen wie den andern, vorher aufgezählten Argumenten. Eine Schlucht von der Vollendung und Tiefe wie wir sie bei Punkt g fanden, muss schlechterdings auch einen tief eingesägten obern Ein- gang besessen haben. Bei der zweiten Brücke, wo die Via Mala ihre grösste Enge aufweist, ist von alten Schluchtbildungen nichts zu beobachten, alles deutet darauf hin, dass hier die jetzige Schlucht mit den alten zu- sammenfällt. Aber nur 350 m weiter oben, bei der Einmündung des Summapunttobels, liegen wieder gänzlich veränderte Verhältnisse vor. Schon Alb. Heim (a. a. O. S. 462) erwähnt, dass in der von Erosionskesseln durchlöcherten, den Rhein nur wenig überragenden Felsterrasse links vom Fluss sich zwei verlassene Rheinwege befinden. Sie sind auch auf Tafel XI angegeben. Die östliche Rinne bei a ist wenig tief und zeigt beidendig die felsige Sohle. Ich habe ihr den Namen „lokale Erosionsrinne* gegeben, da ich sie in keinen bestimmten Zusammenhang mit andern Schluchtbildungen bringen kann. Die westliche dagegen erweist sich auch da mit Geröllen erfüllt, wo sie bei b in den Rhein ausmündet. Wegen dieser Tiefe möchte ich in ihr ein Stück der Schlucht A erblicken, obwohl hiefür ein einwandfreier Beweis nicht zu erbringen ist. Neben diesen zwei untern Rinnen, die beide bei starkem Hoch- wasser vom Rhein noch überflutet werden, existiert etwas höher oben am linken Talhang noch eine dritte Schlucht C. Sie verrät Sich im Summapuntgraben, wo direkt unterhalb der Strassenbrücke auf kurze Strecke der Fels im Tobel ganz, aussetzt und Sohle und Ränder durch Mauerwerk gesichert werden mussten. Wahrschein- lich ist C von geringer Tiefe; nach Süden können wir ihre ehemalige Fortsetzung vermuten in einer jetzt mit Moräne erfüllten Weitung, ihre nördliche Fortsetzung aber möchte ich, nach einem durch Schuttbedeckung erzeugten Unterbruch von fast 200 m, in einer schmalen, mit Moräne erfüllten Schlucht suchen, welche sich an der Strasse ca. 70 m südlich der zweiten Brücke zeigt (vgl. Profil 3). Ihre Sohle liegt kaum viel tiefer als das Strassenniveau und ich 446 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 nehme an, die Strasse und ihre Stützmauern wenig oberhalb der zweiten Brücke seien auf dieser Schlucht angelegt; bei der Brücke fiel ihr Trac schon mit der heutigen Klamm zusammen. Lange Zeit glaubte ich diese Schlucht © ohne weiteres in direkte Verbindung mit der weiter unten beim Pavillon einsetzenden Schlucht B setzen zu dürfen. Heute möchte ich es aber nicht meh wagen, diese Ansicht als die allein mögliche zu bezeichnen. Ein direkter Zusammenhang C—B ist zwar denkbar, dann aber muss die Schlucht ein sehr unausgeglichenes Gefälle besessen haben: Auf der Strecke Summapunt—zweite Brücke fast horizontal, von da im Traee der heutigen Schlucht hinab zur Schluchtsohle unterm Pavillon ein Gefälle von ca. 45 m auf einer nur etwa 140 m langen Strecke, hierauf horizontal oder sogar leichtes Gegengefälle auf der Strecke Pavil- lon—Wiederaustritt unterhalb der ersten Brücke. Zu Gunsten direkten Zusammenhanges liesse sich anführen, dass offenbar bei der zweiten Brücke und gerade oberhalb davon der Fels als Ganzes einheitlicher und härter ist als weiter unten: die Schlucht ist hier am engsten, die einschliessenden Wände sind am höchsten; der auch heute noch starkes Gefälle zeigende Rhein fliesst wahrscheinlich auf felsiger Sohle. Die Härte des Felsens würde auch das Gefälle der alten Schlucht erklären und damit auch die tiefe Auskolkung unterm Pavillon, sowie das nördlich anschliessende Gegengefälle. Es würden dann aber diese starken Gefällswechsel die Schlucht C—B als etwas Unfertiges, das vor Vollendung schon wieder ausser Funktion gesetzt worden wäre, erscheinen lassen. Wem diese Deutung zu gesucht erscheint, dem bleibt nur übrig, die Schluchten C und B als getrennte Dinge zu behandeln. Die Fortsetzung von Schlucht B nach oben wäre dann eben im Trace des heutigen Rheins zu suchen, von Schlucht © aber wäre eine Fort- setzung talabwärts nicht bekannt. In der Erklärung zur Tafel xl war ich so vorsichtig, beide Deutungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Damit verlassen wir die Via Mala um Die Weitung von Rongellen und das Gebiet von Crapteig einer näheren Prüfung zu unterziehen. Dabei leiten uns naturgemäss dieselben Gesichtspunkte wie oben in der Via Mala: d. h. es ist zunächst, die Abgrenzung von Fels und Quartär durchzuführen, dann aber sind auch die Quartärbildungen nach ihrer Herkunft auseinander “ zu halten. Die Verbreitung des anstehenden Felsens ist aus den Karten der Tafeln X und XI sofort ablesbar. Jahrg. 64. A. Buxtorf. Aus der Talgeschichte der Via Mala. 447 Das rechte Rheinufer wird von Punkt i bis hinab ins Verlorene Loch durchgehends von Fels gebildet, der meist in hoher Wand zum Rhein abbricht. Der ganz lokale Unterbruch durch den Schutt des Traversinertobels darf unberücksichtigt bleiben. Am linken Ufer aber lässt sich der Fels nur bis Punkt k ver- folgen, dann hört er unvermittelt auf; weiter abwärts bis zum Rongellentobel und noch etwas drüber hinaus finden wir nur Moräne, d.h. richtiger gesagt unten am Fluss nur die aus der Moräne heraus- gewaschenen Riesenblöcke von Rofnaporphyr und Taspinitbreceie, beide aus dem Schams, der Rofna und den anstossenden Bergen stammend. Von k aus zieht sich der Felshang z. T. als geglättete Wand nordwestwärts hinauf ins Rongellentobel, quert dieses und bildet nordwestlich vom Gasthaus Post Rongellen einen letzten Vorsprung. Mit diesem Felsen hängen die von Acla sut wohl direkt zusammen, obwohl oberflächlich die beiden Bezirke durch Quartär getrennt erscheinen. Der am Rhein unterhalb des Rongellentobels wieder einsetzende Fels hält als etwa 30 m hohe Wand an bis Punkt 1, wo wir wieder auf eine ca. 10 m breite, moränenerfüllte Rinne stossen, die sich nach oben rasch erweitert. Die Moränenausfüllung dieser Rinne ist meist überkrustet mit Kalktuff, ausgeschieden von den zahlreichen hier und am Abhang gegen die Strasse austretenden Quellbächen. Nördlich 1 setzt dann die Wand ein, die an Höhe zunehmend den Rhein bis ins Verlorene Loch begleitet. Es bedarf keiner näheren Ausführungen, dass durch diese beiden Unterbrüche, dem obern ca. 100 m breiten und dem untern schmalen bei l zweimal die Möglichkeit des Vorhandenseins nach Nordwesten gerichteter, alter Rheinläufe gegeben ist. Wir werden diese Frage weiter unten näher zu prüfen haben. Steigt man von der Strassenbiegung Rongellen— Verloren Loch nordwestwärts hinauf nach dem durch Ingr. Wildberger genau ver- Messenen Schieferrundhöcker P. 987.20 und versucht von diesem west- wärts nach Crapteig anzusteigen, so ist man erstaunt, westlich von P. 937 auf eine prachtvolle, alte Schlucht, Schlucht D, zu stossen, deren Wände noch vielerorts die ehemalige Glättung erkennen lassen und deren Sohle sich nach Norden zu allmählich senkt. € Dimensionen sprechen ohne weiteres für eine alte Rhein- Schlucht: ihre Breite mag durchschnittlich 15—20 m betragen, nach der Tiefe zu aber dürfte sie sich rasch verschmälern. Im Süden bildet Moräne die Ausfüllung, nach Norden mehr und mehr Schutt der Schluchtwände. Man kann der Schlucht D nordwärts nach- 448 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 gehen, bis die hohe Felswand überm Nordportal des Strassentunnels im Verlorenen Loch Halt gebietet. Unten von der Strasse aus erkennt man, dass die Schluchtsohle ca. 40 m über Strassenniveau liegt, von P. 937 gemessen mag die Gesamttiefe 60—70 m betragen, die Sohle mithin auf 865—875 m ü. M. liegen. Den Südhang des Felsgebietes von Crapteig begleitet ein schmaler aber ununterbrochener Moränensaum; nicht näher unterschiedene Moränenreste und Erratica finden sich auch allenthalben den Schiefern des Crapteigwaldes aufliegend. Der Moränensaum aber hört ganz auf, sobald wir auf der Höhe des Rongellensattels, welcher Crapteig und Saisa trennt, angelangt sind. Die ganze, ca. 300 m breite Sattel- region wird nicht von Fels gebildet, sondern von Schieferschutt ‘und -Blöcken; Erratisches fehlt ganz. Nach Norden zieht sich die Schuttmasse wulstartig ins Tal des Saisabaches, in der Richtung Rongellen reicht sie bis fast zur Landstrasse hinab. Die Herkunft dieser gewaltigen Schuttmasse wird uns klar, wenn wir von der Strassenbiegung NE Rongellen, oder noch besser von P. 937 aus westwärts gegen den Crapschalver- und Scherenkopf blicken: man erkennt sofort, dass hier ein gewaltiger Schnitz aus dem Berghang ausgebrochen ist, der als Sackungsmasse des Lerchwaldes sich vorbaucht zwischen den Tobeln des Saisa- und Rongellenbaches. Am Sporn von Crapteig hat sich die sackende Schiefermasse gegabe in einen kleinen nördlichen und den breiten östlichen nach Rongellen gerichteten Ast. Es ist von grosser Bedeutung, dass die Schuttmasse von Lereh- wald-Rongellen an ihrem östlichen Unterrand nirgends mit dem Fels in direkte Berührung tritt; immer schiebt sich Morän® dazwischen; diese ist es, die den Fels überzieht und die Rinnen in demselben ausfüllt. Erst viel später hat sich über die Moräne die Sackungmasse ergossen, die hier unten den Charakter einer Ge- hängeschuttdecke annimmt. Der Unterrand des Schuttes reichte ehemals bis zum Niveau der Strasse hinab, hier aber hat der Rhein zu einer Zeit, da er schon dem Verlorenen Loch zuströmte, abe noch in ca. 100 m höherem Niveau floss als gegenwärtig, die Stirne des Schuttstroms weggespült. Es entstand die bogenförmige en böschung p-p-r; in der Nische aber wurden jungdiluviale, 8 Schotter D angelagert, in denen die spätere Erosion wieder Bun. Terrassenrand s-t erzeugte. Das Liegende der Schotter bildet Moräne, nur dort wo diese weggeschwemmt wurde, lehnt der direkt an den Schieferfels. Alle diese Einzelheiten sind aus Detailkarte sofort ablesbar. Schotter er 4 ‘Jahrg. 64. A. Buxtorf. Aus der Talgeschichte der Via Mala. 449 Nachdem wir nun wissen, dass die Einsattelung zwischen Crap- teig und Saisa in ihrer jetzigen Höhe nicht als Torso eines alten Rhein- laufes betracht werden darf, sondern ehemals sehr viel tiefer war und erst in relativ jüngster Zeit durch die Sackungsmasse des Lerchwaldes zur heutigen Höhe aufgefüllt wurde — nachdem wir uns ferner der breiten Lücke in der linken Schluchtwand des Rheins bei k erinnern, liegt es nahe, diese verschiedenen Erscheinungen in einfachen, causalen Zusammenhang zu setzen: Beim Rongellentobel ging einst der Talweg des Rheines nach Nordwesten weiter, Richtung Rongellensattel, dann in der Tiefe unter dem heutigen Saisabach Richtung Uebernolla-Thusis hinaus ins Domleschg! Eine derartige Annahme wird nicht nur den beschriebenen Ver- hältnissen gerecht, sondern macht eine ganze Reihe morphologischer Eigentümlichkeiten erst verständlich: Die merkwürdig abgeschnittene, z. T. geglättete Felswand Punkt K--Post Rongellen wird zur Sidwestwand der alten Rheinschlucht. Das ehemals tiefe und relativ weite Rheintal Rongellen—Ueber- nolla unterschnitt die Felsböschung, die sich einst von Acla Sut- La Tguma nach Saisa hinüberspannte und schuf die Veranlassung zur spätern Lerchwald-Sackung. Für die Flussverschiebung aber spricht namentlich auch der Umstand, dass im NE der Post Rongellen (vgl. Profil 11) der Oberrand der Felswand der linken Rheinseite genau in die Ver- längerung der Felsböschung der rechten Rheinseite fällt. Die heutige Schlucht ist eingesägt in die rechte’ Wand des alten Tales; das moränenerfüllte alte Tal aber zeichnet sich in dem saftigen Wiesen- gelände unter der Post Rongellen sehr schön ab!!) a in der Via Mala nur die Schlucht A ihrer Tiefe nach der heutigen gleichkommt, glaube ich den kei Rongellen bei k abzwei- genden alten Talweg ohne Weiteres als untere Fortsetzung von A Ansprechen zu dürfen. Dagegen muss ich es ganz offen lassen, ob bei Punke I noch eine zweite, nach links abzweigende alte Schlucht vorausgesetzt werden muss. Nach den Verhältnissen am Rheinufer bei I muss die Möglichkeit einer solchen ohne weiteres Zugegeben werden; allein ihr Vorhandensein erscheint mir sehr wenig 95 ‘) Nur beiläufig möchte ich hier erwähnen, dass auch die Nolla in ihrem nlerlaufe eine Flussverschiebung erkennen lässt. Sie muss ehemals irgendwo iM junger Zeit durch die jetzige Nolla isoliert worden. Verdächtig ist die merk- Krümmung bei P » NE oder 9 450 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 wahrscheinlich: zunächst erheischen die Verhältnisse in der Via Mala keine zweite, alte und tiefe Schlucht hier unten; besonders aber wäre schwer verständlich, wie das ganz jung erscheinende heutige Rheinbett Rongellentobel— Punkt 1 schon vor dem Rückzug des Glet- schers als alte Schlucht funktioniert haben sollte. Man könnte darum vermuten, es liege bei 1 eine wohl ziemlich tiefgreifende, aber nur lokale seitliche Auskolkung des heutigen Rheines vor, nicht aber ein alter Rheinlauf. Die die Lücke erfüllende, meist mit Kalktuff überzogene Moräne müsste dann naturgemäss als herunter gerutscht aufgefasst werden. an kann sich aber auch fragen, ob der schmale Unterbruch bei l nicht etwa zurückzuführen sei auf einen Seitenbach, derehe mals vom rechten Talhang her durch diese Lücke dem alten Rhein- E lauf Rongellen-Uebernolla zugeflossen wäre. Hiebei käme wohl weniger ein altes Traversinertobel in Betracht, als vielmehr eine nördlich von Fengst herkommende Rinne (vgl. Tafel X), die über und | im heutigen Rheinbett nach Südwesten verlief. Die Moränenaus füllung wäre in diesem Fall natürlich eine primäre.') a Die Blockierung des alten Talweges A aber müssen WIF uns m. E. durch gewaltige Moränenaufhäufungen vorstellen (vgl. Profile 12—15), diese und nicht etwa die junge Lerchwaldsackung zwangen den Rhein, sich Wege östlich Crapteig zu suchen. Hier nun finden wir zuerst die Schlucht D, in der man der Höhenlage nach einen sehr alten Talweg vermuten dürfte. D* Frische der Schlucht zwingt mich aber doch eher zur Annahme, ® möchte sich hier um eine Abflussrinne handeln, die sich erst na° der Blockierung des Talweges A bildete und zwar als Überlauf = der tiefsten Stelle des damals noch zusammenhängenden Felsriegels Crapteig-Westabhang Muttner Berge. Schlucht D wäre ein Rest ersten durchs Verlorene Loch nach Thusis gerichteten Talwege®- ” möchte ferner annehmen, derselbe sei subglazial entstanden; als später der Gletscher den Felsrücken zwischen P. 937 und dem östlichen Talhans um ein Weniges abgeschliffen hatte (vgl. Profil 12), wurde Schlucht D ausser Funktion gesetzt und selber teilweise und zwar bezeichnender“ jeden ') Die Frage des Felsunterbruchs bei | hätte übrigens s. Z. praktisch entschied werden können, als man westlich des Rheines den Zuleitungsstollen für da k trizitätswerk Thusis erstellte (vgl. Tafel XD). Leider liegen aus der Bauzeit Angaben vor; das Ausbleiben grösserer Schwierigkeiten beim Stolle aber eher gegen die Existenz einer alten Schlucht. Die merkwürdige nbau Sp! der hier durchfliessenden Quellbäche vorzubeugen. Vielleicht dass sich be reparaturen die Möglichkeit ergiebt, das Problem zu lösen. a SE Je aaa 1 an SE En a BERN. das Elek jeht biegung - en ‚ 3 ” * ” des Stollentrace gerade im fraglichen Abschnitt geschah wohl um dem e Stollen" Jahrg. 64. A. Buxtorf. Aus der Talgeschichte der Via Mala. 451 weise nur im südlichsten Teile mit Moräne ausgekleistert. Die Eröffnung des bis heute verfolgten und vertieften Talweges aber fällt mit dem de- finitiven Rückzug der Gletscher aus der Weitung von Rongellen zeitlich genau zusammen: das Verlorene Loch blieb moränenfrei. Dagegen hat sich hier später im Kleinen dieselbe Erscheinung wie bei Rongellen wiederholt: der linke vom Fluss unterschnittene Talhang ist nach- gebrochen und bildet als Bergsturz- und Sackungsmasse das Schutt- _ gebiet von Crapteig (Profil 14). Die starke Lockerung der Fels- köpfe überm Schuttgebiet zeigt, dass dieses Nachbrechen noch lange nicht zum Abschluss gekommen ist. Es bleibt uns noch übrig die oberste Via Malastrecke: Zillis—dritte Brücke näher zu prüfen und auch hier als erstes die Verteilung von Fels und Quartär festzulegen. Im Allgemeinen ist die Schlucht hier ziemlich weit: nirgends zeigen sich Gesteinsschwellen im Fluss, Fels tritt auch an den Ufern nur spärlich auf. Diese werden teils von grobblockigen Schottern oder Sanden jungdiluvialen Alters gebildet, teils von alles über- deckendem Gehänge- und Biockschutt. Dazu treten die merkwürdigen erstmals von Alb. Heim (a. a. O. S. 461-62) erwähnten durchtufften Grundmoränen, die sich in typischer Ausbildung im Bett und den Ufern des Rheines bei der dritten Brücke zeigen, deren Fundament sie bilden. Leider fehlte mir die Zeit, um die Gliederung und Verbreitung der verschiedenen Quartärbildungen in allen Einzelheiten zu verfolgen, dies soll wenn möglich später nachgeholt werden. Dagegen zeigt sich in der Allgemeinverbreitung von Fels und Quartär die auffällige Tatsache, dass nur das linke Ufer eine einheitliche Felsbösehung aufweist, das rechte dagegen zwei weite Lücken leicht erkennen lässt: die nördliche zwischen P. 1068 und P. 1026, die südliche Zwischen P. 1026 und Reischen. Der vorspringende Felskopf 1026 ist ganz isoliert. Eine kursorische Begehung, die ich von der dritten Brücke nach Punkt 1026 und Reischen ausführte, ergab, dass hier am Abhang gewaltige Massen von Schieferschutt und Moränenmaterial liegen ; letzteres ist wohl z. T. als mitverrutscht aufzufassen. Und wenn. man dann den ganzen gegen das Muttnerhorn ansteigenden Berghang von weiterher überblickt, drängt sich mehr und mehr der Gedanke auf, man habe es auch hier mit einer gewaltigen Sackung \ Bergschlipf und -Sturz) des ganzen Abhangs zu tun, deren Ober- "and die Felsen von Crom bilden. Auf der Übersichtskarte habe ich 452 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. >24. 4919 dieses noch näher zu prüfende Gebiet vorläufig als Sackung von Uaul Paniglias ausgezeichnet. Der. Felskopf 1026 hat — ganz analog wie der von Crapteig — die Stirne der Schuttmasse in zwei Äste zerlegt: der Nordast reicht gerade ob der dritten Brücke bis an. die Landstrasse, der südliche, gegen den untern Reischenbach gerichtete, ist in seinem untern Teil von diesem verschwemmt worden und hat mit zum Aufbau des gewaltigen Schuttkegels von Reischen beigetragen. ee . .. Das Isoliertsein des Felskopfes 1026 aber legt uns des Weitern die Frage vor, ob nicht auch hier am Südende der Via Mala eine bedeutende Flussverschiebung stattgefunden habe, derart, dass ein alter Talweg östlich P. 1026 anzunehmen wäre. Obwohl meine Untersuchungen noch lückenhaft sind und es überhaupt schwierig sein dürfte, einwandfreie Beweise für diese Annahme zu erbringen, möchte ich doch schon jetzt auf einige Punkte hinweisen, die ent sehieden zu ihren Gunsten sprechen. Der Felskopf 1026 ist dem Felsabsturz der linken Talseite so auffallend nahe gerückt und passt nach Höhe und Ausmass so aus- gezeichnet in dessen Verlängerung, dass man sich sehr leicht denken kann, es habe P. 1026 einmal der linken Talböschung angehört und sei erst durch ein später entstandenes Rheintal davon abge- schnitten worden. Ein Profil gelegt von Lohn nach P. 1026 würde also das Spiegelbild zum Querschnitt des Rheines in Profil 11 liefern! Sehr zu Gunsten eines alten Rheinlaufes spricht auch das unver“ mittelte Einsetzen des anstehenden Felsens am Reischenbach und bei Zillis. Der Felshang ist auffallend steil geböscht, ausserdem einheitlich von SSW nach NNE gerichtet und könnte also sehr gut als rechte Seitenwand eines unter Zillis und Reischen begrabe liegenden, alten Rheinlaufes gedeutet werden. Aufgabe erneuter Begehungen wird es sein, das hier ange schnittene Problem weiter zu verfolgen. Im Besondern wird auc geprüft werden müssen, ob die Verstopfung des mutmasslichen alten Talweges durch Moränen oder aber durch die Sackung erfolgt sel. Ich neige eher der ersten Ansicht zu und möchte in diesem Zusammen hang darauf hinweisen, dass Alb. Heim am Südende des F elskopfes von P. 1026, wenig über der Strasse s. Z. beobachten konnte, dass dem Schiefer zunächst Grundmoräne aufliege, auf welche dann erst Schutikegelmaterial des Reischenbaches folge (a. a. 0,84 | und 461). Ich möchte vermuten, dass diese Moräne, die heute wege" einer neuerstellten Sicherungsmauer nicht mehr so gut. erkannt werden kann, nach Osten zu in der Tiefe mit einer mächtigen Moränenmas®® Jahrg. 64. A. Buxtorf. Aus der Talgeschichte der Via Maha. 453 zusammenhänge, die ‘den alten Tallauf blockiert, oberflächlich aber fast allerorts von jüngerem Schutt überzogen wird. Vielleicht sind die merkwürdigen Grundmoränen bei der dritten Brücke ebenfalls als Ausfüllung des alten Talweges aufzufassen. Der Rhein hat sie wieder entblösst, weil bei der dritten Brücke das jetzige Tal sich ja mit dem alten vereinigt haben muss. Sollte es späterer Forschung gelingen, die hier ausgesprochenen Vermutungen zu stützen, so wäre die Analogie zwischen dem süd- lichsten und nördlichsten Teil der Via Mala eine ungemein weit- gehende: Die Sackungen von Uaul Paniglias und Lerchwald hätten sich beide an unterschnittenen Talhängen gelöst und auf moränen- erfüllte alte Talwege ergossen. Das Analogon zur mächtigen Fels- masse von Crapteig wäre der isolierte kleine Felskopf von P. 1026. Zusammenfassung und allgemeine Ergebnisse. Wenn wir zum Schlusse versuchen, die eben gegebenen Einzel- beschreibungen zu einem Gesamtbilde zu vereinigen und allgemeine Ergebnisse abzuleiten, so müssen wir uns ohne weiteres klar sein, dass wir dabei sehr bald den Boden gesicherter Beobachtung ver- lassen und das Gebiet der Hypothese betreten. .Feststehende Tatsache sind die Flussverschiebungen in der eigentlichen Via Mala, fast eben so sicher bewiesen erscheint mir die Verschiebung von Rongellen und ebenso sprechen triftige Gründe für die von Reischen. Nehmen wir auch diese letztern als erwiesen an, so fällt der heutige ca. 8 km lange Talweg Zillis— Thusis nur auf einer 900—1000 m langen Strecke mit alten Schlucht- bildungen zusammen. Der grösste Teil des heutigen Rhein- bettes ist eine Neuschöpfung aus postglazialer Zeit. Sicher erkennbar ist ferner, dass alle alten Schluchten (A, B, C und D) ausgefüllt sind mit Moränen, denen nur lokal fluvio- glazialer Kies sich beigesellt. Die Entstehung aller Schluchten muss deshalb mindestens in die Zeit vor dem endgültigen Rückzug des Gletschers aus dem Gebiet der Via Mala verlegt werden. Dabei ermöglicht uns die verschiedene Tiefe sie verschieden zu bewerten. Die tiefste ist Schlucht A ; mit Ausnahme zweier Stellen (g undi) ist ihre Sohle so tief oder noch etwas tiefer eingeschnitten als der heutige Rhein. Wir haben es mit einer:fertigen, der heutigen gleich- wertigen Schlucht zu tun. Das bestimmt mich auch, die obere und untere Fortsetzung von A in den von mir wahrscheinlich gemachten, gleichfalls tief erodierten, alten Talwegen Zillis—Reischen bezw. Ron- gellen—Uebernolla zu suchen, wie dies die Übersichtskarte darstellt. 454 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch, in Zürich. "2919 Weniger tief ist Schlucht B, wir kennen sie sicher nur auf einer ca. 800 m langen Strecke, ihre Fortsetzung talaufwärts kann sehr wohl zusammenfallen mit Schlucht A, bestimmt annehmen möchte ich dies aber nur für ihre untere Fortsetzung: sie floss gleichfalls Richtung Uebernolla, zusammenfallend oder parallel laufend mit A. Welche der beiden Schluchten zuerst entstanden ist, vermögen wir aber nicht zu entscheiden; auch die Vereinigungs- stelle bei f, wo anscheinend B ins Trac von A einlenkt, liefert keinen einwandfreien Beweis für ein jüngeres Alter von B, denn B konnte unmöglich die Querrichtung beibehalten. Mehr lokalen Charakter möchte ich der untiefen Schlucht C bei Summapunt, die übrigens eventuell mit B zusammenhängt, zu- weisen. Die Bedeutung von Schlucht D als erster Abflussrinne mit Richtung nach dem Verlorenen Loch ist schon diskutiert worden. Das merkwürdige Wechselspiel zwischen rein fluviatiler Schlucht- bildung und nachfolgender Zufüllung der Klammen durch Moränen wird unserem Verständnis näher gerückt, wenn wir versuchen, die in der Via Mala erkannten Verhältnisse im Rahmen der Vorgänge zu begreifen, die sich in der mittlern und jüngern Diluvialzeit im gesamten Alpengebiet abgespielt haben. Alb. Heim hat vor Kurzem in seiner „Geologie der Schweiz“ (Lieferung 3 und 4) eine die letzten . Forschungsergebnisse verwertende und daneben viel Originelles bietende Darstellung dieser Vorgänge gegeben. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir die Schluchtbildung im wesentlichen in die eisfreien Interglazialzeiten verlegen, wobei wir freilich die Möglichkeit einräumen müssen, es habe sich die erste Anlage der Klammen noch während der vorangehenden Eisbedeckung subglazial gebildet. Die Ausfüllung der Klammen und die Verkleisterung der Schluchtsohle mit Moräne ist andererseits aın wahrscheinlichsten mit dem Vordringen der Gletscher in Beziehung zu bringen. Die Auspolsterung erfolgte dabei so gründlich, dass der wieder einsägende Fluss sich zweimal fast vollständig neue Klammen schaffen musste; wo diese mit der zuerst angelegten ZU sammenfallen, dürfen wir fast von Zufall spreehen. So sind sukzessive neben der alten Schlucht epigenetisch neue entstanden. Wir wissen, dass sowohl in den Alpentälern als auch ausserhalb solche epigenetische Schluchten eine häufige Erscheinung sind.'). ') Ich möchte nicht versäumen, hier vor allem auf die wichtige Abhandlung Lugeon: Sur la frequence dans les Alpes de gorges spigenetiques er (Bull. des Lab. de geol., geogr. phys. ete. de l’universit& de Lausanne; Bulletin N® 2) hinzuweisen, die mir in mancher Hinsicht als Wegleitung diente. Jahrg. 64. A.Buxtorf. Aus der Talgeschichte der Via Mala. 455 Was aber unser Beispiel vor andern auszeichnet, ist die Enge der Gesamtschlucht, in deren tiefster Sohle sich die alten und die neue Klamm den Platz streitig machen. Würde man die alten ihrer Aus- füllung entledigen, so kämen im Abschnitt zweite Brücke—Traversiner- brücke schmale, z. T. fast lamellenartige Felsmauern zu Tage, bald beidseitig oder nur links vom heutigen Rheinbett (vgl. die Profile). Nur bei der zweiten Bıücke, wo der Fels grössere Härte und Zu- sammenhang aufweist und darum die Schlucht enger blieb als anderswo, wurden die später entstehenden Klammen immer wieder ins alte Geleise gedrängt. Versuchen wir weiterhin die alten Via Mala-Schluchten zeit- lich genauer festzulegen, so möchte ich vermuten, dass der TalwegA der letzten Interglazialzeit angehören dürfte; seine Ausfüllung wäre dann zu Beginn der Würmeiszeit erfolgt. Ob die weniger bedeutende Schlucht B unter bestimmten, nicht näher festzustellenden Bedingungen während der letzten Eis- bedeckung und deren Rückzugsstadien entstanden und wieder ver- pappt worden ist, kann nicht sicher beurteilt werden, ich möchte es aber für wahrscheinlich halten. Um sie der vorletzten. (grossen) Interglazialzeit zuzuweisen, liegt meines Erachtens ihre Sohle (Unter- ende bei o ca. 840 m!) doch wohl zu tief, wenngleich nicht ver- schwiegen werden darf, dass zu dieser Zeit die Täler draussen im Molasseland grössere Tiefe als später besessen haben. An dieser Stelle weiter auf diese Fragen einzutreten, erachte ich als ver- früht, nur regionale Untersuchungen können uns hier Antwort er- teilen. Indem ich damit meine Ausführungen abbreche, bin ich mir bewusst, nur einen kleinen Teil der Fragen gelöst zu haben, die die Via Mala bietet. Noch Vieles bleibt zu tun übrig. Einer weitern Prüfung bedarf vor allem die Einsattelung von Hohen Rhätien und die Terrassenfläche von St. Albanus; die Möglichkeit eines Tallaufs in der Richtung St. Albanus—Hohen Rhätien, über den ehemals zusammenhängenden Felsriegel Saisa— Crapteig— St. Albanus hinweg, ist ohne weiteres gegeben. An Alter Würde er unsere Talläufe A und B bedeutend übertreffen. Es wird auch zu prüfen sein, ob nicht in noch früherer Zeit der Hinterrhein in der Richtung des heute von Moränen bedeckten Graschennasattels der Vereinigung mit der Albula zustrebte. Sollten sich Beweise für diese alten Talläufe erbringen lassen, so Wäre unterhalb der eigentlichen Via Mala der Rhein im Verlaufe der Quartärzeit weit hin und her gependelt; erst nach Nordosten 456 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. und Norden, dann nach Nordwesten, bis er endlich seinen heutigen Talweg gefunden hatte. u Auch das Verhältnis von Fluss- und @letschererosion bedarf für die Via Mala noch einer sorgfältigen Überprüfung. Dass in einem z. T. aus weichen Schiefern aufgebauten Gebiet die Möglich“ keit der Talweitung durch Gletschererosion in Betracht gezogen werden muss, steht für mich ausser Frage. Vor Allem zeigen dies die auf Grund der Karte 1: 5000 und der Aufschlüsse der Seiten- tobel entworfenen Profile 9—11, wo der Gegensatz zwischen dem wa Be ? Na Y% er stellung der Moränenverbreitung an den beidseitigen Talhängen. Hand in Hand damit wird auch die Frage des Vorhandenseins ächter Felserosionsterrassen (vgl. Alb. Heim, Geol. der Schweiz, 8. 369) einem systematischen Studium zu unterziehen sein. | Viel zum Verständnis der Via Mala aber wird die Unter suchung der Landschaft Schams und des Oberlaufs Hinterrheins beitragen. Auch hier wartet unser eine Fülle intere santer Probleme: die mächtige Aufschüttung und die gewaltig Schuttkegelbildungen des Schams, die ganz an diejenigen des Ober wallis (Münsterfeld ete.) gemahnen; ferner der unter Alluvionen fast begrabene Bergsturz von Andeer-Kirche. Oberhalb der Rofn schlucht stellen sich die Fragen, ob im Crestawald östlich Sufers e alter Talweg existiere und ob die Talweitung unterhalb Sufers ehe mals von einem See eingenommen war. Oben im Rheinwald sei die gewaltige, das Rheintal auf einer fast 2km langen Strecke einengen Sackungs- und Bergsturzmasse von Piänetsch Alp--Casanwald erwähn welche die gleich beschaffenen Schuttkegellandschaften von Nufene und Hinterrhein scharf scheidet. Dasselbe gilt vom Avers und seinen Seitentälern: ich nen mu St. Martin; die jungen Schluchtbildungen des Madriserrheins bei der Vereinigung von Jufer und Bregalga Rhein, die ich auf glazıa Unterschneidung des Talhanges zurückzuführen geneigt bin. diese und zahlreiche andere Probleme hoffe ich später eintreten’ können. ee Die Absicht aber, die ich mit der Niederschrift dieser Fra mente aus der Talgeschichte der Via Mala verfolgt habe, ‚wäre dA . Zürich. Jahrg. 64. 1919 jahrsschrift der Naturf. Ges Tafel XI Geologische Detailkarte 4- Profile der Via Mala-Strecke Flistobel-Verlorenloch. Erklärun g d.Karte d.Profile . [} .-—_ hu I j ö | * ! | + l + I + ' o Masstab 1:12 500 3 x a geht m =— x HeufigeSchlucht d Hinterrheins Alte tiefe Erosionsschlucht \ (Schlucht A.) d re ER u. » wenigertiefeErosionsschlucht Be BR: WW Lokale Erosionsrinne (Prof 1) . Obere Rinne von Summapunt (Schlucht =? Schlucht B.) + +++ AlteSchlucht Rongellen = Verloren Loch (Schlucht D.) EEE] BES Anstehender Bündnerschiefer [7] E2e]Morane & Fluvioglacial =2> Jungdiluviale Schotter [=?]Gehängeschutt, Block-,Berg- sturza Sackungsschutt E#=] E=JBachschuttkegel a NG a ER Masstab Profil II Hinterrhein Rongellentobel t _ Gasthaus Post Rongellen } hlucht 1:10 458 Aıstobel r "Ansun | 250 KÜMMERLYS FREY BERN Jahrg. 64. A. Buxtorf. Aus der Talgeschichte der Via Mala. 457 erreicht, wenn künftige Forschung daraus ebenso viel Anregung schöpfen könnte, als ich den Darlegungen Prof. Heims über dieses selbe Thema verdanke. In dieser Hoffnung erlaube ich mir, die vorliegende kleine Abhand- lung Herrn Prof. Albert Heim zu seinem 70. Geburtstage darzubringen. Geolog.-paläont. Institut der Universität Basel, Neujahr 1919. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. Von Arxorn Heim (Zürich). (Als Manuskript eingegangen am 10. Dezember 1918.) Inhalt. Einleitung san 2er BT Paktonik 2 ss Stralzgraphfa 2. 7..,..0°° 71.0466 Bemerkungen überWildflysch und Kreideprofil Breitachklamm . . 460 exotische Blöcke . . . . . 478 Valangien und Hauterivien . . 461 Das Ostende d.Vorarlbergerketten 474 DESTEION u Eh Der Grünten 2... Co ee Unteres Aptien (Bedoulien) . . 469 Querprofl . 415 Oberes Apt’en (Gargasien) . . 463 Südwestende . #79 Alien. 0000 ae Nordostende ... „u... 88 Genoman-Turon . . ., . ...,.469 Die Kreide-Eogenzone des Hütten- ae Da BR a 469 orges u. ee a Bemerkungen über das Molasse- Faziesstellung des Grünten . . 479 Vorland . ' Der Molasse-KontaktamAlpenrand 48 Rückblick ee... Einleitung. - Der Grünten bei Sonthofen ist ein Knotenpunkt in der Erkenntnis des helvetischen Nordsaumes der Ostalpen. Bis zum Quertal der Iller reichen die Vorarlberger Kreideketten, um bei Oberstdorf unter Flysch und ostalpines Deckengebirge einzutauchen. Nichts spricht soweit dagegen, dass sie als östliche Fortsetzung von Säntis und Chur- firsten ebenso einer gewaltigen Schubmasse angehören. Auch die Molasse-Nagelfluh setzt mit gleichem Charakter vom Rigi und Speer her über den Rhein. Auf der Ostseite der Iller aber sind die Verhältnisse anders. Zwölf Kilometer nördlich der untertauchenden Vorarlbergerkreide, ie, Flysch und Molassenagelfluh weiterstreichen sollten, erhebt sich J aus dem Talboden der Iller der Kreideberg Grünten bis zu een, Höhe). Statt überschoben auf subalpinem Flysch und Molasse ZU ; - : r ') Die beste Übersicht gewährt die alte geol. Karte 1 : 380000 von Stude und Escher. I. Aufl. Jahrg. 64. Arn. Heim. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. 459 liegen, stösst er mit fast vertikaler Schichtlage an nordfallende Molasse. Begreiflich, dass diejenigen Geologen, die den Kreidesaum des Allgäu studiert haben, ohne die Schweizeralpen zu kennen, sich der Deckenlehre gegenüber ablehnend verhalten! Ein schmaler Streifen von \/, bis 1 km ist alles, was östlich des Grünten von dem gewal- tigen helvetischen Kreidegebirge übrig bleibt. Zugleich ist die auf der Westseite der Iller 7 km breite subalpine Flyschzone im Profil durch den Grüntengipfel gänzlich ausgekeilt. Gümbel!), dem wir die grundlegenden, für seine Zeit hervor- tragenden Untersuchungen Bayerns und im Besondern des Grünten verdanken, hat schon 1856 die Erklärung in einer gewaltigen, alles sonst bekannte übersteigenden Transversalverschiebung gesucht: „Der Grünten ist demnach die durch eine gewaltige Gebirgsverrückung nach Norden vorgeschobene Fortsetzung der Kreidebildung Vorarl- bergs und der westlichen Illerberge.“ Später verneint er wieder diese Auffassung. A. Rothpletz hingegen (Alpenforschungen II, 1905, pag. 2) meint: „...Selbst die so auffallende Querverschiebung auf der West- seite des Grünten suchte Escher in Frage zu stellen. Solches Über- sehen ist für Escher und seine Schule charakteristisch geworden“! Seit Gümbel sind keine zusammenhängende Beobachtungen im Grüntengebiet mehr ausgeführt worden.) Nach der Erkenntnis der Schubdecken in der Schweiz blieben daher brennende Fragen bestehen: Ist der Grünten entgegen Gümbel auf die Molasse überschoben? Ist er wirklich die transversal verschobene Fortsetzung der Vorarlberger- ketten? Diese Erscheinungen sollten insbesondere durch genaue Stratigraphische Aufzeichnungen aufgeklärt werden können; denn im Falle der Transversalverschiebung müsste der Grünten dem Ostende der Vorarlbergerketten faziell genau entsprechen. Meine Beobachtungen wurden Mitte Oktober 1917 begonnen, aber wegen frühen Schneefalls unterbrochen; doch gelang es, wäh- "end zwei herrlichen Tagen von Mitte Oktober von 1918 noch den Oberen Teil des Grünten kennen zu lernen. Im Ganzen sind hier Segen 10 Beobachtungstage verarbeitet — viel zu wenig zu einer vollständigen Bearbeitung, die auch nicht angestrebt werden konnte. . Herrn Oberbergrat Dr. 0. M. Reis in München bin ich für münd- liche Mitteilungen, sowie die überaus freundliche Überlassung einer Sn EN ) K.w. Gümbel, Der Grünten, eine geognostische Skizze, München 1856. 5 Geognostische Beschreibung des bayrischen ’Alpengebirges, München 1861. R Geologische Karte von Bayern, Blatt Sonthofen, 1: 100 000. Alpe *) Vergl. C. Lebl ing, Ergebnisse neuerer Spezialforschungen in den gentschen N. Geol. Rundschau, Bd. III, Heft 7, 1912. 460 Vierteljahrsschrift d. Naturf. :Gesellsch. in Zürich. 1919 geologischen Manuskript-Kartenskizze 1:25 000 vom Grünten (östlicher IR Teil) zu besonderem Dank verpflichtet. Dadurch wurde viel Zeit ge- wonnen. 'Die Bestimmung der Ammoniten der mittleren Kreide ist dem besten Kenner, Herrn Prof.Dr. W.Kilian in Grenoble zu verdanken. ig Stratigraphie. Ba Zum Vergleich mit dem Grünten gehen wir jeweilen vom ‚Ost- iR ende der Vorarlbergerketten bei Oberstdorf aus. wer: Kreideprofil der Breitach-Klamm bei der Walserschanze 4 km SW Oberstdorf (Fig. 1). Fig. 1. Stratigraphisches Profil der Breitach-Klamm bei der Walserschanze. er braune 0 Barremien 1. Unterer Schrattenkalk mit Mergellagen, ca. 30 m sichtbar Bedoulien 2. 25 m oberer Schrattenkalk, Echinodermenkalk ; uiensörein Grenze gegen Gargasin 3. 20 m Glaukonitsandstein, körnig, massig, = Brisisandstein. Über- gang in 4a. 0,3 m schw. warzgrüner, eh er Gläukonilanulienn = Durschlägischichten (?). Übergan 5 in ‚3 m massiger here i ERER Brüch, fast kalkfrei, = Kiederischichten.: Scharfe RRBRRR Ä Albien gegen . 5. 0,7 m Glaukonitkalk mit Schlieren von diehitem Kalk; zahlreiche kleine Mollusken, = Tw ensch. Übergan 6. 0,6 m Pnosphoriüknoenbank )) — Leere ii Ian halb 5 ’) Nicht Börisiein, wie in Lebling ü. A.! — = itkörnchen; 41,3 Jahrg. 64. Arn. Heim. Zur. Geologie des Grünten im Allgäu. 461 7., 0,3 m Seewergestein mit Pyrit und feinen Glaukonitkörnchen, = | Überturrilitensch. (?) Übergang i | 8. 3,0 m Unterer Seewerkalk, Kalle au, typisch. Scharfe Grenze gegen 9. 17,0 m Fleckenschiefer voller Algenabdrücke, grünlich, dünnschie- ferig, mit Kalkknöllchen und kleinen Pyritfossilien. Scharfe Grenze $ | gegen Turon- 10. ca.8,0m Oberer STE weisslich, bankig, voller G@lobigerinen, Senon Discorbina canaliculala ete. Scharfe Grenze gegen 11. ca. 200 m Graue ar Leistmergel, typisch. Über- gang innerhalb 10—30 m in 12. Wildflysch, mächtig. Valangien und Hauterivien. Entgegen Lebling fehlt am Grünten jede Spur von Valangien; selbst Hauterivien war nirgends in den Gewölbekernen aus Drusberg- schichten zu finden. Dagegen RO age im BR pEN des Bach San N j km Bi W Oberstdorf, „Im Winkel“ zum Se schein. wo Haniels schöne neue geo- logische Karte der Allgäuer und Lech- taler Alpen 1:25 000!) Gault und Schrat- tenkalk verzeichnet, sowie im Waldab- hang westlich gegenüber: 1. Valangienkalk, nur der oberste Teil ca. 10 m aufgeschlossen; feinkörnig- ‘ späthiger, grauer Oolith, zu oberst i "0-1 m konglomeratartige Bank mit te Kalkknollen von Ei- bis Kopfgrösse in krümeliger Kalkgrundmasse. Glatte, messerscharfe Grenze gegen: 2. Kieselkalk: a) untere 6 m in Bänken von 0,5 bis 3 dm, i N ya bankig, ca. 30 m, c) Kalkgrünsand, d) wie b, im ganzen ‚u Schwefelbad Tiefenbach taucht dieser Kieselkalk als Ge- wölbekern unter die Drusbergschichten; Kontakt mit diesen nicht "ufgeschlossen. Barr&mien. Diese Stufe ist wie in den oberen helvetischen Decken der Schweiz als Drusbergschichten und unterer Schrattenkalk ausgebil- ein Den Sehralfaukal hehlechierog: als Apt zu bezeichnen ist un- tie ) €. A. Haniel, aus Führer durch’ die Allgäuer Alpen südlich von Oberst! dorf. München 1914. 1... 462 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Vorarlbergerketten. Die Drusbergschichten sind schön auf- geschlossen am Weg und Bach beim Schwefelbad Tiefenbach: Knol- lige, graue, inwendig dunkle Kalkbänke mit bräunlichen Schiefer- mergellagen, 150—200 m; darüber ca. 80 m Schrattenkalk. Grünten. Die Drusbergschichten bilden den Kern der beiden Gewölbe in einer Mächtigkeit von 200 m oder mehr; sie gehen all- mählich unter Wechsellagerung in den Schrattenkalk über. Schöne Aufschlüsse bieten Zweifelgernalp und oberster Teil des Giggltobel östl. Uebelhorn, wo etwa 50 m vom Schrattenkalk entfernt eine Bank von verkieselten, bis 15 cm grossen Schalen von Exogyra aquila (sog. E. Couloni grosse flache Form) erfüllt ist (Fig. 12). Die Mäch- tigkeit des Schrattenkalkes ist sehr wechselnd und nimmt anschei- nend durch Vermergelung nach E und SE ab: NE Schanze 100—150 (doppelt?), ‚Burgberghorn ca. 80, Uebelhorn ca. 60, Giggl-Stein bis Wertach 20 bis 5 m. Unteres Aptien (Bedoulien). Wie in der Schweiz ist das untere Aptien im oberen Schratten- kalk vertreten, dieser aber nicht überall vorhanden. : Vorarlbergerketten. Breitach-Klamm siehe pag. 460. Weitere 3 km NE an der Breitachstrasse ist folgendes Profil gut aufge- schlossen : i 1. Oberer Schrattenkalk 15 +xm, grau, im oberen Teil späthig, mit einzelnen Orbitolinen. Übergang in 2. 0,4 m dito mit glaukonitischen Schlieren. a) 2-4 cm weicher, hellgrüner Mergelschiefer, b) 20 em körniges Schrattengestein mit dichten Flecken, Glaukonit- körnchen und einzelnen Phosphoritknollen, ec) 5-15 cm knollige Bank mit Brocken von dichtem Kalk, Phosphoritknollen und pyritreichen Grünsandnestern, darin Tere- Deshayesi var. consobrinoides Sinz. („variete A cötes inegales“), Leitfossil des Bedoulien! Diskontinuität gegen - 0,5 m Glaukonitsandstein mit oben tiefgrüner mergeliger Lage, nach ii; rasch auskeilend (Gamserschichten ?). 4. 21 m Brisisandstein, massiger Glaukonitsandstein. Nr.1-93 = Bedoulien, 3—4 — oberes Gargasien; das untere Gargasien fehlt. Grünten: Schon Gümbel hat gefunden, dass die „hangendste Schicht des Schrattenkalkes“ westlich vom Grüntenhaus von Orbi- tolinen erfüllt ist und dem Aptien der Schweizeralpen entspricht. Dieser Horizont ist längs der Nordwand in Form einer bräunlich an- gewitterten Echinodermenbreccie von 5—10 m vorhanden (NE Schan2® und nördlich unter dem Uebelhorn, Fig. 9), die gegen den asien hellen Schrattenkalk mit seinen Requienien scharf begrenzt ist. Am a a Er eh I 3 ea a) > a ae Jahrg. 64. Arn. Heim. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. 463 Uebelhorn und am SE-Abhang des Grünten fehlt jedoch dieser Ho- rizont, indem auf den Requienienkalk direkt das Gargasien folgt. Oberes Aptien (Gargasien). Die gesamten Bildungen zwischen Schratten- und Seewerkalk wurden bisher schlechtweg als Gault zusammengefasst und die Fos- silien aus den verschiedensten Horizonten zusammengeworfen (vergl. z. B. Haniel ]. c. 1914, pag. 17). Auch ist dieser „Gault“ am Grünten nicht nur 30—40' mächtig, wie Gümbel angibt, noch ruht Sandstein direkt auf Schrattenkalk, sondern umfasst eine 100 m mächtige Schicht- reihe vom untern Gargasien (dem klassischen Aptien Südfrankreichs) bis zum obersten Albien, die in sechs verschiedene Ammonitenzonen zerlegbar ist. Da sich die einzelnen Horizonte teilweise direkt mit SW Übelhorn 1738,6 NE Hochwarte r 50° r BZ > > DD — — EEE CHRHYT, DV VRR - GEF : = ICHONTE. RRERE I BEL ZBRBESSEEEE LEE EHE A pP) ! 5 ER 1700 m üb. Meer. Fig. 3. Profilskizze längs des synklinalen Gipfelgrates des Grünten. D= Drusbergschichten; U = Schrattenkalk; 1—4 = Gargasien; F = Fossilfundstelle, s.iext; G= Gault, Albien; S— Seewerkalk, r= rote Lagen; darüber Senonmergel. denen der Churfirsten vergleichen lassen, benützen wir auch die neuen Schweizerischen Schichtnamen.') Vorarlbergerketten. In den Falten von der Walserschanz bis zum Hirschsprung ist das Gargasien durch seinen obersten Horizont, den typischen Brisisandstein (massiger, kalkhaltiger Glaukonitsand- stein) von rund 20 ın vertreten, der mit scharfer Diskontinuität, so- weit beobachtet ohne Luiterezug-Fossilschicht, auf dem Schrattenkalk liegt, nach oben aber raschen Übergang zum untern Albien zeigt. ies ist der „Riffsandstein“ Gümbels. Von Echinodermenfazies (Brisibreccie) war nirgends eine Spur zu finden. Grünten. Vergeblich suchte ich am Grünten nach einem lücken- d ) Vergl. Arnold Heim, Churfirsten-Mattstock-Gruppe, Beiträge z. geol. Karte -Schweiz, n. F. Lfg.XX, L. Teil 1910, II. Teil 1913. 464 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in. Zürich. 1909 losen Aufschluss. Vielleicht bietet einen solchen das Giggltobel, das sich von oben her als unzugänglich erwies. Am Gipfelgrat zwischen Uebelhorn und Hochwarte liesse sich durch Schürfung folgendes Profil (Fig. 3) genauer ergänzen. Über dem kompakten, grobbankigen Re- quienkalk folgt am Uebelhorn mit messerscharfer Grenze: 1. a) 3,5 m grünsandiger Mergel wechselnd mit Lagen von feinkörnigem grauem Kalk, der Glaukonit in Körnchen und Schlieren enthält. Übergang allmählich in b) 2-4 m kompakter Kalk ähnlich Schrattenkalk, jedoch inwendig dunkler, etwas bräunlicher angewittert und Glaukonitkörnchen enthaltend; bildet den höchsten Gipfel. Übergang in c) 0,2—0,3 m Fossilbank ; glaukonitreicher Kalk mit Phosphorit- knollen, mit Parahoplites Deshayesi var. subfissicostatus Sinz., Hoplites (Dufrenoya) furcatus Sow. sp. (= Dufrenoyi d’Orb.), Douvilleiceras Martini d'Orb. var. orientalis Jacob (3 Exemplare), Dowvilleiceras Martini d’Orb var. oceidentalis Jacob (1 junges Exemplar), Phylloceras subalpinum d'Orb. (1 grosses Ex.), Maeroscaphites sp., ferner Nautilus sp., massenhaft kleine Belem- niten, Plicatula sp. (? placunea), Terebratula sp. und häufig Jmoceramus concentrieus Park. Übergang (?) in 2. 10 m (?) dunkle glaukonitische Mergel, wohl Luiteremergel. 3. 30—40 m (?) Gamserschichten, grünsandige, schlierig-knollige Mergel mit Glaukonitsandstein, schlecht aufgeschlossen. 40 m (?) Brisisandstein. i Die oben erwähnte Fauna 1.c. wurde gesammelt auf dem Weglei 30 m SW des höchsten Gipfels. Ihre stratigraphische Lage entspricht genau dem Fossilhorizont am Luiterezug, während die paläontologische Untersuchung durch Herrn Prof. Kilian auf etwas höheres Alter hinweist, nämlich auf die Zone des Hoplites furcatus = unteres Gargasien, Zone IIa Jacobs. Luiteremergel und Gamserschichten gehören nach den Befunden in der Ostschweiz zum oberen Gargasien, Zone IIb; der Brisisandstein zur Clansayes-Zone III. Diese drei zu- sammen haben am Uebelhorn eine Mächtigkeit von rund 100 m. Da- mit ist nachgewiesen, dass hier das Aptien s. str. nicht im Schratten- kalk, sondern im bisher sog. Gault vertreten ist, der zu mehr als ?/ıo dem Aptien angehört. Für die Basisschichten No. la—c des unteren Gargasien aM höchsten Grüntengipfel, von denen nach ihrer Fauna bisher = den helvetischen Alpen noch kein Analogon bekannt ist, schlage ich die Bezeichnung Grüntenschichten vor. Sie sind den sog. „Gibbs schichten“ im Liegenden der Luiterezug-Fossilschicht des Engelberge"” tales gleichzustellen, die bereits von Jacob 1907 zum Gargasien 8% stellt wurden. ') !) Ch. Jacob, Etudes pal. etstrat. sur la i ‚ains eretac6s ! . . artiemoyenne des terrain: 3 ete., Grenoble 1907 pag. 237. — Arn. an: Hanes Si, et lith. du Gretacique moyen etc., B.S.G.F.1909, pag. 103, Fig. 1, Jahrg. 64. Arn. Heim. Zur Geologie des Grünten im Allgän. 465 Am Nordabhang des Grünten (II in Fig. 9) sind die Brisischichten 30—40 m mächtig und Gamserschichten angedeutet. Gute Aufschlüsse fehlen. In den Bachfurchen von Öberschwandalp auf der SE-Seite des Grünten (IV) sind die Grüntenschichten anscheinend 10— 20 m mächtig. Die Gargasschichten setzen sich von dort kontinuierlich nach NE fort bis über den Giggl-Stein hinaus, auf dessen Südseite der Brisi- sandstein mächtige Felswände bildet (Fig. 9, 10). Wertach. 8 km ENE des Grünten ist die helvetische Kreide von der Wertach quer durchschnitten. Leider sind die Aufschlüsse sehr mangelhaft, und die Tektonik ist nicht so einfach, wie sie - Gümbel darstellt. Die besten Aufschlüsse des Gault bietet der Fels- abhang östlich der Schlaghof-Hütte am südlichen Ausgang der Kluse. Drei oder viermal liegt dort auf 300 m Breite die mittlere Kreide SE Gernbach > Wertach. —> Wertachkluse Fig. 4. Repetierte Pakete der mittleren Kreide am Südausgang der Wertach-Kluse. Gamserschichten, 3 = Durschlägi- -Fossilschicht, unteres Albien, Gargasi | i en Brisisandstein, 4= Seewerka 1== = 13 = Leistmergel, Sen 6 = bläulich ne Mergel. 'bei vertikaler Schichtlage repetiert hintereinander! (Fig. 4.) Vor allem Springt der Brisisandstein in die Augen, dessen oberer Teil quar- an und blaugrau angewittert ist. Ä a der zweitsüdlichen Schuppe trifft man nach einer 10 m breiten Se a) 40-60 m grobbankigen, dunkeln Kieselkalk und Sandkalk, den ich zuerst für Hauteri 'ivien hielt, )im knollig-Naserige Bank vom Typus Gamserschiehten: 6) ca. 12 m massiger Glaukonitsandstein d) ca. 15 m massiger blaugrauer Onarzitsandstein in meterdicken ineinander “erzahnten Bänken nn d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 30 466 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. ‚1919 a—b entsprechen wohl den Gamserschichten, e—d dem Brisi- sandstein. Die südlichste Schuppe beginnt mit etwa 10 m massigem Glau- konitsandstein (Brisi?), dann folgen über 50 m „Kieselkalk“ bis zu einer Schuttrinne mit Sandsteinblöcken voller Fährten und mergeligem Grünsand (+ in Figur 4). Das Profil endigt mit Brisisandstein 15 m, Albien-Fossilbank und Seewerkalk. Die nordwestliche der drei Schuppen setzt mit den gleichen Stufen über die Wertach, und an der Strasse NW vom Steinhauerhüttchen ist auch die untere Grenze aufgeschlossen: Unter dem Kieselkalk (Pflastersteinbruch) 2—3 m grünschwarzer Glaukonitmergelschiefer, der mit scharfer, etwas rauher Grenze auf 5 m späthigem Schratten- kalk aufliegt. Die Grüntenschichten scheinen zu fehlen. . Ein Rückblick ergibt, dass der Brisisandstein die konstan- teste, überall vorhandene Schichtabteilung der ganzen mitt- leren Kreide ist. «Ich fand ihn noch 20 km östlich des Grünten von Rehbichel bis Ruine Eisenberg, wo der Schrattenkalk wieder wenig- stens 80 m mächtig ist. Die Gamserschichten fehlen mit Ausnahme von Rudimenten den Vorarlbergerketten bei Oberstdorf, sind dagegen mächtig vom Grünten bis zur Wertach, erinnernd an Werdenberg am Rhein und an die Illschlucht bei Feldkirch. Albien. Der Gault im engeren Sinne ist sehr reduziert, aber trotzdem wohl gegliedert. Vorarlbergerketten. Bei der Walserschanze lässt sich “ bloss 3 m mächtige Gault in vier Abteilungen zerlegen (Fig. 5 un pag. 460). In der nächst nördlichen Kette an der Breitach W Jauchen folgen auf Brisisandstein (Fig. 5): i 1,5 m knorrig-mergeliger Grünsand, oben fast schwarz, voller Knöllchen Inoceramus concentrieus (= Durschlägisch.?) Nur im N-Schenkel sichtbar. in £ 5. 45 m Glaukonitkalk mit Phosphoritknollen. Desmoceras sp., = Twitee > Übergang in ; 6. 0,6 m Phosporitknollenbank, gegen 5 durch 5 em Grünsandmergel abge trennt. Steinkerne schlecht erhalten; Lochwaldsebicht. Übergang in ü “ ‘. 1,3m massiger Grünsandkalk mit dichten Kalknestern (Inflatuszone). Übered allmählich in 8. 0,3 m Seewerkalk mit einzelnen Glaukonitkörnchen, darüber grauer aa werkalk. Im folgenden Gewölbe ist an der gleichen Breitachstrasse 1,528 Jahrg. 64. Arn. Heim. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. 467 weiter NE in einem Steinbruch der Kontakt Gargasien-Albien voll- kommen aufgeschlossen (Fig. 5, Wasach): 3. Brisisandstein. Übergang 1 dm in » 0,4 m schwarzgrüner Glaukonitsandkalk voller bis 4 mm grober weisser und rosafarbiger Quarzkörner, — Durschlägisch. Übergang in ‚+ m feinkörniger grünsandiger Kalk, massig. 4c. 1 m mit tiefgrünen Mergellagen, zu oberst Bank voller Phosphoritknollen (Flubrigsch.). 5. 5 m massiger Glaukonitkalk, durch 15 em Mergellage mit Kalkbank von &e scharf abgetrennt. Massenhaft kleine Belemniten und Innoceramus concentricus; Twirrensch. Fig. 5. Profile des Albien. N Nummern wie im Text II—VII = Ammonitenzonen Jacobs. Ss =— Seewer-E= Kalk Wertach Schanze E.Grüntenhaus Wasach W. Jauchen Walserschanz Grünten Vorarlbergerketten an der Breitach Am gleichen Gehänge sind längs der Strasse zum Wasach-Sana- torium die mergeligen fossilreichen Grünsande des unteren Albien (Ir. 4) in breiten Flächen angeschnitten. Sie lieferten u.a.: E Dowvillöiceras mamillatum Schloth. und Hoplites (Leymeriella) Revili Jac. (Zone IV). Auch die Knollenschichten finden wir hier zum erstenmal ihren typischen Kalkknollen, wenigstens 4 m mächtig. Grünten. Am Grat östlich des Grüntenhauses ist das Albien mit Am Grat bei der Hochwarte sind diese Schichten 5—8 m > Mächtig und durch grobe Sandkörner ausgezeichnet. Darüber folgt ” eine Massige Glaukonitkalkbank voller Steinkerne, besonders Inoce- "amus Concentricus. Die Aufschlüsse sind mangelhaft. 468 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1 Be Wesentlich anders ist der Gault im nördlichen Grüntenzug (Ü) entwickelt. Das Profil an der Schanze bei Burgberg hat schon Gümbel erwähnt. Infolge von tektonischen Verkeilungen und Doppelung mit massenhaften Rutschflächen (Fig. 9) lässt sich dort aber nur der nörd- liche der beiden Steinbrüche stratigraphisch verwerten (Fig. 5): ‘3. 5,5 m glaukonitarmer Quarzsandstein mit schwarzen polierten Körnchen, knorrig, grobbankig (oberster Brisisandstein ?). 1,5 m grauer Kalk-Glaukonit-Sandstein mit einzelnen, bis 3 mm groben, weissen, eckigen Quarzkörnchen, voller auffallender graphitgrauer Fährten von 1—2 em Dicke und bis 3 dm Länge. Übergang . 4b. 2 m dunkelgrüner, feinkörniger, massiger Glaukonitkalk. Übergang ‚2 m grobsandiger Glaukonitkalk mit Geröllchen bis zu 2 cm aus grobem Sandstein, voller schlecht erhaltener Fossilien, kleine Austern, Desmoceras. Übergang m abgebauter Pflasterstein: schwarzer, feinkörniger, schwach grün- sandiger, geschichteter Kalk mit fasrigem Bruch, lagenweise voller Phosphoritknöllchen; Inoceramus concentricus häufig == Twirrensch. ‚7 m Phosphorit-Knollenbank mit Belemniten und Ammoniten = Loch- waldsch. Übergang 1 dm in . 2,0 m Knollenschichten, typisch, mit faustgrossen Kalkknollen. Scharfe Grenze bis Übergang 5 em in ; 8a. 0,3 m Seewergestein, knorrig, mit häufigen Pyritknollen und Löchern, grünen Nestern und einzelnen Glaukonitkörnchen, — Turrilitensch.? Übergang in ä Sb. 20—25 m Seewerkalk, linsig-flaserig, grau bis gelblich und grünlich, mit grünen Tonhäuten. ; n diesem Profil sind Durschlägi- und Flubrigschichten völlig versandet. Die Knollenschichten nehmen im gleichen Gaultzug nach ENE zu: 700 m von der Schanze entfernt 3—4 m, nördlich unter dem Uebelhorn 8-10 m. Wertach. In allen drei südlichen Schuppen genau die gleiche Ausbildung: direkt auf dem Brisisandstein mit raschem Übergang eine 0,8 m dicke, schwarze Phosphoritknollenbank erfüllt mit Fos- silien, nach Bestimmung durch Prof. W. Kilian: Hoplites (Leymeriella) tardefurcatus Leym sp. 1 gutes Bruchst. Hoplites (Leymeriella) regularis Brug. sp. 4 kl. Bruchst., we % Exemplare „identiques ä celles de Les Pres de Rencurel, Isere . Ferner sind häufig Desmoceras Beudanti Brong., Nautilus, Belem- niten, Waldheimia, Terebratula, Inoceramus concentrieus. Diese Fauna lässt darüber keinen Zweifel, dass die Zone IV des Hoplites tat defurcatus vorliegt und die Fossilbank den Durschlägischichten angehört. Umso merkwürdiger ist ihr zwar rascher Übergang das Seewergestein vom Aussehen der Überturrilitenschicht (Fig. 4und ie An der Wertach ist somit der Unterschied von Gargasien und Albien der grösste, das Gargasien 100 mal mächtiger. Die gan? ER ee zes Jahrg. 64. Arn. Heim. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. 469 Ausbildung stimmt überraschend mit derjenigen der südlichen Il- schlucht bei Feldkirch, d. h. der südlichsten Vorarlbergerkreide überein. ') Cenoman-Turon. Die Turrilitenschichten sind nicht entwickelt. Überall beginnt die Oberkreide mit 0,2—1 m Seewergestein, das sich jedoch vom hangenden Seewerkalk durch seine Glaukonitkörnchen unterscheidet und faziell den Überturrilitenschichten entspricht. Möglicherweise sind die Glaukonitkörnchen aber nur dem Gault entnommen oder die Turrilitenschichten verkalkt, worauf Gümbels Angabe von Turrilites Bergeri an der Schanze schliessen liesse. Vorarlbergerketten. Bei der Walserschanz, wie auch am untern Ausgang der Breitach-Klamm ist durch Zwischenlage grün- lieher Fleckenschiefer von 17—25 m ein unterer Seewerkalk 3—5 m scharf von einem oberen (ca. 8 m) abgetrennt (Fig. 1). Ob es sich hier um eine Spaltung des Seewerkalkes nach S handelt, sollte durch weitere Studien ermittelt werden. Auf der Südseite des Burgberges liegen über Seewerkalk gewöhn- liche, gelbliche Seewerschiefer. Grünten. Seewerkalk auf der Nordseite ca. 20 bis 30 m, grau und Srünlich; beim Grüntenhaus 40—50 m mit zahlreichen rötlichen lagen in der oberen Hälfte; darin Jnoceramus Quvieri (Gümbel); anscheinend ebenso auf der SE-Seite des Berges. Wertach. Seewerkalk anscheinend nur 5 m mächtig. Rehbichel. Unterer Seewerkalk grau und grünlich, voller Be- ; lemniten (B. ultimus?), 20 m; oberer mit roten Lagen 30—40 m. EEE Senon. Über Senon und Eocän des Grünten soll nur gesagt werden, was für den Zusammenhang notwendig ist, da von Herrn Oberbergrat Dr. Reis eine eingehendere Veröffentlichung darüber in Aussicht steht. Vorarlbergerketten. Walserschanze. ca. 200 m typische Leistmergel, in Wild- Aysch übergehend, der vielleicht teilweise ebenso cretacisch ist (Fig.1). Jauchen. Unzusammenhängende, dislozierte Aufschlüsse von .y Senongrünsandstein, am Burgbühl NW Oberstdorf grosser Stein- "uch 50° ESE fallend, ca. 30 m massig, intensiv grün, mit grossen Br . 19 )D. Trümpy, Rhätikon, „Beiträge zur geol. Karte der Schweiz“, Lief. XLVI, I6, pag. 75 470 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Glaukonitkörnern und glasigem Quarz; oben einige Meter plattiger, weniger glaukonitreich; blutrote Verwitterung auf Rutschflächen. b) NE davon bei der Stillachbrücke P.856 gelblich anwitternde Flecken- schiefer mit Kalkplättchen, übergehend in feinkörnige, glaukonithal- tige Schiefer, ähnlich Wangschiefer. e) Typische bräunliche Wang- schiefer bilden mit 10° ESE Fallen das Hügelchen SE der Eisen- bahnbrücke über die Stillach. Ob diese Horizonte und der Wild- fiysch der Synklinale von Tiefenbach normal zu den untertauchenden Kreidegewölben gehören, liess sich nicht ergründen. NW | SE Fig. 6 f: Senon-Eocän-Profil im 4°) I BachW.P. 998 bei Burgberg. Grünten. In der steilen Bachfurche 600 m SE der Kirche Burs° berg am SW-Fuss des Grünten findet man von unten (Fig. 6): 1. Untere Leistmergel, z. T. dunkler und bröckeliger als gewöhnlich - 10—15 m Burgberggrünsandstein; massig, dunkelgrün, feinkörnig- 3. ca. 35 m graue, z. T. knollige Leistmergel, beidseitig scharf begrenzt. 4a. 3m kalkiger Grünsandstein. #b. 1 4x m rauhe, grünsandige Mergelschiefer, 15 m Schuttunterbrechung: 2 x m klingendharte, graue, feinkörnige Kalkbänke mit feinsandigen Mergellagen, scharf konkordant an Nummulitenkalk grenzend. In den Bächen der Schwandalp auf der SE-Seite des area steht das Senon vertikal in einer Breite von 500 m. Auf Seewerkalk folgen nach kurzem Schuttunterbruch 1. ca. 6: m gelbliche Schiefermergel (Leibodenmergel?). . ca. 300— mittleren Teil. Schuttunterbruch. : 3. ca. arte, graue Kalkbänke von je 1—8 dm, mit glimmersandipe" Mergelzwischenlagen, oben knollig und voller Austern aus der erwandtschaft ) Gryphaea vesicularis, kleine Form. Scharfe Grenze gegen Nummulitenkalk (Fig. 9 1?) Bi ; a m Leistmergel mit einer dünnen glaukonitreichen Bank | der 5 Jahrg. 64. Arn. Heim. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. 471 Leistmergel und Senongrünsandstein sind auch auf der NW-Seite des Grünten vorhanden (Fig. 9). Es ergibt sich aus diesen Profilen, dass der bekannte senone Burgberggrünsand als fazielle, sich gelegentlich repetie- rende Einlagerung in Leistmergel zu betrachten ist. Die Leist- mergel ihrerseits entsprechen wohl teilweise den Pattenauer- und Gerhardsreuterschichten (J. Böhm, H. Imkeller), während die 20 bis 30 m mächtigen obersten Kreideschichten mit ihren auffallenden Kalk- bänken und Schiefersandlagen, was Reis!) schon 1895 erkannt hat, den Hachauerschichten gleichzustellen sind. Andererseits erinnern sie an die Austernbänke im Flysch der nördlichen Schweizeralpen, die von Rothpletz bei Brand ob Weesen entdeckt und als Senon ge- deutet: wurden. ?) Das Profil der Hirzenegg in der eingewickelten Flyschzone von Einsiedeln, wo L. Rollier zuerst eine senone Faunula und Arn. Heim darüber die Austernschichten entdeckt hat, stellt also vermut- lich eine dem Grüntensenon analoge normale Schichtfolge dar: Leistmergel, Austernbänke (Gryphaea gr. vesicularis), Nummulitenkalk. Unsere Austernschichten im Flysch sind somit aus dem südlichsten helvetischen Faziesgebiet herübergeschürfte Hachauerschichten in mehr mergeliger statt sandiger Fazies, und diese wiederum vertreten ver- mutlich den oberen Teil der Wangschichten im Ablagerungsgebiet südöstlich desjenigen der Wangschichten. Eocän. Das Eocän tritt in zwei verschiedenen Fazies auf: l. Nordfazies. Bei Biehlerdorf?) auf der linken Talseite und Agathazell am NW-Fuss des Grünten, 2—5 m typischer Assilinen- Srünsand (Lutetien), erfüllt mit Assilina exponens, Nummulina com- planata, Orthophragmina discus var. laevicrassa und laevitenuis bis zu 40 mm Durchmesser, O.sella, Pecten, Spondylus, Austern ete. Darüber folgt Mergelschiefer (Stadschiefer), wie im nördlichen helvetischen Faziesgebiet der Schweizeralpen. Das Liegende ist bei Agathazell ®ewerschiefer. 2. Südfazies. Auf der Südseite des Grünten folgt auf den Austern- bänken des obersten Senon mit scharfer Grenze der vorwiegend hell- )O.M. Reis, Erläuterungen Karte Bergen-Teisendorf, Geogn. Jahresh. Mün- chen 1895, °) Vergl. Churfirsten, „Beiträge“, n. F. Lfg. XX, pag. 58, Fig. 18-18. . °) Vergl. A. Rösch, Der Kontakt zwischen d. Flysch und der Molasse im Allgäu, Mit geol. Karte 1:25000, Diss., München 1905. 472 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 graue, fossilreiche, klassische N liten-Lithoth ienkalk des Lu- tetien vom Typus Einsiedeln-Flibach, 30—40 m (Fig. 6 und 9). Im untern Teil enthält er eine rote eisenreiche Einlagerung, die früher an vielen Stellen als Eisenerz abgebaut wurde (Gümbel). Das Ge- stein ist organogen, erfüllt von Nummulina complanata var. minor, N. Murchisoni, N. globulus (2), Assilina granulosa, Operculinen, Ortho- phragminen, Mollusken, Terebrateln ete. Darüber folgt zuerst schwärz- licher, fein glimmersandiger Mergel (Hohgantschiefer, Auversien?, 7 in Fig. 6), dann bei Winkel an der Starzlach mächtige, grünliche Fleckeumergel (Fig. 9), erinnernd an den Flibach, Niveau der Stad- schiefer (Nummulitenflysch Gümbel, Obereocäne Stockletten Reis). Faziesstellung des Grünten. Leider fehlen noch alle präzisen Anhaltspunkte über die Vor- arlbergerketten, um daraus die Isopen ermitteln zu können. Wir wissen noch nicht, ob sie bis zur Iller dem Alpenstreichen parallel gehen. Am Grünten verändert sich die Schichtfolge im Querprofil rascher als in der Längsrichtung. Verglichen mit der Schweiz ergibt sich folgendes: 1. Das Ostende der Vorarlbergerketten bei Oberstdorf ent- spricht der mittleren helvetischen Fazieszone (Säntis-S, Amden- Vierwaldstättersee). Nur Albien und Seewerkalk weichen durch ihre schwache Entwicklung, besonders im S, etwas ab. Das Albien ist, wie auch z. T. in der Schweiz, durch Unregelmässigkeiten ausge- zeichnet, aus denen sich nach den wenigen Daten noch keine Fazies- Ordnung herauslesen lässt. 2. Der Grünten-Nordsaum (Agathazell), scheint gemischter Fazies zu sein, während Gipfel und Südabhang durchaus süd- östlichen Charakter tragen: Mächtige Drusbergschichten, dafür reduzierter Schrattenhalk, und mächtiges, voll entwickeltes Gargasienn, analog der Drusbergdecke, Senon und Eocän gleichen sogar dem eingewickelten südlichsten helvetischen Faziesgebiet von Einsiedeln- Flıbach. Auch die Kreide der Wertachkluse hat südlich helve- tischen Typus. Vorausgesetzt, dass die Isopen und Fazieszonen von der Schweiz aus in gleicher Ordnnng ins Allzäu fortsetzen, würde hieraus folgen, dass der Grünten aus einer südlicheren Fazieszone stammt als die Kreide westlich Oberstdorf. Man darf sich daher fragen, ob der Grünten tektonisch etwa den „Prealpes externes“ der West- schweiz entspricht. a 4 " BB a ” 2 ix a Jahrg. 64. Arn. Heim.. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. 473 N ‚ = Fig. 7. Stratigraphische Stadsch, Übersichtsprofile von Grünten und Vorarlberger- ketten. 1: 10000. Nummulitenk. Hachauersch. Hauter. Va!. ln Grünten Tiefenbach . Walserschanz Südabhang Vorarlbergerketten Tektonik. Bemerkungen über Wildflysch und exotische Blöcke. Die Bäche auf der SE-Seite der Strasse bei der Walserschanz und am Westende der südlicheren Vorarlbergerketten (wo Haniels Karte Seewerschichten und Moränen angibt) bieten ausgezeichnete Aufschlüsse der Grenzregion von Leistmergel und typischem Wild- Äysch voller Blöcke, die sich allmählich in den grauen Kreidemergeln Mnstellen, sodass man, wie bei Amden am Walensee, zunächst an einen Stratigraphischen Übergang denken muss. Die Linsen und Blöcke Sind teils sichtbar im anstehenden Mergel eingebettet, zum grössten &il aber herauspräpariert und in einer ganzen Mustersammlung in den Bächen zu finden: grüne und graue exotische Breccien mit gelben 474 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Dolomitfragmenten, Sandstein, Kalkstein, Konglomeratblock von 1m? mit faustgrossen Geröllen von gelbem und weissem Kalk, Sandstein und grünem Ölquarzit ete. Die Frage ist berechtigt, ob dieser Wild- fiysch der Söllereck zur Vorarlberger-Kreide gehöre. Auf das Gegenteil deutet der in Haniels Karte richtig abge- grenzte Aufschluss am östlichen Trettachufer von Oberstdorf: typische „Couches rouges“, verkehrt, 50— 85° SSE fallend. a) 30—40 m mit bis 10 m dicken roten und rot-grün gefleckten Lagen; b) ca. 30 m grünlich; c) 0,5 m Übergangsschicht aus schwarzbraunem bröckeligem Mergel mit dolomitischen Kalkknollen von 12cm und Kiesel- kalk, sowie einem halb faustgrossen grünen Ölquarzitgerölle. d) Wildflysch mit Bänken und Linsen von dichtem Kalk und Kieselkalk, mächtig. SS mn = Treblach RT a Fig. 8. Exotische Blöcke im Wildflysch von Oberstdorf. = verwitterter „Gneis*® (Quarz-Museovit-Chlorit). = massiger Granit, weiss, aplitisch. = metamorphe Fiyschkalklinsen mit sekundären Tonhäuten. a - 2) ) Also WildAysch mit „Couches rouges“ vom Typus Prealpes me- dianes-Klippen-Falknis stratigraphisch verknüpft! Im Hangenden dieses eingewickelten Couche-rouge-Fetzens (Falknisdecke?) befinden sich die bekannten Gneiseinschlüsse am Kühberg, die Rothpletz mittelst Verwerfungen von der Unterlage der oberostalpinen Trias-Schubmasse herleitet. Es handelt sich aber den ich sah, hat eine Länge von etwa 5 m (Fig. 8). Das Ostende der Vorarlbergerketten. ; 1. In musterhafter Regelmässigkeit sinkt das Engenkopf-G@e- wölbe mit 20—25° im Schrattenkalk und bis 45° im Leistmergel Jahrg. 64. Arn. Heim. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. 475 unter den mächtigen Flyschrücken der Söllereck. Ihm vorgelagert folgt nördlich der Breitachklamm noch ein kleineres Nebengewölbe gleicher Fazies, dessen Südhälfte durch einen NE streichenden Bruch amputiert ist. | 2. Das Geissberg-Gewölbe ist am Geissberg noch steil auf- gerichtet und eng zusammengepresst, weitet sich aber vor seinem Untertauchen am Burgberg. Axenfallen an der Breitach 15—25°. Durch eine tiefe Wildflyschmulde getrennt folgt 3. Das Ochsenberg-Gewölbe, auf dem das neue grossartige Sanatorium Wasach steht. Axenfallen an der Breitach 10—15°. Die komplizierte Doppelung der Schrattenwände im Trockentälchen Winkel- Hirschsprung bedarf genauerer Studien. 4. Das Schwarzenberg-Gewölbe mit dem Hirschsprung als glaziale Abflusskerbe des Trockentales auf einer kleinen Transversal- verschiebung durch den Schrattenkalk seines Nordschenkels. 5. Aus dem fahrenden Zug schien mir das Bord bei Maderhalm (bisher als Flysch kartiert) ein sanftes Gaultgewölbe zu bilden, dessen Hangendes die Oberkreide von Reichenbach auf der Ostseite des Iller- tales wäre. Von einer transversalen Abscherung grossen Stils war auch nicht eine Andeutung zu finden. Der Grünten. Querprofil, Der Grünten besteht von NW nach SE aus folgenden tektonischen Abteilungen (wie in Fig. 9 und 11). I. Das Oberkreide-Eocängebiet von Agathazell am NW- Fuss des Grünten. Ein flüchtiger Streifzug ergab, dass nach den Stratigraphischen Verhältnissen hier wenigstens zwei, wahrscheinlich 3—4 Faziesgebiete tektonisch gemischt sind. Der Hügel an der Strasse 300 m SE der Kapelle Agathazell besteht aus einer steil stehenden Schuppe von Seewerschiefer (obere Seewerschichten, Turon) mit As- Silinengrünsand und Stadschiefer auf ? Stadschiefer (Fig. 9)- Leist- mergel und Senongrünsand, die in dieser Schuppe stratigraphisch fehlen, sind dagegen nördlich wie südlich davon vorhanden. Es kommt noch der erste Hügel im Tannenwald nördlich der Schanze hinzu, der aus 30—50 m mächtigem, steil SSE fallendem, etwas mer- geligem, feinsandigem, grauem, rauhschieferigem Kalk besteht, erin- nernd an die Kreide des Hüttenberg-Rückens, vielleicht Äquivalent der Hachauer- oder Wangschichten (Fig. 9, x). Il. Die Rippe der Schanze, den untern Teil des steilen NW- | N Agamazeı N % Schanze Burgberg DR RUN Re gm. SE Fig. 9. Profilskizzen durch den Grünten 1 :30000 1. Drusbergseh. 2. Schrattenka Ik eh Aptien m ’ ewerkalk Er z Zuötigen‘ \ 7. Amdenersch, mit N Gi 1 Austernchichten } Senon | ns II 7 Kl E; ji hy? fh IT, Ri: ; 9. ee > Lutetien TE a HP . Stadschiefe i ————, ar £ Rossberg - nn een ae “R 2 1 IM N Alp x feinsundiger ee (Obersenon ?) = Tr IA Mi h +—:—. Brü und Überschieb ‘Ri: K : HH IV ne die Siechenk. | I 654 1572 ie H tl Anm gezeichnet von Arn. Heim W 29 San TEE, M olasse Gi ggltobelb. } Barremien Er Bu) =: RATE oo #; e| 7 j 1000 m weg 1 m = en an m TOR ir Amt \ vv 9. we 9 N N In a ve o ww x I at N 789 0. 9 aut rt Pen R 10’ Starzlach 790m Jahrg. 64. Arn.Heim. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. 477 Abhanges bildend. Obwohl keine Umbiegung zu finden war, handelt es sich wohl um ein eng gepresstes Gewölbe mit Schrattenkalkkern, denn schon 600 m NE der Schanze liegt vertikaler, zerdrückter See- werkalk als NW-Schenkel am Schrattenkalk, und gegen die Kam- mereck hin wird dieser auch durch Gault ergänzt. Gleichzeitig richtet sich die Schichtlage von 60° SE-Fallen bis zu 80° NW-Fallen auf (Fig. 9). III. Das Burgberghorn-Gewölbe, das nordwestliche der beiden Grünten-Gipfelgewölbe, erhebt sich bei Burgberg in runder, aufrechter Form mit 55° Steilheit aus dem Talboden zum Burgberghorn (—Kreuzel- spitz), auf dessen NE-Seite sich das Schrattengewölbe auf den Drus- bergkern öffnet (Fig. 10 und 11). Das Axensteigen setzt mit 30—40° Burgberghorn 149 77 A Längsprofil durch das Westende des Grünten- gewölbes 111. 1::20000. Nummern wie in Fig.9. PERS DU en 700 m üb. Meer. fort und das Gewölbe wird rückgestülpt, derart, dass am Siechenkopf der Südschenkel mit etwa 40° SW-Fallen (d. h. im Querprofil fast horizontal) den orographischen Grat überschreitet (Fig. 9). Fortan bleibt der Drusbergkern auf dem NW-Abhang. Er stösst direkt dis- kordant gegen den Seewerkalk des SE-Schenkels von II, sodass im Profil des Uebelhorns mehr als die Hälfte des Gewölbes III abge- schnitten ist (Fig. 9). ; IV. Das Stuhlwandgewölbe, das südöstliche der beiden Grünten- Sipfelgewölbe, erhebt sich, etwas schmäler und zurückgezogener, ebenso erstaunlich rasch als aufrechtes Gewölbe. Der vertikale bis schwach Tückwärts überkippte Südostschenkel erleidet beider mittlerenSchwand- alphütte anscheinend eine Transversalverschiebung') und starke Ver- Quetschung. Oberhalb der genannten Hütte ist der Brisisandstein mit !/, m Rutschbreceie am Schrattenkalk auf 4 m, der Seewerkalk auf 1 m zusammengequetscht. Im oberen Giggltobel sind die Drus- bergsehichten mit 50—70° NW-Fallen sückwärts geneigt (Fig. 12). Fe Bee RR ') Bereits in der Manuskriptkarte des Herrn Dr. Reis richtig verzeichnet. 478 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Zwischen den beiden Gewölben III und IV liegt die zentral ge- legene Grüntenmulde. Auch diese erhebt sich mit 40—50° nach NE, sodass trotz des gleichsinnig ansteigenden Gehänges oberhalb des Grüntenhauses der rote Seewerkalk als Muldenkern unter den Senonmergeln heraufsticht. Das enge Synklinaltälchen „Wust“ wird dabei fast plötzlich zum Synklinalgrat. Es kann kein schöneres Bei- ae a. waues Fig. 11. Tektonische Kartenskizze: 1: 75000. Molasse mit Rn en punktiert; Senon-Eocän Hüttenberg und Agathazell dicht horizontal schraffiert: on-Eocän des Grünten und der Zone von Berghofen weit horizontal schraffiert; W öfysch vertikal schraffiert; Seewerkalk--Albien—Gargasien leer, Schrattenkalk schwarz; Drusbergsch. D Baer schraffiert; A = Alpe enrand; I—V siehe Tex spiel eines solchen mit starkem Axengefälle geben, als der Gipfelgrat des Grünten zwischen Hochwarte und Uebelhorn (Fig. 3, 9). Das Axen- steigen beträgt bei der Hochwarte bis über 50°, am Uebelhorn (Schrattenkalk) noch 30° NE. Infolge plötzlicher Denudation sticht EB an Jahrg. 64. Arn. Heim. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. 479 nun die Mulde in die Luft hinaus, sodass sich die Drusbergkerne III und IV oberflächlich vereinigen (Fig. 11). V. Dem normalen SE-Schenkel mit mächtigem Senon folgt ein etwa 4 km breites, unübersichtliches hügelig-waldiges Gelände, das Gümbel als „Nummulitenschichten“* kartiert hat, und das wir als Senon-Eocängebiet von Berghofen bezeichnen. Es erweist sich als ein durch Brüche zerstückeltes, geschupptes und gefaltetes Hauf- werk aus Senon und Eocän verschiedener Stufen in der Fazies des SE-Schenkel IV am Grünten selbst, d. h. als dessen hangende Fort- setzung. Der Grünten ist also, weiter übersetzt, gleichsam der ältere -Kreidekern zum Nummulitengebirge vom Typus Einsiedeln (pag. 472). Südwestende. ; Zone I, II und V lassen nur Erosionsgrenzen erkennen. Die | Schichten an der Schanze behalten ihr W 10° S-Streichen. In scharfem NW x SE Grüntenalp \ Molasse IWF Se: Drusb. Fig. 12. 1: 7500. Gegensatz hierzu tauchen die Gewölbe II—IV, sowie die dazwischen liegende Grüntenmulde 40-—60° steil unter den Talboden! Es sind | dies für das helvetische Gebirge ganz ausserordentliche Axengefälle. - Der Unterschied gegen II wird auch durch die Scherfläche und die Faziesdifferenz gekennzeichnet. Infolge des Untertauchens von Ge- _ wölbe IV schiebt sich das Senon-Eoeängebiet IV—V am Burgberg 38 m vor dieses hinweg; Bach und Weg auf der N-Seite dieses di Hügels entsprechen vermutlich einer EW-streichenden vertikalen - Scherfläche (Fig. 11). en Nordostende. Nördlich vom Uebelhorn, am Kammereck, stösst der Seewerkalk 5 von II mit bloss 12 m Schuttunterbrechung an Molasse. Die Zone \ ps amputiert oder in der Tiefe zurückgeblieben (Fig. 9). Plötzlich det nun aber auch der Schrattenkalk von H zwischen Gault; der Südöstliche Seewerkalkzug von II hingegen setzt sich auf den Weide- 480 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 hügeln am Weg vom Uebelhorn zur Grüntenalp linsenförmig fort bis gegenüber den Grüntenalphütten, mit teilweise starken Quetschungs- erscheinungen ünd Zerknitterung. Zwischen Seewerkalk und Molasse ist aber noch, etwa 200—300 m lang deutlich in der Bachfurche sichtbar, typischer Wildflysch eingeklemmt, der durch zahlreiche Blöcke ausgezeichnet ist: glaukonitreicher Ölquarzit bis über 1 m}, Breecien mit grünen Fragmenten, brecciöses Konglomerat mit bis 4 cm grossen Geröllen und Dolomitfragmenten; Flyschsandstein, Kalk- stein etc. Diesem Wildflysch nördlich angelehnt ist an einer Stelle noch ein Streifen vertikaler gelblicher und dunkelgrauer Mergel- schiefer voller Caleitplättchen zu sehen (Fig. 12). Alle diese Klemm- stücke lassen starke mechanische Bearbeitung erkennen. Weiter unten am Herzlesteinbach beim Gigglstein scheinen auch diese Linsen auszukeilen, wie bereits in Blatt Sonthofen in 1:100000 angegeben ist. Es sind somit am Giggl- und Herzlestein völlig amputiert I, II, III, und von IV bleibt nur noch der Südost- schenkel übrig, dessen älteste Schichten an die Molasse stossen! (Fig. 9 und 11). Die Kreide-Eogenzone des Hüttenberges. In der streichenden Verlängerung des Grünten erhebt sich auf der Westseite des Ilertales ein sanfter Hügelrücken, von dem A. Rösch I. ce. 1905 an einigen winzigen Stellen Kreidegestein kar- tiert. Bei Bihlerdorf hat er darin Belemniten gefunden. Es sind graue, feinst glimmersandige (stellenweise plattige) Mergel. Ein ähnliches Gestein ist mir aus keinem tieferen helvetischen Kreidehorizont be- kannt als den Hachauerschichten. Zum gleichen Rücken gehören die Vorkommnisse von Assilinengrünsand und Stadschiefer von Bihlerdorf. Zur Erklärung hat Rösch als Hauptresultat angenommen, dass diese Kreide-Eocänvorkommnisse entweder durch Überschiebung oder Ver- . werfung zwischen die Molasse gelangt seien, und Rothpletz gibt eine geradezu humoristisch wirkende Konstruktion von Verwerfungs- spalten. Nach meiner Begehung besteht fast der ganze Weiderücken des Hüttenberges aus anstehenden Kreide- und Eocänschichten. Einige Pickelhiebe in den Rasen genügen zur Entblössung. Die mächtigen grauen Kreidemergel fallen vorwiegend 50—70° SE. Bei Punkt 1069 und östlich davon ist auch breceiöser Grünsand (Senon ?), wildfiysch, Seewerschiefer und Kreidefleckenmergel zu sehen. Die Grenze gegen die südöstlich darunter einfallende Molassenagelfluh verläuft durch den Graben unmittelbar nördlich der Kirche Bihlerdorf und 250—300 m - Jahrg. 64. Arn. Heim. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. 481 nördlich des Hüttenbergrückens. Der sogenannte Molassesandstein der Oberzollbrücke südlich der Kreide von Bihlerdorf und am Dorfweg zur Kirche Bihlerdorf nördlich derselben ist typischer Flysch: grauer, grobbankiger Glimmersandstein und Breccie mit gelben und grünen Fragmenten vom Typus der Niesenbreceie (Fig. 13). Gleicher breeeiöser Glimmersandstein findet sich %, km SE der Wertachkluse bei der Mühle, fast vertikal, E-streichend, und die pflanzenführenden Sandsteinbänke der Oberzollbrücke sah ich ununter- scheidbar an der Strasse von Zell nach Pfronten, ebenso auf der Süd- seite der helvetischen Kreide. ' Das Eocän des Hüttenberges liegt zwischen Kreide und Flysch- sandstein, sodass der letztere als Obereocän oder Unteroligocän zu & deuten ist. W Hüttenbergrücken ESE Gunzesried 970 m © w bie Waldweg Steinbruch B x Oberzollbrücke Si ia Fig. 13. Profilskizze durch den Hüttenbergrücken. l= Senon; 2 = Eoeän, Assilinengrünsand und Stadsehiefer; 3 = Flyschsandstein it 3° = Flyschbreeeie; 4 = Molasse-Nagelfluh, mioeän. E Bemerkungen über das Molasse-Vorland. Das Molassegebiet ist noch mehr einer Neuaufnahme bedürftig als das Kreide- und Flyschgebiet. Hier haben die Aufnahmen Güm- bels teilweise gänzlich versagt. So ist auf Blatt Sonthofen 1: 100 000 dem Rande des Kreide- und Flyschgebietes entlang ein Streifen als ‚0 = ältere Meeresmolasse“ ganz verschiedener Bildungen (Kam- Mereck, Blaichach) angegeben und schief und quer über die Schichten Ainweg abgegrenzt. Die Kalknagelfluh vom Steineberg ist als „ältere Nisswassermolasse“, deren Schichtenköpfe auf 2,5 km Breite bei Blaichach sanıt dem Flyschsandstein als „ältere Meeresmolasse“ an- gegeben — alles unter dem Vorurteil, am Rande von Kreide und Elysch müsse älteste Molasse vorhanden sein. Durch die Stadt Kempten streicht eine enge, steil aufgeknickte Antiklinale mit marinem Muschelsandstein als Kern, vom Aussehen Vierteljahrsschrift d. Naturf.Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. ‚al 482 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 der schweizerischen Cardienschichten des Burdigalien. Südlich (wie nördlich) davon und darüber folgt Sandstein der oberen Süsswasser- molasse'), bei Neudorf mit einer 8-10 m mächtigen eingelagerten Kalkbank von 5—15° SE-Fall; Mächtigkeit wenigstens 400 m. Bei Hegge beginnt unter steiler werdendem SE-Fallen die N agelfluhfazies in gewaltiger, viele Kilometer betragenden Mächtigkeit. Nur durch regionale sorgfältige Detailkartierung kann der weitere Zusammen- hang alpeneinwärts und die Frage festgestellt werden, ob die marine Molasse von Sulzberg?) einer stratigraphischen oder tektonischen Re- petition entspricht. Am Alpenrand gelangen wir in das Nagelfluhgebirge von Immen- stadt bis Blaichach mit Stuiben 1750 und Steineberg 1683, das völlig dem Speergebiet entspricht und meiner Ansicht nach trotz des Quereus fureinervus im „Tobel, in dem die südliche Quelle des Steigbaches fliesst“ (Rösch) miocän ist. Die Nagelfluhmolasse zwischen Immen- stadt und Bihlerdorf im Hangenden der Pflanzenfundstellen ist allein 2 km mächtig und vermutlich vindobonisch. Die allen Winden ausgesetzte Lage von Immenstadt entspricht auch einem tektonischen „Wirbel“ (Fig. 11). Am Steigbach '/s km S des Kirchhofes streicht die Nagelfluh S 15 E, also senkrecht zum normalen Streichen und fällt 70° W. Weiter westlich biegt die Schichtlage innerhalb 2 km in die normale um, wie in Fig. 11 dargestellt ist. (Zwei Streichfallzeichen in Röschs Karte sind um 90--180° verkehrt). Auch am Hügel von Rauhenzell steht das Strei- chen senkrecht zu demjenigen 1,5—2 km nördlich davon. Grosse geradlinige Verwerfungen sind aber nicht vorhanden, und krumm- randige, lokale Vertikal-Einbrüche würden ällein die Schichtverdre- hungen noch nicht erklären. Die auffallende, sanft bogenförmige Tal- sperre aus SE fallender Nagelfluh von Immenstadt-Buchwald zum Rottachberg beweist, dass dort nirgends ein grosser Wllertalbruch durchgehen kann, noch der grosse Illergletscher die Schwelle oder auch nur 'ihre auffallende Rippung quer zum Strome niedergeschlif- fen hat. Einer total anderen Bildung nach Tektonik und Stratigraphie, von der kein Analogon im Westen bekannt ist, begegnen wir auf der Ostseite des Tales, dem Grünten vorgelagert: Eine sanfte, breite, trogförmige Synklinale mit etwa 5° Axengefälle nach NE, einem schmaleren, weil steileren (5—50°) NW-Schenkel und einem breiteren, 1) „Ältere Brackwassermolasse* von Blatt Sonthofen. ?) Mitteilung der Herren Dr. Fraas u. Rechtsrat Kellenberger in Kempten. deren Führung in Kempten und nach der Ruine Eisenberg ich bestens verdanke. Jahrg. 64. Arn. Heim. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. 483 auf 1 km nur 5—10° fallenden SE-Schenkel. Wir nennen sie die Kammereckalp-Synklinale. In zusammenhängender Felswand, kon- form dem Ausgehenden, sticht diese Mulde nach SW in die Luft hinaus! Bei Wagneritz und Kranzeck fand Gümbel Cardium Heeri und Cor- bula gibba (Bayr. Alpen 8. 733). Der Wannenrand der Kammereck- synklinale besteht darnach aus mariner Molasse. Die Kammereckwand besteht aus grauem bis gelblichem, fein- körnigem, mürbem Glimmersandstein mit Diagonalschichtung, zu oberst einem etwa 30 m mächtigen Komplex, wechsellagernd mit gelblich anwitterndem bröckeligem Mergel. Dieser teilweise verrutschte Mergel reicht im Liegenden bis fast zum Talboden NE Wagneritz und hat bei seiner fast horizontalen Schichtlage eine Mächtigkeit von 200-300 m. Das Hangende der Kammereckwand ist auf beiden Schenkeln der Synklinale, besonders schön aber in den Bächen von Kranzegg und Reichen im NW-Schenkel aufgeschlossen: ausser Sand- stein und Mergel vor allem graue und rote, schwach verkittete Kalk- _ Quarznagelfluh (Schottergruben) mit Zwischenlagen grauer und roter _Mergel und rötlicher bis weisslicher Kalke vom Typus „Obere Süss- wassermolasse‘, wenigstens 400 m mächtig. Der grosse Kontrast der „sanften“ Kammereckalpmolasse (Breiten- steinerberg) zum rauhen Nagelfluhgebirge westlich der Iller nach Stratigraphie, Tektonik und Morphologie führt zur Frage, ob die Kammereckmolasse der Speernagelfluh primär diskordant aufgelagert 2 sei. Auf alle Fälle scheint mir Gümbels „ältere Meeresmolasse“ mit Ihrem Hangenden die jüngste zu sein. Es würde sich daher folgende Altersreihe ergeben: Mittelmioeän 1. Molasse-Nagelfluh des Stuiben und Rottachberg (Speer- . nagelfluh), mehrere Kilometer. . Marine Molaxse von Wagneritz-Kranzegg, vorwiegend Mergel, ca. 300 m. 3. Molasse von Reichen’ mit Nagelfluh, oberste Süss- | wassermolasse, 400 m. tv _ Obermiocän. = Der Molassekontakt am Alpenrand. a Die schon vom Grünten herab schön sichtbare Synklinale der Nagelfluh auf der Südseite von Rindalpenhorn und Gündleskopf sticht Nach W in die Luft hinaus, und die ganze südlich davon lie- Sende, 21/, km breite Balderschwangerkette mit der 70-80 steil SSE fallenden Nagelfluh des Tennenmooskopfs 1628 m "ird gegen E am putiert, sodass am westlichen Nlertalrand bei As4 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Seyfriedsberg nur noch der SSE fallende Nordschenkel der genannten Synklinale übrig bleibt.) So setzt sich aus der Schweiz her die diskordante Überlagerung der Flyschzone auf Molasse fort! Bei Blaichach wird dieser Schenkel auf über 2 km Breite bei regelmässigem E 10—15° N-Streichen und 40—50° SSE-Fallen von der Iller durchschnitten. Aus dem tektonisch ertrunkenen und mit Kies aufgeschütteten, morastigen Talboden ohne epigenetischen Ab- fluss ragen noch vier kleine Zeugenhügel hervor. Der weitaus interes- santeste ist derjenige auf der Ostseite der Iller, 600 m SW der Kapelle von Agathazell, an dem rückläufige Terrassen angedeutet sind (Fig. 14). An seinem NW-Endestreicht die Molasse-Nagelfluh unverändert E10°N bei 70° S-Fallen, in der Mitte und am Südende aber E 10—20° S mit 45—55° S-Fallen... Statt dem Grünten nach N auszuweichen, krümmt sich das Nagelfluhstreichen ihm sogar entgegen! (Fig. 11, 14). Am Nordzipfel des gleichen Hügels neben der Strasse guckt aus dem 14. Der Molassehügel im Talboden bei Agathazell. 1: 3000. Rasen ein Fels aus grauem, fein glimmersandigem Schieferkalk mit steilem SSW-Fallen, vom Aussehen der problematischen Kreide Hüt- tenberg-Waldhügel Agathazell. Sollte er sich als anstehend erweisen, so wäre er an den Molasseschichtköpfen vorbei und über diese hin- weg nach N vorgestossen. Auf alle Fälle sind wir von der Grünten- kreide im Streichen nur noch 500 m entfernt! Dass die Nagelfluh mit dem genannten Hügel entweder durch Querbruch oder miocäne Erosion endigt, beweist die um über 1 km vorgeschobene Grüntenzone I mit Kreide und Eocän, die nach Blatt Sonthofen bis Wagneritz reicht. Die Annahme einer Transversal- verschiebung von 2 km in der Molasse sollte die Rippe westlich Rettenberg durchsetzen, was nicht der Fall ist. Auch ist im ganzen subalpinen Molassegebirge, im Gegensatz zur überschobenen Kreide, kein einziger Fall einer Transversalverschiebung von auch nur an- nähernd solcher Dimension bekannt. Es bleibt nur noch die Annahme alter Erosion der Nagelfluh vor der Überschiebung. ‘) Vergl. Karte von Studer und Escher, 1:380000! Arn. Heim. Zur Geologie des Grünten im Allgäu. 485 Östlich ob Wagneritz folgt ein Dreieck aus Gehängeschutt und . Bergsturz. An seinem Ostwinkel stösst die fremdartige Molassemauer der Kammereck an. Seewerkalk ab, von diesem lokal bis zur Verti- kalen hakenartig aufgekrümmt, bei Streichen E15N (Fig. 9, 11). Auch 1 km weiter NE, bei der Grüntenalphütte, ist die an Wildfiysch, See- werkalk oder Drusbergschichten stossende Molasse bis auf 70 und 80° NNW-Fallen aufgekrümmt. Man kann dort von $ nach N folgende Abteilungen unterscheiden: 1. Sandstein ca. 50 m, 2. Mergel ca. 50 m, “ 3. Sandstein ca. 50 m, 4. Graue Nagelfluh (Fig. 9). Die unteren dieser _ Molassestreifen verlaufen etwas schief zum Kreide-Molassekontakt und keilen nach E am Herzlesteinbach aus. Sicher fehlt schliesslich die ganze, etwa 300 m mächtige Kammereck-Mergelmolasse. 5. So sehen wir, dass der Kontakt von Alpen und Molasse in doppeltem Sinne diskordant ist und keineswegs einer ge- _ radlinigen Verwerfung, noch überhaupt einer Verwerfung nach altem Muster entspricht, indem sowohl die Alpenfor- mationen und deren tektonische Zonen, als auch die Molasse gegenseitig wechselvoll amputiert sind. Am NE-Ende des _ Grünten ist die Lücke am grössten; das älteste der Kreide (Barr&mien) stösst an die jüngste Molasse (Obermiocän). Es ist dies die grösste bekannte Lücke am Alpennordrand über- haupt. Rückblick. Die vergleichend stratigraphischen Beobachtungen haben ergeben, dass der Grünten infolge seiner Faziesdifferenz nicht die direkte transversal verschobene Fortsetzung der Vorarlber- gerketten bei Oberstdorf sein kann. Er hat einen südlicheren Habitus. Auch die Faziesdifferenzen innerhalb des Grüntenprofiles vergl. pag. 472), sowie die Verquetschungen mit Wildflysch auf der Grüntenalp schliessen seine Autochthonie aus. Man möchte vermuten, dass er samt der Zone von Berghofen und dem Flysch von der Süd- ‚Stseite der Oberstdorfer Kreideketten herübergeschoben sei, gestossen ‚durch die oberöstalpine Decke, die nach dem Niedertauchen der Vor- Arlbergerketten östlich der Iller in mächtigem Bogen weit nach Norden Vorgedrungen ist. Die Molasse, die plötzlich im Streichen vor dem Srünten endigt, ist offenbar ebenso nicht durch Transversalbruch ab- Seschnitten. Ist der Grünten also in ein Loch der Speernagelfluh ‚hinein vorgeschoben, ähnlich dem Goggeien'), und setzt sich das Nagel- een „...) Arnold Heim, Brandung der Alpen, Vierteljahresschrift der Naturf, Ges. Zürich 1906, 486 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 fluhgebirge als Rumpf unter dem Grünten und der Kammereckmolasse fort? Endigt darum an der Iller die Nagelfluh als Gebirgskette? Tatsächlich ist die Molasse am Alpenrand in grossem Maßstab am- putiert, ohne dass deren Tektonik durch die helvetische Schubmasse wesentlich beeinflusst wird. Während die nördlichen Glieder des Grünten (I—II) transversal durch die westlich nebenlagernde Molasse abgeschnitten sind und nicht unter diese tauchen können, sinken die beiden Hauptgewölbe auf der freien Südostseite der Molasse abnorm steil unter ihre Jüngere Hülle zur Tiefe. Die Amputation, die der Grünten von der Molasse- seite her aufweist, ist dort am stärksten, wo seine Gewölbe die grösste tektonische Höhe erreichen — eine Tatsache, die einzig in ihrer Art am Alpen-Nordrand dasteht. Auffallend ist ferner östlich der Iller die häufige Wiederkehr annähernd senkrecht aufgerichteter Schuppen (Grünten I, I, V; Wertach) und die Rückstülpung der Grüntengewölbe III—IV. Sie deuten auf eine letzte Phase der Aufrichtung nach der Überschiebung, durch „Unterschiebung“ (Tiefenschub) und Stauung an der Molasse mit Ausweichen nach oben. Ist der Grünten auf ein älteres Nagelfluhgebirge geschoben, SO trifft das gleiche für die Jüngere Kammereckmolasse nicht zu. Ist also diese letztere auf dem embryonalen Grünten abgelagert worden? Dagegen spricht u. a. die Quetschzone der Grüntenalp und das Fehlen jeglicher Basiskonglomerate aus helvetischer Kreide. Der tektonische Hakenwurf am Kreidekontakt beweist, dass die Kammereckmo- lasse noch vom Alpenschub, vermittelt durch den Grünten, ergriffen wurde. (Genügt unseren Begriffen die Deutung, der Grünten sei in seiner letzten Stauungsphase als Berg gegen die höher als jetzt aufragende Kammereckmolasse vorgestossen worden, sodass zwei alte Erosionsflächen aneinander geschweisst wurden? So ist durch diese neuen Beobachtungen der tektonische Knoten des Grünten noch nicht restlos gelöst. Nur systematische sorgfältigste Detailarbeit unter Kartierung in weitem Umfange, auch des Flysch- gebietes, in 1: 25000 oder grösser, mit genauesten stratigraphischen Aufzeichnungen, kann die schwebenden Fragen klären. Tiefenmessungen im Lago Nahuel-Huapi (Argentinische Anden). Mit 4 Figuren. hi Von Leo Wenrkuı (Zürich). (Als Manuskript eingegangen am 6, Februar 1919.) E I. Einleitung. Als Geologe der Sektion für Landeserforschung am La Plata- Museum unternahm ich 1897 und 1898 zwei Expeditionen in die Anden, die erste in Gemeinschaft mit meinem Studienfreund Dr. Carl _ Burckhardt aus Basel, derzeit Landesgeologe in Mexico, die zweite allein. 1897 resultierten Querprofile durch das mächtige Gebirge zwischen dem 33. und 36. Breitengrad, in den vergletscherten, von Vulkanen durchsetzten Sediment-Regionen mit Hochsteppencharakter Südlich der Querlinie Mendoza-Santiago, das ist südwärts vom Acon- ‚Cagua. Das Jahr 1918 dagegen führte mich ‚bei Puerto Muntt vom Pazifischen Ozean her in die vegetationsreiche Bergwelt vom 41. Grad südlicher Breite, wo tiefgehende Eisströme ihre Firnen in fjordartigen u spiegeln und alte und junge Vulkane gletscherbuckligen Graniten aufsitzen. Vorläufige Berichte über diese beiden je 5monatlichen “orschungsreisen sind in der Revista del Museo de La Plata ver- Öfentlicht worden. C. Burckhardt hat seither paläontologische und 2 Stratigraphische Ergebnisse unserer ersten Expedition u. a. je in ‚mem Band der Anales del Museo de La Plata und der Palaeonto- Sraphica (Bd.L. 1903) niedergelegt. Gelegentliche Reisebeschreibungen Sab ich in Tageszeitungen und einzelne Tagebuchnotizen erschienen bei Gelegenheit von Vorträgen in verschiedenen Zeitschriften.') NL Wehrli und C. Burekhardt. Rapport preliminaire sur une expedition &ologique dans la Cordillere argentino-chilienne entre le 33% et 36° lat. Sud (avec Al) Revista del Museo de La Plata, tome VII, p. 373 et suiv., La Plata 1897. lan „Vehrli. Rapport preliminaire sur mon expedition geologique dans la Cor- Üillere Argentino-Chilienne du 40° et 41° lat. Sud (Region du Nahuel Huapi), avec Planche, Revista del Museo de La Plata, tome IX, p. 221 et suiv., La Plata 1898 | m interoceanicum dans 3 pl. Revista del Museo de La Plata, 10 -8ion du Lac Lacar, avec une carte et me IX, p. 943 et suiv., La Plata 1898. 488 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Ein glückliches Zusammentreffen zweier Aufgaben unter einheit- licher Leitung (F. P. Moreno) — die wissenschaftliche Erforschung der Anden und die geologische Begutachtung schwieriger Wasser- scheidefragen im chilenisch-argentinischen Grenzstreit — ermöglichte in jener Zeit die splendide Ausrüstung zahlreicher Expeditionen von Topographen und Naturforschern. Ich bedaure nur, dass es mir erst sehr spät möglich wird, das reiche Material meiner zwei Reisen all- mählich wissenschaftlich zu verarbeiten. Eine der ersten dieser Schrif- ten soll hiermit meinem verehrten Lehrmeister Albert Heim ge- widmet sein, der mich 1896 aus seiner Schule nach Südamerika entliess. Der grosse Lago Nahuel-Huapi (41° 10° —41° 30° SBr. und 71° 10° — 71° 50’ westl. Greenwich, vgl. Fig.1 und 2) ist einer der grössten jener zahlreichen Seen des südlichen Südamerika. Er greift mit stunden- langen Armen fjordartig ins regenreiche Hochgebirge und dehnt sein ausgebreitetes Ende nach Osten bis in die Steppengebiete der argen- tinischen Pampa (Territorio Rio Negro). Sein Abfluss, der Rio Limay, wendet sich nach Norden und bildet mit dem ihm entgegenströmenden Rio Neuquen den mächtigen Rio Negro, der in weit nach Norden ausholendem Bogen dem atlantischen Meere zuströmt. Nahe den West- und Südenden des Nahuel-Huapi liegen merkwürdige interozeanische Wasserscheiden. An Mannigfaltigkeit der Grundrissform, an Grösse und an landschaftlicher Schönheit übertrifft er Vierwaldstätter- und Genfersee, aneinandergesetzt gedacht, um ein Bedeutendes, und dass nur einige wenige Farmen als einzige menschliche Siedelungen seine Ufer beleben, erhöht den Reiz seiner ins Gewaltige gehenden Er- scheinung. Eine Rundsicht, vom Cerro Campanario während meiner Expedition aufgenommen, ist im grossen offiziellen Grenzstreit-Werke (Argentine-Chilian Boundary) reproduziert, ein Stück daraus gibt neben einigen andern Bildern meiner Reise (Tronador, Gletscherbuckel Wehrli. Der Lacarsee in den südamerikanischen Anden. Actes Soc. helv: sc. nat., 82° sess. Neuchätel 1899 (Neuchätel 1900), p. 50/51. — Reisebilder aus den Anden. XVII. Jah { h. Ges. Bern. Mit 3 Bildern. 1900. ahresber. d. Geograph. p- 157/158, 19 — Anden und Alpen. Mit 12 Abb. Die Schweiz, Bd. IV, Heft 18/19, 1900. ee Nachtfahrt auf dem Lago Nahuel Huapi in den argentinischen Anden. In El dia Suizo-Argentino, afio VI. 1908. — Der Vulecan Calbuco im südlichen Chile. Mit Abbildung. Aus: Schuster, N, Der Schweizer-Argentiner, 1913, wei Be Querprofile durch die Anden, Eclogae geol. Helv., vo. VL, Jahrg. 64. L. Wehrli. Tiefenmess. im Lago Nahuel-Huapi. 489 bei Puerto Blest ete.) L. Gallois in den Annales de Geographie‘) wieder. Auch anderswo habe ich es, ohne Quellenangabe, nachgedruckt gefunden. Eine ordentliche Karte des Sees im Maßstab 1:600,000 ist, neben einigen hübschen Photographien, F. P. Morenos vorbereiten- dem Expeditionsbericht zur Lösung des Grenzkonfliktes (von der Puna de Atacama, 23° SBr., bis ans Feuerland, 55° SBr.!) en wi nach welcher unsere Fig. 2 auszugsweise gezeichnet wurde. In der Vergrösserung Fig. 3 sind jedoch Korrekturen nach eigenen Terrain- skizzen angebracht. Diverse andere Reisewerke von Steffen, von se » ; B j S 70°W. Greenw 4 a sem ay E Ri Er Ar 5, Er Br == nich £ — 6) > 3 A “ Ä ———— . & Be Se A ei FF > : zZ » z—— ! | En RAT = a Prauiche chek F re Meren: R I v.Guh errez 24 ca&hdü 5m. — 1I-R masserd E . ei & x < f} 100 150 200 Kilometer 79° w. Grernw. Fig. 1. Vacano, Vallentin, Vollmer u.a. enthalten Teilbeschreibungen ‚des Nahuel- -Huapi. Ich erreichte den See, aus ‚dem Westen von Casa Pangue am Tronador her die interozeanische Wasserscheide überschreitend, am 3. Dezember 1897 beim Einnachten und kam in den folgenden Monaten des (südhemisphärischen !) Sommers 1898 mehrmals in sein Gebiet Zurück. Ein unvergesslicher Frühlingsmorgen im Zauber blühender Fuehsien und Myrten lachte am Sylvester ins Zelt hinein. Immer- RER . a, L. Gallois. Les Andes de mag Annales ‚de Geogra 15. Mai 1901, p. 232 ff., pl. 19 F. P. Moreno. Notes ee sur U m Ri so le Chubut et Santa Cruz etc, phie, No. 51, 10m® ne exeursion aux territoires du avee une carte et 42 planches. 490 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 grüne Buchen mit diehtem Bambusunterholz umrahmten die Bucht, rundhöckerig-gletscherbucklige Granitkolosse standen dahinter Wache, Firnen glänzten von Westen aus Chile herüber, unglaublich furcht- loses vierfüssiges Getier beschnuppei te den Fremdling, metallglänzende bunte Käfer durchschwirrten die Luft, schwarzhalsige, rotschnäblige Schwäne und ein Heer von buntgefiederten Enten und Wasserhühnern Zn 72° 1210 h % Chacab nr — aca viejo v 1a 7 > 670 980 A „LCarmen Zavaletu't9# CTronadord 340 7 Pink. BarrosArana EEE ar R-Blanen vB o A 3 Nach Moreno Pd 1 : rs Fig. 2. belebte den See, über dessen tiefblauen Spiegel man gegen Osten schnurgradaus in 10 Stunden Entfernung die gelbrote Pampa erblickte. So lag die stille Bucht von Puerto Blest am Westende des 20 Kilo- meter langen Armes, der vom Hauptsee gegen die chilenische Grenze reckt und dem schweizerischen Urnersee zu vergleichen wäre, wenn man sich diesen noch viel wilder und um ein Drittel grösser denken möchte. Es fällt mir heute noch schwer, von der weitern Beschreibung Jahrg. 64. L. Wehrli. Tiefenmess. im Lago Nahuel-Huapi. 491 .. all dieser Pracht abzustehen, um auf mein geologisches Thema über- zuleiten. II. Versuchslotungen in der Bucht von Puerto Blest. Die Meerhöhe des Seespiegels wird auf Morenos Karte mit 740 Meter angegeben. | Zwei Requisite waren für die Tiefenmessungen unerlässlich : ein Schiff und -ein Lot. Vorläufig zimmerten wir ein Floss. Nach mehrtägiger Arbeit _ mit Chiloten-Mannschaft (Einwohner der Insel Chilo&, die ich von - Puerto Muntt mitgenommen hatte) fand der feierliche Stapellauf statt. Wer beschreibt aber unser Erstaunen, als das Fahrzeug dabei unter den Seespiegel knietief einsank, um dann schwebend zu schwanken! Ein unheimliches Repetitorium aus Carl Schröters Botanik-Colleg stieg mir plötzlich in der Erinnerung auf: wir hatten das berühmte schwere Gerbholz des Quebracho-Baumes für unser Vehikel ver- wendet! Jetzt mussten neue Lagen spezifisch leichteren Materiales _ aufgesetzt werden, bis es richtig schwamm. : Zum Loten konstruierten wir für einen mitgebrachten Stahl- ; ‚draht eine Welle von einem halben Meter Umfang, sodass zwei & Kurbelumdrehungen einen Meter Tiefe bedeuteten. Trieb während der Messung Strömung oder Wind das Fahrzeug ab, so wurde der _ Winkel zwischen dem abgekurbelten Messdraht und einem Freiluft- Ä Pendel gemessen und die wirkliche Tiefe nach Pythagoras berechnet. ; Um quer über den See die Richtung einzuhalten, wurden am _ Ufer Signalfahnen aufgesteckt, die einzelnen Lotungsstellen durch Zwei Kompasspeilungen fixiert und ihre gegenseitigen Entfernungen Ausserdem durch Zeitmessung der Ruderstrecken verglichen. Wir er- ; hielten so in der westlichen, durch zwei Vorgebirge beidseitig ein- geschnürten Endbucht des Armes von Puerto Blest, 400 Meter . vom Seende (wo das weisse Zelt als bequemer Orientierungspunkt “ Stand) folgendes Tiefen querprofil, dessen zwölf einzelne Lotungs- i Punkte ziemlich gleichmässig auf die etwa einen Kilometer betragende e: reite verteilt waren: Ndufer — 11, 26, 26, 26, 26, 24, 22, 22, 18, 20, 16, 5 — Nordufer Bisr Meter Seetiefe. ne Als Tiefen-Längsprofil ergab sich vom Zelt bis zum (ein- Schliesslich) vierten Messpunkt des Querprofiles, von Süden gerechnet: an Westende — 3, 8, 13, 20, 26 Meter Seetiefe. Diese geringen Tiefenzahlen waren angesichts des oft steilen ale u ay Sa Ara TE A A er 492 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 119 Felsabfalls zum See nicht gerade erwartet. Sie sollten jedoch erst als Lehrfahrt dienen. Eine auffällige Einzelheit — die unregelmässige Rinne mit 20 Meter (drittletzte Lotung im Querprofil gegen Norden) — erklärt sich durch einen unweit einmündenden Fluss, dessen unter- seeisches Weiterströmen durch Schiefzug der Lotleine deutlich ver- spürt wurde. Nach diesen Erfahrungen und nachdem ein neu erstelltes, veri- tables Schiffchen zur Verfügung stand, gedachte ich die Seetiefen im breitesten östlichen Hauptteil des Sees zu ergründen. Die hiefür nötige Öberflächenruhe wollte sich jedoch wochenlang nicht einstellen. Das Campament lag am Südufer bei Puerto Moreno, einer Bucht, die zu Ehren des Direktors des La Plata-Museums und obersten argentinischen Sachverständigen (perito) im Grenzkonflikt mit Chile so benannt war. Tief azurblau wogte tagaus, tagein der See in meter- hohen Wellen, die sich vom Gebirge her unablässig folgten. Nur nachts trat zuweilen verhältnismässige Stille ein, worauf aber die Bewegung von Westen am Morgen gegen 10 Uhr regelmässig wieder heftig einsetzte. So entschloss ich mich, dem See bei Nacht auf Schleichwegen beizukommen. Über den Erfolg dieses zweiten Versuchs reproduziere ich einen Teil des betreffenden Tagebuchblattes, das für den Schweizer-Argentiner-Tag in Genf auf den 2. August 1903 aus- gearbeitet wurde. III. Unheimliche Nachtfahrt. Den 7. Januar 1898. Der gemütliche alte Böhme Don Jose Tauschek, einer der wenigen Anwohner des gewaltigen Nahuel-Huapi-Sees (seine Farm .. in der Karte Fig. 2 verzeichnet), hatte tagsüber unser frisch getauftes, nagelneues Boot „Grethi“ von Puerto Moreno mit ein paar Ochsen _ über die Landenge der Halbinsel de San Pedro geschafft. — Der kalte Sturm liess nach, und lachender Abendsonnenschein versprach eine ruhige Nacht. Nach dem mehrtägigen Brausen und Brüllen glättete sich auch der blauschwarze Riesenspiegel. Noch ein kurzes Abschiedsmate bei Freund Christian Bok, und wir bestiegen kurz nach 8 Uhr abends das geräumige Ruderboot auf der Westseite des Isthmus bei Casa de Piedra, zusammen 11 Mann, darunter Freund 0. 6. Leb mann aus Pruntrut, aller Ingenieurwissenschaften, nur nicht ds Schwimmens kundig, Otto Goedeke, der Schafhirt vom Südufer bel San Carlos, Guillermo Frey aus Baradero als Botaniker mit der Pflanzenpresse, Delfin Häberli, mein thurgauischer Leibjäger und der Metzgerei kundige Koch, und vier kräftige, molluscoide Chiloten als Jahrg. 64. L. Wehrli. Tiefenmess. im Lago Nahuel-Huapi, 493 : Ruderleute. Tauschek sass am Steuer und ich hütete als Schiffskapitän : die Instrumentenkiste und den Proviant. Wir wollten, südlich vom (ampanario hindurchfahrend, den „Kreuztrichter‘ am Eingang des Armes von Puerto Blest erreichen, bevor der lästige Föhnwind wieder öbe. Anfangs ging alles gut. Das Boot machte seine erste Fahrt. Wohl war es stark beladen, man durfte den frischen Senten auch _ jugendliche Tragkraft zutrauen. Im Boden zeigten sich einige Un- _ dichten, von Astlöchern herrührend. Wir legten wieder an und schnitten rasch einige Bambuskiele, um den Schaden zu stopfen. Dann weiter. h Es dunkelte, aber doch war’s eine helle Nacht. Der Mond wies auf der leicht flimmernden Wasserfläche den Weg. Gespenstige Baum- ninen reckten vom Ufer der Peninsula de San Pedro ihre verdorrten Äste gleich wehklagenden Armen ins Silberlicht hinein, und gegen- _ über auf der Südseite ruhten hohe Berge in mattem Schimmer. Das Nordufer mit seinen dichten Zypressenwäldern schien geisterhaft _ schwarz im Schatten der Mondnacht. Gleichmässigen Taktes knarrten _ die langen Ruder in den noch rauhen Zapfen, und lichtgrüne Perlen träufelten wie ein Diamantregen aufleuchtend ins Wasser zurück. Eine schmälere, seichte Stelle. Binsen rascheln am Bug, der Boden schleift. „Ninos, al agua!“ befiehlt der Steuermann, und bald : sind wir wieder flott und gleiten in der zweiten der perlschnurartig sieh aneinanderreihenden Tres-hermanas-Buchten rüstig dahin. Ab und zu klatscht eine flache Welle vorn ans Boot. Wolken sind da _ wd ziehen als dunkle Schleier rasch am Mond vorüber. Aber er versichert uns gleich darauf wieder seiner liebenswürdigen Gegenwart. Jetzt verengert sich auch die zweite Bucht zu einer wilden Fluss- Passage, kaum 10 Meter breit auf 100 Meter Länge. Morsche Baum- leichen sperren die Ausfahrt. Wir zwängen uns’ durch und erreichen den Eingang des noch unerforschten Südarmes ‚des Nahuel-Huapi, der sich endlos in hohes Schneegebirge hinein als dämonisch gähnender Nächtlicher Rachen verliert. : Mitternacht. Wir fahren vor schwarzer Leere. .... Plötzlich pfeift's um die Ecke vom Westarm her. Jagen. Der Mond macht nicht mehr mit. Wellen brausen ei höher, bis über meterhoch, eine nach der andern schwer beladene, tiefgehende Boot hinein. Wir schöpfen aus Leibes- “räften mit Teekessel und Hüten. Die Ruderknechte geben ihre Nöchste Kraft aus. Ich helfe am Steuer, das der starke Tauschek "icht mehr allein zu meistern vermag- ug Mühsam wird abgewechselt. Stunden verrinnen. Wir käm a ee Die Wolken daher, hoch peitscht ins pfen, 494 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 199 : verzweifelte Zwerge gegen die entfesselten Elemente. Und immer noch sind wir mitten auf dem grossen Wasser, im Kreuztrichter, wo wir ja eigentlich hinfahren wollten, und drücken mit den letzten Kräften das Fahrzeug nordwärts, einer dunklen Bergsilhouette zu Tauschek erspäht eine Felseninsel, die plötzlich als schwarze Wand vor uns aufsteht. Es gelingt, sie zu hinterfahren und in ihrem Schutze das rettende Nordufer zu erreichen. Spielend lenkt er mit einer Hand das Steuer, die Knechte lassen erschöpft die Ruder hängen, Worte lösen den Bann stiller Angst, und nach 500 Meter ruhigen Treibens setzt uns der draussen tobende See sanft auf kiesigen Strand ab. Rings von steilen Felsen umgeben, bietet die Bucht doch soviel Raum, dass wir das Boot samt dem Tiefenlotungsapparat bergen können. | Gelobt seien alle indianischen und christlichen Heiligen ! Lustig loht das Lagerfeuer in die Nacht hinauf. Hurtig wird das Zelt auf- gespannt. Es ist drei Uhr morgens. Wir legen uns schlafen, so gut es geht. — MS i Die nächtliche Fahrt aber bleibt eingegraben im Herzen, wie die tief eingebrannten gotischen Buchstaben am Bug des Schiffes. Puerto Grethi heisse ich fortan die rettende Felsenbucht am Nord- westende des Armes von Puerto Blest, dem treuen Boot zu Ehren und ihr, deren Namen es trägt. Wären wir da nicht noch rechtzeitig untergekommen, dann musste uns der Sturm in den weit nach Osten sich öffnenden, anderthalb Stunden breiten Endarm des Sees hinaustreiben, und wir hätten noch über 30 Kilometer weit schwimmen können, oder — wahrscheinlicher — untergehen. IV. Tiefen-Quer- und Längsprofil bei Puerto Moreno. Am 17. Februar 1898, nachdem ich inzwischen einen Abstecher westwärts zum Cerro Tronador gemacht und wieder an den Nahuel- Huapi zurückgekehrt war, begünstigte endlich eine spiegelglatte See fläche die Aufnahme eines Tiefen-Querprofilesan der breitesten Stelle, von Puerto Moreno nach Nordosten. Auf eine Strecke von 7's Kilometer wurden, an der Insel von Huemul vorbei, . 14 Lotungen vorgenommen. Die Punkte sind in Fig. 3 mit den Buche 4 staben A—O eingetragen, samt den zugehörigen Peilungen nach dem 7 290 Meter über den Seespiegel sich erhebenden Porphyrkegel de 3 Campanario, nach der Südspitze der Isla Grande und nach dem Ost- ende der mittleren Insel östlich Huemul. Die Richtungszahlen beziehen Jahrg. 64. L. Wehrli. Tiefenmess. im Lago Nahuel-Huapi. 495 sich auf einen 360teiligen Kompass mit Nullpunkt Nord, über 90 (Ost) zu 180 = Süd. Das gute Zusammentreffen dieser Peilungen ergab einige Korrek- turen zu der nach Morenos Karte vergrösserten topographischen Unterlage. So musste das Südende der Isla Grande um einen Kilo- - meter nach Süden verlegt, das ganze Südwestufer um ebenso viel a Br R DE SAN PEDRO Cerro Campanarıo RR wen N N ca. 1000” RL N N N PENISLA ImWE 1 (098) [ lasa depiedra Puerto Morem| 4 N Cristian (Die undenannten Zahlen bedeuten Kompass /- | Visuren ) ° ' a 3 4 5 Kilometer Fig. 3. Nach Norden geschoben und der Campanario 2 Kilometer ostwärts "ersetzt werden. Unsicher bleibt noch die Lage von Casa de Piedra d des dortigen von Westen eingreifenden Buchtendes. Als Deklination ist die am 9: Februar 1898 von Ingenieur Lehmann durch Bestimmung der Mittaglinie für Puerto Blest Itene Zahl 17°34° E (rund 17'/°) zu Grunde gelegt. Nebenbei t: die ordentliche Zunahme dieses Betrages erleidet am Üerro Onador (wahrscheinlich infolge seiner magneteisenhaltigen Basalt- Massen) eine Störung; Lehmann bestimmte am Nordfuss dieses auf 496 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Granitsockel aufgesetzten, vergletscherten Vulkans (3400 m) Mitte Januar 1898 anlässlich der Absteckung einer trigonometrischen Basis- linie die Deklination mit 16°50’ E, und Ende Dezember 1897 noch weiter westlich, am untern Ende des Lago de todos los Santos in Chile (72° 25 w. Greenwich) mit 17°0’E. Das vor Puerto Moreno gelotete Tiefen-Querprofil durch den Nahuel-Huapi ist in Fig. 4 dargestellt; oben in fünffacher Überhöhung, unten im gleichen Längen- und Höhen-Maßstab. Es wurden von Süd- west nach Nordost fortschreitend folgende Tiefen gefunden: ab Puerto Moreno a BRD Eis, 8. 0 1. .K LE M A G 59, 77, 55, 119, 34, — 106, 179, 190, 183, 201, 191, 93, 58, 35 Meter Tiefe. “ab EiBE. E60 J K L MNG EAN i ET Me: : u m : ; Mg En 200” EZ, TIEFE: SS IT SS mp 34 memg we 103 201 .qı 9 5835 METER Fa [} — nn 1 EH / 7 a ee 500 2 : 2 3 ° 5 Kilam Sw Längen - Maaßstab NE Fig. 4. Das Seebecken hat also im Verhältnis zu seiner gewaltigen Flächenausdehnung eine geringe Tiefe und eine sehr einfache, flache Bodenkonfiguration. Damit gleicht es vollauf unsern schweizerischen Alpenseen (Urnersee: Maximaltiefe genau 200 m). In der Folge bestimmte ich, am 8. März 1898, von einer 12tägigen Zweigexpedition nach Junin de los Andes neuerdings zum Nahuel- Huapi zurückgekehrt, noch durch 5 Lotungen ungefähr in der See- mittellinie vor San Carlos-Tauschek, ein Tiefen-Längsprofil ‚in west-östlicher Richtung. Fünf Lotungspunkte wurden wiederum durch Peilungen festgelegt und mit dem Richtungsnetz des Quer- profiles von Puerto Moreno zusammengehängt. Die Punkte liegen auf etwa 3 Kilometer Gesamt-Längserstreckung ziemlich gleichmässig aus einander. Es ergaben sich folgende Tiefenzahlen, von Westen (immer hin beträchtlich östlich der Querprofil-Lotungslinie) beginnend: W San Carlos: N Tauschek: West 4=- 208, -210,.:207,::189. 151: Ost . Meter Tiefe. ; Dies Resultat bestätigt die Ebenheit des Seebodens und eim® BEER 38%; Jahrg. 64. L. Wehrli. Tiefenmess. im Lago Nahuel-Huapi., 497 gleichmässige, relativ geringe Tiefe von rund 200 Meter auch in der Längsrichtung dieses grössten, untersten Seeteiles. In den folgenden Tagen beging ich noch die Terrassen, Moränen, Trachyt- und Porphyrberge am Südufer (Lago Gutierrez war schon _ den interessanten See, Limayabwärts reitend, um den noch ver- 4 bleibenden Sommerrest dem Studium der Wasserscheidenverhältnisse am Lago Lacar zu widmen. = v. Seetemperaturen, Transparenz des Wassers. Bemerkungen | zur Frage der Entstehung des Nahuel-Huapi-Sees. Wiederholt wurden die Seetemperaturen gemessen, bei ver- - schiedenster Witter ung und demgemäss veränderten Lufttemperaturen. Hier die Zahlen: e. : Ort Luft: Wasser: Ei, in Er 7'/,;h am an Blest 12',0G: 8 °C (nahe Bacheinmünd.) —31.XI1. 1897, Ss! „ha 141,0C 10',0C (ca.300m vom Land) 1 ame = ..10 0 G.(ca.2000m vom Land) . 1898,12 hm Puerto Moreno 18 °C oG : 1898,11 ham „ & 8 °C FAR c (hoher Wellengang) . 1898,11 ham ; 11 °C 12 °C (See stürmisch) 5/,hpm „, ; „ee °6 22.1808 7. ham a r 10'5° GC 11'/,9 C (schönes Wetter) 8.1. 1898, 7 ham Puerto Grethi 11 °©G 11 °G (vorher gewaltiger Nachtsturm) 9% 1. 1898, 8'!/,h am 9,06 11 °C “ pm Arm v..Puerio Blest, 14 °C 101,0 5 Nordufer 3. 1. 1898, 1 10'/,h am Puerto Blest 13'/,0C 9,9 C (naher Bach 7'/,°) IT. 1898, 9 ham Isla Huemul‘ - 181,00. 111,0 Bil. 1898, 7. ham Casa de Piedra 12 0 (stille Bucht) Eine auffällige Gleichmässigkeit herrscht in diesen Wasser- mperaturen, die einzig gegen Westen, wo direktes Schneewasser Mirinnen kann, etwas niedriger erscheinen. Das grosse Becken mit | _ Seinem ewigen Wellengang scheint im übrigen ausgleichend zu wirken. h verhalten sich auch andere, weitaus kleinere Seen dieses Gebietes, Soweit ich im Vorbeigehen ihre Wassertemperaturen messen konnte, Ungefähr gleich. So: a Laguna de los Clavos, 9.1. 1898, 6 hpm, 11Y%° © y (Luft 61.‘ 1150 m über Meer, am Übergang von Puerto Blest nach Casa Pangue). _ Lago de todos los Santos, 26. I. 1896, 11'/. h am, 11'/29 C it 16%s°) (Chile, 180 m über Meer). Der südlich vom Nahuel-Huapi in wildem Gebirgsabschnitt legene : 33 Vierteljahrsschrift d, Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 498 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919: 3 Lago Gutierrez dagegen hatte am 15. II. 1898, 3 h pm eine Wassertemperatur von 17!/s° C (Luft 19,5 °). Endlich seien noch zwei Versuche erwähnt, die Durchsichtig- keit des Seewassers im Nahuel-Huapi zu bestimmen. Anlässlich der Auslotung des Querprofiles vor Puerto Moreno am 17. 1I. 1898 fand ich sie zu 12 Meter (wo ein in weisses Tuch gewickelter Stein eben noch sichtbar war), im Längsprofil vor Tauschek am 8. III. 1898 sogar zu 14 Meter, und am Ausfluss führt der Rio Limay auffallend klares Wasser. Der Beurteilung der Entstehungsfrage des Sees müssen einige kurze Bemerkungen über die Geologie der Ufergebiete vorauf- gehen. Vom Campanario übersieht man aus fast 300 Meter Höhe die meisten Arme und den ganzen Kranz der umgebenden Berge bis nach Chile hineih und weit in die Pampas nach Osten. Die westlichen ‚fjordartigen Arme liegen meist in klotzigem Granit; nach Süden und am Campanario selbst liegt eine farbenreiche Porphyrlandschaft ; gegen San Carlos fällt ein mächtiges Schichtengewölbe aus Sandstein mit zwischengelagerten Porphyrtuffen und kohligen Pflanzenmergeln (Mono- und Dikotylen) auf. Allem hat bis ca. 800 Meter über See- spiegel eineehemalige Vergletscherung den einheitlichen Charakter der Rundhöcker-Landschaftmit flachen Seewannen aufgeprägt. Es ist ein Grimselpass-Bild in enormer Vergrösserung ! Das ist neben der unermesslichen Pracht des vielgestaltigen Wassers das Imposanteste an diesem unsäglich schönen Panorama. Südöstlich, gegen Bernal, zieht eine 2!/% Stunden breite Senke zur Pampa hinaus. Das muss der frühere, jetzt durch 100 Meter hohe Moränenwälle verbarrikadierte Ausgang des Seebeckens gewesen sein. Höher gelegenes Erraticum und Terrassenlinien weisen ferner auf eine . Doppelung der Gletscherzeit hin. Heute zwängt sich der Limay bei Zavaleta durch einen Moränen- kranz, durchwässert in vielen Serpentinen und grosse Inseln umarmend einen weiteren alten Seeboden mit hohen Uferterrassen und findet schliesslich durch jungvulkanisches, moränenfreies, mit grotesken Wüstenformen verwitterndes Gestein in tagereisenlangen Schluchten und Stromsehnellen einen (postglazialen) Ausweg nach Norden. Ich muss für die Einzelheiten dieser Verhältnisse auf spätere Darlegungen in meinem Anden-Hauptbericht verweisen, kann mich aber des Eindruckes nicht erwehren, dass der ganze grosse, flache See glazialen Ursprungs sei, was mir hoffentlich Meister Heim nicht übel nimmt. ee Verzeichnis der Publikationen von Albert Heim. Zusammengestellt auf seinen 70. Geburtstag, den 12. April 1919. Im nachstehenden Verzeichnis sind weggelassen: Alle von Prof. Heim verfassten Schriften rein geschäftlichen oder organi- satorischen Charakters, wie Statuten, Reglemente, Protokolle, - Jahresberichte, Aufrufe, Fragenschema ete. der Kommissionen der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (Gletscher-, Erd- beben-, Schäflistiftungs-, geologischen, Kohlen-, Flussgeschiebe- etc. Kommission), ferner der schweiz. geologischen Gesellschaft, des Feuerbestattungsvereines und einer Anzahl anderer Gesellschaften | und Kommissionen, sowie die meisten nur für den momentanen Gebrauch gedruckten Gelegenheitsschriften verschiedener Art. Das Verzeichnis ist für Schriften geologischen Inhaltes annähernd voll- ständig, für solche andern Inhaltes dagegen konnte Vollständig- keit nicht erreicht werden. | I TR ME A BEE Te a A a Te ee FETTE, A Een AB E TE > = x # E in ee Die Nennungen sind in folgende Abteilungen gruppiert worden: 1. Reliefs und Panoramen. 2. Grössere geologische Werke. 3. Kleinere geologische Publikationen einzeln oder in Zeit- schriften. Publikationen betreffend Erdbeben. Geotechnische Arbeiten, Gutachten. Andere naturwissenschaftliche Publikationen. Kynologie. es | Feuerbestattung. Biographien, Reden, etc. » osnsoonm 500 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 199 Es werden folgende Abkürzungen gebraueht: V.Natf.G.Z. = Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Verh.S.N.G. = Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (S.N.G.) = Comptes-Rendus de la Societe helvetique des Sciences naturelles. 8.A.C. = Free -Club. Arch.G. = Archives des Sciences physiques et naturelles de Geneve. N. 2.2. = Neue Teiche: Zeitung. 2.D.g.G. = Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft, Berlin. Ref. = Referate, meistens Autoreferate. 1. Reliefs und Panoramen. 1866 Reliet der Sure 14.25 000, x 44 em (Schulausstellung Kan- tonsschule Zürich). ‚1866 ee vom Zürichberg, nach der Natur aufgenommen und '. in Stein gestochen (später für einen höheren Standpunkt am Zürich- berg ergänzt von X. Imfeld). Länge 166 cm. Zürich, Cäsar Schmidt. 1867 Panorama von der grossen Mythe. Länge 205 em. Verlag der A gesellschaft in Schwyz. 1868 Panorama vom Stätzerhorn. Länge 222 cm. Chur, Hit 1868 Panorama vom Pizzo Centrale oder Tritthorn (St. ee, mit er- läuterndem Text. Länge 260 cm. Besitz der Familie Lombardi, Hotel Prosa, St. Gotthard. 1869 Panorama vom Ruchen-Glärnisch, Länge 306 cm. Eigentum der Sekt. ‚ Tödi des S.A.C. (II. Aufl. siehe unter 1894). 1869 Ansicht des Reihe und Panorama vom Pizzo Centrale. Artistische Beilage zu Jahrb. V, S. A.C. 1868/69, mit erläuterndem ext ebenda, p. 642 — 1870 RR vom Suphellatjeld i in Norwegen. Länge 245 em. Artistische u zu 1 Jahrb. IX, 8. A. C. 1873/74, mit erläuterndem Text ebenda, 8 1871 ie Aipen er ihr Vorland, Rundsicht vom Gipfel des Säntis. Länge 444 cm. Eigentum der Sekt. St. Gallen des 8. A.C. wi Einigen über Panoramen. Jahrb. VIII, S. A. ©: 1872/73, p. 361—381. Ueber das «Alpenpanorama vom Pilatus> und «Gebirgsaussicht auf dem ee bei Zürich» von Xaver Imfeld. N. Z. Z. Nr. 310. (Be on). 187888 Cl aee Typenreliefs (in viele Eabesaninlungen verbreitet). Verlag Wurster & Cie,, Zürich. Nr. 1: Vollständiger Gletscher samt erratischen Ereebein 118.000, 62 X 40 cm. Mit Erläuterung. Nr. 2: Vulkanische Insel 1 : 10.000, 70 x 50 em. Mit Erläuterung Nr. 3: Steilküste und Dünenküste 1:3000, 70 x 50 © it BER) läuterung. Nr. 4: Talbildung durch Erosion (Gebiet eines Wildbaches) 1::10.000, 62 X 40 cm. Mit Erläuterung. . _ganersee, (mod: nn. von F. Becker), 1 Geo. Institut, Züri i Geologische Bee nach A. Escher, A. Baltzer und €. Mösch Jahrg. 64. Verzeichnis der Publikationen von Albert Heim. 501 Geologisches Relief Nr. 5: Profilrelief der Säntisgruppe, auf Siege der geol. Karte von A. Escher in 30 Profilen dargestellt, 1:25.000, 135 X 55 cm. Mit Erläuterung. Geidoamchen Relief Nr. 6: Relief des a er vom Elm 1:4000, nach eigener Messtischaufnahme. 72 X 46 cm. Mit Er- läuterung. Imfelds Relief der Zermatterberge 1:25000. Jahrb. 2 By BR 1879/80 p. 574— Aussicht von der Höhe des Diavolezzapasses. Artistische Beilage zu Jahrb. XV, S. A. C., 1879/80. Geologische Bearheitung des Reliefs des Se el asien von Fr. Becker), 1 : 25000, 190 X 140 em. Geol. Institut Zürich. Bericht über Unsihorimiien (Bölietwesen). Schweiz. Landesaus- stellung: Spezialbericht der ana -... und Prof. Rebstein. 10 pp. median. Zürich, Orell Füss Gebirgsansicht von Villars sur Oro, Aufgenommen während den Reden der Präsidenten Grob und Rambert an der Generalversamnlg. des S. A. C., 13. Re 1885. Artistische Beilage zu Jahrb. XXI, S. A. ’O., 1885/86 Qnaipamorama von. Zürich, im Auftrag der Quaidirektion a n Stein gestochen, a) vom Quaihügel Enge, b) vom ne c) vom Zürichhorn. Länge 125 cm. Druck und Kom- mission Hofer Cie., Zürich. Geologische Bearbeitung des Reliefs der Umgebung des Vierwald- stättersees (modelliert von X. Imfeld) 1 : 25.000, 210 X 144 em. Geol. nstitut, Zürich Geologische Beneteitunnn mit J. Früh des Reliefs von Zürich und mgebung, 1 : 40.000, 54 X 54 cm. Geol. Institut, Zürich. Geologische Bearbeitung mit C. Burckhardt, nach den Aufnahmen von Fellenberg, Baltzer und Mösch, des Reliefs der Finsteraarhorn- gruppe (modelliert von S. Simon), 1 : 10000, 360 X 180 cm in 3 Sektionen. Geol. Institut, Zürich. Geologische Bearbeitung mit J. Früh, nach der Karte von A. Aeppli, es Isohypsen-Reliefs des Gebietes zwischen Zuger- und Zürichsee, 1 : 25000, 483 X 69 cm. Geol. Institut, Zürich. Parähin vom Ruchen-Glärnisch, Länge em. II. Aufl. mit re- vidierter Hehe Artistische Beilage zu Jahrb. XXIX, S. A. C. 1893/94. I. Aufl. siehe unter 1869. i : Geologische Bearbeitung nach den Au fnahmen von Favre, Renevier, Lugeon und Schardt, des Reliefs der Dents du Midi (modelliert von ). Graff, A. Hausammann und J. Vaucher), 3 : 50.000, 75 X 75 em. _ Geol. Institut Zürich, und eine geol. Universit6 Lausanne. Offener Brief an den Tit. Vorstand und an die Mitglieder der Sektion . Uto des $. A. C. (betr. Belieipröjekt und Relieffrage). 12 pp. & elbstverlag RD tes um IEREG Lu- Relie s des (rebie erehieu Behrbeitung: eines 95 000, 100 X 70 em. 1900 1914 1914 1915 1878 1885. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Reliefs der Titlis- ed RER, von X. Imfeld), : 25000, 62 X 140 cm. Geol. Institut, Züri nliar der Aipkäiverian” des Säntis, nach de enen Aufnahmen im e - Terrain modelliert und landschaftlich und geologisch ausgeführt, 1 : 2500, 55 X 85 em. Geol. Institut, Zürich. ae vom Alkoholfreien Kurhaus auf dem Zürichberg, 635 ın M., aufgenommen im Sommer 1901. Länge 171 cm. Selbstverlag. Relict des Jura von Moutier und Umgebung, EL, und zugleic landschaftlich bearbeitet, 1:10000. 104 X 112% cm. Geol. Institut Zürich, und andere Institute. Relief des Säntis. Nach eigenen Beobächimmgen landschaftlich und Be nech: dargestellt unter Mitarbeit von €. Meili, vollendet 1903. 1 ‚185 X 192 cm. Erläuterungstext mit Abbildungen, Selbst- St. Gallen; nn Museum London; Hofmuseum Wien; Alpines Mu- seum Münch Das Relief. ee ee bei Gelegenheit der denen des Säntisreliefs in 1 : 5000 das Naturhistorische Mus in St. Gallen, 8. Januar. Jahrb. Nakde. Ges. St. Gallen 1903, p. 358.378. Das Gebirgsrelief. Compte-Rendu du Congrös g&ol. internat., 9me ses- sion, Vienne, 6. Relief des Säntis 1: 5000. 3 Figuren und 2 Profile. Mitt. der Sektion für Naturkunde des Oesterreichischen Touristenklub (Wien), XVI. Jahrgang, Nr. 3, p. 13—18, Relief des Pilatus, landschaftlich bearbeitet von Carl Meili, geo- logisch bearbeitet (nach Buxtorfs Aufnahmen) von A. Heim, mo- delliert von X. Imfeld, A. Heim und C. Meili, 1 : 10.000, 125 X 85 em. Verlag von A. Heim und A. Buxtorf. (Landschaftl. Exemplar im Gletschergarten Luzern). Relief des erregen modelliert und: 1. geologisch bear- beitet in 1: 4000, 66 X 45% « . 2. Dasselbe landschaftlich bearbeitet hein-Bodensce», ausgestellt im Heimatmuseum St. Gallen. Begleitworte zum Tödipanorama von Albert Bosshard, Blatt III und IV., Jahrb. L, S. A. C., 1914/15, p- 325—330. 2. Grössere geologische Werke. Untersuchungen über den Mechanismus der Gebirgsbildung im AR schluss an die geologische Monographie der Todi-Windgällengruppe- Band I, 346 pp., Band II, 246 PP-; Atlas 17 Tafeln (4°). Basel, Benno Schwabe. Handbuch der Gletscherkunde. Bibl. geogr. Handbücher, heraus“ gegeben von Prof. F. Ratzel. XVI + 560 pp. 8° mit 2 zun huge einer Karte. Stuttgart, ge rn. Jahrg. 64. Verzeichnis der Publikationen von Albert Heim. 503 na XIV Altdori-Chur der geologischen Karte der Schweiz in 1 0, Be 1871—1883, herausgegeben von der Geol. Kom- mission der S. N. G. («Beiträge»). . Emm. de Marzarie 5 IE DEE Les dislocations de l’&corce terrestre. Essai de definition et de nomenclature. Die Dislokationen der Erd- rinde. Versuch einer Definition und Bezeichnung. Text deutsch und französisch, Synonymie deutsch, französisch und englisch. Heraus- gegeben von der Stiftung Schnyder von Wartensee VIII + 154 pp. 8°, 110 Figuren. Zürich, Wurster & Cie. Geologie der Hochalpen zwischen Reuss und Rhein. Text zur geo- logischen Karte der Schweiz, 1: . Beitr. zur geol. Karte der Schweiz, 25. Lig. XX + 503 ur 7 Tafeln. Geologische Karte der Schweiz 1:500000, bearbeitet von .. und ©. Schmidt im Auftrage und herausgegeben von der Een - Kommission der S. N.G. 47 X 68 em. Bern, Francke. II. Aufl. 1911. Das Säntisgebirge. Mitarbeiter: Dr. Marie Jerosch, Dr. Arn. Heim und Dr. Ernst Blumer. Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, n. F. 16. Lfg., Bd. 1, X + 654 pp., 1 Taf., 120.Fig.; Bd. 2, Atlas, 32 pp., 2 geol. Karten in 1 : 25000, 39 Tafeln und zoologinche Karte spare Nr. 38) in 1 : 25.000, 75 X 50. cm. J. Oberholzer und ..... Geologische Karte der Glarneralpen, 1:50000, 66,9 X 62 cm, aufgenommen 1900— se Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, Spezialkarte schienen in 7 Lfgn. XX + 704 pp., gr. 8°, 29 Tafeln, 126 Textfiguren. Leipzig, Chr. H. Tauchnitz. (Bd. II, Alpen, im Druck 3. Kleinere geologische Publikationen, einzeln ir oder in Zeitschriften. Ueber Gletscher. 1 Taf., 17 Fig. Poggendorfs Annalen der Physik (Leipzig), Ergänzungsband V, p. Ueber Korrektion von Gebirgsgewässern. 8 Fig. Jahrb. V 1869/70, p. 329-349. een für die Gletscher-Reisenden des S. A. C. 3 Taf., 40 pp. 8° Bern, Dalp. Auszüge aus dem Reisetagebuch: 1. Der ee in Norwegen. V. Na 11.:G:2, 112—116. 18.0: Workoez. 2. Wirkungen der 16. Jahrg., 2. H., —® 1 5 | l Eine zn einfache Bruchfläche. (Ref.). V. Natf. G. Z., 16. Jahrg., 2. H., p. 140-141. Notizen aus den ea Untersuchungen f. Blatt XIV der eidg. Karte. 1 Taf. V. Natf. G. Z., 16. Jahrg., 3. H., —262. r | Blick auf die Geschichte der Alpen. Vortrag. 1 Taf. Verh. 8. N. 6. 54. Vers. Frauenfeld, p. 155—177. 2 Was ist und will Geologie, ihr Ziel, ihre Forschungsart und ihre _ Resultate. Vortrag. 32 pp. 8. Zürich, Cäsar Sc “= Aus der Geschichte der Schöpfung. In: «Oeffentl. in der Schweiz> (Basel), Bd. V, H. 7, 41 pp. hmidt. insg gehalten 1873 1874 1876 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Auszüge aus dem Reisetagebuch. 3. Ueber [in Nor- wegen]. 1 Taf. V..Natf.'G. Z., 17. Jahrg., 1 H., p. Geolog. Uebersicht der Windgällen- Esdieranme, 1 en Ih vJ, S. A. C. 1871/72, p. 385—414. [Notiz über die Politur von Gesteinsblöcken durch Vieh]. Alpenpost (Glarus), Bd. II, Nr. 3, p. 44. Einige Worte über das Observatorium am Vesuv. Alpenpost (Glarus), Bd. III, Nr. 5, p. 58—60. Der Vesuv im April 1872. 4 Taf. 2. g.G. Bd. XXV, H. 1, 1-22. Der Ausbruch des Vesuv im April nn "Mit einer allg. Einführung in die Erscheinungen der Vulkane. 4 Taf. 52 pp. 8°. Basel, Schweig- hauser. Ueber Demonstrationsmittel im geolog. Unterricht. V. Natf. G. Z,, 18. Jahrg., 1 H., p. 63—64. Ueber den iekehergakens in Luzern. 1 Taf. V.-Natf. G. 2, 18,3 rg., 2. H., p. 153—160. Lagerungsverhältnisse zwischen kristallinischem Schiefer und Se- diment in den östlichen Schweizeralpen. Verh. $. N. G., 56. Vers. Schaffhausen, p p.- 88—91. Arch. G. 2e per., t. 48, 7: 63. Ueber die Theorie der Gletscherbewegung. Jahrb. VIII, S. A. C. ee Pp- 330360. Ins Schwedische übers. von A. E. Törnebohm in «Geol. Föreningens> (Stockholm), Bd. ‚ P- 257. Ueber den jetzigen Stand nz Theorie der lekachörkerregunk (Ref.). Alpenpost (Glarus), Bd. V, Nr. 9, p. 136. Stand des cn Jahrh. IX, S. A. C., 1873/74, p. 558—559. ar einen Fund aus der Rentierzeit in der Schweiz. 1 Taf. Mitt. r Antiquar. Ges. ade: Bd. XVIII, H. 5, p. 125—138: i Vorläufige gr über die Höhlenfunde in Thayngen im Kt. Schaffhau V. Natf. G. Z., 19. Jahrg., 1. H., p. 87-88. Die Aunerolningeh im Kesslerloch bei Thayngen. Vortrag. Alpen- post (Zürich), Bd. VI, Nr. 14, p. 196-199 und Nr. 15, p. 207—209. Schlammführung der Sihl n Bu [Kleine Notiz]. Alpenpost (Zürich), Bd. VII, Nr. 12, Einiges über die ne der Berge. 2 Fine 35 pp. Neujahrsbl. LXXVI herausgeg. von der Natf. Ges. in Zürich auf das Jahr 1874. Zürich, Zürcher u. Furrer Ueber die Schliffe an den Porphyrbergen von , Hohbe urg. N. Jahr £. pers Geol. und Pal. (Stuttgart, Schweizerbart), Jahrg. on —95: 9. sin über den gegenwärtigen Stand der Frage, welchen ‚An-'.; teil die Gletscher bei der Bildung der Täler gehabt haben. V. Nat. . Jahrg., 1. und 2, H,, Ueber die Entstehung der alien und vo vorzugsweise ua die mechan. Ursachen. (Ref.). V. Natf. G. Z., 21. Jahrg, 3. H., p. 2977-29. Die ersten Spuren des Menschen in Mitteleuropa. ER über die Pate der & Gall. naturw. Ges. während des Vereinsjahres 1875 — Der Urmerse ee die ersten Vermessungen der Seetiefe]- N. Z. Z. Nr. 36 und 38, Jan Jahrg. 64. . Verzeichnis der Publikationen von Albert Heim. 505 Itinerarium für das Exkursionsgebiet des 8. A. C. von 1876/77: Tödi- Sardona-Kärpf-Gruppe. Jahrb. XII, S. A. C. 1876/77, p. 277— Separat bei Zürcher u. Furrer, Zürich; französ. Ausgabe Imprimerie Bomant, Genf. Vortrag über den Mechanismus der reg bei der Ge- birgsbildung. (Ref.). V. Natf. G. Z., 22. Jahrg., 1. H., p. 115—116. Mitteilung I den Kölner Dom Br seiner Gesteine). tf. 22. Jahrg., 4. H., p.. 418—420. Deber a ne und Faltung der Erdrinde. Eine kurze Zu- sammenfassung der wichtigsten Resultate aus dem Werk «Untersuch. über den Mechanismus der Gebirgsbildung>. 33 pp. 8°. Basel Vortrag über Talstufen und Terrassen in den nn (Ref. > V. Natf. G. Z., 23. Jahrg., 3. H., p. 277—278. Verh. S. N. G, Bes Bern, p. 86—88. Ueber die Entstehung der Zentralmassive. Verh. 8. N. G. 61. Vers. Bern, p. 215—217. Bemerkungen zur Karte des Klubgebietes. Bl. 400, 401, 404 und 405 des eidg. Atlas in 1:50000. Jahrb. XIII, S. A. C. 1877/78, p. 403—421. _ Ueber die Karrenfelder. 2 Abbildg. Jahrb. XIII, S. A. C., 1877/78, p. 421—434. ‘ Erläuterungen zu den Abbildungen Brigelserhörner, Tödi, Düssi- stock. Jahrb. XIII, S. A. C., 1877/78, p. 569—573. ‚Gipfelgesteine. Jahrb. XIII, S. A. C., 1877/78, p. 573—575. 8 Briefl. Mitteilung an Herrn Beyrich, Antwort auf Bemerkungen von Studer. [Ueber die Tödi-Windgällen-Gruppe]. Z. D. g. G., Bd. XXX, H. 4, p. 678-680. Ueber die Erosion im Gebiete der Bien Mit Profiltaf. und Karte in 1:100000. Jahrb. XIV, S. A. C., 1878/79, p. 371—403. Ueber die Verwitterung im Gebirge. 1 Taf. 40 pp. BR «Oeffentl. Vorträge, gehalten in der Schweiz» (Basel), Bd. V, H. Zu J. Müller-Wegmanns Ansicht vom Kistenpass, Jahrb. siV. 8. A. 0. 1878,79, p. 541— Vorweisung eines 22 kg schweren Rauchquarzkristalles aus dem Etzlital mit Wachstumshemmungen. V. Natf. G. Z., 25. Jahrg., 4. H., “P. 417-418. Die Seen des Oberengadin. Jahrb. XV, S. A. C., 1879/80, p- 429—436. «Die Dolomitriffe von Südtirol und Venetien> von Ed. 2” Mojsisovies. Neue Alpenpost (Zürich), Bd. XI, Nr. 6 p. 47—48, Nr. 7 p. Ten Nr. 8 p. 61-62, Nr. 9 p. 70—71, Nr. 10 p. 79-80. Zum «Mechanismus der Gebirgsbildung». ERBE auf F. Pfaff und F. M. Stapff.] Z. D. g. G., Bd. XXXII, H. 2 p. 262— 29. n Die Glarner Doppelfalte. Briefl. Mitteilg. an Drat. Suess. a 159. ‚Verh. der k. k. geol. Reichsanst. (Wien), Jahrgang. 1880, p. 1 EN Ueber die Glarner Doppelfalte. Verh. der k. k. geol. Reichsan u. Vorträge zohalten in der L:B; 1881. Denksehr. von E. Buss zu 0 u. . Sept einer Karte 1881 1882 1882 1882 188 59) 1882 1882 188 10) 1883 1883 1883 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. des Bergsturzes von F. Becker und ..... ‚ einem Profil von... ., einer Planskizze von Elm von A. Buss, einer lithograph. Ansicht von J. Hofer und Lichtdruckbildern nach Photogr. von J. Ganz. 163 PP-, klein 4°. Zürich, Wurster u. Cie. ; Ueber die jetzige Erklärung der scheinbaren Lücken in der geolog. ne der organisierten Natur. (Autoref.). V. Natf. G. Z., ‚1. H., p. 106— Projet d’ nero da procedös graphiques dans les cartes ge&olo- giques, ler accessit («sit imago speculum veritatis>) au concours ouvert par le Comite d’organisation du 2e Congres g6ol. internat. a Bologne en 1881. 4 planches en couleurs. Compte-Rendu 2e session Congr. geol. internat. ä Bologne 1881, p. 281-339. Die Glarner Doppelfalte, mit tn Frövein der schweiz. geol. Ges. V. Natf. G. Z. 27. Jahrg., 2. H., p. 180—188. Arch. G. 3e per. t. 8, p. ae i Anmerkung über zwei Diamanten von Patagones ei den ammlungen des eidg. Polytechnikums geschenkt von Dr. n usser rg Notizen über: 1. Lagerungsverhältnisse im äh = " Glarner 2 Doppelfalte, 2, egende Umbiegungen an der Silbern, 3. fossile Fische von Diesbach. Verh. S. N. G., 65 Vers. Glarus, p: 33 und 34. pe a (avec 1 planche et 1 profil). Arch. G. 3e per., 7, p. 532—81. a 5 Berscine von Elm, 1. Tal: 2. D. ® G. Bd. XI. HL I 74—115 Briefl. Mitteilung von ..... an Herrn W. Dames über den Berg- sturz von Elm. 25. Juli. Z.D. g. G., Bd. XXXIV, H. 2, p. 435-439. Ueber Bergstürze. 1 Taf. 31 pp. Neujahrsbl. LXXXIV herausgeg- von der Natf. Ges. in Zürich auf das Jahr 1882. Zürich bei Wurster u. Cie. Geolog. Verhältnisse [von Zürich]. In: «Zürich und Umgebung>, Heimatskunde, herausg. vom Lehrerverein Zürich, p. 8—13 (8). Zürich, Fr. Schulthess Demonstration eines Profilreliefs der Säntisgruppe in 1: 25000 und Mitteilung über die u une zum Gewölbe gedrehte Mulde am Axen. V. Natf. G. Z,, 8. Jahrg., 1. H., p. 83—84. Excursion de la Soe. En Suisse en Aoüıt 1883 en gällen). Arch. G., 3e per., t. 10, p- 533—534. Propositions du Comite suisse aux commissions ee en vue de leur conförence A Zurich en aoüt 1883. Compte-Rendu 3e session Congr. g6ol. internat. ä Berlin 1885, p. 254—265. Arch 2—449. Der alte Bergsturz von Flims (Graubündner Oberland). Jahrb- XVII, S. A. C. 1882/83, p. 295309 Gipfelgesteine. Jahrb. XVII, S. A. C. 1882/83, p. 434—436. 2 Notiz über eine Beobachtung über ge (Im Protokoll nn N geolog. Sektion), Verh. S. N. G., 67. Vers. Luzern ‚ p. 59. Klönsee und Blegisee. a Aielenkarte und Profil. Jahrb. XIX. S. A. C., 1883/84, p. 567— rg. 64. Verzeichnis der Publikationen von Albert Heim. 507 Die Quellen. 31 pp. 8%. In: «Oeffentl. Vorträge, ra in der Schweiz> (Basel), Bd. VIII, H. 9. Ueber die Entstehung nn ee = Gletscherkorns. (Ref.). V. Natf. G, 2.30: Jahrg, LH, 2.97 Zur Frage der a Doppelta es: Kurs Mitteilg.]. Verh. der k. k. geol. Reichsanst. (Wien), Jahrg. 1885, Nr. 3, p. 80—81. Abnahme der Gletscher. Mitt. des Deutsch. und Oesterr. Alpenver- eins (Salzburg), Jahrg. 1885, Nr. 18, p. 208. 86 Vortrag über die Umlagerung, welche die kleinsten Gesteinsteile bei . der Gebirgsbildung erlitten haben. (Ref.). Verh. $. N. G., 69. Vers. Genf, p. 46-47. eher über die Preisarbeit: «Der Ursprung der lasst sub- alpinen Nagelfluh> (Verf. Dr. J. Früh) an die Kommiss. der Schläfli- Stiftung. Verh. 8. N. G., 69. Vers. Genf, p. 115—121. 886 Notizen über Wirkungen des ee ‚auf Gesteine. 1 Fig. ' Jahrb. XXI, S. A. C., 1885/86, p. 342— Aus dem Gebiet des alten SR und des alten Linthglet- schers, von... . und Albr. Penck. Z. D. g. G., Bd. XXXVII, H. 1, . 161—169. Ins Englische übers. von G. J. Hinde in «The geolog. Makssines (London), vol. 3, dee. 3, p. 259. Ueber er aus dem norddeutsch. Diluvium. V. Natf. G. 2., 82. Ja ‚pP. 383— Yan Enid RR Rheinfalls. Jahrb. XXII, S. A. C., 1886/87, ...p. 4995083. Vortrag über die Rheinfallfrage, gehalten am 1. April 1887 in der Sektion Uto des $. A. C. Schweiz. Alpenzeitung (Zürich), 5. Jahrg., Nr. 11, p. 104-109. Zur Klassifikation der kristallinischen Schiefer. Compte-Rendu de la 4e session du Congrös g&ol. interna t. A Londres 1888, p. 80—85. Katalog von ausgestellten Belegstücken betr. die mechan. sie. umformung bei der Gebirgsbildung, gesammelt in den Schweizer- alpen. In: Catalogue de l’exposit. geolog. (p. 12-17) du Congres g6ol. internat. a Londres, 1888, de session ' Die Quellen. Ihre Entstehung, Beurteilung und Benützung, Vortrag. Landwirtschaftl. Jahrb. der Schweiz (Bern), 1888, 2. Bd., p. 177—186. ' Lawinen und Lawinenschutz. Schweiz. Bauzeitung (Zürich), Bd. XII, ‚Nr. 8, p. 16—20. Ä Einige Worte zur RR des Clubgebietes (Gebiet der Grauen - Hörner, Kt. St. Gallen). 1 Taf. Jahrb. XXIV., S. A. C., 1888/89, ED. 2347-256. für Die Schweiz, von J. J. Egli, in Verbi along Mn: ga: r Kirch- die Geologie und R. Billwiller für die Klimatologie. hoff, Unser Wissen von der Erde, Allg. und Länderkunde Leipzig), Bd. II, 2. Teil, p. 335—418 (gross Die geolog. Geschichte des Bodens von st In: er ae Das alte Z h, Orell. Füssli), pi & ürich (Zürie er Drekandebe yre 1 S.N. 6. 73. Vers. Davos, p. 108-111. e das Gletscherkorn. Verh. Ges. im Gebiet der Bericht über die Exeurs. der Schweizer. geol. 508 ° 1891 1891 1892 ‚1892 1893 1894 1894 1894 1894 1894 1894 1895 1895 2% 18 1896 1897 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. Bündnerschiefer (Graubünden und Tessin), v. 20—26. Aug. 1890, von und chmidt. Eelogae vol. II, Nr. 2, p. 193—198. Die le des Zürichsees. 1 Tafel. 16 pp. Neujahrsbl. XCIH, herausgeg. von der Naturf. Ges. in Zürich auf das Jahr 1891. Zürich, Zürcher & Furrer. Ueber Sammlungen für allgemeine Geologie. 8 pp. folio. In: a schrift zur Feier des 50 jährigen Doctor-Jubiläums von Karl Wilh. v. Nägeli in München und Geheimrat Prof. ir nn ) v. Kölliker in Würzburg, herausgeg. von der Univers., dem Eidg. Polyt. und der Tierarzneischule in Zürich. Zürich, Albert Müller. Vorweisung eines bewegl. Profiles zur Demonstrat. der Seebildung durch Senkung der Alpen. V. Natf. G. Z., 37. Jahrg., 3. und 346 p. ; = Ueber die Entstehung der Seen. (Ref.). Ber. über die Tätigkeit der St. Gall. naturw. Ges, während des Vereinsjahres 1891—92, p. 65—66; Eclogae, vol. III, Nr. 3, p. 243—244; Arch. G. 3e per., t. 8, p. 499. Ueber die Thongesteine, in Entstehung und ihr Vorkommen. In: L. Tetmajer, Methoden und no der Prüfung der hydraul. Binde- mittel. Mitt. der Anst. zu rüfung von Baumaterialien am eidg. Polyt. Zürich (Selbstverlag. Pie ah). H. 6, Die Entstehung der en Randseen. Geol. Nachlese Be 1. V. Natf. G.. 2.,. 39. Jahrg., 1. H. p. 65-84. Ueber das ahkofote ir der Eiszeit. Geol. Nachlese Nr. 2. 1 Fig. V. Natf. G. Z., 39. Jahrg., 2. H., p. 180— Der Eisgang der Sihl in Zürich am 3. Febr. 1893. Geol. Nachlese Nr. 3.:V, Natf. G.. Z., 39. Jahrg., 3. und 4. H., p. 323—336. «Livret-guide g6ol. dans le Jura et les Alpes de la Suisse, dedie au Congres geol. internat., publie par le Comit& d’organisation en vu® de la 6° session & Zurich 1894» (Lausanne), p. 97—110. (8 Geolog. Exeursion quer durch die östl. Schweizeralpen. 1 Tat. Rendu de la 6e session du Congrös g6ol. internat. a Zurich 189%, p. 441-445. Der diluviale Bergsturz von Glärnisch- Baer Geol. Nachlese Nr. 4 1 Taf, V. Natf. G. Z., 40. Jah Be. 3,0 I: A. Rothpletz in den Glarneralpen. Geol. Bachiee Nr. 5. 1 Taf. V. Natf. G. Z. 40. Jahrg., 1. H,, p- 33—70. Nee am Walther Anthracit und einige Folge ; rungen daraus. Geol. Nachlese Nr. 6. 3 Fig. V. Natf. G. Z., 41. Ja ahrg: _ (Festschr.), 2, Teil, p 365. i Die Gletscherlawine an der Altels am 11. Sept. 1895. Im Auftrag E der Gletscherkommiss, der S. N. G. bearbeitet unter Mitwirkung on sr Herren L. Pasquier und A. Forel von. .... 3 Taf. 63 pp- ® Afmepyasg XCVIHI, herausgeg. von der Natf. Ges in Zürich auf das Jahr 1896. Zürich, Zürcher u. Furrer Galerie in Schächten und dran. Bestimmung. Geol. Nachlese Nr. 7. 4 Fig. V. Natf. G. Z., 42, Jahrg, 2. H.,p. 112-128. Y rg. 64. Verzeichnis der Publikationen von Albert Heim. 509 Die Bodenbewegungen von Campo im Maggiatale, Kt. Tessin. Geol. "Nachlese Nr. 8. 1 Taf. V. Natf. G. Z., 43. Jahrg, 1. H p- Querprofil durch den Central-Kaukasus, längs der erusinischen Hokr- strasse, vergl. mit den Alpen. Geol. Nachlese Nr. 9. 1 Taf. V. Natt. I, Jahrg., 1. H., p. 25— Die Entstehung und die Textur ds AROHBCHREIER, 8 Fig. In: L. Tet- . der Ans ateri idg. Polyt. Zürich Buiitven a Anst.), I. Heft TR N! 1896), p. 258—275. Nachschrift über das anstehende Gestein am Ostfüss des Glärnisch. In: Beiträge zur geol. Karte der Schweiz, n. F. 9. Lfg. (Monogr. prähistor. Bergstürze von J. Oberholzer), p. 203— 209. Der Schlammabsatz am Grunde des Vierwaldstättersees. Geol. Nach- lese Nr. 10. V. Natf. G. Z., 45. Jahrg., 1. und Ueber das Eisenerz am Gonzen, sein Alter und seine Lagerung. Geol. a Nr. 11. 1 Taf. V. Natf. G. Z.,. 45. Jahrg, 1. und 2. H., P- 8. BE erkitehunn in alpinem Centralmassiv, ein Beitrag zur Kenntn. der Stauungsmetamorphose. Geol. Nachlese Nr. 12. 2 Taf. V. Natf. . Z., 45. Jahrg., 3. und 4. H., p. 2 Die EN des Avers und die lnraneae vom Oberhalbstein. Verh. 8. N. G. 83. Vers., Thusis, p. 101-104; Eelogae vol. VI, Nr. p. 491—493; Arch. G. 4e per., t. 10, p. 460-461. ' Antrag an die schweiz. geol. zum BBOnS des Rheinfalls. FRE, 8. N. G. 83. Vers. Thusis, p. —187 Vorlage von elaackiahen aa und EAES schim- mernden Aragonitsekretionen aus Thermalspalten von Rothenbrunnen, - Graubünden. Verh. S. N. G. 83. Vers. ee 104; Arch. G, 4e Pe t. 10, p. 461. Lettre ouverte ä Mr. le Prof. M. Lugeon [Concernant la theorie des nappes de recouvrement]. Bull. de la Bas _ de France, 4e serie, ip. 998 Neue rkbäiene über u as und Tektonik des Säntis- _ gebirges. Verh. S. N. G. 87. Vers. Winterthur, p. 44: Arch, G. 4e Eper., t. 18, p. 350. ; Neuseeland. 10 Fig., 1 Taf. 42 pp. Neujahrsbl. CVII, herausgeg. von der Natf. Ges, in Zürich auf das Jahr 1905. Zürich, Fäsi u. Beer. Wilh. Amrein und... Der Gletschergarten in Luzern, er gewidmet der $S.N. 6, bei Anlass der 88. Jahresvers. in Luz rn 1905. 18 Taf., 2 Fig. 63 pp. 8°. Verlag des Gletschergartens Kamen 5: unnelbau und Gebirgsdruck. Geol. Nachlese: Nr. 14. V. Nattf. 2 50. Jahrg., 1. und 2. H., p. 1-22 Das Säntisgebire Vortrag. 9. Fig. Verh. S. N. G. 88. Vers. Luzern, N— led der Breggia- i Pli Ein a am Südrand der Alpen, der und 1 Karte. V. Nat. schlucht. Geol. Nachlese Nr. 15. 1 Taf., 8 BR. @. 2,51. Jahrg., 1. H,, p. 1-9. 1906 1907 1908 1908 190 [0=) 1309 1909 1910 1910 1911 1912 1913 1913 1914 1915 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 5 Ueber den nordöstl. Lappen des Tessinermassivs. Geol. Nachlese Nr. 47. 1 Taf. V. Natf. G. Z., 51. Jahrg., 2. und 3. H., p. 397—402. Die vermeintliche «Gewölbeumbiegung des Nordflügels der Glarner Doppelfalte», südl. vom ausenpass, eine Selbstkorrektur. Geol. Nachlese Nr. 18. 2 Taf. V. Natf. G. Z, 51. Jahrg,., 2. und 9. Ho p. 403—431. Deutung der nördl. Lappen des Tessinermassivs. Verh. S. N. G. 89. P- = «Säntisgebirge> im IV. Bd. des Geograph. Lexikons der or Sehyaii.l p- 311—316 und 317—318, mit 18 Abbildg. (Neuenburg, Gebr. At- tinger). ; Gneissmassiv des Tessin. a Eclogae, vol. IX, Nr. 3. p. 394— Auszüge on auch in: Verh. der Ges. deutsch. Naturf. und Aerzte, (Köln) 1 «Himmel und Erde» (Leipzig), Bd. XXI, H. 4, p. 145— 206; a Umschau» (Frankfurt a. M.), Jahrg. XII, Nr. 40, p. 788—793. | ae über Tunnelbau und Gebirgsdruck und über die Gesteins- umformung bei der Gebirgsbildung. Geol. Nachlese Nr. 19. Natf. G. Z., 53. Jahrg., 1., 2. und 3. H., p. 33—73. Boöweinb der Einbruch im Lötschbergtunnel glaziale Vebertiefung des ee Geol. Nachlese Nr. 20. 1 Fig. V. Natf. G. Z., : 53. Jahrg. 4 5* a here RRaNN Dürnten] in: Bodenburg-Hellmund, Die Drumlin-Landschaft zwischen Pfäffiker- und Greifensee, V. Natf. G. Z., 54. Jahrg, 1. und 2. H., p. 209. FR Einige Gedanken über Schichtung. Geol. Nachlese Nr. 21. Y. Natl. . Z., 54. Jahrg., 3. und 4. H., p. 330-342; Eelogae, vol. X, Nr. 6 “ p. 739—740; Arch. G. 4e per., t. iD Begutachtung der Schäflistiftungs- Ereiässbeit 1 191 0: «Revision der ler und der Tektonik der subalpinen a (Verf. I - Rollier). Verh. $S. N. G., 93. Vers. Basel, Bd. en nn ne sur l’Erosion glaciaire. Comeiendus er Congrös gel R internat,, Ilme session ä& Stockholm 1910, p. 484—487. je & Bechachtungen aus der Wurzelregion der sa NH. Merre 4 Fig. Beiträge z. geol. Karte der Schweiz, n. F. 31. Life. . 49—56 (Sammelband). een an die «Geological Exeursion in the North-West- Highlands of ee El 1912). Dankesrede mit Porträts von Peach und Horne. 4 p . Selbstverlag _ der Geologie das Fe EN (Ref.). V. Natt. G. du 58. Jahrg.,'3. und 4. H., p. XXV. Eingabe an den ke Bundesrat betr. a einer Karte age gesamten schweiz. Alpengebietes in 1: 25.000: 30. „im Auftrag der geol. Kommiss. der S.N. G., unterstützt von vie 2 Corporationen. Der Uto. 12 Fig. Jahrb. XLIX, 8. A. C., 1913/14, p. 197—213. Die horizontalen Transversalverschiebungen im Juragebirge. Geo! Nachlese Nr. 22. V. Natf. G. Z., 60. Jahrg., 3. und 4. H., p. >77 er ZN ‘ rg. 64. Verzeichnis der Publikationen von Albert Heim. 5 1915 Gedanken zur Entstehung der Hauterivientaschen im Valangienkalke am. Bielersee. Geol. Nachlese Nr. 23. V. Natf. G. 2., 60. Jahrg., 3. und 4. H., p. 611—620. Die Bleischeikomin In: Turn der Schweiz. Naturf. Ges. Neue Denkschr. der S. N. G., Bd. L Vermehrtes Licht in der Fralolchiek 1 Fig. York S. N. G. 97. Vers. Genf, 2. Teil, p. 27—44. Geologisches über das Bergsteigen. 8 Fi ig. In: Ratgeber für Berg- steiger, herausgeg. von der Sektion Uto des 8. A. C. (Orell-Füssli, Zürich), 1. Bd., p. 182—206. Die Schwereabweichungen der Schweiz in ihrem Verhältnis zum geolog. Bau. Geol. Nachlese Nr. 24. 3 Fig., 1 Taf. V. Natf. G 61. Jahrg., 1. und 2. H., p. 93—102. Die Juramulde im Aarmassiv bei Fernigen (Uri). Geol. Nachlese Nr. 25 von... . und Arnold Heim. 4 Taf., 3 Textfig. V. Natf. G. Z., 61. Jahrg., 3. und 4. H., p. 503-531. : Vorwort zu: else am Rhonegletscher» 1874—1915, geleitet und herausgeg. von der Gletscherkommiss. der S. N. G 23. Neue Denkschr. der S. N. G., Bd. LII Begleitworte zur Vorlage des Rhonegletscherbandes. Verh. 8. N. G. 98. Vers. Schuls, 2. Teil, p. 87—89. Zur Witterung 1916. pin {. Jagd- und Hunde-Liebhaber (Zü- rich), XXXII. Jahrg., Nr. 20, 2: Der Kontakt von Gneiss er en am Nordrand des Aarmas- sivs bei Erstfeld. Geol. Nachlese Nr. 26. Von... .und Arnold Heim. 2 Taf., 10 Fig. V. Natf. G. Z. 62. Jahrg. (Festschrift), 1. und 2. H., pP. 423—451. X Die Kohlen der Schweiz. (Ref. über ee in der Geograph. Ges. in Zürich). N. Z. Z. Nr. 2205 vom 23, Das Gewicht der Berge. (Ref.). V. Na 6. 2., 63. Jahrg,., 3. und “HD. AXXV-XXXVL Das Gewicht der Berge. 6 Fig. Jahrb. LIV, S. A. ©.,1919 (im Druck). 4. Publikationen betreffend Erdbeben. . Das ostschweizer. Erdbeben vom 2. Mai 1877 (Bericht, den Einsendern ‚von Beobachtungen abgestattet). 16 pp. 8°. Selbstverlag Erd- Die Erdbeben und deren Beobachtung. (Auf as der Er beben-Kommiss. der S. N. G.) 31 pp. 12%. Züri Ueber die Untersuchung der Erdbeben und deren hicherigh Resultate. V. Natf. G. Z., 24. Jahrg., 2. und 3. H., p. ; Cireulaire pour l’&tude des ren de terre. en de la Soc. d. Sc. nat. & Neuchätel, t. 12, p. 13— . Das Verhältnis der Erdbeben zu ie a, F eetber. d. 8. A. € A ne ch, _Soe, helv. d. Se. nat. Traduit par F. A. Rorel. 0 BD- 9 Me Zürcher & Furrer. 512 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. i 1919 “e 1881 Das schweizerische Erdbeben vom November 1879 bis Ende 1880. Nach den von der schweiz. Erdbebenkommiss. gesammelten Berichten zusammengestellt. 1 Taf. 23 pp. 4%. Jahrb. des tellurischen Ob- S| servatoriums in Bern, Jahrg. 1881. R 1882 Ueber die Erdbeben der zwei letzten Jahre in der Schweiz. Verh. 8. N. G. 65. Vers. Linthal, p. 23; Arch. G. 3e per., t. 8, p. 3831— 1882 Die schweizer. Erdbeben im Jahre 1881. Mäch den von der Se Erdbebenkommiss. gesammelten Berichten zusammengestellt, ergänzt durch ein Verzeichnis der oberitalienischen Stösse im gleichen Zeit- raum. 25 pp. 4°. Jahrb. des tellurischen Observat. in Bern, Jahrg. 188. 1887 Zur ee der Erdbeben. V. Natf. G. Z., 32. Jahrg., 2. und ° 3. H., p. 129—148. 1887 Zur Erdbebenfrage. N. Z. Z. Nr. 82, 83 und 84. März. 1888 Notizen über die schweiz. Erdbeben unseres Jahrzehntes. N. Z. Z., Nr. 60 und 61. Februar. 1909 Einiges über den Stand der Erdbebenforschung. Vortrag, geh. Zermatt den 2. Sept. 1909 an der Sitzung der internat. Be mission. 5 pp. 4%. i NS Ra ER TE $ 5. Geotechnische Arbeiten, Gutachten. Die grosse Mehrzahl der er geggee Gutachten von Prof. & Alb. Heim sind nicht gedruckt worden. ‚ Die wenigen, die gedruckt wurden, s sind leider z. T. nicht mehr auffindbar. Das nachfolgende Verzeichnis ist deshalb sehr spärlich ausgefallen. 1875 Mitteilung über die Untersuchungen betr. das Grundwasser im Ge biete von Neumünster und den angrenzenden Stadtteilen. V. Nattf. G. Z., 20. Jahrg., 4. H., p. 486-487. = 1876 Eggs era über die in Horgen Yrfokeuinnenäh Rutschungen | Culmann, G. Gränicher, W. Hellwag und Fr. Lang. | (a8: Febr.), mit 3 Taf. In: Bericht und Expertengutachten über die Sr im Febr. und Sept. 1875 in Horgen vorgekommenen Rutschungen, p- 7—20. (gross 4°). Druck Zürcher & Furrer, Zürich 1876 Die Siegerin und die Mittel zur dauernden Abhülfe. 2:2 .Nf, :323, 325, 327 und 328 vom Juni. 1877 Die ee N. Z. Z. Nr. 302 und 314. : 1878 Expertenbericht über das Wasserversorgungsprojekt an den Ge- meinderat von Glarus, .... mit A. Bürkli-Ziegler, Ing. und Wein- mann, Ing., 24 pp. 4°. Glarus, Fr. Schmid. 1880 Expertenbericht tiber die Kohlengruben und Cemshtierke des = Staates Zürich in Käpfnach. 18 pp. 8°. Beilage II zu: Bericht ds egierungsrates über das Postulat des h. Kantonsrates betr. die Ver hältnisse x En Käpfnach vom 30. Juli. Kanzlei des Be x gierungsr. 1880 Die a Stelle» im Gotthardtunnel. V. Natf. G. 2., 25. Jahrg., 4. H., p. 419-421. 1881 Gutachten über den am 11. Sept. 1881 va Bergsturz bei | ' Elm (2. Okt.). 1 Taf. 14 pp. #. Glarus, Fr. Schm 1881 1881 1882 1883 1883 1884 1887- 5 1890 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. . Jahrg. 64. Verzeichnis der Publikationen von Albert Heim. 513 Die Beschiessung des Risikopfes oberhalb Elm. N. Z. Z. Nr. 331. Der Risikopf oberhalb Elm. N. Z. Z. Nr. 348 und 349 Geolog. Expertenintert ren über das Aa eines Mont-Blanc- Tunnels. V. Natf. G. Z. 27. Jahrg., 1. Hp. 1 $. Etude geol. sur le nouveau projet de anne) coude au travers du Simplon. Rapport Fa d’aoüt 1882 de..., Ch. Lory, T. Tara- melli et E. Renevier. 4 planches. Bull. Soc. Vaud. Se. nat., vol. XIX, r. 89, p. 1-27. Amölioration des conditions de la source, avec 1 eroquis. In: Ra expertise sur les eaux thermales de Lavey, adresse au TONER de l’Interieur du Ct. de Vaud par E. Renevier, F. A. Forel. .. ., E. Stockalper, D. Colladon, p. 29—40 (4°). Lausanne, Imprimerie Howard, Guilloud & Cie. Bericht über die Beobachtungen an der Fläschlochquelle im Hinter- Wäggital und in deren Sammelgebiet (28. Aug.). In: Expertengut- achten betr. versch. in Untersuchung gezogene Quellwasser, erstattet der erweiterten Wasserkommiss. der Stadt Zürich als Auftrag- geber, p. 5—20. (8%). Zürich, Ulrich & Cie Zur Wasserversorgung von Zürich. (Rechtfertigung von Bertsch- inger, Cramer, . und Lunge). N. Z. Z. Nr. 333 vom 22. Nov. Die BEE von Zürich und Ausgemeinden. Entgegnung der erweiterten Wasserkommiss. (C. Cramer, ... „ G. Lunge, H. v. Wyss) auf die Angriffe von Herrn Prof. Kor zu Handen des Stadtrates von Zürich. 86 pp. 8°. Zürich, Orell Füssli. Rapport d’expertise a l’assembl&e gön6rale extraordinaire des action- naires de la Societ& des Eaux des Avants. Vevey, «Soc. d. Eaux d. Avants»>. Gutachten des eidg. Experten ... über die geol. Beschaffenheit des Bannwaldgehänges ob Altdorf mit Rücksicht auf mögliche Berg- und Kelsabsturzgefahren. 4. Jan. 1 Ansicht. 10 pp. 4°. Verlag bei Gutachten über Wasserfassung zu einer Wasserversorgung von Männedorf. 4 pp. 8°. In: Bericht der Kommis. für Wasservers. an die Einwohner von Männedorf. Druck in Männedorf. Mitteilg. über die Wasserfassung für die Wasserversorgung von Frauenfeld. Verh. S. N. G., 70 Vers., Frauenfeld, p. 50 (Ber. der geol. Sektion). Arch. G. 3e per., t. 18, p. Zur Katastrophe in Zug. N. Z. Z. Nr. 191 und 192. Die Katastrophe von Zug am 5. Juli 1887. Gutachten der Experten ‚ R. Moser und A. Bürkli-Ziegler. 5 Taf. 60 pp. 8°. Herausgeg. sn Veränlassung der Behörden von Zug. Zürich, Hofer & Burger. Geolog. Gutachten über die Quellen der Rötzmatt und Gutachten über die neue Wasserversorgung für die Stadt Olten von... .. ., E. Greppin und F. Mühlberg. In: Bericht und Anträge des Gemeinderates in ee der Stadt Olten, p. 22—28 u. p. 41—51 (4 i). Olten, Buchdr. el. ie en Faber die Splügenbahn]. 2 pp: folio. In: Projekt für eine normalspurige Alpenba n von Chiavenna nach Chur von R. Mose Zürich, Zürcher & Fur 33 t ie © P:; 1897 1898 1904 1904 1906 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 2.3919 Die Rutschung an der Südostbahn ERNEHEN Sattel und Steinerberg K Gutachten der Herren... .. und F. Hennings über die - und Ausführung der neuen Linien Pfäffikon-Samstagern und Bibe brücke-Goldau, an den Verwaltungsrat der Schweiz. Südost Be af., 7. Fig. 22 pp. 4°. Druck: Orell Füssli, Zürich. ie betr. Löntschbord- ns (mit graph. Beilage), 4. Febr. h 7 pp. klein 4%. Buchdruckerei Glar lecken betr. den we 2 Nov., erstattet an Architekt 3 pp Stadler, Neuenhof, Zürie Gutachten über Re nn Etaanehhech und deren Ver- auung. An das schweiz. Departement des Innern in Bern. 2. Mai. 1 Prof. und 1 Karte. 18 pp. 8 - Geolog. Gutachten über das Projekt «Rheinlinie» der Bündner-Ober- länder-Bahn, erstattet an das ER «Oberländer-Eisenbahnkomitee». 15 pp. 8°. Zürich, Zürcher & Fur Geolog. Gutachten ‚betr. Hikachohe: 9. Mai. 7 .pp. 4%. Zürich, Jean Frey. 3 Einige Beobachtungen betr. ee Geol. Nachlese Nee 13. + V+-Natk..G, 2, ‚Jahrg., 3. und 4. H., p. 287-306. Brief an Dr. Otto Witt [Ueber die Wünscherue) «Prometheus» (Berlin), XIV. Jahrg., Nr. 702, p. 414—415. Geolog. Begutachtung der Greinabahn (Projekt. Wonaeı; gerichtet an Staatsrat Battaglini, Bellinzona, für sich und zu Handen des Komitees fü 14 pp. folio. Nicht verlegt. Siehe auch V. Natf. G. Z., 51. Jahrg., 2 und 3. H., 78—3%6. E Ueber die RER Neskussicht beim Simplontunnel. Antwort auf die . Angriffe des Herrn Nationalrat E. Sulzer-Ziegler. Im Auftrag der geol. Simplonkommiss. Eclogae, vol. VIII, Nr. 4, p. eolog. Voraussicht bei technischen Arbeiten. «Die N r. 50, p —1096 (gr ee Projekt nr eine nelsläris Bahn von Biasca nach Chur. Von Robert Moser und..... era usgeB. von der Regierung des Kt. Tessin. Juni 1905. 2 Taf. 60 pp. 4°. Zürich, Berichthaus. Geolog. Begutachtung der Greinabahn, Projekt "ee Herrn Obering. . Dr. R. Moser. Geol. Nachlese Nr. 16. 1 Tat. V. Natf. G. Z., 51. Jahrg., 78—396. 2. und 83, H,p3 Ueber die Verbauungen am Flibach. 1 Abbildg. Schweiz. Bauzeitung f — 258. (Zürich), Bd. XLVIII, Nr. 21, p. 251 Zu Schmidt’s Simplongeologie. Eclogae, vol. X, Nr. 1, p. 195—19. Letzte Bemerkungen zur «Simplongeologie>. Eclogae, vol. X, Nr. ur p. 504-506. un Einiges aus der Tunnelgeologie. RR aus‘ Vortrag geh. in der en der Geol. Ges. Wien am 22. März. Mitt. der Geol. Be in Wien (Wien), Bd. III, p. 151—158,. } f ie Greinabahn. 1 Taf. = geol. und thermisches Pt ‚Einige Beobachtungen betr. die A enuhheirates. Schilling’s Journal & N und OB (München), Jahrg, XLVIIT, >, E Fa &, a, + a a a a Be 5 le 1910 1910 ... 1867 I 190 Jahrg. 64. Benno Schwabe. Verzeichnis der Publikationen von Albert Heim. 515 Bericht und Gutachten an das Baudepartement des Kantons Luzern über die Abrutschungen im Sörenberggebiete vom Mai-Juni 1910. 1 Taf. 12 pp. 8%. Luzern, Räber & Cie, ar Silsersee-Wasserwerkanlage. Gutachten, erstattet im Juni 1910 n das Bau- und per des Kantons Graubünden durch & Experten . . Cardinaux, J. Epper, J. Lüchinger und H. Peter. 9 Taf. 10 PP- go. Chur, V. Sprecher. Zur Frage des Sa regen Hauenstein-Basistunnel, Greina und Splügen]. N. „NE. 381 V Nov. Geolog. Gutachten zu ya REN an der Grimsel und am Gel- rstattet von... . und Dr. Ed. Gerber, Bern. 1 Fig. eye (Zürich), V. Jahrg. Nr. 6, p. 85—89 —100. Zur Frage der Gebirgs- und Pers shi Schweiz. Bauzeitung (Zürich), Bd. LIX, Nr. 8, p. 107—1 Schweizer Geologen im Fe N. Z. Z. Nr. 78 vom 19. Mär Die Trinkwasserverhältnisse auf d. Rigi. N. Z. Z., Nr. 426, v. Ei März. 6. Andere naturwissenschaftliche Publikationen. Uebergang vom Val Gliems auf den Puntaiglasgletscher und Erstei- gung der Lücke zwischen Bifertenstock und Bündner Tödi. Mit 1 Abb. Jahrb. III, S. A. C., 1866/67, p. 161—170. ag Er im Gebirge (Mythengipfel). Jahrb. IV, S. A. C., 1867/68, P- —534. Lichtersheinungen der Athmosphäre im Gebirge. Jahrb. V, 8. A. C., 1868/69, p. 512— Ueber den Schrtitenfichnten des Feier hs Natf. G. Z., rg., 2. H., p. 146—147 Töne der en Verh. S. N.’G,, 56, Vers. Schaffhausen, p. 209 bis 214. Ueber Nebelbilder. 1 Taf. Jahrb. XIV, S. A. C., 1878/79, p. 406—422. Ueber Nebelbilder. Jahrb. XVI, S. A. C., 1880/81, p. 528-529. Notizen über den Tod durch Absturz. Jahrb. XXVII, S. A. Q., 1891/92, 3 T: ' (Ret.). V. P- Beh und Zeichnen. Rathausvortrag vom 1. Febr. 30 pp. Basel, Ins Schwedische übers. in «Skolan» ns 1901 Die Fahrt des Ballons «Urania» am 25. Juni 1897 von nn nach ee N. Z. Z. Nr. 186 vom 7. Juli und Nr. v. 8. Juli. Die Fah er « über an und Jura am 3. en a9. Von u He urer und E. Spelterini. Mit Profil, Karten und Licht- druak bilder 125 pp: 8°. Basel, Benno Schw abe. Das Geschlechtsleben des Menschen vom Standpunkte der natürlichen Entwicklungsgesch. ae gehalten für die studierende Jugend. pp. 8°. Aufl. I-IV. Zürich, Alb. Müller. In holländischer Ueber- setzung von G. van ten Haarlem, Boissevain & Co., 1917. Nebensonnen und Ringe vom 10. Febr. 1907, gesehen in "der Nordost- schweiz. 2 Fig. V. Natf. G. Z., 52. Jahrg., 1. und 2. H., p, 232—242. 516 1912 1917 1918 1913 1913 1913 1914 1914 1915 1916 1916 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Luftfarben. 6 schwarze Textbilder und 19 Farbbilder. 93 pp. 8°. Zürich, Hofer & Cie. Auszug (französ.) in Arch. G. 4e per., t. 35, Nr. 2, 1913, p. 173—183. Vaterländische Naturforschung, mit Berücksichtigung ihrer Bedeu- tung für heutigen Zeitverhältnisse. Vortrag, gehalten im Auftrag des CC. der 8. N. G. vor Vertretern der Bundesvers. am 24. Sept. n Bern. n pp- 8°. Bern, Francke. Pin Frage einer Schweizer. Akademie der Wissenschaften. N. Z. Z. Nr. 1552 vom 25. November. 7. Kynologie. Einiges über den Bau des Hinterbeines beim Hunde. für Jagd- und Hunde-Liebhaber (Zürich), V. Jahrg., Nr. 21 u Die Verwendung zum Ziehen ist dem Hunde zuträglich. Zeinkeulb; für Jagd- und Hunde-Liebhaber (Zürich), V. Jahrg., Nr. 4, p. 29—30. Zur internat. Hundeausstellung der schweizer. kynolog. Gesellsch., . Beilage zu Nr. 134 vom 14. ai BR Zr fit. Hundeaustellung im Sihlhölzli. N. 2. Z. Nr. 183 vom 4. J uli und Nr. 184 vom 5. Juli. Ueber die Verwendung des Hundes zum Ziehen. Zentralbl. für Jagd- und Hunde-Liebhaber (Zürich), XI. Jahrg., Nr. Die Zughunde an der internat. Hunde NE in Dresden. Zen- traibl, für Jagd- und Hunde-Liebhaber (Zürich), XI. Jahrg., Nr. 13 und 14. Senidigeh Hundebann in Sicht! N. Z.Z. Nr. 27 vom 27. - Richterbericht über die Zughundprüfung in Anne sad für Jagd- und Hunde-Liebhaber (Zürich), XXIV. Jahrg., Nr. 4, 481—484. er" P- und Hunde-Liebhaber (Zürich), XXIV. Jahrg., Nr. 44, p. 518—519. Eingeboren, rasserein und doch gross gezüchtet. Zentralbl. für Jagd- Ueber das Ziehen des Hundes (mit 2 Bildern). Hundesport und Jagıl (Becker, Gehren in Thüringen), 28. Jahrg., H. 27, p. 583—586. Der Zughund. N. Z. Z. Nr. 50 vom 19. Febr. Bichlerbericht über die Zughundprüfung in Langenthal am 4. Ma: 13, mit Dr. A. Scheidegger (mit 2 Bildern). Zentralbl. für Be und Hunde-Liebhaber (Zürich), XXIX. Jahrg., Nr. 22, p. er in München und Bern. N. Z. Z. Nr. 137° vom © Die Bohren Sennenhunde (mit 18 Fig. und 1 farb. Tafel), 59 pp- 8. Müller Zürich, Albert Die Hunde in Zürich. N. 2. Z. Nr. 952 vom 24. Jul Einige Erfahrungen aus der Wasserdressur des ee Zentralbl. für Jagd- und Hunde-Liebhaber (Zürich), XXXL. Jahrg. “ Nr. 16 p. 168-170, Nr. 17 p. 179-181, Nr. 18 p. 190-191. Sportbl. für Züchter und Egg von Rassehunden (Frankfurt a. M); Sn XVII. Jahrg., Nr. 36/37, p Einige Worte über a en des Hundes. Brugger Tagblatt (Brugg). Nr. 122 vom 25. Mai Ba. Jahrg. 64. Verzeichnis der Publikationen von Albert Heim. 517 4 & 1916 Zur ‘Wiederzulassung des Hundes als Zugtier im Aargau. N. Z. Z. r vom 2. Juni. 1880—1918 Zahlreiche Richterberichte über Ausstellungen (Neufundlän- "11896 der-, Schweizer Sennenhunde und andere) in Fachblättern, besonders im <«Zentralbl. für Jagd- und Hunde-Liebhaber> Zürich, bei Albert üller. 8. Feuerbestattung. Bspertenbericht über Leichenverbrennungen. Alpenpost (Zürich), 4 V. . 70— rn gahalten bei der Einweihung des ersten Zürcher Krematoriums Ueber die Methoden der Feuerbestattung und die Einrichtungen des Krematoriums in Zürich. as Blätter für Berg, (Zürich) n. F., Jahrg. 1889, Nr. 4 p. 45—48, Nr. 5. p. 57— Giebelinschriften gelegentl. der neuen Zürcher eng anlage, mit 3 Bildern. Phönix (Wien), XXVI. Jahrg. 1913, Nr. 9, p. 351—358. N Geschichte der Any in Zürich. In: Denkschr. über die Feuerbestattung in Zürich 1874—1915, herausgegeben vom Stadtrat Zürich bei 2 der Eröffnung des neuen BESmAOrnmE (Zürich, Fretz), p. 1—28. Rede zur =. ung des neuen Krematoriums in Zürich am 12. März rcher Wochenehronik (Zürich), XVII. Bd., Nr. 12, p. 1 bis 0 Die Feuerbestattung im Lichte der Biologie. N. Z. Z. Nr. 118 vom : 12. Juli. 9. Riosräphlen; Reden, etc. warte am Grabe von Arnold Escher v. d. Linth. Alpenpost (Glarus). Bd. III, Nr. 4, —4. Prof. Dr. San Escher v. d. Linth. Verh. S.N. G., 56. Vers. Schaff- hausen, p. 362—367. Kritischer Blick auf die alpinen Landschaftsgemälde der schweiz. Kunstausstellung in der Tonhalle in Zürich 1879. Neue Alpenpost =. irich), Bd. IX, Nr 22, p. Fe Nr. 23, p. 181—183, Nr. 24, 90—191, Nr. 25, p. 199 (Nachtrag). Mr Tier- Bildhauerei. Züricher Pöst (Zürich), Nr. 225 und 226, 1883. Dr. Alexander Wettstein. Verunglückt durch Sturz an der Jung- = den 15. oder 16. Juli 1887. V. Natf. 6. 2,98. Jahrg;,'2.u.3.H, Rode Felsen bei der Trauerfeierlichkeit von Dr. J. Rudolf Wolf in der ee Zürich, 9. Dez. 1893. 4 pp. 8%. Druck von Zürcher u. Furrer, Zürich, 189. eig "Albrecht; Besiag Snsiitechäiken: gest. in a den . März 1896. N. Z. Z. Nr. 72 vom 12. März und Nr. 73 vom 13. März. ee an Arnold Escher v. d. Linth. Verh. S.N. e. 79. Vers. Zürich, p. 1— 1915 1915 1916 1917: 1917 1917 ' «Predigt des Blasisdlers Albertus in der Wildkirchlihöhle», Yahaltan p. ; Ansprache bei der Beerdigung von Bernhard Staub in der Kirche NV i Vaterländische Anspra hresvers. der 8. N. 6. (am Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Worte gesprochen am Kommers, der zur Feier s. 25jährigen Pro- fessorenamtes von den Studierenden des Eidg. Polyt. veranstaltet worden ist. un Zürich, 11. Juni 1899. 8 pp. 8%. Als Flugblatt gedru Trauerrede bei ei Cremation meiner Mutter. 22. Aug. 1899. 3 pp. 8°. Se ragen Anna Susanna Fries, kurze Biographie mit Porträt. Zürcher Wochen- Tr 4°) 6 pp. 8°. Gedenkblatt der Lehrerschaft ie Eidg. Polyt. vom 12. Mai. Dr. Karl Mayer-Eymar 1826—1%7, ..... und L. Rollier. Mit Por- trät. Verh. S. N. G., %. Vers: be 2. Teil in «Nekrologe> Eye LIX Gabe r zum Empfang der Schweiz. Ges. f. Urgeschichte und ihrer Gäste, den 31. Mai 1908. 2% pp. 4°. Als Manuskript gedruckt. a are -Topograph. Mit Porträt. Jahrb. XLV, 3. Ä. 1909/10, p 4. Rede RR Bee E Herrn Heinr. Peter. Zentralbl. f. Jagd- und Hunde-Liebhaber (Zürich), XXVI. Jahrg., Nr. 19, p. 215—216. Mein Schlusswort nac eendigung der letzten Vorlesung über i «Geolog. der Schweiz», Mittwoch, den 19. Juni 1911, abends 5 Uhr im geschmückten Auditorium 6d. 2 pp. 8°. Als Flugblatt gedruckt. Worte gesprochen beim Fackelzug, 19. Juni 1911 abends, vom ng Hottingerstr. 25. 2 pp. 8°. Als Flugblatt gedruckt. Prof. Dr. Armin Baltzer, 1842—1913. Von. ... und E. Hugi. Mit Se Porträt. Verh. S. N. G. Aarau 1914, 1. Teil in «Nekrologe>, p. 82—93. Ansprache an der Trauerversammlung bei der Feuerbestattung von Prof. Dr. F. Mü ühlberg, Mai 1915. In: «Zur ee an Dr. F Mühlberg 1840—1915> (Selbstverl. der Familie), p. 5—12, 8. £ Ansprache bei der Einweihung des Denkmals für ei A. Forel in Morges, 15. Sept. 1915. Verh. S. N. G.,; 97. Vers. Genf, 1. Teil, 217—219. von Zollikon. Zentralbl. f. Jagd- und Hunde-Liebhaber (Zürich), XXXI. Jahrg., Nr. 2, p. 11-12. Be Ausstellung (Dämmerungsorscheinungen ete. von Maler Buch- tätter im Pestalozzianum . . Z. Nr. 1424 vom 9. Sept. Besleie: 1. Fählensee. 2. Saxifraga. 2 Bekgankichk: 4. November im Gebirge. 5. Der Worertaune Abschied. In: «Die Schweiz». (Zürich), Jahrg. XXI, Nr. 7, p. 395. 3 Dr. med. Marie Heim-Vögtlin, 18451916. Mit Porträt. Verh. 8.N.G. i 97. che r Ja e Sept. 1917 beim Tenehnnke in AR ne 2 2 Nr. 17655 23. Sept. Alice Böhi. TEKTONISCHE LÄNGSPROFILE DURCH GRAUBÜNDEN von RUDOLF STAUB, 1919. SıKknor Yoral r n c Ra ee Rıngelspitz Calanda Schwenze al } id i P @riseh Be Ma N Kreuz Hochmaderer Vallüla j L an, 7 da „teris lädl le s 1 e RR ER Furk Panärah ner Valzeina A Eggberg eimspitz Crisperspitz ; Nochno ‘ Seanes « < s Bee Ascharina : e) Surcruns : es 2 Grat b Gargeller Garnerathal h Vät Rhein b. Zizers Frältigau b. Jenaz öch aroellen GrF K! Fermunt 2 JUC < Bilet r ermunt e J Bürkelkop lexenke lerkopf Malfragkopf P2716 : Kreuzjoch Höllenkamm Alp bella Fliesseralm Laraintt Fimberthal Malfragthal Vlatthal Om 8 7 " f z N \ N % « z IR a N et \ ‘ N A indnersch; -500m 2. N TR < ' siner Bu ges Me: rofl! 1 Brrenyarr a Aar] shorn Älplispitz eehorn Piz Fluchthorn Muttler Rätschenflut gel Örilitzner en Stammerspilz Piz Mondin Galandäa Silvrettahorn enberg ugns Piz Techuken ; Schlappinbach i Ener Yal zutun Kreuzjoch rs Prättigau. b. Küblis Seethal Gr Fermuntferner 'Futschölta Val Chöglias Samnaun! Jnntal b. 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Fe Mesozoikum PBndiie Tores Ürientale Mte Braccia PR 2750 n P di Sassigliun Cima di Val Viola Un ie Lera diSopra PiCen Gima di un Mte della Ben. Monte Mott3 R Scalino Pizzo Maito Deck "AgodiScra PuntaR 2996 Lanzada f: b Piatte di Ganciano Sasso Farinaccio (Gen "Languard. V GCasnaggina V. d. Bondasc Torrone Decidentale Chiesa: : Alpe Prabello Seln Altkristallin u ein ubinasca Ve» diAlbigna Vısidella Ventina: V.Malenco ; Alpe Argon Poschiavo Malghera Verrucano Bernina. Tl ; } Err-Sella} Penninisc a Mesozoikum u. Tertiär ii A Mesozoikum der Schamserdecken. Aarmassiv. Bergellermassiv. Helvetischer Verrucano. Studien über die geographische Verbreitung schweizerischer Arten und Formen des Genus Rubus. Von Dr. RoBErRT KELLER (Winterthur). (Als Manuskript eingegangen am 3. März 1918). 4. Mitteilung. Die Rubi vom Hackenberg bei Eschlikon. Das Exkursionsgebiet ist der südlich von Eschlikon liegende zirka 3 km? umfassende bewaldete Höhenzug zwischen der Lützel- murg und Murg. Die nachfolgenden Mitteilungen stützen sich auf die Beobachtungen zweier Nachmittagsexkursionen vom 2. und 8. Au- gust 1915. Der grösste Teil der Ausbeute lag Sudre vor. In den nachfolgenden Zusammenstellungen folge ich Sudres Monographie. R. Mereierii Genevier. Östlicher Hackenberg ob Vogelsang (teste Sudre). R. bifrons Vest. Ob Balterswil — Ob Bernhardsriet. > R. ineonstans Sudre = R. bifrons X R. Lloydianus. Ob Bernhardsriet. R. procerus Ph. J. Müller. var. ß robustus (Ph. J. M.) Sudre. Am Weg von Balterswil auf den Hackenberg hin und wieder. var. y obtusangulus (Gremli) Sudre. Am Weg von Balterswil auf den Hackenberg hin und wieder. var. debilis Robert Keller. Turio obtusangulus, glaber; folia grosse et acute inaequaliter serrata, supra glabra; foliolum terminale subrotundo-ovatum, basi cordatum, apice sensim, denique abrupte acuminatum; inflorescentia laxe pilosa; peduneuli erecto-patuli; styli stamina paulo superantes; germina glabrescentia. Östlicher Hackenberg (vis. Sudre). Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 34 520 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. R. thyrsoideus Wimmer. ssp R. phyllostachys Ph. J. Müller. Ob Bernhardsriet (det. Sudre). ssp. candicans Weihe, Ob Balterswil und auf dem Plateau hin und wieder. R. tomentosus Borkhausen. ssp. R. Lloydianus Genevier. Am östlichen Hackenberg ob Bernhardsriet. R. miecans Godron. ssp. R. subcanus Ph. J. Müller. var. & piletoneurus Sudre. Ob Balterswil (det. Sudre) — Diese Form war bisher nur aus dem Kt. Freiburg durch Jaquet bekannt. R. foliosus Weihe. ä R. corymbosus Ph. J. Müller. ß trichocarpus (Timeroy) Sudre. Östlicher Hackenber g an einzelnen Stellen häufig (teste Sudre) Nach Sudre (Monogr. p. 146) bisher nur von einem Standort aus dem Dep. du Rhöne bekannt, — Neu für die Schweiz. ssp. R. flexuosus Ph. J. Müller und Lefevre. Östlicher Hackenberg ob Wallenwil (vis. Sudre). R. Menkei Weihe. ssp. R. muricatus Boulay und Gillot. Hackenberg ob Wallenwil-Eschlikon (det. Sudre). ssp. R. bregutiensis Kerner. Ob Balterswil, nicht selten (vis. Sudre). R. glaucellus Sudre. ssp. luteistylus Sudre. Zu einer Form, die ich dem Formenkreis des R. omalus Sudre zuzählte, schreibt Sudre: „plutöt R. luteistylus Sudre“. Diese Unterart kannte man bisher nach Sudre (Monogr. p. 171) nur aus den Dep. Tarn, Pyrenees und aus Schlesien. — Neu für die Schweiz. R. obtruncatus Ph. J. Müller. Ob Balterswil (det. Sudre). Vom Typus der Art erwähnt Sudre, 1. c. p. 175, einen Standort aus dem Elsass, einen zweiten aus Rheinpreussen. Aus der Schweiz sind verschiedene zu dieser Hauptart gehörige ERREEUERER bekannt geworden. — Neu für die Schweiz. R. purpuratus Sudre. ssp. R. acuminum Sudre. Ob Balterswil (det. Sudre). Jahrg. 64. Robert Keller. Arten und Formen des Genus Rubus. 521 Nach Sudre, l.c.p. 192, bisher nur von einem Standort in den Pyrenäen bekannt. — Neu für die Schweiz. R. tereticaulis Ph. J. Müller. Östlicher Hackenberg (vis. Sudre). var. e cordiger Sudre. Hin und wieder auf dem Plateau (teste Sudre). var. 5 brevistamineus Sudre Ob Balterswil (vis. Sudre). var.x armaticaulis Sudre. Ob Balterswil (det. Sudre). Eine bisher nach Sudre, 1, ec. p. 194, nur aus der Haute-Garonne bekannt gewordene Form. — Neu für die Schweiz. X R. semiteretieaulis Sudre = R. tereticaulis X R. bifrons. Ob Wallenwil mehrfach (teste Sudre). — Neu für die Schweiz. ssp. R. miostylus N. Boulay. Ob Balterswil (vis. Sudre). ssp. PB. fragariüflorus Ph. J. Müller. Ob Balterswil, auf dem Plateau und im östlichen Teil nicht selten (vis. Sudre). var. 9 cretaceus Sudre. Östlicher Hackenberg (teste Sudre). var, € emarginatus Sudre. Ob Wallenwil-Eschlikon (teste Sudre). var. & triangulariformis Sudre. Ob Balterswil (vis. Sudre). ssp. R. derasifolius Ph. J. Müller. Ob Balterswil (teste Sudre). sp. R. curtiglandulosus Sudre. : Östlicher Hackenberg ob Hurnen (vis. Sudre). — Ob Balterswil (vis, Sudre) ziemlich häufig. var. ö pinetorum (N. Boulay) Sudre. Ob Balterswil (vis. Sudre). var. ® Lazergesii Sudre. Ob Balterswil (det. Sudre). er Bisher nach Sudre (Monogr. p. 196) nur von einem Standorte Aus dem Dep. Ariege bekannt. — Neu für die Schweiz. Var. subspinulifer Rob. Keller. a % Folia supra adpresse pilosa, subtus molliter villosa pilis in nervis _ * peetinatis; foliolum terminale rhomboideum, emarginatum, breviter Acuminatum; inflorescentia subfoliosa, aculeis fuscis erebre eg laxe pilosa, glandulis atropurpureis, pedunculis patentibus; foliola 522 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1918 suprema valde reducta, margine et in paginis utrisque, infra prae- sertim in nervis validioribus setoso-glandulosa; germina glabrescentia. Auf dem Plateau des Hackenberges (vis. Sudre). ssp. R. argutipilus Sudre. 3 Östlicher Hackenberg (teste Sudre). Be f. roseola Sudre. “ Östlicher Hackenberg (teste Sudre). Ei ! i var. ciliatus Rob. Keller. Turio parce glandulosus; foliolum terminale rhomboideum, basi emarginatum, sensim acuminatum; inflorescentia glandulis brevissi- mis obscuris haud crebris obsita, perfoliata; folia suprema margine a setis glanduliferis ciliata, in pagina disperse setoso-glandulosa; petala alba; germina glabra. Östlicher Hackenberg (vis. Sudre). var. ö fragilipes Sudre. Ob Balterswil (vis. Sudre). Sudre gibt l.c. p. 198 einen Standort aus Frankreich an. — Neu für die Schweiz. ssp. R. finitimus Sucte. Ob Balterswil. var. & megathyrsus Sudre. Ob Wallenwil auf dem östlichen Hackenberg (det.Sudre, f. proxima). Sudre gibt l. c.p. 198 einen Standort aus dem Dep. Tarı a. — Neu für die Schweiz. u var. n porphyrogynus (Sabranski) Sudre. Ob Balterswil (vis. Sudre). Die var. wurde bisher nach Sudre, ].c. p. 198, nur von einem Standort aus Steiermark bekannt. — Neu für die Schweiz. R. Schleicheri Weihe. ssp. R. humilis Ph. J. Müller. stlicher Hackenberg (teste Sudre). ssp. R. chloroxylon Sudre. Ob Balterswil (det. Sudre). ssp. R. conterminus Sudre. var. ß piletofrucetus Sudre. = Ob Balterswil (det. Sudre). * Bisher nach Sudre, l.c.p. 204, von einigen Standorten aus Franke reich und Bayern bot, — Neu für die Schweiz. ssp. R. humifusus Weihe. Ob Balterswil (teste Sudre). ssp. R. inaequabilis Sudre. Jahrg. 64. Robert Keller. Arten und Formen des Genus Rubus. 523 var. ß stylosus (Sabranski) Sudre. Östlicher Hackenberg (teste Sudre). Sudre erwähnt l.c. 206 je einen Standort aus Steiermark und aus Bayern. — Neu für die Schweiz. var. & largus Sudre. Ob Balterswil auf dem Plateau des Hackenberges (teste Sudre). _ R.rivularis Ph. J. Müller und Wirtgen. var. ß flexisetus Sudre. Ob Balterswil (teste Sudre). 85p. R. incultus Wirtgen. var. d viridis (Kaltenbach) Sudre. | Ob Balterswil (teste Sudre). 85p. durotrigum R. P. Murray. Ob Balterswil (vis. Sudre). R. hirtus Waldstein und Kitaibel. var. n flacceidifrons Sudre. Ob Balterswil (teste Sudre). ssp. R. offensus Ph. J. Müller. & Balterswil, eine gegen var. $ subrubiginosus abändernde Form (teste Sudre); zu einer andern schreibt Sudre: „tend vers R. crassus* var. ö spinulifolius (Gremli) Sudre. Auf dem Plateau des Hackenberges (teste Sudre). &sp. R. Guentheri Weihe. Östlicher Hackenberg ob Hurnen (vis. Sudre). _ var. echinatus Rob. Keller. Turio crebre acieulis setisque obsitus; foliolum terminale ovatum, _ Profunde cordatum, sensim longe acuminatum; inflorescentia pedun- ulique acieulis purpurascentibus ereberrime armati, pedicelli et sepala acieulis setisque flavescentibus obsita. | Ob Balterswil (vis. Sudre). &sp. R. crassus Holuby. Östlicher Hackenberg (vis. Sudre, „tend vers Guentheri‘). var. 7 adenodon Sudre. on Östlicher Hackenberg ob Bernbardsriet (vis. Sudre, f. proxima); von der typischen Form durch grobe Zahnung der Blättchen und durch Verhältnismässig kurze Stieldrüsen verschieden. SSp. anoplocladus Sudre. Ob Balterswil eine Form mit behaarten Griffeln (vis. Sudre). var. # variicolor (Kinscher) Sudre. _ Ob Balterswil (det. Sudre, f. proxima). I. a a Te x 524 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Nach Sudre, 1. c. p. 226, ist bisher die var. nur von einem Stand- ort in Schlesien bekannt. — Neu für die Schweiz. ssp, R. nigricatus Ph. J. Müller und Lefövre. var. &£ Burnati (Favrat) Sudre. Ob Balterswil auf dem Plateau des Hackenberges. var. n glaucus (Kretzer) Sudre. Östlicher Hackenberg stellenweise häufig (teste Sudre). var. discolor Sudre und Keller. Turio laxe pilosus; folia minute et simplieiter serrata; foliolum terminale obovato-rhomboideum, emarginatum, breviter acuminatum; inflorescentia fere usque ad apicem foliosa, folia superiora discoloria, subtus pilis stellulatis densissimis cinereo-tomentosa et pilis simpli- cibus praesertim in nervis, margine setis glanduliferis ciliata, supra disperse setoso-glandulosa; aciculi breves; germina tomentosa. Hackenberg ob Balterswil. ssp. R. minutidentatus Sudre. Östlicher Hackenberg ob Hurnen, eine durch die kurzen Stiel- drüsen gegen R. tereticaulis neigende Abänderung (teste Sudre). ssp. R. pectinatus Sudre und Gravet. Plateau des Hackenberges eine auffallend kleinblütige Abände- rung (vis Sudre). var. ® crinitiformis Sudre. Eine nahestehende von mir als f. hypoglaucus bezeichnete Ab- änderung hin und wieder ob Balterswil (vis. Sudre). ssp. R. Kaltenbachii Metsch. var. ı orbiculatus (Ph. J. Müller) Sudre. Plateau des Hackenberges (vis. Sudre). Sudre gibt ]. e. p. 229, Fundorte aus dem Elsass und Sachsen an. Neu für die Schweiz. ssp. R. minutiflorus Ph. J. Müller. var. & horridifactus Sudre. Östlicher Hackenberg (teste Sudre). Sudre macht, 1. c. p 230, Standorte aus Frankreich, Deutschland und Ungarn namhaft. — Neu für die Schweiz. var. A subimbricatus (Schmidely) Sudre. Ob Balterswil (det. Sudre). ssp. R. interruptus Sudre. Ob Balterswil (teste Sudre). var. n obtusiflorens Sudre. Östlicher Hackenberg ob Hurnen (teste Sudre). R. caesius L. ge ee EN Er Fe er Jahrg. 64. Robert Keller. Arten und Formen des Genus Rubas. 525 x R. Mougeotii Billot =R. eaesius X R. bifrons, Ob Balterswil. x R. deltoideus Ph. J. Müller = R. Lloydianus. X R. caesius. Östlicher Teil des Hackenberges ob Vogelsang — Ob Balterswil. R. Idaeus L. Rubi von Rotenturm, Kt. Schwyz. Eine Exkursion vom 1. September 1915 auf den Grat vom Neu- sellstock bei Rotenturm gegen die Bannegg ob Biberegg galt vorläufiger Prüfung der Höhenverbreitung von Rubi, über welche wir zur Zeit für unsere Schweizerflora noch mangelhaft unterrichtet sind. Die Gratwanderung bewegte sich zwischen ca. 1400—1500 m. Ausser R. Idaeus konnten hiebei nur fünf Hauptarten der Subsect. Glandulosi beobachtet werden, nämlich R. tereticaulis, R. Schlei- cheri, R. rivularis, R. serpens und R. hirtus. Von ihnen fanden sich 18 Unterarten und 17 Varietäten. R. tereticaulis Ph. J. Müller. var. & cordiger Sudre. Kleinständli, ca. 1500 (vis. Sudre) — Ob dem Kreuz Gross- ständli gegen Vogel, ca. 1500 m (vis. Sudre). — Ob Kessloch ca 1500 m (vis. Sudre). An allen diesen Standorten nicht selten. var. setulifer Rob. Keller. Folia caulina 3—5-nata, argute, partim subsimplieiter, partim _ duplicato mueronato-serrata, foliola terminalia partim elliptica et + sensim acuminata, partim late obovata et abrupte acuminata, emar- ginata; inflorescentia pyramidalis, laxa, pedunculi medii patuli, + perfoliata, folia superiora margine setis glanduliferis ciliata, supra lamina, subtus nervi glandulis stipitatis obsiti; germina pilosa. en Ob Inner-Kessloch, ca. 1550 m (vis. Sudre). &sp. R. miostylus N. Boulay. Großständli gegen Vogel, ca. 1500 m (teste Sudre). Auf dem Grat vom Kleinständli zum Punkt 1500 m eine Ab- änderung mit roten Griffen und zottig behaarten Fruchtknoten (vis, Sudre) | sp. R. fragarüflorus Ph. J. Müller. Unterhalb Bannegg, ca. 1400 m (vis. Sudre). a. Pß Perangustus Sudre. : . Neusellstock ob Großständli, ca. 1500 m (teste Sudre), eine f. gs 526 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 armata, folia ramealia superiora supra setoso-glandulosa, stamina stylis multo breviora. ssp. R. derasifolius Sudre. 2 Jenseits des Kreuzes Großständli etwas unterhalb des Grates gegen Vogel, ca. 1500 m (teste Sudre). "ssp. R. curtiglandulosus Sudre. i Bannegg gegen Lauitobel, ca. 1400 m, vom Typus durch die schwarzroten Drüsen und die roten Griffel abweichend und da durcli gegen var. p protensus (N. Boulay) Sudre neigend. var. bicolor Rob. Keller. = Folia subtus pallida, pilosa, nitentia, mediocriter vel grosse subsimpliciter serrata; foliolum terminale cordato-ovatum obovatumve, longe acuminatum; inflorescentia interrupta, angusta, pedunculis er- rectis, aculeis crebris rectis reclinatisve flavescentibus armata; folia ramealia suprema subtus pilis stellulatis densis cinereo-tomentosa; sepala acuminata, dorso aciculis flavis crebris obsita; stamina stylos purpureos paulo superantia; germina hirsuta. Bannegg gegen Lauitobel, ca. 1400 m (teste Sudre). ssp. R. Fischer-Oosteri Sudre. var. fissidens Sudre. a Folia caulina 3—4-nata, grosse et inaequaliter incisoserrata, in- florescentiae rhachis, peduneuli pedicellique aculeis debilibus ereber- rimis flavescentibus obsiti. Bannegg gegen Lauitobel, ca. 1400 m (teste Sudre). ssp. R. finitimus Sudre. Neusellstock, ca. 1500 m (teste Sudre) — Jenseits des Kreuz Großständli, am Abhang gegen Vogel, ca. 1500 m (teste Sudre) Bannegg gegen das Lauitobel, ca. 1400 m (teste Sudre) — Äusser- Kessloch, ca. 1500 m (teste Sudre) — Bannegg, ca. 1400 m. n allen diesen Standorten nicht selten. Eine durch reiche Bestachelung der Blütenstandachse der Astchen und Blütenstiele ausgezeichnete Abänderung — f. acieulata Sudre in sched. — mit kahlen Fruchtknoten unterhalb Bannegg im Laui- tobel, ca. 1400 m (teste Sudre). R. rivularis Ph. J. Müller und Wirtgen. ssp. R. angustisetus Sudre. var. ß setifer Sudre. Ob Inner-Kessloch, ca. 1350 m (teste Sudre). Sudre ewähnt die Form, 1. c. p. 208, von je einem Standor aus den Vogesen, aus Bayern und aus Steiermark. — Neu für die Schweiz. Jahrg. 64. Robert Keller. Arten und Formen des Genus Rubus. 527 ssp. R. lusaticus Rostock. Bannegg gegen Lauitobel, ca. 1400 m (teste Sudre). R. serpens Weihe. ssp. BR. chlorostachys Ph. J. Müller. var. ö brevipes Sudre. Jenseits vom Kreuz Großständli, Abhang gegen Vogel, ca. 1500 m (teste Sudre). R. hirtus Waldstein und Kitaibel. ssp. R. Guentheri Weihe. Ob Äusser-Kessloch, ca. 1500 m (teste Sudre). — Bännegk gegen Lauitobel, ca. 1400 m (vis. Sudre). ssp. R. crassus Holuby. Eine gegen R. Guentheri neigende Abänderung auf dem Grat zwischen Kleinständli und Punkt 1500 m. var. ı asperifolius Sudre. Bannegg gegen das Lauitobel, ca. 1400 m (teste Sudre), eine f. spinulifer, indem die oberen Blätter des Blütenstandes beiderseits mit + zahlreichen Drüsenborsten bekleidet sind. ssp. R. anoplocladus Sudre. Ob Ausser-Kessloch, ca. 1500 m (vis. Sudre). . ssp. R. nigricatus Ph. J. Müller und Lefevre. var. n glaucus (Kretzer) Sudre. Unterhalb Bannegg, ca. 1400 m (teste Sudre). ssp. Zt. minutidentatus Sudre. Ob Inner-Kessloch, ca. 1550 m (vis. Sudre). ssp. R. Kaltenbachii Metsch. Bannegg im Lauitobel, ca. 1400 m (vis. Sudre). var. x Braunii (Bräucker) Sudre. Bannegg im Lauitobel, ca. 1400 m (det. Sudre). var. & atrocalyx Sudre. Bannegg im Lauitobel, ca. 1400 m (vis. Sudre). ssp. R. minutiflorus Ph. J. Müller. Bannegg im Lauitobel, ca. 1400 m (vis. Sudre). s. var. dispulsiflorus Sudre. : Bannegg im Lauitobel, ca. 1400 m ‘(teste Sudre). var. ı emersistylus (Ph. J. Müller) Sudre. Jenseits des Kreuzes Großständli gegen Vogel, ca. 1500 m (teste Sudre). var. perfoliatus Rob. Keller. . Folia ampla, 3-5-nata, glabra, mediocriter vel grosse et inae- qualiter serrata; foliolum terminale latum, orbiculare vel late ovatum 528 - Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 vel obovato-rhomboideum, emarginatum, abrupte acuminatum; in- florescentia laxa, perfoliata, pyramidalis, pedunculi inferiores elongati; folia suprema in pagina superiori setis glanduliferis atrofuseis aspera, subtus nervo medio setosa, margine glanduloso-ciliata; setae creber- rimae; sepala dorso glandulis setisque erebris obsita; petala oblonga, acuta; germina glabrescentia. Kessloch, ca. 1500 m (vis. Sudre). var. A subimbricatus (Schmidely) Sudre. Jenseits des Kreuzes Großständli, am Abhang gegen Vogel, ca. 1500 m (vis. Sudre), eine Abänderung, deren oberste Blätter im Blütenstand ebenfalls oberseits drüsenborstig rauh sind. ssp. R. interruptus Sudre. Bannegg im Lauitobel, ca. 1400 m (det. Sudre). — Ob Inner- Kessloch, ca. 1500 m, eine gegen R. minutiflorus neigende Ab- . änderung (teste Sudre). ssp. Ze. declivis Sudre. Unterhalb Bannegg, ca. 1400 m (vis. Sudre). var. ß erythrostachyoides Sudre. Bannegg gegen das Lauitobel, ca. 1400 m (vis. Sudre). Diese Abänderung wurde nach Sudre, 1. c.p. 233, aus Steier- mark, Ungarn und Schlesien bekannt. — Neu für die Schweiz. Nachträge zur Brombeerflora des Schauenberges, der Ess und des Pfannenstiels. Vergleiche Mitteilungen aus dem botanischen Museum der Uni- 2 versität Zürich (LXX VIII) in Vierteljahrsschrift der Naturforschendn Gesellschaft in Zürich LXII (1917). = R. serpens Weihe. var. @ puripulvis Sudre, Elgg gegen den Schauenberg im Guhwiler Bachtäli (vis. sie) ssp. chlorostachys Ph. J. Müller. | var. & galbinifrons Sudre. Pfannenstiel (teste Sudre). — . für die Schweiz. ssp. R. leptadenes Sudre. var. ı abieticolus Sudre, Pfannenstiel (det. Sudre). Bisher nach Sudre, 1.c. p. 220, nur von zwei Standorten as Frankreich bekannt. — Neu für die Schweiz. ssp. A. longiglandulosus Sudre. Jahrg. 64. Robert Keller. Arten und Formen des Genus Rubus. 529 var. x luteicaulis Sudre. Rütihof am Pfannenstiel (teste Sudre). R. tereticaulis Ph. J. Müller. ssp. R. curtiglandulosus Sudre. Egg ob Niederweningen (vis. Sudre). ssp. R. fragariüflorus Ph. J. Müller. var. < emarginatus Sudre. Pfannenstiel (teste Sudre). R. hirtus Waldstein und Kitaibel. ssp. R. offensus Ph. J. Müller. var. ö spinulifolius (Gremli) Sudre. Pfannenstiel (teste Sudre). ssp. R. crassus Holuby. var. ı asperifolius Sudre. Pfannenstiel (teste Sudre). ssp. R. anoplocladus Sudre. var. ß delicatulus (N. Boulay) Sudre. Pfannenstiel (teste Sudre). var. 2 microthyrsus (Boulay und Pierrat) Sudre. Pfannenstiel (vis. Sudre). ssp. R. nigricatus Ph. J. Müller. var. 9 Gerardii Sudre. Unterhalb Limberg am Pfannenstiel (teste Sudre). ssp. R. tenuidentatus Sudre. var. y jactabundus Sudre. Pfannenstiel (teste Sudre). ssp. R. interruptus Sudre. var. d stellatiflorus (Ph. J. Müller) Sudre. Pfannenstiel (teste Sudre). Die Rubi des östlichen Stammheimer Berges, Kt. Zürich. Die im Nachfolgenden zusammengestellten Arten, Unterarten und Varietäten sind das Beobachtungsergebnis einer Tagesexkursion von Oberstammheim, der Waldstrasse nach Stein folgend bis zum Austritt aus dem Walde ob Kaltenbach (14. Juni 1915). R. albiflorus Boulay und Lucand. | Am nördlichen Waldrand, ob Kaltenbach eine grössere Zahl üppiger Sträucher (vis. Sudre). R. bifrons Vest. An der Waldstrasse und in Schlägen, nicht selten. 530 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 199 R. thyrsoideus Wimmer. ssp. R. thyrsanthus Focke. Auf dem Plateau hin und wieder. ssp. BR. candicans Weihe. var. & coarctatus (Ph. J. Müller) Sudre. Auf der Ostseite ziemlich reichlich (Sudre: tend vers le R. gonio. phyllus). R. vestitus Weihe. ssp. KR. leucanthemus Ph. J. Müller. An der Waldstrasse nach Stein hin und wieder. R. Colemannii Bloxam. ssp. R. Gremliüi Focke. Zerstreut auf dem Plateau (vis. Sudre). R. Genevieri Boreau. ssp. R. discerptus Ph. J. Müller, ehr zerstreut im nördlichen Teil (teste Sudre). R. micans Godron. var. n velutifolius Sudre. Ostseite gegen Nussbaumen (teste Sudre). le Diese var. war bisher nach Sudre (l. c. p. 134) nur von einem: Standorte aus dem Dep. Tarn bekannt. — Neu für die Schweiz. R. foliosus Weihe. Su ssp. R. fleeuosus Ph. J. Müller und Lefevre. | Hin und wieder auf dem Plateau (vis. Sudre). R. pallidus Weihe. | | ssp. R. drymophilus Ph. J. Müller und Lefevre. Ob Stammheim (teste Sudre). R. Menkei Weihe. ssp. R. bregutiensis Kerner. ee Häufiger Bestandteil des Niederwuchses, oft grössere Waldflächen | deckend. a R. omalus Sudre, | 2 var. cyclophyllus Rob. Keller. ; ; Turio angulatus, faciebus subsulcatis, erebre armatus; folia 5 grosse et inaequaliter serrata; supra glabra, subtus cinereo-tomel foliolum terminale suborbieulare, basi truncatum, apice abrupte minatum; inflorescentia ampla, obtusa, interrupta, + pilosa, inelinatis erebris armata, crebre glandulosa; pedunculi medii p& ascendentes, pluriflori; sepala appendiculata, petala alba, glabra. Jahrg. 64. Robert Keller. Arten und Formen des Genus Rubus. 531 Auf der Nordseite in einem Schlag hin und wieder. Sudre schreibt dazu „an R. rudis X R. bifrons ??*, R. Koehleri Weihe. Auf der Ostseite des Plateau, gegen Nussbaumen (vis. Sudre). ssp. R. impolitus Sudre. Auf der Nordseite des Stammheimer Berges (teste Sudre). Nach Sudre, l.c. p. 189, aus Frankreich, Bayern, Schlesien und Ungarn bekannt. — Neu für die Schweiz. R. tereticaulis Ph. J. Müller. var. ß mierodontus (Ph. J.M. u. L.). N. Boulay. An der Strasse nach Kaltenbach, eine sehr nahestehende Ab- änderung (teste Sudre). Bisher nach Sudre, 1. c. p. 194, nur aus dem Dep. Aisne et Oise bekannt. — Neu für die Schweiz. ssp. R. derasifolius Sudre. Nordseite (teste Sudre). ssp. R. finitimus Sudre. Auf dem Plateau (vis. Sudre). R. Schleicheri Weihe. sep. R. chloroxylon Sudre. Nordseite kurz vor dem Austritt der Strasse aus dem Wald (teste Sudre). ssp. R. caeruleicaulis Sudre. Nordseite (teste Sudre). R. rivularis Ph. J. Müller und Wirtgen. ssp. R. biserratus Ph. J. Müller. var. ö incomptus (Boulay u. Cornet) Sudre. Ostseite, ob Nussbaumen (teste Sudre). R. serpens Weihe. sp. R. Hlaceidifolius Ph. J. Müller. var. ı saboiensis (Schmidely) Sudre. Nordseite (teste Sudre). var. curtiglandulosus Rob. Keller. i Turio laxe pilosus, ereberrime glandulis brevibus flavescentibus obsitus; folia 3-nata, amplissima, utrinque glabra, subtus pmilak; minute mucronato-serrata; foliolum terminale obovatum, emar ginatum, 4 Apice abrupte acuminatum; inflorescentia pauciflora, subaphylla, laxe Pilosa, pilis glandulas plerumque breves superantibus; germima glabrescentia. | ‚ Durch die zum grossen Teil auffallend kurzen Stieldrüsen in der Richtung gegen R. tereticaulis abändernd. 532 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich, Auf dem Plateau des Stammheimer Berges. ssp. R. angustifrons Sudre. Nordseite eine nahestehende Abänderung. ssp. R. chlorostachys Ph. J. Müller. var. & galbinifrons Sudre. Nordseite (teste Sudre). R. hirtus Waldstein und Kitaibel. ssp. R. offensus Ph. J. Müller. Nordseite. ssp. R. nigricatus Ph. J. Müller und Lefevre. var. n glaucus (Kretzer) Sudre. a Ostseite ob Nussbaumen eine + discolore Abänderung (teste Sudre). . ssp. R. minutidentatus Sudre. ER Nördlicher Teil (vis. Sudre). var. & hypoglauceus Sudre. Auf dem Plateau (vis. Sudre). R. caesius L. > R. ambifarins Ph. J. Müller = R. thyrsanthus X R. eaesius. Ostseite ob Nussbaumen — Nordseite. ” x R. Holandrei Ph. J. Müller = R. procerus X R. caesius. ni Oberhalb Oberstammheim, wenig abseits von der Strasse . Kaltenbach-Stein (teste Sudre). & >< R. adenoleuceus Chaboisseau — R. caesius x R. rudis. Östliche Seite ob Nussbaumen. x R. semirivularis Sudre = R. rivularis X R. caesius. = Östliche Seite hin und wieder (teste Sudre). a = R. Idaeus L. Dt ; > R. Idaeoides Ruthe — R. Idaeus X R. caesius. Auf dem Plateau. R. saxatilis L. Feuchte Stellen an der Waldstrasse nach Stein. Neue Standorte schweizerischer Rubi verschiedener Herkunft. R. subereetus Anderson. z w . Katzenseeried auf Torfboden gegen Alten Burg, Z. le u Werndli! — Frenschenberg gegen Bristen, 860 m, Uri, leg. ww u — Dachi bei Frenschenberg, 900 m, leg. W. Werndli! — Kas 5 T. wald bei Mosogno, T., leg. M. Jäggli! — Russo, Val Onserneff) 7 leg. M. Jäggli! — Buchberg bei Thal, St. @., leg- Sulger-Buel! Eu R. suleatus Vest. Jahrg. 64. Robert Keller. Arten und Formen des Genus Rubus. 533 Wasserwerkstrasse Zürich, leg. W. Werndli! — Haard bei Klein- Döttingen, Aarg.!! (vis. Sudre) — Ponte Oseuro, Val Onsernone, T., leg. Jäggli! (vis. Sudre). — R. macrophyllus Weihe und Nees. An der Strasse von Böttstein nach Mandach, Aarg.!! (vis. Sudre). R. ulmifolius Schott. Ob Amsteg gegen Frenschenberg, ca. 580. m, Uri, leg. W. Werndlit (vis. Sudre). ssp. FR. melanocaulon Sudre. Zwischen Dazio und Faido, T.,!! (vis. Sudre). Sudre erwähnt, 1. c. p. 70, nur Standorte aus dem südlichen Frankreich — Neu für die Schweiz. ssp. R. dispalatus Sudre. An der Gotthardstrasse oberhalb Amsteg ca. 540 m, Uri, leg. W. Werndli! (teste Sudre). R. Godronii Löcog und Lamotte. ssp. BR. Winteri Ph. J. Müller. Hierher gehören nach Sudre wahrscheinlich Speeimen von Russo, Val Onsernone, T., ohne Schössling von M. Jäggli; gesammelt. R. bifrons Vest. In Herdern, Z., leg. W. Werndli! — Im Haard bei Klein-Döt- tingen, Aarg.!! R. procerus Ph. J. Müller. var. y. obtusangulus (Gremli) Sudre. Ob Amsteg am Weg nach Frenschenberg, leg. W. Werndli! R. thyrsoideus Wimmer. ssp. R. thyrsanthus Focke. Föhrenbuck ob Hüntwangen, Z., leg. Frymann! R. arduennensis Libert. ssp. R. malacus Sudre. Am Fusse der Zwing-Uri bei Amsteg, leg. W. Werndli! (teste Sudre), Diese Unterart war bisher nach Sudre, 1. c. p. 95, nur aus dem mittleren und südlichen Frankreich bekannt. — Neu für die Schweiz. R. tomentosus Borkhausen. Michelskreuz ob Gislikon gegen Karren, L.,!! — Ruine Grünegg . bei Ilanz, Gr., leg. Hager! (vis. Sudre). ssp. R. Lloydianus Genevier. Zwischen Amsteg und Frenschenberg, 680 m, Uri, leg. W. Werndli! (vis. Sudre). — Ilanz, Gr., leg. Hager! sp. R. subparilis Sudre. 534 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. Am Hinterberg bei Jestetten an der Strasse zum Weangental, leg. Kelhofer! — Südfuss des Rossberges im Wangental, Sch., leg. Kelhofer! — Emmerberg, Sch., leg. Kelhofer! — Unter der Randegg, Sch, leg. Kelhofer! — An der Strasse vom Schweizersbild auf d Längenberg, Sch, leg. Kelhofer! R. vestitus Weihe. ssp. R. leucanthemus Ph. J. Müller. La Montoie pres Cornol, B., leg. Bourquin! (teste Sudre), vom Typus durch die verhältnismässig Bilmalen Endblättchen abweii R. Colemannii Bloxam. ssp. R. Gremlii Focke. Ob den Reben von Hüntwangen, Z., leg. Frymann! R. Schmidelyanus Sudre. ssp. R. gratifolius Sudre. 3 Vielleicht findet sich diese Unterart im Tessin. Zu einem Jäggli gesammelten, mir unklaren Spezimen aus Mosogno, Val Oman none schreibt Sudre „Apparence de R. gratifolius.“ R. radula Weihe. Frenschenberg ob Amsteg, ca. 860 m, U., leg. Werndli! ii Sudre). R. Timbal-Lagravei Ph. J. Müller. ssp. R. gracilior Sudre. Sur le Mont pres Porrentruy, ca. 450 m, B., leg. Bourquin! (in Sudre). R. foliosus Weihe. ssp. R. corymbosus Ph. J. Müller. ! Les Cötes prös Porrentruy, B., leg. Bourquin! (vis. Sudre)- ssp. R. flexuosus Ph. J. Müller und Lefevre. : Pardella, Fichtenwald unter dem Obersaxerfelsen, 500 m, Gr Hager! | R. Menkei Weihe. Sur le Mont pres Porrentruy, 450 m, B., leg. J. Bourqu Sudre). — Les Cötes pres Porrentruy, B., leg. Bourquin! (vis SU ssp. R. multifidus N. Boulay und Malbranche. Les Cötes pres Porrentruy, B., leg. Bourquin! (teste Sudre Sudre nennt in seiner ass: p. 160 mehrere Standorte den Dep. Seine infsrieur, Manche und Sarthe. — Neu für die ssp. R. bregutiensis Kerner. Hofstetten bei Neuhausen, Sch., leg. Kelhofer! — Auf der _ bei Schaffhausen, leg. Kelhofer! R R. rudis Weihe. in! (is ) Jahrg. 64. Robert Keller. Arten und Formen des Genus Rubus. 585 Oberhaard bei Birmensdorf, Aarg.!! (vis. Sudre). — Ob Hünt- wangen, Z., leg. Frymann! R. omalus Sudre. Beim Reservoir Wil, Z., leg. Frymann! R. Bellardii Weihe Pardella im Rheintal, Gr., 780 m, leg. Hager! (vis. Sudre). — Ilanz unter Suvis, 750 m, leg. Hager. — Ob Saillon, über den Combes de Sailles, 1125 m, W., leg. Gams! (vis. Sudre). R. rivularis Ph. J. Müller und Wirtgen. ssp. R. laurifolius Utsch. Bonet bei Collonges, W., leg. Gams! (vis, Sudre) In seiner Monogr. p. 209 erwähnt Sudre die Art nur von einem Standorte aus Baden. — Neu für die Schweiz. ssp. R. angustisetus Sudre. Ruis im Vorderrheintal, 800 m, Gr., leg. Hager! ssp. R. lepiobelus Sudre. Zwischen Michelskreuz ob Gislikon und Karren, L.,!! (vis. Sudre). Sudre gibt, 1. e. p. 212, Standorte aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Ungarn und Italien an. — Neu für die Schweiz. R, hirtus Waldstein und Kitaibel. ssp. R. Pierratii N. Boulay. Michelskreuz ob Gislikon, L.!! (vis. Sudre). ssp. R. nigricatus Ph. J. Müller und Lefevre, var. 7 Gerardii Sudre. Michelskreuz ob Gislikon, L.!! (vis. Sudre). ssp. R. declivis Sudre. Michelskreuz ob Gislikon, L.!! (vis. Sudre). X R. Kodruensis Simkovie = R. hirtus X R. Lloydianus. Michelskreuz ob Gislikon, L.!! (det. Sudre). R. eaesius L, var. ligerinus Genevier. Ruine Grünegg bei Ilanz, Gr., leg. Hager! (det. Sudre). var. mollifolius Sudre. For6t de Plaumon sur Fully, 740 m, W., leg. Gams! — Ander Sarvaz, nahe Cleusettaz, 476 m, W., leg. Gams! x R. Mougeottii Billot = R. caesius X R. bifrons. ni Steinbruch am Weg vom Bad zum Rossberger Hof, Sch., leg: Kehlhofer! — Sous les cötes prös Porrentruy, B-, leg. Bourquin! (vis. Sudre), — Ruine Grünegg bei Ilanz, Gr., leg. Hager! (vis. Sudre). x R. dumalis Halasey = R. caesius X R. procerus. P. 35 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919, 536 : Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. on Mont de Coluve pr&s Porrentruy, B., leg. Bourquin! (vis. Sudre). x R. divergens Ph. J. Müller = R. tomentosus x R. caesius. i Disla-Russein im Vorderrheintal, Gr., leg. Hager! — Pardella - | im Vorderrheintal, Gr., leg. Hager! — Tavanasa im Vorderrheintal, Gr., leg. Hager! \ = > R. deltoideus Ph. J. Müller = R. Lloydianus X R. caesius. Ob Champex d’Alesse gegen Djöte, 1150 m, W., leg. Gams! — Danis im Vorderrheintal, Gr., leg. Hager! = Von nachfolgenden Standorten aus dem Kanton ‚Schaffhausen = erhielt ich durch Kelhofer die Kreuzung: Klosterfeld — Steinbrüche zwischen Durstgraben und Jestetten — Im Schlauch zwischen Thayngen und Lohn — Am Kapf bei Thayngen — Pfaffenhalde an der Wanne ob Österfingen — Merishausen im Hinterschlot, an der Randenstrasse — Ob den oberen Müzen in Merishausen — Wallendällentobel bei Meri is- = hausen — Bei der „neuen Welt“ Neuhausen — Herblingen — Schloss ob dem Rank bei Oberwiesen. x R. capitulatus Utsch = R. Bellardii x R. caes a Outremont sur Lomont, 950 m, B., leg. edited ee Sudrei ; 2 x R. pseudopsis Gremli = R. longisepalus X R. caesius. & | Sur le Mont pres Porrentruy, B., leg. Bourquin (teste Sudre). R. Idaeus L. E. Von Interesse sind Standorte maximaler Höhenverbreitung: Ap Nova bei Brigels, 1950 m, Gr., leg. Hager! — La Muotta, Medels, 1850 m, Gr., leg. Hager! — Enetoih bei Russein, 1800 m, Gr., leg. Hager! Eine durch besonders schmale Endblättchen ausgezeichnete Abänderung (Länge zu Breite 3:1). R. saxatilis L, Unterhalb La Djöte d’Alesse, von ca. 1160 m bis ca. 1900 m an- steigend, W., leg. Gams! — Pilatus, Südfuss des Widderfeldes bei ca. 1700 m, L., leg. Amberg! — Aufstieg zur Brisi, Toggenburg 1820 m, St. G., leg. Vogt! — Alp Nova bei Brigels, 1950 m, leg. Hager. Neue Formen der schweizerischen Brombeerflora. R. cuspidifer Ph. J. Müller und Wirtgen. f. harpagonifer Sudre und Keller. Turio obtusangulus, glabrescens, aculeis crebris obsitus; folio ul terminale cordato-rotundatum, petiolo proprio duplo longius, acules petiolares erebri, inuncati; inflorescentia perfoliata, angusta, SU interrupta, supra conferta, crebre aculeis validis falcatis armata, den: Jahrg. 64. Robert Keller. Arten und Formen des Genus Rubus. 537 pilosa, pedunculis ascendentibus; pedicelli et sepala armata; stamina stylis aequantia; germina glabra. Frauentalerwald, Kt. Zug (vis. Sudre). R. tomentosus Borkhausen. ssp. I. Lloydianus Genevier. f. inuncatus Rob. Keller. Turio validus, angulatus, aculeis falcatis validis armatus, glandulis sparsis obsitus; aculei petiolares inuncati; inflorescentia armatissima, aculeis inuncatis brevibus sed validis, subeglandulosa. Wannenberg, Kt. Schaffhausen (vis. Sudre). R. foliosus Weihe. f. conjungens Rob. Keller. Turio angulatus; folia mediocriter vel grosse subsimpliciter serrata; foliolum terminale late cordato-ovatum, sensim longe acuminatum; inflorescentia perfoliata, elongata, obtusa, dense pilosa, creberrime glandulosa, aciculis debilibus erebre armata; pedunculi ascendentes, creberrime glandulosi; stamina stylissubaequantia; germina glabra. Entegast ob Schopfheim; südlicher Schwarzwald (vis. Sudre). Die Form zeigt eine Mischung der Merkmale des typischen R. foliosus mit solchen des R. corymbosus und R. flexuosus. Mit ersterem teilt sie die Form und Bekleidung des kräftigen Schöss- lings, wie den verlängerten, durchblätterten Blütenstand; anR. corym- bosus erinnert der obere Teil des gestutzten, scheindoldig abschliessen- den Blütenstandes; mit dem Formenkreis des R. flexuosus erscheint sie durch das Verhältnis der Länge der Staubblätter zu den Griffeln verbunden. R. foliosus Weihe. f. rhenanus Rob. Keller. (R. foliosus f. ad R. apiculatum vergens Sudre in sched. herb. R. K.) Turio angulatus, pilosus, creberrime glandulis relative longis setisque obsitus; folia 5-nata, supra glabra, subtus cinereo-tomentosa, inaequaliter argute et minute serrata; foliolum terminale angustum, obovato-rhomboideum, basi vix emarginatum vel truncatum, abrupte longe acnminatum ; inflorescentia elongata, usque ad medium foliosa, lata, pedunculis plerumque subrectangule patulis, inflorescentiae rhachis et pedunculi dense pilosi, erebre armati; pedicelli elongati, armati; sepala appendieulata, petala pallide rosea, stamina stylos de Su germina glabriuscula; flores bene fructiferi. Ryburg bei Rheinfelden, im Heimholz am ROSE nach Wall- bach, Kt. Aargau. R. furvus Sudre. di liter argute serrata, foliolum terminale ovatum vel obovatum, angustum 538 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. f. pallidus Rob. Keller. Frons flavo-viridis; turio, inflorescentiae rhachis, pedunculi et pedicelli aculeis ereberrimis armati; foliola argute et subaequaliter dorso aculeis flavescentibus obsita; stamina pallida, stylis virescenti- bus vix subaequilonga; germina parce pilosa. : Herblingen, im Wagenbach, Kt. Schaffhausen (vis. Sudre). ssp. BR. venustulus Sudre. T. Ne ang Sudre und Keller. tum; inflorescentia pauciflora; stamina pallida, germina pilosa. ' Oberwil-Dägerlen, Kt. Zürich. R. tereticaulis Ph. J. Müller. ssp. R. eurtiglandulosus Sudre. f. subangulatus Rob. Keller. Turio validus, ee faciebus planis; folia 5-nata, medio obovato-r höuiböidunm; EEE SER breviter et subabrupte acumiı tum; inflorescentia magna, interrupta, supra densa, dense piloso- hirsuta, glandulis atropurpureis, aciculis sparsis, tenuibus, flaves- centibus obsita; peduneuli medii patuli; styli rubri, germina piloaas Münzelshusen ob Baden, Kt. en (vis. Sudre). ssp. finitimus Sudre. f. densispinus Rob. Keller, Turio crebre setoso-aciculatus; folia 3-nata, minute et inaequa- (fere 1:2), emarginatum, sensim longe acuminatum; inflorescentia. flexuosa, + foliosa, ereberrime (sieut peduneuli, pedicelli et sepala setoso-aciculosa, styli rosei, germina glabra. | Durch die auffallende Bestachelung gegen R. rivularis abändernd. Rheinfelden, am Höhenweg nach Olsberg, Kt. Aargau (vis. Sudre Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. Von Anton BÜHLER (Zürich). (Als Manuskript eingegangen am 7. April 1918.) Hiezu 4 Abbildungen. Inhalt. Seite Seite 1. Einleitung . » 2.589 | 5. Untersuchungen an Arterien. . 576 an Übersicht een Tabeılen und Berechnungen. . 577 Aufgabe 541 Kurven und Ableitungen . .. . 59 2. Elastizitätund Dehnbarkei dar 6. Physiologie und Pathologie . . 605 Arter 552 | 7. Therapeutische Ausblicke . . 610 3. cat +92 5%. DON 8. Literatur-Nachweis . . . . . 613 4 Kerr an Gummi- schläucher . 1. Einleitung. Historische Übersicht. Die Lehre von der Blutbewegung gehört zu den interessantesten Problemen der Biologie. Ihre Bedeutung liegt nicht nur auf physiolo- gischem Gebiet, sondern wohl ebensosehr auf demjenigen der Physik. Nicht allein das Studium der normalen Funktionen des Organismus hat sich damit zu befassen; jede Pathologie und jede Therapie muss ihrer Wichtigkeit Rechnung tragen. Und wie auf andern Gebieten kann auch hier die Kenntnis der krankhaften Vorgänge wesentlich zum Verständnis des. physiologischen Geschehens beitragen. | Unter allen Lebenserscheinungen ist nun vielleicht gerade die Blutbewegung am leichtesten und vollständigsten einer mathematisch- physikalischen Analyse zugänglich. Hier treten dagegen die chemisch- biologischen Prozesse wohl am meisten zurück, die bei Untersuchungen über die Tätigkeit der Muskeln, der Drüsen, der Verdauung, der Nerven die Erklärung erschweren. ag: glaube auch, dass anderseits 540 Vierteljahrsschrift d Naturf. (zesellsch. in Zürich. 191 die Physik selbst aus der experimentellen Erforschung des Blutkreis- laufes ihren Nutzen ziehen wird. Denn gerade hier sind wir in unsern Versuchen, mehr als uns lieb ist, gezwungen, die Pfade selbst zu bahnen. Auch die neuesten Lehrbücher der technischen Physik, [ich nenne Foepp] (19) und Budau (10) ] betrachten z. B. die Elastizität ihrer Röhren als zu vernachlässigenden Faktor, der höchstens stören kann, und bringen keine Daten über deren mech. Bewertung. ; Es ist nicht verwunderlich, dass eine so dankbare Aufgabe seit Harveys Zeit immer wieder eifrige Bearbeiter gefunden hat. Da die vollständige geschichtliche Übersicht eine Ueberfülle von zum grossen Teil längst verschollenen Namen anführen müsste, verzichte ich zum vornherein auf Nennung aller derjenigen, die sich nicht mit der physikalischen Seite der Frage beschäftigten, und spreche über- haupt nur von Autoren, an deren Arbeiten ein wirklicher Fortschritt sich anknüpft. Harvey selbst konnte nur die Fundamente legen; aufbauen mussten seine Nachfolger. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts haben sich zwei Forscher in umfassender Weise des ganzen Problems angenommen: Poiseuille (54) und Volkmann. Die Gesetze, welche jener für die Strömung von Flüssigkeiten in engen Röhren aufgestellt hat, sind als massgebend heute wohlbekannt. Auch seine Untersuchungen über den Druck der Flüssigkeit und dessen Verhältnis zur Strömung haben bis heute noch Geltung (53). Weniger bekannt sind die sehr zahlreichen sorgfältigen Experimente von Volkmann (84, 85) und "deren mathematische Analyse. Sie beschäftigten sich hauptsächlich, wie schon der Titel des Werkes sagt, mit der Dynamik der Blut- zirkulation, also mit den Kräften, welche das Blut bewegen. Dass dabei die Herztätigkeit in den Vordergrund tritt, ist selbstverständlich. Aber auch den Blutdruck mit seiner Bedeutung und die Elastizität der Gefässe hat er in geistvoller Weise eingehender Prüfung unter zogen. Speziell betont er immer wieder, dass wir, wenn wir den Blutkreislauf verstehen wollen, verzichten müssen auf unbestimmbare Seine Experimente befassen sich zu einem wesentlichen Teil nik Strom-Geschwindigkeit und -Menge in verschiedenartigen Röh einfach und verzweigt, elastisch und unelastisch, und mit der Wel bewegung unter Verhältnissen, die dem Organismus möglichst getreu nachgebildet sind. Es wird sich im Lauf der Abhandlung da und Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchüngen über den Blutkreislauf. 541 dort Gelegenheit finden, auf Details seiner Schlüsse einzutreten, auch wo sie einer spätern Kritik nicht Stand gehalten haben. Hier sei nur noch darauf hingewiesen, dass er mit seinem „Haemodynamo- meter“, einem Quecksilbermanometer, das er direckt in die Adern einfügte, eine grosse Zahl von Blutdruckmessungen ausführte. Wenn auch dabei die Differenzen oft zu gross erscheinen um Irrtümer und Ungenauigkeiten der Methode ausschliessen zu können, so dürften doch die von ihm gefundenen Werte zwischen 100 und 170 mm Hg für Säuger im Bereich des Normalen liegen. Das Gleiche dürfte vielleicht gelten für seine Blutdruckbestimmungen bei Vögeln (Halsschlagader), wo er Zahlen um 160 erhielt. Interessant ist auch seine Feststellung, dass Kaltblüter einen beträchtlich tiefern arteriellen Blutdruck u weisen als die genannten Warmblüter. Aus der Reihe der andern Bearbeiter unseres Themas seien einst- weilen nır wenige markante Erscheinungen genannt. Untersuchungen über den Blutdruck, die wegleitend geworden sind für die heutige Wissenschaft, wurden uns überliefert von Ludwig (41) (Registrierung) 1847, Vierordt (83) 1855 (Sphyg- metrische Messung), v. Kries (36, 37) (Kapillardruck), v. Basch (4, 5) 1880, der mit seinem Apparat als erster die Blutdruckmessung aus dem Laboratorium hinaustrug in die Praxis; ihm folgte Riva Rocei (58). Gleichzeitig hatten W. Weber (88) 1841, Wertheim (91) 1847, Wundt (93), Bardeleben (3) 1878, Roy (62, 63) 1880 angefangen, sich experimentell mit der Elastizität der Adern und anderer organischer Gewebe zu beschäftigen. Zahlreich sind seit Marey (44,45) und Moens (47) die Autoren, welche sich mit den Strömungsverhältnissen des Blutes und der Pulswelle beschäftigen; ihrerseits fussen jene wieder auf Young (94), E.M. Weber (87). Auf den verschiedensten Gebieten des normalen und pathologi- schen Gefäss-Systems begegnen wir den Arbeiten von Thoma (72—79) (seit 1877) und seinen Schülern (34,40). Experimentell-kritisch fasste jüngst Frank (21) die verschiedenen Probleme an. Klare Dar- stellungen der derzeitigen Kenntnisse von der Blutzirkulation ver- danken wir Nicolai in Nagels Handbuch und einer Reihe von Publikationen von Tigerstedt (81). Aufgabe. Wie weit gehen heute unsere Kenntnisse hierüber? Ich will nur eine Grundfrage stellen: Welches sind die Bedingungen für das Zustandekommen des arteriellen Blutdruckes, und welches ist seine 542 ‘ Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. Bedeutung für die Blutbewegung? Man wird ohne weiteres zugeben, dass wir diese Fragen keineswegs erschöpfend beantworten können. Meiner Ansicht liegt der Hauptfehler daran, dass man immer nur versuchen wollte, dieses Problem in Verbindung mit der Dynamik zu lösen. Da spielen so viele und so unendlich verwickelte Verhält- nisse mit hinein, dass eine einfache Präzisierung der Aufgabe und. somit auch eine einfache Lösung unmöglich wird. Es muss zuallereı eine reine statische Grundlage festgestellt werden ohne je Verschnörkelung. Ist dies Ziel erreicht, so werden wir auf festem Boden weiterbauen können. ch habe diesen Standpunkt bereits in meiner vorlaa “ teilung der „Versuche über die elastische Kapazität der Ar terien“ (14 vertreten. Als meine heutige Aufgabe erachte ich, meine Experimen hierüber und deren Ergebnisse in extenso darzustellen, und die daraus abzuleitenden Schlüsse ausführlich zu präzisieren. Ich werde da manches aus der genannten Arbeit wiederholen müssen, weil dieselbe vielleicht nicht überall zugänglich ist. | Die Blutbewegung ist physikalisch die Resultante a treibender Kraft und Widerstand. Als erstere kommt % & ausschliesslich die Herzaktion in Betracht. Wie weit wir di Kontraktionen der Gefässmuskulatur als effektive Arbeit bei de Blutbewegung mit in Rechnung stellen dürfen, davon soll später Rede sein. Hier nur so viel, dass wir diesen Faktor bei unserel Betrachtungen einstweilen füglich ausser acht lassen können. Komplizierter gestaltet sich der Widerstand. Es sind dies 2 Teil Hemmungen, wie sie sich jeder Bewegung von Massen entgegen stellen. Da möchten wir wohl in erster Linie an das Gewicht Blutmenge, also an den Einfluss der Schwere denken. gerade dieser kommt nur eine sehr unwesentliche Bedeutung (Blumberg 6). Arterien und Venen eines bestimmten Gebietes vers halten sich mit ihren kapillären Verbindungen zusammen wie kor munizierende Röhren (Tigerstedt 81). Um die gleiche Höhendiffe welche das Blut in einem System steigen muss, fällt es im and wieder. Es werden also die Kräfte, die bei der Blutbewegung annähernd die Wage halten. Demnach kommen im ströf Blute wesentlich nur die Widerstandskräfte zur Geltung, die 5 in einer horizontal fliessenden Flüssigkeit entwickeln: Reibun widerstände. Diese zerlegen sich in äussere Reibung zwis Blut und Gefässwand und innere Reibung im Blut selbst, in ve ist durch die Viskosität der strömenden Masse. Der Ein B7 Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf, 543 letztgenannten Faktors wächst mit steigender Geschwindigkeit, ist aber unabhängig von der Weite des Gefässes. Der daraus sich ergebende Widerstand nimmt also im allgemeinen stetig ab mit der Entfernung vom Ventrikel; er vermindert sich in gleicher Weise, wie die Geschwindigkeit des Blutstromes, also dessen kinetische Energie. In gleichem Sinne verhält sich auch die äussere Reibung des Blutes in den Adern. Die äussere Reibung wächst aber auch in gleichem Verhältnis wie die vom strömenden Blute bespülten Flächen. Es ist der äussere Reibungswiderstand direkt proportional dem Produkte aus dem innern Umfang des Gefässes in die durchlaufene Länge, also 2rx-L. Wie gestaltet sich nun diese Formel bei Gefässteilungen? Ich setze den einfachsten Fall der dichotomischen Teilung einer Arterie in zwei gleich grosse Äste, wobei die Summe der Querschnitte der beiden letztern ‚gleich sein soll dem Querschnitt des Stammes. Es sei der Radius des Stammes = r, der Radius jedes Asts =r'. Wenn, wie vorausgesetzt, rar =2r ’n,sistr' = —_. Demnach Y2 ist der innere Umfang der beiden Äste zusammen, reduziert auf den Radius des Stammes, = 2 R. Die bespülte Fläche und damit die innere Reibung wächst also in den Ästen im Verhältnis von Te sie ist bei gleicher Summe der Querschnitte 1,4142 mal grösser als im Stamm. Es ist daraus ersichtlich, in welchem Grade der Wider- stand in den Arteriolen mit ihrem engen Lumen und ihrer relativ grossen Strömungsgeschwindigkeit sich steigern muss. Nach Thoma (74) ist bei Arterienteilungen die Summe der Querschnitte der Äste grösser als der Qnerschnitt des Stammes. Damit vermindert sich die Strömungsgeschwindigkeit in den Ästen und in gleichem Masse nehmen innere Reibung und der Geschwindig- keitsfaktor der äussern Reibung ab. Es wird dadurch einigermassen die Vermehrung des äussern Reibungswiderstandes infolge der ver- grösserten Wandfläche paralysiert. ‚Bei dem heutigen Stande unserer Kenntnisse ist es noch nicht möglich, exakte Formeln aufzustellen, nach welchen sich der Anteil jedes einzelnen Widerstandsfaktors im strömenden Blute feststellen liesse. Es sei nur daran erinnert, dass die Zunahme der verschiedenen Widerstände nicht in einfacher Proportion vor sich geht. Speziell der äussere Widerstand, der sich ergibt aus der Teilung der Arterien, wächst nach Massgabe der Fläche, also in geometrischer Progression. 544 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. Betrachten wir den Widerstand als Ganzes, so ergibt sich, dass, ohne neuen Kraftzuschuss im Stromverlauf, die Summe der ein- zelnen Faktoren schliesslich der treibenden Kraft gleich werden, d.h. sie erschöpfen muss. Dass daneben die zunehmende Erweiterung der & Summe der Gefässquerschnitte vom Arteriengebiet zum Kapillarsystem — £ mit seinen Teil zur Stromverlangsamung beisteuert, wurde bereits erwähnt; dieses Moment wird zum Teil bei Vereinigung der Venen- stämme wieder aufgehoben, weshalb sich der Blutlauf in den grösseren Venen wieder etwas beschleunigt. Denn auch hier ist die Summe der Querschnitte der Äste grösser als der Querschnitt des Stammes. äre die Verzweigung der Arterien bis zu den Kapillaren eine einigermassen gleichmässige, so müsste auch die Stromgesch windigkeit mit der Entfernung vom Herzen in regelmässiger Form abnehmen. Ob aber auf diese Weise einige wichtige plıysiologische Erfordernisse der Blutversorgung: gleichmässige Verteilung an Organe in ver schiedenen Körperabschnitten; verschieden starker Bezug der Ver brauchsmenge an Blut durch das gleiche Organ je nach Bedarf; einheitliche Durchströmung des Kapillargebietes jedes einzeege Or- ganes, auf ihre Rechnung kämen? Wohl kaum! Ein Ingenieur, der die Aufgabe hätte, bei einer Wasserversorgung diese Bedingungen zu erfüllen, würde in der Anlage wohl so ver fahren: Er legte ein Reservoir an, dessen Speisung er einer Be arbeitenden Pumpe übertragen könnte. Vom Reservoir aus leitet ein verzweigtes Röhrensystem das Wasser an die Verbrauchsstellen. An \ den Abgabestellen sind Hähne eingesetzt, die je für grösseren er. geringeren Bedarf regulierbar sind. Die Verteilung des Wassers im. Verbrauchsgebiet gehört in der Regel nicht mehr zu den Aufgaben des Wasserleitungsingenieurs, ebensowenig eine Rückleitung des ver brauchten Wassers zum Reservoir. Beides liesse sich indessen auch ohne Schwierigkeiten lösen. Eines aber gehört unbedingt zu jeder gleichmässig funktionierenden Wasserversorgung: Der Druck. Ingenieur erzielt diesen durch Hochlagerung seines Reservoits, 80 hot # dass auch bei stärkstem Verbrauch immer noch im ganzen Ver teilungsröhrensystem ein beträchtlicher Überdruck bestehen bleibt Bei allseitig geschlossenen Abflusshähnen ist der Druck an jeder Stel dieses Röhrensystems einzig und allein abhängig von der Ni | differenz zwischen der Höhe des Wasserstandes im Reservoit en dein betreffenden Röhrenquerschnitt ; bei horizontal gelagertem und Weite des Rohres, unabhängig von der Entfernung vom Ben Wenn blos ein Reservoir von beschränkten Dimensionen zur Verfügung Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf, 545 steht, in welches durch eine Pumpe, nehmen wir an, jede Sekunde ein dem ungefähren Verbrauch entsprechendes Wasserquantum ein- geführt wird, so muss zwischen zwei Zuführungen der Wasserstand im Reservoir merklich sinken und um so viel sinkt auch der Wasser- druck. Der Wasserbehälter muss dann so hoch gelegt werden, dass derartige Schwankungen keinen wesentlichen Einfluss auf den durch- schnittlichen Druck auszuüben vermögen, sondern dass stets noch ein genügender Minimaldruck erhalten bleibt. Es darf auch in einer guten Wasserleitung der Druck im Verteilungsröhrensystem keinen _ erheblichen Schwankungen ausgesetzt sein, wenn da oder dort ein Ableitungshahn mehr geöffnet wird. Die Berechnung und Prüfung einer derartigen Wasserleitungsanlage basiert im wesentlichen auf zwei Momenten: auf dem minimalen und dem maximalen Verbrauch. Aus dem Verteilungsröhrensystem wird so ein Druckleitungsnetz; der Druck im Verbrauchsnetz, wenn ein solches in geschlossenen Kanälen angefügt ist, spielt keine Rolle; es genügt, wenn er so hoch ist, dass der Abfluss nicht stockt. Auf jeden Fall muss er aber niedriger sein als in der Druckleitung. Genau den gleichen Bedürfnissen hat die Blutversorgung zu ge- nügen. Wir dürfen daher erwarten, hier prinzipiell die gleichen Einrichtungen zu finden. Speziell muss das Arteriensystem allen physikalischen Bedingungen eines Druckleitungsnetzes entsprechen. Dass dies in anotomischer Beziehung bis in die Details hinein zutrifft, hat schon Volkmann (84) gezeigt, und Roux (60, 61), Fuchs (22), Thoma (75) und andere haben es weiter ausgeführt. ; Aber auch die Physiologie erfüllt die physikalischen Gesetze. Nehmen wir das Arteriensystem als Ganzes, so können wir es ohne weiteres dem Druckleitungsnetz parallel setzen. Es ist längst allgemein bekannt, dass im Arteriensystem ein beträchtlicher Überdruck herrscht, der den äussern Atmosphären- druck und jeden innern @ewebedruck übersteigt. Seit dem klassischen Experiment von Hales (26) im Jahre 1748, der in Röhren, welche er direkt in die Halsschlagadern grosser Säuger einsetzte, die Blut- säule auf über 6 Fuss Höhe steigen sah, haben wir ein Mass für die Grösse dieses Druckes. Eine grössere Zahl von Untersuchungen, welche Ludwig (41) und seine Schüler Mogk (48) und Spengler (66) in den Jahren 1844—47 und Volkmann (84) 1850 veröffent- lichten, dehnten unsere Kenntnisse auf verschiedene Tierformen aus. Sie alle arbeiteten mit Queeksilbermanometern, die sie direkt mit dem Arterienlumen des lebenden Tieres in Verbindung setzten. In gleicher Weise haben als erste die Chirurgen Faivre und Albert 546 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. (1)anlässlich von Amputationen den Druck in Beinarterien des Mensehe : direkt gemessen. | Mit der Erfindung von Apparaten, die am lebenden Monschau eine Schätzung des Blutdruckes erlaubten, konnte ein reichliches Zahlenmaterial gewonnen werden, das in allen Verhältnissen eine Beurteilung des Blutdruckes bei Gesunden und Kranken ermöglicht. Es zeigte sich dabei, dass der arterielle Blutdruck unter physiologisch Verhältnissen eine grosse Gleichmässigkeit bewahrt, die auf eine stimmte Gesetzmässigkeit deutet. Welche Gesetze zu Grunde liegen, bleibt noch festzustellen. Immerhin darf nach den Untersuchungeı von Young (94), Poiseuille (53), Spengler (66), von Marey (4) und den, trotz theoretischem Widerspruch, damit übereinstimmen- den Ergebnissen von Volkmann (84) angenommen werden, dass auc ch praktisch die Blutdruckwerte beim gleichen Individuum im ganzen Arteriensystem sich auf annähernd gleicher Höhe halten. Das be- weisen auch neuere Experimente von Huerthle 31), der, von en gegengesetzten Voraussetzungen ausgehend, doch in Brachialis und oben Gesagten der Vergleich mit dem Druckleitungsnetz. Um eine möglichst gleichmässige Abgabe von Blut an die ERRAEEE .- erreichen, ist es notwendig, dass auf allen a aus dem Arteriensystem, d. i. an allen Übergängen ins Kapillargebiet, ein möglichst gleichmässiger Druck lastet. Das ist nur dann der ! stark abfällt. Auch die letztere Voraussetzung stimmt, denn Blutdruck in den Kapillaren bleibt mit 1530 mm Hg um ca. 100 m hinter dem Arteriendruck zurück. e Die wichtigsten Schwankungen des intraarteriellen Druckes teils statischen, teils dynamischen Ursprungs. Die statischen Momente sind noch nicht genügend gewürdi erforscht. Ich selbst kann darüber auch nur weniges sagen Individuen, andernteils um solche in ein und demselben Organis So fand ich, den systolischen Blutdruck in der A. femoralis e 29jährigen gesunden Mannes zu 120 mm Hg, annähernd gleich de Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 547 entsprechenden Druck in der A.brachialis mit 116 mm, bei horizon- taler Lage. Beim gleichen Manne stieg im Stehen der Druck in der Femoralis auf 138 mm Hg, während der Druck in der Brachialis un- verändert blieb. Die Druckzunahme im Stehen entspricht ungefähr dem 5 Bodendruck einer Blutsäule von 60 cm Höhe, und so viel be- trug auch die Niveaudifferenz der Meßstellen am Arm und am Ober- schenkel.!) Diese Druckschwankung ist also eine rein statische. Auf dieselbe Weise erklärt es sich, wenn Leute von hohem Körperbau grössere Blutdruckwerte aufweisen als Kinder und kleine Leute.?) Doch muss ich mich heute mit diesen Andeutungen begnügen, da uns, wie gesagt, hierüber noch kein grösseres Vergleichsmaterial zur Ver- fügung steht. Besser unterrichtet sind wir über die dynamischen Quellen der Blutdruckschwankungen. Da kommen in erster Linie die Phasen der Herztätigkeit in Betracht, die sich bekanntlich äussern in Steigen des Druckes mit der systolischen Füllung des Arteriensystems zum maximalen Blutdruck, und Abschwellen während der Diastole in- folge allmähliger peripherer Entleerung bis zum Niveau des mini- malen Blutdruckes. Dass das arithmetische Mittel der beiden Werte als mittlerer Blutdruck und ihre Differenz als Pulsdruck be- zeichnet wird, ist bekannt. Alle Lehrbücher der Physiologie und Pathologie arbeiten mit diesen Begriffen ; übersichtliche Darstellungen hierüber finden sich u. a. in Sahlis „Untersuchungsmethoden“* (65) und in Eulenburgs „Realenzyklopädie“ im Abschnitt: Herzkrank- heiten von Brugsch (9). An beiden Stellen wird auch über die Messverfahren kritisch berichtet.?) Ebenfalls als physiologisch-dynamische Blutdruckschwankungen sind die Änderungen infolge von Arbeitsbeanspruchung des Herzens zu betrachten (Masing [43]). Auch hier fehlt noch das erforderliche grosse Zahlenmaterial. Doch steht fest, dass wenigstens der systo- lische Blutdruck nach körperlichen Anstrengungen ansteigt; geringer oder verschwindend scheint nach Stursbergs (69) Untersuchungen die Zunahme des diastolischen Druckes zu sein. Ich rede auch hier wie zuvor nur von physiologischen Verhältnissen und lasse Pathologisches bei Seite. In ähnlicher Weise kann die Aufnahme von Speisen und Getränken den Blutdruck erhöhen. Aber sie sowohl wie die Arbeitsleistung haben nur einen kurz vorübergehenden Einfluss auf den Blutdruck, und auch da ist die Grösse der Schwankung im ') Vergl. Blumberg (6). ®) Vergl. Oppenheimer und Bauchwitz (52). ®) Vergl. auch Frank (21) l. e. 548 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. Verhältnis zur absoluten Höhe des Blutdruckes eine geringe, er x was den minimalen Druck betrifft. Es bleibt demnach von den dynamisch bedingten Bintardlk & schwankungen als wichtig und konstant nur die periodische Bewegung zwischen diastolischem und systolischem Blutdruck.!) Beide Werte werden, wie schon bemerkt, vom gleichen Individuum und unter verschiedenen Individuen von gleicher Konstitution mit grosser Zähigkeit festgehalten, und bei Störungen durch äussere Bedingungen wird möglichst rasch ein Ausgleich gesucht. Ich habe mir die ‚Aufgabe nn die statischen Grundlagen steht, und das Ende der Diastole, wo Füllung und Druck den tiefsten Stand erreichen. Ich komme damit zurück auf den Vergleich der Wasserleitung, bei welcher entsprechend den beschränkten mensionen des Reservoirs auch die Druckschwankungen, ver durch wechselnde Füllung, sich geltend machen. In gleicher Weise können auch die Bewegungserscheinungen, die sich aus der Konkurrenz von treibender Kraft und Widerstand ergeben, auf statische Zustände reduziert werden. Betrachten wir mit Tigerstedt (81) das Arteriensystem als ursprünglich leer, U nehmen wir an, dessen Füllung werde durch die Herztätigkeit e begonnen. Jede Ventrikelkontration fördert ein bestimmtes Quantum einstweilen als geschlossen denken wollen, bis das ganze Netz gla ; gefüllt ist. Nehmen wir an, dass dies mit zehn Herzschlägen schehen sei, und dass damit die Herztätigkeit sistiere, indem die Aort: zentralwärts gegen Zu- und Abfluss geschlossen wird. Wären Adern unnachgiebige Röhren, so befände sich in diesem Augenbli das Blut in ihnen in vollkommener Ruhe ohne jeden Druck. Au das Öffnen der Abflussrohre könnte in diesem Moment keinen tritt von Blut bewirken, weil eben intraarteriell kein Überdı !) Ältere Autoren massen der Respiration einen grossen Einfluss bei, was seither als Verwechslung mit den Pulsschwankungen herausgestellt hat. ee I ee a a Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 549 besteht. Ich bezeichne diejenige Blutmenge, die notwendig ist, um das Arteriensystem oder eine einzelne Ader ohne Druck zu füllen, als tote Kapazität. Sie ist auch im Leben lediglich Füllmasse und spielt bei der Blutbewegung keine Rolle. Wir können sie der Reserveluft der Lunge vergleichen. Setzt in diesem Stadium die Herzaktion aufs neue ein, so wirft jede Ventrikelsystole einen Überschuss an Blut in die Arterien, der seinen Abfluss in die Kapillaren sucht. Wären die Schlagadern nicht dehnbar, so müsste der Abfluss in genau der gleichen Zeit vor sich gehen, wie die Füllung, der Blutstrom in den Kapillaren bewegte sich also ebenfalls stossweise vorwärts. Die Dehnbarkeit der Arterien- wand bringt es aber mit sich, dass sie bei erhöhtem Druck eine grössere Menge Flüssigkeit aufnehmen kann, als ihrer toten Kapazität entspricht. Unbedingte Veraussetzung dafür, dass dies geschieht, ist ein grösserer Widerstand beim Blutabfluss als beim Blutzufluss, sodass ersterer gegenüber dem letztern verzögert wird. Die Abfluss- öffnungen aus dem Arteriennetz ins Kapillarsystem sind nun be- kanntlich gegeben in den sog. kleinsten Arterien oder Übergangs- arterien. Sie sind es, die dem Blutaustritt aus dem Schlagader- gebiet den erforderlichen Widerstand. entgegensetzen können. Bei ihrer grossen Zahl bieten sie dem Reibungswiderstande des Blutes eine grosse Fläche dar, was dessen Vergrösserung bewirkt. Damit aber dieser Widerstand höher sei als in den zuführenden Arterien, ist es weiterhin nötig, dass der Gesamtquerschnitt der Übergangs- arterien kleiner sei, als derjenige der zuführenden Gefässe, um durch Erzwingung einer Strombeschleunigung den Widerstand zu potenzieren. Dass diese kleinsten Arterien auch starke Elastika und kräftige Ringmuskeln besitzen müssen, wenn sie imstande sein sollen, den Widerstand im erforderlichen Masse zu regulieren, ist selbstver- ständlich.!) Angesichts des Widerstandes, welchen der Abfluss findet, muss. bei fortgesetztem Zufluss die Füllung des Arteriensystems und damit dessen Dehnung allmählich wachsen. Dieser Dehnung setzt nun das. Arterienrohr selbst einen zunehmenden Widerstand entgegen vermöge der Elastizität seiner Wandung. Diese, im Bestreben, die Dehnung rückgängig zu machen, zwingt die überschüssige Blutmenge, welcher bei geschlossenen Klappen der Rückzug ins Herz abgeschnitten ist, !) Ich verkenne damit keineswegs, dass ein wesentlicher Teil der Strömungs- energie des Blutes noch in den Kapillaren aufgezehrt wird, ich betone aber, dass der Regulierwiderstand für den Abfluss und damit für den arteriellen Druck in den. Übergangsarterien liegt. * 550 - Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. nach dem Kapillargebiet abzufliessen. Ich bezeichne diejenige Blut- menge, welche eine Arterie vermöge der elastischen Dehnbarkeit ihrer Wand bei erhöhtem Füllungsdruck über ihre tote Kapazität Bier ‚Aber nicht die ganze elastische et ae des Arterienageläl übt einen immer stärker werdenden Druck aus auf den Inhalt. Di zugeführt wird: es sind Zufluss und Abfluss im Glei gewicht. Und diese Gleichgewichtslage wird gewährleis ‚et durch eine bestimmte Grösse der elastischen Wandspannung der Arterien oder, was dasselbe ist, des intraarteriel Blutdruckes. > ! Diese Gleichgewichtslage pendelt zwischen den beiden Ext der höchsten Systole und der tiefsten Diastole. Die beiden Ph: keunzeichnen eine Umkehr in der Kräftegruppierung und bedeuten daher einen momentanen Stillstand, einen Ruhepunkt in der Bewegung. In diesem Sinne können sie statisch erfasst und beurteilt werde Damit sind die physikalischen Vorbedingungen für eine 8 mässige, den Bedürfnissen sich anpassende Blutversorgung in 8 Weise gegeben, wie dies in meinem Beispiel von der Wasserlei der Fall ist. Auf allen Ausflussöffnungen, d. i. auf den zentr: Mündungen der kleinsten Arterien lastet gleichmässig derselbe rel& bedeutende Überdruck; dessen konstante Höhe ist auch im Mini | so gross, dass die Schwankungen, die sich ergeben aus der stärk oder schwächern systolischen Füllung, aus der Erweiterung FR DEE ee Te ee Ba er N at en EEE Fe x - a ei 5 = Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 551 Verengerung einzelner Abflussbezirke, aus der verschiedenen Körper- lage, im Verhältnis dazu gering sind. Diese theoretischen Deduktionen werden gestützt durch die Tat- sachen. Der intraarterielle Druck hat tatsächlich eine Höhe, die auch im Minimum die Breite der periodischen und aperiodischen Schwan- kungen wenigstens um das Doppelte übersteigt. Soweit zuverlässige Untersuchungen reichen, hat sich der arterielle Blutdruck im Schlag- adersystem vom Aortenursprung bis zu den kleinsten gemessenen Arterien als annähernd gleich hoch erwiesen. Demgegenüber zeigt sich der Druck in den Kapillaren als rapid gefallen, und seinerseits ebenfalls von grosser Konstanz. Der Pulsstoss dringt vor bis in die letzten beobachteten Verzweigungen der Arterien und endigt an der Schwelle der Kapillaren; in diesen ist der Blutstrom überall ein ununterbrochener, wenn auch seine Geschwindigkeit einige Ungleich- heiten aufweisen mag. Dieses Faktum ist aus mikroskopischen Beob- achtungen an Tieren genügsam bekannt; dass es auch für den Menschen gilt, konnte ich (15) an mir selbst sehr schön in den Netzhaut- kapillaren erkennen. Über gleiche Beobachtungen berichtet E. Weiss (89, 90), dem es gelang, die Strömung des Blutes in den Fingerspitzen des lebenden Menschen mikroskopisch zu sehen. Es wirkt also nicht nur die Aorta, nach dem zutreffenden Vergleich von Huerthle (15), als Windkessel, sondern das Schlagadernetz im ganzen, wie schon E. H. Weber (87) annahm. Wie ich bereits andernorts (14) auseinandersetzte, ist es meiner Ansicht nach gerade „die physiologische Forderung der Kontinuität des Blutstromes in den Kapillaren, wonach die Druckhöhe sich richtet.“ Es verhält sich damit genau so wie in dem angeführten Beispiel der Wasserversorgung mit relativ kleinem Reservoir von periodischer Füllung. Bei geringer Druckhöhe kann sich hier die jedesmalige Nach- füllung bis über die Ausflussöffnungen hinaus geltend machen. Ist aber der Druckzuwachs infolge der schubweisen Füllung nur ein ver- hältnismässig kleiner Bruchteil des konstanten Minimaldruckes, dann wird diese periodische Druckdifferenz an den Abflusshähnen ver- schwinden. Ich habe mehrfach den Vergleich eines Wasserreservoirs heran- . gezogen. Wo ist nun dieses Reservoir bei der Blutzirkulation zu suchen? Dass das Schlagadernetz als Äquivalent der Druckleitung anzusehen ist, ist ohne weiteres verständlich. Es ist aber gleichzeitig das geforderte Blutreservoir; denn vermöge seiner Dehnbarkeit kann es eine bedeutende Menge Blut aufspeichern zu späterer Wieder- abgabe. Diese reservierte Blutmenge ist nichts anderes als die elastische Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 36 552 Vierteljährsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. i Kapazität des Arteriensystems. Und zwar müssen wir hier, gle wie beim Beispiel der Wasserversorgung, zwei Stufen von Reserve blut unterscheiden, abgesehen von der toten Kapazität. Ein Teil des selben dient zur Erhaltung des notwendigen Minimaldrückes, im Wasserreservoir durch Nivellierung des Wasserspiegels, in den Arterien durch Ausfüllung und Dehnung bis zur Erzielung der verlang n Wandspannung auf der Höhe des minimalen Blutdruckes. Ein darü hinausgehendes Quantum wird jeweilen periodisch nachgefüllt fliesst in der Füllungspause wieder ab. Es entspricht dem Schlag. volum des Herzens und erzeugt bei seinem Eintritt ins Arteri system einen Druckzuwaächs, der gleich ist dem Pulsdruck. Mit diesen Ausführungen ist eine Erklärung der grundlegen: Bedeutung’ des arteriellen Blutdruckes für die Zirkulation gege el Die Statik des arteriellen Blutdruckes selbst habe ich zurückge hi auf das Verhältnis des Füllungszustandes zur elastischen Wand- spannung der Arterie. 2. Elastizität und Dehnbarkeit der Arterien. Die Wandspannung einer Arterie wird bedingt durch ihre Dehn- barkeit und ihre Elastizität. Unter ersterer ist zu verstehen die wieder auf das frühere Mass auszugleichen. Die Elastizität der gesunden Arterie darf bis weit über die Grenzen der physiologischen Belastung hinaus als eine vollkommene angesehen werden, d.h. Arterienwand nimmt mit ‚dem Aufhören der formändernden Kra barkeit und Blastizität von einander abhengige Begriffe, die sich was die Verhältnisse bei den Arterien anbetrifft, gegenseitig ergänzen. Ich möchte bei Besprechung des Begriffes der Hlastizität 2 kurz zwei Punkte berühren: Die Vollkommenheit der Arterien-Rlastizität ist keine absoli Umfang und Länge. Die Folge ist eine langsam zunehmende weiterung und Verlängerung des Arterienrohres, wie dies besond schön hervorgeht aus den Messungen von Suter (70) an einer gr Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 553 Zahl von Aorten aus verschiedenen Altersstufen. Der Aortenumfang wächst von ca. 5—6 cm im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auf 7—9 cm bei Leuten über 60 Jahren. Die Längsdehnung zeigt sich darin, dass, wie Hiller (30) mass, bei jugendlichen Erwachsenen die Aorta in ihrer Anheftung an der Wirbelsäule gedehnt ist; im mittleren Alter entspricht ihre Länge der Strecke der Wirbelsäule, welcher sie anliegt, und im höheren Alter beweist ihre Schlängelung, dass sie im Verhältnis zur Wirbelsäule länger geworden ist. Das gleiche fand ich bei den von mir nachstehend beschriebenen Untersuchungen an Carotis und Femoralis: wie aus den; Tabellen hervorgeht, wächst bei alternden Arterien die tote Kapazität absolut und relativ zu ihrer Länge. Der Begriff der Elastizität wird nicht überall im gleichen Sinne gebraucht, was zu Missverständnissen Veranlassung geben kann. Man nennt landläufig die Elastizität gross, wenn sie eine starke Dehnung erlaubt und dieselbe rasch und vollständig wieder aus- gleichen kann. Umgekehrt bezeichnen manche Physiker und mit ihnen Thoma (79) und Triepel (82) die Elastizität eines Körpers dann als umso grösser, je geringere Dehnung sie gestattet. Mir er- scheint die Definition Foeppls (19) am treffendsten: „Elastizität ist allgemein die Fähigkeit eines Körpers, Formänderungsarbeit in um- kehrbarer Weise aufzuspeichern.“ Danach ist die Elastizität eine Eigenschaft, was mit der landläufigen Art, den Begriff zu gebrauchen, gut im Einklang steht. In der Verwendung von Thoma u. a. wird sie als Kraft gefasst. Der Gebrauch des einen Wortes in beiden Auffassungen führt zu Unsicherheit. Ich schlage daher vor, als Elastizität eine Eigenschaft der Körper zu bezeichnen im Sinne von Foeppl, und die entsprechende Kraft unmissverständlich elastischen Widerstand zu nennen, wie ich auch von elastischer Dehnbarkeit rede. Dann wäre unter Verminderung der Elastizität zu verstehen die Abnahme der Fähigkeit, eine durch äussere Kraft gesetzte Formänderung wieder auszugleichen, was gleichbedeutend ist mit dem Verlust der vollkommenen Elastizität. Dies entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch. Die Definition Foeppls sagt uns noch etwas wichtiges: Zur elastischen Dehnung, d.i. zur Überwindung des elastischen Wider- standes, muss Arbeit geleistet werden; im Blutkreislauf ist dies die Herzarbeit. Diese Arbeit findet sich in der elastischen Spannung der Arterienwand aufgespeichert als potentielle Energie. Mit der allmählichen Rückkehr der Ader zur diastolischen Ausdehnung gleicht sich die systolische Spannung wieder aus und verwandelt sich wieder in effektive Arbeit, d.i. in Blutbewegung. 554 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Es mag hier der Ort sein, vom Anteil der Gefässmuskulatur an der Blutzirkulation zu reden. Von neuern Autoren schreibt ihr ‚speziell Hasebrock (28) eine grosse Bedeutung zu für die Propulsion des Blutes in den peripheren Gefässbezirken. Er mag damit für ein- fach gebaute Organismen mit'nicht oder wenig differenziertem Herzen Recht haben. Beim Menschen und den ihm nahestehenden Tieren mit ihrem dominierenden Zentralorgan für die Blutbewegung halte ich seine Schlüsse für unzutreffend. es Von der Muskulatur der Arterien fallen hier einmal die Längs-- muskeln völlig ausser Betracht: sie sind so sporadisch verteilt und, x wo sie vorkommen, so schwach, dass sie zu regelmässiger, wirksamer Kraftentfaltung gar nicht befähigt sind. Es könnten also dafür nur die Ringmuskeln in Frage kommen. Wir wissen, dass die physio- logischen Eigenschaften der glatten Muskulatur eine peristaltische Kontraktion mit Fortschreiten des Reizes von einer Faser zur andern bedingen. In dieser Weise geht auch die Kontraktion des Herz- % schlauches vor sich. Aber es ist ein grosser Unterschied zwischen Herz und Schlagaderbaum. Die Kontraktionswelle des Herzens durc- läuft in der Zeit vom Beginn der Vorhofsystole bis zum Ende dr Ventrikelsystole die kurze Strecke der Herzabschnitte, und die Kon- traktionswelle der Arterien sollte in fast derselben Zeit das Arterien- netz von einem bis zum andern Ende durchlaufen? Unmöglich, auch wenn man nicht in Rechnung zieht, dass die Zusammenziehung bei den glatten Muskeln viel langsamer erfolgt als bei den quergestreiften.') ; Was daher bei einfach gebauten Wirbellosen möglich und zweck mässig sein mag, die peristaltische Mitarbeit der Arterienmuskulatun an der Blutbeförderung, ist unter den komplizierten menschlicben Verhältnissen mit der &rossen Geschwindigkeit des Blutstromes aus- geschlossen und wurde deshalb durch die stärkere und selbständigere Herzarbeit ersetzt. | Auch ein anderes Bedenken habe ich gegen die aktive Mitwirkung der Gefässmuskeln an der Blutbewegung. Der Muskel leistet seine Arbeit durch Kontraktion. Würde sich die Arterienmuskulatur syR- chron mit dem Abfliesen der Pulswelle zusammenziehen, so wäre ihr Kontraktionszustand am stärksten am Ende der arteriellen Leerung- Eine neu eintreffende Pulswelle träfe dann die Arterienwand in ihrer unnachgiebigsten Phase, und die pulssystolische Dehnung der Ader stiesse gerade im Beginn auf den grössten Widerstand. Das direkte Gegenteil ist theoretische Forderung und praktische Tatsache: die ') Vergl. F. Müller (51). Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 555 Arterienwand ist am Ende ihrer Pulsdiastole im Zustande ihrer tiefsten Erschlaffung, ein Beweis, dass die elastische Spannung nach- gelassen hat und eine Muskelkontraktion nicht eintritt. Die Arterien- muskulatur tritt in Funktion nicht zur Weiterbeförderung der Pulswelle, sondern zur länger dauernden Verengerung, wenn ein Arteriengebiet zu Gunsten eines andern einen verminderten Blutdurchfluss erhalten soll. Gleiche Schlussfolgerungen zieht auch Hess (29) aus seinen Experimenten. Möglicherweise muss in krankhaften Fällen der Kontraktions- zustand der Gefässmuskulatur auch den mangelhaften Widerstand einer degenerierten Elastika verstärken helfen, wodurch dann eine vielleicht schon bestehende Starrheit der Arterie vergrössert und der Widerstand gegen die Pulswelle erhöht wird. Diese Verhältnisse können bei der Arteriosklerose eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Jedenfalls ist es die Verengerung der kleinsten Arterien, welche gerade in dieser Krankheit den Blutdruck auf kranhhafter Höhe hält. Die Frage der Elastizität und Dehnbarkeit der Arterien habe ich bereits in meinen mehrfach erwähnten Versuchen über die elastische Kapazität besprochen. Es bleibt mir noch übrig, das Beweismaterial für die dort aufgestellten Schlüsse ausführlicher zu bringen, und Vergleiche zu ziehen mit den Resultaten anderer Autoren. Einer Besprechung der speziellen Verhältnisse von Elastizität und Dehnbarkeit der Arterien muss ich die wichtigsten Sätze aus der Lehre von der Elastizität im Allgemeinen vorausschicken. Diese Lehre basirt auf dem im Jahre 1678 von Hooke aufgestellten Gesetz: „Ut tensio sic vis“. In weiterer Ausführung lautet das Gesetz: Die Längenänderung, die ein Körper durch Druck oder Zug erleidet, ist proportional der belastenden Kraft, proportional der ursprüng- lichen Länge, umgekehrt proportional dem Querschnitt; sie ist ferner abhängig vom Material (zitiert nach Tallquist). Diese Abhängigkeit ist für ein bestimmtes Material konstant. Ihre Grösse wird bestimmt durch den Quotienten: = wobei mit / die ursprüngliche Länge und mit A das Mass der Längenänderung bezeichnet werden soll. Man nennt diesen Quotienten den Elastizitätskoeffizienten einer bestimmten Substanz, und setzt dafür das Zeichen e. Darunter ist also zu verstehen der Längenzuwachs (resp. die Verkürzung), welche die Längeneinheit eines Stabes vom Querschnitt 1 erfährt, wenn er durch Zug (Druck) vom Gewicht 1 belastet wird. Häufig wird auch 556 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 5 den Elastizitätsberechnungen der Elastizitätsmodul& zu Gr gelegt, oft irrtümlich auch als Elastizitätskoeffizient bezeichnet; das ist der Quotient aus der elastischen Spannung oder, was dasselbe ist, aus der dieselbe herbeiführenden Kraft durch die spezifische Längen- änderung. Bezeichnet man diese Kraft mit 6 so ist E=6 Pe E und & stehen demnach im reziproken Verhältnis; und das kleiner Bruch ist, so repräsentiert E eine vielstellige positive Zahl. Ich lasse zum spätern Vergleich mit entsprechenden Werten meiner Arterienuntersuchungen einige Zahlen von bekannten Körpern folgen (nach Moussons Physik): & E Gold (Wertheim) 0,00017905 5585 Eisen (Berry) 0,00004809 2074 Glass (Wertheim) 0,0001425 77 Marmor ® 0,000392 2609 Eschenholz, longitudinal 0,000893 11214 In allen diesen Prüfungen ist als Gewichtseinheit 1 kg ans“ nommen. Bei Zugrundelegung von 1 g als Einheit ist & durch 1000 zu dividieren, resp. E mit 1000 zu multiplizieren. a Elastizitätskoeffizient mit Elastizitätsmodul sind bei einer grose! Zahl von Körpern unveränderlich. Doch gilt das nicht für er Grad von Belastung. Für jeden Körper existiert eine Elastizitäls grenze, Geht die Dehnung oder Kompression darüber hinaus, so kann eine Reduktion auf die frühere Form nicht mehr eintreten. damit die Proportionalität zwischen Formänderung und bestimmender = Kraft ihr Ende erreicht, ist selbstverständlich. Aber auch air bevor die Belastung die Elastizitätsgrenze überschritten hat, hört © diese Proportionalität auf. Der Elastizitätskoeffizient wächst, vesp- der Elastizitätsmodul wird kleiner. Dadurch erhält die zuvor 8° linig. verlaufende Dehnungskurve (vergl. Fig. 9, Taf. DI) em& au Abszissenaxe konvexe Biegung, und der Winkel zwischen ihr | = der Abszisse (dessen Kotangens — E ist) wird grösser. Wir WO sehen, dass der Kurvenverlauf lebender Gewebe gerade die 8 2 teilige Richtung nimmt, | Die ersten : Rlastizität und Dehnbarkeit lebender Gewebe verdanken wir Werth‘ (9). Er prüfte durch Anhängen von Gewichten an Streifen Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 557 abgemessenen Dimensionen Knochen, Muskeln, Sehnen, Nerven, Arterien und Venen. Übereinstimmend fand er bei all’ diesen Geweben, was schon vor ihm W. Weber (88) an Seidenfäden festgestellt hatte, dass hier das Hookesche Gesetz von der Proportionalität zwischen Dehnung und Belastung keine Geltung hat. Er sagt: „Wenn man eine Linie konstruiert mit der sukzessiven Belastung als Abszissen und den ent- sprechenden Verlängerungen als Ordinaten, so findet man nicht eine gerade Linie wie bei den unorganischen Körpern, sondern eine Kurve, die sich sehr einer Hyperbel nähert, deren Scheitel im Nullpunkt der Koordinaten liegt. Deren Gleichung ist „’ = ar’ +bx.* Was speziell die Arterien anbetrifft, arbeitete Wertheim mit einer Zugbelastung von 14— 166 g pro mm? Querschnitt, u. a. an Aa. femorales von Menschen verschiedener Altersstufen. Bei Belastung über 100 g trat regelmässig Zerreissung ein. Ich habe aus seinen Zahlen nach der Formel et den Elastizitäts- koeffizienten & berechnet, und auf die Gewichtseinheit von 1g re- duziert, und in Tab. I die Resultate zusammengestellt: Tabelle 1. Elast.-Koeff. Person Länge mm Deunnug Au Last g Al nd 1: W.31.J, 197,0 48,45 14 0,0176 en 198,0 53,7 28 0,00969 2. m. 30 J. 170,5 18,57 20 0,00583 . 31,5 4 0,00451 “ 43,5 83 0,00307 3. w. 70.J. 125,7 2,0 28!) 0,00057 Aus dieser kleinen Zusammenstellung erkennt man folgende wichtige Punkte: 1. Der auf diese Weise berechnete Elastizitätskoeffizient der Arterien ist wesentlich grösser als derjenige der auf Seite 556 aufge- führten toten Substanzen. 2. Der Elastizitätskoeffizient der Arterien ist inkonstant. Er nimmt ab unter sonst gleichen Bedingungen: a) mit der steigenden Belastung bei ein und derselben Ader; b) mit zunehmendem Alter bei gleicher Belastung. Daraus geht hervor, dass für die Arterien ein Elastizitäts- koeffizient im Sinne einer Konstanten sich nicht wie bei Metallen ') Im Original steht als zweifelloser Druckfehler 0,428 kg; nach dem ganzen Zusammenhang ist meine Korrektur richtig; die 4 muss durch 0 ersetzt werden. nach andern Fonnaln gefunden werden. = Triepel (82) hat den Versuch gemacht, aus eigenen und eo; und dabei selbstverständlich für jedes Gewicht und jede Arterie wechselnde Zahlen gefunden. Ich halte einen solchen Versuch für verfehlt, denn mit solchen Zahlen lässt sich nicht rechnen. Um d rechnen zu können, muss ein Elastizitätsfaktor, der das spezifi Mass der Dehnung ausdrückt, in ein konstantes Verhältnis zur K das ist zur Belastung gebracht werden. Diesen Anforderungen entspricht auch die Formel von Moen (47), (die übrigens noch andere Faktoren enthält) nicht, weil er das Gewicht nicht eliminieren konnte. Von allen bisher aufgestellten Berechnungen hat nur Wertheit mit seiner oben zitierten Formel (einer quadratischen Gleichung) Dehnbarkeit der Arterien konstante Grössen — a und b — unterg Ich werde später erörtern, wie weit seine aus wenigen zum unvollkommenen Pesnichen abgeleitete Gleichung allgeme 6 keit beanspruchen darf. | Ausser den bereits Genannten weist die Liste der Autoreih, sich mit der Elastizität der Arterien befassten noch zahlreich - Namen auf. Wundt (93) glaubte, aus seinen Versuchen auf Proportionalität zwischen Zug und Dehnung schliessen zu können; Te he | litten seine Untersuchungsobjekte (Gefässe und andere or8& Gewebe) durch Eintroeknen. Schon Wertheim beobachtete, durch Eintrocknen der elastische Widerstand wächst, und dass damit die Dehnungskurve der Geraden, das ist dem Verhalten u ü organischer Substanzen, nähert. Beachtenswert sind die Dolechaneen von Roy (62) baren ' wegen der Sorgfalt, mit welcher sie durchgeführt wurden. Als in- für die Dehnung nahm er den Volumzuwachs einer Arterie bei pressen von Luft unter verschiedenem Druck. Diesen Volumzu@® registrierte er auf dem Kymographion. Die ee mn Arterien sich als maximal herausstellte bei Belastung in ie er des normalen Blutdruckes, also bei Ratten bei etwa 60-80 mm Ihr ') Bei Menschen gilt dies nach Roys Angaben nur für Personen bis zum 20. Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 559 Auf spezielle Zahlen komme ich später zurück. Lesenswert sind daneben seine einleitenden Bemerkungen über die physikalischen Grundlagen und seine kritische Literaturübersicht. Aus der Arbeit von Hiller (30) erwähnte ich bereits dessen Messungen der Aortenlänge bei verschiedenem Lebensalter im Ver- hältnis zur Wirbelsäule. Er prüfte ferner auch die Dehnbarkeit der herausgeschnittenen Aorta durch Zugbelastung mit 1 kg pro 1 cm änge. Dabei zeigten sich auch wieder deutliche Altersunterschiede: Der Grad der Dehnung im jugendlichen, mittleren und höhern Alter verhält sich nach ihm wie 16 zu 12 zu 8, sinkt also in arithmetischer Progression. Wie auf andern Gebieten der Gefässlehre begegnen wir auch hier Thoma (74, 75, 79), der mehrere Arbeiten hierüber selbst publizierte und durch seine Schüler Luck (40) und Kaefer (34) veröffentlichen liess. Besonders seine Untersuchung gemeinsam mit dem letzteren (79) bringt zahlreiches Material, das speziell zur Klärung der Arteriosklerosenfrage verwertet wird. Auch diese Autoren messen die Dehnung verschiedener Iliaceae externae an der Zunahme des Umfanges bei Einpressen von Luft unter verschiedenem Druck. Ihr Apparat ist sehr minutiös gestaltet, konnte aber Beobachtungs- fehler, wie sie sich aus der Beschaffenheit des Materials ergaben, nicht mit Sicherheit verhüten. Ihre von der menschlichen A. iliaca externa erhaltenen Zahlen besagen, dass gegenüber gesunden Arterien die Dehnbarkeit zunimmt im Beginn der Arteriosklerose und abnimmt bei fortgeschrittener Krankheit. Die Dehnungskurve der einzelnen Arterien in der Querrichtung bei steigender Belastung vergleichen sie ebenfalls einer Hyperbel, allerdings ohne hiefür mathematische Beweise zu bringen. Auch die Abhandlung Suters (70) erwähnte ich bereits. Er mass die Dehnbarkeit seiner menschlichen Aorten durch Zugbelastung eines 5 cm breiten Wandstreifens in der Querrichtung. Die Last rechnete er um in Druckwerte Quecksilberhöhe pro cm?, wodurch sich ein Vergleich mit dem Blutdruck ziehen lässt. Es entspricht nach ihm z. B. ein Zug von 1167 g an einem Arterienstück von 5 cm der Zirkumferenz und 1 cm der Länge gleich einem Druck von 171,1Hg auf 1 cm?, was in den Bereich der vorkommenden Blutdruckwerte fällt. Seine vielen Zahlen aus allen Altersstufen (105 verschiedene Individuen) beweisen, dass, während wie schon gesagt die Weite absolut wächst, die Dehnbahrkeit im Altern sukzessiv abnimmt, So wird z.B. der Umfang der Aorta eines 20j. Mannes um 91,6 °0, 560 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 der eines 40j. um 68 °/o, der eines 83 j. um 23,2 °/o seiner ursprüng- lichen Dimension durch Zug von 1167 g vergrössert. Damit habe ich aus der Literatur über Elastizität und Dehn- barkeit der Arterien wohl alle wichtigen Punkte hervorgehoben. Die Publikationen von Moens, von Luck, von Kaefer waren mir in der jetzigen Zeit nicht im Original zugänglich. Ich habe deren Ergeb- nisse teilweise nach Referaten zitiert. Alles, was seit Wertheim in diesem Artikel vorgebracht wurde, ist Bestätigung und nähere Ausführung der Sätze, die wir aus Wertheims Arbeit abstrahieren konnten. Übereinstimmend sind alle genannten Autoren der Ansicht, dass die elastischen Eigenschaften und die elastische Kraft der Arterien- wand fast ausschliesslich auf ihrem Gehalt an elatischen Elementen — dem gelben Bindegewebe von Triepel — beruhen, da der elastische Widerstand der glatten Muskeln ausserordentlich gering ist (Triepel). Meine Literaturbesprechung wäre lückenhaft, wollte ich die Arbeit von K. Bardeleben (3) über Venenelastizität unberücksichtigt lassen. Anknüpfend an einige Angaben von Braune (8), wonach auch bei den Venen bei Zugbelastung von wenigen Grammen die Dehnung proportional der Last wächst, bei stärkerem Zug aber das Mass der Dehnung hinter demjenigen der Last zurückbleibt, hat auch Bardeleben die Längenausdehnung der Venen bei zunehmender Be- lastung durch Anhängen von Gewichten von 0,1— 211 g geprüft. Er stellte fest: Die Dehnbarkeit nimmt ab mit wachsender Belastung proportional der Quadratwurzel aus der Last. Die Dehnungskurve der Vene ist daher eine Parabel. Die Venenelastizität ist eine voll- kommene bis zu einer Dehnung um 50 % der ursprünglichen Länge. 3. Versuchsanordnung. In der vorstehenden Skizzierung der Literatur ist der Boden geschildert, auf welchem eine Neubearbeitung des Themas bauen kann. Man sieht, dass noch in wichtigen Fragen keine Übereinstimmung besteht, und dass vor Allem das Problem der Gesetzmässigkeit zwischen Druck und Elastizität noch kaum angeschnitten worden ist. - Es ist auch fast unmöglich, aus den Dehnungsexperimenten an ausgeschnittenen Arterienstücken physiologische Schlüsse zu ziehen, wie sich der Blutdruck demgegenüber verhalten muss. Der letztere ist abhängig von der Füllung des Gefässes, und durch die Belastung versuche erhalten wir lineare Grössen von ganz verschiedener Wertig keit. Denn die Dehnbarkeit der Arterien ist wie schon gesagt Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 561 durchaus ungleich in den verschiedenen Dimensionen, sodass sich auf diesem Wege eine zuverlässige Berechnung des Volumens bei ver- schiedenem Druck nicht durchführen lässt. Wir können nun aber auf einfachem Wege das Volumen eines Gefässes und dessen Zunahme bei steigendem Druck mit hinreichender Genauigkeit direkt messen. Der Füllungszuwachs gibt uns ohne weiteres ein Mass für die Dehnbarkeit der Arterie, und daraus resul- tiert von selbst ein Verhältnis zwischen Innendruck und elastischer Dehnung. Ich konstruierte mir für meine Messungen den anschliessend abgebildeten einfachen Apparat. (Figur 1). 4A = Arterie R = Abflussrohr S = Steigrohr 3 H = Dreiweghahn B = Burette Re = Reservoir M = Höhenmass . A UHREN Fig. 1. Apparat zum Messen der Arterien-Kapazität An eine graduierte Bürette von 70 cm Länge schliesst sich ein senkrechtes Glasrohr an von 6 mm Lumen und 1 mm Wandstärke. Soleher Röhren hatte ich mehrere bereit, sodass ich, die Bürette mit- gerechnet, Steighöhen von 10—300 cm erzielen konnte. Das untere 562 Vierteljahrsschrift d: Naturf. Gesellsch. in Zürich. se Ende der Bürette trägt einen Nickelhahn, durch welchen dieselbe in Verbindung gesetzt werden kann, entweder mit dem Steigrohr oder mit einem Reservebehälter, durch dessen Zufluss die Flüssigkeitshöhe in ihr reguliert wird. Dem unteren Ende des Steigrohres setze ich ein T-Rohr an. Dessen einer Schenkel dient zur Verbindung mit einem Quecksilbermanometer oder wird fest geschlossen. Am andern Schenkel des T wird die zu messende Arterie angefügt. Eine enge Kanüle aus Glas mit 0,6 mm innerm Durchmesser dient der Arterie als Abflussrohr. Die Arterie und ihr Abflussrohr liegen genau hori- zontal. Mit einem senkrechten Maßstab wird die Höhe des Flüssig- keitsspiegels in der Bürette über der Mitte der Arterie gemessen als Centimeter Wasserhöhe. Zur Untersuchung der Arterien nahm ich statt Wasser eine 0,95 prozentige Kochsalzlösung. Entsprechend den um 0,5 °/o höhern spezifischen Gewicht dieser Flüssigkeit gegenüber Wasser stellte ich deren Höhe im gleichen Masse niedriger ein. Will man den Druck einer Blutsäule in dieser Höhe mit demjenigen der Wassersäule vergleichen — was für meine Zwecke nicht notwendig ist — so braucht man nur mit Rücksicht auf das grössere spezifische Gewicht des Blutes die Zahlen, welche den Druck in cm Wasserhöhe angeben, um 5 °/o zu vermehren. Ich kann an dieser Stelle vollständig die Gründe gutheissen, die H. v. Recklinghausen (57) veranlassten, als Mass für den Blutdruck statt der üblichen mm Quecksilber die Höhe einer Wassersäule in cm anzugeben. Wir erhalten so, wie er sagt, nicht nur annähernd genau das Druckmass einer Blutsäule von gleicher Höhe, sondern vor allem ein Einheitsmass. 1 cm? Wasser wiegt 1 Gramm; also ist der Druck einer Wassersäule von 1 cm Höhe auf die Flächeneinheit von 1 cm? gleich 1 g, somit gleich der Gewichtseinheit. Wir werden auch bei meinen Versuchen sehen, dass auf diese Weise die Rechnung i wesentlich vereinfacht wird, und ebenso muss dies der Fall-sein bei statischen Betrachtungen üher den Blutdruck bei Mensch und Tier. Vorbedingung für Elastizitätsmessungen ist natürlich, dass das : System, in welchem der Druck erzeugt wird, selbst unelastisch sel. Das trifft praktisch für meine Versuchsanordnung zu. Die Dehnbar- keit für Glas und Nickel und die Komprimierbarkeit für Wasser ist so gering, dass ein Einfluss derselben auf meine Messungen ausge schlossen ist. Dabei muss allerdings mit grosser Sorgfalt jedes Ein- dringen von Luft mit ihrer hohen Kompressibilität vermieden werden. Es sind aus diesem Grunde diejenigen Experimente, welche die Dehnbarkeit der Gefässe durch Einpressen von Luft feststellen wollten, wie Roy (62), Thoma und Kaefer (79), Strassburger (67) Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 563 sehr sorgfältiger Arbeit nicht vollkommen exakt. Auch bei meinen Versuchen musste ich an zwei Stellen, das ist an den Verbindungen des Metallhähnchens mit Bürette und Steigrohr ein Kautschuck- schlauchstück einfügen, wodurch die Starrheit des Systems gestört wird. Der Einfluss auf das Resultat ist aber unmessbar klein, wie mir öftere Prüfungen bewiesen haben. Denn, wie aus den im Fol- genden angeführten Zahlen hervorgeht, ist die Dehnbarkeit des Kaut- schucks in allen Fällen viel geringer, als die der Arterie, besonders, da ich den Schlauch mit starkem Bindfaden fest umwickelte. Die Kautschuckverbindung war zudem so knapp wie möglich, sodass ihre Dehnung nur wenige mm? messen konnte; und endlich schwankte an der fraglichen Stelle der Druck nur in sehr geringen Grenzen, sodass ein Fehler in allen Versuchen konstant blieb. Aus allen diesen Gründen konnte eine Ungenauigkeit infolge der Kautschuckverbindung keinen Einfluss gewinnen auf das Versuchsresulat, und blieb inner- halb der unvermeidlichen Fehlergrenzen. Ich bin nun keineswegs der Erste, der volumetrische Druck- prüfungen an Arterien vornimmt. Schon 1856 füllte Donders (16) Blutgefässe mit Wasser und mass das Quantum bei verschiedenem Druck. Seine wenigen diesbezüg- lichen Untersuchungen scheinen die Resultate von Wertheim (91) von der Abnahme der Dehnbarkeit bei zunehmendem Druck zu bestätigen. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangte Marey (45) bei Untersuchun- gen an Aorten von Menschen und grossen Säugern. Er füllte solche aus einem Druckgefäss mit Wasser und mass die aus einem um- gebenden Gefäss verdrängte Wassermenge. Auch er fand Ueberein- stimmung der volumetrischen Dehnung mit der linearen Dehnung. Über die sor gfältigen Untersuchungen von Roy habe ich bereits gesprochen. Seine Ansicht von einem Maximum der Dehnbarkeit im Bereiche des physiologischen Blutdruckes, wird auch durch Zwaarde- maker (94) geteilt. Grunmach (25) arbeitete an Aorten vom Pferd mit Luftfüllung. Der »„Dehnungswert“ bei Druckhöhen zwischen 0 und 60 mm Hg ist grösser als derjenige bei einem Druck zwischen 140 und 200 mm. Die Kurvenbilder, die er bringt, ähneln meinen Dehnungskurven, sind aber unvollständig. Die gleiche teilweise Ähnlichkeit besteht auch für die Dehnungs- kurven von Thoma und Kaefer (79), also auch hier Abnahme der 564 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Dehnbahrkeit mit zunehmender Füllung. Auffällig ist das Ergebnis dieser Autoren, dass bei Arteriosklerose im Beginn die Dehnbarkeit abnimmt und bei fortschreitendem Prozess wieder wächst. Zahlreiche sorgfälltige Versuche machte Strassburger (67). Er prüfte die Dehnung von menschlichen Aorten, indem er sie mittels eines eingeführten dünnwandigen Gummischlauches aufblies, und die Volumzunahme, ähnlich wie Märey und Roy, plethysmographisch feststellte. Seine “Volumdruckkurven‘ sind für kleine Druckwerte geradlinig, bei höherem Druck konkav zur Abszisse. Ihm lag vor allem daran, auf Grund der elastischen Dehnung der Aorta seine Formel zu finden für das Schlagvolum des Herzens. = Dieselbe Absicht liegt auch der Arbeit von Fürst und Soetbeer (23) zu Grunde. Diese Autoren benutzten übrigens, wie ich nach- träglich sah, einen ganz,ähnlichen Apparat wie ich selbst. Da in- dessen das Ziel ihrer Forschungen ein anderes war als das meinige, tendieren auch ihre Ergebnisse nach anderer Richtung. Immerhin stellen sie fest: „Mit steigender Füllung nimmt die Dehnbarkeit ab, und der Innendruck steigt bei gleichem Füllungszuwachs um steis grössere Druckzuwachswerte*. Se Wie man sieht, herrscht demnach bei allen diesen Autoren darin i prinzipielle Übereinstimmung, dass das Volum der Arterien nicht proportional dem inneren Drucke zunimmt, sondern in stets sich ver minderndem Grade wächst. Über das Verhältnis zwischen Druck und Volum bestimmte Formeln aufzustellen, die praktisch verwertbar sind, ist bisher nicht gelungen. Und doch ist gerade die genaue Fixierung dieses Verhältnisses grundlegend für das Verständnis der wichtigsten physiologischen und pathologischen Kreislaufvorgänge. wi Wie schon gesagt, lässt sich das Volum von Gefässen leicht und sicher feststellen, indem man die Flüssigkeitsmenge misst, die sie bei verschiedenem Druck aufnehmen. 2 ch habe oben auseinandergesetzt, dass wir als Kapazität der Arterien zwei Stufen unterscheiden müssen von ganz verschie a Wertigkeit. Das eine ist dietote Kapazität. Sie wird repräsenble! durch diejenige Flüssigkeitsmenge, welche die Arterie beim Dri En O enthält, ohne dass eine Wandspannung eintritt. Da diese Flüssig- keit keinem Druck ausgesetzt ist, fliesst sie auch nicht ab, vor# gesetzt, dass die Abflussöffnung klein genug gewählt wird, um horizontaler Lage des Gefässes dem Eigengewicht der Flüssigkeit der Arterienwand das Gegengewicht zu halten. Indem ich bei Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 565 Aufstellung der Formeln die Kapazität allgemein mit K bezeichne, wähle ich für die Kapazität beim Drucke O das Zeichen: X, (Null- kapazität).. Bei höherem Druck wird das Fassungsvermögen der Arterie grösser. Ich bezeichne diejenige Kapazität, welche z. B. einem Drucke von 100 entspricht, als Ä,,., oder allgemein die Kapazität des Druckes p als X,. Von dieser Gesamtkapazität kommt für die Spannung der Arterienwand nur in Betracht diejenige Menge, welche die Nullkapazität übersteigt, also allgemein die Kapazität X,—K,; diese Menge be- zeichne ich mit k,„ Hs ist dies die elastische Kapazität des Druckes p, d.i. der Zuwachs an Fassungsvermögen, welchen die Arterie erfährt beim en des Füllungsdrucks von O auf p. Es ist wichtig, die elastische Kapazität für alle Arterien von verschiedener Grösse auf ein einheitliches Mass zu reduzieren. Das erhalte ich durch Bildung von Quotienten = d. i. elastische Kapazität durch Nullkapazität. Wenn ich die Kapazität in cm® messe, so bedeutet dieser Quotient den Wert der elastischen Kapa- zität pro 1 cm? tote Kapazität, oder allgemein gesprochen, er ist die elastische Kapazität bezogen auf die Nullkapazität 1. Ich habe diesen Wert elastische Einheitskapazität genannt, und setze dafür das Zeichen x (zaxza). x, bedeutet demnach den Zu- wachs an Fassungsvermögen pro Einheit der Nullkapazität, wenn der Füllungsdruck von O auf p steigt. Ich musste auf diese Begriffe hier noch einmal ausführlich zurück- kommen, trotzdem ich sie schon in meiner früheren Arbeit genau definiert hatte; denn sie sind grundlegend für das Verständnis meiner ganzen Ableitungen. Ich will auch nicht unterlassen, nochmals die Bedeutung der elastischen Kapazität zu betonen: Sie entspricht der Flüssigkeitsmenge, welche durch Druck in die Arterie hinein- gepresst wird; sie beansprucht also für ihr Eindringen in das Gefäss eine bestimmte Arbeit zur Überwindung des elastischen Widerstandes der Arterienwand. Sie dehnt diese letztere über deren Ruhelage hinaus aus und versetzt sie dadurch in elastische Spannung. Sie repräsentiert das Quantum Blut, welches bei Zusammenziehung der Arterienwand vermöge der elastischen Kraft, die dieselbe bei Rück- kehr in ihre Ruhelage entfaltet, weiterbefördert wird. Und was in dieser Beziehung für jedes Stück einer Arterie As das gilt auch für das Arteriensystem als Ganzes. 566 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Ich habe mir deshalb die Aufgabe gestellt, für eine Reihe von Druckwerten die elastische Kapazität zu bestimmen, wofür eine grosse Zahl von Messungen nötig waren. Jede Serie von Messungen musste möglichst rasch durchgeführt werden, damit sich während der Unter- suchung das Material nicht verändern konnte. Diese Umstände zwangen mich, eine Methode zu wählen, die bei hinreichender Genauigkeit ein rasches Arbeiten erlaubt. Mein Verfahren war demgemäss folgendes: Bei gefülltem Steig- rohr wurde die zu prüfende Arterie am Abflussende durch eine Ar- terienklemme geschlossen. Dann stellte ich bei geschlossenem Hahn den Flüssigkeitsspiegel in der Bürette auf eine bestimmte Höhe, z.B. 100 cm ein. Wenn ich nun den Hahn öffnette, so wurde die Arterie unter einem Druck von 100 cm Wasserhöhe gefüllt. Der Flüssig- keitsstand! in der Bürette, der durch Abfliessen der hiefür nötigen Wassermenge gesunken war, wurde nochmals auf den gewünschten Druck reguliert, und dann der Hahn geschlossen. Dadurch setzte ich den Flüssigkeitsdruck im Steigrohr auf O. Öffnete ich jetzt den Abfluss aus der Arterie durch Wegnahme der Klemme, so floss da- raus genau so viel ab, als unter dem angewandten Füllungsdruck über die Nullkapazität hinaus in die Ader hineingepresst wurde. So viel kann die elastische Spannung der Arterienwand weiterbeför- dern, nicht mehr und nicht weniger. Die ausfliessende Menge ist also das exakte Mass der elastischen Kapazität des Fül- lungsdruckes, im angenommenen Beispiel demnach — 0. Was nach Entleerung der elastischen Kapazität noch in der Arterie zurückbleibt, ist tote Kapazität, ist gleich X,. Auch diese Menge kann ich leicht messen durch Auspressen in ein geeignetes Messglass. Durch Rechnung erhielt ich den Quotienten Kine = Kon d. i. die elastische Einheitskapazität des Druckes 100. In gleicher Weise bestimmte ich die Kapazitäten für eine ganze Serie von Druckwerten bei jeder Arterie, in den meisten Fällen von 10—200—300 em Wasserhöhe in Stufen von 10 zu 10 cm. Zur Messung fing ich die ausfliessende Flüssigkeit in Reagenzgläsern auf, und mass sie mit einer graduierten Pipette bis auf 25 mm” genau. Dieses Mass ist hinreichend genau, um ein Urteil über die Ka- pazitätsänderungen zu erlauben und doch nicht zu minutiös, um durch Beobachtungs- und Materialfehler allzusehr beeinflusst zu werden. ‚Es seien noch einige allgemeine Bemerkungen über das Arterien material vorausgeschickt. Wie schon a.a.0. (14) hervorgehoben wurde, verdanke ich der Freundlichkeit von Herrn Professor Dr. Busse, PN BEE ET} Ben LE ML A. n Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 567 _ dem Direktor des pathologischen Instituts zu Zürich, ein frisches Untersuchungsmaterial von 20 Leichen beider Geschlechter, aller Alters- stufen zwischen 8 und 78 Jahren. Davon untersuchte ich im ganzen 38 Schlagadern — Carotiden und Femorales — über deren Beschaffen- heit im einzelnen die Tabellen Auskunf geben. Wie gesagt, erhielt ich die Objekte frisch, meist gleich nach der Sektion, und verarbeitete dieselben in der Mehrzahl der Fälle noch am gleichen Tage. Immerhin waren bis zur Untersuchung doch stets wenigstens 24 Stunden nach dem Tode verflossen. Ich halte das für keinen Fehler, gab es mir (doch die Sicherheit, dass ich nicht mehr mit Kontraktionszuständen der Gefässmuskulatur rechnen musste, sondern rein nur die Wirk- samkeit des elastischen Gewebes prüfen konnte, und das war es, worauf es mir ankam. Dass die Funktion der elastischen Substanz bis zu mehreren Tagen nach dem Tode nicht leidet, haben nicht nur vor mir eine Reihe von Autoren — Roy (62), Hiller (30), Toma und Kaefer (79) — experimentell geprüft; das haben mir auch meine Versuche gezeigt, indem die Untersuchungsergebnisse ein und derselben Arterie an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen sich annähernd gleich blieben. ' 4. Untersuchungen an Gummischläuchen. _ Um zuvor einen Begriff zu erhalten über die Leistungsfähigkeit meiner Methode, versuchte ich dieselbe an einigen Gummischläuchen von verschiedenen Kalibern und verschiedener Beschaffenheit der Wandung. Dadurch erzielte ich zugleich einen Überblick über das Verhalten dieser in weiten Grenzen vollkommen elastischen Substanz und ein Vergleichsobjekt der toten Materie zum Baumaterial der Gefässe. Es interessierte mich zuerst, wie sich die elastische Kapazität in Schläuchen von verschiedener Dehnbarkeit verhalten werde. Diesem Untersuchungsziel entsprechen die ersten Versuche. Weiterhin musste aber ganz analog wie bei den Arterien das Ansteigen der Kapazität bei regelmässigem Wachsen des Füllungsdruckes in derselben Breite wie bei den Gefässen geprüft werden. Die Ergebnisse dieser Unter- suchungsreihen finden sich ausführlich in den nachstehenden Tabellen II—IX verzeichnet. Ich schliesse gleich einige Versuche an, die ich später in bestimmter Absicht ebenfalls mit Gummischläuchen machte, um einige Fragen, die bei der Bearbeitung der Arterien aufgetaucht waren, zu lösen, Für die gemessenen Schläuche wurde nach üblicher Formel der Elastizitätskoeffizient & berechnet und in die Tabellen aufgenommen. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich, Jahrg. 64, 1919. 37 568 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. »1918 & ist bei linearer Dehnung gleich der Verlängerung dividiert durch die ursprüngliche Länge, reduziert auf das Gewicht 1. Bei unserer volumetrischen Dehnung lautet die entsprechende Formel: elastische Kapazität durch tote Kapazität bei Belastung 1. Ich wähle als Druck- einheit 1 cm Wasserhöhe, d. i. gleich dem Gewicht von 1 g aufl cm? Fläche. Somit ist = = > = = wobei mit P die Druck-Wasserhöhe in em bezeichnet ist. Tabelle Il. Gummischläuche. 12.—22. XII. 1915. % ; € Sy. Elast.Einh.Kap.cm’ | Elast. Koefl. Schlauch 4: Neuer schwarzer Schlauch, weich, elastisch, sehr dehnbar. Länge 52 cm; Lumen 0,75 em; Wanddicke 1,5 mm; Nullkapazität K, = 24 cm?*) 100 2 0,1125 - 0,001125 200 4,45 0,1854 0,000927 Fre ad ER Druck; cm H,0 | Elast.Kapazität cm? Schlauch B: Älter, schwarz, weich, 'elastisch, weniger dehnbar. Länge 58 cm; Lumen 0,7 cm; Wanddicke 1,5 mm; Nullkapazität K, = 22 em® 100 | 1,45 0,0659 0,000659 200 2,75 0,125 | 0,000625 Schlauch C': Alt, hart, brüchig, schlecht elastisch, wenig dehnbar. 44 cm; Lumen 0,85 em; Wanddicke 2 mm; Nullkapazität K, = 24 em’ 100 | 0,04 0,00167 0,0000167 200 0,09 | 0,00375 | 0,00001875 Schlauch X: Neu, rot, elastisch, klein, relativ diekwandig, dehnbar. Länge 10 em; Lumen 0,3 em; Wanddicke 1 mm; Nullkapazität K, = 0,7 em’ 100 | ; 0,2 | 0,286 0,00286 *) Die Masszahlen sind hier und in den andern Tabellen Durchschnittswerte | aus mehreren Messungen, deren Resultate meist sehr nahe übereinstimmten. Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 569 Tabelle il. Schlauch D. 26. XI. 1915. Neu, rot, weich elastisch, gut dehnbar, umsponnen, Länge 50 cm; Lumen 1 Wanddicke 1,6 mm; K, = 40 cm?. 1 m des Schlauches dehnt sich bei Blake von 1 kg um 10,75 cm. 50 cm dehnen sich bei Belastung von !/, kg um 2,5 em. 50 cm dehnen sich bei Belastung von 1 kg um 5,0 cm. Die Dehnung bei 1 kg Last beträgt also für den ganzen Schlauch ca. 10°/, der ursprünglichen Länge. Daraus berechnet sich die Dehnung pro mm? bei 1 kg Last auf 2,576 m für 1 m ursprüngliche Länge; oder bei 1 g Last 0,002576 m für 1 m L. Der Elastizitäts- koeffizient für lineare Dehnung ist also bei 1 kg Belastung = 2,576, oder für Last n 1 g berechnet = 0,002576, oder pro em? Wandung 0,00002576. 2% k * & 80 1,3 0,0325 0, 90 1,5 0,0375 0,000419 100 1,71 0,04275 5 110 1,9 0,0475 0,00043 120 2,1 0,0525 0,00044 130 2,3 ‚0575 0,00044 140 2,51 0,06275 0,000448 150 2,7 ‚0675 0,00045 160 2,95 0,07325 0,000444 Tabelle IV. chlauch D’. 27, VII. 1916. Der gleiche Schlauch wie in Tab. III, 8 Monate später. Beschaffenheit und Dimensionen dieselben; K, = 40 cm? P k ” € 10 01 0,0025 0,00025 20 0,2 0,005 0,00025 30 0,3 0,0075 0,00025 40 0,425 0,010625 0,000265 50 0,55 0,01375 0,000275 60 0,675 0,01687 0,0002812 70 0,02125 0, 80 1,0 0,025 0,0003125 90 1,15 0,02875 0,0003193 100 0,0325 0,000325 110 1,475 0,03687 0,0003868 120 1,625 0,04072 130 18 0,045 140 1,95 0,04875 150 2,1 0,0525 0,00035 570 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Vom gleichen Stück Pr k % € 160 2,3 0,0575 0,00036 170 2,55 0,06346 0,0003733 180 z 0,0675 0,000375 190 2,875 0,07187 0,000379 200 8,05 0,07625 0,00038 210 3,225 0,080625 0,0003839 220 3,45 0,08625 0,000392 240 3,8 0,095 0,000396 260 4,15 0,104 0,0004 280 4,45 0,11125 0,000397 300 4,8 0,12 0,0004 | Tabelle V, Schlauch E. 30. VII. 1916. wie Schlauch D; während 6 Monaten an der Heizung auf ehängt. Gleiche Dimensionen wie g ? K, für Messungen bis 80 cm H,O = 45 cem?; über 80 cm = 44 cem. » k % e 10 01 0,00222 0,000222 20 0,225 0,005 0,00025 30 0,375 0,0079 0,000263 40 0,65 0,01251 0,000313 50 0,75 0,01667 0,000333 60 0,875 0,01944 0,000324 70 1,05 0,02388 0,000341 80 1,225 0,02722 0,00034 90 1,375 0,03125 0,000347 100 1,575 0,03498 0,0003498 110 ‚825 0,04066 0,0003636 120 1,975 0,04489 0,0003741 130. 2,125 0,0483 0,0003708 140 2,3 0,05227 0,0003734 150° 2,425 0,05511 0,0003674 160 2,65 0,06023 0,0003764 Jahrg.64. Anton Bühler.. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf, 571 abelle VI. ° Schlauch 7. 30. VIII. 1916—2. IX. 1916. Neu, weich, rot, gut elastisch and Ber ru 48,5 cm; Lumen 0,45 em; anddick I. Frisch 6: vi)” = 8125 I. Während 3 Tagen bei P= O mit en gefüllt ei wie K, = 8,135 cm®. pP k % & I u I u I u 10 0,05 .0,00615 0,000615 "20 0,1 0,0875 | 0,0155 | 0,01077 | 0,000775 | 0,0005885 30 0,175 0,02154 0,000718 40 0,25 0,225 | 0,03077 | 0,0276 | 0,000764 | 0,000692 50 0,325 0,04 0,0008 60 0,375 0,35 | 0,04615 | 0,04308 | 0,000769 | 0,000718 70 0,425 0,05321 0,000747 80 0,575 0,5 0,07077 | 0,06154 | 0,000885 | 0,000769 90 0,625 0,07692 0,000954 100 0,7 0,65 0,08615 | 0,08 0,0008615 | 0,0008 110 0,775 0,09537 0, 7 120 0,85. | 0,825 | 0,1052 | 0,1015 |‘ 0,0008769 ' 0,0008462 130 0,9 0,1108 0,000854 140 1,0 1,0 0,1231 | 0,1231 | 0,0008791 | 0,0008791 150 1,05 0,1292 0,0008615 160 1,15 1,175 | 0,1415 | 0,148 0,0008846 | 0,000925 170 1,3 0,16 0,0009412 180 1,4 0,1723 0,0009573 190 ; 0,1846 0,0009717 200 1,575 0,1938 0,0009692 210 : 0,2092 0,0009963 220 1,775 0,2185 0,000993 230 i 0,2338 0,001017 1,975 0,2431 0,001013 250 2,125 0,2615 1 260 2,23 0,2769 0,001068 270 : 0,2954 0,001094 280 2,525 0,3108 0,001124 230 2,625 0,3232 0,001114 300 2,75 0,3385 0,001128 512: & 2 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. :1919 » Tabelle VII. Schlauch 7". 6. u. 7. IX. 1916. Derselbe er wie F, mit gleichen Dimensionen. K, = 7,95 cm?, E wickelt mit 1,16 g lockerem Baumwollgarn, trocken. II. Tan wie ]., getränkt mit 5,96 g Wasser. Schlauchgewicht netto 6,2 g. P k “ & . I u I II I u 100 0,35 | 0,375 | 0,044 0,0470 | 0,00044 0,00047 120 0,375 0,45 0,047°° | 0,0566 | 0,000393 0,00047 140 0,45 0,525 | 0,0566 | 0,066 0,000404 0,000461 160 0,55 0,575 | 0,0692. 0,072 0,0004334 | 0,000451 180 0,65 0,625 | 0,08176 ' 0,0786 0,000454 0,000437 200 0,75 0,75 0, 0,09434 | 0,000472 0,000472 220 0,825 0,85 0,104 0,1075 0,000472 0,000489 240 0,9 0,925 | 0,1132 | 0,116 0,000472 0,000485 260 0,975 1,025 | 0,1227 | 0,129 0,000375 0,000496 280 1,025 ‚1 0,129 0,138 0,000449 0,00049 300 1,15 1175 | 0,145 0,148 0,00046 0,00049 . Tabelle VIl. lauch @. 14. X. 1916. Ungebraucht, einige Monate alt, gleiche Qualität wie F. Länge 72 cm: Lumen 0,3 em; Wanddicke 1,1 mm; K, = 5,3 em? er k an % € 100 0,275 0,05189 0,0005189 120 0,35 0,06757 0,0005503 140 0,425 0,08019 0,0005727 160 0,525 0,09906 0,0006191 180 0,625 0,1179 -0,0006551 200 0,725 1 0,0006999 Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 573 Tabelle IX. Schlauch A. 17.X. 1916, Ungebraucht, einige Monate gelagert, rot, umsponnen, gut. 26 Länge 52 cm; Lumen 0,8 em; Wanddicke 2 Inm;.K, == cm‘, Pr | k | x | € | | | 80 | 0,4 e 0,0154 '.0,000193 100 | 0,52 0,02 0,0002 120 0,6 0,0231 | 0,000192 140 0,7 0,0269 | 0,000192 160 | 0,85 0,0327 0,0002044 180 0,975 0,0376 0,0002088 200 11 0,0423 ' + 0,000211 220 1,225. * 0,04712 | 0,0002144 Schlauch J, gebraucht, grau vulkanisiert, weichelastisch, dehnbar. Länge 70 cm; Lumen 0,8 em; Wanddicke 1,3 mm; K, = 24,5 cm’. 100 1,294 0,0528 0,000528 200 3,2625 0,1332 0,000666 | Das Ergebnis der in den Tabellen niedergelegten Untersuchungen an Gummischläuchen ist vor allem der Beweis, dass die Grundlagen der Methode richtig und dementsprechend brauchbare Resultate davon zu erwarten sind. ; Hiefür sind speziell zwei mathematische Deduktionen massgebend. In Tabelle III ist der lineare Dehnungskoeffizient für den betreffenden Schlauch bestimmt. Unter der Voraussetzung, dass die Dehnbarkeit des Schlauches in allen Dimensionen die gleiche sei, berechnet sich auf Grund davon die elastische Einheitskapazität für 100 cm Wasser- druck auf 0,07 cm®. Die gemessene Zahl für x ist 0,04275, also etwas kleiner. Diesem Werte entspräche ein Durchmesser des Schlauches von 0,987 cm statt 1 cm, wie ich ohne Präzisionsinstrument gemessen hatte. Die Geringfügigkeit der Differenz ist beweisend für die nahe Übereinstimmung der beiden Verfahren zur Bestimmung von #, besonders, wenn man bedenkt, wie viele Faktoren bei der rech- nerischen Ermittlung aus dem linearen Elastizitätskoeffizienten störend in Betracht fallen. | Eine andere mathematische Übereinstimmung meiner Methode mit Ableitungen aus der physikalischen Beschaffenheit des Materials ergibt sich in folgendem: Bei gleicher sonstiger Qualität der Schläuche muss derjenige Schlauch, dessen Wandung im Verhältnis zum Lumen dicker ist, einer geringern Dehnung durch die gleiche Belastung unter- 574 Vierteljahrsschrift d, Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 liegen als einer mit relativ dünnerer Wand. Das Verhältnis zwischen Lumen und Wand ist gegeben durch den Quotienten: Durchmesser D Wanddicke W Zwischen zwei Schläuchen von gleicher Qualität des Kautschucks gilt also die Formel: DD == :M. Zwei SeNIBNGhR von übereinstimmender Beschaffenheit ihres Materials sind F und @. Deren Masse in die Formel eingesetzt gibt 0,45 / 0,1: 0,3/0,11 = #r:%6; d. i. 4,5: 2,727 = 0,08615:: 0,05189.') Daraus be- rechnet das Produkt der äussern und innern Glieder 0,23355 = 0,23503. Wie man sieht, fast vollkommene Gleichheit als Beweis für die Richtig- keit meiner Voraussetzungen. Genau das gleiche Verhältnis ergibt sich bei Gegenüberstellung der Schläuche @ und A. Es ergibt sich daraus der auch für die weitern Betrachtungen wichtige Satz: Bei Schläuchen aus gleichem Material ver- halten sich die elastischen Einheitskapazitäten wie die Quotienten aus den Durchmessern durch die Wanddicke. Aus ‚den Versuchen an Gummischläuchen lassen sich noch einige weitere Schlussfolgerungen een “re t ist umso kleiner, je ge- BEER ie ee nen eines s Schlauches ee analog vernält sich uvi Das geht hervor aus era von A, B und C der Tabelle I. Besonders schön zeigt es sich bei Gegenüberstellung der Zahlen für D mit D' und E in den Tabellen III, IV und V. Der neue, gute Schlauch D hat die grössten Werte für «x und s, d.i. bei 100 cm Wasserdruck 0,04275 resp. 0,0004275. Dagegen hat der durch Gebrauch und längeres Lagern schlechter gewordene D’ eine x von 0,0325; ihm ganz ähnlich verhält sich der durch Einwirkung von warmer Luft verdorbene E - we rn . Der Deh 1 ( re ae )Koeffizient von Gummischläuchen ist keine konstante Grösse, sondern er wächst mit zunehmender Belastung. Bei allen Schläuchen, von welchen ich eine grössere Anzahl Messungen machte, zeigt sich die gleiche Erscheinung. Das geht auch anschaulich hervor aus der Dehnungskurve, die ich erhalte, wenn ich in ein Koordinatensystem als Abszisse die Belastung in cm Wasser- höhe und als Ordinaten die zugehörigen Werte von x eintrage. Fig 9. bei P= 10. a ER ER 7 RE ER a en eh Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 575 ist die so gewonnene Kurve für F. Sie ist keine gerade Linie, sondern gegen die Abszissenaxe konvex. Die Dehnungskurve meiner Gummi- schläuche verhält sich also wie die Elastizitätskurve von Metallen etec., deren Dehnung sich der Elastizitätsgrenze nähert. Ich bemerke übrigens, dass die Kurve überhöht erscheint, weil ich, der Anschaulichkeit halber, als Einheit für die Ordinate 0,1 cm’ wählte. Im reduzierten Maßstab aufgetragen schliesst die Kurve von Schlauch D mit der Abszisse folgende Winkel ein: bei P= 20:0°0 514." bei: P = 100: 0°. 178° bei P= 200: 0° Y’ 18° bei P= 300: 0° 1’ 22° Diese Form der Dehnungskurve von Gummischläuchen stimmt überein mit den Beobachtungen von Grunmach (25), der beim Auf- blasen von Schläuchen mit Luft ebenfalls eine Zunahme seines Dehnungs- wertes (entsprechend meinem Dehnungskoeffizienten) bei wachsendem Füllungsdruck sah. Seine Verhältniszahlen sind allerdings grösser als die meinigen; denn er fand, dass bei einem guten vulkanisierten Schlauch der Dehnungswert des Druckes 200 H,O zweimal grösser ist als beim Drucke 0. Es mag das seinen Grund z. T. darin haben, dass die Füllung mit der kompressibeln Luft weniger exakte Resultate gibt, wie diejenige mit Wasser. Anderseits spielt auch die Qualität des Materials eine wichtige Rolle. Meine Versuche zeigen, dass je schlechter der Gummi ist, umso mehr wächst der Dehnbarkeitskoeffizient bei steigendem Druck, umso geringer ist dessen Konstanz. Mein schlechtester, brüchigster Schlauch ist der mit C bezeichnete, der als jahrelanger Gasschlauch seine Dehn- barkeit fast völlig eingebüsst hatte (vgl. Tabelle I). Das Gleiche ‚ergibt sich auch aus Tabelle VI. Der neue Schlauch F wurde einmal als Nr. I frisch untersucht, das andere Mal, nachdem er durch drei- tägige Wassereinwirkung geschädigt worden war, als Nr. U. Ersterer zeigt wesentlich gleichmässigere Werte für & als letzterer, bei welchem € anfangs kleiner ist, aber mit steigender Last rascher zunimmt. Vielleicht dürfen wir daraus schliessen, dass Kautschuck von idealer, unverdorbener Qualität und vollkommener Elastizität, wıe er jetzt leider nicht zu haben ist, eine geradlinige Dehnungskurve und einen konstanten Dehnungskoeffizienten hat; mit Gebrauch und Alter verschlechtert sich seine Qualität, und seine Dehnungskurve und sein Koeffizient nimmt den Charakter an von unorganischen Stoffen, wenn sie sich der Grenze der vollkommenen Elastizität nähern und die P roportionalität zwischen Druck und Formänderung verlieren. 576 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Grunmach (25) hat die Meinung geäussert, dass umsponnene Gummischläuche geradlinige Dehnungskurven haben, und dass bei Organgeweben, wie es die Gefässe sind, der Wassergehalt Schuld sei an der zur Abszisse konkaven Dehnungskurve. Dies veranlasste mich, die Versuche der Tabelle VII mit Schlauch F' zu machen. Ich um- wickelte bei Füllungsdruck = 0 einen weichelastischen Gummi- schlauch (F)) dicht in mehrfacher Lage mit lockerem Baumwollfaden und untersuchte in trockenem und in feuchtem Zustand. Die erste Voraussetzung Grunmachs trifft für meinen Schlauch nicht zu. Der Dehnungskoeffizient ist bei umsponnenem Schlauche wohl kleiner als beim freien; er wächst aber in genau gleicher Weise mit dem Füllungsdruck hier wie dort (vgl. auch die Schläuche D und A). Auch die zweite Annahme von Grunmach findet in meinen Versuchen keine Bestätigung. Die Zahlen nach Durchtränkung mit Wasser gehen durchaus parallel denjenigen des trockenen Schlauches. Der Vergleich der Dehnungskoeffizienten I und II in Tabelle VI spricht eher gegen Grunmach. Denn vor Versuch II hatte der Schlauch während drei Tagen Gelegenheit, sich nach Möglichkeit mit Wasser zu tränken; der Dehnungskoeffizient wächst deutlich stärker als beim trockenen Zustand. Wenn auch die Aufnahme von Wasser keine bedeutende sein konnte, so wissen wir doch, dass Kautschuck bei langem Verweilen im Wasser quillt. Da hier also das Wasser nicht, vermöge seiner Inkompressibilität, hemmend auf die elastische Dehnung wirkt, geht es auch nicht an, ihm diesen Einfluss bei den organischen Geweben zuzuschreiben. Es ist allerdings sicher — schon Wertheim nimmt dies an und Triepel begründet es näher — dass die Elastizität der Gewebe zusammenhängt mit ihrem Wassergehalt; denn trockene Gewebe verhalten sich darin, ähnlich wie unorganische Substanzen, ganz im Gegensatz zu feuchten Organteilen. Es geht aber nach dem oben Gesagten nicht an, diesen Einfluss des Wassers auf rein mechanischem Wege zu erklären. Mit der Eintrocknung gehen wesentliche irreparable Veränderungen der organischen Sub- stanz einher, denen wohl die wichtigste Rolle bei Änderung der Elastizität zukommt. 5. Untersuchungen an Arterien. Material und Untersuchungsmethode wurde oben geschildert. Die Ergebnisse sind in den folgenden Tabellen in extenso zusammengestellt es seien nur wenige Worte zu ihrer Erläuterung vorausgeschickt. Die verschiedenen Arterien habe ich mit Rücksicht der Über- sichtlichkeit geordnet nach dem Lebensalter. In meiner ersten Arbeit konnte ich bereits feststellen, dass sich mit dem Lebensalter auch Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf, 577 schon eine gewisse Gruppierung nach dem Grade der Dehnbarkeit ergibt; denn letztere nimmt entsprechend dem Alter ab. Ebenfalls in meiner frühern Abhandlung habe ich gezeigt, wie sich aus der Parabelgleichung eine Formel ableitet zur Berechnung der Dehnbarkeitskonstante der Arterien; ich komme später noch einmal darauf zurück. Hier sei bemerkt, dass in den Tabellen der so erhaltene Wert als & aufgeführt wird. Ich brauche kaum beizufügen, dass die Dehnbarkeitskonstante der Arterien und der Dehnungs- (= volumetrische Elastizitäts-) Koeffizient der Gummischläuche zwar verwandte aber keineswegs identische Begriffe sind. Zur Charakteristik des Untersuchungsmaterials füge ich jeweilen kurz hergehörige Notizen aus den klinischen Beobachtungen und den Sektionsprotokollen bei, welche ich der Liebenswürdigkeit der Direktoren der Universitätskliniken und des pathologischen Institutes verdanke. Tabellen und Berechnungen. I. Serie: Carotis. Tabelle 2 _ —FallNr.1. Rz., Hans; $!/, J. 18—20. II. 19 Krankheit und Todesursache: App ende perforativa, Peritonitis diffusa. Nebenbefund: Mager, Stuma eystica, Glotzaugen; Herz un Druck Carot. comm. dext. et Anon. 18.1]. | Carotis communis sinistra. 20. I. | Länge 4,25 em; Lumen 4,25 mm Länge 4 em; Lumen 4,25 mm .| P Wanddicke 0,5 mm;K,=0,775em? | Wanddicke 0,5 mm; K=05 cm? me Er No k a 20|.13| 0125 | 0,1618 | 0,0006504 ' 0,0755 0,15 0,000506 | 30 | 22 | 0,113 | 0,226 0,000851 4| 30| 08 0,3871 | 0,001873 0,2 0,4 0,002 50 | 37 | 0,26 0,52 0,00274 60| 44| 0515 | 0,529 | 0,00233 032 | 064 | 0,008414 70| 521. 06 | 0,7742 | 0,00428 0,4 0,8 0,00457 80 | 59| 0,775 | : | 0,00533 0,537 | 1,074 | 0,00721 | 66) 0,865 | 1,119 | 0,006953 0,65 1, 100 | 74 1,075 ‚1,387. | 0,009844 0,8 1,6 0,0128 110| 3 | 05 | 19 1200| 8| 15 | 1,94 0,01561 1225 ı 245 | 0,02502 130 | 96 a 1,45 2,9 0,03657 140 1103| 1,8 2,323 | 0,01927 1,6 32 0,03657 150 | 111 1,75 3,5 1160 1118| 20 2,58 0,02081 1,875 | 3,75 0,0439 170 | 125 2,0 er 180 |133| 22 2839 | 0,02238 205 | 1 | 001060 190 | 140 2,1 42 is 200 |148| 2,35 | 3.032 | 0,02299 215 | 438 | 001: 210 | 155 2175 | 435 | 220 |162| 25 3,226 | 0,02365 2,2 4,4 VER | 578 Fall Nr.2. Gm., Hans, 9 J. Todesursache: Schädeltrauma mit Enzephalitis und Meningitis purulenta. Herz und Gefässe o. Krankheitsdauer 1 Monat. Tabelle XI. 26.—28. II. 1916. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Fall Nr. 3. Me., Luise, 20 J. + 8.1.1916 Krankheit: Perniziöse Anämie; Mastitis puerperalabscedens operata; verruköse Endokarditis mit Mitralinsuffizienz. Carotis communis dextra 26. 11. CGarotis comm. sin. 28.11. 2 Länge 6,0 em; Lumen 0,43 cm | Länge 6,5 cm; Lumen 0,43 cm Wanddicke 0,4mm ;K, = 0,95 cm? en ‚mm ; K,= 1,025 cm® eın H,O k % er k % I 20 0,225 0,2195 0,0012 40 0,425 0,4146 0,00215 60 0,7 0,737 0,00463 0,725 0,7073 0,00417 70 0,825 0,904 0,00558 80 1,0 ‚053 0,00692 1,08 1,054 0,00694 100 1,5 1,579 0,0125 1,6 1,561 0,0122 120 2,25 2,146 0,0192 140 2,4 2,526 0,02207 3,15 3,073 0,0338 160 3,9 2,805 0,0452 180 4,2 4,098 0,0466 200 4,45 4,343 0,0471 220 4,65 4,537 0,0468. Tabelle X. Gefässe elastisch, o. B. Carotis commun. dextra. 10,1. Carotis comm. sin. 9. ], mit Anonyma. =1,485 K, = 1,% k % £ k % « 10 0,08 0,056 0,00016 0,375 0,208 20 0,24 0,168 0,000677 0,55 0,2974 | 0,00221 30 046 | 0,3228 | 0,00174 0,775 0,3326 40 0,64 0,4491 | 0,00252 1,05 0,5676 | 0,00426 50 0,9 0,6316 | 0,00399 1,3 0,7027 60 0,225 | 0,8597 | 0,00616 1,65 0,8919 | 0,00665 70 1,95 1,0785 80 ‚8 0,263 ‚00997 2,175 1,1755 | 0,00885 90 2,275 1,5965 | 0,01416 2,525 1,365 100 2, 1,542 | 0,01697 2,925 1,581 0,0125. 110° 3,0 2105 | 0,02015 3,15 1,708 120 35 | 2281 0,02167 3,3 1,784 | 0,01325 130 3,375 | 2,369 | 0,021575 3,5 1,896 a 140 3,65 | 2,561. | 0,02342 3,675 1,9905 | 0,0141 150 3,825 | 2684 | 0,02347 3,825 2,0675 a 160 3,875 2,0945 | 0,0137 170 4,0 2,162 | 180 4,075 0,01345 190 Be 4,125 f 200 4,2 2,975 | 0,02172 4,15 2,244 0,014 | 210 Ei 4,175 2,257 220 | 4,2 2,270 0,0127 Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf, 579 Tabelle XII. Fall Nr.4. Me., Paula, 26. J. + 9. I: 1916. Krankheit: Tbe. pulmonum, laryngis, intestini, Herz und Gefässe gesund; systol. Blutdruck klinisch 194 mm Hg. Anonyma-Carotis comm. 11.1. Carotis comm. sin. 12.1. Fall Nr5. BL, Rosa, 38 J. + 6. III. 1916. r Länge 12 cm. K,=3,1 cm? Länge 7,2 em; K,= 1,6 cm? En & Ei ; 20 0,825 | 0,2661 | 0,0018 | 40 1,55 0,516 0,003328 60 2,625 | 0,8468 | 0,005975 80 3325 | 1,05 0,006391 100 | 445 1,4355 | 0,010305 120 | 5,55 1,7945 | 0,01343 140 | 6,5 2,097 0,0157 3,3 2,062 0,0152 150 | 3,5 2,1875 0,01595 160 | 7,35 2,371 | -0,01798 3,625 | 2,266 0,01604 170 | 3,75 2 0,01616 180 | 78 2,516 0,018 3,85 2,406 0,01608 200 | 835 | 2,694 0,0184 220 | 8,6 | 2,774 | 0,01749 Tabelle XIV. Krankheit: Tbe. pulmonum; Herz und Gefässe ohne Befund, Anonyma-Carotis dext. 7. III. Carotis communis sin. 7. IH. e K-17 me k # E k % & 60 1,35 0,7941 | 0,005135 0,775 | 0,6596 | 0,003625 70 1,575 | 0,9265 | 0,00618 0,9 0,706 | 0,00419 80 1,675 | 0,9853 | 0,006067 | 1,05 | 0,896 | 0,00499 "0 2,025 1,191 0,007883 1195: 1.10 0,00555 100 2,2 1,294 0, 1895 | 1,17 0,006847 110 2,4 1,412 0, 1,575 | 1,34 0,008166 120 2,6 1,559 0,01013 1.75 | 1.489 | 0,00924 130 2,85 1,676 0,01056 205 | 1745 | oo 140 3,0 1,779 0,01131 2225 | 1,894 | 0,0125 150 3,2 1,897 0,01183 160 3,42 2,012 0,01265 2425 | 2,064 | 0,0133 N 3,6 2118 | 0,01319 | . 180 3,7 2,176 0,01316 2,625 | 2234 | 0,1355 190 3,85 2, 0,01365 200 3,95 2.324 0,0135 2,775 |, 2511 | 0,01394 210 4,1 2,412 | 0,01385 | n 220 4,2 2,471 | 0,01387 2,9 2,468 | 0,01384 | } | BU 46.7 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 =; Er Anonyma-Carotis dextra, 24 Stunden später ; K-35 | k | » | g' 60 1,625 0,9286 0,00717 80 2,25 1,286 0,01033 100 2,96 1,686 0,01422 120 3,325 1,9 0,01504 140 3,6 2,057 0,01511 160 3,85 2,2 0,01512 180 4, 2,314 0,01488 200 4,225 2,414 0,01457 220 4,325 2,471 0,01385 - Tabelle XV. Fall Nr.6. Mü., Rosa, 35 J, f 19. 1. 1916. Krankheit: Tbe. pulmonum et intestini; Amyloidniere; starke Abmagerung. Herz klein, atrophisch, sonst gesund, wie auch das übrige Gefässsystem. Carotis comm. sin. 20. I. Länge 9,5 em; Lumen 0,6 cm; Wanddicke 0,6 mm, K, = 1,85 Fr x | S 10 0,275 0,14865 0,001105 20 0,475 0,25675 0,0016285 30 ; 0,37838 0,002386 40 0,95 0,51351 0,003296 50 1,175 0,63515 60 1,45 0,78379 0,005119 70 17 0,91892 0,006032 80 2,0 1,0835 0, 90 22 1,189 0,007871 100 2,35 1,2703 0, 110 2,625 1,419 0,009152 2,8 1,5135 0,009545 130 3,025 1,6314 0,01024 140 1,7297 0,01069 150 3,34 1,8081 0,0109 160 3,65 1,973 0,01216 170 3,875 2,0945 0,0129 180 4,0 2,1621 0,01298 190 4,1 2,2165 0,01293 4,175 2,257 -0,01273 210 2,3515 - 0,01316 4,365 2,365 0,01271 240 4,6 2,4865 0,01237 260 4,65 2,5135 0,01215 280 4,725 2,554 ...0,01165 300 4,8 2,589 0,01117 Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 581 Pe Tabelle XVI. Er Fall Nr. 7. Mch., Frau, 40 J. + 17.11. 1916. Ei Krankheit: Ruptura ilei mesenterica traumatica, Peritonitis diffusa Pneumonia hypostatica, Nephritis parench. acuta, Nephrolithiasis dextra. Herz o.B.; in Aorta und grossen Arterien einzelne atherom. Flecken. Carotis comm. dext. Carotis comm. sin. e K, = 1,65 em® K, = 1,825—2,05 em? !) er L 8% 0] g AR % 60 1,125 0,6818 0,00387 : 0,6566 0,003603 70 1,525 0,8356 0,00499 80 1,525 0,9303 0,005409 1,65 0,9045 0,005113 90 1,875 1,0275 0,005864 100 1,85 1,121 0,006286 2,1 1,1520 0,00662 110 2,35 1,288 0,007537 120 2,2 1,333 0,00739 2,625 1,438 0,00862 130 2,85 1,564 0,00941 140 2,425 1,476 0,00778 3,05 1,671 0,009975 140) 3,4!) 1,659 0,009824 50 3,6 1,756 0,01028 160 2,7 1,636 0,008368 3,85 1,878 0,01102 170 3,95 1,927 0,0109 180 2,95 1,788 0,00888 4,025 1,9635 0,0107 190 4,175 2,037 0,0109 200 3,2 1,988 | 0,00903 | 4,2 2,049 | 0,0105 210 \ 2,049 0,00999 n 43% 71% 0,00966 Tabelle XVil. = FaltNr.8. U., Barbara, 45 J. + 24. 1. 1916. n . Krankheit: Cholelithiasis operata; nachträgliche Verblutung durch Arrosion der en Art, hepatica; in Aorta beginnende atherom. Flecken. Herz o. B. i Carotis comm. sin. 27.1. Anonyma-Carotis comm. 26. I, Länge 10,75 cm; Lumen 0,55 cm 2 Länge 10,5 cm. K,= 3,5 cm? Wanddicke 1 mm; K, = 2,875 cm® nn e 0.77 % A Ren ra 3 10 0,35 0,12174 20 0,75 0,25131 | 0,00172 30 1,2 0,41739 40 1,575 0,54782 | 0,00375 50 1,975 | 0,68696 60 2,3 0,8 0,0053 ') Bei Unterbrechung des Versuches hatte sich bei Druckhöhe 140 für > linke Carotis infolge Verschiebung der Anschlusskanüle die Kapazität (K, und &) = geändert; die Berechnungen vom zweiten Werte 140 an basieren auf der = . kapazität 9,05. Man beachte, dass dadurch die Übereinstimmung nicht gestört wird. 582 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Tabelle XVill. Fall Nr.9. Bd., Frau, 48 J. + 3. II. 1916, P k % 2’ k % E ; | 70 2,7 0,94128 | 80 3,15 1,09565 | 0,0054 90 3475 |. 1,2087 100 3,7 1,2869 0,00828 110 3,9 ‚3596 120 4,1 1,4261 0,00847 130 4,25 1,4783 140 4,625 1,322 0,00625 4375 | 1,4783 0,00826 150 4,5 1,5218 160 4,85 1,386 0,006001 | 4,625 | 1,5665 0,00807 170 4,725 | 1,6087 ’ 180 5,25 1,5 0,006308 | 4,825 | 1,6485 0,0078 190 4,925 | 1,718 200 5,45 1,557 0,006062 | 5,025 | 1,7478 0,00763 220 5,625 1,607 0,00587 51 1,7739 0,00715 250 5,9 1,687 0,00568 5,2 1,8087 0,007 270 6,2 1,773 0,00581 300 5,3 1,8445 0,006 310 6,5 1,857 0,00556 Krankheit: Ruptura traum. des Colon sigmoideum; Perforativperitonitis. Alkoholismus; Herz etwas Hepsettaphiach; kleine atherom. Flecken in Aorta. Carotis communis dextra. 6. I.1 Länge 7,5 cm; Lumen 0,4 em; Wandd. 0,38 mm. 2 = 1bcm P k % $: 20". 1,0 0,625 0,00279 80 1,3 0,8135 0,004126 90 15 0,9375 0,00488 100 1,65 1,081 0,0053 110 1,85 1,156 0,004827 120 2,0 1,25 0,00651 130 24; 1,315 0,006626 140 2,2: 1,361 0,00675 150 2,3 1,435 0, 160 2,4 1,5 0,007195 170 2,5 1,5625 0,00718 180 2,55. 1,594 0,007056 200 2,675 1,672 0,006988 210 2,725 A 1,708 0,006906 220 2,75 > EB 0,00719. Me a AR Ze ee Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 583 Tabelle XIX. Fall Nr. 10. Me., Johann, 52 J. 7 14.1. 1916. Krankheit: Alte und frische Tbe. pulmonum, laryngis, pleurae, intestini, renum. Atherosklerose der Aorta und der Kranzarterien; Herz schlaff, Puls gespannt, sehwor 'unterdrückbar; Blutdruck 110 cm Hg; Hämoglobin 65 °%,; Albumen 1—2°/o Carotiden und Subelaviae an den Teilungsstellen stark verkalkt, im übrigen sklerotisch, ungleichmässig verdickt, spröde. Anonyma-Carotis comm. 16.1. - Carotis comm. sin. 17.L P Länge 13 cm; Lumen 0,6 cm; Länge 8,2 cm; Lumen 0,6 cm; Wanddicke1,25mm.K,=3,275em?| Wandd. 1,25 mm. K,= 2,125 cm? k #21 Ss k | $: 80 1,0. | 0,4806 | 0,0138 90 1,25 0,5883 | 0,001944 100 1,35 0,6325 x 110 1,6 0,7544 0,002577 120 1,75 0,8235 0,002826 130 1,85 0,8726 0,002928 140 3,375 1,0305 | 0,00379 150 3,475 1,061 0,003753 160 3,575 1,0915 | 0,003724 170 3,625 1,107 0,0036035 180 3,725 1,137 0,003594 190 3,8 1,16 0,003625 200 3,925 1,1985 | 0,003591 | 210 4,025 1,23 ‚0036 | 220 4,125 1,26 ) 240 4225 | 1,29 | 0,003467 | 260 4,3 1,818 0,003315 | 280 4,375 1,336 0,003187 | 300 4,5 1,374 0,003147 | | Tabelle XX Fall Nr. 11. St., Theodor, 53 J. + 22. XI. 1915. Todesursache: Schädelbruch durch Unfall (Alkoholismus ?). Atheromatose der grossen Arterien. Carotis comm. dext. 23. XL. Carotis comm. sin. 24. XI. P Länge 13 cm; Lumen 0,9 cm Länge 11 cm; Lumen 0,65 “m. - !Wanddicke 1—1,2mm; K,= 2,4cm’ Wanddicke 1,1 mm; K,= 2,9 cm k * R k ” £ : 23 70 2,55 | 0,8793 | 0,0055 100 3,0 1,0345 | 0,005851 140 3,5 1,207 | 0,005202 160 395 | 1,362 | 0,005998 165 3,41 1,4209 0,00612 . ta 200 2 0,0064 ; | 220 a 43 | 1483 | 0004997 | 38 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges, Zürich. Jahrg. 64 1919. 534 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich: 1919 Tabelle XXI. Fall Nr. 12. Wd., Jakob, 55 J. + 14 II. 1916. Krankheit: Nephritis interstitialis chronica, Urämie; Hypertrophia ee Herta h cordis sinistri, ä uch klinisch beobachtet ; AIRDpeR Huhcher Fr stark gespähnt; Syst. Blutdruck 2 220—206 mm He: Anätöhie: deutliche Kalkablägerung an den Verzweigungen der Gärötiden, Intima fleckig. r & PER ei N ne Carotis comm. dext. 14. Il. Carotis comm. sin. 15. I. P Länge 11,5 em; Lumen 0,6 em; Länge 10 em; Lümen 0,6 cm; Ro Wandd. 1,25 mm; K, = 2,875 cm® | Wändd. 1,25 mn; K,— 2,575 cm? k * g Re Se g’ % 60 1,925 | 0,6696 | 0,003736 1,6255 | 0,6311 | 0,003396 f 70 2,3 0,8004 | 0,004576 80 2,55 0,887 | 0,004917 2,0 0,793 0,00393 90 2,85 0,9913 | 0,004336 Se 100 si 1,078 | 0,005813 3,0 1,165 | 0,006787 | 8 110 3,35 | 1,179 | 0,00625 . 120 3,55 1,2635 | 0,006652 3,475 1,3495 | 0,007588 Be 130 3,7 1,304 | 0,0065435 & 140 3,775 1,3145 | 0,006884 3,85 1,495 | 0,00798 | 150 3,85 1,339 | 0,006117 160 405 | 14 0,006368 4,15 1,612, 0,008112 170 4,2 1,461 | 0,006377 © 180 4,3 1,496 | 0,006214 4,35 1,689 0,007927 190 4,4 1,5305 | 0,006164 4,475 1,5565 ' 0,006085 4,6 1,786 | "0,007978 = 10 | 455 ; 0,005963 | x 20 4575 1,591 | 0,005755 4,725 1,833 0,007638 Bo; Ss Tabelle XXIl. n Fall Nr. 18. N., Jakob, 56 J. + 19, XL. 1915, | s a Carotis communis u Fr IH. een comm: al, 91. XH. » K, 2,2 a Länge 12 em; Lumen 0,6 cm; 2 = Wandd: 1,2 mm; K, = 3,35 cm? SE k x ey ; k | 5 pr = 1,35 0,4029 | 0,002706 un 1,65 0,4925 0,003032 ar 1,95 0,582 0,0033875 . 2,2 0,6566 0,003593 . 2,485 | 0,7417 | 0,00393 er = 0,9082 | 0,005165 2,75 0,8208 | 0,004211 Jährg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blütkreislauf. 585 P k % E” k % E 100 38 1,0 0,005 3,1 0,9253 | 0,004482 120 5,3 1,0455 0,004554 140 3,4 1,091 0,00425 150 3,45 1,03 0,003533 160 2,5 1,1355 0,004035 180 2,6 1,182 0,00388 200 2,7 1,199 0,003765 3,6 1,075 0,002887 220 2,783 1,26 0.003637 240 2,866 1,303 ! 260 2,99 ‚359 0,003552 280 305 1,3865 0,003432 300 3,1 1,409 0,003309 4,05 1,194 0,0024355 Tabelle XXill. Fall Nr. 14. D., Paul, 70 J. 1916 Todesursache und Krankheit: Encephalorthägie. ker permagna cerebri, Atherosklerosis universalis, Atresia rami descendentis Art. pulmonalis sin. ophia renum; Fibrosis myocatdüi ge „weisliche |. in Carotis, Vertebralis, Art. fossae Silvii; Ram r. Art. coron. sin. obliteriert, übrig Äste sklerosiert. Valvula Aortae undie er "Hera gross. " Intima Carotis ing mässig verdickt, an den ‚Teilungsstellen starke ‚Kalkablagerungen, Anonyina-Carotis dextra. 99. I: 16. Länge 13,2 em; a. u 0,6 cm. Wanddicke ve 1.25 mm; u 24.306 FR g’ 10 0,6 0,138 20 1,025 0,2354 0,00138 30 0,3678 40 1,95 0,4484 0,00251 50 2,275 0,5182 60 2,575 0,592 0,00291 70 2,85 0,655 80 3,15 0,724 0,00827 9% 3,4 0,7816 100 3,55 0,816 0,00333 110 3,65 0,839 120 3,75 0,862: 0,00316 130 3,85 0,885 140 3,95 0,908 0,00299 150 4,15 0,954 160 4,3 0,9885 0,00305 170 4,4 1,0115 180 4,55 1, 0,00305 190 4,6 1,0575 200 4,7 1,0805 0,00292 210 4,75 1,0917 220 4,775 1,098 0,00274 250 4,85 1,115 0,00251 300 5,025 1,155 0,00225 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Geselisch. in Zürich. Tabelle XXIV. Frau, 709. + 28. XH. 1915. Todesursache: Careinoma uteri. Fall Nr. 15. Ws., Karodıs communis uva stark sklerosiert, Kalkplatten an den Teilungen em; Lumen 0,6 cm; Wanddicke 1,2—1,5 mm; K = a em® k 200 2,3 1,15 0,003307 220 2,45 1,225 0,002969 250 2,7 1,35 0,003645 300 2,9 1,45 0,003496 Tabelle XXV. Fall Nr.16. Vg., Frau, 71 J. + 27. XII 1916. Todesursache: Altersschwäche. Carotis dextra, stark sklerosiert und verkalkt. Länge 11 cm; Lumen 0,65 em; Wanddicke 1,2 mm; K, = 2,625 cm’ Er k * & 10 0,65 0,2476 0,003066 20 0,9 0,3429 0,002939 30 1,05 0,4 0,002667 40 L2 0,4762 0,002834 50 1,4 24 0,003051 60 1,575. 0,6 0,003 70 1,7 ‚6495 0,003013 80 1,825 0,6794 0,002779 % 1,925 0,7333 0,002988 100 2,0 0,7619 0,002%03 120 2,1 0,8 0,002607 140 2,25 0,8571 0,002624 Ä 160 2,45 0,9333 0,002722 180 2,525 ‘0,9619 0,00257 200° 2,625 1,0 0,0025 25 2,7 1,0285 0,002352 250 1,076 0,002316 300 2,9 1,105 0, Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 587 Tabelle XXVi. #s1l Nr.17. Sch., Frau, 71 3.2 8. 1:1916. Krankheit (moribund eingebracht): Myelogene Leukämie; braune Atrophie des Herzens; allgemeine Atherosklerose bes. der Kranzarterien und der Aorta; Herz- klappen z. T. verkalkt; Ikterus; Pachymeningitis hämorr.; Siderosis hepatis. Anonyma-Carotis dextra, 6. I. 16. stark sklerosiert und verkalkt; K, = 4,35 cm? | % ; Br 10 0,325 0,0747 0,000279 ne 20 0,73 0,1679 0,000704 30 1% 0,2529 0,001335 e 40 1,5 5 0,001486 50 2,0 0,4598 0,002114 60 2,35 0,5528 0,002547 70 2,675 0,6149 0,002701 80 { 0,6667 0,002778 90 3;3 0,7586 , 100 30 0,8037 0,003229 120 87 0,8506 0,002941 140 3,95 0,90815 0,002945 Tabelle XXVll. Fall Nr. 18. Wy., Luise, 78 J. + 22. II 1916. R Krankheit und Todesursache: Encephalorrhagie. Ausgeprägte Senilität. Schädel- a knochen stark rarefiziert; fortgeschrittene Arteriosklerose; .Carotis und Basilaris “ knirschen beim Durchschneiden; Mitralis atheromatös inkrustiert, verkürzt; im Herzmuskel Sehnenflecken. Carotis communis sinestra, 23.IL.16. K,=3,6 cm’ k ERBE 2 60 > 0,6112 0,003112 80 2,7 0,7675 0,003681 100 3,05 0,8472 0,003589 120 83,35 0,9305 0,00361 140 8,55 0,8861 0,003473 160 3,75 1,042 0,003391 180 3,875 1,08 0,003218 200 4,0 1,111 0, 220 4,2 1,166 0,003092 588 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 An II. Serie: Arteria femoraliıs. Tabelle XXVill und XXIX. Fall Nr, 2 Fall Nr. 3 Gm, Hans, 0 I: 26, I, 196 | pe, Luise, 20.3. 10.1, 1916 P Femoralis. Länge 7,5 em; : 5 10 ; Lumen 0,85 em; Wandd.0,3 mm; Femoralis. Länge cm; K, = 0,65 em? K,= 0,8 k % E: k % R 10 0,125 | 0,15625 | 0,001221 20 0,13 0,2 0,001 0,175 | 0,2085 0,001197 30 0,2 0,25 _ | 0,001042 40 0,25 0,3846 | 0,001849 0,2875 | 0,3594 0,001614 50 0,3625 | 0,4531 0,0020065 60 0,38 0,5858 | 0,002847 0,4 0,5 0,002083 70 0,475 | 0,5937 0,002518 0,575 0.8846 | 0,004891 100 0,625 0,9616 | 0,004623 120 0,75 1,154 | 0,0055475 140 0,875 1,346 | 0,006472 160 1,0 1,538 | 0,0073965 180 11 1,692 | 0,007955 200 1,175 1,807 | 0,008166 220 1,225 1,885 Tabelle XXX und XXX1. Fall Nr. 19 Fall Nr. 7 Me., Rosa, 28 J.. 7 19. XII. 1915 Meh., Frau, 40 J. Krankheit: Tbe. pulmonum RER in zart, glatt. P Femoralis zart, glatt rer ® we 0,4 cm; Länge 12 em; Lumen proximal 0,3, E Wan dd. O4 mm: di ; ; Sn an; | Ki un en k 4 ERS k 4 E Ds 60 0,5 0,4878 | 0,001978 70 0,55 | 0,5378 | 0,002066 80 0,6 0,5854 |, 0,002141 %“ 0,65 | 0,6454 | 0,002314 100 0,7 0,6831 | 0,002333 110-1, 0,75 | 0,7317 | © 120 0,8 0,7805 | 0,002538 130 0,85 | 0,8293 | 0,002645 140 0,9 0,8781 | 0,002755 2. 095 | 0,9268 | 0,002863 EN 1,025°) 0,9762 | 0,002978 ') Vergl. Bemerkung zu Tabelle XVI, Seite 581. 2 as % ki Br en Se Read an eb Ar ER za ae Ba 2 Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 589 SE Be Eh: 170 1,05 1,0 | 0,002941 180 1,075 1,022 | 0,002898 190 1,1 1,0 0,002888 200 0,5 1,0 0,0025 1,175 | 1,118 | 0,008181 210 1,143 | 0,002968 220 1,215 1,157 0,002858 Tabelle XXXll und XXAXlll. TESTEN PA Nr 9 Fall Nr. 11 Bd., Frau, 48 J. St., Theodor, 53 J. P Femoralis, einz. Intimaflecken Femoralis, sklerotisch Länge 12 cm; Lumen 0,4 cm; Länge 9,5 em; Lumen 0,65 cm =“ Wandd. 1 mm; K, = 2,2 cm? Wandd. 1 mm; K, = 2,5 cm? er k ü & k d g' 70 0,925 | 0,4205 0,0012 80 1,075 | 0,4909 0,00126 90 1,2 0,5466 100 1,25 0,56685 | 0,001607 | 1,05 0,42 0,000882 110 1,825 | 0,6023 120 1,4 0,6219 | 0,001611 he 140 1,5 0,6818 | 0,00166 a; 150 1,55 0,70455 1,3 0,52 0,0009013 160 165 | 0,74995 | 0,001757 170 17 0,7907 180 1,75 0,79555 | 0,001758 190 1,8 0,8182 ; 200 1,825 | 0,84885 | 0,0018 1,42 0,568 0,0008066 210 1,875 | 0,8523 0,00178 220 1,9 0,8636 0,001695 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. - 1919 Tabelle XXXIV und XXXV. : Fall 3 Wyd., Jakob, 55 J. 15.11.1916 N., Jakob. 56J. 27. XII. 1915 pP Femoralis, sklerotisch Femoralis, sklerotisch Länge 6 em; Lumen 0,6 cm Länge 11 cm; Lumen 0,5 cm Wandd. 1 mm; K,= 1,9 cm? Wandd. 1 mm; K,= 2,4 cm? k | ” | e | * E 20 | 0,3 0,125 0,000391 40 0,6 0,25 0,00078125 60 0,475 0,25 0,000533 80 0,55 0,2962 | 0,0005484 | 0,9 0,375 0,0008789 100 0,625 0,3374 | 0,0005692 1,05 0,4375 | 0,000957 120 0,7 0,3684 0,0005645 140 0,775 0,4079 0,0005942 150 1,25 0,5207 | 0,0009042 160 0,8 0,421 0,000554 180 0,85 0,4474 0,000556 >00 | 0,925 0,758 | 0,000s65 | 1,35 | 0,5625 | 000078 220 0,975 0,5143 0,0006012 300 145 | 0,6042 | 0,0006084 Tabelle XXXVI und XXXVvil. | Fall Nr. 20 | Fall Nr. 15 r., Rosa, 747. 4. II. 1916 Ws., Frau, 70 J. 30. XII. 1915 Krankh.: Pleuropneumonia fibrin. ; et Pericarditis; Atherosklerosis der Femoralis, stark verkalkt Herzklappen und Arterien mit Ver- pP . A. poplitea thrombosiert kalkung; Herz vergrössert ; Nieren- Länge 14 em; Lumen 0,5 cm | schrumpfung; Katarakta senilis; Wandd. 1,3——1mm;K,— 2,0 cm? | Femoralis allg. verkalkt, knirscht; 5 { Länge 18,5 cm; Lumen 0,355 em; | Wandd.0,75-1,25mm;K,—=2,6em’| k % Er k % g? : 25 0,225 0,1125 | 0,0002525 50 0,45 0,225 | 0,0005062 75 0,6 03 | 0,0006 100 0,7 0,35 0,0006125 | 0,65 0,25 0,000287 140 0,9 0,275 0,00027 10 0,975 | 0,375 \ 0,0003491 180 1,0 0,3846 | 0,0004109 200 0,9 045 | 0,0005062 1,0 0,3846 0, Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 591 Zur Vervollständigung der Kapazitätsmessungen machte ich eine Reihe von Versuchen über die lineare Dehnung der Arterien durch Zugsbelastung, wobei ich dieselben in toto durch ein angehängtes Gewicht in der Längsrichtung dehnte. Diese Messungen betästigen mir meine Annahme, dass auf solche Weise mit viel grösserer Un- genauigkeit und viel grösserer Umständlichkeit gearbeitet wird. Die erhaltenen Zahlen erfordern zudem eine mühevolle und unsichere Umrechnung, um Schlüsse auf den Blutdruck und die statischen Ver- hältnisse des Kreislaufes überhaupt zu gestatten. Es seien nur einige der wichtigsten Momente hier erwähnt: Zugbelastung muss den belasteten Querschnitt in Rechnung ziehen. Dieser wechselt nicht nur unter verschiedenen Personen und ver- schiedenen Arterien der gleichen Person, sondern auch im Verlauf ein und derselben Ader. Der Unterschied macht sich hier schon beim Gesunden geltend und weit mehr noch bei pathologisch veränderten Arterien, wo er durchaus unberechenbar ist. Aber auch der Zug selbst verändert den Querschnitt in schwer bestimmbarer Weise, wenn wir ganz davon absehen wollen, dass Dehnung in einer Di- mension stets Verkürzung in der dazu senkrechten zur Folge hat. Zu diesen Fehlerquellen, die im Material und in der Methodik selbst begründet sind, gesellen sich die Schwierigkeiten der exakten Messung. Entweder brauchen wir sehr diffizile Apparate, mit welchen . die Untersuchung sehr zeitraubend ist, daraus resultiert eine unge- bührliche Beschränkung in der Zahl der Beobachtungen, und eine Schädigung des Untersuchungsobjektes im Laufe der ausgedehnten Experimente, ohne dass dabei die erst erwähnten Fehler sich aus- schalten liessen. Anderseits lässt bei rasch gemachten Messungen mit einfachen Instrumenten die Genauigkeit im Stich; die Fehler werden durch komplizierte Rechnung vervielfacht und übersteigen in jedem Falle diejenigen meiner Kapazitätsmessung um ein Bedeu- tendes, ohne den Vorteil zahlreicher gleiehmässiger Einzelbeobach- tungen. Tabelle XXXVIll. Es folgen hier die gewonnenen Masszahlen, ebenfalls dem Lebens- alter nach zusammengestellt; alle Fälle betreffen Karotiden. ‚Nr. Name Alter | Zug in.g BAnge Bemerkung RER unbelastet | belastet 4 Me., Paula 26 500 7,2 cm |11,4 cm : . \ 1000 2:5 12883 6 | Mü., Rosa 35 1000 55 7 | 88, Car. sin. 10 | Me., Joh. 52 1000 6%: it , | verkalkt 14 | D., Paul © | 1000 1225, 15,75, | verkalkt 592 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Einige weitere Masse erhielt ieh, indem ich die unter Druck gefüllten Kopfschlagadern auf die dadureh verursachte Längenzunahme prüfte; die entsprechenden Zahlen sind: Nr. Name Alter Druck E Aahuae Bemerkung em H; unbelastet belastet : 1 | R., Hans 8), 200 4,25 5,75 Carot. dext. 1 5 ‘ 120 B 5 Garot. sin. 2 | G., Hans 9 100 6 7,5 „ dext. 6 , Mü., Rosa 35 160 9,5 12,25 P ® 6 n ö 160 2,6 Umfang | 3.1 Umfang 8 | U, Barbara | 45 180 10,5 12,5 Er. Die Karotiden von Nr. 6 und 8 lassen beim angewandten Fül- lungsdruck deutliche Schlängelung erkennen; das Gleiche gilt für alle Arterien im selben oder in höherem Alter. Ich habe mieh bemüht, diese Messresultate in ein rechnerisches Verhältnis unter einander zu bringen; dabei verzichte ich allerdings für diesmal auf die Berücksichtigung der Wanddicken, da solche über den heutigen Plan meiner Untersuchungen hinausgeht. Diese Berech- nung kann auf Grund der in den Tabellen gegebenen Daten nach Bedarf nachgeholt werden. Die Ausreehnung von & nach der in Tabelle I für die Wertheim- Al | | TB | in der entsprechenden Kolonne der Tabelle XXXIX angegebenen Werte, Ich bezeichne darin in Analogie zu meinen andern Tabellen mit Z, die unbelastete Länge, mit / den Längenzuwachs bei Belastung, mit A den Quotient ——, d. i. den Längenzuwachs pro 1 cm ursprüng- ” FR ” ° >= } licher Länge, Ausser e habe ich auch den Wert von $, nach der 2 Parabelbegleiehung $ = 2 berechnet, beigesetzt. Tabelle XXXIX schen Arterien benutzten Formel ergibt bei meinen Karotiden die Nr. | Alter | "P L, N; A & 5 ir 8% 120 | 4 1 0,25 0,0021 0,00026 1 P 200 | 4,25 1,5 0,353 0,001765 0,0003114 2 10 | 6 14.1.0 |. 0,000312 | 3% 500 | ma 4,2 ‚5833 | 0,001166 ! ıı „ mal m2 | 53 | 0736 | 0000736 | 0,000276 6 | 35 | 1000 | 56 2,8 0,5 0,0005 0,000125 84 180 |105 | 20 ) 0,1905 | 0,001058 | 0,0001001 10 | 52 | 1000 | 82 30 | 0366 | 0,000366 | 0,000061 14 | 70 10 ı 1235 | 55 | 0,449 | 0,000449 | 0,000101 Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 593 Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, dass meine Zahlen ‘ für s denjenigen von Wertheim (siehe Tab. I) ziemlich nahe stehen. Nur bei seinem 21jährigen erhielt er bedeutend höhere Ziffern. Das ist bedingt durch seine geringern Gewichte, die hier eine grosse Rolle spielen, wie es sich ja auch bei Wertheims Zahlen von ein und demselben Individuum zeigt. Auch meine Werte für & weisen eine allzugrosse Abhängigkeit von der Belastung auf. Wohl sehen ‚wir im Allgemeinen ein Sinken des Elastizitätskoeffizienten mit zu- nehmendem Alter; für gleichen Zug; aber bei wechselndem P kommt dies nicht klar zum Ausdruck. Besser prägt sich die Abnahme der Dehnbarkeit im höheren Alter in der Kolonne von &£ aus, wenn auch hier noch die kaum zu vermeidenden Versuchsfehler sich störend geltend machen. Die Dehnbarkeitskonstante für lineare Dehnung bewegt sich hier in gleichem Sinne wie diejenige für kubische Dehnung. Die absoluten Zahlen für ersteres & sind wesentlich kleiner als für das & der Kapazität; ein bestimmtes Verhältnis beider möchte ich aus den wenigen Daten meiner Untersuchung nicht ableiten. Ebenso will ich diesmal darauf verzichten, ähnliche Berechnungen wie die voran- stehenden aus den Dehnungsversuchen anderer Autoren: Moens (47), Roy (62), Hiller (30), Thoma und Kaefer (79), Suter (70) u. a. zu machen. Dieses interessante Problem ist wohl der Bearbeitung wert; es würde aber angesichts der Schwierigkeit, eine gemeinsame Basis aufzustellen, hier zu weit ablenken. Eine Reehnung aber will ieh noch durehführen. Ich habe bei Fall 6 (35 J.) für eine Füllung mit 160 g Wasserdruck pro em? den Zuwachs sowohl an Länge wiean Umfang gemessen. Es ist laut Tabelle XXXVII Z, = 9,5; L,. = 19,25, also I... = 2,75, A,., = 0,2895, daraus berechnet sich &, auf 0,0002619. Aus U, —= 2,6 em und U, = 3,1 em bereehnet sich, nach der Formel = . R,= 0,3538 cm; R,.o = 0,433 em; Ra — Ro = Fin = 0,0792; r= — 9, 0,2244; demnach ist &, — 0,0001574). Es ergibt sich daraus das bemerkenswerte Verhältnis, dass die Dehnbarkeitskonstante in longitudinaler Richtung zu derjenigen in radiärer Richtung sich verhält wie 3:2. Die Arterie ist also in der Längsrichtung dehnbarer als in der Quere, und zwar entspricht für die Gewiehtseinheit einer dreifachen Zunahme der Masseinheit in longitudinaler Ausdehnung eine doppelte im Radius. ') R unter Abzug der Wanddicke als innerer Radius berechnet. 594 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Die Probe auf das Exempel gibt ein Vergleich zwischen der linearen und der kubischen Dehnung. Der Inhalt einer Arterie ist z R’L=K. Bezeichne ich mit 0 den Füllungsdruck Null, und mit dem Affix p einen beliebigen höhern Füllungsdruck, so ist A,=rR,’L,. Nnitt neL, +; hL=Lh; bh = v2 &, P also nach Einsetzung der Werte , = 21, + L V24P= L, (1 + V2&P). In gleicher Weise berechnet sich R, = R, (1 + V2&P). Demnach ist KR, = # [R, (1+Y2&P)] ’L,(1 + 12% P). Den mittleren inneren Durchmesser der Karotis, von der hier die Rede ist, mass ich zu 0,6 cm (Tab. XV). Also ist R, = 0,3 em. L. ist, wie oben angegeben, 9,5 cm. Daraus habe ich einige Werte für die elastische Kapazität bei verschiedener Druckfüllung berechnet und zum Vergleich die ent- sprechende gemessene elastische Kapazität beigefügt: ko berechnet 2,3275 gemessen 2,35 a ; ET 3,65 “ 4,582 4,8 Diese ae Zahlen mögen genügen, um den Grad der Über- einstimmung der beiden auf verschiedene Art gewonnenen Kapazitäten zu demonstrieren. Sie bilden einen Prüfstein für die Zuverlässigkeit des Verfahrens. a Kurven und Ableitungen. Eine gute Anschauung über stufenweise Änderung von Mass- verhältnissen der Körper gibt jederzeit die Aufstellung von Kurven. Speziell für die Dehnbarkeit der Arterien wurden solche schon von verschiedenen Autoren, u. a. von Roy (62) und von Thoma und Kaefer (79) zur Darstellung mitbenutzt. Ich selbst habe mir von allen untersuchten Arterien die Dehnungskurven entworfen; einen Teil dieser Kurven lege ich in Abbildungen bei, speziell diejenigen, die die vollständigste Entwicklung zeigen. Zum Vergleich möge die in Fig. 9, Taf. II wiedergegebene Kurve des Gummischlauches F dienen (s. Tabelle VI). Dieser Schlauch entspricht nach Lichtung und Wandstärke recht gut den untersuchten Arterien und war von guter Elastizität. Die Dehnungskurve, die ich in genau gleichem Maßstab wie die arteriellen Kurven aufzeichnete, ist besonders im Anfangsteil von viel geringerer Ordinatenhöhe als alle Arterienkurven. In ihrem Verlauf entspricht sie dem, was ich bei ihrer mathematischen Ableitung bereits gesagt habe (pag. 574), sie ist eine annähernd gerade Linie mit schwacher Neigung zur Erbebung bei zunehmender Ent- fernung vom Nullpunkt. Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 59 Bei Konstruktion der Kurven trug ich als Einheit der Abszisse je10 cm Zuwachs an Wasserhöhe des Füllungsdrucks ein. Die Ordinaten stellen den Zuwachs an elastischer Einheitskapazität dar. Da diese u... - .. a a a u ar Me ae ln ae a» ae, 5 I | 1 j I Hr ı ERSEERBNRIETNEEN 100 20 140 160 180 200 220.cm Hd Tafel I-II Dehnungskurven. Abszissen-Einheit = 10 cm REREE: Ordinaten-Einheit = 0,1» Tafel nur in Tafel I ist letztere — 0,2 x. \ al ae 2. Fazer sinistra des 8 '/, jährigen Knaben 1 B 3. Carotis dextra desselben. „ %. Femoralis des 9 jährigen Knaben Nr. 2. „ 5. Carotis sinistra des 20 jährigen ie Nr. 3, selbst für die meisten Arterien zu klein ist, um deutliche Bilder zu geben, nahm ich als Ordinateneinheit ihren zehnfachen Wert. Es ist also in den Kurven x — 10 P und y= 0,1». Die Kurven erscheinen dadurch in der Höhendimension übersetzt, um au Klarheit zu ge- Winnen; ihr Charakter bleibt unverändert. 596 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Bei Würdigung der Kurven dürfen wir ruhig absehen von kleinen Schwanküngen und Unregelmässigkeiten in ihrem Verlauf. Sie Sind bedingt durch kleine Fehler in der Beobachtung und im Material, die sich nicht ganz vermeiden lassen. Durch die Konstruktion der Kurven werden sie vervielfacht und auffällig hervorgehoben. Für das allgemeine Resultat sind sie von keiner Bedeutung. Ich will in erster Linie das Gemeinsame der Kurven und der Tabellen betrachten und nachher zu den Differenzen übergehen. Alle Kurven sowohl von Karotiden wie von Schenkelarterien, von alten und jungen, von aderngesunden und gefässkranken Personen haben ein einheitliches Merkmal: Sie sind in ihrem Hauptteil, für Druck- werte zwischen 100 und 300 cm H,O, gegen die Abszissenaxe konkav. Sie unterscheiden sich dadurch in ganz charakteristischer Weise nicht nur von den Dehnungskurven des Kautschucks, sondern von derjenigen aller unbelebten Körper. Deren Kurven verlaufen, wie schon gesagt, innerhalb der Proportionalitätsgrenze als Gerade und nach deren Überschreitung bis zur Grenze der Elastizität selbst in zur Abszisse konv&xen Linie; Man sieht: Bei den Arterien nimmt die Kapazität, d. h. die kubische Dehnung nicht in gleichem Ver- hältnis zu wie die Belastung; die Dehhungsfähigkeit nimmt bei steigendem Füllungsdruck stetig ab. Das stimmt damit überein, was seit Wertheim (91) mit wenigen Ausnahmen alle Forscher auf diesem Gebiete festgestellt haben. Es blieb aber bisher die Frage ungelöst: In welchem Verhältnis steht (die Dehnbarkeit zum Druck resp. zur Last des Zuges; oder, allgemein ausgedrückt, zur statischen Beanspruchung ? Die exakte Beantwortung dieser Frage konnte bisher darum nicht erfolgen, weil bisherige Forscher entweder überhaupt mit zu kleinem Material gearbeitet haben, oder wegen der Kompliziertheit der frühörn Messmäthoden ihr Materiäl nicht aüsnützen kofinten. Es war mir mit meinem Verfahren möglich, verhältnismässig rasch ein grosses Zahlenmaterial zu sammeln, das als Grundlage für alle Berechnungen unerlässlich ist. Diese selbst ergaben sich ohne weiteres aus den Regeln der Mathematik. In meiner ersten Publikation über diesen Gegenständ habe ich als wichtiges Ergebnis meiner? Untersuchungen den Satz aufgestellt: Die elastische Kapazität der Arterien bei steigendein Fül- lungsdruek im Bereiche der physiologischen Drückwert® wächst im Sinne einer Parabel. Ich musste mich &. a. O. beschränken auf die Wiedergabe ünd Besprechung von zwei Kurven. Indem ich heute das gänze Material 597 Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. bringe, kann ich darstellen, in welcher Ausdehnüng dieser Satz ätich für die andern Arterien Geltüng hat. Jede Kufve hat einen steil | seipnejyasıniums) sep oAmysdunuysg - -usgqjosıop sıeaowog I] * jpqeiea 5 ‘In nerg uodrayel "FI IN souuem uaßııygl.gz sop wurkuouy UL waXop SHOTE) -g5 10p wıjxop Sporen) oTandrg "gran neu uodıgel Gy Ep eneruıs S1}OAWY) DH wo 00€ ‚082 092 obz 022 002 .oBl 091_051_O#l 021 .ool :06_08_ 04 09 0 I | | Ä | 6A ' u 9 "arg TE I9JeL >»: ou # hliek über in eine Riehtutig, die = nd u © SD r =] = = = "0 © u 5 4=] = © &0 8 , öhne doch ss mä sieh inehr und mehr zur Abszissenaxe parallel einstellt 598 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 diese Parallelität zu erreichen. Diese Kurvenform schliesst ohne weiteres aus: die Gerade und alle in sich geschlossenen Kurven, wie Kreis, Ellipse und Spirale u.a. Es bleiben also zum Vergleich nur offene Kurven, von welchen die einfachsten Hyperbel und Parabel sind. Mit beiden zeigen die Arterien-Dehnungskurven Ähnlichkeit. Beide gehen aus einer anfänglich zur <-Axe senkrechten Linie in eine zu ihr konkave Richtung über. Aber während die Parabel, gleich meinen Arterienkurven, mehr und mehr einer zur Abzisse parallelen Richtung zustrebt, erreicht die Hyperbel diese Parallelität nie. Im Gegenteil, sie entfernt sich, nach kurzem Verlauf einer geraden Form sich nähernd, immer mehr von der x-Axe, und strebt dem Schnittpunkt mit einer ausserhalb von ihr liegenden Geraden, der Assymptote zu. Es kann also zum Vergleich mit der volumetrischen Dehnungskurve der Arterie nur die Parabel oder eine ihr im Prinzip ähnliche Kurve in Betracht kommen. Dabei müssen wir bedenken, dass eine Identität meiner Kurven mit der mathematischen Grundform nicht erwartet werden kann. Kein Naturkörper hat mathematisch genaue Form, auch .der einfachste und regelmässigste Kristall nicht. Denn in der Natur finden wir niemals die einfachsten Bedingungen erfüllt, die wir der mathema- tischen Ableitung zu Grunde legen. Überall tritt die Materie störend dazwischen, überall sind die Vorgänge in der Natur auf komplexe Ursachen, auf das mannigfache Spiel von Wirkung und Gegenwirkung zurückzuführen. Zu den best bekannten einfachsten Gesetzen der Physik gehören die Fallgesetze. Einzelne ihrer Formeln entsprechen genau der Parabelgleichung, und die Kurve des freien Wurfes ist mathematisch eine Parabel. Aber auch sie gelten nur, wenn wir die Materie ausser: Acht lassen können. In der materiellen Natur treten eine Reihe von Faktoren hemmend dazwischen. So wird bekanntlich aus der mathematisch konstruierten parabolischen Flugbahn des nur der trei- benden Kraft und der Schwerkraft folgenden Schwerpunktes unter dem Luftwiderstand die ballistische Kurve, die sich mit abnehmen-. der Geschwindigkeit des fliegenden Körpers rascher der Abszissen- axe zuneigt, als dies bei der reinen Parabel der Fall ist. So dürfen wir auch in unserem Falle nicht die reinen mathematischen Kurven‘ zu sehen erwarten, sondern begnügen uns mit einer mehr oder weniger grossen Ähnlichkeit mit solchen. Mathematisch ausgedrückt kann ich sagen: Meine Arterien-Kurven nähern sich der Parabel, d. h. die Parabel ist ihre Idealform, der sie alle zustreben. Wie weit diese Ähnlichkeit geht, ersieht man auf Tafel 118, wo a Sie i Ve a vostr rg: ER. Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 599 ich zu den vier Arterienkurven eine Parabel eingezeichnet habe, die in ihren Massen ungefähr denjenigen der Karotis des 70 jährigen D. # “Op an nea] uodtagpl [7 A9p eıxop. smoawr). "GI "BLM -uagqjassep SI[B.10UR] £ -uogq[Ossop T.SIUIS SIIO.LEY) EL IN Suurm [9G sap warxap- syoav,) ‘05 IN neıg ER g, op sıeJoweg 9] H W> 008 082 092 052 088 022 002 081 091. 05. 0# 021 001 08 Y £ | "Sr 314 IE IE % T T T T r T T T T esehen von kleinen Ungenauigkeiten, dass NS © S 4 oO a © Rv/ = Sr ee S5 =» Mi a> 25 ir = .. 5 2 eu « 2.0 5 iemlich glatt parallel ver- 39 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges, Zürich. Jahrg. 64 1919. 600 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 läuft zur Parabel. Die Strecke für Druckwerte über 200 cm Wasser- höhe nähert ‘sich mehr der Horizontalen als dies die Parabel tut, gleicht also in dieser Hinsicht der ballistischen Kurve. In der Breite des niedrigen Druckes verläuft die Arterienkurve weniger steil, und strebt mehr in gerader Linie einem Punkte zu, der nicht dem Scheitel- punkt der Parabel, sondern dem Schnittpunkt der Direktrix derselben mit ihrer Axe entspricht. Ein Blick auf die anderen Kurven lehrt, dass sie im Prinzip damit übereinstimmend gebaut sind. Ich unterlasse es, für alle die entsprechende Parabel zu konstruieren, und verweise auf die Zahlen von & in den Tabellen, die uns genauer als die graphischen Darstel- lungen den Grad der Übereinstimmung mit der Parabel und die Ab- weichungen davon beweisen. Die Parabelgleichung lautet: „= 2px. Wir nehmen als y die elastische Einheitskapazität x, als x den Füllungsdruck P; das p der Formel nenne ich, um Missverständlichkeiten zu vermeiden, £. Dann heisst die Formel «”=2&P. !Während nun x und / variieren, ist & konstant!), d.h. es muss für jeden Wert von P und x gleich bleiben, wenn meine Kurven Parabeln sind. Wie weit dies zutrifft, ist aus den Tabellen in den Kolonnen für & zu sehen. Gehen wir aus von Tabelle XXIII, welcher die Kurve 7 Tafel II entspricht, so sehen wir, dass die Werte für & zwischen 60 -und 200 cm Wasserdruck nur um vier Einheiten der vierten Dezimalstelle differieren, also praktisch gleich sind. Ähnlich liegen die Verhältnisse für alle andern unter- suchten Arterien: Wir finden bei allen eine breite Strecke, in welcher die Zahlen von & nur unbedeutend von einander abweichen. Der Charakter der Parabel im Bereiche dieser Übereinstimmung ist dem- nach für die volumetrischen Dehnungskurven meiner Arterie bewiesen. Diese Übereinstimmung erstreckt sich allgemein auf die Druck- werte von 100—220, resp. wo sich die Messung so weit ausdehnte, bis 300 cm Wasserhöhe, das sind 74—162, resp. bis 221 em Queck- silbersäule. Da die physiologischen Werte des arteriellen Blutdruckes alle innerhalb dieser Zahlen liegen, ist für die Arterien, die ich untersuchte, mein Satz von Seite 596 bewiesen, dass elastische Kapazität und Füllungsdruck zu einander im Verhältnis der Parabelgleichung stehen. Ich kann diesen Satz auch so formulieren: Das Quadrat der elastischen Kapazität ist gleich dem doppelten Produkte aus dem Füllungsdruck und einer Konstanten, der Dehn- barkeitskonstante. ') Demnach ist & analytisch-geometrisch der Halbparameter der Parabel.» . a a Be a Ta 1 9 Aa ae Fe u y Ze TA Et ne Me ne Ser 3 # Re: EI ee Ray a 5 Ta EEE Eee ei Ze EHE ar Ehe ie Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 601 Ich stehe nicht an, diesen Satz zu verallgemeineren. Die ge- nügend grosse Zahl des Untersuchungsmaterials und der gewonnenen Masse berechtigt mich hiezu. Meine Arterien sind allen Altersstufen entnommen, und schliessen gesunde und kranke Adern in sich. Meine Ableitungen erhielt ich aus Versuchen mit Kopfschlagadern als typisch elastischen Arterien so gut wie von Schenkelschlagadern, dem Beispiel einer vorwiegend muskulösen Arterie. “ Es erübrigt mir noch, anschliessend einige Besonderheiten. zu besprechen. Bei Vergleichung der Kurve von Fig. 7 mit der kon- struierten Parabel, machte ich darauf aufmerksam, dass Anfangs- und Endabschitt derselben von der Parabel abweichen. Dies prägt ‚sich auch in den Zahlen für & darin aus, dass diese für kleine und für ganz hohe Druckwerte niedriger sind als. der Durchschnitt. Das zeigt sich bei allen Untersuchungsobjekten. ; Gering sind die Abweichungen nach oben; ich habe bereits au ‚eine Ähnlichkeit mit der ballistischen Kurve hingewiesen. Bedeutender ist die Differenz für Druck werte unterhalb der physiologischen Grenzen, "besonders bei Personen unter 30 Jahren. Da wird der Anfangsteil der Kurve bis etwa zur Druckhöhe 100 eine gerade Linie; ja für ‚die beiden Knaben unter 10 Jahren nimmt dieser Teil der Kurve ‚direkt entgegengesetzten Charakter an. Er wendet seine Konvexität der Abszissenaxe zu, um erst von 110—120 an die umgekehrte Richtung zu nehmen. Ich habe vorläufig keine Erklärung für solches Verhalten, und will auch darauf verzichten, für diesen Kurvenabschnitt eine mathematische Analyse zu geben. Möglicherweise handelt es sich lediglich um Störungen in der Kapazitätsmessung, die sich bei so kleinen Werten vielleicht nicht mit der nötigen Genauigkeit aus- führen liessen; das ist aber deshalb nicht wahrscheinlich, weil die ältern Arterien mit relativ kleinern Kapazitäten auch für niedrige Zahlen grössere Kongruenz zeigen. Eher dürfte man daran denken, dass bei den jungen Leuten die Muskulatur der Arterien, trotz post- ' mortaler Erschlaffung, doch noch einen Einfluss ausübt, der bei der sehr dehnbaren Elastika der jugendlichen Gefässe bei niedrigem Druck zur Geltung kommen kann. Sei dem wie ihm wolle, einen wesent- lichen Einfluss auf die statischen Verhältnisse des Blutes in den Arterien können diese Abweichungen nicht hervorbringen, da sie ausserhalb der physiologischen Blutdruck werte liegen. Es zeigt sich bei Vergleichung der Tabellen, dass symmetrische ‚Arterien des gleichen Individuums etwas abweichende Zahlen für die elastische Kapazität und das daraus abgeleitete & aufweisen. Soweit 602 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 hier nicht kleine Schwankungen in der Messung in Betracht kommen, handelt es sich wohl um Veränderungen, welchen die Arterien post- mortal unterliegen. Es war mir nur selten möglich, die erhaltenen Arterien am Tage der Sektion alle zu untersuchen. So kam es, dass zwischen die Untersuchungen zweier Karotiden desselben Individuums meist ein Zeitraum von 24 Stunden zu liegen kam, der nicht ganz ohne Bedeutung sein konnte. Am grössten scheint der Einfluss zu sein bei den jüngsten Altersstufen, wo die Differenzen ziffernmässig am höchsten sind. Ich prüfte aus diesem Grunde die elastische Ka- pazität sein und derselben Art. Anonyma-ÜCarotis am Tage nach dem Tode und nochmals 24 Stunden später. Es zeigte sich, dass in der Zwischenzeit die Dehnbarkeit zugenommen hatte. Die Tabelle XIV enthält die entsprechenden Zahlen. Die Zunahme der Kapazität ist, wie man sieht, gering, aber doch in allen Druckstufen deutlich. Die gleiche Tabelle zeigt übrigens auch, wie wenig die beiderseitigen Karotiden voneinander in ihren Massen abweichen, wenn sie genau sind und wenn die Untersuchung zu gleicher Zeit erfolgen konnte. Es erweist sich aus dieser Untersuchung, dass wie ‚auch frühere Beobachter — ich nenne Hiller, Roy, Me Williams, Strass- burger — feststellen konnten, das elastische Gewebe den post- mortalen Veränderungen gegenüber mehrere Tage lang relativ un- empfindlich bleibt; geringe Änderungen treten allerdings doch ein, die sich mit meiner Kapazitätsprüfung messen lassen. In meinen ersten Versuchen, die etwas längere Zeit beanspruchten, konnte:auch ich die schon von Wertheim beobachtete Tatsache erkennen, dass mit der Eintrocknung die Dehnbarkeit der Arterien abnimmt. Von der elastischen Nachdehnung W. Webers (88) bemerkte ich bei meinen Versuchen nichts. Sie spielt auch physiologisch keine Rolle. Unter dem diastolischen Blutdruck sind die Arterienwände ständig in einem konstanten Spannungszustand, der allerdings dem Maximum der mög- . lichen Nachdehnung entspricht, aber niemals in den Zustand der Erschlaffung zurückkehrt. Die systolische Welle bewirkt rasch vor- übergehend eine weitere Ausdehnung; die kurze Zeit ihres Ablaufes lässt aber die elastische Nachdehnung nicht zur Geltung kommen. Eine andere bereits erwähnte, nicht elastische Nachdehnung hat aber der fortdauernde Innendruck der Blutsäule in der Arterie zur Folge: Aus den Zahlen von Suter (70) geht deutlich hervor, dass der Aortenumfang mit den Jahren grösser wird, und meine Unter- suchungen beweisen ebenso, dass die Nullkapazität mit dem Alter wächst. Die Arterienwand gibt also dem beständigen konstanten und periodisch anschwellenden Drucke langsam nach. Diese Altersdehnung Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 603 kann aber durch die Elastizität nicht mehr ausgeglichen werden; sie gestaltet sich durch entsprechenden Ausbau der Arterienwand zu permanenter Zunahme der Weite. Wenn ich nachgewiesen habe, dass die elastische Kapazität der Arterien der Parabelgleichung folgt, so muss ich nachprüfen, wie sich andere Autoren dazu stellen. Es wurde schon erwähnt, dass alle, welche Kurven zum Vergleich herangezogen, nach W ertheims (91) Vorgang von Hyperbel sprechen. Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass Wertheim selbst nicht die Hyperbel in unserm Sinne vorschwebte, sondern dass’er tatsächlich unsere Parabel meinte. 2 Die Gleichung der Hyperbel in heutiger Fassung lautet — : =1. Wertheim stellt die Formel auf „=ax?’+bx. Diese Gleichung kann nicht in Übereinstimmung gebracht werden mit derjenigen der Hyperbel, wohl aber unschwer mit der Parabelformel. Setzen wir darin a=0, und für b—2p, so haben wir y?— 2p x, d. i. die Gleichung der Parabel. Die Wertheimsche Formel ist nichts anderes als ein allgemeinerer Ausdruck für Kurven von Parabel ähnlichem Charakter, aus welcher sich die reine Parabel ergibt, wenn die erste Konstante wegfällt. Andere Autoren haben ohne eigene Nachrechnung die Angaben von Wertheim übernommen, so Roy (62) und Thoma und Kaefer (79). Der Erstere gibt zwar in einer spätern Arbeit an, dass er seine Zahlen habe ausrechnen lassen, und dass sich dabei als Dehnungskurve eine Hyperbel ergeben habe. Ich konnte die Formeln, nach welchen er rechnete, nicht zu Gesicht bekommen. Wenn ich aber aus seinen Massen die Kurven konstruiere, so erhalte ich lauter solche von Parabel-Charakter; u. a. stimmt die Dehnungskurve seiner Kaninchen-Aorta bei Luftfüllung fast genau mit dem Bilde meiner Kurve vom 8, jährigen Knaben. Die Parallele erstreckt sich auch auf die Deutung von Roy: Wie bei seinen Tierversuchen wächst auch bei meinen Karotiden unter 10 Jahren die elastische Kapazität bei Druck unterhalb von 100 cm Wasserhöhe, um erst oberhalb, d.h. im Bereich der normalen Blutdruckwerte, im Sinne der Parabel 8 abzunehmen. Doch sind diese ganz jungen Arterien die einzigen, die dies Verhalten zeigen. Wahrscheinlich hat auch Roy verhältnis- mässig junge Tiere untersucht. Seine Berechnung der Hyperbel scheint für diese umgekehrte Kurve unter 100 em Wasserdruck aufgestellt worden zu sein. Auch die Kurven, die Thoma und Kaefer abbilden, sind keine Hyperbeln, sondern nähern sich der Parabelform; Berechnungen dazu haben diese Autoren unterlassen. 604 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Dass Bardeleben (3) wie Braune (9) bei ihren Venen fanden und abbildeten, wie die Dehnungskurve im Sinne einer Parabel ver- läuft, habe ich schon erwähnt. Ich darf darum wohl behaupten, dass mein Satz von einem parabolischen Verhältnis zwischen Dehnung und Belastung auch in der früheren Literatur eine Stütze findet. In meiner ersten Arbeit hierüber habe ich auf eine Parallele hingewiesen, die mir nicht unwichtig erscheint. Die elastische Kapazität des Arteriensystems im Ganzen für die Höhe des Pulsdruckes ist identisch mit dem Pulsvolum des gesamten Arteriensystems. Mit jeder Systole wirft der linke Ventrikel ein bestimmtes Mass Blut in die Aorta und ihre Verzweigungen. Dieses summiert sich zur bereits vorhandenen Kapazität des diastolischen Blutdruckes, das ist der toten Kapazität des Aortensystems. Die neu hinzutretende systolische Blutmenge schafft sich durch ent- sprechende Ausdehnung der Arterien Platz. Dadurch wird deren Wandspannung erhöht, und zwar genau in dem Masse der systolischen Volumzunahme, und demgemäss steigt der auf dem Blute lastende Druck zur Höhe des maximalen Blutdruckes. Also ist, umgekehrt gefasst, der dem Schlagvolum des Herzens entsprechende systolische Volumzuwachs des Arteriensystems — . eben dessen Pulsvolum — genau gleich der elastischen Kapazität äller Arterien für die Druckdifferenz zwischen diastolischem und systolischem Blutdruck. Damit nun der Druck wieder vom Maximum zum diastolischen Niveau sinken kann, muss bis zur nächsten Pulswelle genau die gleiche Menge Blut das Arteriensystem wieder verlassen, die vorher in der systolischen Füllung das Ansteigen des Druckes verursacht hat. Kleine Schwankungen in der Abfluss- menge können in ihrer Wirkung auf die Konstanz des Minimal- druckes vielleicht durch die Arterienmuskulatur ausgeglichen werden. Ein länger dauernder Minderabfluss führt zu Stauung, Mehrabfluss zu Verminderung der diastolischen Blutmenge. In beiden Erschei- nungen liegt zugleich eine Regulation für den Abfluss: Stauung steigert das arterielle Druckniveau, wodurch gleichzeitig der Zufluss erschwert und der Abfluss beschleunigt wird, und umgekehrt wirkt das Gegenteil. Für die Ausflussmenge einer Flüssigkeit aus einem Gefäss | mit relativ enger Öffnung, also auch für das Arteriensystem, gilt wie ich a.a. O. ausgeführt habe, die Formel: Q = wis Y29 H, wenn f ” ” . ” ‘ 7 he ı die Zeit, w die Weite der Oeffnung, n die Viskosität der Flüssigkeit BE nn al 0 >, RT SH TEE u ae Te RT SET Be Re ne 2% Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 605 bezeichnet. Bei konstantem w und n in der Zeiteinheit reduziert sich diese Formel auf @ = Y29H. Für Wasser ist die Höhe H gleich der Druckhöhe P. Messe ich H in cm, so ist P ebensoviel Gramm pro cm? Bodenfläche. Dies eingesetzt, heisst die Formel Q=YV29gP. Das kann ich auch so schreiben: Q’=29P. Setze ich daneben meine Formel für die elastische Kapazität, wobei ich für den abgeleiteten Wert x die Gesamtmenge derselben, k, substi- tuieren kann: k®? = 2 £ P, so ist die Analogie beider -Formeln augenfällig. Ausflussmenge und elastische Kapazität sind in gleicher Weise proportional der Quadratwurzel aus dem Flüssigkeitsdruck. Da das spezifische Gewicht des Blutes nur um etwa 5 °/o höher ist als dasjenige des Wassers, so gilt für Blut die gleiche Formel mit der entsprechenden Zahlenkorrektur. Ins Praktische übertragen heisst das: Die elastische Kapazität einer Arterie und damit des ganzen Arteriensystems für die Höhe des Pulsdruckes, das Pulsvolum und die Ausfluss- menge in der Pulsperiode sind identische Grössen. Da nach physikalischen Gesetzen die Ausflussmenge proportional ist der ersten Wurzel aus dem Flüssigkeitsdruck, muss auch die Füllungsmenge, das ist die elastische Kapazität, die Spannung der Arterienwand und damit den Druck derselben auf das Blut im gleichen Verhältnis beeinflussen. Daraus erklärt es sich theoretisch, warum das Verhältnis zwi- schen elastischer Kapazität und Füllungsdruck der Parabelgleichung entsprechen muss. Ich konnte schon a. a. O. hervorheben, dass die Abweichung der Arterien-Elastizität von den Hookeschen Blastizitätsgesetzen ein schönes Beispiel darbietet für die Anpassung eines lebenden Organsystems an die Forderungen _ Seiner physiologischen Aufgabe. 6. Physiologie und Pathologie. Mein Material gibt einen guten Ueberblick darüber, wie sich die elastische Kapazität physiologisch und pathologisch ändert. Das erhellt am deutlichsten aus der Aenderung der Dehnbarkeitskonstanten, deren Durchschnittszahlen ich, entsprechend dem Lebensalter, in Tabelle XL zusammenstellte. Denn £ ist nichts anderes als ein Aus- e druck für die spezifische Dehnbarkeit einer Arterie für die Einheit des Druckes und der Nullkapazität. Als physiologisch muss die stetige Abnahme von & bei meinen nicht krankhaft veränderten Arterien im Alter von 8 bis 48 Jahren betrachtet werden. Der 606 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Durchschnittswert von & ist im ersten Jahrzent 0,02 — 0,04; zwischen 20 und 40 Jahren sinkt er von 0,02 auf 0,01 und im fünften Jahr- zehnt auf 0,008— 0,006 für die A. carotis. Bei noch höherem Alter machen sich überall schon die Anzeichen der Arteriosklerose geltend, sodass das Bild der rein physiologischen Einbusse an Elastizität verwischt wird. Die Abnahme von.£& folgt darum von da an nicht Tabelle XL. Durchschnittswerte!) für $ von Garotis und Femoralis, berechnet aus den Zahlen er Druckhöhen über 100 cm H,O Druckhöhen der Doppelwerte von x», für Carotis gemessen, für Femoralis berechnet. Fall “© | @eschlscht Garotis communis Femoralis Nr. Be ehe £ Druckhöhe em £ | Druckhöhe cm nr... u tur we 2 4, Ur a Sen 1 a ee Z 0,02 70—80 l. 0,039 = 2 Ilm 0,02 . 0,007 100-110 l. 0,035 » berechnet: 8.1.9 “. 0,02 S 0,003 1. 0,0135 5 4 26 ee!) 0,015 5 1. 0,016 5 5 28 w.. » 0,015 . 3 0,014 F 19 28 w. : 0,0025 250 6°) 8 wi 0,011 > 7 :|-40 Wr 0,008 80-90 0,0025 250 l. 0,01 8 45 We. 0,006 70—80 E 0,0077 9 48 w. r. 0,006 90—100 0,0016 300 10 52 mE 0,0035 140 — 160 4 53 m £ 0,006 100—120 l 0,0057 12 55 mr 0,0062 90—100 0,0006 1100 18.1, Bi 0,004 100-120 0,0008 650 14 70 BE. 0,0029 160—180 15 70 w; |. 0,0033 140—160 0,00056 900 16 Ki Wr, 0,0027 180—200 17 71 wr 0,008 160-180 D | A| w 0,00034 | über 1000 18 78 | w...} 0,0033 120-140 |° e Durehschnit ttswerte sind hier aus einem grössern Zahlenmaterial be- Sa u in = entsprechenden Tabelle meiner früheren Publikation, daher einige Differenze Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 607 mehr genau dem fortschreitenden Alter. Die tiefsten Zahlen, unter 0,003, finden wir bei einem 70 jährigen Manne und einer 71 jährigen Frau. Um 0,003 stehen die Frauen üher 70 und ein Mann mit 52 Jahren. Überhaupt stehen die Männer in höherem Alter punkto Arteriendehnbarkeit im Ganzen schlechter da als die Frauen, was wohl damit zusammenhängt, dass sie leichter den Schädigungen unterliegen, die zur Arteriosklerose führen. ach meinen klinischen Notizen scheint es, dass Personen, deren Carotis-Dehnbarkeitskonstante kleiner ist als 0,005 gefährdet sind; wenigstens fallen unter den Todesursachen die häufigen Apoplexien auf. In ganz analoger Weise wie die Dehnbarkeitskonstante der Karo- tiden fällt diejenige der Schenkelarterien, wenn auch die Zahlen nicht immer parallel gehen. Letzteres gilt vor allem für die höheren Alters- stufen mit Adernverkalkung. Es ist eine pathologisch und klinisch bekannte Tatsache, dass die Arterioskerose beim gleichen Individuum in verschiedenen Gefässbezirken in verschiedenem Grade auftritt; wir wundern uns daher nicht, wenn auch die elastische Kapazität on verschiedenen Arterien derselben Person nicht genau die gleichen Alterserscheinungen aufweist. Wichtiger scheint mir ein anderer Punkt zu sein: Die Dehn- barkeitskonstante der Femoralis ist bei allen untersuchten Personen bedeutend — 4-65 mal — kleiner als diejenige der Karotis. Ich versuchte durch Rechnung zu prüfen, ob dieser Umstand Sich zurückführen liesse auf das verschiedene Verhältnis zwischen umen und Wanddicke der betreffenden Arterien, wie dies bei un- gleich dicken Gummischläuchen der Fallist. Das trifft für die Arterien nicht zu. Also liegt die Erklärung für den erwähnten Unterschied im verschiedenen Bau der beiden Arterientypen, wovon sich bekannt- lich die Kopfschlagader durch reichliches elastisches Gewebe, die Schenkelader durch starke Muskulatur auszeichnet. Es ist unter diesen Umständen begreiflich, dass die elastische Dehnbarkeit der Karotis | grösser ausfallen muss. | Einen zweiten hübschen Maßstab für die Altersverminderung der Arterienelastizität, der nicht die umständliche Ausrechnung von & er- fordert, erhält man, indem man die Füllungsdruckhöhen vergleicht, ‚bei welchen die elastische Kapazität k gleich gross wird wie ‚die Nullkapazität K,. Wenn k = K,, dann ist x = 1; die Gesamtkapazität ist also bei einem bestimmten Druck doppelt so gross wie die tote Sapazität der Arterie. Die Kapazität erreicht ihren Doppelwert, 608 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 wenn «= 1 wird. Ich habe in Tabelle XL die Druckhöhen beigesetzt, bei welchen dieses Verhältnis für die einzelnen Arterien eintritt. Auch diese Druckhöhen steigen mit dem Alter. Bei jungen, gesunden Personen erreicht die elastische Einheitskapazität der Karotis den Wert 1 beieinem Füllungsdruck von 70—80 em Wasserhöhe; vielleicht dürfen wir einen Druck, der 100 em nicht übersteigt, für die Karotis als normal bezeichnen. Wo ein grösserer Füllungsdruck nötig ist, dürfen wir Altersveränderungen oder Sklerosierung die Schuld geben. Ähnlich steht es bei den Schenkelarterien, nur dass dort ein absolut höherer Druck zur Erreichung des Doppelwertes erforderlich ist. Bei Vergleichung der Daten der Tabelle sind wir zur Annahme berechtigt, dass die Arterie Femoralis als gesund angenommen werden darf, wenn der dem Doppelwert entsprechende Druck nicht grösser ist als. etwa 500 cm H,O. Aus allen Vergleichen geht klar hervor, wie sich mit Zunahme des Lebensalters und mit sklerotischer Erkrankung der Arterien ihre Dehnbarkeit verschlechtert. Das gleiche Pulsvolum, das bei der Jugendlichen Arterie einen Druckzuwachs in der Höhe des normalen Pulsdruckes, also von durchschnittlich 40 cm H,O = 30 cm Hg, hervor- ruft, muss bei einer alten und kranken Schlagader eine Steigerung des Druckes um das Doppelte und mehr zur Folge haben. Meine Zahlen setzen mich in Stand, hiefür zahlenmässige Belege zu bringen. Ich wähle als Beispiele mein 20jähriges Mädchen Nr. 3, die 45jährige Frau Nr. 8 und den 70jährigen Mann Nr. 14. Nach Mes- sungen am Lebenden bei zahlreichen Personen der gleichen Alters- kategorie nehme ich an, dass deren Blutdruck betragen habe: bei Nr. 3 minimal 100, maximal 140, also Pulsdruck 40 cm H,0; bei Nr. 8 minimal 120, maximal 170, Pulsdruck 50: bei Nr. 14 minimal 170, maximal 270, Pulsdruck 100. H,0. . In der Karotis der 20jährigen ist laut Tabelle XII die elastische Einheitskapazität « für den angenommenen diastolischen Druck von 100 em H,0 = 1,6 (aufgerundet). Also enthält die Arterie bei diesem Druck im ganzen mit Zurechnung der N ullkapazität 2,6 cm? pro 1 cm® tote Weite. Ihr Pulsvolum, d.h. der Zuwachs an elastischer Kapazität für die Höhe des Pulsdruckes, wenn der Füllungsdruck steigt von 100 auf 140, ist annähernd 0,4 em® pro 1 cm? K,. Soviel empfängt sie demnach Blut bei ihrer Füllung und soviel befördert sie bis zur nächsten Systole weiter, Machen wir dieselbe Rechnung abgekürzt für Nr. 8. Deren dia- stolische Kapazität betrüge unter den gleichen Voraussetzungen 2,4 cm’, also etwas weniger pro cm? tote Weite. Sollte sie wie die 20jährige ee SE en} En ee en % Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 609 auch ein Pulsvolum von 0,4 aufnehmen, so müsste der Druck nach Tabelle XVII auf 250 steigen. Dem angenommenen Zuwachs an Puls- druck von 120 auf 170 entspricht bei ihr nur ein Kapazitätszuwachs von 0,2. Dabei kann ihr Arteriensystem als relativ gesund bezeichnet werden; denn ausser vereinzelten Intimaflecken fehlen pathologische Veränderungen durchaus, und die Karotis speziell machte den Ein- ‘ druck sehr guter Elastizität. „Wieder 25 Jahre später, beim 70jährigen Mann mit ausgeprägter Arteriosklerose reduziert sich die diastolische Kapazität für 170 cm® H,O auf 2,0 cm? pro 1 cm? tote Weite. Müsste diese Arterie ein _ Pulsvolum von 0,4 cm? pro Einheit von K, aufnehmen, so wäre dazu _ ein Druck von ca. 670 H,O, also ein Pulsdruck von 500 erforder- : lieh. Denn die Kapazitätszunahme von 170 auf 270 cm Druckhöhe Er beträgt nur 0,127 cm? (berechnet). Diese Beispiele zeigen mit anschaulicher Beweiskraft, dass und _ in welchem Masse der arterielle Innendruck steigen muss, wenn eine Arterie, deren elastische Dehnbarkeit nachgelassen hat, die gleiche Blutmenge befördern soll wie eine gesunde, elastische Schlagader. a Die Rechnung scheint einen Fehler zu haben; denn solche Druck- höhen, wie die berechneten, sind physiologisch und pathologisch un- = möglich. Aber der Organismus hilft sich in anderer Weise. Was er durch Drucksteigerung nicht erreichen kann, sucht er durch Aus- weitung der Arterie anatomisch zu ermöglichen. Wir sahen, dass alte a Arterien länger und weiter werden als junge. Mit Zunahme der = Kapazität ım ganzen wächst auch im gleichen Verhältnis die elastische Kapazität, wie die Vergleichung meiner Tabellen ergibt. Bestimmte ' Masse über die absolute Volumzunahme der Arterien fehlen mir noch; ich bin daher in diesem Punkte auf approximative Annahmen an- gewiesen. Wenn ich auf Grund eines Überblickes das Verhältnis der Volumina der Karotiden von 20, 45 und 70 Jahren setze wie 3:3,5:4,5, 80 bin ich wohl nicht allzuweit von der Wirklickkeit entfernt (vgl. auch | Suter 70). Umgekehrt müssten sich also bei Voraussetzung der an- genommenen Blutdruckhöhen die elastischen Einheitskapazitäten des 5 Pulsdruckes verhalten. Tatsächlich ist das Verhältnis aber 4:2:1,25, 5 oder auf die Grundzahl 3 gebracht 9,6:4,8:3. | _ Es bleibt also für die gealterte und sklerotische Arterie trotz Steigerung des Blut- und Pulsdruckes, trotz anatomischer Zunahme der absoluten Kapazität immer noch gegenüber der Jugend we 0 deutendes Defizit an Pulsvolum, das mit den Jahren und mit dem . Fortschreiten der Sklerose progressiv zunimmt. Da bleibt eben dem Alter nichts anderes übrig als zu verzichten auf das Pulsvolum der » x 610 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Jugend und deren lebhafte Blutversorgung; es muss die Tätigkeit seiner Organe und des ganzen Organismus auf ein geringeres Mass der Blutzufuhr einstellen. Denn was ich hier an dem Beispiel der Karotiden nachgewiesen habe, hat Geltung für das ganze arterielle Gefäßsystem, wenn auch die absoluten Zahlen wechseln. Meine Untersuchungen geben die mathematisch-physiologische Erklärung dafür, warum im Alter und bei Arteriosklerose der Blutdruck steigen muss: Lässt die Dehnbarkeit der Arterie nach, so muss der Druck steigen, um die Menge an elastischer Kapazität zu erhalten, die erforderlich ist, um den Blutabfluss nach den Kapillaren kontinuierlich zu gestalten, um ein genügendes Pulsvolum des gesamten Arteriensystems zu gewährleisten. Oder um- gekehrt ausgedrückt: Bei gleichbleibendem Zeitvolum des Herzens und abnehmender Dehnbarkeit der Arterien steigt der Druck, der nötig ist, um dieser vom Herzen kommenden Blutmenge Aufnahme im Arteriensystem zu ermöglichen. Es erhöht sich das Druckniveau als solches, d. h. der diastolische Blutdruck, wodurch der Arterie eine grössere Ausgangskapazität gegeben wird. Es steigt vor allen Dingen der systolische Blutdruck, damit der Pulsdruck erhöht werde, der massgebend ist für die elastische Kapazität der Druckdifferenz von minimal zu maximal, d.i. für das Pulsvolum. 7. Therapeutische Ausblicke. Ich hatte die hier beschriebenen Versuche unternommen, um mir Klarheit zu verschaffen über den kausalen Zusammenhang zwischeu Blutdruckänderungen und Arteriosklerose, und in der Hoffnung auf diesem Wege zu therapeutischen Richtlinien zu gelangen. Ich möchte daher über diese Seite der Frage noch einige Worte beifügen. Ich hatte schon in früheren Arbeiten (11, 13) Gelegenheit, mich hierüber kurz zu äussern; heute kann ich das dort Gesagte ergänzen. Bezüglich der Pathologie der Arteriosklerose verweise ich auf die pathologisch-anatomischen und klinischen Zusammenfassungen und Lehrbücher. Im besonderen nenne ich Moritz und v. Tabora in Krehl und Marchands Handbuch (49) und Thorels Referat (80) in den Ergebnissen der Allgemeinen’ Pathologie; die neueren klinischen Handbücher: Eichhorst VI. Aufl. 1904 (17), Romberg (59), Bäum- ler (2) in Penzoldt & Stintzing, II. Aufl. 1898; Kuelbs (38) in Mohr & Stähelin 1914; ferner auch die Artikel über Arterien von Marchand und über Arteriosklerose von Fränkel in Eulenburgs Realenzyklopädie I, IV. Aufl. 1907; die Monographie von Jores (32) Kr = £ Bert TESERE n =, Rd TR ä “ ea ne Fee Ra Fe Er SHE a en Mani 22 5 SE ae PETE: Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über.den Blutkreislauf. 611 und Wiesel und Strasser (92) und die Spezialarbeiten von Thoma (73, 76, 78) auf diesem Gebiete. Es erübrigt sich, an dieser ‘Stelle auf die verschiedenen An- schauungen über die Ursachen und das Wesen der Arteriosklerose einzugehen. Sichergestellt ist, dass diese Krankheit zu degenerativen Prozessen in der Arterienwand führt, die eine beträchtliche Ver- minderung an Dehnbarkeit und Elastizität bedingen. Ich habe, in Übereinstimmung mit anderen Autoren, nachweisen können, dass und in welchem Grade die Abnahme der Dehnbarkeit der Arterien ein physiologischer Vorgang ist. Die schönen Untersuchungen von Grün- stein (24) und von Jores (32) zeigen, wie die normalanatomische Entwicklung dieser physikalischen Änderung parallel geht. Die Arte- riosklerose beschleunigt und verstärkt die natürlichen Alterserschei- nungen, indem sie speziell die unersetzlichen elastischen Elemente schädigt. Dass ihr Fortschreiten ein ‚ungemein langsames ist, ist bekannt. Man versteht daraus, .dass klinisch der Beginn einer Aterio- sklerose kaum festzustellen ist, da ihr Bild zu Anfang im wesent- _ lichen nur eine Steigerung der physiologischen Altersvorgänge ist; lässt sich doch auch anatomisch schon schwer entscheiden, welche Veränderungen der Arterienwand, speziell der Elastika, als normal oder als eben beginnende Krankheit gelten sollen. Gleich wie bei anderen klinischen ‚Symptomen der Arterio- Sklerose können auch für ihre Veränderungen des Blutdruckes keine Regeln aufgestellt werden, wo die Grenzen zwischen normal und pathologisch zu ‚setzen sind. Es geht aus meinen Untersuchungen hervor, dass zur Erzielung gleicher Leistungen der Blutzirkulation der Blutdruck mit Abnahme der Arteriendehnbarkeit, also mit zu- nehmendem Alter, steigen muss. Das ist eine auch am lebenden Gesunden nachgewiesene Tatsache. Ich verweise hiefür im beson- ‚dern auf die Arbeiten von Masing (45) und von Oppenheimer und Bauchwitz (52), welche ich aus vielen Erfahrungen bestätigen kann (vergl. 14).. Dass die arterielle Hypertension bei Arteriosklerose eın zwar 3 nicht unbedingt konstantes, aber doch sehr verbreitetes Symptom _ Ist, darin stimmen alle Autoren überein. a Anderseits weiss man, dass weder das Alter noch die Arterıo- Sklerose stets zur Erhöhung des Blutdruckes führen RÜRBEN: Das Alter macht individuell sehr verschieden rasche Fortschritte, und das- &elbe gilt für die Arteriosklerose, die obendrein Arteriengebiete von - Sehr verschiedener Ausdehnung und Wertigkeit befallen kann. Da E 612 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 die Gefäßspannung ausser von der Dehnbarkeit der Arterien auch noch abhängig ist von deren Füllungszustand und damit vom Ver- hältnis zwischen Zeitvolum des Herzens und kapillarem Abfluss, so ergeben sich eine ganze Reihe von Modifikationen für die Grösse des Blutdrucks. Auf jeden Fall aber gehört dessen Steigerung zu den wichtigsten Begleiterscheinungen der Arteriosklerose. Sie bietet bei weitgehend sklerosiertem Gefäßsystem oft die einzige Möglichkeit für den Kreislauf, seine Pflicht gegen den Organismus zu erfüllen. Ist es dann statthaft, auf therapeutischem Wege die Hypertension zu bekämpfen? Diese Frage habe ich, wie viele andere Arbeiter auf diesem Gebiet, mir oft vorgelegt, und gerade meine gegenwärtigen Untersuchungen scheinen sie in negativem Sinne zu beantworten. Und doch muss ich sie bejahen! Wohl ist die krankhafte Erhöhung des Blutdruckes nur ein Sym- ptom der Arteriosklerose, aber, und auch darin gehe ich mit andern Autoren einig, sie ist mit ein Moment zur weiteren Schädigung der erkrankten Arterien und des Herzens (vergl. Thoma 76). Ihre Re- duzierung erscheint daher schon aus diesem Grunde, ganz abgesehen von allen subjektiven Belästigungen, oft höchst wünschenswert und notwendig. Ich habe in meiner Praxis zu häufig die wohltätige Wirkung der therapeutischen Blutdruckerniedrigung bei Arterio- sklerotikern gesehen, als dass ich je darauf verzichten möchte. Nicht allein, dass mit sinkendem Blutdruck der Puls und die Herztätigkeit sich nachweisbar bessern; auch die objektive und subjektive Besserung zahlreicher Organsymptome und der ganzen Leistungsfähigkeit des Körpers beweisen eine bessere Durchblutung des Organismus. Den Widerspruch, der in diesen empirischen Tatsachen gegen- über den theoretischen Resultaten meiner heutigen Untersuchungen liegt, kann ich mir nur auf folgende Art erklären (vergl. 13, 14): Physiologisch wird der Blutdruck reguliert durch den Tonus der kleinen Übergangsarterien (s. pag. 549). Bei der Arteriosklerose muss | aus physikalischen Gründen, wie ich gezeigt habe, zur Erzielung eines höheren Blutdruckes dieser Tonus erhöht werden, d. h. die Übergangs- arterien werden enger. Diese Verengerung übersteigt aber häufig, vielleicht unter dem Reiz der gleichen Noxe, welche die Erkrankung als solche verschuldet hat, das erforderliche Mass, und der Blutdruck steigt höher, als er entsprechend der Abnahme der Arterienelastizität steigen müsste. Dieses Plus ist nutzlos und schädlich. Seine Be seitigung ist daher nicht nur erlaubt, sondern direkt geboten. Eine Therapie, die dies erreicht, ist nicht lediglich symptomatisch; sie arbeitet durch Beseitigung einer zwecklosen und übertriebenen Hyper- Jahrg.64. Anton Bühler. Statische Untersuchungen über den Blutkreislauf. 613 tension der weiteren Überanstrengung und Schädigung des Gefäss- systems entgegen und wirkt so unmittelbar in kausalem Sinne, Es ist hier nicht der Ort, in eine detaillierte Besprechung der Heilmittel und Heilverfahren gegen die Adernverkalkung ein- zutreten. Ich verweise hiefür auf die schon genannten Handbücher, auf die Abhandlungen der physikalischen Therapie, in deren Bereich die Krankheit vor allem gehört — ich erwähne davon: Littens Gefässerkrankungen im Handbuch von Goldschneider & Jakob (39) und Strauss Diätetik (68) — und auf meine früheren Publikationen über diesen Gegenstand. Nicht unberücksichtigt soll auch Eichhorsts kleine populäre Schrift „Hygiene des Herzen und der Blutgefässe* bleiben, die allgemein gültige Ratschläge zur Verhütung der Krank- heit gibt (18). Die Forderung, die ich auf Grund meiner Darlegungen an eine ideale Therapie der Arteriosklerose stelle, ist, neben einer rationellen früh einsetzenden und jahrzehntelang durchgeführten Prophylaxis: Es sollen die statischen Bedingungen des Blutkreislaufes, welche durch krankhafte Einbusse der Dehnbarkeit der _ Arterienwand gestört sind, in eine möglichst günstige Gleichgewichtslage zurückgeführt und in dieser erhalten werden. Literatur - Nachweis. Grössere Literaturverzeichnisse finden sich u.a. in den Nummern: ‚35, 38, 42, 49, 80, 82. l, Albert. Einige kymographische Messungenam Menschen, Jahrb. d. Ges. d. Ärzte % in Wien 1883, + 2% Bäumler, Ch. Behandlung der ea a dee In Penzoldt & Stintzings Bi Handbuch, Bd. III 1898. » Bardeleben, K. Über Venenelastizität. Jen. Zschr. XII 1878. - V. Basch. 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Die Pflanzenreste aus den Pfahlbauten am Alpenquai in Zürich und von Wollishofen „sowie einer interglazialen Torfprobe von Niederweningen (Zürich). Von E. NEUWEILER. a a ET RE TE N er ET Nomenklatur nach: Schinz u. Keller, Flora der Schweiz, 3. Aufl., II. Teil (1914). (Als Manuskript eingegangen am 20, April 1918.) 1. Pflanzenreste aus dem Pfahlbau am Alpenquai in Zürich. Bei den Ausbaggerungen im Zürichsee vor der neuen Tonhalle in Zürich im’ Jahre 1915/16 wurden Pfahlbauten aufgedeckt, deren _ reichhaltige Reste unter der Leitung des schweizerischen Landes- ' Museums ausgebeutet wurden. Die Sämereien, Hölzer und andere pflanzlichen Reste wurden dem botanischen Museum der Universität Zürich übergeben, wo sie nach meinen Untersuchungen geordnet und auf- bewahrt sind. Die Ausführung der Arbeit erfolgte in diesem Institute, - wo mir die nötigen Hilfsmittel bereit standen. Für dieses Entgegen- kommen bin ich Herrn Professor Dr. Hans Schinz zu Dank verpflichtet. Br Für die Vergleichung der Sämereien leistete mir auch die Samen- Sammlung der eidgenössischen Samenkontrollstation in Örlikon gute Dienste; ebenso war mir bei meinen Besuchen der Assistent, Herr Dr. Grisch behilflich, was ich auch hier verdanke. Die Bestimmung. der Moose hat in verdankenswerter Weise Herr Charles Meylan in La Chaux bei Ste. Croix übernommen. Das Alter der Pfahlsiedelung fällt in die Bronze- und den Anfang der ältern Eisenzeit oder Hallstadtperiode. Einige Funde weisen darauf hin, dass die Niederlassung schon in der jüngeren Steinzeit bestand. Die Pflanzenfunde lassen annehmen, dass der Pfahlbau einer = Jungen Periode angehört. Dafür sprechen z.B. das Vorkommen des 2 Spelzes, der Saubohne, der Fichte. r Die pflanzlichen Reste sind sehr reichhaltig; in ihrem Erhaltungs- zustande treten grosse Unterschiede auf, zumal die Konservierungs- möglichkeit für Holzreste und Sämereien eine ungleiche ist. 618 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Die Holzstücke bestehen namentlich aus Pfahl- und Brettstücken, sowie bearbeiteten Gegenständen, wie Tellern, Schalen, Löffeln, Schach- teln, Schaufeln, Beilschäften usw. Die Hölzer sind in feuchtem Zu- stande recht weich und dann verhältnismässig leicht zu bestimmen. Es sollte darauf geachtet werden, dass solche bald nach der Gewinnung untersucht werden können; denn in feuchtem Zustande ist das Quer* schnittsbild unverändert und die Anordnung der Gefässe oder Poren gut zu erkennen. Beim Austrocknen tritt Schrumpfen ein, wodurch die Anordnung der Poren verwischt, die Bestimmung unsicher, manch- mal unmöglich gemacht wird. An angekohlten Stücken, die jedoch seltener auftreten, besteht dieser Nachteil nicht. Die feuchten Kern- hölzer lassen häufig noch den Färbungsunterschied zwischen dem innern Kernholze und dem äussern Splinte erkennen, was in ausge- trocknetem Zustande meistens nicht mehr der Fall ist. — Die Laubhölzer wurden in der Regel an Hand eines Querschnittes mittelst Lupe oder Mikroskop erkannt; bei Nadelhölzern wurde dazu immer noch ein radialer Längsschnitt zur sichern Bestimmung der Art geprüft. .Die Sämereien mussten mühsam aus einigen hundert Proben erlesen werden. Torfbildung lag an der Fundstelle nicht vor; die Sämereien waren häufig in den Seeboden und Schlamm eingelagert. Die einen Proben bestanden fast ausschliesslich aus fester Erde und wiesen fast gar keine Sämereien auf; andere liessen über Seekreide Gehäcksel mit Sämereien erkennen. In der Seekreide traten von Konchylien Bythinia tentaculata L., Valvata piscinalis Müll. auf. Als weitere tierische Reste sind Mäusekot, Schafmist, Fliegentönnchen (Puppenhüllen), Chitinhüllen von Eiern und eine Käferflügeldecke zu verzeichnen. Statoblasten von Cristatella mucedo stammen aus Topf- rest 31. Die Anwesenheit des Nussbohrers (Balaninus nucum) und des Erbsenstechers (Bruchus pisi) ist durch Löcher an Haselnußschalen, resp. Saubohnen dokumentiert. on Sämereien treten auch Nester mit grösseren Mengen von Früchten und Samen auf, unter denen namentlich Getreidearten mit den begleitenden Unkräutern vorkommen. Gross war auch die Zahl der Topfreste aus Töpfen, die als Vorräte Sämereien bargen und daneben noch mit Kohlenstückchen und andern Verbrennungsresten gefüllt waren. Die Körner sind meistens verkohlt und dann gut erhalten. Auch „Brotreste“ und Stücke zusammengebrannter Getreidekörner, nament- lich Hirsekörner, sind reichlich vorhanden. Es weist dies darauf hin, dass der Pfahlbau, wie so viele andere, durch Feuer zerstört worden ist. Unverkohlt treten besonders Sumpfpflanzen auf; auch einige Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 619 Kulturpflanzen wie Hirsekörner sind so erhalten geblieben. Aus mistähnlicher Masse wurden die reichlichen Früchte der Hundspetersilie herausgelesen. Diese Doldenpflanze ist sicher zur Zeit der Pfahlbaute gewachsen; denn die hellbraunen Früchtchen durchsetzen in grosser Menge das mistartige Material. Der See reichte früher weiter hinab, so dass die Fundstelle weiter vom Ufer entfernt war und eine Bei- mischung von jüngeren Samen nicht wahrscheinlich ist. Der unver- kohlte Zustand darf nicht als Kriterium für ein jüngeres Alter an- geführt werden; es ist nicht anzunehmen, dass die unverkohlten Früchte später hineingelangt seien. Dies trifft auch für die Sumpf- pflanzen zu, bei denen das Innere des Samens herausgewittert ist. Bei der Untersuchung der Pflanzenreste aus den Pfahlbauten im Gebiete des ehemaligen Wauwilersees') im Kanton Luzern, wurde dieser Frage besondere Beachtung geschenkt, indem die Horizonte, aus denen die Pflanzenreste stammten, genau fixiert wurden. Da hat sich der Schluss ergeben, dass die bis anhin aus Pfahlbauten bestimmten Sumpf- und Moorpflanzen zur Zeit der Besiedelung existiert haben. In den untersten, mittleren und obersten Lagen, die durch a Kulturschichten getrennt sind, findet sich dieselbe Sumpf- und Moorflora. n den meisten Topfresten (in 53 von 87) tritt am Grunde ein Grasrest auf, in einigen Fällen von faserigem Aussehen, vermengt mit Sumpfpflanzen; in der weitaus grössten Menge aber sind Kulturpflanzen (Getreide und Hülsenfrüchtler) und gesammelte Nutzpflanzen (Beeren- und Steinobstarten), wie auch Unkräuter darin. Es ist als sicher anzu- nehmen, dass in den Töpfen vielfach Getreide, Hülsenfrüchtler und andere N utzpflanzen aufbewahrt wurden. Doch ist bei der Verschieden- heit der Reste in einem Topfe auch nicht zu verkennen, dass die Früchte nicht immer so aufgespeichert wurden, sondern dass sie viel- fach beim Einstürzen der Pfahlbauten in die Töpfe hinein gelangt waren. Diese Annahme wird auch gestützt durch den Umstand, dass die Sämereien der Getreide- und Gemüsearten in den Töpfen verkohlt sind. Mit den Kulturpflanzen zusammen finden sich hier auch die be- gleitenden Unkräuter, wie Knöterich, Schneckenklee, Wiceken, Hahnen- fuss, Hohlzahn, Ackersenf, Labkräuter und andere; Holzkohlenreste gelangten nachträglich hinein. Die mikroskopische Prüfung ergab eg noch Epidermis von Gramineen und Üyperaceen, zum Teil mit Pusteln. In den wenigsten Fällen dürften die Topfreste direkt als Nahrung EEE TREER )N euweiler, E. Pflanzenreste aus den Pfahlbauten des ehemaligen Wau- Wilersees (Kanton Luzern) in: Die neolithischen Pfahlbauten im ne Wilersee und dessen Umgebnng. XI. Mitt. Naturf. Ges. Luzern. VII. He . 620 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Verwendung gefunden haben. Sichere Hinweise darauf ergeben sich nicht. In Wauwil sind Reste aus Töpfen bekannt geworden, deren Inhalt seiner Zusammensetzung nach viel eher als Speisereste aufge- fasst werden kann. Die Annahme, dass Töpfe namentlich zur Aufbewahrung von Nahrungsmitteln dienten, wird durch zahlreiche Topfscherben gestützt, welche auf der Innenseite verkohlte Krusten von zum Teil zarten Pflanzenresten aufweisen. In diesen findet man fast immer Getreide; Triticum und Hordeum, und besonders Hirse, wobei die Rispenhirse viel häufiger als die Kolbenhirse vertreten ist; auch Saubohne konnte darin erkannt werden. An einigen Stücken war die Kruste recht schwer und mit einzelnen glänzenden Körnern der Rispenhirse ge- spickt. Auf der Aussenseite sind die Scherben unverändert, ohne Einwirkung von Feuer, geblieben. Bei der Zerstörung der Pfahlbauten trat im Innern der Vorratsgeräte Verkohlung des Inhaltes durch die grosse Brandhitze ein, worauf die Töpfe in die Tiefe stürzten. An der grössern Zahl der Topfscherben waren keine erkennbaren Sämereien zu beobachten; zerkleinerte Vorräte wie Mehl, Brotreste und andere konnten darin aufbewahrt worden sein. Auch Körbe haben zur Aufbewahrung gedient; denn es sind Korbgeflechte mit Getreide erhalten. Zu solchen Resten aus Töpfen ist unzweifelhaft auch ein Teil von Heers') Pfahlbaubrot zu stellen. Sein Pumpernickel besteht aus solchen zusammengebrannten Getreidekörnern ; die hohle, glatte Seite der „Ankeweckli* entspricht der Wölbung von Topfscherben und ‚rührt nicht von einem hochgewölbten Backstein her. Auch Maurizio?) hält es nicht für angemessen, Getreideklumpen darum als Fladenteile anzusprechen, weil sie eine flache Seite, angeblich eine Backfläche, aufweisen. Bu Neben solchen Topfresten treten jedoch auch Pfahlbaubrote auf. Dabei ist aber nicht an unser heutiges Brot zu denken, welches nach S Maurizio?) als allgemeine Nahrung der Reichen und Reichsten kaum 2000 Jahre alt ist; hierin steht es weit hinter den Fladen und dem Brei. Bei den Römern war nach ihm das Bewusstsein, dass Brot etwas neues sei, recht stark ausgeprägt: Kein Brot, nur Schrot durfte ge- opfert werden. Das verkohlte Gebäck der Pfahlbauer war, wie schon Heer beschreibt, ein Fladen oder Kuchen, das ist ein flach geformter, !) Heer O. Die esse der Pfahlbauten. Nenjahre, Naturf. Ges. Zürich auf das Jahr 1866 p. ?) Maurizio A.: je Getreidenahrung im Wandel der Zeiten. Zürich 1916 p. 91. ®) Maurizio A.: l. c. p. 17, 43, 137. Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 621 : a gebackener oder gerösteter Brei aus groben Schroten und Griesen. Die guten Breilieferer wie Hirse, Buchweizen, Mais, Reis, Haber, Gerste taugen schlecht zu Brot; sie geben ein schweres Gebäck. Das sehen wir ja nur zu gut an unserem maishaltigen Kriegsbrot. . Die aufgefundenen Pflanzen folgen in systematischer Reihenfolge. Die bestimmten Holzproben — es sind über 450 — sind am Schlusse in einer Tabelle zusammengestellt, wobei auch die Stücke mit Spuren der Bearbeitung als Artefakte bezeichnet.sind. Ein Anhang gibt die aus den einzelnen Topfresten bestimmten Arten an. 1. Pilze. ke 1. Polyporus fomentarius L., der heute namentlich an Buchen 3 ' und anderen Laubhölzern auftritt, tritt in einem 10 cm hohen Rand- — bruchstück auf. Ai: 2. Moose. 2. Anomodon viticulosus H. et T. 3. Leucodon seiuroides Schwgr. 4. Thuwidium Philiberti Limpr. var? pseudotamarisei Kyan. Die drei Moose sind xerophil und stammen aus dem Walde, Wo sie am Grunde von Baumstämmen wachsen und wo sie vom Pfahlbauer gesammelt wurden. 3. Nadelhölzer. 5. Picea excelsa (Lam.) Link — Davon liegen 4 Holzproben vor: ein dünnes Holzstückchen mit einem schiefen Loch, ein rundes zugespitztes Holz, ein Holzteller mit Speiserest und ein angekohltes Stück. Die Art ist an den reichlichen Harzkanälen und an den behöften Tüpfeln der äussern Markstrahlzellen erkannt worden. 6. Abies alba Miller — Verschiedene Pfahlstücke, zum Teil ange- kohlte Stücke, Artefakte wie Schachtelboden und -Deckel, flacher Pfeil, Abziehholz für Messer, durchlöchertes Brett, im ganzen 24 Reste, iegen von der Weisstanne vor. Fehlen oder nur spärliches Vor- „men der Harzkanäle und nur einerlei Markstrahlzellen sind für dieses Nadelholz charakteristisch. - Ss. Befremden muss das völlige Fehlen der Eibe, welche am Ütliberg „eimisch .ist und deren Holz vom Pfahlbauer geschätzt war. Dass die Weisstanne unter den Koniferen am meisten Reste hinterlassen „at, stimmt mit anderen Fundorten überein. Interessant ist das Auftreten der Fichte, des im prähistorischen Walde seltenen Vor- = alpenbaums, dessen Holz zu einigen Artefakten Verwendung fand. Wenn auch das Vorkommen am Alpenquai.nicht zum. vornherein zu 622 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zurich. 1919 erwarten war, so haben die wenigen Reste auch nichts Befremdendes; es kann daraus doch nicht auf eine grössere Ausbreitung und Be- deutung der Fichte geschlossen werden, und es reicht der Pfahlbau am Alpenquai bis in die Eisenzeit hinein. Die Ansicht, dass die Fichte spätestens zur Römerzeit, wohl schon etwas früher, unter dem Einfluss des Menschen herabgestiegen sei, wird dadurch verstärkt. Vergleiche darüber die Untersuchungen über die Verbreitung prä- historischer Hölzer in der Schweiz. Diese Zeitschrift, Jahrgang 55, p. 166 ff., besonders 170. 4. Bedecktsamer. 7. Potamogeton perfoliatus L. Vom durchwachsenen Laichkraut liegen wenige, etwa 2'/ mm lange, zusammengedrückte und am Rücken stumpfe Früchtchen vor. Häufiger sind die bräunlichen 4—5 mm langen, etwas spindelförmigen Früchte von 8. Najas marina L. 2: 9. Panicum miliaceum L. 10. Setaria italica (L.) R. & S. Für die Bestimmung der Hirse (Panicum miliaceum und Setaria italica) ist von F. Netolitzky') die Tatsache herangezogen worden, dass die Spelzen der Gramineenfrüchte verkieselte Epidermiszellen besitzen, die nach Veraschung direkt mikroskopiert werden können. Die Skelette der beiden Kulturhirsen Mitteleuropas unterscheiden sich voneinander, so dass eine sichere Bestimmung darnach möglich ist. Wo ganze Früchte vorliegen, ist jedoch eine einwandfreie Be- stimmung mit der Lupe nach der Oberflächenstruktur nach den schon von Heer’) angegebenen und auch schon früher von mir benutzten Merkmalen möglich, ‘wonach die Rispenhirse eine glänzend glatte Oberfläche, die Kolbenhirse ein mattes, runzelig punktiertes Mittelfeld trägt. Die Nachprüfung der von mir bestimmten Funde durch Netolitzky hat denn auch die Bestätigung meiner Bestimmungen ge- bracht, mit einer Ausnahme, die ich selber als unsicher hingestellt habe. Vom Pfahlbau am Alpenquai liegen gut erhaltene Früchte in namentlich verkohltem, aber auch in unverkohltem Zustande so häufig vor, dass beide Hirsearten sicher erkannt werden konnten. Ja, von der Rispenhirse sind viele zusammengebrannte Klumpen von Körnern vorhanden, an denen zum Teil die langen Rispenstielchen deutlich erhalten geblieben sind. Auch in vielen (40) Topfresten und (27) ‘) Netolitzky, F.: DieHirse aus antiken Funden. Sitz.-Ber. Kais. Akad. Wissensch. Wien. Math. naturw. Klasse. Bd. C XXI. p. 725-759. 2) Heer, O.: L. c. » 11. Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 623 Topfscherben ist Panicum miliaceum vertreten, während sSetaria italica in weniger Körnern, wenig Klumpen, weniger Topfresten (22) und Topfscherben (2) vorliegt; in Gesellschaft mit der Kolbenhirse zeigt sich fast immer die Rispenhirse. Diese letztere war dem Prähistoriker wohl wichtiger, wie sie überhaupt seit dem Neolithikum eine grössere prähistorische Verbreitung als die Kolbenhirse aufweist, welch letztere nach den Untersuchungen von Netolitzky') mehr auf den Alpengürtel beschränkt war. „Während die Rispenhirse ganz Mitteleuropa zu irgend einer vorgeschichtlichen Zeit ernähren half und an den Ufern der Rhone ebenso gebaut wurde wie am Po, an der untern Donau und in Dänemark, fand ich bisher im Gegensatz dazu die Kolbenhirse nur im Alpengebiete und bis Bosnien und ein Fall wird aus Italien angegeben. Nördlich der Donau gibt es nur Rispenhirsefunde; in den Alpen aber sind beide Früchte innigst mit- einander gemischt, sodass sogar bisweilen derselbe Topf beide enthält‘, so sagt Netolitzky?) weiter. 11. Setaria viridis (L.) Pal. Verkohlte Körner, wie Setaria punktiert, aber schmäler als Setaria italica, stelle ich dieser Art zu, die als Unkraut zu deuten ist. Die nachträgliche mikroskopische Prüfung des Kieselsäureskelettes der veraschten Epidermiszellen hat die einwandfreie Richtigkeit der Bestimmung ergeben, indem die Randwellung der Zellen, die schmäler sind als bei Setaria italica, mit Netolitzkys Figur 1 p. 738 übereinstimmt. 12, Avena fatua L. Wenige, schwarze, dünne, bis 11 mm lange, gefurchte, am Grunde mit einem Haarbüschel versehene Körner stammen aus 2 Topfresten. 13. Trichoon Phragmites (L.) Schinz und Thellung, ist in Blatt- testen erhalten geblieben. 14. Bromus secalinus L. Schmale, 6—8 mm lange, auf der Bauch- seite stark gefurchte Grasfrüchte gehören diesem Unkraut an, das frei und aus Topfresten in verkohltem Zustande ausgelesen wurde. 15. Bromus sp. Früchte von der Form der vom Taumellolch, aber etwas kräftiger und grösser, verkohlt. 16. Lolium temulentum L. Ziemlich viele verkohlte Körner von 4—5 mm Länge und 1,4—1,7 mm Breite und mit Bauchrinne ver- Sehen, sind dem Taumellolch zuzustellen. Die Bauchseite ist der ' bänge nach meist etwas gewölbt. Zum Teil sind noch die Spelzen ' an den Körnern, die dann bis 6 mm lang sind, zu erkennen. Ein ) Netolitzky, F.: l. e. p. 755. ’) Netolitzky, F.: Das Rätsel der Hirse. Mannus; Zeitschrift für Vorgese nn. Bd. VIIT (1917) p. 214. 624 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 8 cm langer, 4 cm breiter und 3 cm dicker Klumpen zusammenge- brannter Körner besteht aus diesem Lolche, wobei selten Trespe beigemischt ist. Dabei sind auch Übergänge bis zu 2'/ mm breiten, flach gequetschen Körnern zu beobachten. Die verhältnismässig grosse Menge des Taumellolches, der heute ein verbreitetes Unkraut unter Getreide darstellt, ist geradezu auffällig und weist auf Ver- wendung hin; ein ganzer Klumpen kann wohl nicht als Abfall beim Reinigen des Getreides gedeutet werden. 17. Triticum monococcum L., ist dokumentiert durch mehrere Ährenstücke (eins 15 mm lang, einerseits mit 3, anderseits mit 2 Ährchen, eins 14 mm lang, jederseits mit 3 Ährchen und eins 14 mm lang, jederseits mit 2 Ährchen), einige wenige Ährchen und nicht häufige einzelne Körner von 5—6,5 mm Länge. Die Körner sind von der Seite her zusammengedrückt, schmal, zugespitzt und weisen am Übergang vom flachen bis in der Längsrichtung etwas gewölbten Bauch zur Seite eine scharfe Kante auf; der Rücken ist gekielt. Man kennt das Einkorn, dessen Stammform als subsp. lasiorrhochis Boiss. wild im Orient vorkommt, schon seit der ältern Steinzeit. Ausser den in der Literatur bekannten und von Gradmann') zu- sammengestellten Orten habe ich selber diese Frucht aus einer Reihe prähistorischer Fundstellen bestimmt, von den neolithischen Niederlassungen von Aggtelek in Ungarn, vom Lac de Chalain in Frankreich, von Oudoumont in Belgien und vom bronzezeitlichen Mistelbach in Österreich. 18. Triticum dicoccum Schrank — Mehrere Ährenstücke, wovon das grösste 16 mm lang und einerseits mit 3, anderseits mit 4 Ahrchen besetzt ist, einzelne Ährchen und Körner mit flacher Bauchseite sind frei und in 25 Topfresten erkannt worden. Diese im Altertum und Prähistorikum ?) häufige Getreideart, dessen Stammform als Triticum vulgare var. dicoccoides Keke. in Palästina aufgefunden worden ist, ist. von mir ferner nachgewiesen im Neolithikum von St. Blaise, Wauwil, Fällanden, Du Port im Lac d’Anneey, Lac de Chalain, Oudoumont, Velem St. Veit, Brioni im österreichischen Küstenlande, aus der Bronzezeit von Mörigen, Roselet im Lae d’Annecy, Mistelbach. .. 19. Tritieum Spelta L. 2 lockere Ährenstücke mit je 3 Ährehen gehören dem Spelz an. Daneben liegen zweikörnige Ährchen und einzelne Körner recht häufig vor; ja der Menge nach stellen die Spelzreste die weitaus häufigste Getreideart in dieser bronzezeitlichen | ') Gradmann, R.: Der Getreidebau im deutschen und römischen Altertum, Jena 1909 p. 31. ?) Gradmann, R.: 1. ce. p. 40. ® Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 625 Fundstätte dar; in 37 Topfresten sind sie vertreten. An den Ährchen ist fast immer das ziemlich breite Ährenspindelstück für das folgende Ährchen zu sehen, wie das bei dem rezenten Spelz beim Zerfallen der brüchigen Spindel zutrifft. Wenn das Spindelstück in selteneren Fällen als Fortsatz nach unten vorkommt, so zeigt es auch an den verkohlten Funden etwas schaufelförmige Aushöhlung. Die Art ist an den rechtwinklig abgestutzten Hüllspelzen deutlich erkennbar. Wenn das Ende derselben infolge Abbrechens nicht mehr intakt ist, so sind die Ährchen von denen des Emmers an dem Ver- halten der Spelze an der der Ährenaxe zugekehrten Seite zu unter- scheiden: Beim Emmer bilden sie am Rande des Ährchens eine scharf nach innen vorspringende Kante; beim Spelz ist die Spelzenkante _ mehr nach aussen gerichtet. Die 5—7 mm langen Körner sind au der Bauchseite flach und gehen meist mit einer scharfen Kante auf die gerundete Rückenseite über. An einer Reihe von Körnern ist das Bärtchen recht deutlich ausgebildet. Wenn nur freie Spelz- und Emmerkörner durcheinander gemischt sind, ist eine sichere Unter- scheidung zwischen ihnen nur schwer oder gar nicht durchzuführen. Das meiste Interesse von den vier vorkommenden Triticum- arten beansprucht der Spelz, dessen Stammform unbekannt ist. Am Alpenquai liefert er das weitaus meiste Getreide, so dass auf seine grosse Bedeutung zur Zeit des Bestehens dieser Pfahlsiedelung ge- schlossen werden darf. Die ersten Spelzfunde wurden aus der Bronzezeit der Petersinsel im Bielersee gemacht, woher O. Heer ') zweikörnige Ährchen und einzelne Körner erwähnt, von denen jetzt nur noch ein zweikörniges Ährehen i ım botanischen Museum der eidgenössisch technischen Hoch- ‚sehule vorliegt. Aus im historischen Museum in Bern aufbewahrtem aterial von dem bronzezeitlichen Pfahlbau Mörigen im Bielersee ‚Qabe ich ein 21 mm langes, 9—10 mm breites und 6,5 mm dickes ner des Spelzes, mit jederseits drei Ährchen erkannt und ier vom Alpenquai liegt nun eine so bedeutende Bin? dieser ein Weisses Mehl liefernden Getreideart vor. Schon Heer weist darauf hin, dass der Spelz den Prablhaeiee ‚de Steinzeit nicht bekannt gewesen zu sein scheint. Buschan’) : mit Unrecht den Heerschen Fund von der Petersinsel in Zweifel “ gezogen, eine prähistorische Spelzkultur für Mittel- und Südeuropa ge FREE ürich = ) Heer, O.: m. der Pfahlbauten. Neujahrsbl. Natur. Ges. Z 2 auf das ra 1866 A der = %) Busch an, eg Vorgeschichtläche Botanik der Kultur- und nd Natzplanz anzen alten Welt = Grund prähistorischer Funde. Jena 1895, p- 626 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 verneint und mit De Candolle!) das gemässigte Osteuropa und die benachbarten asiatischen Gebiete für das Ursprungsland des Spelzes gehalten. Nach Engelbrecht findet sein Anbau in Osteuropa auch heute noch statt, was von Maurizio?) entgegen Gradmann bestätigt wird. Eine Einführung aus Rom kann angesichts der bedeutenden prä- historischen Funde nicht mehr in Frage kommen. Es ist Gradmann?), der sich eingehend mit der Verbreitungsgeschichte des Dinkels be- fasst hat, beizupflichten, ‘dass diese Getreideart, wie Roggen und Haber, den Römern der ältern Zeit fremd war. Nach De Candolle!) kommt er in den wärmeren Mittelmeerländern nicht vor. Im Hebräi- schen, Griechischen, Lateinischen herrscht Unklarheit über die Be- deutung der Namen kussemeth, öAvge, ei, ador, far bei denen, ‘) die sich mit der Sache befasst haben und die diese Namen wohl auf einen Spelzweizen, am ehesten auf Triticum dieoccum, beziehen. Nach Hoops?°) dagegen ‚kann es kaum zweifelhaft sein, dass Plinius unter far den Dinkel oder Spelz verstand“ und er glaubt,°) „dass der Spelz die eigentliche Hauptfrucht der alten Römer war“. Doch meint er’) auch: „Die Frage, ob auch die Völker des klassischen Altertums den Spelz (Tritieum Spelta L.) gekannt haben, ist schwer zu entscheiden, weil die Deutung der klassischen Getreidenamen mit aussergewöhnlichen Schwierigkeiten verknüpft ist.“ „Das erste un- anfechtbare Zeugnis für das Vorhandensein der Spelzkultur im klassi- schen Altertum liefert das Auftreten des spätlateinischen Wortes spelta um die Wende des 3. und 4. Jahrhunderts n. Chr. Der früheste Beleg desselben ist der im Zulictum Dioeletiani vom Jahre 301“ (Maxi- maltarif von Diokletian, in dem Höchstpreise für eine Reihe von Lebensmitteln festgesetzt sind). Doch ist das Wort Spelz germani- schen Ursprungs und bedeutet wahrscheinlich Spaltkorn, nach dem Zerbrechen der Ähre oder der Gestalt der Ährchen, die infolge des Auseinanderklaffens der Spelzen wie gespalten aussehen. Nach Hoops°) ') De Candolle, A.: Der Ursprung der Kulturpflanzen. Übersetzung von Goeze. 1884. p. 459/60, ®) Maurizio, A.: l.c. p- 43. ‘) Gradmann,R.: 1. Der Getreidebau im deutschen und römischen Altertum. Jena 1909, p. 49—100. — Derselbe: 4, Der Dinkel und die Alemannen. Württem- berg. Jahrb. für Statistik und Landeskunde 1901. *) Gradmann, R: 1.1. c. p. 91 ff. un Sera % ohs.: Waldbäume und Kulturpflanzen im germanischen Alter- °%) Hoops: l.c. p. 433. ) Hoops: l.e. p. 415. °*) Hoops: l.c. p. 434. a N = EN r ae Be Ri RN “ y IB : ii Be 2 $ a He; a Bee Be Sf, ee a ld VE A ea ee BE aa Eee Far Ee Bi ea Fe ee 2 Br ee en En ee ne = NEE su 5 3 E = a = Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 627 wäre das germanische Lehnwort „den Römern offenbar durch den Getreidehandel bekannt geworden.“ Bei uns war der Anbau des Spelzes im Mittelalter bis in die Neuzeit hinein bedeutender als heute. Christ!) sagt: „Das Ge- treide des schweizerischen Plateaus ist vorwiegend der Spelz, Triti- cum spelta,“ schlechthin Korn genannt, namentlich in der deutschen Schweiz, und nach Volkart?) waren Korn und Haber die ausschliess- lichen Getreidearten der Dreifelderwirtschaft des spätern Mittelalters. Gegenüber früher ist sein Anbau stark zurückgegangen. Im obern Thurgau kann man ganze Gemeinden durchwandern, ohne einen ein- zigen Spelzacker anzutreffen. An seine Stelle ist der Weizen, resp. die Graswirtschaft getreten. Die Bedeutung des Spelzes ist heute, wie dies Gradmann?) zeigt, eine beschränkte geworden, wenn auch seine Verbreitung im deutschen Sprachgebiete sich nicht wesent- lich geändert hat und hier seine Verbreitung mit dem Wohngebiete des schwäbisch alemannischen Stammes übereinstimmt. Im frühen "Mittelalter kam dem Spelz eine grosse Bedeutung bei den Alemannen Zu; er war eine ihrer Hauptfrüchte. Schwaben und die Schweiz, also alemannisches Land, bildete nach Johs. Meyer‘) „diesseits der Alpen das Hauptgebiet für den Anbau des Dinkels.* Sein Anbau reicht bei uns aber in viel frühere Zeiten, bis in die ältere Eisen- oder Hallstadtzeit, ja bis in die Bronzezeit hinauf und dies in viel stärkerem Masse, als bis anhin angenommen wurde. An einer Kontinuität des Spelzbaues von der prähistorischen Zeit bis in die jüngste Gegenwart hinein ist wohl nicht mehr zu zweifeln, wenn auch für die Römerzeit unseres Landes keine Funde vorliegen. Der Spelz war schon vor den Alemannen bekannt. Die Ansicht Meyers‘), dass der Spelz durch die Alemannen erst im süddeutsch-schweizerı- schen Eroberungsland kennen gelernt und von der dortigen Urbevöl- kerung übernommen wurde, gewinnt durch diese archäologischen Funde, was auch Hoops?°) trotz des germanischen Ursprungs des Wortes spelta annimmt: „Die Alemannen waren nicht die Urheber des Spelzbaues.“ Schon vor ihnen bestand Spelzkultur. Vielleicht Sind auch die Gebiete auf dem Hundsrück, in der Eifel, in Frank- eich, Spanien und Italien, Österreich nicht auf wandernde Ale- ee ln ‘) Christ, H.: Pflanzenleben der Schweiz. 2. Aufl, 1882. p. 175. *) Volkart, A.: Dreifelder- und Egertenwirtschaft in der Schweiz. For- e ‚schungen aus dem Gebiete der Landwirtschaft. Frauenfeld 1902. Sonderabdruck p. 12, )G JGradmann:i1.l.c.p. Efieyer, Johs.: Die drei Zelgen. Progr. Thurg. Kantonsschule 1879/80. *) Hoops: 1. c. p. 422 u. 435. 628 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 mannen, sondern eher auf ein grösseres Verbreitungsgebiet des Spelz- baues zurückzuführen, das in Mitteleuropa schon in vorrömischer Zeit bestanden hat. Ob dazu auch das ostelbische Alemannengebiet vor der Völkerwanderung gehörte? Die Alemannen konnten den Spelz in ihrer Heimat schon gekannt, ihn mitgebracht und seinen Anbau vorgefunden haben. Prähistorische Funde für seinen Anbau bei ihnen vor der Völkerwanderung liegen jedoch keine vor; aber auch das Mittelmeergebiet hat keine archäologischen Beweise ergeben, so dass die Frage über die Herkunft des Spelzbaues noch der sichern Lösung harrt. Auch die biologische Tatsache, dass der Spelz eine Winter- frucht ist, kann. nicht als Beweis für die Herkunft aus den Mittel- meerländern gelten. Man muss für eine Reihe kultivierter Pflanzen sich von der Annahme befreien, dass sie aus dem Orient und dem Süden eingeführt seien, und auch zugeben, dass sie in Mittel- und Osteuropa erwachsen sind. 20. Triticum aestivum L. ssp. compactum (Host). Ein Ährenstück mit drei Ährchen und wenige, auf der Furchenseite gerundete Körner weisen auf diese Weizenart hin. Sie tritt auch in einigen Topfresten auf. Im Prähistorikum ist sie seit dem Neolithikum häufig. — Es liegt auch Getreidestroh vor, dessen Zugehörigkeit zu der einen oder andern Getreideart nicht sicher angegeben werden kann. 21. Hordeum vulgare L. subsp. hexastichum (L.) Ascherson var. sanctum Heer, ist dokumentiert durch ein Ährenstück mit zwei Quirlen von Ahrchen. Gerstenkörner sind häufig und auch in 40 Topfresten vertreten. Zum Teil sind es nackte, meist aber bespelzte Körner, die nackt meist 6—7 mm lang und 3—4 mm breit sind. Es liegen aber auch Körner vor, die bei kaum 5 mm Länge nicht ganz 3 mm Breite erreichen; selten messen die nackten Körner bis 8 mm Länge. Somit gehören die meisten Gerstenkörner der kleinen, wenige auch der dichten Pfahlbaugerste, Hordeum hexastichum L. var. densum (Ser.) an. In einem Fundstücke konnte eine grössere Menge zusammengebrannter, deutlicher Gerstenkörner beobachtet werden.: 22. Schoenoplectus lacustris (L.) Palla. — Die undeutlich drei- kantigen Früchte, die gegen die Spitze eine etwas gewölbte Rücken- kante aufweisen, braun bis schwarz und 2—2'/, mm lang sind, treten in mässiger Menge auf. \ 23. Mariscus Cladium (Sw.) O. Kuntze, hat eine tonnenförmige Frucht mit verschmälertem Hals geliefert. 24— 26. Carex sp. Dreikantige Früchte(Nüsschen), die verschiedenen Carex-Arten angehören: Carex vesicaria L., deren 2'!/); mm lange Früchte länglich aussehen, Carex riparia Curt. mit ebenfalls 2'/. mm Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 629 langen, aber dickeren Früchten, Carex flava L. mit kleinen, kaum 2 mm langen, dunkeln, scharf dreikantigen Früchten konnten durch Vergleichung mit rezenten Früchten erkannt werden. Daneben sind noch andere Carex-Arten in Früchten vertreten. Ebenso liegt ein verkohltes Stück mit Blattresten eine Segge vor. 27. Salix caprea L. 28. Populus tremula L. Von Weide und Pappel liegen Holzreste vor, die sich durch zarte, von blossem Auge nicht mehr erkennbare Markstrahlen und gleichmässig verteilte Gefässe kennzeichnen. Bei rötlichem Kern- ‚holz ist auf die Weide zu schliessen; das Fehlen eines Kernes spricht _ mehr für die Zitterpappel. In vielen Fällen ist aber die Unterschei- _ dung zwischen Weide und Pappel nicht durchzuführen, wie die Zu- sammenstellung der Holzreste (8.638) zeigt. Pfähle und zwei Artefakte (ein Stiel und eine Platte) bestehen aus Weidenholz. Auch Korb- _ geflechte sind aus der Weide verfertigt. EP 99 Corylus Avellana L. Neben wenig Holzresten mit unechten ' Markstrahlen und bäumchenartig sich verzweigenden Porenreihen hat der Haselstrauch namentlich zerbrochene Schalenstücke ergeben. Darunter fanden sich 6 ganze Schalen, welche die beiden Formen der kurz- und langfrüchtigen Hasel erkennen lassen: . . 1 l. F- silvestris hort. 1 Stück : 13,5 mm lang, 12 mm breit, Index 3 1,12 FEoblonga G. And. 5 Stück: 15 15 15 15 16 mm lang Er und entsprechend 12 ı1 10 10 12,5 mm breit, Index somit 1,2 1,386. 15. 15 1,28, Auch an einigen halben Schalen lässt sich die Unterscheidung durch- führen. Cupulareste sind einige wenige erhalten geblieben. Ein kleines Loch an einer Schale rührt von Balaninus nucum L., dem Nuss- bohrer, her. 30. Carpinus Betulus L. Schalen, bearbeitete Holzstücke, ein. Stiel zu einem Spinnwirtel bestehen aus diesem zähen Holze, bei dem u: bei Vergrösserung die breiten Markstrahlen sich auflösen und die Poren radial bald breitstrahlig, bald linienstrahlig sind und schwache . eanung an Ringporigkeit aufweisen. 081, Betula sp., deren rötliches Holz zarte Markstrahlen und nach nen deutliche Markflecken aufweist, lieferte Holz für Pfähle und ; Artefakte, indem eine Schale daraus verfertigt ist. Birkenrinde tritt. selten auf, 32. Alnus incana (L.) Mönch | 33. Alnus glutinosa (L.) Gärtner — Die Erle war als Pfahlholz 630 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 beliebt. Auch zu Stiel, Schaufel, Holzhorn fand sie Verwendung. Die noch heute wichtigen Erlen, Grau- und Schwarzerle, waren vorhanden. Die Schwarzerle besitzt neben vielen zarten Markstrahlen auch breite, daneben Markgänge, gleichmässig zerstreute Poren, die jedoch im Frühlingsholz gleich zu Beginn des Jahrringes in einer einfachen Lage ringförmig etwas dichter scheinen. Bei der Grauerle sind die Zellgänge und die breiten Markstrahlen sparsamer und letztere auch undeutlicher. : 34. Fagus silvatica L. Pfähle, Brettstücke, Artefakte (Beilschaft, Stiel, Holz mit Verzierungen) bestehen aus dem an den breiten Mark- strahlen leicht kenntlichen Buchenholz. 35. Quercus sp. An den breiten Markstrahlen und der Ringporig- keit ist Eichenholz leicht kenntlich. Von allen Hölzern hat es die meisten Reste geliefert. An vielen Pfahlstücken lassen sich das schwarz gefärbte Kernholz und der hellere Splint noch deutlich unterscheiden. Pfähle, Bretter, wie auch Artefakte (Holzrohre, Beilschaft, Hammer) bestehen aus dem dauerhaften Eichenholz. Holzkohle davon tritt uns häufig entgegen. Dass auch die Früchte gesammelt wurden, zeigen 3 schwarze halbe Früchte und ein Fruchtbecher. 36. Ulmus sp. Am ringporigen Holz sind ausserhalb des Poren- ringes einfache Poren zu welligen und peripherisch verlaufenden Linien vereinigt, deren Ausbildung am meisten mit Ulmus scabra Miller übereinstimmt. Der bronzezeitliche Bewohner des Alpenquais benutzte die gleichen Holzarten wie wir sie heute anwenden. Durch die Funde erfahren wir, welche Hölzer namentlich zum Aufbau der Siedelung Verwendung fanden. Von den Laubhölzern lieferten vor allem Eiche, Erle, Esche, sowie auch Buche, Weide, Pappel, Birke das Bauholz, auch die Weiss- tanne. Zu den Artefakten wurden bestimmte Holzarten bevorzugt. Zu Schalen, Platten, Löffeln, Schachteln fand namentlich Ahorn Ver- "wendung, hie und da auch die Hainbuche und seltener Birke und Weide. Beilschäfte, grosse Schalen und grosse Löffel bestehen meist aus Esche. Zu Beilfassungen wurden auch Buche, Eiche, Apfelbaum, Ahorn herangezogen. Ein Eichenholzhammer trägt einen Eschenstiel. Eschene Lanzenstielspitzen, ferner Rädchen, Schaufeln aus Ahorn und Erle liegen vor. Aus Erle, Ahorn, Esche bestehen Holzhörner. Weiss- tannene Schachteln, Pfeile, Abziehholz für Messer, ein Holzteller aus Fichtenholz mit daran haftendem Speiserest lassen die Verarbeitung von Nadelhölzern erkennen. Auch Knospenschuppen verschiedener Laubhölzer, ebenso Rindenstücke liegen vor. Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 631 37. Rumex crispus L. liegt in einem kleinen dreikantigen Frücht- chen aus Topfrest 51 vor. 38. Polygonum aviculare L. 39. Polygonum Persicaria L. 40. Polygonum minus Hudson. 41. Polygonum Hydropiper L. E: 42. Polygonum dumetorum L. : Polygonum Convolvulus L. oO oo "> o Von den Knötericharten liegt der Windenknöterich in den meisten Früchten vor, die sich durch ihre dreieckige Form, scharfen Kanten, einspringenden Flächen und eine Länge von 2—3 mm kennzeichnen. Der Vogelknöterich, dessen Reste sonst aus der Schweiz nur vom römischen Baden vorliegen, hat etwas kleinere, ebenfalls dreikantige Früchte mit etwas nach aussen gewölbten Flächen geliefert. Die Nüsschen des pfirsichblättrigen Knöterichs, die bis 2 mm lang sind, | sind herzförmig, flach und einerseits fast etwas gewölbt. Die ähnlichen E Früchte des Wasserpfefferknöterichs sind häufig etwas länger, ebenso die des Heckenknöterichs, die wieder einen scharf dreikantigen Querschnitt bilden. Beim kleinen Knöterich liegt eine einzige, läng- liche, zugespitzte, etwas linsenförmige Frucht vor. Die verschiedenen Be rten sind als Unkräuter, namentlich des Getreides anzusehen; _ mochte in früheren Zeiten der Windenknöterich da und dort auch als Nahrung gedient haben. 44. Chenopodium album L. Die bis 1'/; mm grossen, rundlich- nierenförmigen, fein punktierten, mässig scharfen bis stumpfrandigen Samen liegen reichlich vor. Während heute diese Pflanze nur als Bi bekannt ist, hat sie der Pfahlbauer wohl als Nahrungsmittel ützt. ER Tr 10 el en A SE ET en a u a 2 Me = Ds En ee Be 5 45. Chenopodium polyspermum L. mit kleinern Samen ohne Rücken- Kante ist weniger zahlreich. = 46. Vaccaria pyramidata Medikus — Ein mit stumpfen Wärzchen ‚ dicht besetzter, schwarzer, fast kugeliger Same von 2 mm Durch- _ Messer, stimmt mit rezenten Samen des Kuhkrautes überein, das hin nd wieder unter Getreide auftritt. Sie ist für die Prähistorie zum re Male am Alpenquai bestimmt. 47. Stellaria media (L.) Vill. ist durch ziemlich reichliche Samen nachgewiesen, die klein, schwarz, rundlich-nierenförmig und mit starken, Stumpfen Wärzehen in regelmässiger Anordnung dicht besetzt sind und deren flache Seite ziemlich scharf in die Rückenseite übergeht. 48. Stellaria aquatica (L.) Scop. Wie die Pflanze Stellaria 2 jahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 7 632 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 rum L. ähnlich ist, so gleichen auch die Samen denen der Sternmiere; der Übergang von flachen zur Rückenseite erfolgt jedoch allmählicher, 49. Arenaria serpyllifolia L. Drei verkohlte, längliche Kapseln mit kleinen, deutlichen Zähnen und zwei mit Stiel gehören dem in Äckern häufig vorkommenden Sandkraute an. 50. Ranunculus repens L. tritt sehr häufig in den unverkohlten, flachen, scheibenförmigen, wulstigen und punktierten Früchtchen auf, die 2 mm breit und wegen eines kurzen Schnäbelchens etwas länger sind. 5l. Ranunculus Lingua L. Die Früchtehen sind seltener, kleiner als bei voriger Art und besitzen zum Teil ein scharfes Schnäbelchen und sind auch unverkoblt. 52. Ranunculus aquatilis L. Einige querrunzelige, kegelförmig zugespitzte Früchtchen gehören dem Wasserhahnenfuss an. | 53. Thalietrum sp. Ein kleines, eirundliches, 1!/; mm langes, längsgestreiftes Früchtchen gehört einer Thalictrumart aus der Gruppe angustifolium L., am ehesten T’halictrum flavum L. an. 54. Papaver somniferum L. var. Bis 1 mm lange nierenförmige Samen, die namentlich auf dem Rücken regelmässige 4—5 kantige Maschen in Längsstreifen aufweisen, sind nach dieser Ausbildung zu Heers Pfahlbaumohn zu stellen, welcher nach Hartwich der ssp. setigerum (DC.), der Stammpflanze des Schlafmohns, noch ziemlich nahe stand. Sie finden sich häufig. 55. Thlaspi arvense L. liegt in etwa zwei Dutzend schwarzen, flachen, abgerundeten Samen vor, die halbkreisförmig sich hinziehende Riefen besitzen. 56. Lepidium sp. Dazu sind wenige verkohlte, längliche, im Mittel 1'/); mm lange Samen zu stellen, an denen der gekrümmte Keim deutlich erkennbar ist. 57. Brassica arvensis (L.) Scheele — Ein kugeliger Same, der bei der Untersuchung verloren gegangen, stimmt in Grösse und Oberfläche mit den Samen des Ackersenfs überein. 58. Pyrus Malus L. ist in Holz, Apfelstücken und freien Kernen nachgewiesen. Das Holz, das zu Pfählen und Artefakten (Beilschaft, Stiel) Verwendung fand, zeigt noch den charakteristischen, braunroten Kern, verschiedenbreite Jahrringe, feine Markstrahlen und kleine, gleich- mässig zerstreute Poren. Die kleinen, ganzen Äpfel sind 13—15 mm hoch und 15—16 mm breit; halbe Äpfel messen in der Höhe 17 mm und in der Breite 18—20 mm. 59. Sorbus Aria (L.) Crantz — Vier 5—6 mm lange Samen, die gegen die Spitze etwas gebogen und durch Druck flach geworden sind und scharfe Längseindrücke besitzen, weisen darauf hin, dass Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 633 die essbaren Früchte gesammelt wurden. Wie bei Himbeere, Brom- beere, Erdbeere sind die Sämereien unverkohlt. 60. Rubus idaeus L. ist in mässiger Menge aufgefunden worden. Die 2—3 mm langen Früchtchen besitzen eine kreisförmige Rückenseite und eine flache bis wenig hohle Bauchseite. Etwas grösser, 3—3'/, mm lang, sind die zahlreicheren Früchtchen von 61. Rubus fruticosus L., die die Form eines sphärischen Dreiecks haben und gegen das eine Ende spitz zulaufen. 62. Fragaria vesca L. Die kleinen 1,2—1,5 mm langen, kegel- walzenförmigen, geschnäbelten Früchtchen sind nicht häufig. 63. Potentilla sp., der wenige ähnliche, etwas grössere Frücht- chen mit schwachen Schäbelchen angehören. 64. Agrimonia Eupatoria L. liegt in sechs trichterförmigen, mit Randwulst versehenen Früchtehen von ca. 4 mm Länge vor. Die Borsten sind verbrannt; denn die Früchtchen sind verkohlt. 65. Rosa canina L. Dass die Hagebutte, wie viele Früchte von Rosengewächsen, gesammelt wurde, ist an den reichlicheu, 4—5 mm langen, unregelmässig kantigen Nüsschen zu erkennen. 66. Prunus spinosa L. Über 30 Steinkerne, 7—10 mm lang, mit tiefer Rückenfurche und an der Bauchnaht mit zwei dicken Rändern versehen, gehören dieser gesammelten Frucht an. 67. Prunus Padus L. Steinkerne der Traubenkirsche lassen häufig die f. ovata mit kugeligen Früchten erkennen. An einem Früchtchen ist sogar das getrocknete Fruchtfleisch erhalten geblieben. Seltener ist die f. acuminata mit zugespitzten Früchten vertreten. Die kaum 5—7 mm langen Steinkerne sind mit keiner oder nur einer schwachen Rückenfurche versehen. ; 68. Prunus sp. Ein Pfahlstück und ein mit Schnittspuren ver- sehenes Holzstück zeigen feine, scharfe Markstrahlen und kleine Poren, die am Anfang des Jahrringes zahlreicher auftreten. Das Holz gehöhrt einer Prunus-Art an; am ehesten möchte ich es Prunus avium L., dem Kirschbaum, zustellen. i 69. Medicago lupulina L. Die nierenförmigen, geaderten, nicht ganz 2 mm langen Früchte, sowie die glatten, walzlich nieren- förmigen Samen finden sich häufig in verkohltem Zustande. Sie konnten mit den eingesammelten Feldfrüchten in die Pfahlbauten gebracht worden sein, wie auch die folgenden Getreide-Unkräuter: 70. Vicia hirsuta (L.) 8. F. Gray, mit 2 mm grossen, kugsligen ‚men. 71. Vieia Cracca L., mit 2'/), mm grossen Samen und: einem 634 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 unreifen verkohlten Hülsenstück von 21 mm Länge. Die Samen haben einen grossen Nabel. 72. Vicia sepium L. mit Samen von 3 mm Durchmesser. 73. Vieia Fuba L. var. celtica nana Heer — ist in einer lang- ‚und einer kugelsamigen Form vertreten. Bei 30 grossen länglichen und 20 kurzen runden Samen konnten in mm gemessen werden: Langsamig Kurzsamig Maximum Minimum Mittel Maximum Minimum Mittel N LEN. 8,0 9,2 Sg 6,6 7,75 BROS... 2 4000 6 7 8 5 6,5 Index} x 100%, 76,1°/, 83,9°/, Die zahlreichen Samen sind etwas grösser als die aus den bronze- zeitlichen Pfahlbauten der Schweiz. Die Saubohne fehlt den meist steinzeitlichen Pfahlbauten der Ostschweiz; in der Bronzezeit der Westschweiz tritt sie auf der Petersinsel, in Mörigen, Montelier, Coneise auf. Am Alpenquai Zürich darf ihre Kultur an das Ende der Bronzezeit gesetzt werden, so dass an ihre Einführung von Westen her zu denken ist. Das Auftreten der Saubohne am Alpenquai darf geradezu als Beweis für ein geringes Alter des Pfahlbaus angeführt werden, was in voller Übereinstimmung mit anderen Fundgegen- ständen steht. In Wollishofen, dessen Pfahlbau der jüngeren Bronze- zeit angehört, ist ebenfalls ein Same der Saubohne (vgl. 8. 645) auf- gefunden worden. 74. Lens culinaris Medikus ist reichlich konstatiert in zweisamigen, rautenförmigen Hülsen mit Kelch und zahlreichen, linsenförmigen Samen, die bei einem Durchmesser von 3—4 mm, im Mittel 3,3 mm, selten von unter 3 mm, etwas kleiner sind als die heute kultivierten Samen. 75. Pisum sativum L. Zahlreiche kugelige Sdinen haben einen mittleren Durchmesser von 4,4 mm; die grössten messen 5,3, die kleinsten 3,5 mm. Sie sind etwas grösser als die steinzeitlichen Funde. 76. Geranium columbinum L. Zwei verkohlte, länglich walzliche, dicht mit Wärzchen besetzte Samen, stimmen mit rezenten Samen überein. 77. Linum austriacum L. liegt in Flachsstroh, Stengeln und Samen vor. Die Samen sind meist 3,4—3,7 mm, selten nur 3 mm lang und mit schwachem stumpfem Schnäbelchen versehen. Diese Eigenschaften bestätigen die früheren Ergebnisse über die Zuge- hörigkeit des Pfahlbauleins zu Linum austriacum'). ') Neuweiler E. Prähistorische Pflanzenreste p. 67/71. Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 635 78. Euphorbia amygdaloides L. Ein glatter 2,4 mm langer, 1,8 mm breiter, elliptischer, brauner Same gehört diesem Unkraut an. 79. Euphorbia Cyparissias L. besitzt spröde, glatte, walzliche und kleinere Samen. SS 80. Euphorbia Helioscopia L. Fünf netzrippige, 2 mm lange, unten ° mit schiefem Nabel versehene und oben kugelig gerundeten Samen - lassen diese Wolfsmilch erkennen. 81. Acer Pseudoplatanus L. Ob eine Teilfrucht mit Flügel dem Pfahlbau angehört hat oder rezent ist, ist nicht sicher zu entscheiden. Dagegen entstammen zahlreiche Holzreste der Pfahlsiedelung. Be- sonders zur Bereitung von Artefakten fand das Holz Verwendung. 26 bearbeitete Gegenstände, wie Schachtelboden, Platten, Schalen, Löffel, Schaufel, Beilschaft, viereckiges Holzhorn bestehen daraus. Das häufig angekohlte Holz ist kenntlich an den zahlreichen feinen, 82. Viola odorata L. Ein schwarzer, kugeligkegelförmiger Same von 1,8 mm Länge gehört hieher. Aus einem eisenzeitlichen Grab V aus dem Grabhügel von Subingen im Kanton Solothurn konnten ein Dutzend ein wenig grössere Samen dieses Veilchens erkannt werden. 83. Viola tricolor L. hat 16 Samen geliefert, welche die Form der Samen des wohlriechenden Veilchens aufweisen, aber schlanker, ‚kleiner und braun sind. 84. Hedera Helix L. Fünf hartschalige Samen mit einer fast flachen und einer rauhen mehr gewölbten Seite, 4mm lang, 3 mm breit, liegen von dieser Kletterpflanze vor. 85. Torilis Anthriscus (L.) Gmelin — Zwei 3 mm lange Teilfrüchte, ‚deren scharfe Stacheln etwas abgerieben sind, gehören dieser Umbel- lifere an. 86. Conium maculatum L. liegt in einer 3 mm langen Teilfrucht ' Mit etwas abgestumpften Rippen und schmaler Fugenseite vor. Recht häufig dagegen tritt 87. Aethusa Cynapium L. auf. Ihre Teilfrüchte sind braun, ganz selten verkohlt und liegen in einer mistähnlichen Masse; sie sind eirundlich, 2'/,—3 mm lang und mit fünf scharfen Rippen versehen. Die angeblich giftige, aber unschädliche Pflanze hat vom Alpenguaı- bewohner der Pfahlbauten sicherlich Verwendung gefunden ; ihr reiches | Doch wozu? Teilfrüchte gehören dieser häufigen Doldenpflanze an. Auftreten, frei und in 33 Topfresten, zwingt zu dieser Annahme. | 88. Heracleum Sphondylium L. Drei flach ovale, 5—6 mm lange ! 636 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 89. Cornus sanguinea L. ist in fünf kugeligen Steinkernen nach- gewiesen. 90. Anagallis arvensis L. liegt in vielen scharf dreikantigen Samen von 1 mm Breite und 1,2 mm Länge vor. Unkraut. 91. Fraxinus excelsior L. Mit Eiche und Erle liefert sie die meisten Holzreste am Alpenquai. Sie ist leicht an den zarten Mark- strahlen und dem scharf abgesetzten Porenring aus grossen Gefässen zu erkennen. Der Prähistoriker brauchte sie sowohl als Pfahlholz als auch zu einer Reihe anderer Gebrauchsgegenstände wie Rädchen, Schalen, Löffeln, Hammerstielen, Beilschäften, Lanzenstielspitzen, Hornholz. 92. Myosotis arvensis (L.) Hill — Vier kleine, schwarze, noch zusammenhängende Teilfrüchte lassen nach der Trennung eine Innen- seite mit einer Längskante und eine gewölbte Aussenseite erkennen. Unkraut. 93. Verbena offieinalis L. Zehn längliche Teilfrüchte (1'/, mm lang, '/, mm breit) sind mit einem in der Längsrichtung gestreckten, zartmaschigen Netzwerk überzogen. 94. Ajuga reptans L. Davon liegen drei Teilfrüchte vor, de2mm lang und 1'/, mm breit sind, einen grossen, fast die Hälfte der Bauch- seite einnehmenden Nabel besitzen, der mit einem wallartigen Wulst in die ziemlich grobnetzige Rückenseite übergeht. 95. Galeopsis Tetrahit L. hat zahlreiche Früchtchen geliefert, die 3 mm lang, 2'/. mm breit sind. Bei gewölbter Rückenseite weisen sie infolge einer Längskante auf der Bauchseite dreieckigen Quer- schnitt auf. Am untern Ende findet sich ein kleiner, schiefer Nabel. 96. Laminum purpureum L. Reichliche dreikantige, 2 mm lange und 1'/« mm breite Früchtehen gehören diesem Unkraute an. 97. Stachys silvaticus L. Ein Früchtchen. 98. Stachys annuus Ir lie BRHGORENENL. Eye in Topfresten. Von dieser Art liegen, vonder R h eit eiförmige Früchtchen von kaum 1'/a mm Länge, schiefem Nabel und abgerundet kantiger Bauchseite vor. Das Nüsschen des Waldziestes ist etwas ae und weist eine stärker vortretende Bauchkante auf. 99. Salvia pratensis L. ist in vier ganz glatten, dreikantigen, wit ; schiefem Nabel und gewölbter Rückenseite versehenen Früchtchen nachgewiesen. 100. Lycopus europaeus L. Von dieser Sumpfpflanze liegt aus einem Topfrest ein flaches Früchtchen mit wulstigem Rande, 8% stutztem Scheitel und hufeisenförmigem Nabel vor. In der Längs- Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 637 ansicht sieht es bei einer Länge von 1'/ı mm und einer Breite von 1 mm hoch trapezförmig, vierkantig aus. 101. Mentha arvensis L. Ein Früchtchen, 1 mm lang, glatt, läng- lich eiförmig, beidseitig gewölbt und im untern Teil dreikantig, wurde ausgelesen. 102. Solanum Dulcamara L. Die reichlichen Samen aus der giftigen Beere sind braun, rundlich-nierenförmig, flach und mit netz- grubiger Oberfläche versehen. Ihre Länge beträgt gut 2, ihre Breite . annähernd 2 mm. 103. Rhinanthus Crista yalli L. hat in einem Topfrest zwei ver- kolılte, flache Samen geliefert, wovon der eine 3'/, mm lang, 2 mm breit und noch mit Randflügel versehen ist. 104. Plantago lanceolata L. liegt in einem schwarzen, 2'/, mm langen, 1'/; mm breiten, langelliptischen Samen mit schwacher Rückenkante und grosser Bauchrinne vor. 105. Galium Aparine L. mit vielen verkohlten, kugeligen Frücht- chen von 2—3 mm Durchmesser, grossem Loch und glatt abge- brannten Borsten unterscheidet sich von dem auch ziemlich häufigen | 106. Galium palustre L., durch dessen kleinere 1—1'/«mm grossen Früchtehen. Auch in Topfrest. 107. Galium Mollugo L. hat kleine Früchtchen von der gleichen Grösse und ohne Loch; es ist selten. 108. Sambucus nigra L. Die 4 mm langen, länglichen, warzig Tunzeligen Samen treten in mässiger Menge auf; ebenso 169. Sambueus Ebulus L., dessen warzige Samen bei der gleichen Breite von 2 mm nur 3 mm lang sind. 110. Viburnum Lantana L., mässig. Die flachen, 5—7 mm langen, 5 mm breiten Samen sind mit Längsfurchen und am Ende mit scharfen Spitzchen versehen. 111. Valerianella dentata Pollich hat kegelig eiförmige, ca.2 mm lange Früchte. Die eine Längsfläche ist gewölbt; die andere flache weist mehr dem Rande nach zwei Längsrippen und häufig eine _ Schwächere Mittelrippe auf. Die zahlreichen Früchte lassen auf Ver- wendung dieser unter Getreide auftretenden Pflanze schliessen. 2.12, Valerianella olitoria (L.) Pollich. Der Nüsslisalat, der als Gemüsepflanze gebaut wird, ist viel weniger häufig vertreten. Die Tundlichen, längsfurchigen Früchte messen etwa 2 mm im Durch- ' Messer, se : 113. Valerianella rimosa Bast. weist nur eine kegelig kugelige, mit Furche und Spitze versehene Frucht auf. 638 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 114. Scabiosa Columbaria L. Dazu gehören zwei becherförmige, 2'/, mm lange Scheinfrüchte, die acht starke Längsrippen tragen. 115. Bidens tripartitus L. ist durch zusammenhaltende Früchte in einem Topfrest nachgewiesen. Sie sind länglich flach, 6 mm lang, verbreitern sich nach oben, wo sie 2—3 Grannen tragen. 116. Cirsium arvense (L.) Scop. weist drei längliche dickliche, glatte, 2!/,—3 mm lange Achänen auf, die nach oben sich verbreitern und dann wieder eingezogen sind. 117. Cirsium s. Carduus sp., eine der vorigen ähnliche, aber etwas dickere Frucht. 118. Centaurea Oyanus L. mit 2 fast verkehrteiförmigen, 3 mm langen, unten wie geschnäbelt aussehenden und oben ringartig ein- gezogenen Achänen, unterscheidet sich von ähnlichen Früchten wie 119. Centaurea Jacea L. dadurch, dass die zwei vorliegenden Früchte kein Schnäbelchen erkennen lassen. 120. Composite, ein verkohlter Hüllkelchrest. Holzreste aus dem Pfahlbau Alpenquai Zürich. Art ER Brett- | Arte- | Sonstige Sumikie stücke stücke | fakte Reste 1. Picea excelsa ei : 3 1 4 2. Abies alba 16 1 11 3 31 3. Salix , = sea 16 2 4. Populus tremula L.. . 2 31 5. Salir s. Populus sp.. . 11 J 6. Corylus Avellana L. . 2 2 7. Carpinus Betulus L. . 3 1 4 8. Betula sp.. 5 1 6 9. Alnus incana (L.) Mönch 2 } 10. 5 een, (L.) Gärtn. 95 1 4 3 | 108 11. 3 1 12. Eagle ae I 17 2 6 2 27 15 Qwesms ı.2.., 2, 105 7 3 3 118 14. Ulmus sp.. 3 1 4 15. Prunus sp. Mdeisim LI. 1 1 2 16. Pyrus sp. (Malus L) . 5 2 1 8 17. Acer Pseudoplatanus L. 3 26 3 ö 18. Ader pe... % wi 1 1 m 19. hans aröelrior L. i 50 1 18 ) 78 20. Laubhoe ; . „ 2 2 334 12 83 28 457 TE = Ex = En Hi N er De RE ne? Zn Tas AIR EN a a ee er ‚Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 639 Einige Sämereien, fünf verschiedenen Arten angehörend, konnten noch nicht identifiziert werden. Sie scheinen einer Monokotyledone, _Galium, Sanguisorba, Plantago, Labiate? anzugehören. Von den am Alpenquai aufgefundenen Pflanzen sind eine ganze Reihe für das Prähistorikum der Schweiz neu, so Setaria viridis, Rumex crispus, Polygonum minus, P. dumetorum, Vaccaria pyrami- data, Arenaria serpyllifolia, Thalictrum sp., Lepidium sp., Medicago lupulina, Vieia sepium, Geranium columbinum, Euphorbia amygdalina, E. cyparissias, Viola odorata, V. tricolor, Hedera Helix, Torilis Anthriscus, Conium maculatum, Aethusa Cynapium, Heracleum Sphondylium, Myosotis arvensis, Lamium purpureum, Stachys silvaticus, St. annuus, Salvia pra- tensis, Rhinanthus Orista galli, Plantago lanceolata, Valerianella olitoria, V. rimosa, Scabiosa Columbaria, Bidens tripartitus, Centaurea Jacea - Die meisten dieser Pflanzen stellen Unkräuter dar; einige wie dethusa Fe Oynapium, Valerianella werden Verwendung gefunden haben. Die Kulturpflanzen Triticum Spelta und Vicia Faba sind für die Ostschweiz neu. Ihr Vorkommen steht in Einklang mit dem geringen Alter des Pfahlbaus (Ende Bronze-, Anfang ältere Eisenzeit). n Zusammenstellung der in den Topfresten aufgefundenen | Pflanzenarten. (Wo nichts anderes bemerkt ist, liegen Sämereien vor.) Topfrest 1: Grasrest, Potamogeton (Blatt), Najas marina, CGorylus Avellana, Polygonum Persicaria, RanunculusLingua, R. repens, Rubus fruticosus, Prunus spinosa, Pr. Padus, Aethusa Cynapium, Galeopsis Tetrahit, Viburnum Lantana, Schafmist. Topfrest 2: Grasrest, Panicum miliaceum, Triticum pelta, ordeum sp., Carex sp,, Corylus Avellana, Chenopodium album, Ranunculus repens, Pyrus Malus Stücke), Rubus fruticosus, Prunus spinosa, Acer (Kohle), Aethusa Cynapium, Fraxinus &xcelsior (Kohle), Galeopsis Tetrahit, Viburnum Lantana, Valerianella dentata. Topfrest 3: Grasrest, Carex sp., Laubholzkohle, Corylus Avellana, Poly- ‚gonum dumetorum, P. Hydropiper, Ranunculus repens, Pyrus Malus, ‚Rosa canina, Rubus fruticosus, Hedera Helix, Aethusa Cynapium, Anagallis arvensis, Viburnum Lantana, Valerianella dentata, Scabiosa Columbaria. Topfrest 4: Grasrest, Hordeum sp., Gorylus Avellana, Ranunculus repens, Pyrus Malus, Rubus fruticosus, Hedera Helix, Aethusa CGynapium. > Topfrest 5: Grasrest, Triticum dicoccum, Hordeum sp., Corylus Avellana, Chenopodium album, Fragaria vesca, Rubus fruticosus, Fraxinus excelsior (Kohle), Salium Aparine, Valerianella denta nn r rit eulinaris, Galeopsis Tetrahit, Valerianella dentata. r Topfrest 8: Grasrest, Panicum miliaceum, Triticum Sp. 640 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Topfrest 9: Grasrest, Triticum dieoccum, Tr. compactum, Hordeum sp., Lens culinaris, Linum austriacum Topfrest 10: Grasrest, SR cum miliaceum, Polygonum aviculare, P. Per caria, Chenopodium album, aria media, Prunus spinosa, Medicago huoulfa Aethusa ge Valer nel er To st 11: Setaria re RE Spelta, Hordeum sp., Chenopodium almmı Ranunenlus repens, meer somniferum, Rubus idaeus, Medicago lupulina, eulinaris, Fraximus excelsior (Kohle), Valerianella dentata, Schnur- stück. frest 12: Najas marina, Panicum miliaceum, Setaria italica, Triticum dieoccum, Tr. Spelta, Triticum sp. (Halmknotenstück), Hordeum sp., Rubus fruticosus, Galeopsis 2 hit. t 14: Grasrest, Paniecum miliaceum, Triticum sp., Hordeum sp., Polygonum en Pyrus Malus, Pisum sativum, Galeopsis Tetrahit. Topfrest 15: Nadelholzkohle, Najas marina, Triticum dieoecum, Tr. Spelta, Hordeum sp., CGorylus ae Polygonum Convolvulus, Ranunculus Lingua, Aethusa Cynapium, Herma To t:16% en ozkche, Panicum miliaceum, Triticum sp., Tr. Spelta, Hordeum sp., are Avellana var. oblon Topfrest17 : Najas marina, Perlen aitliiee eum, Triticum Spelta, Hordeum sp., _ Corylus Avellana, Alnus sp. (Kohle), Polygonum Convolvulus, P. lapathifolium, Ranun- culus aquatilis, R.Lingua, Thalietrum sp. (lavum ?), Prunus spinosa, Medicago lupu- lina, Lens culinaris, Aethusa Cynapium., Fraxinus excelsior (Kohle), Galeopsis Tetrahit, Bidens tripartitus Topf Se 18: Pisum sativum, Sambucus Ebulus, Fraxinus excelsior (Kohle). Fürtrest 19: Grasrest, Panicum miliaceum, Setaria italica, Triticum dicoc- cum, Hordeum sp., Carex sp., Polygonum aviculare, P. dumetorum, Chenopodium album, Ranunculus aquatilis, R. repens, Rosa canina, Rubus fruticosus, Prunus Padus f. ovata et acuminata, Linum austriacum (Samen und Stengel), Torilis Anthriscus, Aethusa Cynapium, Lamium sp., Galeopsis Tetrahit, Galium palustre, Sambucus nigra, Valerianella dentata, Cirsium arvense, est 20: Grasrest, Hordeum sp., Rubus fruticosus, sehr viel Erde. Topfrest 21: Grasrest, Panicum miliaceum, Setaria italica, Triticum (mono- coceum ?), Pyrus Malus, Rubus fruticosus, Pisum sativum, Valerianella dentata, Korb- geflecht, Schnurstück. a 22: Laubholzkohle, Prunus spinosa. frest 23: Grasrest, Najas marina, Panicum miliaceum, Triticum Spelta, Diekhahkohbe Polygonum aviculare, Pyrus Malus, Rubus idaeus, Pisum sativum, Lens eulinaris Toptrest 24: Nadel- und Laubholzkohle, Grasrest, Panicum miliaceum, Setaria italica, Triticum — Tr. Spelta, Hordeum sp., Corylus Avellana, Ra- nunculus repens, Aethusa Cyn Topfrest 35: Gras “er Tritiehm Spelta, Hordeum sp., Salix sp. (Kohle), Alnus sp. ._. Rubus sp., Vieia Faba, Valerianella dentata. t 26: Grasrest, Panicum miliaceum, Triticum dicoccum, Tr. Spelta, Hordeum sp., hlahe glutinosa (Kohle), Agrimonia Eupatoria, Rubus fruticosus, Vicia Faba (ein Same mit Loch vom eig Pisum sativum, Linum austriacum, Aethusa Cynapium, Galium Aparine, G. palustre, Sambucus Eb Topfrest 27: Triticum Reh: ?), Hordeum sp., Corylus ae Alnus sp- Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 641 eo ee repens, Medicago lupulina, Fraxinus excelsior (Kohle), Viburnum Lantana, Schnurstück. Ki E: rest 5 Tritieum sp., Polygonum dumetorum. Topfrest 29: Grasrest, Panicum miliaceum, Setaria italica, Triticum dicoc- cum, Hordeum sp., Gorylus Avellana, Alnus sp, (Kohle), Polygonum Persicaria, Papaver somniferum, Pyrus Malus, Rubus fruticosus, Linum austriacum, Torilis Anthriscus, Aethusa Cynapium, Fraxinus excelsior (Kohle), Galium palustre, Sambucus Ebulus. Topfrest 30: Grasrest, Valerianella dentata. Topfrest 31: Grasrest, meist Triticum dicoccum und Setaria italica, ferner Panieum miliaceum, Hordeum sp., Corylus Avellana ea: Chenopodium album, Stroh, Cristatella mucedo. Topfrest 35: Setaria italica, Triticum Spelta, Polygonum aviculare, Vicia Faba, V. hirsuta, Lens culinaris. Topfrest 36: Grasrest, Panicum miliaceum, Setaria italica, Bromus sp., icum dieoccum, Tr. Spelta, Hordeum sp., Schenoplectus lacustris, Polygonum aviculare, Chenopodium album, Ranuneulus repens, Papaver somniferum, Thlaspi arvense, Medicago lupulina, Vieia Faba, Pisum sativum, Linum austriacum, Aethusa Cynapium, a Tetrahit, Valerianella dentata. Topfrest 37: Grasrest, Tritieum sp., Linum sp. Topfre 38: Triticum Spelta, Hordeum sp., Chenopodium album, Pyrus Malus, Rubus fruticosus, Vieia Faba, Lens eulinaris, Linum austriacum, Aethusa Cyna- - pium, Sambucus nigra, Viburnum Lantana, Valerianella dentata. ab st 39: in: Hirse, Triticum sp., Hordeum sp., Viburnum Lantana. est 40: Panicum miliaceum, Triticum dicoccum, Tr. Spelta, Hordeum sp., Salix sp. eg ae Polygonum aviculare, P. Gonvolvulus, P. Hydro- Piper, P. Persicaria, Chenopodium album, Ranuneulus repens, Papaver somniferum, Thlaspi arvense, Medicago lupulina, Vieia Cracca, Pisum sativum, Aethus a Cynapium, Anagallis arvensis, Fraxinus excelsior (Kohle), Galeopsis Tetrahit, Valerianella dentata, Topfrest 41: Potamogeton perfoliatus, Grasrest, Panieum miliaceum, Triti- m dieoceum, Tr. Spelta, Hordeum sp., Carex sp., Corylus Avellana, Polygonum Persicaria, P, re pi Chenopodium album, Päpaver somniferum ‚ Thlaspi vense, Rubus fruticosus, Vieia Faba. Lens eulinaris, Linum austriacum, Torilis Anthris- ' us, Aethusa Cynapium, Fraxinus excelsior (Kohle), Galeopsis Tetrahit, Labiate, Galium Mollugo, Viburnum Lantana, Valerianella dentata, Narbe von : Topfrest 42: Grasrest, Hordeum sp., Prunus spinosa, Sambucus nigra. Topfrest 43: Chenopodium album, Ranuneulus Lingua. Topfrest 44: Grasrest, Triticum eri Polygonum Convolvulus, Cheno- Podium album, Ranunculus Lingua, Schafm Topfrest 45: Grasrest, Triticum Spelie, Hordeum sp., Salix sp. (Kohle), Alnus sp. (Kohle), Polygonum re: Thlaspi arvense, Medicago lupulina, Fraxinus excelsior (Kohle), Valerianella olitori ‚ Arenaria serpyllifolia (Kapsel), Thlaspi arvense, hal, Vieia Faba (viel), Pisum sativum, Lens eulinaris (viel), u . Brenss, . europaeus, Galium Aparine, @. palustre, Sambucus Sa riculare st 47: Grasrest, Triticum sp., Hordeum Sp. Polygonum avie i Papaver ihn Thlaspi arvense, Aethusa Cynapium. 642 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Topfrest 48: Setaria italica, Triticum Spelta, meist Hordeum sp., Corylus Avellana (Kohle), Polygonum aviculare, Fraxinus excelsior (Kohle). Topfrest49: Arsen miliaceum, Setaria italica, Triticum Spelta, Hordeum sp., Alnus glutinosa (Kohle), Polygonum aviculare, Ze lupulina, Pisum sativum, Lens ar ethusa Cynapium, Stroh, Fliegentönnche 0: Grasrest, Panicum miliaceum, dotirin italica, Triticum Spelta, ie: lag anu ae repens, Rubus sp., Linum austriacum, Stachys annuus, Galeopsis Tetrahit, Valerianella dentata. Topfrest 51: Panicum miliaceum, Setaria italica, Triticum dicoccum, Tr. mo- nococcum (Ährehen), Schenoplectus lacustris, Polygonum Convolvulus, Rumex crispus, Chenopodium album, Ranunculus aquatilis, R. a Stellaria media, Fragaria vesca, Rubus frutieosus, Vieia hirsuta, Linum austriacum, Aethus nn Anagallis arvensis, Fraxinus ee (Kohle), Lamium sp., et Kdile den Topfrest 52: Grasrest, Panicum miliaceum, Setaria ter an Spelta, Polygonum avicülare, P. Periterie; Chenopodium album, Ranunculus Lingua, Papaver somniferum, see Vieia Faba s. Pisum, Lens culinaris, Aethusa Cynapium, Valerianella denta opfrest ss; Grasrest, Triticum sp., Rubus sp., Galium Mollugo. Topfrest 54: Grasrest, Prunus Padus, Agrimonia Eupatoria, Schafmist. Topfr rk b5: Äaence marina, Grasrest, Pyrus Malus, Rosa canina, Rubus fruti- Cı Ranunculus Lingua, Aethusa Cynapium, Anagallis arvensis, cosus, Vibariani Lantana. Topfrest 56: Panicum miliaceum, Setaria italica, Triticum dicoccum. Topfrest 57: aeg Grasrest, Panicum miliaceum, Setaria italica, Triticum compaetum, Tr. dicoceum, Tr. monoeoecum, Tr. Spelta, Hordeum sp., Quer- eus sp.. Polygonum arg en Padus, Linum austriacum, Fraxinus excelsior (Kohle), Galium palustre, Valerianella dentata, V. olitoria. Topfrest 60: Najas marina, Grasrest, Panicum miliaceum, Setaria viridis, Bromus secalinus, Triticum compaetum, Tr. diecoeeum, Tr. monocoeeum, Tr. Spelta (meist), Vieia Cracca, Vieja Faba, Pisum sativum, Lens eulinaris, Rhinanthus Crista galli, Stachys annuus, Galium Palustre. Topfrest 61: Hordeum sp., Aethusa Cynapium. Topfrest 62: Grasrest, Ranunculus sp Topfrest 63: Panicum miliaceum, Triticum dieoecum, Tr. Spelta (meist), Hordeum sp., Polygonum ET Ranunculus repens, Rubus fruticosus, Prunus spinosa, Linum sp., Aethusa Cynapium. Topfrest 64: Faseriger Grasrest, Panicum miliaceum, Setaria italica, Avena fatua, Triticum sp., Hordeum n „ Corylus ; Avellana, Rubus frutieosus, Lens euli- naris (meist), ar, Schafmi: Topfrest65: Panicum erg Setaria italica,Triticum Ticoccam, Tr. Spelta, Hordeum sp., Corylus Avellana f. silvestris, Ranunculus sp., s Malus, Lens eulinaris (meist), Pisum sativum, Linum austriacum,Torilis re as Cyna- pium, Galium palustre, Topfrest 66: Najas marina, Grasrest, Panicum miliaceum, Tritieum Spelta (meist), Hordeum sp., Pisum sativum, Lens eulinaris, Galeopsis Tetrahit. Topfrest 67: Faseriger Grasrest, Topfrest 68: Faseriger Grasrest, Triticum sp., Labiate, Schnurstück, 7 durch- lochte Scheibchen. Topfrest 69: Faseriger Grasrest, Triticum sp., Linum austriacum. TEE a En Re Se Be Ri Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 6483 Topfrest 70: u marina, Aethusa Cynapium, Fraxinus excelsior (Kohle). Topfrest 71: Grasrest, Panicum miliaceum, Triticam dicoceum, Tr. Spelta, Hordeum sp., Getreideh air, Vicia Faba, Pisum sativum, Lens ceulinaris (meist), Lisa - sp. (Stengel), Galeopsis Tetrahit, Galium Aparine, G. palustre, ? Topfrest 72: Panicum miliaceum, Bromus sp.?, Triticum compactum, Tr. di- coceum, Tr. Spelta (meist), Hordeum sp., Polygonum aviculare, Thlaspi arvense, _Rubus fruticosus, Vicia Faba, Vieia sp., Lens culinaris, Linum sp., Aethusa Cynapium, _ Lamium sp., Galium palustre, Valerianella dentata. Topfrest 73: Potentilla sp., Prunus Padus. Topfrest 74: Panicum miliaceum, Setaria viridis, Triticam Spelta (meist), Tritieum sp., Brot, Hordeum sp., Carex sp., Vieia Faba, Lens culinaris, Galium palustre, er x Topfrest 75: Najas marina, Grasrest, Panicum miliaceum (viel), Triticum sp., Hordeum =. Strohhalm, Lens ceulinaris, Linum sp. =. Top st 76: Najas marina, Triticum dicoceum, Tr. Spelta, Hordeum sp., Ft SP., asia lacustris, Corylus Avellana, Prunus spinosa, Rubus fruti- -eosus, Vicia Faba, Pisum sativum, Lens eulinaris, Aethusa Cynapium, Labiate, Va- lerianella dentata, Bythinia tentaculata, Valvata eg s Topfrest 77: Faseriger Grasrest, Galium palustr Topfrest 79: Najas marina, Grasrest, Triticum sp., Horde sp., Schoenoplectus ; lacustris, Corylus Avellana, Rubus fruticosus, Prunus spinosa, Vicia sp., Aethusa apium, Solanım Dulcamara, Galeopsis Tetrahit, Galium Aparine, Bythinia tenta- ata, Valvata Fliegentönnchen. Topfrest 80: Panicum miliaceum (meist), Triticum dieoceum, Pyrus Malus. Topfrest 81: Najas marina, Grasrest, Triticum sp., Hordeum sp., Scheno- lacustris, Vicia Faba, Pisum sativum, Lens culinaris, Galeopsis Tetrahit, Bythi- nia tentaculata, Valvata piseinalis. Topfrest 82: Nadelholzkohle, Grasrest, Triticum sp-, Quereus sp. (Kohle). Topfrest 83: Grasrest, Triticum sp., Vieia Faba, Rubus fruticosus, Pyrus Malus, Aethusa Cynapium, Wurzelstock. : Topfrest84: Grasrest, Corylus Avellana, Ranuneulus Lingua, Galium palustre. Topfrest 85: Grasrest, Triticum sp., Vieia Faba. Topfrest 86: Panicum miliaceum, Triticum Spelta (meist), Hordeum sp. Topfrest 87: Panicum miliaceum, Triticum dieoecum, Tr.‘ ta, Hordeum sp., idehalm, Corylus Avellana (Fruchtbecher), Vicia .. Pisum sativum, Aethusa ium Triticam dieoceum, Corylus To illaceum, pt rest 89: Najas marina, Panicum mili Aethusa Cynapium, og elana, Polygonum Convolvulus, Prunus Padus, Linum SP., Galeopsis Dettahit. Velerianaile dentata. a | Ben 90: Grasrest, Panicum eg Triticum Aa Polygonum Ton frest 93: Orasrest, a A lern min um fruticosus, rg sp., Corylus Avellana, Raneiiäuhek repens, ee salivum, Aethusa Cynapium, Viburnum Lantana, a x sp. (Kohle), Car z Topfrest t 95: Grasrest, Hordeum SPp., Carex SP» 644 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Betulus (Kohle), Chenopodium album, Ranunculus repens, Papaver ee Prunus Padus, Aethusa Cynapium, Galeopsis Tetrahit, Valerianella dentata. Topfrest ?: Grasrest, Panicum miliaceum, Bromus secalinus, Bere Spelta on Vieia Cracca, Pisum sativum, Lens culinari den Topfresten treten somit folgende Kilo auf: Anomodon viticulosus, a seiuroides, Nadelholz, Potamogeton perfoliatus, Najas marina, Grasrest, Panicum miliaceum, Setaria italica, S. viridis, Bromus secalinus, Bromus sp, Avena fatua, Triticam compactum, Tr. dieoccum, 1%: IIOHOCOERUM, An Spelta, Hordeum hexastichum sanctum, Hordeum sp., Carex sp., S ‚Corylus Avellana, C. A. f. oblonga, Alnus glutinosa, Alnus sp., -Quereus- sp., Salix sp., Carpinus Betulus, Polygonum avieulare, P. Convolvulus, P. dumetorum, P. Hydropiper, P. lapathifolium, P. Persicaria, Rumex ee re album, Ch. polyspermum, Ranunculus aqua- tilis, R. Flammula, R. ‚RR. repens, Thalietrum flavum, Papaver somniferum, Stellaria media, Ne Menkitehe, Thlaspi arvense, Fragaria vesca, Pyrus Malus, a canina, Rubus fruticosus, R. idaeus, Prunus Padus f. ovata et acuminata, Agrimonia Eupatoria, Potentilla sp., Acer sp., Medicago lupulina, Vicia Cracca, V. Faba, . hirsuta, Pisum ankeeiin, Dans De ) EINER, ARalTTeeLEn, Pedern . Torilis Aeth usCrista galli, Solanum Dulcamara, en annuus, Be Teirahit, Lamium Sp-, Pe us europaeus, Ajuga reptans, Labiate, Galium Aparine, G. Mollugo, G. palustre, Sambueus Ebulus, $. nigra, Valerianella dentata, V. olitoria, Scabiosa Columbaria, Cirsium Kihe; Bidens tripartitus. — An tierischen Resten sind vertreten: Cristatella mu- cedo, Bythinia tentaculata, Valvata piscinalis, Erbsenstecher, Fliegentönnchen, Käfer, Schafmist, Mäusekot. Zürich, im April 1918. Anthriseus, 2. Pflanzenreste aus dem Pfahlbau Wollishofen. | Aus der der jüngeren Bronzezeit angehörenden Pfahlbaustation Wollishofen waren elf Arten bekannt ’): Polyporus australis, Panicum miliaceum, Corylus Avellana var. oblonga et silvestris, Fagus silvatica, Quercus sp., Chenopodium album, Pyrus Malus, Rubus sp., Prunus spinosa, Prunus Padus, Cornus sanguinea. Mit den neuen Funden, deren Belege im botanischen Museum der Universität Zürich sich be- finden, ist die Anzahl auf 54 Arten angewachsen. Es sind: 1. Polyporus australis Fr. ?, verkohlt. 2. Pinus sp., 1 Same. 3. Potamogeton perfoliatus L. 1 Früchtchen. 4. Najas N. marina L., 5 Früchte. 5. Najas marina var. intermedia (Wolfg.) Ascherson, 3 Früchte. 6. Panicum miliaceum L., verkohlt, zusammengebrannte Hirse- klum mpen; zum Teil sind die rispigen Verzweigungen der Fruchtstände deutlich erkennbar; ebenso ist das glatte Mittelfeld auf der Unter- seite der Hirsekörner gut sichtbar. Etwa 20 grössere und viele kleinere Klumpen. Auch Hirsekuchen liegen vor. ') Neuweiler E.: Prähistorische Pflanzenreste Mitteleuropas p. 89. Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 645 7, Tritieum estivum L. ssp. compactum (Host), verkohlt, zahlreiche Körner, teilweise zu Klumpen zusammengebrannt. 8. Triticum dicoccum Schrank, verkohlt, zahlreiche Ährchen und Körner, zum Teil zu Klumpen zusammengebrannt. 9. Triticum monococeum L., verkohlt, ein Ährenstück mit wenigen Ahrchen. 10. Hordeum vulgare L. [wohl ssp. hexastichum (L.), Ascherson], verkohlt, zahlreiche Körner, zum Teil zu Klumpen zusammengebrannt. 11. Bromus secalinus L., 8 Karyopsen, verkohlt. 12. Trichoon Phragmites (L.) Schinz und Thellung, ein Blattrest. 13. Schoenoplectus lacustris (L.) Palla, 2 Früchte. 14.—16. Carex sp., wenige Früchte, die drei verschiedenen Arten angehören. 17. Salix sp. (caprea L. ?), ein Rindenstückchen. 18. Corylus Avellana L. f. oblonga @. And., die langfrüchtige Haselnuss und f. silvestris hort., die kurzfrüchtige Haselnuss. Ganze Schalen, daneben viele zerbrochene Schalenstücke. Drei Früchte sind vom Nussbohrer (Balaninus nucum) angebohrt. 19. Fagus silvatica L. 2 Cupulae. 20. Quercus sp. 2 Fruchtbecher und ein Kohlenstückchen, 21. Polygonum aviculare L., 1 Frucht. » ; Convolvulus L., 8 Früchte. , lapathifolium L., 2 Früchte. . ; ‚Persicaria L., 2 Früchte. » Chenopodium album L., Samen. . Stellaria aquatica (L.) Scop. 2 Samen, verkohlt. . Ranunculus Lingua L., viele Früchtchen. . Papaver somniferum L. var., 1 Same, verkohlt. . Pyrus Malus L., 1 flaches Apfelstück und 2 Kerne verkohlt. . Fragaria vesca L., 6 Früchtchen. . Rubus idaeus L., 2 Früchtehen. Rubus fruticosus L., 2 Früchtchen. . Rosa canina L., viele Früchtehen. » Prunus Padus L., wenige Steinkerne. - Prunus spinosa L., wenige Steinkerne. - Vieia hirsuta (L.) Koch, 1 Same, schwarz. | . Vieia Faba L. var. celtica nana Heer, 1 Same, verkohlt. » Pisum sativum L., 1 Same, verkohlt. 39. Lens culinaris Medikus var. microsperma, 3 Samen, ver“ . Linum sp., Flachsstroh, verkohlt. 646 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 41. Hedera Helix L., 1 Same. 42. Aethusa Cynapium L., 10 Teilfrüchte. 43, Cornus sanguinea L., Steinkerne. 44. Fraxinus excelsior L., 1 Kohlenstückchen. 45. Galeopsis Tetrahit L., 10 Teilfrüchte. 46. Stachys silvaticus L., 6 Teilfrüchte. 47. Lamium purpureum L., 1 Teilfrucht. 48. Solanum Dulcamara L., 1 Same. 49, Galium Aparine L., 1 Früchtchen, schwarz. 50. Sambucus nigra L., 2 Samen. 51. “ Ebulus L., 1 Same. 52. Valerianella dentata Pollich, viele Früchte. 53. „ olitoria (L.) Poll., 2 Früchte. 54. Cirsium sp., Achänen. Der Pfahlbau kleiner Hafner Zürich (mittlere Bronze) ergab früher Corylus Avellana, Fagus silvatica, Quercus sp.; dazu sind hin- zugekommen: Pyrus Malus (1 Apfelkern), Rubus idaeus und Rubus fruticosus (viele Früchtchen), Prunus Padus (2 Steinkerne). Der Pfahlbau Grosser Hafner Zürich (mittlere Bronze) ergab: Triticum aestivum L. ssp. compaetum (Körner), Corylus Avellana lang- und kurzfrüchtig, Fagus silvatica (2 Cupulae), Rubus sp. 3. Pflanzenreste einer interglazialen Torfprobe von Niederweningen (Zürich). Bei den Meliorationsarbeiten von Niederweningen im Kanton Zürich, die im Frühling 1918 ausgeführt wurden, erhielt Herr Pro- fessor Dr. Hans Schinz eine Torfprobe, die er mir zur genaueren Betrachtung übermittelte. Das Torfstück stellt einen Fasertorf dar, der als Moostorf bezeichnet werden kann; denn in der Probe treten Moose, Laub- und Lebermoose, als Hauptbestandteile auf. Bevor eine grössere Menge Material zur Untersuchung herbeigezogen werden konnte, war der Graben wieder zugeschüttet. Es ist dies sehr zu bedauern; denn der Lage nach wird es sich um interglaziale Reste handeln. Nach einer brieflichen Mitteilung von Herrn Professor Schinz befand sich die Torfschicht in einer Tiefe von 5,20 m, bedeckt von einer Grundmoränenschicht. Die genauere Untersuchung hat durch Aufschwemmen und Ver- gleichen mit rezentem Material eine grössere Anzahl von Pflanzen- sämereien ergeben. Bei der mikroskopischen Prüfung konnten neben Jahrg. 64. E. Neuweiler. Die Pflanzenreste aus Pfahlbauten. 647 allerlei organischem Detritus Pilzfäden, Pediastrum Boryanum, Laub- moose und Torfmoosblätter, sowie an tierischen Resten ein Ei von Nephelis, Chitinhüllen und eine Schmetterlingsschuppe erkannt werden. Für die Bestimmung der Moose bin ich Herrn Charles Meylan in La Chaux bei Ste. Croix,der in zuvorkommender, mühe- voller Arbeit anderthalb Dutzend Arten bestimmt hat, zu grossem Dank verpflichtet. Die Reichhaltigkeit der kleinen Torfprobe lässt deutlich ein Ge- misch von Sumpf- und Moorpflanzen erkennen, in dem die Astmoose dominieren, aber auch die Lebermoose regen Anteil nehmen. Ent- sprechend dem Rasenmoorcharakter tritt in Tümpeln und Wasser- löchern eine Sumpfvegetation auf, in der Laichkräuter, Wasserranun- keln, Seerosen, Seeflechtbinsen, Binsenschneiden, Seggen und Arm- leuchter die Hauptkonstituenten bilden. Daneben gedeihen seltene Arten, wie Meesea Albertini; auch Metzgeria furcata tritt, wohl an der Rinde der anspruchslosen Kiefer, auf. Hollunder mag ins Moor verschleppt worden sein. An Pflanzenarten, deren Belege im botanischen Museum der Universität Zürich sich befinden, sind vertreten: a) Algen. 1. Pediastrum Boryanım Men., einmal mikroskopisch erkannt. 2 2. Chara sp., Armleuchter, zahlreiche Oosporen. | b) Pilze. 3. Cenococcum geophilum Fr., kleine kugelige Körnchen eines mangelhaft bekannten Pilzes. — Daneben finden sich auch verschie- dene Pilzfäden. c) Moose. 4. Gymnocolea inflata (Huds.) Dum. 5. Lophozia incisa (Schrad.) Dum., wächst auf Torf, an nicht aufgewühlten Stellen. 6. Lophozia ventrieosa (Dicks.) Dum. 7. Metzgeria furcata Dum. Dieses Lebermoos, dessen Bestim- mung nach Meylan zweifellos richtig ist, wächst an Baumstämmen oder kieseligen Felsen. | i Nr. 4—7 sind Lebermoose, welche Pflanzengruppe von Meylan ' zum ersten Male in subfossilem Torf konstatiert wurde. 8. (Hypnum) Calliergon giganteum (Schimp.) Kindb. e" ,, „ trifarium (Sehimp.) Kindb. 10. » Drepanocladus orannulatus (Gümb.) Warnst. 2, Pr “ Auitans (L.) Warnst. —. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64 1919. = 648 z Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 12. (Hypnum) Dreplanocladus intermedius. (Lindb.) Warnst. 13. 5 . revolvens (Sw.) Warnst. 14. Sendtneri Schimp. 48; asien ns (Schreb.) Bryol. eur. “ 16. Campylium stellatum (Schreb.) Bryol. eur. 17. Meesea Albertini (Albert) Bryol. eur., bis jetzt in der Schw weder lebend noch subfossil nachgewiesen. Die südlichsten Vorkomı nisse liegen in Bayern. 18. Meesea trichoides (L.) Spruce. 19. Paludella squarrosa (L.) Brid., zum erstenmal subfossil.. 2 EUR recurvum Pall. » SP- d) Blütenpflanzen. 23. Pin nus sp., Kiefer. Kleine Holzstückchen, deren äussere ‚Ma strahlzellen typische Lochtüpfel aufweisen, wurden mikroskopise stimmt. 23. Potamogeton compn 'essus L. Von diesem in stehenden und lang fliessenden Gewässern recht selten auftretenden Laichkraute zahlreiche Früchtchen vor. 24. Potamogeton perfoliatus L., das jetzt häufig ist, hat ziem viel Früchtchen ergeben. 25. Schenoplectus lacustris (L.) Palla, jetzt häufig, nur in Frucht. 26. Mariseus Cladium (SW) O. Kuntze, jetzt häufig, in n ei Frucht. 27. u. 28. Carex, sp., kleinfrüchtige Seggen zweier Arten vielen Früchten. 29. Ranunculus aquatilis L. sensu coll., wenige Früchtehen, 30. Nymphaea alba L. f. mierocarpa, wär Samen. 4 31. Myriophyllum vertieillatum L. .„ in zwei glatten Teilfrü 32. Menyanthes trifoliata L., ziemlich viele Samen. % 33. Sambucus nigra L., ein Same. - Über Kreis- und Kugelsehnen. Von A. Kıerrer (Zürich). (Mit 2 Textfiguren.) (Als Manuskript eingegangen am 26. Oktober 1918.) 3: 1. In einem Kreis mit dem Mittelpunkt A und :dem Radius », seien zwei zu einander rechtwinklige Sehnen s,, s, gezogen. Sind ihre Fig. 1. Abstände vom Mittelpunkt des Kreises x, y und ist der Abstand des Sehnenschnittpunktes B vom Kreismittelpunkt A gleich d, so ist Hain - ar NAAR Ms dabei bedeutet 4 (2? — d’) = s die negativ genommene vierfache Potenz des Punktes B in bezug auf den zum gegebenen Kreis kon- zentrischen Kreis vom Radius r,/2, d. h.: Dreht man in einem Kreis ein rechtwinkliges Sehnen- paar um den Schnittpunkt B der zwei Sehnen, so bleibt die 650 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 ü Summe der Quadrate der beiden Sehnen konstant, nämlich gleich der vierfachen negativen Potenz des Punktes B in bezug auf einen konzentrischen Kreis vom Radius r,/2. Hat man zwei Kreise mit den Radien »,, r,, so ist der Ort eines Punktes B von der Eigenschaft, dass die Summe der Quadrate irgend zweier rechtwinkliger Sehnen durch B_ Kreise mit den Radien r,/2, »,/2. Hat man drei Kreise mit den Radienr,,r,,r,, so gibt es einen Punkt derart, dass die Summe der Quadrate irgend zweier rechtwinkliger Sehnen durch den Punkt für alle drei Kreise gleich gross ist, näm lich ‚der Potenzpunkt der zu den drei Sr k on zen tpiEEE E haben gleiche Länge.') 2. Hält man den Punkt B fest und bewegt den Mittelpunkt . eines Kreises auf einer Geraden durch B und lässt den Radius des ') Diese Sätze geben noch zu andern Sätzen Anlass. Hat man zwei Kreise, 50 ist der Ort des Punktes B so, dass für wii die zu den zwei Kreisen gehörigen wert von 5 etwa 8’, 8”, eine kouktante Differenz s’— 3” haben, eine gerade Linie. Soll 8s':3” oder @s’+ßs”, wo o, ß Konstante” pe bedeuten, konstant sein, so ist ‚der Ort von B ein Kreis; ebenso bei beliebig vielen Kreisen, wenn @8 ErB +r8"" +... konstant sein soll. Schreibt man die Gleichung +3 =4lr— A) in der Form = 3) + () =2-(£) 27, 2, r und denkt man ein den Kreis t, SO ht die Gleielrhnß-üher auf irgend eine Ebene parallel Propag ge s 8 dr? = 2a, 2b e, dabei sind s,, s, z ei Ellipsensehnen, die zu zwei konjugierten Dur chm 4 parallel la ee d' ist der Abstand des Be ensehnitipunkter vo er Ellipse und c, ist der auf d’ fallende Halbmesser der Ellipse 8, EN‘ =) 5 (,) bleibt konstant. Jahrg. 64. A. Kiefer. Über Kreis- und Kugelsehnen. 651 Kreisdurchmesser ist eine Hyperbel und daher ist auch die Enveloppe dieser Kreise eine Hyperbel. Der Asymptoten- winkel ist unabhängig von der Grösse der konstanten Summe. Hält man den Punkt B fest und wählt man auf dem Kreis einen festen Punkt Q, so gibt es durch Q unendlich viele Kreise derart, dass die Summe der Quadrate irgend zweier rechtwinkliger Sehnen durch B für alle Kreise denselben Wert hat. Welches ist der Ort des Kreismitteipunktes und was für eine Enveloppe haben die Kreise? Es mus 2? — d’=2 AQ — AB’ konstant bleiben; aber wenn man BQ um sich selber über Q hinaus bis B' verlängert, so folgt ZB; BE 2 AQ-+20QB", 2 Al AB’ 4B +2 QB"; es muss also AB’ konstant bleiben. Verschiebt man A auf dem da- durch bestimmten Kreis um unendlich wenig nach A’, so schneiden sich die zwei Kreise durch Q mit den Mittelpunkten 4, A’ ausser in Q noch in dem Gegenpunkt von Q in bezug auf AA, d.h.: Zieht man durch einen festen Punkt B irgend zwei auf einander senkrecht stehende Geraden und wählt noch einen festen Punkt Q, so ist der Ort für den Mittelpunkt A aller Kreise durch Q, die auf den zwei Geraden durch B zwei Sehnen begrenzen, für welehe die Summe ihrer Quadrate eine gegebene Grösse hat, ein Kreis, dessen Mittelpunkt B’ gefunden wird, indem man BQum sich selber über Q hinaus verlängert. Die Enveloppe dieser Kreise ist der Ort des Gegenpunktes von Q in bezug auf die Tangenten des Orts- kreises von A. Ändert man die Grösse der konstanten Summe, so haben die verschiedenen Ortskreise von A den gemeinsamen Mittelpunkt B'. Wählt man ausser Q noch einen andern Punkt Q,, so schneidet die Mittelsenkrechte von QQ, den Ortskreis von A in zwei Punkten, d.h. es gibt durch zwei Punkte Q, Q, zwei Kreise derart, dass sie auf irgend zwei durch B gehenden rechtwinkligen Geraden Sehnen begrenzen, für welche die Summe der Quadrate gleiche und gegebene Grösse hat. Hält man wieder B fest, wählt eine Gerade g und sucht die Kreise, welche g berühren, so dass die Summe der Quadrate irgend zweier rechtwinkliger Sehnen durch B für jeden Kreis denselben gegebenen Wert hat, so muss 2 7? — d’ konstant sein; r, bedeutet 652 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 das Lot von A auf die Gerade g, d ist der Abstand des Punktes A von dem festen Punkte B. Die Bedingung sagt aus: Es gibt unendlich viele derartige Kreise und der Ort ihrer Mittelpunkte ist eine gleichseitige Hyperbel. Die En- veloppe der Kreise ist zugleich die Enveloppe der zu g in bezug auf die Tangenten der Hyperbel symmetrischen Ge- raden. Ist ausser g noch eine andere Gerade g, gegeben, so gibt es vier derartige Kreise, die g, 9, berühren; und ist ausser g noch ein Punkt Q gegeben, so gibt es vier der- artige Kreise, welche g berühren und durch Q gehen. 3. Zu den aufgestellten Sätzen gibt es andere Sätze, die zu ihnen in gewissem Sinne dual sind. Ein Kreis habe den Radius », und durch den Mittelpunkt Q, seien zwei zu einander senkrechte Geraden gezogen, die eine feste Gerade gin A,, A, schneiden. Die Tangentenpaare von diesen Punkten A,, 4, an den Kreis mögen die Winkel «,, «, bilden. Dann ist BL, en Ai, 2.7.04 Re: bezeichnet man das Lot von OÖ, auf die Gerade g mit I, und den Winkel zwischen /!, und O,A, mit g, so ist l, = 0,4, cos gy, I, = 0,A, sin p, also =— + =.— und D42:.:720.4 he 2 2 sin U sin m d.h.: 2 2 5 Zieht man von irgend einem Punktepaar auf einer Geraden, das vom Mittelpunkt eines Kreises unter rechtem Winkel erscheint, die Tangentenpaare an den Kreis und bezeichnet ihre Winkel mit «,,«,, so bleibt Me BR DER. alisurg 2 2 konstant. Hat man zwei Kreise mit u Radien r,, r, und frägt man nach allen Geraden, so dass 6 für beide Kreise ; ; r r ; ; ‚ gleich grossist, so muss 4 = 2 sein,d.h. dieGeradenbilden hi die Büschel um den einen oder andern Ähnlichkeitspunkt der zwei Kreise als Scheitel. Hat man drei Kreise, so gibt es vier Geraden, nämlich die vier Ähnlichkeitsachsen und für jede derselben hat o für alle drei Kreise denselben Wert. Jahrg. 64. A. Kiefer. Über Kreis- und Kugelsehnen. 653 Wenn eine feste Gerade g und ein fester Punkt @ gegeben sind, so kann man nach allen Kreisen durch @ fragen, so dass für die feste Gerade g die Grösse 6 für alle Kreise denselben Wert hat; es muss on konstant sein, d.h.: " Der Ort für die Mittelpunkte aller dieser Kreise ist ein Kegelschnitt mit Q als Brennpunkt und g als zugehöriger Leitlinie. Soll der Kreis ausser durch Q noch durch einen andern gegebenen Punkt Q, gehen, so schneidet die Mittel- senkrechte von Q, Q, den Kegelschnitt in den Mittelpunkten gesuchter Kreise, deren es also zwei gibt. Durch diese zwei Punkte gehen die zu Q und Q, gehörigen zwei Kegelschnitte; dieselben liegen ähnlich. Ist wieder g gegeben und soll der gesuchte Kreis eine gegebene Tangente i{, haben, so muss 1 konstant bleiben, wobei r, den Abstand des Kreismittelpunktes von t, und Z, denjenigen von g be- deutet, d. h.: Der Ort des Kreismittelpunktes ist ein Geradenpaar durch den Schnittpunkt von g, t.. Ist wieder g gegeben und soll der Kreis zwei gegebene Tangenten t,,t, haben, so gibt es vier gesuchte Kreise, deren Mittelpunkte die Schnittpunkte der zug, & und g, t, gehörigen - Geradenpaare sind. Ist wieder g gegeben und soll der gesuchte Kreis durch einen gegebenen Punkt Q gehen und ausserdem eine gegebene Tangente, haben, so gibt es vier Kreise; ihre Mittelpunkte sind die Schnittpunkte des zu Q, ggehörigen Kegelschnittes mit dem zu g,t, gehörigen Geradenpaar. Die Ergebnisse lassen eine kleine, scheinbare Erweiterung zu. Durch die Punkte A, , A, auf g lege man an den Kreis nicht Tangenten- paare, sondern Paare von Geraden, die den Kreis unter einem gegebenen Winkel p schneiden. Es bleibt le nd op sın = —+- sın 2, = EEE konstant, wenn das Punktepaar A,, A, auf g sich ändert, so‘dass < 4,0,4, = 90° bleibt. U.s. w: & Bezeichnet man die Winkel, den die beiden Geraden des Linien- paares durch A, mit g einschliessen, mit 6, &, so ist 6—: _ 7, 008 g, 2. dr. ı, nern 2: 0 654 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 dm , 0463 also sin > : sin 7.0608 0:6, 0. 5.: Bewegt man A, aufeiner Geraden und legt von A, durch einen festen Kreis Linienpaare, deren Geraden den Kreis unter dem konstanten Winkel p schneiden, so bleibt 06—e , 00-48 3 sin —— = 1, 008 p:], 0 sin konstant. In dem speziellen Falle, wo die Linienpaare zu Tangentenpaaren des Kreises werden, ist = © und das konstante Verhältnis hat den Wert », :1.. Dieser letztere Fall enthält die duale Form für den Satz über die Potenz eines Punktes in bezug auf einen Kreis. Aus der Proportion folgt nämlich . 0-8 .ö-+e ..d—E ..d-+8: (sin 5 —- sin 5 ): (sin er )=6+:0, 0) | ı-+r, ; Sue r, tg 2 » cotg Re 2 2 Bewegt man den Punkt A, auf einer Geraden g, legt von A, an einen festen Kreis Tangenten und bezeichnet die Winkel zwischen ‘9 und den Tangenten mit 6, &, so bleibt das Produkt tg 5 . cotg„. kon- stant!). Die beiden Gleichungen et Baht tie Zn Er sin ö & ig; cotg z = (, 4n):( —r) lassen sich auf die Kugel übertragen. Liegt auf einer Kugel ein Kreis mit dem sphärischen Radius r, und dem sphärischen Mittel- punkt Ö,, und zieht man von einem Punkt A,, auf einem festen Gross- kreis, berührende Grosskreise an den Kreis r,, so ist, wenn /, das sphärische Lot von O, auf den Grosskreis bedeutet, und Ö, & die bt zwischen dem Grosskreis und den berührenden Grosskreisen sind: i 6 —E£ sin r, : . 6-+8 sin ] sin = —- LI sin =’ u, also 2 sin O, A,’ 2 sin O,A,' ') L. Crelier. ‚Puissance d’une droite par rapport ä un cercle. — Ver- handlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft 1916, II. Teil, S. 9. Jahrg. 64. A. Kiefer. Über Kreis- und Kugelsehnen. 55 Ges sin u sin r, :sin /, und ö ; tg, . cotg 5 — (sin I, + sin r,) : (sin 1, — sin 7,). — Hat man eine Kugel vom Radius A und im Abstande ! vom Kugelmittelpunkt eine Ebene, so kann man durch irgend eine Gerade y der Ebene an die Kugel 'Tangentialebenen legen. Sind d, e die Winkel zwischen der Ebene und je einer Tangentialebene und ist d das Lot vom Kugelmittelpunkt auf die Gerade g, so wird sin EZ, sin °T* = Z;aloo ..0—E BD -iser,ue: sin —, sin = Rriand & I+-R ee Für jede Gerade der Ebene bleibt das Verhältnis ..0d6—8: .6Öd-+E An Bin tg © cotg z: konstant und ebenso das Produkt Hat man zwei Kugeln, so ist das Verhältnis ‚sin : sin ! a : für beide Kugeln dasselbe und ebenso das Produkt ; ni tg 5 . cotg 5 wefin die Ebene durch den einen oder andern Ähnlichkeitspunkt der zwei Kugeln geht. Bei drei oder vier Kugeln gilt das analoge, wenn die Ebene beziehungs- weise durch eine der vier Ähnlichkeitsachsen derdreiKugeln hindurchgeht, oder mit einer der acht Ähnliehkeitsebenen der vier Kugeln zusammenfällt. 4. Die bisher aufgestellten Sätze lassen eine Verallgemeinerung durch Übertragung auf eine Kugel zu. Auf einer Kugel liege ein Kreis mit dem sphärischen Radius >, und durch einen Punkt im sphärischen Abstand d vom Mittelpunkt des Kreises seien zwei zu einander senkrechte Grosskreise gezogen, auf denen der Kreis zwei sphärische Sehnen s,, begrenzt. Dann ist, wenn x, y die sphärischen Lote vom Kreismittelpunkt auf die 8 S| a, "2, Sehnen bedeuten, cosr, = c08 x 608 9 cos 7, = eos Y 0053 656 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 ferner ist, wenn g den Winkel zwischen s, und d bezeichnet, sinz = sin dsin 9, sin y = sin d cos p. Also sin ?z + sin ?y = sin ?d, 2 cos ?r cos ’r i er Pe age ee FRE: an ’d, cos 2 COR — 2 2 — sin’d 1 1 2sin’r, — sin’d ee we 5 + —,tg ’ı +tg’s = ; Ah cos 'r 51 32 a. c“ cos r ! 85 0085 2 2 i Zieht man durch einen Kreis auf einer Kugel zwei zu einander senkrechte sphärische Grosskreissehnen $,, 8,, 80 bleibt 8 > — tg a konstant, wenn das Sehnenpaar um seinen Schnittpunkt herum gedreht wird. Durch den sphärischen Mittelpunkt O, des Kreises r, lege man zwei zu einander senkrechte Grosskreise, welche einen festen Gross- kreis in A,, A, schneiden. Die von A,, A, an den Kreis r, gehenden berührenden Grosskreispaare mögen die Winkel «,, «, einschliessen ; ah sin N sin nr, er org sin O, A, Ist das sphärische Lot von O, auf den festen Grosskreis ! und bes zeichnet p den Winkel zwischen ! und O, A,, so hat man sinl= sin O, A,- cos g, sinl= sin O, 4, sin 9; also sin ?/ = sin ?1 1 A, RT SP a $. ® u sin % sig — +sn— = ——4, dh: z 2 sin ?] Hat man auf einer Kugel einen Kreis r, und einen Gross- kreis, legt durch den sphärischen Mittelpunkt des erstern zweirechtwinklige@rosskreise undvonihrenSchnittpunkten A,, 4, mit dem Grosskreis Tangentenpaare an den Kreis ?,, welche die Winkel «,, «, einschliessen mögen, so bleibt in nr, ık kt- 5 Ä 5 Sin 3l onstant für alle derartigen Pun paare A,,4,. Analog die Folgerungen. 5. In diesem Abschnitt soll die Figur noch etwas näher betrachtet werden, die entsteht, wenn man bei einem Kreis (4), r, durch einen festen Punkt B alle möglichen rechtwinkligen Sehnenpaare zieht und Jahrg. 64. A. Kiefer. Über Kreis- und Kugelsehnen. 657 die Endpunkte verbindet!) (s. Abb. 1). CE, D F sei ein solches Sehnen- paar. Die Mitten M, M,, M,, M, der Seiten des Viereckes CDEF bilden ein Rechteck, dessen Seiten beziehungsweise parallel zu den zwei Sehnen und halb so gross sind. Die Mitte von EC hat von B den Abstand ee und liegt auf der Parallelen durch Azu FD; die Mittelparallele von MM, und M,M, hat von B den Abstand Sn und geht durch die Mitte O von AB. Ebenso geht die Mittelparallele von MM, und M, M, durch O0. Der Punkt © ist also Mittelpunkt des Rechteckes MM, M, M,. Da DF'-+ CE’ = 4 (27! — d?) konstant bleibt, so bleibt auch MM, + M,M, = 2r, —d? konstant, d.h.: Das Rechteck MM, M, M, ist einem festen Kreise mit dem Mittelpunkte O und dem Radius 5 V2»? — d? einbeschrieben. Dem gleichen Kreise gehören die Fusspunkte M', M!, M! M} der Lote von B auf die Seiten des Viereckes ODEF an. Weil nämlich O die Mitte von AB und AM senkrecht OD ist, so ist OM = OM' und ebenso für die andern Fusspunkte OM, = OM;, OM, = OM!, OM, = OM'. Da CD senkrecht AM und OM = 5 Y2r°® — d? konstant bleibt, so folgt: Das Viereck CDEF ist stets der we mit den Brenn- punkten A,B und der halben grossen te Vr—@ um- schrieben. er : Die zu B gehörige Leitlinie hat von O den Abstand 7 4 und ist daher die Polare von B in bezug auf den Kreis (4), ?\. Die Mitte N von BC beschreibt den Kreis mit dem Mittelpunkte O und dem Radius ON = = # » dabei ist MM, senkrecht BN, d.h.: Die Seiten des ee M,M, umhüllen die Ellipse mit A,Bals Brennpunkten und 3 als halber grosser Achse. Die Grösse der letzteren ist also von der Lage von B unabhängig. | | © 0) Steiner Vorlesungen über die synthetische Geometrie. Erster Teil, be- arbeitet von Dr. C. F. Geiser, Die Theorie der Kegelschnitte in elementarer Dar- stellung, 3, Auflage (Leipzig, B. G. Teubner), S. 59. 658 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Legt man in C,D,E,F Tangenten an den Kreis (A), r,, so bewegen sich ihre Schnittpunkte als Pole von CD, DE, EF, FA in bezug auf den Kreis und liegen daher auf der Polarfigur der Ellipse, die von den Seiten des Viereckes U DEF umhüllt wird. Diese Polarfigur ist ein Kreis. A ist nämlich Brennpunkt der Ellipse und die Pole seiner Tan- genten an die Ellipse sind die imaginären Kreispunkte. Bezeichnet man übrigens den Schnittpunkt der Tangenten in C, Danden Kreis (4), r, mit M*, so ist AM: AM* = vr, d.h.: Der Ort von M* ist der Kreis, der entsteht, wenn man den Kreis (0), = y2 » — ad’ m bene auf den Kreis (A), r,, als Grundkreis nach dem Prinzip der reziproken Radien transformiert. Die Tangenten in ©, D,E,F an den Kreis (4), r, bilden alsoVierecke, diediesem Kreisumschrieben und einemandern Kreis eingeschrieben sind. Die Figur ändert sich, wenn B sich ändert. Kommt B aufden Kreis (4), », zu liegen, so reduziert sich die Ellipse, welche das Viereck CDEF umhüllt auf die Strecke AB. Fällt B ausserhalb des Kreises, aber innerhalb des Kreises (A), r, Y2, so umhüllt das Viereck ÜDEF eine Hyperbel; fällt B auf den ziern Kreis, so wird die Hyperbel zum zusammenfallenden Linienpaar und liegt B ausserhalb des Kreises, so wird CDEF und auch der Umhüllungskegelschnitt imaginär. Setzt man an die Stelle des Kreises (4),r, eine gerade Linie, so umhüllt das Viereck CDEF eine Parabel. ee: Sehneidet die Parallele durch F zu EC den Kreis (4), », in F, so geht F’D durch A und es ist CF = EF, d.h.: Unabhängig von B ist EF’+CD’=4r,DE+FO=4r, EF+FO+0D {DE =8r, BC’ +BD + BE BF =4 Pr Bezeichnet / den Inhalt des Vier eckes ODEF, so ist IP=-SS=-KE Rt I) Hl ray), dh Der Inhalt des Viereckes CDEF und such derjenige des halb so grossen Rechteckes MM, M, M, wird ein Maximum, wenn 2? =y? 5, d.h. wenn die zwei Sehnen zu ABsym metrisch liegen und er wird ein Minimum, wenn « oder v gleich 0 ist, d.h. wenn eine der zwei Sehnen durch 4 geht. = Die Abbildung gibt noch zu einigen statischen Bemerkungen Anlass. Jahrg. 64. A. Kiefer. Über Kreis- und Kugelsehnen. 659 Betrachtet man die gerichteten Strecken BC, BD als Kräfte, so ist ihre Resultierende 2 BM, und betrachtet man BE, BF als Kräfte, so ist ihre Resultierende 2 BM,; aber die Resultierende von 2 BM und 2 BM, ist 4B0O=2BA, d.h.: Dreht man bei einem Kreis ein rechtwinkliges Sehnen- paar CE, DF um seinen Schnittpunkt B und betrachtet die von B bis zum Kreis genommenen Sehnenabschnitte als Kräfte, so ist die Resultierende der vier Kräfte konstant und vom Radius unabhängig, gleich 2 BA. Ist P ein beliebiger Punkt der Ebene, so ist die Resultierende von PC, PD, PE, PF' gleich 4 PO. Ben Die Resultierende von EC und DF hat die Grösse Ys; + s: Beh: Die Resultierende von EC, DF hat konstante Länge und die in Abschnitt 1 und 2 aufgestellten Sätze lassen sich in diesem Sinne anders aussprechen. Die Resultierende von CF, DE ist parallel MM,, doppelt so gross und von B in doppeltem Abstand'), d.h.: Die Resultierende von CF, DE geht durch A und ist in _ Richtung und Grösse 2 MM,; ebenso geht die Resultierende von CD, FE durch A und ist in Richtung und Grösse 2 M,M.. Die zwei Resultierenden sind gleich gross und die vier Kräfte CF, DE und CD, FE haben eine Resultierende, die durch A geht und in Richtung und Grösse 2 CE ist. Nimmt man OF,DE entgegengesetzt (oder CD, FE), so ist die Re- sultierende der vier Kräfte in Richtung und Grösse 2 FD (oder2 DF). Die Resultierende von FC,DC geht durch die Mitte von FD und den Punkt C und die Resultierende von FE, DE geht durch die Mitte von FD und den Punkt E; folglich: Die Resultierende von FC, DC, FE, DE geht durch die Mitten von FD und CE, also durch 0; ihre Länge ist 4 d und unabhängig vom Radius. Die vier Kräfte FE, ED, DC, CF bilden ein geschlossenes Polygon. Ihre Resultierende wird daher durch ein Kräftepaar. dargestellt, dessen Moment 5, 5 ist. Der Punkt O ist der Schwerpunkt der vier Punkte GD,E,F; folglich ist der Schwerpunkt der Viereckfläicke C DEF der Punkt T, !) Schweizerische Bauzeitung, Bd. 69, S. 69. 660 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 wobei 7 gefunden wird, indem man BO über O hinaus um z ver- längert!), d.h.: Alle Vierecke ÜDEFhaben einen gemeinsamen Schwer- punkt.T7T, der AB unabhängig vom Radius, im Verhältnis 1:2 teilt. — Die Ergebnisse dieses Abschnittes lassen sich leicht vorallge- meinern. Man kann an Stelle des Kreises eine Ellipse wählen und durch einen festen Punkt B Sehnenpaare legen, die zu konjugierten Durchmessern parallel laufen. Oder man kann einen beliebigen festen Kegelschnitt mit den Paaren einer Strahleninvolution schneiden ; die jeweiligen Schnittpunkte bilden Vierecke, die einem Kegelschnitt um- schrieben sind und die Tangenten in den Schnittpunkten an den ge- gebenen Kegelschnitt geben Vierecke, die einem neuen Kegelschnitt eingeschrieben sind, und dual. — AL. 1. Durch den Kreis in der Abbildung 1 denke man sich eine Kugel mit dem Mittelpunkt O0, und dem Radius R, gelegt. Be- zeichnet man die zur Kreisebene senkrechte Kugelsehne durch B mit s, und die Strecke O,B mit D, so folgt s; = 4 (R} — d?); aber nach früher +5: = ar — a. Durch Addition und indem man noch substituiert = R— 04 +8 +58 =4(@ RR 20,4 —d’+ Ra) =4 8} — 2 [0,4°+4°)) 3 ; 3 dabei bedeutet 8 (5 R4— D:) = $ die negativ genommene achtfache Potenz des Punktes B in bezug auf die zur Kugel mit dem Radius &, konzentrische Kugel mit dem Radius R, k: d.h.: Zieht man bei einer Kugel durch einen Punkt B irgend drei rechtwinklige Sehnen, so ist die Summe ihrer Quadrate konstant, nämlich gleich der achtfachen negativen Potenz. ') Schweizerische Bauzeitung, Bd. 69, S. 69. Jahrg. 64. A. Kiefer. Über Kreis- und Kugelsehnen. 661 des Punktes B in bezug auf eine konzentrische Kugel vom Hat man zwei Kugeln mit den Radien A,, &,, so ist der Ort eines Punktes, für den die Summe der Quadrate von irgend dreidurch den Punkt gehenden rechtwinkligen Sehnen für beide Kugeln denselben Wert hat, eine Ebene, nämlich die Potenzebene der zu den zwei Kugeln konzentrischen Kugeln mit den Radien AR, fe R, y2. Hat man drei Kugeln mit den Radien R,, R,, R,, so ist der Ort eines Punktes mit derselben Eigenschaft für alle drei Kugeln die Potenzlinie der konzentrischen Kugeln mit den Radien A, y. R; V- R; . Hat man vier Kugeln, so gibt es einen einzigen Punkt dieser Eigenschaft für alle vier Kugeln, nämlich den Potenz- _ punkt der vier konzentrischen Kugeln mit den Radien ze 2 E r R, y: R, Y> R; V: R, = Zieht man von dem Potenz- punkt an irgend eine der vier gegebenen Kugeln zwei zu- einander senkrechte Tangenten und dann senkrecht zu ihrer Ebene durch den Potenzpunkt die Sehne der gewählten Kugel, so sind alle derartigen Kugelsehnen von gleicher Länge und liegen in jeder der vier Kugeln auf den Erzeu- genden eines Kegels zweiter Ordnung. 2. Denkt man sich eine Kugel mit dem Mittelpunkte O, und den Punkt B, so kann man O, auf der Geraden BO, verschieben und um O, immer eine Kugel legen, so ds, +8 +5; “eo (3 Ri — D:) für alle Kugeln konstant bleibt. Dieser Umstand sagt: Die auf der Geraden BO, senkrechten Grosskreise der Kugeln erfüllen ein Hyperboloid; die Kugeln selber um- hüllen ein zweites Hyperboloid. Ändert man die Grösse der konstanten Summe, so bleibt jedes der zwei Hyperboloide zu Sich selber ähnlich. Man denke sich wieder eine Kugel mit dem Mittelpunkt O, und den festen Punkt B; auf der Kugel liege der Punkt Q,. Dann kann man BQ, festhalten, die u ändern und verlangen, ds! + +5; 662 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 —.: B Ri — D‘) konstant bleibt. Welches ist der Ort des Kugel- mittelpunktes 0, und welches die Enveloppe der Kugeln? Es muss 3 R: — 2 D? konstant bleiben; verlängert man BQ, über Q, hinaus ‘um das Doppelte nach @/, bezeichnet die Mitte von 9, Q\, mit U, so folgt: GO +R=2U0,+2BRQ, 00, +D'=2R+2B0Q,; also 00) =3R! -2D’-+6BQ.. O, läuft auf einer Kugel mit dem Mittelpunkt Q/; wird O, auf dieser Kugel unendlich wenig verschoben und immer die Kugel (0,), Q, ge- legt, so geht sie stets durch den Gegenpunkt von Q, in bezug auf die Tangentialebene der Kugel (9:), ©, im Punkt O,, d.h.: Zieht man durch einen festen Punkt BR irgend drei auf- einander senkrechte Geraden, wählt einen festen Punkt Q,, so ist der Ort für den Mittelpunkt einer durch 9, gehenden Kugel, so dass sie auf den drei Geraden drei Sehnen be- grenzt, für welche die Summe ihrer Quadrate konstant ist, eine Kugel, deren Mittelpunkt Q, so liegt, dass BQ; = 3 BQ, ist; der Ort der Gegenpunkte von Q, in bezug auf die Tan- gentialebenen dieser Kugel ist dieEnveloppe der unendlich vielen gesuchten Kugeln. Sollen die gesuchten Kugeln ausser durch Q, noch durch einen andern festen Punkt Q, gehen, so ist der Ort für den Mittelpunkt ein Kreis, nämlich der Schnittkreis der mittelsenkrechten Ebene von Q,, Q, und der vorhin gefundenen Kugel mit dem Mittelpunkt @'. Sollen die gesuchten Kugeln durch drei Punkte Q,,@,; @; gehen, so gibt es zwei solche Kugeln; ihre Mittelpunkte liegen auf der vorhin gefundenen Kugel und den mittelsenkrechten Ebenen von 9,9%, Q, 9s: Hält man wieder B fest und soll bei gegebenem Wert von +35 + 5 die Kugel eine gegebene Ebene berühren, so muss wieder 3 RB, — 2 D° konstant sein; dabei bedeutet R, den Abstand des Kugelmittelpunktes O, von der Ebese und D die Strecke O,B. Das bedeutet: Der Ort des Kugelmittelpunktes ist ein Rotationshyper- boloid, dessen Asymptotenkegel einen von der konstanten Summe unabhängigen Öffnungswinkel hat. Soll die Kugel zwei Ebenen berühren, so ist der Ort des Mittelpunktes die Durchdringung von zwei Hyperboloiden und soll die Kugel En Jahrg. 64. A. Kiefer. Über Kreis- und Kugelsehnen. 663 drei Ebenen berühren, so gibt es acht solcher Kugeln, deren Mittelpunkte die Schnittpunkte von drei Hyperboloiden sind. Soll die Kugel eine Ebene berühren und durch einen Punkt gehen, so ist der Ort des Mittelpunktes die Durch- dringung eines Hyperboloids mit einer Kugel; soll die Kugel zwei Ebenen berühren und durch einen Punkt gehen, oder eine Ebene berühren und durch zwei Punkte gehen, so gibt es acht, beziehungsweise vier soleher Kugeln. Auch die Ergebnisse dieser zwei Abschnitte lassen Verallgemeine- rungen zu. (Anmerkung 8. 650.) Ferner sei darauf hingewiesen, dass, wenn bei einer Kugel durch einen festen Punkt im Raum irgend drei, paarweise aufeinander senk- recht stehende, Ebenen gelegt werden, die Summe der Inhalte der herausgeschnittenen Kreise konstant ist, (3 R} — D’) x; hieran lassen sich Betrachtungen anschliessen, die den, in den letzten zwei Ab- schnitten ausgeführten, analog sind. 3. Die Betrachtungen geben noch zu einer dualen Auffassung Anlass. Es sei eine feste Kugel vom Radius AR und eine feste Ebene im Abstande Z7 vom Kugelmittelpunkt gewählt. Durch den Kugelmittel- punkt lege man eine beliebige Ebene, welche die feste Ebene in der Geraden g schneidet und durch g lege man die beiden Tangential- ebenen an die Kugel. Ist das Lot vom Kugelmittelpunkt auf die Gerade g gleich h und «, der Winkel zwischen den zwei Tangential- 2 ebenen, so ist sin ——-—; legt man durch den Kugelmittelpunkt die senkrechte Gerade zu der durch den Kugelmittelpunkt gelegten Ebene und bezeichnet den Winkel zwischen der senkrechten Geraden und / mit ö, so hat man ; l u, Re, sin 6 = m also sin = = 7 sin 2), Durch den Kugelmittelpunkt seien zwei weitere Ebenen gelegt, die aufeinander und auf der schon durch ihn gelegten Ebene senkrecht stehen und durch die Schnittlinien mit der festen Ebene Tangential- ebenenpaare an die Kugel. Die Winkel dieser Ebenenpaare seien &, & und die zu ö analogen Winkel seien e, 9; dann hat man : 2 2 ; y R: : sin = nn a sin °e, sin = = 75 sin ?p, und 2 2 2 2 + sinz! + sin > + sin Bu nr (sin ?d + sin °e + sin p). 2 Vierteljahrsschrift d. Naturf.Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. “ 664 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Aber sin d + sin e+ sin 9 = 2 und daher 2 2 ‚2 a IR LA ein are Ars ai = 2 oo, 4.h.: Legt man durch den Mittelpunkt einer Kugel drei zu einander paarweise senkrecht stehende Ebenen, schneidet sie mit einer beliebigen festen Ebene, legt durch jede Schnitt- linie dieTangentialebenenpaare an die Kugel und bezeichnet die Winkel dieser einzelnen Ebenenpaare mit «,, &, a, SO : ? io u I bleibt sin 5 +. Fe een, 2 B 2 konstant für alle Tripel dreireehtwinkliger Ebenen durch den Kugelmittel- punkt. Hat man zwei Kugeln, so besitzt die Summe sin 9 2 En sin + sin 3 für beide Kugeln denselben Wert, wenn die Ebene durch den einen oder andern Ähnlichkeitspunkt der zwei Kugeln hindurch geht. Für drei Kugeln hat die Summe denselben Wert, wenn die Ebene durch eine der vier Ähnlichkeitsachsen läuft und für vier Kugeln, wenn die Ebene mit einer der acht Ähnlickeitsebenen zusammenfällt. Hat man eine feste Ebene und einen Punkt () und verlangt man an. 7 24 alle Kugeln durch Q so dass sin = + sin En + sin —* für alle an rücksichtlich der festen Ebene denselben Wert hat, so muss 5 konstant sein, d.h.: DerOrtderMittelpunkte dieser Kugeln ist sine Rotakioin fläche zweiter Ordnung mit Q als Brennpunkt und der festen Ebene als Leitebene, Sollen die Kugeln durch zwei feste Punkte gehen, so ist der Ort der Mittelpunkte der Schnitt der vorigen Fläche zweiter Ordnung mit der mittel- senkrechten Ebene der zwei Punkte und sollen die Kugeln durch drei Punkte gehen, so gibt es zwei solcher Kugeln. Hat man eine feste Ebene und eine zweite Ebene und verlangt a man alle Kugeln, welche die zweite Ebene berühren, so dass sin 2: j 2 & - üg . [74 Bat + sin = für alle Kugeln rücksichtlich der festen Ebene denselben Wert hat, so muss wieder = konstant sein, d. h-: Der Ort der Mittelpunkte dieser Kugeln besteht aus zwei Jahrg. 64. A. Kiefer. Über Kreis- und Kugelsehnen. 665 Ebenen; sollen die Kugeln noch eine zweite Ebene berühren, - so besteht der Ort der Mittelpunkte aus vier Geraden und sollen die Kugeln noch eine dritte Ebene berühren, so gibt es acht Kugeln. Sollen die Kugeln durch einen Punkt gehen und eine Ebene berühren, so besteht der Ort der Mittel- punkte aus zwei ebenen Schnitten einer Fläche zweiter Ord- nung. Sollen die Kugeln durch zwei Punkte gehen und eine Ebene berühren, so gibt es vier Kugeln und sollen die ge- suchten Kugeln zwei Ebenen berühren und durch einen Punkt gehen, so gibt es acht Kugeln. 4. In diesem Abschnitt soll noch etwas näher auf die Figur ein- gegangen werden, auf die sich Abschnitt II bezieht. Durch einen 1 Fig. 2. Punkt B, den man sich innerhalb einer Kugel (0,), Ä, vorstellen kann, seien alle möglichen Tripel dreirechtwinkliger Sehnen gelegt und ihre Endpunkte jeweilen verbunden. Dadurch entstehen acht Dreiecke, die ein Achtflach begrenzen. Sucht man die Schwerpunkte der acht Dreiecke, so ist die Verbindungslinie der Schwerpunkte von zwei aneinander stossenden Dreiecken parallel zu einer der drei Sehnen und der dritte Teil derselben, d. h.: Die acht Schwerpunkte bilden immer die Ecken eines Quaders, dessen Kanten zu den Sehnen parallel und je 3 derselben sind und dessen Diagonalen die konstante Länge 666 Vierteljahrsschrift d. Natürf. Gesellsch. in Zürich. 1919 VIERTE) = 2nsamao nen 3 Eines der Dreiecke sei IDE und sein Schwerpunkt S; die Ebene durch die Mitte von KT, parallel BDE, hat von B den Abstand BI— ee und geht durch O,. Die zur Ebene BDE parallele Mit- telebene des Quaders hat von B den Abstand „BI TaS 2 . a Sie schneidet also BO, im ersten Drittel BO* = —B O,; das gleiche gilt für alle Mittelebenen des Quaders, die zu je zwei Gegenflächen parallel sind, d.h.: Der Punkt O*, der BO, so teilt, dass BO* -7.B0, ‚186 der Mittelpunkt jedes Quaders und die Das Quaders liegen auf der Kugel vom Radius De — 3 /3K; — 2D?. Fällt man von den Punkten 2, O, die nn. auf die Ebene des Dreieckes IDE, so ist, wegen der Rechtwinklichkeit der drei Sehnen, der Fusspunkt 3’ der Höhenpunkt und weil 0, Kugelmittelpunkt, so ist der Fusspunkt O, der Umkreismittelpunkt des Dreiecks IDE. Folg- lich teilt sein Schwerpunkt S die Strecke 0/ B’ im Verhältnis 1:2 und das Lot in S auf die Ebene des Dreieckes teilt O,B im Ver- hältnis 1:2, O, Br= 2.0, B,u.E: Die Ebene des Dreiecks IDE und mit ihr jede Seiten- ebene des Achtflachs umhüllt ein Rotationsellipsoid mit B?B als Brennpunkten; die halbe grosse Achse ist) 3.R} — 22: und daher die halbe kleine Achse, Y3(R} — D®) ; a: ; BR: 2 Die zu B gehörige Leitebene hat von O* den Abstand D Enge D und ist die Polarebene von B in bezug auf die Kugel (0,), R:- Ö* ist die Mitte von BB* und BB’ parallel B*S; also O*B = OS, 65: Der Ort von B’ ist die Umkugel der Quader mit dem Mittelpunkt O* und dem Radius 3 YSRT—2D3, wie es sein Jahrg. 64. A. Kiefer. Über Kreis- und Kugelsehnen. 667 muss. Der Ort der Umkreismittelpunkte O, der Seitenflächen des Achtflachs ist die zum Kugelmittelpunkt O, gehörige Fusspunktsfläche der Fläche zweiten Grades. Die durch 5 parallel zu B DE gehende Seitenebene des Quaders schneidet von BI ein Drittel ab und steht auf BI senkrecht; der Schnittpunkt beschreibt die Kugel mit O* als Mittelpunkt und dem Radius 5= suH: Die Seitenebenen des Quaders umhüllen ein Rotations- ellipsoid mit B, B* als Brennpunkten und der grossen Halbachse SR, ; die kleine Halbachse ist = V.R’:E De, Fällt B auf die Kugel, so reduzieren sich die vom Achtflach und vom Quader umhüllten Ellipsoide auf eine Strecke von der Länge EN Liegt B zwischen der Kugel und der konzentrischen Kugel vom Radius R, \ en so gehen die Ellipsoide in Hyperboloide über und liegt B ausserhalb der zweiten Kugel, so werden die Flächen “imaginär. Wird die Kugel durch eine Ebene ersetzt, so gehen die Flächen in Paraboloide über. Denkt man sich B wieder innerhalb der Kugel und in den Ecken jedes Achtflachs die Tagentialebenen an die Kugel gelegt, so schneiden sich immer drei Tangentialebenen, deren Berührungspunkte die Ecken eines Begrenzungsdreieckes sind, in dem Pol der Dreiecksebene. Der Pol und der zugehörige Punkt O0} trennen die Kugel (0,), R, har- monisch, d.h.: Die acht Pole bewegen sich auf der Polarfigur des vom Achtflach umhüllten Ellipsoids. Die Polarfigur ist eine Ro- tationsfläche zweiten Grades, die auch dadurch entsteht, dass man die von O| beschriebene Fusspunktsfäche nach dem Prinzip der reziproken Radien verwandelt in bezug auf die Grundkugel (0,), R,. — Die in diesem Abschnitt betrachtete Figur gibt auch noch zu einigen statischen Bemerkungen Anlass. Betrachtet man die gerich- teten Strecken BI, BD, BE als Kräfte, so ist bekanntlich ihre Resultierende 3B S; bezeichnet man den Schwerpunkt des Dreieckes KFC mit S,, so ist die Resultierende der drei Kräfte BK, B F, BC gleich 3BS,. Da O* in der Mitte von SS, liegt, so ist die Resultierende von 3BS und 3BS, gleich 6BO*=2BO,, d. h.: 668 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Zieht man durch B irgend ein Tripel rechtwinkliger Geraden und betrachtet ihre Abschnitte, von B bis zu den Schnittpunkten mit einer Kugel (O,) gemessen, als Kräfte, so ist die Resultierende der sechs Kräfte konstant, unab- hängig vom Radius gleich 2BO.. Man kann irgend drei Rechtwinkelsehnen s,, s,, s, durch B selber als Kräfte auffassen und sagen: DieResultierende vondrei solchen Kräften hat konstante Länge y?+s2+5?=2y3R?—2D®., Mit Rücksicht darauf lassen sich einige frühere Sätze anders aussprechen, z. B.: Hat man vier Kugeln, so gibt es einen Punkt derart, dass jede der Kugeln auf irgend drei durch den Punkt gehenden rechtwinkligen Geraden drei Sehnen begrenzt die, als Kräfte aufgefasst, eine Resultierende haben, von derselben Grösse für jede der vier Kugeln. Es sei 0,A das Lot von O, auf die Ebene B DE und O die Mitte von AB; dann liegt der Schwerpunkt 7 des Viereckes ODEF so, dass T0:0OB=1:3 (8.659). Die Linien TI, TK sind Schwer- linien der Pyramiden /(CDEF), K(CDEF) und werden von ihren Schwerpunkten ebenfalls im Verhältnis 1:3 geteilt. Daher geht die Verbindungslinie der zwei Pyramidenschwerpunkte durch O und, weil 0, A parallel /B, auch durch die Mitte von BO,. Das letztere gilt ebenso für die zu BE und BD parallelen Schwerlinien des Acht- flachs, d.h.: Alle Achtflache haben denselben Schwerpunkt; er liegt in der Mitte von BO, und ist unabhängig von der Grösse des Radius. h Die Betrachtungen dieses Abschnittes lassen, wie frühere, Ver- allgemeinerungen zu. Man kann die Kugel durch eine Fläche zweiten Grades ersetzen und die Tripel rechtwinkliger Sehnen durch Tripel solcher Geraden, die konjugierten Durchmessertripeln einer andern Fläche zweiten Grades parallel sind, oder die nach den Ecken konjugierter Pol- dreigcke eines Kegelschnittes laufen. In allen Fällen umhüllen die entstehenden Achtflache eine Fläche zweiter Klasse. Wählt man in der Ebene des Kegelschnittes einen zweiten Kegelschnitt, so bestim- men die beiden ein Büschel und zu jedem Kegelschnitt des Büschels gehört als Enveloppe der Achtflache eine Fläche zweiter Klasse. Nimmt man einen dritten Kegelschnitt in der gleichen Ebene, so bestimmen Jahrg. 64. A. Kiefer. Über Kreis- und Kugelsehnen. 669 die drei Kegelschnitte ein Netz und zu jedem seiner zweifach un- endlich vielen Kegelschnitte gehört eine Fläche zweiter Klasse. Legt man B auf die Fläche zweiten Grades, welche die Kugel ersetzt, so reduzieren sich die zu den Kegelschnitten des Netzes gehörigen Flächen auf Punkte und man hat die bekannte Erzeugung einer Steinerschen Fläche. Das Stomodaeum der Lumbriciden. Die Grenze zwischen Ektoderm und Entoderm in der ontogenetischen Entwicklung des Lumbrieiden-Vorderdarms mit anschliessenden Ver- gleichungen über die regenerative Bildung. Aus dem zoologisch-vergleichend anatomischen Institut der Universität Zürich. Von Jon. Jar. Mexzı (Zürich). Mit 2 Textfiguren. (Als Manuskript eingegangen am 27. November 1918.) Die ausführliche Arbeit, von der hier ein Auszug mit den wich- tigsten Ergebnissen vertraut machen soll, wurde im Zoologisch-ver- gleichend anatomischen Institut der Universität Zürich auf Anregung und unter Leitung von Herrn Prof. Dr. K. Hescheler ausgeführt. Für die wohlwollende Unterstützung, die ich jederzeit von meinem hochverehrten Lehrer erfuhr, sei es mir gestattet, ihm an dieser Stelle meinen herzlichen Dank auszusprechen. Literatur und Geschichtliches. Sowohl bei Polychaeten wie bei Oligochaeten geht die onto- genetische Bildung des Verdauungskanals zum grössten Teil aus dem Entoderm und zum kleineren aus dem Ektoderm hervor. Der Mittel- darm nimmt seinen Ursprung aus dem innern Keimblatte, während sich an der Entwicklung des Vorder- und Enddarms ektodermale Einstülpungen beteiligen. Der Anteil, den diese beiden Einstül- pungen nehmen, ist nach den Angaben der Forscher ein verschie- den grosser, namentlich über die Gruppe der Oligochaeten gehen die Anschauungen in diesem Punkte auseinander. Bei meiner Arbeit beschränke ich mich auf die Feststellung der ektodermalen Ein- stülpung des Vorderdarms (Stomodaeum) bei der Familie der Lum- bricidae. In der Vergangenheit haben sich eine Reihe von Forschern mit der Feststellung der ektodermalen Einstülpung befasst; ich nenne nur die wichtigsten Abhandlungen: Kowalevsky (1871) kommt zum Schluss, dass der Oesophagus vom äussern Keimblatt aus entsteht. Hatschek (1878) lässt den Oesophagus ebenfalls aus Ektoderm- zellen hervorgehen. Diese ältern Autoren nannten den eingestülpten Jahrg. 64. Joh. Jak. Menzi. Das Stomodaeum der Lumbriciden. 671 Abschnitt kurzweg Oesophagus, und man schloss irrtümlicherweise daraus, dass beim ausgewachsenen Wurm das so bezeichnete Stück ektodermaler Herkunft sei. Vejdovsky (1884) hat zum erstenmal die Terminologie des Verdauungstraktus der ÖOligochaeten fixiert und unterschieden: 1. Mundhöhle (Stoma mit Pharynx), 2. Oesophagus, 3. Magendarm und 4. Enddarm, an welche Bezeichungen ich mich im folgenden halte. Durch seine Untersuchungen hat er den Oesophagus als Derivat des Entoderms nachgewiesen und den Pharynx als das Ende der ekto- dermalen Invagination bezeichnet. Sein Untersuchungsobjekt war hauptsächlich Rhynchelmis. Wilson (1889) kann in seiner Arbeit über die Lumbriciden- entwicklung die Befunde Vejdovskys bestätigen. Vejdovsky (1888—1892) hat inzwischen seine frühere Ansicht geändert. Auch das Pharynxepithel hat entodermalen Mutterboden, wenigstens bei Rhynchelmis, und er tritt auch für eine gleiche Bil- dungsweise bei den Lumbricidae ein. Hoffmann (1899) stellte seine Untersuchungen an Allolobophora- species an; er findet an der Einmündungsstelle des Stomodaeums in den Urdarm vier Zellen, die scharf hervortreten. Nach diesem Autor bilden diese vier charakteristischen Zellen die Grenze zwischen Ektoderm und Entoderm; sie geben also die Stelle an, „wo der Pharynx aufhört und der Mitteldarm beginnt“. Für die Famile der Lumbricidae ist also die Frage der Mund- und Pharynxbildung (des Stomodaeums) nicht restlos abgeklärt, und es scheint gerechtfertigt, dieses Thema nochmals vorzunehmen. Material und Materialbeschaffung. Auf Anraten von Herrn Prof. Dr. K. Hescheler habe ich mir embryologisches Material folgender 5 einheimischer Vertreter der Familie der Lumbrieidae gewählt: 1. Lumbrieus terrestris (Linne). 2. Lumbricus rubellus (Hoffmeister). 3. Helodrilus (Allolobophora) caliginosus (Savigny). 4. Helodrilus (Dendrobaena) rubidus (Savigny). 5. Eisenia foetida (Savigny). Die Individuen jeder Spezies hielt ich zu Zuchtzwecken separat in mit Erde gefüllten Kisten. Durch 2—3maliges Bespritzen pro Woche blieb die Erde feucht, sodass die Tiere sich nahe unter der Oberfläche befanden und hier die Cocons in grosser Zahl ablegten. Den ganzen Sommer über, bis November und Dezember, konnte ich Cocons finden. 672 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Im allgemeinen sind die frisch abgelegten von weisslicher Farbe, die ältern mehr dunkelbraun, sodass man hierin ein einigermassen gül- tiges Erkennungsmittel für den Ausbildungsgrad der darin liegenden Embryonen besitzt. Untersuchungsmethoden: Die Hauptfixierungsflüssigkeit, namentlich für die jungen zarten Objekte, war wässerige Sublimatlösung. Gute Ergebnisse wurden auch mit Chromsäure und Flemmingscher Flüssigkeit erzielt. Der in den Embryonen enthaltene Nahrungsdotter war für die Anfertignung von Schnitten ein fast unüberwindliches Hindernis. Meistens habe ich die in der Fixierungsflüssigkeit liegenden Objekte mit einer Platinnadel angestochen und so ein Herausfliessen des Dotters herbeigeführt, ohne dass die Embryonalbezirke den geringsten Schaden genommen hätten. Die schwierigste Manipulation war die Einbettung dieser kleinsten Objekte, denn eine ganz genaue Orientierung war unerlässlich. Ich brachte die Methode nach Hoffmann mit wenig Modifikationen zur Anwendung. Die Objekte wurden in Schnittserien von 3—4 u. zer- legt. Zur Schnittfärbung bewährte sich die gebräuchliche Farbstofi- kombination Hämalaun — Eosin vortrefflich. Die Entwicklungsvorgänge. 1. Die beginnende Ektodermeinstülpung. Furchungs- und Gastrulationsprozesse liess ich unberücksichtigt. Die äussere Gestalt des Ausgangsstadiums war aber immerhin noch einfach. Diese jüngsten Embryonen sind ca. '/, mm lang und stellen im wesentlichen eine aus Ektoderm und Entoderm gebildete Blase ar. Das Gehirn und Bauchmark, ebenso das Mesoderm sind hier zwar schon angedeutet, treten aber noch nicht stark in Erscheinung; man sieht noch keine Coelombläschen, und deswegen ist auch noch keine innere Segmentierung bemerkbar. Die Embryonen dieser Aus- gangsstufe zeigen eine noch nicht weit gediehene, kaudalwärts blind endigende, ektodermale Einstülpung in Form eines englumigen Röhr- chens (Stomodaeum). Das Entoderm scheint vollständig abgeschlossen zu sein, ohne Kommunikation mit dem Stomodaeum. Durch seine, dicht mit Dotterkügelchen gefüllten Zellen unterscheidet es sich so- fort von den feinkörnigen protoplasmatischen Ektodermzellen. Im Gegensatz zu Hoffmann, der schon auf dieser Stufe der Aus- bildung eine offene, schlanke, hyaline Stomodaeumröhre beschreibt, machen meine Ergebnisse wahrscheinlich, dass von einer morpho- logischen Verbindung der Aussenwelt mit dem Urdarm noch nichts zu x Jahrg. 64. Joh. Jak. Menzi. Das Stomodaeum der Lumbriciden 673 bemerken ist. (Fig. 1). Zu erwähnen wären noch die grossen Exkretions- zellen des larvalen Exkretionsapparates. 2. Ein weiter entwickelter Zustand ohne Eröffnung einer Darmpforte. In allen Teilen ist die Differenzierung weiter gediehen. Das Stomodaeum hat an Grösse beträchtlich zugenommen und reicht, je nach dem Stadium, bis an das Ende des ersten, zweiten oder dritten Zeichenerklärung: « Bm = Bauchmark Ecest zen Gr Ci En = Cosi = Coelombläschen G= d= do Mes = Mesoderm 0 = Dotterkügelchen Ud = Urdarm ; Ec Ektoderm Segmentes, welche Metameren nun abgegrenzt sind. Das dorsale | Stomodaeumepithel besteht aus ineinander geschalteten, festgefügten, ; hohen Zellen, während das ventrale Stomodaeumepithel sich aus nie- ‚drigen, viel loser gefügten Zellen zusammensetzt. Die Splanch- nopleura, die die Darmmuskulatur erzeugt, hat durch ihre Zellen- vermehrung schon den dorsalen Muskelwulst angedeutet, der, weil in der Region der ektodermalen Einstülpung gelegen, bei ausgewach- 674 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 senen Individuen dem Pharynx das charakteristische Gepräge gibt. Wir sind also bereits berechtigt hier von einer Andeutung des ekto- ; dermalen Pharynx zu sprechen. Die Zellen des äussern Keimblattes sind am Grunde der Einstülpung niedriger und protoplasmaärmer als Bm = Bauchmark d.Ste = dors. Stomodaeum- Sopl = Somatopleura Bg = Bauchgefäss epith. - Spl = Splanchnopleura = Cilien Ee = Ektoderm Ud = Coelbl = Coelombläschen En = Entoderm v= ventral d = dorsal G = Gehirn v.St. = ventrales Stomod'’- Di = Dissepiment Pr = Prostomium epith, d.M. = dorsaler Muskelwulst S = Stomodaeum vak.Ec = vakuolisiertes Ektod. Sg = Segment “ _vak.En = vakuloisiertes Entod. die andern. Auch die Entodermzellen sind da, wo sie mit dem Ektoderm parallel laufen, in geringem Betrage abgeflacht. Eine bevorstehende Auflösung von Ektoderm und Entoderm lässt sich wohl vermuten, Jahrg. 64. Joh. Jak. Menzi. Das Stomodaeum der Lumbriciden. 675 Quer- und Sagittalschnitte lassen aber noch keine Verbindung zwischen Vorder- und Mitteldarm erkennen. 3. Die Verhältnisse direkt vor und während des Durch- bruches von Ektoderm und Entoderm. Das Stomodaeum ist noch weiter einwärts gewachsen und zwar bei allen Spezies bis zum IV. Segment inklusive, welche Länge ein Maximum darstellt. Diese Ergebnisse, an Lumbriciden gefunden, können also ohne Zwang mit den Angaben Vejdovskys (1884) und Wilsons (1889) in Einklang gebracht werden, die auch eine, sich über 4 Segmente erstreckende Invagination feststellen. (Fig. 2). Die zu erwartende Histolyse tritt ein und wird durch Vakuolenbildung, die sich zuerst im Ektoderm, unmittelbar darauf auch im Entoderm be- merkbar macht, eingeleitet. Sukzessive degenerieren nun die Zellen der beiden Keimblätter an dieser Stelle, und die von Hoffmann an- geführten „4 hyalinen Zellen“ sind wahrscheinlich nichts anderes als Überreste solcher vakuolisierter Zellen. Der dorsale Muskelwulst im Gebiete der stomodaealen Einstülpung hat stark an Ausdehnung zugenommen. (Fig. 2). 4. Das durchgehende Darmrohr. Die Folge dieser gänzlichen Rückbildung der das Lumen des Darmkanals als Scheidewand ursprünglich unterbrechenden Ektoderm- und Entodermepithelien ist das Auftreten eines durchgehenden Darm- rohres. Der dorsale Muskelwulst, das morphologische Charakteristikum des Pharynx, liegt ganz in der Zone der ektodermalen Einstülpung. Aus allen übereinstimmenden Befunden ist zu schliessen, dass der ganze Lumbrieiden-Pharynx mit grösster Wahrscheinlichkeit ektoder- maler Herkunft ist. Die Anschauungen Vejdovskys (1888—1892), wonach der Lumbriciden-Pharynx sich vom Entoderm ableitet, können wir nicht bestätigen. Unsere Ergebnisse decken sich im allgemeinen mit der früheren Ansicht Vejdovskys (1884), mit den Darstellungen Wilsons (1889) und Hoffmanns (1900). (Auf die Unterschiede kann nicht eingetreten werden). Morphologisch-histologisch kann bei ältern Embryonen und bei ausgewachsenen Exemplaren die Grenze zwischen Ektoderm und Ento- derm selbstverständlich nicht mehr genau angegeben werden, weil der Übergang sich allmählich verwischt. Bei diesen ältern Formen konnte also die Frage, wo inneres und äusseres Keimblatt zusammen- stossen, nicht mehr beantwortet werden. 676 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Ein Mittel, auch hier die Grenzbestimmung zuverlässig vornehmen zu können, geben uns die Dissepimente, denn wie wir schon oben bemerkt haben, erstreckt sich die ektodermale Einstülpung maximal bis zum IV. Segment inklusive. Später erfolgt eine Differenzierung des ektodermalen Vorderdarmes in Mundhöhle (Stoma) und eigentlichen Pharynx. Dem starken Wachstum des dorsalen Pharynx-Muskelwulstes geben die Dissepimente durch Ausbiegen nach hmten Platz. Dies hat zur Folge, dass in diesem vordersten Teile innere und äussere Gliederung nicht übereinstimmen. Es stellt sich folgendes als sehr wahrscheinlich heraus: Der Pharynx, der laut embryologischen Be- funden die ersten 4 Segmente umfasst, erstreckt sich, nach der äussern Ringelung gemessen, auf 6 Segmente. Vom achten Ringel an stehen dann innere und äussere Segmentierung zumeist im Einklang. 5. Auskleidung des Stomodaeums mit Cilien und Cuticula. Für die ausgewachsene Pharynxhöhle der verschiedenen Regen- wurmarten wurde von mehreren Forschern wie Vejdovsky (1884), Beddard (1895), Hescheler (1898), Lidia Dequal (1909) und Lore Meyer (1913) ein Wimperepithel festgestellt. Die Mundhöhle (Stoma) besitzt wie die Körperepidermis- eine echte Cuticula. In der Embryonalentwicklung lässt sich zunächst eine gleich- mässige, kontinuierliche Bewimperung im ganzen Stomodaeum beob- achten. Dann macht sich eine Rückbildung der Cilien von vorn nach hinten geltend, und nach den Präparaten zu schliessen, scheint deshalb eine Beteiligung der Cilien zur Bildung der Cuticula aus- geschlossen. Die definitive Bewimperung bei ausgewachsenen Individuen tritt erst nachher auf und ist daher eine Neubildung. Vergleichungen zwischen der embryonalen und regenera- tiven Entwicklung des Vorderdarms der Oligochaeten. Diese embryologischen Ergebnisse scheinen auch nach anderer Richtung hin von Interesse; denn in neuester Zeit wurde meist im Anschlusse an embryologische Arbeiten oder umgekehrt, solchen über Regeneration, die Frage aufgeworfen, wie weit regenerative und ontogenetische Bildung übereinstimmen. Nicht selten standen sich die Ansichten der Autoren diametral gegenüber, und einzelne gelangten dazu, sogar von einer Erschütterung der Keimblätterlehre zu sprechen, obschon diese Theorie ihre Basis auf eine überaus grosse Anzahl von Tatsachen gründet. Dieser mehr spekulativen Seite der Frage gehe ich nicht nach, sondern es sollen hier vielmehr die fest- Fr Jahrg. 64. Joh. Jak. Menzi. Das Stomodaeum der Lumbriciden. 677 stehenden Tatsachen der beiden Entwicklungsweisen innerhalb der Oligochaeten miteinander verglichen werden. Nur wo detailierte Kenntnisse beider Erscheinungen vorliegen, von denselben Arten ge- wonnen, können vorteilhaft Vergleichungen angestellt werden. Wir werden sehen, dass diese Bedingungen bei manchen Vergleichungen nicht erfüllt waren und deswegen den Schlüssen nicht genügende Beweiskraft zukommt. Von Wagner (1893) beobachtete an Lumbrieulus variegatus, dass das Ektoderm bei der Regeneration am Aufbau des vordern Darm- abschnittes nicht beteiligt ist, sondern nur das Entoderm. Die re- generative Entstehung des Vorderdarmes entspricht also nicht der Embryonalentwicklung. Auch Rievel (1896), der die Regeneration des Vorderdarmes von verschiedenen Lumbricidenvertretern studierte, bestätigt die Resultate von Wagners. Von einer Einsenkung des Körperepithels zur Mund- bildung ist keine Spur zu bemerken. Hepke (1897) ist für Naiden zu ganz gegenteiligen Ergebnissen gekommen. Nach seiner Darstellung ist der Vorderdarm mit Aus- nahme einiger Zellen, die der alte Darm liefert, rein ektodermalen Ursprungs. | Von Wagners kurze Angaben (1897) kontrastieren nun voll- ständig mit seinen frühern und mit Rievels Anschauungen. Auch er sieht jetzt vorn am Regenerat eine trichterförmige Einstülpung der Epidermis und damit eine gewisse Ähnlichkeit mit der Ontogenese. Hescheler (1898), dem verschiedene Lumbrieidenvertreter zur Untersuchung vorlagen, findet ähnlich wie von Wagner, dass auch bei der Regeneration sich ein Stomodaeum (Mund) epithelialer Her- kunft bildet, das sich bis zum dritten Segment inklusive erstreckt. Das Pharynxepithel wird sicher vom alten Darm regeneriert. Voraus- schauend bemerkt Hescheler, dass er die Frage, ob die Regeneration des Pharynx von Zellen des entodermalen Oesphagus oder von solchen des alten Pharynx bewerkstelligt werde, unentschieden lasse. Er ist eher der Ansicht, dass bei der Operation von 5 Segmenten, ein Stück Pharynx zurückgeblieben ist. Wenn wir uns erinnern wollen, haben unsere embryologischen Ergebnisse eine auf 6 äussere Ringel sich erstreckende ektodermale Einstülpung wahrscheinlich gemacht, sodass bei einer Amputation von 5 äussern Segmenten immer Reste des ektodermalen Pharynx zurückgeblieben sind. Der Aufbau des Re- generates geschah deshalb in erster Linie aus entwicklungsgeschichtlich ektodermalen Pharynxzellen. Daraus ist zu ersehen, wie wichtig die Kenntnis der ontogenetischen Vorgänge für die Beurteilung und Ver- 678 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 gleichung der Regeneration ist, damit keine Unklarheiten entstehen. Typisch ist, dass eine Einstülpung der Körperhaut resp. des Ektoderms vorkommt. Haase (1899) liess Tubifex rivulorum regenerieren. Nach seinen Untersuchungen ergibt sich, dass der Pharynx aus dem entodermalen Teil des Darms regeneriert wird. Dazu kommt eine ektodermale Einstülpung, welche die Mundhöhle liefert. Im Anschluss an diese Arbeit scheinen uns noch folgende Bemerkungen von Bedeutung: Haase selbst vermutet nur, dass der Pharynx von Tubifex ektoder- malen Ursprungs sei, aus Analogie zu andern Oligochaeten, denn embryologisches Tatsachenmaterial stand ihm nicht zur Verfügung. Werden an Tubifex 4—6 Segmente amputiert, (Haase bemerkt diese Zahl ausdrücklich), so besteht auch hier die Möglichkeit, vorausgesetzt, dass die ontogenetische Entwicklung ähnlich ist wie bei Lumbriciden, am zurückgebliebenen alten Darm noch ursprünglich eingewachsene Ektodermzellen anzutreffen. Die genaue Kenntnis der Ontogenie ist auch hier erforderlich, bevor stichhaltige, einwandfreie Vergleichungen zwischen Regeneration und Ontogenie angestellt werden können. Dasselbe lässt sich sagen über die Arbeiten von Wagners, Rievels und Hepkes. Die embryologische Entwicklung ihrer Ob- jekte ist nieht genau bekannt, und ebenso vermissen wir Angaben über die Zahl der amputierten Segmente. Es haben noch eine Reihe von Autoren z.B. Abel (1902), Winkler (1902), Iwanow (1903), Nusbaum (1904), Tirala (1913) sich über die Regeneration von Oligochaeten ausgesprochen, aber immer fehlen entweder die genauen Kenntnisse über die normale Entwicklung der betreffenden Art, oder Angaben über die Zahl der operierten Segmente. Auch die Untersuchung von Johanna Kröber (1900) vermag nicht endgültig zu entscheiden. Da die genannten Bedingungen noch nicht erfüllt sind, ist die Entscheidung der Frage, ob Regeneration und Embryonalentwicklung gleich verlaufen oder ob sie einander gegenüberstehen, weder nach der einen, noch nach der andern Seite gefallen. Damit die Grund- lagen für ein förderndes Vergleichen vorhanden sind, ist es nach unserm Dafürhalten unerlässlich, dass für diejenigen Formen, die zu Regenerationszwecken herangezogen werden, in der Ontogenie die Grenze zwischen Ektoderm und Entoderm festgestellt werde. Ebenso wichtig ist zu wissen, wie viele Segmente amputiert wurden, damit eine regenerative Neubildung aus entwicklungsgeschichtlich ekto- dermalem Mutterboden ausgeschlossen werden kann. Jahrg. 64. Joh. Jak. Menzi. Das Stomodaeum der Lumbriciden. 679 Das gewichtige Urteil Eisigs trifft wohl das Richtige, wenn es sagt, dass der Versuch, die Keimblätterlehre auf Grund der Er- fahrungen der Regeneration zu beurteilen, als verfehlt gelten muss. „Die Keimblättertheorie ist das Ergebnis einer auf breitester Basis ruhenden Generalisation; die Regeneration ist vorläufig ein der For- schung gestelltes Problem“. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. Über die Konstruktion einer speziellen automorphen Funktion. Von RupoLr FUETER. (Als Manuskript eingegangen am 30. Dezember 1918.) Es sei $ eine hyperbolische Substitution der Modulgruppe: s=(% a: eadö—dyry=l, wo «,ß,y, ö ganze rationale Zahlen sind. Dann gelingt es, die zu der zyklischen Untergruppe mit der Erzeugenden S gehörenden auto- morphen Funktionen auf folgende einfache Weise zu konstruieren. Die Fixpunkte von $ legen einen quadratisch-reellen Körper k (Ym) fest; dieser ist gegeben durch die Wurzeln © und ® der Gleichung «0 —+Bß yo+ö Ich beschränke mich hier auf den Fall, dass die Zahl ® eine reduzierte Zahl von k (Ym) sei.‘). Dann ist ® in einen sofort pe- 1 riodischen Kettenbruch entwickelbar: . o=m—+1 1 4.+— (>). a. R2 1 1 d,_ı _—— Anere fe) Ich setze: An = Am , falls n = m (mod. v) und bezeichne die Näherungsbrüche von ® mit , = Eu Es ist dann On @ — 00: ned, Pa-ı + Ko = — An-ı dam ni ee $) Pa Qa-ı — Pr, a = (Nr, But PR, u o + u. e 2 Weber. Algebra. Braunschweig, 1898. Bd. I. pag. 404 u. fl. Jahrg. 64. Rudolf Fueter. Konstruktion einer spez. automorph. Funktion. 681 und $ ist Potenz der unimodularen Substitution (6) A Auch hier beschränke ich mich auf den einfachsten Fall, dass S die Substitution $ selbst sei und dass v gerade sei. Ich frage also nach automorphen Funktionen der Substitution: (ee Q Q-ı mn yo Dazu definiere ich /„ auch für negative » durch die Rekursions- formeln: I „= Q, Pr = Porz — Antı Fans On SR Ant — Antı Antı a Es ist dann !_,—=0. Ist ® die konjugierte von ®, so sind die I. für negative n die Näherungsbrüche von ®. Es sei: +00 ira E@Ao)=n ;k=0ol:.,o—1 n=-0oo P4 ; ® T N , : re ln+t2k+1 Dabei ist der Faktor er, ee A 2 nd I, zu ersetzen. Das Produkt ne in jedem Bari von 2, der die Punkte ®, ®©', ,, n=0o,+1,... nicht enthält, ern wie ein sehr einfacher Beweis zeigt. Die Funktion E, genügt der Funktionalgleichung: 2+ßB Dyktı E = a). ren: ‚.) = en WO @,x,, die konjugierte von @;«,, ist und @%x,, eine zu @ > ähnliche reduzierte Zahl von %- (Ym ).ist: i | ee, ; Er — Qaxn @ + Pası 682 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Es ist praktisch, statt der Variablen z in Z, die Variable einzuführen, wo den Punkten z—= »und ®’ die Punkte 0 und © der £-Ebene entsprechen. Ist E, (2, 0) =H (6,0), so wird (1): H (@ &, 0)= Bi u. 6 o), wo 8 —= (P, > Q, @)? das Quadrat der Grundeinheit e des quadratischen Körpers k (ym) ist. Die Funktionen: dig H; RO Es sind dahs die gesuchten automorphen a da sie der Relation: U,.(e&,0)=U,(£, 0) (2). genügen. Bleiben wir zur Diskussion auf der &-Ebene, so ist der Diskon- tinuitätsbereich} der Funktionen U, ein Kreisring um 0; die Radien r, und r, der beiden begrenzenden Kreise stehen in der Beziehung ea AR zu einander. In jedem Diskontinuitätsbereich hat die Funktion U. zwei einfache Pole und zwei einfache oder eine doppelte Nullstelle. Die Pole sind zwei der Zahlen In4skrı ae ER rn N nk o 5 Task we o j also Zahlen des Körpers k (Ym). Sind u,,u, die beiden Nullstellen, v,,v, die beiden Pole, so ist Yı 9% My wo r irgend eine ganze rationale Zahl ist. Alle automorphen Funktionen, die zur selben Gruppe gehören, sind : rationale Funktionen von zwei Funktionen U,. Zwischen letztern = 0%, besteht eine quadratische Aleichang: Die Funktionen & Se sind eben- Jahrg. 64. Rudolf Fueter. Konstruktion einer spez. automorph. Funktion. 683 falls automorph. U, genügt daher einer Differentialgleichung 1. Ord- nung der Form: A) dU; (TE) + wo R, und R, rationale Funktionen sind. Ausserdem stehen die Funk- tionen U, mit den elliptischen Funktionen in einfachem Zusam- menhang. Die Beweise und weitern Ausführungen werden in einer dem- nächst erscheinenden Zürcher Dissertation veröffentlicht werden. +R(U)=0, Mitteilungen aus dem botanischen Museum der Universität Zürich Beiträge zur Adventivflora der Schweiz (ID. Von A. TueLtung (Zürich). (Als Manuskript eingegangen am 20. Januar 1919.) Nach einer, hauptsächlich durch meine zeitweise Mitarbeiterschaft an Ascherson u. Gräbners Synopsis und an Hegis Illustrierter Flora von Mittel-Europa bedingten, längern Unterbrechung kann ich nunmehr den Fachgenossen einen dritten!) Beitrag zur Adventivflora der Schweiz vorlegen. Für die Auswahl der aufzunehmenden Arten waren ähnliche Gesichtspunkte wie früher massgebend: berücksichtigt wurden in erster Linie die für die Schweiz oder Mitteleuropa neuen oder sehr seltenen oder kritischen Arten, während von den häufiger zu beobachtenden (zumal von den im I. Teil der Flora von Schinz und Keller aufgeführten) Spezies in der Regel höchstens noch un- publizierte Vorkomnisse namhaft gemacht werden. Als Quellen haben mir gedient: die Herbarien der botanischen Museen der Universität Zürich und der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, für deren Benutzung ich den betreffenden Direktoren und Konser- vatoren, den Herren Professoren Dr. Hans Schinz, Dr. C. Schröter und Dr. M. Rikli, auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank ausspreche; ferner, neben eigenen Beobachtungen (besonders um Zürich und Arosa), die mir zur Bestimmung bezw. Revision und Publikation überlassenen Funde der Herren: stud. phil. P. Aellen-Basel (Funde von Basel, Solothurn, Aarau, Schaffhausen, Thurgau u.a.m.), Dr. E. Baumann- Zürich, stud. phil. A. Becherer-Basel, Dr. A. Binz- Basel, Prof. J. Bourquin-Pruntrut, T B.Branger-St.Moritz, Dr. Du- toit-Bern (Funde bei Solothurn, übermittelt von Dr. W. Rytz), Prof. Dr. E. Fischer-Bern, A. Gaille - St. Aubin (Neuchätel), Dr. ‘) Vgl. A. Thellung, Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. Mitteil. aus d. Bot. Mus. d. Univ. Zürich XXXVI, 2. Beiträge zur Kenntnis der Schweizerflora (VII), in Vierteljahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich, LII (1907), 434—473. — Ders., Beiträge zur Adventivflora der Schweiz (II). Mitteil..... LVI, 2. Beiträge zur Kenntnis der Schweizerflora (XII), in Vierteljahrsschr. ... LVI (1911), 269—292. Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. ‚685 H. Gams-Zürich (Zürich und Unterwallis), cand. med. W. Greuter- Winterthur (Funde von der „Steigmühle*-Töss), f Prof.Dr.P.K.Hager- Disentis, Dr. F. Heinis- Basel (Funde ausBasel-Land),pharm.W.Koch- Zürich (besonders St. Gallen), stud. phil. H. Lauer-Zürich, H. Lü- scher-Muri, Prof. Dr. J. Murr-Feldkirch, Dr. R. Probst - Langen- dorf (Solothurn), Dr. F. Rohrer-Zürich, Bahnhofvorstand A. Schny- der-Buchs (St. Gallen), stud. phil. W.Weber-Basel, Prof. Dr. E.Wil- ezek-Lausanne, Oberlehrer F.Zimmermann-Mannheim. Für die Zu- sendung von Material aus den ihnen unterstellten Herbarien bin ich ausserdem zu Dank verpflichtet den Herren Konservatoren Dr. A. Binz in Basel, Dr. W. Rytz in Bern und Dr. P. Steinmann in Aarau. Endlich Yabei mich durch Mitteilungen oder durch ihre Mithülfe bei der Bestimmung kritischer Arten freundlichst unterstützt die Herren G.Beauverd- Genf, F. Cavillier-Nant sur Vevey (Doronieum), Prof. E. Hackel- Attersee (Oberösterreich) (Gramina), Prof.Dr. E. Palla- Graz (Cyperus), Dr. O. rg bei London (Gramina) und Dr. F. v. Tavel-Bern. - Ein nicht unbeträchtlicher Teil der seit 1911 gemachten und von mir bestimmten Adventivfunde ist bereits — mit meinem vollen Ein- verständnis — niedergelegt in folgenden Publikationen: 1913. Murr ‚ Dr. Josef. Die Gartenflora von Tirol und Liechtenstein. — 58, Jahres- ber. d. k: k. Staatsgymnasiums in Feldkirch, 1912—13 (1933), 3—34. 1914. Schnyder, A. Beiträge zur Flora der Kantone St. Gallen und’ ‚Appenzell (Buchs und Umgebung) aus den Jahren 1910—1913. — Jahrb. 1913 der St. Gall. Naturw. Ges. (1914), 161—177;; speziell S. 161— 165 („Bahnhof- areal“ [von Buchs]). 1914. Probit; R. Die Adventiv- und Ruderalflora von Solothurn und Umgebung: -- «—Mitteil. Naturf. Ges. Solothurn, 5: Heft. An Ber., 19171914 (1914), .157— 215. er 1914, Mutr. Dr. J. Nachträge zur Porn von Vorarlberg und Lichtenstein. —_ _.50. Jan: esb. d. Landesmuseumsver. Vorarlb. (1914), sep. pp. 10— 1915. Bine . Ergänzungen zur Flora von Basel. —Verh. Naturf. Ges. u Ba.xK VI (1915), 176—221 ; speziell’ S. 206-218" („Adventivpflanzen*). 1916. H ager, Prof. Dr. P. K. Verbreitung der wildwachsenden Holzarten im Vorder- rheintal (Kanton Graubünden). — Erhebungen: über die Verbreitung der wildwachsenden Holzarten in der Schweiz, Lief. 3 (1916). [Enthält aufs, 258/9 Fussn. eine, Aufzählung der mit algerischem Hafer (Avena . bdyzantina) eingeschleppten Begleitflora.] 1916. Mur, Dr. J. Zur Flora ‘von’ Vorarlberg und Liechtenstein, a. _ 2% bot. " Zeitschr‘, XXI (1916), 63—66. 1916. Aellen, Paul. Beiträge zur Basler DEE _ _ Allg. bot. Zeitschr; ade -- (1916). Nr. 5—8, Mai-Aug. (20. X11. 1916), aa ©: ae 1917. 9 acquet [sie!]; Firmin. XI. Contribution & l’&tude de la flore Irihouigeoise ‚Especes, varietes et stations nouvelles. — Mem. Soc.- frihourg.- ‚Sc, natı vol. 1II fasc. 4 (1917), 169—193. 686 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 1918. Aellen, Paul. Neue Bastardkombinationen im Genus Chenopodium. — Fedde, Repert. spec. nov., Nr. 422—426, Rep. Eur. et Medit. I. Bd. Nr. 17 (31. V. 1918), 177/257 —179/259. 1918. Spinner, Henri. La distribution verticale et horizontale des vegetaux vas- culaires dans le Jura neuchätelois. — M&m. Univ. Neuchätel, II (1918), 1918. Lüscher, indes Flora des Kantons Aargau. — Aarau, Sauerländer & Cie.; 1918, 2178. 1919. Fischer, Ed, Neueres aus der Flora von Bern. II. — Mitteil. Naturf. Ges. Bern, Jan. 1919, 9 pp. Der eigentlichen Aufzählung mögen einige Bemerkungen über den gegenwärtigen Stand der schweizerischen Adventivflora und ihre Erforschung vorausgeschickt werden. Während infolge der Kriegs- ereignisse in den kriegführenden Ländern Mitteleuropas, wie auch in Holland (nach A. W. Kloos briefl.) die Adventivflora als natürliche Folge der Unterbindung des überseeischen Verkehrs einen gewaltigen Rückgang aufweist — [die ehedem so reiche Hamburger Adventiv- flora beschränkt sich (nach J. Schmidt briefl.) gegenwärtig auf Kul- turflüchtlinge; weitaus die meisten Fremdpflanzen der Döhrener Woll- wäscherei sind (nach Scheuermann in 5., 6. und 7. Jahresber. Nie- dersächs. Bot. Ver. Hannover, 1915 [1918], 62) verschwunden, so auch (infolge des Ausbleibens von frischem Nachschub) fast vollständig das von den dortigen Botanikern irrtümlich für eingebürgert gehal- tene Xanthium spinosum; die wenigen noch in den letzten Jahren neu aufgetretenen Fremdlinge der niederrheinischen Hafenanlagen führt L. Bonte (briefl.) auf ruhende, früher eingeschleppte und erst jetzt gekeimte Samen zurück')] —, war in der Schweiz bis 1918 nichts derartiges zu bemerken, ausgenommen etwa den Baseler Rhein- hafen, der bereits vielversprechende Anläufe zeigte, ein kleines Mann- heim zu werden, der aber sofort mit Kriegsausbruch seine kommer- zielle und damit auch seine botanische Funktion eingestellt hat); im Gegenteil, einzelne Lokalitäten, wie Basel, Solothurn und der Zür- cher Güterbahnhof, wiesen in den letzten Jahren, vor allem 1917, eine reichere Adventivflora auf als je zuvor! Über den Stand der besonders von den Herren Aellen und Weber erforschten Baseler Adventivflora gibt die Publikation von P. Aellen (1916) Auskunft. Neben dem längst rühmlich bekannten Schuttplatz zwischen St. Jakob ') Den Rückgang der Adventivflora in der Gegend von Raab in Ungarn führt S. Polgär (briefl.) weniger auf das Ausbleiben fremder Samen als auf den Umstand zurück, dass die Ödländereien in der Umgebung von Mühlen und Wollwäschereien etc., die sonst den Fremdpflanzen bevorzugte Ansiedelungsstellen boten, jetzt durch en intensivere Kultur in Beschlag genommen sind, Vgl. Magyar Bot. Lapok 1918 19), 28. Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 687 und „Neue Welt“ und dem „Ruchfeld* bei Mönchenstein haben be- sonders viele Fremdpflanzen geliefert: ein Schuttplatz in Birsfelden, die Güterbahnhöfe Wolf und St. Johann in Basel, die „Badischen Lagerhäuser* (Areal des alten Badischen Bahnhofes) und namentlich der Wiesendamm, dessen Florula dadurch bemerkenswert ist, dass sie — neben zahllosen, teilweise hybriden Chenopodien — wohl die ersten (mit Getreideabfällen) direkt in unser Land importierten Ame- rikaner enthält (während wir solche in der Regel erst aus zweiter ‚oder dritter Hand von sekundären europäischen Ansiedelungsstellen aus erhalten): *')Phalaris caroliniana, Vulpia oetoflora, *Cyperus fili- eulmis, Rumex salicifolius, Verbena litoralis, Plantago aristata, *Purshii, *yirginica, Helianthus annuus silvester, *H, petiolaris. Andere in Basel und Umgebung aufgefundene, für die Schweiz, meist auch für Mittel- europa neue Amerikaner sind: *Cenchrus echinatus, *Setaria gra- cilis, Chloris virgata, *Cyperus reflexus, *Polygonum (ef.) ramosissimum, *Atriplex argenteum, *Lepidium bonariense, *L. ramosissimum, *Thely- podium lasiophyllum, *Solanum aff. nitidibaccatum, *S. cf. sarachoides, *Salvia reflexa, *Plantago cf. Myosuros, *Hemizonia pungens, Flaveria trinervia.—HerrA ellen hat ferner 1917 dieWollkompost-Florula einiger Tuchfabriken (Roggwil und Langental [Bern], Liestal [Basel-Land]) mit guter Ausbeute an mediterranen (vielleicht aber sekundär aus Süd-Amerika eingeschleppten ?), amerikanischen und teilweise auch südafrikanischen Arten abgesucht;; desgleichen die Getreidelagerhäuser- und Ausladestellen bei den Bahnhöfen von Aarau, Romanshorn und Bürglen (Thurgau) mit vorzugsweise nordamerikanischen Fremdpflan- zen. — In Freiburg machte Herr F. Jaquet (l. ce. 1917) interes- sante floristische Aufnahmen im Hofe des Moulin Grand. — In Solothurn hat Dr. R. Probst der Geschichte der schweizerischen Adventivfloristik durch seine fortgesetzten Forschungen ein neues Ruhmesblatt beigefügt. Aus Abfällen von der Malzfabrik, die an verschiedenen Stellen zur Ablagerung gelangen und neuerdings namentlich in benachbarten Hühnerhöfen verfüttert werden, geht noch alljährlich eine erstaun- liche Fülle neuer Fremdpflanzen auf; seit 1911 sind folgende Medi- terranpflanzen neu aufgetreten: *Agrostis pallida, *Polygonum cog- natum alpestre, Silene conoidea, 8. museipnla, *S. papillosa, *Biseu- tella auriculata, *Diplotaxis tenuisiliqua, *Erucastrum varium, Iberis pectinata, *Lepidium spinosum, Coronilla eretica, Melilotus sulcatus *ssp. infestus, Ononis alopecuroides, *O. mitissima, Trifolium glome- ratum, T. parviflorum, T. vesiculosum ssp. multistriatum, T. leucan- . 2) Durch einen vorgesetzten Stern (*) sind — wie auch in der systematischen Aufzählung — die für Mitteleuropa neuen Arten gekennzeichnet. 688 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 thum, *Lavatera cretica, Malva nic®ensis, Daucus aureus, *Cleonia lusitanica, Salvia napifolia, *Plantago cretia, *P. Leflingii, *Scabiosa sicula, *Anacyclus valentinus ssp. dissimilis, Anthemis mixta *var. aurea, *Matricaria decipiens, Filago germanica *ssp. eriocephala, *Cen- taurea algeriensis, *C. napifolia, *Crepis parviflora. Hatten früher die Orientalen unter diesen Fremdlingen überwogen, so sind in den letzten Jahren — als natürliche Folge der veränderten kommerziellen und Transport-Verhältnisse — westmediterrane (besonders auch algerisch- marokkanische) Arten an ihre Stelle getreten. Schier unerschöpflich ist auch der Reichtum des gleichfalls von Dr. Probst alljährlich ‚gründlich 'abgesuchten Wollkompost-Haufens der Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn an exotischen Arten. Zu den früher aus- schliesslich vorhandenen Australiern sind in den letzten Jahren mehr und mehr auch Südamerikaner und Südafrikaner hinzugekommen; ob die gleichfalls in nicht unbeträchtlicher Zahl vorkommenden Medi- terranpflanzen aus spanischer Wolle oder aber von sekundären austra- lischen oder südamerikanischen Verbreitungszentren stammen, ist schwer zu entscheiden, vermutlich dürften beide Eventualitäten ver- wirklicht sein. Die Derendinger Wollenflora steht hiemit, wenn auch an Artenzahl, so doch an Mannigfaltigkeit der Provenienz hinter der- jenigen des berühmten Port-Juvenal bei Montpellier und der Woll- wäschereien ‚von Galashiels in Schottland!) nicht mehr zurück. Da- mit ist natürlich auch die Schwierigkeit der Bestimmung der Fremd- linge bedeutend gewachsen: konnte man sich früher auf die Benutzung von Benthams Flora Australiensis beschränken, 'so muss jetzt neben der Flora Capensis auch die ungemein zersplitterte und. mühsam zu beschaffende südamerikanische floristische und systematische-Literatur konsultiert werden. Die wichtigsten Derendinger Neuerwerbungen sind: a) Australier: *Chloris divaricata, *C. scariosa, (C. virgata (neben den ‘noch immer vorhandenen C. truncata und ventricosa), *Eriochloa ramosa, **E, australiensis, *Panicum trachyrrhachis, *Dan- thonia semiannularis, *Astrebla triticoides, *Eragrostis ef. imbeeilla, *E. setifolia, :*Poa caespitosa, *Triraphis mollis, *Cyperus fulvus, *Atriplex 'cf..campanulatum, A. ef. roseum, Bassia quinquecuspis, Che- nopodium eristatum, Ch. glaucum ssp. ambiguum, *Achyranthes aspera, *Sesuvium Portulacastrum, *Erodium eygnorun, *Daueus: glochidiatus, *Physalis minima, Bidens pilosus, *Calotis hispidula, Cryptostemma Calendula, *Erechthites argutus, *E. quadridentatus; b) Amerikaner: Sporobolus -eryptandrus, :Chloris radiata, Polypogon ‚elongatus, Hor- '\ Vergl. darüber z. B.meinen Aufsatz: Pflanzenwanderungen dnier’dem Einfluss des Menschen. Englers Bot: Jahrbücher, Bd. 53, Beibl. No. 116 (1915), 37—66. Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 689 deum comosum, H. euclaston, H. muticum, H. pusillum, Amarantus quitensis, *Lepidium spicatum, *Erodium cf. texanum, *Allocarya cali- fornica; c) Südafrikaner: *Panicum laevifolium, Amarantus Dinteri, A. Thunbergii, Monsonia biflora;d)Mediterranpflanzen:Silenenocturna, Trifolium Bocconei, T. tomentosum, *Seorpiurus’ vermiculatus, Erodium Botrys.—Eine erstin allerneuester Zeit zur Bedeutung gelangte Lokali- tät ist endlich der Schlamm- und Geschiebesammler des Wildbaches an der Grenze von Solothurn und Bellach, der, neben Gartenflüchtlingen (z.B. Dipsacus sativus, Callistephus chinensis und Chrysanthemum sero- tinum) und Adventivpflanzen verschiedener Herkunft (z. B. der nord- amerikanischen Potentilla norvegica hirsuta), hauptsächlich durch die bei der Reinigung von (spanischer und argentinischer) Wolle in der Tuchfabrik von Langendorf-Solothurn abfallenden und in die Abwässer gelängenden Samen gespiesen wird. Bemerkenswerte Funde sind: Chenopodium hireinum, Amarantus quitensis und Xanthium echinatum (S.-Am.); *Melilotus elegans, Stachys italicus, Verbascum sinuatum, *Anacyclus valentinus und *Achillea Ageratum (W.-Medit.). In der Adventivflora des Zürcher Güterbahnhofs hatte ich 1907 (1.:c.:434, Fussn.) einen Rückgang konstatieren zu müssen geglaubt. Vielleicht war aber dieser Rückgang nur ein scheinbarer, nämlich auf unzulängliche Beobachtung zurückzuführen. Die Hauptauslade- stelle für Südfrüchte hatte nämlich — von mir unbemerkt! — ihren Standort verlegt, sodass ich wahrscheinlich — da naturgemäss bei der. beträchtlichen Ausdehnung des Bahnhofareals dieses nicht all- jährlich überall gleichmässig abgesucht werden kann — mehrere Jahre hindurch nicht an die „richtige“ Stelle kam! Nachdem ich. sie 1916 glücklich .wieder entdeckt, bot sie mir ‚freilich eine Adventivflorula von einer Mannigfaltigkeit und Üppigkeit, wie ich noch nichts ähn- liches zuvor gesehen, und die völlig an die natürlichen Verhältnisse in der südlichen Heimat IIBENNER. N BRRNDER der günstige Sommer !) Eine weitgehende Analogie besteht auch mit der „Florula obsidionalis* von Paris 1871, die aus Fourage der französischen Armee (älerischein; teilweise auch "italienischem oder sizilianischem Heu) entstämmte (vergl. Gaudefroy et Mouille- farine in Bull. Soc. bot. France XVII [1871], 264—252). Gemeinsam vorgekom- mene Arten, die auch bei Paris eine besondere exotische Vegetation bildeten, sind 2. B.: Phalaris canar iensis, brachystachys; minor, eoerulescens und paradoxa, Lagurus ovatus, Avena sterilis, Koeleria phleoides, Cynosurus echinatus, Briza maxima, ‚Vul- pia ligustica, Bromus villosus, Brachypodium distachyum, Hordeum marinum, Rumex bucephalophorus, Amarantus albus, deflexus, Silene fuscata, Ranuneulus muricatus, Diplotaxis erucoides, Eruca vesicaria (s. str.), Hirschfeldia incana, Rapistrum [rugosuın] Linnaeanum, Reseda alba, Medicago. seutellata, orbieularis, hispida, eiliaris, intertexia, truncatula, aculeata, Murex,.Melilotus indieus, sieulus,' suleatus, Trifolium maritimum, 690 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 und der milde Spätsommer von 1917 waren der Entwicklung dieser fremden Vegetation äusserst förderlich: am 1. August wies sie eine wahrhaft südliche Blütenpracht und Ende September einen reichlichen und guten Fruchtansatz auf, welch’ letzterer mir namentlich auch für die genaue Bestimmung der Fremdlinge und damit für die Ermittlung ihrer engern Heimat sehr zu statten kam. Der Schw ktihrer Verbrei- tung liegt in Süd-Italien und Sizilien, so dass mit ziemlicher Sicherheit die Einschleppung aus diesem Gebiete mit Südfrüchten !) angenommen werden kann. Die hauptsächlichsten Vertreter dieser ‚sizilianischen Kolonie“, die 42 für die Schweiz (darunter 19 auch für Mitteleuropa) neue Sippen zählte, sind: Phleum echinatum, Triticum ovatum, Ama- rantus [hybridus cruentus] patulus, Thelygonum Cynocrambe, *Silene bellidifolia, *S, fuscata, Sinapis pubescens, Brassica fruticulosa, Diplo- taxis viminea, Raphanus [Raphanistrum] Landra, *Moricandia arvensis, Sisymbrium erysimoides, *Ononis serrata, Medicago ciliaris, M. obscura ssp. Helix, M. rugusa, M. scutellata, Melilotus siculus, Trifolium vesi- eulosum multistriatum, Lotus ornithopodioides, *Anthyllis tetraphylla, Astragalus baeticus, A. hamosus,*Psoralea americana villosa, Vicia villosa *pseudo-Cracca [1918], *Erodium [eicutarium}] romanum, E. malacoides, Althaea cannabina,*Biforatesticulata [1918],BupleurumOdontites[1918], Tordylium apulum, *Convolvulus pentapetaloides, *Heliotropium Bocco- nei, H. supinum,*Solanum sodomaeum,*Linaria heterophylla, Knautia in- tegrifolia lyrata [1918], *Anthemis praecox, Anacyclus radiatus, *Chrys- anthemum hybridum, *Achillea ligustica, Inula viscosa, *Senecio squa- lidus, Sonchus tenerrimus, *Hypochoeris Achyrophorus, Tragopogon hybridus, Pieris echioides *humifusa, Andryala integrifolia ssp. *tenui- folia. Eine Ausladestelle von noramerikanischem Getreide im Bahuhof Tiefenbrunnen bei Zürich bot die schweizerischen Neuheiten Poten- tilla norvegica hirsuta und Artemisia biennis neben Chenopodium Berlandieri und leptophyllum, Lepidium densiflorum, neglectum und virginicum, Oenothera laciniata, Dracocephalum parviflorum, Ambro- ” Euphorbia segetalis, Malva niczensis, parviflora, Lythrum meonanthum, Echium plantagineum, Plantago Lagopus, Psyllium, Anthemis raecox, Anacyclus clavatus, phorus. war; der Import belief sich auf jährlich Mandarinen im Werte von zirka 60 Mil- n etwa 50 Millionen Lire. Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz, 691 sia trifida, Grindelia decumbens etc. — Am 4. X. 1917 besuchte ich wohl als erster Botaniker die Vigogne-Spinnerei in Pfyn bei Felben (Thurgau) und konnte auf einem Komposthaufen von Baumwollab- fällen verschiedenster Herkunft u. a. Leptochloa chinensis, *Amarantus scleropoides (bisher nur aus Texas bekannt, also ein sehr bestimmter Provenienz-Indikator!), *Malvastrum coromandelianum und Solanum nodiflorum sammeln. — Herr Walo Koch botanisierte mit schönem Erfolg im Bahnhofgebiet von Rorschach zwischen den Lagerschuppen und dem Schlachthaus und an den Ufern der Goldbach bei Tübach (St. Gallen) in der Nähe einer Mühle. — Der Bahnhof von Buchs (St. Gallen, Rheintal), dessen Florula Herr Bahnhofvorstand Schnyder unablässig sorgfältig registriert, hat auch weiterhin seine Rolle als Eingangspforte für den osteuropäischen Güterverkehr und damit auch als Einfallstor für östliche Fremdpflanzen gespielt.') In den letzten Jahren ist der Buchser Bahnhof auch Umladestation für den Trans- port von Südfrüchten geworden; die Folge davon ist das Auftreten’ einer ganz ähnlichen Mediterranvegetation wie im Züricher Bahnhof (neben Rumex bucephalophorus namentlich zahlreiche Leguminosen: Medicago scutellata, aculeata, hispida var. lappacea, Melilotus sulcatus, Coronilla scorpioides, Lathyrus Ochrus und artieulatus ete., die gleich einigen Gramineen dem den Südfrüchtesendungen als Frostschutz bei- gegebenen Heu-Ausstopfmaterial?) entstammen dürften). Endlich ist Buchs auch Transitstation für die aus Italien kommende österreichische Gefangenenpost geworden; mit einer solchen Liebesgaben-Sendung dürfte nach Herrn Schnyder Euphorbia maculata eingeschleppt worden sein. — Der Komposthaufen der Aroser Kehrichtverbrennungs- anstalt bot mir 1915—18 neben zahlreichen verwilderten Kultur- pflanzen die für die Schweiz neue Vieia articulata (monanthos). — Endlich — last not least — beobachtete der leider allzufrüh ver- storbene Dr. P. K. Hager bei Disentis im Bündner Oberland 1915/16 unter angebauter Avena byzantina eine Reihe von begleitenden alge- risch-marokkanischen Unkräutern, aus deren Liste (]. c. 1916) fol- gende herausgegriffen seien: Phalaris brachystachys, Anthoxanthum !) Herr Schnyder macht in seiner Publikation (l. ce. 1914, 173—176) auf ein | eigenartiges Wanderungsmittel von Pflanzen aufmerksam, das am Bahndamm bei Buchs und auch im Bahnhof selbst in Funktion trat: die sogen. „Eisenbahnmischung*, d.h. ein Gemenge von Samen aus allen Teilen Österreich-Ungarns, das von den österreichischen Staatsbahnen speziell zur Bepflanzung von Bahndämmen und -Ein- schnitten verwendet wird. 2) In einer solchen Heuprobe konstatierte Herr Schnyder auch vertrocknete Fruchtexemplare von Hippoerepis unisiliquosa L., deren Samen sich als nicht un ihig erwiesen. 692 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 aristatum, Avena sterilis * var. segetalis, Bromus villosus, B. madri- tensis, Eruca vesicaria (s. str.), *Erucastrum: varium, *E. Thellungii, Hirschfeldia incana geniculata, Brassica fruticulosa * var. mauritanica, Raphanistrum rugosum Linnaeänum, Chrysanthemum coronarium, An- themis mixta * var. aurea und *Anacyclus valentinus dissimilis. Einige dieser Unkräuter, so namentlich die prächtige Anthemis mixta aurea, waren schon vor der Kulturpflanze in Blüte und erlaubten mir die Feststellung, dass der sich entwickelnde Saathafer nicht aus Russland (wie die erste Angabe lautete), sondern aus Algerien oder Marokko stammte und folglich nicht A. sativa, sondern nur A. byzantina sein könne, was sich denn auch nachträglich bestätigt hat. Das Jahr 1918 brachte dann freilich der schweizerischen Adventivflora auf der ganzen Linie einen empfindlichen Rück- schlag, der allerdings wohl nur zum kleinen Teil auf die infolge der Kriegsereignisse verminderte Einfuhr, in der Hauptsache viel- mehr auf ungünstige Witterungsverhältnisse zurückzuführen ist. Nachdem im Zürcher Güterbahnhof die Saison Ende Mai und anfangs Juni mit einigen vielverheissenden Anfängen (Vulpia ligustica, Ce- rastium campanulatum, Sinapis pubescens, Vicia villosa *Pseudo- Craeca, Bupleurum Odontites, *Bifora testiculata, Knautia integrifolia, Achillea ligustica und Crepis pulchra nebst einer Unmenge von Cynos- urus echinatus, Haynaldia villosa und Silene conica und den ziem- lich alljährlich auftretenden Phleum subulatum, Lagurus ovatus, Bro- mus madritensis und villosus, Potentilla intermedia, Torilis nodosa und Valerianella eriocarpa) eingesetzt, vernichtete die Ende Mai be- ginnende Dürreperiode fast die ganze exotische Unkrautvegetation mit Ausnahme der vom letzten Jahr her überdauerten Perennen (Phalaris eoerulescens, Althaea cannabina, Mentha Pulegium, Linaria repens var, tristis, Inula graveolens!), Senecio squalidus und Sonchus tenerrimus). Auffallend war vor allem das gänzliche Ausbleiben der im. vorher- gehenden Jahr so massenhaft vertretenen einjährigen. Leguminosen (besonders Medicago-Arten), woran vielleicht auch mangelhaftes „Jäten“ des Unkrautes zwischen den Geleisen schuld war. Trotz der uner- müdlichen Sammeltätigkeit des Herrn Dr. Rohrer konnten im Güter- bahnhof im Laufe des Sommers und Herbstes nur noch 3 zürcherische ‘) Diese Art wird in der Literatur als einjährig angegeben: indessen scheint der Umstand, dass sie im Zürcher Güterbahnhof mehrere Jahre, obne zur Blüte zu gen, konstant an der gleichen Stelle auftrat, und zwar in von- Jahr zu Jahr stärker werdenden Individuen, dafür zu sprechen, dass sie, wenngleich vermutlich monokarpisch, unter. ungünstigen, die Blütenbildung verzögernden. Bedingungen mehrere Jahre ausdauern kann. Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 693 Novitäten gefunden werden: Lavatera trimestris, Ammi Visnaga und Lactuca saligna. Das gleiche betrübliche Schauspiel boten infolge der Trockenheit auch die bestrenommierten Fundstellen um Solothurn und Basel. Die Solothurner Hühnerhofflora war im Frühsommer 1918 fast völlig verschwunden, nicht zuletzt auch durch intensiven An- bau von Kartoffeln und durch allzu gewissenhaftes Jäten. (Novi- täten: *Silene rubella, *Ononis biflora und Lathyrus angulatus.) Der Komposthaufen der Derendinger Kammgarnfabrik bot fast nur Gräser, unter diesen immerhin wieder einige Novitäten: aus Australien *An- dropogon pertusus deceipiens und *Aristida vagans (neben der schon früher einmal gefundenen Stipa vertieillata), aus Amerika Cenchrus tribuloides (nebst einigen schon zuvor gefundenen Hordeum-Arten), Panicum sanguinale *marginatum und Paspalum distichum paspaloides; endlich die heimatlose Komposite Schkuhria advena. Die Baseler Bahnhofanlagen lieferten von Novitäten nur Ononis hircina, *Bifora testiculata und Orobanche cerenata (neben Amarantus [hybridus] pa- tulus, Phyteuma nigrum coerulum und Senecio erraticus). In neuester Zeit beschäftigen sich die Neuenburger Botaniker eingehend mit den s. Z. vom Baron Albert von Büren (1791—1874) zirka 1860—1870 vorgenommenen Einbürgerungsversuchen bei Vau- marcus (am Neuenburgersee) und auf dem Mont Aubert und mit deren Resultat. Da die Frage auch für unsere Zwecke von Interesse ist, möge hier eine Zusammenstellung der einschlägigen Literatur folgen: ze ER Buren, Albert de. Acclimation de plantes dans le Jura. — Le Rameau de Sapin, III (1868), 35—36. [Betrifft die Umgebung von Vaumareus.] Buren, M.le baron Albert de. Sur l’acclimatation des plantes. — Bull. Soc. bot. France, XVI (1869), sess. extr. pp. X—XI. [Betrifft «une, montagne du Jura, a 3500 pieds environ au-dessus du niveau de la mer», worunter ; . der Mont Aubert zu verstehen ist.] e Ändreae, V. Une plante nouvelle pour le canton [de Neuchätel], Andryala la- nata L.(Hieracium lanatum Vill.). — Le Rameau de Sapin, VII (1874), '14. [Bei St. Aubin eingebürgert durch Herrn von ‚Büren.] . Lerch. La Hacquetia Epipactis (DC.) au Mont Aubert.'_ — Le Rameau de Sapin, 23° annee (1889), 31 mit Abbildung. [Hält die Herkunft für unerklärt.} Anonym. .A propos de l’Hacquetia. Epipactis (DC.) du Mont Aubert. — ‚Le Ra- meau de Sapin, 23° annee (1889), 34-35) [Resultate einer Umfrage.] Christ, H. A propos de l’Hacquetia Epipactis (DC.) du Mont Aubert. —Le Bament: de Sapin, 23° annee (1889), 35—36. [Hält die Pflanze für einheimisch.] Gaille, Armand. Plantes nouvelles et plantes naturalisees. — Le Rameau de Sapin, 12 26° annee (1892), .44 ansen Tripet, F. Un dernier mot sur l’«Hacquetia Epipactis, DC.» du Mont-Aubert. 3% e Rameau de Sapin, 34* ann&e (1900), 40. [Entscheidet die Streit- frage durch den Hinweis auf v. Bürens eigene Angabe.] 694 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Dubois, Aug. Noles floristiques. Le Rameau de Sapin, 46° annee (1912), 37, 1—42; 47° annee (1913), 8. [Enthält auf Seite 41 eine Aufzählung der zwischen Vaumarcus und La Raisse noch heute eingebürgert vor- kommenden Arten.] Gaille, Armand. Herbier de la Beroche. — Le Rameau de Sapin, 47° annde 1913), Glub ne Hieracium lanatum L. — Le Rameau de Sapin, 49° annee (1915)' 43. [Das ehedem von Baron v. Büren (Liste 1868, 36!) angepflanzte, in neuester Zeit durch die Botaniker fast vollständig ausgeroitete H. tomentosum L.(= H. lanatum [L.] Vill.) ist nunmehr an Felsen zwischen Vaumarcus und St. Aubin in Sämlingen ausgepflanzt worden.] Gorrevon, H. La flore naturalisee du littoral neuchätelois. — Le Rameau de Sapin, 50° annee (1916), n®2 (1® mars), 13—12. Dubois, Aug. Sur les plantes introduites dans la contree de Vaumarcus par le Baron Albert de Büren (1791—1874). — Ibid. (1916), 17—19, 25—27, 33—36. [Darin auf S. 18/9 eine Wiederholung der Listen von 1868 und 1869.] r Correvon, H. Les plantes du Mont Aubert. — Ibid. (1916), 47—48. Gaille, Armand. Plantes subsistant encore des naturalisations de feu le Baron de Büren. — Ibid. 2° ser. I (1917), 6-7. [Betrifft die Gegend zwischen Goneise (Waadt) und Vaumarecus.] Das Resultat des Vergleichs der vom Baron v. Büren selbst ge- gebenen Listen mit den heute noch zu konstatierenden Vorkomm- nissen ist überraschend: von den zirka 80 in den Listen von 1868 und 1869 aufgeführten Arten kommen heute nur noch 8 vor (Aspho- deline lutea, Sedum spurium, S. hybridum, Impaticus parviflora'), Hacquetia Epipactis | = Astrantia Epipactis olim 1869!], Lysimachia punctata [> vertieillata olim 1868] ?), Hieracium amplexicaule, H. lanatum), während umgekehrt 35 andere der Gegend fremde Spezies heute mehr oder weniger eingebürgert angetroffen werden, die v. Büren selbst nicht nennt, die aber von den Neuenburger Botanikern — wohl mit Recht — gleichwohl unbedenklich auf sein Schuldkonto gesetzt werden. Endlich war es mir möglich, im Herbarium des Botanischen Mu- seums der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich die meisten Belegexemplare der seinerzeit reichen, aus Abfällen von vor- zugsweise osteuropäischem Getreide hervorgegangenen, besonders von Moehrlen und Vetter erforschten Adventivflora von Orbe (Waadt) er Diese Funde finden sich in folgenden Publikationen ver- zeichnet: 2, !) Aug. Dubois (l. ec. 1912, 41) vermutet bei dieser Spezies eher eine zufällige Einschleppung als eine absichtliche Einbürgerung; da jedoch die Pflanze auf der v. Bürenschen Liste (1868, 36) ausdrücklich genannt wird, hat offenbar die zweite Eventualität mehr Wahrscheinlichkeit für sich, wie auch Dubois selbst später (l. ce. 1916, 26) annimmt. - ?) Vergl. auch A. Gaille in Le Rameau de Sapin, 44° annee (1910), 32. Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 695 Vetter et Barbey. Notes bolaniques sur le bassin de l’Orbe. — Bull. Murith., XI, 1881—2 (1883), 48—52. [Fehlt in Fischers „Flora Helvetia*“.] BIAET En Aug. A propos ‚de quelques plantes d’origine etrangere nei par M.M. Vetter et Barbey dans le Canton de Vaud. — Bull. . So bot. Geneve, III, 1881—3 (1884), 77—78. Vetter, J.J. ae notes sur la Flore des environs d’Orbe, — Bull. Soc, vaud. ce. nat., XXII No. ne al 268—277; speziell: A. Plantes adventices Mose (l. c. 268— Moehrlen, Dr., bei Jäggi, Se der Commission für die Flora von Deutschland 1891 (XXV. Schweiz). — Ber. Deutsch. bot. Ges., X (1892), (132)—(133). Moehrlen bei Jäggi u.Schröter, Fortschritte der schweizerischen Floristik im Jahre 1891. — Ber. Schweiz. Bot. Ges., II (1892), 8S2—102; speziell '„Flora adventiva“ (S. 100-102). Gornaz, Ed. Sur la flore adventice d’Orbe, d’apres le Dr. J, Moehrlen. — Bull. Soc. ‘se, nat. Neuchätel, XXIII (1895), 247—248. Wiewohl die — wohl meist von dem äusserst sorgfältig arbei- tenden J. J. Vetter herrührenden — Bestimmungen dieser Adventiv- florula mit einer in Anbetracht der damals vorhandenen Hülfsmittel höchst anerkennenswerten (enauigkeit ausgeführt worden waren, ergab eine erneute Revision doch einige Bestimmungsänderungen !): Alyssum „Wierzbickii* (1883 8.49, 1886 S.269) ist A. rostratum Steven; A. „campestre“ (1886 S. 269) ist A. strigosum Solander, Lepidium „inter- medium ?* (ibid.)ist L. densiflorum Schrader var. pubecarpum (A. Nelson) Thellung, „Lithospermum apulum‘* (1886 8.270) ist Amsinckia ef. intermedia Fischer et Meyer; Althaea „fieifolia* (1892 8.[132] = Alcea fieifolia 1892 8. 101) ist A. rosea (L.) Cav. var. Sibthorpii (Boiss.) Baker, Triticum „elongatum“ (1892 S. [133] resp. 101) ist Agropyron intermedium (Host) Pal. ssp. trichophorum (Link) Volkart, T. „deser- torum* (ibid.) = A. eristatum (L.) Gärtner var. puberulum Boiss. Zürich, im Januar 1919. Die für die Schweiz und ihre Grenzgebiete neuen Sippen (zirka 330 neue Arten, Unterarten, geographische Rassen und Bastarde) sind durch Fettdruck hervorgehoben. Durch einen vorgesetzten Stern (*) sind diejenigen (zirka 160) Sippen gekennzeichnet, die einer- seits in Kochs Synopsis ed. 2 (1843—45) fehlen und anderseits in den Arbeiten von F. Höck: „Ankömmlinge in der Pflanzenwelt Mittel- europas während des letzten halben Jahrhunderts“ X (Zusammen- fassung) in Beih. Bot. Centralbl., XVII, Abt. II (1904), 831—112, „NeueAnkömmlinge in der Pflanzenwelt Mitteleuropas“, ebenda xXXVl, !) Zwei inkorrekte Bestimmungen der ersten Aufzählung (1883 S. 49) hat Vetter selbst (1886 $. 268) berichtigt: Centaurea „Biebersteinii DC.* ist C. maculosa Lam., Achillea compacta „Willd.“ ist vielmehr A. compacta Lam. (= A. magna Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 45 696 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Abt. II (1910), 391—433, und „Ergänzungen zu meinen Arbeiten über Ankömmlinge in der Pflanzenwelt Mitteleuropas‘, ebenda XXXI, Abt. II (1914), 71—110 — noch nicht genannt, mithin als (in einem bestimmten Sinne) für Mitteleuropa neu zu betrachten sind. * Pteris multifida Poiret (P.serrulata L. f. non Forskäl; Zierpfl. aus China und Japan). — Verwildert an einer Mauer in Massagno bei Lugano, 1916: F. v. Tavel briefl. : Salvinia natans (L.) All. (Süd- und Zentr.-Eur., SW.- u.0.-As., Algerien; der Schweiz zunächst im Aostatal und am Oberrhein von Karls- ruhe abwärts). — Im Gebiet nur vorübergehend verschleppt und zwar steril, daher (als einjährige Pflanze) sogleich wieder ver schwindend: in einem kleinen Teich auf Mühlegg bei St.Gallen1810 von Apotheker DI. Meyer gesammelt: Wartmann u. Schlatter Übers. Gefässpfl. St. Gall. Appenzell III (1888), 525 Fussn. 3 Salvinia auriculata Aublet (Trop. Am.; oftin Botanischen Gärten kult.). — In einem künstlichen Wassertümpel (Teich) bei Her- dern-Altstetten unweit Zürich ziemlich zahlreich, aber nur steril, 1914, A. Roth! (Offenbar auf irgend eine Weise aus dem Bo- tanischen Garten verwildert.) a *Thuja orientalis L. (Biota orientalis Endl.; N.-Pers., Turkest, China, Jap.). — Eingebürgert und sich vermehrend um Neu- chätel: H. Spinner in M&em. Univ. Neuchätel II (1918), 154. = Strutiotes aloides L. (Eur. [teilweise nur angepflanzt und einge- bürgert], W.-Sibir. bis Altai). — Im Haldenweiher bei Zofingen a & infolge früherer Anpflanzungen verwildert (Schinz u. Keller Fl. d. Schweiz. 3. Aufl. II [1914], 19). Die Pflanze war daselbst von Dr. Fischer-Sigwart (nach brieflicher Mitteilung) am 28. Juni 1909 eingesetzt worden und hat sich seither so stark vermehrt, dass 1911 und 1912 grosse Mengen derselben heraus- gefischt und vertilgt werden mussten. | . Andropogon halepensis (L.) Brot. (Sorghum halepense Pers. ; ursprüng- . lich wohl ostmediterran, jetzt durch Verwildern aus der Kultur und durch Verschleppung in wärmeren Regionen weit verbreitet). — Villeneuve (Waadt), auf Schutt, 1889, F.Ja quet!; Birs felden (Basel-Land), 1912—14 (Aellen u. Weber), Wiegendamar ; bei Kleinhüningen, 1914 (W. Weber): ‘Binz in Verh. Naturf.. Ges. Basel XXVI (1915) 206. Andropogon Sorghum (L.) Brot. sens. strict. (= subsp. sativus Hackel:; Kulturform von A. halepensis, in den warmen Regionen ange mein kultiviert, seltener in den Subtrop. und im wärmeren \l.- Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 697 Eur.). — Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1913, 1917, Schnyder! (Jahrb. St. Gall. Naturw. Ges. 1913 [1914], 161); Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung; Hohlstrasse in Zürich 4, zwischen Bahn- geleisen 1917, E. Baumann!; Güterbahnhof Aarau, 1917, Lü- scher! (Fl. Aarg. [1918] 181); Güterbahnhof Wolf in Basel, 1917, Aellen! [angebaut auch beim Bahnhof Felben (Thurgau) 1917 beobachtet, Thellung). *Andropogon pertusus (L.) Willd. (Span., Sizil., wärmeres As. u. Afr., Austral.) var. deeipiens Hackel (Austral.). — Kammgarn- fabrik Derendingen bei Solothurn, 1918, Probst! Paspalum distichum L. (Trop.) ssp. paspaloides (Michaux) Thell. (Paspalum vaginatum Alpers! in Jahresh. Naturw. Ver. Lüneb. XIV, 1896/8 [1898], 70 — non Sw.; Panicum vaginatum A. et G.! Synopsis II, 1,67 [1899] exel. syn. Sw.; Trop. [ursprüng- lich vielleicht nur Am.], eingebürgert im Mittelmeergebiet!, verschleppt in Deutschl.!; vergl. Thellung Fl. adv. Montpell. [1912], 77—83 und Le Monde des Plantes 18° annde [2° ser.] No. 99 [1916], 11—13).— Kammgarnfabrik Derendingen bei So- lothurn, 1918, Probst! * Eriochloa ramosa (Retz.) O. Kuntze (E.annulata [Flügge] Kunth; E. punctata Thellung in Vierteljahrsschr. d. Naturf. Ges. Zü- rich LII [1907], 435 [det. Hackel], non Hamilton; Trop. As. u. Austral., in W.-Ind. wohl nur verschleppt; adv. auch Deutschl.!). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1907, 1914, 1917, Probst! Ich hatte die Pflanze als E. annulata bestimmt, liess mich dann aber durch die Autorität von Prof. Hackel veran- lassen, sie als E. punctata zu publizieren. Da mich diese Be- stimmung jedoch immer nicht recht befriedigte, sandte ich die Pflanze mit den übrigen Eriochloön von Derendingen an Dr. 0. Stapf in Kew, der mir freundlichst die ursprüngliche Dia- gnose bestätigte. Var. pseudo-acrotricha Stapf in litt. (E.annulata var. acrotricha Bentham Fl. Austral. [exel. syn.]; E. ramosa var. acrotricha Stapf in litt. [nomen ineautum, nimis confusum] ; E. acrotricha Thellung l. e. [1907], 435 [det. Hackel], vix vera E. acrotricha [Steudel] Hackel [Afr.trop.; nomen confusum] quae = E. nubica [Steudel] Hackel et Stapf ined. — Austral.). — An der gleichen Fund- stelle seit 1906 alljährlich, Probst!, 1917 Aellen! *E. australiensis Stapf spec. nov.ined. [det. autor ipse] (N.S. Wales!, S.-Austral.). Differt ab E. ramosa var. pseudo-acroticha prae- sertim spieulis multo majoribus (cum acumine 6—8 mm longis), 698 Vierteljahrsschrift d. Naiurf. Gesellsch. in Zürich. 1919 glumella fertili vix dimidiam longitudinem spiculae attingente. Mit den vorigen, 1917, Probst!, Aellen! Nach freundlicher Bestimmung durch Dr. 0. Stapf, der sich speziell mit der Gat- tung Eriochloa beschäftigt hat, handelt es sich um eine neue, noch unbeschriebene Art, die besonders durch die sehr grossen (6—7 mm langen) Ährchen (die grössten mir bei E. ramosa var. pseudo-acroticha vorgekommenen, von Stapf, als zu dieser Va- rietät gehörig bestätigten, messen 5 mm) auffällt. Sie liegt im Herb. generale der Univ. Zürich vor aus N.S. Wales: Moree Experiment Farm, IV. 1906, W.-R. Fry! (Nat. Herb. N. S. Wales "©. sine numero, sub E. polystachya H.B.K:). *Panicum laevifolium Hackel! in Bull. Herb. Boiss. III (1895), 378 (8.-Afr.) var. amboense Hackel! in Vierteljahrsschr. Naturf. Ges. Zürich LVI (1911), 71 (= Panicum laevifolium J. Benoist! in Bull. Geogr. bot. 23° annde |4*° ser.] No. 294 [1914], 153 — non Hackel sens. striet.; P. capillare Alpers in Jahresh. Naturw. Ver. Lüneb. XIV, 1896/8 [1898], 70 [non L.] teste Scheuer- mann in litt. 1915, ef. 6./8. Jahresber. Niedersächs. Bot. Ver. Hannover 1915 [1918], 67; in Frankr.!, Engl.! u. Deutschl. mit Wolle eingeschleppt). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1917/8, Probst!, Aellen! * Panicum trachyrrhachis Bentham (Austral.). — Kammgarn- fabrik Derendingen bei Solothurn (australische-Schafwolle), 1914, - Probst!, 1917, Probst!, Allen! er P. proliferum var. decompositum). Panicum «cf. colonum L. var. kuwsciolisoin Hack. » von Birsfelden (Basel-Land) (W. Weber! nach Aellenin Allg. bot. Zeitschr. XXI [1916], 68) dürfte doch eher eine Form von P. Crus galli L. (s. str.) sein. Panicum gracile R. Br. (Austral.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1910, Probst!, 1915, Aellen! Die 1907 ebenda gesammelte und in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LII (1907), 435 als P. gracile (det. Hackel) publizierte Pflanze gehört, wie . aus besser entwickelten Exemplaren von 1914 (und 1918) her- vorgeht, nicht zu dieser Art, sondern unterscheidet sich von ihr durch die in einen grannenartigen Fortsatz auslaufende Achse der Rispenäste, durch .deutlich gestielte, grössere, beiderseits stärker gewölbte Ährchen und das Vorkommen einer sterilen ' Deckpelze (oder auch einer S Blüte!) in der Achsel der 3. Hüll- -spelze. Die EOORTRERIEOR dieser letztern Pflanze gelang mir bisher nicht. Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 699 Panicum sanguinale L. (fast kosmop.) ssp. *marginatum (Link) Thell. comb. nov. (Digitaria marginata et D. fimbriata Link; P. ascendens H.B. K?; Syntherisma marginatum, 8. barbatum et S. fimbriatum Nash; P. sanguinale var. longiglume Trin. ex p.; var. longiglume 1. marginatum Döll in Fl. Brasil.; var. digitatum Hackel in Urban Symb. Antill. IV.1 [1903], 86 [exel. syn. Mi- lium digitatum Sw.]; cf. Nash in N.-Am. Fl. vol. 17 part 2 [1912], 149 seq.; Trop.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1918, Probst! [Anhalt: Hautwollfabrik Rodleben, 1906 und Ölmühle von Aken, 1910, Zobel! det. Hackel.] *Setaria gracilis H.B. K. (Am.; adv. z. B. in Frankr.).— St. Jakob- Neue Welt bei Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXI [1916], 68). [Anhalt: Hautwollfabrik Rodleben bei Rosslau, 1913, A. Zobell!] *Cenchrus echinatus L. (N.- u. trop. Am.). — St. Jakob-Neue Welt bei Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 68). Cenchrus tribuloides L. (N.- u. Zentr.-Am.; selten adv. in Zentr.- Eur., so neuerdings auch in Holland: Henrard in Nederl. Kruidk. Archief 1916 [1917], 182). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1918, Probst! | *Oryza sativa L. (bekannte Kulturpflanze der wärmeren Zonen, aus dem trop. Afr. und As. stammend). — Güterbahnhof Zürich, junge (sterile) Pflanzen auf Kompost, 1915, Thellung (det. A. Grisch). Phalaris canariensis L. (W.-Medit., Kanar.) f. subeylindrica Thell. — Komposthaufen der Aroser Kehrichtverbrennungsanstalt (1630 m), 1916/7, Thellung; Solothurn, auf Schutt, 1917, Probst!; Gennersbrunn (Schaffhausen) und Ruchfeld (Basel-Land), 1917, Aellen! Phalıris brachystachys Link (Ph. quadrivalvis Lag.; Medit.). — Lys- büchel und St. Johannbahnhof in Basel, 1915, W. Weber! (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 68); Wolfbahnhot in Basel und Birsfelden (Basel-Land), 1917/8, Aellen!; Solo- thurn, Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1915/6, Probst!, Aellen!; Bellach bei Solothurn, 1915, Probst!; Bahn- hof Wildegg (Aargau), aus Mühlenabraum, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 182); Güterbahnhof Zürich !), 19157, Thel- !) Neu für den Kanton! Die frühere Angabe von der Kiesgrube Hardau in Zürich (Naegeliu. Thellung Rud.- u. Adv.-Fl. Kt. Zürich, 15 in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich L [1905], 239) bezieht sich auf Ph, truncata Guss. (Thellung in Vierteljahrsschr. LII [1907], 435). 700 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 E. lung; Walenstadtberg (St. Gallen), beim frühern Waisenhaus, verwildert mit Ph. canariensis, 1912, Alw. Linder!; Disentis (Graubünden), unter fremder Hafersaat (Avena byzantina), 1915, Hager! (Verbreit. Holzart. Vorderrheintal [1916], 259 not.). Phalaris truncata Guss. (Medit.). — Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik) 1915, Probst!; alte Materialgrube bei der Solo- thurner Malzfabrik, 1915, Aellen! — f. angustata Trabut: Solothurn, Hühnerhof Probst, .1915, Probst!; Schutt an der Bi: Uferstrasse Basel, 1916, W. Weber! (? Bestimmung dieser E letztern Pflanze nicht ganz sicher; die Unterscheidung von Ph. ’ brachystachys ist, zumal bei unvollständigen Exemplaren, oft ; recht schwierig; vergl. Thellung Fl. adv. Montpell. [1912], 88 und Jansen u. Wachter in Nederl. Kruidk. Archief 1916 [1917], 133). Phalaris minor Retz. (Medit.). — Neu-Allschwil, Wiesendamm und Bahnhof Wolf in Basel, 1915, W. Weber! (Aellen in Alle. bot. Zeitschr. XXII [1916], 68); Wiesendamm auch 1917 und Birsfelden (Basel-Land) 1917, Aellen!; Solothurn, Hühner- garten Zwygart (Malzfabrik), 1915/8, Probst!, Aellen!; Bö- schung beim Hauptbahnhof in Solothurn, 1916, Probst!; Kamm- garnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1917/8, Probst!, Ael- len!; Getreidelagerhäuser in Romanshorn, 1917, Aellen! — f£. subeylindrica W. Weber et Thellung ap. Jansen et Wachter in Nederl. Kruidk. Archief 1916 (1917), 129, 131 cum deser. hol- land. (spicastro subeylindrico, [exsiccatione compresso] longitudine sua 3!/e plo longiore). Analoge Form zu Ph. canariensis f. sub- eylindrica Thell.; Ährenrispe (gepresst) 3'/) mal so lang als dick. Wolfbahnhof in Basel, 1916, W. Weber!; Birsfelden (Basel-Land), 1917, Aellen!; Solothurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1917/8, Probst!; Güterbahnhof Zürich, 1916, Thel- lung. [Adventiv auch in Holland (vergl. Jansen u. Wachter l. e.) und Deutschland: Aken, 1910, A. Zobel!] Phalaris coerulescens Desf. (Medit.). — Basel, Areal des ehemaligen Badischen Bahnhofs, 1915, Binz! (Aellen in Allg. bot. Zeit- schr. XXII [1916], 68). — Solothurn, Hühnergärten Latscha und Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst!, Aellen!; Bahnhof Wil- degg (Aargau), aus Mühlenabraum, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 182); Güterbahnhof Zürich, seit 1914 stellenweise zahl- reich und beständig, Thellung; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, A.Schnyder! n Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 701 Phalaris paradoxa L. (Medit.). — Neu-Allschwil bei Basel, 1914, Aellen u.Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 206); Bahnhof Wolf (1916) und Badische Lagerhäuser in Basel, 1917, Aellen!; St. Johann-Bahnhof und Ruchfeld bei Basel, 1918: Aellen; Solothurn, Hühnergärten Zwygart und Latscha (Malz- fabrik), 1915/8, und Solothurner Stadtmist, 1916, Probst!; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1917/8, Schnyder! *Phalaris caroliniana Walter (Ph. intermedia Bose; Ph. ameri- cana EIl.; Ph. microstachya DC.; cf. Thellung Fl. adv. Montpell. [1912], 90 not. [sphalm. «americana»>] et corr. 675 et Jansen et Wachter in Nederl. Kruidk. Archief 1916 [1917], 136—383 cum ie. [sphalm. «Ph. caroliana»]. — N.-Am.). — Wiesendamm in Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 68.). Phalaris angusta Nees (S.-Am., Kaliforn. [adv.?]; adv. auch in Frankr.!, Deutschl.! und Engl.! Über die Unterschiede von der verwandten Ph. caroliniana, mit der Ph. angusta oft — doch meines Erachtens mit Unrecht — vereinigt wird, vergl. Thellung Fl. adv. Montpell [1912], 90 und Jansen u. Wachter in Nederl. Kruidk. Archief 1916 (1917), 136— 38 mit Abbildungen). — Belvoir in Zürich 2, auf Schutt, 1913, H. Beger!, 1919W.Koch!; Solothurn, Schutt zwischen der Linie der Schweiz. Bundesbahnen und der Solothurn-Münster-Bahn, 1917, Probst!, Aellen!; Basel: ander Verbindungsbahn (Gellert-H Ist ) dam Wiesendamm, ferner Neu-Allschwil bei Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 206); Ruchfeld und St. Jakob-Neue Welt bei Basel, 1918, Aellen!; Seeaufschüttung beim Tiefenbrunnen in Zürich, 1918, Dr. Rohrer! Anthoxanthum aristatum Boiss. (W.-Medit.). — Alter badischer Bahn- hof in Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 206); nach Binz (l. e.) auch Ruchfeld bei Mönchenstein und Wiesendamm in Basel; Güterbahnhof St. Johann (auch 1918) und Birsfelden bei Basel, 1915: Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 68; Badische Lagerhäuser und Bahnhof Wolf in Basel, sowie Tribschen-Moos bei Luzern, 1916: Aellen; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, Schnyder!; Disen- tis (Graubünden), als Unkraut unter kultivierter Avena byzantına, 1915, P.K. Hager! (Verbreit. Holzarten [1916], 259 not.). *Aristida vagans Cav. Ice. V (1799), t. 471! (Austral.). — Kamm- garnfabrik Derendingen bei Solothurn, aus australischer Schaf- wolle, mit der zuvor nur einmal (1907) in 1 Exemplar ge- fundenen Stipa vertieillata Nees in Sprengel Syst. IV. 2 [Cur. post.] 702 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 (1827), 30! (= 8. mierantha Bentham Fl. Austral. VII [1878], 566 ex p. — non Cay. Ic. V [1799], t. 467!), 1918, Probst! Phleum subulatum (Savi) A. et G. (Medit.). — Areal des alten botani- schen Bahnhofs in Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXV1[1915], 206); Bahnhof Wolf in Basel, 1918, Aellen!; Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst!, Aellen!; alte Materialgrube daselbst, 1915, Aellen!; Mutten und Derendingen bei Solothurn, 1916,A ellen!, Probst; Hühnerhof in Brugg, 1914, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 183); Bahnhof Buchs (St. Gallen): Schnyder in Jahrb. St. Gall. Naturw. Ges. 1913 (1914), 161. Phleum graecum Boiss. et Heldr. 1853 (Ph. exaratum «Hochst.» Griseb. 1844 [non Hochst. exsiec. 1843 nec ex Boiss. 1884 nec auct. rec., quod = Ph. Boissieri Bornm. in Magyar Bot. Lapok XI (1912), 19, 20], nomen antiquius sed. confusum! ef. Bornmüller l. e.; Ph. arenarium y graeeum Fiori in Fiori et Paoletti Fl. anal. Ital. I, 1 [1896], 58; Ph. arenarium Chenevard! Cat. pl. vase. = Tessin [1910], 77 — non L. [ef. Vierteljahrsschr. Natf. Ges. = Zürich LVI (1911), 271]. — O.-Medit., von S.-Ital. [!] u. dem Balkan an). — Alter Badischer Bahnhof in Basel, 1915, Aellen!, Weber! (Allg. bot. Zeitschr. XXIT [1916], 68). — Diese Art ist von dem ähnlichen Ph. arenarium L. (Küstenländer von Eur.), mit dem es schon verwechselt worden, oder zu dem es gelegent- lich als Varietät gezogen worden ist, durch äusserlich-morpho- logische Merkmale (Form der Ährenrispe und der Hüllspelzen; vergl. Thellung Fl. adv. Montpell. [1912], 98) nur schwer zu trennen; dagegen besteht, wie ich feststellen konnte, ein sehr leicht wahrzunehmender und durchgreifender Unterschied in der Grösse der Antheren, die bei Ph. graecum 1'/. mm, bei Ph. are- narium nur !/; mm lang sind. Phleum echinatum Host (östl. S.-Eur.). — Bahnhof Wolf in Basel, 1915, W.Weber!(Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 68); Badische Lagerhäuser in Basel, 1916, Aellen!; Güter- bahnhof Zürich, 1918/9, Th ellung; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, A. Schnyder! | dlopecurus setarioides Gren. var. juvenalis Hackel et Thellung (A. neglectus Aznavour!; Umgebung von Konstantinopel [Eur. u. Kl.- As.]). — Auch 1911 wieder an 2Lokalitäten bei Solothurn (Schön- grün und Malzfabrik), Probst! Die Pflanze findet sich hier, wie auch oft in ihrer Heimat, zusammen mit A. utrieulatus (L.) R Ri = Ep ; Na nee ee 3 a a Fe Ted ar A a ne e: Jahrg.64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 708 Solander. Einzelne Exemplare nähern sich dem Typus des 4. setarioides. Sporobolus eryptandrus (Torrey) Gray [teste A. S. Hitchcock in litt.] (N.-Am., Mex.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, in Menge, 1907, Probst! Aellen! (ob aus Austra- lien [!] eingeschleppt?), mit dem seit 1909 fast alljährlich, auch 1917/8 auftretenden S. indicus (L.) R, Br. Polypogon monspeliensis (L.) Desf. (Medit. u. vielfach verschleppt und eingebürgert in wärmeren Zonen). — Schutt zwischen St. Jakob und „Neue Welt“ bei Basel: Aellen nach Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI (1915), 206; Birsfelden und Ruchfeld (Basel-Land) (W. Weber) und Bahnhof Wolf in Basel, 1915 (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 68); Badische Lagerhäuser und Klybeckstrasse in Basel, 1917, ferner auf Baseler Stadtkehricht bei Burgfelden (Elsass) 1918: Aellen; Bahnhof Pratteln (Basel-Land), 1916/7: Heinis; Kammgarnfabrik Deren- dingen bei Solothurn (australische Schafwolle), 1914—17 und Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst!; Getreide- lagerhäuser in Aarau, 1917: Aellen nach Lüscher Fl. Aarg. (1918), 183; Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich 2, seit 1913 alljährlich ziemlich zahlreich, Thellung, Rohrer!, Gams! u. A.; Käferfeld bei Bern, 1916: R. Streun nach E. Fischer in Mitteil. Naturf. Ges. Bern 1919, sep. p. 9. — — sp, paniceus (L.) Thellung eomb.nov. (P. paniceus Lag.; P. mari- timus Willd.; ef. Schinz et Thellung in Vierteljahrsschr. Naturf. Ges. Zürich LIII [1908], Heft IV [1909], 519 not. — Medit., W.-Eur.). — Bahnhof Immensee (Schwyz), 1912, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 183 sub P. monspel.). Polypogon elongatus H. B. K. (wärmeres Am.; adv. Kanar., Frankr., Belg., Deutschl.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1916, Probst! *Agyrostis pallida DC. (W.-Medit.). — Solothurn, Hühnergarten Zwygart (bei der Malzfabrik), 1915, Probst! Gastridium ventricosum (Gouan) Schinz et Thell. (G. lendigerum (L.) Gaudin; Medit.). — Bahnhof Wolf in Basel, 1915, W. Weber! (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXI [1916], 68); Birsfelden (Basel-Land), 1916, W. Weber!; Solothurn,'Hühnergarten Zwy- gart (Malzfabrik), 1915, Probst! : Lagurus ovatus L. (Medit.). — Kleinhüningen bei Basel, 1910: Theod. Probst nach Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI (1915), 206; Bahnhof St. Johann in Basel, 1918, Aellen! 704 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Avena fatua L. *f. pilibarbis Thell. in Fedde Repert. XII (1913), 54 (bisher nur aus Algerien bekannt). — Rheinhafen und (an- ; genähert) Güterbahnhof Wolf in Basel, 1916, Aellen! Avena sterilis L. (Medit.) ssp. macrocarpa (Mönch) Brig. — Alter badischer Bahnhof in Basel, 1914, Binz!, sowie St. Ludwig bei > Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. & Basel XXVI [1915], 206); Wiesenmündung, Friedmatt und Neu- Allschwil bei Basel (leg. W. Weber), sowie Güterbahnhof Wolf, 1915: Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXI (1916), 68; Badische E Lagerhäuser und Bahnhof St. Johann, 1916: Aellen; Bahnhof Wildegg (Aargau), aus Mühlenabraum, zahlreich, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 187; £. maxima und scabriuscula [Perez-Lara] Thell. und eine Zwischenform zwischen den beiden, bei der die 5 Granne im untern Teil. nur in einzelnen Längsstreifen zottig be- ” haart, dazwischen fast kahl [nur kurz rauh] ist; die letztere Form 3 auch im Güterbahnhof Zürich, Thellung); Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, A.Schnyder! — f.*subulata Trabut (vergl. Thellung in Vierteljahrsschr. Naturf. Ges. Zürich LVI [1911], ä 313): Güterbahnhof Zürich, 1913, Beger! und seither mehrfach, = Thellung. — f. *riaristata Thellung in Fedde Repert. spec. “ nov. XIII No. 350 (1913), 52: Güterbahnhof Zürich, seit 1913 E: mehrfach, Thellung. — f. *segetalis (Trabut) Thellung 1. c. a (1913), 52: Disentis, unter angebauter A. byzantina (vielleicht als Rückschlagsform von dieser zu A. sterilis aufzufassen), 1915, R P.K. Hager! (Verbr. Holzarten [1916], 259 not.). & — — ssp. Ludovieiana (Dur.) A. et G.: Rheinhafen und Güterbahnhöfe Wolf und St. Johann in Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. | XXI [1916], 68); Güterbahnhof Zürich auch 1917, Thellung; a Getreidelagerhäuser in Romanshorn (Thurgau), und Schutt am > Rhein bei Neuhausen (Schaffhausen), 1917, Aellen! —f.*subuli- S fera Thellung 1. ce. (1913), 53: Lagerhaus Giesshübel in Zürich 3, | 1913, Thellung. 3 Avena byzantina C. Koch („Mittelmeerhafer*; Kulturform von A. ste- er rilis L.; vergl. Vierteljahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich LVI [1911], : 272, 316). — Ouchy bei Lausanne, 1917, Thellung; Basel: Kiesplatz im Rheinhafen und Schutt am Wiesendamm, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 206); um Basel seit 1915 mehrfach: Friedmatt (W.Weber), Gellert, Wiesendamm, Güterbahnhöfe St. Johann (!) und Wolf (!), Birsfelden, Ruchfeld: Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII (1916), 68; St. Jakob (Basel-Land) und Getreidelagerhäuser in Aarau Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 705 [vergl. Lüscher Fl. Aarg. (1918), 187], 1917, Tribschen-Moos bei Luzern und Bahnhof Alt-Solothurn, 1916, Schaffhausen und Neuhausen am Rhein, 1917, Aellen!; Bahnlinie bei Tiefen- winkel (Mühlehorn-Murg) am Walensee (St. Gallen), 1916, Mühle- horn, Bahnhöfe Walenstadt und Chur, 1917, Thellung; Grono (Misox), Wegrand, 1916, Walser!; Maggia-Delta bei Locarno, 1917, M. Jäggli! — Var. biaristata (Hackel) Thellung: z.B. Solothurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915, Tribschen-Moos bei Luzern, 1916: Aellen; Basel: Rheinhafen, Wiesendamm, Wiesenmündung, Birsfelden, Neu-Allschwil, 1915: Aellen l.c. (1916); Bahnhof Wolf und Wildensteinerstrasse in Basel, Ge- treidelagerhäuser in Aarau [vergl. Lüscher l.c. 1918] und Bahn- hof Sirnach (Thurgau), 1917, Aellen! Avena byzantina C. Koch f. *subtriflora Aellen! f. nov. (spiculis partim 3- vel 4-floris). Ährchen teilweise 3- bis 4-blütig. Bahn- hof Wolf in Basel, Ruchfeld und Birsfelden (Basel-Land), 1915/8, Wiesendamm bei Basel, 1917, Bahnhof Langental (Bern), Hühner- hof bei der Solothurner Malzfabrik, Bahnhof Aarau und Schaff- hausen am Rhein, 1917, Aellen! — f. *oligotricha Thellung f. nov. (pili ad basin floris infimi pauci vel subnulli, quam in typo saepe subbreviores). Haare am Grunde der untersten Blüte spärlich bis fast 0, oft etwas kürzer als beim Typus (mithin wie bei den meisten Formen von A. sativa). Güterbahnhof Zürich, spärlich unter dem Typus, 1916, Thellung. — f.* soli- dissima Thell. in Naturw. Wochenschr. N. F. XVII, No. 32 (11. VIII. 1918), 455 not. cum deser. germ. (artieulatione floris infimi rudimentaria [flore solido], internodio graciliore et magis elongato, demum basi irregulariter transverse fracto, diversitate coloris tantum in 2 partes diviso). Artikulation der untersten Blüte völlig rudimentär, die Blüte daher gänzlich festsitzend; Internodium zwischen den Hüllspelzen und der untersten Blüte länger und schlanker (dadurch etwas dem Typus der A. strigosa genähert), bei gewaltsamer Trennung der Blüten in seinem untern ‘Teil an einer nicht präformierten Stelle unregelmässig quer durch- brechend; die ehemalige Artikulation durch eine unter 45° ge- neigte Demarkationslinie zwischen dem grünlichen untern und dem gelblichen oder bräunlichen obern Teil des Internodiums an- gedeutet. Z. B.: Neu-Allschwil (Basel-Land), Langental (Bern), Aarau und Romanshorn, 1917, Aellen! Diese Form bedarf einer fernern Beobachtung und Prüfung, um festzustellen, ob die von mir (Vierteljahrsschr. Naturf. Ges. Zürich LVI [1911], 306) ver- 706 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 mutungsweise vorausgesagte, in der Kultur entstandene Rasse mit festsitzender unterster Blüte, oder aber nur eine zufällig entstandene, individuelle Form (vielleicht selbst nur ein unreifes Stadium?) vorliegt. *x< Avena Trabutiana (A. byzantina X sativa?) Thellung in Fedde Repert. XIII, No. 350 (1913), 53 (wohl Bastard der zwei genannten Arten). — Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich 2, seit 1913 fast alljährlich inter parentes, Thellung. Avena barbata Pott (Medit., SW.-Eur.). — Güterbahnhof Zürich, 1912, J. Braun u. Thellung, 1913/7, 19, Thellung. *Danthonia semiannularis (Labill.) R. Br. (Austral., N.-See- land). — Kompost bei der Kammgarnfabrik Derendingen (Solo- thurn), aus Abfällen von australischer Schafwolle, 1912, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 165). Chloris radiata (L) Sw. (Chl. fascieulata Thellung in Fedde Re- pert. spec. nov. X [1912], 289 excl. loc. Mannheim — an Andro- pogon fascieulatus L.? cf. A. S. Hitchcock ibid. [1912], 461/4; Trop.- u. S.-Am.!)). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solo- tburn, 1908, 1914/7, Probst!, Aellen! Die Exemplare von 1908 und einzelne von 1915 nähern sich der folgenden Art. .*Chloris divaricata R. Br. [teste Stapf] (Austral.; von der nahe verwandten Chl. radiata besonders durch etwas grössere Blüten mit tiefer zweizähnigen Deckspelzen verschieden; Deckspelze der untern Blüte bis auf '/s, der obern auf !/s [bei Chl. radiata auf !/s—!/s bezw. '/s] zweizähnig, mit schlankeren, feiner zugespitzten Zähnen). Mit der vorigen Art, 1915, 1917, Probst!, 1917 Aellen! Chloris truncata R. Br. (Austral.) f. abbreviata Thellung f. nov. (spieis abbreviatis condensatis, 3—5 em tantum longis, spieulis valde approximatis). Ähren verkürzt, dicht, nur etwa 3—5 cm lang, mit sehr genäherten Ährchen. — Mit den vorhergehenden Arten und dem Typus der Art [mit schlanken, + 6—15 cm langen Ahren], 1917, Probst! Chloris virgata Sw. (Ch. barbata Bentham Fl. Austral. VII [1878], 613 ex deser. et syn. Chl. decora Nees, non Sw.; Trop., auch (z. B. Durand et Schinz Consp. fl. Afr. V [1895], 862) gehört, wie Stapf (in Thisel- zweiten Blüte auf ein winziges, stielförmiges [vom eigenen Stiel kaum abgesetztes] Rudiment unterschei e ) iv- ee | rscheidet), desgleichen die Adventiv Jahrg.64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 707 Austral.). — St. Jakob-Neue Welt bei Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 68); Kammgarnfabrik Deren- dingen bei Solothurn, 1917, Aellen! *Chloris scariosa F. v. Mueller [teste Stapf] (Austral.). — Deren- dingen, mit den vorhergehenden Arten und mit Chl. ventricosa R. Br.,') 1917, Probst! und Aellen! Die Art zeichnet sich vor allen anderen mir bekannten durch die starke, stielartige Verlängerung des Internodiums zwischen oberer Hüllspelze und unterster Blüte und durch die stark aufgeblasenen, häutigen, leeren, offenbar. der anemochoren Verbreitung dienenden Deck- spelzen der oberen Blüten in dem Masse aus, dass, wie auch = Prof. Hackel (in litt.) anregt, die Aufstellung einer besondern Untergattung oder Sektion angezeigt erscheint, für die ich den Namen Hackelochloris?) vorschlage. #4 strebla triticoides (Lindley) F. v. Mueller (Austral.). — Kamm- garnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1917/8, Probst!, Aellen! Bleusine indica (L.) Gärtner (Trop. u. Subtrop., aber vielleicht nur in der alten Welt ursprünglich; verschleppt im Medit.-Gebiet 'und[selten] in Zentr.-Eur., neuerdings auch in Holland [Henrard in Nederl. Kruidk. Archief 1917 (1918), 189] und England [Druce in Bot. Exch. Club Rep. for 1917 vol. V, part I (1918), 54]). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, in Menge, 1917/8, Probst!, Aellen!; Basel, Kompost an der Strassburgerallee, aus Abfällen von Adventivpflanzen, 1918: Aellen. Eleusine tristachya (Lam.) Kunth ($.-Am.; eingebürgert auf den Azoren, in Span. u. Ital.; advent auch in Frankr., Deutschl., Holland ete.)., — NEN Derendingen bei Solothurn, 1917, . Probst!, Aellen! Leptochloa chinensis (L.) Nees (trop. As., Kastral). — Vigogne-Spin- nerei Pfyn (Thurgau), auf Baumwoll- Kompost, 1917, Thellung. *Triraphis mollis R. Br. (Austral.) — Kammgarnfabrik Deren- dingen bei Solothurn, 1917, Probst!, Aellen! *Eragrostis cf. imbecilla (Forster) Bentham (Austral., N.-See- land). — Kammgarnfabrik. Derendingen bei Solothurn, 1917, Probst! Die Pflanze steht der E. pilosa (L.) Pal. sehr nahe und unterscheidet sich besonders durch die lang- und zart- " Tem Exemplare dieser KENBARICh BER Art ukbien sich der var. tenuis Bent ?) Chloris. sect. vel subgen. (nor. ) Hackelochloris T inter glumam superiorum et florem primum elongato, stipitifo superiorum (inanium) valde inflatis, membranaceis. hell.: distineta internodio rmi et glumellis florum 708 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 gestielten, 3—5blütigen Ährchen, was nicht schlecht zu E. im- becilla passt; indessen ist es bei der grossen Polymorphie des Formenkreises der E. pilosa (L.) Pal. nicht ausgeschlossen, dass eine äusserlich ähnliche Form dieser Art vorliegen könnte. Eragrostis pilosa (L.) Pal. ssp. Damiensiana (Bonnet) Thellung var. condensata (Hackel) Thellung in Vierteljahresschr. d. Naturf. Ges. Zürich LII (1907), 438/9 et in Fedde Repert. spec. nov. V (1908), 360/1. Dazu gehört als Synonym: E.peregrina K.M.Wie- gand in Rhodora XIX, No. 222 (Juni 1917), 95; B. Long ibid. XX, No. 238 (Oct. 1918), 173 et XXI, No. 248 (Aug. 1919), 133— 140. Zu den Fundorten dieser bemerkenswerten Sippe, die vielleicht tat- sächlich, wie ich dies selbst (1. c. 440 resp. 361, Fussn., sub E. Da- B t) angedeutet habe, den Rang einer eigenenArt ver- dient, ist beizufügen : die Pflanze des alten Berliner Bot. Gartens, die mir seither (von mir selbst 1906 gesammelt) wieder in die Hände kam, und die tatsächlich hieher gehört. Weitere mittel- europäische Fundorte sind: die Botanischen Gärten von Strass- burg! und Freiburg i/B. (hier 1911, Thellung).')K.M. Wiegand gibt ausser Karlsruhe (wo die Pflanze schon 1889 von H. Maus [|!] gesammelt worden ist) an: Berlin, Warschau, Japan, New Hamp- shire, New Jersy, Pensilvanien und New York. — — ssp. abyssinica (Jacq.) A. et G. (Abessinien, Galla-Länder als Kulturpfl.; in Eur. in botan. Gärten gezogen). — Birsufer zwi- schen St. Jakob und Neue Welt bei Basel, 1908: P. Vosse- ler nach Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI (1915), 203. * Eragrostis setifolia Nees 1843 [non Bentham 1846]?) (E. chaeto- phylla Steudel 1855; Austral.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, Kompost von australischer Schafwolle, 1913, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 166). Koeleria panicea (Lam.) Domin (W.-Medit.). — Bahnhof Wolf in Basel, 1915, W.Weber! (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 69); Solothurn, Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst!, Aellen! Koeleria phleoides (Vill.) Pers. (Medit., ferner durch Verschleppung und Einbürgerung in wärmeren Gegenden weit verbreitet: S.-Afr., Austral., S.-u. N.-Am., W.-Ind. usw.; vergl. K. Domin "lm Badischen Landesherbar zu Freiburg i/B. liegen vom Bahnhof Gotten- heim bei Freiburg, 1889/91 (leg. H. Maus!) einige Exemplare unserer Pflanze unter Iypineher E.pilosa; ob durch Materialverwechslung in den betreffenden Bogen gelangt? Bentham Pl. Hartweg. p. 262 (1846 nach ; [1838], 154). pP ( nac | 0. Kuntze Revis. gen. pl. II, 2 miensiana Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 70% Monogr. Koeleria in Bibl. Bot. LXV [1907], 256). — Kammgarn- fabrik Derendingen bei Solothurn (australische Schafwolle), 1914—16, Probst!; Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malz- fabrik), 1915, Probst! St. Johannbahnhof in Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 69); Bahnhof Wolf in Basel, 1918, Aellen! — Var. typica Domin. f. glabriflora Trautv. (= f. glabra Marchesetti): Wolfbahnhof in Basel, 1916, W. Weber!; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, Schnyder! Briza maxima L. (Medit.). — Bahnhof Wildegg (Aargau), aus Mühlen- abraum, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 187); Wolfbahn- hof in Basel, 1916, W. Weber!; Badische Lagerhäuser in Basel, 1916, und Bahnhof Wolf, 1918: Aellen. Briza minor L. (Medit.). — Solothurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915, Aellen! Dactylis glomerata L. ssp. hispanica (Roth) Hackel (Medit.). — Bahn- hof Vernayaz (Wallis), 1915, H. Gams!; Bahnhof Langendorf (Solothurn),1915, Probst!; Birsfelden (Basel-I and),1916,Aellen! * Poa caespitosa Forster (Austral., Tasman., N Seeland). — Kamm- garnfabrik Derendingen (Solothurn), Kompost von australischer Schafwolle, 1915, Probst! Yulpia geniculata (L.) Link (W.-Medit.). — Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich 2, 1913, H. Beger!; Solothurn, Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1915/6, Probst!, Aellen! Vulpia ligustica (All.) Link (Medit.). — Basel: Badische Lagerhäuser, 16, Aellen!; Wolfbahnhof in Basel, 1916, W. Weber!; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, A. Schnyder. Vulpia octoflora (Walter) Rydberg (Festuca octoflora Walter; F. tenella Willd.; V. tenella Heynh.; N.-Am., adv. Deutschl.!). — Wiesendamm in Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXU [1916], 69); Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn (austra- lische [?!] Schafwolle), 1916, Probst! Bromus madritensis L. (Medit.). — Wiesendamm in Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 207); Basel 1915 mehrfach: Badischer Bahnhof, Rlıein- hafen, Güterbahnhöfe St. Johann und Wolf, Wiesendamm: Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII (1916), 69; Bahnhof Wildegg (Aargau), aus Mühlenabraum, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 193); Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1915/8, Schnyder!; Disentis (Grau- bünden), unter fremder Hafersaat (Avena byzantina), 1915, Hager! (Verbreit. Holzarten [1916], 259 not.). Bromus villosus Forskal (Medit.). — Ruchfeld, St. Johannbahnhof und 710 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Wiesendamm in Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 207); Wiesendamm, Güter- bahnhof Wolf, Gellert und Birsfelden bei Basel (W.Weber), 1915: Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII (1916), 69; Wildbach- sammler an der Solothurn-Bellachergrenze, 1915, Probst!; ' Kammgarnfabrik Derendingen und Bahnhof Lommiswil bei Solo- thurn, 1916/7, Schöngrün 1918, Probst!; Bahnhof Wildegg (Aargau), aus Mühlenabraum, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 193); Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916/8, Schnyder!; Disentis (Graubünden), unter fremder Hafersaat (Avena byzantina), 1915, Hager! (Verbreit. Holzarten [1916], 259 not.). Bromus intermedius Guss. (Medit.). — Basel: Badische Lagerhäuser, 1916, Aellen! Bromus macrostachys Desf. (Medit.; auch Zierpfl.). — Güterbahnhof Wolf in Basel, 1915: Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII (1916), 69; Schutt bei Klein-Hüningen und Badische Lagerhäuser in Basel (hier mit kahlen und behaarten Ährchen, auch 1918), 1916, Aellen!; Bahnhof Wildegg (Aargau), aus Mühlenabraum, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 193); Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1918, Schnyder! Bromus Japonicus Thunb. (Eur., W.-As.; adv. O.-As. etc.) var. grossus (Celak.) A. et G. (aus Böhmen beschrieben, aber gewiss weiter verbreitet). — Wiesendamm in Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 69); Ährchen bis fast 4 em lang, bis 17-blütig. Bromus briziformis Fischer et Meyer (SW.-As.). — Zwischen Münster und Reckingen im Oberwallis, 1912, Otto Fendler - Leipzig! (eomm. G. Hegi). Bromus unioloides (Wild). H.B.K. ($.-Am.: in Eur., wie auch O.-Ind., 8.-Afr., Tristan d’Acunha etec., neuerdings vielfach als Futter- pflanze kult. und verwildert oder verschleppt). — Um Basel mehrfach: Alter Badischer Bahnhof, St. Johannbahnhof, Rhein- hafen (sehr zahlreich), Lehenmattstrasse, Habsburgerstrasse (aus Vogelfutter), St. Albanteich, Birsfelden (Basel-Land), St. Ludwig (Elsass), 1914/5, Aellen! (vergl. Allg. bot. Zeitschrift XXIT [1916], 69); ferner Schutt bei Klein-Hüningen, 1914, W. Weber! (vergl. Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 207); Schutt zwischen St. Jakob und Neue Welt (Basel-Land), 1903, 1910 (Binz) und bei St. Jakob 1917: Aellen; Kammgarnfabrik Deren- dingen bei Solothurn (aus australischer [!?] Schafwolle), 1913/8, Probst! (Mitteil. Natf. Ges. Solothurn, 5. Heft, XVII. Ber. Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 711 [1914], 168), 1915/6, Aellen!; Schöngrün bei Solothurn, 1915, Aellen!; Bahnhöfe von Langental (Bern) und Aarau [vergl. Lüscher Fl. Aarg. (1918), 193], 1917: Aellen (briefl.); See- aufschüttung beim Belvoir in Zürich 2, seit 1913, Beger!, Thel- lung u. A.; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1913, A. Schnyder! (Jahrb. St. Gall. Naturw. Ges. 1913 [1914], 162)'). !) Über die Vielgestaltigkeit dieser Art gibt eine ausführliche Arbeit von A. W. Kloos-Dordrecht (Holland): Poging tot een systematische indeeling van de vormen van Bromus unioloides (Willd.) H. B.K. die in Nederland waargenomen zijn (Nederl. Kruidk. Archief 1917 [1918], 157—180) Auskunft. Für die Bedürfnisse der schweize- rischen Adventivfloristik glauben wir (Aellen u: Thellung) hauptsächlich folgende Formen festhalten zu sollen: «) var. paueiflorus Aellen et Thellung ap. Kloos 1. e. (1918), 164 [cum deser. germ.] (= var. typicus Aellen! in Allg. bot. Zeitschr. XXUH [1916], 69 nec Zobel) (spieulis 1,3— 3,5, rarius ad 5cm longis [et tunc glumella inferior sine arista 21— 3 mm longa], 4—8-floris [rarius ad 11-floris: f. grandiflorus]; floribus [normaliter evolutis] demum divaricatis et remotis, insigniter bicoloribus [parte inferiore (primum obtecta) pallida, superiore viridi], plerumque inermibus vel breviter filiformi-muero- nato-aristatis, aristis leviter extrorsum divaricatis): Ährchen 1,3—3,5 cm lang (selten bis 5cm und dann Deckspelze ohne Granne 21—23 mm lang), 4—8-blütig (selten bis 11-blütig: f. grandiflorus); Deckspelzen bei normaler Entwicklung zuletzt spreizend und von einander entfernt, auffallend zweifarbig (im untern [anfangs bedeckten] Teil blass, im obern Teil lebhaft grün gefärbt), meist unbewehrt oder mit kurzer Stachel- spitze oder mit schwacher, fädlicher, etwas nach aussen spreizender Granne. Die (bei uns) weitaus vorwiegende Rasse. — Die var. paueiflorus kann nach verschiedenen Gesichtspunkten in eine Anzahl von Formen zerlegt werden: a) Nach der Tracht (Höhe) der Pflanze und der Form des Blütenstandes: 1. f. humilis (Desv. in Gay Fl. Chil. VI [1853], 438 pro var.) Aellen et Thell. ap. Kloos l.c. (1918), 164 (= var. typicus f. humilis Kloos l.c. [1918], 175 = var. montanus Hackel ap. Stuckert in Anal. Mus. Nac. Buenos Aires XI [1904], 144 et in Fedde Repert. IV [1907], 280 = var. oligostachyus Jansen et Wachter in Heukels Fl. Nederl. I [1911], 543 et Schoolfl. XIII° druk [1914], 220 [eit. ult. sec. A. W. Kloos in litt.] = 176 et f. effusus ibid. p. 175): Pflanze bis I m hoch; Rispe bis 30cm lang, über- hängend; längere Rispenäste bis 16 cm lang, etwas abstehend bis ZUIRERESRANEN; Ährchen meist 20--35 mm lang [vergl. auch f. grandiflorus!] (Form schattiger OdRE nährstoffreicher Standorte; z. B Belvoir in Zürich, 1916, Thellung [an der gleichen Stelle 1913 die f. typicus, Beger!]). b) Nach der Behaarung der Blattscheiden: 1. f. glabreseens (Kloos 1. Me 175 sub var. typico, cum diagn. holland.) Aellen et Thell. (planta tota glabra): I a 3 scheiden (wie meist die ganze Pflanze) kahl; 2. f. lanatus (Kloos 1. c. en aer; Vierteljahrsschrift d. Naturf.Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 712 | Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 var. typico, cum diagn. holland.) Aellen et Thell. (= B. brevis Steudel = B. unio- loides var. brevis Hackel ap. Stuckert in Anal. Mus. Nac. Buenos Aires XI [1904], 144 et in Fedde Repert. IV [1907], 280 = var. typicus f. brevis Kloos 1. c. [1918], 175) (vaginis dense molliterque pubescentibus vel villosulis): Blattscheiden dicht weich- haarig; 3. f. longipilus Aellen f. nov. (vaginis pilosis, pilis longioribus [ad 2,5 mm]. minus densis): Scheiden mehr zerstreut behaart, die Haare länger (bis 2,5 mm). e) Durch behaarten Stengel weicht ab: f. pubieulmis (Kloos ]. c. 1918, 171 sub var, parvifloro et p. 175 sub var. typico, cum descr. holland.) Aellen et Thell. (caule, ' praesertim sub panieula, aeque ac rami inflorescentiae, manifeste piloso): Stengel, besonders unter dem Blütenstand, gleich den Rispenästen deutlich behaart (in der Schweiz nicht ausgeprägt nachgewiesen). d) Nach der Behaarung der Ährchen: 1. f. glaber (Kloos 1. c. 1918, 172 sub var. parvifloro, cum deser. holland.) Aellen et Thell. (spieulis glabris, interdum leviter asperulis): aAhrchen kahl oder etwas rauh (wohl meist die häufigere Form); 2. f. pubescens (Hackel ap. Stuckert in Anal. Mus. Nac. Buenos Aires t. XXI [ser. 2* t. XIV], 173 [1911] pro var., emend.) Aellen et Thell. ap. Kloos 1. e. (1918), 164 [pro subvar.] . var. typieus subvar. pubescens En in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 69 = var. parviflorus Kloos subvar. pubescens Aellen et Thell. ibid. [1918], 172 = B. autolgädes var. typicus f. pubescens Kloos ibid. [1918], 176, 179 et var. typieu f. pseudo-parviflo rus Kloos ibid. 176, 179, 180? [ef. Zobel Vorarb. Fl Anhalt I (1907), 74 et in Fedde Repert. IV (1907), 301] (spieulis brevissime pilosis pilis mollibus pal- lidis nitidis): Blüten mit sehr kurzen, weichen, hellen, glänzenden Haaren besetzt (dies die häufigste Behaarung der f. parviflorus, bei uns z. B. im Baseler Rheinhafen, 1915/6, Aellen! l.c.); 3. f. pubiflorus (Kloos) Aellen et Thell. comb. nov B. unioloides var. pubiflorus Kloos! l. ce. [1918], 170, 173 [eum. deser. holland.] exp: [quoad loc. Wormerveer]) (spieulis pilis longioribüs molliter pubescentibus): Blüten von ee Haaren weichflaumig (in der Schweiz noch nicht nachgewiesen). ach der Grösse der Ährchen bezw. Blüten: 1. f. parviflorus (Kloos 1. c. si 170 pro var., cum descr. holland.) Helen et in (= B. Hackelii Henrard herb. [non Borbäs 1882] sec. Kloos 1. ec. 171 = var. mierantha Spegazzini in Revista Faculdad de Agron. y Veter. La Plata u [1904], 630 f[ef. Kloos 1. c. (1918), 164]?) (spieulis 2em longitudine non attingentibus, floribus cum maximum 11 mm longis): Ährehen höchstens 2 cm lang, Blüten 6—10, höchstens 11 mm lang (bei uns z. B. um Basel: Aellen teste Kloos l.c. 172; teilweise wohl tatsächlich, wie dies Kloos annimmt, eine Form von höherer systematischer Selbständigkeit und Wertigkeit, aber von individuellen Kümmerformen der var. paueiflorus [unvollständig entwickelten Früh- sommerpflanzen oder Individuen trockener, magerer Standorte] morphologisch nicht zu unterscheiden); Ei 5 medius Aellen f. nov. + 2-3 [—3!/2] em longis, floribus 9—10, Gere Ko :Ährchen +2 —3?/,) em lang, Blüten 5—10, (11—) 1 20 mm Ma Normaltypus als NE ER: Bodens von mittlerm Nährstoff- und A eh 3. f. grandiflorus (Kloos 1. e. [1918] 170, 172 pro var., cum deser. holland.) Aellen et Thell. (= var. ma, ajor Henrard in Prodr. fl. Batav. ER = part. IV [1916], 2387 non re (spieulis oblongis ultra 3,5 cm longis saepe pluri- ee floribus cu iculae maximis 21—23 mm longis): Ährchen über 3,5- (meist 4—4'/; [—5]) cm lang, of ehrt: blütig: grösste Blüten 21 —23 mm lang; von var. multiflorus durch breitere (längliche statt lanzettliche) Ährchen und viel ee er bee m nö verschieden (nach Aellen eine Form des nähr- stoffreichen und feuchten Bodens; sehr 2 908: Binz nach Keller Ariel angenähert z. B. im Ruchfeld [Basel-Land], f) Durch die Farbe der Ährchen weichen in auffallender Weise ab: 1. f. oli- veus Aellen ap. Kloos 1. c. (1918), 164 (cum deser. lat.): Ährehen erg erden Ba: Ne x x 2 ee z RS $ Te ae ee ei = u Er Se Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 713 Brachypodium distachyon (L.) R. et Sch. (Medit.). — Wiesendamm in Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXV1 [1915], 207); Badische Lagerhäuser in Basel, 1916, Güterbahnhöfe Wolf und St. Johann 1917/8: Aellen (briefl.); Bahnhof Wildegg (Aargau), 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 193); Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, Schnyder! Agropyron intermedium (Host) Pal. ssp. trichophorum (Link) Volkart rubro-suffusis): Ährchen violett- oder rot-überlaufen (Form sehr trockener und sonniger Standorte, besonders im Herbststadium; wohl auch bei uns hie und da). g) Nach der Bewehrung der Deckspelzen: 1. f. submutieus (Kloos 1. e. [1918], 176 sub var. typico, cum descr. holland.) (glumella inferiore mutica vel brevissime [vix ultra 1 mm] mucronata): Deckspelzen wehrlos oder sehr kurz-(kaum über 1 mm lang-)stachelspitzig; 2. f. aristatus (B. unioloides f. aristatus Jansen et Wachter [ex p.] ap. F. A. des Tombe in Mededeel. van’s Rijks Herb. Leiden No. 8 [1912], 27 [nomen nudum] et in Prodr. fl. Batav. vol. I, pars IV [1916], 2387 [cit. see. A. W. Kloos in litt.; cum deser. holland.] et [var. y aristatus] in Heukels Schoolfl. ed. 14 [1917], 227 [cum deser. holland.]) (glumella inferiore distinete-[plerumque 2—4 (—5) mm-Jaris- tata): Deckspelzen deutlich-(meist 2—4 [—5] mm lang) begrannt, Granne sehr dünn, fädlich. spreizend; 3. f. longearistatus Aellen f. mov. (arista 5—13 mm longa): Granne 5—13 mm lang. Die verschiedenen Abänderungen kombinieren sich in derart mannigfaltiger Weise, dass es nicht angängig ist, für die einzelnen Kombinationen besondere Namen auf- zustellen. Weitere Beobachtungen und besonders Kulturversuche werden zeigen müssen, welcher Wert den verschiedenen Merkmals-Alternativen zuk tund welche Formen in der Einteilung vorangestellt, welche dagegen als ganz sekundär und geringwertig subsumiert werden müssen. ) var. major Zobel! Vorarb. Fl. Anhalt II (1907), 74 et in Fedde Repert. IV (1907), 301 [ex specim. authent.], emend. Aellen et Thell.; Aellen! in Allg. bot. 2,5—4 em lang, die Deckspelzen beim Maximum der Ährchenlänge ohne Granne höchstens 18 mm lang; Blüten S—11, vorwärtsgerichtet und eng aneinanderliegend, Ahrchen daher geschlossen, schmal lanzettlich; Spelzen an den Rändern nicht ein- gerollt, # einfarbig schmutziggrün, mit meist kräftig entwickelter, gerade vorge- streckter, bis 3 mm langer grannenartiger Stachelspitze. — Birsfelden 1914/8, Baseler Rheinhafen 1915, Aellen! (l. c. 1916); Alter Badischer Bahnhof in Basel, 1914: Aellen; angenähert auch: Derendingen, 1916, Probst! [Deutschland: Hautwoll- fabrik Rodleben in Anhalt, 1906, A. Zobel!; Holland: Kloos 1. e] — Nach der Behaarung der Blattscheiden können auch hier 2 Formen unterschieden werden: 1. f. asperulus Aellen f. nov. (vaginis glabris subasperis): Blattscheiden kahl, nur etwas rauh; 2. f. molluseus Aellen f. nov. (vaginis dense molliterque pilosis): Blatt- scheiden dicht weichhaarig; nach der Behaarung der Ährchen: 1. f. umis Aellen f.nov. (spiculis tantum scabris): Ährehen nur rauh; 2. f. Kloosii Aellen f. nov. (var pubiflorus Kloos! 1. e. ex p. [quod loc. Deventer]) (spieulis breviter molliterque pilosis): Ährchen kurz weichhaarig. 714 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 (80.-Eur., SW.-As.). Dazu gehört als Synonym: Triticum elon- galum Moehrlen! ap. Jäggi in Ber. Deutsch. Bot. Ges. X (1892), p. (133) et ap. Jäggi et Schröter in Ber. Schweiz. Bot. Ges. II (1892), 102 (Ependes bei Orbe [Waadt], 189091, Moehrlen!). Das echte A. elongatum (Host) Pal. ist demnach aus der Ad- ventivflora der Schweiz zu streichen. Agropyron cf. panormitanum (Bertol.) Parlat. (Medit.) var. hispanieum Boiss. — Birsfelden (Basel-Land), auf Schutt 1915, W. Weber! (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 69). Bestimmung nicht ganz sicher, es könnte sich vielleicht auch nur um eine ungewöhnlich grossblütige Form von A. caninum (L.) Pal. handeln. Agropyron cristatum (L.) Gärtner (O.-Eur., W.-As.). — Vaumarcus (Neuenburg), wohl durch den Baron v. Büren eingebürgert, 1913, A. Gaille! (Le Rameau de Sapin 2° ser. 1 [1917], 7). — Var. puberwlum Boiss. (Triticum cristatum B imbricatum [M. Bieb.] A. et @.): Bief d’Ependes-Yverdon (mit dem kahlen Typus!), 1891, Moehrlen! Dazu gehört als Synonym: Tröticum desertorum Moehrlen! ap. Jäggi in Ber. Deutsch. Bot. Ges. X (1892) p. (133) et ap. Jäggi et Schröter in Ber. Schweiz. Bot. Ges. II (1892), 102 [non Fischer] (= T. Sibiricum B. deser- torum Ascherson et Graebner Synopsis II, 1, 670 [1901] ex loe.). Das echte A.sibiricum (Willd.) Eichw. ist somit aus der Adventiv- flora der Schweiz zu streichen. Agropyron triticeum J. Gärtner (Triticum prostratum L. £; S.-Russl., W.-As.). — Rheinhafen bei Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 69). Haynaldia villosa (L.) Schur (Medit.). — Wiesendamm in Basel, ee 1914: Aellen u. Weber nach Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXV1 (1915), 207; Bahnhöfe St. Johann und Wolf und Badische Lagerhäuser in Basel, 1918: Aellen; Güterbahnhof Zürich, in den letzten Jahren zahlreich und beständig, Thellung; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1918, Schnyder! Triticum ovatum (L.) Rasp. (Medit.) var. euovatum A. et G.: Basel, Badische Lagerhäuser, 1916, Aellen!; Bahnhof Luterbach (Solo- thurn), 1918, Probst'; Güterbahnhof Zürich, 1918/9, Thellung. — a var, triaristatum (Willd.) A. etG.: Bahnhof Lommiswil (Solothurn), aus französischem Stroh, 1914/5: Probst. Tritieum triuneiale (L.) Rasp. (Medit.). — Komposthaufen bei Chur, 1915:Ch.Hatz in Jahresber. Naturf. Ges. Graubünden, N. F. LVH (1917), 41; Bahnhof Lommiswil (Solothurn), 1915, Probst! Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 715 Hordeum jubatum L. (Am., Sibir..). — Wiesendamm bei Basel und Birsfelden (Basel-Land), 1915, Aellen!; Hühnerhof in Wohlen (Aargau), 1916, Dr. E. Suter!; Seeaufschüttung bei Tiefen- brunnen (Zürich 8), 1918, Rohrer! Hordeum comosum Presl (S.Am.; Staat Washington [adv. ?]; adventiv in Deutschland: Anhalt, auch Homburg a/Rhein, 1911, Bonte!).— Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1916/8, Probst!, Aellen! Die Exemplare weichen von der von Hauman- Merck (Anal. Mus. Nac. Hist. Nat. Buenos Aires XXVIH [1916], 278—281) gegebenen Beschreibung etwas ab durch die oft gut ausgebildeten Seitenährchen und die längeren (oft reichlich 4 cm langen) Hüllspelzen; doch ist die Granne der fruchtbaren Deck- spelze des Mittelährchens stets höchstens 4 mal so lang als ihre Spelze. — Var. *pubiflorum (Hooker) Thellung Fl. adv. Mont- pell. (1912), 158 [eum cit. falsa] (H. secalinum var. pubiflorum Hauman-Merck l.c. [1916], 306; Anden von Bolivia bis Feuerland). Deckspelze der Seitenährehen kürzer begrannt als beim Typus, die Spitze der fruchtbaren Deckspelze des Mittelährchens (ohne deren Granne) kaum erreichend; Spelzen meist + weichhaarig. Eine Form von zweifelhafter systematischer Stellung. — Deren- dingen, neben dem Typus, 1917/8, Probst!, Aellen! Hordenm marinum Hudson (H. maritinum With.; Medit., SW.-Eur., Am.) ssp. eu-maritimum (Brig. Prodr. fl. corse I [1910], 192 sub H. maritimo) Thell. eomb.nov.: Aigle, auf Schutt, 1910, H. Jaccard!; Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst!; Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn (australische Schafwolle), 1916, Probst!; St. Johann-Bahnhof in Basel, 1915, W. Weber!; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, A. Schnyder!; Bahnhof Chur, 1916: J. Braun und Hatz in Jahresber. Naturf. Ges. Graub. N. F. LVII (1917), 41. -- — ssp. Gussoneanum (Parl.) Thellung: deeombres & Gendve, 1874, Ayasse! (pro H. murino); Kammgarnfabrik Derendingen (Solo- thurn), 1918, Probst! Hordeum muticum Presl sens. ampl. (8.-Am.; adv. S.-Frankr., Deutschl.) var. superatum (Hackel) Thell. Fl. adv. Montpell. (1912), 157, 159 (H. stenostachys Godron): Seeaufschüttung beim Belvoir, Zürich 2, 1912, Thellung; Kammgarnfabrik Deren- “ dingen bei Solothurn, 1916, Pro bst!— Var. *umdicola (Griseb.) Thell. 1. e. (1912), 159 (H. secalinum var. andicola Hauman- Merck in Anal. Mus. Nac. Buenos Aires XXVII [1916], 304; ? H. secalinum var. parviflorum Hackel ap. Stuckert ın Anal. ]. ce. 716 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 XI [1906], 533; andines S.-Am., eine Form von zweifelhafter systematischer Stellung): Derendingen, wohl aus argentinischer Wolle, 1917, Probst! Hordeum euclaston Steudel (H. fragile Godron [1853] nec Boiss. [1846]; östl. S.-Am., adv. S.-Frankr., Deutschl.). — Kammgarn- fabrik Derendingen bei Solothurn, 1917, Probst! Hordeum pusillum Nutt. (N.-Am., auch Argentinien ete.). — Wiesendamm in Basel, 1915, Aellen!; Kammgarnfabrik Deren- dingen bei Solothurn, 1916/8, Probst!, Aellen! *Oyperus alternifolius L. (Zierpflanze von der Insel Reunion). — St. Jakob - Neue Welt b. Basel, Schutt am Birsufer, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 207, sphalm. «C. alterniflorus»). Cyperus congestus Vahl (Mariscus congestus 0. B. Clarke; S.-Afr., St. Helena, O.-Medit., Austral.; verwildert in Portugal, Zentr.- Eur. usw.). — Am Genfersee: ©. B. Clarke in Thiselton-Dyer Fl. Cap. VII, 1 (1897), 192. _ Oyperus deelinatus Mönch (©. monandrus Roth; C. vegetus Willd.; vergl. Thellung Fl. adv. Montpell. [1912], 164, 676. — Chile, Argent.; eingebürgert auf den Azoren, in SW.-Eur., Kaliforn., N.-Seeland etc.; selten verschleppt oder verwildert in Mittel- Eur.). — Botan. Garten Zürich, auf Gartenland und Schutt ver- wildert, 1906/9, Thellung; Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich 2,1914, H.Gams!; Lagerhaus in Pratteln (Basel-Land), 1914, E.Tschopp! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915] 207); Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, auf Woll- kompost, 1916/7, Probst! Cyperus Michelianus (L.) Link (Seirpus Michelianus L.; Medit. bis Japan, auch südöstl. M.-Eur.). — Ufer des Luganersees bei ‚ Melide, mit C. fuscus, 1918, A. Voigt-Dresden! *Cyperus filieulmis Vahl (N.-Am., adv. auch schon in Holland [!] beobachtet [Jansen u. Wachter in Nederl. Kruidk. Archief 1917 (1918), 230]). — Basel, ehemaliger Hühnerhof am Wiesen- damm, 1917, Aellen! *Oyperus’reflewus Vahl (S.-Am., z.B. Argentinien, Chile usw.). _ Basel, Schutt an der Verbindungsbahn (Gellert), 1914, Aellen u. Weber! det. Palla (vergl. Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 207). Die Pfanze stimmt nach freundlicher brief- licher Mitteilung von Prof. Dr. E. Palla-Graz am besten mit Exemplaren aus Argentinien mit gleichfalls stark reduzierten Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 717 Inflorescenz überein und dürfte daher aus jener Gegend mit Getreide eingeschleppt worden sein. *Oyperus fulvusR. Br. (Austral.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn (austral. Schafwolle), 1914, Probst!: ebenda auch 1917 (Probst!, Aellen!) in einer Form (?) mit verhältnismässig (über '/. mm) langer, an der Spitze zurückgekrümmter Stachel- spitze der Blütenspelzen. Schoenoplectus Tabernaemontani (Gmelin) Palla f. zebrinus Hort. (Zier- pflanze). — Verwildert auf der Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich 2, 1914, Thellung. Tradescantia virginiana L. (N.-Am.). — Mehrfach verwildert um Neu- chätel, z. B. bei St. Blaise: H. Spinner in Mem. Univ. Neuchätel II (1918), 135. Phoenix dactylifera L. (bekannte Kulturpfl.; Canar.. N.-Afr., S.-W.- As., vielleicht von der indischen Ph. silvestris Roxb. abstam- mend). — Schaffhausen, Stadt-Kehrichtablage, 1917, Aellen! Asphodelus tenuifolius Cav. (Medit.) — Güterbahnhof Wolf in Basel, 1917, Aellen! Asphodeline lutea (L.) Rehb. (Östl. 8.-Eur., SW.-As., N.-Afr.). — Bei Vaumarcus (Neuenburg) vom Baron v. Büren angepflanzt (Le Rameau de Sapin III [1868], 36 sub Asphodelo luteo), hat sich daselbst bis heute erhalten (A. Gaille! ibid. 44° annde [1910], 32, 2°.ser. I [1917], 7; A. Dubois ibid. 46° annee [1912], 41, 42 [omnes sub Asphodelo]; vergl. auch Schinz u. Keller Fl. d. Schweiz, 3. Aufl. II [1914], 61). *Lilium chalcedonieum L. (altbekannte Zierpflanze aus Grie- chenland und den Jon. Inseln.) — Verwildert in Baden (Aargau) an der Badhalde: Lüscher Fl. Aarg. (1918), 162. Seilla sibirica Andrews (Zierpfl. aus Mittel- u. S.-Russl. u. SW.-As.). — Zu dieser in neuerer Zeit oft gezogenen, vielfach die $. amoena L. in der Kultur verdrängenden Art gehört die von Naegeli und Thellung (Ruderal- u. Adventivfl. Kt. Zürich p. 25 in Vierteljahrsschr. d. Natf. Ges. Zürich L [1905], 249) als S.amoena aufgeführte Pflanze vom ehemaligen Friedhof auf der Hohen Promenade in Zürich. Ornithogalum narbonense L. (Medit.). — Eichbühel bei Diessenhofen (Thurgau), 1915, H. Brunner! (Mitteil. Thurg. Natf. Ges. Heft 21[1915], 203) [in den Ber. Schweiz. Bot. Ges. XXIV/XXV (1916), 173 infolge eines Druckversehens irrtümlich als O. pyrenaicum L. aufgeführt]. Nareissus Jonquilla L. (Span., N.-Afr.; kult. u. verwildert im 718 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. . 1919 ganzen Medit.-Gebiet). — Ronco (Tessin), gegen Fontana Mar- tina, 1917, A. Schnyder! Crocus aureus Sibth. et Sm. (C. luteus Poiret?; Zierpfl. aus SO.-Eur., Kl.-As.). — Um Neuchätel hie und da verwildert: H.Spinner in Mem. Univ. Neuchätel II (1918), 130. Tritonia crocosmiflora (Lemoine) Nicholson [1887], Voss [1896] (Mont- bretia crocosmaeflora Lemoine ; wahrscheinlich Gartenbestand aus zwei südafrikanischen Arten: T. aurea X Pottsii?). — „Neue Welt“ bei Basel, Schutt an der Birs, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 208); verwil- dert im „Althau* bei Tägerwilen (Thurgau) 1916: Dr. J. Bär (mündl. Mitteilung); Biberist bei Solothurn, 1917: Probst. Populus balsamifera L. (N.-Am.). — Ein Busch am Areuse-Ufer bei Couvet: ©. Wirth Fl. des Traverstales (1914), 89 in Beih. Bot. Gentralbl. XXXH, Abt. II Humnulus japonicus Sieb et Zuec. (Japan). — Verwildert am Viehhof in Bregenz (Vorarlberg), 1911: Murr in 50. Jahresber. Landes- mus. Vorarlb. (1914), sep. p. 12; Basel, am Rhein beim Schlacht- haus: Aellenu. Webernach Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI (1915), 208; Burgfelden (Elsass), aus Basler Stadtkehricht, 1918, Aellen! Rumesx bucephalophorus L. (Medit.). — Wiesendamm in Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 208); St. Johannbahnhof in Basel, 1917, Aellen!; Güterbahnhof Zürich, 1916/7 mehrfach, Thellung; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, Schnyder! Rumex palustris Sm. (R. limosus Thuill, ex p.; N., Zentr.- u. Ö.-Eur.; ef.Murbeck in Bot. Notiser 1913, 201—237 et Ber. Schweiz. Bot. Ges. XXIH [1914], 72; aus der Schweiz von Rheinfelden angegeben, doch gehören die eingesehenen Belege im Herb. des Naturhist. Mus. in Aarau sämtlich zu R. maritimus! [ver gl.auch LüscherFl. Aarg. (1918), 128]). — Bindfadenfabrik in Flurlingen (Zürich), 1917, Aellen! Rumes cf. dentatus L. (N.-Afr., W.-As.). — Solothurn, Hühner- hof Latscha (Nähe der Malzfabrik), 1915, Probst! Rumes salieifolius Weinm. (N.Am., selten advent. in Zentr.- Eur.). — Wiesendamm in Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeit- schr. XXII [1916], 69); Badische Lagerhäuser in Basel, 1917, Aellen!; Fribourg: Perolles, Moulin Grand, 1917, F. Jaquet!? a en . &. 8. I, em. Thellung Fl. adv. Montpell. (1912), ; 2 & wer a Be a & a oa er ie © REIN SLOT EEE Sr Bea Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 719 186 (S. u. O.-Eur., W.-As.) — Güterbahnhof Wolf in Basel, 1917, Aellen! Die Pflanze hält in der Struktur der Fruchtschale völlig die Mitte zwischen den Unterarten arenarium (W.K.) und pulchellum (Loisel.) Thell. l. e., was mich, da ich die allzu optimistische Angabe von Aschersonu. Graebner (Syn. IV, 868 [1913]), dass P. arenarium durch die Form des Gesamt- blütenstandes unter allen Avicularia leicht kenntlich sei, nicht zu bestätigen vermag, in meiner früheren Auffassung, dass P. are- narium und pulchellum nicht spezifisch getrennt werden können, bestärkt. Polygonum patulum M. Bieb. (P. Bellardii auct. non All.; cf. Schinz u. Thellung in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LX [1915], 351; Medit. bis Sibir.). — Rheinhafen, Wiesendamm und Bahnhof Wolf in Basel, Muttenz und Birsfelden (Basel-Land), 1915, Aellen!u. Weber! (Allg. bot. Zeitschr. XXIL [1916], 69); Wild- bachsammler an der Solothurn-Bellacher Grenze 1915, Solothurner Stadtmist, 1916, Hühnerhof Zwygart, 1918, Probst!; Kompost in Roggwil (Bern) und Getreidelagerhäuser in Romanshorn (Thur- gau), 1917: Aellen. | * Polygonum cognatum Meissner (SW.-As.) var. alpestre (Ü. A. Meyer) ‘Meissner (P. herniarioides auct. gall. non Del.; cf. Thellung Fl. adv. Montpell. [1912], 187 not.; Marnac et Rey- nier in Bull. Soc. Linn. de Provence secance du 14 nov. 1913, sep. [1914] pp.14/5; A.Reynier in Le Monde des Plantes 18° anne [2° ser.] No. 101 [1916], 23—24. — Eingebürgert in S.-Frankr. im Dept. Bouches-du-Rhöne, verschleppt, neuerdings auch in England !). — Solothurn, Hühnerhof Latscha (Malzfabrik), 1916, Probst! . *Polygonum cf. ramosissimum Michx. (N.-Am.; adv. in Holland [? Bestimmung auch hier nicht ganz sicher]). — Schutt im Ruchfeld bei Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXI [1916], 69). Polygonum polystachyum Wall. (Zierpfl., Himalaja ; verwildert auch i England). — Freiburg: F. Jaquet (briefl. an Prof. Schinz); Olten, 1917: Isler nach Probst (briefl.); Aarau, an einer Mauer am Strassenrand (kaum Kulturrelikt, weil seit 40 Jahren keine Gärtnerei mehr dort), seit mehreren Jahren: Lüscher briefl. (1915); verwildert in Erlisbach bei Aarau, 1917, Lü- scher! (vergl. Fl. Aarg. [1918], 129); desgl. an der Biberlin- strasse in Zürich 7, 1917, Thellung; Reckenbühl in 'Luzern, “ 720 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 32 auf Schutt, 1918, M. Heller!: Rietgasse in Rheineck (St. Gallen), verwildert, 1915, Dr.C.Sulger-Buel! Polygonum orientale L. (Zierpfl. aus .Ind., China). — Schutt bei Olten- Hammer, 1918: Isler nach Probst (briefl.). Beta trigyna W.et K. (O.-Eur., W.-As.). — Mühle von Perolles in E Freiburg, seit einigen Jahren sich erhaltend, Jaquet!. [teste Schinz]; an der Bahn bei Bevers im Engadin, 1912, Can- Chenopodium striatum (Krasan) Murr (Heimat nicht sicher bekannt, ® vielleicht O.-As.?). — Um Basel 1914/5 mehrfach beobachtet, brik, auf dem Areal des alten Badischen Bahnhofs, im St. Jo- hann-Bahnhof und Birsfelden (Basel-Land), Aellen u. Weber! so am Wiesendamm, bei der Gasfabrik, bei der chemischen Fa- (vergl. Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI[1915], 208 und Aellen in Allg. Bot. Zeitschr. XXII [1916], 70); an den meisten Orten auch 1917/8, Aellen!; Güterbahnhof Aarau [vergl. Lü- scher Fl. Aarg. (1918), 127], 1917: Aellen!; Hauptbahnhof Solothurn, 1917: Probst; Bahnhöfe Chur 1917, Visp 1919, Thellung. Chenopodium album X Berlandieri (Ch. subeuneatum Murr). — Wiesendamm und Birsfelden bei Basel, in verschiedenen Hy- bridationsstufen, 1915, Aellen!(Allg. bot. Zeitschr. XXII[1916], 70), W.Weber!; Neu-Allschwil (Basel-Land), 1918, Aellen! — Ch. album var. viride (L.) Wahlenb. [= f. eymigerum Koch] x Berlandieri = X Ch. subeuneatum var.leptocarinatum Aellen var. hybr. nov.: Ruchfeld (Basel-Land), 1918, Aellen! Chenopodium album > hireinum (bisher nur aus Deutsch- land [Anhalt] bekannter Bastard, vielleicht auch in England?!). — Wiesendamm in Basel, mit den Stammarten, 1914/5, Ael- len u. Weber! (Binzin Verh, Naturf. Ges. Basel XXV1[1915], er. 203; Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 70); Kammgarn- fabrik Derendingen bei Solothurn (teilweise in einer sehr klein- & blätterigen Form, die den Einfluss der Rasse subtrilobum Issier des Ch. hireinum erkennen lässt), 1915/7, sowie auf Schutt in Birsfelden bei Basel, 1917, Aellen! *Chenopodium album x (hireinum > striatum) = Ch. al- bum X Haywardiae Aellen in Fedde Repert. spec. nov. Nr. 422/6, Rep. Eur. et Medit. I. Bd. Nr. 17 (1918), 179 [sub «Ch. (hireinum x striatum) X album — Ch. Haywardiae X album») = Ch. basileense Aellen 1. e.: Wiesendamm bei Basel, 1917: Aellen (\. c.). j Et gen ae Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 721 *Chenopodium album x leptophyllum Aellen hybr. nov. [in Allg. bot. Zeitschr. XXII (1916), 70 (sine deser.) ex p., quoad loc. St. Ludwig et Wiesendamm] = Ch. leptophylliforme Aellen in Fedde Repert. spec. nov. Nr, 422—426, Rep. Eur. et Medit. I. Bd. Nr.17 (1918), 177 (cum deser. lat.). — Schutt bei St. Ludwig (Elsass) 1913, Wiesendamm 1915, Badische Lager- häuser 1917, Aellen l.c. [Die früher (l. c. 1916, 70) als Ch. album X leptophylium aufgeführten Pflanzen von der Uferstrasse in Basel (W. Weber) und von Birsfelden gehören nach erneuter Prüfung zu einer schmalblätterigen Form von Ch. album.) — Var. glabrum Aellen 1. c. 1918, 177: Wiesendamm 1917, Ael- len! (l. ce.). *Chenopodium (cf.) [album x leptophyllum] x Berlandieri Aellen (hybr. nov.) in Allg. bot. Zeitschr. XXII (1916), 70 (cum brevi diagn. lat.). — Wiesendamm in Basel: Aellen.c.; auch 1917 (als Ch. ef. [album X Berlandieri] X leptophyllum), Aellen! Chenopodium album X striatum (Ch. pseudostriatum Zschakke). — Wiesendamm bei Basel 1915, Aellen! (Binz in Verh. Na- turf. Ges. Basel XXVI [1915], 208; Aellen in Allg. bot, Zeit- schr. XXII [1916], 70), W. Weber! — Ch. album var. viride (L.) Wahlenb. [= f. cymigerum Koch] X striatum = >= Ch. pseudostriatum Zschakke var. Issleri [Murr] A. et G.): Badische Lagerhäuser in Basel, 1918, Aellen! Chenopodium leptophyllum Nutt. (N.- u. S.-Am.; in Eur. neuerdings mehrfach, besonders mit nordamerikanischem Getreide einge- schleppt). — Birsfelden (Basel-Land) und St. Ludwig (Elsass) bei Basel, 1914, Aellenu.Weber!(vergl. Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 208); auch sonst in und um Basel in neuerer Zeit mehrfach (vergl.A ellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 70); ebenso um Zürich, Thellung; Els.: auf einem mit Baseler Stadtkehricht gedüngten Acker unterhalb Burgfelden, 1918: Aellen; Perolles (Frib.), 1917: Jaquet; Tribschen-Moos bei Luzern 1916, beim Bahnhof Luzern 1918, Roggwil (1917) und Bahnhof Langenthal (Bern) 1917/8, Bahnhöfe von Aarau [vergl.Lüscher Fl.Aarg. (1918), 127] 1917/8, Oerlikon (Zürich) 1917, Bahnhof Bürglen und Getreidelagerhäuser in Romanshorn (Thurgau) 1917: Aellen; Derendingen und Luterbach bei So- lothurn, 1917, auch 1918 mehrfach in und um Solothurn: Probst, Aellen; Olten 1918: Probst. _ — — var. oblongifolium S. Watson (= Ch. oblongifolium Rydberg in Bull. Torrey Bot. Club XXXIII [1906], 137): hie und da neben 722 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. . 1919 dem Typus; z.B. Wiesendamm in Basel, 1915, Aellen! (.e); Seeaufschüttung im Belvoir Zürich 2, 1917 und Bahnhof Tiefen- brunnen in Zürich 3 (Ausladestelle von nordamerikanischem Ge- treide) 1917/8, Thellung. | Chenopodium Berlandieri Moq. (N.-Am.). — Wiesendamm in Basel | und Ödland zwischen Lörrach und Hagen (Baden): Aellen | nach Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI (1915), 208; Areal des alten Badischen Bahnhofs: W. Weber nach Binz l.c. (sp. a | | RE ER se platyphyllum [Issler]); in und um Basel neuerdings mehrfach, be- sonders am Wiesendamm, Bahnhof Wolf, Ruchfeld, Birsfelden, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 70); P6rolles (Fri- bourg), 1917: Jaquet; Hühnerhof Zwygart in Solothurn, 1918, Probst!, Aellen; Solothurner Stadtkehricht, 1918: Aellen; Tribschen-Moos bei Luzern, 1916: Aellen; Bahnhof Langen- dorf (Solothurn), 1917: Probst; Seeaufschüttung beim Belvoir Er AN DR ES Ad. und Bahnhof Tiefenbrunnen (Ausladestelle von nordamerikani- schem Getreide) bei Zürich, 1917, Thellung. — f. fieifolü- forme A. Ludwig: Wiesendamm 1915, Aellen! (1. e.). — Var., farinosum Ludwig: ebenda, Aellen! (1. e.). — — ssp. platyphyllum (Issler) Ludwig: Alter Badischer Bahnhof in Se Basel, 1914, Aellen u. Weber!:;: Wiesendamm: Aellen I. e. (1916). : Chenopodium Berlandieri X hireinum (bisher nur im Elsass 3 gefunden). — Basel am Wiesendamm, 1915, Aellen! (Allg. E bot. Zeitschr. XXII [1916], 70); Kompost in Neu-Allschwil bei | Basel, 1916, Aellen! a *Chenopodium Berlandieri x leptophyllum = Ch. Binei- r anum Aellen et Thellung (hybr. nov.) in Allg. bot. Zeitschr. XXI (1916), 70 (cum deser. lat.) emend. (sens. ampl.). — Tritt in folgenden 3 Formen auf: 1. als Ch. cf. Berlandieri (typ-) x leptophylium (typ.) Aellen |. e. (sine deser.): Wiesendamm bei Basel, 1915, Aellen! (l. e.). — 2. als Ch. Berlandieri (var. farinosum Ludwig) teptophyllum (typ.) Aellen! in Fedde Repert. spec. nov. Nr.422/6, Rep. Eur. et Medit. I. Bd. Nr.17 (1918), 178 (= Ch. Binzianum Aellen et Thell. sens. striet., ur- sprünglich [l. e. 1916] irrtümlich für Ch. Berlandieri [farinosum] x leptophyllum Loblongifolium] gehalten): Wiesendamm, 1915, Aellen! — 3. als Ch. Berlandieri (typ.) X Zeptophyllum oblongifolium = > Ch. Binzianum var. obtusum Aellen 1. c. = BORD, 178: Wiesendamm 1912, 1915, Aellen (1. e.). Chenopodium Berlandieri striatum = Ch, Bechereria- Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 723 num Aellen hybr. nov. — Wiesendamm in Basel, 1915, 1918, Aellen! Chenopodium hircinum Schrader (S.-Am.).— Wiesendamm in Basel, auch in der Form multidentatum Ludwig, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges, Basel XXVI [1915]. 208); Birs- felden (Basel-Land): Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXTI (1916), 70; Perolles (Frib.), 1917: Jacquet; Kammgarnfabrik Deren- dingen bei Solothurn, 1915/8, Probst!, Aellen!; Wildbach- sammler an der Solothurn-Bellach-Grenze, sowie Olten, 1917: Probst; Tuchfabrik Roggwil (Bern) und Getreidelagerhäuser in Romanshorn, 1917, Aellen!; Wollkompost in Liestal, Bahnhof Aarau [vergl. Lüscher Fl. Aarg. (1918), 127] und Gennersbrunn (Schaffhausen), 1917: Aellen; Bahnhof Felben (Thurgau), 1917, Thellung. — — var. subtrilobum Issler: Wiesendamm und Gellert in Basel und Binningen unweit Basel, 1914: Aellen u.Weber! nach Binz l.c. (1915); Kompost an der Strassburgerallee in Basel (leg. Frau B. Aellen) und Ruchfeld (Basel-Land) 1918: Aellen. *Chenopodium hireinum X leptophyllum = Ch. pseudo- leptophyllum Aellen (hybr. nov.) in Fedde Report. Spec. nov. Nr. 422—426, Rep. Eur. et Medit. I. Bd. Nr. 17 (1918), 178. — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1917, Aellen! *Chenopodium hircinum X striatum (Ch. Haywardiae) Murr! in Allg. bot. Zeitschr. XX (1914), 25 et ap. G. Cl. Druce Rep. Bot. Exch. Club Brit. Isl. for 1914,' vol. IV part I (May 1915), 19, pl. H, III (Ch. striatum X hircinum = X C. Haywardii [sie!] Murr ap. Druce Rep. for 1913 vol. III, part V [Febr. 1914], 334, nomen tantum; bisher nur aus Schottland [!] bekannt). — Wiesendamm in Basel, inter parentes, 1914, Aellen u.Weber! [teste Murr] (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI[1915], 208); Bahnhof St. Johann in Basel, 1917, Aellen!; Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich 2, 1917, Thellung. Unterscheidet sich von Ch. album X hircinum ähnlich wie Ch. striatum von Ch. album. — Ch. hireinum var. subtrilobum Issler X striatum (= X Ch. Haywardiae var. multispicatum Aellen var. hybr. nov.): Wiesendamm in Basel, 1917, Aellen!; Ruchfeld (Basel- Land) 1918: A. Becherer nach Aellen briefl. *Chenopodium murale X striatum = Ch. mirum Aellen! hybr. nov. — Badische Lagerhäuser in Basel, 1917, Aellen! *+Chenopodium auricomiforme Murr et Thell. in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LX (1915), 432 (Zwischenart von Ch. album 724 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 und dem australischen Ch. auricomum Lindley; wohl sicher m Australien beheimatet). — Kammgarnfabrik Derendingen bei | Solothurn, aus australischer Schafwolle, 1914, Probst! (nach Murr u. Thell. 1. e.). Mit Sicherheit bisher nur von dieser Fun- stelle bekannt. Vielleicht auch in Schottland eingeschleppt: Galashiels, 1914, Miss J. M. Hayward! [vergl. Rep. Bot. Exch. Club Brit. Isl. for 1915, vol. IV, part III (1916), 208] (nicht sicher bestimmbare Blattexemplare). Chenopodium glaueum L. (Eur., W.- u.N.-As.; N.-Am. [adv.?];verwandte Formen in N.- u. S.-Afr., Austral. etc.) ssp. ambiguum (R.Br.) Murr et Thell. in Thellung Fl. adv. Montpell. (1912),169 (Austral., N.-Seeland; vielleicht auch Mexiko und $.-Am.; adventiv bei Montpellier und neuerdings in Deutschland gefunden; unter- scheidet sich vom typischen Ch. glaucum, abgesehen von der : Blattform, anch durch grössere [etwas über 1 mm im grössten Durchmesser haltende], sehr stumpfrandige Samen und stellt daher vielleicht doch eine eigene Art dar). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, aus australischer Schafwolle, 1916/7 Probst! Chenopodium rubrum L. (Eur., SW.- u. Zentr.-As., N.-Am.) var. erassi- olium (Nees) Mogq. (var. botryodes Sonder; Salzstellen und Küstenländer von Europa; in der Schweiz wohl nur adventiv). — Wiesendamm bei Basel, 1914/5, Aellen u. Weber! (/f. glome- ratum [ Wallr.]); Birsfelden (Basel-Land), 1915, Aellen u. Weber! (f. eymosum [Beck]); Solothurner Stadtmist, 1916, Probst! Chenopodium ambrosioides L. (Trop. Am.; durch Kultur und Verwildern eingebürgert in allen wärmern Regionen). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1917, Probst! — Var. suffruti- cosum (Willd.) Thellung: mit dem Typus, 1917, Probst!; Güter- bahnhof Zürich, 1917, Walo Koch! [neuerdings auch in Holland! (= Ch. anthelminthieum Fl. Batav. sec. Jansen et Wachter in Nederl. Kruidk. Archfef 1917 [1918], 235)]. Chenopodium foetidum Schrader (Trop. u. Subtrop.). — Garten der " Landwirtschaftlichen Schule in Zürich, als Unkraut, 1915, E. Baumann! | Chenopodium eristatum F. v. Mueller (Austr.; einmal adv. in Deutschl., vergl. Thellung in Ascherson u. Graebner Synopsis V, 218 [1913]). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn (australische Schafwolle), 1914, und vereinzelt unter Ch. cari- natum R. Br., 1917, Probst! — var. (?) *holopterum Thell. f. nov. (ala tepalorum subintegerrima, a latere visa triangulari, Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 725 appendicibus fimbriiformibus dorsalibus et processu aristi- formi terminali plane destituta. An species propria? an proles hybrida: Ch. carinatum X eristatum? Differt a Ch. carinato ca- rina tepalorum in alam longitudinalem tenuem triangularem producta nec obtuse naviculari). Flügel der Perianthblätter (von der Seite gesehen) dreieckig, fast ganzrandig, gleichsam auf den Grundkörper reduziert, ohne dorsale fransenförmige Anhangs- gebilde und ohne grannenartige Endspitze. Mit dem ‚Typus der Art und mit Ch. carinatum, in wenigen Exemplaren, 1917, Probst! Bei der Spärlichkeit des Materials lässt sich ein end- gültiges Urteil über den Wert dieser auffallenden Sippe noch nicht abgeben. Sofern man nicht eine besondere Art anzunehmen geneigt ist, liegt der Gedanke an einen Bastard (C. carinatum X cristatum) oder noch mehr an eine Abart von Ch. cristatum nahe, bei welcher Spezies möglicherweise die der zoochoren Verbrei- tung dienenden Anhangsgebilde der Perianthblätter, ähnlich den Früchten vieler Medicago-Arten, starke Schwankungen in der Ausbildung aufweisen uud unter Umständen gänzlich verkümmert sein können. Chenopodium multifidum L. (Roubieva multifida Mogq.;S.-Am., eingebürgert in S.-Eur.). — Limmatufer bei Killwangen (Zürich), 1911, H. Gams!; St. Johann-Bahnhof in Basel (1915/7) und Birs- felden bei Basel, 1915, Aellen u. Weber! (Allg. bot. Zeitschr. XXIH [1916], 70); Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1917, Probst! Atriplex sagittatum Borkh. 1793 (A. nitens Schkuhr 1803; Deutschl., O.-Eur., W.-As.). — Yvorne (Waadt), auf Kulturland, 1910, H. Jaccard! Atriplex litorale L. (Küstenländer und salzige Stellen in Eur. und As.). — Alter Badischer Bahnhof in Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 208); Feld- kirch, 1917: Murr (in litt.). Atriplex tataricum L. (A. laciniatum auct.; Medit,, W.-As. etc.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn (australische [!] Schafwolle), 1914/7, Probst!; Birsfelden bei Basel, 1915, W. Weber!; Baseler Rheinhafen, 1915, Aellen! Atriplex cf. roseum L. (Eur., SW.-As., N.-Afr.; Austral.? [von Moquin angegeben, nach Bentham jedoch zweifelhaft]. — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, aus australischer (?)- Schafwolle, 1917/8, Probst!, Aellen! Die Pflanze stimmt mit keiner der aus Eurasien beschriebenen Rassen des A. roseum. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 überein; es dürfte sich daher um eine australische Form, deren Zugehörigkeit zur Art nicht zweifellos feststeht, handeln. Sie zeichnet sich aus durch die Kombination folgender Merkmale: Grössere Laubblätter 3Y/a—5 : 11» —2'/, cm, dreieck-eiförmig bis lanzettlich-eiförmig, in eine ganzrandige Spitze ausgezogen, durch die im untern Drittel vorspringenden Seitenecken oft schwach spiessförmig, die grösseren am Grunde breit keilförmig und über den Spiessecken doppelt buchtig gezähnt, die kleineren schmäler keilförmig (mehr rhombisch) und einfach buchtig; Vorblatthülle stark zusammengedrückt, etwa 3VY,—4 nım lang + 3 mm breit, breit dreieckig-eiförmig (grösste Breite im untern Drittel), über den Seitenecken mit einigen spitzen Zähnen versehen, in eine grüne, + ganzrandige Spitze ausgezogen-zugespitzt, auf der Fläche oft höckerig- weichstachelig. In der Flora Australiensis finde ich keine übereinstimmende Art beschrieben. A. Muelleri Bentham, unter welchem Namen Druce (Bot. Exch. Club Brit. Isl., Rep. for 1917 vol. V part I [1918], 51) englische Vor- kommnisse unserer Pflanze (aus York!) auf Grund meiner vor- läufigen Bestimmung (nach unentwickeltem Material) aufführt, unterscheidet sich durch eine kugelige, glatte Röhre der Vor- blatthülle, die länger ist als die freien Lappen derselben. Nähere Be- ziehungen zeigt unsere Adventivpflanze zu A. semibaccatum R. Br., das sich in typischer Ausbildung durch viel kleinere Laubblätter und durch kürzere (fast 1:1), fast rhombische, glatte Vorblatthülle mit die Röhre an Breite kaum übertreffenden, nicht in eine Spitze ausgezogenen Lappen unterscheidet. [Die letztere Art findet sich verschleppt in Kalifornien und wurde — mindestens in stark angenäherter Form — zwischen 1889 und 1895 von Alpers (!) bei der Döhrener Wollwäscherei unweit Hannover gesammelt und von Ascherson mit Zweifeln als A. tataricum angesprochen, von Alpers (Jahresh. Naturw.Ver. Lüneb. XIV, 1896/8 [1898] ,69) unter A. tataricum inbegriffen ]. Atriplex cf. * campanulatum Bentham (Austral.). — Kammgarn- fabrik Derendingen bei Solothurn, 1917, Probst! (mit A. cf. r0- seum und noch anderen, nicht näher bestimmbaren [sterilen], vermutlich australischen Atriplex-Arten). . Atriplex argenteum Nutt. (N.-Am.). — Badische Lagerhäuser Axyris amarantoides L, (Russl., Sibir., in Basel, 1917, Aellen! j Mongolei; eingebürgert in N.-Am.: Manitoba, N.-Dakota [Standley in N.-Am. Fl. vol. 21 part 1 (1916), 76]; neuerdings in deutschen Rhein- ER Eee Fr a I ea x se ; N % x 3 a NS Rs £ art Een, ER SS U EEE N EEE Re ee Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 1727 häfen! eingeschleppt; allerneuestsens auch in Frankreich nach Jose Chevalier in Le Monde des Plantes 19° annde [2° ser.] No. 112, «mai» 1918 [II. 1918], 12, und V. Brandicourt ibid. No. 115 [nov. 1918], 24, sowie in England), — Wiesendamm bei Basel, 1915, Aellen! (Alle. bot. Zeitschr. XXII [1916], 71); Bahnhof Wolf in Basel, 1916, und Bahnhof Bürglen (Thurgau), 1917: Aellen. Da die Pflanze sich bei uns an allen 3 Fundorten (wie auch im Dept. Somme) zusammen mit Ambrosia trifida vorfand, ist zweifellos eine Einschleppung aus dem sekundären nordamerikanischen Verbreitungsgebiet mit Getreide anzunehmen; das Gleiche vermutet auch Druce (Bot. Exch. Club, Rep. for 1917, vol. V, part I [1918], 80/1) für die englischen adventiven Vorkommnisse. * Bassia qwinquecuspis F.v. Mueller (Anisacantha muricata Mogq.; Austral.; adventiv auch schon in Deutschland: Kettwig a. d. Ruhr, 1913 [Bonte! det. A. Ludwig] und England [!] beobachtet). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, aus australischer Schafwolle, 1916/7, Probst! Suaeda maritima (L.) Dumort. (Küstenländer von ganz Eur. und fast kosmop.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1916, Probst! Suaeda altissima (L.) Pallas (Span., N.-Afr., SO.-Eur., SW.-As.; adv. Deutschl.!).— Im Pfarrgarten zu Sils im Domleschg, 1893, spontan aufgetreten, Pfr. Caveng! (Herb. Eidg. tech. Hochschule). Salsola Kali L. (Küstenländer der gemäss. Zonen). — Birsfelden und Kleinhüningen (Basel), St. Ludwig (Elsass): Aellen u. Weber nach Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI (1915), 208; Rhein- hafen und Birsfelden bei Basel, 1915: Aellen in Allg. bot. Zeit- schr. XXII (1916), 71; Kammgarnfabrik Derendingen bei Solo- thurn, 1917, Probst!; Getreidelagerhäuser in Aarau, 1917/8: Aellen; Güterbahnhof und Tiefenbrunnen bei Zürich, sowie Bahnhof Walenstadt, 1917, Thellung; Bahnhof Buchs (St. Gal- len), 1918, Schnyder! — Var. pseudo-Tragus Beck (var. tenui- folia auct.): Derendingen, mit dem Typus, auch 1917, Probst!, Aellen! Amarantus caudatus L. (seltener verwildernde Zierpflanze aus demTrop. Afr. u. As.; vergl. Thellung in Ascherson u. Graebner Synopsis V, 232 [1914]).— Birsfelden bei Basel, 1914/5, Aellen u.Weber!, 1918 in der Form tenuispicatus Thellung in einem Acker daselbst mit verschiedenen Formen von A. paniculatus, Aellen! Amarantus hybridus L. (trop. Am.) ssp. hypochondriacus (L.) Thell. var. 47 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919, 728 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 chlorostachys (Willd.) Thell. (eingebürgert in Medit.-Gebiet usw.) subvar. aciculatus Thell. in A. et G. Syn. V, 238 (1914). — Zwischen St. Jakob und „Neue Welt“ bei Basel, 1903, Binz! (?); St. Ludwig (Elsass) bei Basel, 1913, Schülerfund im Herb. Binz!; Kiesgrube Hardau in Zürich, 1913, Beger! [alle drei nach Thellungl.c.239]; Birsfelden bei Basel, 1915, W. Weber! (?) (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 209); Güter- bahnhof Zürich, 1914/5, Thellung; Badische Lagerhäuser in Basel und Bindfadenfabrik in Flurlingen (Kt. Zürich), 1917, Aellen! — — subvar. pseudo-retroflexus Thell. (A. Powelli S. Watson teste P. €. Standley in N.-Am. Fl. vol. 21 part 2 [1917], 112; N- Am.). — Birsfelden bei Basel, 1914/5, Aellen! und Weber!; Fribourg: P6&rolles, Moulin Grand, 1917, F. Jaquet! j — — subvar. aristulatus Thell. in A. et 6. Syn. V, 240, 354 (1914) (Argent., auch Kaliforn.!; adventiv in Deutschl., Frankr. und Engl.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1916/7, Probst!, Aellen!; Wollkompost der Tuchfabrik Spinnler m Liestal (Basel-Land) und auf Wollkompost in Roggwil (Bein), 1917, Birsfelden (Basel-Land) 1918, Aellen! E: Amarantus cf. (hybridus L. ssp.) celosioides H.B.K. (Trop.S- Am.). — Güterbahnhof Zürich, 1917, mit A. (hybridus L. ssp. cruentus [L.] var.) patulus Bertol., 1917, Thellung. Die Pflanze ist morphologisch von dem echten A. celosioides kaum zu unter- scheiden, dürfte aber genetisch von A. patulus (durch starke Ver- kürzung der Vorblätter) abzuleiten sein und — nach der Begleit- flora zu urteilen — aus S.-Eur. stammen. E: Amarantus [hybridus ssp. eruentus var.] paniculatus X retroflexus = (. = | turicensis Thellung in Asch. et Gr. Synopsis V, 264/5 (1914) (Bisher nur im Botan. Garten Zürich beobachtet). — Kompost (Kartoffel- feld) beiNeu- Allschwil (Basel-Land), mit Chenopodium Berlandieri ” und opulifolium, Panicum capillare etc.,aber[zurzeit!] ohne A.pani- eulatus, 1918, Aellen! Die Pflanze steht dem A. panieulatus näher und ähnelt auch stark dem A. quitensis, von dem sie sich fast nur durch die derberen und etwas län geren Vorblätter unter- scheidet (vergl. auch die Anm. auf 8. 263 der Synopsis). | Amarantus quitensis H.B.K. (extra-trop. S.-Am.; adv. in Frankr.!; Deutschl.!, Engl.!). — Schutt in Birsfelden (Basel-Land), 1915/8, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 71; teilweise f. ru fescens Thell.); Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1917/8, Probst!, Aellen!; Wildbachsammler an der Grenze Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 729 'Solothurn-Bellach, 1917, Probst! — Var. *Stuckertianus Thell. in A. et G. Syn. V, 355 (1914): Birsfelden, 1915, W.Weber! (Aellen l.c.); mit dem Typus bei Derendingen, 1917, Probst! Amarantus Thunbergii Mog. (S.-Afr.; mit A.Dinteri eingeschleppt in Deutschland und England). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1917/8, Probst! (mit A. Dinteri); Tuchfabrik Spinnler in Liestal (Basel-Land), 1917, Aellen! Die Pflanzen gehören der var. macrosepalus Thell. in A. et 6. Syn. V, 281 (1914) an, die Derendinger Pflanze von 1918 speziell einer f. maculatus Thell. f.nov. (foliis medio macula rubra notatis), mit in der Mitte mit einem roten Fleck versehenen Laubblättern (diese Form auch in England: Bradford Sewage Works, Shetley, 1917, ©. E. Horrell!). Amarantus blitoides S. Watson (N.-Am.). — Wiesendamm in Basel, 1915 [auch 1917], Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 71); Rufach (Elsass), 1908, A. Kneucker!(Thellung in Ascherson u. Graebner Synopsis V, 291 [1914]). *Amarantus scleropoides Uline et Bray in Bot. Gazette XIX (1894), 316; P.C. Standley! in N.-Am. Fl. 21, 2 (1917), 104 [exl. Syn. A. blitoides var. seleropoides Thell.] (Texas!). — Vi- gogne-Spinnerei Pfyn (Thurgau), 1 grosser Stock auf Baumwoll- Kompost, 1917, Thellung (Bestimmungen von P. C. Standley bestätigt). n Ascherson u. Graebners Synopsis V, 293 (1914) hatte ich den mir damals nur aus der Beschreibung bekannten A. scleropoides mit „?* als Syno- nym zu meinem A. blitoides B. scleropoides gestellt. Seither habe ich mich durch eine von Herrn P. C. Standley freundlichst übermittelte Herbarprobe (Texas, A. A. Heller 1894) und durch das Studium der Pflanze von Pfyn über- zeugen können, dass A. scleropoides von A. blitoides spezifisch verschieden ist und sich von allen Formen dieser in der Tracht recht veränderlichen Art durch die fast stielrunden und nur stumpfkantigen (statt geflügelt-kantigen) Glieder der Blütenstandsachsen, durch viel kleinere Blüten und Samen und deutlich spatelförmige 2 Perigonblätter unterscheidet. Meine blitoides-Varietät bleibt daher als solche neben A. seleropoides bestehen und ist in der Bearbeitung von Standley (N.-Am. Fl. 21,2 [1917], 104) aus der Synonymie der letztern Art zu streichen. Amarantus Dinteri Schinz (S.-Afr.; adv. Deutschl., Engl.) var. uncinatus Thellung — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solo- thurn, 1917, Probst!, Aellen!; Wollkompost in Roggwil (Bern), 1917, Aellen! Amarantus angustifolius Lam. em. Thell. (A. Blitum L. non auct.; Medit., M.-Eur., trop.- u. S.-Afr.; adv. Australien) var. graecizans (L.) Thell. in Ascherson et Graebner Synopsis V, 306 (1914) (A. Blitum var. graecizans Moq.; A. angustifolius Lam. sens. striet; Or., N.- 730 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 u. trop. Afr.; adv. Deutschl.): Solothurn, Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst!; Schutt in Birsfelden (Basel-Land), 1917, Aellen! Amarantus vulgatissimus Spegazz. (Argentin.) var. sublanceolatus B: Thellung — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, aus südamerikanischer Wolle, 1917, Aellen u. Probst!; Hühner- hof bei der Solothurner Malzfabrik, 1918, Aellen! *(ef.) Achyranthes aspera L. (8.-Medit., Trop. u. Subtrop., auch Austral.!). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, set 1909 fast alljährlich, aber stets steril, Probst!, 1917 Aellen! 2 Thelygonum Cynocrambe L. (Medit.). — Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung. *Sesuvium Portulacastrum L. (Meeresküsten der Trop. u. Sub- trop., auch Austral.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solo- thurn, 1917, Probst! Be Tetragonia expansa Murray (Kulturpfl. aus O.-As., Polynes., Austral.).— Güterbahnhof Zürich, 1915/6, Thellung; Birsfelden (Basel- Land), 1915: Aellen (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 71); Olten, 1918, Probst! * Mesembryanthemum acinaciforme L. (S.-Afr.; im Mittelmeer- gebiet häufig als Zierpflanze gezogen und auch verwildert). — In einem Garten zu Röthis (Vorarlberg) mit Sommerblumen- samen verschleppt: stud. Herm. Knünz nach Murr in 50. Jahres- ber. Landesmus. Vorarlb. (1914), sep. p. 12. *Calandrinia Menziesii (Hooker) Torrey et Gray (C. speciosa Lindley Bot. Reg. XIX [1833], t. 1598! non Lehm. [1831]; Zierpfl. aus Kalifornien, nach A. Gray Var. der vom westl. N.-Am. über Mexico bis Bolivia verbreiteten ©. caulescens H. B. K.). — Bellach (Solothurn), verwildert in einem Gelbrübenbeete, 1915, Probst! | Claytonia perfoliata Donn (N.-Am., W.-Ind.). — Langendorf bei Solo- thurn, verschleppt in Blumenflor, 1909: Probst in Mitteil. Naturf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVIL Ber. (1914), 174. : Cerastium tomentosum L. (Ital.). — Flims (Graubünden), verwildert auf einer Wegmauer, 1906: F. Sprecher in Jahresber. Naturf. Ges. Graub. LVI, 1914/6 (1916), 6. : Silene conoidea L. (Medit.). — Solothurn: Hühnerhof Zwygart, 1916, 1918, Probst!, Aellen! = Silene pendula L. (Zierpfl., Medit.). — Neuchätel, auf Schutt, 1911, Bonte-Essen!; Lugano, auf dem Quai zwischen Gras, 1918, Be 1 a he Et ae ne a me aan die ” Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 731 A. Voigt-Dresden!; Käferfeld bei Bern, 1916, R. Streun! (E. Fischer in Mitteil. Naturf. Ges. Bern 1919, sep. 6). Silene nocturna L. (Medit.; adv. N.-Am., N.-Seeland, wohl auch Austral.!) var. paueiflora Otth (= var. brachypetala |Rob. et Castill.] Bentham). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solo- thurn, 1917, Probst! Aellen! — [Auchin Holland! (Henrard in Nederl. Kruidk. Archief 1917 [1918], 201).] *Silene bellidifolia Jacq. 1776 (S. vespertina Retz 1783 et auct.; S. hirsuta Poiret 1789 non Lag.; S. hispida Desf. 1798; S.-Eur., N.-Afr.). — Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung. *Silene fuscata Link (W.-Medit., Syr.). — Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung. Silene Pseudo-Atocion Desf. (Alger., Balear.). — Bahndamm bei Birs- felden (Basel-Land), 1913, Binz! (Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 209); Birsfelden auf Schutt, 1915, W.Weber! (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 71); in beiden Fällen wohl sicher verwilderte Zierpflanze. *Silene papillosa Boiss. (Kl.-As.). — Solothurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915, Aellen! *Silene rubella L. (Medit.) — Solothurn: Hühnerhof Zwygart (Malz- fabrik), 1918, Probst! Silene museipula L. (W.-Medit.; in O.-Frankreich [Haute-Saöne] neuerdings mit Kriegs-Fourage eingeschleppt: @. Bonati in Le Monde des Plantes 19° annee [2° ser.) No. 115 [nov. 1918], 24). — Michelfelden bei Basel (Elsass), 1912, Binz! (Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 209); Birsfelden (Basel-Land), 1915, W. Weber! (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXI [1916], 71); Solothurn, Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1915/6, Probst!, Aellen!; Steigmühle Töss (Zürich), mit spanischen Erbsen ein- geschleppt, mit S.strieta, 1915, W.Greuter!; Schutt beim Bahn- hof Luzern, 1918, Aellen! *Silene strieta L. sec. Rohrb. (S. pteropleura Boiss. et Reuter; Por- tugal, Span., Marokko, Alger.). — St. Ludwig (Elsass) bei Basel, auf Schutt, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 209); Birsfelden (Basel-Land), auf Schutt, 1916, W. Weber!; Steigmühle Töss (Kt. Zürich), aus spanischen Erbsen, 1915, W. Greuter! — [Verschleppt auch in Deutsch- land (Essen, 1916, Bonte!) und in Holland! (= S$. museipulu Heukels et auct. Holland. sec. Henrard in Nederl. Kruidk. Archief 1917 [1918], 199—200). Ferner ging mir die Pflanze im Topfe aus ausgesäten Verunreinigungen von Anis-Samen auf.]. - aa Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. m Silene cretica L. (Medit.). — Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich 2, ein Exemplar, 1914, Thellung; Solothurn, Hühnergarten Zwy- gart (Malzfabrik), 1915, und an der Zuchwilerstrasse, 1916, _ Probst! Melandrium album (Miller) Garcke (Eur., W.-As., N.-Afr.) cf. var. macro- calyeinum (Rouy et Fouc.) Gürke (Frankr. etc.). — Hieher ge- hören anscheinend folgende zwei Vorkommnisse: Orbe, champs ensemences de criblures de bles &trangers, 1883,1891, Moehrlen!; Solothurn, beim Wildbachsammler (wohl von Bärtschi’s Mühle stammend), 1916, Probst! Die Unterschiede zwischen M. album, dessen var. macrocalycinum und ssp. divaricatum sind mir nicht klar geworden; die letztere Sippe scheint sich beim Fehlen von reifen Früchten und Samen hauptsächlich durch kürzere Behaarung zu unterscheiden, — — ssp. divaricatum (Rehb.) L. Grande in Bull. Orto Bot. Na- poli III (1913), 209 (M. divaricatum [Rchb.] Fenzl; M. macro- carpum [Boiss. et Reuter] Willk.; S.-Eur., N.-Afr.). — Schöngrün bei Solothurn, auf Schutt von der Malzfabrik, 1912, Probst! (Mitteil. Natf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 175). Gypsophila 'elegans M. Bieb. (Zierpfl. aus SW.-As.). — Birsfelden bei Basel, auf Schutt, 1915, W. Weber! (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 71). Gypsophila viscosa Murray (Kl.-As., Syr.; Zierpflanze in Eur.). — Am Aarekanal bei Gottstatt (Bern), 1912, M. Brosi! (Probst in Mitteil. Naturf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 175). Dianthus barbatus L. (Zierpfl. aus S.-Eur.). — Schutt in Binningen bei Basel, 1915, Aellen!; Rebbergmauern bei Schloss Blatten ob Staad (St. Gallen): W. Koch. Dianthus plumarius L. (Zierpfl. aus O.-Eur.). — Im Aargau mehrfach verwildert: Lüscher FI. Aarg. (1918), 21. Spergularia rubra (L.) Presl!) Fl. Cech. (1819), 94 s. 1. (Eur., N.-Afr., S W.-As., Austral., N.-Am.) ssp. *atheniensis (Heldr. et Sart.) Rouy et Fouc. (Medit.; adv. auch S.-Afr., N.-Seeland [!] ete.). — . Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, aus australischer (?!) Schafwolle, 1918, Probst! Herniaria glabra L. (Eur., W.-As., N.-Afr.). — Eine Form mit auf- fällig blaugrün gefärbten Laubblättern (vielleicht als Annäherung Sn 00 i io Fire in der Literatur gelegentlich anzutreffende Autorzitat „Pers. Encheir. I 5), für Spergularia rubra ist inkorrekt, da Persoon a.a.0. Spergularia 3 £ hs De & 5 ri ! ee, R Au & N LE ee Se, 3, ae a ee re a a Nee ar SE a ar TE ir a a Sie ae EEE EN EFEN TI ESERN P 7 u een a Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 733 an die var. ß atrovirens Strobl in Oesterr. bot. Zeitschr. XXXV [1885], 171 aufzufassen?): Kiesplatz am Wiesendamm in Basel, 1912, Aellen u. Weber! Peonia corallina Retz 1783. (P. offieinalis ß mascula L.; [P. mas Garsault 1764;] P.integra Murray 1786; Zierpfl.aus S.-Eur., SW.- As.). — Verwildert in Birmenstall bei Elgg (Zürich): Hegi Ill. Fl. v. Mitteleur. 30. Lief. (Dez. 1912), 456. Nigella damascena L. (Medit.). — Güterbahnhof St. Johann in Basel, 1917, Aellen!; Langendorf (Solothurn), Gartenunkraut, viel- leicht von Derendingen stammend, 1917, Probst!; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, A. Schnyder! Nigella sativa L. (Or.; kult. u. verwildert Medit., M.-Eur.). — Friedheim Erlisbach (Aargau); 1916 adventiv: Lüscher Fl. Aarg. (1918), 6. Delphinium orientale Gay (Medit.). — Wiesendamm bei Basel (leg. W. Weber), Rheinhafen und Güterbahnhof Wolf, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 71); Schutt bei der Chem. Fabrik an der Uferstrasse in Basel, 1916, W. Weber!; beim Zeughaus von Seewen (Schwyz) mehrfach, 1917: Binz; an der Glatt bei Rheinsfelden (Kt. Zürich), 1917, Frymann! Anemone hortensis L. (8.-Eur., Kl.-As.) var. pavonina (Lam. pro spec.) Gren et Godron [ex p.] (= A. fulgens Gay) (SW.-Frankreich). — In der Nähe der Alpenanlage der „Stella matutina“ [bei Feld- kirch?] eine Gruppe verwildert: Richen nach Murr in 58. Jahresber. Staatsgymn. Feldkirch (1913), 13 (als A. fulgens). Clematis Viticella L. (S.-Eur., SW.-As.). — Weidengebüsch bei Märkt (badisches Rheinufer unterhalb Basel), verwildert: Binz in Mit- teil. Bad. Landesver. f. Naturk. No. 277—79 (1913), 226 und in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI (1915), 209; Wangen a/A., ver- wildert an der Aare: Herb. Leuenberger nach Probst in Mitteil. Naturf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. (1914), 176. Ranunculus Baudotii Godron (Küsten von N.- u. M.-Eur., Medit.; selten [halophil] im Binnenland). — In einem 1914 angelegten Ausstich beim Bahnhof Charret (Wallis), offenbar mit 1915 da- selbst abgelagertem Seegras eingeschleppt, 1916, Gams! (vergl. Verh. Schweiz. Naturf. Ges., 99. Jahresvers. 1917 [1918], 241). — Ssp. confusus (Godron) Rouy et Fouc.: Genthoud (Genf), 1861: Mereier (det Chabert) nach Gamsl. ec. Ranunculus illyrieus L. (SO.-Eur., Kl.-As., Kauk.). — Vaumar- cus (Neuenburg), + eingebürgert (ursprünglich — vor etwa 50 734 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Jahren — wohl vom Baron v. Büren angepflanzt), 1913, A.Gaille! (Le Rameau de Sapin 2° ser. I [1917], 7). Ranuneulus bulbosus L. (Eur., W.-As., N.-Afr.; eingebürgert in N.-Am.) ssp. Aleae (Willk.) Rouy et Fouc. (W.-Medit., vielleicht auch N.-Eur.?). — Belvoir in Zürich 2, 1913, H. Beger! (var. den- tatus Freyn); Güterbahnhof Zürich, 1918/9, Thellung. Ranunculus sardous Crantz var. intermedius (Poiret) Rouy et Foue. (südliche Rasse, in der Schweiz kaum einheimisch). — Güter- bahnhof Zürich, mit dem Typus und Übergangsformen zu diesem, 1918/9, Thellung. 5 Ranuneulus muricatus L. (Medit.). — Güterbahnhof Zürich, 1917/9, ellung. kanuneculus parviflorus L. (Medit., SW.-Eur.). — Zürich, Versuchsfeld der Landwirtschaftlichen Schule, wohl zufällig eingeschleppt, 1916, E. Baumann! Mahonia repens (Lindley) Don (Berberis repens Lindley; Zierpfl. aus dem pazif. N.-Am.). — Verwildert oberhalb Zollikon (Kt. Zürich) im Salsterwald gegen den Rumensee, 1915, H. Gams! Mahonia Aquifolium (Pursh) Nutt. (Berberis Aquifolium Push; Zierstrauch aus dem pazif. N.-Am.). — Verwildert um Neucha tel: H. Spinner in Mem. Univ. Neuchätel II (1918), 11. Da diese und die vorhergehende Art in den Gärten oft verwechselt werden, dürfte sich eine sorgfältige Nachprüfung empfehlen. Eschscholtzia Douylasii (Hooker et Arn.) Walp. (E. californiea Lindley Bot. Reg. 1828, t. 1168!, Hooker Bot. Mag. 1829 t. 2887! et Hort. ex p., Thellung in Allg. bot. Zeitschr. XIII [1907], 60 — non Cham.; Zierpfl. aus Kaliforn.). — Oberdorf bei Solothurn, Bahnböschung 1915, Probst!:; Basel, Strassenrand an der Grenz- acherstrasse, 1918, A.Becherer!; Schutt auf dem Ebnat (Schafl- hausen), 1914, Kelhofer! Roemeria hybrida (L.) DC. (Medit.). — Schutt an der Uferstrassee in Basel, 1916, W. Weber!; Solothurn: Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1916/8, Probst!; beim Zeughaus Seewen (Schwyz), 1917, Binz!; Seeaufschüttung beim Tiefenbrunnen in Zürich, 1918, Dr. Rohrer! a *Papaver nudicaule L, (Zierpfl. aus dem arkt.-subarkt.-zirkum- polaren Gebiet). — Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich aus der nahen Stadtgärtnerei verwildert, 1913, Thellung; Arosa, | hie und daan Rainen, Strassenrändern, auf Mauern etc. [nach Angabe dortiger Amateure seitca.10J ahren ],anscheinend in Einbürgerung begriffen, ferner Zermatt 1919, Thellu ng; St. Moritz, Somplatz, Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 735 hie und da verwildert, 1914, Branger!;Bahnhof Ponte (Engadin), 1917, Hans Schinz! Nach Angaben von Amateuren auch sonst mehrfach in unseren Alpen aus der Kultur verwildert (z. B. Rigi, Davos). — Die Art findet sich bei uns in den drei Farbvarie- täten der Kronblätter: var. a!bum (Regel) (weiss), var. wantho- petalum (Trautv.) (schwefelgelb) und var. rubro-aurantia- cum Fischer (rotgelb); eine Übergangsform mit gelben, aber = rot überlaufenen Kronblättern beobachtete ich 1917 in Arosa, eine solche mit innen weissen, aussen rötlich angehauchten Kron- blättern ebenda 1918. — Fedde (Papaveraceae, in Englers Pflanzenreich IV. 104 [1909], 376—384) führt die Farbvarietäten unter verschiedenen Unterarten auf, was mir mit Rücksicht darauf, dass unsere Pflanzen sich anscheinend lediglich durch die Farbe der Kronblätter unterscheiden und somit mehr nur Abarten -(Spielarten?) als Rassen darstellen, nicht tunlich erscheint. *Dicentra spectabilis (L.) Lem. (China). — Am Bahndamm neben dem Pfarrgarten in Mols (St. Gallen) verwildert, A. Roth! (Jahrb. St. Gall. Naturw. Ges. LII, 1912 [1913], 94). Corydalis ochroleuca Koch (SO.-Eur.). — Böle (Neuchätel), an einer Mauer, in der Nähe von C. lutea (L.) DC.: Commission botanique du Club Jurassien in Le Rameau de Sapin II® ser. 2° annee No. 4 (1° juillet 1918), 32 cum ie. *Thelypodium lasiophylium (Hooker et Arn.) Greene 1886; Ro- binson in Syn. Fl. N.-Am. I, 1, 1 (1895), 177 (Turritis? lasio- phylla Hooker et Arn. 1840; Sisybrium lasiophyllum Bran- degee 1892; ??Sisymbrium pygmaeum Nutt. ap. Torrey et Gray 1838: S. reflexum Nutt.') 1847; S. deflexum Harvey ap. Torrey 1856; Fournier Rech. fam. Crucif. Sisymbr. [1865], 108; Erysi- mum retofractum Torrey 1855—6; westl. N.-Am.) — f. xero- philum (Fourn. 1. c. pro var. « S. deflexi) Thell. comb. nov., mit behaarter Frucht (Kalifornien! mit dem Typus): Birsfelden, (Basel-Land) 1916, W. Weber! [Die Art findet sich adventiv auch in Holland: Rotterdam, 1917, A. W. Kloos!; vielleicht kam sie auch einmal in Deutschland in Mannheim, vor, da eine von dem verstorbenen Oberlehrer Fr. Lutz mir vor zirka 12 Jah- ren zugesandte Zeichnung, soviel mir erinnerlich ist, die gleiche oder eine ähnliche Pflanze darstellte] — Die systematische Stellung von Th. lasiophyllum ist nicht völlig abgeklärt. Die neueren nordamerikanischen Schriftsteller ziehen die Art nach ') Dieser Name fehlt in Fourniers Monographie; „deflexum“ Harv. ist nach dem Index Kewenis ein Druckfehler für ‚reflexum‘. 736 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 197 dem Vorgang von Greene und Robinson auf Grund der all- seitig gleichmässig ausgebildeten Narbe (eines sehr subtilen Merkmals!) zu Thelypodium. Anderseits besteht eine sehr weit- gehende Ähnlichkeit mit gewissen altweltlichen Sisymbrium- Arten, z. B. mit 8. acutangulum DC. (= S. pyrenaicum [L.] Vill. ssp. austriacum [Jacq.] Schinz et Thell. var. acutangulum [DC.] Koch), mit dem Robinson (l.c.) unsere Art vergleicht, und namentlich — durch die verdickten Fruchtstiele und die etwas pfriemlich-verjüngten Früchte — mit dem mediterranen 8. ery- simoides Desf. (zu welchem ich die in einem dürftigen Exem- plar vorliegende Pflanze von Birsfelden anfänglich gezogen hatte, von dem sich unsere Art jedoch durch die länger borstliche [statt kurz- und feinflaumige bis fehlende] Behaarung, die ge- krümmten [statt geraden] Fruchtstiele, die in der Regel zurück- geschlagenen [statt abstehenden] Früchte, die nur undeutlich 3-nervigen Fruchtklappen und die ungeteilte [statt + 2-lappige, ee über den Plazenten stärker entwickelte] Narbe ') unterscheidet), so dass die Berechtigung einer generischen Abtrennung frag- lich erscheint; auch Robinson (I. c.) gibt zu, dass die Art fast mit gleichem Rechte zur einen oder andern Gattung gestellt werden kann. | Lepidium Draba L. (Medit.) ssp. eu-Draba Thell. var. subintegrifolium L. Micheletti — Basel am Wiesendamm, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXI [1916], 71); Porrentruy, 1918, J. Bourquin! (Le Rameau de Sapin Ile ser. 2° annde [1918], 43). Lepidium pratense Serres (SO.-Frankr. u. SO.-Span.; einmal im Hafen von Mannheim verschleppt gefunden). — Vaulruz (Frei- burg), Bahnhof der elektrischen Bahn Palezieux-Montbovon, 820 m, 1916, E. Wilezek! (Bull. Soe. vaud. Se. nat. vol. 51 “ [1917] No. 192, 330). Lepidium hirtum (L.) DC. (Medit.) * ssp. petrophilum (Cosson) Thell. (8.-Span.). — Im Garten des Lyceums in Sitten, 1914, H.Jaccard!; offenbar aus einem botanischen Garten einge- ) Fournier (l. e.) schreibt auffallenderweise unserer Art „semina biordinata® he — Angabe ‚Ände ich in der neueren Literatur nirgends wiederholt. Prantl = ig ie Pfl. fam. III, 2 [1891], 155) und Robinson (l. c.) sprechen 1-reihige ee: nung .der Samen nicht aus: offenbar setzen sie stillschweigend re a Das mir vorliegende Vergleichsmaterial von T. lasiophyl- : die kahl- una a (ae der Universität Zürich (Abrams Nr. 3573 aus Kalifornien, und die behaartfrüchtige Form gemischt!) weist, wie auch die genannten adventi : n entiven Vorkommnisse, durchaus 1-reihige Samen in jedem Fruchtfache auf. Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 737 schleppt, da weniger mit der wildwachsenden südspanischen Gebirgspflanze als vielmehr mit einer ehedem im Berliner bo- tanischen Garten kultivierten Form übereinstimmend. *Lepidium spinosum Ard. (Balkan, Kreta, SW.-As.; Balearen u. S.-Span. eingebürgert). — Schöngrün bei Solothurn, aus Ab- fällen von der Malzfabrik, 1912, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 178); Hühnergarten bei der Solothurner Malzfabrik, 1915, Probst! Lepidium perfoliatum L. [X L. bupleurifolium (L. ruderale X Bupleu- rum rotundifolium) Leveill& in Le Monde des Plantes 19° annde (2° ser.) No.111 (1918), 8 (nomen), cf. ibid. No.118 (1918), 13] (Span. [eingebürgert?], SO.-Eur., SW.-As.). — Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1912, Schnyder!;beim Zeughaus Seewen (Schwyz), 1917, Binz! Lepidium virginicum L. (N.- u. Zentr.-Am., W.-Ind.) ssp. eu-virginicum Thell. f. micropetaltum Thell. in Hegi Ill. Fl. Mittel-Eur. IV, 87 [1913]). — Güterbahnhof Zürich, 1912, Thellung |. e.; um Basel mehrfach (Güterbahnhof Wolf, St. Johann-Bahnhof, Birsfelden), 1915, Aellen!(Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 71); Badische Lagerhäuser, 1916/8, Aellen! — Var. sublateriflorum Thell.: Rheinufer unterhalb Klein-Hüningen bei Basel, 1911, Aellen! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 209). — — ssp. fexanum (Buckley) Thell. (N.-Am.). -— Bahnhof Bex (Waadt), 1916, E. Wilezek! (Bull. Soc. vaud. Se. nat. vol. 51 [1917], No. 192, 330); Bahnhof Rheineck (St. Gallen), 1914, Sulger- Buel!; Laveno (Prov. Como): Wilezek l.e. Lepidium neglectum Thellung (N.-Am.). — Fribourg: Pensier: F.Jaquet im M&m. Soc. fribourg. sc. nat. vol. II fasc. 4 (1917), 178; Basel: Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 209), speziell: Wiesendamm und Güterbahnhof Wolf in Basel, mit L. densiflorum und virginieum, 1915, bei Neu-Allsch- wil (Basel-Land) (mit L. densiflorum), Birsfelden (leg. W. We- ber!) (Aellen! in Allg. bot. Zeitschr. XII [1916], 71); Ba- dische Lagerhäuser in Basel, 1918, Aellen!; ferner (stets mit L. densiflorum) Getreidelagerhäuser in Aarau (vergl. L üscher Fl. Aarg. [1918], 207) und Romanshorn 1917, Ödland im ‘ Tribschen-Moos bei Luzern (hier auch L. virginicum) 1916, beim Bahnhof Luzern 1918, Aellen!; Bahnhof Langendorf (Solo- thurn), 1913, 1918, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVII. Ber. 1911/4 [1914], 178); Bahnhof Tiefenbrunnen bei Zürich (Ausladestelle von nordamerikanischem Getreide), 1917/8 738 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919. (reichlich mit L. virginieum und L. densiflorum), Thellung; St. Moritz, beim Carlton-Hotel, 1915, Branger! — f. micro- carpum Aellen et Thellung f. nov. (silicula + 2,5 mm longa et lata)!): Getreidelagerhäuser in Aarau, 1917, Aellen! Lepidium densiflorum Schrader (N.-Am.) var. typicum Thell. f£. miero- ‚earpum Thell. in Hegi Ill. Fl. Mittel-Europa IV, fasc. 35 (1913), 85: Tribschen-Moos bei Luzern 1916, Wiesendamm in Basel und Getreidelagerhäuser in Aarau 1917, Badische Lagerhäuser in Basel 1918, Aellen!; Bahnhof Tiefenbrunnen bei Zürich (Aus- ladestelle von nordamerikanischem Getreide), 1918, Thellung. — f. *Thellungianum Aellen! f.nov. (racemo terminali a ramis axillaribus multo superato demum sublaterali). Enständiger Blütenstand von den Seitenästen weit überragt und zuletzt et- was zur Seite gedrängt. Analoge Form zu L. virginicum f. sub- lateriflorum Thell. Güterbahnhof Wolf in Basel, 1916, Aellen! — Var. pubecarpum (A. Nelson pro spec.) Thellung in Bull. Herb. Boiss. 2° ser. IV (1904), 705: Orbe (Waadt), 1886, Moehrlen! (nach Thellungl. c. 706). Dazu gehört als Synonym: L. inter- medium? Vetter in Bull. Soe. vaud. Sc. nat. XXTI, No. 95 (1886), 269. *Lepidium ramosissimum A. Nelson (N.-Am.). — Rheinhafen in Basel, 1 Exemplar, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschrift XXI [1916], 71). [Verschleppt auch in Deutschland: Bremer- haven 1913, A.Zobel!; England: Bristol 1916, Miss Cobbe!; Dotts, Worskop, 1918, R. W. Goneding!] *Lepidium bonariense L. (L. angulosum Gren.! Fl. Massil. adv. [1857], 16 in Mem. Soc. Emul. Doubs 3° ser. II [1858], 402 non D’Ury., nach einer von Prof. H. Lecomte 1916 freundlichst übermittelten Photographie; aus dem östl. S.-Am. stammend, 1852 adventiv in einer Wollwäscherei von Marseille [Blaise u.Roux!], neuerlich mehrfach mit Wolle eingeschleppt in Eng- land, Holland und Deutschland). — St. Jakob an der Birs (Basel), 1914/5, Aellen!, W.Weber! (Allg. bot.Zeitschr.XXII [1916], 71); Güterbahnhof Wolf in Basel, 1917, Aellen!; Neuhausen (Schaffhausen), Schutt am Rhein, 1915, Aellen! 7 Sie RT 3 BT LER NEE er na . ! Lepidium spieatum Desv. (L. racemosum Griseb.; Argent.. Pa tagon.).— Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, auf Kom- I) Eine andere klein- zuglei ; - zugleich aber auch schmaifrüchtige F ist f. angur fallend schmäler als Kon. it Nederl. Kruidk. Archief 1916 (1917), 246: Frucht auf sc) Norma ı 3,5 ä ng I Grunde nicht abgerundet-stumpf, en Es spitzlich ER a: Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 739 post von argentinischer Schafwolle, 1916, Aellen und Probst! [In Europa bisher nur in Schottland (Tweedside) 1914 von Miss I.M.Hayward gefunden]. * Biscutella auriculata L. (W.-Medit.). — Birsfelden (Basel-Land), 1915, W. Weber! (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXI1 [1916|], 71); Solothurn: Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1916, Probst! Iberis pectinata Boiss. (Span., Portugal). — Solothurn: Hühner- hof Zwygart (Malzfabrik), 1916, Probst!, Aellen! Iberis umbellata L. (Zierpfl., S.-Bur.). — Verwildert bei Liestal (Basel- Land): Heinis nach Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI (1915), 210; Kies des Rheins unterhalb der Wiesenmündung bei Basel, 1918, A. Becherer!; Pruntrut auf Schutt, 1918, J. Bourquin!; Bahndamm bei Lachen-St. Gallen, 1915:W.Koch. Sisymbrium multifidum (Pursh) Mae Millan (N.-Am.) ssp. eanescens (Nutt.) Thellung in Hegi Ill. Fl. Mittel-Eur. IV, 37. Lief. (1916), 153. — Rheinhafen in Basel, 1915, Aellen! (nach Thellung). e. und Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 71). *Sisymbrium runeinatum Lag. (Medit.) var. glabrum Üosson: Baseler Rheinhafen, 1915, Aellen! nach Thellung in Hegi Ill. Fl. Mittel-Eur. IV, Lief. 37 (1916), 154 (und Allg. bot. Zeit- schr. XXII [1916], 71). — Var. hirsutum (Lag.) Cosson: So- lothurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915, Aellen! nach Thel- lung a.a.0. — Vergl. über diese Art und ihre Varietäten: Thellung in Le Monde des Plantes 19° annee (2° ser.) No.112 (1918), 9—10. Sisymbrium Loeselii L. (Span., O.-Eur., W.-As.). — Alter Badischer Bahnhof in Basel, Birsfelden (Basel-Land) und Michelfelden (Elsass) bei Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 210); Hühnerhof in Brugg, 1914, Lüscher! Fl. Aarg. (1918), 11; Schutt zwischen Kempttal und Töss (Kt. Zürich), 1916, Thellung. Sisymbrium orientale L. (Medit.) f. irioides Thellung in Hegi Nl. Fl. Mittel-Eur. IV, Lief. 37 [1916], 181 cum deser. germ. (= 8. irio Naegeli et Thell.! Rud.- u. Adv. Fl. Kt. Zürich'), 40 in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich L [1905], 264 non L. — Siliquis junioribus flores distinete superantibus). [Die Pflanze weist meistens gleichzeitig die Blattform der f. subhastatum (Willd.) Thell.auf; da jedoch am Original-Exemplar der Brassica sub- hastata Willd. nach freundlicher Mitteilung von Herrn 2.9, Das seht S, Irio L. fand sich im Kanton Zürich erstmalig 1916 im Zürcher Güterbahnhof (Thellung). Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. _ 1919 Schulz-Berlin (durch die gütige Vermittlung von Herrn Prof, Dr. L. Diels) die jungen Früchte die Blüten nicht oder kaum überragen, können die beiden Formen nebeneinander bestehen bleiben]. Maggimühle in Zürich, 1903, O. Naegeli! (l. c. als S. irio); Güterbahnhof Zürich 1917, Thellung; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, A. Schnyder!; Derendingen bei Solothurn, 1917, Probst!; Badische Lagerhäuser in Basel, 1916, Aellen! [adventiv auch in Deutschl. !, Holland!, Engl. !]. — f. subhastatum (Willd.) Thell.: Güterbahnhof Wolf in Basel, 1915, W. Weber! (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 71). Sisymbrium altissimum L. (O.-Eur, SW.-As.; adv. im übrigen Teil Sisymbrium erysimoides Desf. (S.-Medit. von Eur., sowie in N.-Am.) *f. uerainicum (Blonski) Thell. in Hegi l.c. (1916), 179 (= 8. Sinapistrum f. trichocarpum Busch; aus der Ukraine und dem Kaukasus beschrieben, in Mitteleuropa bisher nicht unterschieden, findet sich aber ver- schleppt in der Schweiz, wie auch in England !). — Güterbahnhof Zürich und Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich, 1917, sowie Bahnhof Tiefenbrunnen bei Zürich (Ausladestelle von nordameri- kanischem [?!] Getreide), 1918, Thellung; Olten, Auffüllung des Basistunnels im Hasli, 1918, G. Brunner! — var. rigi- dulum (Decaisne) Thell. (Arab., SW.-As.; adv. in Deutschl.! und Engl.!; unterscheidet sich von der typischen Art auch durch längeren [1—1!/, mm langen] Griffel!)): Bahnhof Neu-Solothurn (Schutt von der Malzfabrik), 1916, Probst! — Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung. Eruca vesicaria (L.) Cav. em. Thell. (E. sativa Cosson ; Medit., ver- wildert oder verschleppt im grössten Teil von Eur., 8.-Afr., China, N.-Seeland, N.-Am., Mex.) ssp. sativa (Miller) Thell. in Hegi Ill. Fl. M.-Eur. IV, 201 (1918) var. longirostris (Uechtr.) ; adv. Deutschl.!, Engl.!). ee JE a ne OT Rouy: Solothurn, 1916, Probst! — Subvar. glabrescens (Jordan) a Thell. 1. ec. 202: Chätelaine bei Genf, 1882, Schmidely! — Subvar. hispidivalvis Thell. 1. e.: Baseler Rheinhafen, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 71); Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich, 1915, Thellung. — *Var. vesicaria (L.) Cosson (Span., westl. N.-Afr.; adv. England, Frankr. [Mont- ____Pellier; „Florula'obsidionalis“ von Paris 1871], Korsika): Solo- Eur. prol. rigidulum (Decaisne) O. E. Sc ulz z mum spezifisch verschiede grandiflorum Post 1) Nach 0. E. Schulz (in Fedde Repert. s et Medit. I, Bd. No. 24] [31. XI. 1918] 2 ae septulatum DC. (= Sinapsis Oliveriana DC. = Sis. = $, pannonicum var. macranthum Bornm.; SW,-As.) Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 741 thurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915/6, Probst!, Aellen; beim Hauptbahnhof 1919, Probst!; Disentis (Grau- bünden), unter algerisch-marokkanischer Hafersaat (Avena byzan- tina), 1915, Hager! (vergl. Verbreit.Holzarten [1916], 259 not.) — — ssp. lativalvis (Boiss.) Thell. 1. c. (1918), 203 (SW.-As.) var. cappadoeica (Reuter pro spec.) Thell. l.c. 203 (adv. Frankr., Niederl., Deutschl., Triest): Solothurn bei der Malzfabrik, 1911, Probst! (Mitteil. Natf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 180;? blühende Exemplare, nicht sicher bestimmbar); Wiesendamm bei Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXI [1916], 71); Güterbahnhof Zürich, mit verschiedenen Formen von ssp. sativa, 1917, Thellung. Sinapsis alba L. ssp. dissecta (Lag.) Bonnier (Medit.). — Pfarrgarten | Kilchberg (Zürich), verschleppt, 1883, E. Baumann!; Wiesen- damm in Basel, in den Formen subglabra Brig. und Lagascana (Alef.) Thell, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXU [1916], 71); Birsfelden (Basel-Land), auf Schutt, 1916, W. Weber! (alle Angaben nach Thellung bei Hegi, Illustr. Fl. Mittel-Eur. IV, 206 [1918]); Güterbahnhof Zürich, neben ssp. eu-alba Briq., 1917, Thellung. Sinapis pubescens L. (Brassica pubescens Ardoino; SW.-Medit.; adv. Deutschl., Holland). — Güterbahnhof Zürich, 1918, Dr. F.Rohrer!, 1919 Thellung. Diplotaxis viminea (L.) DC. (Medit., SW.-Eur. bis zum Ober- u. Mittelrhein [teilw. adv.]). — Güterbahnhof Zürich, 1 Exemplar, unter D. muralis var. pseudo-viminea Schur, 1917, Thellung in Hegi Ill. Fl. Mittel-Eur. IV, 210 [1918] (wohl neu für die Schweiz; die Angabe von Lausanne durch H.Leveille in Le Monde des Plantes, 14° annde [2° ser.] No. 79 [1912], 45 be- darf wegen der häufigen Verwechslung mit D. muralis var. pseudo- viminea der Bestätigung.) *Diplotaxis virgata (Cav.) DC. (Portugal, Span., NW.-Afr.). — St Ludwig (Elsass) bei Basel, auf Schutt, 1914, Aellen und Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 210; Thellung in Hegi Ill. Fl. Mittel-Eur. IV, 208/9 [1918]). *Diplotaxis tenuisiligua Del. (D. auriculata Dur.; Marokko, Al- ger. ;adv. Frankr.) — Solothurn, Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1915/6, Probst!; Disentis(Graubünden), unter angebauter Avena byzantina, 1916, Hager! (beide nach Thellung bei Hegi Ill. Fl. M.-Eur. IV, 209 [1918]). Diplotaxis erueoides (L.) DO. (Medit.). — Basel gegen Burg- Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 felden, 1913, Aellen! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 210); Birsfelden und St. Jakob-Neue Welt bei Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 72); Birsfelden, 1916, W. Weber!; Käferfeld bei Bern, 1916/8, { R. Streun!(E.Fischer in Mitteil. Naturf. Ges. Bern 1919, sep.6); Solothurn: Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1916/8, Probst!; in Zürich (Güterbahnhof, Kiesgrube Hardau, Belvoir) seit 1899 fast alljährlich, aber in stark wechselnder Häufigkeit (Thel- lung in Hegi Ill. Fl. Mittel-Eur. IV, 218 [1918]). *Erucastrum varium Dur.; Thellung in Hegi 11. Fl. Mittel-Eur. IV, 219, Fig. 779 e,f [1918] (Alger., Marokko; verschleppt auch bei Montpellier gefunden). — Disentis (Graubünden), unter fremder Hafersaat (Avena byzantina), 1915, Hager! (in den Rassen campestre |Dur.| Thell. und montanum |Dur.] Cos- son, beide auch in der f. dasycarpum Thellung). Wahr- scheinlich auch bei Solothurn: Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915, Aellen! (zu mangelhaftes Exemplar). *Erucastrum Thellungii O0. E. Schulz! in Englers Bot. Jahrb. LIV, Beibl. No. 119 (Okt. 1916), 54; Thellung in Hegi 1l. Fl. Mittel-Eur. IV, 219/20, Fig.779 g, h [1918] (= E. varium var. [?] inerassatum Thell. ap. P. K. Hager Verbr. d. wildwachs. Holzarten im Vorderrheintal (Kt. Graub.) [= Erhebungen über d. Verbr.d. wildwachs. Holzarten in der Schweiz Lief. 3] (1916), 259 not.; nomen tantum). Heimat unbekannt; wahrscheinlich — nach der systematischen Verwandtschaft und der Begleitflora AR schliessen — Algerien oder Marokko. Die neue Art steht in ihren Merkmalen zwischen E. varium und dem marokkani- schen E. elatum (Ball sub Brassica) O.E.Schulz. — Disentis (Graubünden), unter angebauter Avena byzantina, mit E. varium und anderen algerisch-marokkanischen Unkräutern (z. B. Bras- BIOR fruticulosa var. mauritanica, Anthemis mixta var. aurea), 1915/6, Hager! l.e. Zerfällt in die beiden Abarten ineras- satum Thell. (in Hegil. c. 220) und dolichopodum 0. E. Schulz (ex Thell. in Hegi 1. c.). Hıirschfeldia incana, (L.) Lagröze-Fossat (Erucastrum incanum Koch; Brassica incana Döll non Ten.; Medit.) var. (vel ssp.) geniculata (Desf.) Thell. in Hegi Ill. Fl. un = 229 nn (3. U. errang — Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 5, Probst!; Kiesgrube Hardau in Zürich, 1916, Thellung; Disentis (Graubünden), unter fremder Hafersaat (Avena byzan- tina), 1915, Hager! [Verbreit. Holzarten (1916), 259 not. sub Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 743 Brassica incana var. geniculata]| (alle drei Angaben nach Thel- lung bei Hegi l.ce.). Brassica elongata Ehrh. (O.-Eur., SW.-As.; adv.im grössten Teil von Eur.) ssp. I. eu-elongata Thell. in Hegi 111. Fl. Mittel-Eur. IV, 235 (1918) f. genuina Thell. l.c. cum deser. germ. (foliis caulinis inferioribus et mediis pinnatifidis vel pinnatilobatis, superioribus plerumque remote dentatis): Aigle, 1910, H. Jaccard! — f. subinteyrifolia Thell.1l.c. cum deser. germ. (cf. Vierteljahrs- schr. d. Natf. Ges. Zürich LVI [1911], 277) |= var. integrifolia Boiss. pro parte?] (foliis caulinis mediis et superioribus indivisis, tantum dentatis, summis integerrimis): Aigle, 1912, H. Jaccard! — — ssp. armoracioides (Czern.) A. etG. [1898] (= B. persica Boiss. et Hohenacker, — B. elongata ssp. persica Thellung 1913; S.- Russl., SW.-As.). — Aigle, mit den Formen von ssp. eu-elongata, H. Jaccard!; Langendorf (Solothurn), am Wildbach, 1916, Probst! — f. *mrrerocarpa Thell.]. ce. (1918), 235 eum deser. germ, (siliqua incluso rostro 3—4 cm longa) (Sarepta!, Trans- kaspien!): Orbe, 1892, Moehrlen! Der bei uns gewöhnlich vorkommende Typus der ssp. armoracioides wird 1.c. 235 (cum deser. germ.) als f. mesocarpa Thell. (siliqua [15—] 20--25 [—30] mm longa) aufgeführt, im Gegensatz zu der bei uns noch nicht beobachteten f. brevisiligua Busch (Frucht nur 10 bis 14 mm lang, 1—3samig). *Brassica elongata |[ssp. armoracioides] X Rapa = B,. Aelle- niana')O. E. Schulz et Thell. in Hegi Ill. Fl. Mittel-Eur. IV, 263 (1918) [sine deser.] (Speeimen anicum adultum aphyllum tantum notum. Planta superne dense intrieatim ramosa ut in B. elon- gata ssp. armoracioide. Flores satis parvi; sepala 3,5 —4, petala 7—8 mm longa. Silique plersque abortive, supra torum bre- viter [0,5—1-—2 mm] stipitate, sed que bene evoluts [raris- sim&] quoad formam B. junces similes, ad 4 cm long et 2,5 mm crass®. Rostrum longitudine mire varians, 2—13 mm longum. Semina abortiva). — Einziger bisher bekannter Fundort: Ba- dische Lagerhäuser in Basel, 1917, Aellen! Brassica nigra (L.) Koch var. OR A. Braun (Abess,, Indien ') Benannt nach dem Entdecker, Paul Aellen, * 13. Mai 1896 in Basel, stud. phil., verdient um die Erforschung der Adventivflora der Schweiz, speziell von Basel („Beiträge zur Basler Adventivflora*, Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 67—73), und um die Kenntnis der Gattung Chenopodiam(, Neue Bastard-Kombinationen im Genus Chenopodium“, in Fedde Repert. Spee. nov. Nr. 422/26, Rep. Eur. et Medit. I. Bd. Sr. 17 [1918], 37 — 39). Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 48 744 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 19922 ete.) f. subglabra (0. Kuntze sub B. nigra) O0. E. Schulz — Solothurn, Hühnergärten Latscha und Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst! (det 0. E. Schulz). — Var. *hracteolata (Fischer et Meyer) Spach (Aegypt., Arab.; adv. Frankr.!): Güter- bahnhof Zürich, 1914, 1917, Thellung (teste O. E. Schulz). Brassica juncea (L.) Cosson (B. lanceolata Lange; „Sarepta-Senf“, ein- heimisch in Abessinien [?] und in $.-, M.- u. O.-As., kult. in den Trop. u. Subtrop., eingeschleppt im grössten Teil von Eur. und in N.-Am.). — Neu bekannt gewordene Funde: Chätelaine bei Genf, 1874, Ayasse! (als B. nigra, Herb. Univ. Zürich); Solo- thurn, Hühnergarten Zwygart (bei der Malzfabrik), 1915, Probst!; Zeughaus in Seewen (Schwyz), 1917: Binz (brief); Eylisau (Zürich), 1897, Frymann!; Bahnhof Chur, 1916, und Arosa mehrfach (bei „Bergheim“ 1730 m, Schutt unterhalb „Flöka“ 1735 m, Kehriehtverbrennungsanstalt 1630 m), 1917, Thellung; Maggia-Delta bei Locarno, 1917, J. Jäggli! [alle nach Thellung bei Hegi Ill. Fl. M.-Eur. IV, 241 (1918)]; Lin- matufer bei Turgi, 1912, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918]. 12); um Basel mehrfach: Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI (1915), 210; Aellen! in Allg. bot. Zeitschr. XXII (1916) 72; Bahnhöfe Lommiswil und Langendorf (Solothurn), 1918, Probst!; um Bern 1918 mehrfach:. R.Streun nach E. Fischer in Mitteil. Naturf. Ges. Bern 1919, sep. 6; Meiringen, Wegrand am Fusse des Reichenbachfalles, 1918, Thellung; Rheineck (St. Gallen), 1918, Dr. Sulger-Buel! *Brassica juncea X RBapa (var.campestris) = B. turicensis 0. E. Schulz et Thellung in Hegi Ill. Fl. Mittel-Eur. IV, 263 (1918) [sine deser.] (Planta habitu intermedia inter parentes. Folia caulina quoad formam magis an B. junceam accedentia, sed partim basi vagınantim dilatata [quamvis non auriceulato-amplexi- caulia]. Flores parvi; sepala 2,5—3 mm, petala 5—6 mm longa. Silique plereque abortive; quae bene evolut®s cum rostro ad > cm long® et 3 mm crasse. Rostrum 10—15 mm longum. Valvule magis nervo-® quam in B, juncea. Semina matura [perpauca evoluta] globosa, 1,5 mm diam. max., obscure rubro- Sri, sub lente alveolato-punetata). — Güterbahnhof Zürich, ee a a Abenate h & .Schulz). Bisher der einzige Fun Brassica Napus L. (alte Kı I Arster “ Kbelank En u urpflanze von unbekannter Herkunft und ung; vergl. Thellung in Hegi Illustr. Fl. Mittel-Eur. IV, u vr RT 2 AR Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 745 Lief. 38 [1918], 253/4) var. * glauca (Roxb.) O. E. Schulz in litt. (Sinapis glauca Roxb.; B. campestris var. Sarson subvar. Natua f. glauca [Roxb.| Prain; Ostindische Kulturform mit besonders grossen und dicken, derbwandigen Früchten). — Eglisau (Kt. Zürich), an der Strasse nach Rheinsfelden in einem Rapsfeld vereinzelt unter var. arvensis (= oleifera), 1918, Thellung. Brassica fruticulosa Cyr. (W.-Medit.; einmal eingeschleppt in Deutschl.). — Var. fruticulosa (Cyr.) Cosson (westl. S.-Eur.): Güterbahnhof Zürich, mit. sizilianischen Begleitpflanzen. 1916/7, Thellung. — Var. * mauritanica Cosson (we-tl. N.-Afr.): Disentis (Graubünden), unter fremder Hafersaat (Avena byzan- tina), 1915, Hager! (vergl. Verbreit. Holzarten [1916]. 259 not.) [beide Funde auch bei Thellung in Hegi Ill. Fl. Mittel-Eur. IV, 231 (1918)]. Raphanus Raphanistrum L. (Eur., SW.-As., N.-Afr. und durch Ver- schleppung fast kosmop.) ssp. Landra (Moretti) Bonnier [excl. race 2° R. maritimus] (S.-Eur., westl. N.-Afr.). — Güterbahnhof Zürich, 1915, 1917, 1918, Thellung (teste O. E. Schulz); So- lothurn, Hühnerhof Zwygart (Malzfabrık), 1916, Probst!; Käfer- feld bei Bern, 1916, R. Streun! (? Bestimmung dieser letztern Pflanze nicht ganz sicher). — — ssp. sativus (L.) Domin f. rubro-fulvus Thell. in Hegi Nlustr. Fl. Mittel-Eur. 1V, 282 (1918) (= R. Gayanus var. floribus ver- sicoloribus Fischer et Meyer, 1837?). In einem Runkelrüben- acker bei Fraubrunnen (Kt. Bern), 1917, Probst! (Thel- lung |. c.) Rapistrum perenne (L.) All. (8.-, M.- u. O.-Eur.). — Birsfelden bei Basel, 1916, W. Weber! Rapistrum rugosum (L.) All. ssp. Linnacanum (Boiss. et Reuter) Rouy et Foue. (ssp. hispanieum [L.] Thell.; Medit.). — Birsfelden bei Basel, 1915, W. Weber!; Langendörf und Oberdorf bei Solo- thurn, 1915, Probst!; Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malz- fabrik), 1915, Probst, Aellen!; Disentis (Graubünden), unter fremder Hafersaat (Avena byzantina), 1915, Hager! (Verbr. Holzarten [1916], 259 not.). An allen diesen Fundorten tritt die Unterart, wie überhaupt wohl ausschliesslich in M.-Eur. (vergl. Thellung in Hegi Illustr. Fl. Mittel-Eur. IV, 294 [1918]), in der var. mierocarpum (Jordan) Rouy et Fouc auf; in Disentis fand sich neben dem kahlfiüchtigen Typus (subvar. glabrum Cariot ex Rouy et Fouc) auch die behaartfrüchtige subvar. hör- sutisiliguum Thell. (1. ce. 295). 746 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919. ” — — ssp. orientale (L.) Rouy et Fouc. (Medit.). — Neue Welt bei Basel, > De: 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 210); Birsfelden (Basel-Land), 1916: Aellen; Solothurn, Bahndamm westlieh der Station Alt-Solothurn, 1916, Probst! Barbarbaea bracteosa Guss. (Italien: Alpen der Lombardei, Ap- pennin, Sizilien; scheint mir von B. intermedia Bor. nicht spezi- fisch verschieden‘). — Walzmühle in Glarus, 1913, E.Furrer! Roripa austriaca (Crantz) Besser (O.-Eur., SW.-As.). — Bahnhof 2. Pruntrut, 1918, Fridelance! x Draba nemorosa L. (D. memoralis Ehrh.; N.- u. O.-As., N.-Am.). — Surava bei Belfort (Graubünden), an der Landstrasse bei der Fabrik Laim, 1 Exemplar, 1911, J. Braun!; Bahnhof Buchs St. Gallen), 1915, Schnyder! | Arabis albida Steven (A. caucasica Willd.; Zierpfl., Medit.). — Biberist (Solothurn) an der Emmenbrücke halbverwildert: Probst in Mitteil. Natf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 182); im Gebiete von Basel oft an Mauern verwildert: E. Steigernach Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI (1915), 210. Bi Arabis muralis Bertol. (S.-Eur.) ssp. collina (Ten. 1811 pro spec.) Thel- = lung in Ber. Schweiz. Bot. Ges. XXIV/XXV (1916), 106 (= A.r sea Ües., Pass. et Gib. Comp. fl. Ital. 849 [1885] [teste R. Pam panini in litt.]; Chiovenda in Bull. Soc. bot. ital. 1892, 390 — non DC. sens striet.; S.-Ital., Sizil.) var. rosea (DC. 1821 pro spec.) Thell. ]. c. (1916) (= A. muralis var. rosea Arcangeli Comp. = fl. Ital. ed. 1 (1882) 35; Paoletti in Fiori et Paoletti Fl.anal. Ital. I, 2 [1898], 428 Isphalm. 328] — A. collina b. purpurascens [Presl 1826 pro spec.] Guss. Fl. Sic. Prodr. II [1828], 243? = A. collina B. virescens Ten. Syll. fl. Neap. ed. in 8° [1831], : u) Nimmt man die spezifische Zusammengehörigkeit von B. bracteosa und ınlermedin, die sieh in der Hauptsache nur durch das Vorkommen resp. Fehlen von Brakteen im Blütenstand unterscheiden, an, so hat die Gesamtart aus Prioritäfs- ae Namen B. bracteosa Guss. (1828) sens. ampl. zu führen mit den (Griseb ) a 1840 pro spec.) Thell. eomb. nov. und ß bracteata ie broctainf ran . nov. (= B. bracteosa Guss. sens. striet., = B intermedia Lands: Univ a = ap. Pantoseek Adnotationes etc. [1874], 89 teste Murbeck in ieh w r-XXVII 11891], 172). Die var. bracteata ist übrigens sicherlich en u en der Literatur scheinen konnte, auf Italien beschränkt, re usser in Bosnien (Murbeck I. c.) offenbar auch weiterhin Im or, da sie bei Glarus in Gesellschaft von Getreideunkräutern orientalische Provenienz (Lepidium perfoli \ . tee: Bu, piatum perfoliatum, Erysimum repandum, Cihorispora tenella) ange re Er Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 14 324 [eit. sec. R. Pampanini in litt.]?)?; bei uns Zierpfl.). — Jussy-Pomier am Saleve, als Überrest absichtlicher Anpflanzung: J. Favre in Annuaire Cons. et Jard. bot. Genöve 18° et 19° an- nees, 1914 et 1915, 204 (1915) [ob auch zur Subvar. glabres- cens gehörig? — Th. — — subvar. glabrescens Thell. 1. c. (1916). — Zuerst von Tri- pet (Bull. Soe. se. nat. Neuchätel XI [1879], 146) bei Neu- chätel «derriere le Mail, oü elle a 6t& decouverte, il ya quatre ans, par M. Remy Matthey... sa presence est due sans doute a un essai de naturalisation .. . se propage assez ra- pidement>, sodann (Le Rameau de Sapin XXX VIII annee [1904], 36, an beiden Orten als A. rosea; vergl. Thellung in Viertel- jahrsschr. Natf. Ges. Zürich. LVI [1911], 278 als A. muralis var. rosea) auf Felsen von Belle-Roche bei Neuchätel angegeben, nach der Vermutung des Verf. (l. ce. 1904) durch den Botaniker d’Yvernois, einen Zeitgenossen J. J. Rousseaus, eingeführt, welche Hypothese jedoch mit Rücksicht darauf, dass d’Yver- nois 1764 starb, während die Pflanze erst 1873 verwildert auf- gefunden wurde, mit Recht von Aug. Dubois (Le Rameau de Sapin II® ser. 2° annde No. 4 |1* juillet 1918], 35) bekämpft wird, der eher an ein Verwildern aus dem nahen ehemaligen Botanischen Garten von Saars denkt; noch immer in Menge am felsigen Nordabhang der «colline du Penitencier> bei Neuchätel vorhanden (H. de Rougemont! in Le Rameau de Sapin 49° annee [1915], 4 als A. rosea; A. Dubois! briefl.). Die Neuen- ') Der Freundlichkeit von Herrn Konservator R.Buser in Genf verdanke ich die Mitteilung eines etwas abweichenden Zitates für A. collina B. virescens Ten.: Fl. Nap. IV (1830), Sylloge p. 93. Die Pflanze figuriert dort mit der Diagnose „flore roseo“ us dem Synonym „A. rosea DC. Deless. Ic. sel. t. 2 tab. 23“, ferner mit dem Zitat „l.c.“, das sich auf Tenores „Florae Napolitanae Podromus* (1811), p. XXXIX beziehen AR an welcher Stelle jedoch nach R. Buser nur die Spezies A. collina, nicht die var. virescens figuriert. — Leider war es mir nicht möglich, bezüglich der ' Verschiedenheit bezw. Identität der drei rotblütigen Form A. rosea, A. collina . Purpurascens und var. virescens zu einem klaren Resultat zu kommen; denn ER z. B. Paoletti (in Fiori et Paoletti l.c) die rotblütigen Sippen als A. mu- ralis ß rosea zusammenfasst, treten Gussone (l. c.) und neuerdings Lojac ono- Pojero (Fl. Sie.) für die spezifische Trennung von A. rosea und A. collina (inel. var. purpurascens) ein, wobei sich erst noch die für die Nomenklatur wichtige Frage erhebt, ob Tenores var. virescens zu rosea oder purpurascens gehört, Aus dem mir von Herrn Prof. Dr. F.Cavara in Neapel in liberalster Weise übermittelten Her- barmaterial habe ich nur feststellen können, dass A. collina und A. rosea sehr nahe verwandt sind und wohl am besten als besondere Unterart der A. muralis zusammen- gefasst werden dürften. 748 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 burger Pflanze (subvar. glabrescens) unterscheidet sich von der 8 typischen A. rosea DC. (Deless. Ic. sel. II [1823], t. 23!; Bot. Mag. LX [1833], t. 3246 !), die sich ihrerseits vor A. muralis e ausser der rosapurpurnen Farbe der Kronblätter durch beson- ders kräftigen Wuchs, grosse Laubblätter und Blüten aus- zeichnet, habituell stark durch niedrigen Wuchs: (Stengel nur etwa 15 cm hoch), durch verkürzte, eiförmig-längliche (die 3 grösste Breite nahe dem Grunde aufweisende), am Grunde breit = abgerundete bis etwas herzförmige, grüne (auf den Flächen fast S kahle, nur am Rande von Sternhaaren gewimperte) Laubblätter = und kleinere Blüten. — Vergl. über das Verhältnis der Neuen- er burger Pflanze zu A.muralis auch: H.de Rougemont l. c. (1915). 3 4; Rougemont et Beauverd in Bull. Soc. bot. Geneve 2° ger, VI © (1915). 62—64; Lendner et Beauverd ibid. 122—123; Aug. Dubois in Le Rameau de Sapin II® ser. 2° annde (1918) No. 4 (1® juillet), 31-32, No. 5 (1° sept.). 35—36. Diese Autoren treten für die spezifische Verschiedenheit von A. rosea gegen- über A. muralis ein, welcher Ansicht ich jedoch aus den früher (1. c. 1916) angedeuteten Gründen nicht beipflichten kann. Erysimum repaudum L. (Span., SO.-Eur., W.-As., N.-Afr.). — Pörolles (Fribourg), en face du Moulin Grand, 1911: F.Jaquet in Mem. E Soc. fribourg. Sc. nat. vol. III fase. 4 (1917), 179. — Var. gra- £ cilipes Thell.: Wiesendamm bei Basel, 1914, Aellen!u. Weber; Zeughaus Seewen (Schwyz), 1917, Binz! Bi Erysimum suffruticosum Sprengel (E. murale Desf.; Zierpfl. unbekannter Herkunft, angeblich aus Spanien; in Kultur z. B. an der französischen Riviera am Cap d’Antibes [!!], in M.-Eur. - gelegentlich in Sommerblumen-Mischungen; verwildert in Frankr., Belg., Deutschl., Engl., schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts auch von Basel angegeben). — St. Jakob bei Basel, auf Schutt, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 211); Rasen (Kunstwiese) beim Bahnhof Glattfelden (Kt. Zürich). 1 Exemplar, 1916, Thellung; im Garten der Land wirtschaftlichen Schule in Zürich spontan aufgetreten, 1918, E. Baumann!; beim Bahıhof Zweilütschinen (Lauterbrunnental, Berner Oberland). 1918, W. Lüdi! E Erysimum cuspidatum (M. Bieb.) DC. (SO.-Eur., SW.-As.). — Schutt in Genf, 1903, A. Gaille!; Jussy-Pomier am Saleve, Kultur- relikt: J. Favre in Annnaire du Cons. et Jard. bot. Geneve 18° et 19° annees, 1914 et 1915 (1914—6), 204 (1915). | Alyssum saxatile L. (30.-Eur., Kl.-As.) var. petraeum (Ard.). — Felsen Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 749 ob Ligerz (Bern), an der Bahnlinie nach Preles, 1916, leg. Ing. Hans Keller! (comm. Probst); soll (Verifikation vorbehalten) auch an der Bahnlinie Neuchätel-Chaumont vorkommen (H. Kel- ler nach Probst briefl.). Alyssum edentulum Waldst. et Kit. (nach Fiori et Paoletti eine Form von A. saxatile L. var. petraeum |Ard.|). — Jussy-Pomier am Salöve, Kulturrelikt: J. Favre in Annuaire du ÜCons. et Jard. bot. Gen&ve 18° et 19° annees, 1914 et 1915 (1914 — 6), 204 (1915). * Alyssum corymbosum (Griseb.) Boiss. (A. [|Vesicaria] micro- carpum Vis.; Balkan). — Bord du chemin a Valeyre (Bez. Aigle), 1879, H. Jaccard!; Önsingen (kult.? verwildert?), 1891, Fröh- lich! (Herb. Eidg. Techn. Hochschule); ? Sihlfeld in Zürich, 1872,J. Hanhart! (junges, kaum aufgeblühtes Exemplar); ? Ufer- mauer bei der Heinegg am Thunersee 1917, R. Streun! (zu junges Exemplar). Alyssum rostratum Steven (= A. Wierzbickii Vetter! in Bull. Murith XI, 1881/2 [1883], 49 et [cum „?“] in Bull. Soe. vaud. Se. nat. XXI, No. 95 [1886], 269 et auct. Helv. non Heuffel; SO.-Eur., Kl.-As., Kauk.). — Orbe (Waadt), vor 1883 (und 1885!), Vet- ter (ll. ce. als A. Wierzbickii; von Ascherson [in litt. ad Vetter] vermutungsweise als A. transsilvanicum Schr ange- sprochen, ist aber entschieden einjährig und einstengelig, Blüten- stiele fast nur mit Sternhaaren). Alyssum argenteum All. (Piemont, SO.-Eur., SW.-As.). — ‚Jussy-Pomier am Salöve, Kulturrelikt: J. Favre in Annuaire du Cons. et Jard. bot. Geneve 18° et 19° anndes, 1914 et 1915 (1914—16), 204 (1915); Ouchy bei Lausanne, beim Schiffausladeplatz, 1917, J. Bär und Thellung. Alyssum strigosum Solander ex Russell (A. hirsıtum M. Bieb.; A. cam- pestre Vetter! in Bull. Soc. vaud. Se. nat. XXI, No. 95 [1886], 269; Naegeli et Thellung Rud.- u. Adv.fl. Kt. Zürich, 45 in Vierteljahrsschr. Nat. Ges. Zürich L [1905], 269; Thellung ibid. LVI [1911], 278; Probst! in Mitteil. Naturf Ges. Solothurn 5 Heft, XVII. Ber. [1914], 183 pr. p., non L ; SW.-As ).— Epen- des (Waadt), 1885, Moehrlen!; Solothurn beim Baseltor (Schutt von der Malzfabrik), 1909, Probst!; Zürich im Sihlkanal, 1902, Ö. Naegeli! ; Dagegen gehört zum echten A. campestre L. (Medit.) ein Vorkommnis von Solothurn: Schutt südlich der Vorstadt (Abfälle von der Malzfabrik), 1906, Probst! (vergl. Vierteljahrsschr. LI [1907], 449). 748 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 burger Pflanze (subvar. glabrescens) unterscheidet sich von der typischen A. rosea DC. (Deless. Ic. sel. II [1823], t. 231; Bot. Mag. LX [1833], t. 3246!), die sich ihrerseits vor A. muralis ausser der rosapurpurnen Farbe der Kronblätter durch beson- ders kräftigen Wuchs, grosse Laubblätter und Blüten aus- zeichnet, habituell stark durch niedrigen Wuchs- (Stengel nur etwa 15 cm hoch), durch verkürzte, eiförmig-längliche (die grösste Breite nahe dem Grunde aufweisende), am Grunde breit abgerundete bis etwas herzförmige, grüne (auf den Flächen fast kahle, nır am Rande von Sternhaaren gewimperte) Laubblätter und kleinere Blüten. — Vergl. über das Verhältnis der Neuen- burger Pflanze zu A.muralis auch: H.de Rougemont ]. c. (1915). 4; Rougemont et Beauverd in Bull. Soc. bot. Geneve 2° ser. VI (1915). 62—64; Lendner et Beauverd ibid. 122—123; Aug. Dubois in Le Rameau de Sapin II® ser. 2° annde (1918) No. 4 (1* juillet), 31—32, No. 5 (1° sept.). 35—36. Diese Autoren treten für die spezifische Verschiedenheit von A. rosea gegen- über A. muralis ein, welcher Ansicht ich jedoch aus den früher (l. e. 1916) angedeuteten Gründen nicht beipflichten kann. Erysimum repaudum L. (Span., SO.-Eur., W.-As., N.-Afr.). — Pörolles (Fribourg), en face du Moulin Grand, 1911: F. Jaquet in Mem. Soe. fribourg. Se. nat. vol. III fase. 4 (1917), 179. — Var. gra- eilipes Thell.: Wiesendamm bei Basel, 1914, Aellen! u. Weber!; Zeughaus Seewen (Schwyz), 1917, Binz! | Erysimum suffruticosum Sprengel (E. murale Desf.; Zierpfl. unbekannter Herkunft, angeblich aus Spanien; in Kultur z. B. an der französischen Riviera am Cap d’Antibes [!!], in M.-Eur. - gelegentlich in Sommerblumen-Mischungen; verwildert in Frankr., Belg., Deutschl., Engl., schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts auch von Basel angegeben). — St. Jakob bei Basel, auf Schutt, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel xxVI [1915], 211); Rasen (Kunstwiese) beim Bahnhof Glattfelden (Kt. Zürich). 1 Exemplar, 1916, Thellung; im Garten der Land- wirtschaftlichen Schule in Zürich spontan aufgetreten, 1918, E. Baumann!; beim Bahıhof Zweilütschinen (Lauterbrunnental, Berner Oberland), 1918, W. Lüdi! Erysimum euspidatum (M. Bieb.) DC. (50.-Enr., SW.-As.). — Schutt in Genf, 1903, A. Gaille!; Jussy-Pomier am Saleve, Kultur relikt: J. Favre in Annnaire du Cons, et Jard. bot. Geneve 18° et 19° annees, 1914 et 1915 (1914—6), 204 (1915). Alyssum saxatile L. (30.-Eur., Kl.-As.) var. petraeum (Ard.). — Felsen Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 751 Dubois ibid. 46° annee (1912), 41, 42, 1913 A. Gaille! (ibid. 2° ser. 1[1917], 7); am Mont-Aubert (Neuenburger-Jura), zweifel- los gleichfalls vom Baron v. Büren angepflanzt, neben S. spurium noch 1916 reichlich: H. Correvon in Le Rameau de Sapin 50° annee (1916), 47. Astilbe japonica (Morren et Decaisne) A.Gray (Zierpfl. aus Japan). — Kompost bei der Kehrichtverbrennungsanstalt von Arosa (Grau- bünden), 1915, Thellung. Sazxifraga Huetiana Boiss. (Östsiebenbürg. Karpatb., Kl.-As., Armen.). — Auf diese Art, die neuerdings vonEngleru.Irmscher (Saxifraga- ces - Saxifraga I, in Engl. Pflanzenreich IV. 117,1[1916], 203) — wohl mit Recht — als var. ß Huetiana zu S. Oymbalaria L. e.]. (Kl.-As., Kauk., Armen.; var. baborensis [Battand.] Engler et Irmscher 1.c. 204 in Algerien) gezogen wird, bezieht sich auch die Angabe vom Wasserfall bei „Paroyer“ zwischen St. Imier und Sonvilier im Berner Jura (H. Guyot in Bull. Soc. bot. Geneve 2° ser. V [1913], 103), wie dies nach dem Fundort (vergl. Viertel- jahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich LII [1907], 450) zu erwarten war, und wie mir Herr 6. Beauverd (briefl. VI. 1913) auf An- frage freundlichst bestätigt. *Saxifraga sarmentosa L. (Zierpfl. aus O.-As.). — Verwildert an der Mauer der Via Belvedere ob Lugano an mehreren Stellen, 1918: Hans Schinz; massenhaft an der Mauer beim Kap Martino (Lugano), 1918: Alban Voigt. Philadelphus eoronarius L. (Zierpfl. aus SO.-Eur. und SW.-As., jedoch mit keiner lebenden Wildform ganz übereinstimmend; verg]. €. K. Schneider Ill. Handbuch Laubholzkunde 1, 373 [1905]). — Fürstenau-Brugg (Domleschg), auf seit langer Zeit verlassenem Kulturland in üppigen, reichlich blühenden Büschen mitten im einheimischen Buschwerk: Hager briefl. (1913); verwildert in Langendorf (Solothurn) an der Bachmauer, seit Jahren: Probst in Mitteil. Natf. Ges. Soloth. 15. Heft, XVII. Ber. (1914), 184; mehrfach um Neuchätel: H. Spinner in Mem. Univ. Neuchätel U (1918), 54; im Aargau bei Zofingen und Lenzburg: Lüscher | Fl. Aarg. (1918), 63. Ribes aureum Pursh (Zierpfl., N.-Am.). — Oberdorf (Solothurn) in einem Weggebüsch, 1914: Probst in Mitteil. Natf. Ges. Solotb. 15. Heft, : XVII. Ber. (1914), 184. Spiraea T’hunbergii Siebold (Zierpfl. aus Japan, China). — Langendorf (Solothurn) an einer Bachmauer seit 1901 verwildert (seit einigen 752 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Jahren infolge lokaler Veränderung eingegangen), Probst! (Mitteil. Natf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 184). Spiraea japonica L. f. (8. callosa Thbunb.; Japan, China?). — Basel, Kulturrelikt an der Gundoldingerstrasse, 1913, Magnat! (in Herb. Binz); Kiesgrube Hardau in Zürich 4, 1914, Thellung; in der Meininger Au (Vorarlberg) verwildert: Murr in 50. Jahres- ber. Landesmus. Vorarlberg (1914), sep. p- 14. Spiraea chamaedryfolia L. em. Jacq. (S. ulmifolia Scop.; O.-Eur., W.- u. N.-As.). — Muri, verwildert, 1911, Lüscher! (nicht typisch, wohl Kümmerform); Baden: Käferholz, verwildert: K. Weckerle nach Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI (1915), 211; Frenieres sur Bex (Vaud), recouvrant un talus tout entier: E. Wilczek in Bull. Soc. vaud Se. nat. vol. 51 (1917) No. 192, 331; Dietschi- berg bei Luzern: M. Heller. : Spiraea obovata W. K. (Frankr., Span.; in SO.-Eur. wohl nur ver- wildert). — Langendorf bei Solothurn, in der Nähe eines Gartens verwildert, 1913, Probst! Spiraea salicifolia L. (O.-Eur., W.- u. N.-As., N.-Am.). — Verwildert bei Solothurn: Probst briefl. (IV. 1917). *Spiraea Fontenaysi Bill. (Gartenbastard von S. canescens Don [Himal.] und 8. salicifolia L. [0.-Eur., W.- u. N.-As,, N.-Am.]). — Reppischholz bei Muri, verwildert, 1911, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 41.) *Spiraea cf. Douglasii Hooker X salicifolia L. (= 8. Billiardii [Zabel] €. K. Schneider; Gartenbastard, beide Stammarten nord- amerikanisch). — Walenstadt, am Seeufer, 1917, Walter K necht! Cotoneaster Sımousi Baker (Himal.). — Verwildert im Ufergebüsch bei Bevaix (Neuenburg), wohl Überrest ehemaliger Anpflanzung durch den Baron v. Büren, €. Wirth! Fl. des Traverstales (1914), 103 in Beıh. Bot. Centralbl. Bd. XXXIL, Abt. I. Amelanchier spieata (Lam.) Decaisne (N.-Am.). — Verwildert an der Aare bei Bern, entfernt von aller Kultur, 1891, L. Fischer! (Herb. Eidg. Techn. Hochschule). . Kerria japonien (L.) DC. (Zierpflanze aus China und Japan. — Fürstenau-Brugg (Domleschg), auf seit langer Zeit verlassenem Kulturland verwildert: Hager briefl. (1913); seit Jahren ver wildert an einer Mauer in Bellach (Solothurn): Probst in Mitteil. Faese = Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. (1914), 184. er rg niatus Willd. (R. vulgaris W. N. [?] lusus laeiniatus ocke in A. et G. Syn. VI, 1, 483 [1902]; Gartenpflanze unsicherer s a Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 753 Abstammung und Herkunft). — Verwildert an der Kluseggstrasse in Zürich 7, 1916, E. Schmid! Fragaria virginiana Duchesne (Gartenpfl. aus N.-Am.). — Verwildert: Birsfelden (Basel-Land), 1914/5, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 211); im Walde bei Langnau (Kt. Zürich), 1913, Werndli!; Rasen beim Bahnhof Glattfelden (Kt. Zürich), verwildert, 1916, Thellung. = * Potentilla geoides M. Bieb. (Krim, Kaukasus). — Vaumarcus = i Neuenburg), + eingebürgert (ursprünglich — vor etwa 50 Jah- ren — wohl vom Baron v. Büren gepflanzt), 1913, A. Gaille! er (Le Rameau de Sapin 2° ser. I [1917], 7). Potentilla atrosanguinea Lodd. (Himal.). — Verwildert am Stau- S = weiher in Andelsbuch (Vorarlberg): Milz nach Murr in 58. Jah- Er; resber. Staatsgymn. Feldkirch (1913), 17. - Potentilla norvegica L. (N.- u. O.-Eur., W.- u. N.-As., N.-Am.) var. hir- suta (Michx.) Torrey et Gray (P. monspeliensis L.; N.-Am.). — Wildbachsammler an der Solothurn-Bellachgrenze, 1916, Probst!; Bahnhof Tiefenbrunnen bei Zürich, Ausladestelle von nordameri- kanischem Getreide, 1917/8, sowie im Bahnhof Chur, 1917, Thellung. Potentilla intermedia L. (Russland). — Alter Badischer Bahnhof in Basel 1915, Aellen u. Weber! Rosa ef. centifolia L. (angeblich im Kaukasus wild vorkommende, seit dem Mittelalter in Europa als Zierpflanze kultivierte Abart der R. gallica L.). — Fürstenau-Brugg (Domleschg), auf seit langer Zeit verlassenem Kulturland als Kulturrelikt (gefülltblütig): Hager briefl. (1913). Rosa ef. turbinata Aiton (Gartenpfl., wohl R. cinnamomea [?] X gal- lica). — Painsee im Val d’Anniviers (Wallis) verwildert, 1918, Jaquet! * Prunus cerasifera Ehrh. (Balkan, SW.-As.). — Hie und da kulti- viert; verwildert am Ufergebüsch bei Wangen (Untersee): E. Bau- mann in Arch. f. Hydrobiol. ete. VI (1911), Suppl. bd. I, 364; | Sehlucht von Sementina bei Bellinzona, 1898, E. Landolt! *Prunus Laurocerasus L. (Balkan, SW.-As.). — Im Tessin ver- wildert nach Hegetschweiler Fl. d. Schweiz fasc. 3 (1839), 461; Cassarina, Cassarate: Lentiechia in Franzoni Cat. piant. fanerog. Svizz. insubr. (1888—90), 75; Muralto: Chevenard Cat. pl. vasc. Tess. (1910), 287. Lupinus albus L. (Medit.). — Bahnhof Herzogenbuchsee, 1915, Aellen!; 754 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Güterbahnhof Wolf in Basel, 1917, Aellen! (? zu unvollständige Exemplare). Lupinus perennis L. (Atlant. N.-Am.). — Güterbahnhof Wolf in Basel, 1917, Aellen! Spartium junceum L. (Medit.; verwildert auch in 8.-Am.). —- Eingebürgert zwischen Böle und Colombier (Neuenburg), 470 m: Mathey-Dupraz nach Spinner in M&m. Univ. Neuchätel II (1918), 34. Ononis hireina Jaeq. [non auct. helv.] (N.- u. O.-Eur., W.-As.). — Bahvhof Wolf in Basel, 1918, Aellen! Ononis alopecuroides L. (Medit.). — Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst! *Ononis mitissima L. (Medit.). — Solothurn, bei der Malzfabrik, 1915, und Schutt in Birsfelden (Basel-Land), 1917, Aellen! *Ononis biflora Desf. (S.-Medit.). — Hühnerhof Zwygart in Solo- thurn (Malzfabrik), 1918, Probst!, Aellen! *Ononis serrata Forskal (incl. O. diffusa Ten.; Medit.). — Güter- bahnhof Zürich, 1916, Thellung (ein junges, steriles, in diesem Zustande nicht mit Sieherheit näher bestimmbares, wahrscheinlich zu ssp. diffusa [Ten.] Rouy gehöriges Exemplar). Trigonella coerulea (L.) Ser. ssp. procumbens (Besser) Thell. (T. Besseri- ana Ser.; wohl Wildform der Art, aus SO.-Eur., Kauk., Kl.-As.). — Goldach-Ufer bei Tübach (St. Gallen), 1912, W. Koch! Trigonella Foenum graeeum L. (W.-As.; kult. Medit., M.-Eur.; stammt vielleicht von der verwandten 7. gladiata Steven [Medit.]ab). — Bahndamm bei Buchs (St. Gallen), 1913, A. Schnyder!; Solo- thurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915, 1918, Probst !; Schutt bei St. Ludwig (Elsass) unweit Basel, 1913, W. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 212); Bahnhof Wolf in Basel, 1915, W. Weber! (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXU Ba 11916] 72), 1916: Aellen; Ruchfeld bei Basel, 1917: Aellen. Trigonella cornieulata L. (8.-Eur., Kl.-As.?; N.-Afr. eingebürgert). — “ Lagerhaus Giesshübel in Zürich 3, 1912, Jos. Braun-Blangquet! es were L. (W.-Medit.). — Ruchfeld (Basel-Land) een aun (Medit.). — Güterbahnhof Zürich, 1915, Güterbahnhöfe, resp a Fe N Medicago orbienlaris (L.) a on ern auiren a Zürich 3, 1913. H R \ Vi — Lagerhaus Giesshübel in u ‚4. Beger!; Güterbahnhof Zürich, 1917, Thel- Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 755 lung; Steigmühle in Töss (Kt. Zürich), 1916, W. Greuter!: St. Johann-Bahnhof in Basel, 1918, Aellen! Medicago rugosa Desr. (Medit.). — Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellune. Medicago ciliaris (L.) Willd. (Medit.). — Bahnhof Willdegg (Aargau), aus Mühlenabraum, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 33); Güter- bahnhof Zürich, 1916/7, Thellung. Medicago intertexta (L.) Miller (Medit.). — Güterbahnhof Zürich, 1916, Thellung. Medicago obscura Retz. (Medit.) ssp. Helix (Willd.) Urban var. spinosa Guss., Fiori et Paoletti (= var. aculeata Guss.). — Güterbahnhof Zürich, 1916/7, Thellung; St. Johannbahnhof in Basel, 1917, Aellen! Medicago laciniata (L.) Miller‘(S.-Medit.) var. brevispina Bentham, zu- gleich f.integrifolia Godron: Wollkompost der Tuchfabrik Spinn- ler in Liestal (Basel-Land), 1917, Aellen! Die Pflanze hält (teste Urban in litt.) fast die Mitte zwischen M. laciniata und der sicherlich nicht spezifisch verschiedenen M. Aschersoniana Urban, die daher wohl richtiger als M. laciniata ssp. Ascherso- niana (Urban) bezeichnet würde. Medicago hispida Gärtner (Medit.) var. confinis (Koch) Burnat — Wolfbahnhof, Birsfelden und Ruchfeld bei Basel, teilweise mit 5 var. apieulata und denticulata, 1916, W. Weber!; Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik) 1915, Aellen!, 1916/8 Probst!; Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, mit var. denticulata, 1915, Aellen!; Güterbahnhof Zürich, seit 1909 fast alljährlich, Thellung (1917 auch in Kombination mit var. api- culata auf dem gleichen Exemplar!). — — var. mierodon (Ehrenb.) Urban (SO.-Eur., SW.-As., N.-Afr.). Vigogne-Spinnerei Pfyn (Thurgau), auf Baumwollkompost, 1917, mit var. denticulata, Thellung. | — — var. lappacea (Desr.) Burnat: Schutt bei Michelfelden unweit Basel, 1913, W. Weber!(Binzin Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 211); Tuchfabrik Spinnler in Liestal (Basel-Land), 1917, Aellen!; Güterbahnhof Zürich, 1916, Thellung: Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1917, Schnyder! — — var. maeracantha (Lowe) Brig; (var. nigra [Willd.] Burnat): Wolfbahnhof in Basel, 1916, W. Weber!; Tuchfabrik Liestal, mit der vor. Var. (und var. dentieulata), 1917, Aellen!; Güter- bahnhof Zürich, 1916/7, Thellung. 756 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Medicago litoralis Rohde (Medit.). — Güterbahnhof Zürich, 1916/7, hellung (1917 auch in einer Übergangsform zu M. trun- catula). Medicago truncatula Gärtner (M. tribuloides Desr.; Medit.). — St. Jo- hannbahnhof in Basel, 1917, Aellen! (? zu junge Exemplare); Güterbahnhof Zürich, reichlich, 1917, Thellung. Medicago rigidula (L.) Desr. (Medit.) var. agrestis (Ten.) Burnat (M. depressa Jordan; S.-Eur., Syr.). — Solothurn, auf einer Gar- tenmauer bei Pflug, 1912, Probst!; Steigmühle Töss (Zürich), 1913/4, W.Greuter! — Var. minor (Ser.) Thell. comb. nov. (M. cinerascens Jordan). — Güterbahnhof Zürich, mit dem Typus, 1917, Thellung. £ Medicayo tubereulata Willd. (Medit.). — Güterbahnhof Wolf in Basel, 1917/8, Aellen!; Solothurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915, Probst!; Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung. Medicago aculeata Gärtner (Medit.). — Ruchfeld und Birsfelden bei Basel, auf Schutt, 1916, W. Weber!; Güterbahnhof Zürich, 1916/7/9,T'hellung; Bahnhof Buchs (St. @.), 1917, A. Schnyder!; Bahnhof Wolf in Basel, 1918, Aellen! Medicago Murex Willd. (Medit.) var. sphaerocarpa (Bertol.) Urban — Güterbahnhof Zürich, 1916/7, Thellung. Melilotus altissimus Thuill. (Eur., W.- u. O.-As.) var. mieranthus 0. E. Schulz (O.-Russl, Sibir. ete.). — Angenähert: Güterbahnhof Wolf in Basel, 1915, Aellen! (Alle. bot. Zeitschr. XXI [1916], 72). Melilotus officinalis (L.) Lam. var. mieranthus ©. E. Schulz (Ungarn, S.-Russl., W.-As.). — Bahnhof Wolf in Basel, 1918, Aellen! *Melülotus elegans Salzm. (Medit.). — Wildbachsammler an der Bellach-Solothurnergrenze, 191 5, Probst! Melilotus siculus (Turra) Jackson (M. messanensis [L.] All.; Medit.). — Güterbahnhof Zürich, 1912, Jos. Braun-Blanquet!, 1916/7, Thellung. Melilotus suleatus Dest. (Medit.). — Birsfelden bei Basel, 1915, W. Weber!,1916: Aellen ; Wiesendamm in Basel, 1915, Aellen!; Ruchfeld (Basel-Land), 1917, Aellen!; Sand des Rheins bei der Eisenbahnbrücke und Rheinhalde gegen Grenzach bei Basel, 1918, A. Becherer!; Wildbachsammler an der Bellach-Solo- ee (mit M. dndicus) und Kammgarnfabrik Derendingen urn (aus australischer [!] Schafwolle), 1915, Probst!; Se ‚Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915/6, Aellen!; nhof Wildegg (Aargau), aus Mühlenabraum, 1915, Lüscher! AN _ Jahrg.64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 757 (Fl. Aarg. [1918], 33); Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, A. Schnyder! — — ssp. *infestus (Guss.) Rouy (W.-Medit., Ins. Cephalonia, Syr.). — Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915/6, 1918 (teilweise neben der typischen Unterart), Probst! Trifolium resupinatum L. (Medit.). — Bahnhof Wildegg (Aargau), aus Mühlenabraum, 1915, Lüscher! (Fl. Aare. [1918], 33). — Var. majus Boiss. (besonders Ö.-Medit.): St. Johannbahnhof in Basel, 1916, W. Weber!; angenähert: Solothurn, Haltestelle der So- lothurn-Zollikofer-Bahn, 1917, Dr. Dutoit! Trifolium tomentosum L. (Medit.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, aus spanischer (?) Wolle, 1915, Aellen!, 1916, Probst!; Schutt im Ruchfeld (Basel-Land), 1917, Aellen! Trifolium spumosum L. (Medit.), — Güterbahnhof Zürich, 1916, Thellung. Trifolium vesiculosum Savi (SO.-Eur., Kauk., Kl.-As.; adv. Frankr., Span., Deutschl.) ssp. mwultistriatum (Koch) Gibelli et Belli (S.-Ital., N.-Balkan). — Solothurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915, Aellen!; Güterbahnhof Zürich, 1916, Thel- lung. Trifolium xerocephalum Fenzl (Rhodos, Kl.-As., Syr.). — Solothurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915, Aellen! Trifolium Michelianum Savi (Medit.). — Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1913, A. Schnyder! (Jahrb. St. Gall. Naturw. Ges. 1913 [1914], 163); Steigmühle Töss (Kt. Zürich), 1916, W. Greuter!; Solo- thurn, Hühnerhof Zwygart (bei der Malzfabrik), 1915, Probst!, Aellen!; Böschung beim Solothurner Hauptbahnhof, 1916, Probst! Trifolium parviflorum Ehrh. (S.- u. Mittel-Eur.). — Solothurn, Hühnerhof bei der Malzfadrik, 1915, Aellen! Trifolium glomeratum L. (Medit., England). — Solothurn, Hüh- nerhof bei der Malzfabrik, 1915, Aellen! Trifolium Bocconei Savi (S.- u. SW.-Eur., N.-Afr.). — Kamm- garnfabrik Derendingen bei Solothurn, aus spanischer (2) Schaf- : wolle, 1916, Probst! 3 Trifolium angustifolium L. (Medit.). -- Basel, Schutt bei der Irren- anstalt, 1904/6, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 212); Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, aus spanischer (?) Schafwolle, 1916, Probst!; Hühnerhof in Brugg, 1914, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 35). Trifolium lappaceum L. (Medit.). — Steigmühle Töss (Kt. Zürich), 1914, 758 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1916, W. Greuter!; Solothurn, Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), : 1915/8, Probst!, Aellen!; Kammgarnfabrik Derendingen bei | Solothurn, aus spanischer (?) Schafwolle, 1916, Probst! Trifolium stellatum L. (Medit.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, aus spanischer (?) Schafwolle, 1916, Probst! Trifolium pallidum W.et K. (O.-Medit., O.-Eur., Alger.). — Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1913, A. Schnyder! (Jahrb. St. Gall. Naturw. Ges. 1913 [1914], 163); Steigmühle Töss (Kt. Zürich), 1914, W. Greuter!; Mutten bei Solothurn, 1916, Probst! Trifolium diffusum Ehrh. (Medit.). — Mutten bei Solothurn (Schutt von der Malzfabrik), 1916, Probst! Trifolium maritimum Hudson (Medit., SW.-Eur.). — Bahnhof Wildegg (Aargau), aus Mühlenabraum, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 35); Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn (spanische [?] Schafwolle), 1916, Probst! Trifolium leucanthum M. Bieb. (T. dipsaceum subsp. T. leucan- thum Gibelli et Belli im Mem. R. Accad. Sc. Torino ser. 2° XXXIX [1889], 369; S.-Eur., Kl.-As., Kurdistan!). — Zerfällt nach der Behaarung in 2 Abarten: « var. patenti-pilosum Thell. var. nov. (= T. leucanthum M. Bieb. Fl. Taur.-Cauc. II [1808], 214 sens. strict. ex deser. [nomen nudum]). [Auch in Holland: Weert, 1918, Kloos! u. A.; vergl. Neederl. Kruidk. Archief 1918 (1919), 85 als V. lutea forma. : Vieia bithynica L. (Medit., SW.-Eur.). — Chätillon pres Hauterive (Fribourg), dans un champs de ble, avec V. lutea, PADRONICH et narbonensis, 1911: Prof. Aebischer nach F. Jaquet in Mem. Soe. fribourg. Sc. nat. vol. III, fase. 4 (1917), 185; Hauterive bei Freiburg, in Äckern, 1912, Jaquet!; Malleray (Berner Jura), 762 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 in Wicke, 1912, A. Charpie! (Probst in Mitteil. Natf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 191); Neu-Allschwil (Basel- Land), 1914/5, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges Basel XXVI [1915], 212); Bahnhof Wolf in Basel, 1915, W. Weber! (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 72); Solothurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915/8, Probst!; Güterbahnhof Zürich, 1913, H. Beger, 1917, Thellung. Vieia Oracc@ L. ssp. tenwifolia (Roth) Gaudin var. stenophylla Boiss. (Thrae., Macedon., Thessal., SW.-As.). — Küsnacht (Zürich), Waldrand bei „Solitude‘, Apoth. Bommer! Vieia villosa Roth *ssp. Pseudoeracea (Bertol.) Rouy (W.-Medit.), — Güterbahnhof Zürich, 1918, Dr. Rohrer!, Thellung, m einer durch die abstehend-schwachzottige Behaarung der obe- ren Teile der Pflanze ausgezeichneten Form: var. vel f. vül- losula Thell. f. nov. (partibus superioribus plantae patenter subvillosis nee ut in typo appresse puberulis); als Synonym gehört wohl hieher: V. villosa & ? Rosani Fiori et Paoletti Fl. E anal. Ital. II, 1 (1900), 118 (an V. Rosani Ten.?; vix V. pseudo- cracca ß Rosani Arcang.), die u. a. auch aus Sizilien angegeben 5 wird, wo unsere Form tatsächlich vorkommt (Palermo, in pas cuis montanis, leg. Reina, ded, Borzi; Herb. Hort. Bot. Panor- mit., Pl. sieulae), und von wo sie bei uns mit Südfrüchten ein- geschleppt worden sein dürfte. — Die früher auf Grund meiner Bestimmung von Langendorf bei Solothurn, 1912 (Probst! in Mitteil. Naturf. Ges. Solothurn, 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 190) angegebene und von mir in den Herbarien auch von anderen Lokalitäten (Güterbahnhof Zürich, 1914/7, Thellung; Bahn- hof Buchs [St. Gallen], 1916, A.Schn yder!) so bezeichnete „Annäherungsform‘ an V. Pseudocracca halte ich, nachdem ich die echte Unterart lebend mit ssp. dasycarpa vergleichen konnte (sie unterscheidet sich von der letztern sehr auffällig durch die grösseren, blass graublauen Blüten, die im Verhältnis zu den Flügeln und dem Schiffchen beträchtlich verlängerte Fahne, deren Platte nur wenig kürzer ist als der Nagel, und durch die schmäleren Früchte), nicht mehr als solche aufrecht, es handelt sich lediglich um armblütige Individuen von V. dasycarpa, wie solche hie und da unter den reichblütigen auftreten. Vicia benghalensis L. (V. incana Lam. non alior.; V. atropurpurea -. Desf.; 8.-Eur., N.-Afr.; adv. Deutschl., Engl.!). — Kiesgrube Hardau in Zürich, 1916, Thellung; im Getreide bei Ober- Erlisbach (1916) und Schachen (1917) bei Aarau, sowie Bahnhof Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 763 Wildegg (1917), Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 38); Solothurn: Hühnerhof Zwygart, 1916, 1919, Schöngrün 1918, Probst!; Mont Dard bei La Corbatire (Neuenburger Jura), in einem Gemüsegarten (1234 m), 1916, E. Müller!; Ruchfeld (Basel- Land), 1917, Aellen! Vicia calearata Desf. 1799 (V. monantha Retz. Obs. bot. III [1783], 39! [non (L.) Desf. 1799 nee auct plur.], nomen antiquius sed confusum!; V.syriaca Retz. ]. c. 40 in syn.!; Weinm. Hort. Dorp. [1810], 162 [sec. Ind. Kew.] — non Medik. 17841") — 8.-Medit.). — Seeaufschüttung beim Bahnhof Tiefenbrunnen in Zürich, 1918, Dr. F. Rohrer!, Thellung. Vieia articulata Hornem. 1807, Willd. 1809 (V. monanthos [L. 1753 sub Ervo} Desf.1799,non Retz.1783 ; Ervum stipulaceum Desv.1814 [non Vicia stipulacea Pursh 1814 = Lathyrus polymorphus Nutt. 1818 (non L. stipulaceus Le Conte 1819 = L. palustris L. 1753 sec. Ind. Kew.)]; V. multifida Wallr. 1815; Medit., in Mittel- Eur. zuweilen kultiviert und verwildert). — Arosa (Graubünden), auf Kompost bei der Kehrichtverbrennungsanstalt am Fusse des Schafrückens (1630 m), 1915—1917, Thellung. Die Nomenklatur dieser Art ist äusserst verwirrt, da fast alle in Frage kommenden Namen mit Homonymen belastet sind, über deren Gültigkeit bezw. Ungültigkeit schwer Klarheit zu erlangen ist. Der zumeist gebrauchte Name V, monanthos (L.) Desf. 1799 ist unanwendbar wegen der Existenz der ältern homonymen Y. monanthos Retz. 1783, welch letzterer Name für V. cal- carata Desf. 1799 einzutreten hat. Ob der Name V\, articulata für unsere Art gebraucht werden kann oder nicht, hängt davon ab, ob man die homonymen Arten von Hornemann und Willdenow — die letztere wird allgemein = V. monanthos Desf. gesetzt — als identisch gelten lassen will oder nicht. In der Literatur scheint die Frage noch nirgends RS worden zu sein. Die Originaldiagnosen der beiden Arten lauten (nach einer mir von Prof. Dr. kiär-Kopenhagen freundlichst übermittelten Kopie) folgendermassen : Hornemann, Enum. pl. hort. bot. ‚Hafn. (1807),41: Vieia artieul ta mihi — V.p rk Be re mucronatis, stipulis setaceo- -palmatis, leguminibus artieulatis — ecommunicata sub nomine Lathyri italiei. — Ganz ähnlich lautet auch die Diagnose in den gleichen Autors „Hortus reg. bot. Hafniensis“ II (1815), 690, wo noch hinzugefügt wird: Hab . - ©.D. intr. 1803. denow, Enum pl. hort. bot. Berol. II (1809), 764—65: Hekiata V. peduneulis unifloris, fructiferis folio longioribus aristatis, foliolis V. syriaca Medikus Bot. Beob. 1783 (1784), 178! („Die Blumendecke. Blume, he und Narbe kommen mit der Vieia sativa überein. Der Hauptunter- schied besteht in den Stipulis, die hier eine hahnenkainmartige Verlängerüng an sich haben*), eine in der neuen Literatur fast völlig übergangene (jedoch vom Index Kewensis richtig zitierte) Spezies, dürfte in den Formenkreis der V. sativa (über deren spezifische Verschiedenheit Medikus selbst Zweifel äussert) gehören, keines- falls kann sie, wie dies der Index Kewensis (mit een tut, zu V. calearata gezogen werden. 764 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. linearibus obtusis mucronatis. stipulis multifidis. Habitat... .. O.D. Sti- pulae cuneiformes sexfidae, laciniis longissimis setaceis. Pedunculi floriferi breves, fructiferi valde elongati folio longiores. Corollae albidae. Legumina subtrisperma glabra. re: Die Diagnosen der beiden homonymen Arten lassen nach meiner Mei- nung die Annahme ihrer Identität wohl zu; allermindestens enthalten sie keine widersprechenden Angaben. Wenn Willdenow auch Hornemann nicht zitiert, so ist es doch keineswegs unmöglich, dass er Hornemanns Pflanze gekannt oder einen bereits bestehenden Gartennamen mit Beschrei- bung versehen hat; würde er den Namen V. articulata neu aufgestellt haben, so hätte er ihm vermutlich seinen Autornamen beigefügt oder jedenfalls in der Diagnose das Wort articeulatus — man erfährt bei Willdeno w nicht, auf was für ein Organ der Pflanze es sich bezieht — als beschreibendes Adjektiv a verwendet. Sollte sich trotziem V. articeulata Hornem. als nicht identisch mit unserer Art (und als eine selbständige Spezies) erweisen, so hätte unsere ER Pflanze V. multifida Wallr. zu heissen, da Ervum stipulaceum ein tt- geborener Name ist. Lathyrus Aphaca L. (Medit.; M.-Enr. eingebürgert). — Eine Form mit fast durchwegs 2-blütigen Blütenständen (= var. floribundus. [Vel.] Maly?): Wiesendamm in Basel, 1915, W. Weber!; Solo- thurn, Böschung beim Hauptbahnhof, 1917, Dr. Dutoit! Lathyrus Ochrus (L.) DC. (Medit.). — Malleray (Berner Jura), Wicken- acker, 1912, A. Charpie! (Probst in Mitteil. Natf. Ges. Solo- thurn 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 192); Güterbahnhof Wolf in Basel, 1917, A ellen!;Güterbahnhof Zürich, 1916/7, Thellung; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, Schnyder! Lathyrus Clymenum L. s. ampl. (Medit.) ssp. eu-Clymenum Brig. Prodr. fl. corse II, 1 (1913), 400. — Güterbahnhof Zürich, 1913/4, 1916, und Kiesgrube Hardau in Zürich 4, 1916, Thellung. — — ssp. arliculatus (L.) Brig.: Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, Scehnyder!; Güterbahnhof Zärich, 1916/7, Thellung; Güter- bahnhöfe Wolf und St. Johann in Basel, 1917/8, Aellen! Lathyrus angulatus L. (S.-Eur.). — Solothurn, Hühnerhof beider Malzfabrik, 1918, Aellen! 1919, Probst! Lathyrus ineonspieuus L. (Medit.). — Plancemont (Neuenburg): Herb. Lerchnach Wirth Flora des Traverstales (1914), 109 in Beih. Bot. Centralbl. XXXII, Abt. II; Güterbahnhof St. Johann in Basel, 1917, Aellen! Lathyrus annuus L. (Medit.). — Solothurn, Malzfabrik, 1915, 1919, Probst!; Käferfeld bei Bern, 1916, R. Streun! (E. Fischer /n Mitteil. Naturf. Ges. Bern 1919, sep. 7). es Lathyrus hierosolymitanus Boiss. (SW.-As,, Aegypt.) var. grandiflorus “= o1ss, — Malleray (Berner Jura), in einem Wickenacker (mit | L. Cicera, Vieia peregrina, narbonensis, serratifolia, Ervilia, dasy- carpa, pannonica, hybrida, Jutea, Trigonella Foenum graecum, Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 765 Bifora radians ete.), 1912, A. Charpie! (Probst in Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 192). Lathyrus odoratus L. (Zierpfl. aus S.-Ital.). — Verwildert an der Buchen- strasse in Basel, sowie bei Bottmingen, 1914: Aellen u. Weber (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 212). Pisum sativum L. ssp. elatius (M. Bieb.) A. et G. (Medit.; Wildform der Art). — Felsig-buschige Orte unterhalb Mayen ä& Loton bei Fully (Wallis), 880 m, V. 1912 in Menge, Ph. Farquet! (nach H. Jaccard in Bull. Murith. XXXVI, 1911/12 [1912], 166); findet sich in der var. biflorum (Rafın.) A. et G. im Wallis bei Fully und Saillon (auch 1. albiflorum Beck) noch heute in Kultur, die Vorkommnisse von Mayen & Loton und Tassonnieres ob Fully sind daher wohl Kulturrelikte (H. Gams in Ber. Schweiz. Bot. Ges. XXIV/XXV [1916], 212/3). Glyeine hispida (Mönch) Maxim. (Soia hispida Mönch; Kulturpfi. aus O.-As.). — Zwischen Morcote und Melide (Tessin) als Garten- flüchtling, 1914, Gams! *Pueraria Thunbergiana (Sieb. et Zuce.) Bentham (P. hirsuta - [Thunb. 1794 sub Dolicho] C. K. Schneider 1907, A. et G. — non Kurz 1873]; Japan). — Magliaso bei Lugano, in Menge verwil- dert (bezw. als Kulturrelikt ?), 1918/9, A. Voigt-Dresden! Geranium Endressü J. Gay (Zierpfl. aus den Pyrenäen), — Unterhalb Gryon (Waadt), bei 1110 m aus einem Garten ver- wildert, 1908, Knetsch! Monsonia biflora DC. (Trop.- u. 8.-Afr. ; adv. Deutschl., Engl.!). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1917, Probst! Erodium eicutarium (L.) L’Herit..ex Aiton (Eur., W.-As., N.-Afr. und durch Verschleppung fast kosmop.) var. maculatum (Salzm.) Ball (= var. primulaceum [Welw.] Brumh. — var. stellatum [Delile] Graebner; besonders Medit. und Am.). — Güterbahn- hof Zürich, mit E. eicutarium, romanum, moschatum und mala- coides, 1917, Thellung. — — *ssp. romanum (Burm. f.) Brig. ap. Knuth in Englers Pilan- zenreich IV, 129 [Geraniac.] (1912), 281 (E. romanum L’Herit. ex Aiton; Medit.). — Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung. Erodium bipinnatum (Cav.) Wild. (SW.-Eur., westl. N.-Afr., Sard., Cors., im östl. Medit.-Gebiet wohl nur advent.). — Güterbahnhof Zürich, 1 Exemplar, 1917, Thellung. Erodium moschatum (Burm. f.) L’Herit. (Medit.; adv. in Zentr.-Eur., S.-Afr., Austral., Am.) var. eieutarioides Delile ex Godron 1853 (= var. praecox Lange 1866; vorzugsweise südliche Form). — 766 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1913, A. Schnyder!(Jahrb. St. Gall. Naturw. Ges. 1913 [1914], 164); Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1916/7, Probst!, 1917, Dr. Dutoit. *Erodium eygnorum Nees (E.litoreum [det. Brumhard] Thell. in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LII [1907], 456; Ascherson et Graebner Synopsis VII, 76 [1913] ex p. [quoad loc. Langendorf]; Scheuermann! in 4./5. Jahresber. Niedersächs. Bot. Ver. Hannover 1911/12 [1913], 80 [det. Thellung] et 1. e. 6., 7. et 8. Jahresber. 1915 [1918], 75 — non Leman; Austral.; adv. [Wolle] Engl.!, Deutschl.!). — Tuchfabrik Langendorf bei Solothurn, 1906, 1919, und Kompostder Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1908 —19, Probst! (vergl. Mitteil. Naturf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVI. Ber. [1914], 193). Die Pflanze wurde von mir früher (l. ec.) auf Grund der Bestimmung durch Dr. Brumhard irrtümlich als E. litoreum Leman publiziert, und diese Angabe ging auch in Ascherson u. Graebners Synopsis über (ebenso bestimmte ich — konsequenterweise — die Adventivpflanze von Hannover fälschlich als E. litoreum). Das echte E. litoreum ist aus der Adventivflora der Schweiz zu streichen. Erodium malacoides (L.) L’Herit. «n. 22> ex Aiton Hort. Kew. ed. 1, II (1789), 415 (exel. var. ß)! (Medit.). — Güterbahnhof Zürich, 1916/9, ziemlich zahlreich, Thellung; Solothurn: Hüh- nerhof Zwygart (Malzfabrik), 1918, Probst! Erodium Botrys (Cav.) Bertol. (Medit.; adv. N.- u. S.-Am.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, auf Kompost von australischer (!?) Schafwolle, 1912, 1917, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Solothurn 5. Heft,‘ XVII. Ber. [1914], 193); Tuch- fabrik Spinnler in Liestal (Basel-Land), 1917, Aellen! "Brodium ef. texanum A. Gray (südliches pazif. N.-Am.). — Eine dieser Art nahestehende Pflanze: Derendingen bei Solothurn Kompost der Kammgarnfabrik (australische Schafwolle), 1913, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVII. Ber. [1914]; 193). Die Pflanze gehört sicher in die Gruppe Guttata Brumh. und zwar wegen der einjährigen Wurzel am nächsten zu E.te zanıum. Oxali ) in wä lis corwieulata L. (in wärmeren und gemässigten Zonen weit ver reitet) var. atropurpurea Van Houtte (— var. purpurea Par], = var. tropaeoloides Hort ; Zierpfl.). — Verwildert in kiesigen Gartenwegen in Pfyn (Thurgau), 1917, Thellung; Spek bei Staad und Buchen (St. Gallen), an Gartenmauern: W. Koch, x Jahrg.64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz, 767 in Gaissau (Vorarlberg) zwischen Pflastersteinen eingebürgert: Murr in 58. Jahresber. Staatsgymn. Feldkirch (1913), 18. Oxalis Deppei Lodd. (0. esculenta Dietr.; O. tetraphylla Link et Otto non Cav.; Gartenpfl. aus Mexico). — Grenchen (Solothurn), verschleppt auf Schutt, 1907: Lüscher nach Probst in Mit- teil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, VII. Ber. [1914], 193). Oxalis floribunda Link et Otto (0. Martiana Steudel Nomenel. ed. 2, II [1841], 240 ex p., item Walpers Rep. I [1842], 481, Hooker Bot. Mag. sub t. 3938 [1842], Progel in Mart. Fl. Brasil. XII, 2, 486 [1877]; Thellung in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LII [1907], 456? et Fl. adv. Montpell. [1912], 360 ex loe.! [ef. Graebner in A. et G. Syn. VI, 145,147 (1914)] — non Zuee. ; Zierpfl. aus Brasil.). — Birsufer zwischen St. Jakob und „Neue Welt“ bei Basel, 1908, P. Vosseler! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 213); verwildert in Birsfelden (Basel-Land), 1914, Aellenu.Weber! Zu der gleichen Art, die von vielen Schrift- stellern fälschlich mit O. Martiana Zuce. (gleichfalls Zierpfl. aus Brasil.) vereinigt wurde (vergl. Urban in Jahrb. Bot. Gart. u. Mus. Berlin III [1884], 243 und Graebner l.c. 1914), gehört wohl auch die von mir früher (]. ce. 1907) als O. Martiana publi- zierte Pflanze von Bern, deren genaue Bestimmung jedoch un- möglich ist, da dem betreffenden Exemplar die für die Unter- scheidung der beiden fraglichen Arten vor allem wichtige Grund- achse (Zwiebel bezw. Knolle) fehlt. Linum usitatissimum L. ssp. angustifolium (Hudson) Thell. Fl. adv Montpell.(1912),361 (mediterrane Wildform des Leins). — Güter- bahnhof Zürich, 1914, 1916/7, Thellung. Citrus Limonum Risso (C. Mediea 8 Limon L.; Zitrone, bekannte Kulturpfl. aus Abess. u. S.-Himal.). — Keimpflanzen aus weg- geworfenen Früchten oder Samen finden sich hie und da auf Schutt und Kompost: Kiesgrube Hardau in Zürich, 1904, Thel- lung (= C. Aurantium Naeg. et Thell. Ruderal- und Adventivfl. Kt. Zürich, 55 in Vierteljahrschr. Naturf. Ges. Zürich L [1905], 279 non L.); Güterbahnhof Zürich, 1915—17, 19, Thellung; Schutt in Birsfelden (Basel-Land), 1916, Aellen! Citrus Aurantium L. (Orange; bekannte Kulturpflanze von un- sicherer Abstammung, wohl aus dem südlichen Himalaja). ns Seltener als vorige Art verwildernd: Güterbahnhof Zürich (mit C. Limonum!), 1915, Aroser Kehrichtverbrennungsanstalt, 1916, Thellung. Die Keimpflanzen sind denen von C. Limonum recht äbnlich, doch zeigen in der Regel schon die ersten auf 768 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 die Kotyledonen folgenden Laubblätter die deutlich geflügelten und abgegliederten Blattstiele, auch sind die Laubblätter meist schmäler und spitzer, die Öldrüsen kleiner und weniger stark durchscheinend. Mercurialis annua L. (Eur., SW.-As., N.-Afr.) f. capillacea Gu6pin - Birsfelden bei Basel, wohl adventiv, 1914, Aellen u. Weber! | (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 195). i Rieinus communis L. (Kulturpfl. der wärmeren Gegenden; Ur- heimat unsicher). — Güterbahnhof Zürich und Vigogne-Spinneri i | | { Pfyn (Thurgau) auf Baumwoll-Kompost, 1917, Thellung. Euphorbia nutans Lag. (Am.; eingebürgert in $.-Eur.). — Bahn- hof Biberist (Solothurn), massenhaft, 1915/8, M.Brosi! Probst! (nach Thellung in Ascherson u. Graebner Synopsis VII, 428 [1917]), R. Spiegel! (nach Schinz: Der Bot. Garten u. das ; Bot. Mus. d. Univ. Zürich 1914/5 [1916], 40); Bahnlinie Gerla- fingen (Solothurn), 1918: Probst; Bahnhof Kreuzlingen (Thur# gau), 1917, Dr. Reese! Euphorbia maeulata L. (N.-Am.). — Bahnhof Buchs (St. Gallen), viel- leicht mit österreichischer Gefangenenpost aus Italien einge- schleppt, 1917, Schnyder! *Euphorbia Oyparissias X virgata Schröter! hybr. nov: in 13. Ber. Zürch. bot. Ges. 1915—1917 (1917), 13 [nomen] (E. vir- gata X Cyparissias Schröter ibid.81—90 cum descr. et Fig. 1—7). — Amrechten Limmat-Ufer unterhalb der Brücke von Dietikon (Kt. Zürich), am Damm reichlich in verschiedenen Hybridationsstufen (ausgesprochene Mittelform, supervirgata X Cyparissias und super- Cyparissias X virgata: Schröter. e. 89), seit 1914, Baumann, Schröter, Schinz, Thellung u. A.! (Schröter l.e. 81). Zu dem Bastard gehören möglicherweise auch Exemplare vom z . Greifensee (Kt. Zürich) bei der Pferdeschwemme, 1891, Boss- hard!, und Glattfelden (Zürich) an der Glatt, 1899, Rau! (beide nach Schröter l.c. 89); ferner sicher Pflanzen vom Ufer der Rhone bei der Brücke unterhalb Branson (Wallis) (Gams teste Schröter) und vom Ufer der Goldach bei Tübach (St. Gallen), seit 1913 in allen Zwischenstufen zwischen den Stammarten (W.Koch, testibus Schröter et Baumann); Kiesgrube m Neu-Allschwil (Basel-Land), 1919, Aellen! — [Hannover: s : Kanaldamm vor Seelze, mit E. virgata,1918, Scheuermann!] Euphorbia Esula L. [vera!] (fast ganz Eur., W. u. N.-As.). — Wiedikon 2 bei Zürich, 1871, L. Seeretan! (Herb. Thell.) [= E. virgata Naegeli u. Thell. Rud.- u. Adventivfl. Kt. Zürich, 56 in Viertel- Jahrg.64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 769 jahrsschr. d. Natf. Ges. Zürich L [1905], 280 ex p.]. Ob Flücht- ling aus dem Bot. Garten? — Wohl neu für die Schweiz; die übrigen Angaben aus unserm Lande, für welche Belege vor- liegen (Branson [Wallis]: Thellung in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LVI [1911], 280 et in Ber. Schweiz. Bot. Ges. XII [1913], 135; Bief d’Ependes pr. Yverdon: Moehrlen in Ber. l. e. [1913], 135) beziehen sich nach erneuter Prüfung auf E. virgata W.K. f. esulifolia Thellung in Ber. Schweiz. Bot. Ges. XXIV/XXV (1916), 215. Ebendahin gehört auch eine Pflanze vom Kettwiler Moos bei Ettiswil (Aargau), 1910, Lüscher! [advent. auch in Deutschl.!, Schweden! und Engl.!] Euphorbia segetalis L. (Medit.). — Güterbahnhof Zürich, 1917, Thel- lung; Ruchfeld (Basel-Land), auf Schutt, 1917, Aellen! Coriaria myrtifolia L. (W.-Medit.). — Verwildert im Scheiben- schachen bei Aarau: Mühlberg Gefässpfl. Aarg. („1880* [1879]), 30; bei Brugg: Lüscher FI. Aarg. (1918), 208. Impatiens Roylei Walpers (I. glandulifera Royle 1839 non Arn. 1835; I. glanduligera Lindley ; Zierpfl. aus dem Himalaja). — Am Unter- see (Bodensee) verwildert am Bach im Espi Trieboltingen und im Ufergebüsch bei Mannenbach: E. Baumann in Archiv f. Hydrobiologie ete. VI (1911) Supplementband I, 372; auch ander- wärts am Untersee leicht aus der Kultur als Bienenpflanze ver- wildernd: E. Baumann (briefl.); Ufer der Thur bei Feldi-Alti- kon (Bez. Winterthur), 1911: Prof. Dr. R.Huber (briefl.), 1919, W. Greuter! Schutt auf dem Ebnat (Schaffhausen), 1914, Kelhofer!; Wattwil (St. Gallen), auf Kompost verwildert, 1914, M. Vogt'!; Emdtal bei Bern, 1916, R.Streun! — f. albida Hort.: Seeaufschüttung beim Belvoir Zürich 2, 1914, Thellung. Paliurus Spina Christi Miller (P. australis Gaertner; P. aculeatus Lam.; S.-Eur., SW.-As.). — Böle (Neuenburg), längs der Bahnlinie ein- gebürgert: Herb. Lerch 1872 nach H. Spinner in Mem. Univ. Neuchätel II (1918), 34. : : Parthenoeissus quinquefolia (L.) Planchon (Ampelopsis quinquefolia Michx.; Psedera quinquefolia Greene; Jungfern- oder Rosinli- rebe, bekannte Zierpfl. aus N.-Am.). — Um Neuchätel mehrfach verwildert: H. Spinner in Mem. Univ. Neuchätel II (1918), 30; & Solothurn: Probst (briefl.). ee Tilia cordata x rubra (Gartenbastard; T. rubra DC. wild in S.-Eur. und im Kaukasus). — Verwildert am Ruderbach ee Wald bei St. Margrethen (St. Gallen), 1918, E. ne Abutilon Avicennae Gärtner (SO.-Eur., SW.-As., N.-Afr.). — Bahnho 770 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Villeneuve (Waadt), 1915: H. Jaccard; Birsfelden (Basel-Land), 1915: W. Weber nach Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXI (1916), 73. Zu dieser Art gehört nach dem Index Kewensis auch Sida tiliifolia Fischer (China oder Tibet), die von D6se glise (Bull. Soc. Roy. Bot. Belg. XXII [1883], [Mem.] 103) und Höck (Beih. Bot. Centralbl. IX [1900], 324) von Genf. (Chätelaine 1882) angegeben wird. Lavatera trimestris L. (Zierpfl., Medit.). — Friedmatt bei Basel, auf Schutt verwildert, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 213); Hühnerhof Zwygart in So- lothurn (wohl eingeschleppt), 1918/9, Probst!, Aellen!; Güter- bahnhof Zürich (mit süditalienisch-sizilianischer Begleitflora, da- her wohl eingeschleppt), 1918, Thellung. *Lavatera cretica L. (Medit.). — Solothurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915, Aellen! Althaea rosca (L.) Cav. (Zierpfl.; Balkan und Inseln) var. Sibthorpiü (Boiss.) Baker (A. ficifolia auct.; Moehrlen! ap. Jäggi in Ber. Deutsch. bot. Ges. X [1892], p. (132) — non Cav.; Alcea ficifolia auct.; Moehrlen! ap. Jäggi et Schröter in Ber. Schweiz. Bot. Ges. II [1892], 101, non L.; Griech., Kreta). — Adventiv bei Orbe (Waadt), ca. 1886, Moehrlen! (ll. ec. als Althaea bezw. Alcea ficifolia); Schöngrün bei Solothurn (Malzfabrik), ver- schleppt, 1916, Probst! ee Althaca cannabina L, (8-Eur., SW.-As.). — Güterbahnhof Zürich, 1917/9, Thellung. Malva silvestris L. (Eur., W.-As., N.-Afr hell. comb. nov. (— var glabra Bertol. = var. mauritiana Boiss.; Zierpfl. aus Medit.). — Ruchfeld (Basel-Land), auf Schutt, 1918, Aellen! Malva crispa L. (Zierpflanze zweifelhafter Herkunft; vielleicht Kulturform der südostasiat. M. vertieillata L.). — Verwildert: Klein-Hüningen bei Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXV1[1915], 213); Kompost in Neu- dorf (Elsass), 1918: Aellen; Bellach bei Solothurn, 1912: Probst in Mitteil. Naturf.-Ges. Soloth. 5. Heft, XVII. Ber. (1914), 195; Langendorf, 1918: Probst; Sihldamm zwischen Leimbach und Adliewil (Zürich), 1900, E,Lando]t!: Bahnhof Buchs (St. 6.), beständig: Schnyder in Jahrb. St. Gall. Naturw. Ges. 1913» (1914), 164; verwildert in Grabs, Schaan, Feldkirch, Victors- berg usw.: Murr in 58, Jahresber ä Idkirch (1913), 19. sber. Staatsgymn. Feldki .) SSp. mauritiana (L. pro spec.) :; ei a Eee a x Er ee LS al DE ER a Fa a FE ee Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 771 Malva nicaeensis All. (Medit.). -- Solothurn, Hühnergarten Zwy- gart (Malzfabrik), 1915/6/9, Probst! [Neu für die Schweiz, da die frühere Angabe aus dem Tessin sich als irrig erwiesen hat; vergl. Thellung iin Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LVI(1911), 281 Fussn.]. Malva pusilla With. (M. borealis Wallm.; N.-Eur., W.- u. N.-As.).— Michelfelden, Wiesendamm und St. Jakob bei Basel, 1914/5, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 213); Ruchfeld (Basel-Land), 1918: Aellen; Fribourg: Perolles, Moulin Grand, 1917, F. Jaquet! Malva parviflora L. (Medit., W.-As.). — St. Johannbahnhof in Basel und Ruchfeld (Basel-Land), 1917/8, Aellen!; Kammgarnfabrik Derendingen (Solothurn), 1916, Probst!; Güterbahnhof Zürich, 1916/7, Thellung.— Var. micerocarpa (Pers.) Loscos (= var. cristata Boiss.? [ex syn. Desf., nec ex deser.!]): Solothurn, Hüh- nerhof bei der Malzfabrik, 1915/6, Aellen!, 1918, Probst!; “ Güterbahnhof Zürich neben dem Typus, zahlreich, 1916/7, Thel- lung. * Malwastrum coromandelianum (L.) Garcke (M. trieuspida- tum [Aiton] A. Gray; trop. Am., eingebürgert in Nubien, trop, As. u. Austral.). — Vigogne-Spinnerei Pfyn (Thurgau), auf Baum- woll-Kompost, 1917, Thellung. *Hibiscus syriacus L. (häufige Zierpfl., wohl aus Indien u. O.-As.). — In Tessin verwildert, z. B. bei Ascona: Franzoni,Le Piante fanerog. Svizz. insubr. (1888— 90), 55. Hibiseus Trionum L. (Spanien [eingebürgert]; SO.-Eur., SW.-As.; ge- legentlich wohl auch Zierpflanze). — Wollishofen bei Zürich auf Schutt, 1909, Branger!; Solothurn, Kartoffelfeld beim Hühnerhof Latscha, 1916, Probst!; Basel: Wiesendamm (W.We- ber), Neu- Allschwil (Aellen), Bottmingen (Heinis): Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI (1915), 213; Bahnhof Ror- schach, 1914: W. Koch. *Hypericum hireinum L. (Androsaemum hireinum Spach; Zierpfl. aus d. öst. $.-Eur. u. SW.-As., verwildert in $.-Frankr.). — Auw (Aargau) seit 1890 verwildert: Lüscher Fl. Aarg. (1918), 26. Tamarix gallica L. (W.-Medit. bis Dalmat.). — Solothurner Stadt- mist, 1918, Probst! : Viola cornuta L. (Span., Pyren.; angepflanzt am Saleve). — Verwil- | dert im Bach ob Wasserauen am Weg zum Seealpsee ee zell), 1918, A. Koller! i 772 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Lythrum meonanthum Link (L. Graefferi Ten.; Medit.). — Strassen- graben bei Brioni-Orselina ob Locarno, 1917: Walo Koch Clarkia pulchella Pursh (Zierpfl. aus N.-Am.). — Kiesgrube Hardau in Zürich 3, 1915, Thellung. % Oenothera biennis L. (N.-Am.) var. parvijlora (L.) Leveille—Olten, Schutt beim Stauwehr, 1918, G. Brunner! — — ssp. suaveolens (Pers.) Rouy et Camus (Oe. grandiflora L’He- rit., Solander? vix Lam.). — Runkelrübenacker bei Alchenstorf (Solothurn), 1914, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, 4 XVII. Ber. [1914], 195); Rossallmend (Solothurn) in einem Kar- toffelacker, 1914: Probst]. c.; Olten, 1918/9, Probst u.Isler!; Bünzen (Aargau), 1913, P. Jacob!; Güterbahnhof Zürich, 1914, Thellung; Seeaufschüttung beim Tiefenbrunnen Zürich 8 (seit 1916), 1917, A.Schmid!; Bahnhof Tiefenbrunnen, 1918, Thel- lung; Felsenegg ob Wil (Rafzerfeld, Kt. Zürich), 1916, Fry- mann!; Kiesgrube in Pfäffikon (Kt. Schwyz), schr reichlich, 1917, A.Schmid!; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1912, Schny- der! (Jahrbuch St. Gall. Naturw. Ges. 1913 [1914], 164 sub Oe. biennis f. grandiflora); völlig eingebürgert auf dem Felsen am Bahndurchstich in Tisis (Vorarlberg) und zahlreich am Rhein- damm bei Mäder, fern von menschlichen Behausungen: Murr in 58. Jahresber. Staatsgymn. Feldkirch (1913), 20 (Oe. grandi- fora „Lam.‘). — sp. muricata (L.) Rouy et Camus: Aarau, am Gewerbekanal, 1885, L. Wehrli! (Lüscher Fl. Aarg. [1918], 61); Badische Lager- häuser in Basel, 1917, Aellen, Binz u. Probst!; Bern: Mi- litärrampe auf dem Wiler, 1916/8: R. Streun nach E. Fischer in Mitteil. Naturf. Ges. Bern 1919, sep. 8. *Oenothera fruticosa L. (Kneiffia fruticosa Raimann ; Zierpfl. aus N.-Am.). — Zoologischer Garten Basel, kultiviert und verwildert, 1912, Probst! Er Oenothera laciniata Hill (Oe. sinuata L.; N.-Am.). — Wiesendamm in Basel, 1915, Aellen!, W. Weber! (Allg. bot. Zeitschr. XXIE [1916], 72), 1917 Aellen, Probst!; Bahnhof Langendorf (Solothurn), 1918, Probst! (forma integrifolia); Bahnhof Tie- fenbrunnen bei Zürich, Ansladestelle von nordamerikanischem 5 Getreide, 1918, Thellung; Bahnhof Rorschach, 1915, W.Koch! Oenothera acaulis Cav. (Zierpfl. aus Chile). — Hezmen bei Z0 fingen, 1879 oder 1880: Fischer nach Lüscher Fl. Aare (1918), 61. er, "Hedera colchica C. Koch (SW.-As.). — Verwildert (bezw. als Kul- Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 1773 turrelikt) an einem Zaun in Ouchy bei Lausanne, 1913, F. Zim- mermann (Mannheim)! Scandiw Pecten Veneris L. (Medit., M.-Eur.) var. *brevirostris Boiss. (S. persica Mart.; S. australis Probst! Beitr. Fl. Soloth., 36 in Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 2. Heft [14. Bericht] 1902— 04 [1904], 386 non L.; S. macrorrhyncha Thell. in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LII [1907], 457 — non (. A. Meyer; Kreta, Kl.-As., Syr., Kauk., Pers., Afghan., Belutsch.). — Turnschanze bei So- > lothurn, 1904, Probst! (früher [ll. ce.] für $. australis, dann RR für S. macrorrhyncha gehalten). Torilis leptophylia (L.). Rchb. (Medit.). — Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst! Caucalis daucoides L. (Eur., W.-As,, Alger.) var. muricata (Bischoff) Gren. et Godron (in der Schweiz nur adv.). — Baseler Rhein- hafen, 1915, Aellen! (Allg. Bot. Zeitschr. XXII [1916], 72); Bahnhof Wolf in Basel, 1916, W. Weber!; Solothurn: Hühner- hof Zwygart (Malzfabrik), 1918, Probst! Bifora testiculata (L.) DC. (Medit.; adv. auch Engl.), — Güter- bahnhof Zürich, 1918, Thellung; Bahnhof Wolf in Basel, 1918/9, Aellen! Bupleur um lancifolium Hornem. (B. subovatum Link; B. protractum Hoffmgg. et Link; Medit.). — Solothurn: Hühnerhof Latscha (Malzfabrik), 1916/8, Probst!; Solothurner Hauptbahnhof, 1916, Binz! Bupleurum Odontites L. (B. Fontanesii Guss.; Medit.). — Badische Lagerhäuser in Basel, 1917, Bahnhof St. Johann 1918, Aellen!; Dr Güterbahnhof Zürich, 1918, Thellung. Apium Ammi (L.? Jacq.) Urban (Am.; auch [adv.?] Austral., N-, Seeland). — Basel, im Rheinhafen, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 72). ; Trachyspermum copticum (L.) Link 1821 (Ammi copticum L. 1767, Boiss. 1872; Bunium copticum Pers. 1805; Ptyehotis cop- tica DC. 1828; Carum copticum 0. B. Clarke in Hooker f. Hi. Brit. Ind. II, part. VI [1879], 682 [exel. syn. «Sison Ammı, Jacq. Hort. Vind. t. 200»!][ef. Bentham et Hooker Gen. pl. I, 2 (1865), 891]; Bunium aromaticum L. 1771; Carum aromaticum Druce Second Suppl. Bot. Soc. & Exch. Club Brit. Isl. Rep. for 1916 DER 1917], 612 [non Salisb. 1796, quod — C. Carvi L. 1753]; Li- gusticum Ajawain Fleming 1810; L. Ajouan Roxb. re Re chotis Ajowan DC. 1828; Athamanta Ajowan Wall, ex DC. 18 Probst!, Aellen!; beim Zeughaus Seewen (Schwyz), 1917, , 774 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 2 pro syn. et Cat. 1829; Seseli ammoides Jacq. Hort. Vindob. I | [1770], t. 52! — non L. [1753]. — Aegypt., SW.-As.; in O.-Ind. wegen der aromatischen Früchte als „Ajowan“ häufig angebaut; adv. Deutschl.!, Engl.!). — Güterbahnhof Zürich, 1915, Thel- lung. Ammi majus L. (Medit.) var. glaucifolium (L.) Desv. — Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1915, Schnyder! Ammi Visnaga (L.) Lam. (Medit.). — Lagerhaus Giesshübel und Seeaufschüttung beim Tiefenbrunnen in Zürich, 1918, Dr. Rohrer!; Güterbahnhof Zürich, 1918, Thellung. *Bunium ereticum Miller 1768 [teste L. Grande in Bull. Orto Bot. Nap. IV (1914), 366] (B. ferulaceum Sibth. et Sm. 1806; B. ferulaefolium Desf. 1808; Carum ferulaefolium Boiss.; C. di- varicatum 0. Koch; Balkan, Kl.-As., Syr.). — Vaumarcus (Neuen- burg), Bahnkörper, 1913, A. Gaille! Ob Kulturflüchtling? Die Pflanze wurde zu ©. Gessners Zeiten (1560) in deutschen Gärten gezogen (K. Wein in Beih. bot. Centralbl. XXXI, Abt. I [1914], 546). Pimpinella Anisum L. (Kulturpfl. ; Or.). — Wolfbahnhof in Basel, 1916, Aellen!, W. Weber!; Badische Lagerhäuser in Basel, 1916, Aellen!, Solothurn, beim Wildbachsammler an der Bellacher Grenze, Probst. . Oenanthe pimpinelloides L. (Medit.). — Solothurn, Hühnergarten Zwy- gart(Malzfabrik), 1915, Probst !, 1916: Aellen; beim Solothurner Hauptbahnhof, 1917, Dr. Dutoit! * Heracleum Mantegazzianum Sommier et Levier in Nuovo Giorn. bot. Ital. N.S. I (1895), 79 (Zierpfl. aus Kaukasien). — Belvoir in Zürich 2, auf Kompost aus der nahen Stadtgärtnerei verwildert, 1912—14, Thellung. Tordylium apulum L. (Medit.). — Güterbahnhof Zürich, 1917/9, Thellung. Daucus aureus Desf. (W.-Medit.: Syr., Paläst.). — Solothurn, . Hühnergarten Zwygart (bei der Malzfabrik), 1915, Probst! Daucus glochidiatus (Labill) Fischer et Meyer (D. brachiatus Sieber; Austral., 8.-Am. ete.; advent. in Frankr. !). — Kamm- Are Derendingen bei Solothurn (austral. Schafwolle), 1914, robst! Primula vulgaris Hudson (P. acaulis [L.] Hill) var. rabra (Sibth. et Sm. sub. P. acauli) (Zierpfl. aus Thessalien, Krim, Kl.-As., Kauk., Pers.). — Guberist ob Weiningen (Zürich), verwildert, 1916, H. Gams! Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 775 . Lysimachia punctata L. (L. verticillata M. Bieb.; A.de Buren in Le Rameau de Sapin III [1868], 36; O.-Eur., Kauk., Kl.-As.). — Bei Vaumarcus (Neuenburg) vom Baron A. v. Büren einge- bürgert (l.c. 1868 sub. L. vertieillata), hat sich bis heute er- halten: A. Gaille! in Le Rameau de Sapin 44° annde (1910), 35; 47° annee (1913), 24 et 2° ser. I (1917), 7; A. Dubois ibid. 46° annde (1912), 41 et 47° annde (1913), 8; an der Aare ob Brugg, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 123). Syringa persica L. (Zierpfl. aus Persien, doch nach €. K.Schneider auch dort nur kult., anscheinend ein Bastard von 8. vulgaris mit einer andern Art, vermutlich mit $. afyhanica ©. K. Schneider [Afghanistan]). — Verwildert am Fuss der Festung Aarburg: Lüscher Fl. Aarg. (1918), 98. Jasıninum fruticans L. (Medit.). — Eingebürgert bei Sitten: Pannatier in Ber. Schweiz. Bot. Ges. XIII (1903), 137; Tourbillon 1915, Gams!; bei Vaumarcus (Neuenburg) seit ca. 1760 eingebürgert (A. v. Büren in Le Rameau de Sapin III [1868], 36), bat sich bis heute erhalten (A. Gaille ibid. 44° annde [1910], 31). Buddleja variabilis Hemsley (Zierpfl. aus China). — Schutt an der Herdernstrasse in Zürich 4, 1916/8, Hegibachstrasse 1919, Thellung. Convolvulus dahuricus Sims (ob = (. sepium ß americanus Sims?; Tartarei, Sibir., ob auch N.-Am.?). — Gebüsch bei der katho- lischen Kirche Münsterlingen (Thurgau), 1912, E. Baumann! Convolvulus trieolor L. (Zierpfl., Medit.). — St. Ludwig (Elsass) bei Basel. auf Schutt, 1914, Aellen und Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 214). — Eine kleinblütige Wildform mit schmalen, lanzettlichen, langzugespitzten Kelchzipfeln : Solothurn, bei der Malzfabrik, 1915'8, Probst!; Bahnhof Wildegg (Aargau), aus Mühlenabraum, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 101 als f. parviflora). *Convolrulus pentapetaloides L. (Medit.),. — Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung. *Ipomoea lobata (Cerv.) Thell. comb. nov. (Mina lobata Cerv. ex Llav6 et Lex. 1824: Peter in Engler-Prantl Nat. Pfl. fam. IV, 3° [1897], 26; Quamoelit Mina Don 1838; Ipomoea Mina Voss 1896; I. versicolor Meissner 1869 sec. Ind. Kew. — Zierpflanze aus Mexico). — Verwildert bei St. Sulpiee unweit Lausanne, 1913: F. Zimmermann-Mannheim (briefl.). Pharbitis purpnrea (L.) Voigt (Zierpfl. aus dem trop. Am.). — Ver- wildert beim neuen Zeughaus in Basel, 1914, Aellen u. Weber! Vierteljehreschrifi d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 776 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zurich. 1919 (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 214); Schutt in Birsfelden bei Basel, 1915, P. Aellen!; Güterbahnhof Wolf in Basel und Schutt zwischen St. Jakob und „Neue Welt“ (Basel- Land), 1917, Aellen!; Zürich 4, Schutt an der Zypressenstrasse, 1917, Thellung. Phlox Drummonditi Hooker (Texas, N.-Mex., Mex.). — Schutt am Rhein unterhalb der Wiesenmündung bei Basel, 1918, A. Becherer! — f. fimbriata Wittmack: verwildert auf Ackerland bei der Straf- anstalt Liestal (Basel-Land), 1902, Heinis! Phlox paniculata L. (Zierpfl. aus N.-Am.). — Kiesgrube in Rorbas (Kt. Zürich), 1912, B. Blum!; Kiesgrube zwischen Samstagern und Wädenswil (Kt. Zürich), 1917, H. Lauer!; Solothurn, 1918, Probst. Gilia tricolor Bentham (Zierpfl. aus Kaliforn.). — Acker an der Delsbergerallee in Basel, auch in der f. alba Hort., N. Abder- halden! (comm. Binz 1915; Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 72). Gilia achilleifolia Bentham (Kaliforn.; in Eur. auch Zierpfl.). — Güterbahnhof Wolf in Basel, 1917, Aellen! *Gilia multicaulis Bentham (G. achilleifolia Hort. non Bentham ; Zierpfl. aus Kaliforn.). — Unkraut im Garten der Landwirt- schaftlichen Schule in Zürich, 1916, E. Baumann! Nemophila Menziesii Hooker et Arn. (1835) s. lat., em. A.Gray (Zierpfl. aus Kaliforn.) var. atomaria (Fischer et Meyer 1835 pro spec.) Voss: Kiesgrube Hardau in Zürich 4, 1916, H. Lauer! Heliotropium supinum L. (Medit., S.-Afr.). — Güterbahnhof Zürich, 1917, ellung. *Heliotropium Bocconei Guss. (H. suaveolens auct. ital. an M. Bieb.?; H. europaeum y suaveolens Fiori et Paoletti Fl. anal. Ital. II, 3 [1902], 382; Calabr., Sizil. u. kleine Inseln, Griechen- land?). — Güterbahnhof Zürich, mit einer auffallend gross- blütigen, aber durch die lang pfriemlich verschmälerte Narbe von H. Bocconei verschiedenen Form von H. europaeum, 1917, Thellung. Über die Verschiedenheit dieser Art (?) gegen- über dem in Macedonien und Thrazien, sowie in SW.-As. bis Persien wachsenden, echten H. suaveolens M. Bieb. gehen die Meinungen der Schrifsteller weit auseinander. Die beiden Sippen werden von Boissier (Fl. Or. IV [1879]) in zwei durch die Form des Narbenkopfes verschiedene Sektionen gestellt, und auch B&guinot (Sched. fl. Ital. exs. n. 949, in N. Giorn. bot. ital. N. S. XV [1908], 503/4) hält sie für durch das genannte Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 777 Merkmal spezifisch verschieden (H. Bocconei [Boiss. 1. e. 131]: Narbe lang pfriemlich-verschmälert; H. suaveolens: Narbe nach Boissier fl. c. 131] kurz und spitz kegelförmig, nach Beguinot schildförmig). Nun finde ich aber sowohl an authentischem, von Gussone 1849 bei Catania gesammelten Material des H. Bocconei (Herb. Univ. Zürich) als auch bei den Exemplaren der Fl. ital. exs. nr. 949 und 949bis (von Messina und vom Aetna) den Narbenkopf kurz kegelförmig, wie bei dem echten H. sua- veolens (z. B. aus Paphlagonien:: P. Sintenis Iter or. 1892 n. 4980), oder selbst kürzer als bei dem unter Berufung auf Boissiers Unterscheidung als H. suaveolens ausgegebenen Exsikkatum Heldreich Herb. graec. norm. nr. 1159 (Saloniki, leg. L. Charrel 1890)! Ich kann daher die Beobachtung von Alph. de Candolle, der (Prodr. IX [1845], 535) sowohl dem H. Bocconei als dem H. suaveolens ein ‚stigma quam in H. Europaeo brevius coni- cum apice solum bilobum et velutinum“ zuschreibt, nur vollauf bestätigen. [Auch den von A. de Candolle l. e. weiter ange- gebenen Unterschied (H. Bocconei: Stylus et antherae H. Eu- ropaei; H. suaveolens: Stylus fere nullus. Antherae in inferiore parte tubi insertae obtusae) vermochte ich an dem mir vor- liegenden Material nicht herauszufinden, es scheint sich da um Heterostylie zu handeln.] Die Aufklärung dieses auffallenden Widerspruches in den Angaben von A. de Candolle und Boissier und die endgültige Feststellung des Verhältnisses der beiden genannten Sippen muss dem erneuten Studium eines umfassenden Materials vorbehalten bleiben. Ich bezeichne die Zürcher Ad- ventivpflanze als H. Bocconei, da sie, nach den Begleitpflanzen zu urteilen, fast zweifellos aus Sizilien oder Süditalien stammt. Amphalodes verna Mönch (Zierpfl. aus SO.-Eur.). — Thur-Auenwald bei Bütschwil (Toggenburg), 1914, M. Vogt! Lappula patula (Lehm.) Ascherson (Span., N.-Afr., S.-Russl., SW.-As.). — Schutt beim Zentralbahnhof in Basel, 1902, Binz!; Basel an der Verbindungsbahn beim Gellert, 1915, W. Weber!; Bahn- hof Luterbach (Solothurn), mit L. echinata Gilib.,1917/8, Probst!; Maggimühle in Zürich 5, 1906, Werndli!; Bahnhof Tiefenbrunnen bei Zürich, 1918, Thellung [hier, wie auch bei Luterbach 1918, mit Lepidium densiflorum vergesellschaftet, daher vielleicht aus N.-Am. stammend (?)]. | * 4llocarya californiea (Fischer et Meyer) ‚Greene (Kaliforn., Oregon). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn (austra- lische [?!] Schafwolle), 1916, Probst! 778 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Amsinckia cf. angustifolia Lehm. (Chile). — Wohlen (Aargau), ‘in einem Hühnerhof. 1916, Dr. E. Suter! Amsinckia ef. intermedia Fischer et Meyer (Benthamia") intermedia G. Cl. Druce in Rep. Bot. Exch. Club Brit. Isl. for 1911, 25 et Rep. for 1915 vol. IV, part Ill [Apr. 1916], 278, 298; Lithospermum apulum Des6glise Fl. genev. adv. in Bull Soc. Roy. Bot. Belg. XVI [1877], 239 et XXII, 1 [1883], 110 [nach Höcks?) Vermutung zuA. Iycopsoides Lehm.°) gehörig]? ; Vetter! in Bull. Soc. vaud. Sc. nat. XXI, No. 95 [1885], 270 — non (L.) Vahl; A. Iycopsoides Höck 1. e. [1902] probab. pro maxima p- ex loc.; Naegeli u. Thellung Rud.- u. Adv.-Fl. Kt. Zürich, : 63 in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich L. [1905], 287 — non . Lehm. sens. striet. — Westl. N.-Am. [hier oft mit A. lycop- soides verwechselt]; adv. in den O.-Staaten der Union). — ? Genf, aux Paquis, 1874: Deseglise l. c. (1877, 1883) als Litho- spermum apulum (Höck 1. c. 1902 als A. lycopsoides); Orbe 1886, Moehrlen! (bei Vetter l.c. 1886 als Lithospermum apulum), 1396, Vetter!; Güterbahnhof Wolf in Basel, 1915/7, Aellen! und Weber! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 72); Birsfelden (Basel-Land), 1916, W. Weber!; Badische Lagerhäuser in Basel, 1917, Ruchfeld (Basel-Land), 1918, Aellen!; Hühnerhof Zwygart in Solothurn (Abfälle von der Malzfabrik), 1916, Probst!; Maggimühle in Zürich 1904, Thellu ng (l.c. 1905 als A. lycop- soides). — Die Unterscheidung der Arten der Gattung Amsinckia (speziell von A. Iycopsoides, intermedia und Verwandten) ist sehr schwierig und die bezüglichen Angaben der nordamerikanischen Floristen widersprechen sich häufig. Nach der verdienstvollen neuen monographischen Bearbeitung der Gattung durch J. Fr. Macbride (Contrib. Gray Herb. N. 8. No. XLIX [Jul. 1917], — sind zur sichern Bestimmung reife Früchte erforderlich, ) Benthamia Lindley 18 : en 5 wis Daten (Es UNE RI RE helamann ae Dre nn (1831), kann aber gleichwohl nicht als gültig verwendet werden. da. abgesehen davon, ag Amsinckia auf der Liste der „Nomina conservanda* steht (Rögles internat. = a 2), 97), das ältere Homonym Benthamia A. Rich. (1828), ; era L. C.Rich. (1818) gezogen wird, von neueren (rchideo- logen (z. B.R. Schlechterin Beih. Bot Ce : . Gentralbt. XXXIV, 2. >. . XII. 1916]. 300) als gültiger Gattungsname restituiert wird. IE | i en in Beih. Bot. Centralbl. XII, 2 (1902), 220 iese Art ist, wie auch in Nord-Amerika, i ‚ in Europa, wenn überhaupt vor- er a viel seltener als A. intermedia, und der Grossteil der von Höck . €.) gemachten Angaben aus Mittel-Europa dürfte sich auf die letztere Art (oder auf A. Menziesii i - ; i eng ig raasign Zu dieser rechne ich auch eine Pflanze von Hamburg, 1910, Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 779 wie solche leider, was bereits E. H. L. Krause (Beih. Bot. Centralbl. XXXV, 2. Abtl. 1. Heft [1917], 117) mit Recht be- merkt, bei uns an den eingeschleppten Exemplaren fast nie ausgebildet werden. Auch fehlt in Macbrides Arbeit, die sich auf die nordamerikanischen Arten beschränkt, bedauerlicher- weise die aus Europa mehrfach angegebene, südamerikanische A. angustifolia Lehm., deren Unterscheidungsmerkmale mir nicht klar geworden sind. *Amsinckia cf. Menziesii (Lehm.) Nelson et Macbride (A. inter- media A. Gray Synopt. Fl. N.-Am. II part I [1886], 198 ex p., non Fischer et Meyer; cf. F. Macbride in Contrib. Gray Herb. N. 8. No. XLIX [1917], 9. — Westl. N.-Am.). — Schutt im Ruchfeld (Basel-Land), 1917, Aellen! Möglicherweise gehört auch der Grossteil der unter A. intermedia aufgeführten Funde in Wirklichkeit zu A. Menziesii. Symphytum asperum Lepechin (S. asperrimum Donn; SW.-As.). — Bahndamm bei Roveredo (Misox, Graubünden). 1916, G. Walser!; Vaumarcus (Neuenburg), wohl — vor ca. 50 Jahren — vom Baron v. Büren eingebürgert: A. Gaille in Le Rameau de Sapin 2° ser. I (1917), 7 (vergl. auch 47 annee [1913], 24); auf Schutt bei Neu-Allschwil (Basel), 1916, Heinis! (durch ganz schwach herablaufende Laubblätter etwas gegen X 8. uplandieum neigend); mehrfach um Neuchätel: H. Spinner in Mem. Univ. Neuchätel II (1918), 90. Der gleiche Autor gibt auch (l. ce.) $. tauricum Willd. und S. orientale L. [vergl. Thellung in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LIT (1907), 462 und Fl. adv. Montpell. (1912), 421—2] als um Neuchätel seltener kultiviert und verwildert an. Symphytum eoeruleum Petitmengin ap. Thellung in Vierteljahrsschr. der Natf. Ges. Zürich LII (1907). 459 bat, wie C. A.M. Lind- man in Bot. Notiser 1911, 71—77 nachweist, den ältern Namen 8. uplandicum Nyman Syll. Fl. Europ. (1854), 80 zu führen; syn. $. patens Fries olim, non Sibth.; S. orientale Fr. et auct. suec. et dan. mult., non L. — Lindman spricht (l. e. 75) mit Bestimmtheit die Meinung aus, dass $. uplandicum einen Bastard bezw. eine Hybridenserie zwischen $. asperum Lepechin und S. offieinale L. darstellt. Ich selbst bin seit 1907 durch das Studium eines reichen Materials zur gleichen Überzeugung ge- langt; die verschiedenen Formen des $. uplandieum nähern sich bald mehr der einen, bald mehr der andern Stammart und sind von beiden oft schwer mit Sicherheit abzugrenzen, s so dass eine vollständig gleitende Reihe von S. asperum zu S. offieinale zu- 780 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 stande kommt. Vergl. über die Nomenklatur und die syste- matische Stellung von $. uplandieum auch: Schinz u. Thellung in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich, LVIII (1913), 78—80 und Thellung in Verh. Bot. Ver. Prov. Brandenb. LVII, Heft 1 (1915), 78. — Neue Fundorte in der Schweiz: Kiesgrube bei Itschnach ob Küsnacht (Kt. Zürich), 1914, E. Baumann!; Anstalt Rosegg bei Solothurn, eingebürgert (Kulturrelikt) seit Jahren, 1916/7, Dr. Greppin!, comm. Probst. Symphytum Vetteri Thellung in Vierteljahrsschr. der Natf. Ges. Zürich LII (1907), 460 ist, wie schon N. J. Kusnetzoff in Mem. Acad. St. Petersb. 8° ser. Cl. phys.-math. vol. XXV No. 5 (1910), 19—20 auf Grund der Diagnose richtig vermutet, eine unbe- deutende Form von 8. uliginosum Kerner in Oesterr. bot. Zeitschr. XII1 (1863), 227—8, einer seltenen ungarischen!) Pflanze, die von Nyman (Consp. fl. Eur. III [1881], 509) als Kleinart neben $. offieinale L. gestellt und von O. Kuntze (in Act. h. Petrop. X [1887], 220) als var. B. uliginosum zu der letztern Art gezogen wird; am richtigsten dürfte die Pflanze, deren Unterschied von 8. officinale (fast völliges Fehlen der Behaarung ausser den Stachelchen) immerhin recht auffallend ist, als 8. oft- einale subsp. uliginosum (Kerner) Nyman ex Schinz et Keller Fl. Schweiz ed. 3, II (1914), 278 bezeichnet werden. Dass mir die Identität der schweizerischen Adventivpflanze von Orbe mit S. uliginosum entgehen konnte, hat seinen Grund darin, dass ich s. Zt. unglücklicherweise das $. uliginosum Kerner nach einem falsch bestimmten Exsikkatum (S. „uliginosum“, Aszool im Pester Komitat, 1879, Herb. W. Steinitz, in Herb. gen. Univ. Zürich), das ein ganz gewöhnliches S. officinale darstellt, beurteilte. Anchusa procera Besser (SO.-Eur., SW.-As. ; adv. Deutschl.! usw.). — Ependes bei Orbe, 1891, Moehrlen!; hieher gehören wohl auch Exemplare von Solothurn: Schutt an der Wiesensteiner- strasse (aus Hühnerfutter aus der Malzfabrik aufgegangen), 1913, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 200) und Hauptbahnhof, 1915, Probst! (Exemplare zur sichern Bestimmung zu jung); Goldach-Ufer bei Tübach (St. Gallen), 1913, W.Koch! Anchusa sempervirens L. (SW.-Eur.). — Neuenburg, in einem ') Nach C. Bucknall (Journ. of Li 5 ; . inn. Soc. Bot. X 3], 509) kommt die Art auch in Südrussland vor 9,908. Bl. XbI 00,838 UNO 9 Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 781 Rasen adventiv: Sire nach Spinner in M&m. Univ. Neu- chätel II (1918), 91. Lycopsis orientalis L. (L. arvensis y orientalis [et ö ovata?] O. Kuntze in Act. hort. Petrop. X, 1 [1887], 217; Span., Bulgar., S.-Russl., SW.- u. Zentr.-As.). — Fribourg: aterrissements de la Sarine aux Neigles, 1911, F. Jaquet! (Ber. Schweiz. Bot. Ges. XXI [1912], 162); Basel: Badische Lagerhäuser, 1916, P,. Aellen! — Würde wohl richtiger nur als Unterart von L. arvensis bewertet, wie denn auch tatsächlich N. J. Kusnetzoff (Die Gattung Ly- copsis L. — Trav. Mus. Bot. Acad. imp. Se. St. Petersb. VI [1911], 83—120; russich) L. arvensis L. s. ampl. gliedert in: ssp. occidentalis Kusn. (l. c. 96) (= L. arvensis L. et auct. sens. striet.;: W.-, S- u. M.-Eur., Kauk.) und ssp. orientalis (L.) „oO. Kuntze“ (l. e. 104) (Span., SO.-Eur., W.- u. M.-As.). Nonnea pulla (L.) DC. (O.-Eur., W.-As.). — Mürren (Berner Oberland), 1640 m, aus Abfällen von Vogelfutter, 1915, W. Lüdi! Cerinthe minor L. (Medit.) f. Alliomei Fiori et Paoletti Fl. anal. Ital. II, 3 (1902), 362 (= C. maeulata All. non L.; Krone aussen an den Ansatzstellen der Staubblätter mit 5 kleinen, purpurnen Flecken). — Basel: Schutt an der St. Margrethenstrasse, 1900, Baumberger! (in Herb. Binz). Früher für C. maculata L. ge- halten (Binz Fl. Basel ed. 2 [1905], 263; Thellung in Viertel- jahrsschr. Natf. Ges. Zürich LU [1907], 463 als C. minor var. maculata). Diese letztere Sippe wird von Binz (Fl. Basel ed. 3 [1911], 227) als verwildert bei Riehen (1909) angegeben ; die betr. Pflanze (leg. Heitz!) ist jedoch €. major, so dass die echte C. maculata für die Schweiz zweifelhaft wird. Eechium plantagineum L. (Medit.) — Rheinhafen in Basel, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXI [1916], 72); Güterbahnhof St. Johann in Basel, 1917, Aellen!; Solothurn, Hühnerhof Zwygart (Malz- fabrik), 1915/6, 1918, Probst!; Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, Schnyder! * Verbena bracteosa Michx. (N.-Am.). — Verschleppt 1864 in Feld- kirch (Vorarlberg), auf Baumwollablagerungsplätzen der Ganahl- schen Spinnerei: J. Stocker nach W. H. Reichardt in Verh. zool.-bot. Ges. Wien XVI (1866), 830—1 und in Oester. bot. Zeitschr. XVI (1866), 227. Verbena litoralis Humb., Bonpl. et Kunth (im wärmeren Amerika weit verbreitet) var. Zeptostachya Schauer (Y: "ORTankehBR H.B.K.: adventiv auch in 8.-Afr. 1). — Wiesendamm in B asel, 782 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 24). | *Verbena venosa Gillies et Hooker (V. bonariensis var. venosa Voss; Zierpfl. aus Brasil. u. Argentin., der ebenda beheimateten V. bonariensis L. nahe verwandt, aber wohl doch spezifisch ver- schieden; vergl. Reiche Fl. Chile V [1910], 283, 284). — Ver- wildert in Seengen (Aargau), 1911—1914, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 122); Belvoir in Zürich 2, auf Schutt, 1912, Beger! Clerodendron foetidum Bunge 1835; vergl. Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LIT (1907), 463. Diese Art kann trotz eines ältern Homonyms ihren Namen behalten und braucht nicht in C. Bungei Steudel (1841) umgetauft zu werden, da (. foetidum D. Don (1825) in die von Bunge 1835 aufgestellte Gattung (Jaryopteris gehört, wo die Art den Namen €. foetid« (D. Don) Thellung comb. nov. zu führen hat. (syn.: Cl. gratum Wall. 1829 = Car. grata Bentham 1876 et auct. — Vitis sexdentata Wall. 1829 Seutellaria albida L.') (8. pallida M. Bieb.: SO.-Eur., Kl.-As., Pers.). — Vaumareus (Neuenburg), + eingebürgert (ursprüng- lich — vor ca. 50 Jahren — wohl vom Baron v. Büren ange- Pflanzt): A. Dubois in Le Ramean de Sapin 46° annee (1912), #1 et 47° annde (1913), 8; A. Gaille! ibid. (1913), 24 et 2° sör. I (1917), 7. Seutellaria altissima L. (SO.-Eur., Kauk.). — In Menge eingebürgert in einem Walde bei La Raisse unweit Vaumarcus (Neuenburg), ur- sprünglich (vor ca. 50 Jahren) wohl vom Baron v. Büren ange- pflanzt, 1913, A.Gaille! (Le Rameau de Sapin 2° ser. 1[1917], 7); kultiviert und + verwildert im Garten von Herrn Simon Amstad im Rosenbergli-Stans, 1914, Lüscher! Sideritis montana L. (Medit.). — Goldach-Ufer bei Tübach (St. Gallen), 1912, W. Koch! Nepeta grandiflora M. Bieb. de Sapin 26° bei Vaumarcu ca. 1860—70 (N. Nepetella A. Gaille! in Le Rameau annee [1892], 44 — non L.; Kauk.). — La Raisse s (Neuenburg), + eingebürgert (ursprünglich — — wohl vom Baron A. v. Büren angepflanzt), 1912, S. cereti ; & schieden ist, die Angabe «bractei etica dieses Autors von der Linn&schen ver ; acteis setaceis» schliesst i hörigkeit von Millers Pflanze zu Seutellaria albida ee sogar die Zugehörig Jahrg. 64. A. 'Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 783 A. Gaille! (Le Rameau de Sapin 47° annde [1913], 24, 2° ser. I [1917], 7; schon früher [l. e. 1892] als N. Nepetella an- | gegeben). Dracocephalum Moldavica L. (Gartenpfl. vom Himalaja und aus O.-Sibir.; kult. und verwildert in Eur. und Am.). — Zwischen Uerikon und Feldbach (Zürich) ausserhalb eines Gartenzaunes verwildert, 1915, Seminarist Albert Kägi! (comm. Oppliger). Dracocephalum parviflorum Nutt. (N.-Am., Mex.). — Wiesendamm bei Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 73); an der Glatt oberhalb Rheinsfelden (Zürich), 1917, J. Frymann!; Bahnhof Tiefenbrunnen bei Zürich (Ausladestelle von nord- amerikanischem Getreide), 1918, Thellung. Dracocephalum thymiflorum L. (N.- u. O.-Eur., N.-As.). — Schutt zwischen Kempttalund Töss (Kt. Zürich), 1916, Thellung. *Oleonia lusitanica L. (Span., Portug., Marokko, Alger.). — Solo- thurn: Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1916, Probst! *Phlomis Russelliana (Sims) Lag. ex Bentham 1834 (Ph. lunari- folia 8 Russeliana [sic] Sims Bot. Mag. t. 2542 [1825]!; Ph. viscosa Boiss. Fl. Or. ex p-, non Poiret — Kl.-As., Syr.). — Vaumareus (Neuenburg), eingebürgert (vor ca. 50 Jahren vom Baron v. Büren angepflanzt), 1913, A. Gaille! (Le Rameau de Sapin 2° ser. I [1917], 7). Boissier (l. c.) zieht die Pflanze mit ? zu Ph. viscosa Poir. (Ph. virens DC.), von der sie sich jedoch durch den krautigen (nicht holzigen) Stengel, die nicht drüsige Behaarung, die sehr reich-(-+ 40-) blütigen Schein- quirle, die fast gleich grossen, abweichend gestalteten Kelch- zähne usw. sicherlich spezifisch unterscheidet. Nach Born- müller in Österr. Bot. Zeitschr. XLII (1892), No. 4, 113—116, auf welche Notiz ich erst nachträglich aufmerksam geworden bin, gehört als Synonym zu Ph. Russelliana auch Ph. Samia Boiss. Fl. Or. ex p. (quoad loc. As. min.) et colleetor. nonnull. (non L.), und die Verbreitung der Art erstreckt sich bis nach Armenien. Galeopsis dubia Leers var. varians (Desv.) Thellung, mit roter Krone (in der Schweiz anscheinend nur adventiv). — Brugg, unter Lolium multiflorum ssp. italicum, 1914, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 118); Wiesendamm in Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 73) [könnte . möglicherweise aus dem nahen Schwarzwald, wo die Pflanze urwüchsig vorkommt, stam- men]; Lüterkofen, Juchenfeld (Solothurn), 1903, 1917: Probst (vielleicht nicht adventiv). | 784 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Lamium grandiflorum Pourret (L. longiflorum Ten.; S.-Eur.). — Neu- chätel: Seeufer „aux Saars“ (leg. Sire), Colombier: H. Spinner in M&m. Univ. Neuchätel II (1918), 94. Lamium gargani L. (8.-Ital., Serb., Griechenland ?). — Vau- marcus (Neuenburg), Überrest ehemaliger Anpflanzung (vor ca. 50 Jahren) durch den Baron v. Büren, 1914, A. Gaille! (Le Rameau de Sapin 2° ser. I [1917], 7). * Lamium OrvalaL. 1759 (Orvala garganica L. 1753 [non Lamium garganicum L. 1763], ©. lamioides DC.; SO.-Eur.). — Einmal adventiv in Neuchätel: Sire nach Spinner in Möm. Univ. Neu- chätel II (1918), 95. Leonurus sibiricus L. (Trop.). — Aarau, Fleinersche Schuttstätte jenseits der Aare, 1876, O0. Buser! (Lüscher FI. Aarg. [1918], 120). Stachys italicus Miller (S.- u. SO.-Eur.). — Bahnhof Charrat-Fully (Wallis), 1915, Gams!; Bellach (Solothurn), Wildbachdamm, 1916, Probst!; Böschung beim Solothurner Hauptbahnhof (Abfälle von der Malzfabrik), 1917/8: Probst. Stachys lanatus Jacg. (O.-Eur., W.-As.). — Vaumarcus (Neuenburg), ursprünglich (vor ca. 50 Jahren) wohl vom Baron v. Büren angepflanzt: A. Gaillein Le Rameau de Sapin 2° ser. 1 (1917), 7. Salvia nemorosa L. (S. silvestris auct. non L.; O.-Eur., W.-As.). — Goldach-Ufer bei Tübach (St. Gallen), 1912/3, W. Koch! Salvia virgata Jacq. (1770 !), Aiton (1789) (SO.-Eur., SW.-As.). — Bahnhof Buchs (St. Gallen), in typischer Ausbildung, 1911, Schnyder!; Solothurner Malzfabrik, 1912/3 Probst!? (Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 201); Hühner- garten Zwygart bei der Malzfabrik, 1915/7, Probst!? Salvia verticillata L. (S.- u. M.-Eur., SW.-As.). — Eine Form mit auf- fallend schwach behaartem Kelch (exotische Rasse ?): Bahndamm bei Leopoldshöhe, 1912, A. Becherer! (Herb. Binz). Salvia napifolia Jacq. (Griech. Ins,, Kl.-As.). — Solothurner Malz- fabrik, 1912/3, Probst! (Mitteil. Natf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVIL Ber. [1914], 201). Salvia reflexa Hornem. 1807 (8. trichostemmoides Pursh 1814; S. lanceifolia Poiret 1817; 8. lanceolata Brouss. 1805, Willd. 1809 et auct. Amer., non Lam. 1791 [quae = S. nivea Thunb. 1800 (non All. 1774), spec. Afr. austr. admissa]; N.-Am., Mex.). — | Basel, Schutt an der Gellertstrasse, 1914, Aellen u. Weber! Salvia viridis L. (Medit.) var. Horminum (L.) Battand. et Trabut — Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 785 Eisengrube Altachen bei Zofingen adventiv, 1884: Lüscher Fl. Aarg. (1918), 116. Monarda didyma L. (Zierpfl. aus N.-Am.). — An den Bahnhofmaga- zinen in Feldkirch verwildert: Murr in 58. Jahresber. Staats- gymn. Feldkirch (1913), 25. Physalis peruviana L. (S.-Am.) var. esculenta (Salisb.) Fiori et Paoletti — Birsfelden bei Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXI1[1916],73); Wollkompost der Tuchfabrik Spinnler in Liestal (Basel-Land), 1917, P. Aellen! *Physalis minima L. (Trop., auch Austral.; adv. Engl. 1917). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, ziemlich zahlreich, 1917, Probst!, Aellen! Capsicum aunuum L. (Kulturpflanze aus S.-Am., bei uns wohl aus Ab- fällen von Delikatessenhandlungen stammend). — Birsfelden bei Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 215); Ruchfeld (Basel-Land), 1918: Aellen; Solothurner Stadtkompost, 1917, Probst!; Saxey bei Fully (Wallis), vielleicht Kulturrelikt, 1914, H. Gams! Solanum cf. nodiflorum Jacg. (8. guineense [L.] Lam.;Trop. ausser Austral.). — Vigogne-Spinnerei Pfyn (Thurgau), auf Baumwoll- kompost, mit S.nigrum und luteum, 1917, Thellung. *Solanum Burbankii Bitter [ap. F. Zimmermann in Mitteil. d. „Pollichia* Dürkheim No. 27—28, LXVIIL — LXIX. Jahrg,, 1911/12 (1913), wissensch. Beih. 18 not., nomen tantum, et] in Fedde Repert. XII (1913), 83 (S. villosum [vel nigrum] X gui- neense Burbank ; S. guineense X villosum Hort.; Murr! in Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 65; kalifornische „Sonnenbeere“ oder »„Wonderberry“, nach Bitter eine wohl in Kalifornien ein- heimische Kleinart aus der Verwandtschaft von S. nigrum, von diesem hauptsächlich durch den nur in der Mitte [nicht bis zum Grunde, noch bis zur Spitze] violetten Mittelnerv der Aussen- seite der Kronlappen, durch die zur Reifezeit stark zurückge- bogenen Kelchzipfel und durch die erst spät schwarzwerdenden, nicht glänzenden, sondern matten, fast bereiften Früchte ver- schieden ')). — Am städtischen Schuttplatz in der Felsenau bei Feldkirch, 1915, Murr! (l. c. als 8. guineense X villosun). Die mir von Prof. Dr. J. Murr freundlichst übermittelten Proben stimmen mit authentisch bestimmtem Material des $.Burbankii !) Nach Bitter soll sich S. Burbankii auch durch besonders lange (+1'/, pre Filamente auszeichnen, was jedoch für die von mir gesehenen Exemplare nie zutrifft, 786 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 völlig überein ; allerdings muss gesagt werden, dass auch die Abweichung von $. nigrum an Herbarmaterial nur gering ist, und dass die an der lebenden Pflanze ziemlich auffälligen Merk- male des 8. Burbankii beim Trocknen teilweise schwer wahr- nehmbar werden (Bitter briefl. X. 1912). Die Pflanze dürfte bei sorgfältiger Nachforschung noch anderwärts aufzufinden sein. Solanum Pseudocapsicum L. (Zierpflanze; trop. Am.; Madeira, Mau- ritius, ob autochthon?). — Basel, Schutt bei der Verbindungs- bahn, 1913 (Schülerfund im Herb. Binz!); Schutt bei Birsfelden (Basel-Land): Aellen u. Weber nach Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI (1915), 215. — — ssp. diflorum (Vell.) Hassler in Fedde Repert. spec. nov. XV, Nr. 427/433 (1918), 221 (8. döflorum Vell.: S. capsicastrum Link; Zierpfl. aus Brasil., Paraguay usw.) — Schutt zwischen St. Jakob und Neue Welt (Basel-Land), 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeit- schr. XXI [1916], 73 sub S. Capsicastro); Schutt in Birsfelden (Basel-Land), 1917, Aellen! Solanım triflorum Nutt. (N.-Am.). — Basel, im Rheinhafen und $t. Johann-Bahnhof, 1915, A ellen!(Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 73) *Solanum aff.nitidibaceatum Bitter (Argentin.). — Baseler Rhein- hafen 1915, Aellen! (Alle. bot, Zeitschr. XXII [1916], 73). — Vergl. über die Arten dieses Verwandtschaftskreises: Thellung bei Junge in Allg. bot. Zeitschr. XXI (1915), 131 (1916). "Solanumct.sarachoides Sendtner (S.Justischmidtii E.H.L. Krause; cf. Bitter in Fedde Repert. spec. nov. XI Nr. 279/285 [1912], 208 et S. Polgär in Magyar Bot. Lapok 1918 H. 1/2 [1919], 93—37. — 8,-Brasil.). — Schutt in Birsfelden (Basel-Land), 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [11916], 73) (jedenfalls eine südamerikanische Art aus der Verwandtschaft von $. chenopo- dioides Lam.; ziemlich identisch auch in Holland gefunden: Wor- merveer, 1913, A. W. Kloos!). *"Solanum atropurpureum Schrank (Zierpfl. aus Brasilien). — Schutt am Wiesendamm in Basel, 1914, Aellen u. Weber! : (Binz in Verh. Natf. Ges. Base] XXVI [1915], 215). Solanım sodomaeum L. (angebl. aus $.-Afr.: eingebürgert [?] in S.-Eur., N.-Afr,, Mauritius u. SO.-Austral.) + var. Hermanni Dunal — Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung. Solanum rostratum Dunal (N.-Am.). — Rheinsäge bei Diessenhofen (Phurgan), 1911: H. Brunner in Mitteil. Thurg. Natf. Ges. Heft 21 (1915) 206; Kleinhünigen (schon 1899) und Birsfelden bei Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 787 Basel (Aellen u. Weber!), Augst 1903 (F. Wille): Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI (1915), 215; P6rolles (Fribourg), t 1917: Jaquet. Solanum heterodoxum Dunal (S. eitrullifolium A. Br.; Zierpflanze aus Texas und Mexico). — Verwildert an der Wiesendamm- strasse in Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 215). Solanum sisymbriifolium Lam. (Zierpflanze aus S.-Am.). — Oetenbach- Areal in Zürich 1, 1914, G. Müller!, Thellung u. A, Nieotiana alata Link et Otto (Zierpfl. aus Brasil.) var. grandiflora Comes (= N. affinis Moore). — In Bregenz (Vorarlberg) auf Schutt am See verwildert: Murr in 58. Jahresber. Staatsgymn. Feldkirch (1913), 26 (sub N. affini). "XMNieotiana Sanderae Hort. Sander (Gartenbastard: N. affinis Moore [= N. alata Lk. et Otto var. grandiflora Comes] X For- gatiana Hort. Sander. ; beide Stammarten aus Brasilien; seit etwa 1904 häufige Zierpflanze). — Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich 2, verwildert, 1914, Gams! Petunia axillaris (Lam.) B.S.P. (P. nyetaginiflora Juss.; Zierpfl. aus S.-Am.). — Schutt in Birsfelden (Basel-Land), 1915, Aellen! Petunia integrifolia (Hooker) [Hort. ex Harrison Floricult. Cab. I (1833), 144 sec. 8. A. Skan in Bot. Mag. 4" ser. vol. XIV (1918), sub t. 8749 — sed mentio synonymica tantum! sec $. A. Skan in litt.')] Schinz et Thellung in Vierteljahrsschr. Naturf. Ges. Zürich LX (1915), 361 (P. violacea Lindley; Zierpfl. aus S.-Am.). — Birsfelden bei Basel, verwildert, 1915, W. Weber!, 1916: Aellen; Spiez, Schutt am Seeufer, 1918, A.Becherer!; Eigens- dorf ob Sins (Aargau): Lüscher FI. Aare. (1918), 105. Browallia viscosa Humb., Bonpl. et Kunth (Zierpfl. aus Peru). — Schutt an der Wiesenmündung bei Basel, 1914, Aellen u, We- ber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 215). Verbascum phoeniceum L. (O.-Eur., W.-As.). — Silvaplana (Engadin), Schutt beim Hotel Engadinerhof, 1 Exemplar, 1911, Branger!; Wiesenufer bei Kleinhüningen (Basel), 1907, G. Imhof!(Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 215); Goldachufer bei ') Nach freundlicher Mitteilung von Herrn S. A.Skan in Kew (22. IV. 1918) findet sich der Name (unter Nierembergia phoenicea) in folgendem Zusammenhang vWähnt: „It was first named Salpiglossis integrifolia, afterwards Petunia integrifolia, but is now called Nierembergia phoenicea“, was nach Art. 37 der Internationalen Regeln nicht einer rechtsgültigen Publikation entspricht. 788 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. ‚1919 Tübach (St. Gallen) seit 1913: W. Koch; Maroggia (Tessin): F. Jaquet. Verbascum virgatum With. (V. blattarioides Lam.; W.-Medit., ferner [wohl verschleppt] in Ind., S.-Afr., Austral., S.-Am. ete.). — Derendingen bei Solothurn, auf Kompost der Kammgarnfabrik (australische Schafwolle), 1913, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 47; = V. Blattaria Probst in Ber. Schweiz. Bot. Ges. XXIIL [1914], 128); Ruchfeld bei Basel, 1910: Dr. E. Suter nach Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI (1915), 215. Verbascum sinuatum L. (Medit.). — Solothurn, am Wildbach unter- halb des Sammlers, 1915/7, Probst!; Hühnerhof bei der Malz- fabrik 1918: Probst; Güterbahnhof Zürich, 1918, Thellung. *Verbascum galilaeum Boiss. (Kl.-As., Syr.; advent. ehemals im Port-Juvenal bei Montpellier). — Champ ä la Fin sous Aigle, 1913, H. Jaccard! Calceolaria scabiosifolia Sims (Zierpfl. aus den Anden von S.-Am.). — Rheinfelden (Aargau) in einem Gelbrübenacker, 1912,Schnyder!; Basel, Schutt am Rhein bei der Eisenbahnbrücke, 1918, A. Be- cherer! Linaria repens (L.) Miller (S.- u. W.-Eur.) var. tristis (Chav.) Rouy — Güterbahnhof Zürich (hier auch der Typus der Art seit Jahr- zehnten eingebürgert), 1917/8, Thellung; Güterbahnhof Weyer- mannshaus (Bern), 1918, mit dem Typus, F. Locher! Linaria purpurea (L.) Miller (Span., Ital., Griechenl., Tunis). — Die echte Art! (vergl. Thellung in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LII [1907], 464/5): Zofingen, in einem Garten seit 1881 adventiv [noch 1890!], Lüscher! (Fl: Aarg. [1918], 107 = L. striata Lüscher! Verz. Gefässpfl. Zofingen [1886], 49 ex p. [quoad loc. Zofingen] non DC.). Nach H. Lüscher (briefl. 1910) trat die Art seit vor 1880 unkrautartig im Garten von Dr. Strähl in Zofingen auf und wurde später in den „Rebberg“-Garten von Dr. H. Fischer-Sigwart in Zofingen versetzt, wo sie jedoch nach freundlicher Mitteilung des letztern (1911) anscheinend er- loschen ist. "Linaria heterophylia Dest. (L.strieta Guss. ; Calabr., Sieil., Tunes., Alger.). — Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung. Linaria supina (L.) Chazelles (Westl. S.-Eur.). — Auf Kies beim Tramdepot Neu-Allschwil (Basel), 1914, Heinis! Linaria chalepensis (L.) Miller (S.-Eur. , SW.-As.) f. eZeistogamd Thell. ap. Henrard in Nederl. Kruidk. Archief 1917 (1918), 204 Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 789 [eum deser. holland]!) (corolla minima [1!/, mm longa] albida elcalcarata semper clausa). Krone sehr klein (1'/, mm lang), weisslich, ungespornt, stets geschlossen bleibend. Lagerhaus Giess- hübel in Zürich 3, 1913, Thellung; Bahnhof Wolf in Basel, 1918, Aellen! [Ferner in Holland: Gorinchem an der Linge, 1912 (J. Th. Henrard!) und bei Rotterdam; England: Elland York, comm. Druce 1918.] Linaria bipartita (Vent.) Willd. (Zierpflanze aus Algerien, Marokko). — Bern: Militärrampe auf dem Wiler, 1918, R. Streun! (E. Fischer in Mitteil. Natf. Ges. Bern 1919, sep. 8). *Linaria maroccana Hooker Bot. Mag. t. 5983! (1872) (Zierpfl. aus Marokko; syn.: L. linogrisea Voss in Vilmorins Blumen- gärtnerei ed. 3 [1896], 754 [ex deser. et syn. L. maroccana] — non [Brot] Hoffmg. et Link?); ob = L. incarnata [Vent. 1796 sub Antirrhino] Sprengel ? ?)).— Neuenegg (Bern), 1912, R.Bossı comm. W.Rytz (E.Fischer in Mitteil. Natf. Ges. Bern 1919, sep. 8). Linaria pinifolia (Poiret) Thellung in Fedde Repert. spec. nov. X, No. 18/20 (1912), 291 (L. reticulata Desf.; Zierpfl. aus dem westl. N.-Afr.). — Beim Bahnhof Rheinfelden verwildert, 1914, Lüscher! Fl. Aarg. (1918), 107. Antirrhinum Orontium L. var. grandiflorum Chav. (Medit.). — St. Ludwig bei Basel, auf Schutt, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. X) Kleistogame Blüten sind in der Gattung Linaria bereits von Kuhn (nach Knuth Handb. d. Blütenbiol. II [1899], 150) beobachtet worden, doch werden keine speziellen Arten genannt. Dagegen erwähnt E H.L.Krause (Beih. bot. Centralbl. XXXV, Abt 2, H. 1 [1917], 150) eine spornlose, kleistogame Pelorie von Z. chale- pensis aus dem Hafen von Strassburg. ?) Die spanisch-portugiesische L. sapphirina (Brot. 1804 sub Antirrhino) Hoffmgg. et Link (= L. linogrisea [Brot. sub Antirrhino, 1816] Hoffmgg. et Link Es L. bipartita Willk. et Lange Prodr. fl. Hisp. II, 563 [1870] — non Willd. [cf. Willk. Suppl. Prodr. (1893), 174]) steht der algerisch-marokkanischen L. bipartita (Vent. 1800 sub Antirrhino) Willd. sehr nahe und unterscheidet sich von ihr hauptsächlich durch drüsige (statt kahle) Inflorescenz und schmälere, linealische, sehr spitze, kaum merklich hautrandige Kelch- und Tragblätter (vielleicht doch besser nur als Var. von L. bipartita zu trennen): von diesen beiden Arten unterscheidet sich L. maroccana leicht durch die Ausbildung der Kronoberlippe, die bedeutend länger ist als die nterlippe und sich mit Kronröhre und Sporn in der gleichen Richtung befindet (L. sapphirina und bipartita: Oberlippe kaum so lang wie die Unterlippe, zurückge- schlagen). 3) L. incarnata wird von Bentham in DC. Prodr. X (1846), 277 = L. lino- Srisea gesetzt; tatsächlich scheint das von Ventenat (in Lam. Eneyel. IV, 1 [179 —6], 364) zu seinem Antirrhinum incarnatum zitierte Tournefortsche Synonym zu dieser Art zugehören, während die Beschreibung Ventenats ( «levre superieure ä deux divisions droites») allenfalls sich auch auf L. maroccana beziehen könnte; doch soll die Pflanze nach Ventenats Angabe aus Spanien stammen. 790 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Naturf. Ges. Basel XXVI[1915], 215); Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915/6/8/9, Probst! Collinsia bicolor Bentham (Zierpfl. aus Kaliforn., oft in „japa- nischem“ Sommerflor). — Gstaad bei Saanen (Berner Oberland), in einem Gemüsegarten verwildert, 1918, B. Blum! * Paulownia tomentosa (Thunb.) Steudel, K. Koch (P. imperialis Sieb. et Zuce.; China, Japan [?]). — Verwildert am Quai Oster- wald in Neuchätel: H. Spinner in M&m. Univ. Neuchätel I (1918), 102. Veronica peduncularis M. Bieb. (Pontus, Kaukas,., Armenien). — Vaumareus (Neuenburg), + eingebürgert (ursprünglich — vor etwa 50 Jahren — vom Baron v. Büren angepflanzt), 1913, A. Gaille! (Le Rameau de Sapin 2° ser. I [1917], 7). — Die nahe verwandte *T. caucasica M. Bieb. (Kauk.) wird gleich- falls aus dem Neuenburger Jura angegeben: Mont-Aubert, ohne Zweifel durch den Baron v. Büren angepflanzt, 1916: H. Cor- revon in Le Rameau de Sapin 50° annde (1916), 47. Möglicher- weise handelt es sich um die gleiche Pflanze. Die Unterschiede zwischen den beiden „Arten“ sind mir nicht klar geworden; sie scheinen sich zudem in der Kultur zu verwischen. Melampyrum arvense L. (Eur., W.-As.). ssp. barbatum (W. K.) Beauverd (SO.-Eur.). — Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1915, A Schnyder! Die schon längst bekannte Adventivpflanze von Orbe (Waadt) (leg. Moehrlen!) gehört nach Beauverd (Monogr. Melampyr. in Mm. Soc. Phys. et Hist. nat. Geneve vol. 38, fasc. 6 [1916], 534, 536) teils zu var. purpureo-bracteatum Schur, teils zu var. en-barbatum f. typicum Beauverd; zu der letzten Form ist wohl zu ziehen das «M. arvense, Variete aA bractees jaun.» Vetter in Bull. Soc. vaud. sc. nat. XXII, No. 95 (1886), 270. Orobanche erenata Forskal (0. pruinosa Lapeyr.; O. speciosa DC. Medit., selten adv. in Zentr.-Eur.). — Basel: Güterbahnhof Wolf auf Vicia angustifolia, 1918, Aellen! "Sesamum indicum L. (inel. S. orientale L.; als Ölpflanze in den Tropen beider Hemisphären kultiviert, Heimat unsicher). — Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1 Exemplar, im Sept. 1911 blühend, ; A. Schnyder! (Jahrb. St. Gall. Naturw. Ges. 1913 [1914], 165). Proboseidea louisianieca (Miller) Thellung (Martynia proboseidea Gloxin; P. Jussiaei Steudel; N.-Am., ehedem verwildert bei Montpellier). — Kartoffelacker bei Kreuzlingen, 1917, K. E. Rolle! Proboscidea tutea (Lindley) Stapf (östl. S.-Am.). — Die eigen- artig gestalteten Früchte dieser Art(„Gemsenhörner“, „Elefanten- Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 79 rüssel“) fanden sich 1914 in der Tuchfabrik zu Langendorf (Solo- thurn) unter aus Südamerika bezogener Schafwolle (Probst!), gerade wie ehedem in dem berühmten Port-Juvenal bei Mont- pellier (Cosson in Bull. Soc. bot. France VI [1859], 605; vergl. Thellung Fl. adv. Montpellier [1912], 480, 600); lebende Pflanzen 1919 bei der Kammgarnfabrik Derendingen (Solothurn), O0. Wyss! (comm. Probst). Plantago lanceolata L. (Eur., W.-As., N.-Afr. und durch Verschleppung fast kosmop.) f. pallidifolia Beger et Thellung ap. Aellen in Allg. bot. Zeitschr.. XXI (1916), 73 cum. deser. lat.: Laub- blätter blass gelblich grün, ziemlich dicklich-steif, gleich dem (eiförmig-zylindrischen) Blütenstand fast kahl, grösstenteils nur unterseits an den Nerven und am Rande spärlich bewimpert. Die Pflanze ist durch die Farbe der Laubblätter sehr auffällig und nähert sich etwas der P. glauca C. A. Meyer; bei letzterer Art sind jedoch die Laubblätter bläulichgrün, und die Behaarung der ganzen Pflanze ist noch ‚geringer bis 0. — Güterbahnhof Zürich, 1913, H. Beger!, Thellung; Wiesendamm in Basel, 1915, W. Weber! — Var. Zanuginosa Bast. (südliche Form): Birsfelden (Basel-Land), 1915, Aellen! (in angenäherter Form). — Var. maritima, Gren et Godron (P. mediterranea A. Kerner; Medit.): St. Johannbahnhof in Basel, Ruchfeld, Birsfelden und St. Jakob-Neue Welt (Basel-Land), 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 73); Wiesendamm bei Basel, 1915, 'W. Weber!; Güterbahnhof Wolf in Basel, 1916/8, Aellen!; Bellach (Solothurn), in Luzerne (in angenäherter Form), 1903, und Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1917, Probst! Hühnerhof bei der Solothurner Malzfabrik, 1915, Aellen!, Rietheim (Aargau) unter Luzerne, 1915, Lüscher! (vergl. Fl. Aargau [1918], 125, wo auch Hausen, Erlinsbach und Brugg als Fundorte genannt werden); St. Moritz, bei Villa Speluna auf ‚Schutt, 1916, Branger! Plantago Lagopus L. (Medit.). — Solothurn, Hühnergarten bei der Malzfabrik, sehr zahlreich, 1915/6, Probst!, Aellen!; Ba- dische Lagerhäuser in Basel, 1916, Bahnhof St. Johann, 1918, Aellen!; Getreidelagerhäuser in Romanshorn (Thurgau), 1917: Aellen! *Plantago Loeflingii L. (Kanar., Span., N.-Afr., SW.-As.). — Solothurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915/6, Aellen!, 1916 Probst! Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 51 792 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 *Plantago eretica L. (Kreta, Kl.-As. und Inseln, Syr.). — Solo- thurn, Hühnerhof Zwygart, 1915, Probst! Plantago Coronopus L. (Medit., W.-Eur., W.- u. Zentr.-As.). — Solo- thurn, Hühnergärten bei der Malzfabrik, 1915/18, Probst!, Aellen!; Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, aus spanischer (?) Schafwolle, 1916, Probst! — Var. pusilla Moris (= P. Weldenii Rehb.; vorzugsweise mediterrane Abart) Birsfelden bei Basel, auf Schutt, 1916, W. Weber! Plantago maritima L. (Eur. [fast nur extramedit.], N.-Am.). — Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1918, Schnyder! *Plantago virginica L. (Am.). — Wiesendamm in Basel, 1915, P. Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXH [1916], 73). * Plantago cf. Myosuros Lam. (östl. S.-Am.). — Basel: Rhein- hafen, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 73). Plantago aristata Michx. (P. patagonica var. aristata A. Gray; N.-Am.). — Wiesendamm bei Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXI [1916], 73). *Plantago Purshi R. et Sch. (P. patagonica var. gnaphalioidos [Nutt.] A. Gray; N.-Am., Mex.; 1918 auch in Holland [!] ge- funden). — Wiesendamm in Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 73 als patagonica var. gnaphalioides); Kiesgrube Hardau in Zürich, 1916, Thellung. Plantago Psyllium L. (Medit.). — Zürich am Bahnhofplatz, 1871, Eggler!; Solothurn, Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1915/6, Probst!, Aellen! [Die Angabe von Schöngrün bei Solothurn, 1910/12 (Probst in Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVI Ber. [1914], 204) bezieht sich nach Probst (briefl.) auf .P. indica L.; dagegen ist die frühere P. arenaria Probst in Mitteil. Soloth. 2. Heft, XIV. Ber. (1904), 36 (Turnschanze, 1904) = P. Psyllium L., vergl. Mitteil. Soloth. (1914), 204 und Ber. Schweiz. Bot. Ges. XXIV/XXV (1916), 235.] Badische Lagerhäuser in Basel, 1917, Aellen!; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1918, Schnyder! Sherardia arvensis L. var. maritima Griseb. (W.-Eur., Medit.; in der Schweiz anscheinend nur adventiv). — Zürich, Schutt beim Hardplatz, 1902, Thellung. Vergl.über diese und andere Ab- änderungen der S. arvensis: Ascherson in Ber. Deutsch. bot. Ges. XI (1893), 29; Aznavour in Mag. Bot. Lapok XII (1913), 166—171. Asperula orientalis Boiss, et Hohenacker (A. azurea Jaub. et Spach; Zierpfl. aus Syr., Armen., Kauk.). — Im Aargau selten aus Sommerflor verwildert: Lüscher Fl. Aarg. (1918), 74. Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 793 Galium tenuissimum M. Bieb. (SO.-Eur., SW.-As.). — Solothurn, Hühner- garten Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst! Symphoricarpus racemosus Michx. (bekannter Zierstrauch aus N.-Am.). — Solothurn, verwildert, 1916: Probst briefl.; um Neuchätel mehrfach: H. Spinner in M&m. Univ. Neuchätel II (1918), 62; verwildert am Tunneleingang der Bodensee-Toggenburgbahn bei St. Fiden (St. Gallen), 1915, E. Sulger-Buel! *Lonicera sempervirens L. (Zierpfl. aus N.-Am.). — Verwildert in Dottikon (Aargau), noch 1892: Lüscher F]. Aarg. (1918), 73. *Lonicera japonica Thunb. (Zierpfi. aus China, Japan). — Ver- wildert bei Villa Trevano, Val Capriasca (Ceresio, Tessin), 1896, Knetsch!; Gandria bei Lugano, kultiviert und verwildert, 1914, Schinz, Thellung. Lonicera tatarica L. (Süd-Russland bis Mittel-Asien, altbekannter Zierstrauch). — Verwildert am untern Gattiker Weiher (Kt. Zürich), 1914, Gams! Leycestera formosa Wall. (Zierpfl., heimisch vom Himalaja bis W.-China). — Lausanne, am Weg zum Signal an einem Garten- zaun verwildert (bezw. als Kulturrelikt), 1913, F. Zimmermann- Mannheim! Knautia integrifolia (L.) Bertol. (S.-Eur., SW.-As.) var. !yrata (Lam.) Rouy — Güterbahnhof Zürich, 1918, Rohrer!, Thellung. Scabiosa Columbaria L. (Eur., W.-As., N.-Afr.) var. ochroleuca (L.) Coulter (O.-Eur., W.-As.). — Güterbahnhof Zürich, 1916, Thel- lung; Bahndamm bei Altenburg (Baden, unweit Neuhausen), 1913, Kehlhofer! *Scabiosa sicula L. (Span., Sizil. [?], Balkan, SW.-As.). — Güter- bahnhof Zürich, 1912, Jos. Braun-Blanquet!; Solothurn: Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst! Coloceynthis Citrullus (L.) O. Kuntze (Citrullus vulgaris Schrader; S.-Afr.). — Einmal verwildert in Liestal-Frenkendorf: Heinis in Tätigkeitsber. d. Natf. Ges. Baselland 1907—11 (1911), 76. Oueumis Melo L. (bekannte Kulturpflanze aus dem trop. As. u. Afr.). — Engstringen bei Zürich, verwildert, 1911: H. Gams; Schutt zwischen St. Jakob und „Neue Welt“ bei Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Exemplar mit nur 9 Blüten, Bestimmung daher | nicht völlig sicher). Cucumis sativus L. (bekannte Kulturpfl. aus O.-Ind.). — Schutt ın Birsfelden bei Basel, 1915, W. Weber! Cueurbita Pepo L. (bekannte Kulturpflanze aus Am.?). _ Sehutt bei St. Ludwig (Elsass) unweit Basel, 1912 (Binz !) und bei Michel- 794 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 felden, 1912 (Aellen!) (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 215), 1913 W.Weber!; Schutt in Birsfelden (Basel-Land) 1915, Aellen u. Weber!; Derendingen bei Solo- thurn, 1917, Probst! Phyteuma nigrum Schmidt (M.-Eur.; in der Schweiz noch nicht beobachtet; ausserhalb des natürlichen Areals zuweilen durch Grassamen verschleppt) var. coeruleum R. Schulz: Bahnhof Wolf in Basel, 1916, 1918, Aellen! Campanula Medium L. (Zierpfl. aus $.-Eur.). — Güterbahnhof Wolf in Basel, 1915, Aellen!; Birsfelden (Basel-Land), 1916: Aellen. Campanida alliariifolia Willd. (€. lamiifolia M. Bieb.; Kl.-As., Kauk., rmen.). — Jussy-Pomier am Salöve, Kulturrelikt: J. Favre in Annuaire du Cons. et Jard. bot. Geneve 18° et 19° annees, 1914 et 1915 (1914—16), 204 (1915) als C. lamiifolia. Vergl. Beauverd in Bull. Herb. Boiss. 2° ser. V (1905), 1194 und Thellung in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LII (1907), 465. Campanula Erinus L. (Medit.). — Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, A. Schnyder! *Trachelium coeruleum L. (Zierpfl., W.-Medit.; vergl. Thellung Fl. adv. Montpell. [1912], 496). — Maggia-Delta bei Locarno, 1916, Prof. Bürger- Hannover! (comm. G. Hegi.). Lobelia Erinus L. (Zierpfl. aus S.-Afr.). — Verwildert: Ruchfeld bei Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 215); Birsfelden (Basel-Land), 1915, W. Weber!; Altenburger Bahndamm bei Brugg, 1880: Horlacher (Lüscher Fl. Aarg. [1918], 95); Solothurn auf Schutt, 1915, Probst! Ageratum Houstonianum Miller; Robinson in Proc. Am. Acad. of Arts and Se. XLIX, No. 8 (oct. 1913), 459 (A. mexicanum Sims; A. conyzoides Thellung in Allg. bot. Zeitschr. XIII [1907], 60 non L. — Zierpfl. aus Mexiko und Zentr.-Am.; durch die von Robinson [l. c.] angegebenen Merkmale leicht von dem verwandten, oft mit A. Houstonianum verwechselten, durch die Tropen beider Hemisphären verbreiteten A. conyzoides L. zu unterscheiden). — Verwildert in Neu-Allschwil bei Basel, 1914, Aellen!(Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 216); Solothurn, auf Schutt zwischen den Linien der Bundesbahn und der Solothurn-Münster-Bahn, 1917 (fl. albo), Probst! Grindelia decumbens Greene (N.-Am.: adv. auch England !). — Güter- bahnhof Wolf in Basel, 1916/7, Aellen!; Bahnhof Tiefenbrunnen Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 795 bei Zürich, Ausladestelle von amerikanischem Getreide, 1917, A. Schmid!, Thellung. Solidago canndensis L. (Zierpfl. aus N.-Am.:; in Eur. seltener verwildert, die grosse Mehrzahl der Angaben bezieht sich auf $. serotina Aiton N. — Chätillon bei Bevaix (Neuenburg), in der Nähe des Parkes, aus dem die Pflanze verwildert ist, 1912, Perrenoud! (vergl. A.Gaille in Le Rameau de Sapin 47”® anne [1913], 24); nach H. Spinner (Mem. Univ. Nenchätel IT [1918], 68) mehrfach im Kanton Neuenburg, nach Lüscher (Fl. Aarg. [1918[, 80) im Aargau. *Calotis hispidula F. v. Mueller (Austral.). — Derendingen bei Solothurn, Kompost der Kammgarnfabrik (austr. Schafwolle), 1913/7, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, XV. Ber. [1914], 206).. Ebenfalls seit 1913 in Schottland (Tweedside, Galashiels, leg. Miss Ida M. Hayward!) und 1914 bei Hannover (Scheuermann!) gefunden. | Boltonia asteroides (L.) L’Herit. (Zierpfi. aus N.-Am.). — Bach- ufer am Küsnachter Horn (Kt. Zürich), 1907, 0. Pfenninger! nach Thellung in Allg. bot. Zeitschr. XIX (1913), 101. Callistephus chinensis (L.) Nees (Zierpfl. aus China). — Basel: Schutt ' an der Klybeckstrasse, 1917 (!), Rheinufer bei der Eisenbahn- brücke (leg. Aellen und Becherer) und Birsfelden (Basel- Land) 1918: Aellen; Wildbachsammler an der Solothurn- Bellach-Grenze, 1917: Probst; Neuchätel am Seeufer: Mor- thier nach Spinner in Mem. Univ. Neuchätel II (1918), 68. 4Aster!) Tripolium L.; Thell. 1. e. (1913), 108 (am Strande und an salzhaltigen Orten in Eur., W.-As., N.-Afr.) cf. var. pannoni- cus (Jacq.) Beck — Güterbahnhof Wolf in Basel, 1917, Aellen! Aster novae anyliae L.; Thell. 1. c. (1913), 109 (Zierpfl. aus N.-Am.) var. amplexienulis (Lam.) Pers.: Neudorf (Elsass) am Rheinufer, 1897, Binz! (Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 216). Aster versicolor Willd. emend. Thell.]. e. (1913), 111 (Zierpfl., wohl sicher amerikanischen Ursprungs, wenngleich in N.-Am. nicht wildwachsend bekannt; vielmehr anscheinend erst in der Kultur in Europa aus einer amerikanischen Art durch Mutation oder aus zwei Arten durch Kreuzung [A. laevis X novi belgii oder A. laevis >. lanceolatus] entstanden; in M.-Eur. mehrfach ver- wildert). — Strand des Neuenburgersees bei Yvonand (Waadt), ee ne TRUE ') Vergl. A. Thellung, Die in Mitteleuropa kultivierten und verwilderten Aster- ünd Helianthusarten nebst einem Schlüssel zur Bestimmung derselben. Allg. bot. Zeitschr. XIX (1913), 87—89, 101—112, 132—140 und separat (mit Nachträgen) im Selbstverlag des Verf. | 796 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 1880, Vetter!; Meienried (Bern), Ufergebüsch des Aarekanals (seit 1902), 1913, Probst! (vergl. Mitt. Natf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVI. Ber. [1914], 206); Wildbachsammler an der Solothurn- Bellachgrenze, 1915, Probst!; Olten im „Tannwald“, 1918, 6. Brunner!; Rheinufer unterhalb Hüningen (Elsass), 1913, Aellenu. Weber!, sowie Rheinufer bei Märkt (Baden), 1887, Binz! (Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 216); Bahnhof Wolf in Basel und Schutt bei Kleinhünigen, 1915, W. Weber! (Allg. bot. Zeitschr. XXI [1916], 73): neuer Badischer Bahnhof und zwischen St. Jakob und Neue Welt bei Basel, 1918, A. Be- cherer!; Bahnhof Rorschach und „Seegarten‘ zwischen Ror- schach und der Goldach-Mündung, auf Schutt, 1914, W. Koch! Diese Funde gehören sämtlich zur var. platytaenius Thell. l. ec. (1913), 111. — Var. ovatus Thell. (olim 1907 sub A. novi belgii ssp. laevigatus) 1. e.: Ufergebüsch der Aare bei Büren (Bern), 1903/4, Probst! (vergl. Mitteil. 1. e. 1914). — Eine dem A. novi belgii näher stehende Form: Mauer des Künstlergutes in Zürich, 1894, v. Tavel!; Mühlebachstrasse gegen Tiefen- brunnen bei Zürich, 1904, Kiesgrube Hardau, 1906, Seeauf- schüttung beim Belvoir, 1912/5, Güterbahnhof Zürich, 1907/8, Thellung. — Übergangsform A. novi belgii — versicolor : Küsnacht bei Zürich, 1873, Muret!; Töss (Kt. Zürich) bei der Spinnerei Rieter, 1885, O. Hug, Siegfried! — Übergangs- formen A. versicolor — novi belgii und A. versicolor —- lanceo- latus: Ufergebüsch der Thur bei der Brücke zwischen Pfyn und Felben (Thurgau), mit A. novi belgii ssp. laevigatus und ssp. floribundus, A. salignus und A.lanceolatus, 1917, Thellung. Aster novi beigii L. ssp. floribundus (Willd.) Thell. 1. c. (1913), 112 = A.n. belgii var. minor Nees; ef. Vierteljahrsschr. d. Natf. Ges. Zürich LVI [1911], 285; Zierpflanze aus N.-Am.). — See- aufschüttung beim Belvoir in Zürich 2, 1910, Gams!, 1912 Thellung, Beger!; Ufergebüsch der Thur bei der Brücke zwischen Felben und Pfyn (Thurgau), 1917, Thellung. Aster junceus Aiton; Thell. 1. e. (1913), 112 (Zierpfl. aus N.-Am.). — Birsfelden bei Basel verwildert, 1914, Aellen u. Weber! [in einer nicht typischen, dem A. ericoides L. genäherten F orm] (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 216); decom- bres au Gambach (Fribourg), 1915, F. Jaquet! in M6m. Soe. fribourg. Se. nat. vol. III fase. 4 (1917), 190 (gleichfalls nur in einer stark angenäherten Form). | Aster longifolius Lam.; Thell. 1. c. (1913), 132/33 (A. eminens Willd.; Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 797 N.-Am.). — Verwildert bei Genf: bords de l’Aire a Laney, 1879: Deseglise in Bull. Soc. Roy. Bot. Belg. XXI (1883), (M&m.) 98, 104 (sub A. eminente); Seeaufschüttung beim Belvoir in Zü- rich 2, 1907, Thellung l. c. (in Viertel;ahrsschr. d. Natf. Ges. Zürich LII [1907], 467 irrig als A. salieifolius Scholler publiziert), 1912 Beger! *Aster albus (Nutt.) Eaton et J. Wright; Thell. 1. c. (1913), 134 (A. ptarmicoides [Nees] Torrey et Gray; N.-Am.). — Lugano, als Gartenflüchtling, 1912, Vinassa! nach Thell.1l. c. *Aster ericoides L.; Thell. 1. e. (1913), 135 (N.-Am.). — Verwildert im Käferfeld bei Bern, 1917, R. Streun! (comm. E. Fischer). Aster multiflorus Aiton; Thell. 1. ce. (1913), 135 (N.-Am.). — Schutt bei Olten-Hammer, 1918, Probst u. Isler! Erigeron bonariensis L. (E. erispus Pourret; E. linifolius Willd.; Co- nyza ambigua DC.; S.-Am., heute in den Tropen und Subtropen beider Hemisphären weit verbreitet). — Güterbahnhof Zürich, an zwei Stellen ziemlich reichlich, 1917, Thellung; St. Jakob- Neue Welt (Basel-Land), 1918, Aellen! Die schon von meh- reren Autoren (vergl. Thellung Fl. adv. Montpell. [1912], 500 Fussn. 1) angenommene Identität des im Mittelmeergebiet ein- gebürgerten (selten auch in Zentr.-Eur. eingeschleppten) E.crispus (= linifolius = Conyza ambigua) mit dem ursprünglich süd- amerikanischen E. bonariensis L. wird neuerdings von F. S.Blake (Contrib. from the Gray Herb. N. S. LII [Sept. 1917], 27—28) auf Grund der Untersuchung eines reichen Herbarmaterials be- stätigt. Filago germanica L. (Eur., W.-As., N.-Afr.) ssp. *eriocephala (Guss.) Rouy [«forme>] (Medit.).— Solothurn, Hühnergarten Zwygart, 1915, Probst u. Brosi! *Roccardia rosea (Hooker) Voss (Helipterum roseum Bentham; Zierpfl. aus Austral.). — Gstaad bei Saanen (Berner Oberland), in einem Gemüsegarten verwildert, 1918, B. Blum! Inula graveolens (L.) Desf. (Medit.). — Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1915, Schnyder! EB Inula viscosa (L.) Aiton (Medit.) — Kiesgrube Hardau in Zürich 4, 1906, W. Werndli!; Güterbahnhof Zürich, vereinzelt unter zahlreicher I. yraveolens [diese auch 1916 in Menge und 1918 spärlich], 1917, Thellung. Asterisens aquatieus (L.) Less. ae Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst! U Alpes L. ri Pensier (Fribourg), adventiv, 1914: 798 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 F. Jaquet in Mem. Soc. fribourg. Se. nat. vol. III fasc. 4 (1917), 190. Iva xanthiifolia (Fresen.) Nutt. (N.-Am.). — Wiesendamm in Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 73); Fri- bourg, Pörolles, cour du Moulin Grand, 1917, F. Jaquet!; Birsfelden (Basel-Land), 1918, Aelllen! Ambrosia artemisiifolia L. (N.-Am.). — Wiesendamm in Basel, 1914/5 (Aellen u. Weber!), bei Kleinhüningen schon 1899: Binzin Verh. Natf. Ges. Basel XXVI (1915), 216; Badische Lagerhäuser in Basel, Bahnhöfe von Aarau [vergl. Lüscher Fl. Aarg. (1918), 93] und Sirnach (Thurgau), 1917, Aellen!; Oftringen (Aargau), 1892 (Schülerfund! übermittelt von H. Lüscher, vergl. Fl. Aarg.1.c.); bei Zug in Kleeäckern, 1878, Hofstetter!; P6&- rolles (Fribourg), 1917: Jaquet. Ambrosia trifida L. (N.-Am.). — Perolles (Frib.), 1917: Jaquet; längs der Eisenbahnlinie bei La Raisse (Neuenburg), 1916, A. Gaille!; Wiesendamm in Basel, 1914/5 (nach Aus- sage des Besitzers des Landstückes schon seit Jahren), Ael- len u. Weber (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 216); Rheinhafen in Basel, 1915: Binz und Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXII (1916), 73; Badische Lagerhäuser und Bahnhof Wolf in Basel, sowie Tribschen-Moos bei Luzern, 1916, Getreidelagerhäuser in Aarau [vergl. Lüscher Fl. Aarg. (1918), 93], 1917: Aellen; Lagerhaus Giesshübel in Zürich 3, 1 Exemplar, 1914 und Bahnhof Tiefenbrunnen bei Zürich, Aus- ladestelle von nordamerikanischem Getreide, 1917/8 (+ f. inte- grifolia |Mühlenb.] Torrey et Gray), Thellung; Bahnhof Bürg- len und Getreidelagerhäuser in Romanshorn (Thurgau), 1917: Aellen; Güterbahnhof bei Weyermannshaus (Bern) 1918: R.Streun und A. Schwab nach E. Fischer in Mitteil. Natf. Ges. Bern 1919, sep. 9; f. integrifolia ferner: Güterbahnhof Wolf und Badische Lagerhäuser in Basel, Aarau [vergl. Lüscher I. e.] und Romanshorn neben dem Typus, 1917: Aelllen; Bahnhof Rheineck (St. Gallen), 1914, Sulger-Buel! Xanthium echinatum Murray (Am.; eingebürgert in S.- u. SO.-Eur.). — Badische Lagerhäuser in Basel, 1916, Ruchfeld (Basel-Land) 1918, Aellen!; Wollkompost in Rogewil (Bern), 1917: Aellen; Wildbachsammler an der Bellach-Solothurngrenze, offenbar von der Tuchfabrik Langendorf stammend, 1917 Prob! Xanthium spinosum L. f. brachyaeanthum DC. je Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1917, Probst! Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 799 Rudbeckia lacinata L. fl. pleno (neuerdings sehr beliebte Form der altbekannten nordamerikanischen Zierpflanze). — Verwildert: Kleinhüningen bei Basel, 1914, A ellen u. Weber! (vergl. Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 216). Rudbeckia fulgida Aiton (Zierpfl., N.-Am.). — Ried beim Schübel- weiher in Küsnacht bei Zürich, 1916, Schülerfund nach F. O pp- liger! *Rudbeckia bicolor Nutt. (Zierpfl. aus N.-Am.). — Basel, Schutt am Rhein bei der Eisenbahnbrücke, 1918, A. Becherer! Rudbeckia hirta L. [vera] (N.-Am.). — Wiese an der Bahnlinie Se- velen-Trübbach (St. Gallen), mit Kunstdünger eingeschleppt, massenhaft, 1911, Schnyder!; Bahndamm bei Emmetschlo zwischen Hinwil und Bäretswil (Kt. Zürich): Lehrer Alfr. Graf nach H. Kägi briefl.; Bahndämme bei Lommiswil (1909) und Oberdorf (1910, 1914) unweit Solothurn, Probst! (Mitteil. Natf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 209); Hühnergarten /Zwygart in Solothurn, 1915, Probst! *Rudbeckia cotumnaris Sims (Ratibida columnaris D. Don; Le- pachys columnaris Torrey et Gray; N.-Am., wohl verwilderte Zierpflanze). — Basel, Schuttplatz bei der Irrenanstalt, 1913, Aellen!(Binzin Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI[1915], 216); Mühle bei Altstetten (Zürich), 1917, Frl. Hedwig Denzler! Helianthus') annuus L.; Thell. 1. e. (1913), 137 (Kulturpfl., N.-Am.). — Da die bei uns als Ölpflanze kultivierte Form von der ame- rikanischen Wildform nicht unerheblich abweicht, erscheint die Aufstellung zweier besonderer Sippen angezeigt: « silvester Thellung (caule tenui ramoso |ramis interdum iterum ramosis] pluri-vel multicapitato, capitulis minoribus [disco 1 —-3cm diam.]), die Wildform mit dünnem, ästigem Stengel (Aste oft wieder verzweigt), mehr- bis vielköpfig, Köpfe kleiner (Scheibe 103 em im Durchmesser); ß oleifer Thellung (caule robusto simpliei vel parce ramoso, uni-vel paucicapitato, capitulis [saltem vor minali] majoribus vel maximis), die offenbar auf grössere (dafür weniger zahlreiche) Köpfe gezüchtete Kulturform mit kräftigem, nicht oder wenig verästeltem Stengel und grössern bis sehr grossen Köpfen (auch bei verästeltem Stengel stets mit grossem Endkopf). Die f. silvester fand sich (aus Amerika eingeschleppt ) Vergl. A. Thellung, Die in Mittteleuropa kultivierten und verwilderten Aster- und Helianthusarten nebst einem Schlüssel zur Bestimmung dersell en. — Allg. bot. Zeitschrift XIX (1913), 87—89, 101—112, 132—140 und separat (mit Nach- frägen) im Selbstverlag der Verfassers. 800 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 oder als Rückschlagsform beim Verwildern?) z. B. am Wiesen- damm (1916) und bei den Badischen Lagerhäusern in Basel, 1917, Aellen!; Solothurn beim Wildbachsammler (mit der Kulturform), 1917, Probst!; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1915, A. Schnyder! Sie unterscheidet sich von dem reich- und schlaff- ästigen H. debilis Nutt. und dessen Bastard noch immer leicht durch die viel breiteren (eilanzettlichen), abstehend-rauhaarigen Hüllblätter. * Helianthus petiolaris Nutt. (N.-Am.; adv. auch schon in Deutsch- land [!] gefunden, vergl. E.H.L. Krause in Beih. Bot. Centralbl. XXXV, 2. Abt. H. 1 [1917], 86 als Coriopsis petiolaris). — Auf Schutt bei Michelfelden (Elsass), 1913, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 216); Wiesendamm in Basel (ehemaliger Hühnerhot), 1915/7, Aellen! (Allg. bot. Zeit- schr. XXII [1916], 73); Badische Lagerhäuser in Basel und Ge- treidelagerhäuser in Aarau |[vergl. Lüscher Fl. Aarg. (1918), 81 sub «H. petiolatus Nutt.»] und Romanshorn, 1917, Aellen! Helianthus debilis Nutt. ; Thell.]. e. (1913), 137 (H. cucumerifolius Hort.; Zierpfl. aus N.-Am.). — Bahnhof Visp (Wallis), verwildert, 1900 bis 1901, F.O. Wolf! (Herb. Helv. Univ. Zürich); Mazembroz (Wallis) als Gartenflüchtling, 19)4, Gams!; Neue Welt bei Basel, verwildert (1914), A. Becherer! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 216); Wiesendamm bei Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXIL [1916], 73) [hier wohl eher direkt aus N.-Am. eingeschleppt als verwilderte Zierpflanze; auch der da- neben wachsende H. annuus L. gehört der Wildform an]. Helianthus rigidus (Cass.) Dest.; Thell. 1.c. (1913), 197 (H. scaberrimus Ell. nee Bentham; Zierpfl. aus N.-Am.). — Seeauf- schüttung beim Belvoir in Zürich 2, 1912, Thellung; ver- wildert an der Bahnline Biel-Magglingen (Bern), 1914/5, M. Brosi! (=H. serotinus Probst! in Mitteil. d. Natf. Ges. Solothurn, 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 209 ex p. — non Tausch); Olten, Schutt im Hasli, 1918, Probst! Helianthus giganteus L.; Thell. 1.c. (1913), 138 (Zierpfl. aus ‚-Am.). — Fosses de la ville de Genöve pres la Porte Neuve, Herb. Fauconnet 18791, in einer etwas gegen H. Maximiliani Schrader neigenden Form (neu für die Schweiz, da die frühere Angabe von Zürich sich auf H. serotinus bezieht). Helianthus serotinus Tausch; Thell. 1. c. (1913), 138 (H. giganteus Thell. in Vierteljahrsschr. Natf. Ges. Zürich LU [1907], 469; Höck in Beih. Bot. Centralbl. XXI [1910], Abt. II, 410 Fussn. 3 — Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 801 non L.; Zierpflanze unsicherer Abstammung, vielleicht Z7. rigidus >< strumosus?). — Kiesgrube Hardau in Zürich 4, 1906/7, Werndli!, Thellung, 1912 Beger! (vergl. Thellungl. c. 1907 und 1913); Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich IL. 1912, Thellung (l. e. 1913); Schuttstelle an der Kapfgasse in Zürich 7 bei „Bergheim“, 1912,Schaufelberger!;beider Konsumbäckerei Solothurn auf Ödland 1913/4 [1917 häufig], Leuzingen (Bern) als Gartenflüchtling 1913 und Seeaufschüttung bei Biel 1918, Probst! (Mitteil. Natf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 209); Strassenrand bei Klein-Hüningen (Basel), 1917, Aellen! Helianthus strumosus L.; Thell. ].e. (1913), 138 (N.-Am.). — Schutt auf dem Ruchfeld und in Birsfelden (Basel-Land), 1917/8, Aellen!; Ölten-Trimbach, linkes Aareufer im Gebüsch, 1917, Probst!; Schutt bei Thayngen (Schaffhausen), 1914, Kelhofer!; mehrfach um Neuchätel: H. Spinner in M&m. Univ. Neuchätel II (1918),73. — — var. mollis (Willd.) Torrey et Gray; Thell. 1. c. 138. — Güter- bahnhof Zürich seit 1913 alljährlich, Thellung; Birsfelden (Basel-Land), verwildert, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 216), 1916/7, Aellen!; Rheinhalde gegen das Grenzacher Horn bei Basel, 1918, A. Becherer!; Montagny (Bez. Yverdon, Waadt), auf Schutt, 1909, C. Wirth! — — var. Willdenowianus Thell. 1. c. (1913), 138 (H. macrophyllus Willd.; bei uns als „Helianthi“* oder „Salsifis“ der essbaren, spindelförmigen Knollen wegen angebaut und zuweilen verwil- dernd). — Schuttplatz bei Gross-Hüningen (Elsass), 1913, Aellen u.Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 216); Langendorf bei Solothurn, Gartenauswurf, 1914, Probst! (Mitt. Natf. Ges. Solothurn, 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 209); beim Bahnhof Kempttal (Zürich), Schutt von der Maggifabrik, 1914, Thellung. 2 Guizotia abyssinica (L. f.) Cass. (@. oleifera DC.; „Ramtilla*, Ol- pflanze aus Abessinien, dort wie auch in Ostindien viel kultiviert; adventiv z. B. auch in Dautschland!, Holland! [vergl.’Kloos in De Levende Natuur XXI, Afl. 12 (1919), 409—411 mit Abb.] ‚und England!). — In der Schweiz in neuerer Zeit nicht selten aus Abfällen von Vogelfutter verwildernd; vergl. die „Fortschritte der Floristik“ in den Ber. der Schweiz. Bot. Ges., ferner z. B. Probst in Mitt. Naturf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. (1914), 210 und Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XX\1 (1915), 216/7. Vorarlberg: einmal auf Schutt in Bregenz: Murr briefl. (1912). — 802 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Die Art zerfällt in die beiden (ziemlich schwach geschiedenen) Abarten (Formen?): var. sativa (DC.) Oliver et Hiern, Laub- blätter breit lanzettlich bis eiförmig-lanzettlich, dicht- und scharf gesägt, Kopfstand auch an den Ästen infolge der Verlängerung der seitlichen Kopfstiele trugdoldig; var. angustior (DC.) Oliver et Hiern, Laubblätter schmal lanzettlich, entfernt gezähnelt, Kopfstand an den Ästen infolge Verkürzung der seitlichen Kopf- stiele mehr verlängert-traubig, Hüllblätter meist schmäler als bei der vorigen Var. Die erstere Form ist bei uns (wie wohl überall) die weitaus vorwiegende; die letztere findet sich zu- weilen neben ihr, z.B. in der Kiesgrube Hardau in Zürich 4, 1911 und auf der Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich 2, 1914 (Thellung), ferner z. B. bei Neuss am Niederrhein, 1914 (Bonte!). Coreopsis tinctoria Nutt. (Zierpfl. aus N.-Am.). — Alter badischer Bahn- hof und Neu-Allschwil bei Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 217); Schutt an der Ergolz in Liestal (Basel-Land), 1916, Heinis!; Solothurn auf Schutt, 1917, Probst!; Getreidelagerhäuser in Aarau (wohl mit Getreide eingeschleppt, nicht verwildert), 1917, Aellen! (Lüscher Fl. Aarg. [1918], 81). Dahlia pinnata Cav.(D. variabilis [Willd.] Desf.; Zierpflanze aus Mexiko). — Belvoir in Zürich 2, auf Kompost (Gartenauswurf), 1912, Thellung, 1913, Beger!; Güterbahnhof Zürich, 1914, Thellung; Solothurn 1915/7, Lommiswil 1917: Probst. Bidens bipinnatus L') (Tropen beider Hemisphären, besonders von Amerika; eingebürgert in 8.-Eur. [Frankr., N.-Ital., Tirol usw.)). — Spinnerei in Frastanz (Vorarlberg): Kaiser nach Murr in 50. Jahresber. Landesmus. Vorarlb. (1914), sep. p. 18; Fribourg: Perolles, Moulin Grand, 1917, F. Jaquet! [Die Angabe von Biel: Schuttplatz am See, 1913: Probst in Mitteil. Naturf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. (1914), 208 — bezieht sich auf Cosmos bipinnatus.] Bidens pilosus L. (Trop.). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1917, Probst!, Aellen! Cosmos bipinnatus Cav. (Bidens bipinnatus Probst in Mitt. Naturf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 208 — non L.; Zierpfl. aus Mexiko). — Biel, Schutt , platz am See, 1913: Probst. e. 1914 _(sub Bidente bipinnato); Solothurn, auf Schutt zwischen der ’) Vergl. über diese Art und ihre nä ; chst r s i .: Bot. Jahrb. Bd. 50 Suppl. (1914), 176-187: en Verwandten: O. E. Schulz in Eng Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 803 Bundesbahn und der Solothurn-Münster-Bahn, 1917, „Schöngrün‘ 1918, Probst!; Seeaufschüttung beim Tiefenbrunnen in Zürich 8, | 1918, Rohrer! | Galinsoga quadriradiata Ruiz et Pavon var. (vel subsp.) Rispida (DC). Thellung in Allg. bot. Zeitschr XXI (1915), 11 (G. parvi- flora y hispida DC. Prodr. V [1836], 677; G. hispida auct. nonnull. nec Bentham; G. aristulata Bicknell in Bull. Torrey Bot. Club 43 [1916], 270; G. parviflora E. Fischer! in Mitteil. Natf. Ges. Bern 1919, sep. 8, non Cav.; westl. S.-Am., adv. in den Ver- einigten Staaten und in Deutschland, vergl. Thellungl. e. 12). — Bern: Schutt an der grossen Schanze, bei der Hütte eines Lumpen- sammlers, 1889, L. Fischer!; Unkraut im Botan. Garten, 1906, Dutoit!; im Breitenraingnartier seit 1908 alljährlich, R. Streun! (vergl. über die Berner Vorkommnisse: E. Fischer in Mitteil. Naturf. Ges. Bern 1919, sep. 8 sub G. parviflora); Zürich 3, in einem Rhabarberfeld an der Albisriederstrasse (beim Zentral- friedhof), ziemlich zahlreich, 1917/8, Thellung. *Hemizonia pungens (Hooker et Arn.) Torrey et Gray (Centro- madia pungens Greene; Kaliforn.; in Europa 1903 in Holland! [vergl. Kloos in De Levende Natuur XXIH, Afi. 9 (1919), 297 bis 300 mit Abb.] und erst kürzlich auch in England! [ef. Druce | in Bot. Exch. Club, Rep. for 1917, Vol. V, part. 1(1918), 111] gefunden). — Solothurn, Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1916, 1919, Probst!, Aellen!; Wolfbahnhof in Basel, 1916, W. Weber!; Badische Lagerhäuser in Basel, 1917, Aellen! *Flaveria trinervia (Sprengel) Mohr (F. repanda Lag.; Johnston in Proc. Amer. Acad. XXXIX No. 11 [1903], 284; wärmeres Am.). — Basel, Schutt bei der Irrenanstalt, 1916, W. Weber! Schkuhria advena Thell. in Fedde Repert. Spee. nov. XI (1912), 308 (Heimat nicht sicher bekannt, vermutlich — nach den Ver- wandtschaftsbeziehungen — $.-Am.; adv. in 8.-Afr.!, Deutschl. ! Holland! u. Engl.!; vergl. Kloos in De Levende Natuur Jaarg. XXII Afl. 7 [1917], 246—49 mit Abb. S. 248). — Solothurn: Hühnerhof Zwygart (bei der Malzfabrik) und Kammgarnfabrik Derendingen, 1918, Probst! Die Pflanze steht der Sch. isopappa Bentham am nächsten und ist vielleicht richtiger nur als Var. oder Ssp. derselben zu bewerten. Tagetes patulus L. (Zierpfl. aus Mexiko). — Birsfelden (Basel- Land), auf Schutt, 1914/5, Aellenu. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI [1915], 217); Solothurn, auf Schutt verwildert, 1917, Probst! een 8304 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Anthemis arvensis L. (Medit., Eur.) cf. var. multicaulis Janka — Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung. Die Pflanze unterscheidet sich vom Typus der Art nicht nur — sehr auffällig — durch die am Grunde niedergestreckten und wurzelnden, dicht ver- worren rasenbildenden Stengel, sondern auch durch stumpfere, etwas gezähnelte Spreublätter. Identisch ist vermutlich die von Probst (Mitteil. Naturf. Ges. Solothurn 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 208) vom Bahnhof Alt-Solothurn, zwischen den Schienen, 1914, angegebene „Form mitradspeichenförmig am Boden ausgebreitet Stengeln mit aufrechten Blütenästen‘. — — cf. var. sphacelata (Presl) Fiori et Paoletti: Güterbahnhof Zürich, 1918, Thellung. — Var. incerassata (Loisel.) Boiss.? (ef. f. subinerassata Briq.): ebenso. Anthemis Cotula L. (Eur., W.-As., N.-Afr.) var. latisecta Thellung in Vierteljahrsschr. d. Natf. Ges. Zürich LII (1907) 469. — Solo- thurn, Hühnerhof bei der Malzfabrik, 1915, Aellen!; Bahnhof Langenthal, 1917, Aellen! [Adventiv auch in England!] Anthemis Cota L. (A. Triumfetti E. Fischer! in Mitteil. Natf. Ges. Bern, 1919, sep. 8 [saltem quoad loc. Käferfeld], non DC.; Medit., adv. z. B. auch Engl.!). — Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915/9, Probst!, Aellen!; Mutten bei Solothurn (Abfälle von der Malzfabrik), 1916, Probst!; Zuch- wil, Gärtnerei Baumann, 1916: Probst; Käferfeld bei Bern in einem Kartoffelacker, 1916, R. Streun! (E. Fischer l.c. sub A. Triumfetti); Zürich mehrfach, auch in Blumentöpfen und im Botanischen Garten als Unkraut auftretend, 1917, Thellung Arosa, Kehrichtverbrennungsanstalt am Fusse des Schafrückens (1620 m), 1917, Thellu ng. — Var. latisecta Thellung: Solothurn, mit dem Typus, 1915, Aellen! Anthemis mixta L. (Ormenis mixta Dumort. ; Medit., W.-Eur.). — Solo- thurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915/6/8, Probst!, Aellen!; Wolfbahnhof in Basel, 1916, W. Weber!; Güter- bahnhof St. Johann in Basel, 1917, beim Bahnhof Luzern, 1918, Aellen! = 7 var. *awrea (Dur.) Thell. Fl. adv. Montpell. (1912), 517 (Ormenis aurea Dur.; Alger., nur von Oran angegeben, findet sich aber auch im Süd-Oranais bei Beni-Ounif! [Thellung 1906; — Anacyelus radiatus (Thellung! ap.) Flahault in Bull. Soc. bot. France LIT (1906), sess. extraord. (1907), pp. CLVI, CLXV— non Loisel.]; ehedem adventiv bei Montpellier). — Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915/6, Probst!, Aellen!; Jahrg. BE: A} Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz, 805 beim Magazin der Landwirtschaftgenossenschaft in Brugg, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 83); Disentis (Graubünden), unter fremder (algerisch-marokkanischer) Hafersaat (Avena byzantina) in Menge, 1915, Hager! (Verbreit. Holzarten [1916], 259 not.). *Anthemis praecox& Link (Ormenis praecox Brig. et Cavill.; A. fus- cata Brot. ; W.-Medit.). — Güterbahnhof Zärich, 1916, Thellung. Anacyeclus clavatus (Desf.) Pers. (Medit.). — Solothurn : Hühnerhof Zwy- gart (Malzfabrik), 1915, 1919, Probst!; ehemaliger Hühnerhof am Wiesendamm in Basel, 1917, Aellen!: Freiburg auf Schutt: F. Jaquet. Anacyelus radiatus Loisel. (W.-Medit.). — Güterbahnhof Zürich, an zwei Stellen, 1917, Thellung. *Anacyclus valentinus L. (W.-Medit.). — Solothurn, Wildbach- sammler an der Bellacher-Grenze, wohl aus spanischer Wolle von der Tuchfabrik, 1915, Probst! — — ssp. *dissimilis (Pomel) Thell. eomb. nov. (A. dissimilis Pomel Nouv. Mat. fl. Atl. [1874], 53; A. prostratus Battand. et Trabut Fl. Alger. Dieot III [1890], 452 ex descer. pr. p. — non Pomel; A. valentinus Coste et Sennen! in Bull. Soc. bot. France XLI [1894], 113; Battand. et Trabut Fl. anal. syn. Alger. Tunis. [1902—1904], 181 pr. p.; Thellung Fl. adv. Montpell. [1912], 517 pr. p. |quoad loc. Castelnau! et Beziers!]; Hager! Verbreit. wildwachs. Holzarten Vorderrheintal, in Erheb. Verbreit. wild- wachs. Holzarten Schweiz Lief. 3 [1916], 259 not.; Aellen! in Allg. bot. Zeitschr. XXI1 [1916], 73 — non L.; Alger., wohl auch Marokko, hier vielleicht die typische Art ersetzend')). Unsere Pflanze unterscheidet sich vom Typus der Art durch etwas kleinere Köpfe mit schmäleren Hüllblättern und hauptsächlich durch die noch stärker verkümmerte Zunge der ® Randblüten und durch die fast aktinomorphe Krone der äusseren Scheiben- blüten?); indessen sind diese Merkmale an manchen Exem- !) A. valentinus Hochreutiner Voy. Alger. exs. n. 398 (1901) vom Djebel Aissa (Prov. Oran) scheint mir auch zu dissimilis zu gehören. ®) In dieser Hinsicht stimmt unsere Pflanze sehr gut mit der Originalbeschreibun Pomels überein, während Battandier u. Trabut (l.c) diese Merkmale wohl ver- sehentlich) dem A. prostratus „Pomel“ zuschreiben, der umgekehrt (nach der Original- iagnose) dem A. dissimilis Blatt. et Trabut l.e. (non Pomel) entspricht, was mir. Prof. Battandier (briefl.) freundlichst bestätigt. — Unter Benutzung von mir durch Herrn Prof. Battandier gütigst zur Verfügung gestellten, von Skizzen und Herbar- proben begleiteten Notizen über die algerischen Sippen A. dissimilis und DEAN Pomel gelange ich zur folgender Unterscheidung und Gruppierung der Vertreter der Sect. Diorthodon DC. (mit fast stets heterogamen Köpfen und wenigstens gegen 806 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 das Zentrum des Kopfes etwas zygomorphen Röhrenblüten, deren zwei hintere Kron- zähne viel länger und schmäler sind als die vorderen und steif aufrecht stehen): 1. Innere Hüllblätter an der Spitze mit einem verbreiterten, häutigen Anhängsel. Zungenblüten gelb, + doppelt so lang als die Hülle. Öhrchen der Frucht- flügel aufrecht. — W.-Medit. A.radiatus Loisel. 1.* Hüllblätter ohne auffälliges, trockenhäutiges Anhängsel. Zungenblüten weiss oder verkümmert. 2. Öhrehen der Fruchtflügel (zu beiden Seiten der Krone) aufrecht. Pflanze meist stark behaart. Zungenblüten weiss, ansehnlich, selten (ß inCON- stans [Pomel] Batt. et Trabut, y discoideus Batt. et Trabut; beide aus Algerien beschrieben) nur vereinzelt bis O.—Medit. A. clavatus (Desf.) Pers. 2.* Öhrchen der Fruchtflügel spreizend (vergl. jedoch die Ssp. prostratus). Zungenblüten stets verkümmert, die Hülle nicht oder kaum überragend. — W.-Medit A. valentinus L. s 1. (emend. Battand. et Trabut 1. ce. 1902—04). 3. Scheibenblüten alle oder fast alle zygomorph, die 2 hinteren Kron- zipfel viel länger und schmäler als die vorderen, + aufrecht. 4. Kräftige, vielköpfige, stark behaarte Pflanze. Fruchtflügel auf dem Niveau des Pappussaumes gestutzt, von ihm nicht scharf abge- setzt; Pappussaum kurz gezähnt. — Westl. S.-Eur. ssp. I eu-valentinus Thell (= A. valentinus L. sens. strict.) 4.* Pflanze niedrig, meist vom Grunde an in 1-köpfige Äste geteilt, verkahlend. Fruchtflügel mit mehr abgerundeten, etwas vorge wölbten, von dem tiefgezähnten Papussaum schärfer abgesetzten Lappen. [Nach Pomel sollten die Fruchtflügellappen „lanceolees, dresses* sein, was jedoch nach einer von Prof. Battandier an- gefertigten Skizze nicht zutrifft.] — Algerien; nach Battandier (briefl.) auf den Hochplateaus verbreitet. ssp. II prostratus (Pomel Nouv. Mat. fl. Atl.[1874], 52 pro spec.) Thell. comb. nov. (= A. valentinus Cosson! App. fl. Juv. alt. [1863], 61; Battand. et Trabut Fl. anal. syn. Alger. Tunis. [1902-04], 181 pr. p.; Thellung Fl. adv. Montpell [1912], 517 pr. p. [quoad loc. Port-Juvenal!] — non L. sens strict.; A. dissimilis Battand. et Trabut Fl. Alger. Dieot. III [1890], 452 ex deser. pr. p. — non Poiel). — Ver- schleppt ehedem (1857) im Port-Juvenal bei Montpellier (Touchy!), sowie neuerdings im Pare-Borely in Marseille (F. Coste! vergl. «Le Monde des Plantes» 19° annee [2° ser.) No. 110 Jan. 1918], 3). 3.* Aussere Scheibenblüten (in mehreren Reihen) aktinomorph (alle Kronzipfel + gleichgestaltet und abstehend), die inneren wie unter 3 beschrieben. Früchte ähnlich wie bei ssp. eu-valentinus ausgebildet, d. h. Fruchtflügel (zuweilen etwas zerschlitzt) auf der Höhe des „ Fappussaumes + abgestutzt. 2 ei a, dissimilis (Pomel) Thellung (vergl. oben). Eingeschleppt ehedem (1877) Br ’ PLORNER Montpellier (Andre!) und (1890) bei Beziers [Herault] (Goste ennen!). — Die Pflanze ist im Herbarium Pomel nach Battandier (briell.) nur durch 3 kleine, jugendli Be . ze stark zuklipei: Köpfe jugendliche Exemplare von Metlili (M’zab) vertreten. Pflan geringere Grösse der Köpfe leicht erklärt —; gegebenen ‚Schlüsselmerkmale stimmen, unsere Adventiv- pflanze unbedenklich mit A. dissimilis identifizieren zu dürfen. Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 807 plaren nicht sehr scharf ausgeprägt, so dass eine spezifische Abgrenzung nicht durchführbar erscheint. — Güterbahnhof Wolf in Basel, 1915, W. Weber! (Aellen in Allg. bot. Zeitschr. XXI [11916], 73 als A. valentinus); Ruchfeld (Basel-Land), 1916, W.Weber!; Solothurn, Hühnerhof Zwygart (bei der Malzfabrik), 1915/6, Aellen!, Probst!; Disentis, unter Avena byzantina (wohl aus Marokko), 1915, Hager! (l.c. als A. valentinus). *Achillea Ageratum L. (westl. S.-Eur.). — Bellach (Solothurn), Wildbachdamm (wohl aus spanischer Wolle von der Tuchfabrik), 1916, Probst! *Achillea ligustica All. (Medit.). — St. Johannbahnhof in Basel, 1914, W. Weber!; Güterbahnhof Zürich, 1918/9, Thellung. Achillea Ptarmica L. (Eur., As., N.-Am.) f. multiple (DC.) Fiori et Paoletti (f. ligulosa Voss; Zierpfl.). — Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich 2 (Flüchtling aus der nahen Stadtgärtnerei), 1914, Thellung; Bahnhof Aarau, 1917, Aellen! (Lüscher Fl. Aarg. [1918], 82); Schutt beim Wildbachsammler an der Solothurn-Bellachgrenze: Probst. X Achillea nitida Tausch em. Heimerl in Denkschr. Akad. Wiss. Wien math.-nat. Cl. XLVIII (1884), 186 (A. alpina Hort. non L.; Gartenbastard von A. impatiens L. [Siebenbürgen, Sibir.] und 4A. Ptarmica L.) f. super-Ptarmica (= A. strieta Kostel. non Schleicher). — St. Johannbahnhof in Basel, 1917, Aellen! Matricaria suaveolens (Pursh) Buchenau (M. discoidea DC.: NW.-Am., O.-As.; in Eur. vielfach eingebürgert) f. macrocephala Probst et Thell. f. nov., capitulis quam in forma vulgari conspicue majoribus, (exsiccatione compressis) 10—12 mm latis. Köpfe ungewöhnlich gross, gepresst 10—12 mm breit. — Solothurn: Hühnerhof Zwygart, 1916, Probst!; angenähert auch: Ruchfeld (Basel-Land), 1917, Aellen! *Matricaria decipiens (Fischer et Meyer) ©. Koch (Chamaemelum decipiens Boiss.; Kl.-As., Pers.; advent. auch Engl. !). — Solo- thurn, Hühnergarten Latscha (Malzfabrik), 1915, Probst! (det. Beauverd). _ Matricaria Tehihatchewii (Boiss.) Voss (Chrysanthemum Tehihatchewii Hort.; Zierpfl. aus Kl.-As.). — Langendorf (Solothurn), als Gartenflüchtling, 1913: Probst in Mitteil. Natf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVII. Ber. (1914), 209. Chrysanthemum coronarium L. (Medit.), — Schutt an der Ergolz bei Liestal (Basel-Land), 1910, Heinis!; Michelfelden bei Basel, 1913, Schülerfund: im Herb. Binz! (vergl. Verh. Naturf. Ges. Basel 52 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 808 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 XXVI [1915], 217); Schutt in Birsfelden (Basel-Land), 1915, Aellen!; Hühnerhöfe bei der Solothurner Malzfabrik, 1915/8, Probst!, Aellen!; Disentis (Graubünden), unter fremder Hafer- saat (Avena byzantina), 1915, Hager! (Verbr. Holzarten [1916], 259 not.). Chrysanthemum Myconis L. (Medit.). — Güterbahnhof Zürich, 1912, J. Braun!, 1917 Thellung; Schaffhausen: Mühlental, Ödland, 1915, Aellen!;Bahnhof Wildegg (Aargau), aus Mühlenabraum, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 83); Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915/6/8, Probst! *Chrysanthemum hybridum Guss. (Ch. Myconis 8 hybridum Fiori et Paoletti; Calabr., Sizil. etc., Cors.?; die Angaben aus S.-Spanien, Cephalonia und Kreta [Willkomm et Lange, Nyman] sind wohl irrtümlich, die Pflanze wird von Boissier [Fl. Or.] nicht erwähnt) f. aldidum (DC.) Fiori et Paoletti (= var. discolor Guss.). — Güterbahnhof Zürich, mit Ch. My- eonis, coronarium und segetum, 1917, Thellung. Chrysanthemum indicum L. (bekannte Zierpflanze aus China, Japan und O.-Ind.). — Bahnhof Brugg verwildert, 1915, Lüscher! (Fl. Aarg. [1918], 83). & Chrysanthemum serotinum L. (Ch. uliginosum [W.K.] Pers.; Zierpflanze aus Ungarn, Siebenbürgen, Serbien, verwildert in Deutschland). — Seeaufschüttung beim Belvoir in Zürich 2, 1902, 0. Naegeli!, 1915 Thellung; Wildbachsammler an der Bellach- Solothurn-Grenze, 1916/7, Probst!; Schöngrün bei Solothurn, 1918, Aellen, Probst!; alter Badischer Bahnhof in Basel, 1917 (!), Birsfelden (Basel-Land) 1918: Aellen. Chrysanthemum macrophyllum W,K. (Achillea macrophylla A. Gaille in Le Rameau de Sapin 26° annee [1892], 44; Aug. Dubois! ibid. 46° annde [1912], 41, 47° annde [1913], 8 et 48”° annee [1914], 37, non L.; SO.-Eur., Kauk.). — Bois de Seyse bei Vau- marcus, auf Waadtländergebiet, 1913, A. Gaille! (vergl. Rameau de Sapin 48me annde [1914], 42; 2° ser. I [1917], 7). Wird schon von Godet (Enum. v6get. vasc. Cant. Neuchätel [in Mem. Soc. Sc. nat. Neuch. II (1839)] Add. et Corr. 5) als Pyrethrum SD Dim vom Schloss von Vaumareus, eingebürgert durch ern v. Büren, angegeben. — Bern, auf Schutt, 1917, R. Boss! ine Em ischer in Mitteil. Natf. Ges. Bern 1919, sep. 8). emisia annua L. (SO.-Eur.,'W.-As.). — Wiesendamm in Basel, 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXVI Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 809 [1915], 217); Neu-Allschwil (Basel-Land) und Badische Lager- häuser in Basel, 1918: Aellen. Artemisia biennis Willd. (A. Tournefortiana Brandes 2. Nachtr. Fl. Prov. Hannover, 37 in 50-54. Jahresber. Naturh. Ges. Hannover f. 1899—1904 [1905], 178 teste Scheuermann in litt. |cf. Scheuermann in 6., 7. u. 8. Jahresber. Niedersächs. bot. Ver. Hannover 1915 (1918), 79]; Thellung in Mitteil. Bad. Bot. Ver. No. 224 [1908], 187; auct. Holland.! [ef. Jansen in Nederl. Kruidk. Archief 1917 (1918) 22 et Kloos in De Levende Natuur XXIV, Afl. 1 (1919), 10—12 cum ie.] et colleetor. non- null. — non Rehb.; N.-Am., auch N.-As. bis Himal.; mehrfach advent. in Deutschl.!! Holland! und England '!). — Bahnhof Tiefen- brunnen bei Zürich, Ausladestelle von nordamerikanischem Ge- treide, 1917/8, je ein Exemplar, Thellung. — Die Pflanze wird in den Herbarien öfters mit der in der Tracht sehr ähnlichen, südwestasiatischen (gleichfalls bis zum Himalaja reichenden, in Deutschland [!] verwilderten) A. Tournefortiana Rchb. ver- wechselt. Die beiden Arten unterscheiden sich besonders durch folgende Merkmale (vergl. Hooker FI. Brit. Ind. II, part VIH [1881], 324 und Jansen in Nederl. Kruidk. Archief 1917 [1918], 21—22): A.biennis: Abschnitte letzter Ordnung der Stengel- blätter (und ungeteilte Hochblätter in Blütenstand) entfernt einfach eingeschnitten-gesägt; Köpfe. fast kugelig oder quer breiter; Hüllblätter in ihrem grössten Teil krautig, nur schmal hautrandig; A. Tournefortiana: Abschnitte letzter Ordnung der Stengelblätter (und ungeteilte Hochblätter) dicht-, meist doppelt sägezähnig; Köpfe eiförmig bis länglich; Hüllblätter in ihrem grössten Teile häutig, mit nur schmalem, grünem Mittelstreif. Artemisia vulgaris L. ssp. selengensis (Turez. pro spec.) Thell. Fl. adv. Montpell. (1912), 529 (Sibir., Dahur.). BE bei Lugano, 1915, Werndli! *Erechthites quadridentatus (Labill.) DC. (Austral., N.-Seeland; kürzlich auch adv. in Schottland gefunden: @. Cl. Druce Rep. Bot. Exch. Club Brit. Isl. for 1914, vol. IV part 1 [1915], 16). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, 1914, Probst! *Erechthites argutus (A. Rich.) DC. (Austral., Tasman, N.-See- land; adv. auch in Kaliforn.: Greenman in Ann. Missouri Bot. Gard. IV, No. 4 [Nov. 1917], 290). — Kammgarnfabrik Deren- dingen bei Solothurn, 1917, Probst! *Doronicum orientale Hoffm. (D. caueasicum M. Bieb.; SO.-Eur., Kl.-As., Syr., Kauk.). — Vaumarcus (Neuenburg), + einge- 810 .. » Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. - 1919 bürgert (ursprünglich — vor etwa 50 Jahren — wohl vom Baron v. Büren gepflanzt), 1913, 'A. Gaille! [teste Cavillier] (Le Rameau de Sapin 2° ser. I [1917], 7). Doronicum scorpioides Willd. non alior (D. Pardalianches X plantagineum? F. Cavillier in Ann. Cons. et Jard. bot. Geneve XIII/XIV, 1909/10 [1911], 304; D. plantagineum var. scorpioides Le Grand; D. plantagineum forme D. Willdenowii -Rouy — Zierpflanze unsicherer Herkunft, wohl hybridogen, verwildert beobachtet in Frankreich, der Schweiz und Süd-Deutschland nach Cavillier 1. c. 306). — Verwildert beim Chäteau d’Oron (Waadt), 1871—72, J. Muret und Favrat in herb. Mus. Lau- sanne nach F. Cavillier (briefl.). Um die Mitte des letzten Jahrhunderts auch in Chäteau d’Oex, im Garten der Thomas aux Devens bei Bex, sowie bei Morges kultiviert (Cavillier briefl., nach der gleichen Quelle); dagegen ist die Angabe Gaudins (Fl. Helv. V [1829], 339), dass D. scorpioides von Bischoff auf dem Salöve bei Genf spontan gefunden worden sei, sicher irrig. — [Montbeliard: Cavillier 1. c. p. 310.] *Senecio squalidus L. (Calabr., Sie.; eingebürgert in England!). — Güterbahnhof Zürich, an zwei Stellen, 1917/8, Thellung. Calendula arvensis L. (Medit.) var. erocea Nicotra und var. mierantha (Tineo) Fiori et Paoletti — Güterbahnhof Zürich, 1916/7, Thellung. *Cryptostemma Calendula (L.) Druce in Rep. Bot. Exch. Club Brit. Isl. for 1913, Suppl. (1914), 416 (Arctotis Calendula L.; Cr. ealendulacea R. Br.; 8.-Afr., eingebürgert in Austral.; adv. Portugal, England!, Deutschl.!). — Kammgarnfabrik Deren- dingen bei Solothurn, 1917, Probst! Echinops banatieus Rochel (SO.-Eur.). — La Raisse bei Coneise (Waadt), berrest ehemaliger Anpflanzung durch den Baron v. Büren, 1914, A. Gaille! Carduus ef. nigrescens Vill. (S.-Frankreich, Spanien, Balearen). — Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1911, Schnyder! (Die Pflanze stimmt morphololgisch gut mit C. nigrescens überein, doch ist ihre Zugehörigkeit zu dieser Art pflanzengeographisch unwahrscheinlich mit Rücksicht auf die Heimat des C. nigrescens. Der früher |Vierteljahrsschr. d. Natf. Ges. Zürich LVII (1911), 289] von Buchs angegebene (©. acanthoides var. squarrosus Rehb. unter- scheidet sich nur durch stärkere Bestachelung.) Cynara Carduneulus L. (Medit.) var. altilis DC. (Chardon). — Deren“ dingen bei Solothurn, aus Kulturen verwildert, 1916: Probst. nenn Jahrg. 64. A. Thellung, Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 811 Silybum Marianum (L;) Gärtner (Medit. bis M.-As.). — Kaisterfeld bei Laufenburg (Aargau), an alljährlich wechselnden Stellen: W. Koch (vergl. Lüscher Fl. Aarg. [1918], 86). Galactites tomentosa Mönch (8.-Eur., N.-Afr.). — Solothurn, Hühnergarten Zwygart, 1915/6, Probst! Crupina Crupinastrum (Moris) Vis. (Medit.). — Adventiv: bei Orbe: Gaillard ‚nach Beauverd in Bull. Soc, bot. Genöve 2° ser. IV (1912) No. 9 (mars 1913), 439. Centaurea diluta - Aiton (Marokko, Algerien?, Spanien). — Unterhalb Burgfelden (Elsass), 1913: Aellen u. Weber nach Binz in Verh. Naturf. Ges. Basel XXV (1915), 218; Ruchfeld (Basel- Land), 1918, A, Becherer! *Centaurea algeriensis Cosson et Dur. (Alger.; adv. in $.-Frank- reich [vergl. Thellung Fl. adv. Montpell. (1912), 548], ganz neuerdings auch verwildert in Deutschland: Erfurt [Reineck nach Bornmüller in Mitteil. Bot. Ver. Thüring. N. F. XXXI (1914), 74]). — Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915/6, Probst!, Aellen!; Bahnhof Buchs (8t.:@.), 1915, Schnyder! | *Centaurea napifolia L.(W.-Medit., Kreta). — Solothurn, Hühner- garten Zwygart, 1915/6, Probst! Centaurea orientalis L. (SO.-Eur., Kauk.). — Gegenüber Wettingen (Aargau,) auf dem alten Geleise der Nordostbahn, 1881, F. Mühl- berg! (vergl. Lüscher Fl. Aarg. [1918], 89). "Centaurea atropurpurea Waldst. et Kit. (C. ealocephala DC.; O.-Eur.). — Neuchätel (aux Saars): F. Tripet nach Spinner in Mem. Univ. Neuchätel II (1918), 76. Centaurea melitensis L. (Medit. und durch Verschleppung weit ver- breitet in Indien, -S.-Afr., Austral., N.- u. S.-Am. ete.). — Kamm- garnfabrik Derendingen bei Solothurn (australische Schafwolle), 1913/4/6, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVIl Ber. [1914], 211); Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915/6/8, Probst!; Langendorf, Schülergarten, 1918: Probst; Bahnhof Wolf (W, Weber!) und Rheinhafen in Basel, 1915, Aellen! (Allg. bot. Zeitschr. XXII [1916], 73); Birsfelden bei Basel, 1916, W. Weber!; Ruchfeld und St. Jakob bei Basel, sowie Güterbahnhof Aarau [vergl. Lüscher Fl. Aarg, (1918), 89]» 1917, beim Bahnhof Luzern 1918: Aellen. Tre *Centaurea ochroleuca Willd.;. Sims, Bot. Mag. XXIX (1809), t. 11751; W. Gugler Die Centaureen d..Ungar, Nat. Mus., 246 in Ann. Mus. Nat. Hungar. VI (1908) [separ. Dec..1907] (C. axil- 812 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 laris 8 ochroleuca Boiss. Fl. Or.; C. montana f. albida et f. ci- trina Voss in Vilmorins Blumeng. ed 3 [1896], 554. — Zierpfl. aus dem Kaukasus und Armenien), — Vaumarcus (Neuchätel), in der Nähe der Bahnlinie, seit mindestens 15 Jahren an zwei Stellen, 1914/1918, A. Gaille! (wohl Überrest ehemaliger An- pflanzung durch den Baron v. Büren). Centaurea salmantica L. (Medit.). — Solothurn, Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1916, Probst! Carthamus tinctorius L. (Kulturpfl. aus dem trop. Afr.?). — Birsfelden (Basel), 1914, Aellen u. Weber! (Binz in Verh. Natf. Ges. Basel XXVI [1915], 218). Cichorium pumilum Jacq. (Medit.; wohl die wilde Stammform von C. Endivia L., daher richtiger als ©. Endivia ssp. pumilum zu bezeichnen, sofern man nicht mit Rücksicht auf die geringfügige Natur der Unterschiede zwischen C. Intybus und C. Endivia auf die spezifische Trennung der beiden Gruppen verzichtet und C. pumilum als mit ssp. Endivia [L. pro spec.] koordinierte Unterart des ©. Intybus aufzufassen vorzieht). — Solothurn, Hühnergarten Zwygart (Malzfabrik), 1915/6, Probst! (einehoch- und schlankwüchsige, fast kahle Form); Güterbahnhof Zürich, 1917, Thellung. Lapsana cf. intermedia M. Bieb. (Ungarn, Balkan, Krim, Kl.-As., Kauk.). — Eine mit der Pflanze von Buchs (vergl. Vierteljährsschr. d. Natf. Ges. Zürich LVI [1911], 290) identische Form fand sich tatsächlich 1903 am Hardplatz in Zürich 4 (leg. Thellung); Schöngrün bei Solothurn (aus Abfällen von der :Malzfabrik), 1910/12, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVII. Ber. 11914], 211). Eine kritische, etwa die Mitte zwischen L. communis und intermedia haltende Form: Arosa, Böschung des Obersees beim Bahnhof, 1740 m (Kunstwiese, mit Crepis setosa, 1916 auch Silene gallica), 1917, Thellung. Tolpis barbata (L.) Gaertner (W.-Medit.). — Solothurn, Hühnerhof Zwygart (Malzfabrik), 1916, 1918, Probst!, Aellen!; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1917, A. Schnyder! Rhagadiolus stellatus (L.) Gärtner (Medit.). — Alter Badischer Bahn- hof in Basel, 1914: Binz-in Verh. Naturf..Ges. Basel XXVI (1915), 218; Badische Lagerhäuser und Wolfbahnhof in Basel, 1917, Aellen; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, A. Schnyder! Hedypnois cretica {L.) Willd. (Medit.) ssp. monspeliensis (Willd.) Murbeck (Hyoseris Hedypnois L.). — Wiesendamm gegen Klein-Hüningen bei Basel, 1914, Aellen! u. Weber! (Binz in Verh. Naturf. en nenn in Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 813 Ges. Basel XXVI [1915], 218); Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1916, A. Schnyder! *Hypochoeris Achyrophorus L. (Seriola aetnensis L.; Medit., © W.-As.). — Güterbahnhof Zürich, 1916/7, Thellung. Urospermum picroides (L.) F. W. Schmidt (Medit.) f. gla- brescens A. Terrace. — Zürich, 1876, K. Lehmann! (als Orepis rhoeadifolia). Picris echioides L. (Helminthia echioides Gaertner; Medit., nicht selten adv. in M.-Eur., N.-Am. etc.) var. *humifusa (Willd. pro spec.) Thell. Fl. adv. Montpell. (1912), 572 (H. echioides var. humifusa Arcang. ; var. mollis Duby ?; Medit.). — Zu dieser Abart können wohl schmächtige, schlaffwüchsige und kleinköpfige Exem- plare gerechnet werden, die sich in den letzten Jahren im Güter- bahnhof Zürich mit süditalienisch-sizilianischer Begleitflora fanden (leg. Thellung). [Neuerdings auch in Holland eingeschleppt. | Tragopogon eroeifolius L. (S.-Eur. [schon Aostatal], Algerien). — Locarno, verwildert auf einem: Rasenplatz der Scuola-normale: Chenevard Cat. pl. vasc. Tessin (1910), 512. Tragopogon hybridus L. (Geropogon glaber L.; Medit.). — Schutt ' bei St. Ludwig (Elsass) unweit Basel, 1913 (Schülerfund i im Herb. Binz!? ein kümmerliches, schlecht entwickeltes Exemplar); Güterbahnhof Wolf in Basel, 1917, Aellen!; Güterbahnhof Zürich, 1916, Thellung; Bahnhof Buchs (St. Gallen), 1918, Schnyder! ee pratensis L. ssp. eu-pratensis Thell. nom. nov. (= T. pra- tensis auct, sens. striet., exel. T. orientali et T. minore) f. roseo- marginatus Thell. f. nov.: involueri foliolis distinete roseo-mar- ginatis (Hüllblätter deutlich rosa berandet, welches Merkmal sonst als charakteristisch für die Ssp. minor [Miller] gilt). — ‘St. Johannbahnhof in Basel, 1914, Aellen u. Weber!; Güter- - bahnhof Zürich, 1914, Thellung. Scorzonera Jacquiniana (Koch) Boiss. (SO. Bir, sw. EN sn Behnhof St. Margrethen (St. Gallen), 1914, Schnyder! Rodigia commutata Sprengel (SO.-Eur., SW.-As.). — Solothurn, Hühner- garten Zwygart (Malzfabrik), 1915, Probst!, Aellen! *Lagoseris nemausensis (Gouan) Koch (Pterotheca nemausensis - Cass.!); westl. $.-Eur.). — Luino am Längensee (Grenzgebiet der Schweizerflora), 1897, Huguenin! Andryala integrifolia L. (inel. A. sinuata L.; Medit., adv. in Deutschl.) ssp. en (Tineo) Theil. . nov. Er tenui- ee F 1) Vergl. über diese Art: Thellung Fl. adv. Mbhtpäll Oro 573 fl. 814 .. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. : 1919 ‘folia [Tineo] DC.; A. integrifolia ö tenuifolia Fiori et Paoletti; A. dentata Boiss. Fl. Or. ex p., vix Sibth. et Sm.; N.-Afr., S,-Ital., - Griechenl., Kl.-As., Syr.; bei Montpellier einmal eingeschleppt, vergl. Thellung Fl. adv. Montpell. [1912], 578). — Güterbahn- hof Zürich, 1916/7, Thellung. Cicerbita macrophylla (Willd.) Wallr. (Mulgedium macrophyl- lum DC.; Gartenpfl. aus dem Kaukasus, nicht aus N.-Am., wie viele Schriftsteller [neuerdings auch noch G. Beauverd in Bull. Soc. bot. Geneve 2° ser. II (1910), 124] angeben; vergl. Boissier Fl. Or. II [1875], 799—800 und A. Gray Synopt. . Fl. N.-Am.]I, 2 [1884], 444; verwildert in Deutschland, Holland ‚und Dänemark). — Plan des Iles (Ormont-dessus, Waadt), 1854, Muret, Leresche u. Rambert! (comm. Wilezeck 1917); als «Sonchus canadensis ou macrophyllus» ehedem durch den Baron A. v. Büren (1791—1874) auf dem Mont-Aubert im Neuenburger Jura eingebürgert (Bull.Soec. bot. France XV1[1869], sess. extr. pp. X, XI; vergl. auch A, Dubois in Le Rameau de Sapin 50° annee [1916], 25). *Sonchus tenerrimus UL. (Medit.) var. aunnuus Lange subvar. glandulosus Lange — Güterbahnhof Zürich, ziemlich zahl- reich, 1916/8, Thellung. is *Crepis parviflora Desf. (C. muricata Sibth, et Sm.; Archip., SW.- ‘= , As.). — Schöngrün bei Solothurn (Abfälle von der Malzfabrik), 1912, Probst! (Mitteil. Naturf. Ges. Soloth. 5. Heft, XVII. Ber. [1914], 212) [eine auffallend starkborstige, im Indument an (. setosa Haller f. erinnernde Form]; Hühnerhof bei der Solothurner ‚Malzfabrik, 1915, Probst! Crepis pulchra L. (Medit,, M.-Eur., W.-As.; schon im benachbarten ' Aostatal sowie in Elsass und Baden wie einheimisch). — Aigle (Werdh) 1914, H. Jaccard!; Güterbahnhof Zürich, 1918, Thel- ung. EN . Nachtrag (zu S. 703). *Thellungia advena Stapf. gen. et spee. nov. in Kew Bull. 1919 (Gramineae-Sporoboleae — Heimat unbekannt, wohl Australien. 4 Syn.:: Eetrosia ?.mutica Hackel! ad int. ex Probst in Mitteil. „.. Naturf. Ges, Soloth, ‚5. Heft, XVII,.Ber., 1911—14 [1914], 164). — Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn, aus australischer Schafwolle,.1907,:1918, Probst!. ‚Die Pflanze von 1907, die ee Jahrg. 64. A. Thellung. Beiträge zur Adventivflora der Schweiz. 815 Prof. Hackel mit aller Reserve vermutungsweise als eine neue Art von Ectrosia ansprach, bestand aus Exemplaren mit noch fast unentwickelten Blüten, die keine genaue Untersuchung ge- statteten; erst die gut blühenden Exemplare von 1918 machten die definitive Einreihung dieser interessanten Pflanze möglich. Einige Anmerkungen zur Thermodynamik. Von A. FLisener. (Als Manuskript eingegangen am 1. Februar 1919.) 1. Im 61. Jahrgang, 1916, dieser Vierteljahrsschrift habe ich ver- sucht, die Integrationskonstante der innern Arbeit der Gase zu be- rechnen. Die „Beiblätter zu den Annalen der Physik“ vom Jahre 1917, in die ich erst unlängst Einsicht nehmen konnte, haben diese Ver- öffentlichung besprochen und daran getadelt, dass ich die dort be- handelte Arbeit noch in veralteter Weise „innere Arbeit“ genannt habe. Ich bin aber dieser alten Benennung gefolgt, weil mich von den drei mir bekannten neuern keine befriedigt, weder „Energie“ ohne jeden Zusatz, noch „Eigenenergie“, noch „innere Energie“. Mög- lichst sinngemäss übersetzt, bedeutet ja „Energie“ ganz allgemein die „in einem Körper enthaltene mechanische Arbeit“, oder kürzer, seinen „Arbeitsinhalt“, und es hat sich dementsprechend auch ein- gebürgert, jede beliebige Art von Arbeit als „Energie* zu be- zeichnen. Wenn nun die erste der eben aufgezählten Benennungen, „Energie“ allein, diese Bezeichnung gleichzeitig auch auf eine einzelne, besondere Arbeitsart anwendet, so bringt sie damit von vornherein eine unzulässige Zweideutigkeit in die Untersuchungen hinein. Die beiden andern Benennungen wollen allerdings eine Zweideutigkeit: dadurch vermeiden, dass sie dem Worte „Energie“ noch Zusätze bei- fügen, doch sind diese Zusätze nicht einwandfrei ausgefallen. Denn ein Körper kann, der Natur der Sache nach, nur seine eigenen Arbeiten enthalten, aber niemals fremde. Daher bezeichnet in der zweiten der neuern Benennungen, in „Eigenenergie‘, der Zusatz „Eigen“ eine selbstverständliche Eigenschaft jedes Arbeitsinhaltes, und er ist folg- lich überflüssig. Da er aber ausserdem ganz allgemein gilt, sO darf man ihn nicht zur Kennzeichnung einer besondern Art von Arbeits- inhalt verwenden. Die letzte Benennung endlich enthält in der ersten Silbe des Wortes „Energie“, in dem griechischen „iv“, schon den Begriff „innen“, und wenn man diesem Worte trotzdem noch das Jahrg. 64. A. Fliegner. Einige Anmerkungen zur Thermodynamik. 817 Eigenschaftswort „innere“ vorsetzt, so kommt man zu einer störenden Tautologie, die durch die Anwendung des Fremdwortes „Energie* doch nicht genügend verdeckt wird. Die drei neuern Benennungen leiden aber noch an einem andern Übelstande, den allerdings die alte Benennung „‚innere Arbeit‘‘ eben- falls zeigt. Man führt nämlich diese Benennungen ein bei der Unter- suchung einer unendlich kleinen Zustandsänderung einfachster Art, wofür die Wärmegleichung auch ihre einfachste Gestalt Baar an)... 030 annimmt. Dabei teilt sich die zugeführte Wärmemenge d@ in bloss zwei Teile. Der eine Teil, AdU, bleibt im betrachteten Körper zurück und ändert dessen innern Zustand, während der andere Teil, Ad W, bei der Volumenzunahme unter Überwindung des äussern Gegen- druckes an die Umgebung übergeht. Und da man diese beiden Teile bei den Anwendungen auseinanderhalten muss, so hat man auch ihre Arbeitswerte, dU und dW, verschieden bezeichnet, den zweiten mit „äusserer Arbeit‘, den ersten, im Gegensatz dazu, mit „innerer Arbeit‘, oder mit einer der neuern Benennungen. Die Gleichung (1) setzt aber ausdrücklich voraus, dass sich der Schwerpunkt des Körpers in Ruhe befinde. Wenn sich dagegen der ganze Körper fortschreitend bewegt. so ändert sich bei einer Zustandsänderung im allgemeinen auch seine Geschwindigkeit und mit ihr seine „Strömungsenergie‘. Gleichzeitig kann sich auch sein Abstand vom Schwerpunkt der Erde ändern, also seine „potentielle Energie der Schwere“. Dann treten zu dU unddW noch weitere Summanden hinzu. Den Sitz dieser Energien verlegt man zwar bei den Rechnungen gewöhnlich in den Schwerpunkt des . Körpers, tatsächlich haften sie aber an allen seinen Massenteilchen. Das Letzte gilt auch von noch andern Energien, die man gelegent- lich ebenfalls berücksichtigen muss. Wenn sich nun diese Energien, wesentlich gleich wie U, auch über das ganze Innere des Körpers verteilen, so bilden sie alle, mit Einschluss von U, eine Gesamtarbeit, die gleichfalls wirklich im Körper enthalten ist. Dann passen aber alle vier bisher für U angewandten Benennungen, ihrem Wortsinne nach, ebensogut auf eine solche Gesamtarbeit, wie auf den Bestand- teil U allein. Ihnen fehlt also die erforderliche Eindeutigkeit, und daher erscheint es als das Richtigste, sie sämtlich aufzugeben. Will man aber für die Grösse U, der Einheitlichkeit wegen, die Benennung „Energie“ beibehalten, so muss man ihr einen geeigneten Zusatz beifügen, der das Wesen dieser Arbeitsart kürz, "anschaulich s18 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919. und eindeutig kennzeichnet. Nun setzt sich die durch U dargestellte Arbeit zusammen aus der angehäuften Arbeit .der Molekularbewegung, der sogenannten „kinetischen Energie der Molekeln“, und aus der Arbeitsfähigkeit der gegenseitig ‘zwischen den Molekeln wirkenden Kräfte, der sogenannnten „potentiellen Energie der Molekeln“. Es handelt sich also bei beiden Bestandteilen von U um Arbeiten, die, an den Molekeln als solchen haften. Alle übrigen Arbeiten, wie, die äussere Arbeit, wie ‘eine Strömungsenergie usw., beziehen sich dagegen auf den Körper als Ganzes. Dann ist es aber am ein- fachsten, den beim Worte „Energie‘‘ noch erforderlichen Zusatz vom Worte „Molekel‘ abzuleiten und die in der Gleichung (1) mit U be- zeichnete Grösse die „Molekular-Energie‘‘ des Körpers zu nennen. Diese Benennung ist kurz, sie geht auch unmöglich anders zu ver- stehen, als dass sie die in den‘ Molekeln enthaltene kinetische und potentielle Energie bedeuten soll, und sie genügt daher all den An- forderungen, die man an eine solche Benennung stellen kann und stellen muss. Ob sie schon von anderer Seite vorgeschlagen worden ist, kann ich jetzt nicht entscheiden. Ausgeschlossen wäre es nicht, da sie sich eigentlich von selbst darbietet. 2. Anschliessend möchte ich noch einige neuere Benennungen besprechen, die sich auf gesättigte Dämpfe beziehen. Um bei solchen Dämpfen die Wärmemitteilungen berechnen zu können, muss man 'bekanntlich zuerst eine Zustandsänderung bei konstantem Drucke untersuchen. Dabei geht man vom tropfbar flüssigen Zustand bei 0° C aus und. verfolgt den Vorgang, bis die Flüssigkeit vollständig in trockenen, gesättigten Dampf übergegangen ist. Für die Wärmemengen, die man dabei der Gewichtseinheit des Körpers zuführen muss, finden sich nun schon in Zeuners technischer Thermodynamik folgende Buchstabenbezeichnungen und Benennungen benutzt: mnuklen 9% die „Flüssigkeitswärme“, die man der tropfbaren Flüssig- keit zuführen muss, um sie von 0°C auf die dem Druck entsprechende Siedetemperatur zu bringen. Bei Wasser setzt man angenähert voraus, dass sein spezifisches Volumen unveränderlich sei ; dann genügt die einzige Bezeichnung gq. Wenn sich dagegen die Flüssigkeit bei der Erwärmung stärker ausdehnt, so’ zerlegt man g in:einen Teil AfdU = q,, der im Körper zurückbleibt, und in den andern Teil, Apfdv = q,, ‚der den äussern ‚Gegendruck überwindet. ‚Man ‚unterscheidet beide Teile als \ au 7 » A “ i die „innere“ und die „äussere Flüssigkeitswärme‘. ‚Jahrg. 64. A. Fliegner. Einige Anmerkungen zur Thermodynamik. 819 r, die Wärmemenge, die man zuführen muss, um den Körper bei der Siedetemperatur aus tropfbarer Flüssigkeit in trockenen gesät- tigten Dampf zu verwandeln. Zeuner nennt diese Wärmemenge noch „latente Wärme“, später ist dafür die bezeichnendere Benennung „Verdampfungswärme“ aufgekommen. Ähnlich, wie vorhin q manchmal, zerfällt r immer in zwei Teile, nämlich in: e=A/dU, die „innere Verdampfungswärme“, die den Molekularzustand des Körpers ändert, und in Apu = Ap | dv, die „äussere Verdampfungswärme“, die zur Überwindung des äussern Gegendruckes aufgebraucht wird. Zeuner zieht noch einige dieser Wärmemengen zusammen, nämlich: J=q4; + eo, die „Dampfwärme“, die im trockenen gesättigten Dampfe noch enthalten ist; bei Wasser wäre J=gq =g-+-r, die „Gesamtwärme“, die man im ganzen zuführen muss, um den Körper aus tropfbarer Flüssigkeit von 0° C in trockenen gesättigten Dampf zu verwandeln. Mit alleiniger Ausnahme der „Dampfwärme‘“ Jsind nun die übrigen Benennungen durchaus einheitlich gewählt. „Wärme“ bedeutet darin überall die dem Körper von aussen her zugeführte Wärmemenge, und die vorgesetzten Wörter geben die Verhältnisse an, unter denen der Körper diese Wärmemengen aufnimmt. Die noch hinzugefügten ‚Eigenschaftswörter „innere“ und „äussere“ unterscheiden dann die beiden Bestandteile, wenn die Wärmemenge in solche zerfällt. Um mit diesen Benennungen im Einklang zu bleiben, müsste man die sonst nicht besonders hervorgehobene Summe q, + Apu „äussere Ge- samtwärme‘‘ nennen, während J eigentlich „innere Gesammtwärme‘ heissen sollte. Die Benennung „Dampfwärme“ für J ist aber kürzer, man kann auch darunter kaum etwas anderes verstehen, als die im Dampfe wirklich noch enthaltene Wärmemenge. Und da die übrigen Benennungen ihre Wärmemengen ebenfalls durchaus deutlich be- zeichnen, so liegt eigentlich kein triftiger Grund vor, von ihnen ab- zugehen. Trotzdem finden sich z.B. in der „Hütte“ für einige dieser Wärmemengen andere Benennungen eingeführt, nämlich‘) für q: „Wärmeinhalt der Flüssigkeit“, für q;: „Energie der Flüssigkeit‘, für A: „Wärmeinhalt des gesättigten Dampfes‘ und für J: ‚Energie des gesättigten Dampfes“. 1) Hütte“, des Ingenieurs Taschenbuch. Ich habe die 21. Auflage, 1911, vor mir, wo diese Wärmemengen im I. Band auf Seite 431 u. flgd. behandelt sind. 820 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. . 1919 Gegen diese Benennungen muss ich nun zwei Einwände erheben. Der eine davon betrifft allerdings nur den Mangel an Einheitlichkeit, da zwei Benennungen der deutschen Sprache entnommen sind, die beiden andern der griechischen. Der zweite Einwand ist dagegen von wesentlicherer Art. „Energie“ bedeutet ja dem Wortsinne nach die mechanische Arbeit, die in verschiedenen Formen in einem Körper enthalten ist. Daher ging ‚Energie‘ auch kurz und möglichst wort- getreu durch „Arbeitsinhalt‘‘ zu verdeutschen. In den Dampftabellen sind jedoch nicht Arbeitsgrössen angegeben, sondern Wärmewerte. Wenn man aber für den ‚Wärmewert des Arbeitsinhaltes‘‘ eine kurze und bezeichnende Benennung sucht, so wird man kaum eine andere finden, als „Wärmeinhalt“. Denn dieses Wort geht, nach dem Sinne seiner Bestandteile „Wärme“ und „Inhalt“, unmöglich anders zu verstehen, als dass es die im Körper wirklich enthaltene Wärmemenge bezeichnen soll. Man könnte sogar das Wort ‚„‚Wärme- inhalt“ auf den Wärmewert von bloss der kinetischen Energie der Molekeln beschränken, da von dieser der Wärmezustand des Körpers im engern Sinne, seine Temperatur, abhängt. Hier bedeutet aber „Energie“ allgemein Arbeitsgrössen von verschiedener Art, und daher darf man „Wärme“ und „Wärmeinhalt‘‘ ebenfalls im weitern Sinne auf den Wärmewert aller andern Arbeiten ausdehnen, die neben der angehäuften Arbeit der Molekularbewegung wirklich noch im Körper enthalten sind. Dann: besteht aber zwischen „Wärmeinhalt“ und „Energie“ überhaupt kein Unterschied, vielmehr bildet jedes dieser beiden Wörter die möglichst getreue Übersetzung des andern, und man könnte höchstens beim ersten an eine Messung in Wärmeeinheiten denken, während das zweite auf eine Messung in Arbeitseinheiten hindeutet. Keinesfalls darf man aber beide Wörter zur Bezeichnung von verschiedenarti gen Wärmemengen vel- wenden. Von den vier vorhin aufgezählten Wärmemengen bedeuten nun 4; und J Wärmemengen, die wirklich noch im Körper enthalten sind. Für sie passt daher die Benennung ‚Energie‘ durchaus, sie gingen aber ebensogut auch „Wärmeinhalt“ zu nennen. Dagegen nimmt der Körper die beiden andern Wärmemengen, qund A, zwar in ihrem vollen Betrage von der Wärmequelle her auf, davon, nämlich g, und q, + Apu, zur Überwindung des äussern Gegen- druckes sofort wider an die Umgebung ab. Dieser Teil befindet sich daher am Ende des Vorganges gar nicht mehr im Körper, und er darf folglich auch nicht seinem Wärmeinhalt zugezählt werden. Dann erscheint aber die Benennung „‚Wärmeinhalt‘: für q und A unbe- er gibt aber einen Teil ze Jahrg. 64. A. Fliegner. Einige Anmerkungen zur Thermodynamik. 821 dingt als vollständig verfehlt, Siekann nur irreführen, und sie mussjeden- falls Anfängern das Verständnis ganz unnötigerweise erschweren. Es ist mir nicht bekannt, von wem diese Neuerung herrührt. Wenn ihrem Urheber: die bis dahin üblichen Benennungen nicht mehr zugesagt haben, so hätte er zwar 'q, und .J mit ‚Energie‘* oder mit „Wärmeinhalt‘‘ bezeichnen dürfen, für q und A hätte er dagegen eine andere Benennung aufsuchen müssen, die das. Wesen dieser Wärme- mengen leicht hätte erkennen lassen. Unter andern wäre die Be- nennung „Erzeugungswärme“ zulässig gewesen, die mit ähnlicher Bedeutung bei den Gasen angewendet wird, und die bei den gesättigten Dämpfen auch schon von anderer Seite vorgeschlagen worden ist, ‚wenn auch nur für die Gesamtwärme A. Doch liegt für eine solche Neuerung durchaus kein Bedürfnis vor. 3. Die übrigen Anmerkungen beziehen sich auf die Entropie und auf Fragen, die mit ihr zusammenhängen. | Beschränkt man sich, um mit einfachern Formeln auszukommen, auf vollkommene Gase, soweit sie der Zustandsgleichung »v=.RT...., fa RS en irren (2) folgen, geht man dabei von der, Wärmegleichung z. B. in der Gestalt dl — Se (vdp + x#pdv) a ee a Be! aus, und dividiert man sie mit T’—= pv/R, so erhält man, nach den üblichen Umformungen, für das Differential dS der Entropie ©) = e.dgn (er ei Integriert man, und bezeichnet man die Integrationskonstante mit c,lgnC, so findet man für die Entropie selbst die Ausdrücke: | S= c,Ign (pvr) + e,IgnC = «,lgn(Cpv*). = - (5) Differentiiert man jetzt den letzten Ausdruck wider, aber ohne ihn sonst irgendwie umzuformen, so bekommt man noch: IS cdlon (Che). re ar dsunskerä une (6) Vergleicht man nun (4) mit (6),.so-zeigt: sich, dass man unter dem Logarithmus neben der Funktion pv* der Zustandsgrössen den Faktor C nach Gutdünken hinzufügen oder wegnehmen kann, ohne den Wert von dS zu ändern. Dabei, ist dieser Faktor C nur an die Bedingung der Konstanz gebunden, dagegen liefern einem weder die Formeln, noch allgemeine Überlegungen, irgend welche N (= d Em% ger 392 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Anhaltspunkte, von denen aus man einen bestimmten Zahlenwert für © berechnen könnte. Vielmehr bleibt C vollkommen will- kürlich. Das nämliche gilt daher auch von der Integrationskon- stanten e,lgnC. Wenn dann diese ganz willkürliche Konstante in (5) additiv zu dem Gliede c,lgn (pv*) hinzutritt, so bewirkt sie, dass die Entropie durch die Zustandsgrössen des Körpers gar nicht eindeutig mitbestimmt wird, sondern, dass man ihr, je nachdem man € wählt, bei jedem Körperzustand jeden beliebigen Zahlenwert beilegen kann. Daher wird aber die Entropie selbst, wie ihre Integrationskon- stante, ebenfalls eine vollständig willkürliche Grösse. Und da die Integrationskonstante der Entropie auch bei andern Körperarten keinen bestimmten Wert besitzt, so gilt dieses Ergebnis ganz allgemein. Berechnet man bei den Gasen dS auch aus den andern Formeln für dQ, integriert man darauf, und bezeichnet man die Integrations- konstanten kürzer, so erhält man für $ die Ausdrücke: BEREIT ir nd) DimmlmlEur) 80, Und; se, ner _ a S= c,ign (7» " Ya Na ERChEe } Berücksichtigt man in diesen Gleichungen zunächst nur die ersten, veränderlichen Glieder, so erhält man mit ihnen beim selben Körperzustand drei verschiedene Werte für 8, z.B. bei atmosphärischer Luft im Normalzustand der Reihe nach die Werte 1,5014, 0,9307 und 036995. Hiernach scheint die Entropie unter den in der Thermodynamik auftretenden Grössen eine Aus- nahmestellung einzunehmen. Wendet man nämlich bei allen übrigen Grössen die verschiedenen, für jede von ihnen möglichen Formeln auf denselben Zustand eines Körpers an, so erhält man immer den- selben Zahlenwert. Nur bei der Entropie ist das nicht der Fall. Ersetzt man z. B. in (7) p nach der Zustandsgleichung (2) durch RT/v, so findet man, zunächst unter Weglassung der Integrations- konstanten, unmittelbar: S= c‚lIgn (RTv*-), Sn (10) und dieser Ausdruck ergibt allerdings für S noch denselben Zahlen- wert, wie (7). Differentiiert man aber (10), so kann man im Dif- ferential unter dem Logarithmus den konstanten Faktor R weglassen, wie sich das vorhin für die Konstante C als zulässig gezeigt hat. Integriert man dann diesen vereinfachten Ausdruck wider, so geht, abgesehen von der Integrationskonstanten, (10) in (8) über, man hat aber durch das Weglassen von R den Nullpunkt verschoben, Jahrg. 64. A. Fliegner. Einige Anmerkungen zur Thermodynamik. 323 von dem aus man die Entropie zählt, und daher liefert (8) einen andern Zahlenwert für 8, als (7). Sollten die drei Gleichungen (7) bis (9) dieselben Zahlenwerte ergeben, so müsste man die Integrations- konstanten wider hinzufügen, ihnen aber gegenseitig ganz bestimmte Werte beilegen, von denen man jedoch einen noch ganz beliebig wählen könnte. Auf die Willkürlichkeit dieser Integrationskonstanten hat schon Briot?) hingewiesen, ebenso hat er angedeutet, dass man durch geeignete Wahl der Integrationskonstanten die Formeln unter sich in Übereinstimmung bringen kann. Dagegen hat er die vollständige Unbestimmtheit auch der Entropie nicht besonders hervorgehoben. Umgekehrt sagt Zeuner?) bei der Besprechung einer Formelzusam- menstellung, wie die der Gleichungen (7) bis (9): wenn man zwei Zustandsgrössen des Körpers kennt, so „berechnet man leicht nach einer der Gleichungen die Entropie“. Hieraus muss man doch wohl schliessen, dass Zeuner weder die Willkürlichkeit der Integrations- konstanten, noch die daher rührende Unbestimmtheit der Entropie selbst erkannt hat. Er hat auch schwerlich bemerkt, dass die Gleichungen verschiedene Zahlenwerte für $ ergeben, sonst hätte er sich unbedingt anders ausdrücken müssen. Da die Entropie durch die Zustandsgrössen eines Körpers gar nicht eindeutig mitbestimmt wird, so gehört sie auch nicht unter seine Zustandsgrössen im weitern Sinne. Man sollte sogar meinen, dass man eine derartig unbestimmte Grösse überhaupt nicht ver- werten könnte. Und man stände auch in der Tat vor unlösbaren Aufgaben, wenn man für einzelne Körperzustände den wahren Wert der Entropie angeben sollte, da es einen solchen gar nicht gibt. Bei den Anwendungen handelt es sich aber immer um Zustands- änderungen, und deren Untersuchung führt auf bestimmte Inte- grale von d$. Aus solchen hebt sich nun die Integrationskonstante von selbst weg, mit ihr verschwinden dann auch alle Unbestimmt- heiten aus der Rechnung, und man erhält folglich dabei durchaus eindeutige Schlussergebnisse, die nur von den Grenzzuständen des Körpers abhängen, sowie selbstverständlich noch von seinen physi- kalischen Konstanten. Integriert man jetzt z. B. (7) zwischen den Grenzen 1 und 2, so kann man das Integral schreiben: ?) Briot, „Lehrbuch der mechanischen Wärmetheorie*, deutsch von Weber, Leipzig, Leopold Voss, 1871, $. 52 u. 5: ®) Zeuner, „Technische Thermodynamik*, Auflg. v. 1900, I. Teil, S. 130 u. 131. Vierteljahrsschrift d. Naturf, Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 53 324 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 J s- — 8 = clan (11) Wechselt man darauf in (11) die ht so tritt die Kon- stante R der Zustandsgleichung, und zwar im allgemeinen in einer gewissen Potenz, sowohl im Zähler, als auch im Nenner des Bruches als Faktor auf. Sie hebt sich folglich von selbst weg, ohne dass dabei irgend eine Willkürlichkeit mit im Spiele wäre. Daher ergeben aber alle Formeln (7) bis (9) übereinstimmende Zahlenwerte für S,— $,, so dass es gleichgültig ist, welche man bei einer Rechnung benutzt. In einem bestimmten Integral verhält sich also die Entropie genau so, wie alle übrigen thermodynamischen Grössen. Wenn hiernach die Gleichungen (7) bis (9) für einzelne Körper- zustände auf verschiedene, eigentlich sogar auf vollständig willkürliche Werte von S führen, wenn sie dagegen bei vorgeschriebenen Zustands- änderungen eindeutige und übereinstimmende Ergebnisse liefern, so folgt daraus noch umgekehrt, dass man die Entropie einzig und allein bei den Untersuchungen von Zustandsänderungen verwenden darf, dass man sie dagegen bei der Behandlung einzelner Körperzustände ganz beiseite lassen sollte. Genügt man dieser ein- schränkenden Forderung, so hört die Entropie auch auf, eine Aus- nahmestellung einzunehmen, denn eine solche hatte sich vorhin nur deshalb gezeigt, weil ich dort die Entropie vorübergehend bei einem einzelnen Körperzustand einführen musste, wie wenn sie eine Zustands- grösse wäre, um zeigen zu können, dass sie das in Wirklichkeit gar nicht ist. Schon Neumann‘) hat darauf hingewiesen, dass die in den thermodynamischen Untersuchungen auftretenden Differentiale gegenseitig gewisse Verschiedenheiten zeigen, sowie, dass man diese Differentiale auf zwei Gruppen verteilen kann. In einer der Gruppen fasst er die Differentiale zusammen, die den „Zuwachs einer in- dependenten Variablen oder ... einer von beliebig vielen Variablen abhängigen Funktion‘ einführen. Seine zweite Gruppe enthält dagegen Differentiale, „‚die nicht als Zuwachs irgend einer Funktion darstellbar sind“; er nennt solche Differentiale auch „direkt gegeben“. An anderer Stelle unterscheidet er beide Arten noch kürzer als , ‚voll- ständige“ und „unvollständige“ Differentiale. In der einfachen, allgemeinen Gleichung (1) für dQ tritt nun nur eine einzige eindeutige Funktion der Zustandsgrössen des Körpers auf, näm- *) C. Neumann, „Vorlesungen über die ragt Theorie der Wärme*. Leipzig, Teubner, 1875. Namentlich S. 1 und Vorwort, S. Jahrg. 64. A. Fliegner. Einige Anmerkungen zur Thermodynamik. 825 lich die Molekular-Energie U, und daher bildet dU allein die erste Gruppe der vollständigen Differentiale. In andern Fällen könnte dagegen diese Gruppe noch Differentiale z. B. einer Strömungs-Energie oder einer potentiellen Energie der Schwere enthalten. Umgekehrt ist in (1) das Differential d W= pdv der äussern Arbeit kein vollständiges Differential. Das hat dann zur Folge, dass ‘die ganze rechte Seite, und daher auch dQ, ebenfalls unvollständige Differentiale werden. dW und dQ gehören folglich in die zweite Gruppe, in die der un- vollständigen Differentiale. Wenn man aber die Gleichung (1) auf eine besondere ‚Zustandsänderung anwendet, die z.B. nach einem Gesetze f(pv) = 0 verläuft, so lässt sich dW als Funktion von nur einer Veränderlichen darstellen. Dadurch geht zunächst dW in ein vollständiges Differential über, und da dU schon von sich aus ein solches war, so wird dQ ebenfalls ein vollständiges Differential. Nach der Auffassung von Neumann müssten hiernach d W und dQ beim Über- gang vom allgemeinen Fall zu einem besondern die Gruppe wechseln, und daher befriedigt seine Einteilung und Erklärung doch nicht recht. Man kann aber trotzdem, wenigstens für die drei Differentiale dQ, dU und dW, die Neumannsche Gruppeneinteilung beibehalten, man muss sie nur anders begründen, nämlich nicht durch die mathe- matischen Eigenschaften der verschiedenen analytischen Ausdrücke, sondern durch die thermodynamischen Verhältnisse der dargestellten Grössen. | Von den drei, in der Gleichung (1) auftretenden Grössen besitzt nun die Molekular-Energie U am Anfang des betrachteten Vorganges schon einen gewissen Wert, der durch den dortigen Zustand des Körpers eindeutig mitbestimmt wird. Dieser Wert ändert sich während des Vorganges um den unendlich kleinen Betrag dU, und dadurch nimmt U einen neuen Wert an, der aber wieder eindeutig vom Zustand des Körpers abhängt, nur jetzt vom Endzustand. Man kann daher das die erste Gruppe bildende Differential dU eine An- derung nennen, denn dieses Wort deutet doch an, dass schon vorher eine zu ändernde Grösse vorhanden war, sowie, dass die geänderte Grösse nachher auch noch vorhanden ist. Für einen endlichen Vorgang ergibt sich dann die ganze Änderung der Molekular-Energie als der Unterschied zwischen dem Anfangswerte U, und dem End- werte U,, und dem entsprechend hat man eine endliche Änderung der Grösse U von jeher durch die Differenz I,—U, ihrer Grenz- werte dargestellt. Das nämliche würde gelten für eine Strömungs- Energie und für eine potentielle Energie der Schwere, da diese Ener- gien ebenfalls zu den Zustandsgrössen des Körpers gehören. 826 Vierteljahrssehrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Die Grössen Q und W haben dagegen weder’ am Anfang noch am Ende des Vorganges irgend einen Wert. Denn man setzt immer voraus, der Körper befinde sich an jeder Grenze vorübergehend je in einen bestimmten, unveränderlichen Zustand. In einem solchen nimmt er aber weder Wärme auf, noch gibt er Arbeit ab. Wärmemit- teilungen und Arbeitsverrichtungen gehören auch gar nicht zu den Zustandsgrössen der Körper, sie treten vielmehr überhaupt nur während des Verlaufes einer Zustandsänderung auf. Man kann folglich bei einem endlichen Vorgang die gewöhnlich eben- falls endlichen Beträge von fdQ und fd W nicht, wie vorhin bei den Energien, als Änderungen von irgend welchen Funktionen erklären, da es gar keine solchen, allgemein geltenden Funktionen gibt. Das deutet man auch eigentlich schon dadurch an, dass man dQ und dW nie als „„Anderungen‘“ bezeichnet, sondern dass man immer nur von „mitgeteilter Wärmemenge“ und von „verrichteter äusserer Arbeit‘‘ spricht. Endliche Beträge von fdQ und fdW muss man vielmehr da- durch bestimmen, dass man die einzelnen, aufeinanderfolgenden Diffe- rentiale summiert. Dabei spielen dann die Differentiale dQ und dW der zweiten Gruppe die Rolle von Summanden, und diese Eigen- schaft behalten sie auch ungeändert bei, ganz unabhängig davon, ob sie in einer allgemeinen Wärmegleichung unvollständige Differentiale bedeuten, oder ob sie bei besondern Anwendungen in vollständige Differentiale übergegangen sind. Wenn aber die Grössen Q und W keine Grenzwerte besitzen, so kann man die Summation ihrer Diffe- rentiale auch nicht durch eine Differenz von Grenzwerten darstellen, und man hat sie in der Tat von jeher nur mit den einfachen Buch- staben Q und W bezeichnet. Es wäre zwar durchaus möglich, z.B. eine endliche Wärme- mitteilung als Differenz Pre Er dehnt at zu schreiben, und man könnte darin auch Q, und Q, als die Wärme- mengen erklären, die man dem Körper mitteilen müsste, um ihn aus einem, auf der verlängerten Drucklinie angenommenen Ausgangs- zustand längs dieser Linie in einen der Grenzzustände überzuführen. Doch wäre ein solcher Ausgangszustand in keiner Weise durch die Verhältnisse vorgeschrieben, er ginge vielmehr an jede beliebige Stelle der Drucklinie zu legen, so dass Q, und Q, doch vollkommen unbestimmt blieben. Man könnte daher mit den einzelnen Grössen nichts weiter anfangen, während allerdings ihre Differenz eindeutig bestimmt wäre. Andere Vorteile böte die Schreibung Q, — Q, ebenso Jahrg. 64. A. Fliegner. Einige Anmerkungen zur Thermodynamik. 827 wenig, und sie hätte folglich überhaupt keine Berechtigung. Das nämliche gilt für W= W, — W.. Jetzt fragt es sich nur noch, in welche der beiden Gruppen von Differentialen man das Differential dS der Entropie einreihen soll. Nach Neumann gehörte es, weil es immer ein vollständiges Differential ist, in seine erste Gruppe. Betrachtet man aber die Frage nicht vom rein mathematischen Standpunkt aus, sondern vom thermo- dynamischen, so bildet dS eine kürzere Bezeichnung für den bei der Umformung der Wärmegleichung (1) auftretenden Quotienten dQ/T, und es lässt sich noch nachweisen, dass zwischen denselben beiden unendlich benachbarten Adiabaten jedesmal dieser Quotient dQ = us a CoNet. "0. 200,0, (8 7 ( bleibt. Aus der Gestalt der Gleichung (13) kann man nun d$ un- mittelbar erklären als die Wärmemenge, die man zwischen den beiden Adiabaten auf der allgemeinen Isotherme T = const. für jeden Grad ihrer absoluten Temperatur zuführen muss. Man kann sich aber in (13) zu dS noch die Einheit als Nenner hinzu- gefügt denken, dann kann man dS auch auffassen als die Wärme- menge, die man dem Körper mitteilen müsste, wenn er seinen Zustand zwischen denselben beiden unendlich benachbarten Adia- baten auf der Isotherme 7’= 1° abs. ändern sollte. Man reduziert hiernach dQ durch die Division mit 7’ auf die besondere Isotherme T= 1° abs., und man verwandelt dadurch das unvollständige Differential der Wärmezufuhr in das vollständige Differential der Entropie. Das wäre also eine ähnliche Umwandlung, wie sie vorhin mit dQ zwischen einer allgemeinen Zustandsänderung nach der Gleichung (1) und einer solchen nach einem besondern Gezetze f (p,v) = 0 aufgetreten ist. Jedenfalls erscheint aber nach beiden Auffassungen das Diffe- rential dS der Entropie als eine Grösse von wesentlich der Art der zugeführten Wärmemenge dQ, und man sollte hiernach erwarten, dass die Entropie die nämlichen Eigenschaften aufweist, die sich soeben für die zugeführte Wärmemenge ergeben hatten. Danach sollte die Entropie bei den einzelnen Körperzuständen voll- ommen unbestimmt bleiben, und man dürfte sie folglich auch nieht zu den Zustandsgrössen der Körper rechnen. Dagegen müsste eın bestimmtes Integral von dS einen eindeutig bestimmten Wert erhalten. Und das sind in der Tat die Eigenschaften, auf die schon die WORSORN analytischen Untersuchungen geführt hatten. Dann hat aber die 828 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Entropie diese Eigenschaften nicht nur mit der Wärmemitteilung gemein, sondern gleichzeitig auch mit der äussern Arbeit. Wenn man die verschiedenen Zustandsgrössen in die Unter- suchungen einführen will, so muss man voraussetzen, dass sich ein betrachteter Körper vorübergehend in einem bestimmten, unveränder- lichen Zustand befinde. Dabei handelt es sich zuerst um endliche Werte der Zustandsgrössen. Ihre Differentiale braucht man dagegen erst später, sobald man daran geht, die Wärmegleichung für eine unendlich kleine Zustandsänderung aufzustellen. Umgekehrt erscheinen von der mitzuteilenden Wärmemenge, von der äussern Arbeit und von der Entropie zuerst die Differentiale, und zwar dQ und dW beim Aufstellen, dS beim Umformen der Wärmegleichung. Zu den endlichen Werten Q, W und S kommt man dagegen erst bei der Integration dieser Gleichung. Die Entropie verhält sich also auch in der Art ihres Auftretens wesentlich gleich, wie die Wärme- mitteilung und wie die äussere Arbeit, aber nicht wie die Zustands- grössen. Die letzten Überlegungen zeigen nun übereinstimmend, dass die Entropie nicht die Eigenschaften der Zustandsgrössen besitzt, dass man sie vielmehr, ihrem ganzen Wesen und Verhalten nach, mit der Wärmemitteilung und mit der äussern Arbeit zusammen nehmen muss. Dann muss man aber auch ihr Differential dS, trotzdem, dass es immer ein vollständiges Differential ist, unbedingt der Gruppe von Differentialen zuweisen, zu der dQ und dW gehören, also der zweiten, der Gruppe der Summanden. Die Neumannsche Zuteilung geht hiernach nicht aufrecht zu erhalten. Wenn nun die Entropie, wie aus den vorstehenden Entwicklungen folgt, bei den einzelnen Körperzuständen keinen bestimmten Wert besitzt, so dürfte man ein bestimmtes Integral von dS eigentlich auch nicht als eine Differenz von vermeintlichen Grenzwerten schreiben. Man sollte vielmehr ein solches Integral, da es tatsächlich eine Summe bedeutet, im Einklang mit den Bezeichnungen Q und W für die be- stimmten Integrale von dQ und dW, ebenfalls nur mit einem einzigen Buchstaben darstellen, etwa mit $. Bei der Entropie hat sich aber die Darstellung durch eine Differenz, S,—S,, eingebürgert, jedenfalls, weıl 48 immer ein vollständiges Differential ist, und, weil man die Eintropie, für eine Zustandsgrösse gehalten hat. Doch kommt den Grössen 9, und S, in Wirklichkeit keine andere Bedeutung zu, wie den Grössen Q, und @Q, in der Gleichung (12). Während es aber bei der Wärmemitteilung keinen Zweck gehabt hätte, die Differenz bei- zubehalten, erscheint sie bei der Entropie aus u andern Grunde 64. A. Fliegner. Einige Anmerkungen zur Thermodynamik. 829 ‚doch als nicht ungeeignet. Denn man stellt die zugeführte Wärme- menge oft als Fläche f[TdS dar, die von der Kurve 7 über $ be- grenzt wird. Dazu muss man einzelne Werte von $ berechnen, bei ‚den Gasen nach einer der Gleichungen (7) bis (9), bei andern Körper- arten nach den dort geltenden Gleichungen, und die gefundenen Werte dann auf einer S-Achse als Abszissenachse auftragen, jedesmal von dem Nullpunkt aus, von dem aus die benutzte Gleichung die Entropie zählt. Und zu dieser Darstellung passt es etwas besser, wenn man ein bestimmtes Integral von dS als Differenz S,—S, schreibt. 5. Bei der Umformung der Gleichung (1) für dQ verwendet man immer nur den einzigen integrierenden Faktor 1/T. Dass der Ausdruck für dQ in Wirklichkeit unendlich viele integrierende Faktoren besitzt, erwähnen zwar einige Lehrbücher, doch gehen sie nicht näher auf diese Frage ein. Sie lassen es daher unentschieden, ob sie sich nur der Einfachheit wegen auf den Faktor 1/T beschränkt haben, oder ob sie durch die Verhältnisse dazu gezwungen waren. Hat man den zum integrierenden Faktor 1/7’ gehörenden Wert 5 der Entropie gefunden, so kann man alle übrigen Faktoren auf die gemeinschaftliche Gestalt f(8)/T bringen, worin f (SS) eine ganz beliebige Funktion der Funktion $ bedeutet. Multipliziert man dann .d@ mit einem solchen allgemeinen Faktor, und beachtet man (13), so erhält man in ID aq= syas = as’ L eolmalan ii6) ebenfalls das vollständige Differential einer Funktion $’ der Zustands- grössen. Aus (14) folgt noch unmittelbar: ie a a ie, ae, are, Mwrarl (15) 9) Diesen Ausdruck könnte man aber auch so herleiten, dass man zuerst den Wert von dQ mit f(S)/T sowohl multiplizierte als auch divi- dierte, und dass man darauf nach (14) die kürzere Bezeichnung dS' einführte. Das wäre also eine blosse Umformung, und daher müssen die Gleichungen (1) und (15) für d@ unter sich genau übereinstimmende Werte ergeben. Ferner folgt aus (14), dass für dQ = 0 auch dS und dS’ verschwinden. Dann müssen aber alle S’ schliesslich auf dasselbe Gesetz der Adiabate führen wie $, wenn auch die ursprünglichen Gleichungen S’ = eonst. meistens verwickelter ausfallen werden, als die Gleichung $ — const. Ähnliches muss auch für alle übrigen Ent- wicklungen gelten, und man sollte daher erwarten, dass man die 830 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. Funktionen S’ als eine allgemeinere Art von Entropie auffass und dass man sie bei den Rechnungen ebensogut sollte ve können wie $. Die allgemeinen Funktionen $’ unterscheiden sich aber doch in einigen wesentlichen Punkten von der gewöhnlich allein als Entropie bezeichneten Funktion S. Zunächst kann nämlich eine Funktion 8, auch wenn man die Gestalt des integrierenden Faktors f(S)/T nicht ändert, bei jedem Körperzustand doch noch eine sogar doppelte Unendlichkeit von verschiedenen Werten annehmen, da in den Ausdruck für S’, ausser der schon in $ enthaltenen willkürlichen Konstanten €, durch die Integration von dS’ noch eine zweite, eben- falls ganz willkürliche Integrationskonstante hineinkommt. Ausserdem werden 5 und 5’ immer Funktionen von je zweien der Zustands- grössen p,vund T. Das Letzte gilt daher im allgemeinen auch von den integrierenden Faktoren f(S)/T, nur können unter diesen, ausser dem schon benutzten Faktor 1/7, noch zwei einfache Faktoren vorkommen, deren einer bloss von v abhängt, der andere bloss von p?). Doch haben die Faktoren f (S)/ T, sowie die Funktionen S’ im all- gemeinen bei den verschiedenen Körperarten verschiedene Gestalten. Man kann aber die einzelnen Ausdrücke nicht eher angeben als bis man die einzelnen Körperarten getrennt behandelt. Bei den einleiten- den Entwicklungen kennt man dagegen die allgemeinen integrierenden Faktoren noch gar nicht. Dort ist man vielmehr nur imstande, den von der Temperatur allein abhängigen, ungeändert für alle Körper- arten geltenden Faktor 1/7 zu bestimmen, und man ist daher gezwungen,sich bei den ersten, allgemeinen Untersuchungen auf die Anwendung dieses einzigen integrierenden Faktors 1/7 zu beschränken. Dagegen kann man bei der Behandlung der einzelnen Körperarten allgemeine Faktoren /(S)ıT wirklich angeben, nur fragt es sich, ob man sie auch verwenden darf. Beschränkt man sich nun zunächst wieder auf vollkommene Gase, und führt man in die Gleichung (14) möglichst einfache Ausdrücke für f(8) ein, z. B., mit S aus (6): S PO OD er le ne lasse I) = = Inlcon), . Frl alednoh 0. A EB meine Veröffentlichung über „Die integrierenden Faktoren der mecha- nischen Wärmetheorie* in dieser Vierteljahrsschrift, Jahrgang XL, 1895, S. 278. Jahrg. 64. A. Fliegner. Einige Anmerkungen zur Thermodynamik. 831 so geht (14) über in: N date ira OR een. ek) 48. sa8 — c‚Ign(Opv*)diygn(CpVr), . . . (1) und ergibt, ie den Grenzen 1 und 2 integriert: LA S—I=c, “ we =)“ c„C(p,vX —p,vf), oder. . (18°) E-H= (Ed) =F[lgn(Cp,)-Ign’(Cp,v)]. (189) Die beiden N (18) zeigen nun, dass in den bestimmten Integralen S,—S; die von S herrührende, willkürliche Konstante C stehen geblieben ist. Sie kann sich nämlich nur aus einer Differenz S,—S, wegheben, die Gleichung (14) ist aber so beschaffen, dass in einem bestimmten Integral von ds’ die Differenz 8,—S, entweder überhaupt nicht auftritt, oder, wenn sie doch abzusondern geht, dass dann neben ihr noch anders gebaute Funktionen von $, und S, übrig bleiben. Der erste Fall liegt in (18°) vor, der zweite in (18), wo sich S?—S? in (S,—8},) (8,+$,) aufflösen lässt. Hiernach erscheint es ausgeschlossen, dass die willkürliche Konstante C aus dem bestimmten Integral von dS’ verschwinden könnte. Wenn aber C' nicht fortfällt, so bleibt S;—sS; willkürlich, und da man mit einer derartig unbestimmten Grösse keine Rechnungen durch- führen kann, so muss man auch bei der Behandlung der ein- zelnen Körperarten auf die Verwendung der allgemeinen integrierenden Faktoren, f(S)/T, verzichten. Da man aber mit dem einfachen Faktor 1/7 für das bestimmte Integral S,—S, eindeutige Werte erhält, so liegt es nahe, noch zu untersuchen, ob bei den einzelnen Körperarten die andern einfachen Faktoren, soweit sie überhaupt vorhanden sind, vielleicht auch ein- deutige Ergebnisse liefern. Bei den Gasen sind nun alle drei einfachen Faktoren wirklich vorhanden, und während man mit 1/7, also für f($S)=1, aus der Gleichung (3) die Gleichung (4) herleiten konnte, nämlich: 18=d49,= = o,alguow), m 1 erhält man mit den beiden andern einfachen Faktoren für Ss & 1 SI) = 2 0® 148, = rag = Adler) (00 832 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 und für 4 = ar 1 IS) 0 ah ehtrıdg> Ad (pxo). .. (21) »—1 Aus diesen drei Gleichungen folgen dann noch für die Wärmemitteilung die Ausdrücke: “1 ta Ne a NG Ir VASE Die letzten Gleichungen enthalten nun keine willkürlichen Kon- stanten mehr. Trotzdem bleiben aber die einzelnen Werte der $' unbestimmt, weil bei der Integration, wie immer, eine willkürliche Integrationskonstante additiv dazu tritt. Diese Kontante hebt sich jedoch in der Differenz S— S, auch hier weg, so dass wiederum das bestimmte Integral der dS’ eindeutig bestimmte Werte erhält. Und das hätte sich auch ergeben, wenn ich in (19) für dS nicht den Wert aus der Gleichung (4) eingesetzt hätte, sondern den unbestimmten aus der Gleichung (6). Denn die in (6) unter dem Logarithmus auftretende willkürliche Konstante C hat nur die Be- deutung einer Integrationskonstanten, und sie verschwindet daher aus einem bestimmten Integral von dS;. Ferner bestätigen die Gleichungen (19) bis (21) das vorhin allgemein gefundene Ergebnis, dass alle integrierenden Faktoren auf denselben Verlauf der Adiabate führen; bei den Gasen ist es die Gleichung pv* = const. Und wenn man noch die Werte der verschiedenen d,$' in die mehrfache Gleichung (22) einsetzt, so kann man auch leicht die drei verschiedenen Aus- drücke für dQ in übereinstimmende Gestalten umformen. Aus diesem Verhalten der verschiedenen Funktionen $’ folgt nun, dass man jede als eine besondere Art von Entropie auffassen kann, und dass man daher auch, zunächst wenigstens bei den Gasen, jeden der dortigen einfachen integrierenden Faktoren wirk- lich verwenden darf. Alle diese Faktoren führen auch auf voll- ständig übereinstimmende Schlussergebnisse, nur erreichen sie das auf teilweise etwas verschiedenen Wegen. Denn man müsste bei den Entwicklungen eine allgemeine Drucklinie so in eine Zickzacklinie auflösen, dass man zwischen je zwei unendlich benachbarte Adiabaten beim integrierenden Faktor 1/7 Isothermen einschaltete, beim Fak- tor v“”' Linien konstanten Volumens und bei p-%*-V/* Linien kon- stanten Druckes. Sollte man ferner die mitzuteilende Wärmemenge fd@Q durch eine Fläche veranschaulichen, so müsste man diese der Reihe nach begrenzen durch Linien T über 8, »-®-D über $/, und 2% '® Aber S,. Dabei fielen allerdings die beiden letzten Dar- Jahrg. 64. A. Fliegner. Einige Anmerkungen zur Thermodynamik. 833 stellungen etwas verwickelter aus, als die erste, weil man gebrochene Potenzen von v und p auftragen müsste. Endlich folgt noch aus den Gleichungen (19) bis (21), dass die veränderlichen Glieder der drei Entropiearten S= $,,, S, und S/ verschieden gebaute Funktionen der Zustandsgrössen der Körper bilden. Die letzten Schlussfolgerungen gelten nun nicht nur für vollkom- mene Gase, sondern ganz allgemein für alle Körperarten. Denn die einfachen integrierenden Faktoren hängen, ausser von je einer der Zustandsgrössen, nur noch von den physikalischen Konstanten des Körpers ab. Man könnte allerdings eine beliebige Konstante als Faktor hinzufügen, ein solcher Faktor würde aber nur die Mass- einheit für die Messung der Werte der $’ beeinflussen, so dass er hier nicht weiter in Betracht kommt. Dagegen können die einfachen integrierenden Faktoren, ihrem Wesen nach, niemals eine will- kürliche additive Konstante enthalten. Daher führen sie immer auf eindeutig bestimmte Werte der bestimmten Integrale der SS’, und daraus folgt, im Verein mit den andern, schon vorhin allgemein nachgewiesenen Eigenschaften, dass bei jeder Körperart alle ihre einfachen integrierenden Faktoren wirklich anzuwen- den gingen. Dann bleibt aber bei der Behandlung der einzelnen Körper- arten doch noch eine gewisse Willkürlichkeit bestehen, die sich allerdings nicht auf die Schlussergebnisse erstreckt, sondern nur auf den Weg, den man bei den Entwicklungen einschlagen könnte. Man müsste nämlich eigentlich immer zuerst eine Entscheidung darüber treffen, welchen der einfachen Faktoren man jedesmal anwenden sollte. Nun hat sich gezeigt, dass man bei den ersten, allgemeinen Untersuchungen nur mit dem Faktor 1/7 arbeiten kann. Wollte man trotzdem in die spätern Rechnungen noch einen der andern ein- fachen Faktoren einführen, so wäre das jedenfalls umständlicher, es könnte sogar Irrtümer veranlassen. Ferner sind nach v und nach p einfache Faktoren gar nicht überall vorhanden, die vorhandenen gleichen sich aber im allgemeinen bei den verschiedenen Körperarten nicht, und sie sind endlich verwickelter gebaut, als 1/7. Aus allen diesen Gründen empfiehlt es sich doch, die andern einfachen Kakboren ganz beiseite zu lassen und überhaupt nur den allgemein gültigen integrierenden Faktor 1/T zu verwenden. Man ist aber zu dieser Beschränkung in keiner Weise gezwungen, sondern man legt sie sich freiwillig auf, um die Entwicklungen zu vereinfachen, und um sie auch sonst zweckmässiger zu gestalten. Stratiotes aloides L. bei Zofingen. Vo H. Fıscher-Siewarr (Zofingen). (Als Manuskript eingegangen am 20. Februar 1919). Von dieser zu den Hydrocharitaceen gehörenden Pflanze erhielt ich ums Jahr 1900 aus dem botanischen Garten in Basel einige Exemplare und verpflanzte sie in das kleine Weiherchen in meinem „Rebberge“*, wo sie aber nicht recht gedeihen wollten. Immerhin machte ich schon hier die Beobachtung, dass die Pflanze sich beim Herannahen des Winters. unter die Wasserfläche versenkte und im Frühling wieder emportauchte und die Blätterbündel über dem Wasser entwickelte. Um den gänzlichen Verlust der Pflanze zu vermeiden, versetzte ich sie in einen nahen Weiher, den „Haldenweiher“, wo ich bald bemerkte, dass sie sich ausbreitete und vermehrte. Die Ver- mehrung geschah durch Triebe, die sich am Stamme oder Strunk entwickelten und sich dann loslösten. Aus jedem der abgefallenen Triebe entstand dann eine neue Pflanze mit grosser Blattrosette. Die Blätter, und im Mai und Juni auch die Blütenstengel mit je einer weissen Blüte, entwickelten sich aus dem Wasser heraus, über der Oberfläche desselben, so dass diese bald wie eine grüne Wiese aus- sah. Auch gingen die fadenförmigen Wurzeln nicht in den Schlamm des Weiherbodens, wie in Botanikbüchern zu lesen ist, sondern hingen frei ins Wasser hinunter; viele berührten den schlammigen Boden kaum. Dies konnte leicht konstatiert werden, wenn man eine der Pflanzen herausnahm, wobei man die Wasserwurzeln und auch zu jeder Zeit die Seitentriebe am Strunk sehen konnte. Auch bekam man dann einen Begriff davon, warum die Pflanze Wasseraloö genannt worden ist, indem die ziemlich fleischigen Blätter an den Seiten in ziemlichen Abständen Dornen tragen, ähnlich denen von Agave americana, welche Pflanze unter dem Namen Alo& bekannt ist. Die Blätter der Wasseralo& sind aber nur schmal, 2—3 cm breit. Im Haldenweiher, einem alten Feuerweiher Zofingens, vermehrte sich nun diese Wasseraloö bald so, dass sie die andern darin be- findlichen Wasserpflanzen zu verdrängen drohte. Sie wurde deshalb, erstmals 1913, zum grössten Teil herausgefischt. Es war ein Quantum, = Ten N EST R Jahrg. 64. H. Fischer-Sigwart. Stratiotes aloides L. bei Zofingen. 835 mit dem man einen Eisenbahnwagen hätte füllen können, das heraus- genommen wurde. Die andern Pflanzen, denen man Platz verschaffen wollte, waren amerikanische weisse, rote und hellgelbe Seerosen (Nymphea alba L., Nymplwea.rubra Rozxb.,und Nymphea mexieana Zuee. en sowie Nymphoides orbiculata Gilib. L., die ebenfalls seinerzeit einge- setzt worden waren. Der Weiher enthält ferner Klodea cunadensis Mi- chauz polyrhiza (L.) Schleiden, sowie am Rande Acorus Unlamus L., Buto- mus umbellatus L., Menyanthes trifoliata L., Schenoplectus mucronatus (L.) Palla und andere. Für diese schönen und seltenen Wasserpflanzen war nun für einmal wieder Raum geschaffen. Allein die Wasseraloö ver- mehrte sich im folgenden Jahre wieder so sehr, dass sie schon im Jahre 1915 wieder zum grössten Teil herausgezogen werden musste, und zwar wieder ein ganzes Fuder, wie im Jahre 1913. Das gleiche ge- schah schon im folgenden Jahre wieder und von da an alle Jahre, im Jahr 1918 sogar einmal im Frühling und einmal im Herbst. Die günstigere Zeit, um die allzu rasche Vermehrung zu hemmen, ist der Herbst, wenn die Seitentriebe noch nicht entwickelt sind oder so klein, dass sie beim Herausfischen nicht so leicht abbrechen. Bei dieser letztern Arbeit fiel es im Frühling 1917 einem Arbeiter ein, einige Stöcke dieser Pflanze in den „Bärmoosweiher‘“, einen andern, grösseren Feuerweiher Zofingens, zu verbringen, in welchem viele Fische und auch Krebse existierten. Auch hier vermehrte sich die Wasseraloö rasch so stark, dass im Sommer 1918 der grösste Teil der Wasserfläche davon bedeckt war, und man auch hier daran denken musste, dafür zu sorgen, dass die darin seit vielen Jahren wachsenden weissen und gelben einheimischen Wasserrosen (Nymphea alba L. und Niuphar luteum (L.) Sibth. et Sm. nicht verdrängt würden. Auch sollte dieser Weiher zur Fischhaltung hergerichtet werden, und der Pächter, der sich mit letzterer befassen wollte, befürchtete, das die Wasseraloö dies erschweren oder sogar verunmöglichen könnte. Um hier gründliche Arbeit zu verrichten und diese Pflanze, im „Bär- moosweiher‘‘ gründlich zu beseitigen, wurde der Weiher ausgelassen und vollständig entleert, und die Fische und Krebse wurden interimistisch anderwärts versorgt. Dann wurde der Weililergrund, der sich seit Jahren mehr als ein Meter tief angesammelt hatte, ausgehoben, bis an die Stellen, wo sich die Seerosen angesiedelt hatten, was ım Dezember 1918 mehrere Arbeiter wochenlang beschäftigte. Dieser eiher ist nun wieder mit Wasser gefüllt, und die Fische und Krebse, Sowie auch eine Menge brauner Wasserfrösche, die sich schon im November zum Winterschlaf in den Schlamm des Weihergrundes begeben hatten, und die ebenfalls inzwischen in einem Vorweiher auf- 336 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 gehoben worden waren, sind wieder in den Weiher versetzt worden. Der Frühling und Sommer 1919 wird nun zeigen, ob es gelungen sei, die Wasseraloö in diesem Weiher gänzlich oder doch so zu be- seitigen, dass Exemplare, die etwa noch zum Vorschein kommen sollten, leicht herausgezogen werden könnten. Auch die Krebse, die seit Menschengedenken in diesem Weiher existiert haben, hofft man durch diese Reinigungsprozedur nicht in ihrer Fortexistenz gestört zu haben, Im Haldenweiher aber, der vor einigen Jahren von der Behörde wegen seiner seltenen Pflanzen und wegen des in ihm sich abwickeln- den Tierlebens als Naturdenkmal erklärt worden und unter Schutz gestellt worden ist, soll die Wasseralo& erhalten bleiben, aber immer- hin so zurückgehalten werden, dass die andern im Weiher vor- handenen Wasserpflanzen nicht in ihrer Fortexistenz bedroht werden. Nachschrift. Im Frühling 1919 hat sich gezeigt, dass die Ent- fernung der Wasseralo& aus dem Bärmoosweiher gelungen ist, und dass die darin befindlichen weissen und gelben Seerosen erhalten blieben. Diese glaubte man ebenfalls vernichtet; aber spät im Juni, als sie an andern Orten schon blühten, entwickelten sie Blätter und vegetieren wieder in diesem Weiher. Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. Von Ferpınann Ruvio und CARL SCHRÖTER 49, Die Eulerausgabe (Fortsetzung‘). Während wir in unserem letzten Berichte leider genötigt waren, von einem vollständigen Stillstande der Eulerausgabe zu sprechen, wenigstens soweit es die Arbeit in der Druckerei betraf, haben sich die Verhältnisse im neuen Jahre in erfreulicher Weise gebessert. Insbesondere haben Satz und Druck des Bandes Is, Algebraische Abhandlungen, herausgegeben von F. RuDIo und P. STÄCKEL, erfreuliche Fortschritte gemacht, sodass mit Sicher- heit darauf gerechnet werden kann, dass der Band im Jahre 1920 werde erscheinen können. Auch an dem Bande Ilı«, Ballistische Arbeiten, herausgegeben von F. R. SCHERRER konnte fleissig ge- arbeitet werden. Er wird wohl ebenfalls im Jahre 1920 heraus- kommen. 50. Nekrologe, Konrad Brandenberger (1873—1919,. Mitglied der Gesell- schaft seit 1902). in der Morgenfrühe des 2. Januar starb sechsundvierzigjährig nach monatelangem qualvollem Leiden Konrad Brandenberger [geboren am 21. Juli 1873], Professor der Industrieschule und der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich.?2) Ich will versuchen, im folgenden sein Bild zu zeichnen, wie es mir vor der Seele steht. Er ist als Lebender seinen Schülern Erzieher und Führer, seinen Kollegen Vorbild gewesen von einer Wirkungskraft ohnegleichen. Möchte es mir gelingen, sein Wesen SO zu erfassen und wiederzugeben, dass ihm seine Macht über den leib- liehen Do hinaus nicht verloren geht. Ko ad Brandenberger begegnete mir zum erstenmal in der Mitte Er Fe Jahre in mathematischen Vorlesungen der Technischen SER ') Bichs die Notizen 47 (1918), 45 (1917), 43 1916), 41 (1915), 38 1914), 36 (1913), 34 (1919), 32 (1911), 29 (1910), 26 (1909), 24 (1908), 22 (1907). °) Mit gütiger Erlaubnis von Verfasser und Redaktion abgedruckt aus Nr. 86 der «Neuen Zürcher Zeitung» vom 19. Januar 1919. s38 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 nicht gedacht werden kann, haben wir uns aber erst etwa ein Dutzend Jahre später, in gemeinsamer Arbeit für die Reform des mathematischen Unterrichts sowie unseres schweizerischen Mittelschulwesens überhaupt. Brandenbergers Heimat war ein Bauernhaus im zürcherischen Flaach. An ihr hing er mit zärtlicher Liebe. Zum Vater, dessen Herzens- bildung ungewöhnlicher Natur war, hatte der Sohn zeitlebens ein besonders inniges Verhältnis. Als jener vor Jahresfrist starb, ging ihm das sehr nahe. Er schrieb mir damals, dass kein anderer Mensch ihn so verstanden habe wie sein Vater. Als Knabe schon wusste Konrad, dass er zum Lehrer ge- boren war. Ich betrachtete es als glückliche Fügung, dass er im Seminar Unterstrass herangebildet wurde. Die Herbart-Zillersche Schulung, die ihm dort durch den Zillerschüler Hug zuteil wurde, hat ihn später, freilich kraft eigener natürlicher Begabung, die herrlichen Früchte ernten lassen, die wir ihm verdanken. Auch wurde die Liebe zur mathematischen Wissen- schaft dort geweckt durch den anregenden Unterricht des Mathematik- lehrers. Als Waisenhauslehrer sehen wir den jungen Mann in den nächsten Jahren fast täglich zur Universität wandern, wo aus dem Lehrer wieder ein eifriger Schüler wird. Mit besonderem, wahrlich berechtigtem Stolz hat Brandenberger später, wenn er auf diese Entwicklungszeit zu reden kam, immer die Tatsache unterstrichen, dass seine Studien von den Eltern nicht bloss kein Opfer verlangten, sondern dass er in den Studien- jahren noch Ersparnisse aus seinem Lehrergehalt zurücklegen konnte. Er besuchte in erster Linie die Vorlesungen des Zahlentheoretikers Professor Meyer. Mit %5 Jahren wird ihm, dessen aussergewöhnliche Lehrgabe in weiteren Kreisen bekannt geworden war, eine ledige Lehrstelle für Mathe- matik an der Industrieschule Zürich angeboten. Er arbeitet sich mit Feuer- eifer in die neue Schulstufe ein und beschliesst gleichzeitig während des ersten Dienstjahres an der Industrieschule seine akademischen Studien mit einer funktionentheoretischen Promotionsschrift über konforme Abbil- dungen, zu der er durch Professor Burkhardt, den Nachfolger Meyers, angeregt worden war. Während des Fortschreitens und Gestaltens dieser wissenschaftlichen Erstlingsarbeit konnte ich zum erstenmal jenen Zug beob- achten, der für Brandenbergers geistiges Arbeiten so charakteristisch war. Er arbeitete nicht mit dem Verstand allein, mit seinem ganzen Wesen suchte er den Gegenstand seiner Arbeit zu erfassen; das Gemüt, das Herz hatte mindestens soviel Anteil wie das Gehirn. Nämliche gilt für seine Schularbeit. So erklären sich seine en Erfolge. Er war der geborene Lehrer, dessen reiche Naturgabe ee Unterrichten- kaige Erziehenkönnens getragen wurde durch die bewusste eherrschung der pädagogischen Lehren Pestalozzis und vor allem Bke mi ee ge .—. ht war nach dieser Lehre individuellem late 4 en ee a Eh Kae ernen Menschen heraus. Die einzelne Lehr- 4 WR Dir AnzeR, Bit vollendetes Kunstwerk im Aufbau Dee der baren _ war der Unterricht immer in der Selbst- TS erankert und durch möglichste Pflege praktischer Jahrg. 64. F. Rudio u. C. Schröter. Notizen z. schweiz. Kulturgeschichte. 839 Anwendungen belebt. Brandenber ger betrachtete als erste und wichtigste Aufgabe des mathematischen Unterrichts Wecku ung schöpferischer Selbsttätigkeit, Anregung der Phantasiekräfte; erst in zweiter aus erzieherischen Gründen wie im sachlichen Interesse. Diesem Grund- satz zuliebe scheule er keine Mühe, die Lücken in der darstellenden Geo- metrie, die in seinem Bildungsgange begründet lagen, durch Selbststudium auszufüllen. Ein Hauptgrund seiner starken Wirkung als Lehrer und Erzieher, meines Erachtens der wesentliche, darf ja nicht übersehen werden. Die sönlichkeit aus. Mit dem untrüglichen Instinkt der Jugend erkannten seine Schüler den grossen Charakter. Sie wussten, dass sie sich mit absoluter Sicherheit auf ihn: verlassen konnten, und dass er ihre Nöte verstand. rum brachten sie ihm ein unbegrenztes Vertrauen entgegen. Dazu das frohgemute Wesen, ide die Güte selber war. Ist es da zum Verwundern, wenn sich die jungen Leute von ihm verstanden fühlten? Und das war nun ausgerechnet ein Mathematiker voll glühender Begeisterung für sein Fach. randenberger bekleidete neun Jahre lang das Prorektorat der Industrieschule. Da ihn die damit verbundene umfangreiche verwaltungs- technische Arbeit auf die Dauer nicht befriedigte, die Arbeitslast bei den vielen andern Verpflichtungen aber drückte, trat er vor zwei Jahren von diesem Amt zurück. Seine Natur verlangte auch eine tätige Anteilnahme an den öfient- lichen Fragen, am politischen, staatsbürgerlichen Leben. Jahrelang war er Präsident des demokratischen Kreisvereins. Eine an Initiative reiche Tätig- keit entfaltete er auch während vieler Jahre in der Kreisschulpflege. Die grosse Liebe zum Beruf, gepaart mit dem Verlangen nach Vervoll- kommnung, nach Weiterbildung liess Brandenberger 1901 mit Herrn Dr. Gubler im Bunde zum Begründer des Vereins schweize- rischer Mathematiklehrer werden. Dieser Verein hat in vieler Hinsicht segensreich gewirkt. Durch seinen Vorstoss im Frühling 1912 sind beispielsweise die Widerstände der schweizerischen Hochschulen, im be- sondern der technischen Hochschule, gegen die Einrichtung praktischer Einführungskurse in den Mittelschulunterricht überwunden worden. Brandenberger wurde im Lauf der Jahre immer mehr zur eigent- lichen Seele, zum geistigen Mittelpunkt des Vereins. Er hat ihm je und je mit seiner temperamentvollen, pädagogisch sichern Führernatur neue Quellen aufgeschlossen. Die fruchtbarste Anregung ging immer von seinen Referaten aus, die in der Regel das Resultat reifer Erprobung im Unter- richte waren. Ich erwähne hier nur die folgenden: «Die arithmetischen Theorien der Irrationalzahlen», «Die Bedeutung der Differential- und Inte- gralrechnung für die Naturwissenschaft» und «Das abgekürzte Rechnen». Die zwei ee sind in der «Schweizerischen pädagogischen Zeitschrift» 1915 erschienen. Die Monographie über das abgekürzte Rechnen ist eine klassische Leistung. Ich kenne in diesem Gebiete nichts ihr Ebenbürtiges. Vierteljahrsschrift d.Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64 1919. ” Qo Ss 840 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Der Rechenunterricht unserer Sekundar- und Mittelschulen krankt in diesem Punkte auch heute noch. Es wäre sehr zu wünschen, dass Branden- bergers leichtfasslicher, idealer Lehrgang des abgekürzten Rechnens überall Eingang fände. Brandenberger hat dem Verein, der heute 180 Mitglieder zählt, dem neben einer Reihe Hochschullehrer sämtliche Mathematiklehrer der schweizerischen Mittelschulen angehören, in den Jahren 1910 bis 1912 in vorbildlicher Weise vorgestanden und hat ihm in der denkwürdigen Jahresversammlung in Lausanne im Herbst 1912 mit seinem Arbeitsprogramm auf Jahre hinaus die Wege fruchtbarster Betäti- gung gewiesen. Brandenbergers grösstes Verdienst aber sind ausser seiner Vorbildlichkeit als Lehrer und Erzieher zwei Taten, die allein schon seinem Namen eine bleibende Stelle sichern in der Geschichte unseres schweize- rischen Mittelschulwesens. Seine Darstellung des mathematischen Unterrichts der schweizerischen Gymnasien und Real- schulen, die 1911 als viertes Heft eines Sammelbandes auf Veranlas- sung der Internationalen mathematischen Unterrichtskommission bei Georg u. Cie. in Genf herauskam, ist ein standard work ersten Ranges. Nicht allein bringt es in mustergültiger Klarheit und Übersichtlichkeit das wirkliche Bild des bisherigen Unterrichts, es legt den Finger auch unbarmherzig auf wunde Stellen, weist Wünsche auf und zeigt den Weg in eine bessere Zu- kunft. Es hat die Reformarbeiten, in denen wir heute hen, vorbereitet, ja, im Grunde, erst möglich gemacht. Für das Studienjahr 1912/13 erteilte der schweizerische Schulrat Brandenb erger versuchsweise einen zwei- stündigen Lehrauftrag «Einführung .in den mathematischen Unterricht». Seine Lösung der gar nicht leichten Aufgabe war derart, dass alle Bedenken und Einwände verstummten, die Einrichtung nach Jahresfrist an der Tech- nischen Hochschule zu einer dauernden wurde. Mehr noch, die Universität Zürich folgte 1915/16 nach, indem sie Brandenberger mit der Leitung eines zweistündigen Semesterkurses über allgemeine Didaktik des mathe- matisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts beauftragte. Diesem Kurse ° i aktik i tung geworden, und sie haben ihrerseits den Kursen der sprachlich-histori- schen Fächer freie Bahn geschaffen. So hat Brandenberger durch habe von Teilnehmern und Besuchern nur Ein Lob ec für seine Art war es, dass er selber in dem RE Ver ei, en u Onterzichtlicher Hauptprobleme, dem durch die Hospitier- robestunden in seinen Klassen stets neue Nahrung zugeführt wurde, Jahrg. 64. F. Rudio u. C. Schröter. Notizen z. schweiz. Kulturgeschichte. 841 sich verjüngte, zulernte, seinen eigenen Unterricht zu «veredeln»> be- strebt war Einen köstlichen Jungbrunnen, der ihn frisch erhielt, besass er auch in seinem Heim. Für alles, was ihn bewegte, fand er bei seiner Frau volles Verständnis. Mit ihr besprach und beriet er alle seine pädagogischen und wissenschaftlichen Arbeiten und Pläne. Sie leitete auch die Erziehung der drei Kinder, die zu seiner tiefen Freude hoffnungsvoll sich entwickelten. Aus allem Frieden und Glück der Häuslichkeit, aus der Vollkrait des Schaffens und Wirkens hat das unerbittliche Schicksal einen der: Edelsten und Tüchtigsten herausgerissen. Ein unerkanntes Nierenleiden muss schon seit Jahren unerschöpflich scheinenden Lebenskraft des starken und rastlos tätigen Mannes ah aben. Ein erster Zusammenbruch er- i 19 ewö Linthal verbrachte, kam ein Krankheitsfall über ihn, der als Grippe ge- deutet wurde. Er erholte sich nur vorübergehend. Am 2. Januar 1919 er- losch sein Leben nach harten, schmerzensreichen Kämpfen. Eine stimmungs- volle, ergreifende Totenfeier im neuen Krematorium am Spätnachmittag des 4. Januars beschloss sein irdisches Wesen. Uns aber, die wir ihm im Leben nahegestanden, tröstet die Zuversicht, dass er uns nicht umsonst gelebt. Aus jedem seiner Werke, jeder seiner Handlungen spricht sein Geist zu uns. Können wir denn anders als ihm die Treue wahren! K. M[atter). Georg Ruge (1852—1919, Mitglied der Gesellschaft seit 1898). Noch steht der seltene Mann in der ganzen Geschlossenheit seines Wesens vor unserm geistigen Auge, der während nahezu zweiundzwanzig or als Lehrer an der Zürcher Hochschule mit voller Seele gewirkt und n den Herzen aller derer, die ihm innerlich nahe getreten, durch seinen a eine schmerzliche Lücke gerissen hat.!) Der Hauch der Kultur, der von seinem Wesen ausströmte und seine Worte durchwehte, umfängt uns noch, ein Vermächtnis der Welt, in der er geboren und aufgewachsen war. Sein Vater war Dr. Ludwig Ruge von Rügen, Arzt in Berlin, sein Grossvater mütterlicherseits der Gynäkologe Karl Wilhelm Mayer, der Gründer der Geburtshilflichen Gesellschaft in Berlin. Der bekannte freisinnige Philo- soph und demokratische Politiker Arnold Ruge war sein Oheim, ebenso — als Schwager seiner Mutter — Rudolf Virehow. Dieses Milieu Brrlegend medizinischen Geistes mag Georg Ruges Lebensweg mit- bestimmt haben; doch trat bei dem im Jahre 1852 [am 19. Juni] in Berlin Gebornen schon während der Knabenzeit die Gabe scharfer Naturbeobach- tung auffallend in Erscheinung, und während der Ferienaufenthalte auf dem !) Mit gütiger Erlaubnis von Verfasser und Redaktion abgedruckt aus Nr, 165 der «Neuen Zürcher Zeitung» vom 3. Februar 1919. 842 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Lande, die ihm bis in seine letzten Lebenstage in froher Erinnerung blieben, offenbarte sich seine angeborne Freude zur Natur. Da war denn Jena mit seiner Universität und reizvollen Umgebung der Boden, wo solche Anlagen sich entfalten und betätigen konnten. Georg Ruge verbrachte dort die ersten Semester seines Studiums und sah sich bald durch Ernst Haeckels Geist gefesselt. Ihm und dem damals noch in Jena lehrenden Carl Gegenbaur verdankte er den tiefgreifenden Einfluss auf seine geistige Entwicklung. Nicht dass er sich von den biologisch-anatomischen Studien in einseitiger Weise hätte absorbieren lassen; auch bei uno F i seher und andern hörte er Vorlesungen, und damals schon, wie durch in ganzes späteres Leben hindurch, fand er Zeit, sich in die Blätter der Gessiiehte und der schönen Literatur zu vertiefen. Während der höhern emester, die er in Berlin absolvierte, waren es namentlich die Sektionen und Demonstrationen bei Rudolf Virchow, die ihn mächtig förderten. Mit einer Dissertation, betitelt: «Beiträge zum Wachstum des menschlichen Unterkiefers> promovierte er 1875 in Berlin, und 1876 bestand er die medi- zinische Staatsprüfung Mit demselben Jahre, das ihn als Assistenten an die Seite seines ver- ehrten Lehrers Carl Gegenbaur nach Heidelberg rief, begann für Georg Ruge ein neuer Lebensabschnitt. Heidelberg, inmitten eines Landes, das seiner Wanderlust und Naturfreude so viel verhiess und viel gegeben hat, zugleich auch die Stätte, wo ein Kreis anregender Menschen zu lebendigem Meinungsaustausch sich zusammenfand und Fragen der Wissenschaft und des Lebens aufrollte und besprach; nicht zuletzt aber der Ort, wo unter dem grossen Genius der vergleichenden Anatomie seine glän- zende wissenschaftliche Tätigkeit ihren Anfang nahm. Seine 1880 jap Habilitationsschrift ist noch einem entwicklungsgeschichtlichen Thema ge- widmet. Sie führt den Titel: «Untersuchungen über Entwicklungsvorgänge am Brustbein und an der Sternoclavicularverbindung der Menschen» un erbrachte den wichtigen Nachweis, dass das Brustbein das Produkt der Ver- einigung von Rippen ist. Aber schon früher hatte Ru ge in drei Publika- tionen die Ergebnisse seiner Untersuchungen an der Muskulatur der untern jap) 3 = un 177 ® B - © en ® ber} =} ® — & = m en » B + 2 ® 5 ” = =g 2 ® B = Lan er oO Sg =} a je? © - 7 a: zeitlebens auf das lebhafteste en Be VE MdL eh Eine seiner eigensten Domänen der Forschung betrat Georg Ruge mit seiner vergleichend-anatomischen Studie «Über die Gesichts- muskulatur der Halbaffen>, der im nächsten Jahre seine berühmte Mono- graphie über die Gesichtsmuskulatur der Primaten folgte, ein Folioband, begleitet von acht nach des Autors eigenen feinen Handzeichnungen aus- th une Tafeln. Keineswegs sah er damit die Erforschung ; uskulatur der Affen und des Menschen und der Aus- Bet es sie versorgenden Gesichtsnervs als erledigt an; wiederholt noch grüf er in dieser Frage zu Feder und Zeichenstift, und es > en wie objektiv er seinen eigenen Werken gegenüberstand, er Rer ei in einer Abhandl über die Gesichtsmuskulatur des bon eibt: «Das ganze Gebiet ist erst in die Anfangsbahnen einer streng Jahrg. 64. F. Rudio u. C. Schröter. Notizen z. schweiz, Kulturgeschichte. 843 wissenschaflichen Durchforschung geleitet worden.» Neben diesen Ergeb- nissen FR ie Forschung entstanden während der Heidelberger Jahre die leitungen zu den Präparierübungens. Bedenkt man, dass au Br noch als Mitarbeiter an Gustav Schwalbes Jahres- sis über die Fortschritte der Anatomie tätig war, so staunt man über ie a von Arbeit, die er in dieser Periode seines Lebens den ziger, heim, die durch ihr Verständnis für die Charakterzüge und Ar- beitsziele des Verstorbenen die Ehe zu einer Harmonie gestaltete, wie sie dem Wesen des trefflichen, einheitlich geprägten Mannes entsprach. Im Jahre 1888 folgte Georg Ruge einem Rufe als ordentlicher Pro- fessor der Anatomie und Direktor der Anatomischen Anstalt an die städtische Universität Amsterdam. Auch hier verlebte er wissenschaftlich reiche Jahre. Er stand auf einem Posten, wo ihm Hollands tropische Ko- war keine Ordnung der rezenten Sä äugetiere, die nicht durch seltene Formen vertreten gewesen wäre und dem Forscher Anregungen zu seinen verglei- chenden Studien gegeben hätte; besonders zogen ihn die niedersten und die höchsten Formen dieser Tierklasse in ihren Bann: die Kloakentiere und Beuteltiere auf der einen und die Primaten auf der andern Seite. Die Unter- suchung der erstgenannten Gruppe namentlich erwies sich als bedeutungs- voll, nicht allein deshalb, weil sie die Verhältnisse des für diese Tiere charakteristischen Brustbeutels klarlegten und die Ableitung des Knorpel- skeletts des äussern Ohres vom Hyoidbogen bewiesen, sondern weil sich von ihnen aus Licht auf die Probleme der Hautmuskulatur bei den Pri- maten ergoss. Diese hat Ruge in doppelter Hinsicht verfolgt: in ihrer Differenzierung zur Gesichtsmuskulatur und in ihrer Rückbildung zu den Resten des Hautrumpfmuskels. In Amsterdam aber reifte vor allem die Serie von Arbeiten über die metamere Verkürzung des Rumpfes und ihre Beurteilung im Lichte der Aufrichtung des Körpers. Sie wurde eingeleitet mit der Publikation «Anatomisches über den Rumpf der Hylobatiden>; das Material, worauf sie sich gründete, war von dem Zcologen Max Weber in Niederländisch-Ostindien gesammelt worden, mit dem Ruge durch ande der Freundschaft und verwandter wissenschaftlicher Ziele verbun- den war. Gemeinsam mit seiner Gattin brachte Georg Ruge die ersten Monate des Jahres 1897 in Neapel zu, wo er an der Zoologischen Station den holländischen Arbeitsplatz innehatte. Nach genussreichem Aufenthalt mit sich bald vor eine bedeutsame Entscheidung gestellt. Von Zürich erging der Ruf an ihn, die ordentliche Professur für Anatomie und die Direktion des Anatomischen Instituts der Universität an Stelle des nach Würz 544 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 gewesen, und dazu kam noch, dass sich das Klima von Amsterdam ihm nicht als zuträglich erwies. Anderseits lockten ihn, den Naturfreund, die Lage der Stadt Zürich und die landschaftlichen Schönheiten der Schweiz. Er entschied sich für Zürich und trat am 1. Oktober 1897 seine neue Stellung an. Reich war die Tätigkeit, die er nun als Lehrer, Institutsleiter und Forscher entfaltete. Er auferlegte sich gleich ein gerüttelt Mass von Vorlesungen und Kursen. Sein Pensum umfasste die Hauptvorlesungen über Anatomie, Histologie und Entwicklungsgeschichte, die Präparierübun- gen und den histologisch-mikroskopischen Kurs; später kam noch der praktische Kurs der Entwicklungsgeschichte hinzu. Die gehaltvollen, wohl- durchdachten Vorlesungen forderten vom Studierenden völlige geistige Konzentration; es war nicht die landläufige Anatomie der Lehrbücher, sondern die von eigener Forschung durchgeistigte Wissenschaft, die er da zu hören bekam. Sie bot daher dem Fortgeschrittenern mehr als dem An- fänger, und mancher mochte erst in den Monaten vor dem Examen den vollen Wert erkennen, den Ruges Kollegienhefte bargen. Ganz besonders lagen dem Verstorbenen die Verwaltung und der Ausbau des Anatomischen Instituts am Herzen. Über allen seinen Anord- nungen, die er traf, stand der Grundsatz, die Interessen der Universität und des Staates zu wahren. Da ging kein Antrag an die Behörden aus seiner Hand, der nicht wohlerwogen und bis ins einzelne begründet ge- arbeitern und Untergebenen verlangen. Diesen Prinzipien, die Georg Ruge bei der Institutsverwaltung allezeit leiteten, haben wir es im Grunde zu verdanken, dass die Zürcher anatomische Anstalt auf ihrer heutigen Höhe steht und hinsichtlich Einrichtung und Ordnung sich des Rufes der Vorbildlichkeit erfreut. Schritt für Schritt erfolgte die Ausgestaltung der anatomischen Sammlung, die bei Ruges Amtsantritt noch in den ersten ängen steckte. Sie ist heute ein Juwel unserer Hochschule und zieht zahlreiche, in den anatomischen Semestern stehende Studenten nach Zürich. Unabhängig von Betrieb des Präpariersaales gestattet sie Studierenden und Ärzten sich über einzelne Gebiete der Anatomie durch Anschauung Änderungen der Inneneinrich- tung der Anatomie je und j ü - j je offenbarte, würde zweifel i Institute zugute gekommen sein. ee er ungen. - Neben all diesen Arbeiten aber behauptete die wissenschaftliche For- schung in alter Gediegenheit ihren Platz in Ru ges Tätigkeit. Er verfolgte Jahrg. 64. F. Rudio u. C. Schröter. Notizen z, schweiz. Kulturgeschichte. 845 in die letzte Zeitvon Ruge redigiert wurde, Ge Ruge hat durch sein unermüdliches zielbewusstes Schaffen Viöneeikennhai Erfolge erzielt, wie nicht vielen beschieden sind; sind doch viele seiner wichtigen For- chwelt one Indessen hörte man ihn nicht von «seinen» IE deutung, wenn sie nur ernst angefasst wurden. Daher argte er nicht mit Winken und Ratschlägen, oft völlig unbekümmert um die Wahrung seiner Autorschaft. Hier kam, wie überall, seine vornehme Denkweise zum Ausdruck. benstage schritt, waren es Goethes Werke, a ihn täglich begleiteten und über die Härte des Unabänderlichen empor rhoben. «Es gilt einem der Besten!» klan aus der Rede, die Professor Felix, Georg Ruges Ep Mitarbaifer im Institut, am Sarge des Verktorbenen [er war am 21. Januar gestorben] sprach, und wer, der Ruges wissenschaftlichen Geist, seine eminente Arbeitskraft, die Vor- nehmheit seiner Gesinnung gekannt, hätte nicht aus seinem Innersten diesen orten zugestimmt! In Zürich aber wird Georg Ruge unvergessen bleiben; was er für Hochschule und Staat geschaffen, wird ihm ein dauern- des Denkmal sein! Otto Schlaginhaufen. August Grete (1848—1919, Mitglied der Gesellschaft seit 1894). Am 26. März verschied in Zürich Dr. A. Grete, Vorstand der Schweizerischen agrikulturchemischen Anstalt Örlikon, der in landwirtschaft- lichen Kreisen unseres Landes a gemein bekannt war.t) Geboren am 29. September 1848 in Celle, besuchte er das Gymnasium seiner Heimatstadt und wandte sich nach bestandener Maturität nach Göt- Laboratorium für Bodenkultur der k. k. Hochschule in Wien, bis er im nn !) Mit gütiger Erlaubnis von Verfasser und Redaktion abgedruckt aus Nr. 560 der «Neuen Zürcher Zeitung» vom 15. April 1919. 846 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Jahre 1878 durch den Schulratspräsidenten Kappeler an die vom Bun- desrat neugegründete agrikulturchemische Station in Zürich berufen wurde. Im Herbst des gleichen Jahres habilitierte Dr. Grete sich als Privatdozent am hiesigen Polytechnikum. Einfach und bescheiden waren die Verhältnisse an der neuen Anstalt. Ein Zimmer stand in der landwirtschaftlichen Schule des Polytechnikums zur Verfügung, und ohne jede Assistentenhilfe war der Verstorbene bei allen Arbeiten auf sich selbst angewiesen. Mit jedem Jahre jedoch ver- grösserte sich das Tätigkeitsfeld, und dem einen Zimmer mussten andere folgen, bis dann beim Bezug des neuen Chemiegebäudes des Polytechnikums im Jahre 1886 ein ganzer Flügel für die agrikulturchemische Station ein- geräumt wurde. Im Jahre 1880 musste schon die Stellung eines ersten Assistenten geschaffen werden, im Jahre 1881 folgte der zweite, 1885 der dritte und 1888 der vierte ständige Assistent. Unter der Leitung von Dr. Grete entwickelte sich die Station zusehends; die Zahl der zu unter- suchenden Proben stieg von 46 im Jahre 1878 auf 3954 im Jahre 1897. Die Arbeiten häuften sich derart, dass sie kaum mehr von einer Anstalt allein ewältigt werden konnten. D se dre 1 ätigkeitsfeld wurde erweitert durch gemeinschaftliche Düngungsversuche zur Ermittlung des Nährstoffbedürfnisses der Ku böden. Mit der Zeit genügten die Räumlichkeiten im Chemiegebäude auch ie agrikultur- © ” krieg ausbrach, der dann am Anfang wegen Mangels an Arbeitskräften lähmend, später jedoch durch die neuen Anforderungen wieder anregend auf die Weiterentwicklung der Anstalt wirkte. Der Verstorbene liebte sein Laboratorium und fühlte sich nicht glück- lich, wenn er ihm durch Krankheit fern bleiben musste. Noch sechs Tage vor seinem Hinscheiden legte er mühsam den weiten Weg dahin zurück, niemand ahnte, dass dieser sein letzter Arbeitstag sein würde. Im letzten Jahre hatte der Verstorbene die Freude, sein vierzigjähriges Amtsjubiläum sowie seinen 70. Geburtstag zu begehen. Viele Glückwünsche und An- erkennungen wurden ihm von nah und fern an diesen Ehrentagen dar- gebracht. Jahrg. 64. F. Rudio u. C. Schröter. Notizen z. schweiz. Kulturgeschichte. 847 Landwirten aus, das mustergültig war und teilweise in dieser Form heute zu benachteiligen. Im Laboratorium war er gleichzeitig bestrebt, neue Me- oden einzuführen und alte zu verbessern, um möglichst schnell zu guien Resultaten zu gelangen. Die wichtigste von ihm ausgearbeitete Methode ist die «Bestimmung der Phosphorsäure> durch Titration mit Molybdän und Leim, eine Methode, die bei einiger Übung leicht zu handhaben, äusserst genau und schnell zum gewünschten Ergebnis führt. Dabei war er sehr kritisch veranlagt und schon waren viele Tausende von Bestimmungen damit zur Ausführung ge- langt, bevor er sich entschliessen konnte, diese Arbeitsweise der Öffentlich- keit bekanntzugeben. Ausser vielen andern likationen seien einige der wichtigsten hier angeführt: Über di timmung der Salpeter- \ e ie Bestimmung stickstoffhaltiger organi- scher Substanzen. Über Extraktbestimmung im Wein. Versuch über Kon- servierung von Grünfutter mit Schwefelkohlenstoff. Die K i über die Resultate von Düngungsversuchen üh i w ichtigung ım Anschluss an die Versuche ausgeführten Heuuntersuchungen. Bestimmung der Phosphorsäure in saurer Lösung mit alkalischer Molybdänlösung und i i 5) oden eim. Düngungsversuch von 1885—1891 zur Ermittlung der dem ‚nötigen Nährstoffe. Das gute Geld des Bauern und Hensels Mineraldünger. Im Versuchswesen entwickelte Dr. Grete eine ebenso rege Tätigkeit. Gemeinschaftlich mit den Anstalten Bern und Lausanne wurden Versuche über das Phosphorsäure- und Kalibedürfnis der Böden angesellt, und die Erfahrungen, die bei diesen Versuchen gesammelt wurden, konnten vielfach nutzbringend in die Praxis übertragen werden. Er wandte sein besonderes Augenmerk in den letzten zehn Jahren auf die rationelle Verwertung des Stickstoffs, eines der wichtigsten Pflanzennährstoffe, der durch die Salpeter- bemüht, diesen wichtigen Nährstoff bei denjenigen Pflanzen zu ersparen, die denselben aus der Luft aufzunehmen befähigt sind. Auch als Dozent erwarb sich Dr. Grete Verdienste um die Eid- Dr. Grete ebenso hoch zu schätzende Eigenschaften. Ein offener, ehr- licher Charakter von strenger Rechtlichkeit, war er in seinem Fr sundee- kreise ein liebenswürdiger Gesellschafter. Er liebte insbesondere die Natur und Musik und gehörte viele Jahre als Aktivmitglied dem Gemischten Chor Zürich an. Im Jahre 1895 vermählte er sich mit Emmy Baebler von Zürich; aus ihrer glücklichen Ehe ging ein Sohn hervor. Rührend - Ar treue Anhänglichkeit an seine alte Mutter, die er nach seiner Vermählung 848 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 zu sich holte und ihr damit im Kreise seiner Familie einen sonnigen Lebens- abend bereitete. ahre 1907 erlitt er im Laboratorium einen leichten Schlaganfall, von dem er sich jedoch nach mehreren Wochen wieder erholte. Mit aller Energie suchte er sich wieder aufzuraffen; die ihm innew ohnende Arbeits- kraft war und blieb aber etwas geschwächt. Gleichwohl sah man ihn täg- lich auf seinem Posten. Sechs Wochen vor seinem Tode hatte er noch die reude, seinen Sohn, den das deutsche Vaterland unter die Waffen ge- rufen hatte, gesund wieder in seine Arme schliessen zu können. einundvierzigjähriger Dientszeit ist Dr. Grete aus seinem ar- a Leben geschieden, geliebt und betrauert von seiner Gattin, seinem Sohne, seinen Kollegen, sowie von den Beamten und Angestellten der schweizerischen agrikulturchemischen Anstalt in Örlikon. B. Sch [mitz]. Paul Choffat (1849—1919, Mitglied der Gesellschaft seit 1873, Ehrenmitglied seit 1896). Leon Paul Choffat entstammte einer alten Jurassierfamilie. Mit drei Geschwistern verlebte er seine Jugendzeit in der Familie in Pruntrut. Er besuchte die Kantonsschule daselbst. Dann folgten drei Jahre der Be- schäftigung auf einer Bank in Besancon; allein im Herbst 1871 kam er nach Zürich, um im Studium der Naturwissenschaft hr Befriedigung zu Erscheinungen aus dem Juragebirge. Sie erwiesen Choffat sofort als aus- gezeichneten selbständigen stratigraphischen und paläontologischen Be- obachter und weit und tief blickenden Forscher (Über Wanderungen der Rhynchonellen, über Hebungen im Jura, cies-Übergänge von N nach S ogenkongress in Paris 1878 erbat der Direktor der geologischen Landes- untersuchung von Portugal, Carlos Ribeiro unsem Choffat um seine Mitwirkung zur Erforschung der portugiesischen Juraformation. Die Übersiedlung in ein milderes Klima war ihm damals sehr passend, weil er an einer chronischen Kehlkopfentzündung litt. Er wollte aber nur über einen Winter dort bleiben. Dann sind daraus über 40 Jahre geworden, er wurde portugiesischer Tandesgesiee und ist dort gestorben. Er ist aber Schweizer De mit Herz und Seele. Cho An he a war stets sein Ziel, nicht teszeit war für die Terraina men be- nützt, die übrige Zeit für die Untersuchung des mitgebrachten Serien und die Verarbeitung der Beobachtungen. Er war ein unermüdlicher Gänger den keine Unbequemlichkeit abschreckte. Er durchforschte den öftenteh Teil von Portu und viele Gebiete davon ins einzelne, und häufte ein gewaltiges Material zur näheren Untersuchung an; er nahm geologische Jahrg. 64. F. Rudio u. C. Schröter. Notizen z. schweiz. Kulturgeschichte. 849 Karten, Profile und Photographien grosser Gebiete auf und schuf Samm- lungen von hohem Wert. Sehr oft wurde Choffat als Experte in Fragen der angewandten Geologie berufen. Die letzten Jahre arbeitete er mit grosser Ausdauer und mit Mut an einer geologischen Beschreibung von ganz Portugal. Leider konnte er das Werk nicht mehr zu Ende führen 92 ernannte die Universität Zürich Choffat zum Ehrendoktor, 1900 die Soc. Geol. de France zum laureat du Prix Visquenel, 1914 die geol. Soc. of London zum Korrespondenten. Zahlreiche Ehrenmitgliedschaften Een auch diejenige der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft aturforschenden Gesellschaft in Zürich) bezeugen, dass die kb Gediegenheit seiner Forschung Anerkennung erntete. 1910 gab Choffat selbst ein Verzeichnis seiner Publikation heraus. In der Ergänzung bis zu Choffats Tode durch Ernest Fleury weist das- selbe 185 Nummern auf. Darunter befinden sich sowohl grosse, reich illu- strierte Bände wie bedeutungsvolle kleine Aufsätze. Das Schwergewicht liegt in der Paläontologie und Stratigraphie der Sekundärformationen von Portugal. Aber auch Gebirgsbau, alte Vulkane, portugiesische Kolonien, Erdbeben, Quellen, Mineralquellen und Thermen, artesische Brunnen, Pe- troleum, Tunnelgeologie, allgemeine Geologie, Sammlungs- und Bibliotheks- wesen sind darin vertreten. Choffat hat viel und nur Gutes und Bedeu- tendes ie et. Der Krieg lastete schwer auf unserem Freunde. Er ängstigte sich um das Schicksal seines Vaterlandes. Angehörige seiner zahlreichen Familie d viele Freunde waren in anhaltender Gefahr. Seit 1917 plagte ihn ein Leberleiden. Aber noch bis in die letzten Tage arbeitete er an einem Manu- skript. Er war getragen von der Pflege seiner Familie, die ihn immer ver- standen, und in der er stets Trost und Kraft gefunden hatte. In der Nacht vom 6. Juni 1919 starb er sanft und ohne Qualen. Hätte er noch länger gelebt, so hätte er wohl noch manches vollenden können, aber doch nicht alles; denn solche Menschen der Arbeit von solcher edlen Hingabe an ihre hohen Ziele können sich selbst keine Grenzen setzen, sie sterben mitten aus ihrem Schaffen hinweg. Was PaulChoftfat als Forscher geleistet hat, sind feste Stufentritte in der Leiter der Erkennt- nis, die nicht vergehen können. Albert Heim. Theodor Reye (1838—1919, Mitglied der Gesellschaft seit 1363, Ehrenmitglied seit 1896). Als im Jahre 1894 die «Gesellschaft ehemaliger Polytechniker (G. e. P.)» ihr 25 jähriges Jubiläum feierte, s stellte Reye dem Redaktions- komitee der damals herausgegebenen mn eine Autobiographie zur Verfügung, die wir hier wörtlich abdru «Theodor Reye wurde am 20. error 1838 in Cuxhaven (Hamburg) geboren. Er studierte 1856-59 an der polytechnischen Schule in Hannover und 1859-60 am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich Maschinenbau und Mathematik, sodann 1860—61 in Göttingen, wo er 1861 den Doktorgrad erlangte, Mathematik. Nachdem er 1% Jahre als Privatlehrer in Hannover tätig gewesen war, habilitierte er sich Ostern 1863 als Privatdozent am eid- genössischen Polytechnikum, wurde daselbst 1864 Hülfslehrer für darstel- 350 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 lende Geometrie und erhielt 1867 vom Schweizerischen Bundesrate den Professortitel. Im Herbste 1870 folgte er einem Rufe als Professor der Geometrie und graphischen Statik an das neugegründete Polytechnikum in Aachen. Seit dem 1. Mai 1872 wirkt er als ordentlicher Professor der Ma- thematik an der Universität Strassburg. Seine ersten wissenschaftlichen Arbeiten betreffen Probleme der Mechanik, der mathematischen Physik u und der Meteorologie; aber schon als Privatdozent widmete er sich vorzugsweise der Geometrie. Seine Ab- Mathematik und Physik, den Annali di Matematica, den mathematischen Annalen, in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, den Acta mathematica, Poggendorffs Annalen der Physik u. a. m In Buchform sind von ihm veröffentlicht: «Die Geometrie der Lage», 3 Teile, Hannover 1866/68; «Die Geometrie der Lage», III. Auflage, in Ä Teilen, Leipzig 1886/92. «Die Wirbelstürme, Tornados und Wettersäulen», Hannover 1872. «Synthetische Geometrie der Kugeln und linearen Kugel- systeme», Leipzig 1879.» Mit der Stätte seiner ersten akademischen Tätigkeit fühlte sich Rey® stets besonders verbunden. Nach Zürich, wo er, von einigen ei ungen abgesehen, ein Jahrzehnt seines Lebens zugebracht hatte, kehrte immer gerne wieder zurück. Knüpften ihn doch auch verwan tie ziehungen an unsere Stadt. Unserer Naturforschenden Gesellschaft ge- ek er seit 1863 an, seit 1896 als Ehrenmitglied. Im 11. Jahrgang (1866) unserer Vierteljahrsschrift hat er einen «Beweis von ah, es Fundamen- talsatz der Axonometrie» veröffentlicht und im 41. Jahr, ‚ der Festschrift zur Feier des 150 jährigen Bestehens unserer Gesellschaft ER); findet sich ein «Beweis einiger Sätze von Chasles über konfokale Kegelschnitte>- Es bedarf kaum der Erwähnung, dass er im folgenden Jahre, 1897, an dem ersten internationalen Mathematiker-Kongress in Zürich teilgenommen hat, ren dritte Sektion, Geometrie, er präsidierte. Sein Eröffnungsvortrag handelte über «Einige neue Eigenschaften des quadratischen Strahlenkom- plexes>. Im Jahre 1908 trat Reye in den Ruhestand. Leider sollte sein Le- bensabend einen äusserst traurigen Abschluss finden! Anfang 1919 wurde der achtzigjährige Greis von den Franzosen auf ganz besonders hässliche Weise aus Strassburg, wo er 47 Jahre lang nur seiner Wissenschaft gelebt a ausgewiesen! Er wandte sich nach Würzburg, wo er schon am 2 2, Juli starb. Karl Egli (1864—1919, Mitglied der Gesellschaft seit 1905). Kün, ee ge war der Sohn von Lithograph Egli, einer feinfühligen die Schulen Züri = = erlor er schon mit 6 Jahren seinen Vater. Er durchlief schule und verli ö : ins 3 Jahren Realgymnasium kam er auf die Industrie- .... 2 sie 1881 mit der Maturität. Für sein Fach gewann ihn der 1881 als Rektor er t und Chemiker Armin Baltzer, der die Schule bis Abteil d eitete. Egli beendigte seine Studien an der Fachlehrer- ung des Polytechnikums unter dem geistreichen Chemieprofessor Jahrg. 64. F. Rudio u. C. Schröter. Notizen z. schweiz. Kulturgeschichte. 851 Vietor Meyer und blieb noch ein Jahr dessen Assistent. Schon mit 21 Jahren wurde er, 1885, Hilfslehrer für Chemie an der Kantonsschule, als sein Lehrer Baltzer an die Universität berufen wurde, und 1887 sein Nachfolger. Ungewöhnlich jung kam er so durch Rektor Fritz Hunziker in sein Amt. Es hatte aber sein Gutes, dass er nur 3 Jahre älter war als seine ältesten Schüler. Weil er von jeher ein guter und denkender Beobachter gewesen war, konnte er sich auf Schritt und Tritt in die Seele seiner Schüler zurückversetzen. Er tat es auch, Stunde für Stunde und Jahr für Jahr. Diese treue Erinnerung bewahrte ihn vor dem Fehler, über die Köpfe der Schüler hinwegzureden. Freilich war Egli der geborene Lehrer und er wurde, ohne je Päda- gogik und Methodik gehört zu haben, sehr rasch der beste Lehrer, den man sich denken kann. Er beherrschte die verwickelten Zusammenhänge eines ganzen Komplexes von Wissenschaften, ohne je Logik studiert zu haben. Sein Unterricht zeichnete sich durch kristallene Klarheit, durch Fass- lichkeit und eine Fülle von Anregungen aus, sodass ihn alle Schüler hoch verehrten, weit über die Schulzeit hinaus. Fast auf jedem Gebiet mensch- lichen Interesses war er zu Hause und blieb doch die Bescheidenheit selbst. Seine stete Hilfsbereitschaft, seine wahre Herzensgüte, die echte Vor- nehmheit seiner Gesinnung machten ihn zu einem der seltenen Menschen, Lehrauftrag für spezielle Didaktik der Chemie übernommen und mit grossem Erfolg begonnen, die künftigen Mittelschullehrer in die Lehrpraxis einzu- führen. Es war unglaublich, was für Mühe sich Egli mit den einzelnen seine Vorträge im Gymnasiallehrerverein. So war er auch der Mann, unserer Sekundarschule ein Lehrmittel der Chemie zu schreiben, an dem die Schüler ihre helle Freude haben können. Karl Egli wird als das Ideal eines edlen Menschen von Tausenden in dankbarer Erinnerung bewahrt bleiben. Ernst Fiedler. Alfred Werner (1866— 1919, Mitglied der Gesellschaft seit 1892, Sekretär 1894 —1899, Präsident 1906—1908). In diesen Tagen, wo die alte Welt vom Sturme zerzaust darnieder- liegt, hat die chemische Wissenschaft unersetzlicher Verlust getroffen. Eine Reihe ihrer grössten Söhne ist ihr entrissen worden: zuerst Adolf von 852 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Baeyer,dann Thiele, EmilFischer, und nun auch Prof. Alfred Werner.) Nach langem, schwerem Leiden ist ihm [am 15. November] der Tod Erlösung gewesen, der Wissenschaft aber bedeutet er grössten, unerseiz- lichen Verlust. Mit ihm ist ein Mann dahingegangen, dessen Name in allen Weltteilen einen allerersten Klang besitzt. 1866 [am 12. Dezember] zu Mülhausen im Elsass geboren, begann Alfred Werner 1885 an der Technischen Hochschule in Karlsruhe mit dem Chemiestudium. Er setzte es ein Jahr später an dem Eidgenössischen Polyte .. in Zürich fort und schloss es hier 1889 durch das Diplom- examen ab. Eine einjährige Assistenzzeit bei Prof. Lunge diente ihm zur anmaere Ausbildung. In jene Zeit fällt die Ausarbeitung seiner Disser- tationsschrift: «Beiträge zur Theorie der Affinität und Valenzy, in der er zu den später entwickelten genialen Vorstellungen über die Natur der chemi- schen Affinität bereits die erste Grundlage legte. Eine mit Hantzsch gemeinsam durchgeführte Experimentaluntersuchung über die Isomerie der Oxime führte Werner zur Auffindung der geometrischen Raumisomerie bei Stickstoffverbindungen. Er erschloss damit die Stereochemie des Stick- stoffs. Ein Jahr weiterer Ausbildung führte Werner ins «College de France» nach Paris, woselbst er unter Berthelots Leitung neue Einblicke in die Chemie gewann. Nach seiner Rückkehr nach Zürich habilitierte er sich 1892 an der Eidgenössischen Technischen Hochschule, um schon drei Se- mester später, erst 27 jährig, als Nachfolger von Prof. Merz ein Extra- ordinariat an der Universität zu übernehmen. Zwei Jahre darauf wurde er 3 Gleich in die ersten Jahre seiner Forschertätigkeit am chemischen Universitätsinstitut fällt die Aufstellung der sog. Koordinationstheorie, die, anfangs ungläubig aufgenommen, bezweifelt, bekämpft, sich schliesslich Immer gewaltiger und elementarer Bahn brach, deren ganze Bedeutung den Fachgenossen aber doch erst im Laufe der Jahre klar wurde. Die an- organische Chemie war in der von Kekule& formulierten Valenzlehre im Laufe der Zeit erstarrt. Sie war festgefahren, hatte sich in tausenderlei Kleinigkeiten verlore e experimentellen Tatsachen liessen sich nieht strahlende, in verschiedenster Weise zerlegbare Kraft. Den Bereich dieser diesen Zonen ganz bestimmte "Plätze an. Wenn sich zwei oder as Atome miteinander verbunden haben — so führte Werner aus — so ist das so gebildete Molekül in der Regel noch nicht ganz gesättigt. Es Hape ihm noch Restaffinitäten, mit denen es sich in andere Moleküle einlagern oder an diese anlagern kann. Durch diese ebenso einfache als geniale PERS wurde es nun mit einem Schlage möglich, alle die zahllosen, : ‘) Mit gütiger Erlaubnis von Verfasser und Redaktion abgedruckt aus r. 1804 der «Neuen Zürcher Zeitung» vom 21. November 1919. Jahrg. 64. F. Rudio u. C. Schröter. Notizen z. schweiz. Kulturgeschichte. 853 kompliziert zusammengesetzten anorganischen Verbindungen, deren Kon- stitution e erklären. Es entstanden die zwei grossen Gruppen der Einlagerungs- und Anlagerungsverbindungen, in die sich die Metallammoniake, die Metallsalz- ydrate, die Sulfato-, Sulfito-, Nitrato- und Nitrito-Salze gleich gut ein- en liessen wie die hochmolekularen, komplizierten Heteropolysäuren. SR künstlich gezogene Isolierung der Sauerstofisäuren war durchbrochen, natürlich und logisch stellten sich jetzt die Halogenosäuren, die Sulfatsäuren und andere an ihre Seit sehr frühzeitig fiel es Werner auf, dass bei der Bildung der - ir iz} > > N =} m ® =! > & B < ® - B =) © >u nal =d n - P E, 7 bi" [=] Fenc) Sn © zZ ge © N = acht Moleküle, die sich mit dem Metallsalz verbanden und sich direkt um das Metallatom gruppierten. Das führte ihn auf den Gedanken, dass durch diese Zahl sechs (seltener vier oder acht) ausgedrückt wird, wieviele fremde Moleküle um das Metallatom herum Platz haben. Die Zahl sechs war ihm also eine Raumzahl, er nannte sie Koordinationszahl. Es war nur die konsequente Verfolgung dieser Auffassung, dass er sich gleich auch eine Vorstellung bildete über die gegenseitige Lagerung dieser sechs Mole- küle im Raum. Er stellte sich vor, dass sie räumlich so gruppiert sind, dass sie die Ecken eines Oktaeders bilden. Diese Anschauung, die wie kaum eine zweite befruchtend auf die anorganische Forschung gewirkt hat, versuchte Werner in der zweiten Epoche seiner Forschertätigkeit durch das Experiment zu beweisen. Mit einer grossen Zahl von Schülern widmete er sich dieser Aufgabe, die er, dank seiner zielbewussten Arbeits- weise, restlos löste. Dazu war allerdings ein experimentelles Material not- wendig, das nur ein so souveräner Geist wie Werner zu bewältigen ver- mochte. Tausende neuer Verbindungen wurden synthetisiert, in weit mehr als 150 Publikationen und 200 Dissertationen seiner Schüler sind die er- reichten Resultate niedergelegt. Durch das eingehende Studium der an- organischen Isomerieerscheinungen ist Werner so der Beweis gelungen, dass das von ihm vorausgesagte Oktaedermodell der Einlagerungs- und An- lagerungsverbindungen zu Recht besteht. Die Auffindung der optisch-aktiven ob Chrom angesehen, optisch-aktive, d. h. die Ebene des polarisierten Lichtes drehende, Substanzen zu erzeugen. Das Staunen der Mitwelt war daher erklärlich, als Werner 1911 die Spaltung rein anorganischer Kobaltsalze in ihre optisch- aktiven Formen gelang. Dass eine solche Spaltung möglich sein müsste, davon war Werner schon seit Jahren überzeugt; dass sie endlich gelang, das hat an den innersten Grundfesten der Chemie gerüttelt. s kann hier nicht der Ort sein, auch aller anderen Arbeiten zu ge- en die aus dem Wernerschen Laboratorium hervorgingen und die zum Teil wieder in sich geschlossene Gebiete darstellen. Ein viel beach- tetes, neues periodisches System der Elemente, die Untersuchungen über die Umlagerung stereoisomerer Oxime, über die innern Re und Metallbeizen, über die Phenanthrenderivate seien nur kurz erw Sie alle haben unsere Kenntnisse und namentlich auch unser Snaae Denken mächtig beeinflusst. Prof. Werner war ein Forscher, für den 2s 854 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 in der Chemie nichts Abstraktes gab, von allem machte er sich räumliche und körperliche eppneggime die konstruierten Atommodelle waren seine Figuren, mit denen er die: grosse Schachpartie spielte — und gewann Zwei ee hie Bücher sind unter Prof. Werners Feder entstanden. Das eine — «Lehrbuch der Stereochemie» — führt uns ein in die räumlichen Verhältnisse der chemischen Moleküle. Das andere — «Neuere Anschauungen in der anorgani- schen Chemie» — ist das Vermächtnis die verstorbenen Meisters. Hier finden wir alle seine Gedanken wieder, mit denen er die anorga- nische Chemie befruchtet und gefördert hat. Die Unmenge gesammelten Tatsachenmaterials zeugt dafür, wie souverän er die ganze einschlägige Literatur beherrschte. Gleich hoch wie der Forscher ist auch der Lehrer Prof. Werner zu stellen. Die Klarheit und die Anschaulichkeit seines Vortrags fesselten die Schüler. Es gab kein Gebiet, das er seinen Zuhörern nicht durch seine Worte verständlich und interessant zu machen wusste. Die überfüllten Hör- säle und überfüllten ‚Laboratorien en am besten, welche Anziehungs- kraft von ihm auf die junge Genera ausging. Wohl mögen andere For- scher eine grössere Zahl ihrer ner als Hochschullehrer in die Welt hinausgesandt haben, — die Lehrmethode und Arbeitsweise Werners, die haben im In- und Ausland glänzende Schule gemacht; nach en zählen die Chemiker, die heute die anorgafische Chemie nach Werner- schen Gesichtspunkten lehren und bearbeiten. Und diese re ist noch nicht am Ende. Gerade in den letzten Jahren hat auch die Physik die Methoden der Wernerschen Betrachtungsweise übernommen und sie ausgedehnt auf die Molekülaggregate und Molekülkomplexe bis hinauf zu den Kristallen. Das Oktaeder-, Tetraeder- und Würfel-Modell, das Werner seinen Molekülen gegeben, das tritt uns da, riesenhaft vergrössert, in den Kristallen wieder entgegen. Alfred Werners Verdienste um die Wissenschaft wurden von seinen Fachgenossen und der Mitwelt dankbar anerkannt. Eine Berufung nach Würzburg (1910), die Verleihung des Nobelpreises (1913), die Er- nennung zum Ehrenmitglied zahlreicher in- und ausländischer gelehrter Ge- sellschaften, zum Ehrendoktor verschiedener Hochschulen legen Zeugnis ab für Ansehen, das er überall besass. Sie konnten den einfachen, be- scheidenen Charakter ; r Freude wurde ihm z lichkeit zur Ausführung seiner grossangelegten Ärbeilen bot, und wo er sich in seiner Lehr- und Forschertätigkeit glücklich fühlte. Die Wissenschaft steht trauernd am Gr er Starker Hand hat er in ihre moderne Entwicklung hineingegriffen und ungewöhlich beeinflusst. In der Chemie wird Alfred Werners amen allezeit in goldenen Lettern leuchten; die Chemie verdankt ihm ihre Befreiung aus den Fesseln der Valenzlehre abe dieses grossen Mannes. P. Karrer. Jahrg. 64. F. Rudio u. C. Schröter. Notizen z. schweiz. Kulturgeschichte. 85 355 AdolfHurwitz (1859 —1919, Mitglied der Gesellschaft seit 1892). Am 21. November haben wir, was an Adolf Hurwitz sterblich war, der ‚Flamme übergeben. Im Krematorium sprachen Professor Professor Dr. A. Stern im Namen der Freunde des Entschlafenen. Wir anken den beiden Rednern herzlichst für die freundliche Erlaubnis, ihre Worte hier zum Abdruck zu bringen Rede von Pynlsasis Dr. E. Meissner. Geehrte Trauerversammlung! Um die Mittagszeit des 18. November starb nach schmerzvollem Lei- den Dr. Adolf Hurwitz, seit 27 Jahren ordentlicher Professor für höhere ‚Mathematik an der Bidgfenöskidetten Technischen Hochschule. erheischenden Körper. sah, wie der ne sich in der letzten Zeit mit Aufbietung seiner letzten Kräfte bemühte, seinen Beruispflichten a Unerwartet rasch für seine Freunde ist das längst vorausgesehene und befürchtete Ende eingetreten. urwitz wurde am 26. März 1859 in Hildesheim als Sohn eines Fabrikanten geboren, der sich durch geistige Gaben auszeich- nete. Schon ganz früh zeigte sich seine hervorragende mathematische Ver- anlagung, so dass Hermann Schubert, der damals am Andreanum, dem Gymnasium der Stadt, unterrichtete, ihn alle eg zu sich kom- Ö te i Se Jahren seiner Schulzeit hatte der junge Hurwitz Arbeiten nn die ganz den Charakter mathematischer Abhandlungen trugen. Noch als Gym- nasiast wurde er von Schubert zu aktiver Beteiligung an dessen wissen- schaftlicher Produktion herangezogen und er veröffentlichte, 17 jährig, mit ihm zusammen eine Abhandlung aus dem Gebiete der abrählunden Geo- metrie Zu Ostern 1877 ging Hurwitz nach München; um auf besondere Empfehlung von Schubert bei Felix Klein zu hören, der damals an er dortigen Technischen Hochschule wirkte. Die nächsten drei Semester 1877/78 finden wir ihn in Berlin zu Füssen von Kummer, Weier- Strass und Kronecker. 1879 kehrt er zu Klein nach München zurück, folgt ihm im Herbst 1880 nach Leipzig, wo er bei Klein, Hankel und Wundt mit einer glänzenden Doktorarbeit promoviert, die schon in vollstem Masse die Vollkommenheit und Eleganz seiner ara Arbeiten zeigt. 1881/82 ist der junge, erst 21 jährige Doktor wieder Berlin, um sich bei Weierstrass und Kronecker zu vervollkommnen. 55 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919, 856 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Re schon Ostern 1882 erfolgte seine Habilitation in Göttingen, wo er mit dem Mathematiker Stern und dem Physiker Weber in engen nn trat. Seines Bleibens dort war nicht lange. Zu sehr hatte seine aussergewöhnliche Begabung die Aufmerksamkeit der mathematischen Welt erregt. Noch nicht 25 Jahre alt wurde Hurwitz Ostern 1884 auf Vorschlag Lindemanns als Ex traordinarius nach Königs- berg berufen, wo er acht fruchtbare Lebensjahre zubrachte. Der Zufall fügte es, dass zu Beginn 1892 gleichzeitig zwei ehrenvolle Berufungen an ihn herantraten: Göttingen bot ihm die Nachfolge von H. A. Schwarz an, das ei ng Polytechnikum bewarb sich um ihn für die durch Frobenius’ Berufung an die Berliner Universität verwaiste Lehrkanzel. Der damalige Schulratspräsident Bleuler hatte sich persönlich nach Königsberg begeben und mit Hurwitz schon abgeschlossen, als die Ein- stande, dass der glänzend begabte Hurwitz der Unsr e wurde und bis vor einigen Wochen einen grossen Teil seiner ah und sein en. Sms in den Dienst unseres Landes gestellt hat. r Jahre sind für den Gelehrten eine Zeit produktivster wissens anitläähen Tätigkeit geworden. In rascher Folge entstanden zahl- reiche Arbeiten und kleiner Aufsätze, die vorwiegend REED e. seines Lebens Fa uns seine Vorlesungen über die Zahlentheorie der Qua- ternionen bes Währe . ur Hurwitz so arbeitend und lehrend rastlos tätig a war Feat: sorgfältigste Schonung, lautete g, der er sich fügen musste. Körperliche Sehmerzen Bee: ng nagten seither unablässig an seinen Kräften, so dass we em der grossen, für Ingenieure bestimmten Vorlesung men musste. Die Behörde wusste seinen Wert zu schätzen und Jahrg. 64. F. Rudio u. C. Schröter. Notizen z. schweiz. Kulturgeschichte. 857 kam ihm nach Möglichkeit entgegen. Seine Lehrverpflichtung wurde auf ige e Vorlesungen und Seminarien für Fachmathematiker be- a. ”r er in den letzten Jahren meist in seiner Wohnung abhielt. Er hat sich in dieser Stellung um die Abteilung, die Fachlehrer in Mathe- matik und Physik ausbildet, die grössten Her en Jährlich hat er aus der Fülle seiner Ideen seinen Schüler em Grossteil der schweizerischen Mathematiklehrer des letzten al lanhindern) die Themata ihre Diplomaufgaben geschöpft, die häufig später zu Pro- motionsarbeiten erweitert wurden, und viele hat er in die selbständige wissenschaftliche Forschung eingeführt. essen nahmen seine Körperkräite mehr und mehr ab. Aber je schwächer sein Leibliches wurde, um so mehr raffte sich sein Geist in zäher, eiserner Entschlossenheit auf und es begann ein fast rührend anzu- sehender, heroischer Kampf seines Willens mit seinem kränkelnden Leibe. Und er hat es durchgesetzt, dass er bis ganz zuletzt seine Berufspflichten erfüllen konnte. Tapfer hat er sich noch gewehrt, als schon der grimme Tod seine Hand auf ihn gelegt hatte. Erst zwei Wochen vor seinem Ende hat er darauf verzichtet, sein angekündigtes Seminar abzuhalten. So gab er das schönste Beispiel treuer Pflichterfüllung! Hurwitz' Arbeiten sind zu einem grossen Teil von aussergewöhn- licher Bedeutung. Allen ist eine seltene, innere und äussere Vollendung, w schliffene, köstliche je ae Die Unrast moderner Produktionsweise n fremd; nichts Unfertiges hat seine Werkstatt verlassen. Demgemäss 2% BE auch seine Vorlesungen abgerundete, aus- gefeilte Form. Dazu kam ein kristallklarer, niemals überstürzter Vortrag, der seine Vorlesungen zum hohen ästhetischen Genuss machte, wobei es freilich aber unmöglich war, das Geheimnis seiner schöpferisch-mathema- tischen Produktionstätigkeit zu belauschen. Seine Seminarien und sein persönlicher Verkehr, den er liebenswürdig gewährte, boten dafür Ersalz. Als Mensch war Hurwitz ein im schönsten Sinne ausgeglichener Charakter, ruhig und besonnen, gütig und leidenschaftslos im Urteil. Seine La } © Dr = & die Musik an vorderster Stelle stand. Unserm Lande gegenüber, dessen Bürger er nie wurde, wahrte er ein taktvolles, warmes Interesse. ‘Die Wissenschaft verliert in Adolf Hurwitz eine Leuchte, die Eidgenössische Technische Hochschule einen genialen Lehrer, seine Kolle- gen und Freunde und die Welt einen gütigen, ee Menschen. e von Professor A A. St Geehrte Trauerversammlung Im men der Freunde des es habe ich die gen Pflicht zu a ihm an dieser Stelle ein Wort des Abschieds nachzu rufen. Ein Wort des Abschieds und des Dankes für das, was er uns ge- wesen ist. Seine hohen Verdienste um die Förderung der Wissenschaft Önnen nur von seinen Fachgenossen nach Gebühr gewürdigt werden. 858 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Seine fruchtbare Lehrtätigkeit wirkt nach im Kreise der zahlreichen Schüler, die zu seinen Füssen gesessen haben. Aber dem Menschen und seiner edlen Persönlichkeit galt die Liebe und Hochschätzung aller, die das Glück hatten, ihm nahezutreten. Es war in ihm eine seltene Verbindung == Be an Du ler} ® pe =) ® ” un) © far N ® =} An Fi Ru Pr ie Er mn © Er e) ler | je») ® nal IR EN 2} EB + fe SB 0Q =] =) Au an hingebenden Wohlwollens, männlicher Tatkraft und kindlichen Sinnes: dies alles harmonisch zu einem Ganzen verschmolzen, dessen Zauber sich nie- m ntziehen konnte, den er seines vertrauten Umgangs und seiner Freundschaft würdigte. Dazu kam, dass er keineswegs in seiner Wissen- schaft, wenn sie ihm auch das Höchste bot, aufging. Der Kreis seiner In- teressen war gross. Wie ben seinen mathematischen Arbeiten einem e a ens treu. or allem war ihm die d Er n, e r wesen, Kammermusik-Aufführungen mit, beteiligte sich an den musikalischen enden des Germanisten Moritz Heyne, spielte regelmässig vier- händig mit dem Juristen Rudolf von Ihering. Sein Haus war eine Pflegestätte der holden Kunst und noch acht Tage vor seinem Tode unter quälenden Schmerzen setzte er sich an den gelieben Flügel, um sich für urze Zeit in freier Phantasie zu ergehen. Philosophische Probleme fessei- na ihn seit den Tagen, da er in Leipzig bei Wilhelm Wundt gehört auch persönlich zu ihm in Beziehung getreten war. Die Angelegenheiten in Saar a verfolgte er mit lebhaftester Teilnahme, und es ass der tiefe Kummer wegen des schweren Geschickes des Yalsbeoriae den Ba des körperlichen Leidens, der auf ihm lastete, noch verstärkte. Seine Gesundheit war immer zart. Zweimal, in München 1877 und 1886 auf der Insel Borkum, wo er mit seinem Lehrer und Freund F are nische Hochschule erfreute er sich eine Reihe von Jahren hindurch einer Frische und Spannkraft, die ihm die rastlose Lehr- und Forschertätigkeit erlaubten. Er fühlte sich zn in seinem neuen Wirkungskreis sehr wohl, hochgeschätzt von seinen Kollegen, auf den Händen getragen von seinen Schülern. Glücklicher Gatte der ältesten Tochter des Königsberger Mediziners Samu el und Vater dreier heranwachsender Kinder hatte « er Strian dahin. Aber seit 1 Niere Anlass gaben. Im Lauf der Jahre zeigte sich, dass auch die zweite Niere erkrankt war, und bis auf vorüber- Jahrg. 64. F. Rudio u. C. Schröter. Notizen z. schweiz. Kulturgeschichte. 859 gehende Besserungen hatte unser Freund und hatten die Seinen mit ihm schwere Zeiten durchzumachen. Mit welcher Geduld er seine Leiden er- trug, wie er sich immer wieder aufzuraffen suchte, wie er noch drei Wochen In den letzten vierzehn Tagen gestaltete sich der Zustand völlig trostlos und hofinungslos. Es war ein langsames Hinschwinden. Er selbst wünschte, candida> passte, so auf ihn. Eine reine, lautere Seele, treu sich selbst, den Seinen, seinem Beruf, seine Pflicht erfüllend bis zum letzten Hauch: so wollen wir seine Erscheinung festhalten. Den Leib übergeben wir der zerstörenden amme. Das geistige Erbteil, das er in der Wissenschaft hinterlassen, das Bild des edien Menschentums bleibt unzerstörbar im Gedächtnis der Nach- enden. * Es sei mir gestattet, aus meinen Erinnerungen den beiden Reden noch einige Notizen hinzuzufügen. Habe ich doch 42 Jahre lang mit Hurwitz in freundschaftlichem und wissenschaftlichem Verkehr gestanden. Wir waren Herbst 1877 miteinander bekannt geworden, als wir beide nach Berlin ge- kommen und dem mathematischen Verein der Universität beigetreten waren. Hurwitz hatte gerade sein erstes akademisches Semester in München absolviert, ich selbst war sechs Semester älter. Trotz diesem Altersunter- schiede wurden wir rasch intime Freunde, die fast täglich zusammenkamen. Zu unserem Kreise gehörten namentlich noch A. Amsler,R.v. Lilien- thal, H. Maser, Fr. W.' Meyer, C. Runge, €. Schilling, F. Schur, A. Wernicke, E. Wiltheiss u. a, die später fast alle in akademischen Stellungen tätig waren oder es noch sind. Ich erinnere mich noch wie heute, mit welcher Auszeichnung der erst 18 jährige Hur- witz, der uns gegenüber ja noch ein Fuchs war (nach Berlin ging man damals gewöhnlich erst in höheren Semestern), von seinen älteren Komili- tonen aufgenommen wurde, als diese sahen, mit welchem Ernste und mit welcher Überlegenheit er in das wissenschaftliche Leben des Vereins ein- griff, das gerade zu jener Zeit besonders rege war. Vorträge wie die «Über Charakteristiken-Theories, «Über Schliessungsprobleme», «Über geome- trische Verwandschaftens, die er uns in seinen drei Berliner Semestern hielt, verbunden mit seiner übrigen wissenschaftlichen Vereinstätigkeit be- festigte bald bei uns allen die Überzeugung: Der ist zu Grossem berufen. Und so kam es ja auch. Schon in den achtziger Jahren schrieb ‚mir einer der oben genannten gemeinsamen Freunde, der selber mitten in einer hoch- angesehenen wissenschaftlichen Tätigkeit stand und schon Ordinarius war, während Hurwitz noch als Extraordinarius amtete: «Er [Hurwitz] hat nach Hildesheim eingeladen. Sein Vater lebte damals noch, die Mutter aber war schon früh gestorben. Dass sie einem bösartigen Leberleiden erlegen 860 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 war, hat Adolf ihrem Wunsche gemäss nie erfahren. Etwa 14 Tage, die mir unvergesslich sind, durfte ich in dem gastlichen Hause zubringen. Dem Haushalte stand eine treubesorgte T verehrte. Neben edler Geselligkeit, der die: Musik eine Hauptrolle spielte und die mich mit manchem interessanten Menschen bekannt machte, war es natürlich die herrliche Stadt mit ihren unvergleichlichen Fachwerk- bauten und übrigen Kunstwerken, die unsere Zeit in Anspruch nahm. Adolf wurde nicht müde, mich mit den Schönheiten seiner geliebten Vaterstadt vertraut zu machen, und ich freute mich des kundigen Führers. Mit Beginn der Herbstferien desselben Jahres 1879 fuhren A. Amsler und ich von Berlin auf der Heimreise über München, um unsern Freund Hurwitz zu besuchen, der seit einem Semester wieder in der Isarstadt studierte. Auch diese Münchener Tage leuchten noch heute hell in meiner Erinnerung. Von den Kunstschätzen abgesehen, die uns von früher her nicht unbekannt waren und die uns nun erst recht zu einer Quelle ruhigen, gemeinsamen Geniessens wurden, waren es namentlich die Bekanntschaften mit Brill und Klein und sodann auch mit Cayley, die uns den Auf- enthalt wertvoll machten. Es bedarf keiner Erwähnung, dass wir unserem Freunde Hurwitz die Vermittlung verdankten. Er hatte seinen Lehrern von seinen Berliner Gästen erzählt und war von ihnen aufgefordert worden, sie ihnen zu bringen. Mit grösster Liebenswürdigkeit demonstrierten die beiden ihre Institute mit den dazu gehörigen Modellsammlungen und knüpften bald an dieses, bald an jenes Objekt interessante Mitteilungen. So erinnere ich mich noch heute nach mehr als 40 Jahren der anschaulichen und eleganten Art, auf welche Klein eine Kummersche Fläche aus zwei aufeinander gelegten Flächen zweiten Grades durch Aufblähen ent- stehen liess. Zur selben Zeit weilte auch Cayley in München und so gab es sich, dank der Freundlichkeit Kleins, dass wir mit seinem berühmten Gaste bekannt werden durften. Auf den Münchner Aufenthalt folgte eine Pause von mehr als einenı Jahrzehnt, wenigstens soweit es sich um unmittelbaren persönlichen Verkehr han elte. Dafür entwickelte sich ein um so regerer brieflicher Austausch, er nicht einmal mit dem Jahre 1892, dem Jahre der Übersiedelung nach Zürich, wo wir ja wieder direkt verkehren konnten, ganz zur Ruhe kam. is war für Hurwitz selbstverständlich, dass er gleich nach seiner Übersiedelung unserer Naturforschenden Gesellschaft beitrat. Die Auf- ante bei Jahrg. 64. F. Rudio u. C. Schröter. Notizen z. schweiz. Kulturgeschichte. 861 verbunden waren, er liess sich auch zum Präsidenten des Empfangskomitees wählen und richtete als solcher am Vorabend des Kongresses eine gehalt- volle Begrüssungsrede an die Gäste. Von ungleich grösserer Bedeutung aber war der Dienst, den er dem Kongresse und der Wissenschaft überhaupt durch den grossen Vortrag der ersten Hauptversammlung leistete: «Über die Entwicklung der allgemeinen Theorie der analytischen Funktionen in neuerer Zeit». när des», die in der Festschrift unserer Gesellschaft vom Jahre 1917 (62. Band der Vierteljahrsschrift) enthalten ist. Mit Zürich und seiner technischen Hochschule wird daher auch unsere Naturforschende Gesellschaft Adolf Hurwitz ein treues und dankbares Andenken bewahren. F. R Zweiter Teil Sitzungsberichte Sitzungsberichte von 1919. — Protokoll der Sitzung vom 13. Januar 1919 abends 7'/s Uhr, auf der Schmidstube. Vorsitzender: Dr. E. Rübel. Anwesend 119 Personen. Traktanden: 1. Der Vorsitzende begrüsst die Anwesenden und die Zürcherische botanische Gesellschaft, die zu diesem Vortrag eingeladen wurde. . Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an Prof. Dr.M. Rikli, den Verfasser des Referates, und den Sekretär. . Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Dr. med. Stefan Arnold, Arzt, Limmatstr. 50, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. Herr Fritz Escher, Dir. des städt. Gaswerkes Schlieren, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. Frl. Betty Ernst, Häldeliweg 35, Zürich 7, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. Herr Dr. med. Emil Fischer, Arzt, Bolleystrasse 19, Zürich 6, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. Herr Ernst Voellmy, stud. agr. E. T. H., Klosbachstr. 109, Zürich 7, emp- fohlen durch Herrn Prof. M. Rikli. Herr Robert Kaufmann, Belsitostr. 17, Zürich 7, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. Herr Dr. jur. Franz Meyer, Utoquai31, Zürich 8, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. Herr Jakob Heinrich Frey, Kaufmann, Zollikerstr.152, Zürich 8, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. Frl. Jeanette Karrer, Lehrerin, Phönixweg4, Zürich, empfohlen durch Frl. Martha Meyer. . Vortrag des Herrn Dr. Ernst Furrer: Wandlungen in der Vegetationsdecke der Schweiz (mit Lichtbildern). Im Laufe des vorigen Jahrhunderts hat der ae in ri Zweige der Naturwissenschaften befruchtet, spät erst die ee ung. Die Wandlungen der Pflanzendecke wurden vorher nur nr. ae umschriebenen Teilgebieten verfolgt. Und doch ist gene Ä Aen etwas in Veränderung Begriffenes, etwas Gewordenes, und Neues ka 18) So B > werden. Als der Vortragende 1910 die pflanzengeographische Bearbeitung der IV Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Täler von Bormio in Angriff nahm, erforschte er neben der Flora grundsätz- lich die Sukzession, d.h. die Wandlung der gesamten Pflanzendecke (Viertel- jahrsschrift d. Naturf. Ges. Bd. 59. 1914). Seither werden auch in der Schweiz derartige Studien immer mehr gepflegt (z. B. Kelhofer, Hager, Amberg). Längs Flüssen erfolgt die Erstbesiedelung der Schotterbänke besonders durch Erlen, Weiden, Kompositen (Samen mit Flugapparat), sowie durch an- geschwemmte Böschen und Pflanzenteile. Lichthungrige Kiespflanzen und Ge- büsch (Hippophae, Myricaria) gehen im Schatten der emporwachsenden Erlen- Weiden-Au zugrunde. Mit sinkendem Grundwasserspiegel beginnt die Herr- schaft der Buche, auch wenn sich ein Föhrenwaldstadium einschiebt (z. T. nach Siegrist). Alpeneinwärts vereinfacht sich die Sukzession, indem die baumför- migen Konkurrenten mehr und mehr zurückbleiben und in der Nadelwaldstufe die Fichte zu den ersten Ansiedlern gehört. Auch ausserhalb der Schweiz bieten die Vegetationswandlungen längs Flüssen ein ähnliches Bild, indem ver- wandte Lebensformen einen übereinstimmenden Wechsel der edaphischen Sta- dien herbeiführen, bis der klimatische Bestand endgültig triumphiert, in Trans- kaspien z. B. die Steppe über die Pappelau. Der Verlandungsprozess lehrt ebenfalls, wie die edaphischen Pflanzen- gesellschaften durch ihre eigene Lebenstätigkeit die Bedingungen für die nächst- folgende vorbereiten, bis das klimatisch bedingte Klimaxstadium die Sukzession abschliesst, in der alpinen Stufe der Zentralalpen auf Urgebirge z. B. das Cur- vuletum. In Lichtbildern von der Fallätsche zeigt der Vortragende, wie die abschüs- sigen Hänge des Albis besiedelt werden. Auf rutschigem Mergel leiten Horst- pflanzen (Agrostis alba, Calamagrostis varia, Sesleria coerulea) die Berasung ein, Föhren und Weiden kommen auf, und die Vegetation schliesst sich zum Föhrenwald. Doch schafft die Erosion Anrisse, die den Pflanzenteppich nach und nach abtragen. Nur an weniger steilen Stellen verdrängt der Buchenwald die Föhrenbestände. In den Voralpen treten Buche und Föhre in ähnliche Konkurrenz, während am Südabfall des Jura die Buche der Steineiche den Platz streitig macht, wenn die Böschung sanfter und der Boden humoser ge- worden ist. Eine weitere Bilderserie veranschaulicht die Rückeroberung von Kultur- land durch die Vegetation, die von Natur aus das Anrecht darauf hätte, und eine. letzte Bildergruppe gewährt Einblick in den Kampf der alpinen Pflanzen- gesellschaften gegen Klima und Boden wie gegeneinander: Sie stellen Rund- höcker auf Kalk (durch Carex firma und Dryas) und Urgestein (Carex cur- vula), sowie Schutthalden in verschieden fortgeschrittenen Besiedelungsstadien dar (diese mit Carex firma, über die Carex sempervirens siegen kann, mit Agro- stis alpina, Sesleria coerulea und der südalpinen Festuca varia, die stellen- weise auch Carex sempervirens weichen muss, ferner mit Spalieren von Salix retusa). i Es ist ein starkes Halbjahrhundert nach Darwin nicht mehr verfrüht, wenn die Sukzessionslehre in der Vegetationsforschung grundsätzlich Berücksichti- gung findet, liegen ihr doch die Gedanken der Entwicklung und des Daseins- kampfes zugrunde. Die Nordamerikaner haben, dank der Pionierarbeit Cowles, einen verheissungsvollen Anfang gemacht. Scharfe Naturbeobachtung, induk- tive Denkweise und stärkere Betonung der Floristik werden einen gedeihlichen Ausbau der noch jungen Sukzessionslehre am ehesten sichern. (Autoreferat.) Jahrg. 64, Sitzung vom 27. Januar 1919. ; Der Vorsitzende und der Beifall der Versammlung danken dem Vortragen- den für die interessanten Ausführungen und schönen Lichtbilder. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. Protokoll der Sitzung vom 27. Januar 1919 abends 7'/, Uhr, auf der Schmidstube. Vorsitzender: Dr. E. Rübel. Anwesend 123 Personen. Traktanden: 1. Die Gesellschaft hat durch den Tod verloren: am 21. Januar 1919 Herrn Prof. Dr. Georg Ruge, Mitglied seit 1898, Die Anwesenden erheben sich zu seinen Ehren. Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. . Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Georg Boner, Ing., Verw.-Rats-Delegierter von Brown, Boveri u. Co., . Florhofgasse 2, Zürich 1, empfohlen durch Herrn Ing. Täuber. Herr Dr. Albert Schoch, Lehrer an der Kantonsschule, Gattikerstrasse 8, Zürich 7, empfohlen durch Herrn Dr, Rübel. Frau Dr. &s. sc. Amelie Hoffmann-Grobety, Ennenda, Kt. Glarus, empfohlen durch Herrn Prof. Dr. M. Rikli. Herr Dr. jur. Henry Bodmer-Abegg, Bellariastr. 20, Zürich 2, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. Herr Adolf Wieland, Kaufmann, Germaniastrasse 51, Zürich 6, empfohlen durch Herrn Ing. Mühleder. Herr Heinrich Gretler, Apotheker, Rindermarkt 19, Zürich 1, empfohlen durch Herrn Nat.-Rat Guyer. Herr Heinrich Jenny, stud. rer. nat., neue Beckenhofstr. 42, Zürich 6, empfohlen durch Herrn Walter & Wengen. 4. Vortrag des Herrn Prof. Dr. H. E. Fierz: » [) Friedensmöglichkeiten der schweizerischen chemischen ndustrie. Der Vortragende weist einleitend auf die Bildung grosser chemischer und metallurgischer Trusts im Auslande hin, die die Schweiz zwingen, irgendwelche Massnahmen zu treffen. Zuerst untersucht er die wirtschaftlichen Grundlagen der schweizerischen chemischen Industrie und kommt zu dem Schlusse, dass als erste und wichtigste Quelle die Wasserkräfte der Schweiz in Betracht kom- men. Es wird an Hand der Niederschlagsmengen und der durchschnittlichen Überhebung der Schweiz über ihre Umgebung berechnet, dass in der Sekunde 1500 m® Wasser auf die Schweiz niederfällt, welche gerade 1000 m Gefälle haben. Diese 1500 m? erscheinen aber nicht vollständig an den Ausflüssen des Rheins, der Rhone ete., sondern davon verschwinden ca. ein Drittel, sei es als Grundwasser, sei es durch Verdunstung. Es berechnen sich aus den restie- renden 1000 m® mit 1000 m Gefälle 13400000 HP und es wird angenommen, dasss 30%, davon gewonnen werden könnten, was + Millionen ar ausmacht. Diese 4 Millionen entsprechen gerade der Gesamtenergie des Niagaras. Es wird nun angegeben, wie viel Chemikalien man aus 1 Million HP er könnte, da es im Bereiche der Möglichkeit liegt, einmal so viel für chemische VI Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Zwecke zu benützen. Die Mengen von Aluminium, Salpetersäure etc. stellen nach der Ansicht des Referenten die eiserne Wehr der schweizerischen che- mischen Industrie dar, die man ausbauen muss. Dazu ist aber eine interkan- tonale Verständigung nötig. Neben der elektrochemischen Industrie kommt für die Schweiz noch die Fabrikation der Schwefelsäure und der Soda in Betracht, die aber in bezug auf Rohstoffe zum grossen Teil vom Auslande abhängig sind. Es wird ferner darauf hingewiesen, dass alle Rohstoffe bestmöglich ausgenutzt werden sollten und dem Bedauern Ausdruck gegeben, dass man noch immer keine grosse Kokerei und Gasfabrik errichtet habe. Dann kommt die wirtschaftliche und finanzielle Konzentration in Betracht, da diese erlaubt, sich neuen Problemen zuzuwenden. In Basel ist bei den Farbenfabriken ein sehr erfreulicher Anfang gemacht worden, leider bemerkt man vorläufig nichts ähnliches auf elektrochemischem Gebiete. Damit nun die schweizerische chemische Industrie im Auslande richtig vertreten ist, muss sie, dem Beispiele Englands folgend, in der Mehrheit schweizerisch sein. Ferner sollte unter der Mitwirkung aller Banken und aller bedeutenderen Werke eine schweizerische Studiengesellschaft geschaffen werden, die die Absatzmöglich- keiten im Auslande schafft und Rohstoffe erzeugt, damit die Schweiz nicht schlechter als die andern Staaten gestellt ist. Dann ist es unerlässlich, dass die Diplomatie mehr als anhin mit der Industrie arbeite, obschon auch heute mehr geschieht, als der grossen Menge bekannt ist. Es wird in diesem Zu- sammenhang auf ein Referat von Dr. H. David hingewiesen, der die diploma- tische Vertretung der Schweiz im Auslande einer genauen Prüfung unter- zogen hat.!) Die Transportfrage spielt nach der Ansicht des Vortragenden keine so wichtige Rolle, wie man vielfach annimmt, da die Distanzen in den Gross- staaten bedeutender sind und die Schweiz ausgezeichnete Verbindungen mit dem Meer besitzt. Ausschlaggebend ist gemeinsames Handeln und Hintan- setzung von Sonderbestrebungen, auch ist die gründliche wissenschaftliche Bil- dung eminent wichtig. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Zukunftsproblem der schweizerischen chemischen Industrie sehr komplex ist, dass es nicht von Ein- zelnen oder einigen Gruppen gelöst werden kann, sondern unter Zusammen- schluss aller in Frage kommenden Faktoren, es ist ein demokratisches Problem. (Autoreferat.) Dem Vortrag, dem lebhafter Beifall gespendet wurde, schloss sich eine rege Diskussion an. Rektor Prof. Bosshard schliesst sich den Thesen des Vortragenden im wesentlichen an, indem er dessen Darlegungen ergänzt, durch Einblicke, die er in diversen Kommissionen und Versammlungen wäh- rend der Kriegszeit gewonnen hat. Erwähnt seien hiervon: die zentrale schwei- zerische Kokerei wurde gerade von der Basler chemischen Industrie ganz ent- schieden abgelehnt; die Abgabe von Pyrit benutzte Italien als Druckmittel zur Erlangung gewisser Produkte, die sonst von der Schweiz nicht in dem Um- fange abgegeben worden wären; die Walliser Pyrite kommen, was Qualität und Quantität anbelangt, nur für den Notfall in Frage. Direktor Fritz Escher !) Dr. H. David: Die diplomatische und wirtschaftliche Vertretung der Schweiz im Auslande. (Orell Füssli, Zürich 1915. Schweizer Zeitfragen, Heft 45.) Jahrg. 64. Sitzung vom 10. Februar 1919, vl weist bezüglich der Frage der zentralen Kokerei darauf hin, dass das Ausland gerade auf diesem Gebiete die grössten Anstrengungen gemacht habe und noch mache, um nicht mehr Kohlen zu exportieren, sondern deren Verarbeitung selbst vorzunehmen. Dr. E. Ott verbreitet sich darüber, dass das in einer zen- tralen Kokerei erzeugte Gas in der Schweiz nicht wirtschaftlich genug ver- wendet werden könne. Direktor Paul Schläpfer spricht über die rationelle Ausnutzung der Brennstoffe im kleinen, sodass Fälle, in denen nur 40°) Nutz- effekt vorhanden ist, unmöglich werden. Rektor Bosshard hebt endlich noch die aussergewöhnliche volkswirtschaftliche Bedeutung der besprochenen Fragen hervor. Es ist notwendig, unsere technisch gut gebildete Jugend auch national- ökonomisch zu bilden Der Vorsitzende verdankt den Vortrag herzlich. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. Protokoll der Sitzung vom 10. Februar 1919 abends 7'/, Uhr, auf der Schmidstube, Vorsitzender: Dr. E. Rübel. Anwesend 136 Personen. Traktanden: | 1. Die Gesellschaft hat durch den Tod verloren: am 2. Januar 1919 Herrn Prof. Dr. Konrad Brandenberger. Die An- wesenden erheben sich zu seinen Ehren. Heute feiert Prof. Dr. Simon Schwendener in Berlin, Ehrenmitglied der Gesellschaft, seinen 90. Geburtstag. Der Vorsitzende skizziert die wissenschaft- liche Laufbahn dieses hervorragenden Botanikers, die er 1857 als Dozent in Zürich begann. Es ist zu diesem Festtage eine Gratulation an ihn abgegangen. Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr J. H. Escher-Lang, Kaufmann, Hofackerstr. 44, Zürich, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. Herr Dr. Emil Misslin, Chemiker, Privatdoz. E. T. H., Minervastr. 128, Zü- rich 7, empfohlen durch Herrn Prof. Dr. E. Bosshard. Vortrag des Herrn Prof. Dr. J. Strohl: Innere Sekretion und allgemeine Biologie. Die Organisation der lebenden Wesen (Organismen) setzt leitende, ordnende Prinzipien voraus. Neben den an nervöse Bahnen gebundenen Beziehungen, die fördernd oder hemmend das Zusammenspiel der einzelnen Teile regeln, bestehen auch nicht-nervöse, chemische Korrelationen, deren Weg das Zirkulationssystem ist und zu denen die innere Sekretion gehört. Beide Korrelationsarten haben wir uns wohl nicht als prinzipiell verschieden vorzustellen, sind doch auch bei den nervösen Funktionen chemische Prozesse im Spiele. Dem Vergleich des Nervensystems mit einem gewöhnlichen Telegraphennetz, lässt sich etwa ein solcher zwischen innerer Sekretion und drahtloser Telegraphie an die Seite stellen. Während das Nervensystem seine besondere Bedeutung in der Beherr- schung des momentanen Zusammenspieles besitzt, kommen ihm die ‚chemischen Korrelationen offenbar vor allem für das kontinuierliche, stille Aufeinander-Ab- gestimmtsein der Teile zu Hülfe. 4 Da der Begriff der inneren Sekretion immer mehr Anwendung findet, auf 0) w = VII _ Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Gebieten, denen er bis jetzt fremd war und bei Behandlung von Fragen, die besonders auch den Zoologen interessieren, sollte hier geprüft werden, wie weit eine solche Übertragung ohne Bedenken möglich ist. Zu diesem Zweck musste zunächst versucht werden, den Begriff dort zu fassen, wo er entstanden ist. Im Allgemeinen handelt es sich bei der inneren Sekretion um nach innen (Blut, Lymphe) gerichtete Absonderungsvorgänge, die von bestimmten, bis jetzt fast nur bei Wirbeltieren näher gekennzeichneten, drüsigen Organen ausgehen. Als Beispiele wurden in dieser Hinsicht kurz charakterisiert: Schilddrüse, Neben- niere, Pankreas und Geschlechtsdrüsen. Für die wenigsten Organe, denen inner- sekretorische Tätigkeit zugeschrieben wird, besteht zur Zeit tatsächlich ein Nachweis des abgeschiedenen spezifischen Stoffes in den von diesen Organen wegführenden Zirkulationsbahnen. In gewisser Hinsicht am deutlichsten bringt den Charakter dieser Stoffe ein Produkt der Nebennieren, das Adrenalin, zum Ausdruck, das auch bei Wirbel- losen vorzukommen scheint. Es besitzt eine besondere Affinität zum sympathischen Nervensystem und gewinnt dadurch Einfluss auf die zahlreichen von diesem innervierten Organe. Gerade mit den Elementen des sympathischen Nerven- systems gehören nun aber auch die das Adrenalin liefernden Zellen genetisch näher zusammen, und es äussert sich da ein aufeinander hinweisendes Motiv zwischen verwandten Elementen, dem vielleicht allgemeinere Bedeutung für die Vorstellung der inneren Sekretion zukommt, Für gewöhnlich sind die spezifischen inneren Sekrete am besten bekannt unter dem Namen der Hormone, worunter nicht irgendwelche in’s Blut ab- gesonderte Reizstoffe, vielmehr nur solche zu verstehen sind, auf die ein ge- wisses Erfolgsorgan abgestimmt ist. Das Besondere in ihrer Wirkung ist nicht so sehr in der produzierten Substanz selbst gelegen, vielmehr „in der Erwerbung einer spezifischen Empfindlichkeit seitens eines anderen funktionell verwandten Gewebes“ (Biedl), wie dies z.B. in der Beziehung zwischen Adrenalin und sym- pathischem Nervensystem zum Ausdruck kommt. Also nicht beliebig vagabun- dierende Stoffe, die schon irgendwo sich festsetzen werden, sondern an bestimmte Adressen dirigierte „chemische Boten“ (Starling s chemical messengers). Für diese Vorstellung von Auftraggeber und Adressat ist aber nicht mehr Teleo- logisches notwendig als etwa für die Erklärung der Tatsache, dass der feine t weiblicher Schmetterlinge auf weite Entf g 1 gehörigen Männchen rezipiert wird, auch wenn ein ganzer Wall anderer Gerüche dazwischen liegt, für die nur eben die Fühler des Männchens gar nicht empfindlich sind. urch die Betonung ihrer Botennatur werden also nur ganz bestimmte im Blut zirkulierende Substanzen als Hormone zu gelten haben. Die Begriffe „innere Sekrete“ und „Hormone“ decken sich demnach nicht. Auch über diese Differen- zierung hinaus ist es noch wünscheuswert geworden, verschiedene Hormon- kategorien zu unterscheiden und zwar vor allem funktionell wirkende oder Hormone im engeren Sinn (wie etwa das die Tätigkeit des sympathischen Nervensystems beeinflussende Adrenalin) und formbestimmende, morpho- genetisch wirkende oder Harmozone, deren Reizwirkung auf Wachstums- prozesse (der Knochen, Milchdrüsen, Keimdrüsen etc.) gerichtet ist. Daneben ist auch noch, im Anschluss an Gley, die Abtrennung von Parhormonen wenigstens vorläufig, durchaus empfehlenswert. Als solche wären alle jene Sub- Masse ir Barden die als Stoffwechselend- oder zwischenprodukte von enen Geweben aus ins Blut gelangen und zwar bestimmte Reizwirkung en Jahrg. 64. Sitzung vom 10. Februar 1919. IX aber gewissermassen nur im Nebenamt ausüben, wie etwa die bei der Gewebs- atmung entstehende Kohlensäure, die das Atemzentrum anregt, oder der haupt- sächlich in der Leber gebildete Harnstoff, der nach den Nierenzellen gelangt. Bei diesen Stoffen ist der Unterschied gegenüber den Hormonen zunächst nicht scharf erkennbar, denn sie müssen ja auch zu den Geweben, auf die sie als Reiz wirken, eine bestimmte Beziehung haben, für unser Empfinden ist aber eine Verschiedenheit doch soweit vorhanden, dass besonders darauf gerichtete Unter- suchungen gerechtfertigt erscheinen, durch die festzustellen wäre, ob der Unter- schied zwischen ihnen und den Hormonen wesentlicher Art ist oder nicht. Da es sich dabei um Substanzen handelt, deren Wesen und Schicksal sonst gut bekannt ist, dürfte das Studium ihrer Beziehungen zu Atemzentrum resp. Nieren- zellen Aussicht auf Erfolg bieten und dadurch dann auch für das Verständnis des einstweilen unbekannten Wirkungsmechanismus der Hormone selbst allerlei gewonnen werden. Die Existenz verschiedener innerer Sekretkategorien hat zur Folge, dass aus der blossen Feststellung, dass etwas nach innen sezerniert wird, noch kein bindender Schluss auf die Art des Sekretes gezogen werden kann. Dieser Schluss wird noch bedeutend dadurch erschwert, dass die Existenz innerer Sekretion wieder meist nur indirekt erkannt wird durch Feststellung nicht-nervöser Fern- wirkung eines Organes. Die dabei zur Anwendung gelangenden Methoden und Kriterien sind aber, jede für sich allein genommen, kaum eindeutig zu verwerten, wie namentlich das Beispiel der Wirkung von Organextrakten zeigt. Bestehen demnach wesentliche Lücken in den Vorstellungen über innere Sekretion und Hormone schon auf den medizinischen Gebieten, auf denen diese Begriffe entstanden sind, so muss erst recht grösste Vorsicht walten bei der Vor- nahme von Anwendungen auf ein erweitertes Problemfeld. Zunächst ist im Auge zu behalten, dass in allen Fällen, wo von innerer Sekretion bei Problemen der allge- meinen Biologie in der letzten Zeit die Rede ist, es sich um solche handelt, in denen ein Sekret direkt nicht nachgewiesen ist. Es wurden eine Anzahl verschiedenartigster Beispiele vorgebracht, welche die Metamorphose, Neotaenie, Transplantation, sekundäre Geschlechtsmerk- male, physiologische Isolierung, Vererbung erworbener Eigenschaften, Hyper- trophie, Atrophie, Involution, Reg ti dembryonale Entwicklung betreffen. Einzelne dieser Anwendungen, namentlich soweit sie die Geschlechtsdrüsen und (etwa bei der Neotaenie) die endocrinen Blutdrüsen angehen, schliessen eng an das an, was bereits jetzt einen Bestandteil der Lehre von der inneren Se- kretion bildet und wofür demnach das im Vorangehenden Besprochene ebenfalls ohne weiteres Geltung besitzt. Anderes dagegen weist weit darüber hinaus. Letzteres ist dort der Fall, wo angenommen wird, dass jedes Gewebe bei seiner Tätigkeit spezifische Reizstoffe in die nähere oder weitere Umgebung abgibt. Solche Vorgänge sind natürlich denkbar, aber nicht nur sind sie nicht erwiesen, es kämen vor allem dabei chemische Vermittler in Frage, die, wenn sie überhaupt existieren, zum Teil ganz wesentlich vom Charakter der Hor- mone, Harmozone etc. abweichen müssten, indem sie nicht mehr nur das Wachs- tum und die Funktion, sondern vor allem den Differenzierungsprozess, die Ein- schränkung der prospektiven Potenz mitbestimmen würden. Wenn nun zwar gerade die Vorstellung, dass zwei auseinander hervorgegangene, durch Teilung getrennte Zellen zu einander Beziehung behalten, sehr wohl mit dem aufein- anderhinweisenden Prinzip vereinbar ist, das dem Wesen der Hormone eigen Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. . x Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 zu sein scheint, so wird es einstweilen in diesen Fällen doch ratsam sein, nicht durch Anwendung von Begriffen wie innere Sekretion oder Hormonwirkung den Anschein zu erwecken, als ob wir mehr von der Natur solcher vermuteter chemischer Vorgänge wüssten, als tatsächlich der Fall ist. Dagegen scheint die Vorstellung erlaubt, dass allgemein das Zusammenspiel der chemischen Kor- _ relationen; ähnlich wie dasjenige der nervösen, mit zunehmender Entfaltung der Organisation in der Organismenreihe sich mannigfaltiger gestaltet und kom- pliziert hat, sowohl durch Auftreten verschiedener Kategorien von chemischen Antreibern als vor allem auch durch die Art ihres Zusammenarbeitens in Form von über- und untergeordneten, nah und weitreichenden, sowie von antago- nistisch wirkenden Systemen. (Autoreferat.) Die Versammlung spendet dem Vortragenden lebhaften Beifall. In der Dis- kussion spricht Prof. Naegeli über die Wichtigkeit der im Vortrag erörterten Fragen für die Mediziner. Nach seiner Meinung sei die Bleichsucht verursacht durch eine innersekretorische Störung; dieser Fall reiht sich an analoge, die der Vortragende erwähnte. Prof. Zietzschmann spricht über Untersuchungen be- treffend die sekundären Geschlechtsmerkmale und gewisse Erscheinungen bei ‘ Zwillingen des Rindes. Weiter beteiligen sich an der Diskussion die Herren Dr. Schinz, Dr. Naef, Dr. Bretscher. Der Vorsitzende verdankt den Vortrag herzlich. Der Sekretär: Dr. A, Kienast. Protokoll der Sitzung vom 24. Februar 1919 abends 7'/ Uhr, auf der Schmidstube. Vorsitzender: Dr. E. Rübel. Anwesend 130 Personen. Traktanden: 1. Der Vorsitzende teilt mit, dass unser Ehrenmitglied Prof. Dr. Albert Heim zum korrespondierenden Mitglied der Wiener Akademie ernannt worden ist und spricht die Glückwünsche der Gesellschaft zu dieser Ehrung aus. . Am 17. Februar hat sich die Geologische Gesellschaft in Zürich konstituiert. ee werden entgegengenommen von deren Präsidenten Dr. Arnold eim DD [5 . Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Rudolf Frey, eng Hirschengraben 78, Zürich 1, empfohlen durch Herrn Dr. B. Pe Frau Prof. Anna Brandenberger, RER 50, Zürich 6, empfohlen durch Herrn Dr. E. Rübel. Herr Prof. Dr. Eugen Matthias, Plattenstr. 44, Zürich 7, empfohlen durch Herrn Dr. E. Rübel Herr Rinaldo Broggini, stud. rer. nat., Schönleinstr. 7, Zürich 7, empfohlen durch Herrn Walter & Wen Herr Dr. med. Ernst Anderen ae £ empfohlen durch Herrn Dr. E. Rübel. Fräulein Sophie Renner, stud. rer nat., C ‘ arm hlen durch Herrn Prof. Dr. Behrier enstr. 23, Zürich 7, empfo a Gynäkolcgie, Utoquai37, Zürich 8, Jahrg. 64. Sitzung vom 24. Februar 1919, XI 5. Vortrag des Herrn Prof. Dr. Otto Naegeli: Klinische Blutuntersuchungen in biologi schaftlicher Betrachtung Das Blut ist kein Gewebe, weil der Regeneration unfähig; es ist ein Organprodukt und hat daher Beziehungen zu der Tätigkeit aller Organe. Die Probleme der klinischen Haematologie sind z. Teil morphologische, z. Teil physikalisch-chemische, aber in allen Fragen tritt immer mehr die Be- deutung der Kurvenuntersuchung hervor, weil der Verlauf uns die Funktion und das biologische Geschehen widerspiegelt und uns den tiefsten Einblick gestattet. Die Blutmorphologie wird an Hand von Abbildungen dargestellt und die normale stets mit der embryologischen und der pathologischen Blutbildung verglichen. Dabei wird auf die Bedeutung einzelner Befunde für die Diagnose hingewiesen. Die Verschiedenheit der Blutzellen wird durchgeführt nach morphologi- schen, chemischen und biologischen Gesichtspunkten und die Pathologie der Anaemien und Leukaemien auf gestörte Funktion zurückgeführt. Besonders wird hingewiesen auf die biologisch interessante Erscheinung, dass unter krank- haften Einflüssen morphologische und funktionelle Atavismen wieder auftreten (Megaloblasten, Myelocyten, Erythropoese wieder im ganzen Mesenchym, ebenso myeloische Metaplasie). Es wird die Ableitung der Blutzellen (Stammbaum) aus Mesenchymzellen ‚besprochen und es werden die Überschussbildungen (Leukaemien) als Regula- tionsstörungen erklärt, bei denen ein Versagen hormonaler Regulation vor- liegen dürfte, weil eine nervöse Regulation ausgeschlossen erscheint. Eine eingehende klinische Blutuntersuchung ermittelt die Werte für Haemoglobin, rote und weisse Blutzellen, Färbewert, Viskositaet des Blutes, des Plasmas und des Serums, Refraktion von Plasma und Serum und damit die Werte für Albumin und Globulin und den additiven Wert für Wasser, ferner Serumfarbe, osmotische Resistenz, Gerinnung, Blutkörperchenvolumen und Volumen des einzelnen roten Blutkörperchens, endlich die Werte der einzelnen Leukocytenarten. Die Bedeutung dieser Feststellungen für Diagnose und Therapie wird an Beispielen erörtert. Schliesslich werden naturwissenschaftliche Probleme besprochen, wie das Problem, ob die einzelnen Leukocytenformen konstante „Arten“ oder tem- poräre Funktionszustände sind. Dann wird die Variabilität der Zellen erörtert als normale Schwankung und als Einfluss von Toxinen oder schranken- losen Hyperplasien. : Die Hasmorkike wird auf Mutation zurückgeführt, ebenso der hereditäre familiäre haemolytische Icterus (anderes Gen für den Bau der roten Blut- körperchen) und die Chlorose (andere Anlage der Keimdrüse). — Schliesslich wird auf die Funktionsdiagnostik und das Vorkommen biologischer Reaktionen hingewiesen und auf die Fülle der Befunde für die Feststellung einer ea "2. B. der Chlorose, statt einer vagen Vermutung ohne eig Km sch-naturwissen- Der Vorsitzende verdankt den Vortrag herzlich; an der nt des Grossteils der Tatsachen, die er bespricht, hat der Vortragende regen Xu Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Anteil genommen. Prof. Hess erwähnt die Veränderung des Blutbildes bei Änderung der Höhenlage, in der das Individium lebt, spricht von der bisher versuchten Erklärung dieser Tatsache und wünscht die Ansicht des Vortragenden darüber zu erfahren. Prof. Zietzschmann erwähnt Beobachtungen am Pferd, die zeigen sollen, dass Ehrlichs Dualismus, der für den Menschen jetzt unbe- stritten ist, bei Tieren nicht zu gelten braucht. Prof. Naegeli antwortet hierauf, dass bei Änderung der Höhenlage die Vermehrung der Zahl der Blutkörperchen nicht so bedeutend sei, wie früher behauptet worden, und dass seiner Ansicht nach eine bleibende Vermehrung nur soweit eintritt, als sie der Körper braucht. Dann geht er noch auf die von Prof. Zietzschmann herangezogenen Unter- suchungen ein. 6. Der Vorsitzende verliest ein Schreiben des Herrn Ing. A. Jegher, worin dieser Stellung nimmt gegen den von Herrn Prof. Dr. H. Fierz in seinem Vor- trage vom 28. Januar in unserer Gesellschaft gebrauchten Ausdruck „tendenziöse Fälschungen‘. Herr A. Jegher hat darauf in seiner „Schweiz. Bauzeitung* geantwortet unter dem Titel „Zur Steuer der Wahrheit“. Indem Herr Jegher auf diese Äusserung hinweist, hat er Abzüge seiner Rechtfertigung der Gesell- schaft zugestellt und der Vorsitzende lässt davon an die Mitglieder, die sich dafür interessieren, verteilen. Eine Erwiderung, die Herr Prof. Dr. Fierz der Bauzeitung einreichte, aber von dieser nicht aufgenommen wurde, ist auf dessen Wunsch weiter unten abgedruckt. Damit wird die Angelegenheit für unsere Gesellschaft als erledigt angesehen. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. Bericht über die Besichtigung des städtischen Gaswerkes in Schlieren Samstag den 22. Februar 1919. An der Besichtigung nahmen teil 155 Personen in vier Gruppen, unter Führung der Herren: Direktor F. Escher, Ingenieur Ulrich, Ingenieur Ringli und dem Referenten. A. Gaswerk. . Die in Eisenbahnwaggons ankommende Kohle wird teils von Hand, teils mit dem Wagenkipper ausgeladen und gelangt auf gut eingerichteten Transport- anlagen (Elevatoren, Bandförderer ete.) in die Magazine oder direkt auf die Öfen. Die Entgasung vollzieht sich in Retorten, die in zwei Ofenhäusern unter- gebracht sind. Die eine Anlage umfasst zwei Batterien Coze-Öfen zu je 8 Öfen mit je 9 schrägliegenden Retorten und zwei Batterien von je 6 Öfen mit je 18 vertikalen Retorten. Die andere Anlage besteht aus zwei Batterien zu je 5 Öfen mit je 10 vertikalen Retorten. Bei Temperaturen, die sich im untersten Teile der Retorten um 1300° herum bewegen, ist die Entgasung in 12—14 Stunden vollendet. Der Rückstand, der Koks, wird sogleich abgekühlt, maschinell sortiert und kommt als erstes Nebenprodukt zum Verlad. Eine Exhaustoranlage saugt das Hauptprodukt, das Gas, von den Öfen durch die Kühlung ab und presst es ‚den Reinigungsapparaten zu. Hier wird es nacheinander von Teer, Naph- talin, Cyan, Ammoniak und zuletzt in der Trockenreinigung von Schwefelwasser- stoff befreit, wonach es durch die Stationsgasmesser den Gasbehältern zuströmt. Diese vermögen insgesamt 100000 m? zu fassen. Den Behältern folgen die Druck- regler und dann die Versorgungsleitungen nach der Stadt. Das Gaswerk kann in seinem heutigen Ausbau einem maximalen Tages- Jahrg. 64. Besichtigung des städt. Gaswerks in Schlieren. XIH bedarf von 150000 m? Steinkohlengas genügen, was einem Kohlenverbrauch von etwa 450 entspricht. Durch die infolge des Krieges bedingten Einschränkungen ist der Verbrauch auf etwa 80000 m® Mischgas zurückgegangen. Zur Streckung der Kohlenvorräte werden jetzt dem Steinkohlengas Holz- und Torfgas zugesetzt. Da diese Gase aber von geringerer Qualität sind, wird ihnen zur Verbesserung Acetylen beigemischt. Vier Entwickler mit einem Tagesverbrauch von 20—25 t Carbid dienen seiner Herstellung. eben der eigentlichen Gasfabrikation ist die Verwertung der Neben- produkte ein wichtiger Teil eines Gaswerkes. Ausser dem bereits erwähnten Koks kommen hauptsächlich Teer und Gaswasser in Betracht. Der Teer wird nach dem Verfahren von Kubierschky mittelst überhitztem Wasserdampf destilliert, die Öldämpfe werden dann zu Anthrazen-, Schwer-, Mittel- und Leichtöl fraktioniert kondensiert. Den Rückstand bildet Pech von verschiedenem Erweichungspunkt. Das Gaswasser wird teils zu konzentriertem Ammoniakwasser, teils zu schwefelsaurem Ammoniak verarbeitet. Der fühlbare Mangel an Benzol und Toluol legte den Gedanken nahe, diese Bestandteile aus dem daran ziemlich reichen Steinkohlengas teilweise zurückzugewinnen. Die dafür erstellte Entbenzolierungsanlage erreicht das durch einen entsprechenden Waschprozess. Als weitere Nebenproduktenanlage ist die Brikettierungseinrichtung zu nennen. Koksgries wird mit Pech vermischt, dann zu Briketts gepresst und so in reicheres Heizmaterial übergeführt. Eine Schlakenwäscherei, die es er- möglichen soll, unvollständig verbrannten Koks aus den Schlaken auszuscheiden, ist projektiert. Als eigentliche Kriegsmassnahmen können die Abwärmeverwertungsanlagen gelten. Während früher die Verbrennungsgase der Ofen mit Temperaturen von 400-—500° ungenützt dem Hochkamin zuströmten, werden sie heute teil- weise zuerst noch durch einen Garbe-Dampfkessel geleitet und auf diese Weise wirksam zur Entlastung der normalen Kesselanlage ausgenützt. Ein weiterer Abwärmekessel ist im Bau; er wird ausserdem mit einer Zusatzfeuerung ver- sehen, die den Weiterbetrieb auch dann gestattet, wenn die betreffende Ofen- batterie abgestellt ist. Diese Einrichtung kann überdies auf die Torftrock- nungsanlage umgestellt werden. Endlich sollen in nächster Zeit Versuche mit Heranziehung der im glühenden Koks steckenden Wärme zur Dampfproduktion gemacht werden und sogar der Wärmegehalt des Kühlwassers soll der Nutz- barmachung nicht entgehen. Alle im Werk selbst nicht verwendbaren Wärmemengen werden fremden Nutzstellen zugeführt, so der Grossdörranlage und später vielleicht einmal einer städtischen Badanstalt. : ’ : Dass auch den sozialen Bedürfnissen Rechnung getragen wird, zeigen die vorzüglich eingerichteten Wohlfahrtseinrichtungen des Werkes. Diesem sind ferner ein Laboratorium und eine Versuchsgasanstalt ange- gliedert, die sich mit der Kontrolle der ein- und ausgehenden Produkte sowie mit wissenschaftlichen Arbeiten befassen. B. Dörranlage. . Das eingehende Dörrgut wird zunächst einer Aufbereitungsanlage = führt und dort gewaschen und zerkleinert. Der Dörrprozess vollzieht sic ‚in 36 Zellen, die in zwei Reihen angeordnet sind. Die Zellen werden durch in- XIV Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 direkten Dampf erhitzt und können zudem noch mit an besonderen Dampf-, heizkörpern vorgewärmter Luft bestrichen werden. Das Dörrgut wird auf Hürden ausgebreitet, diese auf eiserne Etagenwagen gelegt und darauf in die Zellen eingeschoben. | Die Leistungsfähiekeit der Anlage beträgt 15—17t Grüngut in 24 Stunden. (Referat Dr. E. Ott.) Protokoll der Sitzung vom 10. März 1919 abends 7'/, Uhr, auf der Schmidstube. Vorsitzender: Dr. E. Rübel. Anwesend 79 Personen. Traktanden: 1. Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. D Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Alfred Gyger, Kaufmann, Rigistrasse 61, Zürich 6, empfohlen durch Herrn Dr. Ernst B. H. Waser. Herr August Witzig, Stadtammann, Seewartstrasse 21, Zürich 2, empfohlen durch Herrn Dr. H. Hirschi. Herr Dr. Hans Steiner, Seminarlehrer, Kinkelstrasse 56, Zürich 6, empfohlen ‘ durch Herrn Prof. Dr. C. Schröter. Herr Dr. Charles Gränacher, Ass. a. chem. Institut, Küsnacht (Zch.), empfohlen durch Herrn Dr. H. Frey. Fräulein Gertrud Müller, Hirschengraben 48, Zürich 1, empfohlen durch Herrn Dr. M. Baumann-Naef. Herr Karl Ott, Reallehrer, Hochstrasse 109, Schaffhausen, empfohlen durch Herrn Dr. B. Peyer. 3. Vortrag des Herrn Dr. Jean Stähli: Physikalische und physiko-chemische Probleme aus dem Gebiete der Augenheilkunde. Einleitende Bemerkungen über die Arbeitsmethoden in der Medizin und in der Augenheilkunde im besonderen zu verschiedenen Zeiten, über die Be- deutung der physikalischen und physiko-chemischen Forschungsmethoden und über die Schwierigkeit der Auswertung exakt-wissenschaftlicher Methoden in der Biologie. In der Augenheilkunde gibt es sehr viele und sehr komplexe physikalische und physiko-chemische Probleme, was an einigen fundamentalen Beispielen gezeigt wird, » Das Glaukomproblem. Die moderne Fassung des Glaukombegrifts (Erhöhung der intraokularen Spannung) und die klinische Erscheinung des Glaukoms. Möglichkeiten, die eine intraokulare Drucksteigerung physikalisch erlären (Veränderungen des Augapfelinhaltes, der Augenhülle oder beider) Glaukomtheorien: Die Fishersche Kolloidtheorie (Gesetzmässigkeiten iM Wasserbindungsvermögen einfacher und komplizierter, strukturierter Kolloide Jahrg. 64. Sitzung vom 10. März 1919, XV Hypersekretion und Retention; die Retentionstheorie von Weber und Knies (Verschluss des Kammerwinkels; Beweise, die für die Richtigkeit dieser Theorie sprechen: Anatomische Befunde, Tierexperiment, Erfolge der Graefeschen Iridektomie). Das Schiötzsche Tonometer und seine Bedeutung für die Er- forschung der extraocularen Glaukomursachen, die wohl in der Glaukomgenese als auslösendes Moment usw. wichtig sind: Tension des normalen Auges 12—25 mm Hg., des glaukomatösen 60—90 und mehr mm Hg. Tageskurve des Augendruckes, die sich umgekehrt wie die Temperaturkurve verhält: Erklä- ' rungsversuche: Wechselnde Biutfüllung verschiedener Körperregionen (Starke Durchblutung des Darmes in der Verdauungsperiode); Hertels Experimente über die Abhängigkeit des Augendrucks von der „Blutbeschaffenheit“ resp. der „osmotischen Konzentration des Blutes“, Beziehungen zwischen Augendruck und allgemeinem Blutdruck (Aderlass, Entbindung, Narkose); akute Blutdruck- steigerung und Überhungerung in der Glaukomgenese; therapeutische Wirkung von Aderlass und Purgation. Der Einfluss des zentralen Nervensystems auf die Blutgefässe: Sowohl körperliche als auch physische Vorgänge können Ein- fluss gewinnen auf die Lumenweite der Gefässe und damit indirekt auf den Augendruck; Bedeutung für die Glaukomgenese (Schreck, Kummer etc., in der Anamnese der Glaukomkranken; multipe Glaukomanfälle bei einem Patienten z. B. regelmässig bei Emotion im Theater, bei einem andern immer nach dem Haarschneiden etc.) und für die Erforschung der extraokularen Glaukomursachen (in hemmendem Sinne; die Gefässweite kann z, B. die Blutdruckwirkung para- lysieren). Sekundäre Glaukomprobleme. Beispiel: Vergrösserung des Augapfels wenn das Auge eines Kindes von Glaukom befallen wird (Hydrophthalmus ' oder Buphthalmus der alten Ärzte). Die Vergrösserung des Hydrophthalmus kommt zustande durch Dehnung und aktives Wachstum der Zellverbände. Be- weise für die stattgehabte Dehnung: Verdünnung der Augapfelhülle und Zer- reissungserscheinungen an den Partialmembranen der Hornhaut (Die Haabsche Bändertrübung, ihr anatomisches Substrat in der hintern Glasmembran der Hornhaut, ihre physikalischen Probleme und ihre sekundären biologischen Ver- änderungen). Demonstration von Präparaten. 2. Das Keratoconusproblem. Klinisches über die konische Verbiegung der Hornhaut. Physikalische Erklärungsmöglichkeiten des Keratoconus: Miss- verhältnis zwischen intraokularem Druck und Wandfestigkeit; primär ist offenbar gestört die Wandfestigkeit. Siegrists Hypothese (innersekretorische Störung) und die Hypothese des Referenten, die den Keratoconus vom Standpunkte der Variabilitätslehre erklären will. ’ Sekundäre physikalische Probleme des Keratoconus: Der Fleisch ersche braune Ring, die vertikale Parallelstrichelung (Zerreissungserscheinungen) der Konuskuppe. Lagerung der „Praecipitate* oder „Beschläge“ bei ne — bogenhautentzündung. Es handelt sich um Konglomerate weisser Blut ee die aus der Regenbogenhaut auswandern und sich auf der .._... z estsetzen; entweder gleichmässige Verteilung der Beschläge über die gan XVI Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Hornhaut oder (häufiger) Beschlagensein nur des unteren Quadranten der Horn- haut. Wirkung von Zentrifugalkraft, Schwerkraft und Wärmeströmung in der Vorderkammer des Auges auf corpusculäre Elemente des Kammerwassers (Ehrlichsche Linie; Türks Experimente). (Autoreferat.) Der Vorsitzende verdankt den Vortrag herzlich. In der Diskussion weist Dr. Klinger darauf hin, dass für Glaukom wohl nicht nur eine einzige Ursache bestehe, sondern mehrere, die zu dem bekannten Symptomenkomplex führen. Es wäre daher möglich, dass die Fishersche Theorie, die auch von den Bio- chemikern zum Teil abgelehnt wurde, nicht in allen Fällen zu verwerfen wäre. Der Vortragende antwortet auf Fragen von Dr. Klinger; er erwähnt, dass die Fishersche Theorie in einzelnen Fällen wohl zutreffen könne, in den meisten dagegen nicht, und geht näher auf die Gegengründe ein. Der Vorsitzende teilt noch mit, dass die Vorträge, die im Laufe des Winters der Grippe wegen ausfallen mussten, im Mai nachgeholt werden sollen. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. Protokoll der Sitzung vom 5. Mai 1919 abends 7'/, Uhr, auf der Schmidstube. Vorsitzender: Dr. E. Rübel. Anwesend 189 Personen. Traktanden: 1. Die Gesellschaft hat durch den Tod verloren: am 26. 3. 1919. Herrn Dr. E. A. Grete. am 1. 4. 1919. „ Privatdoz. Desire Korda, Ing. am 5. 4. 1919. „ Privatdoz. Dr. Albert Denzler, Ing. Die Anwesenden erheben sich zu ihren Ehren. 2. Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. 3. Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Eugen Koller, Mühlenbesitzer, Küsnacht, empfohlen durch Herm Dr. Rübel. Herr Karl Gaudenz Jegher, Ing., Kilchberg b. Zürich, empfohlen durch Herrn Prof. Dr. Bosshard. Herr Heinrich Dübendorfer, Stadtkassierer, Hottingerstrasse 25, Zürich T, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. Herr Dr. jur. Willy Schulthess, Vice-Direktor, Dufourstr. 14, Zollikon, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. Herr Viktor C. Rahn, Banquier, Lavaterstrasse 50, Zürich 2, empfohlen durch Herrn W.C. Escher. Herr Albert Ulrich Däniker, stud. phil., Dillileeweg 5, Küsnacht, emp- fohlen durch Herrn Dr. Rübel. Herr Paul Seelig, Chemiker, Mythenquai 4, Zürich 2, empfohlen durch Herrn Prof. Dr. Rikli. Frau Dr. Marie Bindschedler-Laufer, Freiestrasse 120, Zürich 7, emp- fohlen durch Herrn Dr. Rübel. Herr Dr. med. Werner Biber, Arzt, Kanzleistrasse 2, Zürich 4, empfohlen durch Herrn Dr. Aebly. EN ne ee Jahrg. 64. Sitzung vom 5. Mai 1919, XVu Herr Dr. G. Jegen, Schweiz. Versuchsanstalt Wädenswil, empfohlen durch Herrn Prof. Dr. Schinz 1 . Auf den 11. April hat die Gesellschaft zu einer Feier des 70. Geburtstages ihres Ehrenmitgliedes Prof. Dr. Albert Heim eingeladen. Eine grosse Zahl von Behörden, Körperschaften und Freunden fanden sich ein, um dem Ju- bilar zu gratulieren und ihre Verehrung zu bezeugen. Das Heft 1/2 des Jahr- gangs 64 der Vierteljahrsschrift, das ein Komitee von Schülern Heims als Fest- schrift ausstattete, wurde überreicht. Eine grosse Zahl feierlicher und unter- haltender Reden und Darbietungen folgten einander. Mit Bezug auf dieses Fest hat der Jubilar nachfolgenden Brief uns zu- gesandt: An die Naturforschende Gesellschaft in Zürich. In meinem Dankeswort am Festabend des 11. April habe ich versucht, in allgemeinen Worten einigermassen Alle zu erreichen, die an der Feier meines Geburtstages sich beteiligt und dafür gearbeitet haben. Es ist aber unmöglich, dass mir dies gelungen sei. Zudem bin ich erst jetzt mehr und mehr imstande, zu überschauen, welche gewaltige Masse von Organisationsarbeit, Arbeit für Beschaffung von Hülfsmitteln geistiger, technischer und finanzieller Art geleistet worden ist von seiten des Vorstandes, seiner Mitglieder, seiner Einzelbeauf- tragten, von seiten seiner verschiedenen Kommissionen, von der Festschrift- kommission, dem Redaktor der Vierteljahrschrift, den Vielen, die wissenschaft- liche Beiträge und graphische Beilagen geschaffen haben. Die Naturforschende Gesellschaft hat zwei Hefte ihrer Vierteljahrschrift dem monumentalen inhalts- schweren und inhaltsschönen Festband gewidmet, und vieles mehr! Es übersteigt meine Vorstellung und es will mein Gemüt bedrücken, dass man — und das noch in so schweren Zeiten — sich so viel Mühe auferlegt hat! Ich bin in der grössten Verlegenheit, darauf die richtige Antwort zu finden. Einzig das beglückende Bewusstsein kann mir darüber hinaushelfen, dass all’ das mit Herzensfreude geleistet worden ist. So weiss auch ich nichts besseres zu tun, als Sie dessen zu versichern, dass die ergreifende Feier, die Sie mir gewidmet haben, den Rest meines Lebens durchwärmen wird, und dass ich bis an mein Ende in herzlicher Anhänglichkeit und Treue bleiben werde | Ihr aufrichtig dankbar ergebenes Mitglied Alb. Hei Zürich 7, 5. Mai 1919. Heim. 5. Vortrag des Herrn Prof. Dr. Hans W. Maier: Kinematographische Studien der Mimik Geisteskranker. Auch in der Psychiatrie geht das Bestreben dahin, immer mehr exakte naturwissenschaftliche Grundlagen für die Erscheinungsformen der seelischen Abweichungen zu finden. Die grossen Fortschritte der Hirnanatomie, der Untersuchung von Blut- und Rückenmarkstlüssigkeit des Lebenden ar her genaue Beobachtung am Krankenbett haben besonders in den letzten fünfzig Jahren bedeutende Fortschritte in dieser Richtung ergeben. Diese Forschungen werden ergänzt durch die Ergebnisse der noch relativ jungen —_—— Psychopathologie, die wiederum für die Entwicklung der ERDE 7 = malen Seelenlebens von besonderer Bedeutung ist. Während das aien Ä intellektuellen Vorgänge in manchen Richtungen einfacher durchzuführen un XVII Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 deshalb weiter fortgeschritten ist, muss unser Bemühen dahin gehen, Ähnliches für die Erscheinungen des Gemütslebens (Affektivität) zu erreichen. Hier sind die Aufdeckung der Zusammenhänge zwischen Affektleben und Puls, Blutdruck, Atmung etc. zu erwähnen; ferner die experimentellen Assoziationsstudien der Zürcherklinik (Bleuler, Jung etc.), die Messung der Schwankungen eines durch den Körper geleiteten schwachen galvanischen Stromes durch die Affekte (Psychogalvanisches Phänomen von Veraguth) etc. Vortragender hat versucht, kinematographisch die Pantomimik und Mimik Geisteskranker aufzunehmen; durch die Festhaltung dieser Erscheinungen sollen sie einesteils dem Studium der Verschiedenheiten in Art des Ablaufs und Schnelligkeit bei den einzelnen Krankheiten und daneben der leichteren De- monstration im akademischen Unterricht zugänglich gemacht werden. Eine Versuchsreihe stammt aus dem Herbst 1917, eine vollkommenere mit grosser und ziemlich scharfer Wiedergabe von Kopfbildern aus dem August 1918. Die normale Geschwindigkeit betrug 16 Aufnahmen in der Sekunde, wurde aber in der zweiten Versuchsreihe bei einzelnen Kranken bis auf 25 gesteigert. Bei der ersten Anordnung wird in 3 Sekunden ca. 1 Meter Film verbraucht. Während der Aufnahme wurden dem Kranken bestimmte Fragen vorgelegt und die Antworten darauf protokolliert. Die Serie von 1917 umfasst acht Kranke, an denen die für die betreffenden Psychosen charakteristischen Ausdrucks- bewegungen, soweit sie im Bilde sichtbar sind, demonstriert werden. In der zweiten Versuchsreihe wurden acht Patienten alle gleichmässig auf neun ver- schiedene Arten zu einer psychischen Reaktion veranlasst: . Frage: Seit wann sind Sie im Burghölzli? Warum sind Sie hier? & Gefällt es Ihnen hier? * Haben Sie Heimweh nach Hause? u Geschmacksreizung durch Essen einer Aprikose. “ Geruchsreizung durch Vorhalten von Nelkenöl. ö Vorhalten von Amoniak. . Stechen mit einer Nadel. . Akustischer Reiz durch Werfen von Knallerbsen. Die Unterschiede bei den erwähnten Patienten, die an sieben verschiedenen psychischen Störungen leiden, werden vom Vortragenden an den projizierten Films erklärt. In dem Bilde eines verbrecherischen Psychopathen wird das bewusst Gespielte hierbei bedeutend besser dem Beobachter klar als am Le- benden, weil man von der Suggestion, die von dem zu Untersuchenden selbst ausgeht, frei ist und auch nicht durch Nebenerscheinungen abgelenkt wird. Die vorgeführten Films stellen Versuchsreihen dar, nach deren verhältnis- mässig günstigen Ergebnissen in dem Masse weitere Aufnahmen geplant sind, wie die allerdings r echt hohen, hiefür nötigen Auslagen gedeckt werden können. Es ist geplant, sie mit einem erst kürzlich angekündigten Hochfrequenz-Auf- nahmeapparat anzustellen, der bis zu 300 Einzelbildern in der Sekunde liefert. Saint wa für unsere Zwecke 100 Bilder in der Sekunde genügen, wobei cl me einer Hundertstelsekundenuhr eine genaue Bestimmung des zeitlichen Ablaufs der Veränderung möglich sein sollte, (Autoreferat). u Die zahlreiche Versammlung spendete den interessanten Vorführungen leb- haften Beifall. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. en een Jahrg. 64. Rechnung der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich Bericht des Quästors, Bericht des Quästors über die für das Jahr 1918. A. Betriebsrechnung. Einnahmen: Mitgliederbeiträge Neujahrsblätter . Vierteljahrsschriften . Geschenke ee von Behörden und Gesellschaften Zin Ausgaben: Neujahrsblatt Vierteljahrsschrift ee abzüglich Dig = Miete Personalausgaben Verwaltung Diverse Abschluss. Total der Einnahmen Total der Ausgaben . Rückschlag er eisen B. Kapitalrechnung. Einnahmen. Saldo letzter Rechnung insen 5 Übertrag von Stammgutrechnung i Schenkungen und Legate . Anlagekapital » Ausgaben. Übertrag auf Betriebsrechnung (Zinsen) Saldo der Betriebsre mn ng...» : Übertrag auf Pensio Übertrag auf Tilastrationsfonds . 13, 778. 88 1,813. 70 4,500. — 4,463. 25 Fr. 18,681. 20 Fr. 1,911.25 Fr. 20,818. 17 Fr. 18,681. 20 „ 20,818.17 Fr. 2,131. 97 Fr. 14,185. 15 ‚50 XIX XV Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 deshalb weiter fortgeschritten ist, muss unser Bemühen dahin gehen, Ähnliches für die Erscheinungen des Gemütslebens (Affektivität) zu erreichen. Hier sind joe Tg; der Zusammenhänge zwischen Affektleben und Puls, Blutdruck, mung ete, zu erwähnen; ferner die experimentellen Assoziationsstudien der et (Bleuler, Jung ete.), die Messung der Schwankungen eines durch den Körper geleiteten schwachen galvanischen Stromes durch die Affekte (Psychogalvanisches Phänomen von Veraguth) etc. Vortragender hat versucht, kinematographisch die Pantomimik und Mimik Geisteskranker aufzunehmen; durch die Festhaltung dieser Erscheinungen sollen sie einesteils dem Studium der Verschiedenheiten in Art des Ablaufs und Schnelligkeit bei den einzelnen Krankheiten und daneben der leichteren De- monstration im akademischen Unterricht zugänglich gemacht werden. Eine Versuchsreihe stammt aus dem Herbst 1917, eine vollkommenere mit grosser und ziemlich scharfer Wiedergabe von Kopfbildern aus dem August 1918. Die normale Geschwindigkeit betrug 16 Aufnahmen in der Sekunde, wurde aber in der zweiten Versuchsreihe bei einzelnen Kranken bis auf 25 gesteigert. Bei der ersten Anordnung wird in 3 Sekunden ca. 1 Meter Film verbraucht. Während der Aufnahme wurden dem Kranken bestimmte Fragen vorgelegt und die Antworten darauf protokolliert. Die Serie von 1917 umfasst acht Kranke, an denen die für die betreffenden Psychosen charakteristischen Ausdrucks- bewegungen, soweit sie im Bilde sichtbar sind, demonstriert werden. In der zweiten Versuchsreihe wurden acht Patienten alle gleichmässig auf neun ver- schiedene Arten zu einer psychischen Reaktion veranlasst: 1. Frage: Seit wann sind Sie im Burghölzli? a Warum sind Sie hier? , Gefällt es Ihnen hier? . Haben Sie Heimweh nach Hause? je Geschmacksreizung durch Essen einer Aprikose. . Geruchsreizung durch Vorhalten von Nelkenöl. fi Vorhalten von Amoniak. ® Stechen mit einer Nadel. Akustischer Reiz durch Werfen von Knallerbse Die Unterschiede bei den erwähnten Patienten, die an sieben veschkädihen psychischen Störungen leiden, werden vom Vortragenden an den projizierten Films erklärt. In dem Bilde eines verbrecherischen Psychopathen wird das bewusst Gespielte hierbei bedeutend besser dem Beobachter klar als am Le- benden, weil man von der Suggestion, die von dem zu Untersuchenden selbst ausgeht, frei ist und auch nicht durch Nebenerscheinungen abgelenkt wird. Die vorgeführten Films stellen Versuchsreihen dar, nach deren verhältnis- mässig günstigen Ergebnissen in dem Masse weitere Aufnahmen geplant sind, wie die allerdings recht hohen, hiefür nötigen Auslagen gedeckt werden können. Es ist geplant, sie mit einem erst kürzlich angekündigten Hochfrequenz-Auf- nahmeapparat anzustellen, der bis zu 300 Einzelbildern in der Sekunde liefert. Es dürften aber für unsere Zwecke 100 Bilder in der Sekunde genügen, wobei durch Mitaufnahme einer Hundertstelsekundenuhr eine genaue Bestimmung des zeitlichen Ablaufs der Veränderung möglich sein sollte. (Autoreferat). Die zahlreiche Versammlung spendete den interessanten Vorführungen leb- haften Beifall. vsonaunmpm Der Sekretär: Dr. A. Kienast. Jahrg. 64. Bericht des Quästors, Bericht des Quästors über die Rechnung der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich für das Jahr 1918. A. Betriebsrechnung. Einnahmen: a enienge se... ER BB Neujahrsblätter a Vierteljahrsschriften a ae 7 a Geschenke Allan 82. 50 Beiträge von n Behörden und Gesellschaften ...,.:.4800— sen ; 4,463. 25 Pr. 18,681. 20 Ausgaben: Neujahrsblatt ; een 0 #5 LE Vierteljahrsschrift ; \ . Fr. 13,778. 88 abzüglich Beiträge „ 1,813.70 „ 11,965. 18 Mie N RD ee Personälausgaben ee a Rn Verwaltung A „ 1749.29 Dias ; i i : ; ; a m 8.982.456 Fr. 20,813. 17 Abschluss. Total der Einnahmen . . . .....Fr 18.681.20 Total der Ausgaben ": » 20,818.17 Rückschlag R Betsichiranhubeg Fr. 2,131. 97 B. Kapitalrechnung. Einnahmen. Saldo Intator Rechnune ;, » . .. .. 17. 1180.15 n , We i Übertrag von Stammgutrechnung Ei, OD Schenkungen und DR, en a DR - Anlagekapital . a RE Fr. 22,648. 90 Ausgaben. Übertrag auf Be ck ee) - EE 4,463.25 Saldo der Betriebsrechnung rt /l Übertrag auf Pensionsfonds u ER O Übertrag auf Illustrationsfonds ee Fr. 9,634. 72 XX Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. Abschluss. Total der Einnahmen Fr. 22,648. 40 Total der Ausgaben n„.. 9,634. 72 Saldo du Kasilirscinsng Saldo der Kapitalrechnung am 31. Dez. 1917 Saldo der Kapitalrechnung am 31. Dez. 1918 Rückschlag der Kapitalrechnung C. Pensionsfonds. Einnahmen. Übertrag von ne. un Einzahlun ME i Zinse Saldo des edonsinds a D. Illustrationsfonds. Übertrag von Kapitalrechnung E. Stammgutrechnung. Einnahmen. Saldo letzter Rechnung Zinsen a Ausgaben. Übertrag auf Kapitalrechnung Abschluss. Total der Einnahmen Ru Total der Ausgaben. . Saldo der arehnuak Vermögen der Gesellschaft. 1. Anlagen und Barschaft. Saldo der Stammgutrechnung (unantastbar) . Saldo der Kapitalrechnung eg Saldo des Pensionsfonds Saldo des Illustrationsfonds 2. Erratische Blöcke Fr. 13,013. 68 Fr. 14,185. 15 Fr 11924 Fr. 1,039. 50 500. — „. BL60 Fr. 1,591. 10 Fr. 2,000.— Fr. 70,000. — „ : 3,059. 75 Fr. 73,559. 75 Fr. 3,559. 75 Fr. 73,559. 75 3,999. 75 En EN, Fr. 70,000. — „ 13,018. 68 u. E08 10 2,000. — ” Fr. 86,604. 78 1919 a) Erratischer Block, Speerfindling, in Ringwil-Hinwil, erworben um Fr. 29.— laut Kaufbrief vom 5. Juni 1872. b) Erratischer Block, Sernifit, Rötelstein genannt, beim Hof Rotenfluh in Überembrach, erworben um Fr. 36.— laut Auszug aus dem m Grundprotokoll Embrach, Notariat Kloten, 22. Juni 1869 und Abtretungsvertrag vom 29. De- zember 1883. c) Erratischer Block, Alpenschiefer, in Wald, Kt. Zürich, erworben um Fr. 20.— laut Kaufbrief Notariat Wald, 10. Oktober 1872. d) Erratischer Block in der Wolfsgrube Wald, Kt. Zürich, erworben laut. ald. Schenkungsurkunde vom 3. Juli 1869, Notariat W Jahrg. 64. Bericht des Quästors. XXI 3. Druckschriften. Verschiedene Druckschriften in ca. 30,700 Exemplaren, nach Verzeichnis des Herrn Druckschriftenverwalters der Gesellschaft, in Verwahrung der Zentral- bibliothek und der Buchhandlung Beer & Co. Die Betriebsrechnung zeigt gegenüber dem Voranschlag, der einen Rück- schlag von Fr. 800.— voraussah, einen solchen von Fr. 2,131. 97, somit eine Schlechterstellung um Fr. 1,331.97. Hieran partizipieren: mit Mehrausgaben: Neujahrsblat t 5 Vierteljahrsschrift ee N Verwaltung : ; i rs se bir. Diverse Ausgaben . ; a - nm 3482.45 Fr. 4,808. 17 denen gegenüberstehen mi Mehreinnahmen Mitgliederbeiträge 'i.. ‘\. . .... Fr I198- Neujahrsblätter . 2 N _, Vierteljahrsschriften . „ 1,106. 20 Geschenke . ; ; “ 82. 50 Beiträge von Behörden . 180. — Zinsen . s } ; .:4:532108. 85. Pr 8,281. 20 und Minderausgaben: mus. ;:. ee. Personalausgaben : : : ee ei 6. Wie oben Fr. 1,331. 97 Es sei auch an dieser Stelle der Stadt Zürich verbindlichster Dank aus- gesprochen, dass sie in so bildungsfreundlichem Entgegenkommen den vertrag- lichen Beitrag an unsere Gesellschaft von Fr. 1200.— um Fr. 1800.— auf Fr. 3000.— erhöht hat. Aus der Kapitalrechnung wurde der Pensionsfonds ausgeschieden, der sich um die vertragliche Zuwendung von Fr. 500.— plus Fr. 51.60 Zins vermehrt hat. Einem lang gehegten Wunsche des Herrn Redaktors der Vierteljahrs- schrift nachkommend, wurde im weitern aus der Kapitalrechnung ein Betrag von Fr. 2000.— einem Illustrationsfonds zugewiesen. In Anbetracht des düstern Prognostikums, das den Kosten der Vierteljahrsschrift leider in Rücksicht auf die unerhört gestiegenen Druckkosten gestellt werden muss, soll dieser Fonds dazu dienen, die Vierteljahrsschrift auch in Zukunft illustrativ nicht versanden zu lassen. Es herrscht dabei allerdings die Meinung, dass der Fonds nur im Notfalle angegriffen werden dürfe und sich im Gegenteil noch vermehren sollte. Er sei deshalb dem Wohlwollen der Mitglieder zur Aeufnung wärmstens emp- fohlen i Dank eines auch hier aufs beste verdankten Legates von Fr. 1000.— eines verstorbenen Mitgliedes schliesst die Kapitalrechnung nur mit einem Rückschlag von Fr. 1,171. 47. Die Stammgutrechnung ist mit Fr. 70,000.— Kapital unverändert. Der Bestand der Druckschriften hat eine erhebliche Reduktion erfahren indem eine grosse Anzahl Vierteljahrsschriften und Neujahrsblätter zu in zierten Preisen an Mitglieder, Bibliotheken und übrige Interessenten abgege 2 wurden. Eine annähernd genaue Angabe über die Bestände kann nur nac einer neuen Inventuraufnahme gemacht werden. ; XXIV Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 8.10. 18 Traugott Wartenweiler. 80. 10. 18. Forstmeister Paul Hefti. 18. A. Wagener 11.12. 18. MaxF. C. Schoch-Wernecke, Ing. 2. 1. 1919. Prof. Dr. K. Brandenberger. 21. 1. 19. Prof. Dr. Georg Ruge. %. 8 29. Dr. EA. Grete 1. 4& 19 Desire Korda, Ing. 5. 4. 19. Dr. Albert Denzler, Ing. Den Austritt erklärt haben 9 Mitglieder, 7 wurden gestrichen. Neu aufgenommen wurden seit dem letzten Bericht 95 Mitglieder. Am 31. Dezember 1918 zählte die Gesellschaft 13 Ehrenmitglieder Korrespondierende Mitglieder, 489 Ordentliche Mitglieder, 22 Freie ausländische Mitglieder. Infolge der Aufnahmen, diejenigen der Hauptversammlung inbegriffen, zählt die Gesellschaft 514 ordentliche Mitglieder Zürich, 7. Mai 1919. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. Bericht des Redaktors. Der 63. Jahrgang unserer Vierteljahrsschrift umfasst LVI und 582 Seiten und ist wiederum in zwei Doppelheften herausgegeben worden. Das erste Doppelheft ist am 31. Mai, das zweite (Schluss-) Heft am 31. Dezember erschienen. Der ganze Band enthält 4 Tateln und 89 Textfiguren. Tafeln wie Textfiguren sind zum grössern Teil von den Autoren aus eigenen Mitteln bestritten worden. Der Redaktor wird vorraussichtlich noch auf längere Zeit hinaus an die Kosten derartiger Beilagen die Autoren in Mitleidenschaft ziehen müssen. Leider, denn es ist sicherlich eine höchst bedauerliche Sache, dass vielfach wissen- schaftliche Arbeit nicht nur nicht honoriert werden kann, sondern dass im Gegenteil der Wissenschafter noch an die Kosten der Veröffentlichung beizu- tragen hat. Das ist ein schreiender Anachronismus, eine Erscheinung, die nichts weniger als in die gegenwärtigen Zeitläufe passt. Ob wohl alle Berufe Beispiele solcher Selbstlosigkeit aufzuweisen haben ? Die in den 63. Jahrgang aufgenommenen Arbeiten verteilen sich auf die verschiedenen Disziplinen unserer Gesellschaft wie folgt: Physik 1, Chemie 1, Geologie inkl. Mineralogie und Petrographie 3, Zoologie 1, Menschliche Anatomie, Mathematik 5, Botanik 4; hiezu kommen noch die „Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte“, die Sitzungsberichte und das Verzeichnis der Mitglieder der Naturforschenden Gesellschaft, abgeschlossen auf den 31. Dezember 1918. Das Neujahrsblatt, 121. Stück, auf das Jahr 1919, ist von Herrn Professor Dr. M. Düggeli verfasst worden und ist betitelt: Die Schwefelbakterien. Es umfasst 44 Seiten und ist von 4 Textfiguren begleitet. Es waren zur Illustration des Textes vier Tafeln, wovon eine koloriert, vorgesehen, da aber allein schon die Drucklegung des Textes eine Budgetüberschreitung erwarten liess, musste Jahrg. 64. Bericht des Redaktors. XXV leider auf die Reproduktion der Tafeln verzichtet werden. Drei der Tafeln konnten dann in Textfiguren aufgelöst werden, auf die Wiedergabe der kolo- rierten Tafel dagegen mussten Redaktor wie Autor zu ihrem grossen Bedauern verzichten. Die Befürchtungen, die der Redaktor in seinem letztjährigen Tätigkeits- berichte zum Ausdruck gebracht hat, es sei vorauszusehen, dass die Kosten für Papier, Satz und Druck noch Gektörhrh steigen werden, haben sich bereits zur Wirklichkeit verdichtet und die Lage des Redaktors wäre eine höchst peinliche, wenn er nicht auf ein so weitgehendes Verständnis beim Vorstande zählen könnte. Für dieses Entgegenkommen der Gesellschaft seinen Dank auszusprechen, ist ihm Bedürfnis. Der Verkehr zwischen Redaktion und den Autoren einer- und der Druckerei anderseits hat sich reibungslos abgespielt, wie denn auch der Redaktor sowohl den Autoren wie der Druckerei gegenüber zu Dank verpflichtet ist. Allen Wünschen, die sich im Laufe eines Jahres zum Worte melden, gerecht zu werden, ist nicht so leicht, auf der einen Seite soll die Vierteljahrsschrift den Vertretern unserer Diszi plinen an beiden Hochschulen, an den Mittel- und Volksschulen für streng wissenschaftliche Publikationen zur Verfügung stehen, auf der andern Seite wird vielfach die Aufnahme mehr allgemeinverständlicher Abhandlungen und Aufsätze gewünscht. Gewiss, der Redaktor ist gerne bereit, beiden Gruppen zu dienen, es bedarf dazu nur..... der notwendigen Mittel. Mit der Vollendung des ersten Doppelheftes des 63. Jahrganges der Vierteljahrsschrift hat unsere langjährige Geschäftsverbindung mit der Firma Zürcher & Furrer ihren Abschluss gefunden, indem die Druckerei Zürcher & - Furrer, in der die Vierteljahrsschrift und unsere Neujahrsblätter seit einer langen Reihe von Jahren gedruckt worden sind, in Liquidation getreten ist. Im Auftrage des Vorstandes der Naturforschenden Gesellschaft ist der Redaktor _ Mit einer grössern Zahl von Druckereifirmen in Beziehung getreten zwecks Abschlusses eines neuen Druckvertr ages. Auf Grund der. Eingaben, denen ein vom Redaktor entworfener Normalvertrag als Unterlage zu dienen hatte, hat ' dann noch im Laufe des Sommers der Vorstand den Redaktor ermächtigen - können, mit Gebr. Fretz A.-G. in Zürich 8, vorbehältlich der Genehmigung Seitens des Vorstandes, einen Vertrag abzuschliessen, der am 5. August 1918 die Genehmigung des Vorstandes erlangt hat, sodass bereits das zweite Doppel- heft in der Otfizin von Gebr. Fretz A.-G. gedruckt werden konnte. Es geziemt sich doch wohl, dass der Redaktor nicht einfach stillschweigend die Druckerei Zürcher & Furrer aus Abschied und Traktandum fallen lässt, ‚sondern mit wenig Worten der langjährigen gemeinsamen Arbeit gedenkt. i Diejenigen unserer Mitglieder, die die von meinem vortrefflichen Vor- _ gänger im Amte eines Redaktors auf das Jahr 1896 verfasste Festschrift der : Naturforschenden Gesellschaft (1746—1896) besitzen und gelesen haben, wissen, S unsere Gesellschaft nach fünfzehnjährigem Bestehen in den Jahren 1761, 764 und 1766 drei Bändchen „Abhandlungen“ erscheinen liess, die aus der ffizin Heidegger & Ocihparnie‘ hervorgegangen sind. Für ein viertes Bändchen 'urden wohl die ihm einzureihenden Abhandlungen bezeichnet, dessen Druck Ist aber unterblieben. Der Zeit nach folgten auf die „Abhandlungen“ sogenannte ‚Anleitungen‘, über die das Nähere in der erwähnten Festschrift nachzulesen ist. 1825 sodann die „Berichte über die Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft“ (1825 — 1837). 1846 endlich entschloss sich die Gesellschaft Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. r XXVI Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 gedruckte Mitteilungen herauszugeben und setzte sich damit in den Besitz eines wissenschaftlichen Organes, das unter dem Titel „Mitteilungen der Natur- forschenden Gesellschaft in Zürich“ von 1847 bis Ende 1855 in Form zwang- loser Hefte bei der Firma Zürcher & Furrer gedruckt wurde. Im ganzen sind 131 Nummern, auf 19 Hefte verteilt, erschienen. In diese Mitteilungen wurde auch die Fortsetzung der Meteorologischen Beobachtungen unserer Gesellschaft, deren erste 10 Quarthefte bei Orell Füssli & Co. gedruckt worden waren, aufgenommen. | Am 21. Januar 1856 ist sodann die Herausgabe der „Vierteljahrsschritt“ beschlossen worden, deren erster Jahrgang, gedruckt bei Zürcher & Furrer, 1856 erschienen ist. Seitdem ist bis zum Zeitpunkt der Liquidation der Druckerei Zürcher & Furrer, bis 1918, der Druckort nie gewechselt worden. Noch etwas älter sind unsere Beziehungen zu Zürcher & Furrer im Hinblick auf die Neujahrsblätter, deren 46. Stück, verfasst von H. R. Schinz, betitelt „Die Mäuse*, 1844 erschienen und im Laufe des Jahres 1843 bei Zürcher & Furrer zedmeh worden ist. Die Buchdruckerei Zürcher & Furrer wurde auf den i. Juli 1838 von Johannes Zürcher und Heinrich Furrer eröffnet und hatte ihre Lokalitäten in den hintern „Escherhäusern“ im Zeltweg. Einige Jahre darauf siedelte die. Firma in das Haus „zum weissen Kreuz“, in der Brunngasse No. 4 über und als sie im Jahre 1874 den Druck der „Neuen Zürcher Zeitung* übernahm, erwarb sie das Haus „zum kleinen Wellenberg‘, Brunngasse No. 2. Von jeher haben es sich einzelne Glieder der Firma, mit deren Erlöschen ein Stück Alt-Zürich schwindet, ganz besonders angelegen sein lassen, sich speziell auf den Druck wissenschaftlicher Werke (Philologie und Naturwissenschaften) ein- zurichten, so in erster Linie der Grossvater des gr Seniors, der jahrelang Faktor bei Orell Füssli gewesen war, dann in jüngerer Zeit der ebengenannte Senior, Herr Ernst Zürcher. Diesen ee tätigen Männern wie der Firma selbst auch, ist unsere Gesellschaft für das ihr stets entgegen- gebrachte Interesse zu grossem Danke verpflichtet und diesen in bescheidener Weise einigermassen abzutragen, ist der Zweck dieses kurzen Gedenkens. Die zweite Hälfte des Berichtsjahres hat dem Redaktor ungeahnt eine, er darf wohl sagen, gewaltige Melhrarbeit gebracht: Die Festschrift Albert Heim, doch wird es Sache des nächstjährigen Berichtes sein, hierauf einzutreten- Zürich, April 1919. Hans Schinz. Protokoli der Hauptversammlung vom 19. Mai 1919, abends 6‘), Uhr, auf der Schmidstube. Vorktteendee: Dr. E. Rübel. Anwesend: 24 Personen für Traktanden 1—6, n ” n T; 8. Traktanden: | 1. Das Protokoll der letzten Be wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekre 2. Als neues Mitglied wird eg Berr Dr. med. Otto Bank is Arzt, Kappelistr, 35, Zürich 2, empfohlen durch Herrn Dr. E. Rüb Jahrg. 64. Hauptversammlung vom 19. Mai 1919, XXVo 3. Die Rechnung für 1918 wird auf Antrag der Rechnungsrevisoren, der Vor- anschlag für 1919 auf Antrag des Vorstandes genehmigt unter bester Ver- dankung an den Quästor. Der Bericht des Sekretärs wird unter Verdankung genehmigt. Der Bericht des Redaktors wird unter Verdankung genehmigt. Um 7 Uhr findet das Abendessen statt. Der Vorsitzende schlägt im Namen des Vorstandes der Versammlung vor, Herrn Prof. Dr. C. Schröter zum Ehrenmitglied der Gesellschaft zu ernennen. Einstimmig erhob die Versammlung diesen Antrag durch Akkla- mation zum Beschluss. Herr Prof. Schröter dankt herzlich. Es ist der nachfolgende Brief an Herrn Prof. Schröter gesandt worden: Zürich, den 19. Mai 1919. Herrn Prof. Dr. C. Schröter, Zürich. Wir haben die grosse Freude, Ihnen mitzuteilen, dass die heutige Haupt- versammlung der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich Sie zu ihrem hrenmitglied ernannt hat in Anbetracht Ihrer vielfältigen Verdienste um die Gesellschaft. Oft schon haben Sie die Gesellschaft durch Ihre lebhaft empfundenen bilderreichen Vorträge erfreut, auf mancher Exkursion interessante Erklärungen geboten. Seit langer Zeit schenken Sie uns mit Prof. Rudio zusammen in der Vierteljahrsschrift jedes Jahr die Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte. Zweimal waren Sie Präsident unserer Gesellschaft, 1885-90 und 1910—12. In dieser letzten Amtsdauer besonders haben Sie eine weitgehende Tätigkeit für die Gesellschaft entwickelt. Infolge der etwas speziellen Vorträge, die vorher gehalten worden waren, war das Interesse an der Gesellschaft nur in kleinem Kreise rege, der Besuch der Sitzungen ein relativ geringer. Da traten Sie mit der Forderung aut, dass die speziellen Vorträge den einzelwissenschaft- lichen Spezialgesellschaften überlassen werden, dass die N. G. Z. dagegen all- gemein interessierende Vorträge bringen soll, die ihr Wissensgebiet jeweilen zusammenfassend die neuen Ergebnisse in den allgemeinen Rahmen der Er- ‚kenntnis stellen. en wissenschaftlichen Aufschwung unterstützten Sie durch eine rege Werbetätigkeit, indem Sie weite Kreise für unsere Gesellschaft interessierten. ' 178 neue Mitglieder haben Sie in Ihren zwei Amtsjahren aufgenommen, 130 im ersten, 48 im zweiten, während vorher jedes Jahr durchschnittlich nur etwa ein Dutzend aufgenommen worden war. Neben der Freude über das Aufblühen des naturwissenschaftlichen Interesses hat dies auch auf die damals ganz bitter- bösen Finanzen wohltätigen Einfluss gehabt. ee Ein weiteres grosses Ereignis Ihrer erfolgreichen Tätigkeit im Dienste unserer Gesellschaft war die glänzende Durchführung der Jahresversammlung 1917 der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft. Unter den erschweren- den Umständen des Krieges haben Sie als Jahrespräsident die Aufgabe vor- bildlich gelöst. Der Grösse unserer Stadt und unserer Gesellschaft entspechend wurde die Versammlung grosszügig angelegt und durchgeführt. Wir bekamen die grösste je erreichte Besucherzahl, brachten der S. N. G. den grössten Zuwachs an Mitgliedern dar, boten die grösste Zahl von Vorträgen und dazu eine in allen Teilen wohlgelungene Versammlung. Sie, mit Ihrem Ideenreichtum und unermüdlicher Durchführung, taten die Hauptarbeit dabei. a u u re XXVoI Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Für all diese erwähnten Leistungen und noch viele andere dazu ist Ihnen die Gesellschaft von Herzen dankbar. Im Namen der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, Der Präsident: Dr. E. Rübel. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. 8. Der Vorsitzende gibt mit folgender Ansprache Herrn Prof. Dr. A.de Quervain das Wort zum Vortrag „Es bereitet mir eine grosse Freude, dass wir an unserer diesjährigen Hauptversammlung über die Ergebnisse der schweizerischen Grönlandexpedition zu hören bekommen. Diese durch Prof. de Quervain durchgeführte Expedition, bildet ein hervorragendes Ruhmesblatt der schweizerischen Naturforschung. Dadurch ist neben die nordischen Seefahrernationen unser kleines Binnenland als ebenbürtiger Teilnehmer der grossen Aufgabe der Erforschung der Polar- länder getreten. Dadurch kam die alte Forderung einer Durchquerung von Mittelgrönland, wo das Inlandeis in seiner verwegensten Ausbildung zu studieren war, zur Ausführung, nachdem Nansen nur den südlichen Zipfel hatte durch- queren können. „Glanzvoll hat de Quervain die Expedition vorbereitet und durchgeführt. Besonders auf die Vorbereitung möchte ich ein Hauptgewicht legen. Wie manche Expedition, die mit grossem Pomp begonnen, scheiterte an Mangel an Voraus- sicht, wie manche Hilfsexpedition wurde schon nötig wegen mangelhafter Vor- bereitung der Hauptexpedition. De Quervain hatte alles so wunderbar bedacht, dass der vorausentworfene Plan glatt durchgeführt werden konnte und wurde. Es ist dies wirklich ein ganz besonderer Glanzpunkt der Expedition. Unsere N. G.Z. hat einen ganz speziellen Anteil an der Expedition. Es liegt das darin, dass ein Mitglied unserer Gesellschaft diese Tat vollbrachte. So war es nur natürlich, dass sich die Gesellschaft von Anfang an dafür interes- sierte und versuchte, nach Möglichkeit beizutragen. Neujahr 1912 lag uns der ganze Plan vor; Sie finden ihn im Protokoll vom 15. Januar 1912 abgedruckt. Wir haben dann gemeinsam mit der Geogr.-etbnogr. Gesellschaft Zürich einen Aufruf an unsere Mitglieder zur finanziellen Unterstützung der Expedition erlassen. „Nachdem unsere Gesellschaft an den Anfängen und Vorbereitungen mit Interesse sich beteiligt hatte und Prof. de Quervain nach vollendeter Durch- querung uns als ersten in der Schweiz einen Reisebericht vorgetragen hat, freue ich mich, dass er wieder uns zuerst über die Ergebnisse berichtet, die dann in den Denkschriften der S. N. G. niedergelegt werden. „Unsere demokratischen Einrichtungen kennen keine Ordensverleihungen, keinen äusserlichen Prunk; nur im Herzen freuen wir uns der Taten unserer Mitbürger. Und mit einem schlichten Händedruck möchte ich dem Polarforscher den Dank der Gesellschaft ausdrücken für die wissenschaftliche Tat, von deren Glanz auch ein wenig auf unsere Gesellschaft strahlt.“ Vortrag des Herrn Prof. A. de Quervain: Über die Ergebnisse der schweizerischen Grönlandexpedition (mit Lichtbildern). Der Vortragende betrachtet die Mitteilungen, um die er ersucht wurde, als Dankespflicht gegenüber der Zürcher Naturforschenden Gesellschaft, die an erster Stelle jenes Unternehmen gefördert hat. & Jahrg. 64. Sitzung vom 2. Juni 1919. XXIX Die Bearbeitung liegt jetzt abgeschlossen vor und ist im Druck, als Band 53 der Denkschriften der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft; ein Teil, die anthropologischen Ergebnisse, von $ Dr. Hoessli bearbeitet, ist schon erschienen. Im Hinblick auf diese Veröffentlichung mögen hier einige Andeutungen über den Inhalt des Vortrags genügen, in welchem selbst auch nur einzelne Punkte herausgegriffen wurden. Zunächst wurde hingewiesen auf die einzigartige Lage der grönländischen Westküste zwischen dem Kalten Moor und dem Inlandeis. Es folgt daraus eine eigentümliche Monsunzirkulation, welche durch Parallelbeobachtungen der Expedition am Eisrand untersucht wurde. An der Küste konnten verschiedenartige glazialmorphologische Beobach- tungen gemacht werden, auch solche über gehobene Meeresterrassen. Die Westgruppe unter Prof. Mercanton stellte die Eisbewegung des Inlandeises in der Randzone in einer normalen Randpartie fest. Die Resultate der Durch- querung wurden zunächst nach ihrer topographischen Seite betrachtet, an- knüpfend an die vorher vorliegenden Untersuchungen. Zur Beantwortung der befindlichen Erscheinung — musste auf die meteorologischen Resultate, ins- besondere die Bestimmung des jährlichen Niederschlags auf dem Inlandeis eingetreten werden, m fernern wurde der Inlandeisföhn und sein Zusammenhang mit der allgemeinen Zirkulation der Atmosphäre über Grönland untersucht. Die Ergebnisse dieser Strömungsmessungen während der Überwinterung zeigen, dass der grönländische Kontinent trennend in die Zirkulation des Polarwirbels eingreift. Die Höhenentwicklung des Inlandeises und die Grösse dieses stören- den Einflusses scheinen in Beziehung zu einander zu stehen. Das Höherwachsen des Inlandeises arbeitet schliesslich seiner Ernährung entgegen. (Autoreferat.) Lebhafter Beifall dankt dem Vortragenden für die interessanten Dar- bietungen. Prof. Rikli gratuliert dem Vortragenden zu seinem Erfolge und erwähnt noch einiges über die Vegetation, über die Explosionen an den Eis- bergen, über die Temperatur an der Küste Grönlands, über Fata-Morgana- Erscheinungen. Dr. Huber-Pestalozzi fragt, ob die Expedition sogenannten roten Schnee angetroffen habe. Prof. de Quervain antwortet, dass die optischen Erscheinungen zum Beobachtungsgebiet von Prof. Mercanton gehören, der darüber Bericht erstattet und dass roter Schnee nicht angetrofien wurde. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. Protokoll der Sitzung vom 2. Juni 1919 abends 7'/, Uhr im Physikalischen Institut der Universität. Vorsitzender: Dr. E. Rübel. Anwesend: 155 Personen. Traktanden: 1. Das Protokoll der Hauptversammlung wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. 2. Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Friedrich Schönenberger, Ing. Prokurist der Masch.- Fabrik Oerlikon, Allenmoosstr. 11, Oerlikon, empfohlen durch Herrn F. Rutgers. XXX Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Herr Dr. Jakob Menzi, Zehnderweg 10, Zürich 6, empfohlen durch Herrn Walter Biber. Frl. Fanny Wegmann, Lehrerin, Rotstrasse 30, Zürich 6, empfohlen durch Frl. M. Pfister. 3. Von Herrn Prof. Dr. Schröter ist folgender Brief eingegangen, den der Vorsitzende verliest: Zürich, den 22. Mai 1919. An die Naturforschende Gesellschaft in Zürich. Herr Präsident! Hochgeehrte Herren und Damen! Sie haben mir mit der an der letzten Er N en erfolgten Ernennung zum Ehrenmitglied unserer Gesellschaft eine ganz überwältigende Überraschung und eine mächtige Freude bereitet. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen dafür! Wenn es mir im Laufe der Jahre vergönnt war, für unsere Gesellschaft etwas zu sein, so habe ich damit nur zum kleinsten Teil die grosse Dankes- schuld abgetragen, die ich ihr zolle.e Denn es kommt mir jetzt so recht zum Bewusstsein, welch gewaltige Summe von wertvollen bleibenden Anregungen, von erhebendem freundschaftlichem Verkehr, von fruchtbarem wissenschaftlichem Gewinn und von fröhlichen Stunden heiterer Geselligkeit ich der Gesellschaft verdanke, durch den durch sie vermittelten persönlichen Kontakt, durch ihre Veröffentlichungen, durch ihre geselligen Veranstaltungen! Möge unsere geliebte Gesellschaft, treu ihrer ruhmreichen Tradition, die an eine ununterbrochene Kette glänzender Namen geknüpft ist, stetsfort als ein Zentrum geistigen Lebens unserer Stadt ihre segensvolle Rolle spielen. Mit allen meinen Kräften dabei mitzuwirken, wird mir nun eine a heilige Pflicht sein. In aufrichtiger Dankbarkeit Ihr ergebener C. Schröter. 4. Der Vorsitzende begründet den Antrag des Vorstandes, an den Druck der Ergebnisse der schweizerischen Grönlandexpedition eine Subvention von Fr. .— auszurichten. Die mutmasslichen Druckkosten belaufen sich auf r. 14000.—; einen Teil davon übernehmen die Schweiz. Naturforschende ee und andere Gesellschaften und Stiftungen. Der Rest bleibt u Lasten des Organisators der Expedition. Prof. de Quervain dankt für das erneute Entgegenkommen von Seiten unserer Gesellschaft und beantragt vorläufig von diesem Beitrag abzusehen; würde er später noch wünschbar erscheinen, so Könnte die Gesellschalt ja wieder darauf zurückkommen. Die Versammlung beschliesst auf Antrag von Prof. Heim den Beitrag von Fr. 500.—, wenn er nötig werden Bu auszurichten und gibt dem Vorstande Vollmacht, hierüber zu entscheid 5. Vortrag des Herrn Prot. Dr. Edgar a lg gelangen wir zu der We Auffassung. der Elektrizität? (Mit Experimenten). BR ist es eine nur noch wenig bestrittene Kispeischatee Erkenntnis, dass der Elektrizität, ebenso wie der Materie, eine atomistische Konstitution zukommen muss. Der Vortragende versuchte, einige der Wege, auf denen man zu dieser Auffassung geführt wird, durch Experimente zu erläutern. Jahrg. 64. Sitzung vom 2. Juni 1919, AXXI Ausgegangen wurde von den Erscheinungen, die sich bei dem Elektrizitäts- durchgang durch Leiter zweiter Klasse, den sogenannten Elektrolyten, zeigen. Durch einen Versuch wurde das F aradaysche Gesetz verifiziert, nach dem die durch denselben Strom abgeschiedenen Mengen verschiedener Jonen sich ver- halten wie deren Äquivalentgewichte. Die einfachste Interpretation dieses Ge- setzes führt schon dazu anzunehmen, dass in den Elektrolyten ein einwertiges Jon stets die Ladung von 1,56 - 10-20 elm. Einheiten trägt, eine Ladung, die man das elektrische Elementarquantum nennt. Diese Überlegung stellte zuerst Helmholtz im Jahre 1881 an und zwar in seiner berühmten Rede, die er zum Andenken an Faraday vor der Chemical Society of London hielt. Die elektrische Leitfähigkeit der Flammengase führte dann dazu, die Jonen in Gasen näher zu betrachten. Verschiedene Entstehungsweisen wurden vor- geführt, so die Aussendung von Thermionen durch glühende Drähte, die Jonisierung durch Röntgen-Strahlen und die unipolare Leitfähigkeit beim photo- elektrischen Effekt. An Hand des von R. von Helmholtz aufgefundenen Dampf- strahlphä le daraufdie geniale Methode von J.J. Thomson besprochen, vermittelst der es möglich war, auch bei den Gasionen die Grösse des elek- trischen Elementarquantums aufzufinden. Die elektrischen Erscheinungen in gasverdünnten Räumen, insbesondere die Kathodenstrahlen, gestatteten sodann, die Eigenschaften des Elektrons, des nur aus negativer Elektrizität bestehenden Elementarquantums, unbeeinflusst von der ponderablen Materie zu studieren. Durch einen Versuch mit einer Wehneltkathodenröhre in einem bekannten Magnetfelde wurde die spezifische Ladung des Elektrons bestimmt, aus der folgt. dass die Masse des Elektrons rund 2000 mal kleiner ist als die Masse des Wasserstoffatoms. Nur andeutungs- weise konnte auf die weittragenden Schlussfolgerungen eingegangen werden, die man aus diesem Resultate in bezug auf die Konstitution der Materie über- haupt zezogen hat. h em Schlüsse wurde noch eingehend die Methode behandelt, die von Ehrenhaft und Milliken zum Studium des elektrischen Elementarquantums an-, gegeben ist. Da hierbei eine ultramikroskopische Beobachtungsweise ver- wendet wird, so wurde deren Wirkungsweise ebenfalls durch Versuche demon- striert. Messungen, die nach dieser Methode von Herrn Dr. Bär im physika- lischen Institut der Universität ausgeführt wurden, geben ein so eindeutiges und klares Zahlenmaterial, dass an der atomistischen Struktur der Elektrizität zweifelt werden kann. ; c. ao schloss sich noch die Demonstration der beiden a. anordnungen, mit denen im physikalischen Institut der Universität and : en und Herr stud. Luchsinger weitere Untersuchungen über das = ie mentarguantum in Angriff genommen haben. (Au a interessanten Vortrag und den eleganten ‚ Wolfke fragte den Vortragenden nach hungen von Ehrenhaft, in denen chen Elementarquantums seinem Laboratorium Unter- it, dass in gelangt. Der Vortragende teilt mit, tscheidende Ergebnisse über suchungen durchgeführt werden, von denen er en diese Frage erwartet. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. XXX Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Protokoll der Exkursion in den Sihlwald Samstag, den 21. Juni 1919. Vorsitzender: Dr. E. Rübel. Anwesend 62 Personen. Ankunft 12 Uhr 46 Forsthaus Sihlwald. Traktanden: Das Protokoll der Sitzung vom 2. Juni wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. . Die Gesellschaft hat am 27. Mai durch den Tod verloren ihr Ebrenmitglied Prof. Dr.Simon Sehwendener. Die Anwesenden erheben sich zu seinen Ehren. ; 3. Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Frau Dr. 0. Cramer-v. Muralt Jupiterstr. 14, Zürich 7, empfohlen durch Herrn Dr. O. L. Cramer. Herr Ing. Conrad Roth, Direktor des Verbandes schweiz. Gaswerke, Zollikerstr. 10, Zollikon, empfohlen durch Herrn Dr. Schläpfer. Herr Heinrich Bruppacher, Holzexport, Wettingerhaus 1, Zürich 1, empfohlen durch Herrn Dr. Rübel. Fräulein Vera Vogel, stud. med., Zürichbergstr. 6, Zürich 7, empfohlen durch Herrn Dr. Baumann-Naef. Herr Karl Kruck, Baumeister, Sophienstr. 16, Zürich, empfohlen durch Herrn Prof. Dr. R Gerlach. Herr Theodor Bachmann, Ingenieur, Höschgasse 30, Zürich, empfohlen durch Herrn Dr. H. Gams. Herr Dr. jur. Armin Schweizer, Winterthurerstrasse 35, Zürich 6, empfohlen durch Herrn Jul. Gujer-Berchtold. . Vortrag des Herrn Forstineister Tuchschmid und Rundgang durch den Sihlwald mit Abstieg nach Sihlbrugg. gg [5%] > i An Hand einer Karte erläutert der Vortragende die Lage des städtischen Waldbesitzes links uud rechts der Sihl. Er ist vollständig arrondiert unb be- sitzt eine Grösse von 1046 ha. Er hat ca. 1400 mm jährliche Niederschlags- menge gegenüber 1147 mm in Zürich und quer über ihn hin verläuft ein aus- gezeichneter Gewitterzug durch die Schnabellücke. Bei der Gründung des Klosters Fraumünster 853 wurde der Stiftung Wald im Sihltal zugeteilt und zwar der auf dem Höhenrücken zwischen der Sihl und dem See liegende Wald, der sog. Forst. Der Wald am Albishorn gehörte zur Reichsvogtei Zürich; die hohe Gerichtsbarkeit übte der Reichsvogt aus, der Boden und die Nutzung des Waldes gehörten dem Reichshof und dessen In- sassen, d.h. der Gemeinde Zürich. Im Jahre 1309 kam auch die hohe Gerichts- barkeit über das Gebiet an die Stadt, sodass sie von diesem Jahre an unbe- schränkte Herrin des Sihlwaldes ist. Von 1506 bis 1697 wird der Sihlwald durch eine grosse Reihe von Zu- käufen vergrössert. Der bedeutendste Zuwachs fand statt im Jahre 1524, in dem alle Güter des Fraumünsterstiftes und damit auch der „Forst“ in den Besitz der Stadt Zürich übergingen. Durch die politischen Umwälzungen des Jahres 1798 entstand die Frage: Sind die bisher von der souveränen Stadtherrschaft verwalteten Waldungen Eigentum des Staates Zürich oder der Stadt Zürich. Während der Helvetik Jahrg. 64. Exkursion in den Sihlwald. XXXHI handen, die sich bezogen auf Weidgang, Stockrodung, Laubstreusammlung, Lese- holzsammlung. Von 1835-1860 ziehen sich die Bestrebungen und verschiedenen Verträge hin, die durch Waldabtretungen und Geldzahlungen dazu führten, dass von 1860 ab der Fraumünsterforst und Sihlwald vollständig servitutenfreies Eigentum des städıischen Stiftungsgutes sind. Den Hauptbestand der Waldung bilden auf dem rechten Sihlufer Nadel- holzarten, auf dem linken Ufer Laubholzarten, vor allem Buchen. Vom 13. bis zum 16. Jahrhundert herrschten auch auf dem linken Ufer Nadelhölzer vor. Die allmähliche Änderung lässt sich in dem von 1630 bis heute vollständigen Wirtschaftsbuch verfolgen. Sie ist zunächst veranlasst durch den Nutzungs- zweck: die Stadt brauchte mehr Brennholz; andererseits begünstigten die von Mitte des 16. Jahrhunderts an eingelegten Durchforstungen die natürliche Ver- jüngung, speziell der Buchen, die im Sihlwald ganz besondere Wachstumseigen- schaften zeigen. Sie erreichen im 100. Altersjahre eine Höhe bis zu 38 m. Weitaus die gefährlichste aller Schädigungen, die im Sihlwald auftraten, ist der Schneedruck bei Schneefällen im Frühling oder Herbst, so lange die Bäume noch Laub tragen. Eine Katastrophe dieser Art zerstörte am 28. Sept. 1885 ca. 60 ha schönsten Buchenwaldes mit fast 45000 Festmeter Holz. Eine wichtige Aufgabe für die Verwaltung bildet der Transport des Holzes. Im Sihlwald ist die Anlage von Strassen sehr kostspielig. Es sind nur wenige kleine Moränen vorhanden und daher müssen Steine und Kies von weither transportiert werden. Bewährt hat sich eine schmalspurige Waldbalın mit 2-7°/, Gefälle, auf der ein Transport von ca. 10 tu. der Gesellschaft vorge- führt wurde. ; Im Interesse der Bodensicherung und der Erhaltung seiner Produktions- kraft sind in den zahlreichen Wasserläufen Verbauungen angelegt worden, vor- wiegend aus Rundholz, für das durch den hohen Kalkgehalt des Wassers eine natürliche Imprägnierung eintritt. 5. Geologische Mitteilungen von Herrn Dr. J. Hug: Pi anstehende F Bi des Albiskammes und damit des Sihlwaldes besteht aus oberer Süsswassermolasse, die aus einem Wechsel von Mergeln und tonigen Sandsteinen besteht, in die sich in den obern Partien auch Nagelfluhschichten einschalten. Der Fels tritt aber nur an einzelnen Stellen zu Tage, im übrigen haben wir es mit jüngeren Bildungen zu tun, besonders aus der letzten ._. der wir auch in der Hauptsache die heutige Bodengestaltung verdanken. _ Zeit der grössten Ausdehnung der letzten Eiszeit füllte en, " ganze Gebiet zwischen Pfannenstiel und Albis bis zu einer Höhe von en : Zwischen dem vorstehenden Albiskamm und dem Eisrande musste ein un « wasserfluss zwischen Bergkamm und Eismauer abfliessen; wir nn Pas Schmelzwasserfluss die Terrasse in 800 m Höhe und die Bildung = Ai hanges von 800-914 m Höhe. Mit dem allmählichen Rückzug des n = = verminderte sich auch dessen Dieke. Jedes dieser Stadien legte an “ Ben des Albis eine Seitenmoräne an. Zwischen dieser und dem Albis musste XXXIV Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 jeweilen als Werk der am Rande des Eises abfliessenden Schmelzwasser ein Talboden bilden. Im „Tannboden“ und „Kellerboden“ sind Reste einer solchen Seitenmoräne mit entsprechender Abflussrinne gut erhalten, die weitere Fort- setzung derselben nach unten würde das Tal von Rengg zwischen dem Langen- berg und dem Albispass westlich von Langnau bilden. Noch kräftiger gestal- tete sich die Talbildung längs einer etwas jüngeren, auf dem Zimmerberg ge- legenen Endmoräne. Diese am tiefsten eingeschnittene Rinne, das Sihltal. dient heute noch zur Entwässerung des ganzen Gebietes. Nach der Eiszeit mussten sich an dem zu steilen Osthang des Albis Rutschungen einstellen, wo- durch an vielen Stellen das Moränenmaterial mit den Verwitterungsprodukten der Molasse zu fruchtbarem Waldboden vermischt wurden. (Autoreferat.) Protokoll über die Exkursion in die Fabrik und Gutswirtschaft Maggi in Kempttal und rg auf die Kybu Samstag, den 13. September 1919. Vorsitzender: Dr. E. Rübel. Teilnehmer: 50 Personen. Traktanden: 1. Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Dr, phil. Ernst Rosenbohm-Bindschedler, Scheuchzerstr. 22, Zürich 6, angemeldet durch Herrn Dr. J. Lifschitz. Herr Dr. phil. Paul Adrian, Versicl ji tiker, Stockerstr. 41, Zürich 2, angemeldet durch Herrn Dr. E. Rühel. Herr Dr. med. et phil. Paul Vonwiller, Prosektor am Pre Institut» Anatom. Institut Zürich, angemeldet durch Herrn Dr. B. P Herr Max Aebi, dipl. ea Bergstr. 132, Zürich 7, durch Herrn Prof. Dr. E. Herr Hans Müller, Ze 5, Zürich, angemeldet durch Herrn Dr. E. Rübel. Fräulein Dr. phil. Clara Zollikofer, obere Zäune 4, Zürich, angemeldet durch Herrn Prof. A. Ernst. . Ankunft in Kempttal 7 Uhr 43. Führung durch einige zur Demonstration sich eignende Abteilungen der Fabrik mit Erklärungen der Herren Dr. Ruck- stuhl, Dr. Holzmann, Dr. Schleich, Ing. Ruf. Die Gemüsewäscherei und Trocknerei, in der soeben Wirz und Zwiebeln verarbeitet wurden, zeigen, wie es durch Mischung von Maschinen- und Hand- arbeit möglich ist, ein reines völlig gleichmässiges, wohlschmeckendes Produkt herzustellen. Zur Aufbewahrung von Erbsen sind Silos von 80000 kg Fassung vor- handen. Von da gelangen die Erbsen in die Putzerei und Wäscherei. Magnete entfernen etwa vorhandene Eisenteile; dann passieren sie Röstapparate und werden schliesslich gemahlen / Die Fabrik stellt gepresste und ungepresste Suppen- und Bouillonwürfel her- In der Abteilung für Fassonierung werden sie in genau abgewogenen Teilmengen verpackt. Dies geschieht durch ausserordentlich sinnreiche Ma- schinen, die von der Fabrik selbst hergestellt werden und erst im Laufe der Zeit die gegenwärtige hohe Ausbildung erlangten, Bei den neuesten Maschinen st Handarbeit ganz ausgeschaltet. Es ist nur noch nötig, den regelmässigen Gang der Maschine zu überwachen. [5) Jahrg. 64. Exkursion in die Fabrik Maggi und auf die Kyburg. AXXV Eine Wägemaschine kontrolliert die fertig verpackten Suppenstangen und schaltet zu leichte aus. Durch eine Zählmaschine werden die Bonillonwürfel gezählt für die Abfüllung in Blechbüchsen. In der Abteilung für Spedition werden aus dem Magazin die Bestellungen zusammengestellt und in Kisten verpackt. Auf jedem Arbeitsplatz findet sich eine Öffnung des Staubsaugers. Der Raum ist beleuchtet durch eine ca. 40 m lange Röhre für Moorelicht, die ca. 3000 Kerzen Lichtstärke entwickelt und mit 22000 Volt betrieben wird. Die nötigen Kisten werden in der Fabrik mit Hilfe von sinnreichen Ma- schinen hergestellt. 3. Besichtigung der Gutswirtschaft unter Führung durch deren Leiter Herren Nationalrat Bertschinger und Viceverwalter Brunschweiler. Die Landwirtschaft wird betrieben auf ca. 1500 Juchart, Weide und Wald inbegriffen. Dazu gehören drei Alpen, zwei beim Hörnli, eine am Stoss (Kt. Schwyz). Sie enthält gegenwärtig ca. 330 Stück Rindvieh, ca. 50 Schweine und ca. 20 Pferde, Jungtiere inbegriffen. Infolge der Anbaupflicht für Getreide und Kartoffeln und des Fehlens von Kraftfutter musste der Rindviehbestand um ca. 150 Stück vermindert werden gegenüber dem Bestand vor dem Kriege. Die Milch wird zunächst verwendet für die Arbeiter der Fabrik, zur Aufzucht des Jungviehs und der Rest geht nach Winterthur. Für die Düngung sind bei den Ställen ca. 1000 m’ Jauchegruben vorhanden und an verschiedenen Stellen der Felder noch weitere ca. 700 m* Jauchegruben, zu denen von einem grossen Wasserreservoir aus Leitungen hinführen, Auf dem Rundgang sah die Gesellschaft Felder von Blumenkohl, sm Lauch, Kabis, Stangenbohnen mit Kabis als Zwischenpflanzung, ferner in Tätigkeit einen Motorpflug, eine Sämaschine, Eggen und Walzen. 4. 12 Uhr Mittagessen im Restaurant Hammermühle. 5. 1 Uhr 15 bis 2 Uhr 30 Aufstieg zur Kyburg. Vortrag im Schlossgarten von Herrn Prof. Dr. H- Leemann über die Geschichte der Burg und ihrer Be- wohner. Nachher Führung durch aie Burg mit Erläuterung der ge ” Die Kyburg wird zum erstenmal genannt Im Jahre 1027. Durc ar Bird kam sie 1065 an den Grafen von Dillingen, dessen wa - = Ft dillingischen und die kyburgischen Güter teilten, wobei ip ie u . letztern Grafen von Kyburg nannten. Hartmann Ill. von Ky n er Erbin der Güter der Grafen von Lenzburg und sein Sohn nn. die Genfäh des mächtigen zähringischen Herzogsgeschlechtes. Dadurch bar en von Kyburg die mächtigsten Herren in unserer Gegend u e ai 1264 und als nächster Verwandter erhob Rudolf von Habs .. r ur das Erbe, die er mit Erfolg durchzusetzen wusste. . er Es EEE österreichische Vögte die Burg; später wurde wa > re ein zürche- ERC Horreß, dagn Su ZB TIERE die :h in den vollen Besitz der rischer Vogt nachweisbar. 1499 gelangte Zürich Versenden Rundgang durch das Schloss wies der a eo diejenigen Bauteile hin, die durch ihre ee nal tierung ihrer Entstehung eriauben oder über ne ‘2 ahlreiche Umbauten Nachrichten vorliegen. Im Laufe der Jahrhunderte en i ER eichäh, ausgeführt worden, durch die sie ihr mittelalterliches 5 er BE 1917 hat der Staat Zürich mit Unterstützung der Städte XXXVI Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 und der Eidgenossenschaft die Burg angekauft und es besteht der Plan, soweit es die Mittel gestatten, den Bau von den schlimmsten neueren Zutaten zu befreien. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. Protokoll der Sitzung vom 27. Oktober 1919, abends 8 Uhr, auf der Schmidstube. Vorsitzender: Dr. E. Rübel, Anwesend 114 Personen. Traktanden: 1. Das Protokoll der Exkursion in den Sihlwald und das Protokoll der Exkur- sion in die Fabrik und Gutswirtschaft Maggi in Kempttal und auf die Kyburg werden genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Se- kretär. 2. Die Gesellschaft hat durch den Tod verloren: am 23. Juni 1919 Herrn Dr phil. Otto Kym und im Laufe des-Sommers ihre langjährigen Mitglieder und Ehrenmitglieder Dr. Paul Choffat, Lissabon und Prof. Dr. Th. Reye, Würzburg. Die Anwesenden erheben sich zu Ehren der Verstorbenen. 3. Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Dr. phil. u. Dr. techn. h. e. TraugottSandmeyer, Forchstr. 22, Zollikon, eingeführt durch Herrn Heinrich Müller. Herr Hans Glättli, ri, Neptunstasse 45, Zürich 7, eingeführt durch Herrn Prof. Dr. W. F Herr PaulStaub, dipl. Ellen Rue Bergalonne 8, Genf, eingeführt durch Herrn Dr. E. Rübel. Herr Dr. Alfred Steinmann, Ass. a. Inst. u. allg. Botanik, rege 16, Zärich, eingeführt durch Herrn Dr. E. Rübel. 4. Der Vorsitzende, als Delegierter unserer Herten an die Jahresversamm- lung der Schweiz. Naturf. Ges. in Lugano macht Mitteilungen über die Trak- tanden der Delegiertenversammlung. 5. Vortrag von Herrn Doz. Dr. Anton Bühler: e Arteriosklerose als biologisches Problem Die Naturwissenschaft anerkennt heute ein physiologisches Aufhören für alle Lebewesen; die Naturnotwendigkeit des Todes ist uns Erfahrungstatsache. Zum Verständnis des natürlichen Todes muss uns das Alter führen. Beim Menschen treten die Erscheinungen des Alterns beim Arteriensystem mit besonderer Deutlichkeit hervor. Weil dasselbe vorzugsweise auf mechanische Beanspruchung eingestellt ist, kann bei ihm das Fortschreiten des Alterspro- zesses mechanisch gemessen werden. Das Altern der Arterien vollzieht sich unter dem Bilde der Arteriosklerose, woran allerdings auch oft Krank- heitsprozesse mitbeteiligt sind. Von den verschiedenen Theorien über das Wesen der Arteriosklerose gilt heute diejenige von Marchand, der sie als Degeneration auffasst. Unter ihren Ursachen werden genannt: Chronische Giftwirkung (Alkohol, Nikotin, gewerbliche Gifte); Infektionskrankheiten (Typhus, Blattern, auch Grippe); chro- nische Nierenkrankheiten ; Abnutzung durch physikalische Beanspruchung (Blut- drucksteigerung). Auf sie alle reagiert die Arterienwand in gleichartiger Weise. Die allgemeinste Ursaehe liegt in der Beschaffenheit der Arterie selbst (Ver- erbung, Altersdisposition). Jahrg. 64. Sitzung vom 27. Oktober 1919. XXXVU Anatomisch spielt in der Struktur der Arterie das elastische Gewebe die bedeutendste Rolle. Physiologisch ist ihre wichtigste Eigenschaft die ela- stische Dehnbarkeit. Verwöge der Dehnbarkeit bildet das Arteriensystem das Reservoir für die vom Herzen ausgetriebene Blutmenge. Vermöge seiner Elastizität setzt es die periodische Herzarbeit um in kontinuierlichen Druck auf das Arterienblut (Blutdruck). Die Arteriosklerose ist eine Erscheinung des fortgeschrittenen Alters: unter 40 Jahren als seltene Ausnahmefälle, über 50 kaum jemals fehlend. Ihre ersten Anzeichen treten in der Gefässinnenhaut auf als Fettablagerung und Degeneration speziell der elastischen Elemente. Weiter kommt es zu Wuche- rungen der Innenhaut und Übergreifen der Degeneration auf die Muskelhaut, und endlich zu Verkalkung. Die Arterie verliert so ihre physiologisch not- wendige elastische Dehnbarkeit. Dem entsprechen die klinischen Folgen: die Blutversorgung der Körper- oreane wird unzureichend. Darunter leidet der ganze Körper: Alters- schwäche. Die Arteriosklerose ergreift meist einzelne Körperteile in ver- schiedenem Grade: Extremitäten (Minderung der Muskelleistung); Herz (Herz- schwäche, Pulsunregelmässigkeit, Herzangst, Herztod);, Nieren (Nieren- schrumpfung, Urämie); Gehirn (Schwindel — Kopfsel Gedächtnisschwäch Greisenblödsinn; Schlaganfall). Folgeerscheinungen der Arteriosklerose sind also langsames Abnehmen der Lebensfähigkeit im Alter und Alterstod. Lebenslauf der Arterien: Die anfänglich dünnwandigen Schläuche erhalten mit Beginn der fötalen Herztätigkeit stärkere Wandungen. Mit zunehmender physikalischer Beanspruchung tritt elastisches Gewebe auf (elastische Innenhaut im 4. Fötalmonat), das zunimmt bis zum Ende des Körperwachstums im 20.- 30. Lebensjahr. Bald nachher mit Herannahen des Alters beginnt das elastische Gewebe zu entarten (Analogien: Welken der Haut, Lungenemphysem) und nachzugeben. Die Arterienwand wird kompensatorisch verstärkt durch Fasergewebe und schliesslich Kalkablagerung. Der natürliche Altersprozess der Arterie führt zur Arteriosklerose. Deshalb werden alte Schlagadern weiter, geschlängelt, sichtbarer. Der Blut- druck steigt, auch bei gesunden Adern, mit zunehmendem Alter, stärker noch meist bei Adernverkalkung. Denn die elastische Kapazität, ausgedrückt durch die Dehnbarkeitekonstante der Arterien, nimmt mit den Jahren und der zunehmenden Sklerose kontinuierlich ab. Diese Angaben werden durch Zahlen und Kurven belegt. Aber auch Erhöhung des Blutdruckes und Erweiterung der Arterien können im Alter nicht mehr die volle Blutversorgung ch auf abnehmende Lebenstätigkeit fluss auf den Körpe . D ‘ ist ein Wegweiser zur Erkenntnis des wichtigen bio Alter und Tod. In praktischer Hinsicht ist zu sagen, dass der Altersprozess und damit das Altern der Arterien durch keine ärztliche Kunst verhindert werden kann, dass es aber dieser gelingt, das vorzeitige Auftreten der Arteriosklerose und ihr allzurasches Fortschreiten zu verhüten und daraus resultierende Alters- beschwerden zu mildern. (Autoreferat.) XXXVII Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 In der Diskussion erwähnt Prof. W. Frei, dass die Ablagerung der schwer löslichen Kalksalze im Körper mit der Verschlechterung der Löslichkeits- bedingungen für sie in Zusammenhang gebracht worden sei. Es ist bekannt, dass Eiweisskörper die Löslichkeit jener Salze erhöhen. Daher lässt sich ver- muten, dass eine Veränderung der Kiweisstruktur des Körpers zur Ausfällung jener Salze führt. Der Vorsitzende verdankt den interessanten Vortrag bestens. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. Protokoll der Sitzung vom 10. November 1919 abends 8 Uhr, im Physikalischen Institut der Universität. Vorsitzender: Dr. E. Rübel. Anwesend 123 Personen. Traktanden: 1. Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an den Autoreferenten und den Sekretär. . Die Gesellschaft hat am 8. November 1919 durch den Tod verloren ihr lang- jJähriges Mitglied und verdientes Vorstandsmitglied Prof. Dr. Karl Egli. Die Anwesenden erheben sich zu dessen Ehren. . Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Fried. Arthur Schöller, Kaufmann, Parkring 53, Zürich 2, an- gemeldet durch Herrn Dr. W.v. Muralt. Herr Dr. phil. Joh. Jakob, Ass. mineralchem. Labor. d. E. T. H., Museum- str. 2, Zürich 1, angemeldet durch Herrn Dr. Rübel. Herr Dr. med. Alfred Meyer, Arzt, Zollikon, angemeldet durch Herrn Dr. G. Huber-Pestalozzi. Herr Dr. med. Joh. Rutgers, Arzt, Zürichstr. 11, Oerlikon, angemeldet aurch Herrn Dr. Behn-Eschenburg. Herr Otto Felix, Tierarzt, Direktor der Vereinigten Zürcher Molkereien, Stauffacherquai 4, Zürich 4, angemeldet durch Herrn Prof. Dr. W. Frei. Herr Dr. med. Arnold Hofmann, Arzt, Reinacherstrasse 9, Zürich 7, an- gemeldet durch Herrn P. Naef-Werner. 4. Vortrag von Herrn Prof. Dr. H. Greinacher: echselstromversuche. (Mit Demonstrationen.) . Im ersten Teil des Vortrages wurden zur Einführung einige Versuche über die Eigenschaften des Wechselstroms gebracht. Lässt man vor einer Draht- schleife, deren Enden mit einem Galvanometer verbunden sind, einen Stab- magneten rotieren, sodass sich in regelmässiger Folge bald der Nordpol, bald der Südpol der Schleife nähert, so entsteht Wechselstrom und damit eine hin- und hergehende Bewegung des Lichtzeigers. Dasselbe geschieht, wenn die Drahtschleife rotiert und der Magnet feststeht. Lässt man die Rotationsgeschwin- digkeit und damit die Frequenz des Wechselstroms wachsen, so nimmt die Grösse der Lichtzeigerbewegung immer mehr ab und verschwindet schliesslich fast ganz Der Galvanometerzeiger kann der raschen Stromänderung infolge seiner Trägheit nicht mehr folgen. Auch ein Dauerausschlag entsteht nicht, da die algebraische Summe der in Bewegung gesetzten Elektrizitätsmengen gleich null ist. Um auch den zeitlichen Verlauf rasch verlaufender Wechsel- ströme sichtbar zu machen, wurde die Ablenkung eines Kathodenstrahlenbündels D = Jahrg. 64. Sitzung vom 10. November 1919. XXXIX gezeigt. Auf dem Fluoreszenzschirm erblickt man die Bewegung dieses träg- heitslosen Lichtzeigers. Die Schwingungen erfolgen hier so rasch, dass man eine scheinbar ruhende Linie beobachtet. Im rotierenden Spiegel löst diese sich jedoch in eine Wellenlinie (Sinuskurve) auf. Für den zeitlichen Verlauf der Wechselspannung gilt also dasselbe Gesetz wie für eine Pendelschwingung. Die Wechselstromkurve kann jedoch auch eine ganz andere Gestalt haben. wie z. B. der Strom 1. aus einem offenen Transformator, 2. aus einem Induktor mit Neefschem Hammer zeigt. Ebenso lassen sich mit der Gehrkeschen Glimm- lichtröhre und rotierendem Spiegel zeigen, dass auch der Strom aus ein und demselben Induktor bald sinusförmig, bald ganz unsymmetrisch (steile und flache Halbwellen) sein kann, wobei aber beide Halbwellen stets gleiche Fläche besitzen. Eine Auflösung der Wechselstromentladungen ohne rötierenden Spiegel ermöglicht die Hörnerblitzableiter-Vakuumröhre. Nicht nur leuchtende Entladungen, sondern auch materielle Systeme können unter Umständen genügend geringe Trägheit besitzen, um dem Wechselstrom noch folgen zu können. In dem vorgeführten Vibrationselektrometer befindet . sich ein Platinfaden von5 « Dicke (durch Projektion etwa 1000 mal vergrössert). Das Instrument ist mit einer Induktionsspule verbunden. Bringt man in einigem Abstand davon eine zweite induzierende, von städtischem Wechselstrom durch- flossene Spule an, so entsteht, je nach der gegenseitigen Orientierung der beiden ‘Spulen zueinander eine mehr oder weniger starke Verbreiterung des Elektro- meterfadens (Vibration). Die elektromaznetische Wirkung wird fast ganz ver- nichtet, wenn man über die induzierende Spule einen Metallzylinder stülpt (sog. Schirmwirkung). Sogar die elektrostatische Induktion durch die im Auditorium brennenden Glühlampen liess sich nachweisen, indem man auf das Elektrometer einen vertikalen Dıaht (Antenne) aufsetzte. Bei den höheren Frequenzen der drahtlosen Telegraphie gibt auch das Vibrationselektrometer nur einen kon- stanten Dauerausschlag, ganz ebenso wie dies beim Braunschen Elektrometer schon bei 50 Perioden der Fall ist. Im zweiten Teil des Vortrages wurde nun gezeigt, dass durch mannigfache Methoden die Flächen der beiden entgegengesetzten Halbwellen ungleich ge- macht werden können. Man erhält dann einen Überschuss an elektrischer Strömung in der einen Richtung, d.h. ein Teil des Wechselstroms (ev. der ganze) wird in Gleichstrom verwandelt. Welch geringe Unsymmetrie in der Anord- nung schon genügen kann, um Gleichrichtung zu erhalten, zeigen folgende zwei Versuche. Zwei Metallstifte tauchen ganz symmetrisch nebeneinander in eine Bunsenflamme. Beim Anlegen des Wechselstroms zeigt das Galvanoıneter ZU- nächst keinen Ausschlag. Man hält jetzt unter die eine Elektrode eine Natrium- salzperle (gelber Dampf). Sofort tritt ein lebhafter Ausschlag auf, dessen Rich- tung sich umkehrt, sobald die Salzperle unter die andere Elektrode gebracht wird. Analog erhält man bei einem Wechselstromlichtbogen zwischen zwei Kohlen keine Gleichrichtung. Bringt man jetzt einen Glasstab an die eine Kohle, sodass wiederum etwas Natriumdampf entsteht, so tritt Gleichstrom auf, jedoch in entgegengesetzter Richtung wie beim Flammenexperiment. Erklärung: Ver- nichtung des kathodischen Widerstandes bei der Flamme, des anodischen beim Flammenbogen. Die Hiäketen Gleichrichtereffekte entstehen infolge einer Ungleichheit ‚der Elektroden. Vorgeführt wurde die sog. elektrische Ventilröhre, der Typ eines Hochspannungstrichters. Die demonstrierte Röhre hat die Eigentümlichkeit, XL Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 dass man ihre Ventilwirkung nach Belieben bald in der einen, bald in der an- dern Richtung erhalten kann. Durch Drehen der Röhre um 180° kann die Stromrichtung umgekehrt werden: Aufleuchten bald der linken, bald der rechten Hälfte der sog. Trichterentladungsröhre. Die Wirkung einer technischen Ventilröhre wurde an zwei Demonstrationsröhren gezeigt, 1. der Glühlampen- röhre: Aufleuchten der einen Glühlampe bei Einschaltung des Ventils, Auf- leuchten beider bei Wechselstrom, 2. der Kathodenglühampe: Aufleuchten eines oder zweier Nernststifte. Hierauf wurde zu Wechselstromversychen an Selenzellen übergegangen. Es wurde gezeigt, dass ein Gleichstrom, den man durch eine solche Zelle schickt, verstärkt wird, sobald man Wechselstrom hinzuschaltet. Der Widerstand der Zelle scheint also während der Dauer des Wechselstroms vermindert zu sein, schnellt aber nachher wieder auf seinen ursprünglichen Wert hinauf. Dies er- innert vollständig an den analogen Lichteffekt am Selen. Trotz der weitgehenden Analogie zwischen den beiden Effekten hat es sich jedoch nach eingehender ‚Untersuchung herausgestellt, dass der Wechselstromeffekt im Selen als Gleich- richtereffekt besonderer Art aufzufassen ist. Auch ohne Verwendung von Gleichstrom erhält man eine Gleichrichtung im Selen, wenn man statt sinusförmigem Wechselstrom solchen aus einem In- duktorium mit Neefschem Hammer durch die Zelle schickt. Die Richtung des entstehenden Gleichstroms kommutiert sich mit der des Wechselstroms. Be- dingung für das Auftreten der Gleichrichtung ist hier einzig, dass die beiden Halbwellen der Wechselspannung ungleiche Höhe (bei sonst gleicher Fläche) aufweisen. Auch der Strom eines mit sinusförmigem Wechselstrom gespeisten Transformators lässt sich verwenden, falls man in den Primärstrom eine Graetz- sche Ventilzelle einschaltet und damit den Sekundärstrom verzerrt. Die Richtung des Gleichstroms lässt sich wiederum durch Kommutieren der Graetzschen Zelle umkehren. Eine Selenzelle ist also ein Indikator fürdie Unsymmetrie derWechsel- stromhalbwellen. Die Verhältnisse im Selen lassen sich durch ein hydrodynamisches Modell veranschaulichen. Man muss nur annehmen, dass der Rohrquerschnitt der Leitung kein konstanter sondern ein vom hydrostatischen Druck abhängiger ist (Kaut- schukschlauch). Dies entspricht dem Umstand, dass der Selenwiderstand eine Funktion der angelegten elektrischen Spannung ist. Ganz allgemein tritt die genannte Gleichriehtung immer dann auf, wenn das Ohmsche Gesetz für einen Leiter keine Gültigkeit hat. Hieraus resultiert eine äusserst einfache Methode, um die Gültigkeit des Olimschen Gesetzes für irgend einen Körper nachzuweisen. Die Ungültigkeit für Ga-entladungen ist z. B. an der Glühlampenröhre zu ersehen. Mit dem Strom aus einem Induktor leuchtet nur die eine Glühlampe ! Alle beschriebenen Gleichrichtereffekte geben keinen konstanten sondern nur einen pulsierenden Gleichstrom. Ein Apparat, der Graetzsche Ventilzellen und Kondensatoren in geeigneter Schaltung enthält, liefert konstanten Gleich- strom. Beschickt man ihn z. B. mit 3000 Volt Wechselspaunung, so erhält man ca. 6000 Volt Gleichspannung (beides am Braunschen Elektrometer ablesbar). Der Strom aus diesem Gleichrichter lässt sich mit Hilfe der Glimmlichtröhre untersuchen. Man erhält ein kontinuierliches blaues Lichtband, unabhängig davon, ob der Apparat mit sinusförmigem od r einseitig verzerrtem Wechsel- strom (Induktorstrom) gespeist wird. Legt man die Spannung an zwei Metall- platten, zwischen denen eine Kerzenflamme brennt, so neigt sich die Flamme Jahrg. 64. Sitzung vom 24 Noyember 1919. XLI vollständig nach der einen Seite hin. Nach Kommutieren der Spannung erfolgt die Ablenkung entsprechend nach der anderen Seite. Eine Reihe von Ent- ladungsröhren (Kathoden-, Kanal- und Anodenstrahlen, Spektralröhren) wurden in Verbindung mit dem neuen Gleichrichter demonstriert. Es liegt nahe, die Ein- richtung auch zum Betriebe von Röntgenröhren zu verwenden, insbesondere, da hier ein Transformator von der halben Betriebsspannung ausreicht. Indessen muss hierzu erst ein Modell ausgeführt werden, das noch wesentlich höhere Spannungen (ca. 150000 Volt) erzeugt. (Autoreferat). Der Vorsitzende verdankt den interessanten Vortrag, die wohlgelungenen Demonstrationen und die Überlassung des Lokales aufs beste. Der Sektretär: Dr. A. Kienast. Protokoll der Sitzung vom 24. November 1919 abends 8 Uhr auf der Schmidstube. Vorsitzender: Dr. E. Rübel. Anwesend 84 Personen. Traktanden: . Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt. Die Gesellschaft hat durch den Tod verloren am 15.11. 19 Herrn Prof. Dr. A. Werner, dessen hervorragende Arbeiten auf dem Gebiete der Chemie durch den Nobelpreis ausgezeichnet wurden, 1894—99 Sekretär, 1906—8 Präsident unserer Gesellschaft und am 18.11.19 Herr Prof. Dr. A. Hurwitz, Mitglied seit 1892. Die Anwesenden erheben sich zu ihren Ehren. Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Herr Dr. Emil Stähelin, Zahnarzt, Küsnacht, angemeldet durch Herrn Dr. G. Huber-Pestalozzi. Herr Dr. Markus Staehelin, Assistent für Botanik, Turnerstr. 2, Zürich 6, angemeldet durch Herrn Dr. Rübel. Herr Dr. Franz Tank, Privatdozent, Assistent für Physik, Sprensenbühl- strasse 8, Zürich 7, angemeldet durch Herrn Prof. Dr. E. Mey Herr EmanuelO.Falkeisen-Escher, Kaufmann, Seilergraben 1, Zürich 1, angemeldet durch Herrn Dr. Rübel. . Vortrag von Herrn Dr. Josias Braun-Blanquet: Über die eiszeitliche Vegetation des südlichen Europa. Im Laufe der Quartärperiode hat die Vegetation ganz bedeutende Ver- Schiebungen und Änderungen erlitten, die ihre Ursache in den mehrmals sich wiederholenden Klimaschwankungen hatten. Auf die mit pliozänen, subtropi- schen Elementen gemischte Flora des untern Quartär (Ablagerungen von Durfort und Monte Mario) folgt die Flora von La Celle und La Perle von feuchtwarmem Charakter. Die fossilen Pflanzenlager von La Celle sind älter als die älteste menschliche Kulturstufe (Chelleen). Zeugen der Rissvergletscherung sind die Schieferkohlen von Jarville bei Nancy und Bois-l’Abbe bei Epinal, die von bis T'/am mächtigen Diluvialschottern überlagert sind, worin Überreste des Mammuth aufgefunden wurden. Die glaziale Flora zeigt boreal-alpines Gepräge, Lärche 8 5 DD - m > Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. 1919 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. XL u9.1}X9 oflAaref pun u9y904| ‘9qqy,T- SIOg :9100W ANeJOL([EYO] ByasngqasyanegsdrnNnz | suojsdıusMm) | :Zepydsum wourdge (&) pun ey | -e9ıoq ur pjemjopen | snrusdrwrd seydorg == SSSBLIONSNIM JIOZSIOSSIy > _ "sondieıkoM ‘sopepe3Ay ‘all j -odyuow :pema9oq1o] ‘99 sısuopedouos = yprqadue.gapıpow u sade]L '88j0e] 'N ‘Tuo} E ‚ZumgH “BAaoyag-odru -IN,L BOeN 'sisuopedau 8 -eIg Desog “uoduramgg | 990 LIeTAng wunzı -98 BIpır) ‘snuogngq ee ‘adeAneg ®’] ‘uossnomw | -syjuoor], “eorjeds 209770) snqwong :10yeıeyd uostuwszo | ® Juog ‘uossey :410} | BuogAy ‘snoejedssns donggns uoA wunn,g u 08—83 Ä Jyonoy -Neleyg 'uB9Zo.'dome | -ıp ‘IIMDIOW S000u ION ur gg yozjerzejd1ojuf usänjmpsgsunga | ormumpumns dısspurmn | "IT uoA pjemgne7 | -tyy snnbrjue seydayy ; OSFR.LI9JOATOT d9um Zuniopueamurmg EITTITRRTCTEE I uoLI9JsnoW 020] 7DUOFOg “uruoy -uy‘IS :qnepjep'n qnef ‘7 IT uaLı9JsnoW -[Ie4’99sepıeH‘(g) Aa9I9 | snyeyasow sogIAQ | zeuser] su] egoger‘g | eyourur stuoApauy uopeusLmy : | ZzIEMUYOSPION :9100M | ‘sopar snsif) ‘snp uU9PaTOBI9A u 02—81 ‘usproyyanensZraz | -ueie] doplduey ‘snu uapAnJos ur g[ NOZSIH uadıynay 1ap uoA dIuen | orumpurgg woAXx9 daya | !Zejyasurg wourdpegns | -Iyaoyo Sols9ouryy ISSB.LIOSIONOT ‘ur11ayıpaur uarınseuog pun ey | -T9ıoq yrur pfemjopen | snruodrunad seydezy usrupfepse N | 9SSR.LIENEPAIN -ULMM >= . apjıenb pleagner]'n u9dojruoy | uo]yaJ Jodngs ossor | wnNTy}ToON _ TeIze]3]804 _ - -3unp HOLEN uonepsaı wunyz uoyosuswaf]sop| UASSE.LLE] yeapdeq Pr ie A9yly y EINENDERREN ET -IO1J9QIr A uoynysanyyny | -sdunynyospny BOHRER Biere und Een. ‘30089 "edoang pm pns un ap}ıend) SOp 1SI I S J9ulo yansıaaA Sitzung vom 24. November 1919. XLIN Jahrg. 64. | "Sn? you E uonep (519 ejary erıe] ä -[99uUB) vyBUIO] Pj[a] 5 Jan), sopropyku way) & uejıy eugzord odıuay . 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Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 und Bergföhre waren waldbildend. Mit ihnen wuchsen Loiseleuria pro- cumbens, Elyna myosuroides etc. In diese Zeit fällt ein reger Floren- austausch zwischen den mitteleuropäischen Gebirgen unter sich und mit dem Norden. Auf die Kälte fordernde Pflanzengesellschaft der Risseiszeit folgen die Linden-Ahornwälder der letzten Interglazialzeit, die auf ozeanisches, feuchtes, gemässigtes Klima schliessen lassen. Nadelwald scheint fast nur im Bereich der Alpen und ihrer Umgebung bestanden zu haben. Es ‚ist BUEUNENNION, dass in dieser Zeit ein Vorstoss der empfindlichen, feuchti Flora gegen Osten stattgefunden hat. Einzelne atlantische Arten drangen bis ins östliche Mittelmeerbecken vor, wo sie sich, z. T. durch gewaltige Lücken vom westlichen Hauptareal getrennt, noch erhalten haben. Dass damals auch im Mittelmeergebiet ein feucht-ozeanisches Klima herrschte, bezeugen die süd- französischenTuffe, worin Bäume mit ozeanischen Klimaansprüchen vorherrschen Lorbeerwälder müssen bestanden haben, an Stellen wo heute die trockenharten- Eichen Quercus Ilex und Q. coceifera dominieren. Die letzte grosse Vergletscherung ist von veränderten Klimaverhältnissen begleitet, die wieder ein Vorherrschen der Nadelbäume begünstigen. Die Fichte scheint sogar ziemlich weit südwärts gereicht zu haben, denn in der Magdaleniergrotte „la Salpetriere“ unweit Remoulins (Gard) wurde auf Rentierknochen die gut aus- geführte Zeichnung einer Fichte entdeckt. Da die genaue Altersbestimmung der einzelnen Ablagerungen von grösster Wichtigkeit ist, müssen hiezu in jedem Fall sowohl die stratigraphischen Befunde als auch — soweit möglich — palethnologische, zoologische und botanische Daten eingewertet werden. Die auf solche Weise erhaltenen Resultate zu über- sichtlicher Darstellung zu bringen, ist auf nebenstehender Tabelle versucht. (Autoreferat.) In der Diskussion weist Herr Dr. Thellung auf die Bedeutung der vom Vortragenden ausgeführten vergleichenden Studien hin und geht auf einige Spezialfragen ein. Prof. Heim, der Vortragende, Prof. Schardt und Dr. Gams machen Bemerkungen zur Frage, ob den Interglazialzeiten ozeanisches oder kontinentales Klima entspreche. Der Vorsitzende verdankt den interessanten Vortrag bestens. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. Protokoll der ausserordentlichen Hauptversammlung vom 8. Dezember 1919, abends 8 Uhr im grossen Hörsaal des Biologischen Institutes der Universität. Vorsitzender: Dr. E. Rübel. Anwesend 134 Personen. Traktanden: 1. Das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt unter Verdankung an die Autoreferenten und den Sekretär 2. Als nene Mitglieder werden Kakinonmen: Herr Dr. med. Ernst a Arzt, Vogelsangstr. 3, Zürich 6, angemeldet. durch Herrn Dr. R. Klinge Frau Mary Ellen Fr Eimenhorst, Bahnhofstr. 72, Zürich 1, an- gemeldet durch Herrn Dr. E. Rüb Fi 2 r = raber, cand. phil, RE 32, angemeldet durch Herrn r Jahrg. 64. Sitzung vom 8, Dezember 1919. XLV 3. Ergänzung der Statuten. Die Schweiz. Naturf. Gesellschaft hat sich in der Jahresversammlung 1919 in Lugano neue Statuten gegeben, in denen ihre Beziehungen zu den bisherigen Tochtergesellschaften und Sektionen erweitert und in feste Form gebracht wurden. Diese neuen Bestimmungen machen eine Vervollständigung unserer Statuten notwendig. Der Vorsitzende erläutert die sich daraus ergebenden Zusätze. Der Vorstand schlägt gleichzeitig einen vom Vorstehenden gänzlich unabhängigen Zusatz zum $8 vor. Er soll die Möglichkeit schaffen, dass Mitglieder unserer Gesellschaft auf Lebenszeit auf- genommen werden können, da sich für diese Institution mehrfach Interesse gezeigt hat. Die Versammlung genehmigt die vorgelegten Ergänzungen der Statuten.') 4 Wahlen (infolge der Annahme der Statutenergänzungen und infolge Ent- lastungsgesuches des Sekretärs.) Es werden gewählt: als Abgeordneter in den Senat der S.N.G. Prof. Dr. W. Frei; als Stellvertreter dieses Abgeordneten Prof. Dr. O. Schlaginhaufen; als Sekretär Prof. Dr. 0. Schlaginhaufen; als Beisitzer Dr. A. Kienast. 5. Vortrag von Herrn Dr. Adolf Naef: Bilder vom Bau und Leben der Tintenfische. (Mit Projektionen.) Die lebenden CGephalopoden oder „Tintenfische* (etwa 400 Arten gegen 9000 fossile) sind mit Ausnahme der Gattung Nautilus Dibranchiaten (Zwei- kiemer) und schliessen sich einem bis ins Einzelne festzustellenden idealen Typus an, der seinerseits aus dem der Tetrabranchiaten (Nautilusartigen) herzuleiten ist Zu diesem stellt er sich durch eine Anzahl von Besonderheiten in Gegensatz: Umwachsung der Schale und Ablagerung einer „Scheide* auf deren Aussenseite, Verwachsung der beiden Trichterhälften, Reduktion der Kiemenzahl, Ausbildung ' von Saugnäpfen auf den Armen, Entwicklung von Augenlinse, Iris und Corneal- x falte (letztere aus den Armbasen, welche bei Nautilus und Embryonen der 5 Dibranchier den Augapfel umstellen), den Besitz eines Chromatophormapparates _ Warbwechsel) und eines Tintenbeutels. Besonders bezeichnend für die Schale Aller Zweikiemer ist die Verkümmerung mindestens der ventralen Partien der Wohnkammerwand und der Ersatz derselben durch ein neues Organ, den „Muskelmantel‘, durch welchen der Bewegungsmechanismus (Verengung der Mantelhöhle, Ausstossen des Wassers durch den Trichter, Rückstoss) ausser- Ordentlich vervollkommnet wird. Innerhalb der Dibranchiaten differenziert sich dieses Organ in verschiede- ner Weise: Unter den Decapoden besassen die „Belemnoidea“ (Belemniten- Artige) noch die typische Kammerschale und von der Wohnkammer derselben ‚hoch die dorsale Partie oder Rückenplatte (Proostracum). Die „Teuthoidea* (kalmar-artigen) behielten diese letztere bei, von der Kammerschale aber nur den unbedeutenden, ungekammerten „Endconus“, der bei dem Jugendstadium oft cu stärkere Entwicklung zeigt. Die primitiven „Sepioidea“ (Sepia-artige) haben eine ventral eingekrümmte Kammerschale, die in den Hinterleib hinein- 8eschoben wird, so dass der Muskelmantel aussen an Teilen der Scheide an- ') Die neuen Statuten sind in diesem Heft auf Seite XLVII—LI abgedruckt. XLVI Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 setzen muss. — Bei den Octopoden nimmt, nach mehr oder weniger voll- ständiger Verkümmerung der inneren Schale, von der sich embryonale Reste (Schalensäcke) stets nachweisen lassen, der Muskelmantel den ganzen Umfang des sackartigen Hinterkörpers ein. — Besonderes Interesse gewinnt im Zusammenhang dieser Ordnung die Fa- milie der Argonautiden, bei der eine problematische Neubildung auftritt: 1) Tremoctopus violaceus erzeugt (durch Drüsen der Arme?) knebelartige Körper, an denen er seine Eier befestigt und mitträgt. Bei Ocytho£& tuberculata bemächtigt sich das Männchen einer leeren Salpentonne, um darin als necto- rischer Diogenes herumzureisen. Bei Argonauta argo bildet das Weibchen eine zuerst kahnartige Schale, in der es später seine Eier absetzt. Sie wird, völlig unabhängig von den Rudimenten der inneren Schale, durch drüsige Differenzierungen der Dorsalarme erzeugt, fehlt den wie normale Octopoden aussehenden Jugendstadien völlig und erlangt erst im Verlauf späterer Entwick- lung eine seltsame Ähnlichkeit mit Ammonitengehäusen. — Vermutlich diente den Vorfahren eine fremde Molluskenschale als mitreisender Brutbehälter (wie bei Octopus Digueti!) an dem die Laiche (wie bei allen Octopoden am Brutort!) durch eigene Sekrete befestigt wurden. Damit waren die phylogene- tischen Voraussetzungen für die Einführung selbständiger Erzeugung eines Apparates wie der Argonautaschale gegeben, dessen unvermittelt auftauchende Formvollendung freilich weitere interessante Probleme stellt. Die Mannigfaltigkeit der z. T. sehr schönen Typen von Tintenfischen wurde durch farbige Bilder und Zeichnungen erläutert und besondere Aufmerksamkeit den Erscheinungen des Farbenwechsels und des Leuchtens der Tiefseeformen geschenkt. Die durchwegs eigenen und vielfach neuen Beobachtungen sind einem in Publikation begriffenen Werk (Monographie der Cephalopoden in: Fauna und Flora des Golfes von Neapel) des Vortragenden entnommen. (Autoreferät). Der Vorsitzende verdankt den Vortrag mit den interessanten Bildern und die Überlassung des Lokales herzlich. Der Vorsitzende teilt noch mit, dass Herr Dr. Meyer aus dem Nachlasse von Herrn Prof. Markwart der Gesellschaft ca. 50 Bände naturwissenschaftlichen Inhalts überwiesen habe und spricht für diese Gabe herzlichen Dank aus. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. Statuten der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Zweck und Tätigkeit der Gesellschaft. Br Die Naturforschende Gesellschaft in Zürich ist im Sinne des Art. 60 und ff. des Z.G.B. ein Verein zur Förderung der Natur- wissenschaften und zur Verbreitung der Naturerkenntnis. Diese Zwecke sucht sie insbesondere zu erreichen: 1. Durch Vorträge und Mitteilungen aus dem Gebiete der Natur- _ wissenschaften und durch Exkursionen; | 2. durch Herausgabe periodischer Publikationen naturwissen- schaftlichen Inhaltes; 3. durch Unterstützung naturwissenschaftlicher Forschungen. Als Mitglieder der Gesellschaft können Freunde der Naturwissen- schaften aufgenommen werden, die zur Erreichung des genannten Zweckes beitragen wollen. Organisation der Gesellschaft. 82. Die Organe der Gesellschaft sind: a) die Hauptversammlung (vergl. $ 3), b) der Vorstand (vergl. $ 5), c) die Rechnungsrevisoren (vergl. $ 10). Die Hauptversammlung der Gesellschaft. 83. Die Hauptversammlung findet alljährlich im Anfang des Sommer- Semesters, spätestens im Mai statt. In derselben legt der Quästor die Rechnung und das Budget vor, die Rechnungsrevisoren teilen das Resultat ihrer Prüfung mit und stellen bezüglichen Antrag. Der Sekretär berichtet über die wissenschaftliche Tätigkeit und den Be- XLVIH Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 stand der Gesellschaft, der Redaktor über seine Tätigkeit. In der- selben Sitzung werden die nötigen Wahlen und allfällige Statuten- änderungen vorgenommen. Nötigenfalls kann eine ausserordentliche Hauptversammlung durch den Vorstand einberufen werden. Sitzungen der Gesellschaft. 84. Die Gesellschaft versammelt sich in der Regel im Winter alle 14 Tage, im Sommer ein- bis dreimal. In diesen Sitzungen werden über Gegenstände aus dem Gesamtgebiete der Naturwissenschaften Vorträge gehalten oder kleinere Mitteilungen gemacht, allfällig unter Erläuterung durch Vorweisungen oder Experimente. Das Protokoll der vorhergehenden Sitzung ist zu genehmigen. Für den Sommer sind ein bis zwei Exkursionen oder Besichti- gungen vorzusehen. Der Vorstand. 85. Der Vorstand besteht aus Präsidenten, Vizepräsidenten, Quästor, Sekretär, Redaktor, dem Vertreter inder Kom-_ mission der Zentralbibliothek, dem Abgeordneten in den Senat der $S.N.G. und zwei bis drei Beisitzern. Er versammelt sich nach Bedürfnis auf Einladung des Präsidenten oder auf Wunsch zweier Mitglieder. Zur Vertretung der Gesellschaft, sowie zur verbindlichen Unter- schrift sind der Präsident oder sein Stellvertreter zusammen mit einem anderen Vorstandsmitgliede ermächtigt. Die einzelnen Funktionäre handeln im übrigen nach den Weisungen des Vorstandes; sie können die laufenden Korrespondenzen ihres Amtes selber unterzeichnen. Der Vorstand ist ermächtigt, nach Bedürfnis einen Abwart oder andere Hülfskräfte anzustellen. | $ 6. Der Präsident leitet sowohl die Versammlungen der Gesell- schaft als auch diejenigen des Vorstandes und veranstaltet die Ex- kursionen. Er hat dafür zu sorgen, dass in den Sitzungen Vorträge gehalten oder Vorweisungen gemacht werden. Der Quästor besorgt die Finanzen der Gesellschaft. Die Jahres- rechnung ist auf Ende Dezember abzuschliessen und mit dem Budget spätestens vier Wochen vor der Hauptversammlung dem Vorstand zur Genehmigung vorzulegen. Die Jahresrechnung geht alsdann an die Rechnungsrevisoren. Jahrg. 64. Statuten der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. XLIX Der Quästor hat ein Inventar über das gesamte Gesellschafts- vermögen zu führen. Der Sekretär führt in den Versammlungen der Gesellschaft und des Vorstandes das Protokoll; er hält ein genaues Verzeichnis der Mitglieder und ein Merkbuch über Rechte und Pflichten der Gesellschaft, Protokollbeschlüsse usw. und besorgt die Korrespondenz ; er erstattet in der Hauptversammlung Bericht über Bestand und Tätigkeit der Gesellschaft. Der Redaktor besorgt die Herausgabe der von der Gesellschaft beschlossenen Veröffentlichungen, insbesondere der „Vierteljahrs- schrift“ und des „Neujahrsblattes“, und berichtet darüber in der Hauptversammlung. Der Vertreter in der Kommission der Zentralbiblio- thek vertritt die Interessen der Gesellschaft in der Zentralbibliothek gemäss $ 12 der Statuten der Stiftung, im Sinne des Schenkungs- vertrages vom 31. Mai 1915 und im Hinblick auf die Anschaffungen der Bibliothek auf naturwissenschaftlichem Gebiete. Der Abgeordnete in den Senat der S.N. G. oder sein Stell- vertreter (siehe $ 15 der Statuten der N. @. Z.) vertritt die Zweig- gesellschaft im Senat der S. N. G. im Sinne der $$ 12-15 ihrer Statuten. Mitgliedschaft. ST. Die Gesellschaft besteht aus: Ehrenmitgliedern, Korrespondierenden Mitgliedern, Ördentlichen Mitgliedern, Freien ausländischen Mitgliedern. $8. Ordentliche Mitglieder. Wer in die Gesellschaft aufge- nommen zu werden wünscht, wird auf sein Gesuch von einem Mit- glied mündlich oder schriftlich beim Präsidenten oder Sekretär an- gemeldet. Die Anmeldung wird auf der Einladung zur nächsten Sitzung bekannt gegeben. Gehen bis dahin beim Vorstande keine Einsprachen ein, so wird der Bewerber in der nächsten Sitzung als Mitglied erklärt. Über Einsprachen entscheidet der Vorstand nach Prüfung der Gründe. Gegen dessen Entscheid kann von seiten der Mitglieder an die Gesellschaft rekurriert werden. Jedes neu aufgenommene Mitglied erhält eine vom Präsidenten und vom Sekretär unterzeichnete Mitgliedkarte. Ordentliche Mitglieder bezahlen einen Jahresbeitrag von 20 Fr.; sie erhalten die „Vierteljahrsschrift* und das „Neujahrsblatt“ unent- L Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 geltlich. Durch einmalige Einzahlung von 400 Fr. kann die Mitglied- schaft auf Lebenszeit erworben werden. Die ausserhalb der Stadt Zürich wohnenden ordentlichen Mit- glieder bezahlen auf Wunsch einen Jahresbeitrag von nur 7 Fr., in welchem Falle sie keinen Anspruch auf unentgeltlichen Bezug der „Vierteljahrsschrift* haben, jedoch das „Neujahrsblatt“ unentgeltlich erhalten. Beim Eintritt in die Gesellschaft ist die den kommenden Quartalen entsprechende Quote des Jahresbeitrages zu bezahlen. Wer die statuten- gemässen Beiträge nicht bezahlt, hört auf, Mitglied der Gesellschaft zu sein. G 8 Ehrenmitglieder werden auf Antrag des Vorstandes in der Hauptversammlung der Gesellschaft durch offene Abstimmung mit Zweidrittel- Mehrheit gewählt. Jedes Mitglied hat das Recht, dem Präsidenten zuhanden des Vorstandes bezügliche Vorschläge zu machen. Korrespondierende Mitglieder werden auf Vorschlag eines oder mehrerer Mitglieder und auf den Antrag des Vorstandes mit Zweidrittel-Mehrheit in offener Abstimmung gewählt; die Wahl kann in jeder Sitzung vorgenommen werden. Freie ausländische Mitglieder. Der Vorstand ist er- mächtigt, Mitgliedern, die zufolge Wegzuges aus der Schweiz ihren Abschied als ordentliche Mitglieder der Gesellschaft nehmen, die Eigenschaft eines „Freien ausländischen Mitgliedes“ auf die Dauer von zehn Jahren und erneuerbar anzubieten. Solche Mitglieder kann der Vorstand von sich aus jederzeit wieder als ordentliche Mitglieder aufnehmen. Die freien ausländischen Mitglieder haben weder Rechte noch Pflichten. Die Veröffentlichungen der Gesellschaft gehen den Ehren- und korrespondierenden Mitgliedern unentgeltlich zu. Die freien aus- ländischen Mitglieder erhalten keine Veröffentlichungen. Wahlen. $ 10. Der Vorstand wird von der Hauptversammlung in geheimer Abstimmung und mit absolutem Mehr gewählt. Der Präsident, der Vizepräsident und die Beisitzer werden auf zwei Jahre, der Quästor, der Sekretär, der Redaktor und der Vertreter in der Kommission der Zentralbibliothek und der Abgeordnete in den Senat der S. N. @., sowie dessen Stellvertreter (siehe $ 15 der Statuten der N. @. Z.), der nicht dem Vorstand anzugehören braucht, auf sechs Jahre gewählt; nur der Präsident ist unmittelbar nach Ablauf seiner Amtsdauer für dasselbe Amt nicht wieder wählbar. Jahrg. 64. Statuten der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. LI Der Delegierte an die Mitgliederversammlung der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (siehe $ 15) wird von der Hauptversammlung in offener Abstimmung jedes Jahr gewählt. Die beiden Rechnungsrevisoren werden von der Haupt- versammlung in offener Abstimmung auf zwei Jahre gewählt. I) Vermögen der Gesellschaft. s 11. Das Vermögen der Gesellschaft besteht aus: a) dem Stammkapital von 70,000 Fr., das nicht angegriffen werden darf, b) den verfügbaren Mitteln, c) dem beweglichen und unbeweglichen Besitz an Naturdenk- mälern (erratische Blöcke), an Druckschriften usw. Die Kapitalien sind in sichern Wertschriften zinstragend anzu- legen und in offenem Depot bei der Zürcher Kantonalbank aufzu- bewahren. $ 12. Die Rechnungsrevisoren haben die Jahresrechnung und die ge- samte Vermögensverwaltung der Gesellschaft zu prüfen und hierüber dem Vorstand zuhanden der Hauptversammlung schriftlich Bericht zu erstatten. Die Bibliothek. $ 13. Die Bibliothek ist der Zentralbibliothek durch Vertrag vom 31. Mai 1915 schenkungsweise abgetreten worden. Im Falle der Aufhebung der Stiftung „Zentralbibliothek“ fallen die sämtlichen, von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich eingeworfenen Be- stände samt Zuwachs unbelastet ins Eigentum der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich zurück. Laut Schenkungsvertrag ist den Mit- gliedern der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich die Benützung der gesamten Zentralbibliothek möglichst zu erleichtern. Das Archiv. $ 14. Das Archiv befindet sich im Gebäude der Zentralbibliothek, die der Gesellschaft gemäss Schenkungsvertrag ein Lokal zur Verfügung stellt. Das Archiv steht unter der Aufsicht des Vorstandes. Lil Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Schweizerische Naturforschende Gesellschaft. $ 15. Die Naturforschende Gesellschaft in Zürich ist eine Zweiggesell- schaft der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (S. N. G.), deren Statuten in den $$ 12—15 folgendes bedingen: Die N. 6. Z. wählt einen Abgeordneten und einen Stellvertreter in den Senat der $.N. @.; beide müssen Mitglieder der 8. N. G. sein. Sie kann einen Delegierten an die Mitgliederversammlung der S. N. G. entsenden. Sie hat das Recht, Vorschläge für neu in die S. N. G. aufzu- nehmende Mitglieder dem Zentralvorstand einzusenden. Dem Zentralvorstand der S. N. 6. ist ein Jahresbericht der N. G.Z,, sowie das Mitgliederverzeichnis einzusenden und jeweilen die Ergeb- nisse der Neuwahlen des Präsidenten der N. G. Z., des Abgeordneten in den Senat der 8. N. G. und seines Stellvertreters anzuzeigen. Änderungen der Statuten sind dem Zentralvorstand der 8. N. 6. durch Übersenden von zwei Exemplaren zur Kenntnis zu bringen. Die Mitgliedschaft der S. N. @. ist nicht in derjenigen der N. G. 2. enthalten, sondern wird besonders erworben. Schlussbestimmungen. & 16, Die Revision der Statuten kann nur durch die Hauptversamm- lung geschehen. Abänderungsanträge sind mindestens einen Monat vorher dem Präsidenten zuhanden des Vorstandes schriftlich einzu- reichen. Laut Vertrag mit der Stadt Zürich vom 8. April 1916 geht im Falle der Auflösung der Gesellschaft das Vermögen in das Eigentum der Zentralbibliothek über. Sollte diese dannzumal nicht mehr be- stehen, so tritt die Stadt an deren Stelle. Diese Statuten ersetzen diejenigen vom 8. Mai 1916. Angenommen in der ausserordentlichen Hauptversammlung vom . 8. Dezember 1919 im grossen Hörsaale des Biologischen Institutes der Universität. Der Präsident: Dr. E. Rübel. Der Sekretär: Dr. A. Kienast. Verzeichnis der Mitglieder der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, 1746—1790 1790— 1803 1847 —1849 1849— 1851 1851 — 1853 1853— 1855 1855— 1857 1857— 1859 1859— 1861 1861— 1863 1863— 1865 1865— 1867 1867 — 1869 1869— 1870 1870-1872 1872— 1874 1874— 1876 1876— 1878 1878— 1880 1880— 1882 1882— 1884 1884— 1886 1886— 1888 „Virtetjhrsschritt) der Entw Küpleich « ein interessantes Stück Zürcher ARILEOHLTINN = Co., Peterhofstatt, Zürich, zu der Festschrift, zum selben te Erhäktlich, besteht aus aus den Gebieten der Mathem Mineralogie und Geologie, re Zoologie, Medizin. Er umfas Beer & 1) Die unserer esiaseni regen die den Schenden Ge schaft abgeschlossen am 31. Dezember 1919. LE Präsidenten der Gesellschaft.') Johannes Gessner, Dr. med., Chorherr, Professor der Physik und Mathematik. Hans Caspar Hirzel, Dr. med., Stadtarzt und Ratsherr. Joh. Heinrich Rahn, Dr. med., Chorherr. Paul Usteri, Dr. med., Arzt, Naturforscher und Staatsmann. Joh. Caspar Horner, Dr. phil., Professor der Mathematik, Forschungsreisender. Heinr. Rudolf Schinz, Dr. med., Arzt und Professor der Naturwissenschaften. Albert Mousson, Dr. phil., Professor der Physik. Oswald Heer, Dr. phil., Professor der Botanik. Arnold Escher von der Linth, Dr. phil., Professor der Geologie. Albert Mousson, Dr. phil., Professor der Physik. Heinrich Frey, Dr. med., Professor der Zoologie. Albert Mousson, Dr. phil., Professor der Physik. Rudolf Clausius, Dr. phil., Professor der Physik. Arnold Escher von der Linth, Dr. phil., Professor der Geologie. Oswald Heer, Dr. phil., Professor der Botanik. Albert Mousson, Dr. phil., Professor der Physik. Gustav Zeuner, Dr. phil., Professor der Mechanik. Pompejus Bolley, Dr. phil., Professor der Chemie. Johannes Wislicenus, Dr. phil., Professor der Chemi Carl Culmann, Dr. phil., Professor der een, Ludimar Hermann, Dr. med., Professor der Physiologie. Carl Cramer, Dr. phil., Professor der Botanik. Albert Heim, Dr. phil., Professor der Geologie. Heinrich Friedrich Weber, Dr. phil., Professor der Physik. Eduard Schär, Dr. phil., Professor der Pharma Wilhelm Fiedler, Dr. phil, Professor der lee Geometrie. Albert Heim, Dr. phil., Professor der Geologie. historischen Angaben sind der von Prof. Dr. F. Rudio verfassten Geschichte ersten Band der „Festschri atur- in Zürich 1746—1896* (zugleich 41. Jahrgan Diet Diese Arbeit (274 Seiten und 6 Tafeln) gibt ei 0 Jahre ihres e ist bei der Buchhandlung m Preise von Fr. 10.— zu beziehen. Der 2. Band 35 u ern Abhandlungen k, Geodäsie und Astronomie, Physik, Chemie und Pharmacie, st 598 Seiten und 14 Tafeln. Der Vorstand. lung unserer Gesellschaft während der ersten 15 LIV 1888 — 18% 1894— 1896 1896— 1898 1898— 1900 1900—1902 1902— 1904 1904 — 1906 1906— 1908 1908—1910 1910—1912 1912—1914 1914—1916 1916— 1918 1918— 1920 1746—1752 Hans Ulrich und Hans Conrad Heidegger oiissnschafihicher Sekre 1752—1759 Hans Caspar Hirzel, Dr. med., Dr. med., Arzt und Naturforscher. 1790—1796 Johann Heinrich von Orelli. Stadtarzt. 1799— 1801 Johann Jakob Cr: Rudolf Schinz, Dr. med., Arzt und Professor der Naturwissenschaften. Locher-Balber, Dr. nit; Professor der Medizin. forscher. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Carl Schröter, Dr. phil., Professor der Botanik. Heinrich Friedrich Weber, Dr. phil., Hate der Physik. Georg Lunge, Dr. phil., Professor der Chem Alfred Kleiner, Dr. phil., Professor der Physik. Wilhelm Ritter, Dr. phil., Professor der Ingenieurwissenschaften. Ferdinand Rudio, Dr. phil., Professor der Mathematik. Jakob Escher-Kündig, Dr. phil. h. c., au und Naturforscher. Arnold Lang, Dr. phil., Professor der Zoo Ulrich Grubenmann, Dr. phil., Professor ie Mineralogie. Alfred Werner, Dr. phil., Professor der Che Max Standfuss, Dr. phil., Professor der Zoologie. Carl Schröter, Dr. phil., eig der Botanik. Emil Huber-Stockar, Ingenie Martin Rikli, Dr. phil., Böker der Botanik. Emil Bosshard, Dr. phil., Professor der Chemie. Eduard Rübel, Dr. phil., Privatdoz. der Botanik. 21. Sekretäre.') laarer at Sekretär, auch Notar genannt) Ainele 1759— 1778 Salomon Schinz 1790 Hans Rudolf Schinz, Pfarrer und S er . 1796—1799 David Rahn, Dr. Cramer, Pfarrer und Professor. 1801—1823 Heinrich 1823—1835 Hans 1835—1843 Fer BE Keller, Dr. phil., 1778— Naturforscher und Archäolog. 1843—1847 Albert Kelliker, Dr. med., Professor der Ana- tomie. 1847—1857 Rudolf Heinrich Hofmeister, Dr. phil., Professor der Physik. 1857 —1860 Hermann Pestalozzi-Bodmer, Dr. med., Arzt. 1860— Carl Cramer, Dr. phil., Pro- fessor der Botanik. 1870—1880 August Weilenmann, Dr. phil., Professor der Physik. 1880—1886 Robert Billwiller, Dr. phil., Direktor der meteorologischen Zentralanstalt. 1886—1892 Adolf Tobler, Dr. phil., Professor der Physik. 1892—1894 Carl Fiedler, Dr. phil., Privatdozent der Zoologie. 1894—1899 Alfred Werner, Dr. phil., Professor der Chemie. 1899—1906 Karl Hescheler, Dr. phil., Prof. der Zoologie. 1906—1912 Schoch-Etzensperger, Dr. phil. 1912—1917 Eduard Rübel, Dr. phil., Geobotaniker. 1917—1919 Alfred Kienast, Dr.phil., Mathematiker. Von 1920 an Otto Schlaginhaufen, Dr. phil., Professor der Anthropologi ie. Quästoren.?) Quästoren des Lotterie- oder Hauptfonds. 1751—1787 Caspar Vor 1788—1814 Hans Conrad Lochmann. 1814— 1826 Hans Jakob Pestalozzi. 1826—1832 Johann Jakob Hess. 1832—1842 Salomon Klauser. 1842—1854 Otto Rudolf on er ') In den ersten Jahren waren in den Statuten zwei Sekretariate vorgesehen, eines für die — are en Geschäfte. Das erstere, auch Notariat genannt, br hs aarers, des ersten und einzigen Notars der Gesellschaft, esellschaft zweierlei Quästoren, die des Brauchfonds n ersteren au bis u Jahre 1833 Ben en eher ee. re erg idium zu. beiden Quästorate vereinigt. Der erste, der das umgestaltete neue is übernahm, war Meyer- Jahrg. 64. Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Ges. in Zürich. LV Quästoren des Brauchfonds. 1746—1759 Hans Conrad Meyer, Staatsmann und Meteorolog. 1759-1790 Hans Caspar Hirzel, Dr. med., Stadtarzt. 1790—1803 Johann Heinrich Rahn, Dr. med., Chorherr. 1803—1811 Diethelm Lavater, Dr. med., Apotheker, Naturforscher und Staatsmann. 1811—1812 Paul Usteri, Dr. med., Arzt, Naturforscher und Staatsmann. 1812—1831 Johann Gaspar Horner, Dr. phil., Professor und Forschungsreisender. 1831—1834 Heinrich Rudolf Schinz, Dr. med., Arzt und Professor. 1834—1841 Leonhard Schulthess, Kaufmann und Botaniker. 1841—1851 Johann Jakob Usteri-Usteri, Kaufmann. 1851—1854 Adolf Salomon Pestalozzi, Bankier. 1854—1858 Gonrad Meyer-Ahrens, Dr. med., Arzt. 1858—1874 Johann Caspar Escher-Hess, Kaufmann und Naturforscher. 1874—1876 Hans Rudolf Schinz-Vögeli, Kaufmann und Naturforscher, 1876—1887 Johann Caspar Escher-Hess, Kaufmann und Naturforscher. 1887—1914 Hans Kronauer, Dr. phil., Mathematiker. Seit 1914 Moritz Baumann-Naef, Dr. phil. IV. Bibliothekare. 1754— 1757 Johann Jakob Köchlin, Pfarrer. 1757—1764 Hans Heinrich Schinz, Kauf- mann und Staatsmann. 1764—1774 Leonhard Usteri, Chorherr und Professor. 1774—1778 Hans Conrad Heidegger, Staatsmann. 1778-1780 Johann Heinrich Waser, Pfarrer. 1780-1792 Heinrich Lavater, Staatsmann. 1792—1837 Christoph Salomon Schinz, Dr. med., Arzt, Chorherr und Professor. 1837—1881 Johann Jakob Horner, Bibliothekar und Professor. 1881—1892 Johann Friedrich Graberg, Zeichenlehrer. 1881—1892 Carl Ott, Physiker. 1892—1915 Hans Schinz, Dr. phil., Professor der Botanik. 7; Redaktoren der Vierteljahrsschrift. 1856—1893 Rudolf Wolf, Dr. phil., Professor der Astronomie. 1894—1912 Ferdinand Rudio, Dr. phil., Professor der Mathematik. Seit 1912 Hans Schinz, Dr. phil., Professor der Botanik. vE Vertreter in der Kommission der Zentralbibliothek. Seit 1916 Martin Rikli, Dr. phil., Professor der Botanik. VL. Abgeordneter in den Senat der Schweiz. Naturf. Ges. 1920—1922 Walter Frei, Dr. med. vet., Professor. VII. . . i Ehren- Ehrenmitglieder.') gi aid s Hr, Eberth, Karl Josef, Dr. med., Prof. an der Universität, ir % Ringbahnstrasse 11 ‚Halense . . . 1865 1896 » Hantzsch, ans Dr., Prof. de ans an der Univ ‚Leipzig. ... 2.1885. 1896 5 > Heim Asa Br a. d.Geol. beider Hochschulen, Holsirasse ID... 0% a ee Ze ältesten Mitglieder (17) die der Gesellschaft schon 40 Jahre angehören sind durch fett- gedruckte Jah hnet. t Mitglieder ea san eg s bezeichnet sind, sind zugleich Mitglieder der Schweiz. Natur- Orschenden Gesellschaft (255). » “a .% s Hr. “ were ENTER EL Weileiditraiee 45 zn dem Quäst v v Y$ Yv Yv . Abegg, Karl, Kaufm Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. , Kronaner, Hans, Dr., Mathematiker d. Rentenanstalt, Klosbachstrasse 15 . Zürich 7 Rudio, Ferdinand, Dr., Prof. der Mathematik an dei techn, Hochschule, Höhestrasse 21 . Zollikon b. Z. Sarasin, Fritz, Dr., Zoologe, Spitalstrasse 22 . . Basel Sarasin, Paul, Dr., Zoologe, Spitalstrasse 22 . . Basel Schinz, Hans, Dr., Prof. der Bot. an der Universität, Soofeldstrasse ia ©. rich 8 Schröter, Carl, Dr., Prof. Ba 2. d. Hesn schule, Merkurstrasse 70 . Zürich 7. ser Hermann Amandus, Dr., a. Prof. der Mat bei tik an der Universität, Humböldtstrasse 33 Tschirch, Ahassen, Dr., Prof. (Bot., Pharm). an der Univorsität:. 00. 0 wa, Fame ern IX. Korrespondierende Mitglieder. Margerie, Emmanuel de, Geologe, Rue du Bac 110 Paris VII Bredig, Georg, Dr., Prof. für Elektrochemie an der techn. Hochschule . Karlsruhe . Einstein, Albert, Dr., Prof. Phys, ai ‚der Wissenschaften . . Berlin-Dahlem Willstätter, Richard, ‚Dr Prof. en. an dir Universität . . . München B.® Ordentliche Mitglieder. Abegg-Kriech, Hera; Mana üsnacht Abeljanz, Haruthian, Dr., Prof. ai, an dr Univ. Glädbachstrasse 67. ae ch erhard, Dr., vet.-anat. Institut Ä Adrian, Paul, Dr., Versicherungs Math. Aebi, Max, dipl. Ing De Aebly, Jakob, Dr. me a . Riedtlistr. Privatdoz., Prosektor Aeppli, August, Dr. ‚Prof. an der kant; RE Kenchnde Kronenstrasse 24 . . Zürichbergstr. 45 . . Gemeindestrasse 12 7 1913 Agthe, Karl, Dr., Dipl. -Ing. Alder, Max, Prof. an der höhern Töchterschule Amberg, Otto, Dr. eg 50 Ammann-Schwarzer, Albert, RER 2 Wiedingstr. 14 Anderes, Ernst, Dr. med. Privatdoz. f. Gynäkologie Utoquai 37 Andreae, Carl, Ing.. ; Arbenz, Paul, Dr., Prof. Gool. an ve Uhren; Bert, : 2 ern . !) Die Mitglieder sind gi, or, Herrn aumann-Naef, Tödistrasse 39, Z rm Prof. Dr. O. Schlaginhaufen., Orellistr, 21, mitzuteilen, ya . Grunewald b. Berlin . Zollikerstrasse 32 . Streulistrasse 8 . . Stockerstrasse 41. Bürglistrasse 30 . 1919 Witglied aan seit seit 1883 1912 1881 1912 N 1889 1915 1878 1919 1869 1896 1915 Mitglied Korresp. seit seit — 188 An 1911 1911 1905 1912 Stadtkr. Ban Zürich seit *) 8.1910 2 1911 2.1919 41919 . — 1905 allfällige Adressenänderungen oder sonstige Korrekturen um- 2, und dem Sekretär Jahrg. 64. sHr. Arnold, Stefan, Dr. med,, Arnot, Robert, Dr. chem., ER; RR a. Universität Rämistrasse » $ » Bachmann, Hans, Dr., Prof. an der Kantonsschule » Bachmann, Theodor, Dipl.-Ing. . Bader-Schneebeli, Hermann, Kaufmann Badoux, rn Prof. d. Forstwiss. a. d. eidg. techn. » nn m » an a u vv Hochsec Babler, Aue Dis Prof. am kant; Gymnasium Bänziger, Theodor, Dr. med., Be ; Ber, Julius, Bankier . Bäschlin, Fritz, Ingenieur, Prof. a. a. . Hochreitnde Baragiola, Wilhelm Italo, Dr., Abteilungsvorstand der h Schweiz. Versuchsanstalt, Drnidosent u d. techn. Hochschule . Bareiss, Arthur, Kauf rmann, Rob Zentralanst » Bircher, Max, Dr. m >» Bitterli, Emil, Ing. a gene. de ’Rlectr., Chardon- -Legarche er (per. Adr. Emil Bitterli, Neumünsterstr. 34, x Dufourstr. \ Itnbedirianhen: "Marie $ Hr. Bircher, F. Ernst, D Baumann-Naef, Mon, Be Obaisiker . Baumann-Naef, ö . Baur, Emil, Dr., Ei hen, an > To. Kock Beck, Alexander, Dr., a. Prof. Math. . Sch Beck-Barker, Bernh., Dr. Pfarrer . Beck, Emil, Dr., Prof. am kant. rasasn um . Beck, Karl, Prof. (Phys.) am Kant. Gymnasium Beer, Robert, Buchhändler . Behn-Eschenburg, Hans, Dr., Direktor Bender, Paul, Liihogrankische RER ; : Benz,Walter, Dr.. Prof. Math.a.d. kant. Industrieschule Bernheim-Karrer, Jakob, Dr. med., Prof. - Beuttner, Eugen, Dr., ; Beyel, Christian, Dr., Privatdozent Math. an der soil: Hochschule Biber, Walter, Aärer.. Bib-r, Werner, Dr. med., Arz iederm ert, Fabrikant, le er Billwiller, Balen Dr., a d. a Metsaret. 769 Y er Er ric > Blattmann-Ziegler, Re Fabrikant : $ » Bleuler, Eugen, Dr. med., Prof. an der Unversiiät . $ >» Bloch, Bruno, Dr. med., Prof. Dermatol. a. d. Univers. $ » Bloch, Isaak Adolf, Dr., Prof. an der Kantonsschule . > Blum-Jenny, Walther, sind, Ease 3 » Blumer, Ernst, Dr., ap . » Bodmer-Abegg, Henry, D > Bolleter, Eugen, Dr., ka - Rue Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 64. 1919. Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Ges. in Zürich. . Voltastrasse 32 ; ee. F, . Hegiba chstr. 75 Peterhofstatt 10 . erlikon . Zollikon Scheuchzerstrasse 90 artenstrasse 36 . ollikon . Giinsindenihi 6. ylstr, 11 . Kanzleistrasse 2 . Winterthur . Plattenstr. 44. . . Zürichbergstr. 98 . Sophienstrasse 2 . . Keltenstrasse 48 . ädensw e* rghölzli wire 23. \ BE 188 ollikon . . Bärengasse 18 . . Rotbuchstrasse 24 MO wmwKtmv -Iı jun ie) fert a ee. - mi & m LVII Stadikr. Mitglied Zürich seit Limmatstrasse 50 . 5 1919 .6 1917 . Luzern, Bambergstr. 58 . — 1897 . Höschgasse 30 .8 1919 . Traubenstr. 5 2 1916 . Gloriastrasse 68 . 1:: 1915 . Seestrasse 41, Zollikon 1911 . Billrotstrasse 1 8 1889 . Bergstrasse 54 7 1910 Zollikon . — 1910 en pi =; I [r Ne} fe =] ’YJ‘- ui S m | er Ne} er = -=-l|o| wo | mi “D um 1 LVIII Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Stadtkr. Hitglied Zürich seit s Hr. Bommer, Albert, Apotheker . . Zähringerstrasse 9 . 1 1889 » Boner, Georg, Ing., Verw. ER Delegierter von rown, Boveri & Co. . . „ Florhofgasse 2 1 1919 s » Bosshard, Emil, Prof. Chem. a. N Techn, ah. 2 0 Ottikerstrasse 38: .' 6 1913 s » Bosshard, Heinrich, Dr., Prof. am kant. ange Hochstrasse 6 ma. 1098 sFr. Boveri-Boner, Yvonne . ge . . . Baden, Römerstr. 24 — 1917 » Brandenberger, Anna, Pt. ee. seen Brandsehenikesir. 55:2: 1919 Hr. Brauchlin, Gottl., Dr., Juri Nordstrassse 7 . . 6 1918 s >» Braun, Josias, Dr., Se a. Gobe, Inst, Rübel Winterthurerstr. 66 . 6 1916 » Bremi, Walter, Dr., Chemiker . . . . Hönggerstrasse 148 . 6 1911 » Brennwald, Paul, Kaurkmskin } . Tödistrasse 65 2 1911 s » Brentano, J., Dr., Privatdozent d. Phys. a. - E. T. H. Orellistr. 70 ; 1:1918 s » Bretscher, Konrad, Dr., Sekundarlehrer . . Weinbergstrasse 146 6 1890 » Brettauer, Alfred, Dr. ie a 1 1916 s » Brinkmann, Emil, Ingenieur . . Rigistrasse 9 . E: AUEE s « Brockmann-Jerosch, Henryk, Dr., Privatdos, Bot. a. x Un: Kapfsteig 44 vr 1907 » Broggini, Rinaldo, stud. rer. ak > . . Scehönleinstr. 10 7 1919 » Brunner, Friedrich, Dr. med., Asyl Naumtnetie . .„ Forchstrasse 85 7 1896 » Brunner, Otto, Dr., Apotheker . . . ». . . . . Limmatquai 56 3 1907 >» Bruppacher, Heinrich, Kaufmann . . Wettingerhaus 1. 1 1919 » Bühler, Anton, Dr. med., Privatdoz. a. a. Universität Bahnhofstr. 52 2:...1 1904 » Bürgi, Oscar, Dr. med. vet., Prof. an der Universität Sonmenberg Hrlenbach (Zürich) — 1906 » Bützberger, Fritz, Dr., Prof, a.d. kant. Industrieschule Moussonstrasse 10 . 7 1911 s >» Burri, Robert, Dr., Prof. ee der eidgen Versuchsst ation DR Liehettii-Borte ...— 18% s » Busse, Otto, Dr. med., Prof. an de Universität . » Büchnerstrasse 10. 6 1911 >. Garpentier, Fritz, Fabrikant . . . . . 2... Dufourstrasse5 . 8 1910 0» U BER .. . ..., 00a, ns ngano, Tie Nalrslire M — 1894 8» ‚ Max, Dr. med., Prof. an der Universität . . Plattenstrasse 58 1.190 =. Ue Amel, Dr. Direktor. 0... ....:. ‚Diibendort. . . . — 1918 s » Cramer, Otto Leopold, Dr.med. . . . . . .Jupiterstr. 14 . in. 19ER Er. Gramer-v. Muralt, Olga. . - . . . 2 2... . Jupiterstrasse 1% re, sFr. Daiber, Marie, Dr., Pros. u. Assist. a. zool. Inst. beider Hochsch,, Privaidez. Krähbtühlstr. 6 . 7 1906 Hr. Däniker, Albert Ulrich, stud. phil. . Dillileeweg 5, Küsnacht 1919 Frl. Dübendorfer, Emma, Dr. med., Ärztin . . . . . Bahnhofstrasse 8 . 1 1912 Hr. ee Heinrich, Stadtkassierer . Hottingerstr. 25. 7 1919 >» Dubuis, Samuel Ed., Tierarzt . Leziiteig 1... 6.1918 s » Düggeli, Max, Dr., Prof. Idw. Bakter. an ine techn. Hochschule Hofstrasse 75 . 7 ım2 s >» Dumas, Gustav, Dr., Prof. Math. an d. Univers., Plateau de Bethusy . . ‚Lausame . ...- mi s » Du Pasquier, Gustav, Dr., Prof. Math. an der Ka‘ ‚Menchätel .: . . .« —=:1907 » Dürst, Ulrich, Dr., Prof. Zool. an der Universität . Bem . . . 5189 s » Dürsteler, Wilhelm, Dr., Chemiker . . aan. ae 51 gs» Eder, Rob., Dr., Prof. f. Pharm. a.d. Techn. Hochschule Schönleinstrasse 22 . 7 1915 Jahrg. 64. u % bi a a o % Hr. Flury, Philipp, Dr.h. c., Bi a. ia forstl.Vers, „Stat. Ss > Egli, Max, Dr., Prof. am kant. Gymnasium Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Ges. in Zürich. . Herrliberg . » Ehrhardt, Jakoh, Dr. med. vet., Prof. a. d. Univernität Weinbergstr. 74 . » Engel, Emil, Sekundarlehrer : » Engler, Harry, Dr. phil., » Erb, Josef, Dr., Cheinikee Hr. Ernst, Heinrich, Dr. Birnen A » Ernst, Julius Walter, Ingenieur » Escher, Be » Escher-Schindler, Conrad, Oberstit., Geo » Escher, Fritz, Dir. . » Escher-Kündig, Jakob Christof, Dr. D.&,, Entomolog » Escher-Lang, 3. städt. ae. Ä H., Kaufmann . » Escher-Pestalozzi, Elnsd, Kaufmann » Escher, Hermann, Dr., Direktor der Zentralbibliothek » Escher, Heinrich Dermanı: Dr., » Escher, Rudolf, Prof. Technol.a.d. techn. Mena Chem » Escher, Wilhelm Caspar . » Falkeisen-Escher, Emanuel 6., Kaufmann » Farner, Ernst, Dr. med., Arzt » Farny,JeanLucien, Prof. Elektr.a.d. ER ER . Freiestrasse 108 . » Feer, Emil, Dr. med., Prof. an der Universität » Fehlmann, J. Werner, Dr., Privatdozent an der techn. Hochschule ichard, Direktor der ee » Feix, » Felix, Florian, Dr. med., » Fenner, Karl, Dr., Prof. am kant. Gymnasium » Ferraris, Erminio, dipl. Bergingenieur » Field, Herbert Haviland, Dr., » Fierz-David, De Br; ‚Prof. f. Chem.a.d.E.T.H. » Fingerhuth, Max, D » Fischer, Emil, Dr. u. er » Fischer-Reinau, er ER oh Otto, » von Fleischl, iii » Fleischmann, Carl, Böker. » Fliegner, » Frank, Ludwig, D Y.,.& Pro8 Mihinrnbaii erend, Dr.sc.nat., Halssische Potnloung N. Dir. d. Ooneil, Bibliogr: s » Frey, Hans, Dr., Be: am u EEE . .„ Küsn s Frl. Frey, Hedwig, Dr., eg am anat. Institut der Gniveriät en Hr. Frey, Jakob Heinrich, K ann . » Frey, Rudolf, ci s » Frei, Walter, Dr. med. vet., Prof. an der Universität ken Höhestr. 68 — 2 . Blümlisalpstr. 66 . Gotthardstrasse 35 . . Hofackerstrasse 44 . Bergstrasse 114 . St. Urbangasse 6 . ederstr. 14 . Kapfstrasse 25 . Scheideggstrasse 22 . . Seilergraben 1 . Vogelsangstr. 3 . Fehrenstrasse 23 . Nordstr. 70a, Schaff hate . Splügenstrasse 10 . Wädenswil . » Felix, Otto, Tierarzt, De. i 2 Zürcher Molköre eien » Felix, Walter, Dr. med., Prof. an der Universität Stauffacherquai 4 . Köllikerstr.7.. . . Freiestrasse 211 . LIX Stadtkr. Nitolied Zürich sei ur an: i . Hönggerst., Altst.b.Z2. — Geologe, Carel van Brlandılams 30 Den Haag (Holland) . s » Ernst, Alfred, Dr., Prof. Bot. an der Universität Frl. Ernst, Bett . Zollikon, Höhestr. 66 — . Häldeliweg 35 . Sonneggstrasse 61 2, wma | iaTrevano9,Lugano — s » Flückiger, Otto, Dr., Prof. an der höhern Töchterschule Wikonenr 64. Fr. Flury-Habegger, Emma ed enweg 9, Ben. ee 108°, Franel, er: c Math.and.techn. Hochschule Klusweg 8. Zürichbergstrasse 45. 7 acht b. Zch. erstrasse 159 . graben 78. 26 17.7 8 1 1912 EX s Hr. Frick, Theodor, Dr. D. S., Zahnarzt . s > » v u an m % wear uns “ % ne En, Ben De mr ee nn ; nvaıusy away n Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. Friedländer, Immanuel, Geologe . Fritschi, Friedrich, a. rg Fritz, Franz, Dr., Tiera Froebel, Robert, A i Froehner, Julius, Dr. med., Zahnarzt. Froelich, Friedrich, Chem. . rüh, Jakob, Dr., Prof. Geogr. an der techn. Backen Fueter, Rudolf, Be Prof. Math. an der Universität Furrer, Erıst, Dr. ‚dipl. es f. Naturwissensch. Gampert, Paul, Kaufmann Gams, Edmund, .—.—. i Gams, Hellmut, Dr., Bot. Ganz, Emil, Kaufmann Gassmann, Theodor, Dr. phil. Gaule, Georg Justus, Dr. med., a. Prof.s a. a. Universitat Geilinger, Walter, Dr. med. Ä Geiser, Karl Friedrich, Dr., a. Prof. Math. \ Gerlach, Rudolf, Dr., Prof. am kant, Area N Gerwer, Friedrich, Ingenieur . Giger, Emil, Dr. rer. nat., Prof, höh, Macheesch, Glättli, Hans, Tierarzt , . N Glauser, Rudolf, dipl. hair Gnehm, Robert, Dr., a. Prof., Präs. d. a Saholrafds Gogarten, Emil, Dr. Gssloze, Villa Be von Genzsubaeh, Willy, D r. med. . Graber, Auröle. cand. phil. . Graemiger, Benjamin, Ingenieur . . ‚ Dr., Sekundarlehrer . % Graffenried, Be dipl. ing. chem Gramann, August, Dr., Sekundarlehrer . Gränacher, Charles, Dr. Ass. a. chem. Institut . Greinacher og Prof. Physik Greiner, Paul, Kau Gretler, Heinrich, en \ risch, A Dr., Adjunkt d. soheli, ee schaftlichen REN Grossmann, Marcel, Dr., Prof. Math, a. N ken. Hochschule, Grubenmann, Ulrich, Dr., Prof. Min, an beiden Hochschulen ‚ Titlisstrasse 14 . . . Zürichbergstr. 118 . . Steinwiesstrasse 18 . . Forchstrasse 151 . . Moussonstr. 15 . Peterstrasse 1. . Kappelergasse 16, Freiestrasse 6 . Rigistrasse 34 . Affoltern b. Z. . Gartenstrasse 36 . . Seegartenstrasse 2 b Asylstr, 17 eptunstrasse 2% Br Dornen Soloth. . Eidmattstrasse 26 [= N = rn 5 EEE 29 schützengasse 32 i et Lürcherstr. 181 Baum N as . . Äussere Schaff- . Kilchberg b. Zeh. . . . Rindermarkt 19 . erlikon . Holderstr. i Gschwind, Meinrad, Dr. chem, Eidg. Präfungs-Anstalt £ Brennstoffe. Clausiusst Guggenbühl, Adolf, Ing. . 2 Guyer-Berchtold, Julius, a. Nat. Rat, Fabri kant 5 Guyer, Oskar, Dr., Prof. a. d. kant. Handelsschule Gyger, Alired, Konfmiit, Gysi, Alfred, Dr. D. S., Prof. a, a. Sehnänkächnie der Universität . 0 N Pestalazistrase 33. . Rigistrasse 61 . Obere Zäune 10 |" Aal al ca | Sera ars] 1919 Stadikr. Mitglied a FERRARI GE 4: re h ei seit 1900 1915 1892 1914 1918 Jahrg. 64. Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Ges. in Zürich. LXI Stadikr. Hitalied Zürieh .seit s Hr. Haab, Otto, Dr. med., Prof. an der Universität . . Pelikanstrasse 44 . 1 1880 19 » Haas, de, Walter, Hedektor d. techn. Monatshefte . Rüschlikon . „1911 s » Haffter, Paul J., per Adr. Herrn H. Nabholz . . Mühlebachstr. 32 284915 » Halperin, Jakob, Dr. med. . . IT BERNREN , „== 4910 » Hanf, Ernst, stud. med. ANEINIBERE Universitätsstr. ‚er. 6"'1917 s » Hauri, Hans, Dr., aan St.Gallen, Florastı 11 — 1911 » Hauser, Adolt, Köcibeber; : „2020... Gemeindestr. 7 1918 » Heberlein, Fritz, Dr. Ing., Chemiker ae ee; 102 22728. 1916 » Heberlein, Hugo, Kaufman . Zollikerstr. 295 8 1918 s » Hegi,Gust.,Dr., Prof. Bot. a Universität enger, 18 München .:.— 195 s » Heim, Arnold, DE Geologe Br . Hofstrasse 100 a te s » Henschen, Karl, Dr. med., Prof. ne — 1910 » Herb, Max, Botaniker IN Mer Van DENSO 15, Laguhb 1915 Fri. Herder, Hermine, Melerin, Yilla Yalta ea... sselöidktr. 387 ‚8 41916 Hr. Herkenrath, Franz, Ingenieur . . Höngg, Zürcherstr. N — 1912 s » Herzfeld, Eugen, Dr., Ass. am ehaik: ab; a. Kinköhsh. Ekkehardstrasse 16 . 6 1911 s » Hescheler,Karl,Dr. ‚Pr of. Zoolog.anbeid. Hochschulen Mainaustrasse 15. . 8 1894 » Hess, Gottfried, Abchikäkt i . Nordstrasse 15 6 1911 s >» Hess, Walter, R., Dr. med. Prof. ü; e "Iniveistiat Susenbergstr. 198 . 6 1919 » Heusser, Hans, Dr., Oberassist. a. Kant. Tierspital Muggenbühl . . 3 1918 Frl. Heydweiller, Erna Jenny, Dr. Geologin . . . . Montbijouplatz 3, Berl 4 1917 s Hr. Hilgard, Karl Emil, a. Prof., a . Klosbachstrasse 159. 7 1910 » Hiller, Eduard, Apotheker, Sihnahäpe ... Banistrae T. . ..1 » Hirsch, Arthur, Dr., Prof. Math. a. d. techn. Hochs . . Reinacherstrasse 8 . 7 1903 ; un s » Hirschi, Hans, Dr., Geol ge wald (Glarus) . — 1915 » Hirzel, Hermann, Dr. ing., Chemiker Winkelwiese 1 1918 s » Höhn, Walter, Sekundarlehrer . ne. 2 0 AUFVERRITUEO. RG 6 1910 » Hofer, Hans, Tilscyranhie-Bösitzer a s Fr. Hoffmann-Grobety, Amelie, Dr. & sc. . . . . Ennenda, Kt. Glarus — 1919 Hr. Hofmann, Arnold, Dr. ind; Arzt ..,. 2.0.7, Reihacherstrasse 9 .. 7 1919 > Hofmeister, Eduard oe 00, HIRIBBEME 36... 23 1918 Frl. Hofmeister, Sara 00 0 DIAEDEATEEE 11, 7 1918 Hr. Holliger, Wilhelm, Dr., heine ‚ Wettingen . . . . — 18% » Hottinger, Rudolf, Dr. mad Pirat Urölöge an der Universität . . Voltastrasse 27 . . 7.1917 » Hubacher, Karl, Dr., ieksspoiieker “2. 0. .„DBIWElreEBse AU, ,. 1.1912 s » Huber-Stockar, Emil, Ingenieur . . .„ Neumünsterallee 12 . 8 1888 s » Huber-Pestalozzi, Gottfried, Dr. med. et sh. » . .„ Englischviertelstr. 61 7 1915 s » Huber, Hans, Dr. med., Sanatorium . . . Kilchberg b. Zeh. . — 1910 » Huber, Max, Dr. jur., Prof, der Rechte an der Dalreik. Schloss Wyden b. Ossingen . — 1910 s » Huber, Robert, Dr., Prof. am kant. erg) . .„ Streulistrasse 16 . . 7 1910 » Hürlimann, Hans Dr, Chemiker . . . „ Brandschenkestr. 160 2 1917 s > Hug, Jakob, Dr., Sekundarlehrer . . . . . . . Schindlerstrasse 16 . 6 1910 s » Huguenin, Gustav, Dr. med., Prof. . . Bergstrasse . 7 1878 s » Hunziker, Edwin, Ing. der Schweiz. Geodät. Kos. Lindenbachstr. 50 6 1917 s » Imhof, Othmar Emil, Dr.- .. : . - . 2. 2.20%. Königsfelden-Bragg . . . — 1882 s» Jeannet, Alphonse, Dr., Geologe d. Schweiz. Geolog. Kommission, Halleansg 2 . Kilchberg b. Zch. . — 1913 s » Jegen, G., Dr., Schweiz. RER ER: Wädahswil Wädenswil. „1919 » Jegher, Carl a E Bea, b. Zürich . 1919 s » Jenny-Tschudi, Daniel, Fabrikant . . . . . . .. Glar RL) BE « Jenny, Heinrich, stud. rer. nat... . : . . 2... Nm 2.0 ...0.1919 Er). I0noalr Deals. cand. phil. - - : » 2.5... Böll „0.2.1918 » Karrer, ori Lehreri . Phönixweg 4. . 7 1919 s Hr. Karrer, Paul, Dr., Prof. Ohnkanie 8. S: Universität Landoltstrasse 16 6 1913 s » Kaufmann, hab nie 2 ar ar > TREE IT: 7 1919 » Keer, Arnold, Chemiker . Kilchberg b. Zch.. . — 1910 s » Keller, Konrad, Dr., Prof. Iosl, an ie FR Hochschule . . Forchstrasse 118 . 7 1875 » Keller, Konrad, Landwirt rs . . Guggachstrasse 12°. 6 1902 s » Kiefer, Adolf, Dr., Wen . Minervastrasse 149 . 7 1894 s » Kienast, Alfred, Dr Privatdoz. Math. an dir ia! Hochschule Küsnacht b. Zch. — 1905 s » Klages, Wilhelm, Hitteningenie ee . Schwarzackerstr. 375, Wallisellen 1912 » Kleiber, Albert, Dr. . en me ss Mika. u » Klett, Max, Dr., Öbemikör i . Heliosstrassee6 . . 7 1911 s » Klinger, Rudolf, Dr. med., Assistent: & am ig Institut Höhenweg 18 11911 » Klöti, Eugen, Ass. f. Eilom adETcH . Oerlikon, Schulstr. 34 — 1915 » Knabenhans, Alfred, Dr. aloe 2.2.2.2... Zollikon, Bersstr. 225 . — 1916 s » Knopfli, Walter, Dr. Zooogi ..2. 2 0.0.2. ,Stauffacherstrase9.. 4 1913 > Koch, Helmut, dipl. Ing een ee se Freue. . 2 1917 » Koch, Wilhelm, Öbtike . . .„ Bahnhofstr. 11 1 1918 >» Kelsch, Adolf, Dr., ER Schrittller . . „ Rüschlikon . — 1910 » Koller, Eugen, Mühlenbesitz - 0. Zärcherstr. 30, Küsnacht h. Yrich . 1919 s > Kopp, Robert, Dr.. Prof. an in RER . „su Gallen . — 1896 » Kruck, Carl, Baumeister . en üiharhe , 237 .2,.204919 s » Künzli, Emil, Dr., Prof. an der Kantonssne : . Soloeturn . . . .— 101 s » Küpfer, Max, Dr., Assistent a, zool. vergl.-anat, Inst. d, Kris Klausstrasse 0 . . 8 1911 » Kubly, F. Wala, Dr ed. . Langenthal, Kt. Bern — 1916 > Kummer, Walter, Dr., Ing Am, Prof, : T: ler Hochschule Mythenstrasse 15. 2 1910 “> Kummer-Weher, Wilhelm, Pflanzer . . Villa Verbanella, Tocamo . . — 1914 > Kunz, bapl, bir. Privalleleep . . . 0°, 0.0 3,60. . — 1911 » Landolt-Locher, Paul, Kaufmann . . . . .. Asylstr. 31. . 121918 Frl. Lange, Mathilde M., cand. phil. . . . ... Schmelzbergstr. 18. 7:1918 Hr Laubi, Otto, Dr. med. . . “ e.2:% » nn. Kappelistrasse 35... 21919 » Lautenbach, Max, Dr je: . „e.us 5, Bolleystrasse 30 .. »...6:1912 s > Lebedinsky, Nahum, &., Dr., Zool, Anstalt “2.0, Bess Ausir.81. . — 1000 » Leupold, Karl, Guiekakliser i „Aigiplatz I . , ,.6 1918 Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 Stadtkr. Hitglied Zürich seit . Jabs, Asmus, techn. Direktor . Alpe sse 3 2.1%5 pen Jaccard, Paul, Dr., Prof. Bot. an en. Banana: Kalorien 12. 7.1903 Jaeger, Carl, ee Chemiker, Schwandenweg 8 . berg b. Z. _ Janike-Schneider, Emil, Privatlehre . Freiestrasse 34 a: Jakob, Joh., Dr. Ass. min ee abe E. T. H. Museumstrase 2_ . 1 1919 Jantsch, Gustav, Dr., Privatdoz. Chem. a.d. Universität PR 34. 7 Leuzinger, Rud., Vorst. d. kant. Mädchen-Erz. Kalk Mole en cu r-. 1008 Jahrg. 64. Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Ges. in Zürich. LXII Btad kr. Nitglied Türieh seit Hr. Liebmann, Erich, Dr. med., Oberarzt an der med. Klinik.. . Kantonsspital . . . 7 1912 » Lifschitz, Israel, Dr., Priv.-Doz. Chem. a. d. Univers. a Be. 61917 s » Locher, Fritz, dipl. Ing. . ee 2 1917 » Löwensberg, Paul, Dr. med. . Siss sach Gesi) — 1912 s » Lüdin, Emil, Dr., Prof. an de: kat, ndnsträlhch Stolze 6 1896 s » Lüthy, Adolf, Bei Prof. an der höh. Töchterschule . era 7 1904 5 » Lunge, Georg, Dr.,a. Prof. Chem. . . . . . Carmenstrasse 37 7 1876 5 » Maier, Hans W., Dr. med., Prof., Dozent d. Psychiatrie Burghölzli . . . 8 1909 » Mark-Bechtold, Andre, Dr. med. . Bahnhofstrasse 55 1. 1915 » Matthias, Eugen, Dr., Prof. a.d. hö h. Pochterrähnle Plattenstrasse 44 7 1919 s » Maurer, Julius, Dr., Direkt. d. Meteor. Zentr.-Anst. Zürichbergstrasse 7 .7 1881 >» Medicus, Fritz, Dr., Prof. Philos. a.d.techn. Hochschule Rüschlikon, Neestrasse 3 — 1911 » Meierhofer, Hans, Dr., Prof.a.d.höhern Töchterschule Reinacherstrasse 18 . 7 1908 s » Meissner, Ernst, Dr., Prof. Mech. an der techn. Hochschule . Zollikon, Rütistrasse 33 . — 1910 » Mende-Ernst, Theodor, Dr. med. nee rasse 37 . 2 1883 >» Menzi, Jakob, Dr., Burkieriäiier ende. Birmensdorfe ale; 9713 1919 » Mertens, Walter, Gartenarchitekt. . . . .. .» Keteera 36 2 1910 » Messikommer, Heinrich, Antiquar. . . - . Hechtplatz1 . 7 1910 $ » v.Meyenburg, Hanns, Dr. mel, ee Universität Dana Ikubanhe 5 0 = 1986 » Meyer, Alfred, Dr. med. Arz . .„ Zollikon : 1919 $ » Meyer, Edgar, Dr., Prof.am Kiee a Unirersität . . Kraftstrasse 48 1907 > Meyer, ne z gar: . . Utoquai 3 1919 sFrl. Meyer, Frie . Wein se 322, Dietikon . 1912 sHr. Me ler dal Prof. ‚Dr. moi Priv. Di. a. Luke. Freiestrasse 116 . 1910 » Meyer, Heinrich, Dr., Chöriker Bin . Plattenstr. 34 . 1918 » Meyer-Hürlimann, Karl, Dr. med. . . . . . . . Hottingerstrasse 20 . 1901 Frl. Meyer, Martha, Lehrerin. . . Minervastrass 128 1917 sHr. Minder, Leo, Dr., Adjunkt d. "Stadtchemikers . . Schaffhauserstr. 76 . s » Minkowski, Mieczyslaw, Dr. med., Priv.-Doz. f. Hirnl.a.d. Univ. Physikstrasse 6 5 » Misslin, Emil, Dr., Chemiker; Privatdoz. E.T.H. Minervastrasse 128. s » Monakow, Konstantin von, Dr. mel., Prof. a. d. Universität . Dufourstrasse 116 SR mal wo sa s mama | m | Ve e un kr) 5 » Monnier, Eduard, Dr. med., Priv -Doz. 1 . a.d. Univers. Bleicherweg 15 . 1917 » Mühleder, Hans, Mncch, 0 . Wallisellen, Schwarzackerstr. 374 1918 » Müller, Albert, Buchhändler . - . . . . . . Nägelistrasse 9 1905 » Müller, Alexander, Dr., Phys. . . . . - . . . Kurhausstrasse 8. 1911 sFrl. Müller, Charlotte, Dr. Ärztin . . . » . . Gkethestrasse I0 . 1911 » Müller, Gertrud . . os... „ Hirschengraheli 48 . 1919 Hr. Müller, Hans . - u u 2% Zollikersttasse WG. 1919 » Müller, Heinrich, a. Oläniker . Susenbergstrasse 173 1912 s » Müller-Thurgau, Hermann, Dr., Direkt, d. Schw. ur suchsanstalt für Mas Wein- und Gartenbau . . Wädenswil. . . . — 1891 » Müller, Marcus, Lehre 5 SS WINE. . .— 19183 > Muralt, Wilhelm von, Dr. en ae. RIRENLTBERO 18 4 208 s » Naef, Adolf, Dr., Priv.-Doz.f. Zoologie a.d. Universität Treichlerstr. 3 6 1916 » 7 1918 Naef-Werner, Paul, a. Oberförster und Pflanzer . Dolderstrasse 57 . 1919 arg Mitglied LXIV Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. s Hr. Naegeli, Otto, Dr. med., Prof. a. d. Universität . Voltastr. 55 ; » Nänni, Jakob, Dr., dipl. Fachlehrer f. Naturwissensch. Russenweg 12. ss s »: Nager, Felix Rudolf, Prof. Dr. med., Dozent für Oto-, Rhino- u. Laryngologie an der Universität . Freiestrasse 20 rt » . Narutowiez, Gabr., Ing., Prof. an der techn. Kohach: Tobelhofstrasse 34 7 s ». Niggli, Paul, Dr., Prof. a. Institut f. Miner. u. Petrogr. Universität Tübingen — » Ogushi Kikutaro, Dr., Prof. der Anatomie . » Osaka (Japan). _ s » Oppliger, Fritz, Dr., Prof. am kant. ET „Küsnacht b, Zeh... ; = s » Oswald, Adolf, Dr. med., Prof. an der Universität . Hofstrasse 75 . N: » Ott, Emil, Dr. &s sciences, Chem . Schlieren, Industriestrasse — s » Ott, Hans, Direktor der Ott- inshen Privatschule Kapfstrasse 16 » Ott, Carl, Reallehrer . *.. Hochstrasse 109, Schaffhausen . — » Panchaud de Bottens, Adalbert, Dr. mi u. med. . Seefeldstrasse 33 . 8: » Pestalozzi-Bürkli, Anton, Dr. . .. .„ Löwenstrasse 21 1 s Frl. Peter, Margarethe, Lehrer . Töchterinstitut Fetan — s Hr.Peyer, Bernh., Dr., ERREERN Zool; a. en Untecen, Schönleinstr. 7 s » Pfenninger, W., Dr.med. vet., Ass. a. vet.-pat. Institut Brandschenkestr. "w 2 » Pfister, Gottfried, Dir. Allg. — . 2... Kemptthal „ — » Pfister, Johann, en ne eh b. Zeh... u sFrl. Pfister, Martha, erin hart i .—_ Hr. Pfleghard, ot, ae ei : or 245 ee s » Piccard, Aug., Dr., Prof., Doz. [Physik 2. A RR Hochschul Schönleinstrasse 9 . 7 » Platter, Bruno, ER d. Schweiz. Agr.-chem. Anstalt Asylstr Eu s » Präsil, Franz, Dr., Prof. Masch. a. d. techn. Hochschule RENTEN 51 e} s » Preiswerk, Heinrich, Ing., chez Mr. Douane, 23 avenue Parmentier . . ; un be ER HE ar s» Quervain, Alfred a . Dr., Prof. Met., Ah der Kemer Dentral-Anstalt . . . . Gloriastrasse 68 7 » Rahn, Viktor C., Banquier . . . . » . . . Lavaterstrasse 50 . 2 » Rascher, Max, Buchhändler. . . . - . . . . Rathausquai 20 ie Raths, Jakob, Sekundarlehrer . . . . - .. . . Streulistrasse SI. Frl. Rauch, Aline, ups a lee ia u IV BRRBRE, OU 3 Hr. Redeker, August, Apotheker ie Bremen Homelingen ine » Rehsche, Sylvester, en % a. D . » .„ Mythenstr 2 s » Rehsteiner, Hugo, Dr., Präs.d.St.Gall. are, Ges. St.Gallen, en, N _ » Reitz, Wilhelm, Oberingenieur . . . : 5. stsehlple. 20. 1 Frl. Ronser, BORBIS, Kuga, fer. näl.. : ...0: » : Coikordieit ee '» 7 sHr. Resch, a » Riese, Heinrich, Ingenieur . . „ Bahnhofstrasse 78 1 s » Rikli, Martin, Dr., Prof. Bot. an ke kai. et Brandschenkesteig 12 2 s » Ris, Friedrich, Dr. med., Direktor der Pflegeanstalt Rheinau . . a » Ritzmann, Emil, Dr. med. . Bahnhofstrasse 58 i » Rohn, Arthur, Prof. Masch. an dr bach; Bockichale Blümlisalpstrasse 11. 6 s » Rollier, 2. Dr., Prof. Geol. a. d. techn. Hochschule Sonneggstr. 13 6 » Roothaan, Hans Philipp, Geologe . Hadlaubstrasse 7”. . 6 » Renibehn-Bintschedler, Ernst, Be: Piye heit Scheuchzerstrasse 22 6 » Roth, Conrad, Ing., Direktor. . - . . .„ Zollikerstr. 10, Zollikon seit 1919 1919 Jahrg. 64. Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Ges. in Zürich. LXV Stadikr. gr ng Zürich s Hr.Roth, Otto, Dr. med., Prof. Bakt. an d.techn. Hochsch. Engl. Viertelstr. 54 . 7 1891 » Roth, Wilhelm, Dr. med.. . . Plattenstrasse 34. . 7.1910 » Rothpletz, Gottlieb Friedrich, Garteninspektor . . Belvoirpark 2,708 s Fr. Rotszajn, Sophie, cand. phil. . iR Sohtnlematrane 3 a 8 Hr. Ruckstuhl, Werner, Dr., Chemiker . . . z.Homberg, Kemptthal 1917 » Rudolph-Schwarzenbach, Eduard, Zaitlken ES „ Scheideggstrasse 45 .. 2.1912 sFr]. Rübel, Cecile . . Zürichbergstr. 35 ..7 1918 sHr. Rübel, - Dr., Beohatziiker. Priv. Ds R. T. H. gt 30 7.1903 sFrl. Rübel, Helen > . Zürichbergstr. 35 . 7 1918 Hr. Rüeger, Be Anotiekeriä £. Rebs kös .. . Bischofszell — 1911 s » Rüst, Ernst, Dr., Prof. an der kant. ad . Hadlaubstrasse 106 6 1910 » Rusterholz, Arnold, Prof. Vet. med. an der Universität Tödistrasse 41 . in 3910 s » Rutgers, Fritz, Ingenieur, Zürichstrasse 1 : . Oerlikon x... 1915 » Rutgers, Joh., Dr. med., Arzt RR in HRIEHEBIT, 11, Dan 1919 » Hatishauser, Friedrich, under 2... „ Winterthurerstr.:58 .-6: 1916 s » Salis, Theophil, Apotheker . . ». » 2 2... Werdstrasse 5. ; 1917 » Sammet, Otto, Dr., Apotheker . . . „ NeueBeckenhofstr.42 6 1912 » $andmeyer, Trangott, Dr. phil. et Dr. ih h.c. Forehstr. 22 - Zollikon 1919 s » Schäppi, Theodor, Dr. med. et phil. . . . „ Sprensenbühlstr. 7 7 1904 s » Schärtlin, Georg Gottfried, Dr., Direkt. d. Baatanhet, Mythenstr. 1 2 1894 s » Schardt, Hans, Dr., Prof. Geol. an beiden Hochschulen Voltastrasse 18 gl » Schaufelberger, Wilhelm, DE. . Neue Beckenhofstr.14 6 1902 s » Schellenberg, Hans, Dr., Prof. is an ür techn, Hochschule Hofstrasse 63 . ut: 1895 > Schellenberg, Kaspar, Dr., Tierarzt. '; . . Hofstrasse 65 . 7 1896 » Schindler-Stockar, Dietrich, Dr. jur., Besstaunwail . Rämistrasse 2. 3 ı911 » Schindler, Konrad, Dr. med. . . . Seegartenstrasse 2 . 8 1907 s » Schlaginhaufen, Otto, Dr., Prof. Autbhon. & = Un. Orellistrasse 21 . 171%4 s » Schläpfer, Paul, Dr.,Dir.d.Eidg.Prüfungsanst. f. Brennst.a.d.B.TH. Winterthurerstr.47 . 6 1917 >» Schleich, Karl, Dr., Chemiker . empttha ..2..—- 118 » Schmid, Ed., Dr., Prof. an der kant. Industrieshhle a.Landstr. 22, Kilchberg 1905 » Schmid, Iwan, Kuaknant . . . Hadlaubstrasse 106 . 6 1915 » Schmidt, Oscar, Dr., Direkt.d. Akon. br, Oerlikon Scheideggstrasse 35 . 2 1900 s » Schmuziger - Fa A., Direktor der Akt.-Ges. i . Mühlebachstr. 174 . 8 1918 » Schnorf, Carl, Dr. er yet. . Bergstr.3 . . T 1918 > $choch, Albert, Dr., Lehrer a. “N Rantonsulinte . Gattiker ulfünke 8. 7 1919 8» Schoch-Etzensperger, BB DE: . 0. . . Zollikerstr. 136 . . — 1898 > Schöller, Walter, cand. chem. . in tens.) EOHEHDERISEN, 16, 7 1910 » Schöller, Fried. Arthur, Erin . Parkring 53 7 1018 > Schöllhorn, Fritz, Brauereileiter, Eck Haldengut, Winterthur 0 101 » en, Friedrich, Ing . Allenmoosstrasse If, Oerlikon . — 1919 » Schoop, Max Ulrich, Physiker . . . Hardturmstrasse 82 . 5 1912 g» Pal Otto, Dr., Botaniker, ERIEN Baselland Er — 1917 s > von Schulth er, Anton, Dr. med. . Was Bacwbrkeit, 53. 6 1889 >» Schulthess-Hünerwadel, 1, Hans, Verlage Buchhändler Rämistrasse 52 1910 » Schulthess, Willy, Dr. jur. Vize-Dir . Dufourstr. 14, Folgen 1919 > Schultz, Gustav, Kaufmann . . . . . ... . Konkordiastr. 2, . 7 1918 LXVI Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. Stadikr. Zürich Hr. Schuppli, Hans, cand. phil. ? . Blumenweg 15 >: » Schwarz, Emil, Dr. med., Besirkeirnt: . Seidengasse 9 . . 1 s « Schwarzenbach-Fürst, Arnold . Kilchberg b. Z., beärt — s » Schwarzenbach, Ernst, Dr. med. . Stockerstrasse 32 s>» ee Alfred, Dr., Prof. Phys. an er techn: schule . . Möhrlistrasse 69 . 6 » Bee; Armin, Dr. jur. Winterthurerstr. 33. 6 s » Schweizer, Robert, Dr. med. . Stadelhoferstrasse 15 1 s » Schwyzer, Fritz, Dr. m . Kastanienbaum b. Luzern . — » Schwyzer-Ellsworth, Bei, ER . Dolderstrasse 104 7 sFrl. Schwyzer, Jeanne, Dr., Chem. Winkelwiese 5 4 Hr. Seeberger, Xaver, Dr. med. vet. Trottestr. 11 . 6 » Seelig, Paul, Chemiker Mythenquai 4 8 » Seiferle, Eugen, stud., Yilla For Kemptthal .— s » Seiler, Ulrich, Dr., Prof. am kant. Sm i Foutalonaiatzebb BT » Seitz, Johann, Dr. med. . Plattenstrasse 86. . 7 » Sidler, Ernst, Dr. med. nn f: PN a. a. Une. . Glärnischstrasse 40 . 2 s » S$igerist, Henry E., D . Ebelstrasse N » $igg, Hermann un u ds Lande. 110 Küsnacht (Zürich) a Fr. Sigg, Martha, alte Landstrasse 110 . Küsnacht (Zürich) . — sHr. $Silberschmidt, William, Dr. med., Prof. an der Univ. Zürichbergstrasse 54 7 » Speckert, Joseph, Dr. med. . . Stadthausquai 3. . 1 s » Speiser, Andreas, Dr., Pr of. Math. a. . niapiailät Rigistr. 9 sc » Sponagel, Paul, Dr., Kr i . Bellariastr. 69 ch Frl. Stadtmann, Doris, stud. med. rgstr.5 - u sHr. Stähli, Jean, Dr. med., wi -Do2. f. Antubriliunies, d. Universität Hadlaubstrasse E 6 » Stähelin, Emil, Dr. Zahnarzt . Küsnac De » Staehelin, Markus, Dr. Ass. f. Botanik . ; u 2 A » Staub, Hans, cand. chem. ; . Gladbachstr.54 . . 7 s » Staub, Walter, Dr. sc. nat., RER FREE Pr Pcalae la Corona, Aportado Postal No.233 Tampico, Mexico . Hegibach 38 . N Fr. Staub-Elmenhorst, Mary Ellen . ß . Bahnhofstr. 72 4 Hr. Staub, Paul, dipl. Chemiker . . Rue Bergalonne 8, Genf .— s » Staub. Rudolf, Dr., Geologe . . Rieslingstr. 8 . nd sFr. Staub-Wagopoff, Sara, cand. goal.” ieslingstr, 8. , . ı sHr. Staudinger, Herm., Dr.. Prof. u Chain dirtachn. Hochschule Hadlaubstrasse 831 . 6 ı: Sue ER, Dr . alchestrasse 21. . 6 » Stebler, Karl, Lehrer . Gladbachstrasse 76 7 » Steiger, Adolf, Dr. med. . Goldauerstrasse 7. 6 » Steiger, Karl, Kunstmaler Kilchberg b. Zch. — s » Steiner, Gotthold, Dr. Thun, Krankenhausstr. 30°. — » Steiner, Hans, cand. phil. “ Streulistrasse 33. . 7 » Steiner, Hans, Dr. Seminarlehrer ; Kinkelstrasse 56 6 s *“ Steinmann, Alfred, Trittliga 6 4 s » Stierlin, Hans, Dr., Eur am ai: Ayınnasiin . Frohburgstrasse 63 6 s » Stodola, Aurel, Dr., Prof. Masch. a. d.techn. Hochschule er 62 u s » Stoll, Hermann, Dr. jur., Industrieller Lavaters 8 s » Stoll, Otto, Dr. med., a. Prof. der Geogr. . a 15 Fr » iovanni Ambrosio, Dr. med., Prof. an * Zahnarztschule der Universität . . Bahnhofstrasse 30 1 1919 Mitglied seit Jahrg. 64. Verzeichnis der Mitglieder der Naturf. Ges. in Zürich. LXVII Stadtkr. Mitglied ü seit Hr. Straessle, Anton, Kaufmann . „ Alpenstr. 33 ..2 1918 s » Strohl, Hans, Dr., Prof. Zool. a. ” "Universität . Kapfsteig 50 . 12.1907 s » Suter, Heinrich, Dr., a. Prof. am kant. Gymnasium . Arlesheim . — 1871 s » Szävits-Nossan, Stephan, Dipl.-Ing., Gajeva ulica 20, Zagreb Uingoiintien) — 1917 s » Täuber, Karl Paul, Ingenieur . . Rotbuchstrasse 32 . 6 1910 s » Tank, Franz, Dr. Privatdoz., As 8. Physik . . Sprensenbühlstr. 8. 7 1919 Ss» Thellung, Albert, Dr., Priv. -Doz. Bot. a.d. Univ. . Hegibachstrasse 422 . 7 1911 Frl. Thurnheer, Anna, cand. phil. . Wohlen a . — 1918 sHr. Tobler, Adolf, Dr., Prof. Elektr. 8 a. a Hoöinchid Winkelwiese 4 1 1873 s » Treadwell, William D., Dr. Prof. d. Chem. a. d.E.T. H. Fre a 146. 6 1916 s » Tröndle, Arthur, Dr., Privatdoz. Bot. an Ar Univers. Höhenweg .c 199 » Trueb, Reinhold, . Fabrikant . Ho üihrecheikin: .— 191 » Trümpler, Alfred, Dr. sc. nat., diplom. Chemiker na diplom. Hechter . .„ Kasinostrasse 20 . 7 1914 s » Tschulok, Sinai, Dr., Farkiehren für N TRENETBARG und Privatdozent an der Universität. . . . Gloriastrasse 68 1.1909 » Ulrich, Alfred, Dr. med., Leiter der Anstalt eig 150 . 8 1903 » Ulrich, Emil Be en ikan Parkring 25 2 1918 » Ulrich,Konrad, le, se 16 1 1912 » Usteri- Ps a A. a. sThalacker 5 31-1918 s » Veraguth, Otto, Dr. med., Prof. a. d. Universität . . Ringgerstrasse 11 2 1983 » Voellmy, Ernst, stud. agr. . . . - » . Klosbachstr. 119. 7 1919 » Vogel, Theodor, Apotheker. - . . . 2... Seefeldstrasse 81 . 8 1916 Frl. Vogel, Vera, stud. med. .. . » . . . =»... .Zürichbergstri 6. 7 1919 sHr. Volkart, Albert, Dr., Vorstand d. Schweiz. land- wirtschaftlichen Versuchsanstalt Oeılikon . ERBEN 67. ::6.:100 >» Vonwiller, Paul, Dr. med. et phil., Anatom. insittat Zürich — 1919 » Walser, Gaudenz R., cand. en 2.0... Behanbenesgiir 3. 2.138 5 » Waser, Ernst, Dr., Chemiker 0202 Böchnersbiasse 32 6 1915 » Weber, Emil, Dr., Misere. „0.0.0... ‚„Hotzestrasse 48 . 6 1911 Frl. Wegmann, Fanny, Fee ‘ say. MDliruene 00. : :..6 1919 Hr. Wegmann, Gustav, Ingeni . Hofstrasse 132 . . 7 1898 s » Wehrli, Hans, Dr., Prof. Beh, an en Univ ersi sitä it. Ku ee 11 7 1903 s » Wehrli, Leo, Dr., Prof. Geol. a. d. höh. Töchterschule Hochst 1.4.1898 » Wehrlin, Kurt, Dr. med... . Steinwies: re ie ..4 Bi s » Weiss, Pierre, Dr., Dikadkenr de F das: de Phys. % Univ. Stassbourg . . — 1902 » & Wengen, Walter, stud. chem . .„ Freudenbergstr. 65 . 7 1918 $ » Wettstein, Ernst, Dr., Prof. an der w EERAR ; eigen, 34 7 1904 » Wettstein, Walter, Sekundarlehrer . Ütlibergstr. 60 . . 3 1893 » Weyl, Hermann, > ig f. Math.a.d. Sn Hocwch. } er 2.7.1916 » Widmer, Adolf, D u u. FROH N. .....-2. 1916 » Wiederkehr, Rudolf, Fre A : . Oberrieden b. Zch., . — 1910 s » Wiegner, Georg, Dr., Prof. Agr. Chem. a. d. sine, Hochschule . Neptunstr. 14 . -1:1915 » Wieland, Adolf, Kaufmann . .. . Germaniastrasse 51 6 1919 LXVIN Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1919 es Mitgl. : Zürich seit Hr. Wiesmann, Theodor; Sekundarlehrer . .s Dreiwiesenstr. 9. . 7 1907 s >» Wild, Oscar, Dr. med., Privatdoz. a. d. "Universität Steinwiesstrasse 31 . 7 191] s » Winterstein, Ernst, Dr., Prof. Bei Chem. a. d. techn. Hochschule . . Physikstrasse 4 “4 1898. Witzig, August, Baden E . Seewaristrasse 21 . 2 1919 s » Wolfer, Alfred, Dr., Prof. Astron. an beiden, Hack, Sternw arte - .. 6 1880 s » Wolfer, Paul, Dr. med. inplatz 7 -0..3930 s » Wolfke,Mieczyslaw, Dr., Priv. Ihe Phys. ob, Höcheeh, Tiefogässchen 38 . 0.1088 s » Wünsche, Fritz, Dr., Assistent am pharmakol. Inst. d, Universität Ottikerstr 53. . . 7 1911 s » Wyder, Theodor, Dr. med., Prof. an der Universität Eleonorenstrasse 2 . 7 1910 s » v. Wyss, Georg, stud. chem. . . „u. ‚ Bärengasse 19. °, 1 1918 s » Wyss, Hans Osk., Dr. med., prakt. Ar i Steinwiesstr.37 . . 7 1918 s » Wyss, Max Oskar, Dr. med., Privatdoz. a. X 0 rien 28, 8 1910 » v. Wyss-Schindler, Wilhelm, ER Prof., Rektor höhern Töchterschule (ält. Abt.) . ; rwinkaliiäde We 4 | » Wyssling, Walter, Dr., Prof. ne an der RR Hochschul « Wädenswil . . . . — 188 s » Zangger, Heinrich, Dr. med., Prof. an der Universität Bergstrasse 5 . . 7 1904 s » Zehnder, Ludwig, Dr., Prof. der Physik a. d. Univers. Ruchfeld 78 b. Basel — 1917 » Zeller-Williger, Erwin, Ingenieur . ee ze (Bäbistrasse 10 7 1915 » Zeller, Heinrich, Dr. jur., Ktastentiwait y . Hofstrasse 136 . 7 1903 » Zietzschmann, Otto, Dr., Prof.Vet. Med.a.d. Universität Seefeldstrasse 115 8 1907 » Zölly-Veillon, Heinrich, Ingenieur . . . Brunaustrasse 2. . 2 1910 sFrl. Zollikofer, Clara, Dr. Assist. Bot. a. a. Universität Obere Zäune 4 . 1’ 1919 Hr. Zollinger-Jenny, Ernst, Fabrikant . . . Bellariastrasse 57 2 1884 » Zschokke, Erwin, Dr. med., Prof. an der Universität Selnaustrasse 36 . 1 1889 » Zschokke, Markus, Assist. a. vet.-anat. Instit. d. Univ. Peterhofstatt 7 ı 1917 » Zschokke, Theod., Obstbautechniker a. d. eidg. Ver- suchsanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau . . Wädenswil. . . . — 192 s » Zuppinger, Emil, Fabrikant . .°.. . . . „2... Walliselln. : ...— 1832 » Zürcher, Ernst, Buchdrucker . . . . 2... . Brunngasse 2 . .. 1 1906 s » Zürcher, Joh. Friedr, ee... . DDR, a . — 1910 » Zweifel, Fritz, Dipl.- Ins; 22222 es alle Landstrasse 398, Rüschlikon — 1918 XL | Freie ausländische Mitglieder. "4 wi s Hr. Bluntschli, Hans, Dr. med., Prof. Zool. a.d. Univers., Härtuerweg54 Frankfurt a.M. . 1904 1916 > Bühler, Anton, Dr., Prof. Forstwiss. a. d. Universität Tübingen . . . 1882 1914 » Disteli, Martin, Dr., Prof. Math. a. d.techn. Hochschule, Kriegstr.152 Karlsruhe . . . 1892 1914 » Driesch, Hans, Dr. ‚ Uferstrasse 52 . .. . Heidelberg. . . 1892.1914 » v.Eggeling, Heinrich, Dr.med., Prof.an d. Universität Jena. . . . . 1888 1914 s » Emden, Rob., Dr.,Prof. an d. techn. Hochsch. (Phys.). Habsburgerstr.4 München . . . 1888 1914 s » Ernst, Paul, Dr. med., Prof. an d. Univers., @raimbergw. 8 Heidelberg . . 1901 1914 » v. Frey, Max, Dr. med., Prof. an der Universität . Würzburg . . . 1898 1914 » Goldschmidt, Heinrich, Dr., Prof. Chem. a.d. Univers. Christiania . . 1881 1914 Höber, Rudolf, Dr. med., Prof. an d.Univers. (Physiol. Inst.) Kiel. . . . . 1889 1914