Sn ehe —. ine Ezwz er = > ange Te WR ee ne Teen een ee Na gan om au ann N men - . Te a gm 7 en tn Ten Ta; nn nn u An a ee "in nem, ee ee mia onen nn m. nn ne 20 De EEE u DE te Ten np eng, nn este ige nt nen mn en ee ee ee DL a Er u ee an m. BZ > ia u ne Te nn ee ee EEE tn “ TE Ne N KTanreH a MONATSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Aus dem Jahre 1880. :F Er IN Mit 23 Ta eln. # Ber: y ‘ » fi > RN i VILAIDEH) N BERLIN 1881. VERLAG DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Januar 1880. Vorsitzender Secretar: Hr. Mommsen, 5. Januar. Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse. Hr. Siemens las folgende Abhandlung: Über die Abhängigkeit der elektrischen Leitungsfähig- keit der Kohle von der Temperatur. Matthiessen machte zuerst!) auf die merkwürdige Eigenschaft der Kohle aufmerksam, bei höherer Temperatur die Elektricität besser zu leiten, als bei niedriger. Er fand für die am besten leitende und zugleich schwerste und festeste Modification derselben, die Gasretortenkohle, welche durch Zersetzung des überhitzten Leuchtgases entsteht und an den Wandungen der Retorten der Gasbereitungsanstalten abgesetzt wird, die specifische Leitungs- fähigkeit (Quecksilber — 1 gesetzt) 0,0236 bei 25° C. und zwi- schen O und 140 eine Verminderung des Widerstandes um 0,00245 für jeden Grad C. Beetz fand die Thatsache der Zunahme der Leitungsfähigkeit bei steigender Temperatur nur bei sogenannter künstlicher Kohle bestätigt, die aus Kohlenpulver mit einem geringen bindenden Zu- satz von Theer oder Zuckerlösung zusammengepresst und darauf erhitzt wird, wodurch die Zuckerlösung in entweichendes Gas und Kohle zerlegt wird, aber nicht für Kohlenstäbe, die aus Retorten- kohle geschnitten waren. Bei diesen konnte er keine Zunahme der 1) Pogg. Ann. Bd. 103 S. 428 (1858). [1880] 1 2 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Leitungsfähigkeit bei Erhöhung der Temperatur beobachten. Die Zunahme der Leitungsfähigkeit der sogenannten künstlichen Kohle erklärte Beetz durch einen stärkeren Druck, welchen die nur lose zusammenhängenden Kohlentheilchen auf einander ausüben müssten, wenn sie durch Erwärmung ausgedehnt werden. Ich selbst hatte öfters Gelegenheit, mich bei anderweitigen Versuchen zu überzeugen, dass Matthiessen’s Angabe richtig war. Um so auffallender war mir das Resultat einer neueren Arbeit von Felix Auerbach, vorgelegt von Riecke der Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen, Jan. 1879, dahin gehend, dass die Gasretortenkohle sich hinsichtlich der elektrischen Leitungsfähigkeit wie die Metall- legirungen verhalte, indem ihr Leitungswiderstand bei wachsender Temperatur in steigendem Verhältniss zunehme. Dass ein so exakter Beobachter, wie Matthiessen, sich so vollständig geirrt haben sollte, konnte ich kaum annehmen, obschon auch Beetz bei der Gasretortekohle keine Zunahme der, Leitungsfähigkeit finden konnte; die Versuche Auerbach’s waren jedoch andrerseits of- fenbar mit Sorgfalt und mit guten Instrumenten durchgeführt. Leider hatten alle drei Beobachter ihre Versuche nicht detaillirt genug beschrieben, um durch eine kritische Untersuchung derselben den Grund der Verschiedenheit ihrer Resultate ermitteln zu können. Bei der allgemeinen Anordnung der Auerbach’schen Versuche liess sich im Wesentlichen nur die Art der Erhitzung der Kohlen- stäbe und der geringe Widerstand derselben bemängeln. Die gleich- mässige Erwärmung der ca. 6”” dicken und 122””@ langen Stange in einer lufterfüllten Kammer bis zu einer bestimmten Temperatur dürfte sich nur sehr schwer ausführen lassen. Wie die Erwärmung der Luft ausgeführt wurde, ist aus der Beschreibung der Versuche nicht zu erkennen. Die Annahme, dass die Temperatur des Stabes mit der des Thermometers übereingestimmt habe, wenn keine wei- tere Veränderung des Widerstandes am Galvanometer zu bemerken war, dürfte für exakte Messungen wohl nicht zulässig sein. Da nur Mittel aus mehreren Messungen für jede Temperatur angegeben sind, ohne Angabe der Abweichung der einzelnen Messungen von ein- ander, so fehlt jede Controlle der Richtigkeit der vorausgesetzten Temperaturen der Kohlenstäbe. Immerhin ist die Übereinstimmung der beobachteten und berechneten Resultate gross genug, um den Gedanken auszuschliessen, dass das Endresultat der Messungen des Hrn. Auerbach nur auf Beobachtungsfehlern beruhen könnte. Be vom 5. Januar 1880. B} ; Da eine unzweifelhafte Entscheidung der Frage, ob und in welchem Grade der Widerstand der Kohle bei Temperaturänderungen zu- oder abnimmt, nicht nur wissenschaftlich von grösstem Interesse - ist, sondern auch eine grosse technische Wichtigkeit erlangt hat, so entschloss ich mich zu einer eingehenden Untersuchung der- selben. Ich liess mir eylindrische Kohlenstäbe verschiedener Dicke und Länge anfertigen. Dieselben wurden an den Enden etwa 15% weit galvanisch verkupfert. Dann wurden die Drähte einer Kupferlitze an die verkupferten Enden gelegt und dieselben mit feinem Kupferdraht einige Male umwunden, um sie dadurch an der - Kohle zu befestigen. Das so vorbereitete Kohlenende wurde nun wieder in die Kupferlösung gebracht, und so viel Kupfer darauf niedergeschlagen, dass die Kupferdrähte mit der ersten Verkupfe- rung und dadurch auch mit der Kohle fest verwachsen waren. Die Erwärmung der so vorbereiteten Kohlen geschah in dem Bade einer nicht leitenden Flüssigkeit. Für niedrige Temperaturen bis 60° C. benutzte ich ein schweres Petroleum, für höhere bis 270° C. geschmolzenes Paraffin. Die Flüssigkeit befand sich in einem Blechtroge und konnte durch untergesetzte Brenner erhitzt oder durch Einsetzen des Troges in Schnee abgekühlt werden. Der ca. 260mm Jange, 75"M breite und 80" hohe Trog wurde durch eine Schieferplatte bedeckt, die von zwei kupfernen Bolzen durchbohrt war, welche an beiden Enden geeignete Klemmen trugen. In die unteren Klemmen wurden die Kupferenden der Kohle einge- spannt und darauf zu noch grösserer Sicherheit mit denselben verlöthet. Vermittelst der oberen Klemmen des Schieferdeckels des Troges wurde die Kohle in eine Brückencombination eingeführt, welche aus zwei genau abgeglichenen Widerständen im Verhältniss 1:100 und einer Widerstandsscala, die „; bis 10000 Q. E. einzu- schalten gestattete, bestand. Als Galvanometer diente ein empfind- liches Spiegelgalvanometer mit vier Drahtrollen und einem asta- tischen Magnetnadelpaare. Zur Controlle der Einrichtung und Constatirung ihrer Empfindlichkeit sowie der Genauigkeit der Mes- sungen wurde zunächst anstatt der Kohle eine zweite Widerstands- scala eingeschaltet, und constatirt, dass beim Gleichgewicht die Widerstände der beiden Scalen sich immer im. Verhältniss 1: 100 befanden, wenn der Widerstand der Zuleitungen, der auf 0,033 Q. E. bestimmt wurde, in Rechnung gezogen wurde. Die Einschaltung Ni d Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse von „1; Q. E. im grossen Brückenzweige über oder unter das Gleichgewicht bewirkte eine Ablenkung des Spiegels um ca. 20 Scalentheile, wenn 1 Einheit im kleinen Brückenzweige eingeschaltet war. Die Temperatur des Bades wurde mittels zweier verglichener Fuess’scher Thermometer abgelesen, von denen das eine Tempe- raturen von — 30 bis + 70 mit 0,1 Grad Theilung, das andere Temperaturen von 10 bis 300° mit Gradtheilung abzulesen ge- stattet. Das Thermometer wurde durch eineu seitlichen Schlitz in der Schieferplatte in das Bad eingeführt, welcher gestattete, dasselbe in der Nähe des Kohlenstabes in der ganzen Länge des Bades hin- und herzuführen, um dadurch eine gleichmässige Tem- peratur desselben und die Übereinstimmung der Temperaturen des Thermometers und der Kohle zu bewirken. Es gelang mir auf diese Weise leicht, eine beliebige Temperatur hervorzubringen und so lange zu erhalten, bis mein Sohn Wilhelm, der mir bei diesen Versuchen assistirte, die Einstöpselung des Gleichgewichtswider- standes vollendet hatte. Es wurden gewöhnlich mit derselben Kohle die Temperaturen von O bis 250° C. ein oder auch mehrere Male in auf- und absteigender Reihenfolge durchgemessen. No. Abgele- | Wider- Wider- | der |Tempe-) sener | stand — | Temp--| stands- do. ur Kohle | !atur | Wider- Zuleitung) Differ. | Differenz 1% stand A E | 1 | 270° | 1,223 | 1,190 n E E 060 | 1926 | 1.195 | 10° | 70.008 | —0.00030 | 0.00025 240 , 1238 | 1200 | 20 | 0.007 | —0.00035 | 0.00029 220 | 1242 | 1209 | 20. | —0.009 | —0.00045 | 0.0038, 200. ul age ee 180 \ 1255 | 1992 | 20 | 0.006 | —0.00030 | 0.00025 160... 1.1.059 .| 1206. |. wo 140 | 1267 | 1994 | 20 | 0.008 | —0.00040 | 0.00033 120. 1273 | 1200 | 0 N 100 | 1988 | 1950 | 70 | —0.010 | —0.00050 | 0.00040 ee | eo ars: Vpaaodı 2 oh a 10 | 1,321 | 1,288 Erg de 3.,31,.2.838 Nalann Mittlerer Coefficient = 0.000331 . ” 2 ne en. er re - 2 - | vom 5. Januar 1880. | 5 Der Widerstand der Zuleitungsdrähte betrug bei sämmtlichen Messungen 0,033 Q. E.; Derselbe ist in Vertical - Colonne 4 von dem abgelesenen Widerstande in Col. 3 abgezogen. In Col. 8 ist die procentische Zunahme der Leitungsfähigkeit zwischen zwei benachbarten Messungen für 1° Temperatur berechnet. Die Mes- sungen derselben Kohle wichen an verschiedenen Tagen erheblich von einander ab, was sich zum Theil aus Temperaturschwankun- gen der Zimmerluft erklärt, welche das Verhältniss des Widerstan- des der Brückenzweige etwas veränderte. Genaue Versuche mit höherer Erhitzung als 270° (die noch durch ein Paraffınbad zu erreichen ist) sind nur schwierig anzustellen, da es an einer si- cheren Erhitzungsmethode, so wie an bequemen Mitteln, die Tem- peratur der Kohle mit Genauigkeit zu bestimmen, fehl. Um jedoch Gewissheit darüber zu erlangen, ob der Widerstand der Kohle auch bei Erhitzungen bis zur Glühhitze noch stetig ab- nimmt, liess ich ein ca. 200” langes Kupferrohr von ca. 20” lichter Weite anfertigen. Vermittelts zweier durchbohrter Gyps- pfropfen, durch welche die Kupferansätze der Kohlenenden hindurchgeführt wurden, ward der Kohlenstab so ziemlich in der Mitte des Kupferrohres schwebend erhalten. Das so vorbereitete Kupferrohr ward nun auf einen kleinen offenen Chamotte-Ofen ge- legt und durch ein in demselben angefachtes gleichmässiges Holz- kohlenfeuer erhitzt. Der Widerstand der Kohle war bei Lufttem- peratur vor der Erhitzung = 1,452 Q. E. Während der Erhitzung verminderte sich der Widerstand fortdauernd. Als das Kupferrohr so weit erhitzt war, dass kleine Zinnstückehen in Berührung mit seiner Oberfläche schmolzen, war der Widerstand = 1,575 Q. E. und als auch Zinkstückchen schmolzen, war er 1,298 @. E. Nimmt: man die Schmelztemperatur des Zinnes zu 230° ©. und die des Zinkes zu 423° C. an, so ergiebt dies, die Zimmertemperatur zu 20° C. angenommen, zwischen ihr und der Zinnschmelztemperatur eine procentische Zunahme der Leitungsfähigkeit von 0,00025 und zwischen dieser und der Zinkschmelztemperatur eine Zunahme von 0,00029 für jeden Temperaturgrad. Wahrscheinlich hatte die Kohle noch nicht vollständig die Temperatur der. Röhre angenommen. Es wurde darauf die Erhitzung bis zur dunkelen Rothglut des Kupferrohres fortgesetzt. Der Widerstand der Kohle veränderte sich dabei sehr unregelmässig und schwankend. Als die Tempe- 6 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ratur des Rohres jedoch einige Minuten in der Rothglut erhalten war, wurde er constant und auf 1,300 bestimmt. Es wurden nun die Kohlen schnell aus dem Öfen entfernt, und das Rohr schnell abgekühlt. Dabei nahm der Widerstand der Kohle stetig zu, bis er, als das Rohr die Zimmertemperatur wieder angenommen hatte, auf 1,685 stehen blieb. Die beobachtete bedeutende Vergrösserung des Widerstandes, den die Kohle nach erfolgter Abkühlung im Vergleich mit der Messung bei Beginn des Versuches zeigte, ist wohl we- sentlich dem Umstande zuzuschreiben, dass der im Rohre enthal- tene Sauerstoff einen Theil der Kohle verzehrt und ihren Wider- stand dadurch dauernd vergrössert hatte. Dafür spricht auch die Vergrösserung des Widerstandes während der langsamen Erhitzung von der Zinkschmelzhitze bis zur Rothglut. Während der schnel- len Abkühlung von dieser bis zur Zimmertemperatur konnte keine in Betracht kommende weitere Verbrennung der Kohle eintreten. Nimmt man die Rothglut zu 900° C. an, so ergiebt die Widerstands- zunahme während der Abkühlung eine procentische Verminderung der Leitungsfähigkeit von 0,00033 pro Grad, — eine Übereinstim- mung mit den bei niedrigen Temperaturen gefundenen Werthen, die bei der Unsicherheit der Temperaturannahme wohl nur zufällig ist. Als erwiesen ist aber durch diesen Versuch anzusehen, dass die Leitungsfähigkeit der Kohle bis zur Gluthitze hin zunimmt. Der Umstand, dass ich wie Matthiessen die Verbindung der Kohlenenden mit den Zuleitungsdrähten durch galvanische Ver- kupferung hergestellt hatte, während Auerbach sie dadurch be- wirkte, dass er die Kohlenenden in geschmolzenes Loth tauchte und darin erkalten liess, machte es mir wahrscheinlich, dass hierin der hauptsächliche Grund der unrichtigen Ergebnisse der Versuche des Letzteren zu suchen sei. Ich habe bereits im Jahre 1860!) auf die Beobachtung hingewiesen, dass Metalldrähte, wenn sie ohne vorherige Amalgamirung in ein Quecksilberbad getaucht werden, einen Übergangswiderstand zeigen, der wohl unzweifelhaft von einer schlecht leitenden, auf der Oberfläche der Metalle durch Molekularanziehung verdichteten Luftschicht, die der Strom durch- laufen muss, herrührt. Da die Kohlenstäbe, welche Auerbach 1), Pogsg. Ann. Bd. 110.) p: 11. vom 5. Januar 1880. 7 benutzte, bei geringer Länge verhältnissmässig stark (etwa 6"” im Quadrat) waren, mithin nur wenig Widerstand hatten, so konnte der Widerstand einer ähnlichen Luftsckicht, die auf der Oberfläche der Kohle wegen ihrer viel grösseren Verdichtungskraft für Gase “auch viel stärker sein wird als bei den Metallen, einen über- _ wiegenden Einfluss auf seine Messungsresultate ausgeübt haben. Zur Prüfung dieser Vermuthung brach ich einen Kohlenstab, der bereits zu Messungen gedient und eine entschiedene Vergrösserung der Leitungsfähigkeit bei wachsender Temperatur gezeigt hatte, etwa 20mm von dem Kupferüberzuge des einen Endes ab und tauchte das freie Ende nach Auerbach’s Methode in geschmol- zenes Loth, an welches nach der Erkaltung der andere Zuleitungs- draht zur Brücke festgelöthet wurde. Der Erfolg war ein über- raschender. Der Widerstand des jetzt etwa 10” langen Kohlen- stabes vergrösserte sich ganz entschieden bei steigender Tempe- _ ratur! Ein anderer Versuch mit einem längeren Kohlenstabe, dessen eines Ende ebenfalls nach Auerbach’s Methode durch Loth mit dem Brückendrahte verbunden wurde, ergab zwar noch eine Zu- nahme der Leitungsfähigkeit bei wachsender Temperatur, doch _ war der Coöfficient derselben ein weit kleinerer geworden. Eine genaue Messung erwies sich als unthunlich, da der Widerstand, u. bei höheren Temperaturen, zu schwankend war. Endlich wurde noch ein Gasretortenkohlenstab von quadra- tischem Querschnitte, von 63 02%® Durchschnittsfläche und 120”” Länge, zunächst an den Enden mit Loth umgossen, und dann der Widerstand bei verschiedenen Temperaturen gemessen. Die Mes- _ sungen waren sehr unconstant, doch war ein entschiedenes An- steigen des Widerstandes bei steigender Temperatur zu beobachten. Darauf wurden die Lothkappen entfernt und die Enden galvanisch verkupfert. Es ergab sich jetzt bei steigender Temperatur eine ebenso entschiedene und ganz regelmässige Verminderung des Widerstandes. | Durch diese Versuche ist wohl unzweifelhaft erwiesen, dass bei der von Auerbach benutzten Methode der Umgiessung der Kohlenenden mit Loth keine directe Verbindung der Kohle mit dem Metalle erzielt wird, dass im Gegentheil wie beim Eintauchen _ eines nicht direct amalgamirbaren Metalles in Quecksilber eine die Kohle und das umhüllende Metall trennende Schicht verdichteter j 8 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Luft auch nach der Erkaltung des Lothes fortbesteht, und dass die abweichenden Resultate Auerbach’s hierdurch ihre vollständige Erklärung finden. Es ist hiermit aber die Frage noch nicht entschieden, ob die den Leitungswiderstand vergrössernde Luftschicht selbst die Eigen- schaft besitzt, ihren Leitungswiderstand bei wachsender Temperatur” in dem beobachteten Mafse zu vergrössern. Es ist auch denkbar, dass die ungleiche Ausdehnung des Metalles und der Kohle eine Lockerung der Verbindung und eine Verminderung der Zahl der wirklichen Berührungspunkte zwischen Kohle und Metall herbei- führt. Dass bei der galvanischen Verkupferung eire trennende Luftschieht nicht auftritt, ist wohl namentlich dem Umstande zuzu- schreiben, dass die Flüssigkeit das auf der Kohlenoberfläche con- densirte Gas auflöst, bevor der Kupferniederschlag beginnt. Es empfiehlt sich aus diesem Grunde auch, die Kohlenenden vor Be- ginn der Verkupferung auszukochen oder doch einige Zeit in der erhitzten Verkupferungsflüssigkeit stehen zu lassen. Anstatt der Verkupferung habe ich mich auch mit gutem Erfolge der Vergol- dung der Kohlenenden in einer heissen Cyan - Goldlösung bedient. Mit der Goldschicht wurden dann die kupfernen Zuleitungen durch Kupferniederschlag in der beschriebenen Weise metallisch ver- bunden. | Mit einem auf diese Weise mit Zuleitungen versehenen runden Kobhlenstabe von 2,43"®% Dicke und 148" Länge zwischen den Kupferansätzen, welche aus einem ausgewählten, sehr dichten und feinkörnigen Stück Berliner Gasretortenkohle geschnitten waren, wurde dann die folgende Versuchsreihe erzielt. Bei dieser so wie bei den späteren Versuchsreihen wurde sowohl der Widerstand ge- nauer gemessen, als auch die Temperatur längere Zeit constant ge- halten, als bei den früheren Versuchen. vom 5. Januar 1880. 232000 0— G'97 8100 G'103 #1 | 201% 7880000 — G'07 £8T00 - CPI 9581’ F191'% 8320000 — 077 1210°0 get | 60C1T LGBT'Z 0380000 — 127 89T00 Gz1 08916 88085 EFE000°0— 0% 68T0°0 TOI sFrsl'z 9613°7 9L 18087 0988'% | 9, LE03'3 08877 ossom | 2780000 — | 8% E6T0°0 sI0I Fr8l’e 66187 -08 oSe[, uopuasjog wy 1 LF£0000— | 8°4% 2610°0 971. 8791’ 00033 || 9520000— | cz F810°0 IsL SIFT'Z 91817 | 828000 0— | 88 9710°0 G’ELT sTEL @ 0991°7 | L68000°0— 77 c0%0°0 GLT IIEL 67917 4znuoq oe uagsıa | 70.0 - 9% 9020 0 ISI IIST 2 79812 umz opana SION SL | 298000 0 g% 0610 0 GI SET © 0.08 2 6380000 — [er E8T0°O 001 SI6T'S 09337 | GL 608° erra's peıg oad |['yerodwaT, | sopuersıopiM angeı ln EBEN ON usdunyıowag owyeunz ı19p ‚Op sap en -odwoy, pu@JsiopIM a yual9gf209 | zusaogiq | zuedoytel AOUIJIOg 10 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Die specifische Leitungsfähigkeit der Gasretortenkohle ist hiernach bei 0°C. 0,0136 (Quecksilber = 1) und der Coöfficient der Zunahme der Leitungsfähigkeit 0,000345 pro Grad Celsius. Die sogenannte künstliche Kohle, welche jetzt vorzugsweise zur Erzeugung des elektrischen Lichtes benutzt wird, wird in der Regel aus gepulverter Gasretortenkohle mit Theer oder concentrirter Zuckerlösung als Bindemittel gepresst und durch wiederholtes Glühen und Tränken dicht und gut leitend gemacht. Für diese hatte Beetz eine beträchtliche Zunahme der Leitungsfähigkeit bei wachsender Temperatur constatirt, während er eine solche bei Kohlenstäben, die aus Gasretortekohlen geschnitten waren, nicht fand. Es erschien nicht unwahrscheinlich, dass die aus zersetztem Theer oder Zucker entstandene Kohle, welche die Gaskohlen-Par- tikelchen trennt, andere Eigenschaften besitzt als die Gasretorten- kohle, da die aus festen Kohlenwasserstoffen reducirte Kohle sehr hartnäckig auch noch bei starker Erhitzung Wasserstoff zurückhält und dann ein sehr schlechter Leiter ist — wie z. B. die nicht sehr stark und anhaltend geglühte Holzkohle. Eine solche schlecht leitende Zwischenschicht konnte auch den Coäfficienten der Zu- nahme der Leitungsfähigkeit wesentlich beeinflussen. Der Versuch hat dies jedoch nicht bestätigt. Es wurden zwei verschiedene französische, künstliche, runde Kohlenstäbe in der beschriebenen Weise mit Zuleitungen versehen und ihr Widerstand bei verschie- denen Temperaturen gemessen. Es ergaben sich dabei folgende Tabellen: ıl 1080000 PHYIN STEOOO'O 8F2 FITOO 00T seht | FeBrL | 218000°0 fer FI10°0 ezı 8Lrr 1 1IesF 1 0%8000'0 62 OTTO‘O 061 9er I coLFL 815000'0 eG 00T0°0 GLL 95H 1 co9F I 682000°0 127 6600°0 061 E9IF TI 909F 1 663000°0 82 8600°0 661 LCIFT 00CFT 908000'0 9% FII0‘O g9LT Gear L Ss6FrFrL [4 [4 [4 [4 £ eFe00 932000°0 (ed 8TIO‘O o<1 6I9ErTL sIırı een © Ing uodunemz | 3080000 #7 g0T0‘0 Gel "sFr 1 088F 1 Ener anE 2 dv SI J9P- PUBWISHENZ IST] | 795000°0 G36z 2600'0 c‘00L G6CF1 sFr6r 1 umgG1-OouR'] = GL 269F1 Geog‘T z 'oN oyoyysuny z FTE000°0— TPHIN S ale 19271 200C'I 1 6320000 — 7 8ITO‘O 08 EFIFL FssrI [4 ee (3 00 c [4 S „18000 0 og 18000 [ are T esay T ER RE RAR » 1720°0 8830000 — 06 6080'0 081 0er I FrHH 1 Inıyoq uodungemz | 8630000 — 09 T130'0 003 66681 | gear wwusrI oSur] dp puejsiopiM 0 | 8EL000°0— 08 sr10‘0 083 098E'°T- | I60F'I IT 'oN ayoygsuny anyesodua], | apuesıopı AA 1nJel UBISIOPIMA UBISIOPI usdunyIoweg JU9TOYFROQ TeB ; EP) DEERRPEM -adwoL, -U9]JOM4} AOUISSEWAS zus9logiqdl 12 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Es folgt hieraus, dass die künstlichen, durch Pressung aus Kohlenpulver erzeugten Kohlenstangen, ebenso wie die aus Gasretortenkohle geschnittenen, bei wachsenden Temperaturen eine grössere Leitungsfähigkeit zeigen, und dass die Zunahme nicht ganz so gross ist wie bei der Gasretortenkohle. Die von anderen Beob- achtern gefundenen abweichenden Resultate werden wahrscheinlich ebenfalls auf mangelhafte Verbindung der Enden zurückzuführen sein. | Bei den beschriebenen Versuchen stellt sich keine bestimmte Vergrösserung oder Verminderung des Zunahme -Coöfficienten mit der Temperatur heraus. Ich nehme auch um so mehr Anstand, aus den mitgetheilten Messungen in dieser Hinsicht eine bestimmte An- sicht auszusprechen, als sie überhaupt nicht so bestimmte und sichere Resultate angegeben haben, wie die angewendete Methode sie erwar- ten liess. Ob diese bisher nicht erklärlichen Unregelmässigkeiten darin zn suchen sind, dass die leitende Verbindung auch bei der galvanischen Verkupferung noch nicht als vollkommen zu betrachten ist, oder ob die Kohle ähnlichen, ihre Leitungsfähigkeit ändernden Einflüssen unterliegt, wie das Selen, muss einer eingehenderen Untersuchung vorbehalten bleiben. Die Erklärung, welche Beetz für die Erscheinung der Zunahme der Leitungsfähigkeit der Kohle bei steigender Temperatur gegeben hat, würde nur auf Kohlen- pulver oder lose zusammenhängende Kohle anwendbar sein, welche von festen, sich weniger wie die Kohle ausdehnenden Wänden um- schlossen war. Da das Gesammtvolumen des Körpers in dem- selben Verhältniss wächst, wie das seiner Theile, so kann eine vergrösserte Pressung der Theile bei gleichmässiger Temperatur- erhöhung bei nicht eingeschlossenen Körpern auch nicht eintreten. Beetz führt zur Unterstützung seiner Hypothese einige Versuche an, die er mit Metallspähnen angestellt hat. Sowohl durch äussere Compression als durch Erhitzung verminderte sich der Leitungs- widerstand derselben. Dass dies eintreten muss, wenn wirklich eine Compression des Pulvers auftritt, ist wohl unzweifelhaft und auch durch Versuche vielfach bestätigt. Wenn das Pulver von Gefässwänden theilweise umschlossen war, konnte daher sehr wohl eine Verminderung des Widerstandes eintreten. Wahrscheinlich ist aber auch die auf der Oberfläche der Theilchen des Pulvers con- densirte Luft von Einfluss gewesen. Der Rückschluss vom Pulver auf eine zusammenhängende Masse ohne umschliessende Wände, ; EEE "vom 5. Januar 1880. 13 wie die geformte Kohle, kann aber nicht zugestanden werden. Dass selbst ein starker Druck die Leitungsfähigkeit der geformten Kohle nicht ändert, ist durch einen einfachen Versuch nachzu- weisen. Versieht man die Enden eines Kohlencylinders durch gal- vanische Verkupferung mit sicheren, angelötheten Zuleitungen, und setzt dann den Kohlenstab in der Richtung seiner Axe einer star- ken Pressung aus, so verändert sich der Leitungswiderstand des- selben nicht im mindesten, wenn man selbst den Druck bis zur Zertrümmerung der Kohle steigert. Es zeigt dies, dass die gut imprägnirte und gebrannte geformte Kohle als fester, wenn auch noch poröser Körper und nicht mehr als nur lose zusammenhän- gendes, verschiebbares Pulver zu betrachten ist. In noch viel hö- herem Grade gilt dies von der ungepulverten, festen Gasretorten- kohle. Der Bildungsprocess dieser Kohle geht in ähnlicher Weise vor sich, wie die galvanische Abscheidung der Metalle, da, wie schon hervorgehoben wurde, die Kohle in unmittelbarer Berührung mit der Fläche der Retortenwand frei wird und sich durch Mole- kularanziehung im Augenblick des Freiwerdens an einander legt. Die Gasretortenkohle ist mithin nicht als zusammengebackenes Pulver, sondern als eine feste Kohlenmasse zu betrachten. Dass das specifische Gewicht der Gasretortenkohle ein verschiedenes ist, wird wohl mehr eine Folge eingeschlossener kleiner Hohlräume und der Einschliessung fremder Körper als einer Verschiedenheit der Masse selbst zuzuschreiben sein. Die allgemein gültige Eigen- schaft der Kohle, in höherer Temperatur besser zu leiten, muss daher als eine Eigenschaft der Kohlenmaterie selbst und nicht als eine Folge ihrer Structur aufgefasst werden. Eine Analogie für dies Verhalten der Kohle bildet das der Elektrolyte — zu denen nach Hittorf auch Einfach - Schwefel- kupfer und andere zusammengesetzte feste Körper zu rechnen sind — und von einfachen Körpern Tellur und Selen. Letzteres ist bei schneller Abkühlung aus dem geschmolzenen Zustande ein Nichtleiter — wie auch der Diamant. Wird es bis 100° ©. erwärmt, so wird es krystallinisch und leitet dann die Elektricität, wie die Kohle, in der Weise, dass seine Leitungsfähigkeit bei wachsender Temperatur zunimmt. Das Selen verliert bei der Erwärmung auf 100° C. latente Wärme; es ist daher wahrscheinlich, dass diese Verminderung der latenten Wärme es zu einem Leiter der Elektri- cität gemacht hat. Wenn man schnell erstarrtes, sogenanntes 14 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse amorphes Selen bis in die Nähe seines Schmelzpunktes, d.i. bis über 200° C. erhitzt und längere Zeit in dieser Temperatur erhält, so verliert es noch mehr latente Wärme und nimmt dann, wie ich gezeigt habe!), eine weit grössere Leitungsfähigkeit an. Es leitet die Elektrieität aber jetzt wie ein Metall, d. i. seine Leitungs- fähigkeit nimmt bei Erhöhung der Temperatur ab. Es erscheint daher wahrscheinlich, dass die Eigenschaft des krystallinischen, noch latente Wärme haltenden Selens, die Elektrieität wie die Elek- trolyte und die Kohle in der Weise zu leiten, dass die Leitungs- fähigkeit mit der Temperatur zunimmt, daher rührt, dass es noch latente Wärme enthält. Da latente wie freie Wärme ein Hinderniss der Elektrieitätsleitung bilden oder wahrscheinlich sogar die Ursache des Leitungswiderstandes sind, und da die Stabilität allotroper Zustände, welche Wärme gebunden halten, durch Erhitzung sich vermindert oder ganz verloren geht, wobei dann die latente Wärme entweicht, so muss das Hinderniss, welches die letztere dem Durch- gange des elektrischen Stromes entgegensetzt, bei erhöhter Tempe- ratur geringer werden. Die bessere Leitungsfähigkeit der Kohle bei höherer Temperatur lässt sich daher wie beim krystallinischen Selen erklären, wenn man annimmt, dass die Kohle wie dieses eine latente Wärme enthaltende, allotrope Modification eines hypothetischen metallischen Kohlenstoffs ist. Für diese Annahme spricht auch das Verhalten der Kohlen- stäbe, zwischen denen ein Davy’scher Lichtbogen gebildet wird. Das elektrische Licht hat bekanntlich seinen Sitz namentlich auf der hell glühenden Oberfläche der positiven Kohle. Von dieser geht nun auch der Transport der Kohle zur negativen Kohle aus. Stellt man zwei nicht zu starke Kohlenstäbe mit ebenen parallelen Grenzflächen einander dicht, etwa 1” von einander, gegenüber und lässt einen sehr starken Stronı zwischen ihnen übergehen, so findet ein schnelles Übergehen der Kohle von der positiven zur negativen Kohle statt, und die letztere wächst eben so schnell, als die obere verzehrt wird. Die Folge ist, dass der Zwischenraum fortwandert, ohne merklich grösser zu werden. Es erklärt sich dies dadurch, dass die Kohle während ihres Transportes durch den Bogen nicht verbrennen kann, weil der schmale Zwischenraum das Eindringen der Luft nicht oder doch nur in sehr geringem Malse gestattet. 1). Bogg, Ann; 189,8. 12T. vom 5. Januar 1880. 15 Den durch gleichgerichteten Strom gebildeten elektrischen Lichtbo- gen pflegt man so zu reguliren, dass der Bogen gerade die nö- thige Länge hat, um alle transportirte Kohle zu verbrennen. In diesem Falle bemerkt man deutlich durch ein lichtschwächendes Glas, dass es wesentlich die oft wechselnden Stellen der positiven Kohlenoberfläche, von denen der Davy’sche Bogen grösstentheils ausgeht, sind, die sehr hell leuchten. Es ist also nicht, wie wohl angenommen wird, das Aufschlagen der durch den Bogen losgerissenen und transportirten Kohlentheilchen auf die negative Kohle, sondern das Loslösen derselben von der positiven Kohle, was das Licht wesentlich erzeugt. Diese Wärmeerzeugung an der Trennungsstelle der losgelösten von der festen Kohle ist kaum anders zu erklären als dadurch, dass der Kohlenstoff durch den elektrischen Strom in metallischer Form fortgeführt wird, dass mithin die latente Wärme der Kohle an der Trennungsstelle frei wird und dadurch diese vorzugsweise hoch erhitzt. Hr. A. W. Hofmann las: Über die Einwirkung des Schwefels auf Phenylbenzamid. Untersuchungen, über welche ich der Akademie in der Kürze zu berichten hoffe, haben mich zu einigen Beobachtungen geführt, deren Ergebniss mir gestattet sei, der Klasse schon heute mitzu- theilen. Man weiss aus den schönen Arbeiten von Merz und Weith!), dass sich bei der Einwirkung von Schwefel auf Anilin unter Schwe- felwasserstoffentwicklung neben anderen Körpern Thioanilin bildet, mit welchem, nach Untersuchungen von Krafft?), der durch Ni- trirung und Amidirung des Phenylsulfids gebildete Körper iden- tisch ist. Angesichts der Überführung des Anilins durch Schwe- fel in eine Verbindung 1) Merz und Weith, Ber. chem. Ges. III, 978. 2) Krafft, Ber. chem. Ges. VII, 384. 16 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse HAHN, "GHHN;, welche aus 2 Mol. Anilin entsteht, war die Umwandlung des Phenylbenzamids durch Schwefel in eine entsprechende benzoylirte Verbindung R ‚ CHLNHCOCH, "\C;H,NHCOG,H, in welcher zwei Phenylbenzamidmolecule vereinigt sind, nicht un- wahrscheinlich. Die Bildung einer solchen Verbindung würde von verhältnissmässig geringem Interesse gewesen sein, allein auf einem andern Gebiete gesammelten Erfahrungen deuteten die Mög- lichkeit an, dass sich die Reaction auch in einem Mol. Phenyl- benzamid vollziehen könne. Der Versuch hat gezeigt, dass dem in der That so ist. Erhält man ein Gemenge von Phenylbenzamid und Schwefel — z.B. 2 Th. des ersteren und 1 Th. des letzteren — einige Stun- den lang im Sieden, so erstarrt die schwarz gewordene Masse zu einem Kuchen von schwach krystallinischem Gefüge. Wiederholtes Auskochen dieses Kuchens mit heisser Salzsäure liefert eine schwach gelb gefärbte Flüssigkeit, welche auf Zusatz von viel Wasser zu einer weissen aus verfilzten Nadeln bestehenden Krystallmasse er- starrt. Ein kleiner Theil derselben Substanz bleibt in der ver- dünnten Salzsäure gelöst und kann daraus durch Sättigen der Flüssigkeit mit Natriumcarbonat gewonnen werden. Die Krystalle sind eine nahezu reine Substanz; in der Regel zeigen sie jedoch noch einen Stich ins Gelbe. Man entfernt den- selben leicht durch mehrfaches Umkrystallisiren aus heissem Alko- hol. Wendet man eine nicht ganz ausreichende Menge des Lösungs- mittels an, so bleibt eine minimale Menge gelben Harzes zurück und die abgegossene Flüssigkeit liefert alsdann beim langsamen Erkalten schöne: farblose Nadeln, welche constant den Schmelz- punkt 115° zeigen und bei einer dem Siedepunkte des Quecksilbers nahen Temperatur fast unverändert destilliren. Die Destillation bietet in der That eine sehr einfache Methode der Reinigung dar. Der neue Körper löst sich auch in Äther und Schwefelkohlenstoff. Wie bereits bemerkt, löst er sich in concentrirter Salzsäure. Diese Lösung liefert auf Zusatz von Platinchlorid ein in langen haar- ' förmigen Krystallen anschiessendes Platinsalz; mit Goldchlorid vom 5. Januar 1880. 17 entsteht ein in feinen Nädelchen krystallisirendes Goldsalz. Auch in anderen concentrirten Mineralsäuren, Schwefelsäure und Salpeter- ‚säure, ist der Körper löslich und zeigt mithin die Charaktere einer Base. Allein die basischen Eigenschaften sind schwach ausgespro- chen; Wasser zerlegt die Salze, auch verlieren sie die Säure, wenn sie - flüchtig, oft schon beim Abdampfen. Eine bemerkenswerthe Eigen- - schaft des Körpers ist der angenehme Geruch nach Theerosen und _ Geranien, welcher namentlich bei gelindem Erwärmen deutlich wahrnehmbar wird. Es ist dies von einem Körper, welcher 15 pCt. - Schwefel enthält, Alles was man verlangen kann. zu der Formel Die Verbrennung der bei 100° getrockneten Krystalle führte C3H;,NS, _ für die ich die berechneten und gefundenen Zahlen zusammenstelle: Theorie | Versuch © 156 ' 73.93 Tasla lBlAA. 473.8 a H, 9 497 arg auge ze N 6.64 Br NR INTER Ss 29 19.16 glg Te 211 100.00. Diese Formel findet in der Analyse des oben erwähnten Gold- salzes willkommene Bestätigung. Der Formel C;H;NS, HC1, AuCl, _ entsprechen folgende Werthe Theorie Versuch Gold SHyE 093.02 39,61 Die Bildung der Base erfolgt daher nach der Gleichung C;H,NO er S = C,H; NS — H,O, In der That entwickeln sich bei der Reaction reichliche Men- gen von Wasser. Allerdings tritt auch etwas Schwefelwasserstoff auf, allein er gehört einer untergeordneten Reaction an. Die Aus- - beute an dem neuen Körper entspricht keineswegs der gegebenen Gleichung. Immerhin werden von 100 Gewichtsth. Phenylbenzamid 50—60 Th. der neuen Substanz gewonnen; ausserdem bleibt aber stets eine grosse Menge Phenylbenzamid unverändert. [1880] 2 18 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Fragt man nach der Constitution der neuen Verbindung, so ‚haftet der Blick alsbald an der Formel /NNN CHE De ENTE G; H; ’ Sonya in der sich eine Gruppirung der Elemente spiegelt, wie sie in der letzten Zeit des Öfteren aufgetaucht ist. Als Prototyp von Substanzen von ähnlicher Bildung lässt sich das schon vor mehreren Jahren von Fried. Hobrecker!) im hiesigen Laboratorium entdeckte Reductionsproduct der Acetverbin- dung des Nitrotoluidins, die von ihm mit dem Namen Äthenylto- luylendiamin bezeichnete Base NEN. C,H;CH; NH 20 —- CH; betrachten. Die Analogie fällt in die Augen; denn wenn man da- von absieht, dass die Formel die Toluylen- und Methenylgruppe statt der Phenylen- und Benzenylgruppe enthält, so liegt der Unterschied wesentlich nur darin, dass in derselben die bivalente Imidgruppe statt des gleichwerthigen Schwefelatoms figurirt. Meh- rere ähnliche Basen, verschiedenen Reihen angehörig, sind später von Hübner?) beschrieben worden, der für die so gebildeten Körper den sehr zweckmässigen Namen Anhydrobasen vorgeschla- gen, auch zuerst darauf hingewiesen hat, dass sich nur diejenigen Nitramide in derartige Basen verwandeln lassen, bei denen sich Amid- und Nitrogruppe in der ÖOrthostellung befinden. Auch Ladenburg°) und später Wundt*) haben ähnliche Basen dar- gestellt, indem sie, den umgekehrten Weg einschlagend, statt von Nitramiden von Diaminen ausgingen, welche sie mit Säuren be- handelten. Noch näher aber steht der oben beschriebene Schwe- felkörper den Verbindungen, welche uns die schönen Untersuchun- gen Ladenburg’s?) über die Condensation des Orthoamidophe- 1) Hobrecker, Ber. chem. Ges. V, 920. 2) Hübner und Mitarbeiter, Ber. chem. Ges. VI, 795, 1128; VII, 463, 1314; VII, 471; IX, 774; X, 1711. ®) Ladenburg, Ber. chem. Ges. VIII, 677. #4) Wundt, Ber. chem. Ges. XI, 326. °®) Ladenburg, Ber. chem. Ges. IX, 1524; X, 1123. E\ vom 5. Januar 1880. 19 _nols und ähnlicher Körper unter dem Einflusse von Säuren oder - Säurechloriden kennen gelehrt haben. Durch die Einwirkung von | Benzoylchlorid auf Orthoamidophenol entsteht in der That eine dem _ neuen Schwefelkörper analoge Sauerstoffverbindung INS, G,HX SC0---CH,. oO 2 Allerdings war ich einen Augenblick zweifelhaft, ob hier wirklich zwei Körper von analoger Constitution vorliegen. Die in Frage stehenden sauerstoffhaltigen Substanzen werden durch Säuren mit Leichtigkeit wieder in ihre Generatoren gespalten, während die beschriebene Schwefelverbindung von Säuren kaum angegriffen wird. Man kann sie Tage lang in geschlossener Röhre mit con- Eu _ centrirter Salzsäure auf 200° erhitzen, ohne dass sie die geringste Veränderung erleidet. Indessen darf man nicht vergessen, dass die _ Schwefelverbindungen im Allgemeinen beständiger sind als die ent- - sprechenden Sauerstoffkörper. Erleiden doch die Senföle unter dem - Einflusse des Wassers erst bei hoher Temperatur die Umbildung, welche sich bei den entsprechenden Cyanaten schon bei gewöhn- _ licher Temperatur vollzieht. Auch zeigte sich’s alsbald, dass die Wirkung, welche die Säuren versagen, von den Alkalien ohne Schwierigkeit geübt wird. Waren die beiden genannten Verbin- dungen von analoger Constitution, so musste aus dem schwefel- k haltigen Körper, neben Benzo@säure, Amidophenylmercaptan ent- stehen. Diese Substanzen werden in der That mit Leichtigkeit durch Behandlung mit Alkalien erhalten. Allerdings kann man die Krystalle stundenlang sowohl mit wässeriger als mit alkoholi- scher Kalilauge kochen, ohne dass sie die geringste Veränderung erleiden. Schmilzt man sie aber mit Kalihydrat — 10g Krystalle werden zweckmässig in einer kleinen Retorte mit 20 g Kalihydrat erhitzt — so ist bereits nach 10 bis 15 Minuten der grösste Theil des Schwefelkörpers in die beiden genannten Verbindungen umge- wandelt: NN. “NH, F C,H< SC---C,H;,—+ 2H,;,0 = 89594 + C,H;--CO0OH D Ss BE s H Die Schmelze löst sich mit brauner Farbe im Wasser. Es ist erwünscht, dass eine kleine Menge Schwefelkörper ungelöst bleibe, man weiss dann, dass die Reaction nicht zu weit gegangen ist. 9% 20 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Die filtrirte Flüssigkeit liefert auf Zusatz von concentrirter Salz- säure eine reichliche Füllung von Benzoösäure; gleichzeitig scheidet sich das Amidophenylmercaptan in Form eines Öles aus, welches aber auf Zusatz einer grösseren Menge von Salzsäure alsbald wie- der in Lösung geht. Das Amidophenylmercaptan ist, wie die aromatischen Mercap- tane im Allgemeinen, sehr oxydirbar. Lässt man die Lösung an der Luft stehen, so scheiden sich schon bald an der Oberfläche schwerlösliche Krystalle der Salzsäure-Verbindung eines Disulfides S FEREH C,H,NH, I S ARE C,H,NH, aus. Die völlige Abscheidung nimmt aber immerhin eine geraume Zeit in Anspruch; durch Anwendung eines gelinden Oxydations- mittels kann man sie aber augenblicklich bewerkstelligen. Kalium- bichromat, selbst in verdünnter Lösung, greift unter Bildung ge- färbter Producte die Phenylgruppe an; dagegen ist Eisenchlorid in hohem Grade geeignet. Die kalte Lösung des salzsauren Amido- phenylmercaptans setzt auf Zusatz von Eisenchlorid schon nach wenigen Minuten eine prachtvolle Krystallisation des Disulfidchlor- hydrats ab, welche in concentrisch vereinigten Blättern anschiesst. Das Salz ist in kaltem salzsäurehaltigem Wasser so schwer lös- lich, dass man die auf einem Filter gesammelten Krystalle durch rasches Waschen von dem massenhaft in der Lauge befindlichen Chlorkalium ohne Schwierigkeit trennen kann. In heissem Wasser ist das Salz löslich; die Lösung liefert mit Platinchlorid einen rothbraunen, nur schwach krystallinischen Niederschlag. Wird die Lösung mit Ammoniak versetzt, so fällt das Disulfid in wohlausgebildeten Blättchen, welche in Wasser un- löslich sind, aber aus siedendem Alkohol mit Leichtigkeit umkry- stallisirt werden können. Die Krystalle schmelzen bei 93°; es schien zweckmässiger, diese wohl definirte, sehr stabile, gut krystal- lisirende Verbindung zu analysiren, als das lange flüssig bleibende, schwer zu reinigende und überdies so veränderliche Mercaptan. Bei dieser Analyse wurden folgende Werthe erhalten: vom 5. Januar 1880, 231 Theorie Versuch Cu 144 58.07 58.03 57.93 aut Bao! 4,83 5.12 4.86 u * Bes. 11.50 aa 2 ku S, 64 25.80 > 22. .95.61 248 100.00. | Unter dem Einfluss von Reductionsmitteln geht das Disulfid schnell wieder in das Mercaptan über. Leitet man einen Strom Schwe- felwasserstoffgas in die erwärmte verdünnte Lösung des salzsauren Salzes des Disulfids, so scheidet sich alsbald Schwefel in dicken Flocken aus, und die Lösung enthält nunmehr das salzsaure Salz des Amidomercaptans, welches man durch Abdampfen in kleinen " Krystallen gewinnt. Hierbei geht aber schon wieder ein Theil in © die Disulfidverbindung über. Wird die Lösung des salzsauren _ Salzes mit Natriumcarbonat versetzt, so scheidet sich das Amido- mercaptan als öliges Gerinsel ab, welches man zweckmässig in — Äther aufnimmt. Nach dem Verdampfen desselben bleibt ein gelbliches Öl zurück, welches bei niedriger Temperatur nach eini- ger Zeit krystallinisch erstarrt. Es verdient hier erwähnt zu werden, dass schon früher sowohl ein Amidophenylmercaptan, als auch ein Amidophenyldisulfid auf anderen Wegen erhalten worden ist. Das Mercaptan wurde von Glutz und Schrank!), dargestellt. Sie bereiteten es durch Re- duetion des Chlorides der Nitrobenzolsulfosäure, welche nach dem E. Schmitt’schen Verfahren durch Einwirkung von Schwefel- säure auf Nitrobenzol gewonnen worden war. Da aber nach späteren Untersuchungen von Limpricht?) auf die angegebene Weise die drei isomeren Säuren entstehen, so ist es zweifelhaft, ob die Genannten ein einheitliches Product in Händen gehabt haben. Ein Disulfid ist von E. B. Schmidt?) in complexer Re- _ action durch die Einwirkung des Chlorschwefels auf das Acetani- lid gewonnen und unter dem Namen Pseudodithioanilin beschrieben I) Glutz u. Schrank, Journ. f. p. Chem., N. F. II, 223. 2) Limpricht, Ber. chem. Ges. VIII, 431. 3) Schmidt, Ber. chem. Ges. XI, 1168. 22 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse worden. Der mitgetheilte Schmelzpunkt (78—79°) scheint anzu- deuten, dass das so erhaltene Product mit dem oben beschriebenen (vom Schmelzpunkt 93°) nur isomer ist. Im Übrigen stimmen die Eigenschaften beider Substanzen ziemlich nahe mit einander überein. Die von mir dargestellten Verbindungen gehören, man kann wohl nicht daran zweifeln, der Orthoreihe an. In der That ver- wandelt sich das aus dem neuen Schwefelkörper abgeschiedene Amidophenylmercaptan mit grosser Leichtigkeit wieder in diese Verbindung zurück. Die Rückbildung erfolgt augenblicklich, wenn man das Mercaptan mit Benzoylchlorid behandelt. Es ist zu die- sem Behufe nicht nöthig, dasselbe aus seiner Salzsäure -Verbindung abzuscheiden. Die Krystalle dieser Verbindung werden schon in der Kälte unter Entwickelung von Salzsäure angegriffen; beim Er- hitzen lösen sich die Krystalle auf, es entwickelt sich nun auch Wasser und beim Erkalten bleibt eine krystallinische Masse, welche sich nahezu vollständig in concentrirter Salzsäure auflöst. Versetzt man diese Lösung mit Wasser, so scheidet sich der erwartete Körper alsbald in Krystallen aus, welche durch einmaliges Um- krystallisiren rein erhalten werden. Wahrscheinlich bildet sich eine intermediäre Verbindung -NHCOC,H GHX i °, ‘SH welche alsdann durch Wasserabspaltung in ASS: 0;HX eo -- CH; INS übergeht. Behandlung des Amidophenylmercaptans mit Benzotri- chlorid liefert begreiflich die Schwefelverbindung ebenfalls. Wollte man der neuen Verbindung einen Namen geben, so könnte man sie im Hinblick auf diese Bildungsweise als Ben- zenylamidophenylmercaptan ansprechen. Die glatte Bildung dieser Verbindung durch Behandlung des Phenylbenzamids mit Schwefel ist Veranlassung gewesen, das Ver- halten auch anderer Klassen von Amiden gegen Schwefel zu studiren. Über die Ergebnisse dieser Studien hoffe ich der Aka- demie später zu berichten; heute ist es mir nur noch eine ange- nehme Pflicht, in Dankbarkeit des Eifers, der Sachkenntniss und N Y i u Di vom 5. Januar 1880. 93 der Geschicklichkeit zu gedenken, mit denen mich ein junger _ japanischer Chemiker, Hr. N. Nagai, bei Ausführung der be- sehriebenen Versuche während der Weihnachtsferien unterstützt hat. Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über die von Hrn. Dr. F. Hilgendorf in Japan gesammelten Chiropteren. Die von Hrn. Dr. Hilgendorf in Japan gesammelten Fleder- thiere sind nicht allein wegen einer darunter enthaltenen neuen Art, sondern auch wegen des genauer bestimmten Fundorts, der von einigen noch nicht bekannt war, von besonderem Interesse. 1. Rhinolophus ferrum equinum Schreber, var. nippon Tem- minck. — Oyama. 2. Rhinolophus cornutus Temminck. Eine Anzahl dieser in den Sammlungen noch immer seltenen Art hat Hr. Dr. Hilgendorf aus den Gebirgen von Nikko er- halten. Dieselbe ist, wie ich schon früher (Monatsber. Berl. Ak. 1871. p- 309) angeführt habe, sehr nahe mit Rh.-pusillus Temminck aus Java verwandt, unterscheidet sich aber merklich von diesem letz- teren durch den grösseren zweiten unteren spitzen Prämolarzahn und die grösseren Füsse. Rh. pusillus ist, abgesehen von dem gleich langen Vorderarm, eine merklich kleinere Art. Hr. Dobson (Cat. Chiroptera Brit. Mus. 1878. p. 114) hat diese Art unbegreiflicherweise mit Rh. minor Horsf. confundirt, welcher, wie dieses auch die Horsfield’sche Abbildung zeigt, den hinteren Fortsatz des Sattels bogenförmig abgerundet, wie Rh. affınis, und nicht scharf zugespitzt hat. Ebenso unbegreiflich ist es, wie Dob- son (l. e. p. 115) Rh. pusillus Temminck für Rh. hipporideros hat halten können, was gewiss nicht geschehen wäre, wenn er Temminck’s Abbildung von dem ersteren (Monographies II. Taf. 29. Fig. 8) verglichen hätte. Es ist möglich, dass in späterer Zeit auch Exemplare von Rh. hipposideros aus Versehen mit dem fal- schen Namen Rh. pusillus in dem Museum zu Leiden bezeichnet 24 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse worden sind. Man kann aber nicht vorsichtig genug mit der Un- tersuchung von S. g. typischen Exemplaren sein, da sogar in einem grossen Museum nicht bloss aus Versehen ein Wechsel der Eti- quets vorgekommen ist. | 3. Plecotus auritus Linne. Auch diese Art, deren Vorkommen auf Japan bisher noch nicht bekannt war, ist in dem gebirgigen District von Nikko ge- funden worden. | 7, 4. Miniopterus Schreibersii Natterer. — Awa. 5. Vesperugo noctula Schreber. — Hekodate (Yesso). 6. Vesperugo abramus Temminck. — Yedo. 7. Harpyiocephalus Hilgendorfi n. sp. (Tafel Fig. 1-10.) H. auriculis rotundatis, trago acuminalto, :margine externo Concavo undulato; cauda apice prominente; premolari superiore primo se- cundo multo minore; brumneogriseus, subtus pallidus. Long. tota 0,100: antibr. 0,041; tib. 0,017. Habitatio: Yedo. Ohr etwas kürzer als der Kopf, am Aussenrande über der Mitte schwach eingebuchtet, am Ende abgerundet, sowohl inwendig wie aussen convex; inwendig mit zerstreuten warzenförmigen Er- habenheiten, nach dem innern Rande hin lang behaart. Ohrklappe lang bis zu der Einbucht des äussern Ohrrandes reichend, spitz, an der Basis mit einem zahnförmigen Vorsprung, an dem Innen- rande convex, an dem äusseren concaven Rande unregelmässig wellenförmig, Nasenlöcher wie bei F. harpyia. Am Gaumen vorn vier ganze, dann vier getheilte und zuletzt wieder eine einfache Schleimhautfalte. Körperbehaarung lang und weich. Schenkelflug- haut und Zähne oben dichter, die Seitenflughäute bis zu dem EIl- bogen sparsamer mit längeren Haaren bekleidet. Vorderarm und Daumen oben sparsam behaart. Flughäute bis zu der Mitte der ersten Phalanx der ersten Zehe herabsteigend. Die weichen knor- peligen Spornen sind kürzer als der Unterschenkel. Die Spitze des Schwanzes ragt 4Mm. frei über die Schenkelflughaut hinaus. Um die Augen und das Kinn herum schwarzbraun, unter den Ohren und hinter dem Kinn weissgrau. Am Rücken graubraun, die einzelnen Haare an dem Grunde dunkel und am Ende grau, oder mit einem subapicalen dunkeln Ringe und weisslicher Spitze. ‘sg 1Jaopueßbiry snjeydesorfdieH . a vom 5. Januar 1880. | 25 Die Haare der Oberseite der Schenkelflughaut heller bräunlich, fast einfarbig. Haare der Bauchseite kürzer, zweifarbig, am Grunde dunkel, an der Spitze grauweiss. Meter Totallänge SEO RUE 0,100 Bee... .. 0,022 Obrhöhe „ . . Te N ER AR a a RW; Vorderer Orand . 0,012 Ohrbreite . REES ER RT N N LTE IE NEE TER Ohrklappe 0,010 Schwanz . 0,038 Oberarm . 0,027 Vorderarm . SE RS IRRE SOHEREPNAR: 0,041 BeBrT. FE. Mh. 0,006; A Gl. 0,0065; 2 Gl. 0,005 0,016 BED. FR. iW00845 } - 0,004 a I 0,0385 Ba; - 00185 =. 0,0155 Kpl. 0,0085 | Il ;R.. - 0,0365 - 0,0145 - 0,0105 _ - 0,0035 | b Ben. -.. 0,0875 = 0,0355. - 0,0085 - 0,004 # Oberschenkel 0,016 | Unterschenkel . 0,017 Fuss mit Kralle 0,0125 I Sporn . 0,014 | Ein ausgewachsenes männliches Exemplar aus Yedo. h 8. Vespertilio macrodactylus Temminck. — Nikko. Diese Art steht dem südeuropäischen V. Oapaccinü Bonaparte zwar sehr nahe, ist aber nach Vergleichung einer Anzahl von Exem- plaren nicht mit demselben zu vereinigen. Die europäische Art ya allgemeinen grösser, namentlich sind die Füsse auffallend löäger, hat mehr abgerundete breitere Ohren und die Ohrklappe ın der Endhälfte deutlich nach aussen bogenförmig gekrümmt, während sie bei V. macrodactylus ganz grade ist. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Harpyiocephalus Heülgendorfi Ptrs. Männchen in natürlicher Grösse, Kopf desselben von der rechten Seite. Ohr desselben von der rechten Seite. Schädel im Profil; 5. Schädel von oben; 6. Schädel von unten. Gebiss im Profil; 8. Gebiss von vorn; 9. Oberes Gebiss von unten; 10. Unterkiefergebiss von oben. Figur 3 und 7— 10 vergrössert, ET ZU ww Se WEN 26 Gesammtsitzungen vom 8. und 15. Januar 1880. “ 8. Januar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Duncker las über Napoleon’s Übergang nach England. 15. Januar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Waitz las über die Gesta und die Historia gloriosa Lu- dovici VI. 7 7 \ Sitzung der phil.-hist. Klasse vom 19. Januar 1880. 27 19. Januar. Sitzung der philosophisch - historischen Klasse. Hr. Weber las folgende Abhandlung: Über zwei Parteischriften zu Gunsten der Maga, resp. Cäkadvipiya Brähmana. Durch die freundliche Güte des Hrn. R. A. Lloyd, Gov'- In- spector of Public Instruction, North Western Provinces and Oudh, erhielt ich am 29. Nov. v. J. aus Lucknow (de 7. Nov.) die von ihm (s. Monatsberichte 1879 p. 475) erbetene Abschrift der kha- lavaktracapetikä des Räjavallabha!), zugleich mit der eines ähnlichen Textes, der den Namen Sämvavijaya führt. Mr. Lloyd hatte sich sofort nach Empfang meiner Bitte an den Be- sitzer der Original- Handschrift, Räja Räm Näth of Fyzabad, gewendet; in Folge einer mehrmonatlichen Abwesenheit desselben indessen erhielt er die betreffenden Handschriften erst „within the last 6 weeks“ zur Abschrift geliehen. Die Abschrift ist anscheinend von derselben Hand gemacht, wie die der Magavyakti, und zwar somit ebenfalls sehr sorgsam und gut, hat auch mannichfache Correcturen bei einer vorgenomme- Revision erhalten. Der upadhmäniya und jihvämüliya erscheinen mehrfach, und zwar beide durch 3 vertreten; vor Sibilanten er- scheint der visarga vielfach als c, sh, s; m in Pausa wird stets durch m mit viräma gegeben; die Nasale erscheinen resp. im In- nern wie am Ende meist in der dem nächsten Consonanten homo- genen Form; finales m bleibt hier und da auch vor v. — Die Abschrift umfasst beide Werckchen in einem Bande. Die Blätter liegen in europäischer Weise neben einander. Voran steht der Sämva?’vijaya, auf 129 pagg., zu 15 Zeilen, a 17—20 akshara, in 15 adhyäya, angeblich aus dem Bhavishya (oder °shyat)-puräna, auch bezeichnet als Vainateya-Närada- samväda. Von allen diesen drei Titeln besteht jedoch anschei- 1) s. Catalogue of Sanskrit Mss. existing in Oudh, Sept. 1875 p- 54, und fascic. XI p. 38 (Calcutta 1878). ?) so durchweg hier, während in der khalavaktra°: Cäamva. 28 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse nend keiner zu Recht. Was nämlich zunächst die Bezeichnung als Vainateya° betrifft, so findet dieselbe in den ersten elf Capp., abgesehen von zwei kurzen Angaben in 1, 12 und 9, 42 (s. daselbst), eigentlich gar keinen Anhalt, und wird erst von Cap. 12 an wenigstens theilweise richtig, Der Titel Sämva- vijaya sodann, der sich am Schluss der Capp. 6. 7. 10. 12—15, so wie auf der Aussenseite des ersten Blattes (in englischer Schrift) findet, passt nur etwa auf die ersten vier Capp. die ihn gerade nicht tragen, da nur in ihnen (s. jedoch noch 11,57) von Sämva, freilich aber auch nicht von einem Siege desselben, nur von seiner Heilung die Rede ist. Endlich, auch die Beziehung auf das Bhavishyapuränam erscheint als ganz apokryph. Wenn man nämlich die von Aufrecht im Catalogus Codd. Mse. Sansc. Bibl. Bodl. p. 31° über die entsprechenden Abschnitte des Bhavishyapur. (Cod. Wilson 103, fol. 75° fg.) gemachten Angaben vergleicht, welche ihm zufolge „die Erzählung von Cämba, der durch einen Fluch seines Vaters mit Krankheit behaftet war, und von seiner Belehrung durch Närada über Natur, Nachkommenschaft und Dienst der Sonne“ enthalten, so ist ja zwar in der That Mehreres hiervon mit dem Inhalt des vorliegenden Textes identisch; aber der beiderseitige Text scheint doch ein gänzlich verschiedener zu sein. Denn theils finden sich die bei Aufrecht ausgehobenen Citate!) hier nıcht vor; theils steht auch der Inhalt des hier vorliegenden Textes mit dem Inhalte der dortigen Citate mehrfach in directem Widerspruch. Es finden sich endlich auch die in der khala- vaktracapetik&ä aus dem Bhavishyapur. herangezogenen Stellen zwar mehrfach, obschon mit allerhand Varianten, bei Aufrecht vor, nicht aber in unserm Texte hier. So gehe ich denn zunächst dessen Inhalt selbst der Reihe nach durch, und lasse erst dann meine allgemeinen Bemerkungen darüber folgen. Der erste adhyäya, am Schlusse bezeichnet als: Sämvacäpa- vrittakathanam, in 53 el., bis p. 8, beginnt wie folgt: ekadä Naimishäranye rishayah Caunakädayah mahäsatram samästhäya papracchur idam ädarät || ı|| !) von denen freilich nur eines aus fol. 73°, die übrigen erst aus fol. IS” fg. entnommen sind. N A in vom 19. Januar 1880. 29 Caunakädaya ücuh | Sütä ”khyähi param bhadram Sämvasya cäpakäranam | bhagavän Rukmininätho devarsher vacasä bhricam || 2 || puträya dharmaciläya katham cäpan ca dattavän | devarshir Näradas säkshäd vedamürttis sanätanah || 3 || adäpayat katham cäpam idrican Kriena!)-santatau | yatho ’ddhäras tathä vrühi erotum icchämahe vayam || 4 || äccaryam vahu no bhäti yat piträ capyate? putrah | Süta uväca | | vrähmanänäm ca prastäve criKrienam samapriechata? ||; || Dharmmaräjah prahrishtätmä, setihäsam imam crinu® | bhagavadvarnitam samyag vrähmanänän ca kirttanam || e || dhanyam yacasyam äyushyam sarvadam punyavarddhanam | räjarogädicamanam putrapauträdivarddhanam ||? || ‘erutve "dam sarvapäpebhyo mukto bhavati mänavah | ishtam manoratham kshipram kripayä labhate hareh || s || Yudhishthira uväca | Väsudeva mahäväho govrähmanasurärttiban® | yajnärhäme ca® dvijän vrühi pitringäm svarvbhujän® tathä || || ye-vipräh püjaniyäc ca daive paitrye ca karmani | väcäm siddhih karmasiddhir yyeshäms(!) tän vada Mädhava! || ıo || bhavadbhih püjitä ye vai Yädavair Bhojakändhakaih | Rukminipramukhastribhih püjitäs tän vada prabho || ıt || Während also die Frage der Jaunakädayas an den Suta nach dem Fluche des Sämva gerichtet ist, lässt sich derselbe in seiner Antwort auf diese Frage gar nicht ein, sondern berichtet, wie Yudhishthira den Krishna um Auskunft darüber gebeten habe, 1) so hier mehrfach für Krishna; umgekehrt prashna für pracna 15, 3.5. 2) tapyate Cod. 3) °chat Cod. *) dieses erinu ist wohl an Caunaka gerichtet s.3, 1; auch setihäsam ist auffällig! so auch v. 13 und noch sonst mehrfach, für itihäsa. 5) erst die Kühe, dann die brähmana, zuletzt die Götter! 6) dies ca ist ganz unmotivirt; von erster Hand steht cvam da, was in °cca geändert ist; es ist wohl: °s tvam zu lesen, °) diese Genetive sind wohl von yajna abhängig? „würdig für das Opfer der Manen und Götter“ d. i. „beim Manen- und Götter- Opfer zu verehren“?; s. das erste Hemistich des nächsten Verses. 30 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse welche brähmana ehrwürdig seien, und welche derselben speciell in Krishna’s Geschlecht verehrt würden? Und dem entsprechend lautet denn auch die Antwort Krishna’s, der zufolge diese Frage übrigens schon früher einmal von Garuda an den Devarshi (Närada! s.v. 3) gerichtet worden seil), zunächst dahin, dass alle Brähmana (bhüdeväs) überall auf Erden zu ehren seien. Und zwar gebe es jetzt im Bhärata khanda, im Innern von Jamvudvipa, nördlich und südlich vom Vindhya, zehn Brähmana(-Geschlechter), fünf Gauda und fünf Drävida?) (v. 18). Die erstern fünf seien die Säras- vata, Känyakuvja, Gauda, Utkala-Maithiläh, die letztern fünf die Kärnätaka, Mahäräshtra, Tailanga, Gujjara und Drävida. Von ihnen seien resp. die speciell Gauda und Drävida Genannten die Geehrtesten (v. 22); bei den Drävida sei Patanjalir bhagavän geboren (v. 23), in einem Gauda-Geschlecht werde Kalki, seiner- seits ein Harer anca, geboren werden (v. 24). Dann gebe es aber auch noch Andere (Brähmana), wie die Mäthura und Mägadha, die je in ihrem Lande geehrt würden, wie denn in jedem Berge und Wallfahrtsort je die dazu gehörigen Brähmana (parvate parvatiyäc ca tirthe tirthasya vrähmanäh v. 28) zu ehren seien. Und hier fällt nun Yudh. mit der Frage ein, wie es denn mit den aus dem sechsten dvipa stammenden Maga stehe (v. 29): katham eshäm hi vasatih katham atra samägamah | supratishthäh katham yätäh erimadbhih püjitäh katham || so || kasyo 'padecabhedäbhyän kasya kena ca hetunä | kenä "nitä jagatpüjyä vrühi tvam Madhusüdana || 3: || Nun erst beginnt Krishna, und zwar auch wieder ohne hierauf direct zu antworten, die Geschichte von der Verfluchung des Sämva zu er- zählen. Derselbe war einst so im Besingen der Herrlichkeit des Hari versunken (gämdharvam ästhitah | mürchanälayasampanno 1) ayam eva kritah pragno Garudena ca dhimatä | Devarshir varnayämäsa mähätmyam hi dvijanmanäm f 12 || tad ahan kathayishyämi setihäsam(!) purätanam | crinu eittam samädhäya dharmmakarmmapravarddhanam || ı3|| vgl. hiezu die Bezeichnung des Werkchens in der Schlussunterschrift der Capp. als: Vainateya-Näradasamväde! zu der im Übrigen hier eben weiter nichts vorliegt, denn v. 14 geht gleich zum Preise der Brähmana über. S. jedoch unter 9, 42, so wie 12,3 fg. 2) s. Colebrooke mise. ess. 2, 159? (1791). vom 19. Januar 1880. 31 rägasvarasamanvitah ||52|| gänavädarato nityam gäyati sma Harer gu- nän), dass er den Närada, der gerade vom Himmel kam, nicht bemerkte und daher auch nicht begrüsste!). Aus Ärger darüber verdächtigte ihn derselbe?) bei seinem Vater Krishna?) mit der Angabe, dass $. demselben durch seinen Sang seine 16,000 Weiber, die er (K.) nach dem Tode des Bhaumäsura heimgeführt hatte‘), berücke’). Auf ange- stellte Probe hin habe er (K.) dann im eifersüchtigen Zorn den obwohl eigentlich doch unschuldigen Sohn verflucht (vyango bhavä 'dhunä putra), danach aber, als derselbe in Folge hiervon vom Aussatz befallen ward, auch wieder, voll Reue hierüber, den Närada um Mittel zur Abhülfe gebeten. Der zweite adhyäya, crisüryanäräyanopadecakathanam, in 33 vwv., bis p. 12. Der Süta fährt in seinem Berichte an Gaunaka®) über die Ver- handlungen hierüber zwischen Krishna und Närada fort. Letzterer räth Jenem, sich an den Sonnengott zu wenden, der aus Lust an dem Gesange des Sohnes (hie und da) seinen Wagen anhalte: ra- tham tishthati (als Causale!) tävad dhi yävad gändharvam ästhitah (v.2). Der Bitte des reuigen Vaters entsprechend ’) verheisst criSürya Heilung, und zwar durch Anbetung seiner eigenen mitten in der 1) giyamänena (sic! für gäya°, Atmanep. s. 9,7) välena pra- natis tasya no kritä || 25 || 2) in eine Unterhaltung zwischen Närada und Vainateya passt dieser Bericht wenig hinein! 3) auch hier gilt das in der vorigen Note Bemerkte. In Kri- shna’s Munde, dem Yudh. gegenüber, nimmt sich diese Erzählung seltsam genug aus, zumal ja Krishna (s. p. 32) Hari selbst ist! #) die älteste Angabe über die vielen Frauen des Vishnu s. in Riks. 3, 54, 1a. 5) in dem Citat aus dem Bhavishyapur. in der khalavaktracap. fol. 6° ist es Jämvavati, die eigene Mutter des Sämva, welche bei dem Anblick seiner Schönheit in Liebe zu ihm entbrennt (v. 11-13), worauf er, dies sehend, aus Schreck vom Aussatz befallen wird. 6) erinu (Singular! an Caunaka gerichtet? s. 1,6. 3, 1) eittam samädhäya samvädam Hari-viprayoh | param kautühalam vipräh (Plural! an Gaunaka’s Genossen gerichtet) yacovarddhanam utta- man || || °) derselbe bezeichnet den Sonnengott dabei als trayimürti; udaye vrahmano rüpam madhyähne ca mahecvarah | säyam präpte Haris säkshät trayimürttimate namah ||5 || ... und Hari selbst ist es, der sö spricht! eine starke Abstraction; Ss. so eben Note 2. 3. 32 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Candrabhägä befindlichen Edelstein-Statue!), unter Lobpreis mit vedischen Hymnen (ärshastavaih v. 16), oder von Välmiki, Vyäsa ete. stammenden stotra, sowie unter Vorausschickung zahlreicher, ein- zeln aufgeführter anderweiter Götter- Spenden und reicher Ge- schenke an die Brähmana. Und auf die Frage Krishna’s, wo die hierzu geeigneten Priester (vrähmanäh) zu finden seien?), verweist er ihn auf den sechsten dvipa, wo die vier Kasten die Namen Maga, Mägasa, Mänasa, Mandaga führen, und von wo er denn die Maga ad hoc nach der Candrabhägä holen möge. Der dritte adhyäya, shashthadvipäd Dvärakäyäm dvijägamanam nama, ın. 33 vv., bis p. 16. Auf Gaunaka’s Frage berichtet der Süta dann weiter von der Unterweisung eri-Krishna’s durch den Sonnengott3), auf Grund deren Jener den Garuda nach dem Cäkähvaya dvipa sandte, um 18 Familien (kuläni) der Maga nach Dvärakä einzuladen und auf seinem Rücken dahin zu bringen. Nach der sabhä Sudharmä nämlich, wo Närada u. andere maharshi, Garga als purohita, Ugra- sena als mahäräja, die Eltern des Krishnacandra: Vasudeva und Devaki, Akrüra, Sät(y)aki, Revatiramana, Pradyumna, Aniruddha und an- dere Krishna-Söhne, Krishna selbst nebst Rukmini und seinen an- deren Frauen sie ehrerbietig empfingen. Der vierte adhyäya, Sämvarogäpanayanam näma, in 55 vv., bis p. 24. Mit grossen Zurüstungen ward nun, berichtet der Süta weiter, das Opfer am Ufer der Candrabhägä vollzogen. Nach 7 Tagen 1) Candrabhägänadimadhye mürttir manimayi mama | püja- yasva ca tatrai ’va parivärais savandhubhih || ıo || 2) kuträ ”sante, vadä ’dhunä || 25 || eine sonderbare Form! 3) bhänuna Harimürttinä (v. 1). Und ähnlich im folgenden Verse: samapricchat tato vipräh! bhagavän Madhusüdanah | Süryya-Näräyanam devam prasannamukhapaäkajam |||] Der Sonnengott wird somit hier speciell mit Vishnu identifieirt, und da Krishna seinerseits ja auch Vishnu ist, so unterhalten sich hier zwei Formen derselben Gottheit mit einander! — Offenbar soll dädurch, dass der Sonnengott mit Hari, ja sogar mit der heiligen Trias selbst identifieirt wird, auch auf die Träger seines Dienstes, die Maga, ein besondrer Glanz fallen, während sie daneben auch selbst wiederholt als Vaishnava, Vaishnavadharminah bezeichnet, somit ihres ausländischen Charakters direct entkleidet werden. h L vom 19. Januar 1880. 33 trat die Statue des Sonnengottes aus dem Wasser hervor), empfing ihre Verehrung, und Sämva war nach dem Schluss des Opfers wieder gesund. Den nach Dvärakä zurückgekehrten Maga gab König Ugrasena einen reichen Landstrich ?); Krishna selbst sang, im Verein mit seinen Söhnen Pradyumna etc. (v. 37) ihr Lob und bat sie flehentlich zu bleiben, indem er ihnen die grössten Ehren, unbedingte und völlige Gleichstellung mit sich (K.) selbst, so wie Schutz gegen alle etwaige Zurücksetzung oder Unbill ver- hiess. Die letzteren Stellen sind charakteristisch genug, um hier in extenso aufgeführt zu werden: yair na dattam sakri(e) chräddhe shashthadvipadvijätaye | niräcäh pitaras teshäm cäpam datvä prayänti hi || 47 || ye nindanti Magän viprän te nindanti ca bhäskaram | mahädäridryam äpannäh kushthitändhä (sht Cod.) na samcayah || 4s || daivakarmani paitrye ca yajne-yajne vigeshatah | püjaniyäs sadä yüyam shashthadvipodbhavä Magäh || 49 || shashthadvipodbhavä yüyam ravigätrasamudbhaväh | hetor iti jagatpüjyah crisüryyo bhagavän yathä || 5o || yathä sarvatra matpüjä yushmäkan ca tathä bhuvi | nai ’va kuträ ’pi samsiddhir ävayor arcanam vinä || 5ı || siddhim ichubhir (iksh° Cod.) dvacyam püjaniyäh prayatnatah | shashthadvipo(d)bhavä yüyam daive paitre vigeshatah || 52 || ye dveshäd avahelante yushmähc cai ’va Magadvijän | Rauravädishu majjante yävat süryyaprabhä bhuvi || 53 || Der fünfte adhyäya, dvijänäm vishädapräptir näma, 62 vv., bis p. 32. Der Süta berichtet auf Caunaka’s Frage weiter, wie die Maga dennoch, unter Hinweis auf die herangekommene böse Kali-Zeit?), - diese Einladung K.’s ablehnten, und die Bitte an ihn stellten, durch Garuda wieder nach ihrer Heimath gebracht zu werden. Nach ihm (tyakte tvayi v.9) würden andere, böse Könige und Geschlechter kom- men, und sie wünschten daher nicht im Bhärata-dvipa zu bleiben. So nahm sie denn Garuda auf seinen Rücken, und flog mit ihnen nach dem !) tadaiva nissrit& mürttir nadyä manimayı raveh ... || 22 || 2) Anarttakam degam gatakrogasya mandalam I: 34 || 3) sthätum atra ca ne ’cchämah, samäyätah khalah Kalih ... ||s || Nach 12, 90. 13, ı fg. kamen die Maga Dväparänte, Dväpare herüber, um den Sämva zu heilen. [1880] > 34 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Cäkähvaya dvipa (v. 15). Unterwegs aber kamen sie in die Nähe von Gayäkshetra!), und hörten da von der Luft aus unten auf der Erde jämmerliches Klagen und Weinen, des Mägadha-Fürsten Suloman nämlich und seiner Weiber. Am Aussatz leidend, war derselbe eben im Begriff, sich ins Feuer zu stürzen (kushthy agnigarte praveshtum v.17) und so seinem Leben ein Ende zu machen. Von Mitleid ergrif- fen veranlassten die Maga den Garuda hinabzusteigen und heilten den König?). Als sie nun aber trotz aller Bitten, da zu bleiben, wieder fort wollten, weigerte sich Garuda, sie zu tragen. Sie seien ihm nun durch die erhaltenen Geschenke (die Königinnen hatten ihnen 100 gräma geschenkt) ?) zu schwer geworden. Krishna’s Wunsch sei, dass sie bleiben möchten. Gayä sei so schön und herrlich (v. 46—50 detaillirt) #). Sie würden die grössten Ehren ge- niessen, und ihr Geschlecht hochgeehrt die Erde erfüllen: bhava- täm vahcavancyaic ca dharä pürnä bhavishyati (v. 60). | Der sechste adhyäya, ohne besonderen Titel, 54 vv., bis p. 39. Die Frage der Brähmana, wie könnten sie, nachdem sie Hari’s Bitte, in Dvärakä zu bleiben, ausgeschlagen, jetzt um der Bitte eines simplen Königs willen in Magadha bleiben? beantwortet Garuda mit einem noch detaillirteren Encomium von Gayä°). Ob sie hier 1) der Oäkadvipa liegt westlich, Gayä östlich von Dvärakä, so dass die Reiseroute, die Garuda nimmt, etwas sehr der Quere geht! Nun, dies stört einen sölchen Text nicht. Garuda bringt die Maga wohl absichtlich nach Magadha, s. im Verlauf. 2) sphatitä (sphu°?) mürddhatas tasya tvaksaruk (takmaruk?) Kürmabhüpateh ||sı|| Kürmabhü somit hier = Magadha. %) räjapatnyah gatagrämän likhitvä parnavitake || 37 || ... räja- patnyac, gatam grämän sandaduh parnavitakaih || 44 || 4) icchä bhagavato hy eshä vasatä ’tra dvijottamäh | punyakshetram samäsädya Gayäkrin(!) tirtham uttamam |] as || yaträ "yänti ca sarveshäm pitaro vishnurüpinah (!) | yasyäm gadädharo devo nityam kämavarapradah || 47 |] tirtham Vishnupadan näma Phalgutirtham manoharam | nadi Punahpunä yatra smaratäm päpahärint || 4s || nityam vahati pitrinän tushtidätri sukhävahä | pancakrocan Gayätirtham krocam ekam Gayäcirah || 4 || yasyäm vahati (vasati?) bhagavän gadädharo janärddanah | Krishnacandraprasädena pratishthäm paramän gatäh || 50 || räjabbih püjitä nityam ramadhvam jagatitale . . . 5) Magadhe ca Gayä punyä nadi puny& Punahpunä | Rishabhasyä "cramam punyam punyo Räjagiris tathä ||5 || 7 u eh vom 19. Januar 1880. 35 ‘oder in Dvärävati blieben, sei für Krishna ganz gleich, und er ‘schliesst daran wieder ganz ungemessene Verheissungen von Glück - Ehre, so wie von Schutz gegen jede etwaige Unbill. Die letzteren, die sich geradezu zu Verwünschungen gegen etwaige Gegner stei- gern, lauten: _ ye ’pamänam karishyanti sverthayä (svech”?) dveshatah, ksha- Par sät (°nät) | rauravädishu majjante yävac candradiväkarau || ıs || 'karne jalpanti ye nindäm Magänäm bhänurüpinäm | karnakenä ’Ipa(!)mrityus syät kule teshäm na samcayah || ı9 || jihvayä ye ca nindanti shashthadvipodbhavän Magän | jihvakenä ’Ipa(!)mrityus syät gehe teshäm na samcayah || 20 || netrayos samjnayä ye vai hy apakurvanti mänaväh | Magänän gunacilänäm, netrahinä bhavanti te || 2ı || vrähmanäh kshatriyä vaieyä(h) cüdräg cä ’pi tathe ’tare | ye _ nindantimagän viprän kushthino (shti” Cod.) ’ndhä bhavanti te ||22 vrähmanä vedahinäc ca räjyahinäs tu vähujäh | dhanahinäh tathä vaicyä vancahinäh!) tu pädajäh || 2: || kshayäpasmärakushtädi(shthä)rogino gunavarjitäh | mahändhäc ca daridräc ca bhaveyur janma-janmani? || 2 || bhavatäm nindayä nityam vilapanti dharätale | jalavudvutsamam?) vipräh saputravalavähanäh || 25 || deväc ca pitaro yatra tatra devarshayo "maläh | 'vrahmarshayac ca ye cä ’pi Kapilädyä maharshayah || e l tyaktäbhimänino ye vai vaishnavä ruddhavädayah (Uddh°) | räjäno dharmaciläc ca samsevante Gayäcirah ||? || tathä Vishnupadam tirtham vatac cä ’kshayasamjnakah | Phalgur nämni nadi punyä vahaty antarato ’nicam || s || Madhucraväc ca yaträ "ste(!) pitrinäm cä ’titriptidä | vaso hy atra hi devänäm säyamprätac ca nityacah || 9 || labhante pitaro bhägän deväs taträ& ’pi püjitäh | bhüdeväc ca vasadhvam vo (als Nomin.!) Gayäyäm atra sämpratam || ıo || yathä priyä hi Krishnasya bhuvi Dvärävati puri | tathä gadädharasyai ’va sthänam cä "tra Gayäcirah || ıı || Sollte dem vata in v. 8 etwa der heilige Bodhi-Baum zu Grunde _ liegen? und überhaupt hier buddhistisch-jainistische Motive (s. den Rishabha in v. 1) mit hinein spielen? cf. Ind. Stud. 1, 186”. Madhucravas ist ein heiliger Fluss, s. Aufrecht Catal. 46%3v.u. 1) d. i. wohl: sie sollen nicht einmal ein Bambusrohr zur Disposition haben ? 2) für janmani-janmani! *) für vudvudasamam! a 36 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Durch diese Verheissungen 1) befriedigt, liessen sich die Bräh- mana nun in der Nähe von Gayä (Gayäkshetränti! v.26) nieder. Vier von den achtzehn Familien aber gingen nach (der) Vadari, um da als Asketen zu leben (taptum) und den Adhokshoja zu preisen, und begaben sich dann von da wieder in ihre Heimath, nach dem Cäkadvipa im Milchmeer?), zurück. Es waren dies: Crutikirti, Cru- täyu, Sudharman und Sumati. Die übrigen 14 blieben in Gayä?), nämlich: Mihirähcu®), Sudhäncu, Bharadväja, Vasu, Paräsara, Kau(n)dinya, Kacyapa, Garga, Bhrigu, Bhavyamati, Süryyadatta, Nala5), Arkadatta, Kaucila®) (v. 30. 31). Als Garuda die Kunde hiervon nach Dvärävati brachte, sandte Krishna den eribhänurü- pebhyo dvijebhyah durch seine pärshada unermessliche Geschenke nach Magadha. Die Brähmana beklagten sich gegen diese Boten darüber, dass sie Magadha gegen Dvärakä eingetauscht hätten und versprachen dem Hari ihre zauberkräftige Hülfe gegen seinen Feind’), falls er mit Bhima und Arjuna in Gestalt eines Tridan- din nach Magadha kommen wolle (vv. 47 fg.). Als Krishna dies von seinen pärshada erfuhr, machte er sich sofort nach Indrapra- stha auf, um die Pändava aufzusuchen. Der siebente adhyäya, pitämahamantrakathanan näma, 30 vv. bis p. 43. Yudhishthira nimmt ihn festlich auf, und theilt ihm seinen Wunsch mit, ein räjasüya-Opfer zu begehen. Als Vorbedingung dazu nennt Krishna die Besiegung des Mägadha-Königs Jaräsandha und die Befreiung der in dessen Kerker (kärägrihe) gefangen ge- haltenen Könige. Bei einer grossen Kuru-Versammlung, die Yudh. 1) es ist klar, dass zur Zeit der Abfassung dieser Verse wie der in 4, 47 fg. die Maga mannichfachen Anfechtungen und Krän- kungen ausgesetzt waren! der Vf. bezweckt eben, sie dagegen zu schützen; cf. 8, 13 fg. 9, 39 fg. 15, 104 fg. 2) tatra näräyanam devam an hs gatä nijam | sthänam kshirasamudränta(r) dvipam Qäkähvayam param || 2s || 3) Gayäksheträntike ’vasuh (!) || sı || #) der einzige dieser Namen (s. auch 12, 78. 79), in dem ein persisches Wort vorliegt! die andern sind alle brahmanisch, einige davon gehören den edelsten Brähm.-Geschlechtern an; die oben gesperrt gesetzten finden sich 13, 95. 96 unter den Namen der Sarayüpärinah wieder. 3) so nach 12, 79; somit hier zu lesen: Süryyadatto ’tha vai Nalah. 6) wohl Kaucika? S) hiermit ist der Magadha-König Jaräsamdha gemeint, S. im Verlauf. by s, vom 19. Januar 1880. 37 deshalb beruft, und welcher Bhishma, Vidura, Dhritaräshtra, Drona, Vyäsa, Karna, Suyodhana!), Bhima, Arjuna und die anderen Brüder assistiren, räth ihm der Pitämaha, d. i. Bhishma, sich ein- fach nur dem Rath und der Hülfe Krishna’s anzuvertrauen. Der achte adhyäya, Jaräsandhavadho dvaicya(?)bhagavadvi- | jayo näma, mit 60 vv., bis p. 51. Und so macht sich denn Krishna nebst Bhima und Arjuna, je (v. 24) in Gestalt eines Tridandin, auf nach dem unter dem Schatten des Tricanku gelegenen Lande Magadha?), beherrscht von dem ge- waltigen Jaräsandha, Schwiegervater seines mütterlichen Oheims (mätulasyai ’va svasurah v. 4), von lange her schon ihm verfeindet (pürvavairasamäcritah). Über die Gaig& und den Cona (v. 7) kamen sie zuerst nach Gayä zu dem Tempel des Gadädhara und zu den daselbst angesiedelten Brähmana aus dem sechsten dvipa (v. 8). Krishna pries zunächst ihre Hoheit (mähätmyan v. 10) und ihre beiderseitige Freundschaft und solidarische. Zusammengehörig- keit, jeden mit Fluch bedrohend, der ihnen Hohn zufügen sollte. ye mäm tvän?) cä 'vahelante yajne kuträ ’pi karmani | deväc ca pitaro nityam tän gapanti ca sarvatah || ıs || deväc cai 'va mamai ’vä ’'ncäh sarveshäm pitaro ’hy*) aham | ato ’ham eva kupyämi bhavatän ca ’pahelanät || ı« || yeshäm yajne vrähmanänäm romakautilat& Magät (!) | te cai vä "cu vinacyamti parivärais savändhavaih || ıe || Darauf stellten dieselben auf dem Haupte des Vindhya 27 Tage lang Beschwörungen mit allerlei dem Sonnengott huldigenden Sprü- chen an, auf Grund deren?) dann nach 27tägigem Keulenkampfe 1) Karanam (!) Yuyodhanam (Suyo° zweite Hand)... || ız || 2) decam Magadhasanjnan ca Tricankoc chäyayä "critam || 3 || 3) man erwartet den Plural: vac. #) was soll hier der avagraha? und pitaro? steht dies für pitä? 5) im MBhär. ist von einer Betheiligung der Maga an der Besiegung des Jaräsandha oder gar an dem räjasüya des Yudh. (Cap. 9) nirgendwo die Rede! dieselbe ist eben eine völlig will- kürliche, nur in majorem gloriam derselben erfundene Zuthat. — Von Interesse ist im Übrigen, beiläufig bemerkt, wie in dieser ganzen Sage von Jaräsandha auch schon für die epische Zeit die- selbe Rivalität und Feindschaft zwischen dem Westen (Dvärakä) und Osten (Magadha) Indien’s konstatirt wird, die wir im Dacakumära und im Viracarita (zwischen Mälava und Magadha) vorfinden. Hierbei liegt in der That wohl ein historisches Moment zu Grunde. % 38 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Jaräsandha am 28% von Bhima, der ihn plötzlich als Ringer unterlief, getödtet ward!), worauf Hari dessen Sohn Sahadevn zum König der Sumagadha (v. 60) einsetzte. Der neunte adhyäya, Maga(Mayu erste Hönd)-jaitudir shthiraräjasüyayajnamahotsäho näma, mit 44 vv., bis p. 57. Nach Befreiung der 20 000 gefangenen Könige, die danach die Thaten Krishna’s lobpreisend besingen?), begiebt sich derselbe nach Gayä, um den Maga daselbst für ihren Beistand zu danken, und nimmt sie dann mit nach Hästinäpura, damit sie dem Yudhi- shthira dort sein räjasüya-Opfer ausrichten helfen. Es geht denn auch hierauf unter ihrer Hülfe richtig vor sich?). Und .aın Schlusse desselben, nachdem Krishna die von den Königen ihm durch ihre freie Wahl zugetheilte Auszeichnung gegen den ihm dieses nicht gönnenden Cicupäla vertheidigt und ihn getödtet hat (v. 27. 28), traten die Maga vor ihn und erklärten, nun nicht wieder nach Magadha zurückkehren zu wollen. Er rieth ihnen indess doch, „Gayäyäm pitrinilaye* wohnen zu bleiben, und wiederholte aufs Neue die Verheissungen für die, welche sie ehren würden, da zwischen ihm selbst und ihnen kein Unterschied sei, sowie die Ver- wünschungen derer, welche ihnen etwa zu nahe treten sollten. ye mäm tvän” cä vahelante dvishantah kvä ’pi karmmani || 3s |) teshäm patanti pitaro deväh kupyanti svarggatäh | vangahänis sadä teshäm dhanahänis tathai ’va ca || 40 || mahärogais samägrastäg käranag (känäc?) ca vadhiräc ca te | alpäyusho bhavishyanti hy ävayor nindakä bhuvi || aı |] Und hieran schliessen sich sodann Lohnverheissungen für die- 1) Jaräs. erscheint hierbei als durchaus nobel, während Bhima da er sieht, dass er im Keulenkampf nicht siegen kann, sich auf Krishna’s hinterlistigen Rath, gegen alle Ordnung, einer andern Kampfesart zuwendet. 2) gäyamänä (Ätmanep., s. bei 1,25) bhagavato yagah Kalimaläpa- ham | sva(ihre eigne? oder: are allen ca gopinaäm Devaki- Vasudevayoh ||7|| gajendramokshanam cä ’pi Maithilyäe ca ’pi mokshanam | Kansädidänujänän ca vadham catror nijasya vai || s || Jaräsandhasya valino vadhädi vahuco jaguh. Diese Befreiungs- Thaten erinnern an Indra’s vedische dgl. Thaten. 3) Karna erscheint hier (v. 21) als Karana (Karano dänado yatra); so schon 7, 17, wo aber gegen das Metrum, während hier durch das Metrum geschützt. *) wie oben, 8, 13, statt vac. VE ER BETEN vom 19. Januar 1880. 39 jenigen: itihäsam imam punyan Näradena samiritam | ye pa- thishyanti .. || 42 || eine Angabe, die hier ganz aus der Rolle fällt, s. jedoch das zu 1, 12 Bemerkte. Der zehnte adhyäya, puraccaryävidhir näma, 47 vv., bis p. 64. Caunaka kommi auf das Ritual, die puraccaryä, zurück, wel- ches die Maga während der 27 Tage vor dem Tode des Jaräsandha celebrirt haben, und Suüta berichtet davon ausführlich. Es handelt sich dabei zunächst um ein goldenes Bild der Sonne: sauri ca pratimä käryyä jämvünadavinirmitä | ädityapalamänena (?) mäshair va mandaläkritih || || sodann um Diagramme in Lotusform ete., ganz nach Art der Angaben in der Rämatäpani 1, 48 fg., resp. in der Weise des Tantra-Rituals. Bei der Angabe über die eigentliche Feier wird auf einmal Nä- rada als redend eingeführt! und zwar als Vertreter der Buch- weisheit: tatrai 'kam pustakam divyam püjärtham sthäpayed grihe | päthac ca cravanam käryyam vijayasya hrido ’sya ca || 3ı || süryyoktakavacasyä ’pi sarveshtaphalasiddhaye | Närada uväca (!) | yadgriham(°he?) pustakam divyam vija- yasya ca püjyate| hridayam kavacam cä ’pi tadgrihe vijayas sadä || 32 || Und am Schluss, nach Angabe der dakshinä, wird sogar der Sonnengott selbst als Verkünder der Hoheit der Qäkodbhava Brähmana vorgeführt: gaur deyä vritaviprebhyo yajnängasya ca pürttaye | ädau kavacapätham hi kritv& mantram japet sudhih || 46 || eriSüryya uväca: yad durllambha(m bha)vati sarvvakrite ca yatne sarvvam mamai 'va kripaya khalu siddhyati ’'ba | sadvrähmanaic ca bhagavatpriyadharmmagilaic Cäkodbhavair gurugunaih kila karmmasiddhih || 47 || Der elfte adhyäya, kavacahridayamantrakathanan näma, 57 vv., bis p. 72. Auf Qaunaka’s weitere Frage berichtet Süta zunächst von dem der Sonne geweihten kavaca-Spruche, welchen Sürya selbst zur Heilung des Sämva demselben mitgetheilt habe, nebst Angabe über die ihm beiwohnende magische Zauberkraft!). Ebenso ist auch 1) bhüryya(’rja)patre samälikhya rocanägurukunkumaih | raviväre ca samkräntau saptamyäm raviväsare || ıs || dhärayet sädhakah creshthas trailokyavijayı bhavet. 40 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse vormals ein ädityahridayam von Agastya dem Räma gelehrt worden, als er den Rävana besiegen wollte!), was ihm auch damit gelang (v. 51—53). Später hat der Sonnengott selbst dieses ädityahridayam dem Sämva gelehrt, der es ebenfalls mit Erfolg anwendete, worauf es den Namen Sämvavijayan näma stotram erhielt (v. 57). Der zwölfte adhyäya, dvijotpattikathanan nama, mit 94 vv., bis p. 85. Auf Caunaka’s Frage berichtet Süta nun von der Entstehung der Maga?); und zwar thut er dies mit den Worten Närada’s, der seinerseits von Garuda hierüber befragt war (s. das bei 1, 12 u. 9, 42 Bemerkte). Er berichtet eine gar wundersame Legende, die an einen vedischen Mythus (Riks. 10, 17, ı.2) anschliesst?), denselben jedoch in ganz eigenthümlicher Weise um-, resp. ausgearbeitet hat. Um die mascula virtus des Sonnengottes für seine Tochter Prabhä (oder Samjnä) ertragbar zu machen?) (sie war ihrem Gatten, unter Zurück- lassung einer chäyä, davon gelaufen, weil sie dieselbe nicht aus- halten konnte), liess ihn Vievakarman auf einen Wetzstein (cäna) sich stellen, und theilte da seine Gestalt zwölffach (v. 61). Die Stäubchen, die dabei abfielen, warf er in den Wind, der sie seinerseits, achtzehn- fach getheilt, nach dem sechsten dvipa am andern Ufer des Milch- meers führte, wo sie sofort bei der Berührung des Erdbodens*) sich in Sonnengleiche Brähmana umwandelten, und zwar so, dass 18 Familien derselben entstanden (v.75). Da sie sofort mit vedischen Sprüchen den höchsten purusha priesen, hatte die im Sonnenrund wohnende Gäyatri ihre Freude daran, holte sich von Bhäskara selbst Auskunft über sie, und stieg dann zu ihnen zur Erde nieder, sie mit ihren 18 Namen (vv. 78.79, wie oben bei 6, 29—31) nen- nend und sie als ihre Lieblinge bezeichnend. Sie gab ihnen ihre eigenen Kräfte (vv. 80—82 namentlich aufgeführt) als ihre Töchter zu eigen und verhiess ihrer Nachkommenschaft daraus Glück und m 1) ganz abweichend von dem Bhavishya Pur. bei Aufrecht p- 32, s. Monatsb. 1879 p. 455. 2) ekadä bhagavän süryyo vedamürttis sanätanah | Vievakarmmasutäm sädhvim upayeme varänanäm || e || 3) cf. Jupiter und Semele. *) cf. den analogen Zug in der Sage von der Drachenzahnsaat des Jason. i LU 0 u 2 7 0 2 Hz DE ee A vom 19. Januar 1880. 41 'Segen!). — Und an diesen seinen Bericht knüpft dann auch Närada selbst noch weitere Verherrlichungen dieser in der Folgezeit am Ende des dväpara?) (v. 90), durch Krishna nach Indien herübergeholten Maga, die er als Vishnutulya und vrähmanottama (v. 92), resp. als vishnusamaprabha (v. 93) bezeichnet. Schluss’): dvipe mahähemasuvarnacäke kshirodara- bhyo(myo?)rmmimarutsucite ||92 || jät& Magä vishnusamaprabhä- väs Tärkshyopari nyastapadäravindäh || na kshirasindhor iha vai dvitiyas*) sindhuh parac cä ’tra dharätale ’smin ||s3 || no vishnudevät?) sadrico ’nyadevo no vrähmanac Qäkabhaväd dvitiyah || ye erinvanti samutpattim Magänäm vrahmaväadinäm | te kritärthä3 putrapautrair dhanadhänyair dharätale || 4 || Der dreizehnte adhyäya, ohne besonderen Namen, 116 vv., bis p. 100. Auf Caunaka’s weitere Frage, ob die Maga, schon ehe sie Krishna im Dväpara herüberholte, bereits in einem andern Yuga herüber gekommen seien, und wann speciell dies in Bezug auf die 1) liegt etwa auch hier eine gelehrte Reminiscens an eine vedische Sage vor? an die Sage nämlich (Brihaddev. 4, 22, mit Bezug auf Riks. 3, 53, ı5. 16; s. Kuhn in den Ind. Studien 1, 119. 120) von der Sonnentochter „sasarpari“ (resp. brähmi und sauri väc), welche die Jamadagni für Vievämitra aus dem Hause der Sonne herbeiholten, und die nun von dem Kucika-Geschlechte alle „amati“ forttrieb (so nach Säyana, in Müller’s Ausgabe p. 932) und ihnen „Ruhm“ brachte. Der Verfasser hätte dann diese Sage freilich noch etwas besser im Interesse seiner Maga ausnutzen und verwerthen können! Und dass er dies nicht gethan hat, er- weckt denn allerdings Zweifel gegen seine bewusste Benutzung ‚derselben. Hat aber eine solche nicht stattgefunden, dann ist dies Zusammentreffen immerhin eigenthümlich genug; die Sage muss dann eben wohl in der Tradition noch „unbewusst“ nachspuken? 2) es stimmt dies nicht ganz zu 5, 8, wo die Maga selbst von der Gegenwart als dem bereits herangekommenen kali-Zeital- ter sprechen, s. oben p. 393. 3) am Schlusse der adhyäya finden sich mehrfach einige Verse in solenneren Maassen, als dem des cloka abgefasst, s. bereits 10,47. *#) der Ablativ bei dvitiya (der Form nach hier ja auch Ge- netiv, was aber noch weniger passt; und im folgenden v. ist es ein Ablativ) ist sehr auffällig; „ein zweiter nach“ bedeutet hier wohl: „ein zweiter zu* d. i. „ihm gleichkommend“. ?) hier ist der Ablativ noch auffälliger! man erwartet den Instrumental oder etwa den Genetiv. 42 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse am Sarayü-Ufer wohnenden dgl. (Sarayüpärino vipräh v.3) ge- schehen sei, antwortet Süta (! es fehlt hier jedoch das: süta uväca), dass auch Garuda bereits beide Fragen an Närada gerichtet habe, und dessen Antwort wolle er nun mittheilen. Danach hat denn also auch schon Dacaratha, in der Tretä, auf specielles Geheiss des Sonnengottes, an den er sich um Nachkommenschaft gewendet, vier Maga zur Beihülfe für seine im Bharatakhanda geborenen Priester, speciell für Rishyacringa und Vacishtha, herübergeholt!). Und zwar holte sie Vacishtha selbst aus dem sechsten dvipa herbei (v. 20—22). Auch allerhand einheimische Brähmana (apare tu samäyätä vrähmana Bhäratäs tu ye) und der criägi rishih (! v. 23) kamen dazu nach Ayodhyä; das Opfer fand dann am rechten Ufer des Sarayü (v. 24) statt und hatte den bekannten, erwünschten Erfolg, dass im Caitra, am neunten der weissen Hälfte, dem Dacar. die vier Söhne, Räma etc., geboren wurden (v. 31). So ka- men in der Tretä die Maga zuerst herüber und wurden von dem Raghuvarya Digratha (= Dacaratha!) hoch geehrt (v. 34). — Aber auch Rämacandra selbst liess sie, ebenfalls wieder auf specielles Ge- heiss des Sonnengottes, um dieser ihrer erfolgreichen Dienste bei dem Opfer des Dacaratha (v. 50. 51) willen, und weil sie aus dem Leibe des Sonnengottes selbst entsprossen seien, durch Garuda aus dem sh.a- shtha dvipa herüberholen?), zu gleichem Zwecke wie damals, näm- lich behufs seines eigenen acvamedha, welches er anstellte, um sich von dem vrahmavadha in dem Kampfe mit Rävana, resp. von der Tödtung der Paulastyavancäs (v. 39) zu reinigen. Und zwar waren es wiederum vier Maga, die hier auch mit Namen genannt werden, nämlich: Sudhäneu, Sudharman, Sumati und Vasu (v. 61). Hanu- mant aber ward ausgesandt, um fünf Gauda(-Brähmana) und 1) räjan putreshtiyajnam ca kuru vancasya vriddhaye | mama dehätsamudbhütäc (Nom.) caturvedasya päragäh (Nom..) || 13 caturo vrähmanäf(n) divyän sväbhishtasyai ’va siddhaye | samäniya Magämc (!) chuddhän tathä Bharatakhandajän j 14 || punyavancän dvijän anyän daca vrahmakulodbhavän | deeiyam(!) Rishicringam(!) ca tejoräcim tapodhanam || 15 || gurunä svena karttavyam (°vyah? sc. yajnah) Vacishthena mahätmanä | puträs te bhavitäro vä(!) säkshäd vrahmä ivä(!) ’paräh || ıe || vrahmaprärthanay& bhümer bhärottaranahetave | icvaro bhavitä nünam caturddhä ca grihe tava || ız || 2) Garuda muss alles dies ganz vergessen haben, da es ihm Närada hier erst noch erzählen muss! (vv. 60. 68. 82.) vom 19. Januar 1880. 43 fünf Drävida noch dazu herbeizuholen (v. 63). Diese Sendung miss- lang jedoch, da kein Brähmana an dem Opfer des mit vrahmavanca- vadha behafteten Königs Theil nehmen wollte (v. 72). Da liess der König, entsprechend der ihm von Anfang. an (v. 54—57) für diesen Fall gewordenen Weisung des Sonnengottes!), sechszehn Brähmana-Knaben aus Känyakuvja-Geschlechtern durch Hanümant nach Ayodhyä locken (mittelst Leckerbissen und dgl.), daselbst durch Vacishtha weihen, und durch die vier Maga im Veda unterrichten. Nachdem sie so zu Brähmana geworden, vollzog er dann mit ihnen (als seinen sechszehn Priestern), mit den vier Maga und Vacishtha das Opfer. Garuda schaffte danach die Maga wieder nach dem shashthadvipa zurück (v.82). Die 16 jungen Bräh- mana aber wurden, als sie zu den Ihrigen zurückkehrten, von diesen 1) tasmät tvam api räjendra samänıya gunäkarän || 52 || mama dehät samudbhütän shashthadvipän mamä ”jnayä | kuru yajnam cä ’cvamedham kritvä shodaga brähmanän || 53 || aparan Bhäratiyänc ca, näpacyanti (nä ’ ’yäasy°?) ’ha Bhäratäh | pratyäkhyäto Bhöratiyair yajne ’smin vahudhä bhuvi || 54 II tada Hanumatä Räma pralobhya priyavastubhih | Antarvedyät (!) samäniya Känyakuvjakuläd atha || ss || välakän shodacän (sic!) divyän dikshäsamskäravarjjitan | gurunä& dikshitair eva Magair vvedädipäthitaih || 56 || shodagair(!) vrähmanai räjan caturbhis tu Magair aho | gurunä cai ’kavingena yajnam käraya suvrata || || Zu shodacän, °eais s. caturdacäni ratnäni 14, 31; Magair in 56° ist mit gurunä parallel, und hängt von päthitaih ebenso ab, wie gurunä von di- kshitaih; die Construction ist überhaupt etwas sonderbar, nach samäniya ... valakän fehlt ein tais, und statt caturbhis tu er- wartet man caturbhic ca. — Die Ausführung dieser Vorschriften wird dann in v. 74 fg. mit nahezu denselben Worten, nur noch etwas ausführlicher, geschildert: tam uväca Hanüumantam: gacchä ’ntarvedyam uttamam || 74 || Känyakuvjakulodbhütän kulinähs cai ’va välakän | sbodaca vrahmajätiyän pralobhya priyavastubhih || 75 || kriyäcaktän mamä "niya dikshäsamskäravarjjitän | ägantavyam tvayä türnam märute mama samnidhim || 6 || Rämäjnayä Hanümäms tu pralobhya priyavastubhih | divyams tu välakän nitva shodaca vrahmavancajan || 77 || samägamad Ayodhyäyäm yajnärtham Rämasamnidhim | dikshitäs te Vacishthena Magair vedämc ea päthitäh || zs || vrähmanäs tu tato jätäh krito yajnas tu tair dvijaih | caturbhis tu Magair eva shodaca (! unflectirt) vrahmavangajaih || > || ekena gurunä cä ’pi Vagishthena mahätmanä | 44 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse verläugnet (v. 86). BRäma jedoch wies ihnen bestimmte Ländereien, Namens Rämarekhät), östlich von Oudh, zwischen Gandaki und Gangä, am nördlichen Ufer der Sarayü, südlich vom Campäranya, zum Wohnsitz an (v. 91—93). Von ihnen stammen die Sarayü- pärinas (v. 94) ab?). Die 16 Geschlechter derselben aber haben fol- gende Namen: Garga, Gautama, Cändilya, Parägara, Sävarnya, Kacyapa, Atri, Bharadväja, Gälava, Kaucika, Bhärgava, Kasya (Kanva?), Kätyäyana, Angiras, Sämkrit(y)a, Yämadagnya(!)?) v. 95. 96. — Es schliesst sich hieran ein neues recapitulirendes Elo- gium der Maga (v. 99), als in der Tretä von Dacaratha und Räma- candra, im Dväpara von Krishnacandra geehrt (100. 101); in letzterem Falle werden die Maga hierbei selbst: Sarayüpärinah genannt, was nach dem eben Gesagten nicht richtig ist, immerhin aber für die Identification dieser letzteren mit ihnen direct eintritt. Räma und Krishna spenden Beide dem ihre Huld, der dieselben ehrt; vishnos samarcanam yadvat sarvayajneshu puüjitam | tathai 'sham arcanam nityam sarvakarmapratishthitam (103). Und zwar sind eben jene 16 vrähmana-Geschlechter (104), ebenso wie die 18 Maga (105) — !) s. v. 31 des Citates aus dem Bhavishya Pur. in der khala- vaktrac. fol. 7%; — dies ist also das Terrain, wo wir die Ortlich- keiten der Magavyakti zu suchen haben? Monatsber. 1879 p. 471 fig. 2) Rämo ’pi bhagavän grutvä vrittam khyätam dvijair aho | ativa kripayä tebhyo jivikärtham dadau dharäm || oo || svapäöryäh pürvvato-bhäge svenai ’va dhanushä kritä | Rämarekhä samäkhyätä tirtham cai ’va manoramam || 91 || tasyäc ca pürvato- -bhäge Gandaki-samgamävadhi | Gamgäyäm cai ’va viditam catakrocävadhi smritam || 92 || Sarayväc co ’ttaratatäc Campäranyäc ca dakshine | pamcäcatkrocabhübhägam susamkalpya ca dattavän || 93 || tato Rämäjnayä te ca Sarayupäram ägaman | Sarayüpärino jätä vrähman& Rämapüjitäh | kulinäc cai ’va pamktisthäs sviyapamktisthabhojinah || || Von Interesse ist, dass dieser Erzählung zufolge die Maga an der Sarayü nicht eigentliche Maga, sondern von ächt brähmani- scher Herkunft, nur durch Maga geweiht und im Veda unterrich- tet (!), sind. 3) essind dies die vornehmsten brähmanischen Geschlech- ter, welche der Verf. hier mit den Maga als ihren Lehrern in Bezug setz. In der Magavyakti werden davon Kaucika (1, 20. 21) und Kacyapa (2, 4) genannt, s. Monatsber. 1879 p. 468. — Die oben gesperrt gesetzten Namen finden sich auch 6, 30.31 12, 78.79 un- ter denen der 15 Maga selbst vor. a 3 vom 19. Januar 1880. i 45 Beide werden hierbei als panktisthitäc cä ’pi sahai-’kabhojinah be- zeichnet — gleichmässig, ohne Unterschied, zu ehren; wer dagegen fehlt, geht zu Grunde!). In ihrem Geschlecht soll man die Weihe nehmen?), und sich seinen guru wählen (109 fg.). Der vierzehnte adhyäya, ohne besonderen Titel, 67 vv., bis p. 109. Auf Caunaka’s Frage nach der Entstehung und Bedeutung der Planeten (nandagraha, d.i. neun gr.; kheta) erklärt der Süta wiederum, nur berichten zu wollen (setihäsam purätanam v.2), was Närada einst auf die gleiche Frage dem Garuda geantwortet habe. Der Inhalt des Capitels ist lediglich kosmologisch-mythologischer Art, handelt u. A. speciell vom Quirlen des kshiroda und den 14 ratna, die daraus hervorkamen, hat aber gar keine nähere Beziehung zu der Maga. Der fünfzehnte adhyäya, süuryädipamcadevadänamähätmya- püjanan näma, ohne Verszählung, bis p. 129. Gleiche Einleitung wie bei Cap. 14. Der Inhalt betrifft fromme Gaben an fünf Götter und deren Verehrer, nämlich an die Sonne, Civa, Ganeca, Vishnu und Cakti, d. i. Durgä, und zwar ohne irgend welchen Bezug auf die Maga. Es handelt sich hiebei um Bilder (pratimä), Gold, Ländereien etc. Von Interesse sind die ungemessenen Ablass-Verheissungen dabei, und zwar gleichmässig für Geber und Empfänger (p. 116), cälagrämaciläm divyäm dhätriphalasamaprabhäm | .... nänäbhüshanasamyuktäm gitäpustakasamyuktäm || Harivancasamäyuktäm Rämäyanasamanvitäm | eriBhägavatasamyuktäm sahasranämahhir yutäm || Mahäbhäratasamyuktäm nänämanigunair yutäm | dharä(m?) vrittikariyuktäm vätikärämasamyutäm || 1) imäv ubhäv icvarapüjitau bhuvi hy ato 'nayor antaram eva nä ’sty alam | sväjnänato bhedakaro naro bhave(n) mahändhaküpe patito ’vasidati || 107 || 2) dikshäm tu grihnita kulottame dvijje pamktisthite cä ’pi sa- haikabhojane | yato bhaven mänasiko na khedo guros samucchishta- mahäprasäde ||ıos|| Der Ausdruck sahaikabhojana, °bhojin kann nach der Analogie von sahaikasthäna nur bedeuten: „allein essend mit Jemand“ d. h. hier wohl, cf. 13, 94. 105, „mit einander“. Cf. im Übrigen noch die Angaben des Bhavishyapur. über die eigen- thümlichen Speiseregeln der Maga, bei Aufrecht Catal. p. 32, Mo- natsber. 1879 p. 454. 455. 46 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse yo dadyäd Rämabhaktebhyas sa jivanmukta ucyate | golokaväsi purusho bhavaty eva na samcayah || dätä cai ’va pratigrähi ubhau samaphalänvitau | päparäcir vyäciryyeta (!) sarvakämaphalam labhet (!) || goghnac cä ’pi suräpo vä blırünahä bälaghätakah | strihantä guruhantä ca vrahmahä pitrimätrihä || vrahmavrittiharac cä ’pi devavrittiharo ’thavä | svarnasteyi gurudrohi tirthapäpakaro ’pi vä || kanyäyä vikrayi loke svakanyädhänyabhakshakah | svapürvvopärjitäbhümer vikrayi purushädhamah || agamyägamane caktah (sak°!) gurutalpagato ’pi vä | vrahmadrohi kritaghnac ca tathä vieväsaghätakah || mätripitrivirodhi ca nijastrityägakrin narah | pitrinäm parvvatyägi ca välavriddhäpamänakah || guroh kuläpamäni ca nijapüjyäpamänakrit | kuladroharatac cä ’pi abhakshyasyä ’pi bhakshakah || vedanimdäkarac cä ’pi guruvrähmananindakah | nripanindäkarac cä ’pi kulanindäkaro ’pi vä || devanindäkarac cä ’pi dharmmanindäkaro ’pi vä | prithivyäm viryyapäti ca kuladeväpamänakah || parastriniratac cä ’pi vecyägämi tu vrähmanah | mätrigämi sväduhitur bhaginibhagabhogakrit || nijaputravadhügämi jätibhrashto mahäkhalah | purushänga- bhogi (lies: prushä°) khandhängabhogakrin manujädhamah || paravrittyanusevi ca punyavrikshavihinsakah | vidyäcaurac cäA ’rthacauro dharmmacauro narädhamah || dushtäcäraratac cä 'pi kupamthä mänsabhakshakah | hinsakä garadäc caurä grämadähakaräh khaläh || mahäpätakinas tv ete cudhyanti haridänatah | cälagrämacilädänät te ’pi pütä na samcayah || cälagrämacilädänapunyam vaktum na cakyate | vrahmanä ca harenä ’pi harinä jagatitale || Wahrlich eine stattliche Liste von Verbrechen, Schande und Todsünden (Blutschande, Mord ete.), die alle durch die Darbietung eines eälagräma Steinchens an Hari gesühnt werden! vgl. das zu Rämatäp. p. 358. 359. 563 (Abhh. 1864) Bemerkte. Pal, vom 19. Januar 1880. 47 Ein Rückblick auf den Inhalt dieses eigenthümlichen Textes lehrt, dass zunächst die beiden letzten Capp. in keinem directen Zusammenhange mit den übrigen stehen. Von diesen aber handeln Capp. 1—9 von den Beziehungen Krishna’s zu den Maga, Capp. 10—12 bilden einen Nachtrag dazu und Cap. 13, welches von den Beziehungen der Maga zu Indien in der Zeit vör Krishna handelt, ist wohl auch als ein Nachtrag zu betrachten. Der Zweck dieser 13 Capp. ist die unbedingte Verherrlichung der Maga. Sie werden zu dem Zwecke nicht nur mit Krishna, wie dies im Bhav. Pus. geschieht, sondern auch mit einigen der Hauptereignisse des MBhärata (Tod des Jaräsamdhat), räjasüya des Yudhishthira) und des Rämäyana (Opfer des Dacaratha und des Räma), ja sogar mit einer alten vedischen Mythe (Cap. 12) in speciellen Bezug gebracht, und ihren Geschlechtern werden die Namen alter vedischer Rishi gegeben. Alles dies ist natürlich eitel Trug, hat blos den Zweck theils der Verherrlichung theils der Abwehr übelwollender Angriffe, auf die wiederholentlich hingewiesen wird. Die Herüberkunft der Maga, resp. ihr Bleiben in Indien, wird durchweg als auf besondere Einladung, resp. erst nach dringenden Bitten eingetreten, dargestellt. Von einem historischen Hintergrunde, wie er den Sagen des Bhavishya Pur. über die Beziehungen der Maga zu Dvärakä und zu Krishna, über die Herüberholung derselben zum Behufe der Einrichtung eines Sonnendienstes an der Candrabhägä unstreitig zu Grunde liegt, und der auch hier in den betreffenden Angaben (p. 32) noch durchschimmert, ist bei diesen neuen Zuthaten unseres Textes gar nicht mehr die Rede; sie sind vielmehr rein aus den Fingern gesogen. | 1) der Magadha-König so wie das ganze Magadha-Land (s. oben p. 34) sind resp. wohl speciell ihres Namens wegen mit den Maga in Bezug gebracht worden, ähnlich wie etwa auch die Ki- kata (s. unten p. 54) nur darum mit den Magadha identificirt wor- den sein könnten, weil Riks. 5, 53, 14 ihr König (s. Säyana Einl. zum Rik pag. 7,18 ed. M. Müller) Pramagamda genannt wird, welcher Name wohl aber eher zu dem der Paücäla-Stadt Mäkandi (s. Ind. Stud. 13, 177) zu stellen ist. — $. im Übrigen zu der an- geblichen Beziehung zwischen den Maga und Magadha, so wie zu den Angaben über die Maga in Ayodhyä, das Citat über das Pferdeopfer des Räma etc. aus dem Bhavishyapur. in der Khala- vaktra° fol. 5° unten p. 54; und zu dem Opfer des Dacaratha ebendas. 18° unten p. 64. 48 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Und zwar verdient hierbei bemerkt zu werden, dass auch der Harivanca, der ja doch so speciell von Krishna handelt, und in dem auch Cämba wiederholt erwähnt wird, von dessen Beziehungeu zu den Maga, ja auch von der Geschichte der Verfluchung Cämba’s durch Krishna, noch nichts weiss. Die Abfassungszeit dieses schon von Subandhu in der Väsavadattä speciell erwähnten Werkes muss ja überhaupt in eine verhältnissmässig frühe Zeit gesetzt werden, s. Ind. Streifen 1, 380 und 382. — Auf der anderen Seite jedoch ist hier ein Punkt zu erwähnen, der umgekehrt dafür einzutreten scheint, dass die Beziehung des Qämba zu den Maga eventualiter döch Ansprüche hat, bereits in ziemlich alte Zeit hineinzureichen. Unter den im Vancabrähmana des Sämaveda aufgeführten Lehrern nämlich, s. Ind. Stud. 4, 372 fg., erscheint ein Cämba Cärkaräksha als Genosse eines Kämboja Aupamanyava und Schüler eines Madra- gära Qaungäyani, wie dieser wieder als der eines Säti Aushträ- kshil). Auf die eigenthümlich iränischen Beziehungen, welche sich an diese Namen, resp. etwa auch an den Namen des im wei- teren Verlaufe genannten Cäkadäsa, anknüpfen, habe ich bereits vor 22 Jahren |]. c. (p. 378— 80), indem ich zugleich auf die Er- wähnung des Tirimdira Parcu im Rik (8, 6, 4) hinwies, auf- merksam gemacht. Burnell in seiner dankenswerthen Ausgabe des Vancabrähm. hat den Gedanken nicht weiter verfolgt. Aus einer brieflichen Mittheilung aber eines früheren Zuhörers von mir, des Dr. Herm. Brunnhofer, Canton-Bibliothekar in Aarau, entnehme ich, dass er auch unter den in der Anukramanikä des Rik aufge- führten Dichternamen iränischen Namen auf der Spur zu sein meint. — Jedenfalls gewinnt durch die Angabe des Vancabr. die specielle Anknüpfung der Maga-Legende gerade an den Namen des Cämva einen eigenthümlichen Hintergrund. Unser Text hier ist denn nun freilich ganz modern, und zwar unstreitig in demselben Kreise entstanden und aus der- selben Tendenz hervorgegangen, wie die Magavyakti, in der ja die Sarayüı (s. oben p.42 fg.) auch speciell genannt wird (4, 6 s. Monatsber. 1879 p.472). Eine eigenthümliche Differenz freilich zeigt sich hierbei in dem bereits oben p. 44 geltend gemachten Umstande, dass die Sarayupärinah hier nicht direct als Maga 1) ein Bahvrica Qämba erscheint im Ne 15, 312 als Zeit- genosse des Yudhishthira. vom 19. Januar 1880. 49 selbst, sondern nur als Nachkommen von durch Maga belehrten Brähmana erscheinen! Während im Übrigen die Magavyakti die Gegenwart, hat unser Text hier eben nur die Vergangenheit der Maga zum Gegenstande. — Auch die Sprache des Werkchens ist ebenso leicht und gefällig, wie die der Magavyakti, und auch der Versbau (besonders auch in den amı Ende der Oapp. mehrfach verwendeten künstlichen Metren) ist gelungen. Daneben zwar zeigen sich auch hier allerhand sprachliche Absonderlichkeiten und grammatische Unge- nauigkeiten (s. oben, resp. unten, je ad l.); aber im Ganzen legen doch beide Texte ein gutes Zeugniss für die Sprachkenntniss so- - wohl wie für die Geschicklichkeit und Darstellungsgabe ihrer Au- toren ab. Der Verfasser des vorliegenden Textes bekundet ausser- dem auch noch eine gute Vertrautheit mit den epischen Gedichten, ja sogar eiue gewisse dgl. mit vedischen Legendenstoffen! Der zweite Theil der von Mr. Lloyd erhaltenen Abschrift, der sich übrigens von dem ersten auch durch ein rein äusserliches Moment — die Paginirung ist nicht nach Seiten, sondern nach Blättern (27) vorgenommen — unterscheidet, umfasst nicht blos die khalavaktracapetikä, die nur bis fol. 19® reicht, sondern hinter derselben stehen noch eine Anzahl kleinerer Abschnitte, die nicht zu ihr gehören. Ich will zunächst kurz von ihnen berichten, ehe ich mich zu der „Maulschelle für die Bösen“ selbst wende. Unmittelbar auf ihren Schluss folgt, eingeleitet durch: atha samkshepena gotrapravaranirnayah, tatra gotralakshanam cä ’ha Vauddhäyanah(!), ein Bruchstück eines jener genealogischen pra- vara-Texte, die zum crauta-Ritual gehören und welche insonder- heit für die erlaubten und nicht erlaubten Zwischenheirathen der brahmanischen Geschlechter maassgebend sind. So wird hier auf f. 21*® speciell davon gehandelt, ob man die Tochter des Mutter- bruders heirathen dürfe. Die Mädhyamdiniya verbieten dies, aber: idam mätrigotravarjanam Mädhindiniyänäm(!) eva!). Hierbei wird von Differenzen des Usus zwischen Mahäräshtra und Gurjara (21”) gesprochen. Sollte etwa ausser der allgemeinen Beziehung dieses Gegenstandes zu dem Inhalt der khalavaktracap., dieser letztere Punkt bei der Hinzufügung gerade dieses Abschnittes mit von 1) vgl. Gatap. 1, 8, 3, 6. Ind. Stud. 10, 75 und meine Abh, über die Vajrasüci p. 257 (1860). [1880] 4 50 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Einfluss gewesen sein? Derselbe schliesst zunächst auf f. 21° mit den Worten: iti nirnayasindhau gotrapravaravivähädau cinta- niyam. Jedoch folgen darauf noch allerhand ebenfalls auf viväha bezügliche Citate aus Garga, Bhrigu, Caunaka etc. eingeleitet durch: atha pratikülädau jyotirnivandhe Garggah, und auf f. 22” schliessend mit: ity api nirnau (d.i.nirnayasindhau) vivähädi cintaniyam. Unmittelbar hierauf, ohne irgend welche Zwischenbemerkung, folgt (f. 22? — 26°) ein caranavyüha, beginnend mit dem Säma- veda (sämavedasyä khilasahasrabhedatä ”sit), auf welchen (232 ult.) der Yajurveda mit seinen 86 bheda, sodann (24° 2) der Atharvaveda mit 9 bheda, endlich (25°) der Rigveda folgt. Sollte diese um'gekehrte Reihenfolge der Veda!) etwa damit in Verbindung stehen, dass in der khalavaktracap. auf f. 17’ von der Maga ausgesagt wird, dass sie. viparyastena vedena gäyanti? und soll dieser Text nun etwa den caranavyüha der Maga reprä- sentiren? — Es enthält übrigens dieser caranayüha, ebenso wie der vorausgehende pravara-Abschnitt, manche dankenswerthe Angabe, wie corrupt auch der Text theilweise ist. Ich gehe hier darauf jedoch nicht weiter ein. Nach dem Schlusswort: ity äha bhagavän Vyäsah Päräcariyo Vyäsah Päräcariyah, iti caranavyüha sarvavedanirnayagotra- varnanam stehen sodann folgende Angaben (f. 26?®): | vedäntavedyacaranena Yadüttamenä "jndpto ’ham eva nitaräm Yadunäthaviprah | sarvärthasäracrutinirnayapadmajäta -vyäkhyäm cakära cubhagäm (?) cubhagä (?) pivantu (?) || iti crimad Rädhävallabha?’caranacaranäcrayäpannaYadu- näthacästrinäm samgrihitä sarvärthävabhäsikä nirnayadipikä samäptim aphänit (!) || tayä haris tushyatu sarvadai ’va, agre agre cubham bhüyät lekhakapäthakayor icvarakripätah, samvat 1900. Nehmen wir hier hinzu, dass der zweite Theil der Abschrift, nach dem Gruss an Ganeca, mit: eri Rädhävallabhäfecritaeästri Yadu- näthamicrapanditavaryo hi vijayatu-taräm beginnt, so ergiebt sich hieraus wohl, dass ein Anhänger Krishna’s (oder resp. ein Schüler 1) ganz umgekehrt ist sie freilich nicht, nur der Rigveda steht am Ende, statt am Anfang; die übrigen Veda stehen in der üblichen Reihenfolge. — Sollte diese Voranstellung des Säma- veda etwa in Bezug stehen zu den eigenthümlichen, anscheinend iränischen Beziehungen im Vancabrähmana (s. oben p. 48)? 2) hiemit kann ein n.pr., oder auch Krishna selbst gemeint sein. vom 19. Januar 1880. 51 eines Rädhävallabha), Namens Yadunäthamicra, drei selbständige Texte, nämlich die khalavaktrac. des Räjavallabha, einen pravara- Abschnitt und einen earanavyüha, seinerseits zu einem Ganzen, unter dem Titel nirnayadipikä zusammengestellt hat; und zwar hätte er dies, wenn wir das Datum am Schlusse auf diese seine Zusammenstellung selbst beziehen, nicht etwa blos als das Datum der betreffenden Handschrift (von der mir nun wieder diese Ab- schrift vorliegt) zu betrachten haben, im Jahre A D 1844 gethan! Es schliesst sich nun aber nöch ein Nachtrag, und zwar auch wieder ohne irgend welches Bindeglied, an. Unmittelbar auf: Samvat 1900 folgen noch dreizehn Verse aus der Magavyakti, nämlich 1,4—10. 2,1.2.3,1—3. 4,1; am Schlusse: iti magavyaktau saptä ’rkäh. Es sind dies, abgesehen von 1, 4—7, nur die die Namen der 24 ära, 12 ädıtya, 12 mandala und 7 arka enthalten- den Verse. Da sich hierbei einige Varianten finden, so mögen diejenigen Verse, in denen dies der Fall ist, hier folgen: ürüh khatenuh ksherie ca makhapä ca kuräya ca | dekuli bhaluni cai 'va dumvari (padari, add.) tathä || 5 |] adayi ca pabheri (pr. m. blos bharı) syäd ondari püty atah param | e eiväri!) sarai kshatra värä ’vadhy oni jamvu ca || || sikäri!! madadäri’’ ca rahadauli ti nämatah |... ||= || dvädacä "dityä deväs te väsunärko(!) vinäcavah | mahuräcir devadıho duvarauro gunäcavah || s || kundä tathä malaundac ca gandävah sapahä ’pi ca aribäsir dehuläsir jayanty ete jayapradäh || > || .. | patieä candarotig ca dihi kajha-kapitthakau || 10 || - s8y& terahaparäco 'pi khandasüpas tathä parah | pälivädhah khajurahä bhiedäpäkarir ity api || ıı-|| vipuro vadasärag ca girvänä iva püjıtäh | dadate te nrikämärthän nirvänam api sevitäh || ı2 || „ | gäpidvipi(!)-kshonidevaih saptä ’vanyäm püjyante ’rkäh || :3 || Was nun die khalavaktracapetikä selbst anbelangt, so ergiebt sich dieselbe aus der Angabe an ihrem Schluss (f. 19P) als das Werk eines in Käci lebenden Räjavallabha. Ihr Zweck ist, nachzuweisen, dass die Maga allen Anfeindungen ihrer Hasser zum Trotz als echte, ja als trefflichste Brähmana anzuerkennen seien. Der Vf. zieht zu diesem Behufe alle möglichen erreichbaren !) & statt au der Magavyaktı. 4* 52 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Puräna-Citate heran, deren Zusammenstellung den eigentlichen In- halt seines Werkchens bildet; denn seine eignen, in einer höchst ungelenken, dürftigen Prosa abgefassten Zuthaten treten den Cita- ten gegenüber eigentlich ganz in den Hintergrund. Nicht einmal zwischen den Citaten selbst finden sich verbindende Glieder. Die- selben werden vielmehr ganz unvermittelt, ohne irgend welchen Übergang, hinter einander weg aufgeführt, so zwar, dass je erst am Schlusse eines Citates die Angabe seiner Quelle gegeben wird. — Es zerfällt seine Arbeit im Übrigen in zwei ziemlich gleiche Theile; der erste (f. 1° bis 10%) handelt von den sieben dvipa, speciell dem Qäkadvipa und seinen Brähmana, und der zweite zunächst von dem Wesen des Brähmana im Allgemeinen und sodann ebenfalls wieder speciell von den Brähmana des Cäkadvipa. Die Untersuchung über das Wesen des Brähmana be- zeichnet der Vf. resp. gleich im Eingange als die eigentliche Ab- sicht seiner Arbeit. Auf die Anfangsworte!): om satyam änandam vrahma | folgt nämlich die Ankündigung: atha vrähmanasvaru- pavarnanam, welche nach einem dazwischengeschobenen Eingangs- gebet?), dann nochmals, nun metrisch, wiederholt wird. athä 'tahs sampravakshyämi mähätmyam vrähmarasya ca | erutvä sukritino loke lebhire ’py uttamäm gatim || Anstatt aber nun auf dieses Thema unmittelbar einzugeben, tritt der Verfasser zunächst vielmehr in eine Untersuchung über die sieben dvipa, nämlich 1. Jamvü°, 2. Plaksha°, 3. Qälmali°, 4. Kuca”, 5. Kraufca°, 6. Cäka°, 7. Pushkara°, ein, welche Unter- suchung jedoch eben fast nur aus an einander gereihten Puräna- Citaten besteht. Und zwar leitet er dieselben, nach einigen nicht ganz klaren, resp. wohl unvollständigen Worten®), mit einer ziem- 1) die ihrerseits durch die oben p. 50 angegebenen Worte ein- geleitet sind. ?) in cärdulavikridita; beginnt: deve varshati yajnaviplavarushä vajräcmavarshänilais, schliesst: "mahendramadabhit priyän na indro gavam || °) dieselben lauten: dvipam klim värimati arddhäm tamasä ävrinoti. — dvipam klim ist wohl eine Art Überschrift: „dvipa, Neutrum“ (vgl. unten p. 56 bei brähmana). Diese Bezeichnung des Wortes dvipa als Neutrum ist freilich auffällig, da es ja doch Sö nur sehr selten, dagegeu in der Regel, und zwar in den dem- vom 19, Januar 1880. 53 - lieh unbeholfen gehaltenen prosaischen Legende über die Entste- _ hung dieser sieben dvipa ein!). Er schliesst hieran sodann die Angabe, dass jeder derselben in der angegebenen Reihenfolge immer doppelt so gross sei, als der je vorhergehende, so wie fer- ner dass jeder von ihnen einen der sieben Söhne des Königs Priyavrata und der Barhishmati zum Oberherrn habe, und bringt dafür die Belege aus dem fünften skandha des Bhägav. Pur. und aus dem Märkand. Pur. bei. | Hierauf werden die sieben dvipa zunächst je einzeln durch- gemustert, und zwar geschieht dies eben einfach durch Anführung längerer Citate, nämlich aus zwei Capp. (angeblich 130. 131) des Padmapuräna, auf f. 2?—5%. Es wird hier u. A. auch je einzeln angegeben, wie die Kasten in den einzelnen dvipa heissen, und dabei werden denn hier die Namen Maga, Masaka, Mänasa, Mandaga (3%2) dem Plakshadvipa zugewiesen, nicht dem Qäkadvipa, dessen Kasten vielmehr ritavrata, satyavrata, däna® und anu° heissen (4°®): viprädayas tathä varnäh khyätä nämäntarena tu | ädyo ritavrato näma tatas satyavratah smritah || dänavratänuvratau ca tritiyac ca caturthakah | ' bhagavantam väyurüupam bhajante ca yajanti ca || Cäkadvipecvara viprä vadavedängapäragäh | jäjvalyamänäs tapasä säkshät süryyasamä dvija (°jäh) || sarvayajneshu tirtheshu cräddheshu ca viceshatah | püjaniyäh prayatnena vasträlamkäragodhanaih || Bemerkenswerth ist hierbei ferner noch, dass hier nicht der Son- nengott, sondern Väyu als der im Gäkadvipa verehrte Gott erscheint. - Hieran schliesst sich sodann eine Reihe von Citaten, die sich speciell mit dem Cäkadvipa, resp. den Maga und dem Sonnen- nächst folgenden Puräna-Citaten ausschliesslich, als Masculinum ge- braucht wird. Die Worte: värimati etc. gehöreu wohl zu der Le- gende über die Entstehung der dvipa, deren Anfang eben als un- vollständig erscheint. 1) ävrinoti] tadä bhagavadupäsanopacitätikräntapurushaprabhä- vah Priyavrato räja süryyarathasamavegena jyotirmayarathena „rajanım api dinam karishyämi“ ’ti pratijnäm kritvä saptaväram dvitiyasüryya iva süryyam anuparyakrämat | yasya rathacaranane- miparikhätäh sapta simdhava äsanam(!), yyair eva simdhubhih prithivyäs sapta dvipä(h) kritäh ... 54 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse dienst derselben beschäftigen. An ihrer Spitze steht auf fol. 5°—7® ein längeres Citat von 37 vv. aus dem Bhavishyapuräna, ein Cap. nämlich aus dem Padmakhanda!) darin, welches den Namen Kikatadecämtaravarti-Magadhadecavarnanam führt, folgenden Inhalts: Im besten Theile von Jamvudvipa, resp. Bhäratakhanda, befinden sich von Vishnu geehrte Brähmana, die vom Gäkadvipa dahin gekommen sind (v. 1). Sonnengestaltig sind sie in Dvärakä behufs Heilung des Camva von Krishna geehrt worden (v. 2. 5). Ebenso wurden sie in Ayodhyäpura von Räma bei Gelegenheit seines Pferde-Opfers hoch geehrt (v. 4). Wie dies Vyäsa selbst gegen Cämva ausgesprochen hat (v.5). Vyäsa redet aber bei seiner nunmehr folgenden Darstellung gar nicht den Gämva, son- dern: munayah an (v. 6)! und spricht auch gar nicht von der Herbeiholung der Brähmana vom Gäkadv. nach Ayodhyä, sondern diese seine Darstellung ist vielmehr eine vieles Interessante bie- tende geographische Auseinandersetzung über Magadhal!); und in diese-ist denn allerdings, aber ganz unvermittelt, nach den nächsten vier vv. (7”—10) zwar eben nichts von jener Herbeiholung nach Ayodhyä, wohl aber die Geschichte von Cämva’s Krankheit und Heilung durch vier von Krishna auf seinem Wagen aus dem Cäkadvipa nach Dvärakä herbeigeholte äyurveda-kundige Brähma- na, eingeschoben; dieselben begaben sich von da dann nach Ma- gadha, um daselbst, resp. nänädece, zu prakticiren, und allemal am 6'% der weissen Hälfte des Ägrahäyana das süryavratam zu begehen (v. 11—22). Nach diesem Einschub geht der Text ruhig in der Beschreibung von Magadha weiter fort, ohne ihrer dabei ir- send zu gedenken. Der Einschub ist somit entschieden verdäch- tig?), ebenso wie ja auch v. 1—5 ihrerseits zu der geogr. Aus- einandersetzung über Magadha gar nicht passen, somit vermuthlich ebenfalls nicht ursprünglich zu diesem Cap. des Bhav. Pur. gehören. Es folgt, ebenfalls ohne irgendwelche überleitende Bemerkung, ein Citat von 10 Versen (fol. 7’— 8°), am Schlusse bezeichnet als: iti erivishnupuräne pitriyajnärambhe vrähmanänayane vräh- 1) sie! nach Aufrecht Catal. 30% heist so ein Theil des Brah- mändapuräna. 2) es spielt hier wohl einfach (s. oben p. 47) der Gleichklang der Namen Maga und Magadha mit hinein, der ja vermuth- lich überhaupt alleinig den Anlass zu der Zusammenstellung und zu-einander-in-Bezug-Setzung ihrer Träger gegeben hat. vom 19. Januar 1880. \ | 5) manaparikshäprasamgayogo nämä dhyäyah, s. Vishnup. 3, 15, 1— 9. Und hier können wir nun die Interpolation direct nachweisen. Denn die Verse, in denen hier der Qäkadvipodgatä vipräs, als säkshät süryya ivä ’paräh (! v. 2), süryyarüpä ritavratäh (v. 10), resp. als zu den bei cräddha-Ceremonieen Heranzuziehenden gehörig gedacht wird, fehlen im Text des Vishnu Pur. (ed. Bombay 1876; auch Hall 3, 174.175 hat keine Spur davon). Die hiesigen Lesarten sind, beiläufig, auch im Übrigen sehr corrupt und kläglich. Eingeleitet durch die völlig unberechtigte, offenbar nur in majorem gloriam hinzugefügte Angabe criciva uväca, folgt sodann in 14 vv. (fol. 88°—9*) die bekannte Schilderung des Gäkadvipa im Vishnu Pur. 2, 4°), 5s—7ı (ed Bombay; Hall 2, 198— 200), in welcher die vier dortigen Kasten als Maga, Magadha (resp. Maä- gadha, ed. und Hall), Mänasa und Mandaga bezeichnet werden, und von ihnen gesagt wird, dass sie den Vishnu unter der Gestalt der Sonne verehren. Ganz ohne Interpolation ist es übrigens auch bei dieser Stelle nicht abgegangen; nach Aufführung der vier Kasten wird hier nämlich vor dem Verse: magä vrähmana- bhüyishthä (°h, ef. unten p. 60) hinzugefügt: svadharmaniratäc ca te vedädhyayanapäragäh, offenbar um eben für die Maga die volle Brähmanaschaft, nämlich auch die Veda-Kunde, zu sichern. Ebenfalls wieder unmittelbar sich anschliessend folgen endlich (f. 9%) zwei Citate in 9 und 4 vv., am Schlusse bezeichnet als aus dem Qäkadvipavrälmanänayanopäkhyäna im Cämvapuräna entlehnt. Und zwar das erste als ibid. adhy. 29 befindlich. Cämva tritt darin selbst redend auf, indem er an die 18 kuläni der Maga (v. 4) die Aufforderung richtet, mit ihm zu gehen. Er komme im Auftrage des Sonnengottes, dem er am Ufer der Candrabhägä seine Bitte vorgetragen habe. Sie erklären sich bereit dazu, da sie auch ihrerseits schon von dem Gott darüber verständigt seien. Er lässt sie dann auf den Garuda steigen, und kommt mit ihnen in Kurzem wieder bei dem Mitravana?) an. Auf seine Meldung an den Sonnengott, dass sein Auftrag erledigt sei, antwortet dieser, dass fortab nun Jene seinen Dienst übernehmen sollen, und Cämva 1) hier aber als 2, 5 bezeichnet: iti vishnupuräne dvitiyänce pamcamädhyäye Gäkadvipasya vrähmanopakramah. 2) dieser Name hier ist wohl noch ein klägliches Residuum des Mithra-Dienstes! 56° Sitzung der philosophisch-historischen Klasse sich nicht weiter darum zu bekümmern brauche. — Auch in dem. zweiten Citat spricht Cämya selbst, und zwar schärft er darin einfach den Sonnendienst ein, und preist die Pflege und die Pfleger desselben. Die Bezeichnung der letzteren als moksha- vedinah giebt dem Vf. (10°) Veranlassung zu einer längeren Note über die Bedeutung des Wortes moksha sowohl (es gebe eine 'vierfache mukti: sälokya, sämipya, särupya, säyujya), wie jenes Compositums, das er durch: vedavedäntapäragäs tejassvarüpäh süryyaprabhämandalasthäh erklärt. Hiermit schliesst der erste Abschnitt!). Und der Vf. geht nun, und zwar auch wieder ohne irgend ein verbindendes Wort, direct zu dem angeblichen Thema seiner Arbeit, der Untersuchung nämlich über das Wesen des Brähmana, über. Er beginnt die- selbe (f. 10%) mit einer etymologischen, resp. grammatisch -lexika- lischen Darstellung über Ursprung und Bedeutung des Wortes selbst, resp. über die entsprechenden Synonyma?). Dieselbe be- steht im Wesentlichen auch wieder nur aus einer Anführung von Citaten aus Medini, Bharata, Amara, Räjanighantu, Bhägavata, Vahni-Pur. Er führt u. A. auch an, dass der Brähmana im Plakshadvipa: hansa heisse, im Cälmalidvipa: erutidhara, im Kucadvipa: kucala, im Krauncadvipa: guru, im Cäkadvipa: rita- vrata, im Pushkaradvipa gebe es nur eine Kaste. Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass diese Angaben von denen, welche vor- her (f. 2? fg.) aus Padmapur. adhy. 131 aufgeführt wurden, differiren;; denn dort werden eben die Brähmana von Plakshadvipa Maga genannt (hier hausa), und die von Krauncadvipa: purusha (hier guru). Das Auffälligste bleibt aber freilich immer, dass weder dort noch hier die Brähmana von Cäkadvipa den Namen Maga erhalten, der hier resp. ganz fehlt, sondern dass sie hier wie dort rita- vrata genannt werden. 1) es muss auffallen, dass unter den angeführten Citaten die Stelle des MBhärata (6, 436) über die Maga im Qäkadvipa, ebenso wie die Angaben aus Varähamihira, sich nicht befinden; sie waren dem Vf. somit offenbar nicht bekannt. 2) vrähmanam(°nom Cod.)klim (d.i. „vrähmana als Neutrum“; s. oben p. 52 dvipam klim), vrahmasamghätah, vrähmana samüha vedabhäga iti medini (der Text in der Medini lautet: brähmanam brahmasamghäte vedabhäge napunsakam!); vrähmanah pum, vrah- mano viprasya prajäpater va apatyam ... Y \ vom 19. Januar 1880. DI Die Charakteristik des Brähmana (tallakshanam) leitet der Vf. (10°) durch drei Verse!), angeblich aus dem „mokshadharma des MBhärata“, ein, die mit einem aus alt-buddhistischen Texten wohl bekannten Refrain (cf. Dhammapada, Väsetthasutta, Assaläyana- sutta, Vajrasücit) schliessen: tam devä brähmanam viduh, und die das Wesen des Brähmana nur in seiner ethischen Grösse und gänzlichen Begierdelosigkeit suchen. Es folgen 104 dem Grikali (!) in den Mund gelegte Verse über das mähät- myam brähmanänäm aus dem Kalipuräna (! fol. 11%®), wesentlich von seiner äusseren Hoheit und Ehre handelnd. Ihnen schliessen sich zehn weitere Verse, gezählt als 11—20, an, für die aber keine Quelle angegeben ist, und in denen die Angaben über die einem Brähmana gebührende Ehre auf die Spitze getrieben werden. Brahman selbst giebt auf die Frage eines Haricarman: wer wohl der beste unter den Br. und wem daher zu geben sei? die Antwort: alle Br. sind die trefflichsten und stets zu ehren; ob sie mit oder ohne Wissen sind, das macht nichts aus (v. 14). Auch mit Dieb- stahl oder andere Sünden behaftet, ein Br. bleibt trefflicher Br.; sich selbst mag ein Solcher hassenswerth sein, Andern niemals?). Ein sittenloser Br. ist ehrenwerth, nicht aber ein Cüdra, sei er noch so sittenstreng; (ebenso wie) Rinder (!), wenn sie auch essen, was man nicht essen soll, nicht aber ein Kola, wie weise auch?). Sie sind die Erdengötter, bhüumideväs, bhüsuräs, die zu verehrenden guru der andern drei Kasten (v. 17. 18). Dem Br. neige man sich, als ob er Vishnu selbst sei (vishnubuddhyä, v. 19). Wer es nicht thut, dem schlägt Kecava (selbst) mit dem Sudarcana 1) vimuktas (!) sarvasamgebhyo munim äkäcavat sthitam | am- vam (?) ekavacam (?) yantam tam devä brähmanam viduh || jivitam yasya dharmärtham dharmaratyartham eva ca | ahorätram ca punyärtham tam devam(!) br. v.|| niräcisham anärambham nirnamas- käram astutim | akshinam kshinakarmänam tam devam (!) br. v. || 2) steyädidoshaliptä ye vrähmanä vrähmanottamäh | ätma- bhyo dveshinas te ’pi parebhyo na kadä cana ||ı5 || dies geht selbst über den Standpunkt der römischen Kirche doch noch hinaus! 3) anäcära dvijäh pujya na ca cüudrä jitendriyäh | abhakshya- bhakshakä gävah Koläs sumatayo na ca || ı6 || Nach dem Pet. W. ist Kola Name eines gefallenen Kriegerstammes, resp. einer Misch- lingskaste, und eines Landes. An die Mission unter den Kohls ist hier nicht zu denken, da Gossner’s Missionare erst 1845, also ge- rade ein Jahr nach der etwaigen jüngsten Abfassungszeit der khala°, zu ihnen gekommen sind. 58 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse das Haupt ab (v. 20). — Hierauf folgt jedoch eine kurze Re- strietion, in Prosa, dass nämlich einem Blumen in der Hand habenden Brähmana keine Verehrung etc. gebühre, und daran reihen sich neun Verse, gezählt als 1—9, aber ohne Angabe der Quelle (f. 12%®), die zunächst dies ebenfalls constatiren, resp. dann noch weiteres dgl. zufügen. Danach darf man sich nicht blos einem Solchen, sondern auch einem Br., der Milch oder einen Gott (wohl ein Götzenbild) in der Hand hat, oder dessen Leib mit Öl gesalbt ist, nicht verneigen (v. 1). Ebensowenig Einem, der im Wasser, oder bei einem Götterbilde steht (? deva- lastham), oder in Gedanken versunken, oder mit der Gottes- verehrung (devapüjäm) beschäftigt ist (v. 2). Oder wenn er sich entleert (vahishkriyäm prakurvamtam), oder isst, oder Säaman singt (v. 3). Hieran reihen sich weitere Vorschriften über die Be- grüssung und Ehrerbietung, die man den Brähm. zu leisten hat, wenn man nicht dem Zorn Hari’s und Yama’s verfallen will (v.4—8). In wessen Hause ein Brähm. isst, in dessen Hause isst Kecava selbst und die sämmtlichen Götter sammt den pitri und surarshi (v. 9). — Es folgen 8 Verse, ohne Angabe woher?, über die magische, sündentilgende Kraft, welche dem Wasser beiwohnt, mit dem sich ein Bräh. die Füsse gewaschen!) hat, eingeleitet durch: atha bräh- manapädodakädimähätmyam (fol, 12’—13°); desgl. ein Vers über das Verdienst der nach-Rechts-Umwandlung (dextratio) eines Bräh- mana, atha pradakshinaphalam; — ferner 3 vv. (fol. 13%®) aus adhy. 20 des kriyäyogasära im Padmapur., Verheissungen für den, der einem Bräh. die Füsse wäscht, vrähmanapädasecanaphalam. Jedoch verliert der Bräh. seine Anrechte, wenn er die samdhyä zu vollziehen versäumt, tasya samdhyäyä akarane dosho, yathä (folgt ein Vers). Dagegen das Verdienst seiner richtigen Begehung derselben wird in drei vv. aus adhy. 21 des prakritikhanda des Brah- mavaivarta (f. 13®) geschildert. Und wenn es denn nun im ersten dieser drei Verse heisst: sa ca suryasamo vipras tejasä tapasa sadä, so seien dämit eben speciell die den Sürya verehrenden Rita- vrata, die sonnengestaltigen Cäkadvipi(ya) brähmana gemeint (fol. 14%), keine Anderen, denn nur den Ritavrata werde in dem Dialog zwischen Sürya und Gämva die Sonnengleichheit beigelegt?). 1) s. Ind. Streifen 2, 288. 2) ity anena süryyopäsakäh ritavratäh Cäkadvipibrähmanäh vom 19. Januar 1880, 59 Hiermit ist denn nun also der Vf. zu dem Punkte gelangt, auf den er mit allem Bisherigen lossteuert. Er wirft sich zwar zuerst selbst ein: „ehren und opfern denn nicht alle Brähmana dem in der Sonnenscheibe befindlichen Licht-gestaltigen Sein - Geist- Wonne-gestaltigen Bhagavant, der in der heiligen gäyatri gelehrt wird? Warum soll also blös für die Ritavrata die Sonnengleichheit bestimmt sein?“, giebt darauf aber die Antwort, dass nun einmal der heilige Sonnengott im Gämvapuräna etc. doch ausdrück- lich nur den Ritavratat), in Bezug auf die richtige Erfassung seines eigenen Wesens und in Bezug auf die in den dieses Wesen schildernden vedischen Sprüchen, wie die gäyatri ete., gelehrte An- betung etc., die höchste Hoheit zuerkenne. Und er wiederholt sodann zum Erweise dessen die Erzählung von Cämva’s Heilung, wonach also eriKrishnacandra vom Sonnengott selbst speciell nach Qäka- dvipa geschickt worden sei, um, unter Ausschluss aller im Jam- büdvipa und in den übrigen dvipa Befindlichen, von dä die 18 ku- la der ritavrata brähmana zur Vollendung des Sonnen-Opfers nach dem Mitravana herüberzuholen. | Es ist dies die erste wirklich vom Vf. selbst herrührende längere Auseinandersetzung, bisher hatten wir factisch, bis auf einige we- nige eingestreute Brocken, nur Citate. Dieselbe ist denn nun in einem geradezu barbarischen Styl abgefasst, dessen Sinn eigentlich nur dadurch klar wird, dass man die Einzelheiten alle bereits kennt. Sonst würde es schwer sein, sich darin zurecht zu finden. "Während der Vf. dabei trotz seiner Anlehnung an das Qämva- pur., welches die Brähm. im Cäkadv. als Maga bezeichnet, seinerseits durchweg nur von den Ritavrata im Gäkadvipa spricht, geht er nun (14°) auf einmal, ohne irgend welchen Übergang, mit einem reinen Salto mortale, zu den Maga — im Plakshadvipaf!) über: „Magä vrähmanabhüyishthä“ ity atra yathopadishta-Plakshadvipe brähmanäh svakarmanirat&ä Magäh, und verbreitet sich zunächst süryyarüpä eva, na ’nye ity arthah; yato ’tra prasamgänusarane süryyacämvasamväde ritavratänäma (°näm eva?) süryyasvarüpa(m) varnitam nä 'nyeshäm iti bhävah. 1) in den Citaten aus dem Gämvapur., die der Vf. selbst frü- her (9%®) angeführt hat (s. oben p. 55) und resp. weiter unten noch anführt (s. p. 62 flg.), ist im Übrigen dieser Name gar nicht gebraucht, vielmehr kommt darin nur der Name Maga vor! Be Sitzung der philosophisch-historischen Klasse über das, was unter svakarma zu verstehen seit), nämlich: veda- vedäntopanishadädieravanamanananididhyäsana .. Sodann aber schreitet er mit folgenden Worten: „punae cä "ha(!) Maga ity asyo ’citam vyäkhyänam“ zu einer etymologischen Erklärung. des Wortes Maga. Zu dem Zwecke eitirt er (fol. 15°) in sehr ge- lehrter Weise, unter Angabe nämlich einiger Varianten (pätha), 5 vv. aus der varnamälä eines Nandanabhattäcärya, welche vermuth- lich, das wie? ist indess nicht recht ersichtlich?), der nun folgenden . Zerlegung des Wortes in Ma—ga zur Grundlage dienen sollen; die- selbe lautet: mam ravim vaikuntham garbham jyotisvarüpam para- mätmänam ga (!gam?) jnänavishaye hritkamje darcanam gamanädikam yeshäm temagäh. Daran schliesst sich noch eine zweite gleich schöne Erklärung, aus der für magäs die Bedeutung von vedasvarüpinah süryyarüpä vä hervorgeht! Und darauf heisst es weiter: athä syo ’pari mänavaryyacriyuktapanditaßäjavallabhamieramahäma- hopädhyäyad) brahmäptyaika(kya?)pratipädaka- ta(t) tvam asyädima- häväkyotthavijnänänubhavasvarüpänandaparäyanasyä 'py atra sam- matir jnäpyä. Wie dieser Satz zu construiren sein soll, wenn wir nicht °dhyäyasya lesen, ist mir unklar. Er würde dann be- deuten, dass Räjavallabhamicra diesem, d. i. wohl der letzteren Erklärung, zustimme. Nun ist ja aber Räjavallabha, der Angabe am Schlusse der khalavaktracap. zufolge (s. unt. p. 67fg.), deren Verfas- ser selbst! Wie kann sich der denn auf einmal hier mitten in seinem eignen Werke selbst in dieser Weise eitiren? Nun, vermuthlich liegt hier die Hand des Oompilators der ganzen Zusammenstellung (nir- nayadıpikä), von welcher die khalavaktrac. nur den ersten Theil bildet, des Yadunätha also, vor (s. oben p. 50. 51). Dass der- selbe sich aber erlaubt hat, in das Werk eines Andern hinein seinerseits in dieser Weise einzugreifen, bleibt höchst eigenthüm- lich. Auch das punac cä "ha oben (Z.3) ist wohl ähnlich aufzufassen? !) die betreffende Stelle (Padmap. 131) lautet übrigens (f. 3°): Magä vrähmanabhümishthä (nehmen die Stelle der br. ein) svadharmmaniratä dvija! Zu brähmanabhüyishthäfh) s. indessen 199. 06: r 2) vermuthlich ist statt: sa käli, womit der erste Vers be- sinnt, ma kälı zu lesen; wenigstens enthält der Vers die Worte vaikuntha und ravi; und die Bedeutungen von ga scheinen in v. 3 fg. vorzuliegen. Die varnamälä des Nandanabh. erscheint als ein ekäksharakosha. vom 19. Januar 1880. 61 Ganz ohne Überleitung werden wir sodann (15°) wieder mit einem neuen Salto mortale mit den nächsten Worten: pitricräddhädau samupasthite Qäkadvipiyä vrähmanä nimantraniyä eva püjaniyäc ca, zu einem ganz andern Gegenstande, resp. gleich in medias res hinein geführt, zu den speciellen Angaben nämlich, dass die Oäka- dvipiya Brähmana bei dem Manen-Opfer etc. einzuladen und zu ehren sind, wie dies aus der hohen Ehrenstellung, die ihnen im Bhavishya Pur. ete. zugetheilt werde, hervorgehe, bhavishyädipuränä- dau teshäm atipracastatayä& vodhanäft). So ertheile Brahman selbst darin dem Yäjnavalkya die Anweisung, dass zuerst die Bhojaka zu Speisen seien: prathanam Bhojakä bhojyäh putra ! svavıdushais!) saha | teshäm rite mamtravidas tathä vedavido dvijäh || Unter Bhojaka aber seien (16?) hier die Gäkadvipiya br. zu verstehen. Denn dies Wort werde im Saptamikalpa des Bhavish- yapur., in dem Gespräch zwischen Qatänika und Sumantu von Vyäsa dem Cämva gegenüber mit ausdrücklichem Bezug auf die Cäka- dvipiya br. erklärt, und zwar dahin, dass dieselben wie die rishi bei ihren niyama, so auch beim Essen schweigen?): crüyante rishayas sarve bhojane niyamasthitäh | bhumjante cä ’pi maunena tena te bhojakäh smritäh || munivaryäkritas? te ’piı Cäkadvipaniväsinah | Ein anderer Vers erklärt diesen Namen damit, dass sie den Sonnen- gott mit Weihrauch, Kränzen etc. speisen*) d.i. bedienen: dhüpamälyaice ca gandhaic ca upahärais tathai 'va ca | bhojayamti sahasräheum tena te bhojakäh smritäh || Es folgen zwei Verse (in trishtubh!) angeblich auch aus dem Bhavishya Pur., welche von reichen Geschenken handeln, die (vor Allen) den Bhojaka zu geben sind (16%-®); (nur) wenn keine dgl. da sind, sollen andre vipra an ihre Stelle treten: 1) svavidushaih bezeichnet der Vf. als einen chändasa prayoga für svapurohitaih! 2) s6 nach dem richtigen Text (der im Übrigen nicht im sap- tamikälpa steht) bei Aufrecht Catal. 33° 9— 1 v. u; ; statt bhojane heisst es nämlich daselbst maunena; der vierte päda lautet resp. daselbst: mauninas tena bhojakäh; von Rechtswegen sollten sie im Übrigen hiernach eher mauninas, als bhojakäs heissen! #) besser: municarya° bei Aufrecht. *) vgl. Aufrecht 32P, ır. 62 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse ratnäni vasträni tatha ca gävah sugandhamälyäni havishyam annam | tapasyinäm cä ’py atha Bhojakäya deyam, tathä nä ’priyam ätmano yat!) || bhaved aläbho yadı Bhojakänäm vipräs tadä ’rhanti pam (!) | ye mamtravida (!) vrähmanapäthakäc ca ye cä ’pi sämädhyayanena (oder °ne na?) yuktäh || Ebenso heisse es in dem Kalpataru und bei Hemädri Bi Gelegenheit des süryavrata?): | saptamyäm caitramäsasya®) bhojayed Bhojakäm (!) vudhah | saghritam bhojanam deyam bhojayitvä vidhänatah || Bhojakäya pradeyä tu dakshinä svarnamäshakam | saghritam bhojanam deyam raktavasträni cai ’va hi || aläbhe Bhojakänäm .ca dakshiniyä®) dvijottamäh | tathai ’va bhojaniyäc ca craddhayä parayä vibho°) || Ohne irgend ein Bindeglied geht der Vf. nun auf einmal wie- der von den Bhojaka zu den Maga zurück, und erklärt resp. dies Wort einfach durch: Cäkadvipiyo brähmanah, ohne seiner frü- heren Angabe aus dem Padmapur., dass vielmehr die Brähmana im Plakshadvipa so heissen, während die des Gäkadv. daselbst ritavrata genannt werden, auch nur zu gedenken. Er eitirt näm- lich einfach aus adhy. 38 des Gämvapur. eine Frage des Cämva an Närada, welche von der dem Maga schuldigen Ehre etc. handelt: Mage vai püjite vipre yat phalam präpyate naraih | bhojane yat phalam cai ’va tan me kathaya suvrata! || Die Antwort giebt er leider nicht an; es folgt vielmehr als Er- weis für die richtige Erklärung des Wortes Maga durch Cäk. br. (atra pramänam!) eine weitere Stelle aus dem Saptamikalpa des Bhavishyottarapur. (f. 17%), resp. aus dem Gatänika Sumantu- samväda darin (s. oben p. 61), in welcher Väsudeva selbst den Vyäsa über die Maga belehrt, obschon freilich gar nicht über das, worum es sich hier handelt, sondern nur über die Etymologie des Wortes(!): | 1) atyantapriyam ity arthah, najdvayasya prakritärthadärdhya- vodhakatvät. | 2) nach p. 728 der Ausgabe in der Bibl. Indica aus dem Bhavishyatpuräna! 3) saptamyäm cai ’va saptamyäm (!) Bibl. Ind. *) erklärt durch dakshinärhäh; dakshaniyä dvijottamä(!) Bibl. Ind. 5) parayä ’nvitäh (!) Bibl. Ind. ® | Br “ee EEE AL EERE vom 19. en 1880. 63 dhyäyamti ca makäram ye jnänam teshäm tad-ätmakam | makäro bhagavän rudro bhäskarah parikirtitah | makäradhyänayogäc ca Magä hy ete prakirtitäh | Mehr ad rem ist das folgende Citat, sieben Verse aus dem Cämvapuränat), in denen die Maga in der That mit den Bhojaka in Bezug erscheinen, resp. gleichgesetzt werden, so dass diese Stelle somit in der That „cäkadvipiyän vrähmanän upakramya* aufzufassen ist (f. 17% ®), katham püjäkarä hy ete kim Magäh kim ca Bhojakäh | etat sarvam samäcakshva Bhojakänäm viceshtitam || 1 || Cämvasya vacanam crutvä Krishnadvaipäyano munih | Kälisuto?® mahätejä uväca paramam vacah || 2 || sädhu! sädhu! Yaducreshtha! sädhu prishto ’smi suvrata! | durgam vai ceshtitam kintn Bhojakänäm na samcayah || 3 || bhäskarasya prasädena mamä ’pi smritir ägatä | yathä "khyätam Vasishthena tathä hi vacmi kritsnacah || & || Magänäm caritam ereshtham crinu tvam Krishnanandana | 'jnänavedina evai ’te kämayogasamäcritäh || 5 || pürvakälena viproktam vacanam tat smarämy aham | viparyyastena® vedena Magä gäyanty, ato Magäh || e || riksämayajushäm mamtraviparyyastais tu nityacah | gäyamty arka(m) vidhärena Magäs tena tatah smritäh || || Die letzten drei Hemistiche, welche der Text selbst als Worte eines vipra der Vorzeit bezeichnet, finden sich, mit Varianten frei- lich, im Bhavishya Pur. vor (s. Aufrecht le. 33%, 13 —ı1 v. u.), und wird damit die Priorität dieses Werkes, wie es factisch (abgesehen von den hiesigen Citaten) vorliegt, vor dieser Stelle des Öämvapur. in der That wohl erhärtet. Noch ist bemerkens- werth, dass Vyäsa sich hier ausserdem auch noch auf Vasishtha beruft. Es soll eben wohl damit der Angabe des Textes eine 1) angeblich eine Frage des Sumantu an Gatänika aus dem saptamikalpa des Cämvap.; dies ist aber offenbar ein Irrthum; denn die beiden Sprechenden sind ja vielmehr Cämva und Vyäsa (s. den Text). Der Vf. hat hier die den früheren beiden Citaten aus dem Bhavishyapur., resp. Bhavishyott. zugehörige Bezeichnung irrthümlicher Weise wiederholt. 2) ein bisher unbekannter Name des Vyäsa! 3) vyutkramena pratilomene ’ty arthah. 64 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse gesteigerte Auctorität und Beglaubigung verliehen werden (ef. den Schluss unseres Werkchens!). Es folgt ein anderweites Citat aus dem Bhavishyottarapur., angeblich ein Wort Närada’s an Qämva, in welchem die Maga in der That ganz direct als aus dem Gäkadvipa herübergekommen bezeichnet werden: - Cäkadvipäd ihä "nitä ye Magä vedapäragäh | teshäm samdarcanäd dhyänät püjanät sarvakarmasu || päparäcir vyaciryeta!! kämapräptie ca jäyate || Der Vf. constatirt, dass hiernach bei allen rituellen Hand- lungen, welche sei es behufs Tilgung von Sünden oder behufs Er- reichung von Wünschen vollzogen werden, das Fruchtbringen derselben von der Zuziehung der Maga abhängig sei. Und so sei auch das Wort des Sumantu im Bhavishyottara- pur. 2.182): yasya bhu(m)kte Bhojokas tu gamdhapushpädinä ’reitah | tasya bhänuh svayam bhu(m)kte pitaro devatäs tathä || dahin zu verstehen, dass erst dann, wann die Bhojaka gespeist sind, die Manen selbst ihrerseits zum Essen schreiten. Es seien somit bei allen zur Sättigung der Manen gefeierten eräddha vor Allen die Maga zu speisen. So heisse es auch im Skandha(!)puräna: ... (die Stelle selbst fehlt!) Der Vf. kommt nun zum Schluss. Wenn denn also (durch das Angeführte resp.) durch Aussagen, wie die folgende: | Krishnas tu bhagavän säkshäd vedavedängapäragän | Cäkadväpän Magän viprän änayishyanti(!) dväpare || tathä kushthäh pranaeydnti satyam satyam vadämy aham | es fest stehe, dass Krishna selbst die Maga herbeigeholt habe um seinem Sohne Cämva den Aussatz zu vertreiben, und wenn ebenso auch Dacaratha sie um Seiner putreshti, d. i. um seines Opfers zur Erlangung von Söhnen willen, herbeiholte?), so- sei klar, dass diejenigen, welche sie tadelten, sich arg versündigen: tath& tannindakänäm vahuco dosha ukta iti spashtam. 1) vyaciryeta hatten wir schon oben (s. p. 46). 2) von diesem letzteren Umstande ist hier bisher noch gar nicht die Rede gewesen! Speciell aber hätte das Pferdeopfer des Räma hier Erwähnung finden sollen, da es ja doch in der That auf f. 5° bereits aus dem Bhavishyapur. erwähnt worden ist. vom 19. Januar 1880. 65 Stehe denn aber (f. 18°) hiermit nicht die in den Väcaspa- tyädinivandheshu, auf Grund folgenden Puräna-Wortes: kulähamkärinag cämvä vyädhä mushtikulamdhanäh(!) | kukarmasamsthitä hy ete kupathäh parikirtitäh || etaih sprishtam ca drishtam ca cräddham gacechati dänavän || resp. auf Grund der Erklärung des Wortes cämvä(s) darin durch: magä mushtikä malläh, verfügte Ausschliessung derMaga vom cräddha im Widerspruch? Keineswegs! Denn unter magat) seien da ganz andere Leute zu verstehen. Aus dem Beisatz: ku- karma® und aus der Zusammennennung mit Jägern etc. ergebe sich nämlich, dass unter Maga hier die rohes Fleisch verzehrenden, menschenfeindlichen Einwohner des Landes des Babhruvä(ha)na gemeint seien! Diese Maga hätten ihre Wohnsitze etwas öst- lich von Gangäsägara in unwegsamen Wäldern, nahe am Meere. Leute wie sie seien vom cräddha fernzuhallen?). Das sei unter den Bengalen ausgemacht (iti prasiddham Vamgadeciyänäm). Da- gegen werde nirgendwo den mit den Brähmana völlig gleichstehenden Trägern des Namens Maga eine Beziehung zu schlechten Werken zu- gewiesen: kimtu na hi kuträ ’pi magacavdenä ’tra brähmanasvarüpe kukarmasamsthitatvam pratipäditam. Seien sie ja doch eben viel- mehr zur Beseitigung des Aussatzes des Cämva vom Gäkadvipa herübergeholt worden. Wie denn ja auch Bhagavant im Väyu Pur. bei der Schilderung der vier Kasten des Cäkadvipa die Maga aus- 1) dass der Text gar nicht maga hat, sondern nur cämva, — dies lässt der Vf. ganz unbeachtet! 2) tatra vacasi „kukarmasamsthitä hy ete*“ iti hetugarbhavi- ceshanena vyädhädisähacaryyena ca magacavdena apakvamänsabha- kshak& manushyahinsakä& Vabhruvänadecaja ye magä magadeca- sthäh Gamgäsägarät kimeit pürvabhäge durgamavanäntare sägarä- bhyantaradecaviceshe magä jätiviceshäs ta evä .’tra viväkshitäh, evam kudecaväsodbhayäh kukarmaniratä magä magadecavicesha- sthäh prajä evamrüpä janäh cräddhe heyäh. — Babhruvähana ist der König von Manipura in Kalinga; es giebt aber auch ein Mun- nipur im obern Birma, dem er hier offenbar, obwohl irrig, zuge- theilt wird, cf. Monatsber. 1869 p. 36 Indische Streifen 2, 395. „Burmese is called Mugh in Chittagong“, heisst es bei R. N. Oust mod. langu. of.the East Indies p. 105. Und dies ist es offenbar wohl, was die Vangadaciya hier unter Maga verstehen. Even- tualiter könnte sonst etwa auch an die nepälesischen Magar ge- dacht werden (s. Ind. Streifen 3, 522). [1880] 5 66 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse drücklich als brähmanabhüyishthäh bezeichne, was durch bräh- manacreshthäh zu erklären seit). — Und wenn man etwa frage, wie gerade die Wörter cämva und maga dazu kämen, Jägern ähn- liche Leute zu bezeichnen, nun, so möchten die Einsichtigen daran denken, dass die Sprache solche Gegensätze liebe, wie das Wort punyajana beweise?) (welches zugleich: rakshas bedeutet). Und hieran knüpft sich denn nun schliesslich etwas höchst Wundersames, nämlich die in ziemlich sonderbarer Form, nach Art von Zeugen-Unterschriften geradezu, abgefasste Zustimmungs- Erklärung von dreizehn Pandit „zu dem sö von dem in Käei lebenden Pandit Räjavallabhamicra Zusammengefassten“?), in folgendem Wortlaut: iti erivicvegvaradhämaka@ K äcistha - parabrahmaparamätmaikyä- caya-crimatpandita-häjavallabhamicräcäryyavaryyena samgri- hitasyo ’pari tatrasthänäm vidushäm sammatig cä, ’trä ”"ha®: sam- mato ’yam artho bhattopanämaka-Prabhäkaragarmmanah ı, sam- matir aträ ’rthe bhattopäkhya-Sakhärämacarmanah 2, sammatir aträ ’rthe bhattopäkhya-Jagannäthacarmanah 3, sammato ’yam artho Devopäkhya-Ganapaticarmanah 4, cramamstä ’mamum (amansatä ’mum?) artham Devopäkhy& Mahädevacarmanah (°carmänah?) 5, kavi- shugulajäracarmanah (?) 6, sammato ’yam artho Näräyanacästrinäm 7, s..'yam artho bhattopanämaka- Vaidyanämacarmanah s, crirämah® | äramgojamvi (?) eri Te- 1) s. oben p. 59. 60. 2) so wenigstens deute ich den Schlusssatz: evam cet kushthaväcaka(!)eämvamagacavdayor vyädhasadriceshu pravrittir nirüdhaviparitalakshanam ärakshasi (°ti?) punyajanacavdavad iti sudhiyo vibhä(va)yantu. Die Angabe kushthaväcaka ist sehr eigen- thümlich; sie kann doch nur besagen (wofür freilich anderweit kein Anhalt vorliegt), dass gämva auch kushtha bedeutet? Dann hätte der Vf. aber sich etwa so ausdrücken sollen: kushthärthe ’pi vartamänasya cämvacabdasya magacabdasya ca vyädha°! Ganz concinn wäre resp. nur etwa: cgämvacabdasya kushthe tasya ca magacabdasya ca vyädhasadriceshv api pravrittir. 3) und zwar bezieht sich dies, den am Schlusse noch folgen- den Angaben nach (s. p. 67), auf das ganze Werk, nicht etwa blos auf die letzte Auseinandersetzung; nur Hiränanda, der elfte Zeuge, giebt seine Aussage in verclausulirter Form. 4) zu diesem: aträ "ha s. das oben p. 60 Bemerkte. 5) dieser fromme Mann hat seinen Namen wohl nicht ohne vorhergehendes crirämah schreiben wollen! vom 19. Januar 1880. 67 . varadattacarmapanditäh (9), sammato ’yam artho Rämakrishna- vidushah (10), etatpatralikhitavacanamätrasädhyamätre ’rthe sam- matic caturved? Hiränandacarmanah ı1, sammato ’yam artho Devacarmanah ı2, arthah (!) sammato ’rtho Durgädattacar- manah 13. Die einzige Erklärung für dieses eigenthümliche Vorgehen er- scheint mir die, dass der Gegenstand, den der Vf. behandelt hat, in den Kreisen der gelehrten Pandit von Benares grosses Aufsehen und grosse Aufregung erregt hatte, da es sich hier, worauf ja auch der Titel seines Werkchens direet hinführt, um eine Art Streitschrift handelt, und dass es ihm somit darauf ankam, das Gewicht seiner eignen Deduction dadurch zu erhöhen, dass er die Auctorität einer ganzen Zahl von Collegen dafür gleich mit in die Wagschaale legte, um seinem Elaborat dadurch von vorn herein das gebührende Ansehen zu sichern. Man möchte nun meinen, dass mit diesen 141) Namen sich die Zeit des Vf.s näher bestimmen lassen werde. Leider ist mir dies indessen doch nicht möglich, da diese Namen entweder häufig vorkommen, somit keine Identification mit einem bestimmten Träger gestatten, oder umgekehrt anderweit noch gar nicht nachgewiesen sind. Erwähnen will ich indess, dass Mahädeva in seinem A.D. 1661 abgefassten Commentar zum Muhürtadipaka einen Räjavalla- bha (Aufrecht, Cat. p. 528, fasst dies indess als Titel eines Werkes) erwähnt, so wie dass ein Prabhäkara A.D. 1630 (75 Jahre alt) den laghusaptacatikästava verfasste, s. Verz. der Berl. Bu Hl... p: 422, Doch wozu sich hiermit abquälen! Der Vf. giebt uns ja selbst ganz genau das Datum seines Werkes an. Denn nach der letzten Zustimmungsformel heisst es: khäka(corrigirt zu: khakhärka)bhümite varshe Vikramäditya- bhüpateh | nagare vicvanäthasya vyavasthai ’kä prakäcitä || ı || smriticläghyamagadveshtiskhala®vaktracapetikä | Käcisthavidvatsammaty& Räjavallabhanirmitä ||: || iti erivievecvarapuriK äcidhämasthavrähmanamätrasammate GUäkadvipiyavrähmanopäkhyäne mahämahimagriyuta - erimän (!) - 1) zu denen ja auch noch Yadunäthamiera und eventualiter . Rädhävallabha (s. oben p. 50. 51) hinzutreten! 2) wohl: dveshikhala? 68 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Räjavallabhamicrapanditaviracitä khalavaktracapetikä sa- mäptä | tayä haris tushyatu sarvadai ’va. Behalten wir die corrigirte Lesart bei, so ergiebt dieselbe: kha O0 kha-0 arka 1 bhü 1, d.i. samvat 1100 = A. D. 1044 als das Datum unsers Werkehens! Nnu, dass dies nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand; schon das Citat aus Hemädri (f. 16®) allein macht dies unmöglich. Wenn somit der Corrector das khäkabhümite der Abschrift in Übereinstimmung mit dem Ori- ginal derselben in khakhärkabhümite geändert hat, so — hat das Original ein falsches Datum! denn anzunehmen etwa, dass arka hier „sieben“ bedeutel), weil ja theils in alten Zeiten von sapta süryäs die Rede ist, theils in der Magavyakti (4,1 fg.) aus- drücklich (s. oben p. 51) von sieben arka gehandelt wird, möchte doch schwer angehen, da bis jetzt eben kein andrer Fall vorliegt, wo „Sonne“ wirklich in der Bedeutung „sieben“ gebraucht wäre?). — Und das falsche Datum wäre also etwa auch wieder nur in majorem gloriam angegeben? um das Gewicht der erlangten Resultate dadurch zu verstärken, dass sie als bereits vor langer Zeit sicher gestellt da- durch markirt wären? Nun, geradezu unmöglich wäre dies ja nicht, aber immerhin doch eine sehr bedenkliche Annahme; denn wenn der Vf. auch von allerlei Falschmünzereien schwerlich freizu- sprechen ist (s. oben p. 54. 55. 61), so wäre ein solches Falsum doch mit der Aufführung gleichzeitiger Zeugen nicht gut in Einklang zu bringen. Und anzunehmen etwa, dass auch diese erfunden sein sollten, nun, dazu fehlt es nicht nur an jeden An- haltspunct (der Styl der Aussagen allein schon spricht für ihre Authentität), sondern es tritt dagegen auch speciell noch der Um- stand ein, dass es sich doch hier eben um eine Parteischrift handelt, insofern dieser Charakter derselben entschieden auch eine specielle Aufmerksamkeit der Gegner bedingt, welchen gegenüber so grobe Falsa denn doch sehr gefährlich gewesen wären! Und so mag denn hier, zur Ehrenrettung des Vf.s in dieser Beziehung wenigstens, eine andere Vermuthung ihren Platz finden. Wir sahen oben p. 50. 51, dass am Schluss der ganzen Compila- tion, deren ersten Theil die khalavaktracapetikä bildet, das Datum: 1) wo es sich demnach dann um samvat 1700 = A.D. 1644 handeln würde! 2) s. Burnell, Elements of South Indian Pal.? p. 77 (p. 58°). vom 19. Januar 1880. 69 samvat 1900, A D 1844, angegeben ist, wobei freilich zweifelhaft blieb, ob damit das Datum der Compilation selbst, oder nur das der betreffenden Handschrift bezeichnet wird. Sollte nun etwa das khäkabhümi unsrer Abschrift hier nicht auf ein khakhärkabhümi, wie der Revisor corrigirt hat, sondern auf ein khakhänkabhümi des Originals, d. i. (anka = 9) 1900, zurückzuführen, resp. dahin zu ändern sein? Damit würden wir denn freilich ein sehr moder- nes Datum, und zwar dann eben in der That sowohl für die Compilation des Yadunätha, wie für die Abfassung der khalavaktrac. selbst, gewinnen. Es wäre danach auch sie erst 36 Jahre alt!! Nun, ihr Styl legt jedenfalls dagegen keinen Widerspruch ein; eher spricht er dafür. Wohl aber haben wir in solchem Falle an- zunehmen, dass, wenn dies richtig wäre, es sich auch noch ganz bestimmt erhärten lassen wird. Denn dann muss noch sicherzustellen sein, nicht nur ob die oben genannten 15 (oder 16) Pandit damals wirklich in Benares gelebt und sich so ausgelassen haben, sondern auch ob diese ihre sonderbarliche Ansicht über den Vorrang, der den Maga, resp. den Qäkadvipiya brähmana, an der Sarayü vor allen übrigen Brähmana zuzuweisen sei, ganz ohne gegnerischen Einspruch geblieben ist. Sollte es in solchem Falle wirklich gar keine Gegenschriften geben, so wäre dies in der That ein arges testimonium paupertatis für die Brähmanaschaft des Benares vom Jahre 1844. Es ist hier noch ein gewichtiger Umstand zu erwähnen, der für die eben gemachte Vermuthung eintritt. Der Titel nämlich des Werkchens, khala°, ist uns bereits anderweit als in Benares in diesem Jahrhundert üblich bekannt. Burnonf in der preface zu seiner Übers. des Bhägavata Pur. p. Lvır fg. (1840) theilt zwei Schriftehen mit, welche unter dem Titel: „un soufflet sur la face des mechants“ die Abfassung dieses Puräna betreffen, beide in Benares verfasst, die eine nach Colebrooke „vers 1800“ von Rä- makrishnabhatta (cf. oben den Namen des zehnten Zeugen), die andere von Käcinäthabhatta, Sohn des Jayarämabhatta, verfasst. Ja, wie stünde es dann nun aber weiter mit der Abfassung auch der andern beiden Schriften über diesen Gegenstand, der Magavyakti und des Sämbavijaya? Sollten auch sie in so moderne Zeit hinabzu- Setzen sein? Ich gestehe, dass ich in dieser Beziehung gewisse Bedenken habe, und würde ich meinerseits a priorifür sie in der That 70 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse eher etwa an die Zeit des grossen Akbar und seiner Nachfolger denken, an jene Zeit der Grossmoguls, wo das Persische Hof- sprache war, und wo durch die gesammte politische Constellation der Gedanke nahe gelegt wird, dass etwa auch alte Reste stamm- verwandter Art, die von Olim’s Zeiten her in Indien ansässig waren, dadurch in ihrem Selbstgefühl gehoben werden konnten. — Jedenfalls, sind etwa doch auch diese beiden Werkchen ebenso mo- dern, wie es bei obiger Annahme bei der khalavaktrac® der Fall wäre, nun, so dürfen wir ja wohl hoffen, dass dies auch für sie wirklich sich noch eruiren lassen wird. Einstweilen sind wir auf ihren Inhalt selbst zu ihrer Beur- theilung angewiesen, der sie ja denn eben zunächst einfach nur als Parteischriften zu Gunsten der Maga, charakterisirt — ohne ein festes chronologisches Merkmal für ihre Abfassungszeit an die Hand zu geben. Die Magavyakti ist für die Maga, so zu sagen, ihr hohes Lied aus der Gegenwart (der Abfassungszeit), der Sämvavijaya bringt in epischer Breite die Begründung ihrer Ansprüche aus der Vergangenheit durch Anknüpfung an die epische, ja vedische Legende, — die khalavaktracap. endlich sum- mirt kurz und bündig alle dem Vf. zur Hand seienden Citate über sie aus den Puräna. Und zwar stellt er da in grösster Unbe- fangenheit sehr disharmonirende Angaben (s. oben p. 53. 59) neben einander. Wie es denn überhaupt mit diesen Citaten selbst steht, ob sie wirklich dem betreffenden Werke entlehnt sind, darüber muss theilweise erst noch weitere Auskunft abgewartet werden, theilweise ist ihre Falsification bereits jetzt schon erwiesen (s. p. 55). Dass auch der Sämvavijaya schwerlich dem Bhavishyapur., dem er in den Unterschriften der adhyäya zugetheilt wird, angehört, wird sich ja auch wohl mit voller Bestimmtheit herausstellen. Offenbar hat hierbei der Wunsch, den Ansprüchen der Maga möglichste Beglaubigung zu sichern, zu zahlreichen Fälschungen geführt, wo- bei denn etwa je der Nachfolger in gutem Glauben nachgeschrieben haben mag. Beschränkten sich die Partisanen der Maga darauf, zu constatiren, dass dieselben vor Zeiten zur Pflege des Sonnendienstes im Mitravana an der Candrabhägä, so wie wegen ihrer Erfahrung in der Heilkunde!), aus ihrer Heimath, dem Cäkadvipa, nach In- !) Arzneikunde und Missionsthätigkeit gehen ja auch bei den christlichen Sendboten Hand in Hand. — Von Interesse ist es im vom 19. Januar 1880. Ti dien herüber geholt worden seien, so könnten wir ja einfach dazu nur Ja und Amen sagen, wie wir denn in der That die Erhaltung dieser alten Traditionen von einer Verpflanzung des Mithradienstes und sonstigen persischen Wesens nach Indien, so wie die Angaben über noch vorhandene Spuren und Reste der Art, nur als dankens- werth zu begrüssen haben. Die Ansprüche dieser Leute gehen aber über diesen gewiss sicheren historischen Kern weit hinaus, und wol- len sich in Gebieten einnisten, wo sie nichts zu suchen haben. Mit den Persönlichkeiten und Sagen des MBhärata und des Rämäyana haben dieselben factisch nichts zu schaffen, denn diese Werke selbst wissen von einer Betheiligung der Maga an den in ihnen behan- delten Vorgängen nichts. Und ihre Anknüpfung gar an vedische Legenden ist ebenfalls eitel Trug und Spiel der dichtenden Phan- tasie; ebenso wie die directe Identification ihrer Ahnherrn mit denen der vedischen Rishi-Geschlechter (s. oben p. 36. 44). Immerhin aber stellt sich denn, trotz aller dieser Restrietionen, aus dem Gesammtinhalte der vorliegenden drei Werkehen doch entschieden eine weit grössere factische Ausdehnung und Aner- kennung des Einflusses der Qäkadvipiya Brähmana heraus, als bis- her irgend bekannt war. Schon der Umstand allein, dass eben drei solche Texte vorliegen, ohne ersichtlichen Zusammenhang, und zwar so, dass wenigstens zweien von ihnen ein gewisses literarisches Geschick, während dem dritten eine gewisse Gelehr- samkeit, die übrigens auch in dem zweiten durchbricht, nicht ab- zusprechen ist, tritt in dieser Beziehung beweiskräftig genug ein. Und auch wenn sich etwa wirklich herausstellen sollte, dass dieselben, sei es sämmtlich, sei es nur zum Theil, erst Fabricate der jüngsten Vergangenheit sind, so würde doch das Interesse, welches sich in der angegebenen Beziehung an sie knüpft, damit eher noch wachsen, als dadurch geschmälert werden. Man hat von jeher eigentlich nur von der alles Fremde ausschliessenden, festen Gliederung und Organisation der Brähmana-Kaste, gerade auch in ihrem gegenwärtigen Bestande, gehört, so dass eine sol- che bereitwillige Accommodation und Nachgiebigkeit derselben als eine geradezu unerhörte zu bezeichnen ist. Übrigen immerhin, dass während die Araber und Perser von Ärzten berichten, die aus Indien kamen, diese Sagen umgekehrt die Arznei- kunde der Maga verherrlichen. Auch nach arabischer Sage reist der persische Arzt Barzöi nach Indien, doch aber nur, um da zu lernen, 72 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse 1. aus adhyäya 12 des Sämvavijaya (s. p. 40). Närada uväca | ekadä bhagavän süryyo vedamürttis sanätanah | Vicvakarmmasutäm sädhvim upayeme varänanam || || Sanjnän ca sarvvacobhädhyäm Prabhän nämäntarena ca | surüpäm alpavayasim patidharmmaparäyanäm || || tasyäm utpädayämäsa märttandas tanayam varam | cräddhadevam Dharmmaräjam Kälindim kanyakottamäm || s || tatpaccäd bhagavatpatnı dharmmagilä pativratä | Vievakarmmasutä patyus tejas sehe na dussaham || > || tadä svakäyät sväm(sväm!) srishtvä chäyäm hi prativimvajäm svadharmmacilacobhädhyäm vayorüpagunäkaräm® || ıo || patisadmani samsthäpya mäyayä nirmitäm cubhäm | sambhäshya: „bhagavatsevam kuru Chäye manorame“ || ıı || svayam eva jagämä "cu pitur eva niketanam | 1 Vievakarmmä ca tanayäm anähütän ca vipriyäm || ı2 |] vipriyan karmma tasyäc ca pitä nai ’vä ’bhyanandat (°data) | garhayämäsa täm sädhvim Prabhän ca kanyakottamäm || ı3 || pitucg cä 'nädaram präpya vimanäa gatamatsara | vadavärüpam ästhäya sa jagämo ’ttaräm digam || 1a || Mandaräcalakakshäsu cacärä "hatamangalä | märttando bhagavan(“vän) patnyä(c) chäyayä samariramat || ı5 || tasyam utpädayäm äsa putrayugalam uttamam | Sävarnis Süryyasünuc ca saurir eva cganaiccarah || ı6 || vavarddhatu$ pitur ggehe Sävarni-Cani? bhrätarau | Saurin& kalaho jäta ekadä samaye?) ’py aho || ız |! pushpahetor ddevataror Näradasya samarppane | ekadä ca samäyäto devendrabhavanäd rishih || ıs || pushpam grihitvä säntänam(?) bhäskaräya samarppitam | präptum icchä kritä välaih® svarpushpasya’ pitus svakät || ıs |] dattaväne ca vicäryyä 'tha kanishthäya ravis svayam | tenä "marshad Dharmmaräjah pracandac cukupe bhricam || 20 || lavdhapushpavaras Saurir mätur anti jagama ha | mätä& mumoda tanayam drishtvä lavdhamanoratham || 2: || 1) gunäkara und mänasika sind zwei Lieblingswörter des Säm- vavijaya. ?) cani Cod. 3) ekadä samaye! *) Plural, weil ja auch Dharmaräja dazu gehört. °) svar (!) ist erst vom Corrector zugefügt. vom 19. Januar 1880. - 13 fatra gatva Yamah padbhyän tatäda laghuvikramam | bhrätaram bälabhävena mätaram pativallabhäm?) || 22 || kusumam jagrihe? hastäc chanec ca laghuvikramät | tada mätä cukopä "cu cacäpa tanayam varam || 23 || kritäparädham Yamunäbhrätaram strisvabhävatah | „yato 'ham täditä putra tvayä& padbhyäm anäthavat || 24 || tasmät kalmäshapädas tvam vicarasva nirantaram“ | so ’pi cäpam dadau tasmin kanishthe laghubhrätari ||»: || cäpatah pädakhanjo "bhüc chanie chäyäsuto ’py atha | mätue gäpam samädäya grutvä nishthurabhäshanam || 26 || ruroda välabhävena sangamya pitur antike | atadarhavacah erutvä bhagavän mätriputrayoh || 27 || vahucae eintayämäsa vicäryya gumadoshayoh | „kuputro yadi jäyeta kumätä na (’tra?) bhavishyati || 2s || sutänäm aparädho hi mäträ piträ ca kshamyate | putrayoc ca kalim drishtvä dattag ca cäpa idricah || 23 || ekasmai ca svaputräya cä 'nayas tu mahän kritah | cäpam?) mätuc cä ’tadarham puträrham na kadäcana“ || 30 || tasmäc chankamanä* bhütvä svapatnim samapricchata | „satyam kathaya vrittam me kasmäd dattas tvayä& ’dhunä || 3: || cäpaS putre cä ’tadarhah (°rho!) mätue ca pitur anvaham?! | Vievakarmmasutä sädhvi bhavatı kulabhüshanä || 32 || vrittam etat katham jätam bhavatyä kulajäyayä? | kathayä ”cu svavrittam mä(me!), no cet tväm näcayärny aham“ || 33 || patyu(h) kopänvitam väkyam crutvä cai ’vä 'tyakampata | satyalı ca varnayämäsa chäyä mäyäsamudbhavä || 3« || „bhagavan! dussahan tejo na sehe girikütavat | tadä mäm chäyayä(mäy°!)srishtvä chäyä(m)mäm samabhäshata ||35 || „„tishtha tvam bhagavatpärgve gacchämi pitur antikam | patyug cucrüshanam nityam sutänäm® paripälanam || se || 1) aber es fehlt ein ca; nach v. 24 schlug er in der That nicht blos den Bruder, sondern auch die Mutter. 2) für jagräha! 3) cäpa als Neutrum! 4) °malä', manä’; ein Compositum aus camkä(!) und manas; einfacher wäre camkamäno! 5) diese päda ist unklar; ob etwa „von Seiten der Mutter und des Vaters, stets“? Zur Sache s. oben p. 29 (Sämvavij. 1, 5). 6) sutätäm Cod. Als Prabhä fortging, war aber nur ein Sohn und eine Tochter da! der Plural weist wohl auf die weitere Zukunft hin. 74 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse kurrushva nitaräm sädhvi patidharmmaparäyana““ | tad-äjnäm samanupräpya karishyämi’ tavä ’ntike || 37 || Dharmmaräjasutenä? ”cu mama putrasya tädanam | kritam kopän mayä dattac cäpo vämasvabhävatah“ || ss || chäyayä varnitam crutvä cukopa bhagavän ravih | chäyäyä bhartsanam kritva cvacurasya niketanam || 39 || jagäma bhagavän süryyah patnivirahakätarah | satkäran cai ’va yämätur (jä°!) Vievakarmmä ’karod bhricam || 40 |} patnyäc ca ’darcanam prekshya samapricchad ravis svayam | „viovakarmman hi bhavatas tanayä nai ’va dricyate || aı || gatä kutra ca vai sädhvi mama patni cucivrata | tadviyogägnisamtaptag kva gacchämi? karomi kim?“ || a2 || Vievakarmmo ’väca: „bhagavan kanyakä cä ’tra hy ägataä mama suvratä | sadyo visarjjanan tasyä3 kritam tava bhiyä maya || 3 || mattac cä 'nädaram ("radam pr. m.) präpya sä jagämo ’ttaram dicam | vadavärupam ästhäya carantı hä ’drikänane || 44 || bhagavans tatra gaccha tvam änayä ”cu niketanam | svapatnyä sahito hy atra samramasva yathäruci“ || a5 || Vievakarmmavacag crutvä sa jagämo ’ttaräm dicam | Mandaräcalakakshäsu carantim samapacyata || «6 || drishtvä kämägnisantapto vadaväm samadhävata | acvarüpo ravir bhütvä viryyam tasyäm samutsrijat® || az || pativratasya bhangan ca jnätvä ’cva sanniyamya vai | näsäbhyäm cai ’va samtyaktam cukram äcvan dharätale® || as || vabhüvatuc co tatrai 'va kumärau süryyavarccasau | drishtvä ’dbhutau ca sasmära patim vicvapravodhakam || 49 || tushtäva vahucas tatra nijarüpena bhämini | tada prasanno bhagavän sväm patnim samatoshayat |] 5o || „Jäye! män tvam samutsrijya katham aträ ”gatä vanam | vihäyai ”evaryyam atulam kä pidä tava suvrate?“ ||sı || Prabho ’väca: „dussaham bhagavans tejo devadeveca te mama | atas tväm vancayıtva 'ham ägatä pitur antikam |} 52 || pitä visarjjayämäsa tvadbhayän män tanüudbhaväm | tasy& 'vamänam äsädya hy ägatä girikandaräm || 53 || !) man erwartet eine Form der Vergangenheit: cakara tat. 2) dies ist karmadhäraya: „(dein) Sohn Dh.“! 3) Augment fehlt! *) es fehlt en Verbum finitum. vom 19. Januar 1880. rüpäntaram vidhäyä ”cu carämi gatamatsaräa | yadi tvam manyase nätha pitur mama niketanam || 5« || gamyatäm, tava rüpäni matsahäni karishyati | no cen nä "ham gamishyämi earämi giridronishu”“ || 55 || tadä hi bhagaväu süryyo vaco 'mritanibham param | nijapatnyäc ca cucräva sancakära vidhim smaran || 56 || Ajagäma guroh pärcve patnyä svatanayä?nvitah | Vievakarmmä prasanno ’bhüd drishtvä putrim pativratäm | puträbhyäm anvitän cai 'va nananda vahv atoshayat || 57 || ® Sanjna cacansa svam vrittam pitre karmmanivandhanam | jnätvä sarvvan tu proväca bhagavantam hi bhäskaram || 5s || „bhagavans tava rüpäni karishyämi yathäsukham | kincit kleco na bhavitä, cänam® ästhiyatäm prabho“ || ss || tatas tu bhagavän süryyo Vievakarmmaniketanam | gatvä cäne ca santasthau prasannenä ’ntarätmanä || co || Vievakarmmä cakärä ”cu rüpam dvädacadhä kshanät | Märttandamandale cai 'ke (?) guptayantrena hetunä || cı || ekaikakalayä tatra co 'dayaS pratisamkrame | meshädir(!) minaparyyantam mäsädhicäg kalä ime || e2 || tattannämäni kramaco dvädacäni”, pravudhyatäm(!) | ädityagQ prathamam näma dvitiyan tu diväkarah || 63 || tritiyam bhäskarac cai ’va caturthan tu prabhäkarah | pancaman ca sahasrähcush shashtham cai ’va trilocanah || e« || saptamam haridacvac ca hy ashtamam tu ravis svayam | navamam®) dinakarag proktam dacamam dvädacätmakah || es || ekädacam trayimürttir dvädaca(m) vishnur eva ca | gamkhacakrädisahitam vähanäyudhasamyutam || es || Vievakarmmä cakärä "cu caturbhujam anekadhä | dvädaceshu’’ ca mäseshu yadä samkramanam raveh || e7 || tattanmäsecvaro desho (devo?) bhagavän vicvabhäskarah | cänato manicurnnam yat tejoräcisamudbhavam || es || amoghaviryyan tan jnätva präkshipad väyumandale | vahukälam hi jagräha samiro bhimavikramah || es || 1) diese Semele weiss sich zu schützen. 75 2) damit sind die beiden kumära (v. 49) gemeint, s. das dritte Hemistich. 3) dieser Vers hat drei Hemistiche. #) cäna als Neutrum! 5) sic! für dvädaca, s. p. 43. 6) zweisilbig. 7) sie! für °casu! 76 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse deväsuränäm sangräme väyur apy atha vyagratäm® | kadäcid vikale tasmin svecchayä präpa tad bhuvi || zo || kshirodasya pare tire shashthadvipe dharätale | ashtädacavibhägena tejasäm räcinä raveh || ı || sadyas tadbhütalasparcät samajäyanta vrähmanäh | bhagavatsüryyasamkäcä vrahmavidyävicäradäh || z2 || nirgunopäsakäc ca ’pi devatulyäs tapodhanäh | ashtädaca-kulam? jätan teshän tatra dharätale || 3 || tushtuvur vaidikair mantrair nirgunam purusham param | .... 2. aus der khalavaktracapetikä fol. 5? flg. (s. p. 54). Jamvüdvipottame kshetre Bhärata®khandottamottame | Cäkadvipecvarä vipräc cä ”gatä vishnupujitäh || ı || süryyarüpäs taponishthäh cäntäs santäpavarjitäh | Krishnena püjitäs sarve brähmanä brahmavädinä (°nah?) || > || Dvärakäyäm mahäbhägäh Qämvarogä(pa)nuttaye | püjit& vrähmanä nityam Krishnenä "dbhutakarmanä || 3 || tathä ”yodhyäpure vipräh Gäkadvipaniväsinah | Rämena puüjitäh sarve mudä Rämäcvamedhake || «|| yathä ”'ha bhagavän® Vyäsah? puräne sarvavit svayam | Cämvam prati mahäbhäga tad ihai ’kamanäh crinu || 5 |] oriVedavyäsa uväca: crinudhvam munayah sarve vrittäntam Maga- dhasya ca | kathayämi samäsena nänädbhutamayam cubham || 6 || dakshine ca Vihärasya pärcve Civanadı cubhä | sima Magadhadecasya jnätavyä munibhir mudä || || uttare Gandaki simä hariharo®. yatra pävanä (?) | darcanät päpavahulam düram gacchati tatkshanät || s || paceime cä 'ralagrämo Bhojadecasamipatah | simä, Magadhabhüdeväh cobhanäh paccimä matäh || s |! Suryyapuram pürvabhäge maryyädä dvijasattamäh | Gamgäyä dakshine bhäge mänavänam sukhäspadam || ıo || Jämvavatı Cämvamäta padmavrataparäyanä | padmapaträcchädanam ca cäturmäsye kritam tayä || ıı |] !) verbum finitum fehlt, steckt resp. etwa in: apyatha? ?) ein dvigu! 3) zweisilbig. 4) °yan Cod. '?) vyäaptah Cod. 6) dreisilbig. Ä Eu vom 19. Januar 1880. 77 mätrinäm darcanärthäya purä Gämvo ’gamad, dvijäh! | putrasya drishtvä saundaryam jäto manasi manmathah || 12 || tenai ’va darcanenai ’va Qämvasya ca mahätmanah | kushtarogäc(kushtharogae) ca deheshu jäto virasya vai, surähl! || ı3 || drishtvä näräyanas!) tatra ratham äruhya satvaram | Cäkadvipam ca gatavän svaputrärogyahetave || 14 || ädityam püjayitvä ca vishbnum Dväräpurädhipam? | äyurvedadharän viprän grihitvä caturo dvijän || ı5 || pratyagamanam äcakre sthäpayitvä dvijän rathe | Dvärakäm sviyanagarım Cämvasya nikate tadä || ıe || Cämvasya ca mahärogam kritvä ’rogyam(°gam?) dvijottamäh | eriKrishnapüjitäs santo Magadham jagmur utsukäh || ız |! Krishnena püjitä vipräh säkshät süryyasamä dvijäh | ato yajnädieräddhädau püjaniyä dvijottamäh || ıs || Cäkadvipodbhavä vipräh sarvaroganivrittaye | vatsya(n)ti Magadhe mänyäh prajäbhis satatam dvijäh || ı9 || Cäkadvipadvijäh püjy& äyurvedaparäyanäh | nava lakshä bhavishyamti kaliceshävadhir(“dhi) dvijäh || 20 || nänädece gamishyamti jivanopäyahetunah? | vrähmanäh sarvadä tushtä vedavedäntapäragäh || 2ı || ägrahäyanamäsasya cuklashashthyäm dvijottamäh | süryyavratam karishyanti sadä Magadhaväsinah || 22 || Gangädakshinakacche ca grämo Vaikumthasamjnakah | yatra devo mahädevo nilakantho viräjate || 23 || nilakanthaprasädena tatrasthä(h) pränino janäh® | bhavishyati na däridro Vaikunthapuraväsinäm || 24 || Narahana(dentales n)-Rämapurau samieinau kalau yuge | dharämaraniväsam ca tayor madhye bhavishyati || 25 || Bhrigväcramottaram ramyam Dharmäranyam iti crutam | ganaic caturbhir bhagavan mahecas tatra tishthati || 26 || 1) d. ı. Krishna! ?) dies ist doch aber Krishna selbst, s. v. 16; also wohl °dhipah? Zu der Identification von äditya und vishnu s. oben p. 32, und zu dem gleichzeitigen, unvermittelten neben-einander-Stehen und Zusammenfallen von Letzterem und Krishna s. oben p. 31. 3) °hetunä? oder für °hetavah? *) verbum finitum und Praedicat fehlen. 78 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse shashtivarshasahasräni Käciväseshu yat phalam | tat phalam nimishärddhena kalau Dardurasamjnake || 27 || Gädhidecasya pürve ca trayojanavyatikrame | Siddhäcramo mahädecah pamcakrocätmako matah || 2 || caturastri(rasri?) Rämavedi lokapätakakhandini | vivähayäträsamaye criRämena vinirmitä || 2s || Vyäghreco vartate yatra tathä Vyäghrasarovarah? | snänena darcanenai ’va lokänäm päpakhandinam?) || 30 || Räma-vämanayo(h) rekhä?) prasiddhä sarvajätibhih | siddhäcrame mahäpunye purä jäta(°tä?) dvijottomäh || 31 || Bhojadece punyatamo grämas sarvottamottamah | Jagadicapuräkhyac ca yugädau sambhavishyati || 32 II präyaco vaishnaväs tatra nivasanti sudharmikäh | yävad vishnuh prithivyäm ca cäidece* ca sthäsyati || 33 || Jaräsimdhaniruddhänäm nripänäm lakshasamyujäm | täranärthe caranyänäm märanärthe ca bhüpateh || 4 || yäcakadvijarüpena yugädau kapatena ca | Bhimasanena sahito räjageham purä gatam?) || 55 || gamana®käle Bhojapure dinam ekam uväsa ha | mahimänam”? icvarecasya jnätvä lokaic ca püjitäh(°tah?) || 36 || tad-avadhi® kathyate lokair Jagadicapuram mahat | yävat Krishnakathä loke puryyäm viprä vasamti tam(!) || 37 || itiı bhavishyapuräne padmakhande Kikatadecämtaravarti- Magadhadecavarnanam || 1) mascul.! 2) khandanam? °) zur Rämarekhä s. p. 44. 4) was mag mit cäi gemeint sein? doch nicht etwa _9L%? das hätte denn freilich eine arge Servilität von Seiten des Vfs., gegenüber einem etwaigen moslemischen Patron, zur Voraus- setzung. 5) wohl gatah? 6) zweisilbig. ?) dreisilbig. °) desgl. vom 19. Januar 1880. 7% Hr. Curtius legte folgende Mittheilung des correspondirenden Mitgliedes der Akademie Hrn. Zachariae von Lingenthal vor. Während meines gegenwärtigen Aufenthalts in Athen (Decem- ber 1879) hat mir Hr. Professor Rhallis die früher dem Tegesı- nos Bugavrıos, Bischof von Aegina und Hydra, gehörige Handschrift mitgetheilt, deren er in den Vorreden zu dem Zyvrayua rWv zavo- vwv gedenkt und aus welcher er mehrere Stücke herausgegeben hat. Die HS enthält unter vielem Anderen ein Bruchstück aus lib. II de caerimoniis aulae Byzantinae, und eine unvollständige Abschrift der einzigen bekannten Handschrift des Ioannes Laurentii Lydus de magistratibus reipublicae Romanae. Dieser jetzt in Pa- ris befindliche Codex Caseolinus ist bekanntlich im J. 1785 in Kurutschesme bei Konstantinopel aufgefunden worden, und liegt der Ausgabe von Fuss (Leyden 1812) zum Grunde. Die Abschrift aber ist im Monat Juli 1765 gefertigt. Auf der ersten Seite des ersten Blattes der Abschrift steht nur der Titel: ! 7 I ad \ a \ a] [a] ’Iwevvov Amvgevriov DiAadsAbEwG ToÜ Audov wege MOAITIAUV AOyRV. Die zweite Seite enthält Folgendes: m J mn La Ilva£ TWVv TEDLEN,OMEVWV ev TaNKETETU EADEIMEL Zar dıeb>agevu AEIA- ’ u \ Raww Bıßrio rebaramwv TnS Meg bLormaeiwv mom yluareic. m \ E Er . m He ruV YArazıv za veryviezav droonneıwv (Sic) EE aurav zaSorı- = ’ J zuV GMOTEETWAETWV Eoym voreov Ev mewWTOLG. b} 24 Ü \ \ \ ’ \ \ c m Eobntegos Boovroszomie Fomıan MOOS Tyv TEAyunv HATa Tov OwIarov I £) m ’ ki, ce» © 3 , \ Le c a) 2% N DiyovAov Er TWV Tayyros Ha Eplamveiav TOoS Asgw. 7 aoym‘ zu Em nm n J ’ macnıs Fais ns Öoomueios magadorerı Tv GeAnvyv baivovran raßov- Tes 08 agy,aloı. n ). 2 en e Boovroszonie Er TV bwvryıouv Tov Ewmarou 2a eglayveioev Moos Me & PP] ’ E) Y ’ > ’ \ LUTAE) N, gw. 4 an" aiyoregurı GEANuys EX,OVCNS ToV aiyorsgwv & £v MMepe 7 m Boovrn YEryran, TUgcevVvoV enavasmycasdar Ameieı. \ er N) Kasorın emımnennis eos GErnyvyv MEgL AEIRUVWV Au RAAUV AATROTN- 7 > m n SER: ’ N JE AN m narwv 22 rwv Außewvos zu eoumveiav moog Atgıv mo Segruns Tg0- ns. M Eoyxn' &l ARTE Tyv 1” Tod Kagzivov jaoracv za gi Ev zoo Erov- > J \ \ R H Tor AYAVES a1 Poovrai za ar. \ m n m 3 Ü Hega zegauvwv. N day Tns bursws TWv On yacETWV Azysıv zo J ’ \ e ’ € 7 m e) 7 OUTWE YiverTaı zegaVvoUSs 71 MaAMLOTNS Uroramavsıv Tors ROX,RIOLS. \ En ’ ’ n m . nm Neo: Sesaav. 9 Eoyn' OnAwv ouTWv TWv sionjaevwv ToIs maraı Dıro- ’ E) Er yon m \ \ n IQ ’ E) m Fopbnrarıv ATIwv ET TOlS megt TNnv Yynv TOANSERL [4L.0EV Eer TRETWV. 80 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse "Ecbnnegos ToÜ mavrds Eviavrod anusiweıg EmıroAmv Te zu Övouwv ruv Ev oVpavu) Dauwvonzvwv Er Tuv #Amudiou FToü Souszov 2a egmmveiav moos reEw. 4 agym" Tavvouagıos a. "Hrıos idolraı, 6 Ö deres UV To orecbavw Suvsrar. B. en moo d vovwv kevvovagin ö 11EV "Hrıos TN- d& 70 de mecov roü. sF$ Sa] „E e me \ 5 n 9 m ’ \ J MET @ EIMEro N MAgOUTR MEZ: TOATIHWV MOYWv TORYMRTEIK, Ka GUTN £) ‘ az \ A x \ > Q J I > mn ARTEANS EegirmAos Aa met Tyv ogToygabırv YwAniwouse, avrıyaaDeise c y E) \ \ \ Dr: > e} \ SL) J ws nv EdDızrov Zara To ab &e ETOG HAT MOY,aS ToV L0UALovV. Das zweite Blatt enthält Magrvguaı TaAaKıWV regt TOoV UyyEa- pews aus Theophylactus Simocatta, Photii Bibliotheca, Suidas und der Anthologie. Hierauf folgt auf dem dritten Blatte: IHegı &Eouruwv. “Isgens ye- verIar #r%. wie in der Ausgabe von Fuss. ‚Der Verfertiger dieser Abschrift des alten Originals ist offen- bar derselbe, welcher in letzterem allerlei angebliche Verbesserun- gen angemerkt hat. Denn die Lesarten, welche Fuss als von einer secunda manus herrührend erwähnt, finden sich in der Ab- schrift wiedergegeben. So z. B. steht in Letzterer pg. 18 lin. 7 (der Ausgabe) 2zeivo pg. 22 lin. 5 iR HorrnoV pg- 29 lin. 13 „ Sugsovs u. S. W. Der Abschreiber hat vielfach Worte ausgelassen und durch eine Lücke in seiner Abschrift bezeichnet, Worte, die es Fuss im Original zu entziffern gelungen ist. So lautet die Abschrift: em’ angou de Tols Öarrurous . . . . . Obiyyov imavrwv EnaregwTen ... 70 Vaua Too modos EAxonevmv Em TO 0m... .. Twv aMM- roıs za Öıadssuouvrwv ToV MOÖL . : » . . ÖRRTUAWV Elamgos za 2Eomıc- ev SıabarverIeu 222. 0Aov dE Tov mode N meusaeridı dar KOM 2 2 2 2 2 QUTIG Em TOV Auamov oloveı TO mediov SEBEN. Nade emı ya Tou medlov ArA. wo die Ausgabe von Fuss p. 36 lin. 12 sqq. keine Lücken *hat. Die Abschrift endigt mit den Worten were ze: ouvrovov Eurge- oygıev 0 röre (pag. 178 lin. 15 der Ausgabe). Alles Übrige fehlt. Ich lasse dahin gestellt sein, ob eine Collation der Abschrift von Interesse sein möchte. Es fehlt zwar nicht an Varianten, wie z. B. dieselbe N im N mu vis Seod. Avdgenndren. » mat. hi nz! EN nr; Bir Bir, Ir: ee ab Br R b TERN TnS isrogls. » „ Ereiese (statt u » 32 Gesammtsitzung 92. Januar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Virchow las über die anthropologischen Ergebnisse der seitherigen Ausgrabungen in der Troas. Hr. Helmholtz übergab die folgenden zwei Abhandlungen des Hrn. Eugen Goldstein zur Aufnahme in die Monatsberichte mit dem Bemerken, dass dieselben Abschnitte aus den Berichten des Autors sind, auf welche hin ihm die Akademie Unterstützung seiner Versuche bewilligt hat, und zwar ist die erste Abhandlung (Über die Entladung der Elektrieität in verdünnten Gasen) ein Theil des in der Sitzung vom 28. Januar 1878, die zweite (Über elektrische Liehterscheinungen in Gasen) ein Theil des unter dem 29. October 1879 vorgelegten Berichts. 1. Über die Entladung der Elektrieität in verdünnten Gasen. Über eine neue Differenzirung elektrischer Strahlen. Eine ausgedehnte Gruppe meiner Versuche suchte die Gesetze der Ausbreitung jener merkwürdigen von der Kathode in einem verdünnten Gase ausstrahlenden Bewegung zu ermitteln, die durch ihre geradlinige Fortpflanzung sich den schon lange studirten Forr- men der Schall- und Lichtbewegung als neues Glied an die Seite stell. Schon Hittorf hatte gefunden, dass diese Bewegung, oder wie er es bezeichnet, jeder elektrische Strahl, da, wo er auf eine feste Wand trifft, begrenzt wird. Ich habe nun im vergangenen Jahr weiter ermittelt, dass mit dieser Begrenzung durch feste Kör- per eine eigenthümliche Differenzirung der Strahlen an den der festen Wand zugekehrten Enden verbunden ist. Diese Erkenntniss führte dann weiter zu einer befriedigenden Erklärung der durch das Kathodenlicht in den Wandungen der umschliessenden Gefässe erregten, in der Literatur schon öfter erwähnten Lichtprocesse. Diese Lichterregung wurde bisher als Fluorescenz bezeichnet und der hohen Brechbarkeit der von der ganzen Gasmasse um den negativen Pol ausgesandten Lichtstrahlen zugeschrieben. Man hielt sie ferner für gleichartig mit den Lichterregungen, welche auch die Schichten des positiven Lichts in ihrer Wandung, oder 3 ee vom 22. Januar 1880. 83 selbst durch die Wandung hindurch auf vorgehaltenen Chinin- Schirmen u. dergl. erregen. Meine Versuche ergaben nun: 1) Die Lichterregung durch einen elektrischen Strahl des Kathodenlichts in stark verdünntem Gase tritt nur ein, wenn der Strahl eine feste Wand schneidet. 2) Der lichterregende Theil ist nicht die ganze Länge, sondern nur das äusserste Ende der Strahlen. - Man kann beide Sätze, deren vollständige experimentelle Ab- leitung ich hier nicht schildern kann, leicht verifieiren, indem man aus einer ausgedehnten Masse Kathodenlichtes durch einen mit einer Öffnung versehenen Schirm ein scharf begrenztes Bündel aus- schneidet. Wird dann dem Bündel, ebenfalls im Innern des Ge- fässes, seitlich eine sonst fluorescenzfähige Platte genähert, so leuchtet dieselbe auch bei grosser Annäherung an das Bündel nicht, weder wenn es frei endet, noch wenn es eine feste Wand schneidet und nun an seinem Ende Leuchten erregt. 3) Die Ursache der Lichterregung ist eine optische Einwirkung. Dies folgt mit Wahrscheinlichkeit zunächst aus der Identität der Farben, welche eine Reihe verschiedener Substanzen beim Leuchten durch elektrische Bestrahlung und durch Insolation aus- geben (Flussspath, Kalkspath, Kaliglas, Bleiglas, Chlorsilber u. a.). Mit grösserer Bestimmtheit folgt es daraus, dass leuchtfähige Platten wirklich erregt werden, wenn sie im Innern der Gefässe so aufgestellt sind, dass sie sich im Schatten der von der Kathode geradlinig ausgehenden Strahlen befinden, dagegen geradlinig mit den durch die Enden der elektrischen Strahlen getroffenen Wand- punkten verbunden werden können. Solche Platten leuchten mit dem ihrer eigenen Substanz entsprechenden Lichte, auch wenn sie von den Strahlen-Enden, die selbst keine messbare Länge haben, um 1 cm. entfernt sind. Die Moleküle an den Enden der Kathodenstrahlen senden also, wie gewöhnliche glühende Theilchen, Strahlen nach allen Richtungen und Entfernungen, die von der elektrischen Be- wegung selbst nicht erreicht werden können. (Für den zu 1) und 2) angegebenen Versuch resultirt hieraus die leicht zu erfüllende Vorsicht, die von den End-Molekülen 6° 84 . Gesammtsitzung schräg seitlich emittirten Strahlen durch einen Schirm abzu- schliessen.) ; et Schon früher hatte ich, mit‘dem Bihdiss der negativen Ober- fläche auf die Entladung beschäftigt, gefunden, dass, wenn eine Kathode eine nicht vollständig glatte‘ Oberfläche besitzt, das von den Kathodenstrahlen in einer festen Wand erzeugte Licht sehr regelmässige Abbildungen des Öberflächenreliefs dar- stellt. So repröducirt sich z. B. der Kopf einer als Kathode be- nutzten Münze an der Wand des umschliessenden.. Glasgefässes. Solche und ähnliche Erscheinungen waren unerklärlich, so lange man die Lichterregung in ‘den festen Wänden der von der ganzen Gasmasse oder der ganzen Länge der elektrischen Strahlen ausgehenden optischen Strahlung zuschrieb; eine solche konnte niemals scharfe Bilder, sondern nur Sleierukenige Be auf den bestrahlten Wänden erzeugen. Hingegen erklärt das nunmehr aufgedeckte Wethalfen der Strahlenenden im Gegensatz zur übrigen a die beobach- teten Erscheinungen ohne Weiteres. He Der optische Charakter der betrachteten Wirkungen wird end- ‚lich bestätigt durch die Existenz photochemischer Wirkungen, welche von den Strahlenenden, nicht aber von der ganzen Länge der Strahlen ausgeübt werden. Dieselben Substanzen, welehe unter dem Einfluss hochbrechbarer Sonnenstrahlen zersetzt werden, erleiden dieselben Veränderungen, wenn sie von den Strahlenenden getroffen werden. Es gelang mir, als gemeinsame Controle der Sätze 2) und 3) direkte photographische Abbildungen der von einer Relief- Kathode an der Wand ihres Gefässes erzeugten Bilder zu erhalten, indem ich trockene lichtempfindliche Papiere an die Gefässwand schmiegte und nun die Strahlen an diesen Platten enden liess. Ich erhielt Abbildungen z. B. auf doppelt chromsaurem Kali; auf Chlorsilber, namentlich gut auf dem sehr empfindlichen oxal- sauren Eisenoxyd. Weitere Versuche zeigten dann: 4) Die Modification des Strahlenendes .wird nicht nur beim Auftreffen des Strahls auf eine 'erre- sungsfähige Wand, sondern jedesmal wenn er auf eine beliebige feste Substanz auftrifft, erzeugt. Dies lässt sich zeigen, indem man die elektrischen Strahlen auf nicht zum Eigenleuchten fähige Substanzen, wie z. B. Quarz oder vom 22. Januar 1880. 85 eine gewisse Modification von Glimmer, fallen lässt; sind dann entfernt von der Glimmerplatte und den Strahlenenden wieder wie oben leuchtfähige Platten, vom Glimmer geradlinig erreichbar, auf- gestellt, — so geben sie Licht aus, sobald die elektrischen Strahlen den Glimmer treffen, obgleich dieser selbst dunkel bleibt. Wird der Inductionsstrom, der die Röhre durchsetzt, in der gewöhnlichen Weise, d. h. ohne Einschaltung anderer nicht metalli- scher Widerstände als die evacuirte Röhre selbst, benutzt, so tritt die Differenzirung der Strahlenenden erst bei geringen Dichten ein. Es lässt sich indess zeigen, dass 5) die betrachtete Differenzirung nicht an bestimmte Dichten gebunden ist; sie kann, sobald die Kathode überhaupt mit Licht umkleidet ist, mittelst Einschaltung von verschieden langen Funken in freier Luft innerhalb einer weiten Dichtescala erzeugt werden. Ebenso ist aber auch 6) das Phänomen nicht an eine bestimmte Entla- dungsintensität gebunden. Dies ergiebt sich einfach, indem man verschieden evacuirte Röhren hintereinander einschaltet, mit Rücksicht auf den früher (Berl. Akad. Ber. 1874, Aug.) von mir geführten Nachweis des Isochronismus der Entladungen in solchen Röhren. Die Beobachtung zeigt, dass wenn die Kathodenstrahlen in einer der Röhren das Leuchten fester Körper erregen, dies in andern noch nicht der Fall zu sein braucht, obwohl auch diese die Erscheinung zeigen, wenn sie auf dieselbe Dichte wie die erst- leuchtende gebracht werden. Es ergiebt sich somit, dass durch die geschilderte Modification das gesammte Licht um die Kathode sich mit einer heterogenen äussern Schicht umkleidet. — Die Lage der neuen Schicht hängt nur ab von der Lage der Wand und kann durch Verschiebung der Wand gegen die Kathode bei constanter Dichte in beliebig grosse Entfernung von der Kathode gebracht werden. Sie kann zugleich, immer durch die Strahlenenden gebildet, aus der äusser- sten Schicht des Kathodenlichts in eine der innern Schichten hineinrücken. | Wie die Entstehung der Strahl-Modification zu erklären ist, vermag ich bis jetzt nicht anzugeben. Jedoch zeigt sich: 86 Gesammtsitzung Fig. 7) Dieselbe Differenzirung tritt auch ein bei den Strahlen des von mir aufgefun- denen secundären negativen Lichts; ich nannte so Lichtgebilde, welche an einer beliebigen Stelle der Entladungsstrecke erzeugt werden, wenn man an der betreffenden Stelle eine Verenge- rung des Röhrenlumens anbringt; von der Ein- schnürungsstelle, die nach der Anode zu an ein weiteres Gefäss grenzt, geht dann in dieses wei- tere Gefäss eine Lichtmasse aus, die alle mir be- kannt gewordenen Qualitäten des Kathodenlichts, nur quantitativ gemildert, darbietet. Der Ausgangs- _ ort der hier auftretenden negativen Strahlen ist der letzte Querschnitt des an das weitere Ge- fäss sich anschliessenden engern Rohrs, (als wel- ches auch jede immer eine gewisse Länge erfor- dernde Einschnürung aufzufassen ist). In der nebenstehenden Figur sind die Stellen « die Aus- gangsstellen des secundären negativen Lichts, des- sen Strahlen sich nach B hin ausdehnen. Das Auftreten der modifieirten Strahlenenden an solchen Strahlen, deren Ausgangspunkt im freien Gas- raum liegt, zeigt somit, dass die Erklärung der Erscheinung nicht gesucht werden kann in den Eigenschaften, welche die Kathode als fester Körper und als metallischer Leiter besitzt. BR 8) DieLichterregung durch die Enden der negativen Strahlen ist nicht gleicher Art mit dem bei ge- ringerer Verdünnung durch die Schichten des po- sitiven Lichts ın den umgebenden Wandungen hervorgerufenen Leuchten. Vielmehr ergeben die Beobachtungen, dass die übrigens eben- falls optischen Strahlen, welche dieses Leuchten anregen, von der ganzen Masse der Schichten ausgehen. Man erhält deshalb auch bei scharfer Zeichnung der Schichten und starken Helligkeits- abstufungen im Übergange von der einen zur andern doch nur gleichmässig diffuses Leuchten der Wand längs der Säule der Schichten. vom 22. Januar 1880. 87 Was endlich den Charakter des Phänomens, um negatives wie um positives Licht, in optischer Beziehung anlangt, so dürfte wohl nicht zweifelhaft sein, dass man es hier mit einer Umwand- lung hochbrechbarer Strahlen bezw. der in ihnen erfolgenden Schwingungen in Schwingungen von grösserer Wellenlänge zu thun hat, wie dies in den Erscheinungen der Fluorescenz und Phosphorescenz beobachtet wird. Auf Grund von Versuchen, welche mir schon früher zeigten, dass das Leuchten der festen Substanzen die Dauer der erregenden Entladungen beträchtlich übertrifft, spreche ich die beobachteten Wirkungen daher als Phos- phorescenz-Erscheinungen an, — im Gegensatz zu der bisherigen Auffassung als Fluorescenz. Es ergab sich ferner, dass von den zahlreichen geprüften Substanzen nicht eine einzige auch in den dünnsten herstellbaren Schichten für diese Strahlen noch durchlässig ist. Weder dünne Glashäutchen, noch die nach Mascart für hochbrechbare Strahlen so durchsichtigen Krystalle von Kalkspath und Quarz liessen "Spuren davon hindurch. Schliesslich wurde auf eine Glaswand, die direkt von den Strahlen getroffen hell phosphorescirte, ein ausserordentlich dünnes Häutchen von Collodium abgelagert, indem ein Tropfen käuflichen Collodiums, nach starker Verdünnung mit Äther, rasch über das Glas ausgebreitet und dann abgedunstet wurde. Selbst diese Schicht, deren Dicke nur nach Hundertsteln eines Millimeters zu schätzen war, gab, als die elektrischen Strahlen auf sie fielen, auf der unmittelbar hinter ihr liegenden Wand einen so tintenschwarzen Schatten, wie ein metallisch-undurchsichtiger Körper. Ohne numerische Werthe angeben zu können, darf man also doch die Seala der Wellenlängen, innerhalb deren die Vibrationen des Äthers noch als Licht wirksam werden, als über die von Fizeau gefundene untere Grenze hinausgeschoben betrachten. Über die Ersetzung einer Kathode. Eine Kathode von beliebiger Form kann in allen bisher vergleichbaren Beziehungen ersetzt werden durch ein System enger und dichtgedrängter Poren in einer isolirenden, mit der Kathode congruenten Fläche. Zu näherer Erklärung gebe ich sogleich die Beschreibung eines mir noch 88 Gesammtsitzung vorliegenden Gefässes (Fig. 2), in welchem eine cylindrische Kathode imitirt ist: Das Gefäss G setzt sich zusammen aus einer Kugel X mit der Elektrode a; an K schliesst sich das in den ca. 4 cm. weiten Oylinder Z eingeschmol- zene Rohr r; über r ist an seinem offenen, b zugewandten Ende der aus ungeleimtem stei- {em Papier gerollte Cylinder P geschoben, der durch eine Glaskuppe g am andern Ende verschlossen ist. Die ganze Fläche von P ist durch zahlreiche feine Nadelstiche durchbohrt, durch welche also eine Communication von K durch das hohle Innere von P nach Z bis zur Elektrode 5 herbeigeführt worden ist. Wird das Gefäss nun evacuirt, @ mit dem negativen, db mit dem positiven Pol des Induc- toriums verbunden, so verhält sich der Papier- eylinder, indem die Entladung aus den feinen Poren, von dem in diesen befindlichen Gase ge- leitet, heraustritt, qualitativ genau wie eine gleich- ® geformte Metall-Kathode. Ich habe die Ver- 1: gleichung imitirter, durch ein Porennetz in Isolatoren ersetzter Kathoden, nach dreizehn, so weit erkennbar, von einander un- abhängigen Eigenschaften durchgeführt, und überall die Deckung der Eigenschaften gefunden. Die magnetische Fläche Plücker’s, die Phosphorescenz-Erregung. durch die Enden des Lichts, die Umhüllung mit einem dunkeln Raum nach der Seite des positiven Lichtes hin, etc. etc. finden sich sämmtlich an diesen imitirten Kathoden wieder. [Statt Papier können auch Glasgewebe, und statt einer Isolatorsubstanz überhaupt auch isolirte Metalldraht- gewebe verwendet werden.]!) DieseResultate wurden erhalten in Verfolgung der bereiz erwähn- ten Erscheinung, dass der letzte Querschnitt eines in die Entladungs- bahn eingeschalteten engern Rohres sich nach der Anodenseite hin wie ein neuer negativer Pol verhält. Hierbei stimmt das von dem secun- dären negativen Pol ausgehende Licht um so mehr mit dem Licht an der Metallkathode auch quantitativ überein, je mehr der Quer- schnitt des engern Rohres von dem des sich anschliessenden 1) [] Zusatz bei der Correctur. vom. 22. Januar 1880. 89 weitern Rohres sich unterscheidet; das von dem secundären Pol ausgehende Licht geht dagegen in positives Licht über, sobald der Querschnitt des engern Rohres nicht mehr viel kleiner ist, als der des sich anschliessenden Theiles!). Wichtig ist nun die durch die imitirten Kathoden gemachte Erfahrung, dass, wenn die Summe der engen Öffnungen einer solchen Kathode an Querschnitt auch dem Querschnitt des umschliessenden oder sich an- schliessenden weitern Rohres gleich wird, alle Öffnun- sen, soweit merklich, abgesehen von der Helligkeit doch eben- _ solche Wirkungen geben, als wenn jede nur allein vor- handen wäre. | Die Grösse der einzelnen Öffnungen, nicht der Ge- sammtquerschnitt der Entladung ist also für die Effecte der Entladung hier maassgebend. Als ich die Poren imitirter Kathoden, die aber aus anderen Materialien als Papier gebaut wurden, enger machte, als dies an Papierkathoden zu erreichen war, wurde die Erscheinung mit den an eigentlichen Metallkathoden so ausserordent- lich, selbst bis in die Farbennuance übereinstimmend, dass ich mehrmals die betreffenden Röhren auseinandernehmen und wieder mit vergrösserter Vorsicht zusammensetzen musste, um mich zu überzeugen, dass ich wirklich nur die Wirkungen von Poren, nicht von Metallkathoden vor mir hätte. Über das Wesen der Entladung in verdünnten Gasen. Haben wir /.) ein Entladungsgefäss, worin der terminale Draht 5 die Anode, die flächenförmige Elektrode a, welche am an- dern Ende den Röhrenquerschnitt ausfüllt, die Kathode darstellt, so ist es sehr einfach, wie man dies ja allgemein thut, anzunehmen, die Elektricität (ich will den negativen Strom verfolgen) geht von a aus, durchläuft das negative Licht, tritt am Ende dessel- ben in die erste Schicht des positiven Lichts, aus dieser in die zweite etc., bis sie so zur Anode gelangt. | Es sei nun aber 2.) die Kathode « eine Fläche, ein Blechstreif z. B., dessen Ebene auf der Cylinderaxe senkrecht steht, dessen Seiten aber beide frei im Gasraum liegen. Bei diesem Arrange- ment sendet a Strahlen nach der von der Anode b abgewandten Seite ganz ebenso aus, wie in der direkt nach 5b führenden Rich- 1) Berl. Akad. Ber. 1876, 280. 90 Gesammtsitzung tung. Die von «@ sich entfernenden Strahlen sind ebenso gerad- linig, ebenso senkrecht zur Fläche a gerichtet, mit keiner Biegung versehen, wie die direkt nach 5 gerichteten Strahlen, und sie deh- nen sich, wenn die Verdünnung fortschreitet, beliebig weit in der von der Anode abgewandten Richtung in den Gas- raum aus. 3.) Ein fernerer Fall, Fig. 3; a ist eine Fläche, welche den Röhrenquerschnitt nicht ganz ausfüllt, um noch Platz für die daneben gestellte Anode 5 zu lassen. Dann gehen die Strahlen des negativen Lichts nicht nach der ganz nahen Anode hinüber, — son- dern das negative Licht breitet sich, wie in der Fi- gur dargestellt, ohne Rücksicht auf die Lage der Anode in geradlinigen Strahlen durch die ganze Länge der Röhre (z. B. 25cm.) aus, ohne irgend welche sichtbare Verbindung mit der Anode. Wie gelangt nun in den durch 2) und 3) dargestellten beiden Fällen die Elektricität von einem Pole zum andern, bezw. in wel- cher Bahn pflanzt sich die elektrische Erregung hier fort? Die Strahlen des negativen Lichts sind, wie schon Hittorf constatirte, elektrische Ströme, nicht etwa eine blosse Glüherscheinung, die sich um die Bahn der eigentlichen Entladung herum ausbreitet; das wird bewiesen durch das Verhalten der Strahlen gegen den Magne- ten, das dem Biot-Savart-Ampere’schen Gesetz bisher durchaus genügt. Man ist also genöthigt anzunehmen, dass die Strahlen dieses Lichts uns die Bahn der Elektricität zeigen, dass die letztere somit von der Kathode aus zunächst den Weg bis an das Ende der ne- gativen Strahlen durchläuft; soll nun der Strom — gleichviel ob wir darin den Transport bestimmter identischer Elektricitäts- theilchen oder nur eine Fortpflanzung der Erregung von Molekül zu Molekül sehen — nach der Anode gelangen, so muss er in 3) denselben Weg, den er gekommen, wieder zurückgehen; in 2) würde für die nach 5 hingerichteten Strahlen die bisherige Annahme des direkten Überganges ausreichen, für die sonst ganz gleich be- schaffenen von der Anode abgewandten Strahlen aber müsste man den Hin- und Hergang der Elektrieität annehmen. Irgend eine Wirkung dieser hypostasirten zurückkehrenden Ströme aber ist in keiner Weise zu bemerken. Der Magnet lenkt vom 22. Januar 1880. 91 die elektrischen Strahlen nur so ab, wie es der von der Kathode nach dem Strahlenende hin fliessende Strom erfordert; der — vor- läufig angenommene — zurückkehrende Strom bringt nicht die mindeste Lichterscheinung hervor, obgleich er im selben Medium und jedenfalls nicht in grösserem Querschnitt als der die ganze Röhrenweite ausfüllende „hin“-gehende Strom fliesst. Eine etwa von ihm veranlasste Lichterscheinung müsste aber erkennbar wer- den, wenn man durch Magnetisiren die gewöhnlich sichtbaren Strahlen, die des „hin*-gehenden Stromes, nach einer Seite der Röhre zusammendrängt; in dem freigewordenen Raume müsste dann ein etwaiger Lichteffeet des hypothetischen zurückgehenden Stromes sich zeigen. Die Erfahrung zeigt aber, dass dieser Raum dunkel ist. : Es sei 2.) die Kathode a wieder eine Ebene, deren Richtung der Cylinderaxe parallel ist, und welche durch die Mittelaxe selbst geht. Dann sind die negativen Strahlen, wie immer, fast aus- schliesslich senkrecht gegen die strahlende Fläche gerichtet, gehen also nach den Seitenwänden hin. Die Strahlen enden bei etwas höheren Dichten frei im Raume, bevor sie die Wand erreichen, bei geringern Dichten, sobald sie auf die feste Wand treffen. Ganz entsprechend ist die Erscheinung in dem sehr gewöhn- lichen Falle, wo 5.) ein Draht, in Richtung der Cylinderaxe ver- laufend, die Kathode darstellt. Auch hier sind die Strahlen nach den Seitenwänden, und zwar im speciellen Falle in jedem Quer- schnitt des Cylinders genau radial gerichtet. Hier müsste also die Elektrieität erst in Richtung der negati- ven Strahlen bis an deren Ende gehen, und dann einen dazu senkrechten Weg einschlagen, um zur Anode zu gelangen, — während wieder sowohl positives als negatives Licht ganz dieselbe Beschaffenheit haben, wie in den frühern Fällen, wo wir entweder direkten Übergang oder Hin- und Hergang des Stromes annahmen. Die Mannigfaltigkeit neuer Annahmen, deren man bedarf bei der Auffassung, dass der Strom (ich verfolge stets die Richtung des negativen Stroms) aus dem negativen Licht in die erste posi- tive Schicht, dann in die zweite etc. bis zur Anode sich fortpflanzt, “ wird aber: noch grösser, wenn man die Existenz des dunkeln Raumes zwischen positivem und negativem Lichte berücksichtigt. In den vorhergehenden Fällen wird der dunkle Raum nicht erwähnt; er verschwindet stets bei gewissen Verdünnungen, und 92 Gesammtsitzung ich habe der Einfachheit halber zunächst die jenen Verdinnengen entsprechenden Bilder skizzirt. Ist die Kathode wieder eine zur Cylinderaxe senkrechte Ebene a, die Anode eine am gegenüberliegenden Ende eingefügte beliebig geformte Elektrode 5, so entspricht die Erscheinung der Entladung bei Vorhandensein des dunkeln Raumes der Fig. 4!), Fig. 4. Fig. 5. 2oR = ij . E hc= +R Fig. 6. !) In den Figuren sind die verschieden gefärbten Schichten des Kathoden- lichts durch verschiedene Schraffirung angezeigt: die erste, der Kathode nächste Schicht ist für Luft chamoisgelb, die zweite wasserblau, die dritte, die Hauptmasse des Lichts bildend, blau mit einem Stich nach violett. Zwi- schen dem geschichteten positiven Licht und der Wandung liegt ein dunkler Raum, in weitern Röhren bis zu mehrere Millimeter Breite, den die bis- herigen Beschreibungen noch nicht erwähnen. — Um die Figur nicht über- vom 22. Januar 1880. 93 Der dunkle Raum stellt nicht, wie man mehrfach angenommen, die Verlängerung der bei ihrer Ausbreitung an scheinbarer Hellig- keit verlierenden negativen Strahlen dar: die negativen Strahlen haben die Eigenschaft der geradlinigen Ausbreitung und werden durch eine feste Wand begrenzt, — sie können also nicht um eine Ecke gehen. Die mit gebogenen Cylinderröhren gewonnenen, in Fig.5 u. Fig. 6 dargestellten Entladungsbilder bedürfen daher wohl keiner weiteren Erläuterung, um zu beweisen, dass der dunkle Raum nicht als die Fortsetzung des Kathodenlichts angesehen werden kann, und auch für sich keine geradlinige Ausbreitung besitzt. Man muss also, wenn man annimmt, dass der Strom des Kathodenlichts sich zur ersten positiven Schicht fortpflanzt, anneh- men, dass der Strom zwischen beiden eine Strecke weit in einer neuen Form der Leitung verläuft. Ich kehre zu der ungebogenen Röhrenform, Fig. 4, zurück. Verdünnt man von da ab, wo der dunkle Raum aufgetreten ist, das Gas weiter, so weichen die positiven Schichten langsam gegen die Anode hin zurück; gleichzeitig verlängern sich die Strahlen des Kathodenlichts, und zwar schneller als die positiven Schichten zurückweichen. Man so kommt zu einer Dichte, bei der der dunkle Raum durch stete Verkleinerung verschwunden ist, und das nega- tive Licht unmittelbar an die erste Schicht des positiven Lichts heranreicht. Jetzt würde man annehmen müssen, dass die neue Form der Leitung ganz weggefallen ist, obwohl in den sichtbaren Theilen der Entladung mit Vernachlässigung der geringen Verschiebung der positiven Schichten inzwischen keine Änderung eingetreten ist, als dass die negativen Strahlen sich verlängert haben; ihre Eigenschaften wie die der positiven Schichten sind ganz dieselben wie vorher. Ich verdünne nun noch weiter: Die positiven Schichten wei- chen wieder zurück, die Strahlen des Kathodenlichts verlängern sich und wieder schneller, als die positiven Schichten zurück weichen. Das negative Licht wächst jetzt in die Schichten hinein, während seine Eigenschaften ungeändert bleiben, sich nicht mit mässig lang werden zu lassen, ist in Fig. 4 die dritte Schicht des Kathoden- lichts weniger diek gezeichnet worden, als sie sich verhältnissmässig bei der Gasdichte, auf welche die Abbildung sich bezieht, zeigt. 94 Gesammtsitzung denen des positiven Lichts, mit dem es sich gegenseitig durchdringt, ausgleichen. ie. T. | Um : lol TEL U" B Man kann den Beweis für das Eindringen des negativen Lichts in das positive auf verschiedene Weise führen. In Fig. 7, welehe den Durchschnitt eines aus 3 Cylindern zusammengesetz- ten Gefässes darstellt, ist die Kathode a der Querschnitt eines an der Längsseite mit Glas umschmolzenen dickern Drathes. Ist der neben a stehende Draht e die Anode, so wird, ausser ganz dicht vom 22. Januar 1880. 95 7 _ an der Anode, und auch da nur bei den allergeringsten Dichten, in der Röhre kein positives Licht entwickelt; das Kathodenlicht aber breitet sich, ohne Rücksicht auf die Nähe der Anode, (wie bei Fig. 3 p. 90) durch das ganze Gefäss aus, so weit geradlinig von a ausgehende Strahlen dasselbe durchsetzen können. In den weite- ‚sten der 3 Cylinder, Z,, dringt so ein Strahlenbündel, dessen Durch- messer durch die Weite der Communicationsöffnung bestimmt wird. Das Strahlenbündel dringt bei fortgesetzter Verdünnung bis zum Boden B durch, und seine Strahlenenden erregen dort helle srüne Phosphorescenz des Glases auf einer Kreisfläche, welche der Durchschnitt von B mit dem eingedrungenen Strahlenbündel ist. Löst man nun ce von der Verbindung mit dem Inductorium und macht, während a Kathode bleibt, 5 in dem zweiten Oy- linder Z, zur Anode, so erscheint (der abgebildete Fall) eine lange, geschichtete Säule positiven Lichts, welche einige Centi- meter oberhalb der Mündung von Z, beginnt, und nach Z,, die- sen Theil ganz erfüllend, zur Anode 5 sich fortsetzt. Z, bleibt wie vorher von positivem Lichte frei. In Z, aber ist das Bündel blauen Lichts und am Boden BR die phosphoresceirende Kreisflä- che, wie vorher, unverändert sichtbar: der zu unmittelbarer An- _ schauung gebrachte Beweis, dass das Kathodenlicht in positives Licht ein- und hindurch dringt. (Die grüne Kreisfläche verschwindet, sobald statt a der Draht c oder b, kurz irgend eine Elektrode zur Kathode gemacht wird, deren Strahlen eine andere Richtung als die von a ausgehenden haben). Die (quantitativen) Differenzen, welche positives und nega- tives Licht sonst zeigen, bleiben bei ihrer Mischung bestehen, gleich als ob in dem gemeinsam erfüllten Raume jedes von beiden gesonderte Existenz und Zusammenhang in sich hätte. Die Annahme, dass die Entladung aus dem negativen Licht sich in die dem negativen Pol nächste positive Schicht, dann in die zweite Schicht ete. fortpflanze, zwingt also zu der weitern Annahme, dass die Entladung bei der zuletzt betrachteten Phase, nachdem sie das negative Licht bis an sein (in das positive Licht eingesenkte) Ende durchlaufen, wieder zurückspringt, um nun die erste positive Schicht zu bilden, und dann wieder den schon einmal als negatives Licht zurückgelegten Weg nun unter ganz denselben Verhältnissen als positives Licht noch einmal zurücklegt. Aber selbst hiermit ist die Complication neuer Annahmen, 96 Gesammtsitzung zu welcher die auf den ersten Blick so einfache, sonst adoptirte Vorstellung von der Entladung führt, noch nicht erschöpft. — Ich habe mich überzeugt, dass auch das secundäre negative Licht, welches an Verengungen der Röhren nach der Anode hin aus- strahlt, in das hinter der Verengung folgende positive Licht ein- dringt: wir würden also das Zurückspringen der Elektrieität, und ihren Verlauf einmal als positives, einmal als negatives Licht ebenso oft in jeder Röhre haben, als dieselbe Verengungsstellen besitzt. | Hat man nun als Kathode wieder, wie in Fig. 8, eine senk- recht zur Cylinderaxe gerichtete Ebene, von der Fig. 8. die Kathodenstrahlen sich also in der Längsrich- a tung des Cylinders ausbreiten, so würde man, da die Kathodenstrahlen bei genügender Verdünnung des Gases auch durch den Cylinder II sich aus- dehnen, folgenden Gang der Elektrieität haben: Zunächst von a aus ans Ende der bis tief in II hineinreichenden Kathodenstrablen, dann rückwärts zum Beginn des bei r sich inserirenden secundä- ren negativen Büschels; in den Strahlen dessel- ben wieder nach vorwärts (zur Anode hin), und von den Enden der Strahlen, die in das positive Licht eindringen, nochmals rückwärts zur ersten positiven Schicht, um von da zum dritten Male die- selbe Bahn zu gehen. 5 7 Das secundäre negative Licht geht nun aber, wenn der Quer- schnitt der Verengung sich der Weite des (nach der Anode hin) anstossenden Röhrentheils nähert, continuirlich in eine Schicht des positiven Lichts über, und besondere Versuche lassen schliessen, dass bei geringen Dichten auch die Schichten in einander sich ausbreiten, länger sind als ihre scheinbaren Intervalle. Wie die Complication der an die gewöhnliche Vorstellung von der Entladung sich anschliessenden Annahmen dadurch weiter vermehrt wird, brauche ich nicht auszuführen. — Ich glaube nicht, dass man den bis hierher geschilderten Er- scheinungen gegenüber, deren Aufzählung sich noch sehr erweitern liesse, die gemeingültigen Anschauungen für sehr plausibel halten, und um der Conservirung dieser Anschauungen willen ein halbes Dutzend neuer Annahmen über unsichtbare Vorgänge unterschreiben a Sa a nn nn 1 Zu ee vom 22. Januar 1880. 97 wird, deren Realität sich in keiner erkennbaren Wirkung nach- weisen lässt. Speciell die am meisten adoptirte convective Auf- fassung des Entladungsvorganges dürfte in den Erfahrungen über die gegenseitige Durchdringung der verschiedenen Theile der Ent- ladung eine entschiedene Widerlegung finden. — Durch vieles Vergleichen und die Berücksichtigung aller an- scheinend wesentlichen Phaenomene des Gebiets bin ich zu fol- gender Auffassung gelangt: Das Kathodenlicht, jedes Büschel von secundärem negativem Licht, sowie jede einzelne Schicht des positi- ven Lichts stellen jedes für sich einen besondern Strom dar, der an dem der Kathode zugewandten Theile jedes Gebildes beginnt und am Ende der negativen Strahlen, bez. det Schicht- körper schliesst, ohne dass der in einem Gebilde fliessen- de Strom sich im nächsten fortsetzt, resp. ohne dass die Elektrieität, welche durch eines fliesst, auch der Reihe nach in die andern eintritt. Ich vermuthe also, dass ebenso viel neue Ausgangspunkte der Entladung auf einer zwischen zwei Elektroden gelegenen Gasstrecke vorhanden sind, als dieselbe secundäre negative Büschel oder Schichten zeigt, dass, wie nach wiederholt er- wähnten Versuchen, alle Eigenschaften und Wirkungen der an der Kathode auftretenden Entladung sich am secundären negativen Lichte und den einzelnen positiven Schichten wiederfinden, auch der innere Vorgang an diesen, wie an jener derselbe sei. Diese Auffassung löst dann, wie ich unten kurz zeigen werde, alle frühern Schwierigkeiten und macht die vorhin nöthigen mannigfaltigen Hilfshypothesen sämmtlich entbehrlich. Die ge- machte Annahme schafft aber nicht nur ein einfaches einheitliches Bild der zahlreichen Erscheinungen, die zunächst zu ihr führen, sondern es gibt noch eine grosse Anzahl von andern Erscheinun- gen, welche mit dieser Annahme ausserordentlich gut harmoniren, ja theilweise sie nicht nur als zulässig, sondern sogar als noth- wendig erscheinen lassen. Da nach oft angezogenen Versuchen das positive Licht nichts ist als eine Umbildung des negativen, so werde ich auch beim po- sitiven Lichte von Strahlen des elektrischen Lichts sprechen, und darunter den Inbegriff der leuchtenden Theilchen verstehen, welche auf einer Linie liegen, die die Richtung der Fortpflanzung von [1880] N 98 Gesammtsitzung irgend einem Punkte in der nach dem negativen Pol gekehrten Grenzfläche der Schicht bis an die zweite Grenzfläche darstellt. Aus meinen Versuchen habe ich nun den Satz abstrahiren können: Die Eigenschaften, welehe die Entladung in einem bestimmten Punkte ihrer Bahn zeigt, hängen nicht so- wohl ab von den Verhältnissen an dem betrachteten Punkte selbst, als vielmehr von den Verhältnissen an der Stelle, von welcher der durch den betrachteten Punkt gehende Strahl seinen Ursprung nimmt. Oder etwas anders ausgedrückt: Ein elektrischer Strahl hat in seiner ganzen Länge die Eigenschaften, welche die Entladung an seiner Ursprungsstelle besitzt, und welche durch die Beschaf- fenheit dieser Ursprungsstelle bedingt sind. Wenn z. B. zwei elektrische Strahlen in ganz gleich weiten, gleichgeformten Theilen desselben Entladungsgefässes verlaufen, dabei auch in Medien von genau identischer chemischer und physi- kalischer Beschaffenheit, so sind ihre Eigenschaften verschieden, wenn der Ursprung des einen Strahls in dem betrachteten Röhren- stücke selbst liegt, der andere aber von der Grenzstelle zwischen diesem Stück und einem andern von kleinerer Weite entspringt. Schon das angeführte Beispiel lässt erkennen, dass hierher auch alle die Erscheinungen über den Einfluss der Querschnitts- änderung auf den Charakter des Lichts als positiven oder nega- tiven Lichts gehören!). Ich will versuchen, durch ein frappantes Beispiel den ange- zogenen Satz anschaulich zu machen. In weiteren, mit Luft ge- füllten Röhren, z. B. Cylindern von 2 cm. und mehr Weite, hat das geschichtete positive Licht eine gelbrothe Farbe und giebt prismatisch analysirt das von Plücker und Hittorf beschriebene und abgebildete, aus zahlreichen hellen, dichtgedrängten Banden be- stehende Spectrum des Stickstoffs. Enge Cylinder dagegen zeigen bei denselben Dichten, wo weite gelbroth sind, blaues Licht, dessen Spectrum nur wenige der Banden deutlich erkennen lässt, welche das Spectrum des gelbrothen Lichts constituiren. Lässt man nun zwei weite Cylinder durch ein etwa 14 mm. !) Monatsber. d. Akad. 1876, p. 279. vom 22. Januar 1880. 99 weites Röhrehen eommunieciren, wie in Fig. 9, so Fig. 9. sind alle positiven Schichten in den beiden Cy- lindern gelbroth, und das Licht des engen Röhr- chens ist blau. Von der der Anode zugewandten Öffnung des Röhrchens aber breitet sich in den weiten Cylinder secundäres negatives Licht aus, dessen Strahlen in der Verlängerung des engen Röhrehens ganz dieselbe blaue Farbe und dasselbe Spectrum zeigen, wie das gesammte Licht des en- sen Röhrchen, von dessen Ende sie entspringen. Verlängern sich mit wachsender Verdünnung die Strahlen des secundären negativen Lichts, so zeigt auch die zukommende Verlängerung stets die blaue Farbe, und blaues Licht mit seinem eigenthümlichen Spectrum kann so an jeder vor- her von gelbrothem Licht eingenommenen Stelle des Cylinders erscheinen, wenn die secundären negativen Strahlen bis zu dieser Stelle sich aus- dehnen. Die dicht daran stossende erste positive Schicht zeigt gelbrothes Licht. Verbindet man mehrere hinter einander lie- sende gleich weite Cylinder durch verschieden weite in die Cylinder hineinragende Röhrchen von geringem Lumen, so besitzt das Blau, welches die engen Röhrchen bei geringer Dichte zeigen, je nach ihrem Lumen eine verschiedene Sättigung, indem mit zunehmender Weite sich Gelbroth dem Blau beimengt. Aus jedem Röhrchen tritt nun in den nach der Anodenseite angrenzenden weitern Oylinder ein Complex von secundärem negativen Licht, und namentlich der in der Verlängerung des Röhr- chens selbst verlaufende Mitteltheil eines jeden hat ze gerade dasjenige Blau (und zwar in seiner ganzen, mit der Verdünnung immer zunehmenden Länge), welches dem en- gen Röhrchen entspricht, von dem die seeundären negativen Strah- len entspringen. Dagegen zeigen die positiven Schichten in sämmtlichen Cy- lindern genau identische gelbrothe Färbung. 100 Gesammtsitzung Man wird gestehen müssen, dass diese mit zahlreichen ana- logen Erscheinungen ganz den Eindruck machen, als stellte jedes secundäre negative Büschel eine Bewegung dar, welche an der Ursprungsstelle des Büschels erregt, sich von da aus auf das angrenzende Medium überträgt; so weit die Erre- gung sich fortpflanzt, nimmt also jedes ergriffene Theilchen die charakteristische Bewegungsform an, welche an der Ursprungs- stelle der Büschelstrahlen erzeugt ist, — während bei einer’Ana- logie der Entladung mit der Leitung in Metallen und Elektrolyten für die Erscheinung in jedem Punkte nur die Verhältnisse an dem Punkte selbst maassgebend sein könnten. Je enger die zwischen den weiteren Gefässen eingeschalteten Röhrchen sind, desto reiner wird, wie erwähnt, ihr Blau, und desto mehr treten in dem von ihrem Licht gelieferten Spectrum . alle Banden desselben bis zum Erlöschen zurück, ausser 4 ganz be- stimmten, in denen fast alles Licht sich concentrirt. Man versteht jetzt, weshalb in einem gleichmässig weiten Gefäss, dessen positives Licht durchweg gelbroth ist, die Umgebung der Kathode aus blauem Licht besteht. Wir sahen, dass eine Kathode angesehen werden kann als ein System feiner leitender Poren in einer sonst isolirenden Ober- fläche; das Kathodenlicht muss also dann aus Strahlen be- stehen, welche die Eigenschaften des Lichts sehr enger Röhren besitzen, — und in der That stimmt nicht nur die Farbe der Kathodenstrahlen mit dem Blau enger Röhren überein, sondern das Spectrum des Kathodenlichts besteht auch gerade aus denselben 4 Banden mit denselben Nebenmaximis in analoger Helligkeits- vertheilung, welche dem Blau der engen Röhren angehören. Die von mir oben p. 97 ausgesprochenen Vermuthungen über den wahren Charakter einer anscheinend einfachen Entladung zwi- schen zwei Metallelektroden werden nun aber namentlich, wie mir scheint, unterstützt durch die Art der Einwirkung des Magneten auf die Entladung. Es geht daraus in der That hervor, dass jedes negative Büschel wie jede positive Schicht ein einheitliches Ganze für sich bildet. Jedes negative Büschel nämlich, Kathodenlicht wie secundäres negatives Licht, sowie jede einzelne positive Schicht rollt sich bei der Magnetisirung jede für sich zu einer einzigen magnetischen Curve zusammen, und zwar ganz unabhängig von der Ausdehnung, Er: WA vom 22. Januar 1880. 101 welche die Büschel und Schichten im unmagnetisirten Zustande _ zeigen. Ein 30 cm. langes negatives Büschel rollt sich ebenso nur zu einer einzigen magnetischen Curve zusammen, wie eine Schicht von 2 mm. Länge!). Ebenso giebt das von einem bestimmten Punkte ausgehende Büschel, das bei einer bestimmten Länge eine einzige Curve bildet, — wenn es durch Verdünnung auf die dreifache, fünffache, zehnfache Länge gebracht ist, doch immer nur eine einzige Curve, indem stets das Büschel z. B. bei der äquatorialen Stellung gegen die Magnetpole, sich von den Enden seiner Strahlen her einrollt, und indem die Windungen immer näher dem Ausgangspunkte liegende Theile des Strahls ergreifen, wird schliesslich die ganze Länge der Strahlen in die durch den Ausgangspunkt der Strahlen gehende magnetische Curve zusammengezogen. Ganz ebenso rollen die positiven Schichten, — welche ja Büschel seeundären negativen Lichts darstellen, die aus einem Rohr in ein unendlich wenig weiteres eintreten, — sich von ihren nach der Anode hingewandten Enden nach derjenigen Stelle hin auf, wel- 1) Die aus dem positiven Licht gebildeten magnetischen Ourven sind in der Nähe der Kathode und in der Nähe von secundären negativen Polen wie in Fig. 9 sehr deutlich in grosser Ausdehnung unterscheidbar. Dass man sie in den übrigen Theilen des abgelenkten positiven Lichts nicht in gleicher Weise wahrnimmt, liegt, wie ich schon in den Monatsber, d. Akad. 1876 (p. 282) bemerkte, an der Wandkrümmung der gewöhnlich benutzten Gefässformen. Die vom Magneten ausgeübten verschiebenden Kräfte treiben die Entladung, und somit die aus ihren Schichten gebildeten magnetischen Curven, nach der Gefässwand hin; ist die letztere nun in der Ebene der magnetischen Curve im selben Sinne stärker gekrümmt als die Curve, — wird die Wand von der Curve also geschnitten, — so kann die magnetische Curve nur so weit sichtbar bleiben, als sie im freien Gasraum zwischen den beiden Schnittpunkten liest. Durch diese Begrenzung seitens der geschnittenen Wand wird jede an die Wand getriebene magnetische Curve auf eine kurze, mehr oder weniger nahe punktförmige Strecke reducirt. Die Summe der zu den aufeinanderfolgenden Curven gehörigen Lichtpunkte giebt jene schmale Linie, als welche das magnetisirte positive Licht im grössten Theile seines Verlaufs gewöhnlich erscheint; bisher als ein einheitlich abgelenkter (an beiden Enden fixirter) Stromfaden angesehen, ist diese Linie vielmehr als eine Aufeinanderfolge kurzer magnetischer Curven zu betrachten. 102 Gesammisitzung che bei der erwähnten Auffassung als der Ausgangspunkt ihrer Strahlen zu betrachten ist: das ist die dem negativen Pol zugewandte Grenze der Schichten. Diese Grenze braucht in dem Gefässraum unter verschiedenen experimentellen Bedingungen nicht immer fixe Lage zu behalten; trotzdem rollen die Strahlen sich stets gegen den jeweiligen Ort ihres Ausgangspunktes hin auf. Sehr charakteristisch ist die Erscheinung, wenn im unmagne- tisirten Zustande das Kathodenlicht bereits tief in das positive Licht, über die erste Schicht desselben hinaus, eingedrungen ist. Das Ende des Kathodenlichts liegt dann also weiter von der Kathode ab als das Ende der ersten, und je nach der Verdünnung auch der zweiten, dritten ete. positiven Schicht. Gleichwohl rollt sich das Ende der Kathodenstrahlen bei der Magnetisirung bis zur Kathode hin in die durch letztere gehende magnetische Curve zusammen; und erst durch einen dunklen Zwischenraum getrennt folgt nach der Seite der Anode hin eine Curve, in welcher alle Strahlen der ersten positiven Schicht zusammengerollt sind, dann eine Curve der zweiten etc. Es zeigt dies, dass nicht die absolute Lage und Aus- dehnung der Strahlen ihre Einstellung durch den Magne- ten bedingt, sondern die enge Beziehung, welche zwischen allen Punkten eines Strahls und seinem Ausgangspunkte besteht, durch welche jeder von einem bestimmten Punkte ent- springende Lichtcomplex als ein einheitliches, zusammen- hängendes Ganze erscheint. — Im Sinne der hier vertretenen Vermuthungen setzen die auf- einanderfolgenden Schichten der Entladung sich nicht in einander fort, auch wenn sie durch die Verlängerung ihrer Strahlen dicht aneinandergrenzen oder sich sogar theilweise räumlich decken. Wenn jede einzelne Schicht demnach zu einer einzelnen Curve zusammengewickelt wird, so werden diese Curven im Allgemeinen distinct sein müssen, nicht, wie es bei einer Fortsetzung des Stromes aus einer in die andere der Fall wäre, zu einer zusammen- hängenden Lichtfläche zusammenfliessen. In der That beobachtet man, wenn der Magnet die Schichten zu magnetischen Curven zusammengerollt hat, dass die Curven getrennt erscheinen, und dass zwischen jeder und der auf sie folgenden sich ein dunkler Zwischenraum befindet. vom 22. Januar 1880. 103 Nur wenn die Verdünnung so gross und der Entladungsraum so eng ist, dass schon vor der vollständigen Magnetisirung der Schich- tung das Licht sich verwischt, zeigt auch das magnetisirte Licht in dem betreffenden Röhrentheil keine deutliche Sonderung der Curven mehr. — Die stärkste Stütze findet, wie mir scheint, die Annahme einer Mehrheit unter sich zusammenhangsloser Ströme für die die Elek- troden verbindende Entladung durch die Betrachtung der spe- ciellen Form der magnetischen Einwirkung auf die elektrischen Strahlen. Für die Kathodenstrahlen wurde die Art dieser Einwirkung schon dureh Hittorf (Pogg. 136, p. 213 ff.) ermittelt und dar- gestellt; in meinen Versuchen ergab sich dann, dass die von Hit- torf gefundenen Resultate entgegen den seit Plücker giltigen An- schauungen auch für jede einzelne positive Schicht maassgebend sind — im Einklang mit dem nun schon oft berührten Ergebniss, dass jede Schicht als ein modifieirter Complex von negativem Licht zu betrachten ist. Nehmen wir nun zunächst an, die Entladung bilde wirklich von der Kathode bis zur Anode einen einzigen Strom. Dann wird der Magnet z. B. in der äquatorialen Lage auf die Entladung wir- ken wie auf einen an seinen beiden Enden (hier den Elektroden) fixirten ausdehnsamen, biegsamen Leiter, der in derselben Lage von einem entsprechend gerichteten Strom durchflossen wird. Die Form der magnetisirten Lichtsäule wird dann ein in der Äquatorial- Ebene von einer Elektrode zur andern sich hinüber- schwingender Bogen sein, — aber niemals würde der Strom sich zu einer magnetischen Curve aufwickeln. Würde der Magnet jedoch auf einen Leiter wirken, der am einen Ende fixirt, am andern aber ohne Zusammenhang, frei ist, so würde die Bewegung eines solchen Leiters genau der eines magnetisir- ten Kathoden- oder Schichtstrahls entsprechen, und ein Büschel soleher von einem festen Punkt ausgehender, am zweiten Ende sämmtlich freier linearer Leiter würde magnetisirt genau die For- men eines einzelnen von einem Punkt ausgehenden Büschels Ka- thodenlicht z. B. zeigen. Die magnetische Curve, in die ein solches Büschel sich zusammenrollt, kommt nämlich nach Hittorf’s Untersuchungen, die ich aus häufiger Wiederholung bestätigen kann, in folgender Weise zu Stande. 104 Gesammisitzung Das Büschel besteht aus einem Vollkegel divergenter Strahlen. Die nahe um die Axe gelagerten Strahlen des Kegels heben sich durch grössere Helligkeit stets von den weiter nach aussen gele- genen deutlich ab; liegt also die Kegelaxe genau äquatorial, so kann an dem hellen Mittelbüschel die Bewegung der Strahlen gegen den Magneten bei äquatorialer Einwirkung erkannt werden. Dieses Bündel nun geht mit wachsender Stärke des Magnetis- mus aus einem geraden Lichtfaden in eine zuletzt äusserst enge, ebene Spirale über, deren Ebene mit der Äquatorial- Ebene selbst zusammenfällt. Bei grosser Stärke des Magneten liegt der Durchmesser der Spirale schliesslich unterhalb 1 mm., so dass sie als nahe ein Lichtpunkt erscheint. Liegt die Kegelaxe aber schräg gegen die Äquatorial- len so zeigen die Deformationen des hellen Mittelbüschels die Einwir- kung des Magneten auf diejenigen Strahlen, welche grössere Win- kel mit der Äquatorial-Ebene bilden. Ein solches schräges Bündel rollt sich magnetisirt zu einer Schraubenspindel auf, deren Win- dungen um so höher sind, je grösser derWinkel der Strahlen ge- gen die Äquatorial-Ebene, und um so enger, je näher sie dem Ma- gnetpol liegen. | Mit wachsender Stärke des Magnetismus legen sich die Win- dungen dieser Schraubenlinien, von denen die vorerwähnte ebene Spirale einen speciellen Fall bildet, immer enger um die magne- tische Curve, welche durch den Ausgangspunkt der Strahlen geht, und gehen für das Auge schliesslich in sie über, Eigentlich ist die magnetische Curve also nur die geometrische Axe der wahren Form des magnetisirten Lichts. Man sieht aus dem Angeführten, dass die Formen der magne- tisirten Strahlen die sind, welche‘ein von einem gleichgerichteten Strome durchflossener, gegen den Magnet gleichgelagerter, mit einer gewissen Steifigkeit begabter, linearer Leiter annehmen ‘ muss, wenn derselbe einseitig fixirt, am andern Ende aber frei ist. Wirkte nun der Magnet auf einen aus mehreren in Richtung des Stromes aufeinanderfolgenden Stücken zusammengesetzten Leiter, welche Stücke sämmtlich am einen, dem negativen Pol zugewand- ten Ende fest, oder wenigstens senkrecht zur Stromrichtung schwer verschiebbar, am andern Ende aber frei wären, — so würde ein solches System, indem es sich in ebensoviel einzelne magnetische Curven deformirte als einzelne Ströme vorhanden sind, genau die vom 22. Januar 1880. 105 Erscheinungen zeigen, welche die geschichtete Entladung gegenüber dem Magneten darbietet. Diese Erscheinungen wären hingegen unmöglich, wenn alle Schichten zusammen einen einzigen an Kathode und Anode sich inserirenden Strom bildeten. Unmittelbar anschaulich zeigt sich die Zusammenhangslosigkeit der einzelnen Theile der Entladung, z. B. des Kathodenlichts mit der ersten Schicht des positiven Lichts, hierbei noch in Folgendem: Wenn die Kathodenstrahlen sich spiralig einrollen, so folgt die erste Schicht des positiven Lichts keineswegs dem Ende des negativen Strahls auf seinen Umläufen, — sondern die Schicht bleibt ausserhalb der ganzen Spirale, an ihrer der Anode zuge- wandten Seite, ohne mit dem im Innern der Spirale liegenden Strahlenende irgendwelche Berührung zu haben. Analog verhält sich jede Schicht gegen die nach der negati- ven Seite voraufgehende Schicht des positiven Lichts. — Wie die von mir angedeutete Ansicht die oben dargelegten, aus der bisher üblichen Auffassung fliessenden Schwierigkeiten beseitigt, übersieht man schliesslich leicht: Von der Kathode, wie von einer Anzahl zwischen den beiden Elek- troden liegender Punkte, welche den Grenzen der positiven Schichten nach der Kathode hin entsprechen, gehen ungeschlossene Ströme aus, die auf ihrem Wege das verdünnte Gas zum Leuchten brin- gen, um so weiter reichend, je grösser die Verdünnung ist. Ist nun bei nicht sehr grosser Verdünnung die Länge der von der Kathode ausgehenden Entladung noch kürzer als das Intervall zwischen der Kathode und der nächsten Entladungsstelle (von der die erste po- sitive Schicht ausgeht), so muss zwischen Kathodenlicht und erster positiver Schieht sich ein von keiner Entladung durchflosse- ner Raum befinden, in welchem also auch kein Entladungslicht auftritt, der sogenannte Dunkle Raum. Wächst die Stromlänge der Kathodenentladung bei der Ver- dünnung, so dass sie gleich dem Intervall zwischen Kathode und der nächsten Entladungsstelle wird, so erreichen die Kathoden- strahlen das positive Licht, — der Dunkle Raum ist ver- schwunden. Wird die Stromlänge der Kathode noch grösser, als jenes Intervall, so setzt das Kathodenlicht sich in denjenigen Raum fort, in den von der zweiten Entladungsstelle her ebenfalls ein Strom sich 106 Gesammtsitzung ergiesst, — das Kathodenlicht ist in das Po Licht hineingedrungen. Ganz ebenso erklärt sich dann die Entstehung des dunklen Raumes zwischen jedem Büschel secundären negativen Lichts und der darauf folgenden Schicht; es erklären sich die dunkeln Räume, welche die Schichten zwischen einander bei relativ geringen Ver-. dünnungen zeigen, während sie bei stärkerer Evacuation unmittelbar an einander stossen etc. Ebenso enthalten die unter die bisherigen Anschauungen nicht zu rubricirenden Erscheinungen, die p. 89—96 für verschieden ge- formte und gelagerte Kathoden angeführt wurden, jetzt nichts Räthselhaftes mehr, und von einem Hin- und Hergehen der Elektri- cität, von wiederholten Ziekzackbahnen der letztern, von einer neuen, lichtlosen Entladungsart etc. ete. braucht, wie man sieht, jetzt keine Rede mehr zu sein. Berlin im Januar 1878. 11. Über elektrische Lichterscheinungen in Gasen. Über neue Phosphorescenz-Wirkungen der elektrischen Entladung. Die Phosphorescenz, welche die Kathodenstrahlen verursachen, war bisher das einzige Beispiel einer von einer unmessbar dünnen Schicht der Entladung ausgehenden und darum ganz scharfe Bilder darstellenden Lichterregung auf festen Flächen. Die Bilder sind die Durchschnitte der elektrischen Strahlenbündel mit der Wandung. Es gelang mir, noch zwei Arten solcher Phosphorescenzerre- gung im letzten Jahre aufzufinden, resp. frühere gelegentliche Beobachtungen jetzt durch ausgedehntere, planmässige Versuche zu allgemeiner gültigen Resultaten umzugestalten. | Die erste der zu besprechenden neuen Phosphorescenzerre- gungen, tritt ebensowohl bei denjenigen Dichten auf, in welchen Kathodenstrahlen die bisher behandelte Phosphorescenz erregen, als auch bei a la die mehrere tausend Mal stärker sind als jene: bei „4, mm. Druck sowohl, wie sogar bei Fon Inehte, vom 22. Januar 1880. 107 Diese Art der Phosphorescenz lässt sich beobachten, wenn man eine Elektrode des Entladungsgefässes mit einem feinen phosphorescenzfähigen Pulver umgibt, das den Raum zwischen Elektrode und Wand rings erfüllt, und auch das freie Ende der Elektrode noch überragt. Wenn man dann (während die Zuleitungs- ringe beider Elektroden mit dem Inductorium in leitender Verbin- dung stehen) die äussere Gefässwand um die Pulvermasse an einer Stelle ableitend berührt, so gehen von dem ableitenden Körper zur Glasfläche verästelte, sternartige Entladungen über, ähnlich denen, die man bei Erzeugung Lichtenberg’scher Figuren im Dunkeln auf der nichtleitenden Platte, welcher die Elektricität zuführende Spitze gegenübersteht, beobachtet. Ausser diesen äussern Entladungen zeigen sich aber noch an- dere in der Umgebung der berührten Stelle zwischen der Innenwand und der sich ihr anschmiegenden Oberfläche der Pulvermasse. Auch diese Entladungen sind verzweigt, sie lassen aber im Allgemeinen eine viel reichere Verästelung, viel zierlichere dendritische Formen erkennen. Diese innern Entladungen nun bringen die Oberfläche der Pulvermasse zum Leuchten; dieses Leuchten aber breitet sich nicht gleichmässig über die Fläche aus, sondern es stellt Muster von einer überraschenden Feinheit der Zeichnung dar, in denen sich die getreuen Abbilder aller dem Auge erkennbaren Veräste- lungen der Entladung wiederfinden. Die Phosphorescenz -Zeich- nung zeigt aber ausserdem noch eine erstaunliche Menge feinerer Verästelungen, die das Auge in der erzeugenden Entladung selbst nicht zu erkennen vermag. Da dies von der Entladung erregte Phosphorescenzlicht viel heller ist, als das von der Entladung unmittelbar emittirte Licht, so ist wohl mit Recht zu vermuthen, dass die Phosphorescenz in den feinen Verästelungen Theile der Entladung zur Wahrnehmung bringt, die für die directe Beobach- tung zu lichtschwach sind, und für deren Studium sich die Phos- phorescenzerregung somit als ein nützliches Hilfsmittel erweist. Ich hoffe später zeigen zu können, dass das Studium solcher verästelter Büschelentladungen für eine nähere Erkenntniss des zer ecoynv sogenannten elektrischen Funkens und des Gewitter- blitzes durchaus nothwendig sein dürfte. Die grüne Phosphorescenz, welche in fein gestossenem Hohl- glas durch solche Entladungen erzeugt wird, war bei abnehmender 108 Gesammtsitzung Gasdichte bereits erkennbar, als die Luft des Entladungsgefässes auf 50 mm. evacuirt war, und am pulverisirtem Kalkspath zeigte sie in prächtig orangerothen Mustern sich sogar schon bei atmo- sphärischem Drucke. Mit abnehmender Gasdichte nimmt die Helligkeit des Phosphokl escenzlichts zu, und zugleich wächst die Flächenausdehnung der Bilder, wie ihr Reichthum an feinen und zierlichen Detailzeich- nungen. Anstatt diese Phosphorescenz bei Verbindung beider Elektro- den mit dem Inductorium durch Berührung der Aussenwand mit- telst eines nichtisolirten Leiters zu erzeugen, kann man dieselbe und zwar in gesteigerter Vorzüglichkeit auch dadurch hervorbringen, dass man den zur nicht umhüllten Elektrode führenden Poldraht von letzterer ablöst und sein Ende statt des neutralen Leiters an der innen vom Pulver berührten Wandung (aussen) ansetzt. Man bemerkt alsdann, dass die leuchtenden Figuren verschiedenen Habi- tus besitzen je nach der Polarität des aussen angesetzten Drahtes. Diese Phänomene gehören zu den schönsten im Gebiete der durch Elektrieität hervorgerufenen Lichterscheinungen. Weniger effectvoll in den Formen ihrer Erscheinung ist die zweite neue Art der Phosphorescenz, die zu nicht unwichtigen Auf- schlüssen über das sogenannte positive Licht der Entladung führt. Während das Kathodenlicht in steifen und sgeradlinigen Strahlen sich ausbreitet, schien es, als ob das positive Licht stets aus Büscheln schmiegsamer, um jede Biegung des Entladungsrohrs sich herumwindender Strahlen bestände, — wenn hier bei dieser grossen Abschwächung der Eigenschaften des negativen Lichts der Ausdruck Strahlen überhaupt noch angebracht war. Diese Auffassung wird durch Versuche, die ich während des letzten Jahres angestellt habe, entschieden widerlegt, wenigstens für das positive Licht bei sehr geringen Dichten des durch- strömten Gases. Wenn das positive Licht ein stark evacuirtes Cylinderrohr erfüllt, das an irgend einer Stelle eine Biegung hat, ohne dabei seinen Querschnitt zu ändern (s. nebenstehende Figur), so beobach- tet man Folgendes: An der Biegung tritt an der Seite des Rohres, welche die Convexität der vom 22. Januar 1880. 109 Biegung bildet, eine helle Phosphorescenzfläche auf. Die Fläche ist ein Halboval, resp., da eine Begrenzung an der einen Seite nicht zu erkennen ist, von parabolischem Umriss,. Die Axe der Parabel liegt in derjenigen Ebene, durch welche das gebogene Rohr in zwei congruente Längshälften zu zer- schneiden ist. Die Fläche ist namentlich um den Scheitel herum scharf begrenzt; der Scheitel ist nach dem positiven Ende des Rohres gekehrt; an der entgegengesetzten, der Kathode zugewand- ten Seite verliert sie sich in ungewisser Begrenzung. — Nennt man Breite der Fläche ihre grösste Ausdehnung senkrecht zur Axe, gemessen auf dem Umfang des Rohres, so ist diese Breite etwas geringer als der halbe Umfang des Rohres. Die Fläche reicht mit ihrem scharf begrenzten Ende ein wenig nach der positiven Seite über diejenige Linie hinaus, in welcher die Leitlinien der inneren Wandung desjenigen Schenkels der Biegung, welcher nach der negativen Seite liegt, verlängert den andern Schenkel schneiden würden. Bringt man an dem Entladungsrohr nicht blos eine, sondern mehrere Biegungen an, so tritt an der Öonvexität einer jeden einzelnen eine Phosphorescenzfläche von der Beschaffenheit der eben beschriebenen auf. Daraus geht hervor, dass die Phosphorescenz nicht verur- sacht wird durch die Strahlen der Kathode; denn diese könnten höchstens ein Leuchten an der ersten Biegung veranlassen, über die erste Biegung, ihrer geradlinigen Ausbreitung halber, aber nicht hinausreichen. Das positive Licht selbst bringt also die Phosphorescenz hervor. Die Phosphorescenz der Biegungsflächen wird, wie die vom Kathodenlicht hervorgerufene, durch eine nur ganz dünne, un- mittelbar der Wand anliegende Schicht erzeugt. Dies folgt aus der scharfen Begrenzung, welche die Fläche an ihrer dem positiven Gefässende zugekehrten Seite zeigt. Zwei- tens folgt es daraus, dass von nahe der Biegung passend aufge- stellten isolirten Drähten scharfe Schatten auf den phosphoresci- renden Theil der Rohrwand geworfen werden. Die letztere Erscheinung beweist zugleich, dass die elektrische Bewegung, welche im positiven Lichte sich manifestirt, eine regel- mässige Ausbreitung hat. 110 Gesammtsitzung Stellt man statt eines schattenwerfenden Drahtes zwei auf, welche beide in eine Ebene fallen, die identisch oder parallel ist mit jener Ebene, welche das gebogene Stück in congruente Längs- hälften theilt, so decken sich die Schatten beider Drähte. Dar- aus folgt, dass die regelmässige Ausbreitung des positiven Lichts speciell geradlinig ist. | Die Lage des Schattens endlich zeigt an, dass die Phosphores- cenz erregt wird durch Strahlen, die sich, sehr nahe der Röhren- axe parallel, von der Seite der Kathode her nach der posi- tiven Seite hin ausbreiten. Dass die geradlinige Ausbreitungsrichtung nicht als vollkom- men coincident mit der Richtung der Axen in den eylindrischen Stücken bezeichnet werden kann, folgt aus der vorhin angegebenen Thatsache, dass die Fläche nach der positiven Seite sich ein wenig über den Durchschnitt des negativen Schenkels der Biegung mit dem positiven Schenkel erstreckt. Die Beobachtungen an einem weiter unten zu beschreibenden Gefässe ergeben, dass die Abweichung der Strahlen von der Axen- richtung rings um das ganze Bündel, nach allen Seiten gleichmäs- sig stattfindet. Daraus ergibt sich, dass die Strahlen des positi- ven Lichts nicht untereinander parallel verlaufen, sondern dass sie ein konisches Büschel von schwacher Apertur mit kreisförmigem Querschnitt bilden. Wir sehen die Phosphorescenzflächen an den Biegungen somit an als die leuchtenden Durchschnitte der die negativen Schenkel der Biegung durchfluthenden Lichtsäule mit der Gefässwand, und wir sind im Ganzen zu folgender Anschauung von dem positiven Lichte in cylindrischen, stark evacuirten Röhren gelangt: Das positive Licht stark verdünnter Gase besteht aus geradlinigen Strahlen, die sich von der negativen nach der positiven Seite fortpflanzen. Die Strahlen bil- den ein schwach konisches Büschel, dessen Axe die Mittelaxe des Cylinderrohres ist; wo dieses Büschel die Gefässwand schneidet, erregen die der Wand unmittelbar anliegenden Theile der Strahlen in ihr Phosphorescenz- licht. Die in diesen Eigenschaften liegende Analogie zwischen den Strahlen des positiven Lichts und den Kathodenstrahlen ist in die Augen springend. Ich untersuchte, ob diese Analogie nicht bis vom 22. Januar 1880. | 111 zur Negation einer dem positiven Lichte bisher stets zugeschriebe- nen, charakterisirenden Eigenschaft ginge: nach den bisherigen An- gaben schlägt das positive Licht stets den kürzesten Weg von seiner der Kathode zugekehrten Grenze nach der Anode ein; während das Kathodenlicht seine Strahlen unabhängig von der Lage der Anode ausbreitet, sei der Verlauf des positiven Lichts von der Anodenlage wesentlich bedingt. Gefässe von der durch Fig. 10 angedeuteten Form dienten zur Prüfung, ob das Verhalten des positiven Lichts in der That den bisherigen Auffassungen ent- spricht. Das ganze Gefäss ist mit Ausnahme der ellipsoidischen Elektrodenbehälter A und B aus einem und demselben Rohrstücke gefertigt. Beim Aneinandersetzen der einzelnen Theile bei «, £, y wurde darauf geachtet, dass an den Zusammenfügungsstellen kei- ne Erweiterungen oder Verenge- rungen des Röhrenlumens ein- Fig. 10. träten, In einem concreten Falle war das Gefässrohr l cm. weit, die Distanzen zwischen den Stellen « und £, £ und y betrugen 6 cm., die blindsackförmigen Fortsetzungen x reichten jede 2 cm. über die Mündung des im rechten Winkel angesetzten Rohres hinaus. Ist die Röhre nun stark evacuirt, und functionirt Z als Ka- thode, so erhält man (Fig. 11) das folgende Erscheinungsbild der Entladung: Das positive Licht (bei dieser Dichte lila und bei der stärk- sten Evacuation blau) breitet sich von der Mündung des Kathoden- gefässes B durch den Schenkel 7 aus, bis seine geradlinigen Strah- len an die Wand der ersten Biegung stossen und (bei b) eine grüne Phosphorescenzfläche von der früher beschriebenen Form hervor- rufen. Kurz hinter der Biegung zeigt das positive Licht ein schräg- gestelltes Helligkeitsmaximum, das nach der negativen Seite hin gut begrenzt ist und sehr schnell abfällt, während nach der posi- tiven Seite hin die Helligkeit sehr allmählig geringer wird; die B 112 Gesammtsitzung im Schenkel 2 verlaufenden positiven Strahlen erreichen bei y den Schenkel 3, biegen aber nicht sogleich nach der Axe von 3 um, sondern setzen sich als ein rings wohlbegrenz- tes, schwach konisches, zur Axe von 2 symmetrisches Bü- schel bis zu der der Mündung y gegenüberliegende Wand- stelle von 3 fort; der Durch- schnitt dieser Stelle mit dem aus y hervortretenden Büschel erscheint als eine helle, rings- um scharf begrenzte, grüne Phosphorescenzfläche. Neben dem Büschel findet sich in 3 wieder ein neues Maxi- mum des positiven Lichts, von dem Büschel durch einen matt er- hellten Zwischenraum getrennt. Das Maximum ist, wie das erste, nach der negativen Seite convex, die Helligkeit nach derselben Seite rasch, nach der positiven Seite allmählig abfallend, — also ganz das Bild der schalenförmigen nach der Kathode gekehrten Grenze einer positiven Schicht; die Axe des Schalenmaximums fällt hier auch zusammen mit der Mittelaxe von 3. Der neben dem aus y hervor- tretenden Büschel liegende blinde Fortsatz x bleibt völlig leer und lichtlos. Ganz identische Erscheinungen zeigen sich bei & und «; auch hier treten wohlumgrenzte Büschel hervor, die sich bis zu der der Mündung gegenüberliegenden Wand verlängern und da wo sie dieselbe schneiden, scharfumgrenzte Phosphorescenz- flächen erzeugen. Auf jedes Büschel bei 2 und « folgt ein sym- metrisch zur Axe des Rohrstücks gestelltes positives Maximum; auf das Büschel, das an der Biegung bei a eine grüne Fläche er- zeugt, wieder ein schräg gestelltes Maximum des positiven Lichts. Die blinden Fortsätze x bleiben überall leer und dunkel. Wird nun die Stromrichtung umgekehrt, so bietet die Entladung das folgende Bild (Fig. 12): Das an der Mündung von 6 beginnende positive Licht erregt an der Biegung bei a eine grüne Fläche, deren scharfbegrenzte Seite aber jetzt umgekehrt wie vorhin gerichtet ist: nach 5 statt vom 22. Januar 1880. 113 wie vorher nach 6. Hinter der Biegung liegt wieder ein schräges positives Maximum, das nach der negativen Seite scharf abfällt; die positiven Strahlen in 5 biegen nicht bei « nach dem Rohr 4 um, sondern verlängern sich mit abnehmender Dichte immer mehr in den Fortsatz x hin- ein, bis sie denselben voll- ständig erfüllt haben; am ge- schlossenen Ende von «& tritt alsdann grüne Phos- phorescenz auf; hingegen zeigt sich jetzt keine Phos- phorescenz an dem der Mündung « gegenüberliegenden Stücke von 5. Am Eingang von 4 liegt wieder ein schaliges positives Maximum, über dem das Bündel in 5 deutlich gesondert verläuft. Dieselben Erscheinungen treten an allen entsprechenden Stellen des Gefässes auf, wie die Figur es andeutet: das positive Licht schlägt auch bei © und bei y nicht den kürzesten Weg zur Anode, also mit Umgehung der Fortsätze ein, sondern dehnt sich bis ans Ende der Fortsätze aus und erregt hier Phosphorescenz. Die letz- tere fehlt, wie gegenüber «, auch gegenüber & und y. Die Versuche zeigen somit: Wie das Kathodenlicht breitet auch das positive Licht mit wachsender Gasverdünnung sich in gerader Richtung so weit aus, als die Raumverhältnisse des Entladungsgefässes es gestatten; es erfüllt jeden Raum, der in der Richtung seiner Strahlen, ohne eine feste Wand schneiden zu müssen, erreicht werden kann, auch wenn der Weg zu diesem Raum und bis zu seiner Begrenzung ab- weicht von dem kürzesten Wege nach der Anode. Über die Crookes’sche Theorie der Entladungserscheinungen. W.Crookes hat in Phil. Mag. Jan. 1879 eine Theorie der Phosphorescenzerregung durch die elektrischen Strahlen aufgestellt, welche diese Erregung in nahe Beziehung bringt zu der (von der [18so] 8 114 Gesammtsitzung Oberfläche der Kathode ab gezählten) zweiten Schicht des Katho- denlichts. Hr. Crookes glaubt, dass die Entladung an der Ka- thode in einem Fortschleudern von an der Kathodenfläche elektrisch geladenen Gastheilchen bestehe; diese Gastheilchen drängten die nicht geladenen Moleküle bis auf eine gewisse Distanz von der Kathode vor sich her, und es entstände so ein Raum um die Ka- thode, der nur mit abgeschleuderten Molekülen erfüllt sei; da die Theilchen normal zur Oberfläche abgeschleudert würden, so wären bei einem geraden Draht oder einem ebenen Blech die Bahnen der abgeschleuderten Theilchen im ersten Fall sämmtlich divergent, im zweiten sämmtlich parallel, so dass die abgeschleuderten Theilchen unter einander keine Collisionen erleiden könnten. Nur die Col- lisionen der Theilchen unter einander aber sind nach CGrookes die Ursache ihres Leuchtens; demnach erscheint jener nur von abge- schleuderten Theilchen erfüllte Raum als ein lichtloser. Dieser Raum dehnt sich mit zunehmender Gas-Verdünnung nach allen Richtungen aus, und wenn sein Durchmesser gleich dem Abstande der Kathode von der Wand geworden ist, — wobei die abge- schleuderten Theilchen dann also, ehe sie mit andern Gastheilchen collidirt sind, auf die Glaswand auftreffen, — so regen sie die- selbe unmittelbar zum Leuchten an. Ich erwähne demgegenüber: 1). Die zweite Schicht des Kathodenlichts kann nicht aus von der Kathode lichtlos abgeschleuderten Molekülen bestehen; denn die Kathode wird unmittelbar von einer hellen, der gelbgefärbten ersten Schicht umhüllt; [es wäre irrthümlich, diese Schicht etwa als eine secundäre Glüherscheinung hervorgerufen durch verdampf- tes Natrium anzusehen; ihr Spectrum ist das Spectrum der Luft frei von Natriumlinien;]!) 2) die zweite Schicht selbst ist auch nicht liehtlos, sondern deutlich blau gefärbt; [bei der minimalen Dichte des leuchtenden Gases involvirt dies ein sehr starkes Emissionsvermögen des- selben ;]?) 3) die Strahlen des Kathodenlichts sind geradlinig, sowohl innerhalb der dritten, wie innerhalb der zweiten Schicht eines ge- raden Kathodendrahtes.. Die Crookes’sche Theorie setzt aber implieite voraus, dass die Entladung, also auch die abstossende 1) 2) [] Zusätze bei der Correctur. vom 22. Januar 1880. 115 elektrische Ladung an der Kathode mindestens so lange dauert, bis die erstabgeschleuderten Theilchen den Durchmesser der zwei- ten Schicht durchlaufen haben; daraus würde folgen, dass die Strahlen mindestens innerhalb der zweiten Schicht hyperbolisch gekrümmt sein müssen. Denn die abgeschleuderten Theilchen müs- sen, so lange die abstossende Ladung dauert, den Kraftlinien folgen; die Form der letztern aber bestimmt sich daraus, dass die Niveauflächen des elektrischen Potentials um einen geraden dünnen Draht confocale Ellipsoide sind. Die vorstehend geltend gemachten Erfahrungen erhielt ich schon vor längerer Zeit; indess stellte ich der Crookes’schen Theorie halber auch einige Versuche neu an, die ich im Umriss skizziren will. In einem Cylinder fungirte als Kathode ein ebenes Blech schräg gegen dieses Blech war eine phosphorescenzfähige ebene Platte aufgestellt, so dass bei Dichten, in welchen die Entladung Phosphorescenz erregt, ein Theil dieser Platte innerhalb, ein Theil ausserhalb der zweiten Schicht des Kathodenlichts lag. Da nach Crookes die zweite Schicht im Gegensatz zu den äussern Theilen des Kathodenlichts nur aus noch collisionslosen Theilchen besteht, und die Phosphorescenz der Wandung nur durch den Stoss solcher, vorher noch nicht aufgefangener Moleküle hervorgebracht wird, — so müsste die Durchschnittslinie der Leuchtplatte mit der äussern Contour der zweiten Schicht sich scharf markiren als Grenze eines Gebietes heller Phosphorescenz gegen eine matt oder gar nicht leuchtende Fläche: den Durchschnitt der Platte mit den äussern Theilen des Kathodenlichts. Die Beobachtung ergiebt in- dess, dass eine solche Scheidelinie in keiner Weise angedeutet ist; die Helligkeit der leuchtenden Platte ändert sich ganz stetig von Punkt zu Punkt, und ist im Bezirk des äussern Kathodenlichts, das nach Crookes fast ausschliesslich aus collidirenden, zur Phos- phorescenzerregung unfähigen Theilchen gebildet ist, noch sehr in- tensiv. Hr. Crookes hat in einzelnen Fällen ebenfalls constatiren müssen, dass Flächen, die ausserhalb der zweiten Schicht lagen, noch phosphoreseirten. Zur Erklärung nimmt er an, dass einzelne Moleküle die mittlere freie Weglänge der abgeschleuderten Theilchen stark überschreiten, und so ausserhalb der zweiten Schicht liegende Phosphorescenzschirme erreichen und zum Leuchten anregen. g* 116 Gesammtsitzung Die mittlere freie Weglänge der abgeschleuderten Theilchen fällt nach Crookes zusammen mit der von der kinetischen Gas- theorie berechneten mittlern freien Weglänge in einem Gase von der Beschaffenheit des in der Entladungsröhre enthaltenen Gases. Ich liess eine cylindrische Röhre von 90 cm. Länge herstellen, deren Kathode ein am einen Ende der Röhre senkrecht zur Cy- linderaxe aufgestelltes ebenes Blech war. Als die zweite Schicht eine Dicke von 6 cm. erreicht hatte, phosphoreseirte das entgegen- gesetzte Ende des Cylinders hell unter dem Einflusse der bis dahin ausgedehnten Kathodenstrahlen. Nach Untersuchungen von Hrn. E. Hagen, Assistenten am hie- sigen physikalischen Institut, ist die geringste, mit einer Quecksilber- pumpe herzustellende Dichte eines Gases bei der von mir be- nutzten Construction gleich „4, mm, Quecksilberdruck. Nehmen wir an, dass diese kleinste mögliche Dichte in meinem Versuche erreicht war, so würde die ihr entsprechende mittlere Weglänge, in Anlehnung an den von Maxwell für atmosphärische Dichte gegebenen Werth, doch erst 0,00006..760.125 mm: = 5,7 mm. sein. Hingegen zeigt nach der oben angeführten Beobachtung die Weite der zweiten Schicht sich factisch mehr. als zehnmal grösser. Da eine von der Kathode fast 90 cm. entfernte Fläche bei derselben Dichte hell phosphoreseirt, so müsste eine beträchtliche Anzahl Theilchen die mittlere Weglänge um das 150 fache über- schreiten. Die Wahrscheinlichkeit hierfür für ein einzelnes Theil- chen wäre e”"", oder ungefähr 7.10”®. Das Entladungsgefäss hatte einen Inhalt von nahe 4 Liter. Nach Thomson enthält ein Kubik- zoll Luft aha en Dichte und Temperatur eine Anzahl von 3.10% Molekülen. In unserm Gefäss wären bei der angenomme- nen Dichte enthalten etwa 2.10”. Es ist also die Wahrschein- lichkeit, dass auch nur ein einziges von den an der Kathode aus- geschleuderten Theilchen ohne vorherige Oollision den Gefässboden erreicht, durchaus verschwindend. Der Werth dieser Wahrscheinlichkeit fällt noch kleiaee aus, wenn wir ausser der Dichte des Gasresiduums noch die Spannung des in den Pumpenräumen vorhandenen Quecksilberdampfes in Rechnung ziehen. — vom 22. Januar 1880. 117 Hr. Crookes hat in verschiedenen Veröffentlichungen unter an- dern auch die Behauptung ausgesprochen, dass die Kathodenstrahlen stets senkrecht zu der emittirenden Fläche sich ausbreiten. Als Beleg dafür wird ein Versuch mit einem als Kathode benutzten kleinen sphärischen Hohlspiegel angeführt, bei welchem die an der Wand auftretende Phosphorescenzfläche auf einen Punkt sich re- ducirt, wenn die Wand gerade den Krümmungsmittelpunkt des Hohlspiegels aufnimmt. Nach meinen Erfahrungen über Strahlen- ablenkungen war ich überzeugt, dass die Thesis von Crookes nicht richtig sein konnte, und nach Beobachtungen, die ich selbst früher an verschiedentlich gekrümmten Kathoden angestellt hatte, vermuthete ich, dass auch das als Beweis von Crookes angeführte Experiment unvollständig beschrieben sei. Zur Prüfung meiner Vermuthung stellte ich Versuche mit einem als Kathode fungirenden sphärischen Hohlspiegel an, dessen Öffnung 214 mm., dessen Krümmungsradius 124 mm. betrug. Es ergab sich, dass wenn der Spiegel die von Crookes ge- wählte Lage gegen die Wand hatte, allerdings unter bestimmten Umständen die Phosphorescenzfläche des Kathodenlichts sich auf einen Punkt reducirte; aber bei constant gelassener Spiegel- lage konnten sowohl durch Funkeneinschaltung in die Entladung, als durch Änderung der Gasdichte statt dieses Punktes Flächen von sehr merklichem und sehr verschiedenem Durch- messer als „Brennflächen* des Hohlspiegels erzielt werden. Ich erlaube mir, zur Veranschaulichung einige Daten der Versuche anzuführen. Die Entfernung des Spiegelmittelpunktes von der Wand be- trug 15 mm.; ein kleiner Ruhmkorff’scher Apparat, der in freier Luft Funken von etwa 14cm. Länge liefern konnte, wurde durch die 4 cm. weite Oylinderröhre entladen, deren Mittelaxe von der Spiegelaxe unter rechtem Winkel geschnitten wurde. Bei c. #cm. Gasdruck erscheint als Brennfläche eine runde helle Phosphores- cenzscheibe von 4 mm. Durchmesser. Wird nun in den Schlies- sungsbogen ausser der Röhre noch eine Luftstrecke von variliren- der Länge eingeschaltet, so vergrössert der Durchmesser der Phosphorescenzfläche sich, und zwar um so mehr, je länger der miteingeschaltete Funken wird. Der Durchmesser der Fläche steigt so bis auf 1 cm. (Die Durchmesser wurden durch Auflegen eines getheilten Papierstreifens auf den Cylinderumfang gemessen.) 118 Gesammtsitzung Bei „5 mm. Druck beträgt der Durchmesser ohne Funken- einschaltung 24 mm. und steigt bei Einschaltung der Luftlücke bis 8 mm.. Bei 5, mm. ist der Minimaldurchmesser des Bildes gleich 15 mm. Als statt des kleinen Ruhmkorff’schen Apparates ein grös- seres Inductorium von beträchtlicherer Funkenlänge angewandt wurde, variirte der Flächendurchmesser sogar, während Spiegellage und Gasdichte constant gehalten wurde, auch bei constanter Länge der eingeschalteten Luftlücke. (Ich vermuthe, dass diese Variationen damit zusammenhängen, dass durch eine Luftlücke von constanter Länge Funken von verschiedener Länge übergehen kön- nen, je nach der Krümmung des Funkens; den stärker von der directen Verbindungslinie der Pole abweichenden, längern Funken dürften wohl auch grössere Spannungen entsprechen.) So wechselte bei constanter Luftlücke (und constanter Dichte) der Durchmesser der Lichtfläche in rascher Abwechselung zwischen 2 mm. und mehr als 1 cm. In einem andern Falle war der Mittelpunkt des Spiegels um den doppelten Krümmungsradius des letzteren von der Wand ent- fernt (25 mm.). Bei der von Crookes vorgestellten Verbreitungs- weise der Strahlen hätte die Phosphorescenzfläche hier entlang der Cylinderaxe gerade den Durchmesser der Spiegelöffnung (214 mm.) zeigen und constant behalten müssen. | Bei 4 mm. Gasdruck erzeugte das Kathodenlicht bei rein me- tallischem Schliessungsbogen noch keine Phosphorescenz, bei Funkeneinschaltung aber erhielt man Phosphorescenzflächen bis zu 26 mm. Durchmesser. | Bei 4mm. Druck hatte die grösste durch Funkeneinschaltung zu erzeugende Fläche einen Durchmesser von 22 mm. (wieder, wie auch die folgenden Breiten, auf dem Cylinderumfang gemessen). Bei # mm. Druck zeigt sich auch ohne Funken schon eine Phosphorescenzfläche; ihr Durchmesser beträgt 12 mm.; durch Funkeneinschaltung kann derselbe bis auf 19 mm. vergrössert werden. Druck 7; mm.: Obne Funken oseillirt der Flächendurchmesser zwischen 9 und 114 mm.; mit Funken steigt er bis auf 14 mm. Druck „5 mm.: Ohne Funken Durchmesser gleich 7 bis 8 mm.; mit Funken bis 10 mm. Ä Druck 74 mm.: Ohne Funken 7 mm.; mit Funken nicht merk- lich grösser. | | vom 22. Januar 1880. 119 Die Grösse der Brennflächen wächst also hier und ebenso im Allgemeinen bei Einschaltung eines Funkens und mit der Verlängerung desselben; bei abnehmender Gasdichte vermindert sich die Grösse der bei metallischer Schliessung auftretenden Fläche; gleichzeitig vermin- dert sich die Grösse des Maximums, auf welches der Flächen- durchmesser durch Funkeneinschaltung gebracht werden kann, und zwar in noch stärkerm Maasse als die Grösse der bei rein me- tallischem Bogen auftretenden Fläche; die Amplitude, innerhalb deren die Flächengrösse schwanken kann, wird also bei zunehmen- der Evacuation immer geringer, bis bei ganz geringen Dichten der Flächendurchmesser unabhängig von der Funkeneinschaltung, con- stant wird. Man könnte vielleicht vermuthen, dass die Änderung in der Grösse der Fläche, welche die Fusspunkte der vom Spiegel aus- gehenden Strahlen aufnimmt, nur eine scheinbare sei; die Fläche selbst habe vielleicht constante Ausdehnung; bei verschiedenen Graden der Evacuation und der Entladungsintensität aber sei die Helligkeit der erregten Phosphorescenz eine verschiedene; wenn nun die Fläche noch nicht überall gleiche, sondern vom Centrum aus abnehmende Erleuchtung besitze, so könnten bei starker Intensität der Phosphorescenz weiter nach aussen liegende Zonen der Fläche sichtbar sein, als bei minderer Phosphorescenz- helligkeit, wo nur die innersten Theile zur Wahrnehmung hell ge- nug wären. Die Vergrösserung und Verkleinerung der Brenn- fläche reducirte sich also auf eine Vermehrung und Verminderung ihrer Helligkeit. Mit Rücksicht auf solche Einwände muss noch hervorgehoben werden, dass die Helligkeit der Fläche vom Centrum bis zur Peri- pherie nur sehr wenig abnimmt, an der Peripherie aber bei jeder Grösse der Fläche nach aussen sehr rasch abfällt, so dass die Begrenzung der Fläche sonst eine scharfe und deutlich be- stimmte ist; ferner zeigt in den Versuchen die Verminderung der Flächengrösse sich bei abnehmender Gasdichte, während bekannter- maassen die Verringerung der Dichte sonst eine Verstärkung der Phosphorescenz zur Folge hat. Ausschlaggebend ist aber eine Erscheinung, die durch eine leichte Unvollkommenheit des benutz- ten Spiegels veranlasst war: der durch Stanzen (und nachfolgendes Poliren) hergestellte Spiegel war nahe dem Rande wegen der mangelhaften Geschmeidigkeit des Eisens, aus dem er gefertigt, an 120 Gesammtsitzung einzelnen Stellen nicht vollkommen glatt, sondern zeigte dort kurze schwache Fältelungen. Als Folge davon erscheint die Phosphor- escenzscheibe nicht von einer glatten Curve begrenzt, sondern die Peripherie des Bildes ist an einzelnen Stellen mit kleinen Zähnen und Protuberanzen besetzt. Wenn nun das Bild in Folge von Funkeneinschaltung oder Dichteänderung seinen Durchmesser ändert, so treten an der Peri- pherie des Bildes jedesmal dieselben Zähnchen und Hervor- ragungen an entsprechenden Punkten in derselben rela- tiven Lage auf; nur grösser, wenn die Fläche vergrössert ist, sowie in entsprechend verjüngten Dimensionen, wenn die ganze Fläche sich verkleinert. Hierdurch dürfte definitiv erwiesen sein: dass die beobachteten Variationen der Flächengrösse wirklichen Änderungen in der Grösse des Durchschnitts entsprechen, welchen das von der Kathode aus- gesandte Strahlenbündel mit der Glaswand bildet; oder: dass die Richtung der von einer concaven Kathode ausgehenden elektrischen Strahlen nicht constant ist, sondern mit der Gasdichte und den durch Einschaltung von Funken ver- änderten Bedingungen variirt. Erscheinungen dieser Art sind mit der Grund, weshalb ich in anderen Veröffentlichungen über die Ausbreitung der Kathodenstrahlen und der Helligkeitsvertheilung in den von ihnen erzeugten Phos- phorescenzbildern die Fälle convex-convexer und plan-convexer Kathoden von denen concaver Kathoden unterscheide. Von verschiedenen Seiten war seit Jahren darauf hingewiesen, dass die fortschreitende Geschwindigkeit der in der Entladung leuchtenden Gastheilchen auf Grund eines bekannten Doppler’schen Satzes principiell das Spectrum des Gases beeinflussen müsste; da es mir schien, dass die experimentelle Behandlung dieses Punk- tes ein neues Kriterium dafür geben könnte, ob die Entladung in einem convectiven Transport der Elektrieität seitens der Gas- theilchen besteht oder nicht, — so nahm ich die mir durch Herrn Geh. Rath Helmholtz gebotene Gelegenheit zur Benutzung eines mit starker Dispersion ausgestatteten Spectral-Apparats gern wahr. Ich liess in eine Glasröhre zwei ebene Bleche als Elektroden ein- setzen, deren Flächen, ohne sich zu schneiden, auf einander senkrecht vom 22. Januar 1880. 121 standen. In raschem Wechsel konnte die eine oder die andere Fläche zur Kathode gemacht werden. Die Röhre enthielt ver- dünnten Wasserstoff. Vor dem Spalt des Spectralapparats wurde der die Kathode enthaltende Röhrentheil so aufgestellt, dass die Axe des Collimatorrohres auf der einen Fläche « senkrecht stand, der anderen b also parallel war. Dann fiel die Richtung der von a ausgesandten Hauptmasse von Strahlen also in die Richtung der Collimatoraxe, die Strahlen von 5 waren zur Collimatoraxe senk- recht. Wenn nun die elektrischen Strahlen aus Gastheilchen be- stehen, welche die Fortpflanzung der Elektricität durch ihre Be- wegung in Richtung der Strahlen vermitteln, und wenn die Elek- trieität im Strahl sich mit der Geschwindigkeit c fortpflanzt, so muss die Wellenlänge der optischen Strahlen bei dem von a aus- gesandten Kathodenlicht kleiner erscheinen als die Wellenlänge der zu b gehörigen Lichtstrahlen im Verhältniss von 40000 Meilen zu 40000 + c Meilen. Die Linien des Spectrums von a müssen also gegen die entsprechende Maxima von b nach dem violetten Ende des Spectrums verschoben erscheinen; oder wenn man auch einen Antheil ruhender oder relativ wenig bewegter Moleküle im Lichte von «a annehmen will, so müssen die Linien des zu @ ge- hörigen Spectrums wenigstens eine Verbreiterung nach der violet- ten Seite des Spectrums zeigen. Die Beobachtungen wurden an der blaugrünen Linie des Wasserstoffspeetrums (F im Sonnen- spectrum) angestellt, und sie ergaben, dass beim Vertauschen der beiden zu einander senkrechten Kathoden weder eine Verschiebung noch eine Breitenänderung der Spectrallinie eintrat, welche gross genug gewesen wäre, mit zweifelloser Sicherheit bemerkt zu wer- den; d.h. genauer: es trat weder eine Verschiebung noch eine Verbreiterung von A, (der F-linie) ein, welche den dritten Theil des Abstandes der beiden Natrium-Linien D im selben Apparate erreichte. Ich begnügte mich, ohne weitere Messungen über die Dispersionsverhältnisse des Apparats anzustellen, seinerzeit mit diesem für meine Zwecke hinreichenden Resultate. Es bedeutet, dass die fortschreitende Geschwindigkeit der Gastheilchen nicht srösser als 14 Meilen pro Secunde sein kann. (Eine genaue Kenntniss der relativen Dispersion in den verschiedenen Regionen des dargestellten Spectrums würde diesen Werth unzweifelhaft noch bedeutend herabdrücken; die Dispersion in der Gegend von F' wird mindestens 13 Mal so gross sein als in der Gegend um D, die 122 Gesammtsitzung Geschwindigkeitsgrenze der Gastheilchen könnte also auch kleiner als 10 Meilen angenommen werden.) Wheatstone beobachtete in einem rotirenden Spiegel das Bild einer fast 2 Meter langen evacuirten Röhre, die der Drehaxe parallel gestellt war, und prüfte, ob bei der schnellsten Umdrehung des Spiegels das reflectirte Bild gegen die Richtung der Rotations- axe sich schräg stellte. Das Eintreten dieser Erscheinung würde auf die Zeit haben schliessen lassen, welche die Entladung brauchte, um von einem Ende der Röhre sich bis ans andere Ende fortzupflan- zen. Die Röhre blieb indess auch bei 800 Spiegelumdrehungen in der Secunde der Rotationsaxe parallel, und wie man auch. die Grenze bestimmt, von der ab eine Schiefstellung hätte merkbar werden müssen, so ergiebt der Versuch als Fortpflanzungsgeschwindig- keit der Elektrieität durch das Vacuum jedenfalls ein bedeutendes Vielfaches von 10 Meilen. Ich bin bis jetzt über die Vorbereitungen zu Versuchen, wie Wheatstone sie anstellte, nicht hinausgekommen, hoffe aber, mir nach dieser Richtung noch selbständige Erfahrungen verschaffen zu können. Inzwischen habe ich aus gewissen von mir aufgefundenen Erscheinungen auf die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der elek- trischen Erregung speciell in Kathodenstrahlen zu schliessen ver- sucht und habe als Resultat sehr beträchtliche Geschwindigkeiten erhalten. Ich erlaube mir hier nur die Grundlagen des Verfahrens kurz anzudeuten. Wenn zwei Kathoden, @ und db, in einem Gefäss nebeneinander angebracht sind, so schliesst jede von ihnen gewisse Strahlen der andern von einem bestimmten Theile der Glaswand aus, indem sie diese Strahlen seitlich ablenkt!). Es entstehen also bei Phos- phorescenzdichte zwei Flächen, welche gegen ihre Umgebung dunkel erscheinen, weil die eine keine Strahlen von a, die andere keine von 5b erhält, während die umgebenden Theile der Glaswand von beiden Kathoden aus beleuchtet werden. — Würden hierbei die Strahlen z. B. der Kathode a nicht permanent durch 5 während der Entladungen von der einen Fläche ausgeschlossen werden, sondern etwa abwechselnd während gleicher kleiner Zeiten hinzu- gelassen und ausgeschlossen werden, so könnte man dies leicht constatiren. Man braucht der Kathode a nur ein Reliefmuster zu !) Monatsber. d. Akad. 1876 p. 285. vom 22. Januar 1880. 123 geben, 5 glatt zu lassen; es müsste in der Dunkelfläche, zu der die Strahlen von a abwechselnd Zutritt haben, dies Muster sich dann markiren!). Seine Helligkeit wäre allerdings nur die Hälfte von der, die stattfinden würde, wenn a stets ungehindert seine Strahlen in die Fläche senden könnte; aber die Hälfte dieser Helligkeit würde, wie Controllversuche ergeben, zur Wahrnehmung reichlich genügen. Die Beobachtung bei Anwendung der Relief-Kathode zeigt nun permanente Ausschliessung der Strahlen von a an, auch wenn die beiden Kathoden 20 em. von einander entfernt sind. (Beide gleichen Kathoden sind mit dem Ruhmkorff ‚gleichartig verbunden.) Daraus folgt, dass die von a ausgehende Entladung an 5 jedesmal ankommt, so lange die Entladung, der Fläche 5b wenigstens, noch nicht die Hälfte ihrer Dauer durchlaufen hat, — oder: die Fort- pflanzungsgeschwindigkeit der Entladung im Kathodenstrahle ist gross genug, um innerhalb der halben Entladungsdauer die Distanz zwischen den beiden Kathoden zurücklegen zu lassen. Nun ist aber die Dauer der Partialentladungen, die einen Öffnungsstrom zusammen- setzen, nach von mir angestellten Drehspiegelversuchen kleiner. als 000000 Secunde; also ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Entladung mindestens gleich 2. 2000000 . 20 cm. = 800000 m. — Man darf gegen diesen Schluss nicht einwenden, dass, da die ein- zelnen Entladungen durch endliche, sehr kleine Zeiträume von ein- ander getrennt sind, eine von a ausgehende Entladung im elektri- schen Strahl vielleicht bei dem erwähnten Arrangement immer erst bei 5 ankomme, wenn die an b mit jener gleichzeitig begonnene Entladung längst erloschen und wieder eine andere angebrochen sei, welche die nämlichen Wirkungen ausübe. Wäre dies der Vor- gang, so müssten bei einer Variation der Kathodenentfernung Stellungen erreicht werden, wo die Entladungen, die a ausschickt, bei 5 während der Intervalle ankommen, die zwischen den von 5 ausgesandten Entladungen liegen. Da aber diese Intervalle nach allen vorliegenden Erfahrungen sogar grössere Dauer haben, als die durch sie getrennten Entladungen selbst, so würde dann jedes- “mal das ganze Licht von a in die Dunkelfläche Zutritt erlangen, die Dunkelfläche entgegen der Erfahrung vollkommen verschwinden. 1) 1.c. p. 286. 124 Gesammtsitzung vom 22. Januar 1880. Das Resultat des spectroskopischen Versuchs mit dem eben erhaltenen combinirt ergiebt also auf’s Neue die Unwahrschein- lichkeit der convectiven Auffassung des Entladungsvorganges, der ich auch schon in meinem im vorigen Jahre der Akademie vorge- legten Berichte experimentelle Erfahrungen entgegengestellt hatte. Berlin 20. October 1879. Öffentliche Sitzung vom 29. Januar 1880. 125 99. Januar. Öffentliche Sitzung zur Feier des Jahrestages Friedrich’s Il. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin geruhten der Feier beizuwohnen. Der vorsitzende Secretar, Hr. Curtius, eröffnete die Sitzung mit folgender Rede: Wie die Lakedämonier mit dem Bilde des Polydoros siegel- ten, des grossen. und glücklichen Königs, in dessen Sinn sie ihre Gemeinwesen weiter zu führen wünschten, so ist König Friedrich’s Bild das Wahrzeichen unsers Staats, um das sich Jahr aus Jahr ein Diejenigen sammeln, welche mit den Waffen in der Hand wie mit dem Rüstzeug des Geistes die preussische Ehre zu vertreten haben. Verlangt doch jedes bewusste Leben einen zwiefachen Punkt, nach dem das Auge sich richte. Denn nur aus dem Ver- ständniss des Geschehenen ergiebt sich die Sicherheit der ferneren Ziele. Aber nicht Alles kann in gleicher Weise gegenwärtig blei- ben. Inhaltreichere Bilder drängen das Frühere zurück, und ist nicht fast Alles, was wir an geistigen Gütern unser nennen, wenn wir uns mit freudigem Stolz als Deutsche fühlen, in dem Jahr- hundert gewonnen, das uns von Friedrich II. trennt? Die Zeit, in welche er hineintrat, ist keine Augenweide für uns. Das ver- wüstete Vaterland war in Bildung und Wissenschaft hinter den Nachbarländern zurückgeblieben. Die Besten des Volkes sahen mit Sehnsucht nach dem wälschen Athen hinüber und ausländische Schöngeisterei war die Würze der auserwählten Kreise. Das bür- serliche Leben der Reichsstädte war gesunken; die Reformation hatte ihre Segenskraft eingebüsst; denn der Protestantismus er- schien wie ein Tummelplatz der Schulgezänke und gegenseitiger Verdächtigung. Selbst die frischen Lebensquellen echter Frömmig- keit, wie sie in Speners Liebeswerken strömten, wurden verketzert, während mit der spöttelnden Freigeisterei sich eine Aufklärung verbreitete, in deren dünner und frostiger Atmosphäre eine ge- sunde. Menschenbrust keine vollen Athemzüge thun konnte. Es war eine arme, dürre Zeit und das Öulturbild Deutschlands um die Mitte des vorigen Jahrhunderts verhielt sich zu dem, was wir jetzt unser nennen, wie der Kern des brandenburgischen Staates 126 Öffentliche Sitzung zu dem heutigen Besitz der Krone Preussen. Und doch soll die Vergangenheit nicht abgethan sein und vergessen. Denn nur An- gesichts derselben versteht man, was Friedrich that, indem er in unserm Volk und Vaterland, das staatlos zu verkommen drohte, die Idee des Staats wieder lebendig machte und darum hat auf ihn das Wort des Aristoteles seine volle Anwendung: “Von Natur ‘lebt in allen Menschen der Zug nach staatlicher Gemeinschaft. “Wer sie aber zuerst ins Werk setzt, dem werden die höchsten “Güter verdankt. Aber wie? Klingt es nicht paradox, im achtzehnten Jahrhun- dert die Staatsidee wie eine neue Erfindung, den Staat wie die Entdeckung eines klugen Kopfes dargestellt zu sehen? Ist nicht der Staat so alt wie die Menschheit und hat nicht derselbe Philo- soph treffender, als es allen noch so fein ausgeklügelten Definitio- nen moderner Theoretiker gelungen ist, das Wesen des Staats cha- rakterisirt, wenn er sagt: der Staat ist ein von Natur Gegebenes; ja, er ist früher als der einzelne Mensch, der nur in ihm seine Bestimmung erfüllen kann? Der Theil der Menschengeschichte, aus dem Aristoteles seine Lehre vom Wesen des Staats geschöpft hat, giebt uns noch heute die reichste Anschauung von den Formen der Staatsbildung; ihm entlehnen wir noch heute die Terminologie, deren sich die politi- sche Wissenschaft bedient. Um so mehr wird es dem Philologen gestattet sein, auch am Gedächtnisstage König Friedrichs an die Staatslehre und Staatengeschichte des Alterthums anzuknüpfen, nicht um durch schillernde Streiflichter den Blick des Betrachten- den zu unterhalten, sondern um durch Analogien auf die Normen hinzuweisen, nach welchen sich in alten und neuen Zeiten die Staatsidee verwirklicht hat. In gewissem Sinne ist allerdings der Staat mit dem Menschen geboren, wie eine unbewusst empfangene Mitgift, und diese Urform staatlicher Bildungen tritt uns dort am deutlichsten entgegen, wo innerhalb scharf gezogener Naturgränzen zusammenwohnende Ge- meinden sich vereinigen. Diese Gauverbände sind die ursprüng- lichsten und zugleich dauerhaftesten aller politischen Genossen- schaften. Jahrtausende hindurch haben in den Gebirgslandschaften Griechenlands, Italiens, der Schweiz solche Cantonalstaaten be- standen; sie sind aber überall nur zu einem ländlichen Stillleben befähigt gewesen, in gleichförmigen Zuständen lockerer Gemein- vom 29.. Januar 1880. 127 schaft verharrend. Staatliches Leben setzt Machtbildung voraus, und diese ist nur dort eingetreten, wo die autochthonen Zustände durch Zuwanderung unterbrochen und von auswärtigen Geschlech- tern Herrschaften gegründet wurden. So sind die Perseiden und dann die Pelopiden über See nach Argos gekommen, die Kadmeer nach Theben, die Temeniden nach Macedonien, die Tarquinier nach Rom. Das ist der Ursprung der Fürstenthümer, mit denen aller Orten das geschichtliche Be- wusstsein, das politische Leben erwacht. An Stelle von Häupt- lingen treten Könige, welche eine mit Waffengewalt gegründete Herrschaft friedlich ausbauen. Wo kein unbedingt hervorragender Herrscherstamm vorhanden ist, wie z. B. auf Ithaka, da sehen wir ein wüstes und selbstsüchtiges Kämpfen unter den Edeln des Landes, welche sich unter einander wie dem Könige ebenbürtig fühlen. Sie betrachten die Macht wie einen Besitz, dessen Vor- theile sie ausbeuten und geniessen wollen, die Könige wie ein Amt, dessen sie zu warten haben. Auf diesem Amtsbegriff beruht auch das Fürstenthum der Hohenzollern und er ist durch König Friedrich nur in voller Schärfe zum Ausdruck gekommen. Nur ein zuwanderndes Ge- schlecht war ım Stande, im Herrschen eine verantwortliche Pflicht zu erkennen und die Idee des Staates frei von allen persönlichen Interessen aufzufassen. Nur so konnte in den Marken die Zucht des Gesetzes durchgeführt werden, die erste Bedingung für die Entwickelung eines selbständigen Staats. Aristoteles betrachtet die Autarkie als das Kennzeichen des wahren Staats, d. h. diejenige Fülle von Mitteln und Kräften, wel- che nöthig ist, um sich nach allen Seiten zu behaupten, ohne von fremder Hülfe abhängig zu sein. Das ist das naturgemässe Ziel, nach welchem alle Gemeinschaften streben. Für die Gaugenossenschaften giebt es dazu keinen andern Weg, als den der föderativen Vereinigung, in ‚dem die Nachbar- stämme, die sich durch Sprache, Sitte und Gottesdienst als ein Ganzes fühlen, sich zur Sicherung der Gränzen und zur Wahrung des gemeinen Friedens mit einander verbinden. Das ist die Am- phiktyonie, wie sie besonders von den Griechen ausgebildet wor- den ist. Sie ist eulturgeschichtlich von durchgreifender Bedeutung gewesen; denn in ihr ist das Volk vom Tempepasse bis Cap Ma- lea zu einer Einheit zusammengewachsen; sie bildeten Jahrhunderte 128 Öffentliche Sitzung hindurch das Reich griechischer Nation. Zum politischen Handeln war sie aber vollkommen ungeschickt, denn sie war ein Kreis ohne Centrum, und nur durch einen Vorort von überwiegender Macht konnte sie zu politischer Wirksamkeit gelangen. Sparta war der geborene Vorort durch seine Verbindung mit Delphi, durch seine Heeresmacht und den Umfang seines Landbesitzes.. Als aber zum ersten Male der Zeitpunkt da war, dass Hellas seine Gränzen gegen Barbaren zu vertheidigen hatte, versagten Bund und Vorort ihre Dienste, und es wäre mit der Geschichte von Hellas zu Ende gewesen, wenn nicht ein anderer Staat die Führung übernommen, ein zweiter Vorort, der wie ein jüngerer Zweig am Stamm des Volksthums sich entwickelt hatte. So wurde Hellas vom Unter- gange gerettet, aber die alte Amphiktyonie war gesprengt. Dem griechischen Stammbunde entsprach in unserm Vaterlande als die einzige zu Recht bestehende Gesammtheit das Reich deut- scher Nation. Das Fürstenthum, das in den engen Verhältnissen der Cantone früh untergehen musste, hatte sich bei uns erhalten, aber die Lockerheit, der Mangel an Oentralisation, die Machtlosig- keit waren dieselben, und dadurch erwuchs dem nachgeborenen Hohenzollernstaate ein Beruf, welcher über die Gränzen der Mark weit hinaus ging, ein Beruf, der nicht amtlich übertragen, sondern geschichtlich geworden ist, und welcher mit dem der Athener in Griechenland eine unverkennbare Ähnlichkeit hat. Athen war verhältnissmässig arm an natürlichen Hülfsmitteln. Der wahre Reichthum beruht aber, wie Aristoteles sagt, nicht in der unbegränzten Fülle, sondern im Vorrath dessen, was zur staatlichen Gemeinschaft unentbehrlich ist. Ein dürftigerer Boden ist der sicherste Schutz gegen träge Behaglichkeit, die Schule der Mässigkeit und haushälterischer Kunst, der Sporn zu rastloser Thätigkeit, um das Gegebene auszunutzen und sich mit frischen Elementen zu ergänzen. Athens Grösse beruht wesentlich auf der Tugend der Philoxenie, indem es während der Jahrhunderte, in denen der alte Vorort hellenischer Nation sich ängstlich absperrte, mit hochherziger Gastlichkeit Alles aufnahm, was einen Zuwachs geistiger Kraft in Aussicht stellte, und so ist auch für die Er- hebung Preussens nichts segensreicher gewesen als die in seinem Herrscherhause erbliche Politik der Gastfreundschaft, die unbefan- gene Anerkennung jedes Talents und das Bestreben, keinen Strom geistigen Lebens an den Gränzen vorüberrauschen zu lassen. ei u u ch En ET a Dh 2 un u 2 ES Zu vom 29. Januar 1880. 129 Die Staaten des Alterthums sind auf dem Boden der Volks- 'stämme erwachsen, darum waren sie denselben Naturgesetzen da- hin gegeben, welchen Geschlechter und Stämme unterliegen, wenn sie ein Sonderleben führen. Sie entziehen sich diesem Naturge- setze nur durch eine frühe und glückliche Mischung verschiedener Elemente. Roms Grösse beruht darauf, dass es von Anfang an keine rein latinische ‘und keine rein sabinische Gemeinde war. Athen ist immer eine ionische Stadt geblieben, aber seine jüngeren Adelsgeschlechter, denen sein ruhmreiches Königsgeschlecht ange- hörte, aus deren Mitte Solon, die Pisistratiden, Kleisthenes, Perikles, Alkibiades stammten, diese Geschlechter, die Träger bewegender Gedanken, sind aus dem Süden eingewandert und haben über die Enge des städtischen Horizonts den Blick hinausgeführt. Darum vermochte Athen, was den ionischen Städten sonst so fern lag, sich aus eigenem Antriebe zur Übernahme nationaler Pflichten zu entschliessen und hat, ohne auf die lahme Kraft des Volksbundes zu warten, aus eigener Kraft die gefährdeten Gränzen vertheidigt. Solche Erhebung eines Bundesgliedes kann nicht ohne heftige Reibung erfolgen, denn sein selbständiges Vorgehen dringt wie ein Keil in das Gefüge des Staatenvereins, an dessen Bestand das Volk seit Menschengedenken gewöhnt ist. So sehr also auch Sparta das Recht verwirkt und die Kraft verloren hatte, unter wachsenden Schwierigkeiten der Hellenen Führer zu sein, sah man doch von allen Seiten missgünstig auf die emporstrebende Stadt; man hasste den Emporkömmling, man wollte den Seitenast, der _ sich vordrängte, beschränkt und beschnitten wissen, damit er nicht den ganzen Baum entstelle; alle Kleinstaaten fühlten sich unter einem unthätigen Vorort behaglicher, ja in Athen selbst erhielt sich eine mächtige Partei, welcher die Unterordnung unter den alten legitimen Vorort ein politischer Glaubensartikel war. Unter ähnlichen Verhältnissen wie Athen ist. unser Staat dem kleinstaatlichen Dasein entwachsen. Auch hier war eine Mischung von Volkselementen, welche die Schranken des Stammbewausstseins durchbrach. Auch hier übernahm der kleine Staat die Aufgabe, zu welchem das Reich berufen, aber unfähig war, die Gränzhut des gemeinsamen Vaterlandes; auch hier hatten die freiwilligen Vorkämpfer im eigenen Vaterlande unsägliche Schwierigkeiten zu überwinden. Denn es ist leichter und dankbarer, ein rohes Volk zum ersten Male in die Geschichte einzuführen, als in einer durch [1880] | 9 130 Öffentliche Sitzung Uneinigkeit verkommenen Nation einen neuen Mittelpunkt zu schaf- fen, um sie wieder zu sammeln und zu thatkräftigem Dasein auf- zurichten. Dazu bedarf es heroischer Kräfte wie ausserordentlicher Männer. Wie Themistokles einst die Winkelstadt am saronischen Golfe mit seiner unwiderstehlichen Willenskraft auf einmal zu einem Grossstaate gemacht hat, so ist durch den Tag von Fehr- ‚bellin das Haus Brandenburg zu einer europäischen Macht gewor- den. Wohl hielt man es für ein Reis, das über Nacht aufgeschos- sen, bei dem ersten Sonnenbrande sein keckes Haupt wieder sen- ken werde. Aber dem Starken folgte der Stärkere, der seines Wesens ganze Kraft daran setzte, der jungen Pflanzung die Selb- ständigkeit zu geben, welche nach dem alten Philosophen das Kennzeichen eines wahren Staates ist; ein Mann, in dem die ver- schollene Staatsidee wie durch eine innere Offenbarung wieder auf- leuchtete, der sie wie ein Prophet durch Wort und That zum Aus- druck brachte; sie war in seiner Person verkörpert. Zwar ur- teilen auch wir wie Sophokles: „Ein Staat ist das nicht, was in Eines Händen ruht“. Aber diese Identität von Fürst und Staat war nicht die, wie sie von den Selbstherrschern Frankreichs aufgestellt wurde, sondern das Gegentheil davon; denn er vernichtete den falschen Glorien- schein der Krone; er verurteilte den frevelhaften Egoismus des Regenten, und wollte nur in der Hingabe an das Ganze der Erste seines Volkes sein, | So mächtig war seit den Tagen des Altertbums, wo das Ge- meinwesen den ganzen Bürger in Anspruch nahm, der Staatsge- danke nicht wieder in das Leben getreten. Darum ging die Wir- kung über das nächste Ziel weit hinaus und die längst vergessene Weisheit des Aristoteles, dem Ethik und Politik ein untheilbares Ganze waren, wurde wieder zur Wahrheit. Denn der Staat ist ja nicht wie ein Haus, in das man einzieht, nicht wie ein Kapital, von dessen Renten man lebt, sondern er ist ein Bau, der aus le- bendigen Bausteinen stets neu sich fügt, eine Harmonie, welche den Einklang einer Fülle von selbständigen Stimmen voraussetzt; er muss, wie jedes ideale Gut, immer neu gewonnen werden und darum ist er eine Schule der Selbstverleugnung, der Treue und des opferwilligen Diensteifers. Freilich können die Tugenden, welche dem Menschenleben Werth verleihen, auch in häuslicher Stille und engen Kreisen ge- RR vom 29. Januar 1880. Io deihen; auch die warme Anhänglichkeit an Land und Volk ist unter den Deutschen in den traurigsten Zeiten ihrer Geschichte nie erloschen. Aber weil der Mensch von Natur ein politisches We- sen ist, so kann er nicht ganz und voll gedeihen, wenn er sich vorzugsweise in Privatverhältnissen bewegt, wenn das individuelle Leben vorherrscht, das bald zu einem falschen Idealismus hinneigt, bald in ein gedankenloses Genussleben ausartet. Durch Friedrichs Staatsgedanken neu erweckt, athmete man wieder die stärkende Luft des öffentlichen Lebens; aus der Heimathsliebe erwuchs ein Gemeinsinn, die Herzen schlugen wieder für König und Vaterland und das Volk erhob sich zu männlichem Selbstgefühl, nachdem so lange Zeit auch die Fürsten sich vor den Grossen des Auslandes schmählich erniedrigt hatten. Durch das Bewusstsein neuer Pflichten gestählt, gewann der deutsche Geist überall eine selbständige Entfaltung. Man ent- wöhnte sich die Klassiker mit dem Auge der Romanen anzusehen, welchen Italien heimischer war als Griechenland, die unter dem Texte der Aeneis ihr ‘Virgilius superat Homerum’ zu wiederholen liebten; es bildete sich allmählich jenes nahe Verhältniss zum hel- lenischen Alterthum, das ein nationaler Zug der Deutschen gewor- den ist, und so wenig König Friedrich selbst solche Erfolge er- wartet oder beabsichtigt hat, ist doch in freier Anerkennung seiner Heldengrösse auch die Deutsche Dichtkunst zu neuem Leben er- wacht. Die Staatsmänner von Athen haben eben so wie unsere gros- sen Fürsten dahin gearbeitet, so lange kein gemeinsames Vater- land staatlich vorhanden war, den eignen Staat so zu organisiren, dass die besten Kräfte der Nation in ihm zur Entfaltung kamen, damit er als Vorbild und Centrum dienen könne. Das gemeinsam Vaterländische ist in der Stadt des Perikles zum vollendeten Aus- druck gekommen. Aber dies Werk ist nur in culturgeschicht- lichem Sinne gelungen. Athen ist doch zu sehr Stadtgemeinde und ionische Stadt geblieben, als dass es auch unter günstigeren Ver- hältnissen Hellas in sich hätte aufnehmen können und die Politik der grössten Athener ist an dieser Klippe gescheitert. Auch bei uns zeigte es sich als die schwerste aller politischen Aufgaben, durch energische Verwirklichung der höchsten Staats- zwecke, deren die Kraft eines Volkes fähig ist, ein aus den Fugen gegangenes Reich aufzubauen und das Vaterland zu erneuern. 9 DS 132 Öffentliche Sitzung Auch bei uns traten schwere Störungen mit Unterbrechungen der grossen Arbeit ein. Der Staat des grossen Königs, in Mechanis- mus erstarrt, verlor die Siegeskraft, welcher er seine Erhebung ver- dankt hatte, und das Vaterland wurde mehr als je gespalten, ge- rieth tiefer als je unter fremde Obmacht. Aber die Kraft des Staats war nicht erstorben. Er wurde der Kern einer neuen Erhebung, wie Athen seiner Zeit der Mittel- punkt der Treugesinnten war, der Patrioten, der Bevölkerung des engern Vaterlandes, welche es verschmäht hatte, dem Landesfeinde Feuer und Wasser zu geben. Zum zweiten Male knüpfte sich an preussische Siege eine Wiedergeburt des Vaterlandes, welche das ganze Geistesleben des Volks durchdrang. Denn die menschliche Natur scheint nach ei- nem Gesetze des Gleichgewichts zu verlangen, dass grossen Er- folgen der äussern Geschichte geistige Fortschritte und Erwerbun- gen entsprechen. So war es in Athen nach den Tagen von Ma- rathon und Salamis, dass ein unersättlicher Wissensdurst erwachte; so folgte auf unsere Freiheitskriege der neue Aufschwung aller Zweige der Erkenntniss. Die glänzende Entfaltung von Natur- kunde und Mathematik, die Erforschung der Rechtsgeschichte und Verfassungen der Staaten des Alterthums, die Eröffnung der Quellen vaterländischer Geschichte, das Verständniss der Religion in ihrem Verhältniss zur allgemeinen Bildung. Das waren die Früchte, deren Keime der neue Geistesfrühling weckte, und die für das entschädigen mussten, wäs noch nicht gelungen war. Wir haben gesehen, wie in alten und neuen Zeiten durch zu- wandernde Geschlechter und Mischung der Völkerstämme eine hö- here Staatsidee verwirklicht worden ist. Wir haben den Durch- bruch einer neuen Volksgeschichte aus veralteten Bundesformen in analogen Vorgängen betrachtet. Es waren in Griechenland wie bei uns kleine Anfänge, deren Bedeutung auf sittlichen Kräften ruhte. Hier wie dort hatte der neue Vorort mit Mächten zu rin- gen, welche nur zum Widerstand fähig waren; hier wie dort war jeder Fortschritt des nationalen Gedankens und der politischen Wiedergeburt ein Aufschwung des geistigen Lebens. Athen ist auf geistige Erfolge beschränkt geblieben und hat den Untergang des Vaterlandes nicht aufhalten können. Uns ist ein besseres Loos gefallen. Ein halbes Jahrhundert nach der zweiten Erhebung hat Kaiser Wilhelm die Siege erfochten, durch vom 29. Januar 1880. 133 welche unser Vaterland vor dem Schicksal Griechenlands bewahrt ist. Nun ist der Baum erwachsen, zu dem die grossen Ahnen unsers Kaisers den Keim gelegt haben. Der Staatsgedanke König Friedrichs hat nicht nur die alte Amphiktyonie gesprengt, sondern es ist aus ihm durch wunderbare Führung ein neues Reich erwach- sen, welches grünen und blühen wird, so lange das Banner des grossen Königs hoch gehalten wird, das Banner, unter welchem Jeder an seiner Stelle entschlossen ist, mit dem, was er vermag, für König und Vaterland einzutreten. Sodann berichtete derselbe über die im Jahre 1379 einge- tretenen Personalveränderungen, indem er den verstorbenen Mit- gliedern Dove, Grisebach, von Brandt, Schiefner und Schömann einen Nachruf widmete. Neu gewählt ist als ordent- liches Mitglied der physikalisch-mathematischen Klasse Hr.Schwen- dener, als auswärtiges Mitglied Sir George Biddell Airy. Zu Correspondenten der physikalisch- mathematischen Klasse sind ernannt die Hrn. Kundt in Strassburg, Quincke in Heidelberg, Schiaparelli in Mailand, Töpler in Dresden, Wiedemann in Leipzig, Winnecke in Strassburg; zu Correspondenten der philo- sophisch -historischen Klasse die Hrn. Imhoof-Blumer in Win- terthur, Wieseler und Wüstenfeld in Göttingen. - Hr. du Bois-Reymond als Vorsitzender des Curatoriums der Humboldt-Stiftung verlas folgenden Bericht: Das Curatorium der Humboldt-Stiftung für Naturforschung und Reisen erstattet statutenmässig Bericht über die Wirksamkeit der Stiftung im verflossenen Jahre. | Des Ministers der Geistlichen, Unterrichts- und Medieinal-An- gelegenheiten Hrn. von Puttkamer Excellenz, als statutenmässi- ges Mitglied des Curatoriums, haben an Stelle des Geh. Ober- Regierungsrathes a. D., Hrn. Dr. Olshausen, welcher Hochderen Amtsvorgänger, den Staatsminister Hrn. Dr. Falk, im Curato- rium vertreten hatte, den Geheimen Ober-Regierungs- und vor- tragenden Rath, Hrn. Dr. Göppert, zu seinem Vertreter ernannt. 134 Öffentliche Sitzung Mit Stiftungsmitteln ausgerüstet, weilt augenblicklich auf den Inseln des Stillen Meers der ausgezeichnete Bremer Naturforscher, Sammler und Reisende, Hr. Dr. Otto Finseh. Wie dies schon im vorjährigen Bericht gesagt wurde, besteht der Hauptzweck sei- ner Reise darin, von der in Berührung mit den Europäischen Culturvölkern, in Befolgung eines traurigen Naturgesetzes, rasch hinschwindenden autochthonen Bevölkerung Polynesiens möglichst vollständige Zeugnisse und Denkmäler zu bewahren. Doch ver- steht sich, dass neben dem anthropologischen und ethnographischen Zweck der Reise zugleich Fauna, Flora und geologische Formation jener noch keinesweges wissenschaftlich erschöpften Eilande be- rücksichtigt werden sollen. Seinem vom Curatorium genehmigten Plane gemäss ging Hr. Dr. Finsch über Nordamerika von San Franeisco nach Polynesien ab, und langte am 17. Juni v. J. in Honolulu auf den Sandwich- Inseln an. Hier fand er bei der Landesregierung die freundlichste Aufnahme, und erforschte nicht allein die Insel Oahu, sondern auch Maui, wo er in einer von 1600 bis 3200” wechselnden Höhe am Haleakala verweilte. Seine hier gemachte erste Sammlung von Säugern, Vögeln, Amphibien, Fischen, Mollusken, Insecten, Arach- niden, Myriopoden, Crustaceen, Würmern, ferner auch von Pflan- zen und Gebirgsarten ist unterweges nach Bremen, und wird hof- fentlich bald in unseren Händen sein. Am 29. Juli schiffte sich Dr. Finsch nach den Marshall-In- seln ein, und langte nach zwanzigtägiger Fahrt auf Jaluit, einer der sogenannten niedrigen Corallen-Inseln, an, wo er von einem dort ansässigen deutschen Kaufherrn, Hrn. Hernsheim, auf das Liebenswürdigste aufgenommen wurde. Obwohl er bald nach sei- ner Ankunft einen heftigen Fieberanfall zu überstehen hatte, und die ungeheure Hitze verbunden mit Feuchtigkeit der Luft — das Klin- kerfues’sche Hygrometer zeigte dauernd 90— 100° — das Sam- meln und Üonserviren sehr erschwerte, hatte er doch zur Zeit seines letzten Schreibens vom 30. September v. J. schon eine recht ansehnliche Sammlung zusammengebracht: 1 Art Säuger, 7 Arten Vögel, 7 Arten Amphibien (Reptilien) in etwa 250 Exemplaren, 70—80 Arten Fische, 36 Arten Insecten, viele Arten Krebse und Conchylien, etwa 20 Arten Corallen, ausserdem einige Arten Scor- pione, Würmer, Seesterne und Holothurien. Von grossen See- thieren war ihm nichts vorgekommen, ausser Haifischen, von denen vom 29. Januar 1880. 135 er zwei Skelete angefertigt hatte. Für Anthropologie war er sehr thätig, nahm Masken ab, machte eine ganze Reihe Messungen und Zeichnungen, sammelte Notizen über Haare, Hände, Füsse u. d. m. Dr. Finsch beabsichtigte, diese zweite Sammlung im October ab- zusenden, und dann noch eine Zeit lang auf Jaluit zu bleiben, um später auf die Erforschung einer niedrigen Coralleninsel die einer Hochinsel, wie Pleasant-Island, folgen zu lassen. Weiterhin wird es von der Reisegelegenheit abhängen, ob er etwa Neu-Britannien, Hermite und Anchorites näher erforschen kann. Er klagt über die Schwierigkeit der Communication, die Trägheit der Eingeborenen und die bisherigen grossen Reisekosten, wonach die ursprünglich ihm bewilligte Reiseunterstützung zur Durchführung des beabsich- tigten Unternehmens nicht reichen wird. Das Capital der Stiftung hat sich im vorigen Jahre eines nicht unerheblichen Zuwachses zu erfreuen gehabt, indem das der Stiftung durch den am 18. Juli 1577 zu Freiburg in Baden ver- storbenen Dr. Alexander von Frantzius ausgesetzte Legat im Betrage von rund 14150 M. unserer Casse ausgezahlt wurde. Die für das laufende Jahr für Stiftungszwecke verwendbare Summe beläuft sich, ordnungsmässig abgerundet, auf 20400 M. - Hierauf hielt Hr. Oonze folgenden Vortrag über Pergamon: Neben die Aufdeckung der Altis zu Olympia, deren reichen Er- gebnissen wir nunmehr schon im fünften Jahre mit unausgesetzter Theilnahme folgen, ist seit etwa anderthalb Jahren eine zweite archäologische Untersuchung in Pergamon getreten, zu welcher Hr. Karl Humann in Smyrna den Anstoss gab; ihre herrlichste Frucht sind jene heute hier schon ziemlich allgemein bekannten Skulpturenfunde, zu deren Hebung Hr. Humann durch das Kgl. Unterrichtsministerium in den Stand gesetzt wurde. Mit dem glück- lichen Entdecker haben Viele, deren Namen ich nicht alle aufzäh- len kann, mitgearbeitet und halten bei der Arbeit und ihrer För- derung aus. So war auch ich amtlich zur Mitwirkung veranlasst, und wenn die feinere Verarbeitung und der Gewinn immer ge- sicherteren Verständnisses aus dem heute noch von Niemand voll- ständig geprüften Materiale auf lange Zeit wiederum mannigfaltige 136 Öffentliche Sitzung Kräfte in Anspruch nehmen wird, so stehe ich selbst einstweilen allen Vorbereitungen zur weiteren Nutzbarmachung der Funde so sehr zunächst, dass ich zur Zeit die Berichterstattung über den heutigen Stand der Ergebnisse am besten übernehmen zu können mir getrauen darf. Ausgangspunkt und bleibender Hauptgegenstand der Unter- suchung war und ist der Prachtbau eines Altars unter freiem Himmel dicht unter der höchsten Höhe der Akropolis von Perga- mon. Daneben sind aber, zumal seitdem die Hrn. Bohn, Stiller und Raschdorff, eine Zeit lang auch Hr. Lolling, an Ort und Stelle mit thätig sein durften, noch andre Baudenkmäler in ihren Resten freigelegt, beobachtet und aufgenommen. Vor Allem ist der Tempel auf dem höchsten Gipfel der Stadt- burg zu nennen, dessen ursprüngliche Gestalt im vollen Reichthume korinthischer Stilformen Hr. Stiller aus den auseinandergerissenen, aber zahlreich aufgefundenen Trümmern in annähernder Vollstän- digkeit wird wiederherstellen können. Entsprechend einer der be- reits früher von den Hrn. Curtius und Adler aufgestellten Muth- massungen hat sich ergeben, dass der Tempel das auf den Münzen von Pergamon als ein Wahrzeichen der Stadt angedeutete Sebas- teion, das templum Augusti et urbis Romae ist, dessen Errichtung bei Taeitus zwei Mal erwähnt wird, und über welches ein Per- gamenischer Grammatiker, Telephos, zwei leider sammt seiner Periegese von Pergamon verlorene Bücher schrieb. Weit abwärts nach Süden zu auf dem ausgedehnten Burgberge ist sodann ein andrer Gebäudecomplex, dessen aus dem Boden hervorragende Reste die Deutungslust schon älterer Reisenden herausforderten, wenigstens so weit frei gelegt, dass sich in ihm ein Gymnasium aus römischer Zeit mit Sicherheit hat erkennen lassen. Ohne Ausgrabung, wohl aber mit Hülfe photographischer Aufnahmen, ist ausserdem noch eine ganze Reihe von Ruinen schärfer geprüft, sind namentlich die Stadtmauern in ihrer mannig- faltigen Gestaltung verschiedener Zeiten zum Gegenstande mög- lichst eingehender Betrachtung gemacht. So wird denn als ein Gesammtergebniss aller Arbeiten von der alten Stadt Pergamon ein mehrfach über unsre bisherige Kenntniss hinausgehendes Bild ge- boten werden können, ein Bild, von dessen im Laufe der Geschichte wechselnden Zügen besonders diejenigen Aufmerksamkeit verdienen, ET ME I ENG vom 29. Januar 1880. 19% welche von der Königsstadt der Attaliden noch kenntlich geblieben sind. | Glänzend hebt sich aus ihnen jener marmorne Prachtbau eines Altars auf breiter sturmumwehter Höhe hervor. Er leuchtet trotz aller Zerstörung um so frischer, je mehr fast bis zum völligen Verschwinden die Kunde des Denkmals in der Erinnerung der Nachwelt verdunkelt war. Von seiner Lage giebt am besten die neue Aufnahme!) der pergamischen Akropolis von der Hand des Hrn. Humann eine Vorstellung. Es ist einer der grössten hellenischen Akro- polisberge, etwa wie Akrokorinth oder die messenische Ithome, auf welcher hart an dem Westrand in einer Höhe von reichlich 250 Metern über dem Meere der Altarbau errichtet war, mit dem Ausblicke weit über das ganze Kaikosthal bis zum Golf von Elaia hin. Heute ist der Burgberg verlassen und verödet, nur mit Ra- sen, Dorn- und Ginsterbüschen bewachsen, die Bauten aus dem Alterthume sind dem Boden gleich geworden oder unter ihm ver- schwunden; allein die Mauerzüge, welche, zu verschiedenen Zeiten zur Befestigung der einzelnen Terrainabschnitte aufgeführt, alle wieder im Verfall, in langen Linien sich hinziehen, fesseln das Auge. Durch ihre besondere Dicke von etwa 6 Metern zeichnet sich unter ihnen eine Mauer aus, die, beginnend von dem westlich gegen das Thal des Selinusflusses gewandten Abhange, bis östlich an den jähen Absturz über dem Thale des Ketiosflusses sich er- streckt und offenbar zur Beherrschung einer von Osten her all- mälig zur Höhe führenden Mulde errichtet wurde. Nicht, wie ziemlich alle andern Mauerläufe der Burg auf Grundlagen helle- nistischer Zeit aufgeführt, also ihnen gegenüber deutlich unter ganz veränderten Bedingungen für nöthig befunden, scheint sie sich auch ihrer Konstruktion nach als einer jener gewaltigen Nothbauten zu charakterisiren, hinter denen die west- und oströmische Macht sich einen letzten Schutz gegen die sie überwältigenden Völkerfluthen zu schaffen suchte. Als die Mauer erbaut wurde, standen offenbar die Prachtbauten der untergehenden Welt des Alterthums, wenn auch schon im Verfalle, noch grossentheils aufrecht. Die Werkleute, der Mühe, selbst ihr Material zu brechen und zuzuhauen, überhoben, griffen in das Volle der bereitstehenden und -liegenden Marmor- !) War in der Sitzung ausgestellt. 158 Öffentliche Sitzung blöcke und schichteten Architekturtheile, Statuen, Reliefs und In- schriftsteine zu ihrem grobgewaltigen Bau aufeinander. Reihen- weise wurden Säulentrommeln der Länge nach neben einander ge- legt, mit eisernen Klammern verbunden, sonst Alles mit einem wie Stein sich verhärtenden Mörtel vergossen, zu dem manches für bessere Zeiten kostbare Marmorstück in den Ofen geworfen sein wird. So hat die Befestigung, wir wissen zwar nicht, ob ihrem eigentlichen Erbauungszwecke auch nur vorübergehend erfolgreich entsprochen, doch Jahrhunderte lang in festem Gefüge dem auch über sie wieder ergehenden Verfalle, zumal den Angriffen der Steinbrecher folgender Generationen, zu einem grossen Theile widerstanden. Noch im Jahre 1871 hat Hr. Ourtius mit seinen Reisegefährten den oberen Raum der Akropolis durch die Thor- öffnung dieser Mauer betreten. Der sein Führer war, Hr. Hu- mann, hatte bei einem längeren Aufenthalte in Pergamon mit regem Interesse, das einst in seinen Studienjahren hier in Berlin an den Skulpturen des K. Museums sich genährt hatte, die Be- standtheile der Mauer geprüft, und war auf grosse Stücke in ihr verbauter Hochreliefs aufmerksam geworden; einige, die er hatte herausziehen lassen, schenkte er damals dem hiesigen Museum. Der Wunsch, auf der Spur dieser gewaltigen Proben weiter zu suchen, von Hrn. Humanns stetig dringend wiederholtem Aner- bieten, sich der Aufgabe persönlich widmen zu wollen, lebendig erhalten, bestand seitdem hier in den nächstbetheiligten Kreisen, in denen auch — ich weiss den eigentlichen Autor nicht ausfindig zu machen — eine für den schliesslichen Erfolg entscheidend wichtige Kombination gemacht wurde. Ein obscurer Scribent, Namens Ampelius, der jedesfalls nach dem Anfange des 2 nachchristlichen Jahrhunderts ein Schriftchen über mirabilia mundi compilirte, nennt in seinem Sammelsurium der Wunderwerke auch einen grossen Marmoraltar zu Pergamon, 40 Fuss hoch, mit grossen Skulpturen und zwar einer Giganto- machie: cum maximis seulpturis, continet autem gigantomachiam. Die Humannschen bereits in das Museum gelangten Reliefbruch- stücke gehörten aber, wie keinem Archäologen zweifelhaft blieb, zu einer Gigantomachie und sie konnten ihren Maassen nach nicht an einem Tempel, wohl aber an der Aussenfläche eines kolossalen Altars oder seines Unterbaues ihren Platz gehabt haben, wie man sich einen solchen Altar in den Hauptzügen nach der Beschreibung vom 29. Januar 1880. 189 des olympischen Zeusaltars bei Pausanias, der ausdrücklich dabei an eine Ähnlichkeit mit dem pergamenischen erinnert, vorstellen durfte. | Diese Kombination konnte Hrn. Humann als Leitstern gezeigt werden, als er im Sommer des vorvorigen Jahres endlich mit dem Versuche, weitere Fragmente jener grossen Reliefs und wo möglich das Denkmal, dem sie angehört hatten, aufzufinden, betraut wurde. Es war am Montage 9. September 1878, als Hr. Humann mit einem stillen Spruche im Namen des hohen Protectors der K. Museen mit dem Abbruche jener Mauer begann, in welcher die ersten Reliefproben gefunden worden waren. Mit gesundem Ur- theile sagte er sich, dass solche gewaltige Blöcke gewiss nicht erst zum Mauerbau irgendwoher von unten zur Burg herauf geschleppt sein möchten, und selbst oben kaum von sehr weit her. Und wiederum mit richtigem Blicke fasste er eine leise Bodenanschwel- lung unten an dem oberhalb der Mauer gelegenen Abhange als einen Platz ins Auge, an dem der Altarbau, den zu suchen ihm aufge- geben war, gestanden haben könnte. Aus der Mauer kamen schon am zweiten Tage gegen Abend zwei etwa 2 Meter lange Relief- platten hervor, die an der Innenseite der Mauer, mit der Bildfläche einwärts gekehrt, auf die hohe Kante gestellt waren; andre gleiche Funde reihten sich beim weiteren Abbrechen unmittelbar daran; die Arbeiter aber, welche auf der ebenerwähnten Stelle am Berg- abhange in das Erdreich eindrangen, stiessen eben so rasch auf kompaktes Fundament. Am 12. September Abends, also am dritten Tage nach Beginn der Versuchsarbeit, ging das Telegramm ab: „elf grosse Reliefs, meist mit ganzen Figuren, 30 Bruchstücke und der Altar selbst gefunden“. Es überstieg jede Erwartung. Dass das aufgedeckte Fundament wirklich das des Altarbaus sei, hat sich dann in der That völlig bestätigt. Es liegt heute in vollem Um- fange, nahezu 34,00, resp. 37,00 Meter in den Seiten messend, aus- geführt in einem sich rechtwinklig kreuzenden Netzmauerwerk, des- sen Zwischenfelder mit Erde und Schutt ausgefüllt sind, wieder frei vor Augen, zwar der Marmorhülle seines Aufbaus so gut wie ganz und gar entkleidet und selbst in das weiche Fundamentgestein hinein von späteren Bewohnern des Platzes stark angegriffen, immer aber ein höchst werthvoller Kern alle der Fundthatsachen, welche, rings herum constatirt. den Altarbau auf diesem Platze ausser Frage stellen. 140 Öffentliche Sitzung "Und rasch, wie das erste Gelingen war, so ständig und aus- giebig hat sich das weitere Abbrechen der Mauer und Abtragen des Terrains so ziemlich ein volles Jahr lang erwiesen. Die Ent- deckerfreude des Hrn. Humann erreichte ihren Höhepunkt, als im Mai die Platten mit der Kampfgruppe der Athena und am 21. Juli 1879 die mit der übergewaltigen Gruppe des gegen drei Giganten Blitze schleudernden Zeus dem Boden entstiegen. Es war auf der Ostseite des Fundaments und zwar gegen Norden hin, wo die Platten nahe bei einander, offenbar wie man sie einst von ihrem Platze ge- rissen hatte, zu irgendwelchem kleinlichen Bauzwecke auf die hohe Kante neben einander gestellt ausgegraben wurden. Denn nicht nur in jener Festungsmauer verbaut, sondern auch auf dem ganzen Terrain nördlich, östlich und südlich (weniger im Westen) des gros- sen Fundamentkerns fanden sich die Bruchstücke der Hochreliefs und andre theils sicher, theils vielleicht zum Altarbau gehörige, grossentheils aber auch von andren Denkmälern herrührende Bruchstücke (Architektur, Bildwerke, Inschriften) verstreut. Beim Verweilen auf dem Aufgrabungsplatze überwiegt bald die Freude an dem grossen Gewinne, den zu heben uns vorbehalten blieb, bald der peinliche Eindruck grässlicher Verwüstung, die über so viel Herrlichkeit dahin gegangen ist. Von dem Marmoraufbau des Altars sind nur zwei, sage zwei Stufensteine auf der Ostseite noch am ursprünglichen Platze und in ihrer alten Verbindung; sonst Alles gestürzt, verschleppt, zer- schlagen, verwittert, wieder verbaut, meist in jene grosse Mauer, aber wie die Zeus- und die Athenagruppe auch zu anderem ephe- meren Gebrauche kümmerlicher Nachkommen, welche bis in die spätbyzantinische Zeit die Stelle besiedelt gehalten haben. Wie aus einem mächtigen monumentalen Palimpseste müssen die Züge des Ursprünglichen, die für uns Werth haben, aus den verwirrenden Umgestaltungen herausgelesen werden, zu denen auch Älteres, Theile von Bauten, die vor der Errichtung des Altars an seiner Stelle standen, sich gesellt. Es wird vornehmlich das Verdienst des Hrn. Baumeisters Bohn sein, wenn sich das Gesammtbild des in so reicher Ausgestaltung seiner Art einzigen Prachtbaus so gut wie völlig sicher in jeder Einzelheit des Aufrisses, weniger genau vermuthlich allerdings im Grundrisse, wird wiederherstellen lassen. Ich wünsche den eigenen Darlegungen des Hrn. Bohn hier nicht vorzugreifen, darf aber doch nicht unterlassen, so weit es vom 29. Januar 1880. 141 mit wenigen Worten angeht, ein Bild der ursprünglichen Gestalt des Ganzen zu entwerfen. Über niedrigem umlaufenden Stufensockel erhob sich, wie schon gesagt, etwa 100 Fuss im Quadrat als Hauptkörper des Gebäudes der Unterbau, zu dem mindestens auf einer Seite und zwar schwer- lich vorliegend, sondern einschneidend der Treppenaufgang zur oberen Plateform, wo der eigentliche Opferaltar stand, hinaufführte. Die senkrechten Aussenflächen des Unterbaus waren umlaufend in ihrem oberen Theile in einer Höhe von 2,30 M. von der gewaltigen Hoch- reliefeomposition des Kampfes der Götter und Giganten bedeckt. Uns sind ausser zahlreichen kleinen Fragmenten, die noch der fortgesetzten Versuche der Anpassung harren, 96 grössere Theile dieser Composition erhalten. Sie ihrem Zusammenhange im Gros- sen nach wieder zusammenzufügen, ist eine noch ungelöste Auf- gabe; genug, dass hier und da bereits bis zu 6 unmittelbar an ein- ander gehörige Platten einzelne grössere Theile des Ganzen zeigen. Unmittelbar über dem Relief vorkragend lag ein mächtig ausladen- des Gesims, in dessen Hohlkehle die Namen der dargestellten Göt- ter eingeschrieben sind. Wir lesen namentlich Athena, Herakles, Poseidon, Amphitrite und Triton, Aphrodite und Dione, Ares und Enyo, Themis, Leto; der Mutter der Giganten Ge, die in langem Lockenhaar mit klagend gehobenen Händen, als ihr Abzeichen das Füllhorn zur Seite, dort aus dem Erdboden aufsteigend dargestellt ist, wo Athena ihren vierfach geflügelten, aber rettungslos von der Schlange der Göttin umwundenen Gigantengegner am Haar schleift, ist ihr Name dicht neben ihr auf die Platte beigeschrieben. Ohne dass die zugehörigen Namen erhalten wären, erkennen wir sonst bis jetzt unter den kämpfenden Göttern noch Apollon, Dionysos, He- lios auf seinem Viergespann und ihm voranreitend Eos, namentlich _ aber Zeus und auch wohl Herakles, dem die Sage eine wichtige Rolle im Gigantenkampfe zutheilt. Als wir die Götternamen auf den Werkstücken des Gesimses allmälig zusammengelesen hatten, ver- missten wir jeglichen Namen eines Giganten. Erst als auf einem kleinen Architekturgliede der als solcher unverkennbare Giganten- name Chthonophylos beim Ausgraben zum Vorschein kam, wurden auch auf andern Fragmenten von Gliedern gleicher Profilirung noch andre Namen als die von Giganten des grossen Reliefs erkannt: Erysichthon, Palleneus, und andre mehr verstümmelte. Hr. Bohn setzt das Glied, welches so die Namen der Giganten trägt, un- 142 Öffentliche Sitzung v mittelbar unter die Reliefs; einmal, wo der einschneidenden Treppe wegen das Glied nicht fortgeführt sein konnte, steht der Name eines Giganten ihm unmittelbar im Relieffelde selbst beige- schrieben. | Noch Eines mag, da wir von den Inschriften reden, erwähnt sein, dass auch die Künstlernamen auf dem untern Architektur- gliede, bescheidentlich tiefer noch als die Gigantennamen gestellt, vorhanden waren, aber bis auf Reste, die keine Wiederherstellung eines Namens bis jetzt zulassen, zerstört sind. Bei dem Zeusaltare in Olympia, wo Pausanias flüchtig an un- sern pergamenischen Altar als ähnlich erinnert, bestand das ganze Gebäude nur aus dem hohen Unterbau, zu dem Treppen hinauf- führten, und auf welchem oben- wiederum besonders erhöht der eigentliche Opferaltar stand. Ebenso einfach erscheint in der Restauration nach gefundenen Resten bei Serra di Falco der grosse Altarbau Hiero des zweiten zu Syrakus. Der Fundbestand zu Pergamon hat aber ergeben, dass dort nicht nur die eben beschrie- bene reiche Reliefdekoration der Seitenflächen den Bau schmückte, sondern auch noch eine, wie eine Attica in kleinem Maassstabe ge- haltene, oben umlaufende Säulenhalle jonischen Stils die reiche Ausbildung des Baumotivs vervollständigte.e Die Theile dieser Halle haben sich so vollständig gefunden, dass wir einen drei- säuligen Ausschnitt derselben hier im Museum vollständig wieder aufrichten werden. Die oben flache Kassettendecke dieser Halle war, wie Hr. Bohn aus schwachen Standspuren erkannt hat, zur Aufstellung kleiner, akroterienartig wirkender Bildwerke benutzt. Sonst standen auf der oberen Plateform, wir können nicht genauer angeben wo, zahlreiche Kolossalstatuen, fast sämmtlich weibliche, von deren Torsen eine grössere Anzahl auf dem Wege . in unser Museum ist. Endlich noch muss auf der Plateform, und zwar nach Innen gewandt den Platz um den eigentlichen Opfer- altar umgebend, eine zweite Reliefreihe, etwa anderthalb M. (1,58) hoch, angebracht gewesen sein, von der einige 30 grössere Stücke erhalten sind. Schon Hr. Lolling, der beim ersten Funde solcher Stücke zugegen war, hat erkannt, dass einzelne der Darstellungen dieser Reliefreihe, die offenbar nicht Szenen der Göttersage enthält, uns aus der Sage vom Telephos, dem mythischen Ahnherrn der Pergamener, wohl bekannt sind. Auf dieser Basis wird hoffentlich mit der Zeit noch weitere Erklärung der Fragmente gelingen. vom 29. Januar 1880. 143 Wie einer verschiedenen Dichtungsgattung angehörig stehen diese kleineren Reliefs mehr idyllischen Charakters neben der grandiosen Gigantomachie, die Versalität des Könnens an einem und demselben Monument verkörpernd. Von dem eigentlichen Opferaltare, dem Mittelpunkte der ganzen Bauanlage, oben auf der Plateform wissen wir aus der Notiz des Pausanias nur das Eine, dass er aus der Asche der Opferthiere hergestellt war, wie ein solcher Aschenaltar noch ganz jüngst in Olympia ziemlich wohlerhalten aufgedeckt ist. - Unter den mannigfachen Werkstücken, welche, als doch noch zum Theil möglicherweise zum Altare, in dessen überreichem Fundgebiete sie lagen, gehörig, einer Prüfung darauf hin unterzogen werden müssen, befinden sich auch drei Platten, auf denen ein König, Sohn des Königs Attalos, als Stifter eines Anathems für Zeus und Athena Nikephoros in grossen Schriftzügen sich nennt. "Wollte man der, übrigens nicht weiter zu stützenden Vermuthung nachgeben, dass diese Inschrift etwa an der Einfassung des Aschen- altars sich befand, also die Widmung des ganzen Baus enthielte, so würde sich daraus mit Rücksicht auf Inhalt und Schriftform als Gewissheit ergeben, was wir auch ohne das aus mehreren Gründen als das Wahrscheinliche bezeichnen müssen, dass nämlich der Er- bauer des Monuments König Eumenes II (197 —159 v. Chr.) war, der König, welcher schon nach dem kurzen Gerippe einer Ge- schichte der Könige von Pergamon bei Strabo als der Salomon dieser Dynastenreihe erscheint, als derjenige, welcher die in harten Kämpfen errungene und behauptete Macht seines Staates in glän- zendem Schmucke seiner Hauptstadt zum Ausdrucke brachte. Wohl sollte, nach griechischer Art im Spiegelbilde der Göttersage verherrlicht, durch das marmorne Kampfgetümmel der Giganten- schlacht erhebend für den Träger des Diadems und die Seinigen erinnert werden an das heisse Ringen, in dem Eumenes und sein Vorgänger die wilde Gewalt der Gallier, welehe schon die Haupt- stadt selbst bedrohten, brach und damit hellenischer Cultur noch ein Mal auf lange hin den kleinasiatischen Boden sicherte. Grosse Bronzegruppen, welche diese Gallierschlachten selbst darstellten, standen unweit des Altars. Am Götteraltare trat das Menschliche zurück; es werden aber Beziehungen in seinem künstlerischen Schmucke gewaltet haben, gleich jenen, in denen der attische Par- 144 Öffentliche Sitzung thenon und seine Bildwerke zur Burggöttin und zur Blüthe Athens nach siegreich überstandenem Perserkampfe stand. Unter den grossen Altarbauten, welche wir mit dem pergame- nischen vergleichen können, waren die zwei oben bereits erwähn- ten zu Syrakus und Olympia dem Zeus geweiht, dem höchsten Himmelsgotte, dessen Kultus vorzugsweise auch ohne Tempel unter freiem Himmel sich erhielt. Aber doch nicht ausschliesslich ihm. wurden solche selbständige Altäre erbaut, und das Zeugniss der Inschriften, welche im Bereiche des Altartemenos zu Pergamon gefunden sind, spricht für Athena als die Hauptgöttin des Platzes (ASyv& Tores za Nısybogos); häufig in den Weihungen ihr ge- sellt und dann als der im Range höhere ihr vorangestellt erscheint aber auch Zeus, dem auch nahebei gefundene Einzeldedicationen an den Zeus Tropaios, Zeus Keraunios und ein kleines Marmor- anathem mit dem Blitze gelten. Wenn so der ganze Altarbau der Athena und mit ihr dem Zeus geweiht gewesen sein wird, so fällt damit ein helleres Licht auf die beiden Hauptgruppen des grossen Gigantomachiereliefs. Man kann nicht genug als ein besonderes Glück preisen, dass uns am vollständigsten grade diese beiden Gruppen gerettet sind, welche die wirklich dominirenden Mittel- punkte der ganzen Komposition gewesen sein müssen. Nicht nur als die stets im Gigantenkampfe besonders hervortretenden Götter, sondern zugleich als die Götter des Heiligthums selbst sind Zeus und Athena von dem Künstler sichtlich als Pendants behandelt, und wenn er der kämpfenden Athena die Siegesgöttin zuschweben und sie kränzen lässt, so ist das geradezu der bildliche Ausdruck für den als sozusagen offiziell in den Weihungsschriften ständigen vollen Namen der Athena Nikephoros. Wie der Altar selbst, so ganz vorwiegend gehört die Masse der um ihn her gemachten Einzelfunde der pergamenischen Königs- zeit an. Römisches ist verhältnissmässig spärlich vertreten. Da- mals muss der heilige Bezirk, der der religiöse Mittelpunkt der selbständigen Königsstadt gewesen war, seinen Vorrang eingebüsst haben. Dass in der That Kaiserkultus und Asklepiosdienst in Pergamon Zeus und Athena in Schatten stellten, beweisen über- einstimmend mit dem Ergebnisse unserer Ausgrabungen auch die Münztypen von Pergamon aus königlicher und römischer Zeit. Jener Altar aber, den wir heute mit Rücksicht auf die gemes- sene Zeit zum Hauptgegenstande der Besprechung gemacht haben, vom. 29. Januar 1880. 145 ist für uns nicht nur das glänzendste Denkmal der Attaliden, er ist und wird es immer mehr werden ein Eckstein für den Ausbau unserer Kenntniss der hellenistischen Kunst. Wie mangelhaft er- scheint schon heute jede bisherige kunstgeschichtliche Schilderung gegenüber diesem neuen Werke! Ich stehe nicht an, ihm für diese Periode eine gleiche Wichtigkeit beizumessen, wie Parthenon und Maussoleum sie für die Kenntniss der Kunst des 5. und 4. Jahr- hunderts anerkannter Maassen behaupten. Eines jener grossartig entworfenen und im Einzelnen fein ausgebildeten Prachtgebilde, wie der Scheiterhaufen Hephaistions und der des Dionysios von Syrakus, der Leichenwagen Alexanders, das Schiff des Hieron, von denen als ephemeren Schöpfungen nar die Beschreibungen uns geblieben sind, tritt uns mit einem Male, aus ansehnlichen Resten wenigstens grossentheils herstellbar, in vortrefflich frischester Erhaltung vieler einzelnen Theile wieder vor Augen. Wir dürfen wieder sehen, wie an einem Mittelpunkte der Macht und der Bildung, wo man mit dem Streben auch die Mittel besass, die besten Kräfte an sich zu ziehen, die Architektur gehandhabt wurde, wie freie Statuen und Reliefs phantasievoller Erfindung mit einer für die besten Künstler heutiger Zeit stau- nenswerthen Beherrschung der Form und der Technik, voll wärmster oft schrecklicher Natürlichkeit und doch in einem grossen Stile, in Marmor nicht nur ausgeführt, sondern, da man offenbar des gleichgrossen Modells nicht bedurfte, nach Skizze und Vorzeichnung gleich in Marmor gedacht und am Monumente selbst vollendet wurden. Es verschwindet dabei die zu niedrige. Vorstellung von einer Zeit des Verfalls, in der man bis vor kurzem — ich erinnere an die samothrakische Nike — sich scheute treffliche Werke entstan- den zu denken. Es verschwindet jene zu enge Vorstellung — aus einem vorläufigen bequemen Fächerwerke erhaltener Nachrichten hervorgegangen — von einer pergamenischen Kunstschule neben einer rhodischen: entsprechend dem Genius jener Zeit ist es viel- mehr dasselbe umfassende Vermögen hier wie dort. Es verschwin- det endlich der zu einseitige Begriff antiker Kunst, in dem die Meisten befangen sind. Hier kann nicht mehr in vielbeliebtem Maasse das „Antike“, als Eines das Andre gegensätzlich aus- schliessend, dem „Modernen“ gegenübergestellt werden. Die auch in der Skulptur bis zu einem gewissen Grade malerische Periode [1880] 10 146 Öffentliche Sitzung vom 29. Januar 1880. der Antike steht hier leibhaftig vor Augen. Sind es doch die Namen Michelangelo, Schlüter, die vielfach auf den Lippen der Beschauer, welche zuerst vor diese Werke hintreten, als Etwas, woran man erinnert wird, laut werden. Und unter den einzelnen antiken Skulpturen, welche sich nunmehr chronologisch an den festen Kern eines datirbaren Hauptwerkes anschliessen lassen werden, sind grade einige, wie der Schleifer, die sog. Meduse Lu- dovisi, die venetianischen Gallier, welche von mangelhafter Kritik einmal als moderne Arbeiten angesprochen wurden. So ist uns mit Karl Humanns Funden das Beste einer wis- senschaftlichen Entdeckung geschenkt, dass sie nicht nur unser Wissen im Einzelnen berichtige, sondern befruchtend auf ein gan- zes grosses Gebiet der Forschung wirke und unsre allgemeinen Vorstellungen kläre und bereichere. ROT: Auch Humanns patriotischer Wunsch ist erfüllt. Die Ori- ginale gehören der deutschen Hauptstadt an. Eine Förderung der Beobachtung wird zunächst hier am Orte, wo sie mit besonderem Eifer von Einheimischen und Besuchern geübt wird, geboten. Wir nennen das auch einen allgemeinen Gewinn in so fern, als eine Ver- theilung der Werke griechischer Kunst in den Mittelpunkten der eivilisirten Welt ihre Wirkung zu steigern geeignet ist, mehr als wenn das Streben heutiger Griechen erfüllt würde sie als Familien- eigenthum bei sich zu halten, oder als wenn der Wille des ersten Napoleon Bestand gehabt hätte die besten alle in einer Metropole zu vereinigen, oder als wenn wir England den Vorrang in solchen mit Erwerbung verbundenen Entdeckungen unbestritten hätten las- sen wollen. Alles aber, was Humann that und anregte, hätte kaum voll durchgeführt werden können — je näher man dem Unternehmen stand, desto mehr hat man es gesehen — ohne die heutige Ge- stalt und Stellung unsres Staates. Und so erscheint es nicht als ein zufälliges Zusammentreffen, dass seit Friedrich der Grosse mit persönlichster Sorge das Erzbild des anbetenden Knaben erwarb, für Preussen keine Erwerbung von Skulpturen ersten Ranges wie- der gemacht ist bis auf diese Pergamener unter der Regierung S. M. des Kaisers Wilhelm und unter höchst persönlicher Mit- wirkung Sr. Kais. u. Königl. Hoheit des Kronprinzen, in der That des Protektors der wissenschaftlichen Anstalt unserer Museen. _Verzeichniss der im Monat Januar 1880 eingegangenen Schriften. Leopoldina. Herausgegeben von C.H. Knoblauch. Heft XV. N. 23.24. Halle 1879. 4. | Sitzungs-Berichte der math.-phys. Classe der k. b. Akademie der Wissenschaf- ten zu München. Jahrg. 1879. Heft III. München 1879. 8. Sitzungsberichte der philos., philolog. und histor. Olasse der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München. Jahrg. 1879. Bd. II. Heft 1. München 1879..1.8. | Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XII. N. 19. Berlin 1879: 18. Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Bd. XXXI. Heft 3. Ber- 11n,,1879..,. 8: | Mittheilungen aus dem naturwissenschaftlichen Vereine von Neu-Vorpommern und Rügen in Greifswald. Jahrg. XI. Berlin 1879. 8. Erster Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft zu Hannover 1879. Han- nover. 8. Achtzehnter Bericht der Öberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Giessen 1879. 8. Mittheilungen des Deutschen Archaeologischen Institutes in Athen. Jahrg. IV. Heft 3. Athen 1879. 8. Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens. Heft 19. October 1879. Berlin 1879. 4. Monumenta Germaniae Historica. — Auctorum antiquwissimorum T. III. Pars posterior. — Corippi libri rec. J. Partsch. Berolini 1879. 4. 10° 148 Eingegangene L. Diefenbach, Völkerkunde Osteuropas. Bd. I. Darmstadt 1880. 8. B. Troost, Zur weiteren Begründung der Lichtäther - Hypothese. Aachen ie79, = E. Selenka, Über einen Kieselschwamm von achtstraligem Bau etc. Sep.- Abdr. 8. Th. Wolf, Ein Besuch der Galapagos-Inseln. Heidelberg 1879. 8. Einge- sandt von Hın. vom Rath. Sitzungsberichte der philos.-histor. Classe der K. Akademie der Wissenschaften in Wien. ' Bd. 90, Heft 1.2.3. Bd. 91, Heft1. 2. Bd. 92, Heft 1.2. 3. Bd. 93, Heft 1. 2.3.4. & Register Bd. IX. Wien 1878. 1879. 8. Sitzungsberichte der math.-naturw. Olasse der K. Akademie der Wissenschaften in Wien. Jahrg. 1878. I. Abth. N. 5—10. II. Abth. N. 4—10. III. Abth. N. 1—10. Jahrg. 1879. II. Abth. N. 1—3. III. Abth. N. 1—5. Jahrgang 1879. .N. &XIV. . Wien. .,s. Denkschriften der phil.-hist. Classe der K. Akademie der Wissenschaften in Wien. Bd. 28. 29. Wien 1378/79. 4. — der math.-naturw. Classe der K. Akad. der Wissensch. Bd. 39. Wien Wien 1879. 4. Almamach der K. Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 1879. Wien 1879. 8. 30 Separatabdrücke aus den Sitzungsberichten und aus den Denkschriften der K. Akademie der Wissenschaften in Wien. ‚Wien 1878/79. 4.&8. Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen. Bd. 57, Hälfte 2. Bd. 58, Hälfte 1. 2. Wien 1879. 8. Jahrbuch der K. K. geologischen Reichsanstalt. Jahrg. 1879. Bd. 29. N. 3. Wien 1879. 8. i Verhandlungen der K. K. geologischen Reichsanstalt. 1879. N. 10. 11. 12. 13. Wien 1879. 8. Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1879. Bd. IX. N. 7.8... Wien 1879. 8. Berichte des naturwissenschaftlich - medizinischen Vereines in Innsbruck. IX. Jahrg. 1878. Innsbruck 1879. 8. Mittheilungen der K. K. ÜOentral-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und histor. Denkmale.. Neue Folge. Bd. V. Heft4 (Schluss). Wien 1879. 4. M. Neumayr, Zur Kenntniss der Fauna des untersten Lias in den Nord- alpen. (A. d. Abhandlungen der K. K. geol. Reichsanstalt Bd. VII. Heft 5.) Wien 1879. 4. Almanach der K. Ungarischen Akademie der Wissenschaften, 1879. 1880. Budapest. 8. Druckschriften. 149 Ertesitö (Akademia:) 1878, 1—7. (Bulletin acad.) 1879, 1—6. Budapest 1878/79. & Ertesitö (Archaeologiai) 1878. Köt. 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New York 18780 8: Memoirs of the Boston Society of Natural History. Vol. II. P.I. No. 1. 2. Boston 1878. 1879. 4. Proceedings of the Boston Society of Natural History. Vol. XIX. P. 3.4. Vol. XX. P.1. DBoston 1879. 8. Druckschriften. 153 The Journal of the Cincinnati Society of Natural History. Vol. II. N. 2. July 1879. Cineinnati. 8. Peabody Institute of the City of Baltimore. Twelfth Annual Report. June 1. 1879. Baltimore 1879. 8. The American Journal of Science and Arts. Ser. III. Vol. XVII. N. 108. Vol. XIX. N. 109. New Haven 1879. 1880. 8. American Journal of Mathematics pure and applied. Vol. II. Number 3. Bal- timore 1879. 4. National Board of Health Bulletin. Vol.I. N. 24. Washington 1879. 4. Bulletin of the U. S. Geological and Geographical Survey of the Territories. Noly. N.1.2.3. Washington 1879. 8. F.N. Hayden, Catalogue of the Publications of the U. S. Geological and Geographical Survey of the Territories. 3. Edit. Washington 1879. 8. Guides for science teaching. N. 2.3. 4.5. Boston 1879. 8. Astronomical and meteorological Observations made during the year 1875, at the U. S. Naval Observatory. Washington 1878. 4. Zones of Stars observed at the National Observatory, Washington. Vol.1. P.1. Washington 1860. 4. Zones of Stars observed at the U. S. Naval Observatory with the Mural Circle in the years 1846, 1847, 1848, and 1849. Washington 1872. 4. Zones of Stars observed at the U. $. Naval Observatory with the Meridian Transit Instrument in the years 1846, 1847, 1848, and 1849. Washing- ton 1872. 4. Zones of Stars observed at the U. S. Naval Observatory with the Meridian "Cirele in the years 1847, 1848 , and 1849. Washington 1873. 4. W. Harkness, Report on the difference of longitude between Washington and St. Louis. Washington 1872. 4. S. Newcomb, On the right ascensions of the equatorial fundamental stars and the corrections necessary to reduce the right ascensions of different "catalogues to a mean homogeneous system. Washington 1872. 4. J. R. Eastmann, Toables of instrumental constants and corrections for the reduction of Transit Observations made at the U. 8. Naval Observatory. Washington 1873. 4. | — , Report on the difference of longitude between Washington and Detroit, Michigan, Nevada and Austin, Nevada. Washington 1874. 4. —, Report on the difference of longitude between Washington and ÜOgden, Utah. Washington 1876. 4. H. A. Hagen, Destruction of obnoxious Insects. Cambridge 1879. 8. [1880] 11 en a = en „Andres del Rio“. ‚La Naturaleza. VDLN. Entrega N. 12. 13. 14. . wr ‘ . . Ru N RR j m ————— % , CR] P h n ji [2 7 KÖNIGLICH PREUSSISCHEN as: MIE DER WISSENSCHAFTEN > = ‚20. BERLIN. / Februar 1890. ee SBEBLIN. 1880. UCKEREI DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) NW. UNIVERSITATSSTR. 8. COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS -BUCHHANDLUNG 2 _ HARRWITZ UND GOSSMANN. MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Februar 1880. Vorsitzender Secretar: Hr. Mommsen, 2. Februar. Sitzung der physikalisch -mathemati- schen Klasse. Hr. Virchow las über anomale Bildungen der Schläfengegend und über partielle Microcephalie, besonders der Umgebung der syl- vischen Grube. Hr. Kronecker lJas: Über die Irreductibilität von Gleichungen. Seitdem ich mich genau vor 35 Jahren bei Gelegenheit einer von Hrn. Kummer in Breslau gehaltenen Vorlesung über Zahlen- theorie auf seine specielle Anregung mit der Vereinfachung des Beweises der Irreductibilität der Kreistheilungsgleichungen be- schäftigt und das Ergebniss im XXIX. Bande des Crelle’schen Journals veröffentlicht habe, bin ich wiederholt auf die Frage zurückgekommen und habe mich namentlich bemüht, charakteristi- sche Eigenschaften der irreductibeln Zahlengleichungen aufzufinden. Ich habe dafür sowohl in meinen allgemeinen Untersuchungen über algebraische Zahlen als auch in den specielleren über die singu- lären Moduln der elliptischen Funcetionen mancherlei Anhaltspunkte gefunden (vgl. Monatsbericht vom Juni 1862 pag. 368.), bin aber erst neuerdings zu einem befriedigenden Resultate gelangt, und zwar gerade rechtzeitig, um die erste Mittheilung davon meinem Freunde Kummer an seinem siebzigsten Geburtstagsfeste am 29. v.M. widmen zu können. [1880] 12 156 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Den Kernpunkt der ganzen Entwickelung bildet folgender Satz: „Ist F(x) eine ganze ganzzahlige Function von x und be- deutet », in der auf alle Primzahlen p ausgedehnten Summe Ir, p » die Anzahl der (gleichen oder verschiedenen) Wurzeln der Congruenz F(x)=0 mod.p, so wird der Grenzwerth jener Reihe für unendlich kleine positive Werthe von w propor- 1 1 tional log — und zwar gleich log -- multiplieirt mit der Anzahl der irreductibeln Factoren von F(x).* Für irreductible Functionen ist also der Grenzwerth der Reihe log w selbst, und hieraus ergiebt sich eben unmittelbar jener Werth der Reihe für beliebige Functionen Ff(x). Da », 0,1,2,...n haben kann, wenn n den Grad von F(«) bezeichnet, so ist jene Reihe in n Partialreihen zu zerlegen und in folgender Weise darzustellen: nur die Werthe wo p, jede Primzahl bedeutet, für welche k Congruenzwurzeln von F(x) = 0 existiren. Für alle Primzahlen ist bekanntlich der 1 Grenzwerth von > pire gleich log —; wenn man daher die Existenz einer Function voraussetzt, welche die Dichtigkeit der Primzahlen angiebt, so kann man den obigen Satz einfach so formuliren, dass diese Dichtigkeit mit derjenigen übereinstimmt, welche resultirt, wenn jede Primzahl p soviel mal genommen wird, als die Con- gruenz F(x) = 0 mod. p Wurzeln hat, vorausgesetzt, dass F(«) irreductibel ist. | Nimmt man die Dichtigkeit aller Primzahlen als Maass und bezeichnet alsdann die Dichtigkeit der Primzahlen p% mit D,, so ist dem obigen Satze gemäss die Gleichung k=n DD, q = charakteristisch für irreductible Gleichungen F(x) = 0 überhaupt. Die Einzelwerthe der Dichtigkeiten D, sind im Allgemeinen für die verschiedenen Grade der Gleichungen verschieden, aber stets dieselben für alle Gleichungen einer und derselben Classe. vom 2. Februar 1880. 197 Wenn F(x) = 0 eine allgemeine Gleichung ist, d. h. keinen be- sonderen Affect besitzt, so resultirt, indem man sich die Gleichung für eine lineare Function von h Wurzeln gebildet denkt, die Relation k=n Di@—1..k-h+V)D,=1, k=1 und diese ergiebt für die Dichtigkeit D, den Werth 1 Q (— dj? ki h! (R=0,1,..n—k) (01=1), welcher für grosse Werthe von n und relativ kleine von % nahezu gleich 7 Wird, und die Summe > ie.k! wird eben wieder gleich 1. Dagegen wird die Gesammtdichtigkeit der Primtheiler einer irreductibeln Function F(x), die gleich Null gesetzt eine allgemeine Gleichung repräsentirt, für grössere Werthe | des Grades n nahezu (1-:) also etwa 4. Die Dichtigkeit D,_, ist stets gleich Null. Für solche irre- ductible Gleichungen, deren Wurzeln sämmtlich rationale Functionen einer sind, werden auch alle vorhergehenden Werthe von D gleich 1 Null und also D, = ar Hieraus folgt, dass jede irreductible ganz- zahlige Function einer Variabeln F(x) für unendlich viele Primzahl- moduln einem Product von Linearfactoren congruent ist, und dass die Dichtigkeit dieser Primzahlen durch den reciproken Werth der Ordnung des Affects der Gleichung F(&) = 0 d. h. durch den reeiproken Werth des Grades der irreductibeln Factoren der Ga- lois’schen Resolvente ausgedrückt wird. Aber nicht bloss diese Dichtigkeit, deren Index gleich dem Grade von F(x) ist, sondern auch alle andern Werthe D, , D, ,... werden durch den Affect be- stimmt, und es wird z. B., wenn F(x) = 0 eine auflösbare Glei- chung vom Primzahlgrade n und die Ordnung ihres Affeets nd ist, wo d einen Divisor von (n— 1) bedeutet, 1 D,= Tee 5 1 D =—=E0 or... IE — N) 2} = oe 2 ’ n—1 ’ n nd 19% 158 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Wenn zwei Functionen nten Grades F(x) und F\ (x) dieselben charakteristischen Zahlen v, besitzen, so hat die aus den Wur- zeln beider gebildete Gleichung n’ten Grades für die Zahlen p, die Zahl v,= k* als charakteristische Zahl. Da jedenfalls D, > 0 ist, so ist also 3kD,>1 | d. h. die Gleichung muss reductibel sein. Dies kann auch schon erschlossen werden, wenn man nur voraussetzt, dass die Dichtig- keit der Primzahlen, für welche beide Congruenzen F(x) = 0 und F,(x)=0 genau k Congruenzwurzeln haben, mit der Dich- tigkeit derjenigen, für welche je eine derselben diese Eigenschaft besitzt, für jedes £ übereinstimmt. Ohne heute näher auf den allgemeinen Fall einzugehen, hebe ich hervor, dass die zugehöri- gen Galois’schen Gleichungen in dieselbe Gattung gehören müs- sen, und dass also, wenn n Primzahl ist, auch die Gleichungen selbst zu einer Gattung gehören, d.h. wenn für zwei Functionen, deren Grad eine Primzahl ist, die Primtheiler der verschiedenen Arten im Allgemeinen beiden gemeinsam sind, so sind die Wurzeln der einen Gleichung rational durch die der andern ausdrückbar, und es ist also (in ähnlicher Weise, wie nach dem Cauchy’schen Satze eine Function durch ihre Randwerthe bestimmt wird) mit blossen Congruenzbestimmungen der ganze Inbegriff der durch die Gleichung definirten algebraischen Irrationalitäten bestimmt. Um die einfachen Betrachtungen, welche zu dem obigen Satze führen, an den Kreistheilungsgleichungen darzulegen, Knüpfe ich an Hrn. Kummer’s Ausführungen im $. VIII seiner im XVI. Bande von Liouville’s Journal veröffentlichten Abhandlung an. Darnach ergiebt sich, wenn « wie a. a. OÖ. eine Wurzel der Glei- chung iR a a eg Zr bedeutet, auch ohne die Voraussetzung der Irreductibilität, dass der mittlere Werth von N/(«) constant und also ZNf(«)"1"% für $ } DE ; 1 Ä unendlich kleine positive Werthe von w proportional — ist. Wird w der Grad der irreductibeln Gleichung für « mit r bezeichnet, so ist unter N/(«) natürlich nur das Product der r conjugirten Fac- toren zu verstehen. Nun ist andrerseits X. Nf(«)"1"® gleich dem vom 2. Februar 1880. 159 auf alle Primzahlen p,_, von der Form nA +1 zu erstreckenden Producte 1 (1 FR DIR ’ multiplieirt mit einem Producte von Factoren (1 — pw)! wel- ches, da h>1 ist, für w = 0 endlich und grösser als Eins bleibt. Man hat daher 5 Mi 1 lım. > meer == log > w=0 ra und dies ist fü» den vorliegenden Fall der Inhalt des obigen all- gemeinen Satzes, da die Primzahlen p,_, die sämmtlichen Primthei- ler von PIE L.totı1 bilden. — Der Nachweis, dass jene Gleichung für « irreductibel oder also das r =? — 1 ist, lässt sich im Wesentlichen nunmehr darauf gründen, dass die Differenzen (mi + h)71% — 3 (mi + kyri7® m=]1 und also auch jene Dirichlet’schen Reihen (ah ind, n >. h=1,2,.Rr— 9), N wenn 8 wie in der Kummer’schen Abhandlung eine primitive (2 — 1)te Wurzel der Einheit bedeutet, für w = 0 endlich bleiben. Dass eben diese Reihen für w = 0 auch nicht gleich Null werden, ergiebt sich gleichzeitig mit der Irreductibilität. Ist nämlich P(w) das Product aller dieser (*— 2) Reihen, so hat man die identische Gleichung | P(w) EIntw — nu (1 ‚N pz’urey?, apa. wenn mit d die verschiedenen Divisoren von ?—1, mit $ die com- plementären, wofür dd = ?—1 ist, und mit p, die zum Divisor Ö für den Modul A gehörigen Primzahlen bezeichnet werden, und da die sämmtlichen den Werthen d<7.— 1 entsprechenden Producte für w = 0 endlich und grösser als’ Eins bleiben, so kommt 160 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Der Grenzwerth des Ausdrucks auf der rechten Seite ist nach der obigen Deduction 2—l1 r log — ; es muss daher erstens P(w) für w = 0 von Null verschieden und zweitens r = % —1 sein. Der Kernpunkt des hier geführten Nach- weises der Irreductibilität, der sich ohne Weiteres auf Wurzeln der Einheit mit zusammengesetzten Exponenten übertragen lässt, ist darin zu finden, dass jene Dirichlet’schen Reihen selbst ein Sy- stem von conjugirten Einheiten liefern, deren Unabhängigkeit da- rauf beruht, dass die Werthe der Reihen für w = 0 von Null ver- schieden sind. Die singulären Moduln der elliptischen Functionen führen zu Gattungen von ganzzahligen Gleichungen F(x) = 0, die ich in meiner Mittheilung vom 26. Juni 1862 näher charakterisirt habe. Wird der Grad der Function F(x) wie dort mit 2N bezeichnet, so ist N gleich der Classenanzahl quadratischer Formen einer be- stimmten negativen Determinante oder Discriminante, wenn man, wie ich es seit lange in meinen Universitäts-Vorlesungen zu thun pflege, hierbei die Formen ax? + bazy-+- cy? mit ganzen Zahlen a,b,c zu Grunde legt und 5? —4ac als deren Discriminante be- zeichnet. Jede der Gleichungen (x) = 0 zerfällt unter Adjunc- tion der Quadratwurzel der Discriminante in zwei Abelsche Glei- chungen Nten Grades, und deren besondere Natur bestimmt sich durch die auf die Composition bezüglichen Eigenschaften der zu- gehörigen quadratischen Formen. Denkt man sich nämlich in der Weise wie im Monatsbericht vom December 1870 S. 882 bis 885 sämmtliche Formenclassen durch ein Fundamentalsystem gr > 653 4 Eh Re en Va U N=nınzy..n,) dargestellt, so sind die den einzelnen Classen entsprechenden Wur- zeln jener Abelschen Gleichung Nten Grades gemäss den Ausein- andersetzungen, welche ich im Monatsbericht vom December 1877 unter Nr. III gegeben habe, durch die entsprechenden Systeme der v Indices an. charakterisirt, und wenn wie bei Gaufs (Disqu. arithm. sectio V, art. 305) m diejenige Zahl bedeutet, zu der im Sinne der Com- vom 2. Februar 1880. 161 position eine Classe quadratischer Formen gehört, so ist m als die kleinste den Congruenzen mh, =0 mod. n., (2=1.2, ..v) genügende Zahl bestimmt. Bezeichnet man nun die Discriminante der quadratischen Formen mit D und die sämmtlichen nicht in D enthaltenen Primzahlen mit p oder g, so dass stets Bo —J=+1,1-)=-—-1ı 2 q ist, so zerfällt F(x) für jeden Primzahlmodul g in N irreductible Factoren zweiten Grades, für jeden Primzahlmodul p aber in lau- ter. irreductible Factoren mten Grades, wenn die Formenclasse, durch welche p darstellbar ist, zu m gehört. Dabei ist zu bemer- ken, dass, falls p durch zwei entgegengesetzte Formenclassen dar- stellbar ist, beide zu derselben Zahl m gehören. Hiernach ist es das Product 3N BE — pmüutw)) m, Ni g2(1+0)) h mp q welches in diesem Falle auftritt und jenem zu den Kreistheilungs- gleichungen gehörigen Doppelproducte auf p. 159 entspricht. Die auf p bezügliche Multiplication erstreckt sich auf die im Sinne der Composition zu m gehörigen Primzahlen p. Das Product ist in N Theilproducte ER ] 2, & n(1 — Waren an wyp1+W)) I (1 — gr2litw)) 1 p q zu zerlegen, deren jedes genau wie das speciellere bei Dirichlet im Monatsbericht vom März 1840 als Reihe darstellbar ist: hi h I Io 'oy..wy > (a +baytcey)t®, ‘ As b,c X Y und diese Reihe ist nach einer im Monatsbericht vom Jan. 1863 S. 46 aufgestellten Formel durch $-Functionen zu summiren. Das erste Summenzeichen in der Reihe bezieht sich auf die verschiede- nen Formenclassen (a,db,c) der Diseriminante D, das zweite auf alle ganzen Zahlen x,y, für welche ax + bxy-+cy? zu D prim ist; die Grössen » sind die verschiedenen durch die Gleichungen 162 Sitzung der phys.-math. Klasse vom 2. Februar 1880. bestimmten Wurzeln der Einheit, und die Exponenten A wie oben die v Indices, welche der Classe (a,d,c) resp. den durch dieselbe darstellbaren Primzahlen p angehören. Nach diesen Auseinandersetzungen sind es einzig und allein die durch die Hauptelasse darstellbaren Primzahlen p, für welche F(x)=0 wird, und deren Dichtigkeit ist gleich dem reciproken Werthe des Grades der irreductibeln Factoren von F(x). Da nun die Differenzen 3 (a +bay+cyp)1® — 2: (aa + bay + dy)ı® 2,Yy %Y für w = 0 endlich bleiben (vgl. meine Mittheilung im Monatsbe- richt vom Jan. 1863), so folgt in der oben für die Kreistheilungs- gleichungen ausgeführten Weise, dass F(x) irreductibel und dass die Dichtigkeit der Primzahlen in den einzelnen Classen quadrati- scher Formen (in erster Annäherung) proportional der Anzahl der Classen ist, durch welche die Primzahlen darstellbar sind. Die Dichtigkeit der Primzahlen ist demnach + od 1 NIE je nachdem die darstellende Classe anceps ist oder nicht, und die Dichtigkeit der den quadratischen Formen entsprechenden com- plexen Primfactoren ist in jeder Classe gleich - Um zum Schlusse nur ein Beispiel anzuführen si D= —31. Alsdann kann für F(x) die Function (23 — 108)? + 31 (2? — 1)? genommen werden, welche unter Adjunetion von V—31 in zwei Factoren dritten Grades mit der Discriminante 1 zerfällt. Die je 3 Wurzeln der betreffenden Gleichungen entsprechen den For- menclassen (1,1,8) ,(2,&3,5), und die Anzahl der Primzahlen x” + 31y° ist etwa halb so gross als diejenige der Primzahlen von der Form 52? #& 4xy + 7y®. e ir und 2 ee Be ae a or u car R en tsitzung der Akademie. ‚über ungedruckte Schriftstücke des "Lauren- R N 7% } i N NE BEREIT ad “ #lehun BU Hi ine. , Eitm | | ot ae al: 2 | e.% € t X .n 3 h IE AIUEN DERART I A 1 ; wall. man m ui BSH | 164 | Gesammisitzung vom 12. Februar 1880. | u 19. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Bruns las über die von Diogenes Laertius überlieferten. Testamente der griechischen Philosophen Plato, Aristoteles u. s. w. Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über eine neue Art der Nagergattung Anomalurus von Zanzibar. Durch die gütige Vermittelung des Hrn. Dr. G. A. Fischer habe ich ein noch junges Exemplar von einer Art der merkwürdi- sen Nagergattung Anomalurus aus Zanzibar erhalten, welches von Negern am 2. November 1879 gefangen worden war. Es ist zwar von Interesse, dass es einer neuen Art, aber noch mehr, dass es einer Gattung angehört, deren bisher bekannt gewordene Arten ausschliesslich in den tropischen Gegenden Westafrikas gefunden worden sind. Ich erlaube mir daher, diese Art hier vorzulegen. Anomalurus orientalis n. sp. (s. Tafel). A. supra fuscus, sublus rufus, dimidio caudae terminali fusco. Long. ad caudae basin 21,5% ; caudae 30°" . Habitatio: Zanzibar. Ohren oval, am Ende abgerundet, am vorderen Rande convex, am hinteren flach eingebuchtet, bis auf die Basis kahl, mit körni- gen Erhabenheiten, innen am vorderen Rande schwach behaart, mit sechs Querfalten in der hinteren Hälfte. Nasenöffnungen weit, sichelförmig, durch eine tiefe Längsfurche von einander getrennt, welche sich auf die Oberlippe fortsetzt. Barthaare sehr lang, 2. Th. bis 7, in 5 bis 6 Längsreihen geordnet. Augen gross, über dem vorderen Theil derselben ein paar verlängerte Borsten. Körperhaare lang, weich, kürzer an der Bauchseite; nach dem Rande der Flughaut hin ist die Behaarung kürzer, borstiger, an- liegend. Die Körperflatterhaut geht bis auf den Rücken der Basalphalanx der ersten Zehe. Die Schwanzflatterhaut dehnt sich einerseits bis auf die erste Phalanx der fünften Zehe, andererseits bis dahin über den Schwanz aus, wo die Subcaudalschuppen auf- hören. Schwanz länger als der Körper. Von den Subcaudal- schuppen steht zuerst eine in der Mitte, dann folgen jederseits sieben schief oder alternirend stehende. Daumenrudiment sehr klein, mit einem Plattnagel versehen; der vierte Finger wenig länger als der dritte, welcher merklich vom 12. Februar 1880, 165 ‚länger als der fünfte ist, während dieser wieder den zweiten sehr an Länge übertrifft. Die Krallen dieser Finger sind scharf und sehr zusammengedrückt, wie bei Galeopithecus. An der Hand- fläche stehen fünf Ballen hinter der Basis der Finger, zwei viel grössere unter der Handwurzel und in der Mitte ein centraler kleiner runder. Von den Zehen, welche sämmtlich scharf bekrallt sind, ist die erste die kürzeste; die zweite bis vierte nehmen all- mählig an Länge zu und die fünfte ist länger als die dritte. An der Fusssohle sieht man sechs Ballen hinter der Basis der Zehen, unter der inneren Seite des Mittelfusses einen, unter der äusseren zwei lange Wülste, während die Fusswurzel behaart ist. Oben graubraun, die Flughaut am Rande, die Aussenseite des Vorderarms, der Hand und der Hinterextremität dunkelbraun; der Schwanz an der Basalhälfte, wie der Körperrücken, graubraun, die Endhälfte schwarzbraun. Brust und Bauch rostfarbig. Die Haare sind sämmtlich zum grössten Theil schieferfarbig, am Rücken meistens mit einem subapicalen rostbraunen Ringe versehen oder ganz einfarbig schwarz. Die Haare an der oberen Seite des Randes des Fallschirms sind ebenso wie die langen Barthaare einfarbig schwarz. Die Haare der Bauchseite sind schieferfarbig mit rost- rothen Spitzen. Die Schneidezähne sind blassgelb. Länge von dem Schnauzenende bis zu der Schwanzbasis 21,57 Kopf\55%@;, Ohrhöhe 36"; Ohrbreite I9®®. Schwanz mit Haar 30°®, ohne Haar 26°”; Handsohle mit Krallen 38"n, Fusssohle mit Krallen 59", Das einzige Exemplar ist ein Männchen, welches noch nicht ganz ausgewachsen ist. Diese Art steht zwischen A. Fraseri Waterhouse und 4. Beecrofti Fraser. In der Färbung der Oberseite und des Schwan- zes stimmt sie mit dem ersteren, in der rostfarbigen Bauchseite mit dem letzteren überein. Porktarune der Abbildung. Fig. 1. Anomalurus orientalis Peters. Männchen, % natürl. Grösse. „ la. Ohr der linken Seite, in natürl. Grösse. „ 1b. Schnauze von vorne, in natürl. Grösse. 166 Gesammtsitzung Hr. W. Peters theilte ferner das Folgende mit: Hr. Dr. Finsch (Jalutt vom 14. November 1879) sendet Listen seiner in nächster Zeit abgehenden Sammlungen ein und berichtet über einen Ausflug zur Erholung nach der Ratak- Kette vom 1. bis 10. November. Er konnte zwar nur einen Tag auf der Insel Arno (Pedder) zubringen, was aber .hinreichte, die Über- einstimmung der Fauna mit der von Jaluit festzustellen. Er beab- sichtigte, am 18. November eine Tour nach den Gilberts-Inseln zu machen, dann die nördlichen Inseln der Marshall- Gruppe zu be- suchen und von dort nach den Öarolinen zu gehen. Hr. Auwers legte hierauf folgende Abhandlung .des Hrn. Pro- fessor Theodor Ritter von Oppolzer in Wien vor: " ie, YrR Über die Sonnenfinsterniss des Schu-king ar R : Im Schu-king, einem der klassischen Bücher Chinas, findet sich eine Stelle, die allgemein als ein Hinweis auf eine Sonnen- finsterniss betrachtet wird, welche sich im fünften Regierungsjahre des Kaisers Tschung-khang ereignet haben soll; dieselbe steht im Original wie folgt, doch sind hier die Schriftzeichen von links nach rechts geordnet und mit Nummern überschrieben: 1 2 3 4 B) 6 7 8 9 10 J 7 — Fe BE DB Mit Ausnahme des Zeichens 6, welches etwa wie tschhän lautet, besteht kein Zweifel über die Lesart der Stelle; die Zeichen haben die folgende Bedeutung: 1.) Etwa wie Nai lautend, bedeutet „da“ im örtlichen und zeitlichen Sinne (Schott chinesische Sprachlehre 125). 2.) kilautend, stellt den letzten Monai des Herbstes vor, also auch, der Jahreszeit 3 Monate zuschreibend, den dritten Monat. 3.) isuu — Herbst. vom 12. Februar 1880. 167 4.) yüe = Monat. 5.) so = Neumond. 6.) tschhän. In diesem Worte liegt die Hauptschwierigkeit der Übersetzung. Ursprüngliche Bedeutung wol „Zeit“, dann wird jetzt noch das Wort tschhan (vergl. Ideler Zeitrechnung der Chine- sen S. 125) verwendet, wenn von den zwölf Neumonden des Jah- res gesprochen wird, es wird aber auch benützt für die Bezeich- nung der Morgenstunden zwischen 7 und 9 Uhr. Letztere Bezeich- nung soll, wie Ideler hervorhebt, neueren Ursprungs sein, doch sagt Schlegel in seiner Uranographie chinoise (La Haye et Leyde 1875) Bd. I. p. 37 ausdrücklich das Gegentheil; die diesbezüg- liche Stelle über die Zwölftheilung des Tages lautet daselbst: On attribue generalment l’invention des noms des divisions de ce cycle & Tajao, ministre de l’empereur Hoang-ti, qui regna 2697 anndes avant notre ere. Il est certain que ce cycle est bien plus ancien, et qu’il a servi primitivement & diviser le jour en douze parties egales et ensuite a diviser l’annee. Einige chinesische Commenta- toren wollen für tschhän an der betreffenden Stelle „Sonne und Mond“ „Sonne und Mond in Conjunetion“* auch „Himmelskörper“ lesen, welche Lesarten wohl als etwas willkürlich bezeichnet werden müssen. So viel ist mir über dieses im obigen Texte einzig zwei- felhaft erscheinende Wort tschhan bekannt geworden. 7.) fu = Verneinung des folgenden Wortes. 8.) tsöi = Übereinstimmung. 39 Präposition: „in“ «(Schott‘p. 107): 10.) fang = Gemach = Rectascensionsabschnitt zwischen z und > Scorpii nach Schlegel’s Uranographie. So viel zur Orientirung über die massgebende Stelle des Schu- king. Dr. August Pfizmaier, der bekannte Sinologe, dem ich mehrfache Unterstützung bei der Abfassung dieser Abhandlung ver- danke, hat mir seine Übersetzung des betreffenden Theiles des Schu-king freundlichst zur Verfügung gestellt; ich hebe das wich- tigste hier heraus, die massgebende Stelle ist gesperrt gesetzt: „Doch um die Zeit warfen die Geschlechter Hi und Ho ihre Tugend über den Haufen. Sie versenkten sich unordentlich in Wein, verwirrten das Amt, trennten sich von der Rangstufe. Sie störten zum ersten Male die Jahresrechnung des Himmels, sie setz- ten weit hintan ihre Vorstehung. Da im letzten Monate des Herbstes am ersten Tage des Monates stimmte die Zeit 168 Gesammtsitzung nicht überein im „Gemache“; der Blinde brachte die Trommel zu Ohren, der sparende Mann jagte einher, die gemeinen Menschen liefen. Die Geschlechter Hi und Ho befanden sich in ihrem Amte, sie hörten und wussten nichts.“ Gaubil übersetzt die massgebende Stelle wie folgt: „Au pre- mier jour de la derniere lune d’automne le soleil et la June dans leur conjonction ne furent pas d’accord dans Fang,* während Amiot (Memoires Tom II p. 256 u. 272) für die Worte Gaubil’s „le so- leil et la lune ne furent pas d’accord“ gesetzt sehen will „le so- leil ayant ete cache par la lune.“ J. Williams (Monthly notices Vol. XXIII, Juni) übersetzt: In. the last month of the autumn the first day of the moon, the u bodies were not in agreement in Fang. J. Legge (The sacred books of China Oxford 1879 part. III p. 82) liest: On the first day of the last month of autumn, the sun and moon did not meet harmoniously in Fang. Ich werde später selbst eine Lesart dieser Stelle ansetzen, die auf Grundlage der in dieser Abhandlung mitgetheilten Rechnungs- resultate einige Wahrscheinlichkeit für sich in Anspruch nimmt. Sieht man von der Amiot’schen, etwas willkürlichen Über- setzung ab, so lässt wohl die Stelle manchen Zweifel darüber übrig, ob dieselbe in der That auf eine Sonnenfinsterniss zu beziehen sei; doch spricht die Auslegung der Chinesen und fast aller Sinologen für eine derartige Auffassung; es soll demnach an der “Voraus- setzung festgehalten werden, dass sich diese Stelle des Schu-king auf eine Sonnenfinsterniss bezieht, und in diesem Sinne die folgende Untersuchung geleitet werden. Die nächste Aufgabe, die sich bei einer derartigen Unter- suchung stellt, ist, den Zeitraum beiläufig abzugrenzen, in welchem diese Finsterniss zu suchen ist. Nach den Angaben des Buches Yn-tsching fand dieses Ereigniss im fünften Regierungsjahre des Kaisers Tschung-khang statt. Nach den chinesischen Historikern fällt der Regierungsantritt dieses Kaisers auf das 59. Jahr des VIII. Cyclus also nach unserer Zeitrechnung um das Jahr — 2158, so dass diese Finsterniss darnach nahe in der Mitte der fünfziger Jahre des betreffenden Jahrhundertes eingetreten wäre; doch ist, wie es die chinesischen Historiker selbst zugeben, diese Zeitbe- stimmung in so entfernten Epochen wohl auf einige Jahrzehnte unsicher. Mit dieser Angabe steht das nach Dr. Pfizmaier’s vom 12. Februar 1880. 169 Mittheilung übrigens für die älteste Zeit ganz unverlässliche Bam- busbuch, welches die in Rede stehende Sonnenfinsterniss auf das Jahr — 1948 setzt, in argem Widerspruche. Ich werde deshalb vor Allem den Zeitraum zwischen — 2200 und — 1900 auf den Eintritt dieses Ereignisses zu untersuchen haben. In der That sind von verschiedener Seite innerhalb dieses Zeitraumes Finster- nisse aufgewiesen worden, die der Überlieferung des Schu-king entsprechen sollen; ich führe die mir bekannt gewordenen Angaben hier nur kurz an, indem später bei den betreffenden Finsternissen ausführlichere Mittheilungen gemacht werden sollen, doch erwähne ich gleich hier, dass keine dieser Angaben bei der Anwendung der Hansen’schen Mondtafeln sich als zutreffend erweist; indem ich die Jahresangaben im astronomischen Sinne mache (Astr. — Hist. — +1), sind genannt die Jahre: — 2155 (von Gumpach), — 2154 (Gaubil), — 2127 (Rothmann und Lieu-hien), — 2006 (Freret-Cassini). Es ist wohl leicht ersichtlich, dass innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahrhunderten zahlreiche bedeutende für China sichtbare Sonnenfinsternisse auftreten, der Umstand aber, dass im Schu-king erwähnt wird, dass die Finsterniss im letzten Monate des Herbstes und im Fang stattfand, gibt eine willkommene Beschränkung. Die Chinesen zählen den Herbstanfang von der tropischen Sonnen- länge 155°, den Winteranfang von 225°. Nun ist der chinesische Winteranfang innerhalb des in Betracht zu ziehenden Zeitraumes etwa auf den 21—23 November (julianisch) zu setzen; da aber alle Mond-Monate der Chinesen, die den Winteranfang selbst ganz am Schlusse des Monates enthalten, als erste Wintermonate ge- zählt werden, so folgt daraus, dass wohl kaum die Finsterniss nach den 24. October (julianisch) gesetzt werden darf, ohne dem Wortlaute des Schu-king zu widersprechen. Die Angabe des letz- ten Herbstmonates aber beschränkt die Zeit der Finsterniss auf die Tage zwischen dem 24. September und 24. October, der Zu- satz aber, dass dieselbe im Fang stattfand, gestattet eine noch weiter gehende Beschränkung. Der Fang umfasst, wie dies nach Schlegel’s chinesischer Uranographie zweifellos resultirt, die Reetascensionen zwischen den Sternen z Sceorpii und c Scorpii. Die Positionen dieser Sterne sind für das Jahr —2100 etwa wie folgt anzunehmen: 170 Gesammtsitzung r Scorpii o Scorpii Rectascension 184°2 189°3 Declination et) in. Also alle Finsternisse, für welche die tropische Sonnenlänge etwa 184° bis 190° beträgt, würden den Textworten genügen; hiermit erscheint der Jahrestag mit einer Unsicherheit von 6 Tagen fest- gelegt; beachtet man aber, dass eine genaue Theorie der Sonnen- bewegung damals gewiss nicht bestand, und wohl nur die Lage der Sonne durch heliakische Aufgänge oder ähnliche Methoden be- stimmt werden konnte, so wird man wohl diese Grenzen etwas erweitern müssen, um die für derartige Beobachtungen vorhandenen Unsicherheiten mit in Berücksichtigung zu ziehen; ich habe daher die Tage October 10:0 bis October 25°0 als Zeitgrenzen ange- nommen, die etwa den Sonnenlängen 180°— 194° entsprechen. Es sind also zunächst alle ekliptischen Conjunetionen des Mondes mit der Sonne innerhalb des Zeitraumes — 2200 bis — 1900, die in den eben präcisirten Jahresabschnitt fallen, zu untersuchen. Ich habe mich hierbei und bei den folgenden Unter- suchungen meiner ekliptischen Tafeln bedient, die sich streng den von Hansen gegebenen, in der Analyse der ekliptischen Tafeln (Berichte der math.-phys. Klasse der Kgl. Sächs. Gesellschaft der Wissenschaften) entwickelten Ausdrücken anschliessen, nur habe ich die hundertjährige Knotenbewegung um 12” vergrössert. Diese Correction, welche die neueren Beobachtungen so gut wie völlig unverändert darstellt, ist von Hansen selbst (Darlegung der theoretischen Berechnung der in den Mondtafeln angewandten Störungen, II. Band pag. 591) eingeführt worden und erzielt einen wesentlich besseren Anschluss an die von Hansen untersuchten historischen Finsternisse, auch findet dieselbe durch Newcomb’s Untersuchung (Researches on the motion of the moon, Washington 1878, p. 274) eine nahe Bestätigung. Die Argumente meiner eklip- tischen Tafeln, welch’ letztere ich wohl nächstens der Öffentlichkeit übergeben werde, erstrecken sich vom Jahre — 3000 bis + 2200. Die aus diesen Tafeln abgeleiteten Umstände einer Finsterniss können als identisch mit den Resultaten der Hansen’schen Mond- tafeln aufgefasst werden, jedenfalls kommen die etwa noch auf- tretenden Unterschiede gegen die anderweitigen für so ferne Epochen vorhandenen Unsicherheiten nicht wesentlich in Betracht. ; I P.: vom 12. Februar 1880. 171 Die Bezeichnung der Resultate dieser Tafeln, die ich im Verlaufe dieser Abhandlung mittheile, ist ganz entsprechend der von Han- sen in seiner Abhandlung: Ekliptische Tafeln für die Conjunctionen etc. (sächs. Gesell. der Wissenschaften, Sitzung am 18. Juli 1857) gewählten, nur ist statt P' und Q' hier AP und AQ gesetzt. Schliesslich erwähne ich noch, dass wofern nicht das Gegentheil ausdrücklich erwähnt ist, alle Jahresangaben im astronomischen Sinne angesetzt sind nach dem julianischen Kalender, und alle Zeitangaben und geographischen un sich auf den Meridian von Greenwich beziehen. ' Innerhalb der eben erwähnten 3 Jahrhunderte ergaben meine ekliptischen Tafeln für die oben näher bezeichnete Jahreszeit die folgenden 34 ekliptischen Conjunctionen: 1.) — 2192 Oct. 10, 8 18.) — 2052 Oct. 22, 2 2.) — 2182 Oct. 20, 10% 19.) — 2051 Oct. 11, 14h 3.) — 2174 Oet. 21, 17 20.) — 2044 Oct. 23, 15h 4.) — 2173 Oct. 11, 9# 21.) — 2043 Oct. 12, 23h 5.) — 2155 Oct. 21, 18h 22.) — 2025 Oct. 24, 8 6.) — 2154 Oct. 11, 5 23.) — 2024 Oct. 12, 21 7.) — 2136 Oct. 21, 14 24.) — 2006 Oct. 24, 7» 8.) — 2135 Oct. 10, 18% 25.) — 2005 Oct. 13, 224 9.) — 2127 Oct. 12, 10" 26.) — 1997 Oct. 15, 6 10.) — 2117 Oct. 22, 2" 27.) — 1987 Oct. 24, Zu 11.) — 2109 Oct. 23, 19" 28.) — 1978 Oct. 15, 6% 12.) — 2108 Oct. 11, 20h 29.) —1959 Oct. 15, 1» 13.) — 2090 Oct. 23, 5h 30.) —1940 Oet. 14, 12% 14.) — 2089 Oct. 12, 4 31.) —1932 Oct. 16, 5" 15.) — 2071 Oct. 22, 12" 32.) — 1922 Oct. 25, 20" 16.) — 2070 Oet. 11, 17% 33.) —1921 Oct. 14, 19h 17.) — 2062 Oct. 13, 7 34.) — 1913 Oct. 16, 14 Die Zahl der in Betracht kommenden Finsternisse vermindert sich aber ganz beträchtlich, wenn man an dieselben die Bedingung der Sichtbarkeit in der Residenz der Hia knüpft. Als die Resi- denz der Hia ist mir von Dr. Pfizmaier zunächst Ngan-yi be- zeichnet worden, welches an der Stelle des gleichnamigen noch jetzt bestehenden Ortes gelegen war; die geographische Breite kann etwa + 35° 5’, die östliche Länge von Greenwich 110°58' [1880] 13 172 Gesammtsitzung angenommen werden, doch befand sich die Residenz der Hia, wie mir von demselben weiter mitgetheilt wird, zu verschiedenen Zeiten an sehr verschiedenen Orten; unter diesen wird auch Thai-khang genannt, für welchen Ort etwa g= + 34° 7' und A —= 114°54' an- genommen werden kann; die Residenz des Kaisers Tschung-khang meint Pfizmaier nach Tshin-sin verlegen zu müssen (»—= + 36°46' und A=119°20'), Ich habe für die folgenden Untersuchungen aber stets den ersteren Ort, Ngan-yıi, als massgebend angenommen; es kann übrigens bei der relativen Nähe der Orte ein sehr merk- licher Fehler aus dieser Annahme nicht entstehen. | Es sollen nun die Finsternisse auf die Sichtbarkeit in Ngan- yi näher untersucht werden; in allen jenen Fällen, wo die Con- junetionszeit nicht sofort das Kriterium der Unsichtbarkeit für diesen Ort abgab, ist eine strenge Untersuchung der näheren Um- stände angestellt, wie dies wohl auch aus dem textlichen Hinweise bei jeder Finsterniss hervorgeht; die Nummern der Finsternisse beziehen sich auf das oben gegebene Verzeichniss. 1.) Nach Conjunctionszeit in China unsichtbar. 2.) Nach Conjunctionszeit in China unsichtbar. 3.) Für Ngan-yi unsichtbar. 4.) Nach Conjunctionszeit in China unsichtbar. 5.) Die von Gumpach (Hülfsbuch der rechnenden Chronologie oder Largeteau’s abgekürzte Sonnen- und Mondtafeln von Johannes von Gumpach, Heidelberg 1853) bezeichnete Finster- niss, doch muss in der diesbezüglichen Rechnung ein Fehler vorgefallen sein, da die Mondbreite nothwendig negativ ist, wäh- rend sie von Gumpach positiv anführt und auch so seiner Rech- nung zu Grunde legt. Die Elemente der Finsterniss, die ich hier anführe, damit Jedermann die Verification vornehmen kann, sind nach meinen ekliptischen Tafeln: T = Oct: 217323. @0=1+4:97143 u“ = +0:5437 = 191°332 AL = -+0'5695 / = +0:004750 m.&@AR 192°087 : AP =: +0:0565 Rh) P= —0:0639 AR = —+0:0004 g+w = 355°915 | Diese Finsterniss ist danach in Ngan-yi sicher unsichtbar, und man hat das Gebiet ihrer Sichtbarkeit hauptsächlich auf der süd- lichen Erd-Hemisphäre zu suchen. EU Ge a VE BRENE Su EL vom 12. Februar 1880. 173 6.) Nach Conjunetionszeit in China unsichtbar. Ist die von Gaubil und den anderen Astronomen des Jesuitencollegiums in Peking bezeichnete Finsterniss. Es liegt hierbei kein Rechenfehler Gaubil’s vor, es waren nur die ihm zu Gebote stehenden Mond- tafeln nicht ausreichend genau, um die Finsternisse für so entfernte Epochen halbwegs genügend darstellen zu können. 7.) Diese Finsterniss wird sehr bedeutend für Ngan-yi; die nähere Untersuchung dieser und der anderen noch für diesen Ort in Betracht kommenden Finsternisse folgt später ausführlich; nur so viel will ich gleich hier erwähnen, dass nach der vorliegenden Untersuchung dies die Finsterniss des Schu-king ist. 8.) Diese Finsterniss ist für Ngan-yi als kleine partielle Fin- sterniss sichtbar, die näheren Umstände folgen später. 9.) Ist die von Rothmann (XI der Memoiren der Astronomical society in London) und dem chinesischen Arstronomen Lieu-hien auf die Überlieferung des Schu-king bezogene Finsterniss. Das Rechnungsresultat Rothmann’s ist, wie dies bereits Largeteau (Additions der Connaisance des temps für 1846) nachgewiesen hat, deshalb ganz fehlerhaft, weil Rothmann die Länge von Peking mit falschem Zeichen in die Rechnung eingeführt hat; dieselbe ist aber nach einer richtig geführten Rechnung für den angegebenen Ort unsichtbar, fällt also ausser Betracht. 10.) Nach Conjunctionszeit in China unsichtbar. 11.) Für Ngan-yi sichtbar. Details später. 12.) Für Ngan-yı sichtbar. Details später. 13.) Nach Conjunctionszeit in China unsichtbar. 14.) Nach Conjunctionszeit in China unsichtbar, 15.) Für Ngan-yi sichtbar. Details später. 16.) Für Ngan-yi unsichtbar. 17.) Nach Conjunctionszeit in China unsichtbar. 18.) Nach Conjunctionszeit in China unsichtbar. 19.) In China unsichtbar, kleine partielle Finsterniss auf der südlichen Hemisphäre. 20.) Nur für die südliche Hemisphäre sichtbar, 21.) Für Ngan-yi unsichtbar. 22.) Nach Conjunctionszeit für China unsichtbar. 23.) Für Ngan-yi unsichtbar. 24.) Nach Conjunctionszeit für China unsichtbar. Diese Fin- sterniss wurde von Freret nach den Rechnungen D. Cassini’s 13” 174 Gesammtsitzung als jene des Schu-king bezeichnet; es gelten hier die bei N. 6 ge- machten Bemerkungen. 25.) Ist für Ngan-yi sichtbar. Details später. 26.) Nach Conjunctionszeit in China unsichtbar. 27.) Nach Conjunctionszeit in China unsichtbar. 23.) Nach Conjunctionszeit in China unsichtbar. 29.) Nach Conjunetionszeit in China unsichtbar. 30.) Für Ngan-yi nicht sichtbar. 31.) Nach Conjunctionszeit in China unsichtbar. 32.) Für Ngan-yi nicht sichtbar. 33.) Für China unsichtbar, kleine partielle Finsterniss auf der südlichen Hemisphäsre. 34.) Für Ngan-yi nicht sichtbar. Überblickt man die eben gegebene Zusammenstellung, so er- übrigen für die weitere Untersuchung die folgenden sechs Finster- nisse: 7) —2136 Oct. 21, 14% 8.) — 2135 Oct. 10, 18% 11.) — 2109. Oct. 23, 19% 12.) — 2108 Oct. 11, 20% 15.) — 2071 Oct. 22, 12% 25.) — 2005 Oct. 13, 2 die vorerst der Bedingung genügen, dass dieselben im letzten Herbst- monate nahe dem Rectascensionsabschnitte Fang stattfinden und wenigstens theilweise für Ngan-yi sichtbar sind. Man wird aber wohl zugeben müssen, dass wenn man den oben mitgetheilten Text des Schu-king überhaupt auf eine Finsterniss beziehen will, dieselbe eine bedeutende gewesen sein muss, da sonst wohl kaum eine derartig Schrecken erregende Wirkung auf die Bevölkerung stattgefunden hätte. Es müssen daher die obigen sechs Finster- nisse an der Hand meiner ekliptischen Tafeln auf die näheren Um- stände geprüft werden; es wird sich dann zeigen, dass man mit einem hohen Grade der Wahrscheinlichkeit die Finsterniss Nr. 7.) als jene des Schu-king bezeichnen darf; ich werde nun die näheren Umstände einer jeden der noch in Betracht kommenden Finster- nisse ausführlich erläutern. aa vom 12. Februar 1880. 175 Finsterniss N. 7.) — 2136. Oct. 21, 14®. Meine ekliptischen Tafeln geben für diese Finsterniss die fol- genden Elemente: T = Oct. 215758 Q= +5:2504 uw = +0:5588 E—= 191559 AL—= +0:5362. f! = -+0:004750 a2ssıT . AP -£0:0555 . = — 230968 BE 09:0403.AQ = +0°0004 9 u = 3°519 und darnach die weiteren Elemente mit strenger Beibehaltung der oben eitirten Hansen’schen Bezeichnungsweise: logy = 94481 logß = 0,9280 y, — 151°45'3 loga, = 6,9857 G = 194°10’9 log, = Fan | äussere Berührung logg — 94999 W“ = +0°5588 m 88293 Tloca, — 05836 0 229:9787 ° 1logßı — 02 | innere Berührung aan — 3"9791 W“ = —0'0115 | Die Finsterniss ist darnach für die Erde ringförmig. Der Sonnenmittelpunkt mit Rücksicht auf die Refraction geht für Ngan- yi auf um 18% 10% wahre Ortszeit, also am 22. October (julianisch) um 6° 20% Morgens. Die Finsterniss beginnt 19 Minuten nach dem Sonnenaufgange, nämlich um 18" 29% wahre Ortszeit, und erreicht die grösste Phase um 19" 37”. Die grösste Phase ist sehr bedeu- tend, nämlich 10°5 Zoll; das Ende dieser partiellen Finsterniss erfolgt um 20% 53” wahre Zeit von Ngan-yi. Es fand also eine sehr beträchtliche Sonnenfinsterniss am 22. October Vormittags im Jahre — 2156 (— 2137 der Historiker) für Ngan-yi statt; die Sonne stand sehr nahe am Fang, doch etwas über die Grenzen desselben in dem Rectascensionsabschnitte Sin. Da aber die Sonne nur die Grenze des Fang um etwas mehr als einen Grad über- schritten hatte, so kann man den Text des Schu-king als völlig erfüllt ansehen, da man wohl damals nicht in der Lage war, mit Hülfe der heliakischen Aufgänge oder verwandter Methoden ge- nauere Rectascensionsbestimmungen vorzunehmen. Die Finsterniss ist eine so bedeutende, dass sie in der That den im Texte erwähn- ten, Schrecken erregenden Einfluss auf die Bevölkerung ausgeübt haben kann. 176 Gesammtsitzung Das hier gefundene Datum verschiebt die Zeitrechnung der chinesischen Historiker, die von denselben als auf einige Jahrzehnte zweifelhaft betrachtet wird, nur um nahe 20 Jahre. Die Zone der Centralität (ringförmig) durchläuft China völlig, einige nach China fallende Punkte der Centrallinie sind: Stundenwinkel Länge Breite — 50° 124°1 —+28°1 — 60° 116°1 +30°3 — 70° 107°6 —+32°2 Der Verlauf der Oentrallinie zeigt, dass sich die für Ngan-yi ermittelten Umstände fast ohne wesentliche Änderungen auch für Thai-khang finden werden; für Tschin-sin wird die Finsterniss etwas kleiner, aber immer noch sehr bedeutend; die grösste Phase tritt um 20%17% wahre Ortszeit ein und beträgt 9°3 Zoll. Erwägt man, dass keine der folgenden näher behandelten Fin- sternisse auch nur genähert an Grösse der eben behandelten nahe kommt, so wird man sich wohl den Schluss erlauben dürfen, dass diese Finsterniss mit hoher Wahrscheinlichkeit der Überlieferung des Schu-king entspricht. Die Finsterniss fällt sonach auf den Tag Jin-Schin der 60tägigen chinesischen Woche. Kehren wir nun noch einmal auf die massgebende Stelle des Schu -king zurück, so möchte ich nun dieselbe mit Rücksicht auf die oben eitirte Bemerkung Schlegel’s über das hohe Alter des Duodenarius wie folgt übersetzen: „Da im letzten Monate des Herbstes stimmte der Neumond um 7 Uhr bis 9 Uhr Morgens nicht überein im Fang“. Es scheint mir nämlich, dass durch die vorstehende Rechnung die Deutung des dunklen Zeichens tschhän eine überraschend ein- fache wird; indem in der That um 8 Uhr Morgens für China die grösste Phase eintrat, und die Dauer der Finsterniss etwas 2 Stun- den überschreitet. Der Commentar zu dieser Stelle wird sich etwa wie folgt gestalten: Die Zeitrechnung der Chinesen war keine cyklische, ihr ge- bundenes Mondjahr wurde stets nach den Beobachtungen rectificirt; aus diesem Umstande folgt, dass die Abfassung eines Kalenders, an den man in China schon in den frühesten Zeiten gedacht hat, auf mehrere Jahre voraus ohne eine genauere Theorie, die damals BE eu N ee vom 12. Februar 1880. 1%? gewiss nicht vorhanden war, nicht ausgeführt werden konnte; man behalf sich ursprünglich mit gewissen mittleren Verhältnissen, welchem Umstande der 60jährige Cyclus auch seine Entstehung verdankt, indem man 742 Mondläufe der Dauer nach 60 Sonnen- jahren gleichsetzte. Nun ist es wohl leicht denkbar, — der Text des Schu-king giebt mehrfache Anhaltspunkte hierfür, — dass die Vorsteher der astronomischen Abtheilung es verabsäumt haben, den Kalender zu rectifieiren [warfen die Geschlechter Hi und Ho ihre Tugend über den Haufen, sie versenkten sich unordentlich in Wein..], und sich ein grösserer Fehler in der Vorausbestimmung des Neumondes eingeschlichen hat. Das Eintreten einer Sonnen- finsterniss lässt aber sofort den Moment des Neumondes erkennen; der Fehler war also offenkundig [sie störten zum ersten Male die Jahresrechnung]. Die Vorstellung, die sich das chinesische Volk über eine Sonnenfinsterniss macht, wonach ein Drache an der Quelle des Lichtes und Lebens nagt, war dann in Verbindung mit der offenkundigen Abweichung der Kalenderrechnung ganz geeignet, jenen Schrecken im Volke zu verbreiten, den die weiteren Worte des Schu-king schildern. Finsterniss N. 8.) — 2135. Oct. 10, 18®. Meine ekliptischen Tafeln geben für diese Finsterniss die fol- genden Elemente: = 04.10.7483 Q | +5°4940 W“ = +0'5726 I — 18002832 AL = +0:5072 ff! = +0:004744 m.OAR = 181°406 AP= —+0:0513 2)! 23°967 ap —0:0900 AQ = +0:0011 g+w = 11°565 und daraus die weiteren Elemente: logy = 0:0036 leg® — 0,9636 %. — ,92°14'2 log«; = 4,9755 G = 180°20'8 logß, = ae | äussere Berührung logg = 94964 W“ = +0'5726 Bi ,89°32'7 loga«; = 49733 logkı==19:9775 lop, a, = | innere Berührung log« = 9'9760 WW = —0'0253 178 Gesammisitzung Diese Finsterniss ist darnach für die Erde ringförmig, für China aber unbedeutend, für Ngan-yi jedoch ihrem ganzen Verlaufe nach sichtbar. Die Finsterniss beginnt am 11. October des Jahres — 2135 (—2136 der Historiker) um 0" 20” Nachmittags wahre Zeit von Ngan-yi, erreicht ihre grösste Phase, die nur 4'2 Zoll beträgt, um 1° 41” und endet um 2" 55”. Diese Finsterniss kann demnach, falls sie überhaupt bemerkt wurde, keinen bedeutenden Eindruck gemacht haben; beachtet man überdies, dass dieselbe schon ziemlich weit ausserhalb des Fang im vorangehenden Rect- ascensionsabschnitte Ti stattgefunden hat, so kann man wohl an- nehmen, dass diese Finsterniss im Schu-king nicht gemeint ist. Schliesslich kann noch erwähnt werden, dass für Tschin-sin die Finsterniss etwas grösser wird, doch noch ziemlich unbedeutend bleibt, die grösste Phase findet für den letzteren Ort etwa um 23h 19m Ortszeit statt bei einer Grösse von 54 Zoll. Finsterniss N. 11.) — 2109. Oct. 23, 19. Meine ekliptischen Tafeln liessen mich finden: T = Oct. 23 7744 Q = +5'3442 W“ = +0'5643 De 193°226 AL = +0'5246 f' = +0:004750 m.OJAR = 193°943 AP = +0:0526 25 9 u — —0:0417 AQ = +0:0005 g+w = +167°514 Daraus ergab sich weiter: logy = 0'0756 logß = 1,1361 y, —= 15°4'8 loga, = 6,6433 @x=118 31 logß, = Fans | äussere Berührung logg = 96914 u = +0:5643 K 87732 loga, = 6'6412 | logk = 99424 ler a — or innere Berührung log« = 9:9384 w= —0:0170 Diese für die Erde ringförmige Finsterniss ist für Ngan-yi sehr unbedeutend, übrigens daselbst ihrem ganzen Verlaufe nach sichtbar; dieselbe tritt am 24. October — 2109 (— 2110 der Histo- riker) um 1® 48% wahre Ortszeit ein, erreicht ihre grösste Phase, die nur 3°9 Zoll beträgt, um 2" 53% und endet um 3° 52% Nach- ä N a Er ü vom 12. Februar 1880. 179 mittags; auch diese Finsterniss, die ausserdem schon tief im Sin stattfindet, kann keinen Schrecken in der Bevölkerung verursacht haben, ist vielleicht im Gegentheile ganz unbemerkt vorübergegan- gen, und kann daher wohl schwerlich auf den Text des Schu-king | bezogen werden. Für Tschin-sin ist diese Finsterniss etwas grös- ser als für Ngan-yi; die Zeit der grössten Phase fällt etwa auf 3h 31% mittlere Ortszeit und beträgt 4°9 Zoll. Finsterniss N. 12.) — 2103. Oct. 11, 20#, Nach meinen ekliptischen Tafeln ergaben sich die folgenden Elemente: Beet. 11.8517 Q:—= 459325 wW“ = -+0'5752 Br 181°856 AL = +0°5020 f = +0:004744 m.OQ AR = 182°943 AP = -+0'0509 en 2 09 nn —0:1085 AQ = +0:W011 g+u = 175°560 und daraus logy = 97274 log® = 1,1668 500325 lose, — 5,1938 48171972 log = Fan | äussere Berührung logg = 96953 u = +0'5752 Be 89342 lose, — 708: 0916 logk = 9:9383 er — 00 innere Berührung log«e = 9'9373 vw = —0'0279 Diese für die Erde ringförmige Finsterniss ist in Ngan-yı un- bedeutend, und die Sonne geht noch vor Ablauf derselben partiell verfinstert unter. Die Finsterniss beginnt am 12. October — 2108 (— 2109 der Historiker) um 3" 39% wahre Zeit von Ngan-yı, erreicht ihre grösste Phase, die 4°5 Zoll beträgt, um 4® 45%, die Sonne geht partiell verfinstert um 5% 42” unter, da das Ende der Verfinsterung um 5" 45” stattfindet, also 3 Minuten nach Sonnen- untergang. Die Sonne steht nahe im Fang, im Ti, doch dürfte wohl der geringe Grad der Verfinsterung ausreichender Grund sein, diese Finsterniss nicht den Worten des Schu-king unter- zuschieben. Für Tschin-sin ist diese Finsterniss noch unbedeuten- 180 | Gesammtsitzung der, für diesen Ort erreicht dieselbe die Grösse von 4°0 Zoll um 5b 20@ Ortszeit, überdies steht die Sonne nahe dem Horizonte. Finsterniss N. 15.) — 2071. Oct. 22, 12#. Die Elemente nach meinen ekliptischen Tafeln sind: T = Oct. 225050 'Q= +.2°4750 u“ = +0:5722 L= 192-721 AZ = 20-5089 f = +0:004750 MOAR —=,,; 198%413 "AR >0:0314 e — 23°964 = —0'12035 AQ = +0°0010 g+w = 182°713 und weiter: logy = 9,1405 log@ = 1,1522 $, =, 177° 30.6 log«, = 6,6266 | == 189955 log&, = | äussere Berührung losg — 9.6937 u = +0:5722 Kr—uoL 8A loga, = 6°6245 logk = 99415 logßı = 17 innere Berührung log« = 9:9578 uw = —0'0249 Diese für die Erde ringförmige Finsterniss ist für Ngan-yi nur theilweise und in unbedeutendem Grade sichtbar. Die Sonne geht am 23. October — 2071 (— 2072 der Historiker) noch theil- weise verfinstert um 6" 12% Morgens wahre Zeit von Ngan-yi auf, die grösste Phase beträgt allerdings 6°9 Zoll, doch fand dieselbe 34% vor Sonnenaufgang statt, nämlich um 5® 38% Morgens. Es ist demnach bei Sonnenaufgang nur mehr ein sehr kleiner Theil der Mondscheibe auf der Sonne sichtbar, da 26% nach dem Auf- gange um 6 38" das Ende dieser Finsterniss für Ngan-yi er- folgt. Für Tschin-sin sind die Sichtbarkeitsverhältnisse theilweise günstiger. Die grösste Phase, die etwa 6°1 Zoll beträgt, tritt wenige Minuten nach Sonnenaufgang ein, etwa um 6" 17” Morgens; daher auch für diesen Ort nicht sehr auffallend. Ein Umstand jedoch könnte Veranlassung geben, diese Finsterniss auf die Worte des Schu-king zu beziehen; beachtet man nämlich die Worte: „Die Geschlechter Hi und Ho befanden sich ihrem Amte, sie hörten und wussten nichts“, so könnten dieselben durch die Umstände der Finsterniss dahin gedeutet werden, dass in der That Hi und Ho, vom 12. Februar 1880. 181 die sich nach der geschichtlichen Überlieferung unter den Rebellen befanden, und sich in den westlichen Theilen Chinas aufhielten, während der Kaiser und seine Anhänger nach Osten gegen das Meeresufer gedrängt waren, in der That nichts von dieser Finster- niss wahrgenommen haben, während dieselbe im Lager des Kaisers, welches nach Tschin-sin verlegt war, gesehen wurde. Diese Finsterniss widerspricht sonst nicht gerade den Worten des Schu-king, denn die Sonne, im Sin stehend, ist nur wenig aus dem Fang getreten, auch findet die Finsterniss nahe der Bezeichnung tschhän entsprechend statt, doch etwas früher, als es dieser Tageszeit entspricht. Beachtet man aber, dass der Mond doch nur bis zur Mitte der Sonnenscheibe mit seinem Rande vorrückte, so möchte ich nicht zweifeln, dass man diese Finsterniss als dem Schu-king nicht angehörig bezeichnen kann. Jedenfalls wird es sich empfehlen, wenn seiner Zeit bessere Mondtafeln als die Hansen’schen zur Verfügung stehen, diese Finsterniss nochmals auf ihre näheren Umstände zu untersuchen. Wird sich dann, was mir nicht sehr wahrscheinlich ist, diese Finsterniss als die des Schu-king erweisen, so würde die Epoche des Kaisers Tschung- khang um 85 Jahre gegen die Annahmen der Historiker an die Ge- genwart heranzurücken sein. Finsterniss N. 25.) —2005. Oct. 13, 22#, Aus den ekliptischen Tafeln resultirt: = 0er 139303, 1A 49427, Su: +0%5416 Bi 11183°945 VAL =. +0:5736 . .f! =) +0:004744 moOAR = 185%020 AP = +0:0569 z = +23°951 P= -0:0951 AQ = +0:0009 g+u = +9°956 und daraus logy = 98791 logß 0,9106 = .25°23’5 loga, = Be | G = .184°49'5 log$, = en äussere Berührung | logg — 9:4985 u 05416 Kı—=.89°28'3 loga; = 6'1185 logk =ı9:9775 log&, = 7,6738 ( innere Berührung Ben — 9.9758 wW“ = +0°:0057 182 Gesammtsitzung Diese für die Erde totale Finsterniss ist für Ngan-yi eben nur wenige Minuten nach Beginn der partiellen Verfinsterung sichtbar. Dieselbe beginnt am 14. October — 2005 (— 2006 der Historiker) um 5b 48m, die Sonne geht 10” später um 5" 58” unter; ist also gewiss nicht auf die Worte des Schu-king zu beziehen. Für Tschin-sin ist die Finsterniss unsichtbar. Das Resultat der vorstehenden Untersuchung kann daher in die folgenden Worte zusammengefasst werden: „Es ist mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die im Schu-king erwähnte Finsterniss im fünften Regie- rungsjahre des Kaisers Tschung-khang, am 22. Octo- ber des Jahres — 2136 (— 2157 der Historiker) Mor- gens stattfand“. Gegen die hier gemachten Schlussfolgerungen lässt: sich wohl Einiges einwenden; doch dürfte der Einwand, dass unsere Mond- iafeln auf so entfernte Epochen keine ausreichende Sicherheit bieten, der einzig schwerwiegende sein, um so mehr als Newcomb die Hansen’schen Mondtafeln mehrfach als unzuverlässig bezeich- net, insbesondere in Folge der von Hansen angewandten Säcular- variation der mittleren Bewegung. Indem ich hier die Frage un- erörtert lasse, ob die Acceleration in der mittleren Bewegung von Delaunay richtiger bestimmt ist, als durch Hansen (ich glaube der letzteren den Vorzug geben zu müssen), so lässt sich nicht läugnen, dass die historischen Finsternisse der Sonne, die Hansen bis zum Jahre — 584 mit seinen Tafeln vergleicht, durch seine Mondtafeln ganz gut dargestellt werden, während dies nach der Einführung der Newcomb’schen Correctionen nicht möglich wird, ohne Hinzuziehung einer neuen störenden, sich vorerst der theore- tischen Bestimmung entziehenden Ursache, nämlich die durch die Gezeiten bedingte Verlangsamung der Erdrotation. Nimmt man die aus den alten Mondfinsternissen gezogenen Resultate, die übrigens noch manche berechtigte Zweifel zulassen, als richtig an, so wird man mindestens zugeben müssen, dass sich für die Sonnenfinsternisse in diesem Falle zwei Fehlerquellen in den Hansen’schen Mondtafeln in der glücklichsten Weise aufheben, und dass daher dieselben selbst für sehr entfernte Epochen zur genügenden Darstellung der Sonnenfinsternisse verwerthet werden können. vom 12. Februar 1880. 183 Ich kann übrigens leicht nachweisen, dass selbst für beträcht- lich ältere Finsternisse, als die von Hansen benutzten, noch eine gute Übereinstimmung mit seinen Mondtafeln hervortritt; da dadurch die Resultate der vorstehenden Untersuchung eine wesent- liche Unterstützung erhalten, so führe ich die diesbezüglichen Finsternisse hier an. In dem alten historischen Werke der Chinesen, dem Tschün- tsieu, sind 36 Sonnenfinsternisse erwähnt, die Gaubil grossentheils verificirt hat, und von denen John Williams in den Monthly notices (XXIV. December) eine Liste publicirt hat. Zwei dieser Finsternisse werden als total bezeichnet, und zwar die vom Jahre — 600 (Sept. 20.) und — 708 (Juli 17.). I. Finsterniss —600 (— 601 der Hist.) Sept. 19, 19, Die Elemente nach meinen ekliptischen Tafeln gestalten sich wie folgt: : T = Sept. 19-7835 Q = -+4:9000 u +0°5373 | 2 = 1107609 AL = +0:5786 f = +0:004709 m.O@AR —= 172°491 AP = -+0:0574 RN! P= —0'1990 AR = +0:0022 g9-+w = 173°265 und daraus logy = 9:8856 log® = 1,0959 y, —= 14°58'4 loga; = 6'4894 G,— 173.15'5 log, = | äussere Berührung loeg == 9.6893 wW = +0'5373 KR. —92°6'0 loga; = 6,4873 loek —= 9:9417 logßı = rc! innere Berührung are = 9:9390 w = +0°0100 Darnach wird die Finsterniss total und die Totalitätszone durehschneidet in dar That China; ich setze einige Orte der To- talitätszone an, die den Verlauf in China erkennen lassen. Stundenwinkel A @ 50° 117°4 —+34°6 55> 120°4 —+31°9 60° 123°7 +29°5 184 Gesammtsitzung II. Finsterniss —708 (—709 der Hist.) Juli 16, 18%, Die Elemente nach den ekliptischen Tafeln sind: T—= Juli 16716385 Q = -+4:9542 u" —= +0:5352 L = 106°026 AL = +0:5738 f' = +0:004628 m.OAR — 107°587 AP — +0:0568 : — 23°790 BE eg AQ +0°0020 g+w = 176°004 | und weiter logy = 9:7112 logd.= 0,2156 Yu 831398 loga, = 7:2525 ea — 119805274 loe@ = | äussere Berührung logg = 9:6400 u' = +0:5382 K— 94°56'2 logo, — 7,2504 loat — 9.9311 logß, = na) innere Berührung log — 92 9021 w“—= +0:0121 Diese Finsterniss ist in der That für China total und der Zug der Centrallinie ist durch die folgenden Punkte bestimmt. Stundenwinkel (0) 45° 1170 —+41°0 50° 120°6 —+38°8 DD 124°0 +36°6 Professor M. Büdinger machte mich darauf aufmerksam, dass im Jahre —762 (—763 der Historiker) eine Finsterniss sich ereignet hat, die für Ninive total gewesen sein soll. Meine ekliptischen Tafeln geben mir: II. Finsterniss —762 (—763 der Hist.) Juni 14, 20#. T— Juni 148319 @ = 74-9954 ur 2 205356 L = 14°548 AL = +-.0:5698 f = +0°004603 m.&AR = 75°209 AP = +0:0564 8.128 198 P= —0'0839 AR = +0'0011 g+w = 177°375 und für die Berechnung der näheren Umstände der Finsterniss hat man: vom 12. Februar 1880. 185 logy = 9'4929 log@ =. 9,6510 fı — 61°17'6 loga; = 7:2515 e,— 80 195 log, = nes | äussere Berührung logg = 95903 u" = +0:5356 Ro==.89°35'1 loea, = ED 08k =. 9:9999 log@, = 7,6253 ( innere Berührung loga — 9:9628 u 40.0117 J Die Totalitätszone durchzieht nach diesen Elementen in der That die nördlichen Theile des assyrischen Reiches und wird, da Ninive nicht weit entfernt von der Südgrenze der etwa 1° breiten Zone der Totalität liegt, für diesen Ort sehr bedeutend. Einige Punkte der Centrallinie sind: Stundenwinkel r @ — 25° 44°7 —+39°2 — 30° 41°4 —+38°3 — 35° 38°1 —+37°4 Die vorstehenden 3 Finsternisse zeigen, dass die Hansen- schen Mondtafeln selbst für sehr entfernte Epochen wohl eine aus- reichende Sicherheit bieten, um die näheren Umstände einer Son- nenfinsterniss mit einem ziemlichen Grade von Vertrauenswürdig- keit anzugeben. Ich benutze schliesslich die Gelegenheit dieser Publication, um die Elemente jener Finsterniss, die von Gumpach in seinem oben eitirten Werke auf die Überlieferung der Mahäbhärata be- zieht und die nach der Eroberung Taxagilä’s durch G’aname£g’aja stattgefunden haben soll, hier nach meinen ekliptischen Tafeln anzusetzen. Die hier gegebenen Elemente bestätigen im Allge- meinen die Angaben von Gumpach’s. Finsterniss — 1409 (— 1410 der Historiker) März 31, 17°. T = März 316708 Q = +4'9321 u" = +0'5335 L = 357°580 AL = +0:5774 # +0:004626 m.&AR —= 356°030 AP —+0:0572 e — 23°875 P= +0:1480 AQ = —0:0015 g+w = 1797147 | I 186 Gesammtsitzung Darauf legte Hr. du Bois-Reymond eine Mittheilung von Hrn. Prof. J. Bernstein in Halle vor: Über den zeitlichen Verlauf der elektrotonischen Ströme des Nerven. Die von E. du Bois-Reymond entdeckten elektrotonischen Ströme des Nerven, welche in demselben entstehen, sobald eine Strecke desselben von einem constanten Strome durchflossen wird, stehen in der mannigfachsten Beziehung zu der Thätigkeitsäusse- rung dieser Organe. Es schien mir daher von besonderem Interesse zu untersuchen, mit welcher Geschwindigkeit diese Ströme in den Nerven anheben, sich entwickeln und wieder verschwinden, und welches Verhältniss sie zur negativen Schwankung des Nerven- stromes einnehmen. Während ich mit dieser Untersuchung beschäftigt war, erhielt ich als Separatabdruck!) eine Arbeit von Hrn. S. Tschirjew, in welcher gezeigt wird, „dass die Geschwindigkeit der elektrotonischen Stromschwankung im Nerven, obschon sie in gewissen Fällen der- jenigen des Erregungsprocesses sehr nahe tritt, doch im Allgemeinen kleiner ist als diese.“ Es ist mir im höchsten Grade erfreulich daraus zu entnehmen, dass seine Versuche in Bezug auf die er- wähnte Geschwindigkeit zu einem ähnlichen Resultate geführt ha- ben wie die meinigen. Da indess Hr. Tschirjew sich darauf be- schränkt hat, den Beginn der Ströme zu beobachten, meine Ver- suche sich aber auf den ganzen zeitlichen Ablauf des Vorganges erstrecken und namentlich das Verhalten desselben zur gleichzeitig auftretenden negativen Schwankung berücksichtigen, so sei es mir gestattet, einige meiner Resultate hier mitzutheilen. Das Ausführ- liche derselben soll in einer längeren Untersuchung über die Er- regungsprocesse im Nerven und Muskel, auf die ich noch einige Zeit verwenden muss, veröffentlicht werden. Meine Versuche wurden mit Hülfe des von mir angegebenen Differential-Rheotoms im Wesentlichen nach demselben Principe ausgeführt wie die früheren Versuche über die negative Schwan- kung. Es wurde der Strom von vier Daniell’schen Elementen X (Fig. 1) dem Nerven in pp zugeführt und durch das rotirende 1) Über die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der elektrotonischen Vorgänge im Nerven. E. du Bois-Reymond’s Archiv für Physiologie, 1879. S. 525. a. Se in nee da 1 2 a a ee 2 vom 12. Februar 1880. 187 Fig. 1. Rheotom R intermittirend in den Quecksilbergefässen gg &eschlos- sen. Zugleich wurde entweder von zwei Punkten des Längs- schnitts am Nerven 1X stromlos abgeleitet oder der Nervenstrom von Längsschnitt in Querschnitt Z Q, und dieser Kreis wurde durch den Contact g’ intermittirend geschlossen, welcher als kleine Queck- silberrinne auf dem beweglichen Schieber des Rheotoms angebracht war!). Der Contact g’ wurde zuerst so eingestellt, dass die Öff- nung daselbst in demselben Moment erfolgte als die Schliessung in q9, und von diesem Nullpunkte aus in der Richtung der Rota- tion des Rheotoms verschoben, während beobachtet wurde, welche "Wirkung bei Schliessung der polarisirenden Kette in S auf das Gal- vanometer eintrat. Die Schliessungszeit des Nervenkreises in g’ betrug immer nur einen kleinen Bruchtheil von der des polarisi- renden Stromes in g9 und wurde in einigen Versuchen möglichst klein, etwa gleich „5375 Sec. genommen. !) Die Anordnung am Rheotom stimmt mit derjenigen überein, welche ich zur Messung des zeitlichen Verlaufes des Polarisationsstroms verwendet habe (s. Poggendorff’s Annalen u. s. w., 1875. Bd. CLV. 8.177). Hr Tschirjew hat sich derselben Anordnung bedient. [1880] 14 183 Gesammtsitzung Es war sehr instructiv, die Versuche zuerst unter Ableitung des Nervenstromes von Längsschnitt und Querschnitt vorzunehmen, während der Nerv in einiger Entfernung davon polarisirt wurde. In allen Versuchen war die Wirkung Null, so lange die Schliessungs- zeit sich in der Nähe des Nullpunktes befand, und blieb Null, bis diese eine gewisse Strecke über den Nullpunkt hinausgeschoben war, selbst wenn sie ganz in die Schliessung der Kette hineinfiel. Es geht also daraus hervor, dass eine messbare Zeit vergeht, bis nach der Schliessung des polarisirenden Stroms im Nerven der elektrotonische Strom sich in der abgeleite- ten Strecke entwickelt. Von besonderem Interesse ist es zu beobachten, dass dem elektrotonischen Strome immer erst die Welle der negativen Schwankung voranschreitet. Dies ist bei beiden Stromesrichtungen der Fall, welche ich kurz die kathodische nennen will, wenn die Kathode der abgeleiteten Strecke am nächsten liegt, und im umge- kehrten Falle die anodische. Beim Schliessen des kathodischen Stromes entsteht eine starke negative Schwankungswelle, welche dem katelektrotonischen Strome voraneilt. Dies ist durch die Curve ngs in Fig. 2 angegeben, in welcher der Nervenstrom Sy auf der Zeitabseisse S’Oe verzeichnet ist und der Moment S der Schliessung, Oe der Öffnung des polarisirenden Stromes entspricht. Diese Schwankung, welche die „katelektrotonische Schliessungs- welle“ heissen möge, ist bei Anwendung von vier Daniell bereits so stark, dass sie die Höhe des Nervenstromes um Vieles über- trifft, also einen beträchtlichen alsolut negativen Werth besitzt. Nach Ablauf dieses Vorgangs erhebt sich der katelektrotonische Strom und wächst ziemlich schnell zu einem Maximum an, welches jedoch kleiner ist als das der vorangegangenen Schliessungswelle. Im Momente der Öffnung des polarisirenden Stromes hört der kat- elektrotonische Strom nicht sofort auf, sondern überdauert jenen um einen kleinen Zeitraum, um dann von hier ab erst schnell und dann langsamer zu verschwinden. Die Curve kte in Fig. 2 giebt von diesem Vorgange ein entsprechendes Bild. Die Schliessung des anodischen Stromes erzeugt unter den erwähnten Versuchsbedingungen auch zuerst eine negative Schwan- kung, die aber viel kleiner ist als die katelektrotonische Schlies- sungswelle. Unter Umständen kann sie ganz unmerklich sein. Viel später folgt dann der anelektrotonische Strom, der wie die vom 12. Februar 1880. 189 Fig. 2. andere Phase ziemlich schnell zum Maximum aufsteigt und in ähn- licher Weise wie diese nach der Öffnung wieder auf Null abfällt. Die Curve at'e zeigt den Verlauf dieses Stromes an. Die Versuche ergaben also, dass die elektrotonischen Ströme erst eine messbare Zeit nach den bei den Schliessungen erzeugten negativen Schwankungen auftreten. Doch könnte man annehmen, dass sie schon früher, aber in unmerklichem Grade begonnen hät- ten und erst später für unsere Beobachtungsmittel zum Vorschein ‚kämen. Dagegen dürfen wir mit Bestimmtheit behaupten, dass die katelektrotonische Schliessungswelle nicht etwa durch den kat- elektrotonischen Strom ihre so bedeutende Intensität empfängt, weil bei mässigen Stromstärken zwischen ihr und dem letzteren ein Zeitraum ohne merkliche Ablenkung liegt. Aus diesem Grunde wird es auch unwahrscheinlich, dass der Anfang des anelektroto- nischen Stromes durch die vorausgehende negative Schwankung verdeckt werde, Es wurden nun ferner Versuche vorgenommen, in welchen der Nerv an zwei Punkten des Längsschnittes möglichst stromlos 14* 190 Gesammtsitzung abgeleitet war!). Dies geschah unter der Voraussetzung, dass hierbei die Ablenkungen durch die negative Schwankung fortfallen würden. Dies ist nun auch in der That der Fall, wenn man sich eines stärkeren anodischen Stromes bedient. Man sieht in solchen Versuchen den anelektrotonischen Strom zu derselben Zeit ein- treten wie bei der Ableitung von Längs- und Querschnitt und den- selben Verlauf nehmen. Die Curve at’e in Fig. 2 giebt hiervon ein Bild unter Fortlassung der Schwankung ng’s, wenn man die Linie ye als die Abseisse betrachtet. Die Zeit von der Schliessung des polarisirenden Stromes bis zum Beginn der anelektrotonischen Ablenkungen führt in diesen und den vorangegangenen Versuchen zu ähnlichen Werthen, aus welchen sich für den Anelektrotonus eine Geschwindigkeit von 6—9,5 M. in der Seeunde ergeben würde. Die Entfernungen von der Anode bis zur abgeleiteten Stelle betrugen in diesen Versuchen 9 — 15m, | Die Überlegung indess, dass man die Anfänge der zu beob- achtenden Ströme nicht mit genügender Schärfe bestimmen kann, führt zu dem Schluss, dass die so gefundenen Geschwindigkeiten zu klein ausfallen müssen. Es wurden daher die Versuche in ähn- licher Weise variirt, wie die früheren über die Fortpflanzung der negativen Schwankung?), indem die Polarisation des Nerven in demselben Versuche an zwei Stellen vorgenommen wurde, von de- nen die eine der abgeleiteten näher, die andere ihr entfernter war. Nach solchen Versuchen besitzt der Anelektrotonus eine Ge- schwindigkeit von 8—9 M. in der Secunde®). Die Versuche über die Fortpflanzung des Katelektrotonus bei Ableitung von zwei Punkten des Längsschnittes fallen nicht so einfach aus wie die vorangegangenen. Selbst wenn diese Punkte einander sehr nahe liegen, sind bei Anwendung des Rheotoms die Ströme der negati- 1) Unter dieser Bedingung sind auch die Versuche des Hrn. Tschirjew angestellt. 2) s. Untersuchungen über den Erregungsvorgang, S. 22. — Auch we- gen, einer etwaigen Latenz müssen die Versuche in solcher Weise vorge- nommen werden. | . 3) Diese Werthe sind kleiner als die von Hrn. Tschirjew gefundenen, zum Theil vielleicht deshalb, weil die Geschwindigkeit mit der Entfernung möglicherweise abnimmt. vom 12. Februar 1880. 191 ven Schwankung zu beobachten, die erst in negativer, dann in positiver Richtung als zwei einander entgegengesetzte Phasen zum Vorschein kommen. Erst nach Ablauf der beiden Schwankungen entwickelt sich der katelektrotonische Strom in derselben Weise, wie er bei Ableitung von Längs- und Querschnitt wahrgenommen wird!) | - Die Messungen über die Geschwindigkeit des Katelektrotonus haben zu ähnlichen Werthen geführt wie die des Anelektrotonus. Die Versuche führen zunächst zu dem Resultat, dass die elek- trotonischen Ströme sich im Nerven mit sehr viel geringerer Ge- schwindigkeit ausbreiten als die des elektrischen Stromes ist. Es kann daher nicht im Entferntesten daran gedacht werden, diese Ströme von Stromzweigen abzuleiten, welche durch irgend welche Bedingungen der Leitung in die extrapolaren Nervenstrecken ein- brechen. Sie besitzen sogar eine beträchtlich kleinere Geschwin- digkeit als die negative Schwankung und der Erregungsprocess. Die Resultate lassen ferner einen Vergleich mit einigen Erschei- nungen des Zuckungsgesetzes zu. Während die Schliessung. des kathodischen Stromes eine negative Schwankungswelle von bedeu- tender Intensität erzeugt, hat die Schliessung des anodischen Stromes eine nur geringe, bei starkem Strome auch gar keine Sehwankung zur Folge. Die „katelektrotonische Schliessungswelle“ bedeutet daher die Schliessungszuckung des absteigenden Stromes, das Ausbleiben der: Schwankung beim anodischen Strome die Ruhe des Muskels beim Schliessen des aufsteigenden Stromes im Nerven. Von besonderem Interesse ist es ausserdem, dass die katelek- trotonische Schwankungswelle einen sehr bedeutenden, absolut negativen Werth annehmen kann, d.h. den Nervenstrom umkehrt. Meine früheren Versuche über die negative Schwankung hatten er- geben, dass dieselbe bei heizung mit abwechselnd gerichteten Indnetionsströmen sehr deutlich absolut negativ ausfallen kann im Gegensatze zur negativen Schwankung des Muskels, die in maximo nur bis zur Abeisse sinkt. Ich hatte es aber fraglich gelassen, ob 1) Die ersten negativen Ablenkungen, welche man in diesen Versuchen vorfindet und die Hr. Tschirjew beobachtet hat, gehören also der negativen Phase der Reizwelle an, nicht dem Katelektrotonus. Positive Richtung von % nach / (Fig. 2). 192 Gesammtsitzung dies nicht eine Erscheinung sei, welche nur dem kathodischen Strome zukäme. “ Aus diesem Grunde wurden ferner Versuche gemacht, in de- nen der Nerv mit sehr kurz dauernden constanten Strömen erregt wurde, um zu ermitteln, ob eine Erregung mit anodisch gerichtetem Strome nicht auch bei genügender Stärke zu einer absolut negati- ven Schwankung führen könne. Zu diesem Zwecke wurde der er- regende Strom am Rheotom zwischen dem Draht des Schiebers und der entsprechenden Contactspitze während der Rotation ge- schlossen, und hierdurch Ströme von etwa 9477 Sec. Dauer er- zeugt, die in ihrer Wirkung sich den Inductionsströmen ähnlich verhalten müssen. Man findet, dass bei dieser Art der Erregung nicht bloss der kathodische, sondern auch der anodische Strom eine deutlich absolut negative Schwankung hervorzubringen vermag. Da nun beim anodischen Strome eine Einmischung des Elektroto- nus nur den entgegengesetzten Erfolg haben kann, so ist das bei dieser Stromesrichtung erhaltene Resultat a fortiori beweisend. Es kann daher mit Sicherheit der Satz aufgestellt werden: Bei elektrischer Reizung vermag die negative Schwan- kung des Nerven einen absolut negativen Werth anzu- nehmen. Einer weiteren Untersuchung muss es vorbehalten bleiben zu ermitteln, ob eine Reizung anderer Art als die elektrische eine ab- solut negative Schwankung hervorzubringen vermag. Hr. Helmholtz legte folgende Mittheilung des Hrn. Dr. H. W. Vogel [Berlin] vor: Über die neuen Wasserstofflinien, die Spectra der weis- sen Fixsterne und die Dissociation des Calciums. Nach der bisher geltenden Anschauung soll das Spectrum des Wasserstoffs nur aus 4 Hauptlinien bestehen. Bei meinen im Februar und Juli 1879 publieirten!) photographischen Aufnahmen 1) Monatsberichte der Berliner Akademie 1879, p. 116 und 598. | vom 12. Februar 1880. 193 wasserstoffhaltiger Geisslerröhren erhielt ich jedoch neben diesen bekannten Linien mehrere neue im Violett und Ultraviolett, die den Hauptwasserstofflinien an Intensität und Schärfe nahe kamen und deren Charakter und Wellenlänge ich a. a.O. angegeben habe. Dass diese Linien der grossen Mehrzahl nach wirklich Wasser- stofflinien sind, wies ich neuerdings nach durch Untersuchung einer Geisslerröhre, die unter den grössten Vorsichtsmassregein mit chemisch reinem, elektrolytisch entwickeltem Wasserstoff gefüllt wurde. Unter diesen neuen Linien fällt vor Allem eine durch ihre ausserordentliche Intensität und durch ihr Zusammenfallen mit der Linie #7, Fraunhofer auf, dieselbe findet sich auf allen meinen Wasserstoffspectralaufnahmen; ihre Wellenlänge gab ich früher a.a.0. auf 3968 an; sie ist jedoch nach neueren Aufnahmen, auf welchen Sonnenspectrum und Wasserstoffspectrum neben ein- ander auf derselben Platte photographirt wurden, etwas grösser, annähernd 5969. Die Existenz dieser Linie, welche ich als 4d,!) bezeichne, veranlasst mich zu einigen, wie ich glaube, nicht uninteressanten Folgerungen. Lockyer hat auf Grund der Thatsache, dass das Spectrum des Caleiums in hoher Temperatur sich ändert, die Vermuthung ausgesprochen, dass dasselbe dissoeiirt werde und in zwei Körper X und Y zerfalle, von denen der eine die erste 4-Linie (Fraun- hofer) der andere die zweite liefern soll. Es ist ihm jedoch nicht gelungen, diese Dissociation des Calciums mit irdischen Wärme- quellen nachzuweisen?). Dagegen glaubt er, dass die Dissociation in der hohen Temperatur der „weissen“ Sterne erfolge, auf Grund der Photographien der Spectra der Vega und des Sirius von Hug- Sins, in welchen die erste 7 (Fraunhofer) - Linie „ebenso dick ist, wie die von Secchi verzeichnete vierte Wasserstofflinie,* während die zweite entweder gänzlich fehlt oder kaum sichtbar ist. Ich deute diese Thatsache in anderer Weise, indem ich die in ) Im Anschluss an Hd, &,yu.5. Ich bezeichne Wasserstoff hier mit Hd, um die nahe liegende Verwechslung mit 7, Fraunhofer zu ver- meiden. ?) Proc, Royal Society XXVIILL. 157. 194 Gesammtsitzung den Fixsternspectren isolirt erscheinende 4,-Linie als die damit : zu- sammenfallende fünfte Wasserstofflinie ansehe. Ich glaube dazu um so mehr berechtigt zu sein, als bekannt- lich die Wasserstofflinien in den Spectren gedachter Sterne in aus- gezeichneter Weise entwickelt sind und breiter und intensiver er- scheinen, als die Wasserstofflinien im Sonnenspectrum. Eine noch grössere Stütze gewinnt aber, wie ich glaube, meine Ansicht durch die neueste Publication Huggins’ über seine Photo- graphien der Spectren der weissen Sterne!). Er giebt darin die Lage der von ihm im Violett und Ultra- violett erhaltenen Linien an. Zwei derselben entsprechen den be- kannten Wasserstofflinien Ad, und Hdy,; die vier folgenden aber stimmen in so auffälliger Weise mit den von mir publieirten (a.a. O. p. 591) Wellenlängen der Wasserstofflinien überein, dass sie zweifellos diesem Körper zugerechnet werden müssen. Ich gebe hier das Verzeichniss: Huggins Sternlinien: Meine Wasserstofflinien?): 3968 3968 Ha. 3888,5 3887 Hd; 3834 3834 Ha, 3795 | 3795 Ha, Huggins giebt noch ausserdem sechs Linien. Mein Spectrum reicht jedoch nicht so weit ins Ultraviolett als das seinige, da ich mit Glasprismen, er mit Quarzprismen arbeitete. In einem in der „Nature“ vom 22. Januar d. J. enthaltenen Auszug seiner Arbeit ist gesagt: It is at once suggested that — (the lines) — are con- nected with each other and represent probably one substance and two at least belong to hydrogen. Ich glaube auf Grund der oben angegebenen Zahlen die Be- hauptung aufstellen zu dürfen, dass die gegebenen Stern-Linien (und wahrscheinlich alle übrigen ultravioletten) dem Wasserstoff angehören. Es bedarf noch genauerer Untersuchungen, um festzustellen, 1!) Comptes rend. Heft 2. 1880. ?) Ich führe hier die Zahlen an, wie ich sie Juli v.J. in den Monats- berichten der Berliner Akademie p. 591 publicirt habe. Neuerdings erhielt ich noch eine weitere Wasserstofflinie, deren Wellenlänge sich zu 3769 ergab. Diese entspricht sehr nahe der Huggins’schen Sternlinie 3767,5. GE nd Le m m ac, KB A ee vom 12. Februar 1880. 195 ob diese ultravioletten Wasserstofflinien sich auch im Sonnen- spectrum finden. Die Anwesenheit der fünften Wasserstofflinie wird sich schwer feststellen lassen, da sie durch die anliegende breite Calciumlinie verdeckt ist. Dagegen glaube ich, dass sie schon umgekehrt in der Chromosphäre gesehen worden ist!). Lockyer weist (a. a. O.) auf die Beobachtungen Young’s hin, nach welcher die A,-Linie 25 Mal, die Z,-Linie (die Lockyer X nennt) nur 50 Mal in die Chromosphäre injieirt ge- sehen wurde, und erklärt Lockyer dieses selbstständige Auftreten der H,-Linie (ohne A,) aus der von ihm vorausgesetzten Disso- ciation des Caleiums. Ich dagegen glaube, dass die in den vor- liegenden Fällen einzeln gesehene umgekehrte angebliche H,-Linie die fünfte Wasserstofflinie ist. Von vorstehenden Resultaten setzte ich Hrn. Huggins in London brieflich in Kenntniss, und antwortete er mir, meine Schlussfolgerungen anerkennend: I think, there is little doubt, that all the strong lines in the spectrum of « Lyrae are due to hydrogen. After Mr. Lockyer had seen my star lines, he took some pho- tographs of H and sent a short paper to the R. $. in "December last, stating that a line of H agrees with 4, (Fraunhofer), but of eourse, your paper has a prior date?). In einem jüngst in dem Photographic Journal vom 20. Febr. erschienenen Artikel theilt Mr. Huggins mit, dass auch er Spec- tra vom Wasserstoff aufgenommen habe. Auch ihm ist die mit H, coineidirende Linie aufgefallen, und rechnet er diese dem Wasserstoff zu. Das neue Spectrum des, Wasserstoffs, welches ich nunmehr erhalten habe, zeichnet sich vor den früher publicirten vor Allem durch seine Freiheit von fremden Linien aus. Es fehlen die auf Taf. I meiner Abhandlung p. 582 der Monatsberichte 1879 erkann- ten Quecksilberlinien Nr. 10, 12, 20 und 21 (s. p. 592. 593 und 589 a. a. O.), ferner die mir damals räthselhaften Linien Nr. 6 und 22, die jetzt von Paalzow und mir als Sauerstofflinien erkannt 1) Neuerdings habe ich die fünfte Wasserstofflinie in einer besonders hell leuchtenden Wasserstoffröhre mit blossem Auge beobachtet. ?) Ich habe inzwischen von Hrn. Lockyer selbst einen Separatabzug dieser Publication erhalten, aus welcher hervorgeht, dass er meine älteren Arbeiten in den Monatsberichten der Akademie nicht kannte. 196 Gesammtsitzung sind. Ferner fehlt Nr. 13 nahe Ah, die ich dem Kohlenoxydgas zurechne. Dagegen sind die übrigen Linien, welche ich damals dem Kohlenoxydgas zurechnete, No. 23, 24 und 27 wieder vor- handen. Die grössere Schärfe der neuen Photographie lässt aber bestimmt erkennen, dass diese Linien in ihrem ganzen Charakter von den Kohlenoxydbanden gleicher Lage durchaus abweichen, und sehe ich sie jetzt als Wasserstofflinien an. Wäre wirklich Kohlen- oxydgas vorhanden, so müsste sich dieses durch die Linie CO, (bei Ah), der stärksten von allen, kundgeben. Diese aber fehlt gänzlich. Ferner ist auffällig, dass statt der Quecksilberlinien 10 und 12, welche hier fehlen, einige neue feine Wasserstofflinien, die fast mit ihnen zusammenfallen, erscheinen. Aus dem Vorhergehenden geht bereits hervor, dass ich die sämmtlichen in dem neuen Spectrum enthaltenen Linien, auch die feinen, dem Wasserstoff zurechne. Der Umstand, dass dieselben im Sonnenspectrum sich nicht finden, ist kein Einwand. Bekanntlich werden nicht alle Linien der Körper, deren Gegenwart man in der Sonne vermuthet, um- gekehrt gesehen. Indem ich mir Publication der Photographie des neuen Wasser- stoff-Spectrums und speciellere Beschreibung vorbehalte, beschränke ich mich vorläufig auf Anführung des ultravioletten Theils des ge- dachten neuen Spectrums. Die Wellenlängen wurden zunächst durch Vergleichung mit Draper’s Linien des ultravioletten Spectrums bestimmt!) und dann (mit Rücksicht auf den von mir a. a. O. p. 991 bemerkten Fehler in Draper’s Tafel) nach Cornu’s Tafel corrigirt: 1) Die Vergleichung mit Draper’s photographischem Spectrum führte rascher zum Ziel, da in diesem die Linien sich genau in denselben Intensi- tätsverhältnissen zeigen, wie man sie in Spectralphotographieen erhält. In Cornu’'s Spectrum sind manche Linien schwach, die in der Photographie stark erscheinen und umgekehrt, daher die directe Vergleichung oft schwierig. 197 "pH >ım [ey os ABAJyaISs Jydıu uaay9adg uonou uap ur gsı (I6q d 'O ee) TP8E opueg auayfeyıe uaıyaadg uedaeynay ur 9Ip vom 12. Februar 1880. FggE MUNUIIS ‚sursöng 1m 'Dulod 5 C6,E AlUNLISIS ‚sursong JIu 'DuLod \ G‘,9,g Auuas}g ‚sulsöng Ju 9yeu 21rprauLod uoSunyaowog JLu -T’J oJaeyosum 'ayd9eMy9s orur] oleyasum oydeayds Ayds op -UBgG AJreydsun ‘91T Jıeyosun ‘HrurJaydemuds pusys}saq UOLUrT uSJIegIsun “uaı -opyrur Teıp sne opueg SLUIT SJaeyosum “JaapjyLuu Jıeyds ‘oıurg OYı8Js ydıjwolz jıeyosun “OLUIT OUIEMYIS Y9IWITZ Jıeyds yaıy -waIz OIUIT Oydemyds Jıeyss y9L]woLZ "9LUrT 9yd9eMy9Ss a9jyeaeyg I8geE «eg LASE 8 °— 0188 2 198g ®9 89 — 9588 9 6788 G .. bese 2 108g g 'PH G6LE 6 ’pH 6928 I ‘DH Fur ]uo]o M. "IN a Gesammtsitzung vom 12. Februar 1880. 198 auuog A9p !77 Ju ayeu "DuLod puaprouroo 7y yru g‘,88g PrulfuleIg ‚sursöngg Ju "9urod uosunyLawag 'OSgT enagog ‘zZ uop “ug Jteyds ‘orur] ayıe}s ıyos 6968 &l DH Jaeyosun ‘orurT 91oTyyLuu 296€ Jıeyosun ‘olurg Aaydemyds Aayas 0968 9IurT Oydemyos 0968 Gl Jaeyasun ‘orur Toydemyos rr768 aJıerpsun oyoemuyas.ıyos T36€8 | uaıur] 7068 OL aJtegdsun ay9e Myds 1y9s 6888 Jaeyds ‘arurT Hyarjs 1yos 1888 6 “PH daayyeleug durjua]p M “N ng der philosophisch -historischen. Se. 4 t las: Beiträge zur antiken Topographie Makedo- ' Ergebnissen der neuesten Localuntersuchungen, DRBINDUSGER ‚olbaanl F | österreichischen Ingenieure. Kanes N en . Fi he 4 ‘| . 1644 u. > W . ni ‘ I ) 2 EN } ‘ Ks EI ET TETITE vu TE ge fi are. 5; k Er Hr) i 4 91 nn f ar Bis Li III ' ” Ian “u Tl ’ ' Li 200 | Gesammtsitzung 19. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Kronecker las: Zur Theorie der quadratischen Formen und der singulären Moduln der elliptischen Functionen. Hr. G. Kirchhoff legte folgende Abhandlung des correspon- direnden Mitgliedes Hrn. Quincke in Heidelberg vor: Über elektrische Ausdehnung. Eine längere Untersuchung über die Einwirkung elektrischer Kräfte auf schlechte Leiter der Elektrieität hat folgende Resultate ergeben: 1. Feste und tropfbar flüssige Körper ändern ihr Volumen, wenn man sie in ähnlicher Weise, wie das Glas einer Leydener Flasche elektrischen Kräften aussetzt. 2. Diese Volumenänderung rührt nicht von Erwärmung her und ist meist eine Ausdehnung. Doch kann sie auch in einer Contraction bestehen, wie dies z. B. bei den fetten Ölen der Fall ist. | 3. Bei Luft habe ich keine Volumenänderung durch elektri- sche Kräfte beobachten können. Wenn eine solche vorhanden ist, so muss sie kleiner als a des ursprünglichen Volumens sein. Elektrische Volumenänderung. 4. Am bequemsten lässt sich die elektrische Ausdehnung bei Glas mit der von Fontana!) und den Hrn. Govi?) und Duter?) benutzten Methode an einem gewöhnlichen Thermometer zeigen. Das Thermometer stand in einem Metallbecher mit Eiswasser. Die Flüssigkeit im Innern des Thermometers (Wasser, Quecksilber, Salzlösung) bildete die innere, das Eiswasser die äussere Belegung einer Leydener Flasche. Werden die beiden Belegungen eines solchen Thermometer- Condensators mit einer Elektrisirmaschine bis zu einer bestimm- !) Lettere inedite di Alessandro Volta. Pesaro 1834. p. 15. 2) N. Cim. XXI—XXI. p. 18. 1865 — 66. C.R. 87. 1878. p. 857. 3) .C.B. 87. 1878. p. 298, N vom 19. Februar 1880. 201 ten Schlagweite geladen, oder mit den Belegungen einer grösseren geladenen Leydener Batterie leitend verbunden, so sinkt die Flüs- sigkeit im Capillarrohr des Thermometer - Condensators. Die Flüssigkeitskuppe im Capillarrohr wurde dabei mit einem horizontalen Mikroskop und Ocular-Mikrometer beobachtet und die Dimensionen der Apparate so gewählt, dass noch eine Volumen- änderung von or des ursprünglichen Volumens bestimmt werden konnte. Die Volumenänderung Av ist um so grösser, je grösser der Hohlraum v» der Thermometerkugel ist. Die Volumenänderung er- folgt momentan bei Flintglas, in längerer Zeit bei dem die Elek- trieität besser leitenden Thüringer Glas. Bei Entladung der Bele- gungen geht die Flüssigkeit nahezu in die ursprüngliche Lage zurück; momentan bei Flintglas, langsamer bei Thüringer Glas. 5. Nach der Entladung bleibt ein Rückstand im Sinne der ursprünglichen Verschiebung zurück, der bei Flintglas sehr klein, bei Thüringer Glas grösser ist und mit der elektrischen Polarisation der Glasmasse zusammenzuhängen scheint. 6. Die Volumenänderung ist bei übrigens gleichen Verhält- nissen nur unbedeutend grösser, wenn die Thermometerkugel mit Wasser, als wenn sie mit Quecksilber gefüllt ist. 7. Inneres und äusseres Volumen der T’hermometerkugel nehmen gleichzeitig um dieselbe Grösse zu. 8. Belegt man die äussere Fläche der ei mit einer dünnen Silberschicht, so ist die von den elektrischen Kräften hervorgerufene Volumenänderung dieselbe, mag die Kugel von Luft oder von Wasser umgeben sein. 9. Diese Volumenänderung ist nahezu unabhängig vom hydro- statischen Druck der Flüssigkeit auf die Glaswand der Thermo- meterkugel. 10. Je nachdem das Glas längere oder kürzere Zeit unelek- trisch war, findet man die Volumenänderung an demselben Appa- rat unter scheinbar denselben Verhältnissen bald grösser, bald kleiner. y j y AB. : 11. Die Volumendilatation — ist nahezu, aber nicht genau, v proportional dem Quadrate des elektrischen Spannungsunterschiedes auf den beiden Belegungen des Thermometer-Condensators und um- 202 Gesammtsitzung gekehrt proportional dem Quadrat der Wanddicke der Thermo- meterkugel. Für Englisches Flintglas und eine Wanddicke zwischen 0,142”® und 0,591” betrug die Volumenänderung zwischen 10,67 und 0,19 Milliontel des ursprünglichen Volumens bei einer Schlag- weite von 2%% zwischen Messingkugeln von 20%" Durchmesser. Bei gleicher Schlagweite war für Thüringer Glas die Volumen- änderung 4,61 bis 0,36 Milliontel des ursprünglichen Volumens bei Wanddicken zwischen 0,238"”" und 0,700", Bei grösseren Volumenänderungen als 10 bis 12 Milliontel des ursprünglichen Volumens wird gewöhnlich die Glaswand durchgeschlagen und der Apparat zertrümmert. Nur bei einer Sorte Deutschen Glases konnte ich ohne Schaden bis 68 Milliontel Volumenänderung beobachten. 12. Ähnliche Volumenänderungen zeigen beim Elektrisiren Thermometer-Condensatoren mit Gefässen aus Glimmer, Quarz und Kautschuck, deren innere Belegung von Wasser gebildet wird. Bei manchen Glimmersorten und Kautschuck, der längere Zeit mit Wasser in Berührung war, ist die Volumenänderung unter sonst gleichen Verhältnissen etwa von derselben Ordnung, wie bei Glas; bei frischem Kautschuck etwa 10 Mal grösser. 13. Die Senkung der Flüssigkeitskuppe im Capillarrohr ist bei Kautschuck nicht unabhängig vom Vorzeichen der Elektrieität wie bei den anderen Substanzen, da gleichzeitig mit der Volumen- änderung des Kautschucks eine elektrische Fortführung des Wassers durch die Poren des Kautschucks stattfindet. Elektrische Längenänderung. 14. Hohle Glasfäden von 1000 bis 1200”"”- Länge wurden innen und aussen mit 2 dünnen Silberbelegungen versehen, die von einander isolirt waren und wie die Belegungen einer Leydener Flasche geladen werden konnten. Bei dem Elektrisiren der beiden Belegungen eines solchen Glasfaden-Condensators tritt eine Verlängerung ein, die bei der Entladung der Belegungen zum grössten Theile wieder verschwindet. Die Verlängerung wurde mit einem Oertling’schen Fühlhebel gemessen, der direct 0,004®%, durch Schätzung noch Zehntel dieser Grösse mit Sicherheit zu messen erlaubte. u ee re De ce en u u el u L; ) 3 j ı } 3 j 4 . } } A \ % vom 19. Februar 1880. 203 Die elektrische Verlängerung Al der Glasfäden, welche übrigens auch von Hrn. Righi!) untersucht worden ist, folgt im wesent- lichen denselben Gesetzen, wie die Volumenänderung der T’hermo- meter-Condensatoren. Sie ist um so grösser, je grösser die Länge I des belegten hohlen Glasfadens ist. a a Die elektrische Längendilatation 7: ist nahezu, aber nicht genau, proportional dem (Quadrate des elektrischen Spannungs- unterschiedes auf beiden Belegungen des Glasfaden- Condensators und umgekehrt proportional dem Quadrate der Dicke der Glas- wand. Für einen Spannungsunterschied der Belegungen, welcher einer Schlagweite von 2%” zwischen Messingkugeln von 20”"M Durch- messer entsprach, betrug bei Glasfäden aus Englischem Flintglas die von elektrischen Kräften herbeigeführte Verlängerung 2,26 bis 0,72 Milliontel der ursprünglichen Länge für eine Wanddicke von Bus 0,186" ". 15. Die elektrische Verlängerung war dieselbe unter sonst gleichen Umständen und erreichte in derselben Zeit ihren Maximal- werth, mochten die geraden Glasfäden von Luft oder Wasser um- geben sein. | 16. Bei demselben elektrischen Spannungsunterschied der Belegungen ist für gleiche Wanddicken und dieselbe Glassorte die Volumendilatation = etwa 3 Mal grösser als die Längendilata- . A tıon Er 17. Dasselbe Resultat ergiebt sich, wenn an demselben Ther- mometer-Condensator mit langem Gefäss, statt einer Kugel, gleich- zeitig die elektrische Volumen- und Längendilatation gemessen werden. | Die Gefässe der Thermometer-Condensatoren waren sehr gleichmässige Flintglasröhren von 800". bis 1900" Länge und 0,562" bis 0,621"® Wanddicke. Die Libellenblase des Fühl- hebels wurde dabei mit einem Mikroskop und Ocular-Mikrometer beobachtet, so dass noch eine Verlängerung von 0,000008”" durch Schätzung zu bestimmen war. 1) Compt. rend. 88. 1879. p. 1263. [1880] 15 204 @esammtsitzung | Aa EA Alauäl: ap a 18. Diese Beziehung Fe 37 ist nicht vereinbar mit der Annahme, dass durch die Anziehung der entgegengesetzten Elek- tricitäten auf beiden Condensatorbelegungen die Glasdicke ver- kleinert, und durch diese „elektrische Compression“ indirect das Volumen der Thermometergefässe vergrössert worden wäre. 19. Die elektrische Ausdehnung erfolgt nach allen Richtungen gleichmässig, wie durch Erwärmung. Die Annahme, dass die elektrische Ausdehnung herrühre von einer Erwärmung durch die schwachen elektrischen Ströme im Innern der Glaswand zwischen beiden Oondensatorbelegungen, ‘wird durch die unter 6. 8. und 15. mitgetheilten Thatsachen widerlegt. 20. Am einfachsten lässt sich die von elektrischen Kräften bewirkte Verlängerung des Glases an hohlen Glasfäden mit ex- centrischem Hohlraume nachweisen. Ein solcher Glasfaden ist nach dem Erkalten gekrümmt und hat die dünnere Wand auf der convexen Seite, da die dickere Wandung sich länger abkühlt und stärker verkürzt, als die dünnere Wandung. Ein solcher Glasfaden wird voll Wasser gesogen, unten zu- geschmolzen und mit seinem unteren Theile in ein hohes Gefäss mit Wasser gesenkt. Das Wasser innerhalb und ausserhalb des Glasfadens bildet die beiden Belegungen eines Glasfaden-Elek- trometers. Werden diese es; wie die Belegungen einer Leydener Flasche elektrisirt, so krümmt sich der Glasfaden noch stärker, da die dünnere Wand stärker durch die elektrischen Kräfte ver- längert wird als die dickere Wand. Die Verschiebung des unteren Fadenendes oder der Ausschlag des Glasfaden-Elektrometers kann mehrere Millimeter betragen und lässt sich bequem mit einem horizontalen Mikroskop mit Ocular-Mikrometer messen. Bei Entladung der Belegungen geht das untere Ende des ge- krümmten Glasfadens nach seiner: ursprünglichen Lage zurück; momentan bei Flintglas, langsamer bei Thüringer Glas. Dabei bleibt, wie bei den Volumenänderungen der Thermometer-Conden- satoren, eine Verschiebung im Sinne des ursprünglichen Ausschlags zurück, die erst sehr allmählig verschwindet. 21. Bei demselben Glasfaden-Elektrometer ist der Ausschlag nahezu proportional dem Quadrate des elektrischen Spannungs- unterschiedes auf beiden Belegungen. vom 19. Februar 1880. 205 22. Der Ausschlags-Rückstand nimmt zu mit dem elektrischen Spannungsunterschiede der Belegungen und mit der Leitungsfähig- keit des Glases; scheint also wie bei den Thermometer-Conden- satoren von der elektrischen Polarisation der Glasmasse abzu- hängen. 23. Durch eine passende Wippe konnten die Belegungen eines Thermometer-Condensators bald mit den Polen einer 44- sliedrigen Chromsäurekette, bald mit den Enden eines empfind- liehen Spiegelmultiplicators verbunden werden. Der Ausschlag der Multiplicatornadel war dann proportional der elektrischen Capacität des Thhermometer-Condensators. Durch Erhöhung der Temperatur nehmen für denselben Ther- mometer-Condensator die elektrische Uapacität und die einem be- stimmten Spannungsunterschied der Belegungen entsprechenden elektrischen Volumenänderungen in demselben Verhältniss zu. 24. In ähnlicher Weise nehmen die Ausschläge eines Glas- faden-Elektrometers aus demselben Glase wie ein. Thermometer- Condensator mit steigender Temperatur zu, wie die elektrische Capacität des Condensators. Einer Temperaturzunahme von 1° C. entspricht etwa eine Zu- nahme des Ausschlags oder der Capacität um 0,003 des ursprüng- lichen Werthes bei Flintglas; um 0,012 bei Thüringer Glas. 25. Die Ausschläge des Glasfaden-Elektrometers treten um so schneller ein, je grösser der elektrische Spannungsunterschied der Belegungen und die Temperatur des Glases sind. Bei Flintglas langsamer als bei Thüringer Glas. Änderung der Elasticität durch elektrische Kräfte. 26. Durch elektrische Kräfte wird die Elastieität von Flint- glas, Thüringer Glas und Kautschuck verkleinert; von Glimmer und Guttäpercha vergrössert. 27. Ein Magnetstab wurde am unteren Ende eines innen und aussen versilberten hohlen Glasfadens aufgehangen, so dass die magnetische Axe nahezu senkrecht zum maßnetischen Meridian stand. Das Drehungsmoment der magnetischen Kräfte war dann gleich und. entgegengesetzt dem Torsionsmoment des Glasfadens, dessen Enden um den Winkel $ gegeneinander gedreht waren. An dem Magnetstabe und dem unteren Ende des Glasfadens an 192 206 - . Gesammitsitzüung war ein verticaler Planspiegel befestigt, dessen Lage mit Pepnrehg und Scala beobachtet wurde. Werden die beiden Belegungen des Glasfadens mit den Bele- gungen einer grösseren geladenen Leeydener Batterie verbunden, so wird der Torsionswinkel® um die Grösse Ab grösser, während das Drehungsmoment der magnetischen Kräfte nahezu ungeändert bleibt. Der Vergrösserung des Winkels $ entspricht also eine Verkleinerung der Torsionskraft des Aufhängefadens. = ist ein Maass für die Änderung der Torsionskraft oder der Elastieität ‘2 Aufhängefadens. Nach der Entladung der beiden Belegungen nehmen Magnet und Aufhängefaden wieder die ursprüngliche Lage an. Die Abnahme der Torsionskraft ist etwa proportional dem Quadrate des elektrischen Spannungsunterschiedes der beiden Bele- sungen und um so grösser, je geringer die Wandstärke des hohlen Glasfadens ist. Bei der Elektrieitätsmenge 20 in der benutzten Leydener Bat- terie von 6 Flaschen und einer Wandstärke von 0,1"%% des hohlen Aufhängefadens war = — 0,00055 für Flintglas — (0,002 für Thüringer Glas. Eine aussen vergoldete, innen mit Wasser gefüllte Kautschuck- röhre von 1”"” Wandstärke zeigte mit derselben Leydener Batterie verbunden etwa dieselbe Änderung = wie der weit dünnere Fa- den aus Thüringer Glas. 23. Ein einseitig mit Goldblatt belegtes Glimmerband von 840”m Länge, 30%® Breite und 0,04”® Dicke, in ähnlicher Weise untersucht, gab eine Zunahme der Torsionskraft um 4; des ur- sprünglichen Werthes, wenn die belegte Seite zur Erde abgeleitet und die unbelegte Seite durch einen vorbeigeführten Spitzenkamm elektrisirt wurde, der mit einer Holtz’schen Maschine verbunden war. | Ein Guttaperchaband von ähnlichen Dimensionen, wie das Glimmerband zeigte unter denselben Verhältnissen eine Zunahme der Torsionskraft um 0,00316 des ursprünglichen Werthes. - vom 19. Februar 1880. 207 29. Versuche, bei denen die Torsionskraft der elektrischen Glasfäden mit der Torsionskraft tordirter Metalldrähte, anstatt mit magnetischen Kräften, verglichen wurde, ergaben ähnliche Resultate. Elektrische Ausdehnung bei Flüssigkeiten. 30. Die von elektrischen Kräften hervorgerufene Ausdehnung lässt sich nicht bloss bei festen Körpern, sondern auch bei Flüs- sigkeiten nachweisen, wenn..diese in ein Voltameter mit Platin- elektroden gebracht werden, dessen Gasleitungsrohr durch eine verticale Capillarröhre ersetzt ist. Der Apparat wird durch schmelzenden Schnee auf constanter Temperatur gehalten. Verbindet man die Platinelektroden mit den beiden Belegun- gen einer geladenen Leydener Batterie, so beobachtet man eine Volumenvermehrung der Flüssigkeit. Nach der Entladung der Batterie geht die Flüssigkeit auf die frühere Stellung in der Ca- pillarröhre zurück. Bei gut isolirenden Flüssigkeiten, wie Schwefelkohlenstoff und ätherischen Ölen bleibt die Leydener Batterie minutenlang geladen und die Volumenvergrösserung ebenso lange bestehen. Die Volu- menänderung tritt aber allmählig auf und verschwindet allmählig. Bei den besser leitenden Flüssigkeiten, wie Glycerin, Alkohol und Wasser steigt die Flüssigkeitskuppe fast momentan. Die Ley- dener Batterie ist aber auch sofort entladen. Dieselbe Menge positiver oder negativer Elektricität in der Leydener Batterie giebt nahezu dieselbe Volumenänderung der 2 Flüssigkeit. Die Volumenänderung ist nahezu proportional mit 2, s wenn g die Elektrieitätsmenge, s die Oberfläche der Leydener Bat- terie bedeuten. 31. Bei gut isolirenden Flüssigkeiten kann man die Platin- elektroden statt mit den Belegungen einer Leydener Batterie direct mit den Elektroden einer Holtz’schen Elektrophormaschine ver- binden. 32. Bei den gut isolirenden fetten Ölen tritt durch das Elek- trisiren eine Verminderung des Volumens ein statt der sonst ge- wöhnlichen Volumenzunahme. 208 .. Gesammitsitzung 33. Bei zu grossen elektrischen Kräften springt ein Funken zwischen den Platinelektroden im Innern der Flüssigkeit des Volta- meters über und der Apparat wird zertrümmert. Es konnten da- her bis jetzt die verschiedenen Flüssigkeiten nicht in demselben Apparate untersucht werden. Eine angenäherte Vergleichung auch mit der thermischen Aus- dehnung gestattet die folgende Zusammenstellung, in welcher die mit 1 Million multiplicirte Volumendilatation angegeben ist. Die elektrischen Dilatationen beziehen sich auf Schichten der elektri- sirten Substanz von etwa 12”” Dicke, e | Av Volumendilatation —- 10° v durch Tem- durch peratur- | erhöhung | die Elektrieitätsmenge von X Des Pe 20 40 Schwefelkohlenstoff 1141 5,23 22,43 Alkohol 1042 6,80 35,90 Steinöl 1017 5,66 Terpentinöl 902 1,70 42,45 Glycerin 912 0,59 ER) Destillirtes Wasser bei 8° 92 0,07 D.23 Wasser + Spur Salzsäure “ 0,13 0,42 bei 10° Wasser mit 0,124 Proc. Salz- 3 0,07 0,56 säure bei 15° a Destillirtes Wasser bei 0° — 20 —0,03 —0,09 Wasser + Spur Salzsäure 4 —0,06 —0,30 bei 0° Wasser mit 0,124 Proc. Salz- 2 —0,03 —0,36 säure bei 0° | Thüringer Glas 32 0,003 0,010 Flintglas 26 0,002 0,009 Rüböl 773 — 18,24 Mandelöl 179 — 6,89 vom 19. Februar 1880. 209 Auffallend ist die ähnliche Reihenfolge der Substanzen, mögen sie nach der thermischen oder elektrischen Ausdehnung geordnet werden, unabhängig von ihrem elektrischen Leitungsvermögen. 34. Temperaturänderungen von einigen Hundertel Grad wür- den genügen bei der ersten Gruppe von Körpern, der auch das Wasser angehört, um die von der Blektrieität bewirkte Volumen- änderung herbeizuführen. Gegen die Annahme einer indirecten Ausdehnung durch Er- wärmung der Flüssigkeit durch den schwachen elektrischen Strom zwischen den Platinelektroden spricht aber die lange Dauer der Volumenänderung bei isolirenden Flüssigkeiten; die geringe Ver- mehrung der Volumenänderung, wenn das elektrische Leitungs- vermögen des Wassers durch Zusatz von Salzsäure um mehr als das Tausendfache wächst; endlich die von den elektrischen Kräften herbeigeführte Volumenabnahme bei den fetten Ölen, welche auch bei 0° durch Temperaturerhöhung ihr Volumen vergrössern. Elektrische Durchbohrung von Glas. 35. Elektrische Kräfte wirken also ähnlich, aber in anderer Weise, wie die Zufuhr von Wärme. Im Allgemeinen werden die Stoffe dadurch ausgedehnt. Wie man durch ungleiche Zufuhr von Wärme an den ver- schiedenen Stellen eines Körpers denselben zersprengen kann, so kann man dies auch durch ungleiche Einwirkung elektrischer Kräfte. Gleichmässige Ausdehnung durch Erwärmung oder gleich- mässige Ausdehnung durch elektrische Kräfte zersprengen Glas nicht, wohl aber ungleiche thermische oder elektrische Ausdehnung; und zwar um so eher, je grösser die dadurch im Innern des Glases hervorgerufenen elastischen Spannungen sind. Was von Glas gilt, gilt auch von anderen Substanzen. Dicke Massen und solche, welche Wärme oder Elektricität schlecht leiten, müssen eher zersprengt werden als dünne Massen und solche, welche Wärme oder Elektricität gut leiten. Damit steht die Er- fahrung in Übereinstimmung. 210 . Gesammtsitzung Elektrische Doppelbrechung. | 36. Durch ungleiche Zuführung von Wärme können beRaza lich feste durchsichtige Substanzen ungleich dilatirt und optisch doppelbrechend werden. In analoger Weise können durch ungleiche elektrische Aus- dehnung Substanzen ungleichförmig dilatirt und optisch doppel- brechend werden. Dies erklärt die von Hrn. Kerr!) beschriebene Doppel- brechung, welche Glas, Quarz, Harz und isolirende Flüssigkeiten unter dem Einfluss elektrischer Kräfte zeigen, und den scheinbaren Widerspruch dieser Angaben mit anderen Beobachtern. Werden lange dünne Glasplatten mit Stanniol belegt und stark elektrisirt, wie eine Franklin’sche Tafel, so zeigt sich keine Doppelbrechung, wie mir aus früheren Versuchen bekannt war, und wie es auch die Hrn. Gordon?) und Mackenzie?) gefunden haben. Das Glas ist an allen Stellen nahezu gleichen elektrischen Kräften ausgesetzt und gleichmässig dilatirt. Es ist ebenso wenig doppelbrechend, wie gleichmässig erwärmtes Glas. Ersetzt man aber die eine Stanniolbelegung durch Quecksilber in einer Glasröhre von 30"® äusserem und 14%" innerem Durch- messer, deren abgeschliffenes Ende sorgfältig auf die Glasplatte aufgekittet ist, so wird nur das Glas unter dem Quecksilber elek- trisch ausgedehnt. Das seitlich gelegene Glas kann wegen der aufgekitteten Glasröhre nicht ausweichen und wird durch die un- gleiche elektrische Spannung optisch doppelbrechend. 37. Wird einer Flüssigkeit von einem eingetauchten heissen Metall schneller Wärme an einzelnen Stellen zugeführt, als durch Leitung und Bewegung der Flüssigkeitstheilchen seitlich abfliessen kann, so wird dieselbe optisch doppelbrechend, wie ungleich er- wärmtes Glas. Analog wird eine Flüssigkeit zwischen 2 Metallelektroden doppelbrechend, wenn dieselben auf ungleicher elektrischer Span- nung erhalten werden. Die ungleiche elektrische Dilatation hängt 1) Phil. Mag. (4) L. p. 337— 348, 446 — 558, 1875; ib. (5) VIII. p. 85 — 102, 229 — 245. 1879. ?) Phil. Mag. (5) II. p. 203. 1876. ®) Wiedem. Ann. 2. p. 356. 1877. De Fe u ae un ae vom 19. Februar 1880. 211 ab von der Geschwindigkeit, mit der sich die Elektrieität oder die elektrischen Kräfte in der Flüssigkeit verbreiten und die elektri- sche Ausdehnung hervorrufen. Die Ausdehnung ist nahezu proportional dem Quadrate der an der betreffenden Stelle des Isolators wirkenden elektrischen Kraft. Die Ausdehnung muss also auf der kürzesten elektrischen Kraftlinie zwischen den Metallelektroden am grössten sein. Stoffe, deren Brechungsexponent bei thermischer Ausdehnung zunimmt, wie Glas und solche, deren Brechungsexponent durch thermische Ausdehnung abnimmt, wie Schwefelkohlenstoff, werden sich verschieden verhalten, wenn sie beide durch elektrische Kräfte ausgedehnt werden, und wenn thermische und elektrische Ausdehnung in gleicher Weise die optischen Eigenschaften ver- ändern. In der That zeigen Glas und Schwefelkohlenstoff nach den Beobachtungen von Hrn. Kerr, die ich bei meinen Versuchen be- stätigt fand, entgegengesetzte elektrische Doppelbrechung. Wenn ferner Substanzen sich gegen elektrische Kräfte entge- gengesetzt verhalten, wie Schwefelkohlenstoff und Rüböl, durch thermische Ausdehnung aber beide den Brechungsexponenten ver- kleinern, so müssen sie auch entgegengesetzte elektrische Doppel- brechung zeigen. Auch dies ist in Übereinstimmung mit der Erfahrung. 38. Erwärmt man eine Stanniolplatte zwischen 2 homogenen Glaswürfeln durch Durchleiten eines elektrischen Stromes, so wird das Glas optisch doppelbrechend, als ob es _L zur Stamniolplatte dilatirt und == der Stanniolplatte comprimirt wäre. Das Glas verhält sich wie ein negativer Krystall!) (Kalkspath) mit optischer Axe parallel der erwärmten Stanniolplatte. Der Linie grösster Erwärmung =# der Stanniolplatte oder der optischen Axe eines negativen Krystalls muss bei der elektrischen Doppelbrechung die kürzeste elektrische Kraftlinie im Glase zwi- schen den Metallelektroden entsprechen, wie es in der That Hr. Kerr?) angegeben hat und ich bestätigt gefunden habe. Überhaupt müssen sich die Stellen des Isolators in der Nähe der kürzesten elektrischen Kraftlinie für die von Hrn. Kerr als 1) vergl. F.E. Neumann, Abh. Berl. Ak. 1841. II. pag. 6. 2 Phil. Mag: 4. L;p. 337. 1875. 212 Gesammtsitzung „negativ“ bezeichneten Substanzen (Glas, fette Öle u. s. w.) ver- halten wie ein optisch negativer Krystall mit optischer Axe $ der kürzesten elektrischen Kraftlinie; die als „positiv“ bezeichne- ten Substanzen (Schwefelkohlenstoff u. s. w.) wie ein optisch posi- tiver Krystall mit der optischen Axe == der kürzesten elektrischen Kraftlinie. Genauer betrachtet hätte man aber die festen und flüssigen Isolatoren zwischen den Metallelektroden als ungleichförmig dila- tirte Körper aufzufassen, die optisch wirken, wie ein Aggregat von sehr vielen kleinen Krystallindividuen. Das von Hrn. Kerr mit clear amber resin bezeichnete Harz (Colophonium?) verhält sich bei elektrischer Doppelbrechung um- gekehrt wie Glas und wird voraussichtlich unter dem Einfluss elektrischer Kräfte sein Volumen verkleinern, wie die fetten Öle. 39. Die optischen Erscheinungen bestätigen vollständig die auch mit anderen Methoden’ nachweisbare Volumenänderung (Aus- dehnung und Contraction), welche unter dem Einfluss elektrischer Kräfte schlecht leitende Stoffe zeigen. 40. Den Grund der elektrischen Ausdehnung und die Ände- rung der Elastieität durch elektrische Kräfte möchte ich in einer Drehung und Verschiebung der Molekeln des Isolators suchen, welche sich, damit ihr elektrisches Moment ein Maximum wird, mit der grössten Länge in die Richtung der Resultante ‘der wir- kenden elektrischen Kräfte stellen. Dass kleine in schlecht leitenden Flüssigkeiten suspendirte Theilchen von Glas und anderen Isolatoren in der That eine sol- che Lage annehmen, ist von Hrn. Th. Weyl!) nachgewiesen wor- den. Sind die Theilchen statt in einer Flüssigkeit in einer nicht vollkommen starren Masse vertheilt, so müssen ähnliche Änderungen der Lage, nur langsamer, eintreten. !) Reichert und du Bois Arch. 1876. pag. 721. | ! a ee nn vom 19. Februar 1880. 213 Hr. Virchow legte einen Bericht des Hrn. J. M. Hildebrandt d. d. Hellville auf Nosi-Be, 19. Dec. 1879, vor, betreffend die Berginsel Nosi-Kömba und das Flussgebiet des Semberäno auf Madagascar. Um die Zeit bis zum Eintreffen der mir von der Königl. Aka- demie gewährten Reisemittel möglichst nützlich zu verbringen, unternehme ich, so gut es die nunmehr eingetretenen Regen zu- lassen, kleinere oder grössere Ausflüge. Soeben bin ich von einem solchen zurückgekehrt, der mich zu der Berg-Insel Nosi-Kömba, in das Gebiet von Ankıfi und den Fluss Semberäno aufwärts . brachte. Nosi-Koömba (Insel der Halbaffen) liegt zwischen Nosi-Be ‘und dem Festlande von Madagascar. Sie wird von einem Granit- berge eingenommen, welcher seine einfache Kuppel bis ca. 540%1) aus dem Meeresspiegel erhebt. Seine steilen Abhänge waren früher ganz mit dichtestem Hochwalde bedeckt, welcher jedoch jetzt zum grössten Theile niedergebrannt ist, um einige spärliche Reisernten zu erlangen. Wenige Regen reichen hin, den einmal entblössten Waldboden in die Tiefe zn spülen. Ich besuchte hier eine Gräberstätte der Sakalava, welche sich in den höhlenartigen Zwischenräumen der Strandfelsblöcke dicht oberhalb der Brandung an möglichst unzugänglicher Stelle befindet. Solche Plätze werden von den hiesigen Sakalava allge- mein benutzt. Sie sind für den Fremden „fadi“ (tabu)?), während die Sakalava zu gewissen Zeiten die Reliquien ihrer Ahnen be- suchen und bei denselben opfern. So fand ich Räucherschalen (Nr. 58 der ethnogr. Samml.), mit Rum gefüllte Weinflaschen u. dgl. vor. Die Leichen (an dem besuchten Orte etwa 20) sind grössten- theils eingesargt, und zwar hat man zu ihrer Aufnahme meistens die Hälfte einer Lakka (Baumkahn) verwendet, welche übergedeckt wird. Sie ist am Halbirungsabschnitte mit einem hölzernen Schie- ber als Verschluss versehen. Da dieser Schieber eine Handhabe I) Genauer wird sich die Höhe aus beiliegenden Observationen ergeben; um deren Berechnung ich Hrn. Dr. OÖ. Kersten bitte. 2) Man erzählt sogar, dass ein hiesiger Pflanzer kurz nach Besichtigung einer solchen Grabstätte durch Giftmord starb. 214 Gesammtsitzung hat, so ist anzunehmen, dass er während der Ceremonien geöffnet. wird, wodurch dann das Skelet sichtbar wird. Der Schädel liegt an der Schieberöffnung. Einer der Leichname — er schien noch nicht lange beigesetzt zu sein — war aus einer Hülle aus brettartig geflachtem Bambus umgeben und darin vollständig eingeschlossen. Ich habe bis jetzt 3 Sakalava-Schädel erlangt, welche ich Ihnen mit nächster Gele- genheit zusenden werde. Hier nur folgende Maasse derselben: Nr. 1; Nr'2; Nr. 3. grösste Länge: 175,0" 168,077 44 16550U 3 „Breite: 136,4, 129,3%, 134,0 „ Ich erhielt auf Nosi-Kömba manche für meine Sammlungen neue Objecte, ebenso im nahen Ankifi, einem bergigen Küsten- strich, welcher einer von den Hova unabhängigen „Königin“ ge- hört. Unter gleicher Hoheit steht die überaus fruchtbare grosse Schwemmland-Ebene des "Flusses Semberäno (i. e. nichts als Wasser, vieles Wasser). Ich befuhr den bei den jetzt herrschen- den Regen stark angeschwollenen ‘Fluss eine weite Strecke in einem Baumkahne und durchkreuzte die Ebene nach allen Rich- tungen. Dieses weite Terrain ist ungemein geeignet zur Zucker- rohr-, Baumwollen- und Reiscultur und wird ohne Zweifel dereinst im Besitze von Europäern enorme Erträge hervorbringen. Jetzt sieht man nur in weiten Abständen Sakalava-Dörfchen von 4—10 Strohhütten, umgeben von einigen Hectaren Bananen- und Reis- pflanzungen. Unter den jetzigen Verhältnissen ist es für den Europäer unmöglich, sich hier, wie überhaupt in ganz Madagascar, zum Zwecke des Landbaues anzusiedeln. Zwar würden die Saka- lava sich wohl zum Verkauf von Ländereien verstehen, aber die Hova, welche laut Vertrag mit Frankreich, England und America als alleinige Besitzer von ganz Madagascar anerkannt werden, würden sofort Einsprache erheben, denn kein Ausländer darf Landbesitzer sein. Auch wäre es schwierig, die nöthige Anzahl Plantagenarbeiter zu erhalten. Die Sclaverei ist in Madagascar nominell aufgehoben (d. h. nur die Hova selbst besitzen noch Sclaven).. Wenn es dem Ansiedler wirklich gelänge, hinreichend freie Arbeiter zu engagiren, so würden dieselben, wie dies oft ge- schehen ist, sehr bald sämmtlich vom nächsten besten Hova-Gou- verneur zu „fanampoana“ (unbezahlte) Arbeit „für die Königin“ weggenommen — also in die Sclaverei geschleppt — werden. So vom 19. Februar 1880. 215 lange durch die Eifersüchteleien europäischer Mächte (und theil- weise auch diverser Missionsgesellschaften) solche Missstände ge- radezu gefördert werden, kann natürlich an ein Aufblühen der in so vielen Distrieten überaus reichen und vielversprechenden gros- sen Insel nicht gedacht werden. Die naturhistorische Ausbeute am Semberäno ist zu meiner Zufriedenheit ausgefallen, neben Botanischem erlangte ich beson- ders mehrere seltnere Vogelarten, so unter anderen: Alectroenas madagascariensis, Charadrius tenellus, Rallus gularis, Parra albi- nucha und Sarcidiornis africana. } Bestimmung der Meereshöhe des Berg-Gipfels auf Nosi-Koöomba (NW. Madagascar) von J. M. Hildebrandt. ‘7. Dee. 1879 Wetter klar, wie auch vorige Nacht. Seestrand 5 Uhr Morgens: 1) Barom. aner. Goldschmidt: 762,38" Temp. des Bar. ” 192997 ©: Bufttemperatur 9... 723%. C. Bi Ey Therm. Lenoir Nr. 8: 100,23° C. 5 5 2 S,irühexex z,1001223,0, Gipfel (Veranda des Landhauses des Commandanten von Nosi-be) 7*#° Morgens: Barom. aner. Goldschmidt: 712,3" Temp. d. Bar. 4 25.3R.C. Eaniktemperatur . . . . 25°C. 1) Dieses Barometer ist von Hın. Asmus am Kais. hydrogr. Bureau geprüft. 2) Thermom. Lenoir Nr. 8 habe ich auf dieser Be zum ersten Male in Gebrauch, während Lenoir „frühere“ bereits alle meine africanischen Rei- sen mitmachte. Vgl. über dasselbe Bestimmung des Tingidjüu (Johanna) in Zeitschrift d. Ges. für Erdkunde 1876. Bd. 11. S. 49. Ich habe dasselbe am 7. Febr. 1879 mit dem Hypsometer des K. hydrogr. Bureaus verglichen, es ergab, wie folgt: Therm. des hydr. Bureaus Lenoir 99,94 99,84 99,86 99,80 So viel ich hörte ist es fraglich, ob das Therm. des hydrogr. Bureaus einen Normalstand hat, 216 Gesammtsitzung Kochpunet Therm. Lenoir Nr. 8: 98,33° ©. % n Salny„fkühere*:,98,42°.0; " e ilN48:03it: ».: „frühere“: .98,40°.C. Sssgand ae 3 \Ulns Noeckma Barom. aner. Goldschmidt: 761,6” Temp. d. Bar. . 28° C. Lufttemperatur... . ......21. 60 Kochpunct Lenoir Nr.: 100,08° C. „4 sg hkülhere“:: 100.015,0, ” Hr. Dr. O. Kersten hat die Güte gehabt, darnach die fol- sende Berechnung zu veranstalten: Beobachtet wurden ein Aneroid (Goldschmidt) und zwei Siede- thermometer (Lenoir 8 und ein früher von H. gebrauchter Lenoir ohne Nummer), und zwar am Meeresstrande früh und Nachm. 5 Uhr, auf dem Gipfel des Berges aber früh gegen 8 Uhr. Beobachtet wurde: am Strande Aneroid Lenoir 8 Lenoir O0 5 Vorm. 762,8 766,28 (red. auf Quecksilberdruck) 766,01 hu Nachm. 761,69 7762,18 762,7 a +1,0 | net Temperatur am Strande reducirt auf S® Vorm. = 2594 C. Die Vormittagsmessung kann als dem mittleren Barometer- stand des Tages entsprechend angesehen werden, die Nachmittags- messung muss um 1,0%” vergrössert werden, um diesem Mittel gsleichzukommen. Hiernach würde, dem Aneroid zufolge, der Luft- druck nahezu gleichgeblieben, dem Siedethermometer nach indessen gefallen sein, und zwar um ziemlich 3 Millimeter. Letzteres ist nicht recht wahrscheinlich; daher ist anzunehmen, dass bei der letzten Siedepunet-Bestimmung nicht genügend oder unter ungün- stigen Umständen ‚gekocht wurde, so dass nicht die ganze, dem herrschenden Luftdrucke entsprechende Siedehitze erreicht wurde. Ich benutze daher nur die am Vormittag gemessenen Barometer- stände zur Vergleichung, zumal diese sich auch zeitlich sehr nahe liegen. | vom 19. Februar 1880. 917 Beob. Sa dem Bergesgipfel, gegen 8 Uhr Vormitt (Temp. 2590 C.): 5 Aneroid Lenoir 8 Lenoir O0 (Mittel aus 2 Obs.) 712,3 715,75 (red. auf 717,8 Quecksil- berdruck) —0,8 —0,8 —0,8 zur Re- duetion auf das Tagesmittel Berg, corrigirt 711,5 15,0 717,0 Strand 762,8 RE 766,3 q. Obs.) 766,0 (1.Obs.) Mittel s bei 2594. oben Barom.-Differenz 51,3 Mm. 91,3 Mm. 49,0 Mm. Höhen über dem Meer 609 Meter 606 Meter 578 Meter 1993 engl. Fuss 1988 engl. F. 1897 engl. F. im Mittel 898 Meter — 1961 engl. Fuss. Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über neue oder weniger bekannte Amphibien des Berliner Zoologischen Museums. (Leposoma dispar, Monopeltis (Phractogonus) jugularis, Typhlops depressus, Leptocalamus trilineatus, Xenodon punctatus, Elapomorphus erythronotus, Hylo- mantis falla«). PHoLIDOTA (REPTILIA S. S.). LACERTILIA. 1. Leposoma dispar n. sp.!) L. supra fuscum nigropunctatum, bilineatum, subtus albidum ; squa- | mis ventralibus subquadrangularibus. | Habitatio: Caceres (Nova Granada). !) Die erste Bildung Leposoma Spix ist von Wagler als incorreet in Lepidosoma umgeändert worden. Da aber neben Aerıs auch die Form Atmog vorkommt, kann der Spix’sche Name nicht verworfen werden. 213 . Gesammtsitzung In der Gestalt ähnlich dem Z. seincoides Spix und obere Kopfschilder ebenfalls mit länglichen Rauhigkeiten versehen. Inter- nasale breiter als lang, hinten stumpfwinkelig und nicht concav an die beiden Präfrontalia stossend. Frontale hexagonal, an den Seiten concav, jederseits an die zwei vorderen der drei Supraorbi- talia, hinten an die pentagonalen Frontoparietalia stossend; Inter- parietale kürzer als bei jener Art, heptagonal. Nasale deutlich pentagonal, hinten und oben mehr abgeschnitten wegen des oberen Frenoorbitale, welches merklich grösser ist als bei jener Art. Jederseits 6 Supra- und 6 Infralabialia, von denen das letzte klein ist. Hinter dem einfachen Submentale, anstatt drei, vier Paar Sub- mentalia. Keine Jugularfalte, aber eine vollständige, nicht wie bei jener Art unterbrochene Querreihe kleiner Schuppen von einer Ohröffnung zur anderen. Unteres Augenlid beschuppt. Schläfen- schuppen gekielt, rhomboidal oder hexagonal, ähnlich wie bei jener Art, während die Schuppen des Seitenhalses hinter der mässig grossen Ohröffnung nicht kleiner und granulirt, sondern grösser und ebenfalls gekielt sind. Die Zähne und Zunge sind, wie ich sie von jener Art beschrieben habe (ef. Abh. phys. Cl. Kgl. Akad. d. Wissensch. Berlin. 1862. p. 192); die vorderen der ersteren sind ein-, die hinteren zwei- bis dreispitzig, und die Zunge hat eine feine doppelte Spitze. Die Körperschuppen sind sämmtlich gekielt, aber merklich breiter und daher weniger lanzettförmig als bei Z. scincoides; die an der Kehle sind am kleinsten und ebenso wie die des Rückens, der Körperseite und der Analdecke hinten zugespitzt, während die der Brust und des Bauches den hinteren Rand abgerundet oder ab- gestutzt zeigen, der von einer Spitze, der Verlängerung des Kiels, überragt wird. Die Kiele der Seitenschuppen steigen nach hinten und oben in die Höhe. Wie bei jener Art bilden die Schuppen von den Submentalschildern bis zum After 33 Querreihen, die der Körpermitte 23 bis 24 Längsreihen. Der Schwanz ist mehr als doppelt so lang wie der Körper. Seine Schuppen sind oben und unten gekielt, aber weniger lanzett- förmig, mehr länglich hexagonal. Die vordere Extremität reicht bis an das Auge; die Länge der Finger nimmt von dem 1. bis 3. rasch zu, der 4. ist der läng- ste und der 5. etwas kürzer als der 3. Die hintere Extremität ragt nicht bis zu der vorderen; die Zehen nehmen schnell von der vom 19. Februar 1880. 219 1. bis 3. an Länge zu, während die 4. nicht so schnell zunimmt, aber doch noch die 3. merklich überragt; die 5. steht an Länge zwischen der 2. und 3. Die Krallen sind spitz und die Schuppen allenthalben gekielt. Oben dunkelbraun, schwarz punctirt, jederseits am Rücken eine helle von der Supraorbitalgegend entspringende Linie, während weiter hinten am Schwanze eine noch deutlichere weisse Linie von der hinteren Seite des Oberschenkels ausläuft. Die Seiten des Kopfes unter dem Auge und dem Trommelfell mit schräg nach hinten und unten herabsteigenden schwarzen Linien. Unterseite gelblichweiss. Länge bis Schwanzbasis 37"; Schwanz 71”®; vordere Ex- tremität 12%®; hintere Extremität 17m, Zwei, leider nur mässig erhaltene Exemplare aus Caceres am Cauca, Neu-Granada, durch Hrn. Th. Grosskopf. 2. Monopeltis (Phractogonus) jugularisn.sp. (Fig. 1.) M. oculo distincto, segmentis dorsalibus transversis 206, longitudi- nalibus 16 ad 19, ventralibus 14 ad 16, praeanalibus sex; segmentis pectoralibus utrinque 18. Habitatio: Africa occidentalis. Das Frontalschild ist kürzer und schmäler als das sehr scharf- randige, oben der Länge nach concave Rostrale. Jederseits in einem Winkel zwischen beiden ein trapezoidales Oculare mit dem deutlich durchscheinenden blauen Auge. Ein mittleres Supralabiale zwischen den beiden langen Nasalia; jederseits zwei lange niedrige Supralabialia und ein drittes viel höheres, an das Oculare stossendes. Mentale rundlich, hinten sich in den Ausschnitt eines herzförmigen Submentale hineinlegend; jederseits drei Infralabialia, von denen das dritte sehr gross ist. Sechs und dreissig jugulare (oder pec- torale) Segmente, welche durch eine mittlere Längsfurche, eine quere vordere und zwei hintere, mit ihrer Convexität nach hinten gerichtete bogenförmige Furchen getrennt werden. 16 bis 19 Längsreihen von Segmenten in der dorsalen, 14 bis 16 in der ventralen Körperhälfte; die der beiden mittelsten Reihen der letz- teren sind die breitesten. Sechs Segmente in der Präanalklappe; keine Präanalporen. Von dem Nacken an 206 Körperringe; am Schwanze 13 Ringel. In Weingeist gelblich, jedes Segment mit einem bräunlichen [1880] 16 220 Gesammtsitzung Fleck, der an den Segmenten des Rückens kleiner und dunkler als an den Bauchsegmenten ist. Totallänge 51°%; Kopf 23" ; Schwanz 29"; Körnendinke 22mm, Bemerkenswerth ist, dass diese afrikanische Gattung durch eine Knochenlücke zwischen der Mitte des Occipitale und Parietale, wie bei den Lacertilia, ausgezeichnet ist, während dieselbe bei Amphisbaena und Lepidosternon fehlt. Ein einziges Exemplar aus Westafrika, ohne genauere An- gabe des Fundorts; gekauft (M. B. Nr. 9636). SERPENTES. 3. Typhlops depressus n. Sp. T. capite depresso, collo latiore, margine rostrali rotundato, naribus inferioribus; rostrali supra elliptico, subtus angustiore; nasali subtus nasofrontali duplo latiore; cauda conica elongata; squamis corporis 22 seriatis; supra fuscus, subtus flavidus. Hobitatio: Insula Papuana Duke of York. Kopf abgeplattet, breiter als die Halsgegend, am Rande abge- rundet; Nasenlöcher unmittelbar unter dem letzteren liegend, von oben nicht sichtbar. Rostrale oben länglich elliptisch, unten ver- schmälert. Nasale unter dem Nasloch fast doppelt so breit wie das Nasofrontale; die Trennungslinie oberhalb des Nasloches nach oben und vorn steigend. Praeoculare hinten oben eingebuchtet, Oculare breiter mit deutlichem blauen Auge. Obere Kopfschuppen ziemlich gleich gross, die Postocularia etwas grösser. Nasale, Frontonasale und Praeorbitale stossen an das 2. Supralabiale, das Praeorbitale auch an das 3., welches mit dem grössten 4. das Ocu- lare von unten begrenzt. Körper merklich breiter als hoch, überall mit zwei und zwanzig Schuppen-Längsreihen. Der Schwanz ist verlängert, allmählich conisch zugespitzt. Oben dunkelbraun, die einzelnen Schupkeni an der Basis mit einem helleren bläulichen Querstrich; unten schmutzig gelb, Lippen- und Submentalgegend weisslich. Kopfschilder mit einer submargi- nalen hellgelblichen Einfassung. Totallänge 23,5%; Kopf 6,5%®; Schwanz 9"®; Körperbreite 4mm; Körperhöhe 2,5%, Ein Exemplar von der papuanischen Insel Duke of York, aus dem Museum Godeffroy. vom 19. Februar 1880. 221 4. Lepiocalamus trilineatus n. sp. (Fig. 2.) L. squamis 15-seriatis; supra olivaceus, lineis tribus flavidis. ' Habitatio: Brasilia. Kopf abgeflacht. Rostrale nach oben mit einem stumpfen Winkel vorspringend; Internasalia doppelt so breit wie lang und halb so lang wie die Praefrontalia. Frontale länglich dreieckig, an den Seiten convex. Parietalia sehr gross, hinten zugespitzt. Vor- deres Nasale höher als das hintere, welches mit einer stumpfen Spitze an das einfache Anteorbitale stösst. Zwei Postorbitalia und zwei lange Temporalia. 7 Supralabialia, von denen das 3. und 4. an das Auge stossen. Das Mentale stösst an das erste Paar Sub- mentalia, welche doppelt so lang sind wie die des zweiten Paars; 6 Infralabialia, von denen das 4. sehr gross ist. Hinterste Ober- kieferzähne länger und stärker als die vorhergehenden, ungefurcht. Körperschuppen spiegelglatt, ohne Endgrube, in 15 Längs- reihen. 145 Ventralia, ein getheiltes Anale, 41 Paar Subcaudal- schuppen. Oben olivenbraun, die Schnauze heller, das 5. Supralabiale und die aneinander stossenden Theile des unteren Postorbitale und des ersten Temporale so wie eine breite, das hintere Ende der Parie- talia mit einfassende Querbinde des Halses hellgelb. Drei gelbe dunkel eingefasste Längslinien, die mittlere längst dem Rückgrat, jede seitliche auf der drittletzten Schuppenreihe verlaufend. Die ganze Unterseite gelblich weiss. Totallänge 23%, Kopf 8"M, Schwanz 44m", Von Leptocalamus torquatus Günther (Ann. Mag. Nat. Hist. 1872. A. ser. IX. p. 17) durch 15 statt 17 Schuppenreihen, durch das nicht zusammenstossende erste Paar der Infralabialia und ver- schiedene Zeichnung, drei helle Längslinien statt einer dunklen Rückenlinie, verschieden. Ein Exemplar aus Brasilien. 5. Xenodon punctatus n. sp. (Fig. 3.) X. supralabialibus 8, 3. 4. etö. sub oculo; squamis 17- seriatis, anali diviso. Supra fuscus, nigrolineatus; capite albopunctato, li- nea supralabiali alba; subtus albus, nigromarginatus. Hoabitatio: Brasilia. 16 * 222 Gesammtsitzung Kopf convex. Rostrale nicht nach oben umgekrümmt. Inter- nasalia so lang, aber schmäler als die Praefrontalia. Frontale penta- gonal, wenig länger als breit. Parietalia um die Hälfte länger als das Frontale. Vorderes Nasale merklich länger als das hintere; Frenale trapezoidal, viel niedriger als das einfache hohe Anteorbi- tale. 2 Postorbitalia. Temporalia: zuerst ein sehr langes, dahinter ein kurzes unteres und ein langes oberes. 8 Supralabialia, von denen das 3. 4. und 5. ans Auge stossen. 7 Infralabialia, von denen das 1. mit dem der anderen Seite zusammenstösst und vier an die beiden Paare langer Submentalia stossen. Körperschuppen glatt, ohne Endporen, in 17 Längsreihen. 162 Ventralia, 1 getheiltes Anale, 42 Paar Subcaudalschilder. Oben dunkelbraun mit schwarzen Punktlinien; Kopf weiss punktirt; eine weisse Linie, von dem 1. Nasale beginnend, längs den Supralabialia. Unterseite weiss, Abdominalia an den Seiten schwarz und einzelne mit einem mittleren schwarzen Fleck. Totallänge 17°®; Kopf uU; Schwanz 26“. Ein einziges junges Exemplar aus Brasilien. 6. Elapomorphus erythronotus n. Sp. E. praefrontalibus cum internasalibus coalitis, anteorbitali nasale attingente, temporali nullo, supralabialibus utrinque senis. Supra testaceus, lateribus subtusque nigromaculatus, capite supra caudaeque apice atris. Habitatio: San Paulo (Brasilia). Praefrontalia mit den Internasalia vereinigt; Anteorbitale stösst mit dem langen Nasale zusammen; ein Postorbitale; sechs Supra- labialia, das 1. mit dem Nasale, das 2. mit dem Nasale, Anteorbi- tale und dem Auge, das 3. mit dem Auge und Postorbitale, das 4. mit dem Postorbitale, das 5. und 6. mit dem Parietale in Verbin- dung stehend, da kein Temporale vorhanden ist. Ein spitzdrei- eckiges Mentale; jederseits 7 Infralabialia, von denen das 5. das grösste ist, das 1. mit dem der anderen Seite hinter dem Mentale zusammenstösst; 5 Infralabialia stehen mit den beiden langen Sub- mentalia jederseits in Verbindung. 15 Längsreihen spiegelglatter Körperschuppen ohne Enndporen. 244 Ventralia, 4 Anale, 23 Paar Subcaudalia. Oberseite des Kopfes schwarz mit einem Nackenhalsband zu- sammenhängend. Rückseite (5 und 2 halbe Schuppenreihen) ziegel- “ Er 1 Ki Pr _ vom 19. Februar 1880. 228 roth. Schuppen der Körperseiten schwarz mit blassen Rändern. Ventralia am Halse gelb, weiterhin mit zwei schwarzen Quer- flecken; letztes Viertel des Schwanzes schwarz, an der äussersten Spitze weiss; Submentalia mit einem blassen schwarzen Fleck. Totallänge 40°%; Kopf 9%”; Schwanz 25%®; Körperdicke 5m, Ein Exemplar aus S. Paulo (Brasilien). Diese Art steht dem E. Orbignyi Dum. Bibr. aus Chili am nächsten. Sie unterscheidet sich durch das grössere mit dem Na- sale zusammenstossende Anteorbitale, 5 und nicht 4 mit den Sub- mentalia zusammenstossende Infralabialia und durch die verschie- dene Färbung, indem E. Orbignyi oben und an den Seiten roth ist, ein Halsband und die Bauchseite gelb hat. 7. Labionaris Filholi Brocchi, Bullet. Soc. Philom. Paris 1876 p. 94, ist nach Untersuchung des Originalexemplars durch Hrn. A. Strauch gleich Ogmodon vitianus Ptrs. Monatsb. K. Akad. Wiss. 1864. p. 274. Taf. 1. Fig. 4—4e. BATRACHIA. CAECILIAE. 8. Dermophis brevirostris Ptrs., Monatsber. Berl. Akad. 1874. p. 617. Taf. 1. Fig. 2; ib. 1879. p. 957 gleich Siphonops thomensis Bocage, Jorn. Sc. math. e nat. Lisboa. 1373. p. 224. Durch die Güte des Hrn. Barboza du Bocage habe ich eins seiner Exemplare von S. thomensis im Austausch erhalten und mich von der Identität beider Arten überzeugen können. Reste einer gelben Färbung an der rechten Seite des Kopfes lassen mich vermuthen, dass auch das von mir beschriebene Exemplar im frischen Zustande gelb gewesen ist. ANURA. Hylomantis nov. gen. Maxillarzähne, aber keine Zähne am Gaumen, sonst wie Hyla. Zunge herzförmig, Trommelfell deutlich; Tuben sehr eng. Keine Parotoiden. Finger und Zehen mit deutlichen Haftscheiben, letztere mit sehr entwickelten Schwimmhäuten. Querfortsätze der Sacralwirbel sehr verbreitert. Sternalapparat wie bei Ayla: Episternum wohl entwickelt, scheibenförmig, Sternum plattenförmig verbreitert, Epicoricoidalknochen am innern Ende verbreitert, so 224 | Gesammisitzung vom 19. Februar 1880. wie die schmalen Claviculae durch einen Mittelknorpel mit einander vereinigt. | 9. Hylomantis fallax n. sp. (Fig. 4.) H. supra caerulea vel caeruleogrisea, concolor vel nigromaculata ; utrinque linea supralabiali ad axillam extensa; subtus flavida. Habitatio: Australia orientalis. Schnauze zugespitzt, über das Maul vorspringend; Oanthi rostrales abgerundet. Naslöcher fast doppelt so weit von den Augen wie von der Schnauzenspitze entfernt. Zunge hinten wenig eingebuchtet. Choanen ganz an der Seite liegend, viel grösser als die kleinen Tubenöffnungen; Trommelfell frei, halb so gross wie das Auge, dessen Pupille horizontal gespalten ist. Schallblase des Männchens einfach, wie bei Ayla arborea. Brust glatt, mit vorspringender Querfalte, Bauch und Unter- schenkel granulirt. Finger frei, Haftscheiben klein, an dem ersten Finger fehlend; 4. Zehe merklich kürzer, aber viel länger als der 2. Finger. Die hintere Extremität ragt mit dem ganzen Fuss über die Schnauze hinaus. Schwimmhäute der Zehen sehr entwickelt, nur das letzte Glied der 4. Zehe freilassend. | Oben blau oder graublau, einfarbig oder schwarz gefleckt. Jederseits eine weisse Linie unter dem Auge beginnend, unter dem Trommelfell durchgehend, bis zu der vorderen Extremität gehend. Unterseite gelblich, Kehle schwarz punktirt. Totallänge 24””; Kopf 8”"%; Kopfbreite 8%%; vordere Extre- mität 14%”; Hand 6%; hintere Extremität 39”%; Fuss 16m. Aus Port Bowen, Mackay und Rockhampton. Erklärung der Abbildungen. . Monopeltis (Phractogonus) jugularis Ptrs. In natürl. Grösse. . Leptocalamus trilineatus Ptrs. 4mal vergrössert. . Xenodon punctatus Ptrs. 3mal vergrössert. . Hylomantis fallav Ptrs. In natürl. Grösse. 4a. Maul aufgesperrt, 4b. rechter Hinterfuss von unten; 4c. Sacralwirbel, in doppelter Kon Grösse. & 2 "Monatsbr. Berl. Ak Wissensch. 1. Monopeltis (Phractogonus) jugularis Pırs 2.Lepiocalamus Irilineafus Pırs 3.Xenodon punctafus Pırs. 4 Hylomantis fallax Pirs Gez.u. lith v. E.Duval Aunstanstali instaltv C.Böhm, Berlin Gesammtsitzung vom 26. Februar 1880, 225 26. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Rammelsberg las: Über molekulare Erscheinungen am Zinn und Zink. Berzelius hat in seiner bekannten Abhandlung über die Allo- tropie einfacher Körper!) auch des Zinns gedacht, ohne ver- ‚schiedene Zustände dieses Metalls bezeichnen zu können, wiewohl Er ja gerade in der Zinnsäure das erste Beispiel von Isomerie nachgewiesen hat. Die Krystallform des gewöhnlichen durch Schmelzen und Er- . starren erhaltenen Zinns kennen wir noch nicht, denn die An- gaben von Brooke und von Pajot, welche achtseitige und rhom- bische Prismen beobachtet haben wollen, sind allzu unsicher. Bekanntlich scheidet sich das Zinn in krystallisirter Form aus einer Lösung des Chlorürs aus, wenn dieselbe reducirt wird. Frankenheim beschrieb”) solche Zinndendriten, die sich unter 90°45' und einigen anderen Winkeln kreuzen und an den Enden oft zu schönen Quadraten ausgebildet sind. Danach hält er es für unzweifelhaft, dass das Zinn gleich Gold, Silber, Kupfer, Blei u. s. w. regulär krystallisire. - Aber erst W. H. Miller hat die Form des aus Zinnchlorür durch einen galvanischen Strom reducirten Zinns genauer bestimmt?). Danach ist es viergliedrig, und zwar herrschen das erste und zweite quadratische Prisma vor, während die Endigung durch zwei Oktaeder gleicher Ordnung gebildet wird, deren Endkanten durch die Flächen der entsprechenden Oktaeder zweiter Ordnung abgestumpft sind. Dabei stehen je zwei derselben in dem Verhält- niss, dass ihre Hauptaxen sich = 1:3 verhalten. Zwillinge sind sehr häufig. Miller liess es unentschieden, ob die von Franken- heim beobachteten Formen den seinen gleich oder regulär seien. Aber auch die von Brooke beschriebenen achtseitigen Prismen, die er selbst untersuchte, und welche angeblich von geschmolzenem 1) Pogg. Ann. 61, 1 (1844). 2) A.a. O. 40, 456 (1837). 3) Phil. Mag. III S. 62, 263. (Pogg. Ann. 58, 660.) 1843. 226 "'Gesammisitzung Zinn stammten, sind nach Miller wahrscheinlich dieselben, wie die der galvanischen Fällung. Und doch hat er selbst eine sehr wesentliche Verschiedenheit im V. G. gefunden, denn das galvanisch gefällte ist nach ihm — 7,178, das durch Schmelzen und Erstarren daraus erhaltene = 7,293. Im J. 1869 beschrieb J. Fritzsche in Petersburg eine eigen- thümliche und merkwürdige Veränderung, welche Blöcke von Banka- zinn in der strengen Kälte des russischen Winters erlitten hatten. Sie waren aufgebläht, blasig, und das Metall theils in eine stäng- lige Masse verwandelt, theils zu Pulver zerfallen. Dabei war die Farbe des Zinns eine graue geworden!). In einer am 10. März 1870 in der Petersburger Akademie gelesenen Abhandlung „über einen eigenthümlichen Molekular- zustand des Zinns“?) fasst Fritzsche seine Beobachtungen zu- sammen und sagt, er habe Zinn-während eines Winters der bis — 14° reichenden Kälte ohne Veränderung ausgesetzt; allein die- selbe sei ihm dann bei einer T. unter — 39° gelungen. Zugleich fand er aber, dass manches Bankazinn diese Veränderung schon bei — 14° erfährt. Als das zerfallene graue Zinn in heisses Wasser gebracht wurde, nahm es eine hellere Farbe an, und sein Volum verminderte sich; durch starke Kälte kehrte es in den früheren Zustand zurück. Wurde es geschmolzen, so hatte die Kälte den- selben Effekt wie früher. Auch von anderer Seite ist das zerfallene graue Zinn beob- achtet worden, so von Oudemans?) und in den Spandauer Ar- tilleriewerkstätten?). In Folge der Mittheilung einer Probe des zerfallenen Zinns durch Fritzsche gab ich eine kurze Notiz über das V.G. des Zions?). Ich hatte gefunden: das graue Zinn — 119 „ galvanisch gefällte == 7,166 „ zuvor geschmolzene — 7,310. I) Ber. d. d. chem. Ges; 2, 112 u. 540 (1869). 2) Mem. de l’Acad. d. St. Petersb. VIII Ser. T. XV. 3) Institut 1872, 142. #) Wiedemann in s. Ann. d. Phys. u. Chem. 2, 304. 5) Ber. d. d. chem. Ges. 3, 724 (1870). vom 26. Februar 1880. 3937 Ich hielt danach die beiden ersten für gleich und schloss auf eine Dimorphie des Zinns. In letzter Zeit beschrieb A. Schertel Zinn, welches in Form von Ringen in einem vermauerten Raum des Freiberger Doms 3—400 Jahre gelegen hatte, röthlichgrau, im Bruch stänglich und sehr brüchig geworden war. Er fand das V. G. weit niedriger, nämlich 5,781 bis 5,809. Aber auch eine Probe des von Fritzsche stammenden Zinns war nur wenig schwerer, nämlich 5,93 bis 6,02. Beide Arten nahmen in heissem Wasser eine helle Farbe an, ihre Dichte nahm zu, und wurde die des gewöhnlichen Zinns, d.h. nahe 7,350. Hiernach vermuthet Schertel, dass das von mir ge- prüfte graue Zinn (7,195) schon theilweise zurückverwandelt ge- wesen sei. Diese Vermuthung ist vollkommen begründet, weil ich, den Einfluss des heissen Wassers nicht beobachtend, das Zinn zur Ent- fernung eingeschlossener Luft vor der Wägung mit Wasser erhitzt hatte. Da Hr. Schertel die Güte gehabt, mir eine Probe seines Zinns mitzutheilen, habe ich die Untersuchung der Zinnmodifikationen jetzt in grösserer Ausdehnung wiederholt. A. Zinn von Fritzsche. — Verschiedene Wägungen des noch vorhandenen Restes gaben 6,8 bis 7,2, wobei ich bemerke, dass diese und alle folgenden Bestimmungen mittelst Pyknometern bei einer T. von 16° gemacht sind. Es wurde in einer Kältemischung 24 Stunden erhalten, wobei das Minimum — 24° war. Sein V.G. war nun 5,826 und 5,868, also im Mittel 5,847; es hatte mithin wieder den früheren Zustand angenommen. Wenn bei einem anderen Versuch und einer ähn- lichen Kältemischung das Zinn noch dunkler erschien, und sogar nur 5,604 wog, so möchte ich dies einer Bildung von Zinnoxydul zuschreiben, insofern solches Zinn beim Schmelzen in Wasserstoff Wasser und einen Gewichtsverlust, entsprechend 2,9 p. ©. Zinn- oxydul, ergab. Das so durch Abkühlen auf 5,38 gebrachte Zinn wurde im Luftbade auf 100°, später auf 200° erwärmt. Es wog nun 6,30 und 6,834, während das nicht abgekühlte, früher 6,8 bis 7,2 ge- fundene, den Werth 6,827 gab. | Hieraus sieht man, dass die Dichte des Fritzsche’schen Zinns von Schertel und von mir nahe übereinstimmend gefunden ist. Nicht aber das Verhalten in der Wärme, insofern der Erstere 228 Gesammtsitzung angiebt, es habe schon in Ätherdampf (35°) nach anderthalb Stun- den fast die Dichte des gewöhnlichen Zinns, nämlich 7,23 erlangt. B. Blockzinn in den Artilleriewerkstätten in Spandau in ähnlicher Art, wie das von Fritzsche beobachtete, umgeändert. Nach einer Mittheilung des Herrn Dr. Petri, dem ich das Material verdanke, lag dieses Zinn vor seiner Veränderung jahrelang im Magazin, und Kälte kann nicht die Ursache jener sein, da die Winter milde waren. | Die Farbe ist grau, die äussere Beschaffenheit ist überhaupt dieselbe wie bei A. Die Bestimmung des V.@G. erfordert die An- wendung der Luftpumpe, wobei eine reichliche Entwicklung von Luft aus dem groben Pulver stattfindet. Auf diese Art wurde 6,264 und 5,957 erhalten, wovon die letzte Zahl als sicherer gel- ten darf. Dieses Zinn wurde eine halbe Stunde in einer T. von 165° erhalten; sein V.G. war nun auf 6,683 gestiegen. Als es dann eine Stunde lang auf 190° erwärmt worden war, ergab sich das V.G. = 7,23, d.h. genau so, wie es Schertel bei dem vorigen, freilich schon in weit niederer T. gefunden hat. C. Freiberger Zinn. — Meine Wägungen gaben 5,770 — 5,809 — 5,821, im Mittel 5,80, während Schertel 5,78 — 5,81 gefunden hat. Auch dieses Zinn wurde nach längerem Erwärmen auf 200° gewogen. Es war weit heller geworden; sein V.G. fand sich 6,874 — 6,886 — 6,968, im Mittel = 6,91. Als dann das so be- handelte Metall einige Zeit in der Kältemischung gelegen hatte, war es bezüglich seiner Dichte unverändert geblieben. | Während ich bei diesem Zinn bis zu 200° nur den Werth 7 erhalten konnte, beobachtete Schertel am gleichen Material schon bei 59° in Acetondampf die Dichte des gewöhnlichen Zinns, näm- lich 7,279. D. Galvanisch gefälltes krystallisirtes Zinn. — Zehn Wägungen gaben: | 6,839 6,984 .: 6,850 6,988 6,930 6,998 6,947 7,090 6,973 7,090 oder im Mittel 6,969. vom 26. Februar 1880. 339 Ich habe früher 7,166 gefunden, Miller giebt 7,178, Trech- mann 7,136 an. Dieses Zinn wird weder durch Erwärmen auf 200° noch durch Abkühlung in seiner Dichte und seinem Ansehen verändert. Im ersten Fall wurden Werthe von 6,33 bis 6,91 erhalten. E. Gewöhnliches Zinn. — Die Bestimmungen sind an dem vorigen nach seinem Einschmelzen gemacht. 7,243 7,306 7,260 7,309 im Mittel 7,2795, während gefunden ist | 7,293 Miller, 7,291 Brisson, Kupffer, 7,290 Karsten. Fritzsche beobachtete an englischem Stangenzinn in der Kälte keine Veränderung, und dasselbe kann ich: vom Stanniol sagen. Ausser der Dichte müssen auch andere Eigenschaften bei den Zinnmodifikationen verschieden sein. Bezüglich des Schmelz- punkts wird es schwer sein, zu einem Resultat zu gelangen, weil, wie ich fand, das galvanisch gefällte sich mit einer dünnen oxy- dirten Schicht bedeckt, welche die Beobachtung unmöglich macht. Anscheinend besser lässt sich die Einwirkung von Ohlor- wasserstoffsäure vergleichen. Gewöhnliches Zinn in sehr feinen Körnern und galvanisch gefälltes wurden unter sonst gleichen Be- dingungen mit der Säure behandelt, wobei sich fand, dass in gleichen Zeiten von jenem 4 p. ©., von diesem 47 p. C. aufgelöst waren. Allerdings kommt dabei die nicht gleiche Oberflächengrösse beider in Betracht. Nach dem angeführten müssen drei Modifikationen des Zinns unterschieden werden: 1) Graues zeib 2) Viergliedrig krystall. = 7,0 3) Zuvor geschmolzenes = 7,3. Die erste geht beim Erwärmen unterhalb des Schmelzpunkts in die zweite und unter Umständen in die dritte über. Die zweite wird weder durch Wärme noch durch Kälte verändert. Aber auch die dritte Modifikation verhält sich verschieden. Denn nicht jedes Zinn wird durch Kälte verändert, und Schertel fand neben den grauen Ringen auch 5 unveränderte. 230 Gesammtsitzung Die Ursache des Zerfallens und Grauwerdens kann auch nicht, wie schon bei B. bemerkt, ausschliesslich in hohen Kälte- graden gesucht werden; denn was auch der Grund bei dem Frei- berger Zinn gewesen sein mag, grosse Kälte war es gewiss nicht. Schon vor 30 Jahren machte OÖ. Erdmann auf eine ganz ähn- liche Veränderung alter Orgelpfeifen aufmerksam!), welche 4 p. C. Blei enthielten, und äusserte die Vermuthung, dass die vielfachen Schwingungen, denen das Metall im Laufe der Zeit unterworfen, die Ursache sein könnte, indem er dabei an analoge Änderungen in der Struktur des Schmiedeeisens erinnerte. Ich fand das V. G. einer solchen Legirung = 7,355 und, nachdem sie in einer Kältemischung gelegen, 7,388, also unver- ändert. Vor kurzem beschrieb Trechmann Krystalle von den Corn- waller Zinnhütten?), welche ein V. G. = 6,5 haben und zwei- gliedrig sind. Er hält sie für eine neue Form des Zinns und behauptet, sie beständen aus fast reinem Zinn. Allein ihr Verhal- ten in der Hitze und vor dem Löthrohr sprechen dagegen und lassen der Vermuthung Raum, dass sie eine Wolframlegirung seien. Zink-- Das Zink ist weder spröde, wie Antimon und Wismuth, noch geschmeidig, wie Zinn und Blei, und der Grund ist wohl seine in der Regel deutlich entwickelte blättrige Krystallstruktur. Aber es ist besonders dadurch merkwürdig, dass es bei T. zwischen 100° und 150° viel geschmeidiger ist, weshalb beim Walzen von Zink- blech solche höhere T. zur Anwendung kommt. Abgesehen hiervon ist aber die Art des Schmelzens und der Abkühlung von merklichem Einfluss auf die Geschmeidigkeit und andere Eigenschaften des Zinks. Mentzel beobachtete, dass Zink, in starker Hitze geschmolzen, immer spröde ist, dass aber wenn man dem flüssigen vor dem Ausgiessen festes hinzufügt, die T. also auf 400— 430° erniedrigt, das Metall dehnbar und weicher ist. 1) J. f. pr. Chem. 52, 428 (1851). ?) The Min. Mag. Decbr. 1879. 186. vom 26. Februar 1880. 231 Dieser Gegenstand ist schon vor längerer Zeit von Bolley einer Prüfung unterzogen worden!). Er schmolz Zink bei ver- schiedenen Hitzgraden und liess es in verschiedener Art erstarren. A. Nahe dem Schmelzpunkt ausgegossen; a) langsam, b) rasch abgekühlt. B. Nahe der Glühhitze ausgegossen; a) langsam, b) rasch abgekühlt. Zunächst bestimmte er das V. G.: Minim. Maxim. Mittel N. 2) 7,061 2.191 7,145 b) Ü,ol 7,201 A672 B. a) 7,030 7,171 7,120 b) 7,030 2 2109 Bolley glaubte, dass die Werthe von A wirklich grösser seien als die von B., d.h. dass das bei gelinder Hitze geschmol- zene Metall ein grösseres V. G. habe. Indessen glaube ich nicht, dass dieser Schluss aus Bolley’s Versuchen zu ziehen ist, denn die Differenz der Minima ist 0,125, die der Maxima 0,050 und die der Mittel 0,069, also sehr gering, und die Abweichungen treffen überhaupt erst die zweite Decimale, deren Sicherheit wohl nicht zu verbürgen ist. Sodann untersuchte Bolley die Geschmeidigkeit des Zinks und fand, dass A. (das in schwacher Hitze geschmolzene) sich ziemlich gut walzen liess, während B. (das glühend ausgegossene) nach allen Richtungen zerriss. Nach De la Rive löst sich eisenhaltiges Zink in Säuren leichter auf als reines. Bolley fand, dass auch reines Zink je nach den Umständen sich in dieser Hinsicht verschieden verhält. Er behandelte gleiche Mengen unter gleichen Umständen mit ver- dünnter Schwefelsäure und fand, dass von 100 Th. aufgelöst wurden: von A. a) 42,5 aaa Ge 5) ag 4 a 5 Nach Belsy ist also das Zink A. dasjenige, welches körni- sen Bruch, grössere Dehnbarkeit und geringere Löslichkeit (nach ihm wahrscheinlich auch ein grösseres V. G.) besitzt. !) Ann. d. Chem. u. Pharm. 95, 294 (1855). 232 Gesammtsitzung Schon vor Jahren habe ich Bolley’s Versuche in dem Labo- ratorio der Gewerbeakademie wiederholen lassen, und die Resul- tate ganz kurz mitgetheilt!). Die damals erhaltenen Zahlen für die V.G. A.) er 1,128 Bitay == 7101 by == 74147 BEST welche sich in den Grenzen der von Bolley gefundenen bewegen, berechtigten nicht, constante Verschiedenheiten anzunehmen. Bei der Einwirkung von verdünnter Schwefelsäure betrug die anfgelöste Menge: A. a) 74,1 sa) bosl by) 7933 by). us. Hieraus musste-ich schliessen, dass nicht die T. beim Schmel- zen und Ausgiessen, wie Bolley meint, sondern die Art der Er- kaltung die Verschiedenheit bedinge. Rasch abgekühltes Zink löst sich langsamer auf.: Diese Versuche sind später mit weit grösseren Mengen (zu jedem Versuch mindestens 10 Kilo Zink) wiederholt worden. Das Metall war käufliches schlesisches Zink, welches nur sehr geringe Mengen Blei und Eisen enthält. Auch jetzt wurde wie früher das Metall entweder nur wenig über seinen Schmelzpunkt hinaus erhitzt (A.) oder zu lebhafter Rothgluth gebracht (B.) und dann im einen wie im anderen Falle entweder sehr langsam (a) oder sehr schnell (b) abgekühlt. Was zuvörderst das V. G. dieser vier Proben betrifft, so er- gab sich: Minim. Maxim. Mittel Ye De 1 0, 7,194 7,159 b ern ze B. a) = 7,197 710 7155 bo 150° 1118. Man sieht, dass auch hier die Differenzen der Mittel erst in der zweiten Decimale sich zeigen wie bei meinen früheren und bei Bolley’s Versuchen. Man darf also wohl sagen: die Dichte des erstarrten Zinks ist weder von der Art des Schmelzens noch des Abkühlens abhängig. 1) Lehrb. d. chem. Metallurgie. Zweite Aufl. S. 202 (1865). vom 26. Februar 1880. 283 Dabei mag erwähnt sein, dass die früheren Werthe: 6,915 Karsten, oder 6,86 Brisson wohl deshalb zu klein sind, weil man die Hohlräume des erstarrten Metalls unbeachtet liess, denn auch Matthiessen hat die Dichte des Zinks bei 14—15°5 = 7,14 bis 7,15 gefunden, und ich selbst habe früher 6,5—6,9 erhalten, wenn grössere Fragmente angewendet und sie nicht durch Auskochen mit Wasser von Luft befreit waren. Bei diesen letzten Versuchen wurde ferner das Verhalten der vier Proben beim Walzen untersucht; die a (langsam abgekühlt) gaben bei gewöhnlicher T. ziemlich gute Resultate, während die b im hohen Grade spröde und rissige Bleche lieferten, genau so wie ich früher gefunden hatte. Rasch abgekühltes und erstarrtes Zink ist also weit spröder als langsam gekühltes, während Bolley dieselbe Verschiedenheit aus der T. des flüssigen Zinks herleitet. Endlich wurden die vier Proben unter ganz gleichen Umständen _ mit verdünnter Chlorwasserstoffsäure behandelt. Dabei lösten sich von 100 Th. A. a) 14,8 B. a) 14,0 b)an 2,9 b). ;8,0 auf. Wiederum zeigt sich in Uebereinstimmung mit den früheren Versuchen, aber entgegen den Angaben Bolley’s, dass das rasch erstarrte Zink sich in Säuren weit schwerer löst. Nach dem Gesagten handelt es sich hier nicht um molekulare Modifikationen. Wir finden nur, dass der schnelle Übergang aus dem flüssigen in den festen Zustand die Sprödigkeit des Metalls erhöht und demselben eine gewisse Passivität ertheilt. EBENEN Rs an TEE SAETERESEERTEE rare Im Februar 1380 hat die Akademie die folgenden correspon- direnden Mitglieder ihrer physikalisch-mathematischen Classe durch den Tod verloren: Hrn. A.-J. Morin in Paris, gestorben am 7. Februar, und Hrn. Ludwig Moser in Königsberg, gestorben am 22. Februar. Verzeichniss der im Monat Februar 1880 eingegangenen Schriften. Verhandlungen der K. Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher. Bd. XIV. Halle 1878. 4. Leopoldina. Herausgegeben von ©. H. Knoblauch. Heft XVI. N.1.2. Halle 1880. 4. Abhandlungen der math.-phys. Classe der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften. Bd. XII. N. II. III. Leipzig 1879. 8. Sitzungsberichte der mathematisch-physikalischen Classe der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München. 1879. HeftIV. München 1879. 8. Schriften des naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein. Bd. II. Heft 2. Kiel 1880. 8. Sitzungsberichte der physikalisch-medicinischen Societät zu Erlangen. Heft 11. Erlangen 1879. 8. Verhandlungen der physikalisch-medicinischen Gesellschaft in Würzburg. Neue Folge. Bd. XIV. Heft 1. 2. Würzburg 1880. 8. Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang Il. 1879. Heft I-IV. Stuttgart 1879. 4. Bericht der Wetterauischen Gesellschaft für die gesammte Naturkunde zu Hanau über den Zeitraum vom 13. December 1873 bis 25. Januar 1879.. Hanau 1879. 8. Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. IX (1880). Heft 1. Berlin 1880. 8. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen-Wesen im Preussischen Staate. Bd. XXVII. 2. Statist. Heft. Berlin 1879. 4. Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den Deutschen Küsten über die physi- kalischen Eigenschaften der Ostsee und Nordsee und die Fischerei. Jahrg. 1879. Heft VIII. IX. Aug. & Sept. Berlin 1879. 4. Eingegangene Druckschriften. Februar 1880. 235 Königliche Museen zu Berlin. — Verzeichniss der Aegyptischen Alterthümer und Gipsabgüsse von R. Lepsius. — Beschreibung der Wandgemälde in der Aegyptischen Abtheilung von R. Lepsius. — Verzeichniss der en abgüsse. Kleine Ausgabe. Berlin 1879. 1880. 8. W.Pertsch, Die Arabischen Handschriften der Herzogl. Bibliothek zu Gatha. Bd. II. Heft 2. . Gotha 1880. 8. Bericht über die im Jahre 1879 den et Sammlungen zugegangenen Geschenke. Gotha 1880. 4. Geologische Specialkarte von Öst- und Westpreussen. Bl. 14. Heiligenbeil. 1 Bl. £ol. a A.Hillebrandt, Das Altindische Neu- und Vollmondsopfer in seiner ein- Fachsten Form. Jena 1879. 8. J. M. Hildebrandt, Von Mombassa nach Kitui. Sep.-Abdr. 8. Th. Ritter von Oppolzer, Über die Berechnung der wahren Anomalie in nahezu parabolischen Bahnen. München 1879. 4. Sep.-Abdr. Sitzungsberichte der math.-naturw. Olasse der K. Akademie der Wissenschaf- ten in Wien. Jahrg. 1880. N. II. IH.IV. Wien. 8. | Archiv für vaterländische Geschichte und Topografie. Jahrg. XIV. Klagen- furt 1878. 8. | Carinthia. Zeitschrift für Vaterlandskunde. Jahrg. 69. Klagenfurt 1879. a G. Ritter von Wex, Zweite Abhandlung über die Wasserabnahme in den Quellen, Flüssen und Strömen. Wien 1879. 4. Sep.-Abdr. Übersicht der Akademischen Behörden etc. an der K. K. Universität zu Wien für das Studien-Jahr 1879/80. Wien 1879. 4. 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DÜMMLER’S VERLAGS -BUCHHANDLUNG e ! ” HARRWITZ UND GOSSMANN. i bu Fo MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. März 1880. Vorsitzender Secretar: Hr. Mommsen. 1. März. Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse. Hr. Websky las: Über die Berechnung der Elemente einer monoklinischen Krystall- Gattung. Die Berechnung der krystallographischen Elemente für eine bestimmte monoklinische Krystallgattung bietet im einzelnen Falle keine besonderen Schwierigkeiten dar; aus diesem Grunde scheint die allgemeine Beantwortung der Frage, unter welchen Umständen diese Aufgabe zur Lösung gelangt, noch nicht ins Auge gefasst zu sein. | Da die Elemente für ein monoklinisches Krystallisations - Sy- | stem in drei singulären Dimensionen bestehen, nämlich in dem Verhältniss der Axeneinheiten a:ce,b:c und dem Axenwinkel | B= 90°, so müssen, behufs Berechnung der Elemente, drei gemes- _ sene, von einander unabhängige Neigungen als Fundamental-Bögen zwischen symbolisirten Flächen in Rechnung gestellt werden. Gegenüber der analogen Aufgabe im triklinischen System (Mon. Ber. 1879. S. 350), welche die Combination von fünf Nor- malen-Bögen fordert, wird im monoklinischen System der Raum von drei Normalen-Bögen dadurch beherrscht, dass der Begriff des letzteren Systems das Vorhandensein einer bestimmten, ausgebildeten [18so] 18 | ; 240 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse oder möglichen Fläche voraussetzt, welche auf einer Zonenaxe senkrecht steht, und daher neben den drei singulären Bogenwerthen mindestens noch zwei Normalen-Bögen von 90° aufkommen, welche die Zahl fünf wieder vollständig machen. Diese so vorausgesetzte Fläche erhält, um die Symmetrie des Systems durch isoparametri- sche Symbole an symmetrisch liegenden Flächen zum Ausdruck zu bringen, ein Hexaid- Symbol und zwar conventionell das von b=[ooa:b:ooc], so dass die auf 5 senkrechten Flächen mit a | Symbolen von der Form e„,= —:ooeb:c zu belegen, aus ihnen Ag auch die beiden anderen Hexaid-Flächken «= [a:»ob:ooc], c=[®a:oob:c] zu wählen sind; für die übrigen Flächen ausser- halb der Zone [aec] und der Position 5 verbleiben Symbole von b b ab Ze a der Korm — -:-2e, — 02 2:0, > 00 C. RM v 1a V Die drei erforderlichen Fundamental-Bögen können entweder zwischen drei Flächen in drei Zonen oder zwischen vier Flächen, in zwei Zonen aneinander anschliessend, gefunden werden; man ist aber, wie sich in der Folge herausstellen wird, nur im Stande, für zwei dieser Flächen innerhalb der bereits limitirten Grenzen will- kürlich Symbole zu wählen; um den Complex der Fundamental- Bögen vollzumachen, kann man zur dritten und vierten Fläche nur solche wählen, deren Symbole durch die gewählten zwei und durch die Beziehungen zur Fläche b und die Zone [aec] ganz oder theilweise bedingt sind. Weil aber die besagten drei Fundamental-Bögen immer unter Bezugnahme auf zwei (und mehr) ausserdem vorhandene rechte Winkel verwerthet werden, kann man auch Combinationen von vier und fünf Bögen aufstellen, welche zu den Elementen führen. Bevor man an die Berechnung der Elemente einer monoklini- schen Krystallgattung gehen kann, muss am concreten Krystall die Existenz der Fläche 5 oder die Möglichkeit ihrer Lage als grade Abstumpfung einer Kante zwischen gleichartigen Flächen, oder als Fläche senkrecht auf alle Flächen einer Zone, die dadurch den Character [aec] erhält, nachgewiesen und damit die Auffassung der Krystallgattung als eine monoklinische motivirt sein. Es geschieht dies allemal durch die goniometrische Aufnahme der zunächst unbestimmt — etwa durch Nummern — bezeichneten REDE PEN N vom 1. März 1880. 241 Flächen des concreten Krystalls nach Zonen. Aus dem lediglich empirisch zu findenden Umstande, dass in gewissen, zum vollen Kreise complettirten Zonen aus aneinander liegenden Normalen- Bögen oder deren Hälften vier rechte Winkel zusammengelegt wer- den können, an deren Positionen sich die Normal-Bögen der Zone symmetrisch anlehnen, erkennt man die Zone als eine symmetrische und kann die Flächen oder möglichen Flächenpositionen, in deren Normalen die rechten Winkel aneinander stossen, als Symmetrie- Ebnen der betreffenden Zone bezeichnen. Die mindestens zwei oder einer unbegrenzten Anzahl als symmetrisch erkannten Zonen gemeinschaftliche Symmetrie-Ebne ist dann Symmetrie-Ebne des Krystalls, und wenn am concreten Krystall nur eine einzige Flächen- richtung dieser Qualität aufzufinden ist, der Krystall ein solcher des monosymmetrischen oder monoklinischen Systems; diese Fläche erhält dann die conventionelle Bezeichnung 5b = [ooa:b:ooc], die anderen, nicht in eine Richtung zusammenfallenden Symmetrie- Ebnen der einzelnen Zonen bilden die Hexaid-Zone [aec], welche eine singuläre Stellung einnimmt; von den übrigen Zonen haben noch die symmetrischen, in welchen allemal die Fläche 5 belegen ist, besondere Eigenschaften. In Zone [aec] können, so lange Symbolisirungen nicht statt- gefunden haben, zwei Flächen mit Symbolen von der Form Ei sb:e willkürlich, eine dritte nur unter Berücksichtigung kr der concreten Reihenfolge (Mon. Ber. 1879. p. 351) belegt werden; diese Zahl vermindert sich aber in dem Maasse, als durch andere Symbolisirungen gewissen Positionen der Zone [aec] bestimmte Symbole erwachsen. Es wird nämlich durch die Wahl eines Sym- bols für eine nicht in Position 5 und der Zone [aec] belegene Fläche b | = = —:c die symmetrische durch 5 gehende Zone [bg] karac- EP terisirt und damit die im Durchschnitt dieser mit der Zone [aeec] A a ß belegene Position e, als = —: oob:c bestimmt. 4ı In den symmetrischen durch 5 gehenden Zonen kann vor Ein- tritt anderer Symbolisirungen nur eine nicht in b und nicht im Durchschnitt mit der Zone [aec] belegene Fläche unter Ausschluss 187 242 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 2 “ | der Bezeichnung als = —: oob:cund = oa:b:ooec, sonst will- x kürlich symbolisirt werden, nicht aber eine zweite, weil mit An- nahme des Symbols für eine Fläche g = = Er c in der Zone [d 9] 1424 drei Flächen b,g und & = “:oob:e symbolisirt sind. Ist in Aı Zone [aec] bereits eine Fläche e; = © oob:e willkürlich symbo- MM; b lisirt, so kann in der Zone [be] eine Fläche k— 2: :e Ms .V5 b nur im Schnitt — willkürlich symbolisirt werden; in jeder ande- v; ren symmetrischen Zone steht es aber unter gleichen Umständen frei, für beide Axenschnitte in Axe OA und OB die Üoäfficienten willkürlich zu wählen. Sobald aber in Zone [aec] zwei Positionen &, € Symbole erhalten haben, kann in einer symmetrischen nicht b durch e, oder e; gehenden Zone eine Fläche g = 2, 2:e willkür- Mı Pı SEN ee h lich nur im Schnitt —, dagegen im Schnitt — nur im Sinne der V] 4 concreten Reihenfolge von e,,e,e, symbolisirt werden. Haben in Zone [aec] drei Positionen feste Symbole, dann ist der Coäfficient b 4 abhängig von diesen und nur — willkürlich wählbar. E Weil in der Zone [dge,] der Bogen be, = 90° ist und 5 die Eigenschaft einer Säulenfläche der Zone besitzt, geht (Mon. Ber. 1876. S. 10) die bei Rechnung der Bögen ab 5 f | Va — vg De OEL — me cotyı — —— 001% vg — v1 vg — »ı lautende Zonengleichung, wenn für n, der Bogen be, — 90° und dem entsprechend v, = 0 gesetzt wird, über in die Form der Glei- chung für eine symmetrische Zone v3, cotYı co = 5 1 diese besagt, dass die Beziehung zwischen den variablen Axen- b | | schnitten — und den Bogenabständen ab 5 durch die Angabe eines v3 } v x ee A vom 1. März 1880. . = 243 einzigen Bogenabstandes von b aus gemessen, gegeben ist, mit der Symbolisirung einer Fläche also die Symbole aller übrigen Flächen der Zone von ihren Bogenabständen abhängig gemacht sind. Wird b 5 für die Fläche g = he ein Symbol gewählt, so ist im An- | = 1 schluss an dasselbe in der Zone [bge,] nur eben der Bogen by, der auch in der Form eg = 90° — bg oder 99 = 2 (90° — by), :c bedeutet, gefunden werden kann, als Funda- je 4 wo =; 9. u mental-Bogen verwerthibar; kein anderer Bogen der Zone, beispiels- weise der Bogen zwischen g = 2; N >c,und A — = ” :c, kann we- Mı Yı Mı va gen der Abhängigkeit des Werthes v, von dem Verhältniss der Bögen bg,bf zur Bildung einer Zonengleichung an sich benutzt werden. Wohl aber kann man, wenn neben dem Bogen fg ein Bogen bg resp. e,9, 99 approximativ gemessen und aus diesem und dem gewählten Coöfficienten v, der Werth v, empirisch bestimmt und im Sinne der Rationalität der Axenschnitte verbessert ist, nunmehr den Bogen gb in einer dem gemessenen Bogenstück /g genau ent- sprechenden Grösse angeben, so dass indirect das gefundene Bogen- mass fg als Fundamental-Bogen verwendbar ist. Kann wegen mangelnder Ausbildung von 5b,e,,d resp. f der Bogen bg resp. bf zu diesem Behuf nicht herbeigezogen werden, so genügt auch das Maass der von 9 und / nach einer in Zone [aec] belegenen, sonst unbekannten Fläche e; gehenden Bögen ge;, je, um durch Auflösung der Dreiecke fge; , ge,e; resp. fees ge- näherte Werthe für e,g resp. e,f zu finden. Die Zonenkreise aller symmetrischen Zonen schneiden den Kreis der Zone [aec] rechtwinklig. Ei Alle anderen Zonen gehen durch je zwei Flächen, deren Sym- bole die Form g = ER Be 0 :c haben, so zwar, dass Pı vı Ba v),%5>0 und < oo gemeint ist. Durch eine gleichzeitige will- kürliche Wahl zweier solcher Symbole werden sechs weitere Posi- tionen mit Symbolen belegt, nämlich, Fig. 1, je zwei in jeder durch sie gehenden symmetrischen Zone, 244 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Fig. 1. er SD: Mı A 7 Aal 4, ==: c Kkı —Pı & = — :o0ob C Ma = b h=-: :E Ma Va und zwei im Durchschnitt der Zonen [oh] [rg] Taec] und [gr] [rg]leec] , nämlich a „tv Az Volkı + VıMy a Doyle a = -:obice= ———.giob:c. Ma VaAı — VYılı \ Fi vom 1. Marz 1880. 245 Da auf diese Weise in Zone [aec] vier Positionen e; , &,e,& gleichzeitig Symbole erhalten, im Allgemeinen aber in einer Zone nur drei Flächen willkürlich symbolisirt werden dürfen, so wird, wenn eine willkürliche Wahl der Symbole für g und A als statt- haft erkannt werden soll, der Nachweis zu führen sein, dass in dem vorliegenden Falle aus dem gleichzeitigen Auftreten von vier Symbolen in Zone [aec] kein Widerspruch gegen die Gesetze des allgemeinen Zonenverbandes erwächst, oder mit anderen Worten, dass aus zwei der zwischen ihnen aufkommenden Bögen der dritte ohne Bezugnahme auf die Symbole ableitbar ist. Zunächst ist ersichtlich, dass die Position e;, immer in der Reihenfolge e, ,e;,e, auftreten wird; mit Bezug hierauf kann man in die allgemeine Gleichung für die Bogendistanzen zwischen vier symbolisirten Flächen einer Zone — erhalten aus (4), Mon.-Ber. 18106 P. 9). (Ra—143) (41 —12) cotm — (Wı— 143) (4a—14) COtNn>— (M3>— 1) (Us—1,) COtn3 = 0 einsetzen den Bogen ei 63 für 1 e1e3 für 73 &ı&ı für .Y3 und A dieses Textes für » der Formel Valdı + Villa f Te — desgl. 7 desgl. v,+ vi 5 ' = 5 Ida desgl. 125 desgl. ll Vıld BuRaiNT ’ı79 desgl. Hs desgl. Va zz v, und erhält dann nach Unterdrückung des gemeinschaftlichen Factors vıva (13 SEE Ba) (vs an v;) (vz er F vı) den Ausdruck cote,e; — 2cote,e, + cote,4 = 0, so dass von den ‚drei Bogenabständen jeder von zweien ableitbar ist, ohne Bezug- nahme auf die Werthe der Coäfficienten der Symbole von g und h. Selbstredend findet die auf diese Weise als zulässig nachgewiesene Willkür in der Wahl derselben nur statt, wenn in Zone [aec] we- der direet noch indireet Positionen bereits Symbole erhalten haben. 246 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse db»: dar, Hiermit ist aber die Frage, ob der Schnitt — der HL v2 b | Fläche dasselbe Vorzeichen, wie der Schnitt — der zuerst symbo- 1 A\ lisirten Fläche zu erhalten habe, oder das entgegengesetzte noch, nicht erledigt; dieselbe muss ihrer Natur nach empirisch entschie- den werden, und zwar durch die unmittelbare Anschauung des Kantenverlaufs; subsidiär kann man indessen Neigungsverhältnisse hierzu verwerthen. | Wenn die Bögen gb und kb von ein und derselben Fläche 5 aus gemessen sind und beide entweder kleiner oder grösser als b 90° ausfallen, so erhalten die Schnitte 2 und — dasselbe Vor- Vi v3 zeichen. | Ist neben g und Ah eine der isoparametrischen Flächen, z.B. RER) Yen g=-: :c zugänglich, dann wird die Frage durch die Grösse MIT der immer ungleichen, im Dreieck ghg aus 99 ,g9h,gh zu berech- nenden Winkel AgG und Ahgg entschieden; ist Agg > hgg, so liegt b h auf derselben Seite vom Zonenbogen [aec] und erhält — dasselbe v2 DR : Vorzeichen wie —, im anderen Falle das entgegengesetzte. Sind vi Mr in Zone [eec] irgend zwei, nicht in Zone [95], [|%b] belegene, sonst unbekannte Flächen e, , e;, vorhanden, dann entscheidet das Grössen- verhältniss der aus 6%, &9,6&h,€9 ,e;h ableitbaren Werthe von g%h und gh zu dem gemessenen Bogen gh, welches Vorzeichen der ; x Schnitt — der im concreten Falle ins Auge gefassten zweiten v3 Fläche zu erhalten hat. Aus dem Umstande, dass durch die Wahl der Symbole für zwei ausserhalb der Zone [aec] und der Position 5 belegene Flächen — Em cundh= ER c in Zone [aec] so viel Positionen, als Mı©Vı Ma Va überhaupt zulässig, feste Symbole erhalten, folgt zunächst: dass alsdann weder in Zone [a@ec] noch ausserhalb derselben weitere Positionen mit Symbolen willkürlich belegt werden dürfen; vom 1. März 1880. 247 dies gilt auch für Flächen, welche im weiteren Verlauf der Zonen [gh] oder [gh],[Rg],[g%] belegen sind, weil auch in diesen drei Flächen g,h,e& resp. 9,e,h etc. feste Symbole nach Annahme solcher für g und A besitzen; dass man also — abgesehen von den durch 5 gehenden Zonen, in denen nur ein Symbol, und von der Zone [aec], in der das dritte Symbol limitirt in erster Wahl angenommen werden darf — in irgend einer andern Zone drei Symbole nur dadurch behufs Berechnung der Elemente verwerthen kann, dass man als die dritte Fläche eine gleichzeitig mitsymbolisirte zu 9 und A hinzu- nimmt, und dass man somit auf die Combinationen 9,h,e oder Jhe 9ı & h oder d&h vorerst angewiesen ist. Man darf ferner, nachdem willkürlich eine Fläche e,—= sie 6) in Zone [aec] symbolirt ist, ausserhalb der letzteren nur noch eine Fläche, in so fern sie nicht in Zone [ed] belegen ist, will- kürlich symbolisiren; durch die Annahme eines Symbols für g— SE erhält die Position e, = © ;oob:c in Zone [@ec] eine Mı .rı Mı feste Bezeichnung und verbleibt dann noch die Freiheit in Zone [aec] eine dritte Position & = Er oob:c nach Maassgabe der "6 concreten Reihenfolge e,,e,,e zu wählen. In Ermanglung der Ausbildung der Fläche e, ergiebt sich die concrete Reihenfolge aus den Bögen e,e, ,e;9 ,e9 , diese geben, in Werthen unter 180° aus- gedrückt, im Dreieck e;&g9 die Winkel &e;g,e&9; sind beide kleiner als 90°, dann fällt e, zwischen e,e;; ist der eine Winkel grösser als 90°, dann fällt e, ausserhalb e,e, und zwar in einem Abstande kleiner als 180° von derjenigen Position e; oder &, bei welcher der grössere Winkel liegt. | Wenn man nach Symbolisirung von e, in Zone [aec] eine in Zone [e;b] belegene Fläche k mit einem Symbol belegen will, a b [} “ so muss dasselbe = —:—:c lauten, worin nur der Schnitt Ms #95 Biaıı. > : — einen willkürlichen Coöfficienten erhalten darf; alsdann kann 5 man aber in Zone [aec] noch zwei Positionen mit Symbolen bele- 248 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse gen, die eine noch willkürlich, die andere im Sinne der concreten Reihenfolge. Hat man in Zone [aec] vorerst zwei Positionen e,; und & willkürlich symbolisirt, so kann man einer ausserhalb derselben b b belegenen Fläche g ein Symbol = =: c nur im Schnitt — will- En vY kürlich beilegen, der Coefficienten-Werth im Schnitt — ist limitirt, | Mı 2 . [44 . E} im Sinne der concreten Reihenfolge e;,&,e, = —:oeb:c; die Li- Aı mite ergiebt sich aus den Bögen &5&,e;9,9g wie oben. Hiernach gelingt die Berechnung der Elemente aus folgenden Combinationen. Situation A. Zwei Fundamental- Bögen liegen in einer Zone, die dritte führt auf eine Fläche ausserhalb derselben. 1. Zwei Fundamental-Bögen &e;, ee; liegen in Zone [aeec] zwischen den willkürlich symbolisirten Flächen e; = :oobio und Ms a : } & = —:®ob:c, so wie der nach Maassgabe der concreten Reihen- As folge symbolisirten e, = Toob:e; der dritte Bogen geht von &,, A 2 e; oder e, nach einer Octaidfläche der Zonen [eb] ,[esd] oder [&b], im Schnitt a willkürlich symbolisirt und ist entweder a) in dieser Zone selbst gemessen, z. B. als &h nach ad aD, c oder Ma va b) in einer anderen der gegebenen Zonen als eh oder &h; der Fall ad b) reducirt sich leicht auf den Fall ad a), da das Dreieck &e;h aus &,e;h = 90° ,e,;&, und &h den Bogen eh giebt. Der Fall ad a) ist derjenige, in welchem direct die Grund- lagen der allemal platzgreifenden Schlussrechnung enthalten sind. In Zone [aec] geben die Bögen &e;,ese, und ihre Symbole eine Zonengleichung (Mon. Ber. 1876. S.9) aus der der Bogen &4 nach d=a':oob:ooc hervorgeht; die sodann auf die Bögen a«,,ae; gegründete Zonengleichung liefert dann den Bogen ac = 180° — £; Be ne ut ud 17 Sa cu me vom 1. Marz 1880. 249 _ wird die Einheit ce der Axe OÜ= 1 gesetzt, so ist die Einheit & der Axe OA durch den Ausdruck Mg — sinß (cotas+ cotß) zu finden. Die Berechnung der Axeneinheit b der Axe OB erfolgt aus dem Bogenabstand der Fläche 5b = »oa:b: ooc von einer Dodecaid- b Ä a fläche d;, = ooa:—:c in Zone [bde] oder 5, = —: Da eg Zone [dsa]; hierzu dienen die im Durchschnitt irgend welcher un- :oocin der symmetrischer Zonen (— ausgenommen Zone [sec] —), hier der Zonen [e;h] oder [eh] mit der Hexaidzone [bdc] oder [dsa] bele- genen Flächen NM —M mut. mut. dy = ee a, Volks oder b A Ik — My a b go: SeSE = Deslch— : :00C Mar 78 ann rB2Rs Rast Maya a b mut. mut. so = —! ooc]- Banana = ,Y3 Der Bogen bd, wird als cd; = 90°— bd, im Dreieck hae; und ce,d; (mut. mut. he,e, und ce&,d,), der Bogen bs; als as; = bs,- 90° im Dreieck he,e, und ae,s; (mut. mut. heye, und @&51) gefunden; es ist dann b= wsinßtgbd, und = —E,g,sinßtgbs;. Ag 2. Zwei Fundamentalbögen gh, he, liegen in Zone [gh], in welcher g = N, u — N willkürlich symbolisirt sind, Mi vı Ma Va der dritte Bogen geht nach einer der gleichzeitig mit symbolisirten Positionen. a) Gemessen: gh,he,,ge,, der letzte Bogen auch als gb = 90° — ge, oder 99 = 2.ge, zu finden. Dreieck ge,e, giebt Winkel g&e, und Bogen e,«,, darauf Dreieck he,e, den Bogen ee. 250 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse By Gemessen gh, heu,gh. Dreieck ghe, giebt, da h,—= he,, den Winkel he,g = 2.966, Dreieck gee, dann ge,,ee, und Dreieck he,e, den Bogen &&. c) Gemessen: gh,he,, &&. Dreieck gee, giebt den Winkel g&e, und Bogen ge,, —-.- Dreieck he,e, den Bogen &e;. d) Gemessen: gh,he, , &;. Man construirt die Position i = BE BEL. :c im Vylaı 4 v1 2vv; Durchschnitt der Zone [ed] und [gAh]; weil cotg&, —= Cote, &.C089&LC,ı , COtie, = CotEz3&,.C0SY&E, , coth&, = 006&,%.C08Sg&6ı ist und vote, e&; — 2C0te,e&g + cote,e,;, = 0 auch cot (e,& — E36) — 2c0t (e, 4 — &&) + cote,& = 0 und cot&& — 2C08%5&% + cote,4 = 0 geschrieben werden kann, so hat man auch cothe, — 2cotie, + cotge, = 0 cotie;, = F(cot(gh-+ he) + cothe,) , so dass nunmehr die Symbole aus den Bogen hi, 00,..5 048, wie ad c) folgen. e) Gemessen: gh,ha,9& , 9a gh; es ist in Dreieck g&,& COS GEL — COS &C0S %& cosy4% = ; : singe, sin&& sinege,coshe, . : —= c05ha&% = tg94,.cotha = — — — in Dreieck h&e,. COS &e,sinhe, Daraus c089&,C08e,&,8inhe, — C08?&e,co8ge&,sinhe, — Sin’e,e,coshe,singe, — cosh&singe, — C08’&e,coS h&singe, , cos’&,&,singh + C08&&.C089&,Sinhe —= coshasinge, a a oa rt; 2 FEW Ze © ug) Sets vom 1. März 1880. 251 und c08g&Sinhe, Br coshe,singe, cos’gesin’he, c08,4, = — : — : : ep 2singh singh 4sin’gh und dann weiter nach Analogie ad 2.c); von den beiden Wurzel- werthen ist derjenige zu wählen, welcher für den Bogen &e, weder einen imaginären Werth noch einen solchen, der grösser als Bogen he, giebt. Gemessen: gh,he,,he,; der Ansatz coshe, — coshe,cose,& sine, &4Cosge& cos g&E —= - - u en sinhesine & cos ee, «Sing, führt auf S e£056, 4 = + ———— coshe,singe, Sn cosge,sinhe, cos ? he, sin?ge, 2singh singh 4sin’gh und dann weiter wie ad 2.c); es ‚gilt derjenige reelle Werth von &e,, der kleiner als ge, ausfällt. Die Combinationen, gemessen: gh,h&,ge und gh,h«,he; sind in ähnlicher Weise unter Benutzung der Position © an Stelle von h zu behandeln. 3. Zwei Fundamentalbögen ge, , eh liegen in der Zone [gA], in welcher g 2, d. c,h= en. ei c willkürlich symbolisirt sind; Mı PYı Ban, der dritte Bogen geht nach einer gleichzeitig mitsymbolisirten Po- sition, a) Gemessen: ge, &h,ge; der letzte Bogen ist auch zu fin- den als gb = 90° — ge, oder als 99 = 2. ge. Dreieck ge;e, giebt Bogen ee, und Winkel g&e, = 65h, und dann Dreieck e,e,h den Bogen &e;. b) Gemessen: ge,e,h,gh; da der Bogen &h — &;h, giebt Dreieck ge;h den Winkel ge;h = 180° — 2. he — 180° — 2 .J &3eı dann die Dreiecke heze, und geze, die Bögen &e; , € , Esh. c) Gemessen: ge, eh, 665 Dreieck geze, giebt Winkel gee, — &e,h, dann Dreieck &e6;h den Bogen &e;, und &h— &h. d) Gemessen: ge, &;h , ee. | N LE oh Er Va bı v1 777.89 . Man construirt die Position k = — —— 4: — b:c im VoMı —Vıla 7 2Vıva Durchschnitt der Zonen [e,5] und [gAh]; weil 252 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse cotge; — Cote, 63.608 gez, , COthez = COt&,63C08 hez&,; — COtEyez. COS GE, und cotke; = coteze,.coskeze, — COt&;e,.C0Sg eye, ist und der ad 2.d) entwickelte Ausdruck coteze;, — 2C0teze;, +4 cote,e, = 0 auch cot (£3&; — &65) — 2C0t8% + cot (+ Ee,&) — 0 und 2 cotez;& — COtE&ge,; + COtE,e, = 0 geschrieben werden kann, so hat man auch 2cotke; cot he; + cotge = 0 und cotke; = L(cothe, — cotge,) ; Dreieck kese, giebt den Winkel kese, —= geze, und Dreieck geze, die Bogen ge, und ee. e) Gemessen: ge, eh „ge 5; ge > ge; und eh. A = = 08 ge, — cos gh cos he Im Dreieck gh&e, ist cosghe, — ai 3 San . BEN 6) singhsinhe, und im Dreieck ehe;: — - - "sin he,coseh cos&he = tgha,cotthg = —— —, cos h&sin eh daraus: cos’he&;singe;, + coshez.c08sge&Sine;h — cose;hsingh, . 2 2 07 — COS gegSIN &z cose;hsingh cos’g&Sin’eh cosh&% — a n= yoosansingh — 2sın gez sın ge; 4sın gez © und dann weiter nach Analogie ad 3. a); es gilt derjenige reelle Werth von he,, welcher kleiner als e,h ausfällt. Die Combination ge, eh,he, wird auf demselben Wege be- handelt, die Combinationen ge, , eh, ge, und ge ,e;h, hi, erfordern hierzu die Entwicklung der Position k. Situation B. Die Fundamental-Bögen liegen in drei Zonen zwischen drei Flächen. 1. Ein Fundamental-Bogen liegt in Zone [aec] zwischen vom 1. März 1880. 253 willkürlich symbolisirten Flächen = Z: ob:e,, — Z:oob:e; Mı [Az angeschlossen ist durch die Bögen e,h,e;h eine ausserhalb der Zonen [aec] [ed] [eb] belegene Fläche h — auto, in deren Symbol der Coöfficient v willkürlich, der Coöfficient x nach Maass- gabe der angularen Dimensionen limitirt gewählt ist. Dreieck e,&,h giebt den Winkel geh = &e,h, und dann Dreieck &e,h die Bögen &&, eh. 2. Ein Fundamental-Bogen liegt in Zone [gh] zwischen will- kürlich so symbolisirten Flächen g = 2 N id, c, dass Kı vı Ka 19 9,h,e, auf einander folgen; der zweite und dritte Bogen verbin- den eine der gleichzeitig mit g und A symbolisirten Flächen. a) Gemessen: gh,he,,ge,; Dreieck ghe, giebt die Winkel hge, = «ge, und geh = 90° — ee,h, dann Dreieck e,&h den Bogen ee, und Dreieck e,ge, den Bogen eıe.. b) Gemessen: gh,he,ge; Dreieck ghe, giebt den Winkel ghe = 180°’ — &he,, dann Dreieck &he, die Bögen he,, &e, und den Winkel hu&= ge&e,, so dass Dreieck g&e, den Bogen && liefert. c) Gemessen: gh,he;,ges; Dreieck ghe, giebt den Winkel hesg = 180° — 2.hez3e, = 180° — 2.geze, ; dann giebt Dreieck he,e, den Bogen &e, und Dreieck geze, die Bögen ee , &ı9. d) Gemessen: gh,hh,gh; Dreieck hhg giebt den Winkel ghh = 180°— &he,, und, da gh = Ihh ist, Dreieck heze, die Bö- gen &e, und he,, so wie den Winkel ha, = geae,, so dass Dreieck ‚gese, den Bogen eye, liefert. e) Gemessen: gh,g9g9,hg; Dreieck ghg giebt Winkel hgg = ege, und hgg = 596; da nun ge, = 49 = 499, 80 giebt Dreieck ge,e, den Bogen e,e, und Dreieck ge,e; den Bogen ee. 3. Ein Fundamental-Bogen liegt in Zone [gh], zwischen den b - a b willkürlich so symbolisirten Flächen g =: :cundh—= -: Kı Pvı Mg ba 26, ab R N 3 dass g,h= —:—:c,e, auf einander folgen; der zweite und dritte Ma Va Bogen verbindet eine gleichzeitig mit g und h symbolisirte Po- sition. 254 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse a) Gemessen: gh,ge,he; Dreieck ghe, giebt Winkel ghe und gah — 90°+ hee,, ferner Dreieck hoze, die Bögen &1 65, he, und Winkel e,A«&,; da nun Winkel ehe, Bgm A eh &,, so findet man im Dreieck eshe, den Bogen 6,63. b) Gemessen: gh, 9%, he; Dreieck ghe, giebt Winkel ghe, — ezhe, und Winkel geh = 90°+ ge,e,, sodann Dreieck e;he, den Bogen ee, und Dreieck ge,e, den Bogen e,e. c) Gemessen: gh,ge,he; Dreieck ghe, giebt den Winkel geh — 2.04 h = 2.9e&,, sodann Dreieck hee, den Bogen && und Dreieck ge&e, die Bögen e,e, und ge, (da he, = he,, auch identisch mit A.2.b). d) Gemessen: gh, hg,gg, identisch mit gh, hö,g9g inB.2.e. e) Gemessen: gh, hh, gh, identisch mit B. 2. d. Situation C. Vier-Bogen-Varianten. Wenn man zwei Fundamental-Bögen in einer Zone, die nicht [aec] oder eine symmetrische ist, wählt, also von den willkürlich symbolisirten Flächen g,Ah (resp. h) ausgeht, so kann man an Stelle der dritten, deducirten Fläche dieser Zone, e, (resp. e;), eine andere in besagter Zone liegende, nur der Reihenfolge nach, sonst nicht bekannte Fläche u (resp. v) wählen, wenn man neben den Bögen gh,hu (resp. g&, oh etc.) die vierte ausserhalb jener Zone liegende Fundamental-Fläche, welche auch eine deducirte ist und bleiben muss, sowohl mit der nur theilweise bekannten Fläche u (resp. %), als auch mit einer der willkürlich symbolisirten g , Ah (resp. h) durch Bögen verbindet. Es wird dann für den einen der unbekannten Coöäfficienten im Symbol von u (resp. v), welcher in Verbindung mit der vorausgesetzten Lage in bekannter Zone genügen würde, das Symbol zu geben, ein gemessener Bogenwerth substituirt. Von den so in Ferbaidnind gesetzten vier Bögen werden die beiden an u (resp. v) anschliessenden auf dem Wege der Rechnung eliminirt und dabei entweder der Bogen ge, (resp. 9&) oder ein dritter Bogen gefunden, der mit den nicht eliminirten ein Dreieck bildet, so dass schliesslich die Elemente aus drei Bögen resultiren. 1. Die nur theilweis bekannte Fläche u liegt i in Zone [gh] — s. Fig. 2. i vom 1. März 1880. 255; Fig. 2. a) Gemessen: gh,hu,ue,,ge,; Dreieck ue,g giebt Winkel uge = &ge,, dann Dreieck e,ge, den Bogen ge; die Elemente folgen aus gh,g&,ge, (A. 2.a). | b) Gemessen: gh,hu,ue,,he,; Dreieck uhe, giebt Winkel uhe, = 180°— ghe,, dann Dreieck ghe, den Bogen ge; die Ele- mente folgen aus gh,he,,ge (B.2.a). | c) Gemessen: gh,hu,uh,gh; Dreieck ugh giebt Winkel ugh = hgh, dann Dreieck hgh den Bogen hh; die Elemente fol- _ gen aus gh,gh,hh (B.2.d). d) Gemessen: gh,hu,ue;,ge; Dreieck uge;, giebt Winkel uge;, = hge;, und dann Dreieck hge,; den Bogen he;; die Elemente folgen aus gh,ge,he; (B. 2. c). e) Gemessen: gh,hu,ue,,he;; Dreieck uhe, giebt Winkel uhe; = 150°— ghe,, dann Dreieck hge;, den Bogen ge; die Ele- mente folgen aus gh,ge,he, (B.2.c). f) Gemessen: gh,hu,uwe,,ge; Dreieck uge, giebt Winkel uge, = hge,, dann Dreieck hge, den Bogen he,; die Elemente fol- gen aus gh,g&,he (B.2.b). 8) Gemessen: gh,hu,ue,, he,; Dreieck uhe, giebt den Win- _ kel uhe, = &,he, und Dreieck e,he, den Bogen he,; die Elemente folgen aus gh,he,,he, (analog A.2.a). 2. Die nur theilweise bekannte Fläche % liegt in Zone [gh] | — Fig. 3. a) Gemessen: gvd,ch,ve,, ga; Dreieck gve, giebt Winkel 96 = Ggh, und, da gg = 2.ge, ist, Dreieck g7h den Bogen hg; die Elemente folgen aus gh,hgd,g97 (B.3.d). [1880] 19 256 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Fig. 3. b) Gemessen: 95,0h,de,,he,; Dreieck öhe, giebt den Win- kel öhe, = ghe, und Dreieck ghe, den Bogen ge; die Elemente folgen aus gh,ge, he, (B.3. a). .c) Gemessen: gv, vh,och,gh; Dreieck goh giebt den Winkel hyıv= hgh und Dreieck hgyh den Bogen hh; die Elemente folgen aus gh,hh,gh (B.2.d). d) Gemessen: 9%,0%,06%,9e; Dreieck gde, giebt Winkel vg9&, = hge, und dann Dreieck hge, den Bogen he,; die Elemente folgen aus gh,ge,, he, (B. 3. b). e) Gemessen: 9%,0h,ve,,he,; Dreieck hve, giebt Winkel one, = ghe, so dass im Dreieck ghe, der Bogen ge, gefunden wird; die Elemente folgen aus gh,ge,he (B.3.b). f) Gemessen: 9®,0h,dve,,ge,; Dreieck gve, giebt Winkel dge, = hge,, dann Dreieck hge, den Bogen he,; die Elemente fol- gen aus oh.de, ke, (B.3.c) 8) Gemessen: gd,ch,v&a,he; Dreieck hde, giebt Winkel ohe, = ghe,, dann Dreieck ghe, den Bogen ge,; die Elemente fol- gen aus gh,ge,,he (B.3. ce). | Situation D. Fünf-Bogen-Varianten. Wenn man neben dem Bogen zwischen zwei willkürlich sym- bolisirten Flächen g,h (resp. h) die Abstände der Flächen g,h (resp. h) von zwei in Zone [aec] belegenen, sonst unbekannten Flächen e, und e, misst, so kann man aus diesen fünf Bögen die Elemente ableiten. Sei in Fig. 4 gemessen gh,ge,he;, ge, he; Dreieck ghe, giebt den Winkel ghe,, Dreieck ghe, die Winkel ghe,,. h9e, h&g. Im Dreieck &he, folgt aus hs,h& und s;h& = vom 1. März 1880. 257 Fig. 4. | 73 4 — ghe, — ghe, der Bogen e;e; und die Winkel hese, = hese, und has; = gaca — hey. Ist he,e, < 90°, (wie hier), dann liegt e, zwischen e, und &, ist hese, > 90°, so fällt e, ausserhalb des Bogens e;&;; ist he, = 90°, _ dann ist e, identisch mit &, die Aufgabe aus gh,he&,,ge (B.2.b) _ ohne Bezug auf die Bögen h&,ge, zu lösen; ebenso fällt, wenn ge, < 90° ist, e, zwischen e, und &, wenn gese, > 90° ist, aus- serhalb des Bogens e;&; ist gese; = 90°, dann ist e, identisch mit _ @, und nach Analogie zu verfahren. Dreieck he;e, giebt e;e,, ferner Dreieck gese, die Bösen eı 6; und 3 ge, sowie den Winkel e,9& = hg& — e,ge, (mut. mut. = 6,9, — hge), schliesslich das Dreieck e,ge, den Bogen 44; 4% ist = 5, e&% — ee;,; die Elemente folgen aus e,&,e&,ge (A. 1). Sei gemessen: 9h, ge, h&,J& , he; und durch weiter nicht in "Betracht kommende Messung des Bogens e& festgestellt, ob e; _ zwischen e, und e; (wie hier) oder ausserhalb e,«; falle; Dreieck hge, giebt den Winkel Jhe,, und Dreieck he, die Winkel ges, | jhe, „Jeh. Man findet sodann im Dreieck he;e; aus he;,,h&,e;h& = ghe+ghe, (mut. mut. = ghe, — Jhe,) den Bogen e;«; und die Winkel he,e; = he,e, und h&e; = Jesh — Gese, (mut. mut. = 180° —gesh+ gese). Die Reihenfolge der Positionen e,,e&,e,€s er- geben die Winkel. Im Dreieck he;e, folgt Bogen &e, und im Dreieck gee, die Bögen ge, und e,&, sowie der Winkel 0,9% - — hg — e,Je; (mut. mut. = h5&-+ 1,96), schliesslich im Dreieck &,9e; der Bogen &,&; e,& ist = 5% E 4% & &e;; die Elemente fol- gen aus 2,8, 6%,Jeı (analog A. 1). 19* 258 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über neue Fleder- thiere (Vesperus, Vampyrops). Unter verschiedenen, in Weingeist erhaltenen Gegenständen, welche aus Peking herstammen, befindet sich eine zu der Gattung ‚Vesperus gehörige Art, die von allen bisher beschriebenen ver- schieden ist und von der ich mir erlaube, eine Mittheilung vor- zulegen. Fig. 2a. Fig. 2. Fig. 1. N (! N N \ N IRNLN) \ N N) NN N) F \ { u‘ N > => 4 Fig. 2a linkes Ohr desselben. Vesperus sinensis n. sp. (Fig. 1.) V. auriculis capite brevioribus, trago abbreviato securiformi; apice caudae libero; dente incisivo superiore exierno brevissimo, unicus- pidato. Long. antibrachi cm. 5. Hobitatio: Peking (China). Durch die Form der Ohren hat diese Art Ähnlichkeit mit Vesperugo noctula, indem sie eine viereckig abgerundete Gestalt haben. Sie sind jedoch dünnhäutiger und haben die Vorsprünge an der inneren Seite des unteren Theils der Ohrmuschel äusserst wenig entwickelt und den vorderen Rand der beilförmigen Ohr- klappe etwas weniger concav. Die Schnauze ist breit und abge- plattet. Der erste-Schneidezahn ist hoch und zweispitzig, während der äussere sehr kurze nur wenig das Cingulum von jenem über- ragt. Die Behaarung des Körpers ist fein und mässig lang. Der Schwanz ragt mit seiner knorpeligen Spitze frei aus der Schenkel- flughaut hervor. Die Flughäute sind dünn und nackt mit Aus- vom 1. März 1880. 259 3 nahme der den Körper umgebenden Theile und sind bis zur Basis = der Zehen angewachsen. Der Sporn ist knorpelig und von der _ Länge der Tibia, der Spornlappen wenig vorspringend. Oben braun; die einzelnen Haare dunkelbraun, an der Spitze i heller. Die Bauchseite ist blassbraun. my Von der Schnauze bis zur Schwanzbasis 70°”; Kopf 2m, Ohrhöhe 19"; Ohrbreite 15%”; vord. Ohrrand 13”, Schwanz Abm; Antibrachium 4922 » Tibiarl83"2; Fuss 119%; Ein Weibehen aus Peking (China) M.B. No. 5624. Eine andere neue Art von Flederthieren aus Peru, welche den frugiveren Blattnasen und zwar der Gattung Vampyrops ange- hört, ist mir von Hrn. L. Taczanowski in Warschau zur Uhnter- suchung mitgetheilt worden. Vompyrops infuscus n.sp. (Fig. 2. 2a.) V. fuscus, strüis facialibus duabus obsoletis. Long. antibr. 52”, Habitatio: Peru. Diese Art schliesst sich durch die ganze Form, insbesondre auch des am vorderen Rande freieren Nasenbesatzes an V. lineatus ‚an, ist. aber grösser, indem sie in der Mitte zwischen diesem und V. vittatus steht und unterscheidet sich ausserdem durch den gänz- lichen Mangel einer Rückenlinie und den Mangel deutlicher Gesichts- binden, von denen nur eine Spur der mittleren vorhanden ist. Die Behaarung der Flughäute ist so weit ausgedehnt, wie bei V. vittatus und geht bis zu einer Linie von dem Ellbogen bis zu der Mitte des Oberschenkels. Totallänge (ohne Schenkelflughaut) 76®"; Kopf 24m; Ohr- Bone 20mm Nasenbesatz 7002. Antibrachium: 5272; Tibia 20”%; Bess: Sporn 6“: Ein ausgewachsenes Weibchen aus der Grotte von Ninabamba, welche von Steatornis caripensis bewohnt wird. Befindet sich in Warschau. 260 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse H. W. Peters teste vor: Beschreibungen neuer, auf seiner, von der Akademie unterstützten Reise in Ostafrika, vorzüglich in den Di- strieten von Taita und Ukamba auf einer Tour von Mom- bassa nach dem Kenia, von Hrn. J. M. Hildebrandt ge- sammelter Coleopteren, bearbeitet von Hrn. Fhrn. von Harold. 1. Calosoma procerum (n. sp.): Magnum, omnino nigrum, tho- race transverso, ruguloso, ad latera valde arcuato-dilatato, angulis postieis acutis, elytris interstitiis imparibus latioribus et .altioribus, transverse squamatis, paribus serie granulorum simplici, absque foveolis metallieis, tibiis intermediis in d curvatis. — Long. 33 — 35 mill. Species ©. senegalensi et mosambicensi affınis, magnitudine, thorace latiore elytrisque omnino nigris, non foveolatis distinguenda. 2. Polyhirma chalcodera (n. sp.): Nigra, thorace nigro-viridi, elytris apice profunde arcuatim emarginatis, utringue macula trans- versa media alteraque ante apicem, ad suturam interrupta, albo- pilosis; -corpus supra parce, elytris vix setosis, his latius ovalibus. — Long. 17 mill. Omnino affınis P. (Eccoptoptera) cupricolli Chaud., quam etiam collegit D. Hildebrandt, at corpore brevius et multo parcius hirsuto, capite nigro pone oculos latius tumido, elytris multo latioribus, postice adhuc profundius emarginatis sicut et fascia alba apicali ad suturam interrupta praecipue dignoscenda. 3. Polyhirma hamifera (n. sp.): Atra, fronte, thoracis margine laterali sulcoque longitudinali medio, elytrorum sutura ultra medium margineque laterali, postice acute angulatim dilatato albopilosis, elytris acute costatis, inter costas foveolatis, costis postice evane- scentibus. — Long. 30 mill. Intermedia inter P. bihamatam et spa- thulatam Gerst., ab hac sutura alba breviore limboque albopiloso postice angulatim dilatato, ab illa sutura alba ultra medium pro- ducta diversa. 4. Hypolithus lugubris (n. sp.): Niger, vix nitidus, .capite tho- raceque fere glabris, elytris dense breviter aureo - pubescentibus, thorace dense, basi rugulose punctato, elytris profunde striato- punctatis, interstitiis leviter subconvexis, 3, 5 et 7 evidenter seriato- punctatis, palpis piceo-rufis, antennis piceis, articulis ultimis apice- que basalium piceo-rufis. — Long. 14 mill. Affinis certe 7. moesto vom 1. März 1880. 261 ‚Putz., at major et antennarum articulo primo non brunneo, sed ‚apice rufo excepto omnino nigro-piceo diversus. 5. Chlaenius scutellaris (n. sp.): Capite, thorace scutelloque aurato-viridibus, elytris subnitidis, virescente-nigris, longius pube- _ scentibus, limbo flavo, interstitiis leviter convexis, juxta strias irre- | ‚gulariter bi-vel triseriatim punctulatis, praeterea, praecipue internis, punctis nonnullis majoribus, corpore subtus nigro, pedibus testaceis, femoribus antieis in £ bası dentatis, antennis articulis 3 basalibus ‚testaceis, reliquis fusco-testaceis. — Long. 21—22 mill. Proximus illi Ohl. subsulcatus, qui autem differt elytrorum interstitiis margine tantum uniseriatim punctatis antennisque omnino flavis. Chl. cinctus ‚differt thorace multo breviore, lateribus postice subsinuatis scutello- que fusco. 6. Chlaenius improbus (n. sp.): Capite, thorace, scutello elytro- rumque basi summa interdum juxta humeros tantum, viridi-aeneis, 'elytris fusco-aeneis, latera versus virescentibus, limbo flavo, inter- stitio 8 septimo multo latiore, abdomine piceo, flavolimbato, an- tennis pedibusque testaceis, tarsis plerumgque leviter infuscatis. — Long. 15—16 mill. Sansibar, Quinca, Senegal. Illi Cl. sellatus maxime affinis, elytris minus profunde striatis sicut et limbo flavo "multo latiore discedit. Chl. cylindricollis persimilis etiam, at elytris angustioribus, opacis, interstitiis ”—9 aequilatis et statura minore diversus. Chl. prolixus, etiam valde affinis, suleis thoracis breviori- bus certe dignoscendus. 7. Chlaenius Hildebrandti (n. sp.): Capite thoraceque viridi- aeneis, elytris aeneo-nigris, utringue macula ante apicem dentata flava, pedibus testaceis, femoribus anticeis in d basi breviter dentatis, antennis medio vix dilatatis, articulis 1—3, hoc apice piceo ex- ‚cepto rufotestaceis, palpis articulis apicalibus non dilatatis, rufo- piceis, articulo ultimo apice tantum rufo. — Long. 13 mill. Pro- ximi accedunt Chl. coecus et Boisduvali, ambo antennarum articulo tertio et palpis omnino testaceis discedunt, hic praeterea thorace breviore lateribus fortius rotundatis et antennarum articulis 4— 5 omnino non crassioribus, ille articulis his evidenter latioribus et palporum maxillarium articulo ultimo apice latiore. Chl. nepos, pal- pis eodem modo infuscatis, articulo apicali illorum triangulari om- nino diversus. 8. Chlaenius Maximiliani (n. sp.): Parum convexus, nitidus, glaber, obscure aeneo-viridis, elytris plerumgue viridicyaneis, vel 32 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse immaculatis vel macula utrinque apicali rufa, apicem versus pro- ducta, pedibus antennisque testaceo-rufis. Thorax lateribus areuatis antice tantum angustatis, longitudine tertio latior, parce et sub- tiliter, basi et utrinque in foveolis fortius punctatus. Elytra pro- funde striata, striis erenato -punctatis, interstitiis leviter convexis, laevibus, externis duobus tantum punctatis. Thoracis episterna lae- via, metathoracis extus sulcata, intus punctis nonnullis magnis. — Long. 17 mill. Insignis haee species D. Chaudoir dedicata, optime de cognitione hujus generis merito. Primo intuitu CRl. glabratum similat, qui autem elytrorum margine baseo-humerali angulato sieut et thorace quadrato, non transverso omnino discedit. Obs. Reliquae a D. Hildebrandt ex Sansibar allatae species sunt Chl. Dohrni, lugens, assecla, circumscriptus et sulcatulus. Iste a suleipenni, cujus varietatem D. Chaudoir profert, elytris latioribus apice flavosignatis differre videtur. 9. Xantholinus ferox (n. sp.): Nitidus, niger, palpis, tarsis et abdominis apice rufo-piceis, capite lateribus sat dense punctatis, subtus carinatis, fronte antice inter oculos truncata, thorace postice angustato, omnino laevi, foveola tantum utrinque pone angulos an- ticos notato, elytris thorace aequilongis, disco utrinque stria ob- soleta vix distinete punctata, abdomine parce punctato; antennis piceis, artieulis 4—10 transversis..— Long. 15 mill. Proximus iılli X. ater, qui autem major et capitis lateribus laevibus, pone oculos tantum vage punctatis, diversus. 10. Philonthus calidus (n. sp.): Seriebus dorsalibus thoraeis 4- punctatis. Obscure rufo-piceus, capite lato, fronte pone antennarum basin et juxta oculorum marginem unipunctata, punctis praeterea pluribus ad tempora, his oculis multo brevioribus, thorace latitudine vix longiore, scutello fusco-velutino, elytris thorace aequilongis, rufo-badiis, minus dense punctatis, flavo-pilosis, abdomine piceo, irino, flavopiloso, parce punctato, segmentis ferrugineo-marginatis, pedibus antennisque obscure ferrugineis, his articulo 3 leviter in- fuscato, 6—11 quadratis. — Long. 11lin. Species propter abdomen irinum Quedüs similis. 11. Passalus sansibaricus (n. sp.): Sat depressus, elypeo quin- quedendato, vertice tuberculo transverso parum elevato tridentato, dente medio evidentiore, thorace sulcato-lineato, dorso laevi, lateri- bus valde punctatis, elytrorum striis internis 1—5 minus fortiter, externis valde punctatis, punctis transversis, interstitiis 6 —9 costa- . vom 1. März 1880. 263 'tis, antennarum celava trifoliata.. — Long. 25— 26 mill. Ad divi- 'sionem Leptaulax Kaup pertinens. Affinis P. approximato, denti- bus 5 elypei aequalibus, punctis in striis externis elytrorum multo latioribus, interstitiis angustatis, metasterno non tantum in angulis postieis sed etiam lateribus punctato valde distinetus. ‚12. Sisyphus penicillatus (n. sp.): Lurido-testaceus, parce se- tosus, elypeo antice late emarginato, lateribus ante genas iterum angulato, thorace vage obsolete punctato, breviter setoso, ad latera declivi, supra foveam lateralem longius penicillato, basi scutellum versus distincte angulata, elytris obsolete striatis, vixX costatis, py- gidto fusco-sericeo opaco, corpore subtus piceo-fusco, pedibus inter- dum subaeneis, trochanteribus posticis simplieibus. — Long. 14 mill. ‚Species magna, affınis S. Hessi, thorace antice utringue penicillato, basi minus rotundata pedibusque simplicibus diversa. 13. Catharsius Brutus (n. sp.): Piceus, elytris nitidulis, elypeo medio evidenter bidentato, fronte media in Z cornu erecto brevi triangulari, thorac eantice abrupto, insuper medio leviter emarginato et utrinque breviter dentato, dorso laevi, tunc subtilissime punctu- lato, latera versus dense subtiliter granulato, elytris leviter punctato- striatis, interstitiis planis. — Long. 23 mill. Proximus illi accedit ©. Pandion, qui differt thorace fere omnino dense granulato, meta- sterno laevi non punctato, femoribus posticis punctis magnis et minutis sat dense adspersis. 14. Adoretus senatorius (n.sp.): Oblongo elongatus, piceus, sat dense brevissime appresso-pilosus, elytris praeterea seriebus minus distinetis 4— 6 setarum longiorum, thorace quam longo plus duplo latiore, capite breviore. — Long. 13 mill. Affinis hirtello, angustior, minus dense pilosus, thorace breviore diversus. A. punctipennis Boh. etiam simillimus, at major, latior, thorace subtilius densius pun- etato brevius piloso dignoscendus. 15. Pyenoschema scrofa (n. sp.): Rufo-picea, subtus ochraceo- villosa, capitis elypeo acute producto et inter mandibulas latas extus rotundatas porrecto, thorace parum convexo, fortiter punctato, antice crista transversa leviter quadridentata, elytris striis puncto- rum subgeminatis et praeterea subrugatis, tibiis antieis tridentatis, margine superiore integro. — Long. 15 mill. Frons carina elevata medio bidentata instructa. Genus ambiguum, at propter palporum labialium basin sub menti margine absconditam potius Phileuris adnumerandum et generi Syrichthus proximum. 264 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 16. Systates vulgaris (n. sp.): Piceus, nitidus, rostro medio et lateribus carinato, thorace dense granulato, granulis non acutis, de- pressis, elytris macula utrinque parva albopilosa basali, ad latera parce breviter squamulato-pilosis, apicem versus parce setosis, pro- funde punctato-striatis, interstitiis juxta strias distinete transversim rugatis, apice sensim fortius et acutius tubereulatis. Differt mas elytris angustioribus et segmento abdominis ultimo apice impresso. — Long. 9—11mill. A S. pollinoso, cui proximus, differt elytris omnino nitidioribus, multo fortius punctato-striatis, interstitiis. lae- vibus at multo evidentius transversim plicatis; S. seminudus discedit elytris postice dense pilosis, interstitiis simplieibus, apicem versus non tubereculatis. 17. Systates aeneolus (n. sp.): Piceus, nitidus, elytris obscure aeneis, minus fortiter striato-punctatis, interstitiis, praecipue apicem versus tuberculis sensim acutioribus at inter se distantibus obsitis; pedibus piceis, femoribus medio rufis. — Long. 10 mill. Statura praecedentis, pedum elytrorumque colore et tuberculis valde di- versus. 18. Embrithes suturalis (n. sp.): Capite thoraceque fusco ferru- gineis, hoc transverso, lateribus leviter rotundatis, elytris ovalibus, fortiter striatis, interstitiis convexis, secundo utrinque basi tuberculo nigro subnitido notato, fusco-squamosis, sutura usque pone medium, stria basali in interstitio tertio lateribusque cum illis prothoraeis albidis. — Long. 10 mill. Affinis E. muscoso Gerst., aliter colo- ratus et thorace postice angustato facile dignoscendus. Ceratocrates (n. g. Curculionid., Episomini): Antennae robustae, articulo primo reliquis simul sumtis fere aequilongo, funiculi arti- culo septimo praecedenti majore et potius ad clavam pertinente, hac articulis brevibus tribus, apicem versus sensim acuminata. Scu- tellum nullum. Elytra basi summa constrieta et recte truncata, in- super visa juxta thoracis angulos posticos breviter dentata. Ungui- culi breves, tarsorum articulum tertium paullo tantum superantes. Generi Episomus proximum, funiculi articulo secundo primo non longiore, scutello nullo, elytris basi non arcuatis sicut et unguiculis brevioribus diversum. 19. Ceratocrates Hildebrandti (n. sp.): Fuscus, densissime al- bido - squamulosus, elytris plaga basali media posterius dilatata, fascia pone medium alterague ante apicem fusco-badiis; thorace latitudine aequilongo, medio ad latera leviter transversim rugatus; vom 1. März 1880. 265 elytra valde convexa, pone humeros ad latera bitubereulata, forti- ter punctato-striato, sutura et interstitiis 3, 5 et 7 nonnihil altiori- bus; antennis, clava et articulo octo exceptis, setaceis. — Long. 15 mill. 20. Ceratocrates dubius (n. sp.): Praecedenti omnino simillimus et forsan alter tantum sexus. Differt elytris minus globosis, an- tennis minus robustis, thorace quam lato evidenter longiore, etiam disco evidenter transversim rugato. — Long. 15 mill. 21. Alcides humerosus (n. sp.): Fusco-piceus, thorace albido, granulis nitidis piceis sat dense, praecipue juxta lineam medianı longitudinalem impressam obsito, elytris pone humeros acute den- tatis, albido-bivittatis striolaque brevi alba supra dentem humeralem, corpore subtus cum pedibus postieis albido. — Long. 10 mill. Si- millimus omnino A. dentipedi, thorace evidentius sulcato, granulis majoribus obsito, elytris spina humerali multo acutiore, interstitiis elevatis acutius carinatis diversus. 22. Microcerus annuliger (n. sp.): Supra cinereo- et ochraceo- _ squamosus, elytris utrinque basi et subtus ad latera plerumgque al- bidis, medio ad suturam macula utrinque triangulari nigro-fusca; rostro sulco medio lato et laterali utrinque angusto; thorace pone mar- Sinem anticum constricto; elytris subseriatim leviter, ad marginem fortius tuberculatis, ante apicem tuberculo comuni suturali alteris- que duobus oblique anterius positis majoribus; femoribus postieis fuseis, annulo ante apicem albido-ochraceo. — Long. 15—- 18 mill. M. latipennis Fahr. mihi ignotus, elytris latitudine vix, in specie nostra .multo longioribus diserepare videtur. M. Besckei etiam valde affınis, at elytris latioribus, postice magis acuminatis, fronte inter - - oeulos magis prominentes fortius tuberculata bene dignoscendus. 23. Sphadasmus depressus (n. sp.): Rostro piceo, basi squamu- lato, thorace dorso deplanato et ferrugineo- vel fuscoferrugineo squamoso, parte deplanata plerumque anguste albido-eincta, vitta laterali fusca, elytris dorso antice planis, fusco-, albido- et ochra- eeo-squamulatis, circa scutellum plerumque macula suffusa majore albida, interstitiis 3 et 5 leviter elevatis, corpore subtus cum pedi- bus dense griseo-squamoso. — Long. 6—7 mill. Species thoracis dorso deplanato, medio vestigio tantum lineae elevatae, bene di- stincta. 24. Helymaeus albilateris (n. sp.): Niger, thorace lateribus ar- genteo-vittatis, leviter rotundatis, non angulatis, elytris cyaneis vel 266 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse obscure viridibus, dense rugose punctatis, subtus niger, prosterni lateribus mesothoraeis et metathoracis episternis cum epimero, ab- dominisque lateribus argenteo - pilosis, metasterno itidem annulo marginali albo; pedibus nigris, femoribus anticeis et intermediis ru- fis, antennis nigris, articulo tertio distinete suleato. — Long. 11— 15 mill. Variat pedibus omnino nigris. 25. Hypocrites limbalis (n. sp.): Elongatus, angustatus, viridi- aeneus, elytris limbum versus lateralem plus minusve aurato -cu- preis, sutura interdum cyanescentibus, antennis in utroque sexu 11-articulatis, artieulis ultimis brevioribus et latioribus. — Long. 12—15 mill. Affinis 4. viridi Pasc., praeter colorem elytris minus dense at multo fortius rugose punctatis diversus. Huic generi Pro- meces suturalis Harold etiam adnumerandus. 26. Hypocrites longicollis (n. sp.): Elongatus, gracilis, nitidulus, nigroviridis, antennis pedibusque nigris, femoribus obscure viola- ceis, mesosterno albido-pubescente; thorace subeylindrico, latitudine fere duplo longiore, dense fortiter punctato, linea irregulari media laevi, elytris coriaceis et praeterea sat distinete, praeeipue ad basin laeviorem punctatis. — Long. 11 mill. Species thorace elongato elytrorumque sculptura notabilis. 27. Hypoecrites geniculatns (n. sp.): Obscure viridis vel cyaneo- viridis, capite thoraceque sat nitidis, hoc longitudine vix latiore, subrugose punctato, punctis medio rarioribus, elytris opacis, dense subtiliter rugulosis, lineis duabus elevatis obsoletis, pedibus rufis, postieis, tibiis tarsisque sicut et parte tertia apicali femorum nigro- cyaneis, metatarso basi rufo. — Long. 17— 20 mill. Proximi ac- cedunt H. fulvipes et manicatus, hie femoribus antieis apice nigro- eyaneis, ille pedibus posticis omnino violaceis discedens. 28. Clytus Thomsoni (n. sp.): Capite nigro, albido-villoso, tho- race sanguineo, rugose punctato, quadrato, lateribus rotundatis, elytris nigris et leviter subviolaceis, fascia angusta ante medium, macula communi transversa post medium, extus angulata, apiceque testaceis, corpore subtus, pedibus antennisque nigris, abdominis segmentis 1 et 2 albomarginatis. — Long.13,5 mill. Affınis C. amoeno, thorace multo breviore et elytris aliter coloratis omnino diversus. Speciem hane Dom. H. Thomson, optime de cognitione Cerambyci- darum merito, dedicatam voluimus. 29. Cochliopalpus suturalis (n. sp.): Cylindricus, niger, dense breviter pubescens, fronte, margine oculari, thoracis margine antico a a vom 1. März 1880. | 267 - et postico vittaque laterali, sutura limboque elytrorum rufis, his fortiter at parum profunde punctatis, obsolete subcostatis, maculis - mumerosis confluentibus rufotestaceis et praeterea setulis albidis - adspersis, corpore subtus, femoribus basi tibiisque apicem versus rubro-pubescentibus. — Long. 28 mill. ©. Catherinae minor, angu- stior, elytris subcostatis et leviter subrugatis, sutura limboque rufo- pubescentibus omnino diversus. v 30. Nupserha globiceps (n. sp.): Rufotestacea, fronte globosa, macula parva intra oculos alteraque longitudinali postica, una utrin- que ad medium disci thoracis dimidioque elytrorum postico nigris, his apice bidentatis; corpore subtus, cum vitta laterali prosterni, pedibus, antieis exceptis, antennisque nigris, his articulo quarto medio fusco - rufescente. — Long. 9 mill. Affinis bidentatae, ab- _ domine nigro thoraceque ad latera minus nodoso diversa, praeterea a congeneribus vicinis fronte globosa elytrisque jam a medio fere nigris discedens. V 31. Oberea sansibarica (n. sp.): Angustata, testaceo-rufa, elytris rufescente-fuseis, basi utrinque macula testacea postice acuminata flava, subtus cum pedibus omnino rufo-testacea, antennis nigris. — Long. 15 mill. Similis pupillatae, capite rufo staturaque angustiore diversa, macula triangulari flava baseos insignis. 32. Oberea pagana (n.sp.): Angusta, testaceo-rufa, elytris fuscis, parte quarta basali, ad latera angulatim producta, rufotestacea, an- tennis nigris; thorace latitudine fere duplo longiore, ante medium fortius, pone medium obsoletius transversim impresso, disco medio leviter convexo. — Long. 10 mill. Species thorace elongato bene distincta. 33. Poecilomorpha sobrina (n. sp.): Statura P. afrae, capite nigro, macula transversa- frontali rufo-testacea, thorace omnino aequaliter a a a ee parce punctulato, rufo-testaceo, maculis duabus magnis dorsalibus basi confluentibus nigris, elytris flavis, callo humerali nigronotato, corpore subtus cum pedibus nigro, antennis rufis. — Long. 8,5 mill. Omnino affınis P. afrae et forsan ejus varietas, at thorace basi - minus angustato punctisque disci non ut in illa utrinque densiori- bus differre videtur. 34. Melitonoma Hildebrandti (n. sp.): Capite nigro, thorace rufo- testaceo, macula baseos utrinque biloba nigra, elytris testaceo-rufis, utriusque macula humerali, apice ipso faseiisque duabus transversis | nigris, pedibus nigro -piceis, tibiis omnibus usque ante apicem fla- 268 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse vis, — Long. 7mill. M. sobrinae et maculigerae affınis, macula nigra in apice ipso elytrorum sieut et tibiis flavis apice piceis di- versa. M. confusa Gerst. itidem similis, at pedibus omnino nigris dignoscenda. 35. Melitonoma inconspicua (n. sp.): Capite nigro, thorace ely- trisque rufotestaceis, his utriusque maculis 5 nigris, I humerali, 2 et 3 mediis, 4 et 5 posticis, externis distinete post internas po- sitis, corpore subtus cum femoribus nigris, tibiis tarsisque rufo- testaceis. — Long. 4 mill. Valde affinis M. hitigiosae, at multo minor maculis elytrorum oblique positis diversa. 36. Miochira impressa (n. sp.): Postice attenuata, glabra, capite nigro, fronte plana, rugosa, thorace rufo-testaceo, macula utrinque irregulari nigra, suleulo utringue obliquo, scutello nigro, elytris vage fortiter punctatis, testaceis, callo bumerali maculaque postica oblonga juxta suturam nigris; corpore subtus nigro, argenteo-pu- bescente, pedibus robustis, brevibus, testaceis, femoribus, tibiis an- tieis basi articulisgue duobus primis tarsorum anticorum nigris, tibiis praecipue anticis, latis; elytris lobo pleurali valido, fere angu- lato. — Long. 7 mill. Species omnino notabilis. 37. Gynandrophthalma ochropus (n. sp.): Elongata, eylindrica, obscure coerulea, thorace antice angustato, disco laevi, ad latera parum dense punctato, basi media transversim impressa, elytris dense sat fortiter punctatis, pedibus laete ferrugineis, antennis nigris, articulis 1—2 et tertio basi rufis. Long. 6 mill. 38. Cryptocephalus sansibaricus (n. sp.): Capite nigro, fronte rugulosa, margine juxta oculos elypeoque rufotestaceis, thorace rufo- testaceo, macula utrinque nigra subquadrata basi connexa, elytris striato-punctatis, rufotestaceis, macula humerali, altera fere media, faseciaque e maculis tribus 'confluentibus orta ante apicem nigris, corpore subtus nigro, abdominis basi media pedibusque rufo-testa- ceis, tarsis, tibiarum apice femorumque posticorum margine antico infuscatis. -— Long. 7 mill. Discedunt: Cr. pustulatus tarsis rufis elytrisque subtilius striato-punctatis; Cr. vinculatus fronte macula magna transversa rufa pedibusque nigris; Cr. senegalensis capite rufo calloque humerali intus profunde sulcato; Cr. apertus Gerst. capite pedibusque omnino nigris. 39. Cryptocephalus Hildebrandti (n. sp.): Capite nigro, fronte media flavonotata, thorace flavo, lobis nigris quatuor basi connexis, mediis longioribus et medio confluentibus, elytris flavis, sutura, vom 1. März 1880. 269 _ macula humerali et disci utriusqne duabus, ramulo transverso inter se connexis, nigris; corpore subtus cum pedibus nigro. — Long. -3mill. Valde affinis Or. maculicolli, multo minor, pedibus nigris et macula humerali non ad basin producta diversus. 40. Chrysomela sansibarica (n. sp.): Nitida, rotundato - ovata, elytris valde convexis, maxima latitudine post medium, omnino pi- ceo-aenea, elytris interdum subrufescentibus, vage sat fortiter pun- etatis, immixtis punetulis minimis, epipleuris antice latissimis sen- sim apicem versus angustatis. — Long. 9—10 mill. Omnino si- milis Ch. ponderosae, differt autem corpore minus oblongo, elytris latius rotundatis et magis convexis, immixtis, praecipue ad latera, punctulis minutis, epipleuris multo latioribus, prosterno postice acutius emarginato, virga maris antice rotundata, non obtuse an- gulata. | 41. Malacosoma unipunctata (n. sp.): Ferruginea, elytris rufo- testaceis, utriusque macula media transversa, corpore subtus cum pedibus nigro, abdomine rufo-testaceo, antennis nigris, articulo se- ceundo breviore, reliquis fere aequilongis. Differt mas abdominis segmento quinto medio inciso, antennarum articulis 7 et 8 crassiori- bus, hoc subtus late obtuse dentato. — Long. 9—11 mill. Occurrit etiam ad Portum Natalensem et nomine M. unipunctata Chevrol. i. 1. in musaeis vulgata. A lusitanica statura angustiore, thorace vix transverso, angulis anticis acutis et palpis tenuioribus discedit. Obs. 1. Gastrida abdominalis Chap. etiam in terra sansibarica a Dom. Hildebrandt capta. Unguiculi nobis potius appendiculati quam fissi visi, genus igitur prope Agelastica melius situm. Mas species hujus notabilis differt a femina anlunine, praecipue basi ‚inter femora, longe flavo-villoso. Obs. 2. Asbecesta cyanipennis Harold (1877) etiam a Dom. Hildebrandt capta. Huc referendae Aulacophora aeneipennis Baly - (1878) et Malacosoma viridipennis Chap. (1879). Obs. 3. Monolepta flaveola Gerst., itidem a Dom. Hildebrandt lecta, ad genus Candezea Chap. referenda, quod genus a Monolepta antennarum artieulo tertio praecedenti longiore tantum differt. 42. Candezea basalis (n. sp.): Capite ore nigro excepo, thorace- que rufotestaceis, elytris ferrugineis, scutello basique nigris, corpore subtus cum pedibus antennisque nigro, his articulo primo basi te- staceo, 3 secundo tertio longiore, 4 praecedentibus duobus simul sumtis fere aequilongo. — Long. 5— 6 mill. Habitu Diacanthae 270 Sitzung der phys.-math. Klasse vom 1. März 1880. duplicatae erst. valde similis, at corpore cum pedibus nigro et thorace non sulcato omnino diversa. | 43. Galerucella geniculata (n. sp.): Oblonga, parum convexa, lurido-testacea, dense griseo-pubescens, capite tuberculis frontalibus maculaque triangulari ad marginem posticum nigris, thorace trans- verso, parvo, margine laterali medio angulato, dorso nigrofasciato, elytris dense distinete punctatis, non costulatis, pedibus testaceis, femorum medio, tibiis post basin tarsisque piceis, antennis nigris, articulis 1—3 testaceis dorso infuscatis, tertio sequenti nonnihil breviore. Mas articulo septimo apice hamato. — Long. 10 mill. @. triloba, obscura et parvicollis valde similes at discedunt: iriloba elytris nitidioribus et subcostatis, thorace ad latera medio rotun- dato-prominulo, obscura thorace breviore, scutello latiore elytrisque minus confluenter fortius punctatis, parvicollis angulis postieis tho- racis oblique truncatis, angulo marginali longe ante medium posito, elytris minus distincte punetulatis. u EN PN Gesammisitzung vom 4. März 1880. 271 4. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Schrader las: Über den Lautwerth der Zeichen Ir und ZEN im Assyrischen. Wesen und lautlicher Werth der beiden Schriftzeichen Ir und ZEIY (babylonisch ETF) d.i. des durch Wiederholung des Zeichens rY und des anderen durch die Verbindung dieses selben Y mit einem vorgefügten FF (ER) gebildeten Zeichens schienen längst festgestellt. Seit der Zusammenstellung und Veröffentlichung as- syrischer Syllabare durch Hincks und Rawlinson hat man sich gewöhnt, das erste Zeichen ai, das andere ja zu lesen. Und was das letztere Zeichen betrifft, konnte man sich für seine Lesung wenigstens in einem Falle direkt auf die trilinguen Achämeniden- inschriften berufen, wird bier doch das persische Jauna(«d) (Behi- stuninschr., Inschr. von Naksch-i-Rustam) durch das assyrische erTr (m) ET 7 d. i. Ja-(a)-va-nu wiedergegeben! Bestätigen und erhärten liess sich diese Lesung dazu durch den Hinweis auf den Umstand, dass das betr. Zeichen in denselben trilinguen In- 5 u f u schriften sonst sehr gewöhnlich hinter einer Sylbe mit dem Vokale i erscheint wie z. B. Kambuzi- Priv; Dari- erTr -vus; Barzi- Er; Marti- Priv; Artavarzi- erTr u. a. m. Und wenn der assyrische Name Ar- E%|y -ramna’ gemäss Behist. 2,2 das Äqui- valent des pers. Arijärdmna ist, so war wiederum klar, dass das Zeichen Tr (zEIY) gerade nach einem vorhergehenden i-Vo- kale in Anwendung gebracht wurde. Weniger einfach lag die Sache bei dem Zeichen Mr. Für dieses boten die Eigennamen der trilinguen Inschriften kein direktes Aquivalent. Es war viel- mehr lediglich eine linguistische Combination, welche den Altmei- ster der Assyriologie, Sir Henry Rawlinson, dazu führte das betr. Zeichen als ai zu lesen, nachdem er früher eine lautliche Verwechselung (phonetic confusion) zwischen den Vokalen (? —) i und «@ angenommen hatte (Journal of Roy. Asiat. Soc. XIV, a (1851), Memoir p. 8 ann. 2).!) Und diese Combination stützte sich 1) Longperier R. A. IV, 2 p.505; VII, 2 p. 444.449 und anfangs (1849) auch Hincks lasen das Zeichen i bezw. ia und gi. Der Letztere adoptirte später (1852) die Ansicht H. Rawlinson’s. [1880] 20 272 Gesammtsitzung augenscheinlich einfach auf die Erwägung, dass die assyrischen Beziehungsadjektive, welche den hebräischen und arabischen auf & ("923 ete.), sowie den aramäischen auf ai (098, n-dN&), auch den äthiopischen auf ai [avi] entsprechen, die assyrischen in der Schrift auf die Endung Tr ausgingen, welcher graphischen Endung sel- ber demgemäss der Lautwerth ai zu eignen schien (s. noch Me- nant, le Syllabaire Assyrien I (1869 p. 256 ss.), eine Combina- tion, welche dazu durch den Wechsel dieses Mr = farm Y ZeIT — a-ja in Varianten ihre Bestätigung und äusserlich gra- phische Rechtfertigung zu erhalten schien (siehe Henry Raw- linson a. a. O.). Auf Grund dieser Erwägungen hatte man nun bislang den in Rede stehenden Zeichen die Lautwerthe resp. ja und ai vindieirt. Inzwischen sind nun aber von einem scharfsin- nigen jüngeren Gelehrten gegen diese Aufstellungen und Schluss- folgerungen erhebliche Zweifel und beachtenswerthe Einwände gel- tend gemacht worden. In seiner an feinen Beobachtungen und treffenden Bemerkungen reichen Schrift über „die sumerischen Fa- miliengesetze* (Lpz. 1879) sucht P. Haupt Seite 63 ff. die Unzu- länglichkeit der bisherigen Aufstellungen zu erweisen und spricht sich schliesslich dahin aus (S. 65), dass 1) Ir niemals, weder im Sumerischen, noch im Assyrischen den Lautwerth ai habe; 2) dass dasselbe Ir im Inlaute im Assyrischen stets den Laut- werth @ aufweise; 3) dass ZEIT in gewissen Fällen, beson- ders in fremden Eigennamen und im Pronomen suffix. der ersten Person in seine Bestandtheile FF (i) und Y (ja) zu zer- legen und :@ zu lesen, also nicht etwa Ja-hu-a, Ja-hu-da-ai, sondern ’Ja’üa, ’Ja’uda’a (d. i. hebr. wir, chald. 472), ebenso nicht a-bi-ja „mein Vater“, a-hi-ja „mein Bruder“, sondern abi'a, ahi’a u. Ss. w. zu sprechen sei; 4) endlich Mr und Zeit im An- laut den Lautwerth © zu haben schienen. Dass Ze die Sylbe i bezeichne, sei dazu nicht befremdlich, so wenig wie es anderseits auffallen könne, dass Mr, also a+a—==i sei: auch im Ägypti- schen sei ja l a, Qi dagegen i, bzw. ©. — Eine weitere Unter- suehung der Frage scheint hiernach geboten. Wir stellen dieselbe im Folgenden an. Will man über einen wie hier vorliegenden Einzelfall eine be- gründete Ansicht sich bilden, so wird man vorab auf das Wesen “ vom 4. März 1880. 273 des Ganzen, in diesem Fall auf die generelle Beschaffenheit der assyrischen Schrift sein Augenmerk zu richten haben. Dieser ist nun anerkanntermaassen die Übung eigen, die Länge der Vokale dadurch anzudeuten, dass dem betreffenden Sylbenzeichen das Zei- chen des in Betracht kommenden Vokals noch besonders und zwar ai Aa einmal angefügt wird: ni wird ausgedrückt durch das einfache Fr d.i. mi; lang mr dagegen durch Sy FE d. i. mi-i; ebenso schreibt man !ü lediglich =] d. i. Zu; Ta dagegen [EI < bzw. EN ee a i. iu-u. Niemals und nirgends findet sich nz als > = und lü als El als El ul ie d. h. mit wiederholtem einfachen Vokalzeichen S= oder tits (Ö) ge- schrieben, wie das bei Y Y, wenn in Wirklichkeit lautlich a +«a =ä, zu erwarten wäre. Im Gegentheil, wo sich für das eine dieser beiden Zeichen, für =TTT> == u, eine solche Wieder- holung desselben Vokalzeichens für das Auge in den Inschriften bietet, ist dieses ein zuverlässiger Fingerzeig, dass das eine der beiden identischen Sylbenzeichen in dem betreffenden Fall einen andern Werth als den des namhaft gemachten Vokals hatte! Wenn man z. B. in den Inschriften einem Effi >Tlie =]] Y — u-u-ki-tu begegnet, so weiss man, dass man in diesem Falle eben nicht u-u-ki-tu, sondern u-Sam(San)-ki-tu zu lesen hat, worüber nachträglich die Varianten ohnehin keinen Zweifel lassen (IR. 9, 45). Der Ausdruck der Länge der mit dem Vokal a gebildeten Sylben durch gesonderte (zweimalige) Wiederholung _ des Sylbenzeichens für a als Y +1 = 4a wäre somit jeden- falls gegen die sonstige, sicher verbürgte Analogie innerhalb der assyr. Schrift. Und dass in der That in der weit überwiegen- den Zahl von Fällen die Assyrer sich begnügen die Länge des Vokals auch bei den a-Sylben durch die einfache Beifügung eines einfachen, einzelnen besonderen a-Zeichens anzudeuten, ist unzwei- felhaft. Wie sie, wenn sie bei dem Namen des Gebirges Amanus die Länge des mittleren Vocals überhaupt andeuten wollen, dieses durch einfache Beifügung des Zeichens a bewerkstelligen und also A vK ET Y sr. = Sad Ha-ma-a-ni schrieben; vgl. —TT TK SH ErTT r sr. ir Ha-u-ra-a-ni = Haurdni „Haurän* .. u). >>; ebenso IT J-TIT er ri Y ir Ta-am-na-a 20° » 974 | Gesammtsitzung — „Tamnd“ d. i. man u.a. m.!), so ist auch die Pleneschrei- bung der pluralischen Endungen dni und dti immer nur eine sol- che mit einfachem, besonderem Iı _— Tr .rr. und Y 16; nie- mals finde ich hier Y Y Zeit steht vereinzelt); TK >! W IF ha-an-a-a — hansd (II Rawl. 62, 48 —45 g. h. (vgl. ABK. 236)): auch hier wird die Länge des (auslautenden) a-Vo- kals lediglich durch ein dem Zeichen der auf den a-Vokal ausge- henden Sylbe nachgesetztes einfaches Zeichen für a = Y ausge- drückt: niemals findet sich das Doppelzeichen Tr. Gleichzeitig erhellt, dass wenigstens in den aufgeführten Fällen es keinerlei Un- terschied macht, ob der betreffende gedehnte Vokal in der Mitte oder ob er am Ende (oder Anfang) des Wortes sich findet. Auch die Schreibung des Duals uznd, bezw. uzund „die beiden Ohren“ als ST > T TF an Stellen wie I Rawl. 29, 33; 51 col. I, 5 (Borsippa) lässt sich hierfür anführen. In allen diesen Fällen, in denen auch durch die Bildung selber die Aussprache @ verbürgt ist, wird immer nur ein einfaches Y — a als Dehnungszeichen in Anwendung gebracht, niemals ein doppeltgesetztes. Ebenso sicher lässt sich nun aber anderseits zeigen, dass dem Zeichen mit wiederholtem rY = Trtr wenigstens in einer Reihe von Fällen nicht der Lautwerth lang «, denn vielmehr der an- dere ai eignet. Es erhellt dieses ebensowohl aus der Wiedergabe 1) Vgl. auch aus den trilinguen Inschriften: 1>=T r zus -ja-vus d. i. Da-a-ri-ja-vus — pers. Därajavus (Beh.; Naksch-i-R. u. sonst); T Gu- ET Y -tw d. i. Gu-ma-a-tuw = pers. Gaumäta (Beh.); — | Urvi-iz- BETT TE -tav a. i. Uviz-da-a-tav — pers. Vahjazdala u.a. m. In einigen Fällen wird die Länge desselben auch wohl durch einen nachgesetzten Spiritus —= >! ange- deutet (s. darüber unten); in wieder andern wird sie überhaupt ° nicht besonders ausgedrückt. Nie und nirgends aber dient zur Bezeichnung des langen @ in den Eigennamen der trilinguen In- schriften das fragliche Zeichen |MMY. Dieser Umstand könnte viel- leicht allein schon als entscheidend betrachtet werden. vom 4. März 1880. 275 assyrischer Namen bei fremden Nationen, als auch aus derje- nigen von fremdsprachlichen Namen seitens der Assyrer. In ersterer Beziehung sei hingewiesen auf 4 ET IT I Y = Mada- TYff „Medien“, welches an Stellen wie 1 Rawl. 35 I, 7 u. s. w. unzweifelhaft nur und ausschliesslich das Land (nicht die Bewohner!) bezeichnet und das von den Hebräern statt durch Ma- da vielmehr durch Madai (72) wiedergegeben wird, was um so beachtenswerther, als die indogermanische, wahrscheinlich mit der alten heimischen sich deckende Aussprache Mada war (Behistunin- schrift u. s. w.); das auslautende ai der Hebräer hat eben darin seinen Grund, dass die Hebräer den Namen durch Vermittelung der Assyrer erhielten, welche den Namen Ma-da-ai = Moadai sprachen. Ein zweites sicheres Beispiel liefert der Name " al Y Y NAT [ET == Da- Ir -uk-ku, verglichen mit der grie- chischen Wiedergabe durch Anızys, welche Wiedergabe für die Urform nothwendig in der Mitte einen a-i-Laut postulirt, der nur in dem inschriftlichen Ir stecken kann. Ein drittes Beispiel re- präsentirt der Gottesname Kaivan hebr. ‘1°5, syr. eb; arab. De (für das hebr. 1‘3, wie statt „>> Amos 5, 26 zu lesen, s. uns. Bemerk. in Theol. Studd. u. Kritt. 1874 S. 827). Denn die- ses ist das assyrische (>-T) 7-7 Y IL ET 7a (II Rawl. 32, 25 s. Oppert im Journ. Asiat. 1871 p. 445). Ein viertes Beispiel liefert der Flussname Euläus, bei den Griechen EvAcıos, auch Eördios, inschriftlich IF pr zTfe »ET If TY cd Rawı. 19, col. III, 95)... Ein weiteres bietet der jüdische Monatsname N, or bei den Armäern, identisch mit dem mesopotamischen (->=Y) Y -ru = Ai-ru (s. Monatsliste bei Norris I, 50; Fr. Del. Lesest. 2. A. S. 70). Ein sechstes solches liegt in dem Namen des babylonischen Königs ’MovAaıos (TAovAmios? — vgl. des Jo- sephus ’EAovAatos) vor; denn dieser Name kann nur das babyloni- sche Ulul-ai „Der vom Monat Elul* sein (Keilinschriften und Ge- schichtsforschung, Giess. 1878 S. 336 Anm.); das zu postulirende ai des assyrischen Beziehungsadjectivs aber wird im Assyrischen consequent Ir geschrieben!). Der Wechsel dazu von dem von 1) Kanaanitisches »>ı>x wird dagegen folgerecht durch Zu-K-i wiedergegeben (vgl. Sanherib, Tayl. Cyl. IH, 35; Stierinschrift HIR. 12, 18; I Rawl. 43, 13). 276 Gesammtsitzung diesem ai abgeleiteten ait mit it (s. darüber ABK. 214 sub no. 4) spricht wenigstens nicht für eine Aussprache @ bzw. at des oder der betreffenden assyrischen Sylbenzeichen. Wenn in andern Fäl- len, z. B. bei dem persischen Namen Tschaispis (Caispis) = as- syrisch Sipis, der Vokal ai durch i wiedergegeben erscheint (Behist. babylon. Text I, 2. 31), so beweist bei demselben der sogenannte scythische Text, der Sispis (Cispis) bietet, dass die Incongruenz hier ihre besonderen Ursachen hatte; vergleiche auch Herodot’s Teiszys (mit = und gesondertem :) gegenüber desselben Antozns (mit „+ :). Ohnehin folgt hieraus noch nichts für die Aussprache des assyrischen Zeichens Mr. das in diesem Namen nicht vorkommt. — Dass nicht minder aber umge- kehrt assyrisches Ir fremdsprachlichem ai, bzw. dem. Misch- laute e entspricht, erhellt aus % er ı r KK, u BT ee | Y Tr IT Y Tr d. i. mat Na-ba- Tr -ti „Nabatäa*, mat Na-ba- Mr- -ta- Ir „der Nabatäer“ in den Inschriften Asurbani- pals (s. die Stellen bei mir Keilinschriften und Geschichtsforschung S. 104 Anm. 1), vgl. hebr. ni%25. Zu beachten ist beiläufig hier- bei auch noch der Wechsel von Nabaiti mit Napiati' (a.a.0.104 ob., wo auch über die incongruente Aussprache Nibaati 2. ist). Analog wird das hebr. 592” ">2 Jos. 19, 45 durch Da-na- Mr bar-ka wiedergegeben (Sanh. Tayl. Cyl. II, 66). Ur-sa-lim-mu — hebr. 25%" kann dagegen nicht angeführt werden; denn die assy- rische Transcription dieses Namens geht sicher auf ein aramäisches Sbwaın, SW) mit verkürztem Vokal in der letzten Sylbe zurück. Dagegen wieder gehört vielleicht noch hierher der arabische Kö- nigsname La- MI -i-i — Laili (Asarh. Cyl. II, 40), falls der- selbe mit arab. ei zusammenzustellen ist; möglicherweise auch der andere vH -ti'- (beachte die Var. \ ZEIT -u-ta-!) bei Asur- banipal Sm. 260, 9 u. ö., falls wir in einem solchen Uaiti” die arabische Deminutivbildung sehen dürfen. Wir wenden uns nun zur Constatirung des lautlichen Thatbe- standes für das Zeichen er. Hier steht uns ein weit reicheres Material zu Gebote. Wie die Hebräer die im Assyrischen mit dem Zeichen ZEIT a le ae r pY ZeTr SIT ST = Jane: „Nils und 3 BEI PET 4 = Ja-a-va-nu „Jonien*, ee durch x», kopt. sapo, ® vom 4. März 1880. . DR und >, das ist mit anlautendem 7, wiedergeben (s. Asurb. Sm. 41, 31. 32; Achämenideninschrr. passim)!), so schrieben die Assyrer die hebräischen, kanaanäischen, persischen, mit einem consonanti- schen j sei es im Beginne sei es in der Mitte gesprochenen Na- men ihrerseits mit ZEIT, das somit selber nur j(a) oder j(e) gelautet haben kann. Man vgl. syn „Jehu*, assyr. f Zeit N Br . . . 2 -u-a; Tin „Joachaz“, ass. Tzelr -u-ha-2i; Ymptm „Hizkia“ | Ha - za - ki- eTT -u (Var. Ha-za- ki- Tr -u Ss. darüber unten); ka- naan. IzEN - ki-in-lu-u „Jakinlü* (Asurb. Sm. 69, 64 u. ö.) vgl. mmss; pers. Arijärdmna, babyl. Ar- Zeit -ra-am-na-; persisch Kambujija babyl. Kam-bu-zi- ZEIT; pers. Därajavus babyl. Da- ri- Zeit -vuS; pers. Bardja babyl. Bar-zi- Zei; des Ferneren: kanaan. 2% „Joppe“ assyr. Ga) zeit -ap-pu-u; Mm „Ju- da“ ass. (4) et -u-di u. a. m. In allen diesen Namen ent- spricht das assyrische Zeichen Zeit einer mit j anhebenden Sylbe, kann selber also nur einen mit J anhebenden Sylbenlaut ausge- drückt haben. Wenn bei einigen der angeführten Namen z. B. bei Hazakijahu (s. vorhin), aber auch sonst, z. B. ganz gewöhnlich bei dem Pronomen suffixum der ersten Person Sing. des Nomens, mit dem Zeichen Det das andere Y = a wechselt, so lehrt eine nähere Betrachtung, dass dieses — von dem Vorhergehen eines u, womit es eine besondere Bewandniss hat, abgesehen — dann der Fall ist, wenn bereits, wie bei den angeführten Eigennamen, die vorhergehende Sylbe (in dem betreffenden Falle die Sylbe X:) den i-Vokal in sich schliesst. Ebenso wechselt mit mati- Zeit „mein Land* ganz gewöhnlich meti- IK u. 8. w. — Mit dem Aus- geführten stimmt übrigens auch das betr. Zeichen Zeit selber nach seinem graphischen Ursprunge, sofern dasselbe augenschein- lich aus den beiden Zeichen TE — i und Y "a "äusserlich zusammengesetzt ist. Es gilt dieses insbesondere auch von den von Haupt für die gegentheilige Meinung angezogenen Beispielen: 1) Das Gentile zu dem Namen lautet Ja-am(av)-na-ai (Botta 36, 22; Sargon’s Cylinderinschr. 21 u. ö.) s. Keilinschrr. u. Ge- schichtsforsch. S. 238. An 72°, griech. ’Ieuvaı, "Ieuvew, "Ievıc (Menant u. A.) ist bei letzterem nicht zu denken. 278- . Gesammtsitzung T zeit -u-a „Jehu* und 4 a -u-di, wie man sich durch einen Blick auf die Photographien und Originalabgüsse der betr. Inschriften leicht überzeugen kann: die betr. Zeichen bilden der- malen in der That nur ein Zeichen: die Schreiber lassen hierüber nicht den geringsten Zweifel.) | Als Resultat hätte sich bis jetzt herausgestellt, dass, soweit wir sehen können, in den Eigennamen und zwar den fremden ebensowohl wie den heimischen den betreffenden Zeichen Ir und zeit je die Lautwerthe ai, bezw. ja eignen, was bei dem Zei- chen für ja auch mit der äusseren, graphischen Form des Zeichens in Harmonie ist: das betreffende Zeichen 6) ist eben aus den beiden besonderen Zeichen ZF und IK lediglich zusammengesetzt. Dass anderseits das durch Wiederholung des einfachen Y ==, 708 gebildete Doppelzeichen Ir mit dem Lautwerthe ai ausgestattet erscheint, verliert sein Auffälliges durch die bereits von Haupt selber beigebrachte Analogie der ägyptischen Schrift, in welcher dem einfachen Ü der Lautwerth « (nach Lepsius ist es genauer der Spiritus lenis), dem gedoppelten l dagegen das grundverschie- dene i eignet (s. 0.2). Für das Assyrische selber steht z. B. auf « d. 1. rein äusserlich (+4 u-+ u zu verweisen, dem aber dieser seiner graphischen Gestalt wegen nicht etwa der Lautwerth lang ü& eignet, denn vielmehr der grundverschiedene man, bezw. nis. Wenn nun aber das Ausgeführte, so wie dargelegt, in Bezug auf den Lautwerth der betreffenden Zeichen bei den Namen gilt, 1). Jener Satz wird auch durch den Hinweis auf die neben der Schreibung TETT-at-na-na „Land Jatnan“ auf den Stierinschriften Sargons sich findende weitere Zei -na-na — Atnana (s. dar- über Keilinschrr. u. Geschichtsforsch. S. 242 Anm.**) nicht ent- kräftet werden können. Abgesehen davon, dass wir gar nicht wissen, welchem fremdländischen Namen der betreffende in Wirklich- keit entspricht, sind die Stierinschriften den anderen Sargons- inschriften gegenüber auch sonst durch graphische Eigenthümlich- keiten und Absonderlichkeiten ausgezeichnet. Zudem würde die- ses Beispiel für ZeIr gar auf eine Aussprache a führen, die doch ganz sicherlich nicht in Frage kommen kann; Haupt selber ver- muthet für das betr. Zeichen, wenn es, wie hier, im Anlaut steht, den Lautwerth i (?). ”) Vgl. hierfür bereits Longperier in Rev. Arch. VII, 2 p. 444, vom 4. März 1880. 209 so wird Jedermann wohl von vornherein zugeben, dass es dann zum Mindesten höchst seltsam, wenn nicht unerhört und einfach unglaublich sein würde, wenn bei Appellativen sich die Sache anders verhalten und hier dem betreffenden Zeichen ganz andere Lautwerthe zukommen sollten. Dieses aber würde der Fall sein, wenn es mit den weiteren Sätzen seine Richtigkeit hätte, dass nämlich sowohl dem Zeichen Ir, dem, entgegen der Behauptung des Genannten, zweifellos wenigstens bei den Eigennamen der Lautwerth ai zukommt, einmal, im Inlaute, der Lautwerth a, und da- zu im Anlaute, zugleich mit dem Zeichen ZEIT, wahrscheinlich der andere i eigne (Haupt s. o.). Schon an sich würde eine solche lautwerthige Hypertrophie im höchsten Maasse befremdlich sein. Es ist richtig, dass wir für u durchweg zwei ganz gleichwerthige Zeichen im Gebrauch sehen (ET|Te und (). Aber beide Zeichen drücken ein jedes immer nur einen Vokal (uw) aus, nicht daneben zugleich sei es ein a, sei es ein w, und das ist eben in der Natur der Sache begründet. Hier dagegen würden wir, durch ein und dasselbe Zeichen ausgedrückt, dreien ganz verschiedenen voka- lischen Werthen ai, &d und in gewissen Fällen sogar i begegnen, und bei dem Zeichen Zeit würden wenigstens 3 derartige Werthe (ja und i) im Gebrauch erscheinen. Man verlangt zum Mindesten bestimmte Gesetze, durch welche der verschiedene Gebrauch der betr. Zeichen in gewissen Fällen geregelt würde. Haupt glaubt nun aller- „dings auch solche gefunden zu haben. Nach ihm eignet ja (s. o.) dem Zeichen Ty!f der Lautwerth & im Inlaute, im Anlaute da- gegen schiene demselben der Lautwerth © zuzukommen. Ebenso habe das Zeichen ZEIT den Lautwerth ja als i-a zwar in Fremd- wörtern und im Pron. suffixum der ersten Person, sonst aber im Anlaute ebenfalls den Lautwerth i. Schon an sich müsste eine solche Reservirung gewisser Lautwerthe eines Zeichens für eine gewisse Stelle der Wörter (sei es Anfang, Mitte oder Ende) im höchsten Maasse überraschen, jedenfalls wäre auf dem Gebiete der assyrischen Schrift eine Ausstattung der Zeichen mit verschiedenen bestimmten einfachen vokalischen Lautwerthen und in dieser Weise unerhört!). Nun aber haben wir bereits gesehen, dass jener Doppel- 1) Ein Satz, der beiläufig auch nicht durch Schreibweisen um- gestossen wird, bei denen ein sonst andersartig, z. B. vokalisch, aber auch consonantisch gebrauchtes Zeichen lediglich dem formalen Zwecke 280 Gesammtsitzung satz in beiden Fällen wenigstens durch die Schreibung der Eigen- namen durchbrochen wird. Wie denn ist er sonst begründet? Dass zuvörderst das Zeichen Ir im Inlaute und zwar nach einer mit a auslautenden Sylbe in gewissen Fällen wie bei den Eigennamen den Lautwerth ai hat, ergiebt sich mit Sicherheit aus der doppelten Erscheinung, einmal dass bei den Nominibus i«- Ir -ar-tu „Rückkehr“ und ka- Ir -nu „fest“ in Varianten je ta - ZEIT -ar-tu und ka- ZeIr -nu geschrieben wird (Asurn. I, 24; II, 15), und anderseits aus demselben ganz gewöhnlichen Wechsel bei der Endung Tr der Nomina gentilicia wie Mus-ka-a- zeit Tigl. Pil.I col.I, 63 neben Mus- ka- TYYf (Khors. 151); Ku-mu-ha-a- Zeit neben Ku-mu-ha- Ir Asurn. III, 96 (s. KG. 156). Vel. ferner die Variante Zeit zu Ir in den Gentilicien Asurn. I, 55 (zweimal); 57 [vgl.auch KG. 145]; 96; 1I, 22; III,591); ferner Asurb. Cyl. B VI, 62 (IIIR 33): Habla- ZETY neben Habla- YYYY, u.a. m. Da nun in dem die Variante bildenden Zeichen ZEIT unter allen Umständen, es mag nun hier i-a oder (Haupt) bloss 7 gesprochen sein, irgendwie der i-Vokal steckt, so leuchtet ein, dass auch in dem parallelen Zeichen Ir ein solcher i-Vokal enthalten ist und dasselbe nicht das Zeichen für ein reines (langes) @ (Haupt) gewesen sein kann: die Substitution des langen d-Vokals durch ein ia oder einfaches i erscheint in diesen Fällen undenkbar (dass das 7il-abna- IF statt Til-abna- TYIY Asurn. III, 55 lediglich auf einem Versehen der Dehnung eines Vokales dient, wie wenn z.B. statt HZumri theils HAu-um-ri-i, theils HJu-um-ri-a, statt u-si theils u-si, theils u-si-a (Monolith Salmanassars II, 66); statt Sapiö theils Sa-pi-’, theils Sa-pi-ja (Tigl. Pil. in II Rawl. 67, 23 vgl. mit 27) geschrieben wird, oder aber wie wenn die trilinguen Inschriften das auslau- tende lange u in den pluralischen Verbalformen statt mit u mit u- (mit a>T) schreiben z. B. it-t-ik-ru-" Beh. 1, 16, it-tal-ku-' ebend. u. ö. Es wird denn doch Niemandem in den Sinn kommen, wegen dieser Verwendung der Zeichen Tr und >! denselben die resp. Lautwerthe 5 und u beizulegen oder aber etwa umgekehrt, weil IR. 17, 21 und sonst mit n«- >! -du — na’du auch na- rY -du = nddu wechselt, nun dem Hauchzeichen A>T geradezu den Vokalwerth des Zeichens IL zu vindiciren! — 1) S. hierzu bereits H. Rawlinson in JRAS. XIV. Mem. 8. Ihn hatte wohl auch Oppert GGA. 1879 8. 1621°*) im Auge. EN vom 4. Marz 1880. 281 des Tafelschreibers (oder aber des Herausgebers?) beruht, beweist das nur acht Zeilen weiter (Z. 63) sich findende correcte Til-abna- Mm. Dass man mir gar vollends nicht das gut verbürgte (4) Kam-ma-nu-u- I „der Ohammanäer“ bei Sargon, Stierinschrr. Botta 26, 19; 28, 27; 32, 24; 36, 25; 41, 34; 44, 26 (hier kurzes u!-); 54, 30; 62, 26 entgegenhalten wird, darf ich ja wohl nicht besor- gen: der Übergang des sonst als Endung der Gentilicia erscheinen- den Ir (=ai) in Y — a ist nach dem Übergange des parallelen et (=ja) in a in Fällen wie ka-tu-u-a = kati-ja (s. die Var. Assurb. IV, 126 in III Rawl. pl. 20 und vgl. die babylonischen In- schriften mit ihrem ga-tu-(w)-a) zu beurtheilen d. h. aus dem Ein- flusse des dem ja vorhergehenden ö zu erklären (ABK. S. 246 Text und Anm. 2), wie denn ohnehin zum Überflusse in der Pa- rallelstelle Porte k, Taureau 2 p. 48, 26 einmal auch geradezu Kam-ma-nu- Tr d. i. Kammanuai geschrieben ist!). 1) Wenn neuerdings J. Oppert in den Gött. gel. Anzz. 1879 S. 807 das beregte Kammanda statt für das Beziehungsadjectiv, welches es ist, für den Landesnamen selber erklärt, der nämlich Khammanüa, nicht Kammanu gewesen sei, wie wir Anderen auf Grund von Botta 81, 10. 15; 148, 10 bisher gemeint und gelehrt haben, so ist dieser arge Missgriff wohl nur aus dem Eifer pole- mischer Art zu erklären, in welchen der Betreffende sich allmäh- lich hineingeredet hat, — spricht doch er selbst da, wo Polemik nicht ins Spiel kommt, ganz unbefangen und richtig von einem mat Kammanu und einem „Lande Khamman“* (Khorsabadinsch. Z. 82; Records of the Past VII, 38), dazu von HJammanüa, als dem „Chammanäer“ Ainseriptions de Dour-Sark. 4, 34)! — — Übrigens statt Kammanu nun wieder mit Rücksicht ii das Grie- chische Xauuavnyvn Hammanu zu transceribiren, liegt kein Grund vor, da die Wiedergabe des bei den Semiten durch % bezeichneten Lau- tes durch ein griechisches x, ganz gewöhnlich ist (vgl. statt aller sonstigen Beispiele assyr. Kaldi(ai) mit hebr. Kasdim, griech. X«A- öcto:), und da der Lautwerth ham dem betreffenden Zeichen jeden- falls erheblich seltener eignet, als der andere kam. Assyrisches oder von den Assyrern so wiedergegebenes Ah anderseits wird von den Griechen im Anlaut sonst gern entweder als ganz weicher Hauchlaut aufgefasst und demgemäss durch Spiritus lenis angedeu- tet vgl. assyr. Hamanu „Amanus* == griech. "Anavos; Habur = "Apogeas (neben Xußwacs), oder aber zu % erhärtet, wie in Kadoaı — hebr. ‘An, assyr. Harranu; Kırızia — en, assyr. Hilakku u.a.m. Für Letzteres s. H. Gelzer in Ägypt. Ztschr. 1875 8. 17. 282. Gesammtsitzung Steht nun hiernach fest, 1) dass das Zeichen Ir in Eigen- namen durchweg den Lautwerth ai hat; 2) demselben bei Appel- lativen jedenfalls nicht der Lautwerth & eignet, da ja das Zeichen mit ja wechselt, so wird jeder Unbefangene sich fragen, warum denn bei den Appellativen dem betreffenden Zeichen nicht auch je- ner sonst constatirte Werth ai und zwar im Inlaute, wie im An- laute zukommen solle? — Dass dieses wenigstens das sei, was von vornherein zu erwarten, wird man mir zugeben. Untersuchen wir das Einzelne. Wie steht es zunächst mit der Aussprache des Zei- chens Ir für den Anlaut? Haupt ist geneigt, in diesem Falle dem Zeichen Mr (wie auch dem andern ZETY) den Werth i zu vindieiren. Nun aber haben wir gesehen, dass zwar das Zeichen Ir freilich mit dem andern Ze im Inlaut wechselt, aber die- ses so, dass dadurch für das erstere zunächst der Lautwerth d, nicht minder aber auch der Lautwerth © kategorisch ausgeschlos- sen ist: ein är-ti konnte nie und nimmer ta-a- TyTY - ar-ti oder ta - Zeit -ar-ti (s. 0.) assyrisch geschrieben werden und tairti wäre gerade nach Haupt selber eine unmögliche Bildung. Es folgt daraus, dass, wie die Lautwerthe a und ja je den Zeichen TFIY und ZeTT sicher eignen, so anderseits der Lautwerth i denselben zunächst nicht im Inlaute, dann aber weiter vermuthlich auch nicht im Anlaute eignen werde. Diese letztere Annahme hat um so weniger Wahrscheinlichkeit, als ja für den Lautwerth © bereits ein anderes Zeichen im Gebrauch ist, ein Wechsel aber zwischen > . « . . 3 > . = jenen beiden Zeichen einerseits, dem Zeichen „>= anderseits, wie ein solcher nach der Analogie des Wechsels von Sulz und Ä zu erwarten wäre, in den Texten mit Nichten vorliegt. Niemals wechselt mit TITY -2u „Feind“, Ir -/u „Widder“, Ir -umma . . > . . j „irgendwer“ u. s. w., ein. -bu = i-bu, = -lu = i-lu, TE -um- ma — i-um-ma u.Ss. w.. während wir doch einem = = Ja-bu, Zei -umma — ja-umma etc. begegnen? — Allerdings ver- weist F. Delitzsch bei Haupt S. 75 für die Aussprache i(£) des Zeichens MM, wenn es Prohibitivpartikel ist, auf zwei Stellen der mythologischen Tafeln, nämlich auf eine mir nicht zugängliche der Iztubarlegenden und auf die Stelle Rev. 19 der „Höllenfahrt des Istar“. Allein abgesehen davon, dass das gefärbte ‘ noch immer nicht das einfache ; ist, dass weiter auch, selbst wenn man A 1 vom 4. März 1880. 233 die Erklärung Delitzsch’s ( bi-@l-t „nicht, o Herrin!“) adoptirt, der Sinn des betreffenden Verses doch noch recht dunkel bleibt, so fragt es sich dazu noch, ob jenes exclamative # mit jener Pro- hibitivpartikel (ai) überhaupt zu identificiren ist. Ob aber das äthio- pische A, zur Erläuterung herangezogen werden kann, seinen Zu- sammenhang mit assyr. Ir zugegeben, lassen wir dazu dahinge- stell. In dem Assyrischen mit seiner starken Degenerirung der diphthongischen Laute sollte sich die Spur des Mischlautes in der Schreibung mit dem gefärbten —= Eh erhalten haben, im Äthio- pischen A, = i dagegen nicht? Dass nun aber das Ausgeführte für das Zeichen Mr, auch was den Inlaut anbetrifft, gilt, folgt für mich mit Sicherheit aus dem bereits S. 280 von mir aufgezeigten Wechsel der Beziehungs- ‚adjective auf Ir mit solchen auf Zeit (vgl. auch ta- Ir -ar-tu und ka- Ir -va-nu in ihrer Schreibung mit Zeit an den betr. Orten). Aus dem Vorstehenden dürfte klar sein, dass die graphischen Instanzen entschieden für die bisherige Ansicht von den lautlichen Werthen der in Rede stehenden Zeichen sprechen. So erübrigt lediglich noch die Erörterung der im engeren Sinne linguistischen Gründe, welche für die gegentheilige Ansicht geltend gemacht werden. An die Spitze seiner Argumentation stellt Haupt den Satz, dass das Assyrische jeden Diphthong in einen einfachen Laut ver- wandle, demnach jedes ai nach assyrischem Lautgesetze in i' — Ir übergehen müsse, so dass weder für ein Zeichen ai noch für ein Zeichen ja unter den assyrischen Lautwerthzeichen Platz sei. Nun ist es zweifellos ein grosses Verdienst Haupt’s, dieses Ge- setz der Monophthongisirung der semitischen Diphthonge für ge- wisse Fälle im Assyrischen aufgezeigt zu haben. In der aus- schliessenden Anwendung dieses Gesetzes aber vermögen wir ihm nicht zu folgen. Der oben S. 280 aufgezeigte Wechsel von Ir und ZEIT auch im Inlaut nöthigt selbst bei Haupt’s eigenen Annahmen betreffs der Lautwerthe dieser Zeichen zu der Statuirung diphthongischer Laute. Anderseits kann darüber kein Zweifel sein, dass in der Mitte der Worte und nach einer auf den Vocal a auslautenden Sylbe zuweilen statt des gedoppelten Y == Trtr vielmehr ein einfaches Y auftritt und mit jenem wechselt; ja un- ter Umständen begegnet uns lediglich das Zeichen, das entspre- 284 Gesammisitzung vom 4. Marz 1880. chend dem Zeichen für die mit a beginnende Sylbe eine mit @ an- hebende Sylbe ausdrückt. Zu den von Haupt beigebrachten Bei- spielen u-ka- 7 -an (und u-kan) neben u-ka- m -an, ta- Tr -rat neben ta- Ir -rat, da- Y -an neben da- Ir -an (nuv) füge ich aus einem Syllabar (s. Il Rawl. 12 Rev. 29 b) noch hinzu: ut- ta-ar d.i. utiar, das sich zu u-Ü-ir = uti'r wie u-na-ak-kar — unakkar zu u-na-ki-ir — unakir (Il Rawl. 11, 58. 62 h) einer- seits, u-ka- Y -an II R. 11, 68 h zu u-ki-in (66) anderseits verhält, wofür im letzteren Falle die Schreibung der pluralischen Person u-ka-an-nu-u d.i. ukannü 69h (geg. ABK. 23) noch die hier besonders erwünschte urkundliche Gewähr übernimmt. Den auf das Vorstehende gegründeten Schluss Haupt’s nun aber, dass demgemäss jene Schreibungen dieselbe Aussprache voraussetzten und dass insbesondere auch u-ka- Mr -an, ta- rn -rat, da- Mr -nu u. 8. f. ukan, tdrat, danu zu sprechen wären, müssen wir ab- lehnen. Bei einer solchen Annahme sind die oben aufgezeigten Varianten tajartu und kajanu schlechterdings nicht zu erklären und zu begreifen. Folgerichtig und sachlich zulässig scheint mir vielmehr einzig die Annahme, dass eben zwei Aussprachen derar- tiger Wörter (soviel ich sehe, findet sich die Erscheinung nur bei Bil-- dungen von mittelvokaligen Wurzeln) neben einander bestanden, bezw. im Laufe der Zeit sich herausgebildet hatten. Vielleicht ging in gewissen Fällen ursprüngliches langes & (das in der Schrift unter Umständen auch als @ bezeichnet werden und zum Ausdruck gelangen konnte) in den Mischlaut 2 über, ein Laut, der dann aber, da die assyrische Schrift besondere Zeichen für Misch- laute überhaupt nicht besitzt, durch das für den Diphthong ai ge- bräuchliche Zeichen, also Ir angedeutet worden wäre. Wie immer man sich aber auch linguistisch jenen Wechsel von d und ai zu- rechtlegen möge, an der Anerkennung der, wie wir gezeigt zu ha- ben glauben, unzweifelhaften Thatsache der Existenz von Zeichen für die Laute ai und ja in der assyrischen Schrift und der Verwen- dung der Zeichen Yr und = je für den betreffenden kann uns dieser Wechsel nicht irre machen. a: Gesammisitzung vom 11. März 1880. - 285 11. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. v. Sybel las über die Schenkung von Kiersey. Hr. Helmholtz las: Über Bewegungsströme am polarisirten Platina. Meine unter dem 7. Februar 1879 der Akademie mitgetheilten Betrachtungen über die capillar-elektrischen Phänomene veranlassten mich zu untersuchen, in wie weit ähnliche Vorgänge bei den Be- wesungen einer elektrolytischen Flüssigkeit längs polarisirter Platinplatten Statt fänden. Dass bei solchen Bewegungen starke Veränderungen der Stromstärke vorkommen, war seit alter Zeit ‘ bekannt. Ich habe der Akademie schon am 26. Nov. v. J. über diese Versuche berichtet. Dabei mischten sich aber verschiedene, bisher noch nicht ein- gehend untersuchte Einflüsse ein, die, wie mir scheint, hauptsäch- "lich durch Eintritt und Ausscheiden oceludirten Wasserstoffs in das Platina bedingt sind, zum Theil auch durch die Widerstandsände- rungen, welche die Fortführung der Jonen in der Flüssigkeit hervor- bringt. Diese Vorgänge erforderten noch eine besondere Unter- suchung, ehe die ziemlich verwickelten Wirkungen der Flüssigkeits- strömung unter einheitliche Gesichtspunkte gebracht werden konn- ten. Im Folgenden gebe ich eine Zusammenfassung der von mir sefundenen Ergebnisse. Methoden der Beobachtung. Es handelte sich darum die Wirkungen, welche die Polarisa- tion jeder einzelnen Elektrode hervorbringt, unabhängig von der gleichzeitigen Polarisation der andern Elektrode. zu untersuchen. Dabei mussten Verunreinigungen der elektrolytischen Flüssigkeit auch mit den minimalsten Mengen solcher Metalle, die durch Wasserstoff reducirt oder durch Sauerstoff als Superoxyde nieder- geschlagen werden können, vermieden werden. Die folgenden Versuche sind angestellt an Elektroden von Platindraht (0,5”” dick, 60”%” Jang, in Glas eingeschmolzen, wo sie die Flüssigkeitsoberfläche schnitten), welche in Wasser, das mit Schwefelsäure ein wenig säuerlich gemacht war, tauchten. Die 286 Gesammisitzung einem solchen Drahte entgegengestellte zweite Elektrode bestand in einzelnen Versuchsreihen, wo der Platindraht hauptsächlich als- Kathode gebraucht wurde, aus Zinkamalgam, welches unter diesen Umständen keine Polarisation annimmt, und bei den schwachen Strömen, die gebraucht wurden, nur sehr langsam Zink an die Flüssigkeit abgiebt. In vielen andern Versuchsreihen wurde dagegen statt einer einfachen zweiten Elektrode ein Paar von Platinplatten gebraucht, zwischen denen dauernd durch zwei Daniells ein schwa- cher, Wasser zersetzender Strom unterhalten wurde. Diese beiden Elemente ohne Thonzelle waren so eingerichtet, dass man durch tägliches Zugiessen von etwas mit Schwefelsäure angesäuertem Wasser die Schicht entfernen konnte, in der die unten stehende schwere Kupfervitriollösung in das darüber stehende saure Wasser diffundirte.. So war es möglich die beiden Elemente viele Monate lang fortdauernd wirken zu lassen und in unverändertem Zustande zu erhalten. Die Batterie war ausser durch die beiden Platin- platten in der Flüssigkeit, auch noch durch einen Widerstand von 2000 Quecksilbereinheiten (Siemens’sche Widerstandsscalen) ge- schlossen, und von einer beliebig veränderlichen Stelle dieser Neben- leitung eine metallische Leitung durch ein kleines, schnell beweg- liches und schnell gedämpftes Thomson’sches Galvanometer zu der drahtförmigen Platinelektrode geführt. Da durch die fortdauernd, wenn auch unsichtbar, vorgehende Wasserzersetzung jede Spur einer hinzukommenden andern Polarisation der grossen Platin- platten bald ausgeglichen wird, und die Drahtelektrode ausser- dem wegen ihrer kleinen Oberfläche eine erhebliche Polarisation annehmen kann, ehe diese auf der etwa 50 Mal grösseren Ober- fläche der wasserzersetzenden Platten merklich wird: so verhielt sich in der That diese Combination so, als wäre das Paar der Platinplatten eine unpolarisirbare Elektrode, welche frei von dem Nachtheile war die Zusammensetzung der Flüssigkeit durch Auf- lösung oder Niederschlag zu verändern. Nur muss vermieden werden in der Umgebung der Wasserstoffplatte Wasserströme zu erregen. Die hier in Betracht kommenden Versuche, mit dieser Combination ausgeführt, gaben ganz die gleichen Resultate, wie die mit dem als Anode unpolarisirbaren Zinkamalgam. Mittels der genannten Nebenschliessung konnte man jeden beliebigen Werth elektromotorischer Kraft zwischen jenen beiden Platinplatten und dem Elektrodendrahte wirken lassen. Gewöhnlich wurde noch ein vom 11. Marz 1880. 287 zweiter gleicher Elektrodendraht B angewendet, und fortdauernd ähnlichen elektromotorischen Kräften wie A ausgesetzt, theils um beide Elektroden auch gegen einander gesetzt durch das Galvano- meter zu verbinden und die Ströme bei Erschütterung der einen oder andern im stromlosen Zustande zu beobachten, theils um die eine von ihnen etwas geänderten Bedingungen auszusetzen, während die andre in unverändertem Zustande blieb, und dadurch den Ein- fluss solcher Veränderungen unabhängig von sonstigen Störungen festzustellen. Das Schema der Leitungen war also das beiste- hende: C ist ein grosses rundes Glasgefäss mit dem sauren Wasser gefüllt, HZ und O sind die beiden Wasser zersetzenden Platinplatten, A und B die beiden Drähte, D die beiden Daniells, oh die Scala von 2000 Widerstandseinheiten, Aa, Bb, fc die zum Galvanometer G führenden Drähte. Je nach der gewählten Verbindung konnte gleichzeitig A und B über c und / mit der Batterie verbunden werden, wobei das Galvranometer entweder in Aac oder in Bbec lag, oder die Leitung war Aa@GbB, wobei die etwa bestehenden Differenzen des Zustands von A und B sich geltend machen. Zur Controlle der Stromstärke des Wasser zersetzenden Stroms war noch ein Multiplicator in den Zweig OD eingeschaltet. Der Wider- stand der beiden Daniells mit den Verbindungsdrähten zur Scala oh betrug im Mittel 72 S. Der Strom durch die Flüssigkeit war theils wegen der Polarisation der Platten Z und O, theils wegen des grossen Widerstands der Flüssigkeit so geschwächt, dass die Unterbrechung desselben die Stromstärke im Zweige oh kaum be- [1880] I 288 Gesammtsitzung einflusste. Nimmt man den Mittelpunkt der Scala als Nullpunkt für die in den Zweigen Af und Bf wirkenden elektromotorischen Kräfte & und charakterisirt diese durch die Angabe der Wider- standseinheiten S, die entweder nach der positiven Seite (Zinkpol) oder nach der negativen (Kupferpol) zwischen f und der Mitte liegen, so ist die Grösse von & auf Daniells zurückzuführen, wenn man mit 1036 dividirt. Die hier gebrauchten Daniells ent- halten Kupfer in concentrirter Kupfervitriollösung und amalgamirtes Zink in schwach angesäuertem Wasser. In den mit amagalmirtem Zink als zweiter Elektrode con- struirten Ketten wurde die Platte O weggenommen und statt A das flüssige Zinkamalgam in einem Porcellanschälchen eingesetzt. Ein in das Amalgam eintauchender, von Glas umgebener Platin- draht leitete hinaus nach D hin. Der dem früheren Nullpunkt sich ähnlich verhaltende Punkt der Scala lag dann aber um 450 $ mehr nach der negativen Seite der Scala hin. Die Phänomene der eintretenden und verschwindenden Wasserstoff-Ocelusion. Wenn man f mit o verbindet, also & = — 1000 macht, dann diese Verbindung 4 bis 8 Tage wirken lässt, um allen occludirten Wasserstoff aus den Drähten A und B durch Sauerstoffentwicke-. lung an ihrer Oberfläche zu entfernen, und abwartet, bis der an- fangs stärkere Strom durch die Drähte nicht weiter sinkt: so ent- spricht der Draht beim Übergange zu Werthen von @, die zwischen — 900 und O liegen, ziemlich gut der von Sir W. Thomson aus- gegangenen Auffassung, wonach bei einer zur Wasserzersetzung unzureichenden elektromotorischen Kraft die Oberfläche einer Elek- trode sich wie ein Condensator von äusserst geringer Dicke des isolirenden Mediums verhält. Das heisst: bei jeder Verringerung der elektromotorischen Kraft zwischen diesen Grenzen erfolgt eine kurz dauernde negative Schwankung der Stromstärke, bei jeder Verstärkung eine ebenso kurz dauernde positive Schwankung, die schon nach 2 bis 3 Minuten fast vollständig wieder verschwunden ist. Allerdings bleibt ein sehr geringer negativer (anodischer) Strom dauernd bestehen, der wohl als ein von den im Wasser aufgelösten Gasen (unter denen auch Wasserstoff von der Platte 7 ist) herrührender Convectionsstrom zu deuten ist. vom 11. März 1880. 289 Der Vorgang ändert sich, wenn man die Grenze & = (0 über- schreitet und zu positiven Werthen übergeht. Es treten positive - Ströme auf, die schon bei & = 200 eine viel bedeutendere Inten- sität erlangen als alle bisher erwähnten Ströme, und nicht mehr _ schnell verschwinden, sondern Stunden lang anhalten unter lang- - samer Abnahme ihrer Stärke. Während also vorher von & = — 800 bis &® = + 100 die Grenzen — 10 und + 10 an der Scala des Galvanometers bei den 100 S betragenden Verschiebungen in der "Lage des Abzweigungspunktes /f an der Scala oh rückwärts und vorwärts kaum für einige Minuten überschritten waren, tritt nun eine Ablenkung von + 120 ein, die nach 4 Stunden erst auf + 30 sesunken ist. Nach 24 Stunden ist aber auch dieser Strom wieder auf etwa + 10 zurückgegangen und sinkt langsam noch weiter. ‚Da anderthalb Daniells zur schwächsten dauernden Wasserzer- setzung nöthig sind, so kann eine Ausscheidung freien Wasserstoffs an dem Platindraht bei den hier angewendeten elektromotorischen Kräften noch nicht stattfinden, und ich schliesse deshalb, dass die starke Steigerung des Stroms von der Aufnahme und Ocelusion des Wasserstoffs in das Platina herrühr. Wenn Z von O sich scheidend in enge Verbindung mit dem stark negativen Pt tritt, wird für diese Scheidung keine so grosse Arbeit nöthig sein, als um unverbundenes 7 von O zu scheiden. In der That ist das Quantum Wasserstoff, welches hierbei dem Platina zugeführt wird, nicht unbeträchtlich. Ein Strom, der an dem von mir gebrauch- ten Galvanometer 100° Ablenkung giebt, liefert in der Stunde 16,4 cb. mm. Wasserstoff. Graham’s Angaben über die Menge H, welche vom Platina aufgenommen werden können, sind wohl zu niedrig ausgefallen, da man, wie ich gefunden, Tage lang warten muss, ehe die Sättigung vollständig ist. Die von ihm angegebene Grösse der Ocelusion würde in der That ein Strom von 72° mei- nes Galvanometers in einer Stunde liefern können. | Nachdem der erste starke Strom der beginnenden Wasserstoff- beladung des Platina nachgelassen hat, tritt eine eigenthümliche, von dem bisher beobachteten Verhalten galvanisch polarisirter Me- talle abweichende Erscheinung ein, wenn man vorübergehend grös- sere elektromotorische Kräfte einwirken lässt. Bei der Rückkehr auf die früher gebrauchte Kraft, ® = + 200, tritt nämlich nun nicht eine Schwächung des früheren Stromes, sondern nach einem N 290 Gesammtsitzung schnell vorübergehenden negativen Ausschlage im Gegentheil eine sehr erhebliche Steigerung bis zu 70 oder 90 Scalentheilen ein, die aber schneller verschwindet als der frühere Strom von 120°. Neue Verstärkung lässt sich durch neue vorübergehende Einfüh- rung einer grösseren elektromotorischen Kraft erzielen, doch wer- den die Nachwirkungen immer kleiner und weniger dauernd, je öfter man den Versuch wiederholt. Es genügt schon eine Steige- rung des Werthes & um 200 unserer Widerstandsscala auf 2 Minu- ten, um die Erscheinung sichtbar zu machen; stärkere und längere : Steigerungen machen sie stärker. Sie zeigt sich in ähnlicher Weise, nur weniger ausgesprochen, wenn man, ohne sich zu lange bei & = + 200 aufzuhalten, zu stärkeren Kräften bis & = 500 übergeht, wo die dauernde Wasserzersetzung beginnt; in schwa- chem Maasse und zögernd tritt sie auch noch bis & = 800. ein, nachdem man auf kurze Zeit & = 900 oder & = 1000 geschlos- sen hatte. Sie fällt aber fort, wenn man starke kathodische Kräfte so lange hat wirken lassen, bis der Strom sich nicht weiter ver- ändert, was erst eintreten kann, wenn das Platina mit Wasserstoff gesättigt ist. Ich habe in einem Falle die Kraft & = 1000 vier- zehn Tage dauernd auf den Draht wirken lassen, um dieses Ziel möglichst vollständig zu erreichen. Der Strom fiel allmälig auf weniger als die Hälfte der Stärke, die er in den ersten Stunden hatte. Als ich dann in kleinen Stufen von je 100 5 in den elek- tromotorischen Kräften abwärts oder dazwischen gelegentlich auch wieder aufwärts ging, traten bei jedem Schritt abwärts vorüber- gehende negative, bei jedem Schritt aufwärts vorübergehende posi- tive Ausschläge von mässiger Stärke und etwa 2 Minuten Dauer auf, nach denen der Strom bald in eine für jeden Werth von & constante Intensität überging. Nur als ich die Grenze der Wasser- zersetzung abwärts schreitend erreichte, bei & = 500, trat ein starker negativer Ausschlag bis über — 100° auf, der 5 Minuten negativ blieb, und erst nach etwa 10 Minuten die Gleichgewichts- lage von -+ 25 erreichte, auf der er blieb. Von da ab abwärts bis & = — 100 stellte sich der Magnet dauernd ganz in die Nähe des Nullpunkts, schwachen Convectionsströmen durch aufge- lösten Sauerstoff entsprechend. Beim weiteren Rückschreiten zu negativen elektromotorischen Kräften treten nun ziemlich anhaltende Ströme auf, welche viel hö- here Intensität haben, als: die im Anfang erwähnten, die bei densel- vom 11. März 1880. 291 ' ben Kräften entstehen, wenn das Platin lange mit Sauerstoff bela- den gewesen ist. Die Ursache dieser Ströme ist zweifellos in dem Umstande zu suchen, dass occludirtes 7 allmälig zur Oberfläche des Platin dringt und-sich mit dem von der elektromotorischen Kraft herangedrängten O des Elektrolyten vereinigt. Damit scheint mir auch die charakteristische Weise zusammenzuhängen, wie un- ter diesen Umständen sich der Strom bei Einschaltung eines gros- sen Widerstands verhält. Wenn nämlich die Menge der möglichen elektrolytischen Zersetzung wesentlich abhängt von einem langsam vor sich gehenden Diffusionsprocess, dessen Schnelligkeit von der Stromstärke unabhängig ist, so wird auch die Stromstärke, ganz unabhängig von dem eingeschalteten Widerstande, nur so weit stei- gen können, als die Menge der elektrolytisch fortzuschaffenden Producte erlaubt, vorausgesetzt, dass die Stromstärke noch gross genug bleibt, um keine Ansammlung dieser Producte zu gestatten. In der That zeigte sich bei den zuletzt beschriebenen Strömen (z.B. & = — 500, J= — 10), dass bei plötzlicher Einschaltung eines Widerstands von 10000 S. in A@G/f der Magnet nur einen mo- mentanen Ruck nach abwärts macht und dann wieder auf derselben Stelle steht, wie vorher, als wenn der Widerstand der Stromleitung unendlich gross gegen den eingeschalteten Widerstand wäre. Der kurze Ruck zeigt nur die Änderung der condensatorischen Ladung der Oberfläche an, da die der Stromstärke entsprechende Potential- differenz in dem Zweige Af durch die Erhöhung seines Widerstands bei gleichbleibender Stromstärke wachsen muss. Dagegen kann man ziemlich gute Widerstandsbestimmungen an dem mit O beladenen Draht, wie an einem constanten Batterie- _ element machen, wenn man Wasser zersetzende Stromkräfte (& = — 1000) braucht, und abwartet, bis alle Wasserstoffreste im Drahte verschwunden sind. Ich erhielt für den Widerstand des durch Aa@Gcf gehenden Stromes dann Zahlen, die bis zu 1400 $ sanken. Andrerseits wird auch bei mögliehst vollständiger Wasserstoff- _ beladung und Wasser zersetzenden Stromkräften der Zustand des Drahtes constant genug, dass man Zeit hat mit dem sehr beweg- lichen Thomson’schen Galvanometer die Ablesung bei Einschal- tung eines Widerstandes zu machen, ohne nachher bei Ausschal- tung desselben den früheren Zustand verändert zu finden. Dabei ergaben sich aber für denselben mit Z beladenen Platindraht Wider- 292 Gesammtsitzung stände, die bis zu 10000 S stiegen. Dieser Unterschied wird dar- auf zurückzuführen sein, dass bei anodischen Strömen sich Säure um den Draht sammelt und das Leitungsvermögen der Flüssigkeit verbessert, bei kathodischen Strömen dagegen die Flüssigkeit um den Draht säurefrei und schlecht leitend werden muss. Da der Hauptwiderstand der Flüssigkeit in der nächsten Nachbarschaft des dünnen Drahtes liegt, so muss die Beschaffenheit dieser Flüs- sigkeitsschichten einen sehr erheblichen Einfluss auf den gesammten Widerstand haben. Einfluss der Strömung des Wassers längs polarisirter Platin- flächen. Die hierher gehörigen Versuche sind meist an den dünnen Platindrähten angestellt worden, die oben als Elektroden beschrie- ben wurden, indem ich sie durch leichtes Klopfen mit einem Glas- röhrchen erschütterte. Die Erfolge sind regelmässiger als man vielleicht nach der dabei nicht zu vermeidenden Unregelmässigkeit der mechanischen Bewegung erwarten sollte. Die elektrische Wirkung nähert sich nämlich schnell einer Grenze, über die sie durch stärkere Bewegung nicht mehr hinausgetrieben wird. Um länger dauernde Wirkungen zu erzielen, habe ich die Elektroden auch in einzelnen Versuchsreihen an einem elektromagnetisch be- wegten Neef’schen Hammer befestigt, dessen Bewegungen sie mit- machten. In anderen Versuchen habe ich die Flüssigkeit aus en- gen Röhren in das weitere Gefäss strömen lassen und die Elek- trode in die Mündung des Rohres eingelegt. Die Ergebnisse wur- den dadurch nicht wesentlich geändert. Wir haben zu unterscheiden den primären EN welcher vorhanden ist, ehe die Elektroden erschüttert werden, und den Erschütterungsstrom, welcher hinzukommt, wenn die Elektro- den in Bewegung gesetzt werden. Die Richtung dieser Ströme bezeichne ich immer in Bea auf den erschütterten Draht. Je nachdem dieser Kathode oder Anode des Erschütterungsstroms ist, nenne ich letzteren katho- disch oder anodisch. Die von mir über die Erschütterungsströme gewonnenen Er- gebnisse lassen sich nunmehr in folgende Regeln zusammenfassen: 1) Beim Bestehen eines starken kathodischen primä- a en Du ® 2 men a En a ze T; a Zu ai vom 11. März 1880. 293 ren Stroms sind die Erschütterungsströme immer von derselben Richtung und verstärken den schon bestehenden Strom. 2) Bei bestehenden anodischen oder schwach katho- dischen Strömen sind die Erschütterungsströme anodisch mit einer sub 4) erwähnten Ausnahme. 3) Wasserstoffbeladung der oberflächlichen Schich- ten des Platina begünstigt in der Regel das Auftröten anodischer Erschütterungsströme. Diese sind am stärksten, wenn man stark mit Wasserstoff beladenes Platina unter Einwirkung anodischer elektromotorischer Kräfte bringt. Die Grenze zwischen Strom- stärken, welche anodische und kathodische Erschütterungsströme geben liegt für wasserstoffarmes Platina bei schwächeren kathodi- schen Strömen, als für wasserstoffreiches. 4) Wenn man den primären Strom aufhören macht, was am zweckmässigsten dadurch erreicht wird, dass man zwei gleiche-und gleichartig behandelte Elektroden durch den Multipli- cator verbindet, so erhält man der Regel nach anodische Erschüt- terungsströme, die um so stärker ausfallen, je stärker die Elektro- den mit Wasserstoff beladen sind. Wasserstoffarme Elektroden geben nur bei starker Sauerstoffpolarisation deutliche anodische Erschütterungsströme, wasserstoffreiche dagegen sehr starke, selbst wenn sie unmittelbar vorher, während der Strom noch dauerte, starke kathodische gaben. Doch beobachtet man bei den stärksten Graden der Wasserstoffbeladung auch das Gegentheil: dass näm- lich zuerst unmittelbar nach dem Aufhören des primären Stroms die ersten Erschütterungen noch kathodische Ströme geben, denen dann bei folgenden Erschütterungen anodische folgen; und dass endlich nach sehr lange fortgesetzter starker Wasserstoffbeladung dauernd nur kathodische Erschütterungsströme zu Stande kommen. Die erst erwähnten vorübergehenden kathodischen Ströme werden als herrührend von starker Wasserstoffbeladung der oberflächlichen Schichten des Platina aufgefasst werden können, welche, wenn die tieferen Lagen noch nicht mit Wasserstoff gesättigt sind, schnell abnimmt durch Wanderung des Wasserstoffs in grössere Tiefe. Ein durch Erschütterung hervorgerufener Strom giebt selbst nach längerer Dauer keinen Rückschlag in die entgegengesetzte Ablenkung, wie es die durch die Änderung des Widerstandes oder der elektromotorischen Kraft bei polarisirten Platten hervorgerufenen Änderungen der Stromintensität in der Regel thun. Für die Er- 294 | Gesammtsitzung klärung der Ursachen dieser Ströme ergiebt sich daraus die wich- tige Folgerung, dass sie nicht zu Stande kommen durch beschleu- nigtes Eintreten irgend einer der Veränderungen, die der polarisi- rende Strom auch in der Ruhe hervorgebracht hätte. Nur eine Ausnahme von der genannten Regel habe ich gefunden. Nämlich an der oben besprochenen Grenze zwischen anodischen und katho- dischen Erschütterungsströmen bei mässigen kathodischen Stromstär- ken sieht man, dass während des Schüttelns selbst eine kleine anodische Abweichung, nachher eine kleine kathodische eintritt. Die mässig stark mit Wasserstoff beladenen Platten zeigen also ein verschiedenes Verhalten, je nachdem ein primärer Strom in sie eintritt oder nicht. Dieser Unterschied lässt sich dadurch erklären, dass ein starker kathodischer Strom die Säure aus der Nähe der Elektrode wegführt und schlecht leitende Schichten bil- det. Werden diese weggespült, so muss erhöhte Stromintensität eintreten. Diese bildet den kathodischen Erschütterungsstrom. Bei den anodischen Strömen finden wir nichts entsprechendes; in der That wird die Vertauschung eines kleinen Theils des Widerstandes (nämlich der stärker sauren Flüssigkeit um die Elek- trode) mit einem etwas grösseren Widerstande nicht so viel wir- ken, als der entgegengesetzte Fall. Sehen wir von dieser Complication ab, so finden wir, dass wasserstoffreichste Drähte kathodische Erschütterungsströme geben, mässig mit Wasserstoff beladene stark anodische, wasserstoffarme schwach anodische. Bei einer gewissen Stärke der kathodischen Ströme kämpft gleichsam derjenige Einfluss, welcher in der Ruhe anodischen Strom erregt, gegen die Verminderung des Widerstandes, welche kathodischen Strom giebt. Die letztere Änderung wird langsamer ausgeglichen, die erstere schneller, was sich durch den Verlauf dieser Ströme in der beschriebenen Weise zu erkennen giebt. Theoretische Betrachtungen. Um die hier beschriebene verwickelte Reihe von Erscheinungen unter zusammenfassende Gesichtspunkte zu ordnen, erlaube ich mir eine Hypothese über die Vorgänge bei der Elektrolyse vorzutragen, die sich an meine früher schon aufgestellte Hypothese!) über die 1) Die Erhaltung der Kraft. Berlin 1847. $. 43 ft. vom 11. Marz 1880. 295 Natur der galvanischen Kraft anschliesst. Ich habe dieselbe seit 1871 in meinen Vorlesungen über Physik wenigstens nach ihren wesentlichen Grundzügen vorgetragen, bisher aber keine Veranlas- sung gehabt in meinen wissenschaftlichen Abhandlungen weiter darauf einzugehen, da ich es für ein wesentliches Erforderniss der wissenschaftlichen Methodik halte, dass man die theoretischen Voraussetzungen nicht weiter specialisirt, als es der vorliegende Gegenstand fordert. In meinen bisherigen Arbeiten über galvani- sche Polarisation genügte aber das Gesetz von der Constanz der Energie. Dieses Verfahren hat Missverständnisse hervorgerufen, und theils deshalb, theils des vorliegenden Gegenstandes wegen, der eine weitere Specialisirung der theoretischen Hypothesen ver- langt, gehe ich auf diese letztere ein. Ich gehe aus von der l. c. gemachten Voraussetzung über die Ursache der Elektrieitätsvertheilung in metallischen Leitern, wonach jeder Substanz, welche metallisch leiten kann, ein verschiedener Grad von Anziehung gegen die beiden Elektrieitäten zukommt. Ich halte dabei die Voraussetzung fest, dass wo + E austritt, ein gleich grosses Quantum — E eintritt, und umgekehrt. Dann ist nur nöthig von der auf + E wirkenden Kraft zu sprechen. Ist die Arbeit, welche durch diese Anziehungskräfte geleistet wird, beim Übergange der elektrostatischen Einheit positiver Elektricität aus irgend einem als Norm dienenden Metall vom Potential Null in das Innere des Metalls M gleich @,, zu setzen, so ist zwischen zwei Metallen, die wir durch die Indices 2 und c unterscheiden wollen, elektrisches Gleichgewicht, wenn PT G, Pe G.: Die Constanten @ bestimmen also die Ordnung und Entfernung der Metalle in der Volta’schen Spannungsreihe. Sie wachsen, wenn man von den edlen zu den leicht oxydirbaren Metallen fort- geht, und da wir für dieselben einen Namen brauchen, schlage ich vor sie als die Galvanischen Werthe der Metalle zu bezeich- nen. Den Nullpunkt ihrer Scala können wir beliebig wählen. Wir wollen vorläufig diesen dem Metall im Elektrometer beilegen, welches die Elektrieität der zu untersuchenden Körper aufzuneh- men hat, und anziehend oder abstossend auf die Theile von un- - veränderlicher Ladung wirkt (Metall der Quadranten im Qua- drantelektrometer). Dann sind die Grössen g, — G, und 9, — @, gleichzeitig die Potentialwerthe, welche die beiden Metalle durch 296 Gesammtsitzung metallische Leitung den betreffenden Theilen des Elektrometers mittheilen. Um Faraday’s elektrolytisches Gesetz zu erklären, nehme ich an, dass in jeder elektrolytisch zerlegbaren Verbindung jeder Valenzwerth des Kation mit einem Äquivalent positiver Elektrici- tät, und jeder Valenzwerth des Anion mit einem Äquivalent nega- tiver Elektrieität verbunden sei. Jede Bewegung von Elektrieität in der Flüssigkeit geschieht nur in der Weise, dass die Elektriei- täten haftend an ihren Jonen sich fortbewegen. Da die schwäch- sten vertheilenden elektrischen Anziehungskräfte ebenso vollständi- ges Gleichgewicht der Elektrieität im Innern von elektrolytischen Flüssigkeiten erzeugen, wie in metallischen Leitern, so ist anzu- nehmen, dass der freien Bewegung der positiv und negativ gela- denen Jonen keine andern (chemischen) Kräfte entgegenstehen, als allein ihre elektrischen Anziehungs- und Abstossungskräfte Mit + E beladene Z-Atome, die sich an einer Seite der Flüssigkeit gesammelt haben, der ein negativ geladener elektrischer Leiter ge- nähert ist, sind also nicht als „freier Wasserstoff * aufzufassen, sondern noch als chemisch gebundener. In der That werden sie, so wie der negative Leiter entfernt wird, sich ohne in Betracht kommende Arbeitsleistung wieder mit den Sauerstoffatomen, die die Träger der entsprechenden Äquivalente negativer Elektrieität sind, vereinigen. | Damit eine Anzahl positiver Jonen elektrisch neutral und che- misch unverbunden ausscheide, muss die Hälfte davon ihre Äqui- valente + E abgeben und dafür die entsprechenden — E aufneh- men. Dieser Vorgang ist mit grossem Arbeitsaufwand verbunden, und constituirt die definitive Trennung der vorher bestandenen chemischen Verbindung. In der That ist bekanntlich der durch die Verbindungswärme gemessene Betrag dieser Arbeit wenigstens bei stark verdünnten Lösungen, in denen keine Nebenprocesse in Betracht kommen, für jedes basische Atom charakteristisch und unabhängig von der Art der gleichzeitig in der Flüssigkeit vorhandenen sauren Molekeln. Das gleiche gilt für die letztern unabhängig von den ersteren. Säurehydrate sind dabei als Wasserstoffsalze zu behandeln. In reinem Wasser und in Lösungen von Alkalihydraten scheint (+ Z) (— 0 —) das Anion zu sein, welches neutralisirt, etwa in der u RUN ; } 3 | | vom 11. Marz 1880, 297 Form (+ H) (— 0 —) (+ 0 —) (+ H), als Wasserstoffsuperoxyd ausscheidet, oder basische Superoxyde bildet. Ist die elektrolytische Flüssigkeit in Berührung mit zwei Elektroden von ungleichem elektrischem Potential, so tritt zunächst Ansammlung von Atomen des positiven Jon an der negativen Platte, des negativen an der positiven ein, bis im Innern der Flüssigkeit die Potentialfunction einen constanten Werth erreicht hat. Wenn sich positiv beladene Atome längs der äusseren Seite der Elektrodenfläche sammeln, werden an deren inneren Seite die entsprechenden Quanta negativer Elektricität herangezogen, und es wird sich eine elektrische Doppelschicht ausbilden müssen, deren Moment so lange zunimmt, bis die an den beiden Elektroden ge- bildeten Doppelschichten ausreichen, den zwischen ihnen durch die elektromotorische Kraft der Kette gesetzten Sprung des Potential- werthes hervorzubringen. Ich habe schon in meiner Mittheilung vom 27. Februar 18791) im Anschluss an die von Sir W. Thom- son dafür gegebenen Beweise hervorgehoben, dass hierbei Mole- kularkräfte von sehr kleinem, aber endlichem Wirkungsbereich eingreifen müssen, weil sonst die Entfernung der beiden Schichten von einander unendlich klein und die der Ansammlung entsprechende Arbeit der elektrischen Fernkräfte unendlich gross werden würde. Im vorliegenden Falle ist mindestens die eine Schicht an ponde- rable Atome gekettet, und die Doppelschicht wird deshalb endliches Moment behalten, und einen Condensator von ausserordentlich grosser Capaeität darstellen. So lange keinerlei chemische Processe die Menge der angesammelten Elektrieitäten verändern, ist in einem solchen Falle das Potential der Flüssigkeit zwischen den beiden Elektroden dadurch bestimmt, dass die gleichen Mengen von + E und — E, gebunden an ihre Jonen, sich an den beiden Elektroden angesammelt haben und dadurch die relative Dicke der beiden ent- sprechenden Hälften der Doppelschichten bestimmt ist. Bezeichnen wir mit E die Menge der angesammelten Elektricität, mit F, und F, die Oberflächen der beiden Elektroden, mit C, und C, die Ca- paeitäten der Flächeneinheiten, (welche möglicher Weise Functionen der Dicke der Schicht sind) mit 9, ,9, und 9, die Potentialwerthe der beiden Metallplatten und der Flüssigkeit, so wird Gleich- gewicht sein, wenn 1) Wiedemann’s Annalen Bd. VII S. 338. 298 Gesammtsitzung a ey h da a ns a A a Fahne: pr wo mit A die elektromotorische Kraft der Kette bezeichnet ist. Daraus ergiebt sich 1 1 ) en Ber ee GG —@ nat traa | en F,(, ae Gh) oe ln ge . HG - By —lAr EG) FO+ MO) Zu den Processen nun, welche einen Theil der Elektriecität der Grenzschichten beseitigen, gehören: 1) Elektrolytische Abscheidung der Jonen aus der Flüssigkeit, wobei sie elektrisch neutral werden, indem die Hälfte derselben ihr Äquivalent Z abgiebt, und dafür das entgegengesetzte aufnimmt. Dabei kommt theils elektrische, theils molekulare Ar- beit in Betracht. Die erstere besteht an der Kathode darin, dass eine Menge — E aus dem Potential der Kathode in das der Flüssigkeit übertragen wird, die molekulare hauptsächlich darin, dass die an das Kation gebundenen Äquivalente + E losgelöst und dafür Äquivalente — E eingeführt werden, wobei dann noch die schwä- cheren durch die Auflösung und die Änderung des Aggregat- zustandes gesetzten Arbeitsleistungen zu thun sind. Bezeichnen wir diese gesammte molekulare Arbeit für die Einheit + E mit K,, so ist die zu leistende Arbeit für die Einheit an die Kathode übergehender + E $, Ga, 4, ms: Mit 9,,, ist der Werth des Potentials in der Flüssigkeit bezeichnet, dicht an der Aussenseite der elektrischen Doppelschicht. | So lange diese Grösse positiv ist, wird der Übergang nicht erfolgen, wohl aber, wenn sie negativ zu werden anfängt. Der grösste Werth der Potentialdifferenz, der an einer Ka- thodenfläche eintreten kann, ist also De a sims; Lie) Menke. \. ie ed 12 Ähnliche Betrachtungen gelten für die: Anode: a ec EEE u ES are NT, vom 11. März 1880. 299 Die Art des Vorgangs, dessen Arbeit durch die Grösse X gemessen wird, kann übrigens verschieden sein, je nachdem das betreffende Kation sich einfach ausscheidet, entweder wie ein gal- ' vanoplastisch niedergeschlagenes Metall, oder in der Flüssigkeit gelöst bleibt, aber nicht mehr als positiver Bestandtheil eines Salzes, sondern als elektrisch neutrale freie Verbindung. So na- mentlich der Wasserstoff aus den gewässerten Säuren, der bei langsamer Entwicklung sich in der Flüssigkeit löst und durch Diffusion verbreitet, und wohl erst bei beginnender Übersättigung der Flüssigkeit sich als Gas entwickelt. In andern Fällen ist es nicht das Kation direct, welches neutralisirt und ausgeschieden wird; sondern dieses kann auch ein andres, seine + E leichter ab- sebendes Atom aus einer dort bestehenden Verbindung drängen, . z. B. Kalium den Wasserstoff des Wassers. Von den hierbei gebildeten Verbindungen kommen jedenfalls diejenigen, bei deren Bildung am wenigsten Wärme frei wird, in Betracht, als direet durch die Elektrolyse gebildet, und die bei ihrer Bildung verwendbar gewordene Arbeit ist bei Bestimmung der elektromotorischen Kraft zu berücksichtigen. Dagegen könn- - ten auch eigentlich secundäre Zersetzungen vorkommen, die ohne Zuthun der elektrischen Kräfte und ohne Rückwirkung auf diese ablaufen, wie z. B. Zerfall des ausgeschiedenen Wasserstoffsuper- oxyds in Sauerstoff und Wasser, oder des Stickstoffperoxyd N,O, aus der Salpetersäure in salpetrige und Salpetersäure, und der ersteren wieder in Salpetersäure und Stickoxyd. Welche unter diesen neugebildeten Verbindungen noch einen erleichternden Ein- fluss auf die Elektrolyse haben, wird durch Specialuntersuchungen über die einzelnen Fälle zu entscheiden sein. In denjenigen Fällen, wo schon vor der Schliessung des Stroms die für beide Stromrichtungen in Betracht kommenden Jonen in reichlicher Menge und in gut leitendem Zustande vor- handen sind, wird die Gleichung ck 9 \ schon vor der Schliessung des Kreises erfüllt sein, und der Ein- tritt des Stroms hieran nichts ändern; es wird also nach dessen Schliessung keine neue condensatorische Ladung erst gebildet zu werden brauchen. Dies ist der Fall bei den sogenannten constan- ten Ketten, also wenn ein Metall mit einer dasselbe Metall ent- haltenden Lösung in Berührung ist, aus der es als Kation aus- 300 Gesammtsitzung scheidet, oder als Anion eintritt. Oder auch, wenn Platin oder Kohle in salpetriger Salpetersäure stehen. Wenn eins von beiden in reiner Salpetersäure steht, wird es wenigstens nicht negativer bei ungeschlossener Kette sein können, als bei geschlossener. Wohl aber würde es möglicher Weise positiver sein d. h. eine Sauerstoffpolarisation haben können. Ebenso wird Kupfer in ver- dünnter Schwefelsäure vor der Stromschliessung negativ geladen worden sein können und Wasserstoffpolarisation haben, aber po- sitivere Ladung als dem Gleichgewichtszustande entspricht, würde sich nicht halten können. Hier ist das Kation Wasserstoff, als Anion aber tritt Kupfer ein. Beide sind verschieden, und es kann deshalb die Differenz des elektrischen Potentials und der conden- . satorischen Ladung eintreten, die dem Unterschiede dieser beiden Jonen entspricht. Somit wird Kupfer in verdünnter Schwefelsäure als Kathode auch zuerst einen condensatorischen Ladungsstrom zeigen, dessen Stärke schnell schwindet, während derselbe wegfällt, wenn es in einer Lösung von Kupfervitriol steht. Von dem Zeitpunkt ab, wo an einer der Elektroden die Dicke der elektrischen Schicht so weit gewachsen ist, dass das dortige Jon sich neutralelektrisch auszuscheiden beginnt, wird an dieser das Moment der elektrischen Doppelschicht und daher auch die Potentialdifferenz nicht mehr wachsen können, sondern nur noch an der andern Elektrode, bis auch an dieser die Grenze der Zer- setzung erreicht ist. Damit dies geschehe, wird nach Gleichun- gen 2 und 1, 41-9 - tn =A>R—K, werden müssen. Dieselben Betrachtungen bestimmen dann auch unmittelbar das Gesetz der Stromstärke in den sogenannten constanten Ketten. Zu den letztern gehören alle solche, in denen sich schon vor der Schliessung des Stroms das während der Elektrolyse bestehende elektrische Gleichgewicht zwischen Metallplatte und Flüssigkeit hat herstellen können. Dann wird, wenn J die Intensität des Stromes, W den Wider- stand in der metallischen, » den in der flüssigen Leitung bezeich- net, nach Ohm’s Gesetz sein: 9%, - pn -HthR—-A=—JW 9,1 9. = +Jw EEE vom 11. März 1880. 301 Da nach Gleichung 2 9 mMı- hHh=—K, B—- ma hR—=—K, ergiebt sich R—K—A=—J(W+w) d. h. die sonst etwa noch vorhandene elektromotorische Kraft A wird um K,— K, verringert. Wenn A=0, ist K,. —K&, die elektromotorische Kraft im Kreise. Diese hängt also nur von der molekularen Arbeit der elektrolytischen Zersetzung, die durch die Constanten X gemessen wird, nicht von den galvanischen Werthen @ der Elektroden ab. Auf die Erörterung der etwa in der Flüssigkeit vorhandenen elektromotorischen Kräfte will ich hier nicht näher eingehen, son- ‚dern verweise auf meine frühere Abhandlung vom 26. Nov. 1877. Ist neutraler Sauerstoff in der Flüssigkeit aufgelöst, so wird die Kathode ihre negative Elektrieität mit den Äquivalenten (+ E) dieses Elements austauschen können, während der negativ gemachte O sich mit dem herangeführten + 7 verbindet. Da O jedenfalls geringere Anziehungskraft zum + E hat als HZ, so wird dadurch die Potentialdifferenz an der Kathode erheblich herabgesetzt, und es wird eine viel schwächere elektromotorische Kraft genügen in diesem Falle einen dauernden, aber in seiner Intensität durchaus von der Diffusionsgeschwindigkeit des Sauerstoffs abhängigen Strom zu unterhalten. In der That geschieht dann an der Ka- thode die Vereinigung von freiem &O mit + H,, während an der Anode = O aus der Verbindung SO,H, ausscheidet. Dies ergiebt die von mir als ÖOonvectionsströme bezeichneten Ströme, üher welche ich der Akademie am 31. Juli 1873 berichtet habe. In dieselbe Kategorie gehören eine Menge andrer Fälle, in denen ein das Freiwerden einer der Elektricitäten erleichternder Bestandtheil in sehr geringer Menge in der Lösung vorkommt, und erst allmälig durch Diffusion herangeschafft wird. 2) Ein zweiter Process, der eine positiv elektrische Grenz- schicht beseitigt, ist die Ocelusion des Wasserstoffs in das Metall der Kathode. Am reichlichsten und schnellsten geschieht dies nach Graham’s Entdeckung am Palladium, deutlich nach- weisbar aber auch am Platin. Dass der Wasserstoff auch in 302 Gesammitsitzung dieses Metall tief eindringe, ist von Hrn. E. Root!) nachgewiesen worden. | Die von mir oben beschriebenen Versuche lehren, dass Wasser- stoff bei Kräften, welche noch nicht zur Wasserzersetzung aus- reichen, zur Occelusion kommen kann. Es war dazu eine Potential- differenz von etwa ein Daniell gegen die Sauerstoff entwickelnde Anode nöthig. Nehmen wir an, dass (+ HZ) eintreten kann in das Pt, wel- ches um jedes oceludirte Wasserstoffatom — E ansammelt, so würde bei der Elektrolyse Pt in die Verbindung mit dem H, ein- rücken, aus welcher das SO, verdrängt wird, und dadurch die chemische Arbeit der Elektrolyse vermindert werden. Die Verbin- dung, in welche hierbei das Platin mit dem Wasserstoff tritt, würde nicht nothwendig als eine chemische nach festen Massen- verhältnissen geschlossene zu betrachten sein. Die oben beschrie- benen Versuche zeigen aber, dass erst nach Überschreitung einer gewissen Grösse der elektromotorischen Kraft Wasserstoff in das Platin einzutreten beginnt, dann aber auch gleich in relativ gros- ser Menge in lang dauerndem und anfangs auch starkem Strom. Hat man diese Beladung, wie sie unter Wirkung der oben mit 5; — 200 bezeichneten elektromotorischen Kraft eintritt, abgewartet, so tritt bei Steigerung der elektromotorischen Kraft bis & = 500 kein Strom mehr ein, der den Eintritt erheblicher Mengen von Wasserstoff in das Platin anzeigte. Erst wenn man diese Grenze, wo Wasserzersetzung beginnt, überschritten hat, scheinen neue Mengen Wasserstoff einzutreten. Darauf lässt der Umstand schlies- sen, dass nach langer Einwirkung solcher stärkeren Ströme die geänderte Richtung der Erschütterungsströme bei aufgehobenem primären Strome eine Änderung im Zustande des Metalls anzeigt, und dass beim Abwärtsgehen über die genannte Grenze (& = 500) sich ein sehr starker und anhaltender anodischer Strom entwickelt, der eine ziemlich erhebliche Menge locker gebundenen Wasserstoffs beseitigen muss. Beim Palladium sieht man unter entsprechenden Umständen eine Wasserstoffentwieklung in Bläschen vor sich gehen?). Der bei & = 200 aufgenommene Wasserstoff entweicht dagegen erst bei schwach negativen elektromotorischen Kräften & = — 200, 1) Monatsberichte d. Akademie 16. März 1876. — Poggendorff Ann. Bd. 159. S. 416. 2) Beobachtung von Herrn J. Moser. 7 a ES 0 NEE NET EA NL TEEN" vom 11. März 1880. 303 wie man an den dann eintretenden stärkeren und dauernden ano- dischen Strömen erkennt. Das Eindringen des Wasserstoffs in das Innere des Metalls _ müssen wir uns als einen sehr langsam vorschreitenden Process, der im Ganzen wohl der Leitung der Wärme in sehr schlechten Wärmeleitern ähnlich ist, vorstellen. Selbst bei den Drähten von 0,5"m Durchmesser, die ich angewendet habe, sind mindestens 8 Tage nöthig, um annähernd vollständige Sättigung mit Wasserstoff, oder annähernd vollständige Reinigung davon zu bewerkstelligen. Solches mit HZ beladenes Palladium oder Platina verhält sich dem unveränderten Metall gegenüber im galvanischen Kreise wie ein positives Metall. In Gleichung 2 haben wir gefunden, dass »-m1=0-Km=-—Aru, wo # das Moment der elektrischen Doppelschicht an der Grenz- fläche bezeichnet, in seinem Vorzeichen entsprechend der in der Flüssigkeit liegenden elektrischen Grenzschicht. Die Constante X des Platin, bezogen auf Wasserstoffeintritt, wird jedenfalls wachsen müssen, je mehr Wasserstoff eintritt; im Anfang scheint diese Steigerung aber sehr langsam zu geschehn, da eine grosse Menge eintritt, wenn überhaupt die Grenze der dazu nothwendigen elektromotorischen Kraft überschritten ist. Wenn wir dagegen annehmen, dass die Constante G mit steigender Wasserstoff- Ocelusion anfangs schnell wächst, so wird auch die Doppelschicht längs der Oberfläche geändert werden, so dass unter gleichen Umständen ihr in der Flüssigkeit liegender Theil schwächer positiv oder stärker negativ wird. Aus dieser Annahme würde sich zunächst die eigenthümliche Nachwirkung vorausgegangener starker Ströme während des Processes der Beladung mit Wasser- stoff erklären. Eine zeitweilig einwirkende stärkere elektromoto- rische Kraft wird 4 kräftig herandrängen und zunächst eine dünne oberflächliche Schicht des Platina stark damit beladen. Dem ent- sprechend wird sich an der Aussenseite der Elektrodenfläche eine stärker negative Grenzschicht ausbilden. Hört nun bei einer Rück- kehr zu einer schwächern elektromotorischen Kraft die starke Zu- fuhr von H auf, so wird dasselbe aus der äusseren Schicht des Metalls in die tiefer gelegenen wasserstoffärmeren hinüber wandern. In dem Maasse, als die äussere Schicht sich des Wasserstoffs ent- ledigt, wird ihre äussere Belegungsschicht auch wieder neue posi- tive Bestandtheile aufnehmen müssen, und deren Heranfliessen [1880] 22 304 Gesammisitzung kann sich in der Verstärkung des Stroms ausdrücken. Wesentliche Bedingung für diesen Erfolg wird also sein, dass schneller Abfall der Wasserstoffbeladung gegen das Innere des Metalls stattfinde, so dass das Abfliessen nach der Tiefe schnell genug vor sich gehe. Die Wasserstoffsättigung des Metalls wird also noch neu und un- vollständig sein müssen. Ausserdem wird die elektromotorische Kraft zureichen müssen den Rücktritt der höheren Beladung aus der Oberfläche des Metalls an das Wasser zu verhindern. Was die Wirkungen des Flüssigkeitsstroms längs der Oberfläche der Elektrode betrifft, so können hier zunächst, wie ich schon oben bemerkt habe, Widerstandsänderungen in Betracht kommen, die durch Wegspülung schlecht leitender Schichten ver- ursacht sind. Als solche betrachte ich die kathodischen Erschüt- terungsströme, die bei hinreichend intensivem primärem kathodischen Strome auftreten, und unmittelbar nach dem Aufhören des letz- teren in die gegentheilige Richtung umschlagen. Auf die übrigen Erschütterungsströme, welche bei anodischem, schwach kathodischem oder ganz fehlendem primären Strome ein- treten, kann man dieselbe Erklärung anwenden, die ich auf die elektrocapillaren und capillarelektrischen Erscheinungen bei der Be- rührung von Glas und Wasser angewendet habe. Der Wasser- strom verschiebt die der Elektrode anliegenden Wasserschichten, in denen das entsprechende Jon mit seinen elektrischen Äquiva- lenten aufgehäuft ist. Dieser bewegliche Theil der elektrischen Grenzschicht wird stromabwärts zusammengedrängt, und wo er eine hinreichende Dicke gewinnt, wird das Jon unter elektrischer Neutralisation frei werden. Ist das Jon das Anion der Flüssig- keit (O), so wird die Entwicklung desselben + E aus der Elek- trode austreten machen, unmittelbar nachher wird neues (— 0 —) von der Flüssigkeit her zuströmen und die Doppelschicht wieder- herstellen. Beides giebt einen anodischen Strom. Dagegen würde eine Schicht des Kation bei Wasserströmung einen kathodischen Strom geben müssen. Die Erschütterungsströme werden um so stärker werden, je mehr von dem betreffenden Jon angesammelt und je näher es der Grenze des Freiwerdens ist; also 1) bei elektromotorischen Kräften, die zur dauernden Zersetzung genügen oder beinahe genügen, 2) bei grösserem positiven Werth der gal- vanischen Oonstante (@ — K) für die anodischen Ströme, bei grös- serem negativen für die kathodischen Ströme. | ee ee vom 11. Marz 1880. 305 Die am Platina beobachteten Erscheinungen entsprechen die- sen Voraussetzungen, wenn wir annehmen, dass wasserstofffreies Platina sehr schwach positiv gegen die von mir als Elektrolyt gebrauchte sehr verdünnte Schwefelsäure ist, dass das im mässigen Grade mit Wasserstoff beladene Platina einen grösseren positiven Werth von (@— K) hat, und eine stärkere negative Beladungs- schicht in der Flüssigkeit bildet, dass dagegen bei starker Bela- dung mit Wasserstoff die Constante @ ein Maximum erreicht, K dagegen, welches die molekulare Arbeit der eintretenden Beladung misst, schnell steigt, und das Metall daher eine positive äussere Grenzschicht von (+ ZH) ausbildet. Im letzteren Falle würde es sich ähnlich verhalten, wie die positiven Metalle bei Condensator- versuchen gegen ihnen gegenübergestellte Flüssigkeitsflächen thun. Nach den hier gemachten Voraussetzungen würden wir durch die Erschütterungsströme, wenigstens bei mangelndem primärem Strome, immer den Sinn der Potentialdifferenz zwischen Flüssigkeit und Metallplatte angezeigt erhalten. Hr. W. Peters las über die von Hrn. Gerhard Rohlfs und Dr. A. Stecker auf der Reise nach der Oase Kufra gesammelten Amphibien. Von der deutschen africanischen Gesellschaft ist mir eine von Hrn. G. Rohlfs und Dr. A. Stecker während ihrer letzten tripo- litanischen Reise gemachte Sammlung verschiedener Thiere über- geben worden, welche vorzüglich zu den Amphibien ünd Arach- niden gehören. Von den ersteren erlaube ich mir hier eine Über- sicht vorzulegen, während der Assistent bei dem zoologischen Mu- seum, Hr. Dr. Karsch, über die Arachniden anderswo eine Mit- theilung machen wird. | CHELONI. 1. Testudo graeca Linne. — Ein junges Exemplar in Uadi Tessiua, Januar 1879. 2. Testudo campanulata Walbaum (Testudo marginata Schoepf). — Eine junge Schale bei Bir-Milrha; Ende Decem- ber 1878. 22* 306 Gesammtsilzung LACERTILIA. 3. Chamaeleon vulgaris. — Sokna; Djebel Tarrhuna (Bir-Milrha). Worin die Ähnlichkeit der Exemplare von dem Djebel Tarrhuna mit Ch. bifidus bestehen soll (cf. Hr. Dr. Stecker Mittheil. afric. Gesellsch. Deutschl. 1879. II. Heft. S. 86), weiss ich nicht. 4. Tarentola mauritanica (Linne). — Djebel Tarrhuna (Bir-Milrha). 5. Stenodactylus gutltatus Cuv. var. mauritanica Guiche- not. — Bondjem, Mitte Januar 1879. Die beiden Exemplare stimmen mit der kurzbeinigeren Varietät (Weibchen?) von Gui- chenot überein, die sich übrigens auch in Ägypten findet. Tropiocolotes nov. gen.!) Squamae carinatae imbricatae; digiti compressi, omnes ungui- culati, hypodactyliüs carinatıs. Diese neue Gattung der Geckonen unterscheidet sich von allen anderen durch die Beschuppung. Der Körper und die Gliedmassen sind allenthalben mit dachziegelförmig sich deckenden, stark gekiel- ten Schuppen bekleidet, welche am conisch abgerundeten Schwanze grösser sind als am Körper. Sämmtliche Finger und Zehen sind verschmälert, mit wohlentwickelten Krallen versehen und an der Sohle gekielt. Das obere Augenlid ist deutlich vorhanden, wie bei Gecko und die Pupille senkrecht. 6. Tropiocolotes tripolitanus n. sp. (Taf. Fig. 1.) T. supra brunneus, fuscomaculatus, taenia capitis collique utringue nigrofusca, cauda nigrofasciata; subtus albidus. Hobitatio: Uadi M’bellem. Von dem Ansehen einer kleinen schlanken Lacerta mit etwas abgeplattetem Kopfe. Die Oberseite des Kopfes ist mit convexen polygonalen Schuppen bedeckt, welche etwas grösser als die ge- kielten des Nackens, merklich grösser als die der Frenalgegend sind. Der Canthus rostralis ist abgerundet, die Frenalgegend längs der Mitte vertieft. Das Rostrale ist gross und oben in der Mitte aus- geschnitten. Jederseits 7 Supralabialia, von denen das letzte das kleinste ist. Die kleinen Naslöcher liegen zwischen dem Rostrale, 1) Tpomis (105), awAweng. vom 11. Marz 1880. 307 | - dem ersten Supralabiale und zwei Postnasalschuppen, welche merk- > lich grösser als die dahinterliegenden sind. Das Mentale ist gross pentagonal - dreieckig, hinten an zwei grössere pentagonale Sub- | _ mentalschilder stossend, auf welche zwei kleinere folgen, während die Submentalgegend von sehr kleinen gekielten Schuppen bekleidet > ist. Sechs Infralabialia an jeder Seite. Ohröffnungen klein, rund- 1 lich oder senkrecht oval. Der ganze Körper, der Schwanz und die Gliedmassen sind mit gekielten, dachziegelförmig geordneten ü Schuppen bekleidet, welche auf dem Rücken etwas grösser als am - Bauche erscheinen, während die des Schwanzes wieder grösser als N die des Rückens sind. In der Körpermitte bilden die Schuppen 42 bis 44 Längsreihen. Das Schwanzende ist allmählig zugespitzt und merklich länger als Kopf und Körper zusammengenommen. Die vorderen Gliedmassen reichen bis zu der Frenalgegend; _ die Finger sind schlank, sämmtlich mit spitzen vorspringenden " Krallen versehen; die Unterseite ist mit Schuppen bekleidet, wel- che mit drei Längskielen versehen sind; der dritte Finger überragt den zweiten um eben so viel, wie dieser den vierten. Die hintere _ Gliedmasse ragt, nach vorn gelegt, bis in die Axelgrube; die dritte Zehe ist wenig kürzer als die zweite, welche die vierte merklich an Länge übertrifft. Unterseite und Krallen wie an der Vorderextremität. Oben hellbraun mit kleinen dunkelbraunen zerstreuten Flecken _ und seltneren weissen Punkten. Eine schwarzbraune Seitenbinde “ auf der Schnauze beginnend, durch das Auge und über der Ohr- - öffnung verlaufend, verliert sich an der Körperseite hinter der Schulter. Lippen und Umgebung der Augen weiss gefleckt. Aussenseite der Gliedmassen hellbraun, schwarz punctirt. Ober- | seite des Schwanzes schwarz gebändert. Bauchseite von dem Kinn bis zum After gelbweiss. Unterseite des Schwanzes braungelb, dunkelbraun punctirt. | | Totallänge 66"”; Kopf 8”""; Kopfbreite 5"®; Schnauze bis Bean schwanz 38""%;, vord. Extr. 9,57%; Hand 3,592; hint. Bar Arm, Wuss; 5°", Zwei gleich grosse Exemplare aus dem Uadi M’bellem. 7. Uromastix spinipes (Daudin). — Ein junges Exemplar _ in Sokna, Februar 1379. | 8. Agama ruderata Olivier. — Uadi Bu-Naadscha, 19. Januar 1879; Uadi el Talha, Ende Januar 1879; auf dem 308 Gesammtsitzung Wege zwischen Audjila und Bengasi, Mai 1879; Kufra, Oc- tober 1879. 9. Acanthodactylus scutellatus Audouin (ZL. marmorata Licht). — Palmgarten bei Sokna, im Januar 1879; Kufra, ir | tober 1879. 10. Acanthodactylus boskianus (Daudin). — a 11. Eremias guttulata (et rubropunciata) Lichtenstein- Schultze (E. pardalis Dum. Bibr.). — Sokna, Februar 1879. 12. Ophiops elegans Menetries. — Djebel Tarrhuna (Bir-Milrha) 31. December 1878. 13. Scincus officinalis Linne. — Djalo, Anfang April 1879. Die beiden dort gefangenen Exemplare haben die Präfron- talia zu einem einzigen Schilde verwachsen, wie sich dieses auch bei einem der beiden Exemplare, welches Hr. Ascherson in Kasi Dachl sammelte (Nr. 8268) und bei einem Exemplare von Bloch aus Ägypten (Nr. 1180) findet. 14. Gongylus ocellatus (Forskäl). — Djebel Tarrhuna (Bir-Milrha), December 1877; Audjila, Mai 1879. 15. Sphenops sepsoides Reuss. — Bir-Milrha, na ber 1878; Palmgarten bei Sokna, Januar 1879. SERPENTES. 16. Zamenis ventrimaculatus Gray, var. florulentus Schlegel. — Sokna, Februar 1879. 17. Periops parallelus Wagler. — Uadi Milrha, De- cember 1879. 18. Ragerrhis producta (Gervais). — Kufra, October 1879. | 19. Coelopeltis lacertina Wagler. — Bir-Milrha, Dee. 1878; Sella, 18. März 1879; auf dem Wege zwischen Audjila und Bengasi. Das Exemplar von der letzten Localität zeichnet N a EU HEN —— sich aus durch die ganz glatten Schuppen, welche keine Spur von Längsvertiefungen zeigen. 20. Psammophis sibilans (Linne). — Bir-Milrha, 1878; Kufra, October 1879. 21. Vipera cerastes (Hasselquist). — Djebel Tarrhuna (Bir-Milrha), Ende 1878. Ein grosses Weibchen ohne und ein junges Männchen mit einer hornartig verlängerten Supraorbital- schuppe; Kufra, October 1879. Das junge gehörnte Männchen 7 Warn ranz Wagn er gez u.iith. q zön SS N KR ST EN T, Y X AN y ; z ff xA Sen Ar ah MANN A FIN YCOQ AL Y ey IIX! Ko 2% % ee ‚ 3. Typhlops depressus Pırs. Kunstanstalt v C Böhm, Berlin 1 k . | - | | | | i vom 11. März 1880. 309 trägt das Etiquet „Vipera berus“; es ist daher unzweifelhaft das Exemplar, das Hr. Dr. Stecker (Mittheil. Afric. Gesellsch. Deutschl. Berlin. 1879. II. S. 80) erwähnt. Vipera berus kommt in Africa nicht vor. BATRACHIA ANURA. 22. Rana esculenta Linne. — Ain Scherschära, 5. Ja- nuar 1879. — Die meisten haben noch eine höckerige Spur des Schwanzes und sind daher noch jung. In der Färbung stimmen die Exemplare ganz mit denen überein, welche wir früher aus Al- gier erhalten haben. Die wärzchenförmigen Erhabenheiten des Rückens, welche bei den meisten hervortreten, haben wahrschein- lich Hrn. Dr. A: Stecker (l. c.) verleitet, sie als zu Bombinator gehörig zu betrachten. Abbildungen. Fig. 1. Tropiocolotes tripotitanus Ptrs.; la. Kopf von der Seite; 1b. derselbe von oben; ic. derselbe von unten; 1d. Analgegend mit der rech- ten Hinterextremität; le. Spitze der mittleren Zehe von unten. »„ 2. Leposoma dispar Ptrs. Kopf von der Seite; 2a. Kopf von oben; 2b. Kopf von unten; 2c. Analgegend. (Monatsber. 1880. S. 217). 3. Typhlops depressus Ptrs. Kopf von der Seite; 3a. Kopf von oben; 3b. Kopf von unten; 3c. Analgegend und Schwanz. (Monatsber. 1880. S. 220). Fig. 1 in natürlicher Grösse, alle übrigen Figuren vergrössert. » Hr. Professor R. Dedekind in Braunschweig wurde zum cor- respondirenden Mitgliede der physikalisch - mathematischen Klasse gewählt. 310 Sitzung der philosoph.-histor. Klasse vom 15. März 1880. 15. März Sitzung der philosophisch -historischen Klasse. Hr. Mommsen las litterarisch -epigraphische Miscellen. Hr. Conze gab eine Übersicht der bei den Ausgrabungen von Pergamon gefundenen Inschriften, unter denen er als von besonderer Wichtigkeit diejenigen hervorhob, welche zu dem von Plinius nat. hist. XXXIV, 84 erwähnten Schlachtenmonumente gehören. Wenn eine endgültige Publikation bis zur Ankunft der Originale im K. Museum verschoben werden muss, so soll doch ein vorläufiger Bericht mit Abdruck der Hauptinschriften demnächst im Jahrbuche der K. preussischen Kunstsammlungen erscheinen. = Zul. u A ui Ders ur» la u ud 3 2 0 une Öffentliche Sitzung vom 18. März 1880. 31l 18. März. Öffentliche Sitzung zur Vorfeier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers und Königs. Die Sitzung wurde von dem vorsitzenden Secretar, Hrn. Momm- sen, mit folgender Festrede eröffnet: Zwischen zwei Feste fällt unsere heutige Feier. Vor wenigen Tagen vereinigte der strahlende Frühlingsmorgen des zehnten März wohl die meisten von denen, die heute hier anwesend sind, und andere tausende unserer Mitbürger in dem schönen Garten, der längst durch das Gedächtniss der Königin Luise geweiht ist. Wir sahen dort die holden, auch der späteren Generation so wohlbekann- ten Züge zum ersten Mal im Schein der Kaisersonne leuchten, ihr Auge blicken auf den Sohn, auf welchem ihr Muttersegen ruht, mit dem Stolze, den die Liebe giebt. Viele unvergleichliche Gestalten weist unsere Geschichte auf, aber keine gleich dieser. Jene Frau, in welcher die heilige Dreieinigkeit der Schönheit, der Tugend und des Leidens ihren ewigen Ausdruck gefunden hat, in welcher es sich wieder offenbart, dass allein das ewig Weibliche auf die volle Höhe des Menschendaseins führt, die in ihrem kurzen Dasein ihrem Volke ein dauerndes Ideal hinterlassen hat, ist wie die reinste so auch wohl die eigenartigste Gestalt der Geschichte unserer Heimath. Nun steht sie für immer in unserer Mitte, das einzige Frauenbild unter all den Helden und Staatsmännern, welche unsere Plätze - füllen, eine ewige Erinnerung für das Fürstengeschlecht wie für unser Volk an den nothwendigen endlichen Sieg des Edlen über das Gemeine, eine Erinnerung, deren wir freilich bedürfen. Die andere Feier, welche uns bevorsteht und welche uns heute vorweg schon in diesem Saale vereinigt, ist die zwanzigste dieser Art, welche die Akademie begeht. Die Geburtstagfeier des Königs und des Kaisers Wilhelm ist mit den Gewohnheiten unsres Thuns ebenso verflochten wie mit den theuersten und stolzesten Erinne- rungen, die nicht bloss uns dauernd bleiben, sondern die auf un- sere Kinder sich vererben, und deren Nachklang in der Seele des deutschen Volkes fortschwingen wird, so lange es ein solches giebt. Langes Leben, wie es unserem erhabenen Herrscher be- schieden ist, ist in diesem Fall ein langer Segen gewesen; die Ge- schichte wird es schärfer und gewisser hinstellen, als es den Zeit- 312 | Öffentliche Sitzung genossen gestattet und geziemend ist, wie ganz undenkbar die ge- waltigen Vorgänge der letzten zwei Decennien gewesen sein wür- den ohne diese in den Mittelpunkt der Entwickelung gestellte und wie keine andere zum Mittler geeignete Persönlichkeit. Wenn der wesentliche Segen der Monarchie, die Stetigkeit und Festigkeit der- jenigen staatlichen Verhältnisse, welche unter allen Umständen durch die Persönlichkeit des Oberhauptes bestimmt werden, nur bei längerer Dauer des Regiments sich in vollem Umfang realisirt, so ist in jenen Krisen, die wir erlebt haben und in denen alles an alles gewagt werden musste und gewagt worden ist, der volle Er- folg ohne Zweifel nur dadurch erreicht worden, dass es einem und demselben Manne beschieden war sein Volk durch dieselben hindurchzuführen. Der Ruf: lange lebe der König! ist das Symbol der Monarchie. Werden die späteren Generationen empfinden, mit welcher Betonung, mit welchem Bangen, mit welchem Hoffen er - derjenigen Generation auf den Lippen gelegen hat, welche den Weg vom Königreich zum Kaiserthum, von Preussen zu Deutsch- land mit Wilhelm, dem König von Preussen, dem Kaiser von Deutschland, gegangen ist? Freilich, wo viel Licht und Glanz ist, da fehlen auch die dunklen Schatten nicht, und sie werden im Gegensatz um so stärker empfunden. Wir haben viel Herrliches, aber auch viel Entsetzliches erlebt; unserem Volke sind nicht bloss jene Wunden geschlagen worden, die von allen grossen Krisen ein nothwendiger Theil sind und die im Siegesjubel rasch vernarben; auch andere und schwerere, zum Theil fressende und eiternde, haben sich ge- öffnet. Das gute Einvernehmen unter den führenden Nationen der Welt besteht nicht mehr in dem Umfang, wie es vor einem Menschenalter bestand; und wenn wir stolz darauf sein dürfen und stolz darauf sind, dass dem starken und grossen Volke da Neid und Argwohn entgegen treten, wo das getheilte und geringge- schätzte ein gleichgültiges Wohlwollen fand, so fühlen wir den-. noch, wo es hintrifft, das Unbehagen der vielfach gestörten Bezie- hungen und die Gefahr für die Welteivilisation, die in dieser stil- len Fehde der Geister sich verbirgt. Dies ist ein nothwendiges Übel und hoffentlich ein absehbares; die Zeit wird ja kommen, wenn wir sie auch nicht erleben, wo es sich von selbst versteht, dass unter den führenden Völkern der Welt das deutsche den Anspruch erhebt keinem voran, aber auch hinter keinem zu- vom 18. März 1880, 319 rückzustehen. — Ernster und peinlicher sind die Erscheinungen, welche die geistige Entwickelung unseres eigenen Volkes unter der Sonne des Glücks aufweist. Wie der Soldat leichter den Ge- fahren und Entsagungen des Krieges widersteht als dem Rausch des Sieges, so stehen auch wir vor und in einer spontanen Recru- descenz alter, einer spontanen Generation neuer moralischer Seuchen, die mit epidemischer Gewalt um sich greifen und an den Grund- lagen unsrer Gesellschaft rütteln. Ich will hier nicht reden von Dingen, die jedem, der sein Vaterland liebt, nur zu stetig im Sinn liegen, und die zunächst sich in Kreisen und Zielen bewegen, welche uns nicht unmittelbar berühren. Aber nicht bloss in jenem äussersten Extrem offenbart sich der sittliche Zersetzungsprozess, welcher auf unsere stolzen Errungenschaften unmittelbar gefolgt ist, und dessen Verwindung und Überwindung jetzt die nicht minder grosse und nicht minder schwierige Aufgabe des innerlich gesunden und kräftigen Theils der Nation ist. Alle alten Vorurtheile und Be- fangenheiten sind wieder erwacht. Wir sehen uns in ernsten Kämpfen mit Mächten, die wir, als wir jung waren, verachte- ten und verachten durften. Ist das Reich Kaiser Wilhelms wirklich noch das Land Friedrich des Grossen, das Land der Aufklärung und der Toleranz, das Land, in dem nach Charakter und Geist, und nicht nach Confession und Nationalität gefragt wird? Ist es nicht schon beinahe ein gewohntes Unheil geworden, dass die politische Parteibildung, dieses nothwendige Fundament jedes Verfassungsstaates, vergiftet wird durch Hineinziehung des confessionellen Haders? Regt man nicht in den socialen und den wirthschaftlichen Fragen das Element des Egoismus der Interessen wie des nationalen Egoismus in einer Weise auf, dass die Huma- nität als ein überwundener Standpunct erscheint? Der Kampf des Neides und der Missgunst ist nach allen Seiten hin entbrannt. _ Wirft man uns doch die Fackel in unsere eigenen Kreise, und der Spalt klafft bereits in dem wissenschaftlichen Adel der Na- tion. Ist es unangemessen, bei der heutigen Feier so schwerer Übel, so ernster Gefahren zu gedenken? Ich meine nicht. Wir können uns der Segnungen der bestehenden Ordnung von Staat und Gesellschaft gar nicht bewusst werden, wir können die Dank- barkeit gegen das greise Oberhaupt unsres Staates nicht empfinden, ohne zugleich alles das mitzufühlen und mitzuleiden, was die 314 Öffentliche Sitzung Gegenwart bewegt. Die Zeiten sind glücklicher Weise vorüber, wo die sogenannte gelehrte Welt in dem Wahne stand sich von der realen Gegenwart emancipiren zu dürfen, ja zu sollen. Nicht ohne einige Beschämung gedenken wir heute der Erscheinung, dass die genialsten Dichterwerke unsrer Nation in einer Epoche entstanden sind, wo diese selbst schliesslich zusammenzubrechen schien; der Isolirschemel, auf dem jene hohen Männer sassen, erscheint uns als eine der Verkehrtheiten, an denen der so oft durchkreuzte Entwickelungsgang der deutschen Nation nur zu reich ist. Wir wollen es gar nicht verbergen, dass die Festfreude an dem heuti- gen Tage eine andere geworden ist als in früheren Jahren, dass wir die schweren Schatten, die in diesen Freudentag-hineinfallen, aus unseren Gedanken heute nicht bannen können, nicht bannen wollen. Vielleicht ist unser Dank noch herzlicher, vielleicht sind unsere Wünsche noch inniger geworden; aber wer beiden Worte zu leihen hat, wird nicht umhin können auch tiefes Leid und ernste Sorge zugleich zum Ausdruck zu bringen. Das hat man erreicht, dass es den deutschen Bürgern, mögen sie im Festsaal oder auf der Wiese, in der Kirche oder in den Hallen der Wissenschaft sich versammeln, schwer gemacht worden ist, nicht die Feste zu feiern, aber sich der Feste zu erfreuen. Wir trennen uns aber von unsern Volksgenossen nicht, wenn wir, auch heute unsers besonderen Berufes eingedenk, an diesem Tage zusammenfassen, was in diesem zwanzigjährigen Regiment durch unsere Akademie für die Wissenschaft geschehen ist. Unter dem Kriegslärm, der die Regierung unseres Kaisers grossen- theils erfüllt hat, ist dieser Theil der Wirksamkeit desselben vielleicht nicht genügend aufgefasst worden; nicht einmal von den betheiligten gelehrten Kreisen, von denen ja jeder nur einen Bruchtheil jener Gesammtthätigkeit an sich selber erfährt, ge- schweige denn von dem ferner stehenden Publicum. Der heu- tige Tag fordert besonders dazu auf. Wenn unsere Statuten vorschreiben, dass am Geburtstag des regierenden Herrschers die Akademie den Jahresbericht über ihre Leistungen erstatten soll, so dürfen wir dies, nach jener alten Art der Hohenzollern im König- ‘ thum die Königspflicht zu erkennen, wohl dahin auffassen, dass an diesem Tage bei der Rückschau auf das vergangene Jahr darüber öffentlich Rechenschaft gelegt werden soll, was wäh- rend dieses Jahres aus öffentlichen Mitteln für diejenige höch- vom 18. März 1880. 315 ste Gattung der Wissenschaftspflege geschehen ist, für welche die Akademie die hohe Ehre und die ernste Verantwortung hat das Organ der öffentlichen Munificenz zu sein. Dann aber wird es auch wohl angemessen sein die Vicennalien Kaiser Wilhelms durch einen Rückblick auf unsere Thätigkeit in dieser Zeit zu be- gehen. Freilich kann ein solcher Überblick nur ein sehr unvoll- kommenes Bild geben, theils weil die Fülle von Einzelheiten, die hier sich aufdrängen und von Rechtswegen sämmtlich vorgelegt werden müssten, den Rahmen eines akademischen Vortrages weit über- schreiten würde, theils weil kein Einzelner im Stande ist die Be- deutung wie die Individualität der verschiedenartigen hier in Frage kommenden Arbeiten genügend zum Ausdruck zu bringen. Neh- men Sie meine Darstellung in diesem Sinne auf als die eines Akademikers, der zwar für das Individuum sich zu dem Glauben bekennt, dass die rechte Einseitigkeit die wahre Vielseitigkeit ist, aber für die Akademie vielmehr zu dem umgekehrten Credo. Vor allen Dingen gedenken wir jener grossartigen Erweiterung, welche unmittelbar nach der Beendigung der schweren Kriege unserer Akademie zu Theil ward und den thatsächlichen Beweis lieferte, dass der Nachfolger Friedrich des Grossen die Fürsorge für die Wissenschaft hinter keiner andern zurückstellt als der- jenigen um die unmittelbare Sicherheit des Staats. Denn indem der bisher für wissenschaftliche Zwecke der Akademie zur freien Verfügung gestellte Jahresbetrag ungefähr vervierfacht wurde, ward derselben zum ersten Mal die Möglichkeit gegeben nicht bloss einzelne Gelehrte bei ihren Forschungen zu fördern, wie dies bis da- hin fast ausschliesslich geschehen war, sondern auch grössere Unter- nehmungen und Berufungen hervorragender Männer aus eigener Initiative und im Wesentlichen auf eigene Verantwortung herbei- _ zuführen; und eben dies ist die Absicht der Regierung gewesen. Sie hat selbstverständlicher Weise auch ihrerseits nicht auf die Initiative bei wissenschaftlichen Unternehmungen verzichtet und verwendet alljährlich erhebliche Beträge für dergleichen Zwecke, wie denn die Akademie selbst mehrfach in die Lage gekommen ist in ausserordentlichen Fällen, wo ihre Mittel versagten, ausser- ordentliche Unterstützungen zu erbitten. Aber innerhalb jener weit gezogenen Grenzen verfügt die Akademie im Wesentlichen selbständig, und wenn anderswo die Selbstregierung mehr gehofft als erreicht wird, so haben wir sie in liberalem Sinn und in aus- 316 Öffentliche Sitzung reichendem Maasse empfangen. Jene Etatziffern werden nie herab- gemindert werden, so lange es ein preussisches Budget giebt, und sie werden ein dauerndes Denkmal bleiben der Regierung Kaiser Wilhelms. | Hiezu tritt ein zweites allgemeineres Moment. Wenn theils durch Zufälligkeiten, theils durch die auch auf diesem Gebiet sehr fühlbare Einwirkung desjenigen Systems, das man Bundesstaat nannte und das vielmehr Staatenbündel zu heissen verdiente, frü- her bei der deutschen Nation verschiedene Institutionen sich ent- wickelt hatten, deren Wirksamkeit wesentlich in den Kreis unsrer Akademie fiel, ohne dass dieser darauf eine Einwirkung zugestan- den hätte, so wurden dagegen in dem letzten Decennium zuerst das erweiterte archäologische Institut in Rom und Athen, alsdann die Direction für Herausgabe der deutschen Geschichtsquellen mit unsrer Akademie vereinigt, so dass die Einigung der deutschen Nation in gewissem Sinne auch in diesen Kreisen zur Geltung kam. Die Vereinigung erfolgte, ohne dass die Selbständigkeit bei- der Institutionen, wie sie deren specielle Zwecke forderten, und ihre freie Bewegung dadurch beeinträchtigt worden wäre. Es wurde damit nur der Weg weiter verfolgt, den eine Reihe von Privat- stiftungen bereits gewiesen hatte, vor allem die Humboldtstiftung, deren Entstehung ungefähr mit dem KRegierungsantritt Kaiser Wilhelms zusammenfällt, und die von Haus aus jene freie, die Theilnahme von Nichtakademikern an der Leitung der Stiftung nicht ausschliessende, sondern vielmehr fordernde Verknüpfung mit der Akademie der Wissenschaften zu ihrem Ausgangspunkt nahm. Ihr sind später die Boppstiftung, die Savignystiftung, die Charlotten- stiftung, ganz kürzlich die Diezstiftung gefolgt. Wenn es diesen Stiftungen, vor allem der erstgenannten, gelang den Ruhm des deutschen Namens in alle Zonen zu tragen und im wissenschaft- lichen Internationalverkehr den Deutschen eine Stellung zu sichern, deren freiwillige oder widerwillige Anerkennung unser Stolz ist, so darf dies mit darauf zurückgeführt werden, dass die Regierung wie die betheiligten Kreise, ungeirrt durch die kleinen Velleitäten corporativen Selbständigkeitsdünkels, ungeirrt auch durch die poli- tische Doctorfrage, ob ein Institut des deutschen Reiches der königlich preussischen Akademie angeschlossen werden könne, be- harrlich nach allen Seiten hin festhielten an dem Gedanken, dass die deutsche Wissenschaft überhaupt und vornehmlich dem Ausland Se , . vom 18. Marz 1880. 317 gegenüber einheitlich vertreten sein müsse. Es hat sich jene Ver- bindung in ihrer verständigen Beschränkung sowohl für die Aka- demie wie für die einzelnen Institute niemals lästig und nicht selten förderlich erwiesen. Höher aber als die einzelnen Vortheile, die sie gewährt, werden wir es anschlagen dürfen, dass wir auf unserm Gebiet berechtigt sind uns als Vertreter der deutschen Na- tion zu fühlen und als solche aufzutreten. Wenn ich mich, nicht ohne Zagen wegen des zu viel oder zu wenig, zu dem Einzelnen wende, so tritt auf dem mathemati- schen Arbeitsfeld zunächst das Bestreben der Akademie hervor die Werke der grossen Meister dieser Wissenschaft, welche hier mit einer anderswo unbekannten Pietät von den Nachfahren geehrt werden und länger als anderswo lebendige Wirkung behalten, voll- ständig und würdig dem immer zahlreicher werdenden Kreise der Fachgenossen vorzulegen. Nicht bloss mit Leibnitz mathemati- schen Schriften ist dies ausgeführt worden, sondern es ist gesche- hen und geschieht gleichermaassen für Jacobi, für Steiner, für Dirichlet; ganz kürzlich ist der merkwürdige Briefwechsel zwischen Gaufs und Bessel durch die Akademie erworben und in ihrem Auftrag veröffentlicht worden. Aber auch in fernere Zeiten reicht diese Pflege zurück; die einst von Jacobi beabsichtigte Herausgabe des griechischen Mathematikers Pappus ist von philologischer Seite aufgenommen und durchgeführt worden. Die eigenen Arbeiten der reinen Mathematik sind in der bevorzugten Lage nicht häufig der Staatsunterstützung zu bedürfen. Um so mehr ist dies der Fall bei den auf der Mathematik ruhenden angewandten Wissenschaften, insbe- sondere der Astronomie; und wenn die umfassenden Aufwendungen, welche für diese Arbeiten von unserer Regierung gemacht worden sind und werden, zum grösseren Theil mit der Akademie nicht im Zusammenhang stehen, so dürfen wir doch daran erinnern, dass an den durch das Phänomen des Venusdurchgangs hervor- serufenen Arbeiten auch sie ihren Antheil hat, insofern eines ihrer Mitglieder in ihrem Auftrag sich in hervorragender Weise an je- nen wichtigen Beobachtungen betheiligte. Auch sonst hat es nicht an Gelegenheiten gefehlt in Anschluss an die unter der vorigen Regierung von der Akademie hergestellten Sternkarten geeignete Materialien zu sammeln und Beobachtungen hervorzurufen. In Betreff der beschreibenden Naturwissenschaften ist zunächst jener zahllosen Specialuntersuchungen und Specialpublicationen zu 318 Öffentliche Sitzung gedenken, welche die Akademie auf ihre Kosten entweder hat aus-. führen lassen oder doch veröffentlicht hat. Ein sehr grosser Theil der eigenen akademischen Publicationen ist derartigen botanischen, zoologischen, mineralogischen, paläontologischen Untersuchungen ge- widmet; und wenn aus den auf diesem Gebiet in den letzten zwanzig Jahren erschienenen Werken diejenigen verschwänden, welche mehr, oder minder durch unsere Beihülfe in die Öffentlichkeit ge- langt sind, so würde der Stand dieser Disciplinen ein wesentlich anderer sein. Ich darf erinnern an die Arbeiten unseres Mitglieds Hrn. Roth über den Vesuv, des verstorbenen Boll über den Tor- pedo; berufenere Stimmen würden leicht zahlreiche weitere Bei- spiele hinzufügen. Besonders aber hinweisen will ich auf das zoologische Institut in Neapel, das nicht bloss sein Dampfschiff geradezu der Akademie verdankt, sondern auch überhaupt ohne deren Schutz schwerlich zu Stande gekommen sein würde — wieder ein Beispiel mehr, wie die deutsche Wissenschaft, wo sie auf das Ausland sich angewiesen sieht, an unserer Akademie ihren rechten Vertreter sucht und findet. Dass das Gedeihen der chemischen, physikalischen und phy- siologischen Studien in Deutschland überhaupt und insbesondere hier in Deutschlands Mittelpunkt eng zusammenhängt mit der Wirksamkeit der Akademie, begnüge ich mich hier anzudeuten, weil es in diesem Falle sich mehr um Personen als um sachliche Fragen handelt und es nicht angemessen erscheint hier auszu- führen, wie wesentlich die Akademie dazu beigetragen hat, dass die Universität Berlin die gegenwärtige Stellung einnimmt. Dafür wende ich mich zu derjenigen Seite unserer Thätigkeit, die man wohl im Allgemeinen als Erdkunde bezeichnen möchte, und deren Förderung von ihren verschiedenen Standpunkten aus beiden Klassen gemein ist. Hier ist es vor allem die Humboldtstiftung, deren planmässig ausgeführte Reisen Brasilien durch Hensel und den zu früh hingeschiedenen Sachs, Südafrica durch Buchholz und Hildebrandt, vor allem aber das Nilland durch die glän- zenden Leistungen Schweinfurths aufgeklärt haben. Die deut- sche Nation wird es nicht vergessen, dass jene wundervolle Er- schliessung des Landes der Elephanten und der Pygmäen, nächst dem genialen Reisenden, in zweiter Reihe dieser Stiftung verdankt wird. Daran schliessen sich die Unterstützung der den Resten der alten Cultur jeder Art und jeder Epoche gewidmeten For- vom 18. März 1880. 319 schungen: ich nenne die Arbeiten Helbigs über die primitiven Ansiedlungen in der Poebene, die Bereisung Mesopotamiens durch Sachau, die Aufnahme Nordafricas durch den leider schon uns entrissenen Wilmanns, die für Athen und Attica überhaupt durch Curtius und Kaupert unternommenen ausgeführten Pläne und Karten, die Bereisung des südlichen Kleinasien durch G. Hirsch- feld, die von Nissen unternommene ÜChorographie Italiens, die . Publication des alten Stadtplans von Rom durch Jordan. Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass der lang ersehnte Atlas der alten Welt diese vereinzelten Leistungen krönen wird; es ist das der Segen unserer Institution, dass, wo der Meister da ist, die Mittel immer bereit sind. Für die Studien der Archäologie hat das junge deutsche Reich in den ersten morgenfrischen Tagen seines Daseins — dies Reichs- institut stammt, wie die deutsche Kaiserkrone, aus Versailles — in so ausgiebiger Weise gesorgt, dass die betheiligten Gelehrten einen schweren Stand haben werden, um der ersten Kaiserstiftung Würdiges zu leisten. Indess es ist damit nur das Richtige geschehen, denn vielleicht kein anderes Wissenschaftsgebiet bedarf zu seiner Pflege gleich ausgedehnter Hülfsmittel. Noch ist die neue Ein- richtung zu jung, um eigentliche Früchte aufweisen zu können; die Ziele wenigstens hat sie sich hoch genug gesteckt. Die leitenden Männer denken an nichts geringeres als an eine systematische Publication des Gesammtschatzes der Werke der alten Kunst, ge- gliedert nach Kategorien und innerhalb dieser nach Zeit und Ort; an die Befreiung des einzelnen Forschers von dem jetzigen uner- träglichen Zustand, wo es meist vom Zufall abhängt, ob ihm die Gegenstände seiner Forschung in den Büchern oder den Museen zu Gesichte kommen oder nicht, und keiner sicher sein kann mit voller Kunde des Materials zu arbeiten. Dies ist ein Ideal und wird es bleiben; aber es ist schon etwas, wenn Muth und Mittel sich zusammenfinden, um solche hohe Zwecke wenigstens an- nähernd und theilweise zu verwirklichen. Eben jetzt geht der erste bescheidene Anfang dieser neuen Veröffentlichungen in die Welt, eine Bearbeitung der in Pompeji ausgegrabenen Thonwerke; viel- leicht wird die Zeit kommen, wo man diese an sich unscheinbare Publieation bezeichnen wird als nicht unwerth der Vicennalien des ersten deutschen Kaisers. Die Akademie wird auch an ihr einen gewissen Antheil sich zuschreiben dürfen und zugleich sich erin- [1880] 28 320 Öffentliche Sitzung nern, dass ihr Mitglied Gerhard es war, welcher zuerst und mit ihrer Hülfe durch seine kritische und vollständige Sammlung der etruskischen Spiegel den neuen Weg gewiesen hat. Für die Inschriftenkunde hat die Berliner Akademie der Wissenschaften zur Zeit das Privilegium, wenigstens so lange das corpus inscriptionam Semiticarum unserer Schwestergesellschaft noch ein Wechsel ohne Verfalltag bleibt. Wir dürfen hier das Verdienst in Anspruch nehmen, dass wir nicht auf den Lorbeeren . einer älteren Generation ruhen, sondern in frischem Schaffen fort- fahren, auch wenn wir dabei unser altes Haus selber einreissen müssen. Das Corpus inscriptionum Atticarum giebt dafür den re- denden Beweis; auch für die ebenfalls dringend nothwendige Neu- bearbeitung der Abtheilung Italien und Sicilien sind die Vorarbei- ten ihrem Abschluss nahe. Es giebt dies, so wie unser neu ge- schaffenes athenisches Institut, die Bürgschaft dafür, dass für die anderen Abtheilungen, namentlich für Hellas und Makedonien, das Gleiche geschehen wird, dass wir die bei diesen Sammlungen schlechthin nothwendige Concentration, da wir einmal im Besitz sind, uns nicht entwinden lassen werden, auch wenn, wozu es freilich kaum den Anschein hat, andere Nationen bestrebt sein sollten um diese nur harter Arbeit und festem Entschluss winkende Palme mit uns zu ringen. Das äusserlich noch viel umfassendere Unternehmen der la- teinischen Inschriftensammlung naht sich seinem Abschluss. Wir haben davon den Anlass genommen, bleibende Fürsorge für dessen Fortführung zu treffen; wenn die folgende Generation so, wie wir hoffen, sich die Freudigkeit der entsagenden Arbeit bewahrt, so glauben wir dafür gesorgt zu haben, dass der mit schwerer Noth endlich schiffbar gemachte und jetzt verhältnissmässig leicht im Gang zu haltende Strom nicht abermals versandet. Neben dem, was für die alte Epigraphik geschieht, nimmt unsere Thätigkeit für die verwandte Münzkunde einen sehr beschei- denen Platz ein. Es sind wohl Privatwerke von uns unterstützt worden, wie v. Sallets Arbeit über die baktrischen Münzen, Dannenbergs deutsches Münzwesen im Mittelalter; aber die grosse zusammenfassende Arbeit, deren es hier bedarf, ist zur Zeit nicht einmal in Aussicht. Und doch ist im ganzen Kreise der Alterthumswissenschaft, nachdem so viele berechtigte Wünsche befriedigt worden sind, jetzt keine Stelle, wo ein solches Zusammen- vom 18. März 1880. IRE fassen so dringend gefordert würde als hier. Wenn jetzt oder später der geeignete Träger eines solchen Unternehmens auftreten sollte, so werden hoffentlich wir, oder die dann unsere Plätze einnehmen, um die Ausfüllung der Lücke bemüht sein, obgleich die eigenen Mittel der Akademie für ein so colossales Unternehmen sicher nicht ausreichen werden. Talente schaffen können wir nicht, und ebenso wenig mit unbewährten Persönlichkeiten aufs Gerathewohl eXperimentiren. Ich eile zum Schluss und deute nur im Kürzesten an, was für die Philologie aller Zeiten und Zonen in diesen zwanzig Jahren geschehen ist. Aristoteles, gewissermaassen der geistige Vater ‚aller akademischen Forschung, steht nach wie vor im Mittelpunkt unserer Thätigkeit. Der akademischen Ausgabe ist in dieser Epoche das unschätzbare Aristoteles-Lexikon unseres Oollegen Bonitz gefolgt. Ferner ist die Gesammtpublication der Aristoteles-Commentare, als das erste derartige Unternehmen, bald nach der Erhöhung unserer Dotation von uns beschlossen und sind dafür die sämmtlichen Bibliotheken Europas systematisch durchforscht worden; der Beginn der Publication steht bevor. Daneben darf genannt werden, was für die Quellen des römischen Rechts von akademischer Seite ge- schehen ist. Gaius Wiederentdeckung ist nicht minder wie die Aristotelesarbeit mit den Traditionen unserer Akademie verwachsen: es ist uns vergönnt gewesen durch Studemunds meisterliche Revision den kritischen Boden hier so weit zu säubern, als Ungeschick und Unglück einer früheren Epoche es irgend gestatteten. Auf Anregung unserer Savignystiftung hat die Justinianische Verordnungensamm- lung endlich durch Hrn. Krüger eine sichere Textgrundlage er- erhalten. Noch erwähne ich eine eben jetzt erscheinende akademi- sche Publieation der Hrn. Bruns und Sachau, weil hier, wo ein lateinisches Rechtsbuch aus syrischen, arabischen, armenischen Übersetzungen wiederzugewinnen war, die Initiative und die Coope- ration, wie sie unserem Institut eigen sind, ihren Nutzen in glänzen- der Weise bewährt hat. Vieles andere übergehe ich: unsere Versuche die verunglückte Gesammtausgabe der byzantinischen Historiker wenigstens in ihren wichtigsten Theilen durch Besseres zu ersetzen; die zahlreichen Unterstützungen einzelner Ausgaben kritischer Schriftsteller; die von Hrn. Hübner vorbereitete Paläo- Sraphie der lateinischen Quadratschrift; die Betheiligung an der Herausgabe der arabischen Annalen des Tabari, des armenischen 23* 322 Öffentliche Sitzung Eusebius, des Mutanabbi, des Rigveda und einer Reihe anderer orientalischer Werke; die Vorbereitungen für die Publication des ägyptischen Todtenbuchs, der assyrischen Keiltexte, der karthagisch- phönikischen Inschriften. Ich übergehe nicht minder, was zu sagen wäre über die Unterstützung der mittelalterlichen Geschichts- forschung. Sie tritt in der unmittelbaren akademischen Thätigkeit insofern zurück, als durch unsere Filialanstalt der Monumenta Germaniae dafür in anderer und genügender Weise gesorgt ist; doch sind auch durch die Akademie selbst zum Beispiel Hübners Sammlungen der mittelalterlichen Inschriften von Spanien und England und die Fortsetzung der Jaffeschen Papstregesten ver- anlasst oder doch gefördert worden. Nur darauf soll schliesslich hingewiesen werden, dass in dem letzten Decennium die neuere und insbesondere die preussische Geschichte in den Kreis der akademischen Unternehmungen hineingezogen worden ist. Von Holsts Untersuchungen über die Geschichte der Vereinigten Staaten würden ohne die von uns in ausgedehntem Maass gewährte Unterstützung nicht zum Abschluss gedeihen; und die Herausgabe der Staatsschriften Friedrich des Grossen und seiner politischen Correspondenz wurde beschlossen, als die Erweiterung ihrer Mit- tel der Akademie die Möglichkeit gab auch den Kreis ihrer Be- strebungen weiter und freier zu gestalten. Dieser unvollständige und unvollkommene Abriss dessen, was die Akademie unter der Regierung Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm unternommen und grossentheils ausgeführt hat, ist unser heutiger Festgruss. Wir vergleichen nicht, was in anderen Nationen auf dem gleichen Wege geschaffen worden ist und fragen nicht, wie der Unterschied der Civilisationsentwickelung und des nationalen Reichthums in diesem stolzen Wettkampf der Völker zum Ausdruck gelangt. Das aber dürfen wir sagen, dass wir gewissenhaft bemüht ge- wesen sind mit den uns anvertrauten reichen Mitteln alles wissenschaft- liche Streben zu fördern, ohne Unterschied des Kreises und ohne Ansehn der Person. Gewiss verkennen und vergessen wir nicht, dass nicht alle jene Früchte gereift sind. Auch uns ist es nicht erspart geblieben bald unter Dornen zu säen, bald fröhlich kei- mende Saat durch Schicksalsschläge vernichtet zu sehen. Die Aufgabe der Akademie bringt es mit sich, dass sie oft ge- wagte Unternehmungen beginnen muss, und der Einsatz auch wohl verloren geht. Aber sie bringt auch mit sich, dass manches vom 18. März 1880. 323 gesäete Korn hundertfältige Frucht trägt. Wir nehmen das eine mit dem andern hin und hoffen, dass unsere Wirksamkeit auch ausserhalb der Akademie in dieser ausgleichenden Weise beurtheilt werden wird. Wir brauchen Geduld, nicht bloss weil manches fehlschlägt, sondern mehr noch, weil unsere Früchte, wie es nun einmal bei diesen Verhältnissen und diesen Personen nicht anders sein kann, im besten Falle langsam reifen. Wir finden aber auch diese Billigkeit und diese Geduld; und wer immer mit der Lei- tung akademischer Arbeiten beauftragt worden ist, wird sich bekennen zu der tiefen und ernsten Empfindung des Dankes gegen den Staat, der uns die Pflege der Wissenschaft anvertraut, gegen den Kaiser, für den zu arbeiten wir stolz sind. Auch wir sind seine Beauf- tragten, und wir ehren ihn heute, indem wir zusammenfassend aussprechen, was in den zwanzig gesegneten Jahren seiner Re- sierung die Akademie der Wissenschaften gethan oder veranlasst hat. | Hr. Mommsen trug alsdann den Bericht über die grösseren wissenschaftlichen Unternehmungen der philosophisch - historischen Klasse für das abgelaufene Jahr vor, in welchem von der Weiter- führung der griechischen und lateinischen Inschriften, der Paläo- graphie der römischen Quadratschrift, der Vorarbeiten zu einer Herausgabe der griechischen Kommentatoren des Aristoteles, den Arbeiten des mit der Akademie verbundenen Archäologischen In- stituts und der Herausgabe der politischen Correspondenz König Friedrichs des Grossen Rechenschaft gelegt wurde. Zum Schluss trug Hr. Droysen seine Abhandlung vor: Friedrich’s II. Stellung nach dem Dresdener Frieden. Verzeichniss der im Monat März 1880 eingegangenen Schriften. Abhandlungen herausgegeben von der Senckenbergischen Naturforschenden Ge- sellschaft. Bd. XI. Heft 4. Frankfurt a. M. 1879. 4. Bericht über die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft. 1878 —1879. Frankfurt a. M. 8. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XIII. N. 3. Ber- lan 1880... Neues Archiv der Gesellschaft für ältere Deutsche Geschichtskunde. Band 5. Heft 1. 2. Hannover 1879/80. 8. Preussische Statistik. Herausgegeben in zwanglosen Heften vom K. Statisti- schen Büreau. Heft 49. 50. 51. 52. Berlin 1879/80. 4. Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1882. Berlin 1880. 8. C. Bruhns, Monatliche Berichte über die Resultate aus den meteorologischen Beobachtungen angestellt an den K. Sächs. Stationen im Jahre 1878. Leipzig 1879. 4. G. vom Rath, Ergebnisse einer erneuten Untersuchung über das Krystallsystem des Oyanit. Sep.-Abdr. 1879. 8. ; Mittheilungen der K. K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und histor. Denkmale. Neue Folge. Bd.V. Heft4 (Schluss). Wien 1879. 4. Proceedings of the R. Geographical Society. Vol. IH. N. 3. March. 1880. London. 8. Eingegangene Druckschriften. März 1880. 325 Annales des Ponts et Chaussees. Memoires et Documents. Serie V. Cah. 1. 2. 1880. Janv. Fevr. Paris. 8. Bulletin de U’ Academie de Medecine. Ser. II. T.IX. N. 8.9. Paris 1880. 8. Revue scientiique de la France et de l’etranger. N. 35. 36. Paris 1880. 4. Polybiblion. — Part. litt. — Ser. II. T. VI. Livr. 1.2. Paris 1880, 8. Bulletin de la Societe de Geographie. Decembre 1879. Paris 1879. 8. Bulletin de la Soeciete de Geographie commerciale de Bordeaux. Ser. 2. An- nee 3. N. 5. Bordeaux 1880. 8. B. Boncompagni, Bullettino. T. XII. Ottobre 1879. Roma 1879. 4. F. Coppi, Monografıa ed Iconografia della terracimiteriale et terramara di ‘ Gorzano ossia Monumenti di pura “Archeologia. Vol. I. II. III. Mo- dena 1871—1876. 4. — —, Studj di Paleontologia iconografica del Modenese. Modena 1872. 4. A. Crespellani, Terremare o Marne Modenesi e Monumenti antichi lungo la strada Claudia. Modena 1870. 4. — — , Appendice alle Marne Modenesi. Memoria. Modena 1871. 4. K. Vitterhets Historie och Antiquitets Akademiens Mänadsblad. Ärg. 8. 1879. Stockholm 1879. 8. H. Gylden, Framställning af differentialförhällandena emellan sanna anoma- lien och radius vector i en elliptisk bana och excentriciteten. Stockholm 1979. 8. -Exfr. — —, Über die Bahn eines materiellen Punktes, der sich unter dem Einflusse einer Centralkraft von der Form = +u,r bewegt. Stockholm 1879. 4. r Extr. Bulletin de l’ Academie R. des Sciences de Belgique. 49. Annee. 2. Serie. 7243. N. 1. Bruxelles 1880. 8. Revista Euskara. Ano tercero. Num. 23. Febrero de 1880. Pamplona 1880. 8. The a 5 de a as is ober! 1879. Cineinnati. "El TEE ERRUHRE sh PUB, - . % + R w Archivos do Museu Nacional do Rio de Janeiro. ol Ni, Tr ° 1877. Vol. III. Trimestres 1. 2. 1878. Rio de Janeiro 18 4 DEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Mit 8 Tafeln. „0er f u “. X sonsan pero" NW . UNIVERSITÄTSSTR. 8. HARRWITZ UND GOSSMANN. ' f en. ‘ AA f ei h KH, Kr MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Aprıl 1880. r Vorsitzender Secretar: Hr. Mommsen.: 5. April. Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse. Hr. Schwendener las: Über Spiralstellungen bei Florideen. | Bekanntlich zeigen die seitlichen Organe einiger Florideen (Polysiphonia, Spyridia ete.) regelmässige Spiralstellung und zwar mit Divergenzen, welche nach herkömmlicher Bezeichnungsweise den bekannten Reihen 4, 2, ..; 4, 4, 2..5 2,3, 2... etc. ange- hören !). Dabei findet die Anlegung dieser Organe am Spross- scheitel zum Theil unter Verhältnissen statt, welche die Beein- flussung des Vorganges durch die Contactwirkung der nächst ältern Organe auszuschliessen scheinen. So sagt z.B. Cramer?) in 1) Wie sich aus meiner Theorie der Blattstellungen ergibt, ist diese Bezeichnungsweise nicht correct. Denn obschon die Stellungsverhältnisse be- züglich ihres Spielraumes am nämlichen Spross durch die Reihen 1, 2, 3,5 ...; 1,3, 4,7..., etc. bestimmt sind, besteht zwischen den oben aufgeführten Näherungsbrüchen und den gesetzmässigen Divergenzänderungen keine andere Beziehung, als dass beide nach dem nämlichen Grenzwerth convergiren. Dies gilt sowohl für die Änderungen durch mechanischen Druck, wie für diejenigen, welche das Kleinerwerden der Organe bedingt. 2) Physiologisch - systematische Unters. über d. Ceramiaceen, Heft TI, pag. 70. [1880] 24 328 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Bezug auf Spyridia filamentosa (Harvey): „Die Scheitelzellen von Langtrieben theilen sich continuirlich von unten nach oben fort- schreitend durch schwach und im Zusammenhang mit der Ver- zweigung nach 15 verschiedenen Seiten alternirend ge- neigte Querwände.“ Hiernach und nach der eitirten Abbildung Fig. 9 auf Taf. X wäre also die unerklärte Neigung der Wände nach 7; in diesem Verzweigungsprocess das Primäre und das Aus- wachsen der einzelnen Gliederzelle an der Stelle, wo sie die grösste Längendimension besitzt, die Folge davon. In ähnlicher Weise schildert Kny!) das Scheitelwachsthum von Chondriopsis tenuissima (Good. etWoodw.), Polysiphonia fibrata (Dillw.), P. Brodiaei (Dillw.), P. seriularioides (Grat.) u.a. Derselbe bemerkt ausdrücklich, dass „die in der Scheitelzelle auftretenden Querwände nach derjenigen Seite hin aufgerichtet sind, welche einem Blatt den Ursprung zu geben bestimmt ist“. Es mag ferner daran erinnert werden, dass auch die schiefen Wände der Moosrhizoiden (Zweigvorkeime) von H. Müller (Thurgau) in demselben Sinne gedeutet wurden. Für die Theorie der Stellungsverhältnisse seitlicher Organe sind diese Wachsthumsvorgänge von doppeltem Interesse, einmal mit Rücksicht auf die Frage, welche Fälle regelmässiger Stellungen die Annahme einer Beeinflussung durch den gegenseitigen Contact ebenso unzweifelhaft ausschliessen, wie dies z. B. für die zwei- zeiligen Strahlen von Oladophora, Ptilota u. s. w., desgleichen für die Wedel kriechender Farnstämme anzunehmen ist. Mit dieser Frage steht sodann die weitere und allgemeinere im Zusammen- hang, ob überhaupt Spiralstellungen ohne die Contaetwirkung der jugendlichen Anlagen jemals zu Stande kommen. Die Beantwortung dieser Fragen setzt natürlich eine genaue Kenntniss der Entwicklungszustände in der Scheitelregion voraus; es kommt auch hier, wie bei den höhern Gewächsen, vor Allem darauf an, die Contactbeziehungen zwischen dem neu auftretenden seitlichen Organ und den unmittelbar vorausgehenden festzustellen. Zu diesem Behufe habe ich die Stammspitzen der hieher gehörigen Florideen meist an kurzen abgeschnittenen Enden, welche unter dem Mikroskop beliebig gedreht werden konnten, untersucht und 1) Über Axillarknospen bei Florideen, p. 2. Abdruck aus der Fest- schrift zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Ges. naturf. Freunde zu Berlin, 1873. Zei Er ne TE ne EEE | | u. Zr ne vom 5. April 1880. 329 hierbei namentlich auf die Querschnittsansichten der Scheitelregion mit den jüngsten Blattanlagen mein besonderes Augenmerk gerichtet. Die Resultate, die ich auf diesem Wege erhielt, sollen im Folgenden kurz dargestellt werden !). Ich beginne mit der Gattung Polysiphonia. Die untersuchten Arten, P. sertularioides Grat., P. variegata J. Ag. u. a. verhielten sich im Wesentlichen so übereinstimmend, dass es mir überflüssig erscheint, sie gesondert zu besprechen. Die Anlagen der haar- förmigen seitlichen Organe, die man füglich als Blätter bezeichnen kann, entstehen hier immer durch Ausstülpung von Gliederzellen der Scheitelregion, und zwar in streng acropetaler Folge. Häufig genug treten solche Ausstülpungen schon an den jüngsten Glieder- zellen auf, also unmittelbar unter der Scheitelzelle; in andern Fällen beginnt ihre Entwicklung im zweiten oder dritten Gliede rückwärts vom Scheitel. Die Theilungs- und Verzweigungsvorgänge, welche mit dem weitern Wachsthum der Blätter verknüpft sind, setze ich hier als bekannt voraus; ich erinnere bloss an den pseudodicho- tomischen Aufbau derselben, welcher dadurch zu Stande kommt, dass die Gliederzellen des Hauptstrahls abwechselnd nach rechts und links, aber immer in tangentialer Ebene, ihre Seitenzweige bilden (vgl. Fig. 1—4). Die relative Breite der Anlagen beträgt bei den vierzeilig beblätterten Polysiphonien ungefähr 4 des Stamm- umfanges (Fig. 1A; 2A Querschnittsansicht), sinkt aber später in Folge der vorwiegenden Dieckenzunahme des Stammes auf einen er- heblich kleinern Bruchtheil herunter (Fig. 1—4). Ein ähnliches Verhältniss scheint nach Beobachtungen an P. Brodiaei auch bei kleineren Divergenzen obzuwalten. Schon diese an den unter- suchten Arten leicht nachzuweisende Beziehung zwischen dem Querdurchmesser der jugendlichen Organe und demjenigen des Mutterorgans spricht zu Gunsten der Contacttheorie. Von besonderer Bedeutung ist zweitens der Umstand, dass die jungen Blätter sich mit ihrer Innenseite dem Stamm dicht an- schmiegen, so dass sie auf Querschnitten, welche oberhalb ihrer Basis geführt wurden, an demselben haften bleiben. Man kann sich von diesem unmittelbaren Contact auch ohne Zuhülfenahme 1) Das Material zu diesen Untersuchungen verdanke ich meinen ver- ehrten Collegen Strasburger, Kny und Cramer, denen ich hiemit für diese freundliche Unterstützung meinen verbindlichen Dank ausspreche, 24* 330 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse von Querschnitten leicht überzeugen, indem man kurze Stammenden unter dem Mikroskop dreht, bis die betreffenden Blätter eine genau seitliche Lage zeigen (Fig. 1, c3; 2, B3); sie erscheinen alsdann nur durch eine feine Linie, nie durch einen Zwischenraum vom Stamm abgegrenzt. Dieser unmittelbare Contact bleibt indessen nur kurze Zeit erhalten. Sobald das Blatt aus mehr als 2 bis 3 Zellen besteht, beginnt in der Regel eine allmälige Ablösung von der Oberfläche des Stammes, wobei gewöhnlich die Fiederblättchen, sofern solche bereits vorhanden sind, in Folge ihrer Wachsthums- richtung den Contact länger beibehalten als der Hauptstrahl. Zu- letzt aber rücken auch diese vom Stamme hinweg oder bleiben höchstens mit den inzwischen hervorgetretenen neuen Anlagen stellenweise in Berührung. In der Querschnittsansicht erscheinen dann die jüngsten Blätter von den nächstältern der nämlichen Or- thostiche bogenförmig umschlossen (Fig. 3, A). In dritter Linie ist es eine ausnahmslose Regel, dass die ober- sten Blätter mit ihren Spitzen mindestens bis zum Niveau der neu entstehenden hinaufragen. Dadurch wird von vorne herein die Ver- muthung nahe gelegt, dass die letzteren in ähnlicher Weise unter dem Einfluss der ältern stehen, wie dies für die höhern Gewächse festgestellt ist. Auch spricht der oben erwähnte Contact zwischen den jungen Blättern und dem Stamm eher für als gegen diese Ver- muthung; denn die Vorstellung, dass die von Blättern bedeckte Zone des Stammes an der Neubildung von Organen verhindert, die con- tactfreie dagegen hiezu befähigt sei, drängt sich so zu sagen von selbst auf. Nichtsdestoweniger verlangt diese Auffassung eine ge- naue Prüfung: es muss Schritt für Schritt untersucht werden, ob die hier obwaltenden, in mancher Hinsicht eigenthümlichen Contact- verhältnisse den angenommenen Einfluss thatsächlich besitzen. Prüfen wir zunächst, ob die Aufhebung des Contactes zwischen Stamm und Blatt in der That das Primäre und das Hervorsprossen neuer Anlagen an der frei gewordenen Stelle eine Folge davon sei, oder ob vielleicht umgekehrt die ältern Blätter erst durch den mechanischen Druck, den die neuen Sprossungen bewirken, nach aussen geschoben werden. Wäre das Letztere der Fall, so müsste nothwendig zwischen den jüngsten eben hervortretenden Blättern und den nächstältern derselben Orthostiche immer eine unmittelbare Berührung stattfinden; die Beobachtung lehrt aber, dass diese Fol- gerung in manchen Fällen entschieden nicht zutrifft. So hat sich vom 5. April 1880. 331 z.B. in Fig. 3, A das Blatt 2 mit seinem Hauptstrahl bereits vom Stamm abgelöst, während die darüber befindliche Anlage 6 sich - eben erst hervorzuwölben beginnt. Damit ist natürlich nicht aus- geschlossen, dass diese Anlage nachträglich, im Verlaufe ihres Wachsthums, den Contact mit dem bezeichneten Blatt vorübergehend herstellt, in ähnlicher Weise etwa, wie dies in Fig. 4, A und B für die Blätter 2 und 6, 3 und 7 dargestellt ist. Es verdient ferner Beachtung, dass an der Ursprungsstelle einer Anlage locale Wir- kungen mechanischen Druckes, die man sich als kleine Einbuch- tungen oder Krümmungen am untern Blatt zu denken hätte, nie zu Stande kommen, während sie doch sonst überall hervortreten, wo junge Organe den Widerstand älterer zu überwinden haben. Endlich muss ich die Eingangs erwähnte Angabe der Autoren, wo- nach die Gliederzellen auf der Seite, welche dem Blatt die Ent- stehung gibt, von Anfang an höher sein sollen als auf der entgegen- gesetzten, dahin* berichtigen, dass die fragliche Ungleichheit erst nach dem Aufhören des Contactes an der Bildungsstätte des anzu- legenden Blattes bemerkbar ist. Von einer ursprünglichen Neigung der Wände nach verschiedenen, den Blattzeilen entsprechenden Sei- ten kann also nicht die Rede sein. An Stämmchen, deren oberste Anlagen und Blattspitzen von 1—2 Gliederzellen überragt werden (was allerdings nicht häufig vorkommt), kann man sich beim Drehen leicht überzeugen, dass diese obersten Glieder noch parallele End- flächen besitzen. Gestützt auf diese Thatsachen, lässt sich das Zustandekommen der Spiralstellung in folgender Weise erklären. Es sei gegeben das Stadium Fig. 2,A u.8. Die Blätter 1J—4 umgeben den Stamm; Blatt 1 ist vierzellig und besitzt die Seitenstrahlen @ und 5; 3 und 4 sind noch unverzweigt, das letztere einzellig.. Alle 4 Blätter mit Ausnahme von 1 liegen der Oberfläche des Stammes dicht an. Unter diesen Umständen ist leicht einzusehen, dass nur auf der Seite von 1 eine neue Ausstülpung sich bilden Kann, und in der That zeigt die Längsansicht bereits Schiefstellung der Querwände _ und eine schwache Wölbung der Oberfläche. Etwas später wird sich das Blatt 2 ablösen und dadurch die Blattbildung an dieser Stelle ermöglichen. Weitere Querschnittsansichten, welche analoge Stadien darstellen und deshalb keiner besondern Erklärung bedürfen, sind in Fig. 1,4; 5,A u. 4,D abgebildet. Es kann vorkommen, dass der Contact zwischen Stamm und 332 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Blatt zu spät aufgehoben wird, um schon der nächstfolgenden Glie- derzelle Gelegenheit zur Ausstülpung zu geben. Diese Zelle bleibt alsdann blattlos und die Fortsetzung der Spirale kann erst von der nächstfolgenden übernommen werden. Geht auch diese leer aus, so erfolgt die Neubildung eines Blattes in der zweitfolgenden, u. s. w. So erklärt sich das Überspringen einzelner Glieder, wie man es bei P. sertularioides hin und wieder beobachtet, wie mir scheint auf befriedigende Weise. Ob freilich diese Erklärung auch für die extremen Fälle, wo die Zahl der sterilen Glieder bis auf 12 steigt1), noch zutrifft, muss ich dahingestellt lassen, da ich solche Fälle nie beobachtet habe und in den Mittheilungen Anderer hierüber keiner- lei Anhaltspunkte finde. Warum entsteht nun aber das erste Blatt am seitenständigen Zweig erst am 3. bis 5. Gliede und stets auf derselben Seite? Hierauf ist zunächst zu erwiedern, dass der erste Theil der Frage sich auf Erscheinungen bezieht, welche zur mechanischen Theorie der Blattstellungen in keiner Beziehung stehen. Wir wissen ja überhaupt nicht, an welche Einzelbedingungen die Bildung seitlicher Anlagen geknüpft ist, und können daher auch nicht beurtheilen, warum eine Keimpflanze oder ein Seitenspross von Polysiphonia, ohne dass mechanische Hindernisse im Wege stehen, erst am so- undsovielten Gliede Blattanlagen erzeugt. Solche Dinge liegen gänzlich ausserhalb der Tragweite meiner Theorie. Dagegen ver- langt der zweite Theil der gestellten Frage, welche den Entstehungs- ort der ersten Anlage betrifft, allerdings etwelche Aufklärung, und dieser Anforderung hoffe ich durch folgende Betrachtung zu ge- nügen. Es ist einleuchtend, dass bei einer Keimpflanze von Poly- siphonia, wenn wir sie uns in senkrechter Stellung auf horizontaler Unterlage denken, von einer bestimmten ÖOrientirung des ersten Blattes nicht die Rede sein kann, weil alle Punkte der Aussenfläche gleichwerthig sind. Die erste Blattanlage kann also mit gleicher Wahrscheinlichkeit nach Norden, oder nach Süden, oder nach irgend einer andern Himmelsgegend gerichtet sein. Stellen wir uns da- gegen vor, unsere Keimpflanze entwickle sich unter Beibehaltung der lothrechten Stellung auf einer stark geneigten Fläche, so sind die verschiedenen Längslinien nicht mehr vollkommen gleichwerthig, !) Vgl. Kny, Über Axillarknospen bei Florideen, 1. c. p. 9 des Separat- abdruckes (p. 105 der Festschrift). t | | 1 . MUT s vom 5. April 1880. 333 sondern differiren in ähnlicher Weise wie z.B. bei Fichten an steilen Bergabhängen: der Stamm ist auf der Thalseite länger als auf der _ Bergseite. Da nun die Befähigung zur Blattbildung bei Polysiphonia ganz unzweifelhaft in irgend einer Weise von der Länge, bez. von der Zahl der vorhandenen Glieder abhängig ist, so lässt sich er- warten, dass das erste Blatt schief stehender Keimpflanzen der längsten Longitudinale entspreche. Dieselbe Beziehung wird aber auch bei Zweigstrahlen obwalten, welche von einem Mutterstamme ausgehen, und da hier die längste Seite bald dem Tragblatt, bald der Verbindungslinie zwischen Stamm und Tragblatt ungefähr gegen- über liegt!), so ist damit die Stellung des ersten Blattes am Zweige vorgezeichnet. In diesem Punkte stimmt die Theorie mit der Wirk- lichkeit vollständig überein. Nur in den seltenen, an P. fibrillosa beobachteten Fällen, wo nach Kny der Zweigstrahl zuweilen genau in die Mediane des Blattes fällt, vermag ich allerdings, da mir eigene Beobachtungen fehlen, den Ausschlag gebenden Factor nicht anzugeben; ich vermuthe jedoch, dass eine genauere Untersuchung solcher Vorkommnisse (woran freilich ohne genügendes Material nicht gedacht werden kann) doch wohl eine kleine Abweichung von der Mediane ergeben würde. Von den Polysiphonien, deren Blattdivergenz erheblich kleiner ist als 4, lässt sich vom mechanischen Standpunkt aus von vorne herein erwarten, dass auch die Dimensionen der jungen Anlagen ent- sprechend redueirt sein werden. Diese Schlussfolgerung habe ich an Polysiphonia Brodiaei (Dillw.), deren Blätter nach # geordnet sind, geprüft und richtig befunden. Ich bemerke aber ausdrücklich, dass die Grössenreduction auf die jüngsten Stadien der Blattanlagen be- schränkt ist; sobald die Blätter eine gewisse Länge erreicht haben oder sogar mehrzellig geworden sind, stimmt ihr Querdurchmesser ungefähr mit demjenigen der vierzeilig beblätterten Arten überein oder ist sogar noch etwas grösser. Die Contactbeziehungen, welche die Entwicklungsfolge der Anlagen bestimmen, habe ich leider nicht so genau untersuchen können, wie ich es gewünscht hätte, weil an den mir zu Gebote stehenden fertilen Exemplaren vegetative Stamm- spitzen (nämlich solche ohne Antheridien) ziemlich selten waren, 1) Der Zweig wird bekanntlich von der Basalzelle des Blattes angelegt und ist in der Regel mehr oder weniger seitlich gegen dessen Mediane ver- schoben. Vgl. Magnus, Bot. Zeitg. 1872, pag. 251, und Kny l.c. 334 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse so dass ich beim Präpariren nur mit vieler Geduld geeignete Stücke erhielt, die ich drehen und also auch aufrecht stellen konnte. Solche Stücke gewähren in der Scheitelansicht das Bild Fig.7,8. Man sieht, dass die meisten ältern Blätter (1,2,3....) sowohl unter sich als mit dem Stamm in unmittelbarer Berührung stehen; nur das älteste in unserer Figur, Blatt O0 nämlich, ebenso das demselben vorausgehende (in der Figur nicht gezeichnete), steht vollständig ausser Contact, und dementsprechend haben die frei gewordenen Stellen des Scheitels hier den nöthigen Spielraum, um neue Aus- stülpungen zu bilden. Blatt 6 ist denn auch deutlich als kleiner Höcker vorhanden (vgl. Fig. 7, A); 7 kann folgen oder war vielleicht schon angedeutet, jedoch in den beobachteten Stellungen nicht sicht- bar. Das ist die Lücke, die ich unausgefüllt lasse. Etwas später würde sich in gleicher Weise Blatt 1 abgehoben und für eine neue Anlage Raum geschaffen haben. Von den übrigen Florideen mit spiralig gestellten Blättern ist Chondriopsis im Grunde schon aus den Abbildungen von Kny hin- länglich bekannt. Die Blattdivergenz ist hier #, also nur wenig von 4 verschieden. Die Stammspitze mit ihren jugendlichen Blatt- anlagen erinnert durch ihre Formverhältnisse so sehr an Polysi- phonia, dass auch bezüglich der Contactbeziehungen eine wesentliche Abweichung nicht wohl anzunehmen ist. Ich habe mich übrigens an Weingeistexemplaren, die ich Hrn. Prof. Kny verdanke, direct überzeugt, dass die obersten Blätter mindestens bis zum Niveau der jüngsten Blattanlagen hinaufreichen und dass Blatt und Stamm eine Zeit lang in ähnlicher Weise mit einander in Berührung stehen und auf Schnitten an einander haften bleiben, wie bei Polysiphonia. Ich glaubte unter diesen Umständen darauf verzichten zu dürfen, die spätere Lostrennung der Blätter und das Hervorsprossen einer neuen Anlage an der frei gewordenen Stelle noch spezieller ins Auge zu fassen. Untersuchungen dieser Art sind nämlich bei Chondriopsis coerulescens (Crouan) wegen der kraterförmigen Ver- tiefung am Scheitel mit fast unübersteiglichen Hindernissen ver- knüpft, und selbst die günstigste Art der Gattung, Ch. tenuissima (Good. et Woodw.), stellt die Geduld des Beobachters sehr auf die Probe. Ebenso habe ich Spyridia filamentosa (Harvey) an Weingeist- exemplaren, die mir Hr. Prof. Cramer freundlichst übersandte, genauer untersucht. Die Kurztriebe (Blätter) sind hier nach 5 vom 5. April 1880. 335 gestellt und gewähren in der Scheitelregion, abgesehen von der _ Kleinheit der Dimensionen, auf Querschnittsansichten so ziemlich dasselbe Bild, wie manche Stammspitzen von Phanerogamen. Ihre jüngsten Anlagen bilden nahezu quer zur Stammaxe gerichtete Aus- stülpungen, die sich erst im Verlaufe ihrer weitern Entwicklung bogenförmig nach oben krümmen (Fig. 5, A—p, Fig.6). Da die Gliederzellen sehr kurz sind und jede eine Anlage erzeugt, so liegen die höckerförmigen Hervorragungen dicht übereinander; ihre Dreier- zeilen bilden in gewissem Sinne Contactlinien. Unter solchen Ver- hältnissen kann es kaum noch einem Zweifel unterliegen, dass das Zustandekommen der Spirale den nämlichen Anschlussregeln unter- worfen ist, wie bei den höhern Gewächsen. Um indess alle Be- denken zu beseitigen, hebe ich noch ausdrücklich hervor, dass die grössere Höhe der Gliederzellen auf der blatterzeugenden Seite offenbar erst die Folge, nicht die Ursache der beginnenden Her- vorwölbung ist. Es kommt allerdings oft genug vor, dass selbst die oberste Gliederzelle, welche unmittelbar an die Scheitelzelle grenzt, geneigte Wände besitzt; dann aber reichen die Blattanlagen bis zu dieser Gliederzelle hinauf und die letztere zeigt zuweilen schon eine deutliche Ausstülpung. Solche Stadien lassen natürlich die hier zu beantwortende Frage unentschieden. Allein es gibt auch schlankere Stammspitzen, bei welchen die Erzeugung von Blattanlagen nicht soweit hinauf reicht und wo die obersten 2 bis 3 Gliederzellen mit den Blättern der Scheitelregion in keinem Oon- tact stehen (Fig. 6). In. diesem Falle sind denn auch die Quer wände jener Zellen noch genau parallel, und dieser Parallelismus wird erst gestört, wenn die Hervorwölbung zum Zwecke der Blatt- bildung ihren Anfang nimmt. Da nun aber die letztere sich nach den Contactverhältnissen richtet, so kann in der That die Neigung der Wände nur die Folge der beginnenden Ausstülpung sein. Als letztes Beispiel führe ich noch Acanthophora an, bei welcher Gattung die Blätter ebenfalls deutlich spiralig gestellt und zunächst der Scheitelregion knospenartig zusammengedrängt sind. Das Aus- sehen der Stammspitze erinnert geradezu an manche Laubsprosse der Phanerogamen. Eine genauere Untersuchung der Contactver- hältnisse konnte ich allerdings hier nicht anstellen, da mir bloss getrocknetes Material zur Verfügung stand, das für solche Fragen zu ungünstig ist; ich trage indessen kein Bedenken, diese Alge 336 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse vorläufig zu denjenigen zu rechnen, welche der Anschlusstheorie sich fügen. Anhangsweise mögen endlich noch die Wurzelhaare der Moose erwähnt werden, denen H. Müller (Thurgau)!) eine schrauben- linige Orientirung der schiefen Wände zuschreibt. Wäre diese Dar- stellung richtig, so hätten wir es hier unzweifelhaft mit einer Spiral- stellung zu thun, auf welche meine Contactiheorie schlechterdings keine Anwendung finden könnte. Ich habe mich indessen über- zeugt, dass die betreffende Angabe Müller’s unrichtig ist, was übrigens schon aus seinen eigenen Zeichnungen hervorgeht. Die schiefen Wände sind in der That nicht spiralig, sondern regellos gestellt, und es kann höchstens zufällig einmal vorkommen, dass drei auf einander folgende ungefähr gleiche Divergenzen einhalten; aber ebenso habe ich wiederholt beobachtet, dass 3 bis 4 successive Wände nahezu parallel oder alternirend nach rechts und links ge- neigt waren. Beides sind Ausnahmsfälle; in der Regel lässt sich eine bestimmte Anordnung nicht erkennen. Als Beispiel, wie in einem concreten Falle diese Wände orientirt waren, mag die Hori- zontalprojection Fig. 8 dienen, in welcher die Ziffern den höchsten Punkten der Wände am aufrecht gedachten Vorkeim und zugleich der Reihenfolge in acropetaler Richtung entsprechen. Erklärung der Tafel. Fig. 1— 4. Polysiphonia sertularioides. Fig. 1, A—n. Eine abgeschnittene, unter dem Mikroskop drehbare Stammspitze in 4 verschiedenen Lagen. A. Querschnittsansicht. Der Stamm mit dem jüngsten Blatt (4) in der Mitte, die Blätter 0, 1, 2, 3 an denselben angelehnt, die letzten zwei noch in unmittelbarem Contact mit der Aussenfläche des Stammes. Wie man an Blatt 1 sieht, bleiben die Seitenstrahlen länger mit dem Stamm in Berührung als der Hauptstrahl. 8. Längsansicht der nämlichen Stammspitze, das Blatt1 abgekehrt, 3 zugekehrt. Man sieht, dass Blatt 2 ungefähr das Niveau der Scheitelwölbung erreicht und auf seiner Innenseite mit dem Stamm in unmittelbarer Berüh- rung steht. 1) Die Sporenvorkeime und Zweigvorkeime der Laubmoose. Arbeiten des bot. Inst. in Würzburg, Bd.I pag. 475. ie u vom 5. April 1880. 337 c. Das nämliche Stück um c. 90° gedreht, so dass Blatt 3 nach rechts zu liegen kommt; man sieht, dass es seiner ganzen Länge nach den Stamm berührt. vd. Dasselbe Stück, abermals um c. 90° gedreht. Blatt 3 liegt jetzt unten, Blatt 1 mit seinen zwei Seitenstrahlen links. Fig.2, A u.8. Eine abgeschnittene Stammspitze in der Scheitel- und Längsansicht. A. Scheitelansicht mit den Blättern I—4; Blatt 1 mit 2 Seitenstrahlen, der Hauptstrahl vom Stamm abgelöst. I B. Längsansicht mit den Blättern 1, 3 und 4; Blatt 2 ist abgekehrt. Fig. 3, A u.8. Eine ähnliche Stammspitze. A. Querschnittsansicht mit stark entwickelten Blättern. Man sieht zwei Seitenstrahlen des Blattes O (O0, u. 0,), dann Blatt1 mit den Strahlen a, 5 und einem kleinern dritten, Blatt 2 mit zwei jungen Seitenstrahlen, von denen der ältere den.Stamm berührt, endlich Blatt 3 u. 4 mit je einem Seitenstrahl, beide noch in Contact mit dem Stamm; 5 ist eine neue Anlage. B. Längsansicht der obern Partie, um die Form und Stellung der Blatt- anlage 5 zu veranschaulichen. Fig. 4, A—D. Eine etwas längere Stammspitze in vier verschiedenen Lagen. A. Längsansicht mit den Blättern 1—7. Blatt 6 ist zugekehrt, 3 liegt rechts; das letztere hat sich abgelöst, berührt aber mit der Spitze die An- lage 7. B. Dasselbe, c. 90° gedreht; Blatt 4 hat sich vom Stamme abgelöst. c. Dasselbe, abermals um c. 90° in gleicher Richtung gedreht; Blatt 4 ist zugekehrt. Blatt 5 hat sich aussergewöhnlich frühzeitig vom Stamme ab- gehoben. D. Scheitelansicht im Niveau der Blätter 6 und 7. Fig. 5—6. Spyridia jilamentosa. Fig. 5, A—p». Kurze Stammspitze in vier verschiedenen Lagen. A. Längsansicht mit den Blättern 1—5; von den oberhalb 5 befind- lichen Gliederzellen sind jedenfalls die oberen noch ringsum gleich hoch. B. Dasselbe, c. 90° gedreht. c. Dasselbe, abermals 90° gedreht; Blatt 5 liegt nun links, Blatt 3 oben. np. Scheitelansicht im Niveau das Blattes 5. Divergenz der Blätter c. „7. Fig. 6. Eine andere Stammspitze mit mehreren jungen Blattanlagen. Fig. 7, Au.B. Polysiphonia Brodiaei. Fig. 7, Au.8. Kurze Stammspitze mit 7 Blättern, deren Divergenz un- gefähr 7 beträgt. 338 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse A. Längsansicht mit den jüngsten Blättern 4, 5 und 6. 8. Scheitelansicht im Niveau des Blattes 6. Alle Blätter mit Ausnahme von O sind unter sich und mit dem Stamme in Contact. Fig. 8. Moosrhizoiden. ‚Fig. 8. Stellung der successiven Wände in einem Zweigvorkeim von Barbula. Die Ziffern bezeichnen die höchsten Punkte der schiefen Wände am aufrecht gedachten Vorkeim und zugleich die Reihenfolge von unten nach oben. Hr. Virchow legt einen Bericht des Hrn. J. M. Hildebrandt aus Nossi-be, 17. Januar, vor, in welchem der Reisende berichtet, dass ihm die von der Akademie bewilligten Mittel erst kürzlich zugegangen seien, dass jedoch die Witterung auch einen früheren Beginn der Reise nicht gestattet haben würde. Er übersendet 7 Sakalaven-Schädel nebst Skelettheilen, sowie eine grössere Menge zoologischer, mineralogischer, botanischer und ethnographischer Gegenstände. Von letzteren ist ein Telephon bereits angekom- men. Hr. Hildebrandt bemerkte dasselbe als Kinderspielzeug bei den Malagassen, konnte jedoch nicht ermitteln, ob es etwa die Nachahmung einer europäischen Erfindung sei. Zwei Stücke Bam- busrohr, von denen das eine zum Hineinsprechen, das andere zum Hören dient, werden an je einem Ende durch ein feines Häutchen aus Rindsblase geschlossen. Sie sind von ihrer Mitte aus durch einen Faden verbunden, welcher die Schallschwingungen leitet. Hr. Hildebrandt gedachte, sobald die „kleine Regenzeit“ vorübergegangen sei, von Mojanga (W.-Küste) aus vorzudringen und in möglichst südlich gelegener Route, durch bis jetzt unbe- kannte Distrikte, zur Hauptstadt Antananarivo vorzudringen, wo er sein Quartier aufschlagen werde. Mr > Monatsbericht d. KA.d. W April 1880. Eee Io) Schmwendener del. vom 5. April 1880. 339 Hr. W. Peters legte folgende Mittheilung des Hrn. Dr. F. Hil- gendorf vor. Über eine neue bemerkenswerthe Fischgattung Leucopsarion aus Japan. Bei den Japanern kommen unter dem Namen Shira-uwo oder Shiro-uwo (Weiss-Fisch) wenigstens zweierlei verschiedene Arten von Speisefischen in Masse auf den Markt. Die eine von mir in Yedo häufig beobachtete ist der Salanx microdon Bleeker, ein sehr eigenthümlicher Salmonide. Eine zweite Form wurde in den für die diesjährige Fischerei - Ausstellung eingesandten Samm- lungen entdeckt, gehört aber in eine ganz entfernte Abtheilung der Fische, nämlich zu den Anacanthini und scheint sich hier der Fa- milie der Gadidae am besten anzureihen, durch ihre rudimentären Bauchflossen und den Schuppenmangel aber den Ophidiidae zu nähern. Die geringe Entwicklung des Anal- und Dorsalflossensystems und die thoracale Insertion der Bauchflossen sind Eigenthümlichkeiten, die in beiden Familien ungewöhnlich sind. Die Gattung Bregma- ceros bildet jedoch in erster, die Gattung Brotulophis in zweiter Beziehung Analogien. Steindachner hat neuerdings (Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. Wien. Bd. 80. 1879.) den von Gill zuerst erwähnten, gleichfalls japanischen Zuciogobius genauer beschrieben. Aus seinen Angaben scheint mir hervorzugehen, dass auch diese Gattung von den @obüi- dae, wo sie als Stachelflosser ohne Stacheln in den Flossen eine sonderbare Ausnahme darstellt, besser zu den Gadidae zu versetzen ist, und zwar in die Nähe von Leucopsarion. Die immer noch sehr erheblichen Unterschiede zwischen beiden Gattungen bestehen haupt- sächlich in den mehrfachen Zahnreihen, dem abgerundeten Schwanze, der saugnapfartig entwickelten aus gegliederten Strahlen gebildeten Ventralis, dem auf eine Strecke rückläufigen Darmkanal und der engen Kiemenspalte bei Zuciogobius. | In Kurimoto’s Werk Kowa giyo fu wird unter dem Artikel Shira- uwo ausser unserer Art und dem Salanz noch ein dritter Fisch, offenbar ein Leptocephalus, abgebildet. Alle drei sind durch Kleinheit, Durchsichtigkeit und Vorkommen in beiderlei Wasser, süssem und salzigem, übereinstimmend und werden deswegen von dem Autor vereinigt, der sich indess der Artverschiedenheit wohl bewusst ist. 340 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Genus Leucopsarion nov. gen.!) Körper gestreckt, hinten comprimirt, vor der Schwanzflosse abgestutzt, schuppenlos. Eine Rückenflosse und eine Afterflosse, beide in der hintern Körperhälfte gelegen und von der Schwanz- flosse durch einen weiten Raum geschieden. Bauchflossen rudi- mentär mit 6 Strahlen jederseits, beide durch einen gemeinschaft- lichen Hautüberzug vereinigt; ihre Insertion ist thorakal. Zähne im Zwischen- und Unterkiefer in einfacher Reihe, keine am Vomer und Gaumenbein. Unterschlundknochen getrennt, mit einem Fleck scharfer, etwas gekrümmter Zähne. Keine Schwimmblase. Darm- kanal ohne Windungen und Anhänge, der After unmittelbar vor der Analflosse. Die Ovarien dicht daneben mündend. Kiemen- öffnungen sehr weit, die Membran nicht am Isthmus befestigt. 4 Kiemen. Keine Pseudobranchien. 4 Kiemenhautstrahlen. Leucopsarion Petersii n.sp. Br. 4, D. 14, A. 17—18,V.6, P. 14, C©.13. — Vert. 15/20. NN DIN a RR Leucopsarion Petersii. Das ganze Thier, die Oberansicht des Kopfes und der Durchschnitt dieht vor der Rückenflosse in doppelter Grösse. Kopf etwas depress. Augendurchmesser 3—4 der Kopflänge, welche #4 der Körperlänge und das Doppelte der Körperhöhe be- trägt. Interorbitalbreite gleich ein und einem halben Augendurch- messer. Bauchflosse kürzer als der Augendurchmesser, ihre Strah- len ungetheilt und ungegliedert; P. und C. etwa gleich der Körper- höhe, die Höhe der A. misst $ der Körperhöhe, die D. ist etwas 1) Asuxog weiss, obdpıov (Fisch-) Zubrod. ' vom 5. April 1880. 341 niedriger als die A. Die Strahlen der P. sind am Ende nicht durch Haut verbunden. Schwanzflosse schwach gegabelt. Durchsichtig meist mit 7 schwarzen Punkten (Pigmentzellen) längs den Bauchseiten und schwarzer unterer Medianlinie; eine Reihe dunkler Flecke längs der Analflossenbasis und ein Strich jederseits der Analöffnnng. Ferner ist der Ober- und Unterkiefer- rand schwärzlich und das ÖOperculum und das Hinterhaupt mit einer Zahl blasserer Pigmentzellen versehen. Die Eierstöcke mit den verhältnissmässig grossen Eiern schimmern durch die Bauch- wand hindurch. — Totallänge 50%", Fundort: das südliche Japan, wo nach den einheimischen Autoren für den nämlichen Fisch auch der Name Hio gebräuchlich sein soll; von der Nordinsel Yeso enthält die japanische Samm- lung der Fischerei-Ausstellung einige getrocknete Exemplare unter dem Namen Shirasu. Obgleich die Wörter Shira-uwo und Shiro-uwo eigentlich iden- tisch sind, wird es sich doch vielleicht als zweckmässig empfehlen, nach Kurimoto’s Vorgang die Form Shiro für Leucopsarion, und Shira für Salanz ausschliesslich zu verwenden. Am 5. April starb Hr. Friedrich Harms, ordentliches Mitglied der philosophisch-historischen Klasse. 342 Gesammtsitzung vom 8. April 1880. 8. April. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Dillmann las: Zur Geschichte des Axumitischen Reiches im 4. bis 6. Jahrhundert. Die Herren Dr. Hermann Munk, Professor an der Kgl. Thierarz- neischule und ausserordentlicher Professor in der mediecini- schen Facultät der hiesigen Universität, und Dr. Aug. Wilh. Eichler, ordentlicher Professor in der philosophischen Facultät und Director des Kgl. botani- schen Gartens sind als ordentliche Mitglieder der sig mathematischen Klasse in die Akademie eingetreten, nachdem ihre am 12. Februar vollzogene Wahl unter dem 10. März die Allerhöchste : erhalten hat. mtsitzung der Akademie. s über die epigraphische Ausbeute der Ausgra- ‚amon. j ıy I. 8. Smith, Professor der Geometrie in Oxford, correspondirenden Mitgliede der physikalisch-mathe- sse gewählt. N DE m 15. April 1880. 343 344 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse 19. April. Sitzung der philosophisch - historischen lasse. Hr. Olshausen trug Folgendes vor: Zur Erläuterung einiger Nachrichten über das Reich der Arsaciden. Droysen führt Hellenism. II, 1 8. 372 die Stelle aus Berüni’s chronologischem Werke an, womit dieser in die Chronologie der Asch- känier (Arsaciden) einleitet. Hier wird der erste der Aschkänier Aschk bin Aschkän genannt und als sein Ehrentitel Afhgär Schah angegeben. Dieser Titel, der dort als „unerklärt“ bezeichnet wurde, ist vielmehr überhaupt für „unerklärlich* zu halten; denn es han- delt sich dabei unzweifelhaft um einen Fehler im Texte des Berüni. Sachau hat die durch zwei Handschriften, eine Londoner und eine Pariser, beglaubigte Lesart in den Text aufgenommen, jedoch nicht versäumt, die Lesart seiner dritten, früher Sir Henry Rawlinson angehörigen Handschrift in der Note anzuführen. Die Variante lautet sowohl in der angeführten Stelle, S. 113 des arab. Textes, als auch in einer der nachfolgenden Namenlisten, S. 116, Afaghfür Schäh. Diese Handschrift ist zwar die jüngste der von Sachau benutzten drei, allein nach einer eigenhändigen Bemerkung Sir Henry’s aus dem Jahre 1833 ist dieselbe in Teherän für ihn co- piert worden „from a fine and ancient exemplar“. Dieses alte Exemplar ist Eigenthum der Schäh-Moschee in Teherän, und über das gegenseitige Verhältniss der drei Handschriften sagt Sachau, Einleit. S. LVI: „alle drei enthalten genau denselben Text mit denselben Fehlern und Lücken; sie stammen aus einer und der- selben Quelle und können sogar direct aus derselben Handschrift (derjenigen der Schäh-Moschee in Teherän?) abgeschrieben sein.“ Damit soll natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass jede der Handschriften in einzelnen Fällen doch ihre eigenthümlichen Fehler haben kann. Mag nun die Sache sich so verhalten, wie Sachau annimmt, oder auch für die Beurtheilung der drei Handschriften im Allgemeinen weniger günstig liegen, immer liesse sich im ein- zelnen Falle ein Misstrauen gegen die Lesart einer jüngeren, aber vielleicht sorgfältiger angefertigten Abschrift nicht rechtfertigen, v TEE Tv, vom 19. April 1880. 345 wenn sonst alles zu deren Gunsten spricht. Dieser Fall liegt hier vor. Denn wenn auch Sir Henry’s Handschrift den Ausdruck, um den es sich handelt, vielleicht nicht ganz genau in Überein- stimmung mit Berüni’s Original wiedergegeben haben sollte, so lässt sie doch auf den ersten Blick erkennen, wie derselbe ursprüng- lich gelautet habe und was derselbe bedeutete, Die Lesart Afaghfür im cod. Rawl. ist eine leichte Modification des allen Orientalisten bekannten Wortes Faghfür, womit unter den Muslims des westlichen Asien der chinesische Kaiser bezeichnet zu werden pflegt. Es ist eine sachlich richtige Übersetzung des chi- nesischen Thian-tseu, Himmelssohn, in eränisches Gottessohn, wie schon längst erkannt und nachgewiesen ist. Nur dialectisch ist Faghfür von Baghpür verschieden, wie die gemein-eränische Form für altpersisches bagha puthra lauten würde, und zwar gehört jene andere Aussprache nach den Angaben persischer Original-Lexica dem Dialecte von Ferghäna und Mäwarä-annahr an, also dem erä- nischen Nordosten, der mit China schon in alter Zeit in Verkehr war und dem auch die Arsaciden entstammten. Es ist daher ganz glaublich, dass diese den uralten stolzen Titel eines Gottessohnes schon in verhältnissmässig früher Zeit von dem Beherscher China’s entlehnten und auf den Stifter ihres Reiches übertrugen. Auch das Lexicon Burhäni qgäti giebt unter der richtigen Form Faghfür die doppelte Beziehung auf den chinesischen Kaiser und den ersten Arsaciden an. Eine Frage, deren Beantwortung ich dahin gestellt lassen muss, ist die, woher dem so klaren Worte ein « vorgesetzt wurde, das zwar den Ursprung desselben nicht verdunkelte, doch offenbar Veranlassung zu der unverständlichen Verstümmelung in Afghür-Schäh gegeben hat. Ich kann für jetzt nur an die ähnliche Umgestaltung verschiedener anderer eränischer Namen erinnern, die in doppelter Gestalt erscheinen, sowohl mit anlautendem einfachen Consonanten, als mit einem demselben vorausgehenden kurzen a, wie Marder und Amarder, Parner und Aparner, Sagartier und Aca- garta’s. Es möchte wohl die Annahme zulässig sein, dass schon Berüni selbst diese Modification kannte und unverändert überlieferte. Ähnlich wie mit dem Namen Faghfür scheint es sich mit einem anderen Namen aus den Anfängen der Arsacidenzeit zu verhalten, nemlich so, dass derselbe gleichfalls als die &ränische Übersetzung eines fremden Namens angesehen werden darf. Dies ist der Name ®orerirns, der von Arrian (Fragm. bei Müller, 248) einem der Vor- 25° 346 .. . Süzung der philosophisch-historischen Klasse fahren der beiden ersten Arsaces beigelegt wird und mit dem Namen Priapatius ohne Zweifel identisch ist, welchen bei Justin XLI, 5,8 sein dritter Arsaces, nach der gewöhnlichen Zählung aber der vierte, führte. Der Name hat ein echt Eränisches Gepräge und ist meiner Meinung nach von Lassen schon in der ersten Auflage seiner ind. Alterthumskunde Th. II S. 285 richtig erklärt als zusammengesetzt aus frya = sskr. prija und patar oder pitar = sskr. pitär; also identisch mit griech. $irorarwg. Ist aber diese Worterklärung rich- tig, so wird man sofort an den gleichen Beinamen und andere gleichartige erinnert, die bei den Ptolemaeern und Seleuciden vor- kommen, und geneigt sein hier die Quelle zu suchen, aus der die Arsaciden eben solche Beinamen entlehnten. Die natürlichen Ver- mittler waren dabei ohne Zweifel die im Gebiete der Arsaciden lebenden Hellenen, die ja auch als deren Münzmeister ein Interesse daran hatten, für die Ehre ihrer Landesherren einzustehen. Wenn nach Justin einer der ersten Arsaciden, der dritte oder vierte, den man etwa für die Jahre 196 bis 181 ansetzen zu dürfen geglaubt hat, den Ehrentitel Phriapites führte, so ist gewiss sehr beachtens- werth, dass er dann muthmasslich Zeitgenosse von Seleucus IV. Philopator war, auf dessen Beispiel den König seine Hellenen mit Erfolg hinweisen konnten. Sonst würde auch der Vorgang von . Ptolemaeus IV. (Tryphon), der schon früher den Namen Philopator annahm, genügt haben können, die Nachahmung bei den Arsaciden zu erklären. Ob freilich die Münzen, welche von neueren Numismatikern, wie z.B. von Percy Gardner (International Numismata Orien- talia, Heft 5) dem vierten Arsaces zugeschrieben werden, von einem Könige herrühren können, der den Ehrentitel Philopator führte, ist zweifelhaft; denn nicht diesem begegnen wir auf jenen Münzen, sondern den Beinamen Philellen und Philadelphos. Erst Münzen, die mindestens hundert Jahre jünger geschätzt werden, zeigen den Namen Philopator. Wie von mehreren Arsaciden Münzen mit ver- schiedenen Titulaturen vorhanden sind, so könnte allerdings auch Justin’s Priapatius, d.i. Philopator, zu andrer Zeit Philellen oder Philadelphos genannt worden, und nur zufällig keine Münze mit jenem Namen erhalten sein; aber unsre Quellen fliessen viel zu sparsam, um eine Entscheidung über so dunkle Fragen zu ermög- lichen. Unter allen Umständen aber bleibt es, meine ich, höchst wahrscheinlich, dass die Arsaciden ihre Ehrentitel wesentlich von EEE EN ENG ee N re u ein VAN m vom 19. April 1880. 347 den syrischen und aegyptischen Diadochen entlehnt haben. Ist dies aber so, und beruht nicht die Deutung des Namens Phriapites bei Arrian auf einem Irrthum, so ergiebt sich von selbst, dass diesem angeblichen Vorfahren der ersten beiden Arsaciden jener Name erst in viel späterer Zeit beigelegt sein kann, gleichsam zu Ehren des- jenigen seiner Nachkommen, der zuerst denselben annahm. Droysen deutet II, 1 S. 372 eine andre Combination für den Namen Phriapites an, welche meines Wissens von dem osmanischen Staatsmann und verdienten Numismatiker Subhi Bey herrührt. Darnach wäre jener Name etwa aus dem Avesta-Namen des alten türänischen Herschers Franragyan abzuleiten, dessen neuere Form Afräsiäb laute. Sachau hat diese Gleichstellung bereits mit Recht abgelehnt. Die Ableitung dieses Namens von der Wurzel hrag scheint alles Vertrauen zu verdienen; s. Justi, Zendspr. S.197a. Über die Anfänge der Arsaeiden und die Entwickelung ihrer Macht in den älteren Zeiten sind wir bekanntlich durch die Grie- chen und Römer sehr ungenügend unterrichtet, noch weniger wird uns von den muhammedanischen Schriftstellern geboten. Diesen ist die Zeit zwischen Alexander und Ardscher Bäbagän die Zeit der Theilkönige, wie ich das arab. Mulük attawäif am liebsten wieder- geben möchte, dessen &ränisches Aequivalent bisher unbekannt ist. Was damit ausgedrückt werden soll, ist die Zersplitterung des alten achaemenidischen Reiches. Es gab nach der Ansicht jener späteren ÖOrientalen während dieser Zeit keinen „König der Könige“ in Erän. Die Aschkänier sind ihnen, wie auch die erwähnte, von Droysen mitgetheilte Stelle bei Beruni besagt, nur eine jener Dy- nastien, die damals unabhängig von einander in Erän bestanden; sie genossen bloss wegen ihrer vermeintlichen Abstammung von der ältesten, längst der Sage anheim gefallenen Herscherlinie eines besonderen Ansehens, aber eine Herschaft über ihre Nachbaren übten sie nicht aus. So gewiss es ist, dass die Arsaciden zu keiner Zeit weder direct, noch indirect, über das ganze alte Erän herschten, ebenso gewiss ist, dass sie selbst sich doch einer an- deren Bedeutung bewusst waren, als einer solchen, die ihnen ein legitimistischer Respect ihrer Nachbaren einräumte. Vielmehr ge- stützt auf die gewonnene, ungleich grössere, materielle Macht nennen sie sich im Verlaufe der Zeit ganz offen, nemlich auf ihren Münzen, Könige der Könige; zuerst Mithridates I., wohl nach dem Tode des Antiochus Epiphanes um das J. 164, der Eroberer Mediens 348 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse und des vorliegenden Grenzlandes, vielleicht bis über den Tigris hinaus, später seit dem J. 60 vor Chr. Mithridates III. und sein Bruder Orodes, und fortan deren Nachfolger. Auch den Römern konnte das Reich der Arsaciden nur als eine Macht von nicht ge- ringer Bedeutung erscheinen; sind sind sie allein es doch gewesen, die einst Erän vor der Unterjochung durch die Römer bewahrten. So heisst es denn ja auch bei Justin XLI, 1: Parthi, penes quos velut divisione orbis cum Romanis facta nunc orientis imperium est; sie werden da also als den Römern durchaus ebenbürtig an- gesehen. | Es ist sehr zu beklagen, dass wir über die staatlichen Ein- richtungen im Partherreiche so überaus wenig erfahren, und ich versuche nicht, hier mehr darüber zu sagen, als was zur Beur- theilung einiger einzelner Puncte vielleicht etwas beizutragen dienen könnte. Besser stände die Sache, wenn uns namentlich die aus- führlichen Nachrichten über die Verfassung des parthischen Reiches erhalten wären, welche Strabo nach seiner Äusserung p. 515 an anderen Orten gegeben. An dem angeführten Orte beschränkt er sich darauf mitzutheilen, dass Posidonius sage, der hohe Rath, das suveögeov, der Parther sei ein zwiefaches gewesen, ro (ev FuyyevWv, 70 ÖE voduv zu maywv, 2E ww auboiv roüs Quads za- SisrasSaı. Dieses doppelte Collegium wird allem Anschein nach als die höchste Behörde im parthischen Reiche, als ein Staatsrath, ange- sehen. Den senatus Parthicus erwähnt auch Justin XLII, 4 ganz kurz und ohne Andeutung einer Theilung in zwei Collegien. Es ist aber durchaus nicht unwahrscheinlich, dass derselbe in der That gleichsam aus zwei Curien, oder einer weltlichen und einer geist- lichen Bank bestand; denn so übermächtig und übermüthig auch der parthische Adel war, wird er sich doch gehütet haben, das eränische Volk in seinem zoroastrischen Glauben zu verletzen, an dem es sicherlich festhielt, wenn auch die herschenden kriegerischen Classen ihm wenig Zuneigung widmen mochten. Die eigentliche Entscheidung freilich in allen politischen Angelegenheiten wird sich der Adel zuverlässig nicht haben nehmen lassen und seine Be- schlüsse im Wesentlichen nur durch die Ormuzd-Priester zu sanctio- nieren und zu weihen gewesen sein. 2 Es heisst nun weiter bei Strabo, die Könige seien eingesetzt worden 2E£ «ubow, aus den beiden Collegien, also doch — wenn 4 vom 19. April 1880. 349 man nicht etwa den Text in UP’ av oborw ändern will, — aus dem Gremium des einen oder des andern. Dagegen ist eingewendet worden, dass ja die Könige unzweifelhaft nur aus dem Hause der Arsaciden genommen wurden, also nicht etwa auch aus den Magern. Dies hat den trefflichen Groskurd zu der unhaltbaren Ansicht geführt, die Mager seien das Wahlcollegium gewesen, die suyyevets, als Blutsverwandte der Könige, die Wahlcandidaten. Es ist aber durchaus nicht nachweisbar, dass es nicht auch unter den Priestern Arsaciden geben konnte; vielmehr sehen wir aus Tacitus XV, 24, dass der Arsacide Tiridates — Träger eines zoroastrischen Namens —, Bruder des Partherkönigs Vardanes, sich nicht geweigert haben würde, das Diadem als König von Armenien aus Nero’s Hand in Rom anzunehmen, nisi sacerdotii religione attineretur. Dagegen fällt es schwer ins Gewicht, dass mehr als einmal ein für den Thron geeigneter Arsaeide in ganz Erän und folglich auch im Schoosse des Senats überhaupt nicht vorhanden war, sondern ausserhalb Landes gesucht und selbst von Rom herbei geholt wer- den musste; denn die Könige sorgten gern dafür, ihre Blutsver- wandte thunlichst aus der Welt zu schaffen, damit ihnen nicht aus denselben ein gefährlicher Prätendent erstehe. Eine weitere Frage, die sich aus Strabo’s Worten nicht ent- scheiden lässt, ist die, wer den König auf den Thron erhob. Ge- meint ist vermuthlich, der König sei von dem Senat erwählt wor- den, und das mochte auch die correcte Form sein, um nach par- thischem Staatsrechte auf den Thron zu gelangen. Thatsächlich hat sich aber die Sache vielfach anders gestaltet. Nicht bloss soll der erste Phraates (mit Übergehung seiner Söhne, wie Justin XLI,5 sagt,) seinen Bruder, den thatkräftigen Mithridates I., zum Nach- folger eingesetzt haben, sondern verschiedene andere der Arsaciden setzten sich auch mit Gewalt in den Besitz des Thrones. Hatte der Senat — wenigstens im Princip — das Recht die Könige ein- zusetzen, dann durfte er sie vielleicht auch absetzen. Einen Fall dieser Art führt Justin XLII, 4 an, indem er sagt: Mithridates, rex Parthorum, — nemlich der dritte dieses Namens, — propter erudelitatem a senatu Parthico regno pellitur. In der Regel scheint jedoch die Beseitigung eines unbeliebten Königs auf dem ein- facheren, wenngleich nicht verfassungsmässigen Wege der Ermordung erreicht zu sein. Eine letzte Frage, die sich an die Stelle bei Strabo anknüpft, 350 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse ist die: wer sind denn die suyyeveis, die das eine der Collegien des hohen Raths bildeten? Es wurde schon erwähnt, dass Gros- kurd darunter die Blutsverwandten des Königs, die Mitglieder der Arsaciden - Familie, verstehen wollte und daraus unhaltbare Schlüsse zog. Aber auch abgesehen von diesen seinen Folgerungen, wäre jene Beschränkung eine willkürliche und nicht unbedenkliche. Der Ausdruck suyyeveis, dessen eränisches Aequivalent noch zu ermitteln ist, hat bekanntlich bei den griechischen Schriftstellern, wo von eränischen Dingen die Rede ist, eine andere, ungleich weitere, conventionelle Bedeutung, und ebenso bei den Römern, die denselben durch cognati, auch wohl durch propinqui, wieder- geben. Das Wort erweist sich als ein mit gewissen Ehrenrechten verbundener Titel, der von den Grosskönigen ohne Rücksicht auf Blutsverwandtschaft verdienten Personen verliehen wurde. Ich bringe hier nur Xenophon Cyrop.I, 4,27 und Arrian VII, 11 in Erinne- rung, womit auch das sog. dritte Buch Ezra’s c. 3.4 und Josephus Ant. XI, 3,7 zu vergleichen nicht ohne Interesse ist. Dass aber unter die Ehrenrechte dieser suyyeveis auch die Zugehörigkeit zu dem hohen Rathe der Parther zu rechnen sei, ist schon wegen der grossen Zahl der mit diesem Titel Beliehenen unglaublich; führen denselben doch viele Hunderte von Kriegern in den eräni- schen Heeren, bei Diodor XVII, 59 tausend auserlesene tapfere und zuverlässige Reiter, während ebenda, c. 51, anderen andere Functio- nen übertragen werden; bei Curtius I1I,7 (früher III, 3, 14) be- gleiten sogar 15000 Mann, quos cognatos regis appellant, den Darius in den Krieg gegen Alexander, was denn freilich auf star- ker Übertreibung oder darauf beruhen mag, dass in jener Zahl auch die Gefolgschaft der cognati einbegriffen ist. Ohne Zweifel wurden unter der weiteren Benennung suyyevets Personen zusammengefasst, die an Rang und politischer Bedeutung sehr verschieden waren, und ganz mit Recht wird Curtius 111,8 (3, 21) die vornehmsten als nobilissimi propinquorum, IV, 43 (11,1) als cognatorum principes, besonders hervorgehoben haben. Meiner Überzeugung nach können als Mitglieder des hohen Rathes nur die natürlich zu den suyyeveis gehörigen Mitglieder des hohen parthischen Adels verstanden werden, ohne dass dadurch die von Koray vorgeschlagene Änderung des Textes — zuysveis statt suy- yeveis — nöthig gemacht würde. Das parthische Synedrion wird eben genau dem svAAoyos Isgrewv räv agierwv nachgebildet gewesen aabEl > en r ze vom 19. April 1880. 351 sein, der bei Herodot VII,8 von Xerxes einberufen wird, und nur die ungenügende Bekanntschaft der Griechen und Römer mit der streng aristokratischen Gliederung, die in Erän zu allen Zeiten be- -- stand, unter den Achaemeniden, wie unter den Arsaciden und Säsä- niden, wird veranlasst haben, dass sie die suyyeveis überhaupt als gleichwerthig ansahen mit den agıoror, den Zvrıuo., den Eraigoı, den &ıAcı des Herschers, den optimates, den proceres, den primores bei Taecit. VI,31. Es ging ganz so, wie mit den suyysveis, auch mit den sogen. purpuratis, welche einer andern, unzweifelhaft höheren Auszeichnung, als jene, theilhaft waren, nemlich der Berechtigung sich in Purpur zu kleiden. Auf diese wurde seit uralten Zeiten ein besonders hoher Werth gelegt, vielleicht in Anlehnung an eine im westlichen Asien verbreitete Anschauungsweise; man vgl. Joseph Ant.X, 11, 3. Tertull. de idololatr. e.18. Wie die Führung des Titels cuyyevys, so mag auch die Berechtigung zum Tragen des Purpur- gewandes für die höchste Olasse des Adels eine erbliche gewesen sein; es scheint aber, als ob sie auch ausserdem aus grosskönig- licher Gnade für besondre Verdienste verliehen wurde; man vgl. z. B. Xenoph. Cyrop. 11, 4,6. Diese so hoch geschätzte, den mo- dernen Ordensverleihungen vergleichbare Auszeichnung wurde den Römern insbesondere durch den an den Höfen der Diadochen häufig davon gemachten Gebrauch bekannt, und geläufig genug, um den Ausdruck purpurati geradezu als ein Aequivalent von Höflingen zu verwenden. So erscheint derselbe z. B. bei Curtius V,6 (1, 37) am persischen Hofe, bei Cie. Tusc. I, 43 am Hofe des Königs Lysi- machus, bei Liv. XXXVII, 23 an dem des Antiochus (III), ebenda XXX,42 an dem des Philippus IIl.; ja Florus ist so glücklich, schon einen purpuratus am Hofe des Königs Porsena erwähnen zu können. Es ist mir unter diesen Umständen sehr auffallend, dass man an einer Stelle bei Justin XLI, 2 zu Anf., wo die vulgata absolut sinnlos ist, zwar auf mancherlei Weise Abhülfe zu schaffen versucht, das Nächstliegende aber stets verfehlt hat. Es heisst dort so: proximus maiestati regum (nemlich penes Parthos) popu- lorum ordo est. Dem erforderlichen Sinne nach richtig wollten ändern: I. F. Gronov. optimatum, Heeren cognatorum, Frotscher propinguorum, Duebner procerum, weniger zutreffend Jeep prae- positorum und Henninius gar philosophorum. Allein die com- pendia scribendi in den Handschriften weisen auf die ungleich 392 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse leichtere und nicht minder zutreffende Änderung purpuratorum ordo hin. | Ein anderer Ausdruck, der von vornehmen Eräniern öfter ge- braucht wird, z.B. in \der 'Cyrop. I, 3, 5. IL, 1/9. 107 Na Bes Suorıao:, ist mir seinem Werthe nach nicht klar, soweit es die Art „gleicher Ehre“ betrifft, deren diese Classe ausgezeichneter Per- sonen genoss. Ob man Grund hatte, sie als die Pairs des eräni- schen Reiches ansehen zu wollen, als die Mitglieder des vornehmsten Adels, ist mir mindestens zweifelhaft. Zu den seit der hellenistischen Zeit aus Erän herüber genommenen Ausdrücken für vornehme Herren gehört auch das Wort ueyırrävss, Wir finden es bei griechischen und römischen Schriftstellern häufig gebraucht, theils wo von wirklich eränischen Dingen die Rede ist, wie z. B. III. Ezra, 5,1, Joseph. Ant. XX, 5,3 (hier mit Beziehung auf den Arsaciden Artabanus IlI.), Sueton. Calig. 5 (ebenfalls auf. die parthischen Grosskönige bezüglich), Seneca epist. 21 (megi- stanes et satrapae), theils mit Rücksicht auf ähnliche Verhältnisse in anderen Theilen des Orients, z.B. in Babylon, in der griech. Übersetzung des Daniel V, 1, 9, im Buche Judith 2, 2, und in Armenien bei Taeit. Ann.XV, 27. Im N.T. ist es auch bei Mare. 6, 21 auf Angehörige des Hofes des Tetrarchen Herodes übertragen. Hesychius erklärt es durch oi &v Uregoyxn ovres. — Dieses Mal lässt sich, wie ich meine, das eränische Aequivalent des Wortes und zugleich die Stellung, welche die Megistanes in Erän selbst ein- nahmen, mit Wahrscheinlichkeit nachweisen. Dazu bedarf es aber einer ausführlicheren Darlegung der Verhältnisse des Adels in Erän, worüber uns die allerneueste Zeit unverhofft Aufklärungen von grosser Bedeutung gebracht hat. Wir verdanken sie, wie so viele andere wichtige Aufschlüsse auf dem Gebiete der orientalischen Alterthumskunde, wesentlich Hrn. Nöldeke. Die von ihm übernommene Bearbeitung der Geschichte der Säsäniden für die vollständige Ausgabe des Tabari veranlasste ihn im vorigen Jahre, noch vor dem Erscheinen des arab. Originals, eine vollständige Übersetzung dieses Theils mit ausführlichen Er- läuterungen und Ergänzungen zu veröffentlichen, welche durchweg die Meisterhand erkennen lassen. In diesem Werke erwähnt er 8.71 Anm. 1 einen von Tabari gebrauchten arab. Ausdruck ahl- ulbujutat, die Leute der Häuser, den er durch „die Adlichen* — nemlich Erän’s — übersetzt, aber mit dem Hinzufügen, derselbe bedeute vom 19. April 1880. | 353 vermuthlich bloss die Angehörigen der allerhöchsten Adelsgeschlech- ter, deren es wahrscheinlich nur sieben gab. Der arab. Ausdruck, sagt er, gebe das pahlavi „barbitän“, Söhne des Hauses, wieder, dessen persische Aussprache leider nicht fest stehe. Diese Kate- gorie stehe in der [Doppel-] Inschrift von Hägi- äbäd an zweiter Stelle, unmittelbar hinter den (Vasallen-) Fürsten. Die folgende Classe bildeten „die Grossen“, pahl. „wacarkän“ in der einen In- schrift, durch semit. rabban in der andern wiedergegeben, und darauf folgten zuletzt „die Vornehmen“, pahl. „dzdtän“ [d. h. ' die Freien]. Die Inschrift genüge, zu zeigen, dass es sich hier nicht um vage Bezeichnungen handle, sondern um ganz bestimmte Stufen von Rang und Macht. In einem der beigefügten Excurse, S. 437, kommt Nöldeke auf den Gegenstand zurück, erinnert an eine — bisher, wie es scheint, unbeachtet gebliebene — Erwähnung der sieben vornehmen Häuser in dem von Kosegarten im J. 1838 herausgegebenen Theile von Tabari (Bd. II S.14), sowie an dazu stimmende Stellen bei Ibn al-Athir und bei Theophylact III, 18, und fügt sodann hinzu: „den Ursprung der sieben Häuser verlegte man in die Zeit des Gesetz- gebers Zoroaster. König Bistäsp hatte nach Tabari sieben Leute mit den höchsten erblichen Würden bekleidet. Auf die Stellung der sieben Geschlechter im Achaemenidenreiche brauche ich nicht erst hinzuweisen. Auch Arsaces soll von sieben Leuten auf den Thron erhoben sein (nach Eunapius). Natürlich sind diese höchsten Ge- schlechter des Säsänidenreichs nicht etwa als Nachkommen der sieben Perser anzusehen, welche dem Darius die Krone verschafften, sondern es hat sich nur dieselbe Sitte in den Grossreichen immer wiederhergestellt, sieben Familien als die vornehmsten zu betrach- ten, deren eine wenigstens im Achaemeniden- wie im Säsäniden- reiche die königliche selbst war, und sicher reicht die Macht meh- rerer dieser Häuser weit in die Partherzeit hinauf.“ Weiter spricht Nöldeke noch in lehrreicher Weise über einige der sieben Häuser bekannten Namens, besonders aus der Partherzeit, über die Stellung des niederen Landadels (das sind die sog. Freien der Inschrift von Hägi-äbäd) und über den von dem höheren Adel geübten Einfluss auf die Staats-Angelegenheiten, was alles hier übergangen werden kann. Endlich trägt Nöldeke noch S. 501 nach, dass die eränische Aussprache für das aram, barbitd nach den bekannten Pahlavi- 854 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Glossaren „waspur (waspür? waspör?)“ gewesen sei; ein solches Wort sei im Neu -Pers. nicht zu finden, komme aber in einem syrischen gnostischen Liede aus dem Anfange des dritten Jahr- hunderts vor. Damit werde auch, wie schon Justi vermuthete, der Name der armen. Provinz Waspurakan zusammenhängen. - „Wir wissen also doch,“ schliesst Nöldeke, „wie der wahre Name der höchsten Adelsclasse ungefähr lautete.“ Nöldeke’s ganze Auseinandersetzung ist so lichtvoll und in sich so wesentlich abgeschlossen, dass sie vor jeder Kritik glän- zend wird bestehen können. Nur zu wenigen Puucten darf ich mir erlauben, noch einige Erläuterungen und Ergänzungen nachzu- tragen. Die in den Inschriften von Hägi-äbäd zuerst erwähnten erä- nischen Grossen hat Nöldeke nur kurz als „(Vasallen-) Fürsten“ bezeichnet. Gemeint sind dieselben höchsten Würdenträger im Reiche der Grosskönige, welche in den Inschriften des Darius Hystaspis den Namen Ksatrapdvan, Laandesbeschützer, führen. Auf dieser Form beruht ja das griech. sargerzns, wie das hebr. achasch- darpän. An ihre Stelle tritt im Zeitalter der Säsäniden, wie in anderen Inschriften, so auch in denen von Hägi-äbäd, ein ver- wandter Ausdruck, satarddrdn, Landesinhaber, Inhaber einer Provinz oder eines Territoriums, innerhalb dessen ein solcher als selbständiger Herscher zu walten pflegte, dem Grosskönige nur zur Heeresfolge und Tributzahlung verpflichtet. Unter diesen gab es vormals sou- veraine Herren, die sich als erbliche Lehnsträger den Grosskönigen zu unterwerfen gezwungen waren, deren Abhängigkeit aber in der That vielfältig nur eine nominelle war. Sie führten unzweifelhaft nach wie vor den Königstitel, was den Grosskönigen eben Anlass gab, sich Könige der Könige zu nennen. Abgesehen von diesen media- tisierten Staaten gab es Provinzen, deren Verwaltung von den Grosskönigen vornehmen Vertrauens - Personen übertragen wurde, darunter Angehörigen des grossköniglichen Hauses selbst. Auch diese führten den Königstitel, wie wir dies z.B. von dem „Sagan- schäh“, d.h. dem Könige von Sagistän, und von dem „Kirmänschäh“, dem Könige von Kirmän, wissen, welche beide später als Behram III. und IV. auf dem Throne der Grosskönige sassen. Dass aber auch andere Personen, zumal aus den vornehmsten Adelsgeschlechtern, als Satardärän mit einer Provinzial - -Verwaltung betraut werden konnten, unterliegt keinem Zweifel. Dass auch solche den Königs- vom 19. April 1880. 355 titel führen durften, ist, soviel ich weiss, nicht zu beweisen und schwerlich die Regel gewesen. Als sicher wird dagegen angesehen F werden dürfen, dass sie über den Rang hinaus, der ihnen vermöge ‚ihrer Geburt zukam, erst durch den ihnen ertheilten Auftrag des Grosskönigs in die höchste Rangelasse, die der obersten Staats- ' beamten, erhoben wurden. — Soviel zur weiteren Erläuterung des von Nöldeke gebrauchten Ausdrucks Vasallen-Fürsten. Wenn Nöldeke in seiner Übersetzung Tabari’s „Leute der - Häuser“ durch den allgemeinen Ausdruck „die Adlichen*“ wieder- giebt, so schränkt er doch im Folgenden diese Bezeichnung mit ‘ Recht auf die Angehörigen der sieben vornehmsten Familien in Erän ein, deren jeder ein bar bitd ist, d.h. — nicht „Sohn des Hauses“, sondern — „Sohn eines der (grossen) Häuser, einer der - (vornehmsten) Familien“. Mit der durch Nöldeke zuerst gesicher- ten und ihrem Ursprunge nach erklärten Bedeutung des aramaeischen - Ausdrucks ist mir sofort auch die eigentliche Bedeutung seines Aequivalents vacpär in den Pahlavi- Glossaren klar geworden. Dieses der Sprache des eränischen Mittelalters angehörende Wort ist, wie auch Nöldeke bemerkt, im Neupersischen nicht mehr vorhanden und wird von den Parsen in Indien nach völliger Ver- | dunkelung seines ursprünglichen Werthes durch einen Ausdruck _ von ganz allgemeiner Bedeutung erklärt, durch sdldr, d. i. Chef, Oberhaupt, Häuptling, und dgl. mehr. In dem mitteleränischen, oder sagen wir Pahlavi-Worte ist nun die dem aram. bar ent- _ sprechende zweite Sylbe leicht als das wohlbekannte puthra zu er- kennen, im Mittelalter puhr lautend, dann später pär; wie in Schäf(h)pür, d.i. Königssohn. Die Aussprache mit langem u ist die richtige; die mit d würde vielleicht bei den Griechen an die Stelle getreten sein, wie bei ihnen aus Schäpür gewöhnlich Zarwens ge- macht ist, seltner S&roons. Da nun der zweite Theil des Pahlavi- - Wortes vollkommen deutlich ist, so ergiebt sich wie von selbst, dass der erste Theil das Aequivalent von aram. bitd, Haus, sein _ werde. Und so ist es ohne-Zweifel. Die Verwandtschaft mit sskr. _ veca, im Avesta vacca, dem griech. o:#os, lat. vicus, entsprechend, springt in die Augen, ungeachtet der im Verlaufe langer Zeit und durch den vielfachen Gebrauch im Munde des Volkes herbeigeführten Veränderung des Vocals. Der Übergang von & in a wird sich so - vollzogen haben, dass zuerst € in & verkürzt, dieses dann mit dem zu gleicher Aussprache hinneigenden @ vertauscht wurde und gleich 356 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse diesem in der Schrift unbezeichnet blieb. Ganz jung ist übrigens die neuere Aussprache nicht. Sie zeigt sich auch schon in dem bereits von Justi und Nöldeke verglichenen Namen der armeni- schen Provinz Vaspüräkän, der sicher aus der Zeit der Arsaeiden- Herschaft stammt. Man wird anzunehmen haben, dass diese über- aus wichtige Provinz Armeniens dereinst immer einem Statthalter aus einem der vornehmsten Häuser anvertraut wurde. Auch in dem sog. Päzend -Texte des Buches Mainyö-i-khard, in West’s Aus- gabe p. 3 cap. 1,7 kehrt die Form mit a wieder, während das Wort im Übrigen nicht wenig entstellt ist; doch lässt das beigefügte Glossar p. 213 das Richtige leicht erkennen. In anderer Weise ist das Wort verändert, — man darf wohl sagen, entstellt — in eini- gen Stellen des von Nöldeke bearbeiteten sog. Kär-näma (Bei- träge zur Kunde der indogerm. Sprachen IV S. 39, Anm. 2. 62 Anm. 3), indem dort das anlautende schwache vo abgefallen und nur der Vocal übrig geblieben ist. An beiden Stellen ist das Pah- lavi-Wort aspuhrakän zu transscribieren; das sind eben die Söhne der sieben vornehmsten Häuser. Ebenso kommt auch bei den By- zantinern 'Aoroupez&v als Name jener armenischen Provinz vor, während anderswo, z. B. bei Cedrenus, II p. 769, 774 (Bonn. p. 570 sq., 573), Baasmoazev, Beasmgezevie, (mit doppeltem a in der ersten Sylbe) geschrieben wird. Ob H.Kiepert Strabo’s B«- cogored« (p. 528) mit Recht für eine graecisirte Form desselben Landschaftsnamens hält, scheint mir äusserst zweifelhaft. Ich habe erwähnt, dass Nöldeke seine Untersuchung über diesen Gegenstand mit den Worten schloss: „Wir wissen also doch, wie der wahre Name der höchsten Adelsclasse ungefähr lautete,“ Nach dem soeben Vorgetragenen glaube ich sagen zu dürfen: „wir wissen sicher und genau, wie dieser Name im eränischen Mittel- alter lautete“, füge aber hinzu, „so weit es sich nemlich um die officielle Zusammenfassung der ganzen Classe in öffentlichen Do- cumenten handelt, wie die Inschriften der Säsäniden sind“. Mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit kann man auch annehmen, dass dieselbe Bezeichnung im Munde des Volks im Plural für die Ge- sammtheit, im Singular für jedes einzelne Mitglied eines der sieben Geschlechter gebräuchlich war. Diese Mitglieder selbst aber mögen sich wohl durch Beifügung ihres hochangesehenen Familiennamens zu ihrem persönlichen Eigennamen in ihrem ererbten Range, als ein Karin, ein Sören u.s. w. kenntlich gemacht haben. Nur die je- er n N 5 5 vom 19. April 1880. 357 weiligen Häupter der Familien, die ich mit den bei uns sog. land- sässigen Fürsten glaube vergleichen zu müssen, werden sich auch damit schwerlich begnügt, sondern für sich persönlich einen be- sonderen Ehrentitel in Anspruch genommen haben, soweit ihnen nicht etwa der Königstitel zugestanden war, wie es in einzelnen Fällen wohl geschehen sein mag. Ich brauche mich in dieser Hinsicht nicht auf eine zwar nahe liegende, aber immerhin vage Vermuthung zu beschränken, da ich in diesen letzten Tagen den hohen Ehrentitel entdeckt zu haben glaube, den die Familienhäupter in der That führten. Es ist mir nemlich gelungen, die Pahlavi-Legende einer ebenso merkwürdigen, als seltenen Säsäniden-Münze zu entziffern, die uns, wie ich meine, jenen Titel verräth. Dies ist eine in dem schätzbaren Werke von Dorn’s über die Collection Bartholomaei auf Tafel XXIV sub no. 45 sehr gut abgebildete Goldmünze aus dem 34. Regierungs- jahre des Grosskönigs Chosrau Anöscharevän. Wesentlich dieselbe Münze findet man auch schon bei Longperier, Essai sur les me- dailles des rois Perses de la dynast. Sassanide, auf Taf. X sub no. 4 abgebildet. Einige, zum Theil nicht unerhebliche Abweichungen in der Pahlavi-Schrift zeigt dies Exemplar allerdings, es scheint mir aber, dass sie wenigstens grösstentheils der minder sorgfältigen Nachbildung zuzuschreiben sind. Zur Erklärung bringt Long- perier nichts Brauchbares bei. Ich werde mich hier damit be- Snügen müssen, die Eigenthümlichkeiten unserer Münze kurz anzu- deuten, meine Erklärung vorzulegen und einige erläuternde Bemer- kungen hinzuzufügen. Auf dem Avers fällt sofort auf, dass der Grosskönig, dessen Name, wie gewöhnlich, zur rechten Hand beigefügt ist, de face, dem Beschauer zugekehrt, abgebildet ist, während die Säsäniden- Münzen sonst den Kopf des Grosskönigs immer im Profil, nach rechts gewandt, zeigen. Eine zweite, in der Collection Bartholo- maei, Tab. suppl. no. 1, abgebildete, auch von Mordtmann Z. DMG. VII, S. 30, no. 2 und XII, S.4, no. 1 erwähnte, überaus dunkle Münze, auf welcher der Kopf des Grosskönigs ebenfalls de face dargestellt ist, gehört schwerlich in die Reihe der Säsäniden- Münzen. Noch auffallender ist, dass auf dem Revers unsrer Münze der sonst regelmässig wiederkehrende Feueraltar gänzlich fehlt, zu dessen Seiten stets zwei Männer — König und Oberpriester, jeder auf einen Stab gestützt, — stehen. Statt dessen erblicken wir hier 358 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse einen Mann in ganzer Figur, dem Beschauer zugekehrt, ebenfalls auf einen Stab sich stützend. Die Pahlavi-Inschrift zur Linken wiederholt den Namen des Grosskönigs unter Hinzufügung der Zahl 34, die das Jahr seiner Regierung anzeigt. Zur Rechten da- gegen stehen jedenfalls höchst merkwürdige Worte, die ich unbe- denklich so lese: „in chidevagän Meibud kardär“, zu deutsch: „dies ist der Chid&ev-Sohn Meibud, der Kardär“. Das letzte Wort ist bekannt genug und findet sich auch, jedoch mit langem «a in der ersten Sylbe geschrieben, in den neupersischen Wörterbüchern mit der Bedeutung „Vazir des Pädischäh“. Die vollere Schreibart ist die ursprüngliche und die Erklärung richtig. Kdrddr ist, wer _ ein Geschäft in der Hand, dasselbe auszuführen hat; als hoher Beamter derjenige, der die Staatsgeschäfte zu leiten hat, der Pre- mier oder Reichskanzler, Vazir, dessen officiellen Titel wir hier auf authentische Weise kennen lernen. Die Verkürzung des ur- sprünglich langen Vocals ist in eränischen Sprachen überhaupt nichts Seltenes, bei eben diesem Worte aber in Pahlavi - Schriften auch sonst ganz gebräuchlich. Sie findet sich z. B. durchgängig wieder in dem sog. Päzend-Texte des Buches Mainyö-i-khard. Ich ver- weise hier der Kürze halber nur auf West’s Glossar zu diesem Buche, S. 118. Das bei den Byzantinern, z. B. bei Theophylact und Theophanes, mehrfach als Benennung eines vornehmen Eräniers vorkommende Wort Kagdagıyas, anderswo Xagdagıyav lautend (s. de Lagarde Abhandl. 189, 16 ff.), ist mit Kärdär nicht identisch (s. Spiegel, Alterthsk. III, 467 Anm. 2), wohl aber von diesem Worte abgeleitet, und kann meiner Meinung nach nur bedeuten „der Vazirs-Sohn“. Darnach möchten auch die Bemerkungen über dies Wort bei Theophylact I, 9 p.19 (Bonn. p. 60, 2 sqq.) und bei Theophanes (Bonn. I, p. 390) nicht für ganz zutreffend zu halten sein. Dass ich das Wort kardär richtig erklärt und den ihm voran- gehenden Eigennamen Meibud (sprich: Mebud) richtig gelesen habe, glaube ich auf das Bestimmteste nachweisen zu können. Bei den Byzantinern kommen in der Zeit der eränischen Gross- könige Qobäd I., Chosrau I., Hormuzd IV. und Chosrau II. ver- schiedene Personen jenes Namens vor, der bald Me@wdys, bald Mefscöns geschrieben wird. Nach Menander Prot., dem Fortsetzer des Agathias, in C. Müller’s Fragm. hist. Graee. IV, p. 253 sq. fragm. 50, sandte Chosrau Il. in den letzten Zeiten seiner Regie- ee ee Zu cs Fazer ee vom 19. April 1880. 359 rung, — und zugleich der des Kaisers Justin II., — ungefähr im J. 578, behufs der Unterhandlung über einen Waffenstillstand mit den Römern „den Mebodes“ ab und gab ihm als zweiten Bevoll- mächtigten einen Mann von guter Herkunft, den Saruys aus dem Hause Mihrän bei, dessen Name wohl nur aus Yarwgns entstellt ist. Die Hauptperson war aber der Meßwöns, BovAsunaruv Nyov- h \ n E] es &8 MEVoS za Fol mavros EX,wv 0006, der Lenker der Beschlüsse und In- haber der Gewalt über das Ganze (des Staates). Kein andrer als dieser wird es sein können, der auf der Münze aus dem J. 34 des Chosrau, also ungefähr im J. 564, bereits als der Kardär bezeich- net wird, dessen Bedeutung Menander so vollständig und correct ausgedrückt hat. Seinen Einfluss und seine hohe Stellung verdankte er wahrscheinlich vor allem dem Umstande, dass er schon in der letzten Zeit Qobäd’s I. im Interesse von dessen vierten Sohne, eben des Chosrau, am byzantinischen Hofe thätig war (vgl. Spiegel, Alterthsk. III, S. 406), dann nach Qobäd’s Tode, also ungefähr im J. 531, die bestrittene Nachfolge des Chosrau auf äusserst ge- schickte Weise durchsetzte (ebend. S. 417). Mit dem höchsten Staatsamte war er vielleicht schon lange vor der Prägung unsrer Münze vertraut; was zu dieser, die jedenfalls eine ganz besondere Auszeichnung war, die unmittelbare Veranlassung gegeben haben möge, bleibt uns unbekannt. Dass er aber noch um das J. 578 im Amte war, zeigt der Bericht Menander’s, wie ich meine, un- widerleglich. Über das Ende seiner Laufbahn sind wir nicht sicher ‚unterrichtet. Nach einigen Quellen, wegen deren ich mich für jetzt damit begnügen muss, auf Spiegel a. a.O. S. 420 und Nöldeke S. 252 zu verweisen, wäre er noch unter Chosrau I. einer Intrigue zum Opfer gefallen; das müsste dann in die letzten Tage des Chosrau fallen. Verschieden von ihm müsste alsdann jedenfallls der Mebod sein, welcher einige Jahre später zur Zeit Hormuzd’s IV. und des Kaisers Mauricius als Gesandter an die Römer in Meso- potamien fungiert haben soll, und den Theophylact (p. 63 der Bonner Ausg.) als „Satrapen“ bezeichnet; dieser aber ist vermuth- _ lich identisch mit dem Meßoödrs Zovgive vios, der weiterhin (p. 122) gegen die Römer ins Feld geschickt wird und in der Zeit zwischen 588 und 590 im Treffen fällt (p. 123); man vgl. Spiegel S. 470, Nöldeke $.439 Anm. Eine erneute nähere Untersuchung über die verwickelten Verhältnisse während der Kämpfe Rom’s mit den Eräniern um diese Zeit und insbesondere auch über die chrono- [1880] 26 360 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse logischen Fragen, die sich daran knüpfen, muss ich jüngeren Kräf- ten überlassen. — Ich bemerke noch, dass der authentischen Sebreib- | art Meibud oder Meibod auf der Münze gegenüber, die von Nöldeke S. 260 Anm. 3 angeführten Formen Mähbödh oder Mehbödh als ungenau anzusehen sein werden, und auch der Vorschlag de La- sarde’s, Abhdl. S.190,2f., Meßodrs (bei Procop) in MwPedss zu ändern, unannehmbar erscheint. Ob übrigens der Vocal der zweiten Sylbe ursprünglich lang oder kurz war, lässt sich mit Sicherheit nicht entscheiden, obgleich auf der Münze eine ausdrückliche Be- zeichnung der Länge fehlt. Ein Dorf Namens Meibüd existiert noch jetzt zwischen Jezd und Ispahän und ist auch in Petermann’s Reisecharte aufgenommen. Die Lesung des auf der Münze dem Namen Meibud voran- gehenden Wortes chidevagan — oder vielleicht chidevajan — will ich nicht für ebenso unzweifelhaft richtig ausgeben, als die der beiden letzten Wörter. Indessen vertragen die Schriftzüge meine Auffassung sehr wohl, jede andre aber’ würde schwerlich überhaupt einen Sinn erkennen lassen. Chidev. ist ein im Orient: noch immer bekanntes Wort, wie auch die Wörterbücher zeigen, die dasselbe durch König, Vazir, Herr, Grosser u. dgl., allerdings ziemlich un- bestimmt erklären. Die erste Sylbe lautete vielleicht früher cha und das aus ursprünglichem sva-deva hervorgegangene Wort hätte dann die Bedeutung „Selbstherscher“ gehabt. Hier meine ich darin eine specielle Anwendung auf die Häupter der landsässigen Fürsten- häuser zu erkennen; es ist der geborene „Prinz“ eines solchen Hauses, der diesen Rangtitel selbst dann nicht aufgiebt, wenn er auch zu der Würde des höchsten Staatsbeamten gelangt ist: „Prinz Meibud, erster Minister“. Diese Auffassung stimmt vortrefflich zu der Werthschätzung, welche derselbe Titel bei dem Herscher der Osmanen fand, als er in der Lage war, dem sog. Vicekönig von Aegypten einen hervorragenden Character zugestehen zu müssen. Wenn ich die Pahlavi-Schriftzüge durch mi umschreibe und chidevagan ausspreche, so nehme ich an, dass der ursprüngliche lange Vocal der Endsylbe wenigstens in der Schrift, vielleicht auch in der Aussprache verkürzt wurde, wie denn im Eränischen die Suf- fixe -dn und -an überhaupt nicht wesentlich verschieden sind. Auch scheint mir dieselbe Verkürzung in dem gleichartig gebildeten Worte | Kardärigan eingetreten zu sein, wenn die Byzantiner dasselbe theils Kasdapiyes, theils Xapdagıyav (oxytoniert) schreiben. Neben > vom 19. April 1880. 361 _ findet man in persischen Original-Lexieis als gleichwerthig noch PEST ynA> aufgeführt, eine etwas befremdliche Form, die jedoch für unsere Münzschrift auf keine Weise in Betracht kommen kann. — Welches Fürsten Sohn Meibud war, geht aus der allgemeinen Be- zeichnung „Chidev-Sohn“ nicht hervor; auch anderweit erfahren wir nicht, welchem der sieben Häuser er angehörte. Vielleicht darf man am ersten an das Haus Süren denken, in welchem wenig- stens, wie ich bereits erwähnte, der Name auch sonst vorkommt; vgl. auch Nöldeke 8.439 Anm. Das erste Wort der Münzschrift endlich, welches mit dem _ zweiten zu einem Ganzen zu verbinden mir ganz unmöglich scheint, umschreibe ich jn und lese dies „in“, wozu die Pahlavi-Schriften ebenfalls geeignete Parallelen darbieten. Der Sinn passt vorzüglich gut zu der übrigen Beischrift von Meibud’s Bilde: „dieses (ist) der Chidevsohn Meibud, der Minister“. Während sich Nöldeke $. 440 f. über die dritte Classe des eränischen Adels, die deddan der Inschriften von Hägi-äbäd, als den niederen Adel mit kleinerem Grundbesitze, genügend ausspricht _ und in ihnen die sog. Dihkäne, „Dörfler“, erkennt, äussert er sich - über die mittlere Classe der vazarkan, der Grossen — unzweifel- haft auch grossen Grundbesitzern — gar nicht näher. Meinerseits halte ich grade diesen Ausdruck für geeignet, über die ursprüng- liche engere Bedeutung des Namens Megistanes Aufschluss zu geben, der bei Griechen und Römern einen weiteren Sinn erhalten und mir zu dieser Auseinandersetzung über die Verhältnisse des eräni- schen Adels Veranlassung gegeben hat. Das Wort hat eine super- lativische Form, welche bei den niederen Ständen um so leichter an die Stelle der officiellen, — die Grossen schlechthin, — treten konnte, da die höchste fürstliche Classe durch die landübliche Be- nennung „Söhne aus den (sieben) Familien“ ohnehin deutlich genug unterschieden war. Die im &ränischen Mittelalter gebräuchliche - Form mahest (= u&yırros) ist eben nicht im strengsten Superlativ- Sinn zu fassen, was auch sonst vorkommt; s. besonders Spiegel, Einleit. II S. 428, 2f., West, Glossar zum Mainyö-i-Khard p. 132; ausserdem etwa noch Spiegel, Einl.I S.69 Anm. 2. Ob und in welchem Umfange etwa die den Megistänes ent- sprechende &ränische Adelsclasse zur Zeit der Arsaciden an dem parthischen Senate betheiligt war, bleibt uns unbekannt. 26 * ’ 362 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Nachschrift. Erst heute geht mir das Heft des diesjährigen Bandes (XXXIV.) der Zeitschrift der D. M. Gesellsch. zu, worin der vor Kurzem ver- storbene, um die pahlavische Numismatik so vielfach verdiente Dr. A. D. Mordtmann in Constantinopel die Münzen der Säsäniden einer letzten Revision unterzogen hat. In dieser seiner Bearbeitung $.122f. hat derselbe auch die im Vorstehenden von mir besprochene Rand- schrift der Goldmünze aus dem J. 34 Chosrau’sI. zu erklären ver- sucht, ist aber zu einem ganz andern Resultat gekommen, als ich. Er liest darin die Worte „Güihan @Giti-ban Kartar“ und fügt hinzu: „Giti-ban ist ein Compositum und bedeutet „die Welt beschützend (oder bewachend)* und wird als königlicher Titel gebraucht. Kartar ist das neupers. NIE das Nomen agens von I „ ma- chen“. Es dürfte also wohl eigentlich das mittlere Wort Giti-bani lauten, doch wage ich es nicht ohne Ansicht des Originals zu be- haupten, weil gerade an dieser Stelle die grösste Undeutlichkeit ist. Giti-bani Kartar wäre also etwa neupers. Be glaols, und die ganze Legende „05 2lola „e> „der die Weltherrschaft ausübt“ oder „der Beherrscher der Welt“. Wer sich etwas in neupersischen Geschichtsschreibern umgesehen hat, wird in diesem Titel nur dieselbe Hyperbel wiederfinden, die sich zu Hunderten von Malen in diesen Historikern findet.“ Jeder Belehrung zugänglich überlasse ich den Sachverständi- gen das Urtheil über meine eigene Erklärung; dass aber irgend ein mit eränischen Dingen bekannter Gelehrter des sel. Mordt- mann’s Erklärung — nach dem Wortlaut doch „der Welt Welt- schutz ausübender* — sollte billigen können, halte ich für ganz unmöglich. Berlin, 24. Mai 1880. J. Olshausen. gr a; vom 19. April 1880. 363 He Mommsen legte folgende Mittheilung des Hrn. Professor P. Krüger zu Königsberg i. Pr. vor. Neue Bruchstücke aus Papiniani liber V responsorum. Zu dem im vorigen Jahrgang der Monatsberichte S. 509 ff. be- sprochenen Stücke eines Doppelblattes aus dem 5. Buche der re- sponsa Papiniani gesellt sich noch ein Stück eines theilweis er- haltenen Blattes, welches erst jetzt unter den vom Berliner Museum erworbenen Handschriftenfragmenten herausgefunden worden. Es enthält Bruchstücke zweier lateinischer Textkolumnen, deren Zwischenrand zum Theil mit griechischen Scholien ausgefüllt ist. Dies Blatt hat noch mehr als das erstgefundene Fragment gelitten; die Lesung desselben ist zum Theil überaus -schwierig und mir nicht vollständig gelungen. Was ich entziffert habe, ist auf der ersten der beigefügten Tafeln abgezeichnet; zweifelhafte Lesun- gen sind punktirt wiedergegeben. Diese Zeichnung giebt das Blatt nicht so, wie es jetzt aus- sieht, sondern versucht die ursprüngliche Gestalt wiederherzustellen, welche durch Zerreissen und Zusammenschrumpfen namentlich der unteren Hälfte der breiter erhaltenen Kolumnen entstellt worden. Die Zeilen und Buchstaben derselben haben sich so zusammenge- zogen, dass sie fast so klein erscheinen wie auf dem bereits ver- öffentlichten Fragmente über bonorum possessio contra tabulas; dass sie nicht von Anfang an so gewesen, erkennt man sicher aus ein- zelnen weniger beschädigten Stellen, insbesondere aus dem schma- len Streifen, der von den anderen beiden Kolumnen erhalten ist. Dieser Streifen hing, als ich das Blatt in die Hände bekam, an den untersten Zeilen so lose mit dem anderen Theile des Blattes zusammen, dass ein Abbrechen während der Arbeit des Entzifferns sich nicht vermeiden lies; ebenso stand es mit dem kleinen Fetzen des Zwischenrandes, welcher den Zusammenhang der untersten Zei- len beider Kolumnen vermittelte. Die Zeichnung giebt den Zusam- menhang und die Bruchstellen wieder. Die zweite Tafel ist die Abzeichnung des Doppelblattes und soll an die Stelle der früher versprochenen, aber nicht ausführba- ren Photographie des Originals treten. In dieser Tafel ist ein 564 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Versehen des Apographum in der ersten Veröffentlichung (S. 511 Z.3 RAtoRressu1ad falsch statt RATOREeSsUIAd) berichtigt. Die punktirte Linie in der Mitte bezeichnet die Falte zwischen beiden Blättern. Dass das neu gefundene Blatt und das andere Doppelblatt zu derselben Handschrift gehören, zeigt nicht blos die Gleichheit der Schrift und der Zeileneintheilung auf jenem Blatt und dem ersten Blatt des Doppelblattes; die Angehörigkeit zu demselben Buch der Responsa Papinians wird auch dadurch bewiesen, dass das respon- sum in Dig. 28, 3, 17 (Papinianus libro quinto responsorum) sich auf der Rückseite des Blattes Kol. 2 Z. 18ff. wiederfindet, welche mit Hülfe der Digesten etwa so zu restituiren sind: Frliopreritogpurumpatrısporesta TeNEq-LIB-TATESCONPETUNTNEG-LE GATAPSTANTSIPTERITUSFRATRI B-PART-D TAUSAUOCAUITQUOOSI BONISSEPATRISABSTINUITLICETSUG Wie das auf der nächsten Zeile gelesene mit dem Schlulssatz der Digesten (licet suptilitas iuris refragari widetur, attamen uoluntas iestatoris ex bono et aequo tuebitur) in Einklang gebracht werden soll, habe ich nicht herausgefunden; jedenfalls ist ein Theil des Satzes ausgefallen, da auf Z. 24 ein neues responsum beginnt, und der Ausfall ist wohl durch Homoeoteleuton von subtilitas und en oder iuris und testatoris veranlasst. Aus dieser Ergänzung ergiebt sich auch die Breite der voll- ständigen Kolumne; sie hat 26 bis 29 mittelgrosse Buchstaben ge- fasst. Zur Vergleichung wären aus dem Abschnitt über Vormund- schaft Z. 7 ff. der ersten Kolumne heranzuziehen, welche, wie ich erst nachträglich bemerkt habe, in Dig. 26, 9, 5 pr. wiederkehren. Ergänzt man die Zeilen nach dem Digestentext, _ so bekömmt man folgendes Bild: 2 an ee Fe re Me ee Sei vom 19. April 1880. 365 Prmortponiosmondanme RINCU RATOREMAUINECOUA GESSITACTIONUÖICAT ! NMAGISTINTUTORSIMODO NUOLLAMEXCONSENSUP’ÖEPOSIT-OFFILIUMMOUATI ON-FACTAMETINCURATOR-UTUTOR-OBLIGATION- E CE TRANSLATAM CONSTABIT bi. Hiervon passt nur die erste Zeile zu obiger Berechnung; die zweite ist zu kurz, die drei folgenden sind zu lang und würden sich auch dann nicht genügend zusammenziehen, wenn man gegen die Gewohnheit des Schreibers die Abkürzungen noch weiter zu Ri häufen versuchte. Noch unregelmässiger wird die Zeilenabtheilung, wenn man nach der Emendation von Cuiacius die Worte post de- positum offieium in die voraufgehende Zeile setzt. Vielleicht ist die eingefügte Vergleichung mit der Stellung der Tutoren erst von der Justinianischen Kompilation eingesetzt; ohne dieselbe würden Zeile 3—5 der erwarteten Länge in folgender Gestalt entsprechen: | CESSITACTOIUDICATISIMOdO NULLAMEXCONSENSUNOUAT 1 ON-FACTAMETINCURATOR-OBLIGATION- j In dieser Gestalt würde ‚das responsum auch mehr dem Charak- ter der Entscheidung eines bestimmten Falles entsprechen, in welche " theoretische Erörterungen über verwandte Fälle nicht gehören. Die zweite Zeile mag eine Dittographie oder einen Zusatz zu negotia, wie etwa defuncti, enthalten haben. Man könnte sich auch versucht fühlen Zeile 16—19 derselben Seite aus Dig. 27, 1, 28 pr. so zu ergänzen: Turorpevtusantedec REDIDIEM- SIALIqLoöprRIV 1 LegIumquAerıT RECTEPEUTION-INSTITUTAMEXCLU DERENPOTERIT !) Die Digesta haben vudicati actio,; die Umstellung soll ein Versuch sein den Digestentext mit meiner Lesung des Fragments (AM) im Einklang zu bringen. ES 366 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Doch scheint es bedenklich aus den winzigen Überresten auf eine Identität beider Stellen zu schliessen. Das andere Blatt des Doppelblattes weicht von den beiden übrigen Blättern nicht bloss in der Höhe der Zeilen ab. In der früheren Besprechung ($. 516) ist nachgewiesen, dass die Breite der Zeilen dem Umfang von 25—27 mittelgrossen Buchstaben der kleinen Schrift entspricht; das wäre gleich $ der Zeilen der ande- ren Blätter. Auch der innere Rand desselben Blattes ist schmaler als der des damit zusammenhängenden Blattes, welcher dieselbe Breite hat, wie der Zwischenrand des neu aufgefundenen Blattes; vermuthlich war das Blatt mit der kleinen Schrift in 3 Kolumnen eingetheilt. Die ursprüngliche Reihenfolge der drei Blätter ergiebt sich aus dem Inhalt. Nach diesem und nach Justinians Digesten be- zogen sich die responsa des fünften Buchs vorwiegend auf Vor- mundschaft und bonorum possessio contra tabulas, daneben noch auf Patronatsrecht (Dig. 38, 1, 41. 49, 9, 25) und auf die Verpflich- tung zu den städtischen munera!); inwieweit Dig. 42, 8, 16 noch für eine weitere Materie Zeugniss ablegen, ist nicht zu sagen. Dass nun die Vormundschaft der bonorum possessio voraufging, zeigt die Beschaffenheit der Falte in dem Doppelblatt, und das Bestreben des Schreibers, durch engere Linien, kleinere Schrift und 3 Kolumnen Raum zu sparen, deutet darauf hin, dass mit dem betreffenden Blatt der Quaternio zu Ende ging und der Schluss des Buchs noch auf dies Blatt zusammengedrängt werden sollte. Da nun das Einzelblatt auf allen 4 Kolumnen von der bonorum possessio handelt, so ist damit seine Stellung zwischen dem Doppelblatt ge- geben und es fragt sich nur, welches seine Vorder-, welches die Rückseite ist. Für die Vorderseite werden wir wohl diejenige an- sehen müssen, auf deren erster Kolumne Zeile 5 in Italia, Z. 5 u. 14 [do]mieilium, Z. 8 ex albo steht. Alles dies passt nicht zum bonorum possessio, sondern führt darauf, dass hier über Gemeinde- pflichten oder Vormundschaft?) gehandelt wird. Und daran darf auch nicht das Scholion der Rückseite irre machen, obgleich dies 1) Hierauf bezieht sich aber auch Buch I, vgl. Dig. 50, 1, 12. 15. 17. 50, 2, 6. 50, 5, 8. 50, 7, 8. 14. 50, 8, 4.5. 2) Vgl. Dig. 26, 7, 39 83.7.8. Zu ex albo vgl. Dig. 50, 4,18 $ 11. _ des dazu gehörigen Textes, also Z. 3 ff. der ersten Kolumne die- Ü ! "vom 19. April 1880. 367 von den munera spricht und man daraus auf einen gleichen Inhalt ser Seite (denn Kolumne 4 handelt hier sicher von der bonorum | _ possessio), schliessen sollte. Es ist doch nicht denkbar, dass Pa- _ pinian mitten in den Abschnitt über bonorum possessio contra ta- bulas wieder ein responsum über eine vorher verlassene Materie _— win E <- eingeschoben haben sollte. Ich vermag daher nur eine Verstellung des Scholion anzunehmen. Nach der so festgestellten Ordnung habe ich die erhaltenen 8 Kolumnen in der Abzeichnung gezählt. Aus dem Einzelblatt gewinnen wir neuen Aufschluss über das Verhältniss der notae zum Texte Papinians. Kolumne VI wider- lest den früher aus Kolumne VII gezogenen Schluss, dass die no- tae nicht hinter das entsprechende responsum eingefügt, sondern dass alle auf die responsa einer Kolumne bezüglichen notae an den Schluss derselben gesetzt worden. Wir sehen vielmehr, dass VI, 18 hinter Ulpians nota zwei responsa folgen und an das zweite derselben sich erst wieder eine nota Ulpians anschliesst. Jedes responsum beginnt mit einer neuen Zeile und ausgerückter grosser Initiale; ebenso die notae, ihr Anfang (Ulp. Paul.) ist aber mit minium geschrieben. Hiervon wird auch nicht VII, 27 een: das zu Anfang dieser Zeile als zweifelhaft gelesene schwarze Pauli wird wohl der Anfang; eines responsum sein. Dass hinter der notae auf derselben Kolumne wieder responsa folgen, bestätigt VIII, 27”—29. Die voraufgehende Zeile kann nur eine kurze nota enthalten haben, etwa so: pAuL-uL-sa” melioruider Dahinter ist die Zeile leer; auf Z. 27—29 steht aber der Anfang des in Dig. 37,7, 5 enthaltenen responsum; diese Zeilen sind so zu ergänzen: Fiuusemancıpatisusquiposs.ne JTAB-ACCIPEREPOTWITINTESTATI PATRISB-POSS-Accepitadgitapilia ») d. h. Juliani (dies nur beispielsweise gesetzt) sententia. 368 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse = Zu den Tafeln ist Folgendes zu bemerken: I, 15 beginnt nicht, wie ich vordem las, mit PA» sondern mit rothen Buchstaben, welche aber ganz verwischt sind. II, 4 hinter ent ist leer. III, 2 ist leer, ebenso der Schluss von Z.9 unter s 'exAlßo) und der Schluss von Z. 13 hinter go: IV, 21, 23 sind paul und ulp- roth geschrieben. V, 16 ist leer. 20 der Buchstabe hinter am Ist nicht ß&, vielleicht h, VI, 9 ist hinter g leer. 10.29 uLp ist roth. 23 das xatic auf dem Zwischenrand beginnt die letzte Zeile eines Scholion, dessen Spuren sich schon neben Z. 16 des Textes zeigen. Zu Kolumne VII und VIII gilt das in den vor Mo- natsberichten S. 513 Gesagte, nur dass die Abweichungen von der früheren Zeichnung in VIII, 26—29 auf erneuter Lesung beruhen. Die auf Z. 25 neu gelesenen Striche zeigen, dass der Text fast bis an das Scholion heranging. Zu dem a. a. OÖ. S. 515 f. gegebenen Verzeichniss der Abkür- zungen ist aus der ersten Tafel Folgendes nachzutragen: b- = ber in kibertates VI, 19 pP’ = vos oder post? VEss UN P’s- = possunt oder possessV, 18 & BP = bonorum possessio (‚nem J) = prae VI, 18 -ne) IV, 18. V,'24. VE, 12 paul —, Paulus IV = aim IN, 3 N23 PoSs-0 = possessio III, 5. VL4 9 contra‘ TILL: 17 PR —- praetor? III, 10 en: vgl. n- se: que V, 30 CRAd- = gradum IV, 19 qn = quoniam 111, 10 -5 = here in exheredare III, 22. qq = quoque? VI, 4 23, vgl. III, 28 2 = secundum LV 25 b = heredi in hereditatis VI, 21 -R. = rem oder rum V, 8 Bee 2 IV, 8 Ss sed’ IE8! VL 172 nm ==.nec ? IV, RBJIVagH Seren NIzRN. 232 N-==non oder em-—= enimIV,20 -T = tur VI, 20 nn = %1I, 14 TAB» == tabulas IV, 29. p = pos VI, 27 N uLp- = Ulpianus VI, 10. 29 } Taf. PArSID | AVBZZUN ıH arP ErRMOMAnE i a AMOKEKAEKTA - i I} ss N ıTalıa Er I1dC- Be ‚are 8 | BENWTO fichTepmer Be, Erransal INW er amcıliume ERkıleg- Adderaay EL 5 T PR ossobe ı andynartangToy i » Ss INO1Ssub piron- EXEIMANERE Ä » Toy od N Jor OR u ” sS’exılb09 Ei ne) oDdab Dh mo opt andom a n= Im R r NCINS? E „OP . Yu = ee Pat 15972 az va 15 Ar DAR ISSET , | R} info n AD Ex da pısarisuc a. 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April 1880. 369 _ Von den griechischen Scholien des neugefundenen Blattes sind zwei fast vollständig erhalten. Das auf dem oberen Zwischenrande der Rückseite stehende lautet: Uition areya(?) za 6 Bovrera ro ay,ensr[ov] TeIs Arovpyiaus mEOFWmoV 70 av Aanlavsı ist dem Sinne nach klar; auf welche Bestimmung es sich aber bezieht, bleibt räthselhaft. Das an derselben Stelle der Vorderseite stehende: — raou—ryubeı, amo mavrwv amorsrreıorean. “Pırioios' [e:] yap zu mais(?) »evw Tois praeteritois euy,agıorsı Errıyavw- are) legata. - ce ÖE ra aura Nduvaro amd To geror. ENEWw, amep e[mı] 700 morırou [elmıyewsr?) Eon erst dann verständlich werden, wenn die Bedeutung des &ırıoros und des abgekürzten gro. gefunden sein wird. Das unten auf der Rückseite stehende Scholion lässt sich . zum Theil so ergänzen: | — sw(?)—evaswv 6 {nv Suyalrege' © de emancipatos®) Eruyyavev nv Yuyersoa MErK Fou [eregov] nados yocılas Eine Lösung der in Abkürzungen geschriebenen Randnotiz zu V, 30, _ welche verwandt ist .mit dem Schluss des Scholion zu VIII, 9, ist mir nicht gelungen. 1) Oder Zrıyıyvwexei. 2) Dass zum Schluss nur wenige Buchstaben fehlen, muss aus den hin _ ter der Lücke über und unter der Zeile stehenden Notizen geschlossen werden. 3) In der Handschrift steht emancipa | toi. Am 21. April starb Hr. Johann Karl Eduard Buschmann, ordentliches Mitglied der philosophisch -historischen Klasse. 370 Gesammtsitzung 22. April. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Nitzsch las folgende Abhandlung: Über niederdeutsche Kaufgilden. Die folgenden Erörterungen gehen von den Thatsachen aus, die ich in einem früheren Vortrag über die älteren Formen der städtischen Genossenschaften Norddeutschlands zusammensitellte!). Unter diesen nahm die Kaufgilde eine besondere Stellung ein. „Im 12. Jahrhundert erscheint sie als eine Vereinigung für Ver- kehrsinteressen für alle an diesen betheilisten Einwohner eines Platzes. Sie ist weder kirchlichen noch hofrechtlichen Ursprungs und kennt zunächst die Scheidung nach einzelnen Gewerben nicht. Ihre selbstgewählten Beamten werden, wie die der englischen Gil- den, Aldermann oder Dekan genannt“, auch Gildemeister. Sie be- zeichnen _den Gesammitbegriff ihrer autonomen Ordnungen als Gilderecht und die Ausübung ihres exclusiven Verkehrsrechts als Hansa “?). SEE Die grosse Bewegung des deutschen Handels, wie sie sich von der Mitte des 12. Jahrhunderts vollzog, die in Folge derselben eintretende Scheidung zwischen Gross- und Kleinhandel, die gleich- zeitig steigende Bedeutung der einzelnen Handwerke und die Aus- bildung der städtischen Rathsverfassungen mussten zu vielfachen Um- gestaltungen führen. Auf den Zusammenhang der letzteren mit den Gilden hat schon Lappenberg hingedeutet?°). In diesen Bewegungen sind, wie ich ebenfalls schon kurz aus- führte, grosse und wichtige Gilden, wie die Cölner, fast spurlos untergegangen, andere haben sich in der verschiedensten- Weise umgestaltet, wie die Magdeburger, Stendaler, Göttinger u.a. 1) Sitzungsber. 1879 Jan. p. 5 ft. ?) 2.0. p. 26. ®) Sartorius Urk. Gesch. d. Urspr. der deut. Hanse I p. XVIf. vom 22. April 1880. 371 Die Erkenntniss dieser Metamorphosen wird wesentlich dadurch erschwert, dass noch im Verlauf des 13. Jahrhunderts, und mehr noch später, die Handwerkervereinigungen sich den vornehmern Namen der Gilde anmassten. Was hier gegeben wird, beansprucht nicht die Bedeutung einer abschliessenden Untersuchung: es sind gewissermassen Nachträge und weitere Ausführungen zu den früher gegebenen, und zwar nach zwei Richtungen. Um die Bedeutung der Veränderungen zu eonstatiren, war es zunächst wünschenswerth, erhaltene Exemplare reiner Kaufgilden jener ältesten Form aufzufinden, und nachdem ‚dies gelungen, musste es dann zweckmässig erscheinen, ein- zelne Beispiele verschiedener Umbildungen, zum Theil mit Hülfe neugewonnenen Materials, zum Theil in eingehenderer Benutzung des bisher vorhandenen, jenen einfacheren Formen gegenüber wei- ter zu untersuchen. Lappenberg, der freilich jene älteste Form der, um diese Bezeichnung zu gebrauchen, kaufmännischen Gesammtgilde noch nicht kannte, hat doch die Bedeutung der Gilde für die Verfassungs- geschichte der niederdeutschen Städte richtig gewürdigt. Wenn die folgende Zusammenstellung auch nichts anderes erreicht, als an einigen verschiedenen Bildungen nachzuweisen, wie Gilde und Stadtverfassung auf einander fördernd oder hemmend wirkten, so wird wenigstens diese wichtige Seite unserer städtischen Verfassungs- geschichte in ein etwas klareres Licht gestellt sein. Zunächst handelt es sich also um jene Exemplare ältester Form, die durch die städtische Verfassung entweder nicht gehemmt oder aber vollständig mattgesetzt und gleichsam versteinert ihren ursprünglichen Charakter das ganze Mittelalter hindurch bewahrten, 372 - Gesammisitzung I, Gewiss beweist das von Ennen entdeckte Mitgliederverzeich- niss die Existenz einer solchen einfachen Gilde für Cöln!), leider aber fehlt jede weitere unmittelbare Notiz über deren Existenz und Einrichtung für das 12. Jahrhundert und auch später. Um so wichtiger scheint mir, dass es gelungen ist, in der bisher urkund- lich nur im Jahre 1322 nachweisbaren Kaufgilde zu Lemgo eine solche Gilde ältester Form zu entdecken. Die „unio mercatorum vulgariter dieta der koplude ghelde“ wird urkundlich nur ein einziges Mal in einem Rentenbrief des. neu- städtischen Raths vom 20. December genannten Jahres erwähnt). Sieben Jahre früher gestattet Simon I den Bürgern der Neu- stadt, „die Altstadt und deren Markt zum Kaufen, Verkaufen und sonstigen Geschäften täglich besuchen zu können ohne Zwang ad jus et consuetudinem irgend eines Amts, Collegs oder einer Socie- tät, quod ghelde vulgo dieitur, und ferner, dass sie dort alle vendibilia verkaufen können, sofern diese nur seinen geschworenen Consuln placuerint et videantur ad vendendum seu dixerint fore (foro?) digna, et de tali placentia — non habebunt unum super se consules*?). Es ist mir mehr als wahrscheinlich, dass dieser Schutzbrief damals direct gegen die Ansprüche der altstädtischen Kaufgilde gerichtet war, dass der Aussteller unter der Societät ‘guod ghelde vulgo dieitur eben „der koplude ghelde“ verstanden wissen wollte, die neben oder über dem Rath das Recht bean- spruchte, über den Marktverkehr der Altstadt zu verfügen und ihn zu beaufsichtigen. Die Urkunde zeigt, dass dieser vom Herrn der Stadt eingesetzte Rath damals schon die Gilde in ihren Ansprüchen zu beschränken begonnen hatte. Das. Statut Simon’s III vom Jahre 1365 erwähnt der Gilde und ihrer Rechte gar nicht. Fremde Kaufleute sollen darnach an den freien Märkten auf dem Kauf- hause bei den Bürgern ausstehen und dem Rathe davon Stätte- pfennige bezahlen. Auch der Verkauf fremden Biers soll nur mit Erlaubniss des Raths erfolgen, dagegen wird der Betrieb der Hand- werke unter die Controlle der „geschwornen Meister*, die „von 1) Sitzungsber. a. O. p. 18; Ennen Gesch. d. St. Cöln I p. 535. 2) Preuss und Falkmann Lipp. Regesten In. 630. 3) ebd. 1.617. *#) ebd. n. 1130. vom 22. April 1880. 373 dem Handwerk“ wären, gestellt, die „Besserung“ soll im einzelnen Fall an die Herrschaft abgeführt werden. Rath und Handwerke erscheinen so als die Hauptorgane für Verkehr und Gewerbe. Die Gilde scheint verschwunden. Und doch bestand dieselbe bis vor „etwa zwanzig Jahren“, wo „bei ihrer Auflösung und der Vertheilung ihres Vermögens ihre Papiere - zersplittert sind*1). Unsere Kunde über sie beruht heute auf dem Bericht eines Beamten in der Detmolder Regierungsregistratur vom Jahre 1840, welcher neben den Urkunden der Gildelade hauptsäch- lich mündliche Mittheilungen benutzte. -_ Darnach bestand die „koplüde -gilde* (erst in neuerer Zeit Kaufmannsamt genannt) neben den dortigen Ämtern (statt Zunft heisst es hier immer Amt), unter welchen namentlich auch Höker und Krämer. Die Gilde besass, wie schon 1322, Capitalien und Grundstücke, aus deren Aufkünften jeder Gildebruder bei der jähr- lichen Rechnungsabnahme vor beiden Bürgermeistern eine „pröve* von 1 fl. erhielt. An ihrer Spitze standen „dechen und bursarius“, von diesen und dem „gemeinen kopmann“ oder dem „ganzen ge- meinen kopmann“* wurden die „willküren“ beschlossen, keineswegs immer vom Rathe bestätigt. Ein Gildebuch enthielt das Mitglieder- verzeichniss seit 1386 und eine Anzahl anderer Notizen. Ich über- gehe eine Reihe von Beschlüssen aus den Jahren 1417, 1486, 1490 und 1553 über die Grösse der Eintrittsgelder, Vererbung und Ge- nuss der „pröven“. Wichtiger ist eine andere Bestimmung aus dem letztgenannten Jahr, dass „wer die Kaufmannsgilde gewinnen wolle, jede andere Zunft, worin er gestanden, verlassen müsse“, und eine zweite vom Jahre 1583 „von Dechen I, bursarius und ganzem gemeinen Kaufmanne beschlossen und willkürlich angenommen“: So einer die Gilde winnen wollte — und derselbe ein Amt hätte, sollte er dasselbige verlassen, sofern er des Kaufmannsamtes gedenke zu gebrauchen, oder bleiben bei seinem Amte, dar er in der Zeit bei befunden. Aus diesen Willküren ergiebt sich, dass bis 1553 jedem Handwerker der Eintritt frei gestanden, und dass damals der Versuch gemacht wurde, die Handwerker, wie es 1231 zu Stendal gelungen, ganz von der Gilde auszuschliessen. Der Be- schluss von 1583 zeigt nun zweierlei, dass jene Ausschliessung 1) Alle folgenden Nachrichten über die Lemgoer Gilde verdanke ich der gütigen Mittheilung des Herrn Justizraths Preuss in Detmold. 374 Gesammtsitzung nicht durchgesetzt ward, dass aber dagegen der Kaufmann sich innerhalb der Gilde zu einem besonderen Amte abschloss und nun versuchte, von dieser engeren Genossenschaft und damit vom Gross- handel den Handwerker, Krämer und Höker fern zu halten, wäh- rend er den sonstigen Genuss der Gilde den Genossen dieser an- dern Ämter gestattete. Aber auch dies ist nie vollständig gelungen. Nicht allein blieb der Eintritt in die Gilde ohne Unterschied allen offen, son- dern Höker und Krämer achteten jenes von dem Kaufmannsamt beanspruchte Monopol so wenig, dass noch später, obwol die Dechen der Gilde in wiederholten Eingaben an die Regierung „behaupteten, dass traditionell die Befugniss zum Engross-Handel nur den Mitgliedern des Kaufmannsamtes zustehe, während das Krämer- und das Hökeramt allein zum Detail-Handel, mit ge- wissen Unterscheidungen unter diesen beiden, Berechtigung ver- leihe“, dennoch „über den Umfang jenes Privilegs“, so schliesst unser Bericht, „mehrfach Streit zwischen den Interessenten herrschte“. Man erkennt auch hier den Kampf, in dem die eigentliche Kaufmannschaft, wie zu Stendal, Magdeburg und Dortrecht, um den Alleinbesitz der Gilde oder um eine exclusive Stellung in ihr ringt, ohne die von Herrschaft und Rath geschützten Ämter bezwingen zu können. Und so blieb die Gilde bis zu ihrem Ende, wo sie eben nur als Rentenanstalt Bedeutung hatte, Handwerkern und Taglöhnern ebenso offen, wie sie andrer Seits Beamte, Ärzte, Geistliche und namentlich die Bürgermeister zu ihren Mitgliedern zählte. Es kann jedenfalls kein Zweifel sein, dass diese „koplude gelde* oder der Lemgoer „gemeine kopmann“ am Anfang des 14. Jahr- hunderts eben alle am Verkehr Betheiligten der Altstadt umfasst hatte. Als Simon I die Neustädter auf dem altstädtischen Markt gegen „Gilderechte“* zu schützen suchte und sie und ihre Waaren im Gegensatz zu solchen unter die Controlle 'des von ihm einge- setzten Raths stellte, musste die koplude gelde früher wenigstens für sich dieses Aufsichtsrecht auch dem Rathe gegenüber bean- sprucht haben. Die Ausbildung der Rathsgewalt und andrer Seits der Handwerker und ihrer geschwornen Meister, wie sie im Statut von 1365 erscheinen, untergruben die alte Stellung der Gilde. Gewann -diese erst am Ende des 16. Jahrhunderts die Energie zu Beschlüssen, wie sie die Stendaler schon am Anfang des 13. glück- 3 = vom 22. April 1880. 375 | lich durchgeführt hatte!), so scheint mir diese Thatsache doch _ dafür zu zeugen, dass sie bis dahin immer noch eine gewisse Be- _ deutung sich bewahrt hatte. Offenbar aber war der Versuch, innerhalb der Gilde das „Kaufmannsamt“ besonders abzusondern _ und hier wenigstens die Mitglieder andrer Ämter auszuschlies- sen, auch zu spät gemacht. Nicht einmal das Privileg des Gross- handels konnte sie sich so bewahren, ja nicht einmal den alten Namen. „Weil“, sagt unser Berichterstatter, „die Genossen der _ wirklichen Handwerker- und Handelszünfte, hier Ämter genannt, sich neuerdings auch Gildebrüder nannten, warf man diese Ämter mit der alten Kaufmannsgilde zusammen, diese ward in neuerer Zeit Kaufmannsamt genannt“. Als ein Seitenstück zu dieser Lemgoer Gilde könnte man die von Salzdetfurt betrachten; war sie auch nur eine Pfannergilde, | die die Theilhaber am dortigen Salzwerk umfasste?), so war eben dieser Betrieb der einzige wirkliche Verkehrszweig des Ortes, und eben daraus erklärt es sich, dass hier die Gilde nicht allein wie die Lemgoer bis in dieses Jahrhundert bestand, sondern den eigent- - lichen Kern der Ortsgemeinde bildete. Der Ort, als salina apud Thietvorde schon 1195 erwähnt, u “hatte ursprünglich in der engen Schlucht, in der er liegt, gar keine - Feldflur, die jetzt von ihm aus bebauten Ländereien gehörten frü- liche Niederlassung behufs des Salinenbetriebs.. Die Pfannergilde oder einfach die Gilde bildete sich also unzweifelhaft zunächst in den engen Grenzen und für die nächsten Aufgaben der ersten - Gründung. Noch 1396 sind „de rad unn pennere up dem sotte to _ Detforte“, die von den Herren von Steinburg eine ausgedehnte _ Waldnutzung erwerben, sicher eben nur die Gilde?). „Allmälig aber hatten sich bei den Salzquellen eine Menge Menschen ange- "siedelt, welche keinen Theil am Salzgewinne hatten, nicht zur Gilde gehörten“*). Es muss wahrscheinlich dünken, dass zum 3 : zu zwei jetzt eingegangenen Dörfern, er war eine reingewerb- | 1) Sitzungsber. a. O. p. 19; Götze Gesch. v. Stendal p. 101. = S. über dieselbe Koken u. Lüntzel Mittheilungen gesch. u. gemein- nütz. Inhalts Bd. 2 p. 292 ff. 3) Die a. O. p. 294 eitirte Urkunde enthält leider keine weiteren That- 376 Gesammtsitzung Theil die Einwohner jener beiden Dorfschaften dem gewerbreichen Nachbarort zuzogen. Wie diese neuen Elemente sich allmälig ne- ben der Gilde als Gemeinde organisirten, wissen wir nicht. Die von uns benutzte Darstellung aus dem Jahre 1833 sagt: „den Über- gang scheint die Anstellung eines Altermanns der Gemeinde ge- bildet zu haben, wogegen dann auf Seiten der Gilde Gildeherrn, auch ein Salzgrefe vorkommt. Übrigens werden die Gemeinde- lasten zur Hälfte auf die Gemeinde, zur Hälfte auf die Gilde ge- legt, indess trägt diese wiederum als Theil jener die Hälfte der zweiten Hälfte. Ausser den 103 Mitgliedern der Gilde giebt es noch 77 Reihe-Einwohner. Der Rathskeller ist der Versammlungs- ort der Gilde und der Gemeinde. Auch das Siegel der Gemeinde erinnert an die Abstammung von der Gilde, da es drei beim Salz- sieden gebrauchte Haken zeigt.“ Jedenfalls das erhellt aus diesen unklaren Angaben, dass die Gilde hier nicht wie in Lemgo durch die Ausbildung der Stadt- verfassung matt gesetzt wurde, sondern der Gemeinde gegenüber und in derselben das volle Übergewicht behauptete. Es ist leicht erklärlich, dass die ursprünglichen Gilden nur in weniger bedeutenden Orten sich so intact bis in die neuste Zeit erhielten, wie in den beiden eben besprochenen Fällen. So wie der Verkehr sich mannigfaltiger und vielseitiger gestaltete, musste er jene einfachen Bildungen dadurch beeinflussen, dass er entweder neben ihnen neue Organe schuf oder in ihnen selbst es zu einer Auseinandersetzung der verschiedenen Interessen brachte. Wir beobachten solche Bewegungen schon am Anfang des 13. Jahrhunderts in Dortrecht, Magdeburg und Stendal!). Sie gingen vom Tuchhandel aus und führten an dem Holländischen Platze dazu, dass das Wandschneideramt zunächst eine Unterabtheilung der Gilde wurde, an den beiden Sächsischen, dass die Wand- schneider mit den Grosshändlern alle Handwerker aus derselben verdrängten. | Man könnte sagen, dass in Lemgo der Grosshandel, eben weil er stets unbedeutend blieb, nicht die Macht hatte, Krämer, Höker und Handwerker nach seinem Interesse zu beeinflussen. en 1) Sitzungsber. & O. p. 18 £.; Höhlbaum Hans. Urkdb. I n. 57. Pr ’ “© vom 22. April 1880. 377 dieser Kampf zwischen dem eigentlichen Kaufmann und dem De- tailısten, sei er Krämer oder Handwerker, ist es ja, was die man- nigfaltigen Umbildungen der ältesten Gildeverfassung überall be- dingt hat. Ehe wir auf die Betrachtung einer Reihe solcher Umbildungen eingehen, scheint es zweckmässig, ein schon früher erwähntes Bei- spiel hier eingehender zu erörtern, bei dem der Einfluss des Gross- handels vollständig fehlt, so dass da besonders klar wird, wie weit auch ohne dies Element die einfachen Kräfte des Gewerbes und des Detailverkehrs neue Formen zu schaffen vermochten. Ich habe schon früher auf die „grosse Gilde* zu Menden in diesem Sinne aufmerksam gemacht!). Der kleine Ort, an dem schon 1161 der Erzbischof von Cöln Einkünfte besass, erscheint um 1270 als städtisches Gemeinwesen?). Wie die Bürger 1572 die in einem Brande verlorenen Urkunden sich vom Erzbischof bestätigen liessen?), so liessen sich vierhun- dert Jahre später (1667) „die drey Ämter der grossen Gilde“, da „bey jüngster erbärmlicher Feuersbrunst ihr Gildebuch verkommen und eingeäschert“, die aus dem Gedächniss zusammengestellten Artikel vom Bürgermeister und Rath „durchlesen und examiniren“ und „auch demnächst confirmiren“. In dieser Form liegen sie jetzt allein vor. Die „grosse Gilde“ besteht, wie erwähnt, aus den drei Ämtern. Also auch hier der Gegensatz zwischen Gilde uud Amt wie in Lemgo und Osnabrück, ja auch hier werden letztere offenbar erst in neuerer Zeit wie dort Gilden genannt, und darnach wird auch anzunehmen sein, dass die eigentliche Gilde erst später als die „grosse* bezeichnet wurde. Die drei Ämter sind die der Wollenweber, Krämer und Schneider, und wenn wir gleich hier bemerken, dass die beiden erstern ausdrücklich zum Tuchhandel berechtigt sind, so ergiebt sich, dass allerdings die Tuchproduction in ihrem alten Zusammen- hang den Kern dieses Verkehrs bildete. Waren doch zu Bremen noch 1261 die pannicidae häufig zugleich „hosensnidere*?). 1) Sitzungsber. a. O. p. 21 f. 2) Seibertz Landes- u. Rechtsg. des Hrzgth. Westf. III p. 176. 3) Brem. Urkundenb, I n. 314. 7 378 . Gesammisitzung Aber das Merkwürdige ist, dass neben Tuchgeschäft und Krämerei, die so in drei Ämter geschieden, Hökerei und Schläch- terei gleichzeitig allen Gildegenossen „frei steht und gemein ist“. Ich sehe schon in dieser Thatsache den unwiderleglichen Be- weis dafür, dass die Gilde nicht aus einer Vereinigung der drei Ämter hervorging, sondern dass sie ursprünglich alle Branchen, in denen es überhaupt an dem kleinen Orte frühster Zeit einen Marktverkehr gab, ungetrennt umfasste. Der allmälige Process innerer Gliederung schuf dann die genannten Unterabtheilungen, während es für Hökerei und Schlächterei eben nicht zu solchen. kam. Dem entspricht es, dass die „Gerechticheit der Schumacher- gilde“ erst 1549 „verlehnt un angeteichnet“ ward, und auch die „Leinewebergilde* nicht zu der „grossen Gilde“ gehörtet!). In den Zeiten der ungetheilten Gilde gab es eben noch keine Schuster- und Leinewebergewerbe am Ort. Nur wenn nach dieser Auffassung die Gilde den ganzen vor- handenen Platzverkehr umfasste, erklärt es sich, dass sie noch im 13. Jahrhundert die Aufsicht über Maass und Gewicht hatte, das nach den Statuten das Cölnische sein soll. Die Gildemeister sollen darauf „auf sichere Zeit des Jahres fleissig Obacht haben, und da hier einiger Betrug mit looser Waare, falscher Maass, un- rechtem Gewicht befunden würde, soll dafür ernstlich angesehen und nach Befinden von der Gilde, auch auf deren Versäumung von 1!) Den Leinewebern wurde 1658 das bei „vorgewesener mittelster Feuersbrunst“ verbrannte Gildebuch durch ein neues ersetzt, aber „ohne ein- band nicht wohl verwahrt“, daher Bürgermeister und Rath ihnen 1703 die einzelnen Artikel „aus dem fast verkommnen Gildebuch“ auszogen und con- firmirten. Die Vereinigung verschiedener Gewerke zu einer Zunft, wie sie später so häufig vorkommt (Schönberg Z. wirthsch. Bedeutung d. deut. Zunftwesens p. 20 A. 20. Stahl Das deut. Handwerk p. 28), kann keines- falls mit der hier vorliegenden Bildung verglichen werden. Durch eine sol- che wird nach den von Jäger Ulm p. 628 gegebenen Daten der Bestand der dortigen Krämerzunft so merkwürdig zwischen 1470 und 1499 verändert und so erst von 22 auf 240 Mitglieder gestiegen sein. Am nächsten würde der oben besprochenen Gilde die Vereinigung der Zimmerleute, Schreiner und Schuhmacher zu Regensburg, schon aus dem Jahre 1244, stehen (Stieda Z. Entsteh. des dent. Zunftw. p. 110 u. 118), aber auch hier fehlt doch eben das gemeinsame exclusive Recht auf andere Betriebe und das allgemeine Auf- sichtsrecht auf Maass und Gewicht. a Dal una BEL ee a u al YES a ni r m Zt * Fr Zu u Te ee A no 1 vom 22. April 1880. 379 dem Magistrat ohne alle Gnade bestraft werden“. Ebenso soll „jedesmal das Fleisch von zweien dazu verordneten Gildemännern in Augenschein genommen, nach Befinden des Werths und der wohlfeilen und theuern Zeit auf einen billigen Preis gesetzet und geschätzet werden, davon denselbigen ein halb Viertel Bier für ihre Mühe von jedem Rind zugelegt. Sollte aber hierin einiger Betrug — befunden werden, soll der Verbrecher des Amts ent- setzet (aus der Gilde gestossen) und das untauglich Fleisch den Armen verfallen sein.“ Das sind unzweifelhaft eben die Rechte einer alten Gilde, wie sie 1315 Simon I der altstädtischen Gilde zu Lemgo zu Gunsten seines Stadtraths streitig machte. In Menden hatte die Stadtverfassung die Gilde eben. nicht wie dort allmälig ihrer früheren Bedeutung beraubt, weil die Neubil- dung der Ämter nicht ausserhalb, sondern innerhalb derselben er- folgte, ja der Höckereibetrieb z. B. Gesamnmtrecht aller Gilde- männer blieb. Es ist mit Einem Worte ein Process, wie der zu Stendal beobachtete!), wo sich innerhalb der Kaufgilde doch wieder „siva- ren* und „koplude“* zu besondern Untergilden zusammenthaten. Gesteht man aber dieser Auffassung ihre Berechtigung zu, so ist es für das ganze Verständniss dieser Dinge von grossem Inter- esse, zu beobachten, wie sich an diesem kleinen Platze die innern Verhältnisse zwischen der Gilde als dem Ganzen und den Ämtern als den Theilen nun weiter gestalteten. Von den Statuten der Ämter liegen mir nur die der „Wöllner“ d. h. der Tuchmacher und der Schneider vor, erstere gleichzeitig mit denen der Gilde renovirt, letztere schon 1617 „durch des Raths secretarium verzeichnet, sintemal das alte Gildebuch ver- werfet, an der Schrift maculiret und sonsten von uns (dem Ma- gistrat) nicht approbiret noch bestätiget worden“. Die letzte No- tiz ist deshalb von Werth, weil sich daraus ergiebt, dass die Sta- tuten der Gilde und ihrer Ämter und unzweifelhaft also auch die Genossenschaften selbst früher unabhängig neben dem Rath stan- den, der dagegen, wie oben erwähnt, schon im 16. Jahrhundert den Schustern ihre Gerechtigkeit „lieh“. !) Götze Stendal p. 104. 380 Gesammtsitzung Gildestatut und Ämterstatute zeigen uns nun die Gilde nicht allein als die Gesammtheit, sondern auch als die über den Ämtern stehende Behörde. Ersteres verfügt $ 24: Wann einer von der Kramergilde mit ausländischen, Spanischen, Englischen, Holländi- schen und andern feinen couleurten Laken (den Artikeln der Wand- schneider), wie auch mit Kirsey, Pletz (?), Sarge und andern dünne Waaren (die eigentlichen Krämerartikel) zu handeln Lust hat, soll demselben forgestehn und von dem Wollenamt dieserhalb kein Ein- sprach geschehn. Andere gemeine und ohngefärbte Laken und Büstel (?), so die Wöllner allhier selbst machen können, sollen den Kramern allhir verboten sein damit zu handeln“, nur wenn sie. nicht gemacht werden, „soll es den Kramern damit zu handeln freistehn“. Die Gilde war es, die ebenso, wie schon gezeigt, die ganze Marktpolizei in Händen hatte, aber der „Pflichtag“ dersel- ben, der „Maitag“ mit der Vereinigung aller Amtsmeister bildete auch die obere und letzte Instanz für alle nicht entschiedenen und verglichenen Sachen der einzelnen Ämter. Ebendeshalb, bestimmt das Gildestatut, müssen alle „unter den Gildebrüdern in ihren Amt- sachen vorgefallenen“ Streit und Unwillen im Amt zur definitiven Verhandlung gekommen sein, um, wenn sie dort nicht „verglichen und abgethan“, den am Pflichttag versammelten Amtsmeistern zur Entscheidung vorgelegt zu werden. Wer sich hier nicht „wolle weisen und unterrichten lassen, soll von dem Pflichttage abgewiesen und für keinen Gildebruder zugelassen oder gehalten werden, bis er sich verglichen und Abtrag gemacht“. Alle anderen ausserordentlichen Zusammenkünfte berufen die Gildemeister, wobei alle Gildebrüder zu erscheinen gehalten sind und der jüngste als Diener fungirt. Den verstorbenen Amts- meistern giebt die gesammte Gilde das Grabgeleit, die vier jüng- sten Meister seines Amts tragen ihn. Interressanter als diese ja so häufig wiederkehrenden Bestimmungen sind die über die Ge- werbepolizei der drei Ämter. | Das Gildestatut verlangt, dass jeder der Mitglied werden will „eins von den dreien Ämtern gelernt und seine Zeit gebührlich ausgestanden haben“ soll, aber andrer Seits „nicht vermeinen soll, dass er alle drei Ämter zu gebrauchen berechtigt, sondern nur eins, a ae ee Sea welches er gelernt zu gebrauchen — vorbehaltlich eben, dass schlachten und Höckerwaar feil zu halten, soll allen dreien Ämtern ohn Unterschied freistehen und gemein sein“. vom 22. April 1880. 381 Es liest auf der Hand, dass durch diese Satzung die Gilde, wenn sie sie durch ihre eigne Willkür aufstellte, alle übrigen Ge- werbe ausschloss, wie die von Stendal und Magdeburg alle Hand- werker, und indem die drei Ämter auf gegenseitige Concurrenz verzichteten, gleichzeitig die Bildung eines Höker- und Schlächter- amts für immer verhindert, ihr Betrieb dagegen den Gildebrüdern vorbehalten ward. Dem entspricht es, dass die Gilde ihren Gildemeistern, wie oben erwähnt, die allgemeine Marktpolizei vorbehielt, aber die der einzelnen Branchen in die Hände der Ämter legte. Das Statut der Schneider verordnet, dass ein Kleid, das von einem Genossen „verdorben und nach rechter Maass nicht gefertiget oder gemacht“, sämmtlichen Gildebrüdern, um „den Augenschein einzunehmen“, vorgelegt werden soll, um nach ihrem Beschluss eine „verdienliche Strafe“ festzusetzen und den „Kläger klagslos zu stellen“. Können hier natürlich nur die Mitglieder des Schneideramts gemeint sein, so werden auch sie nur in der folgenden Bestimmung zu verstehen sein, nach welcher dem unbefugten ungewissen Arbeiter zuerst von dem Gildemeister die fernere Arbeit zu untersagen ist. Giebt der Schuldige diesem Verbot nicht Folge, so sollen „die sambtlichen Gildebruder — sich bei einander thun und sich desselben bemäch- tigen und folgends — in Strafe nehmen. Im Wüllneramt liegt ausser der Beaufsichtigung und Verwal- tung der dem Amt gehörigen Walkmühle dem Gildemeister vor Allem ob, „auf der Wolle Gewicht und rechte Breite der Tücher gute Aufsicht zu haben und deswegen etliche mahl im Jahr neben dem Gildeknechte umzugehen; da also Unrecht befunden, soll nach Gebühr bestraft werden“. Wie fest aber die Gilde den Grundsatz hielt, die Controlle über die betreffenden Artikel dem einzelnen Amt zu überlassen, zeigt sich hier besonders deutlich. Das allgemeine Statut sprach, wie oben erwähnt, den Tuchhandel zum Theil den Krämern, zum Theil den Wüllnern zu. Dem entsprechend kam beiden Ämtern „der Hanse Recht“ über fremde Tuchhändler zu, ein Verhältniss, das durch den 13. und 14. Artikel des Kramerstatuts 1667 gestört erschien, da dieselben nur den Krämern die Hanse „über neue ankommende Wand- und andere Kramer“ zusprachen. Die Aus- einandersetzung, mit der die Statuten des Wüllneramts schliessen, erfolgte nicht durch die Gilde, sondern durch einen Vergleich 382 Gesammtsitzung beider Ämter. Er setzte fest, dass „der Wollner Zunft in der Vi- sitation und Hänse so viel die Kramer mit ihnen auf dem Rath- hause, so viel die Wülner mit den Kramern auf dem Markt haben und behalten, und dass ein Amt so viel als das andere — berech- tigt sein und bleiben sollen, mit diesem Zusatz, dass die Wülner Gildemeister auf dem Rathhause und der Kramer Gildemeister auf 4 dem Markte die Visitation prineipaliter zu verrichten haben“. Die vorstehenden Thatsachen werden genügen, um die eigen- thümlichen Züge dieser Verfassung klar zu legen, wie sie selbst in den renovirten Statuten des 17. und 18. Jahrhunderts unter dem - steigenden Einfluss fürstlicher und städtischer Gewalten sich noch erhalten haben. In einer alten Kaufgilde, die es nie zum Grosshandel ge- bracht, haben sich drei Gewerbe, indem sie sich selbständig ab- schlossen, im Besitz der Marktpolizei trotz und neben einer städ- tischen Rathsverfassung erhalten, ja die Hand auf zwei so wichti- sen Branchen des kleinstädtischen Verkehrs gehalten, wie es Hö- kerei und Schlächterei unzweifelhaft sind. Es ist undenkbar, dass eine solche Organisation erst nach der Aufrichtung der Stadt- und Rathsverfassung erfolgte. Dann aber müssen wir jedenfalls die Existenz der ursprünglichen Gilde, vor ihrer Gliederung in Ämter, spätestens in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts setzen, da Menden schon 1270 als „städtisches Gemeinwesen“ erscheint. Und so würde die älteste Periode auch dieser Gilde in die Zeit hinauf- rücken, wo die Gesammtgilden von Stendal, Magdeburg, Dordrecht, Cöln und St. Omer bestanden. Il. Die bisherigen Beobachtungen ergaben, dass die Kaufgilde als die ältere und einfachere Form merkantiler Genossenschaft zunächst alle an den Verkehr eines Platzes Betheiligten zu vereinigen suchte oder wirklich vereinigte. In dieser Fassung konnte sie es_als ihre Aufgabe betrachten, für die Sicherheit und die innere Polizei des Markts für sich einzutreten. Die fragmentarischen Notizen, die uns bisher meist nur zu Gebote standen, lassen doch diese Seite ihrer Thätigkeit fast mehr hervortreten als die der gegenseitigen Unterstützung, so gewiss auch diese an vielen Orten gerade die wichtigste gewesen sein muss, j i ; i | a FT vom 22. April 1880, 383 Aber eben jene Aufgabe wurde umfangreicher und schwieriger, als der Verkehr stieg und die Entwicklung sowohl des Handels als des Gewerbes an die Genossenschaft und ihre Aufsichtsbehör- den bisher ungewohnte Forderungen stellte. Schon die zusammen- gestellten Thatsachen zeigen, dass die dadurch veranlasste Bewe- gung sowohl vom Grosshandel ausgehen konnte, der sich dem Handwerker gegenüber für sich abzuschliessen suchte, wie von dem Detailhändler und Gewerbtreibenden, der die Controlle des eignen Betriebs weder mit dem eigentlichen Kaufmann noch mit dem Ge- nossen eines andern Handwerks theilen wollte. Am einfachsten und zweckentsprechendsten gestaltete sich das Verhältniss, wenn die Gesammtgilde, wie wir zu Menden fanden, die allgemeine Verkehrspolizei behielt und den Ämtern da- gegen die Oontrolle ihres eignen speciellen Betriebs überliess, so dass die Gesammtheit hierfür nur die Stelle einer höchsten In- stanz über den Ämtern behauptete. Aber wo immer der Gross- handel wirklich sich dem Gewerbe gegenüber erst ausbildete oder aber in seiner bisherigen dominirenden Stellung den Ansprüchen des Handwerks nicht mehr gerecht werden konnte, musste das Gleichgewicht der bisherigen Verfassung nur zu leicht verloren gehen. Von da an war eine Menge von Möglichkeiten gegeben. Der Kaufmann oder der Handwerker konnte vollständig aus der Gilde ausscheiden. Jener sowol wie dieser konnte aber auch sich das Recht der Betheiligung an der alten Genossenschaft be- wahren und doch neben ihr für sich besondere Vereine gründen. Die ganze alte Genossenschaft konnte aber auch entweder von in- nen sich auflösen, indem alle ihre Bestandtheile sich zu neuen Bildungen zusammenschlossen, oder sie konnte dadurch ihre Be- deutung einbüssen, dass die neben ihr sich bildenden Ämter und Innungen den Anforderungen der neuen Zeit immer vollständiger entsprachen, hinter welchen sie selbst mehr und mehr zurückblieb. Wir gehen hier noch nicht auf die Frage ein, ob und wo sehon vor der Entstehung einer Stadt- und Rathsverfassung Gilden bestehen konnten, das aber liegt auf der Hand, dass die Aufrich- tung oder Ausbildung eines städtischen Gemeinwesens, wie sie seit dem 12. Jahrhundert so zahlreich entstanden, für diese Ver- hältnisse von der grössten Bedeutung sein musste. Wo Gilde und Rath nebeneinander in die grosse Bewegung seit der Mitte des 12. Jahrhunderts eintraten, da haben sie sich 384 Gesammtsitzung wohl nur selten so lange nebeneinander als zwei gleichberechtigte Gewalten behauptet wie zu Menden, wenn nicht wie z. B. in Sten- dal der Rath gleichsam das verfassungsmässige Organ der Gilde wurde, oder die Gemeinde überhaupt wie zu Salzdetfurt auch ihrem äusseren Umfang nach hinter der Gilde zurückblieb. Eben weil das Verhältniss beider Factoren meistens sehr bald und an den verschiedenen Plätzen in sehr verschiedener Weise sich änderte, ist es so schwer, die ursprünglichen Formen und die ersten Stadien der allmäligen Umbildung zu erkennen. Es sind zwei kleinere Gemeinwesen, die für diese Seite der Gildegeschichte besonders lehrreiches Material bieten, Höxter und Göttingen. Die Gildebriefe der ersteren Gemeinde aus den Jahren 1276 und 12801) zeigen, dass hier der Rath unmittelbar die Organisation einer Reihe von Gewerken in die Hand genommen hatte, so dass er sich selbst zum Theil die Bestrafung der widersetzlichen Gilde- brüder und einen bedeutenden Antheil an den Straf- und Eintritts- geldern vorbehiel. Während in Menden das Amt der Schneider als Glied der grossen Gilde bis 1617 seine Statuten ohne Bestäti- gung des Raths führte und auch nachher noch ohne dessen Ein- greifen gegen aussergildische Arbeiter vorging, verpflichtet der Rath hier die Kürschner schon im 13. Jahrhundert in solchen Fällen ihm die Entscheidung zu überlassen. Es kann kein Zweifel sein, dass, wie auch Wigand annimmt, die Gilde der Kaufleute, deren Verhältnisse der Magistrat erst 1327 regelte?), schon länger und vor jenen andern bestand. Sie zerfiel damals in die „grosse* und „kleine“ Gilde, je nach dem Umfang der Kaufmannschaft, die gegen ein grösseres oder gerin- geres Eintrittsgeld den Mitgliedern gestattet war: die kleinere gab das Recht, „ut quod liceat sibi emere lineum pannum et ei- neres in foro“*, die grössere also nicht allein das Privileg des Wand- schnitts, das ausdrücklich erwähnt wird, sondern den &anzen übrigen Engrosverkehr und das Recht dafür aufzukaufen. In Be- treff des Tuch- und Leinenhandels ward ihr Verhältniss zu den Wollenwebern 1333, zu den Leinewebern 1552 ebenfalls durch den Rath geregelt. 1!) Wigand Denkwürdige Beitr. p. 135 ff. 2Viebd. P- Lore en E 5 E Ei N. vom 22. April 1880. 385 Wenn nun der Rath 1280 erklärt, er ertheile den Kürschnern „ghildam sive facultatem eo jure vendicionis et emptionis, quo an- tiquitus habuerunt in hune modum, ut unusquisque eorum qui suum proprium opus operatur ad presens dare debet ete.*1), so erscheint die „ghilda jure vendicionis et emptionis“ doch zunächst nur die frühere Betheiligung an der Kaufgilde bezeichnen zu können. Aus den Pelzhändlern sonderten sich die aus, die ihre Waare selbst bearbeiteten, nur so erklärt sich die Bestimmung, „si quis eciam de numero pellificum opus suum seu hanc gyldam resignasset aut in posterum resignaret volens statuta ... observare ad presens et hie forte iterato vellet habere ghildam sepedictam etc.“ Ich ver- zichte auf die Ergänzung der Lücke, das ganze hier ins Auge ge- fasste Verhältniss erklärt sich doch am einfachsten, wenn man be- achtet, dass der Pelzhandel einer der wichtigsten Artikel der Kaufmannschaft war, und dass der Kürschner eben so leicht sich aus dem Pelzhändler, wie der Schneider aus dem Tuchhändler?) entwickeln, aber auch eben so leicht wieder Kaufmann werden konnte. In Göttingen leisteten sie der Kaufgilde einen besondern Eid®), gehörten also sicher ursprünglich zu ihren Mitgliedern. Schon die eben angeführte Bestimmung zeigt, mit welcher Rück- sicht der Rath in diesem Gildebrief vorgeht — im Gegensatz zu allen anderen ist hier von den dominis pellificibus die Rede —, und wie viel ihm unzweifelhaft darauf ankam, diese Gilde zu Stande zu bringen. Dasselbe gilt auch von dem Gildebrief der Schmiede, wo nicht allein das Eintrittsgeld der Kleinschmiede weit niedriger ge- setzt ist als das des faber grossus, nur auf 3 solidi, sondern sogar zugelassen wird, dass die Gilde, „si quis forte pro nimia pauper- tate geldam ipsorum eis servire non sufficeret, hie dabit II sol. gra- ves, ad quos ipsi fabri suos denarios adjicient, ut cum his denarlis alium hospitem possint acquirere, qui eis serviat suam geldam“. In diesen Anordnungen tritt vollkommen deutlich hervor, dass der Rath in diesen Gildebriefen nicht sowol selbständig empor- drängende Gewerbe einfach anerkannte, sondern vielmehr seiner Seits die Bildung der neuen Genossenschaften möglichst zu be- ce} 2) s. oben p. 377 £. 3) Sitzungsber. a. O. p. 43 £. 386 G@esammtsitzung ' schleunigen und zu ermöglichen suchte. Unter diesem Gesichts- punct wird. es auch zu erklären sein, dass hier Vereinen, die eigentlich nur Innungen oder Bruderschaften waren, der Name Gilde von vorn herein und so auffallend früh zugestanden wird. Diesem Factum gegenüber steht das andere, dass die Kauf- leute sich nicht in kopgilde und Krämer, sondern eben einfach in gilda major und minor scheiden: eine Bezeichnung, die in dieser Einfachheit hier sich nur erklärt, wenn sie schon vor der Errich- tung andrer Gilden sich festgesetzt hatte. | Dagegen mag die Gilde der sutores, cerdones, cellatores, calo- pidatores, die 1543 ex antigua consuetudine die Bestrafung gewis- ser excessus allein für sich beanspruchte, auch nach jenen vom Rath gestifteten Gilden aus freier, eigner Entschliessung oder doch unter Verhältnissen entstanden sein, die den Rath veranlassten, ihr eine grössere Selbständigkeit zuzugestehen. In jenem Jahre benutzte er offenbar den Umstand, dass die Gilde sich ausser Stande sah, diese Selbständigkeit länger aufrecht zu erhalten, zu einer Vereinbarung, die ihm auch an den Strafen für jene excessus, musste er eingreifen, einen Antheil zugestand, wie er sich ihn in jenen frühern Gildebriefen ausbedungen hatte. Wir sehen also, dass der Rath von Höxter absichtlich durch die Stiftung neuer Zünfte, unter dem Namen von Gilden, seinen Einfluss auf und seine Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb zu heben suchte, wie etwa der Rath zu Lemgo, allerdings von der Herr- schaft unterstützt, dies wenig später der Gilde gegenüber that, während die Gilde zu Menden noch Jahrhunderte später einer sol- chen Machtentwicklung im Wege stand. Wie weit die alte Höx- terer Kaufmannsgilde unmittelbar durch diese Rathspolitik in ihrer Stellung beeinflusst wurde, dies zu beurtheilen, fehlt uns fast jedes weitere Material. Die Rathsurkunde von 1327, gegeben „ob hono- rem et reverenciam b. Johannis ap. et ev.“, zeigt uns, dass dieselbe sich diesen Patron gegeben und also auch als Fraternität -organi- sirt hatte, dass sie, wie schon erwähnt, gegen ein verschiedenes Eintrittsgeld entweder die „grosse Gilde“, d.h. das volle Kauf- mannsrecht, oder ein nur auf bestimmte Artikel beschränktes. die Ss. 8. „kleine Gilde“ verlieh. Von diesem Eintrittsgeld erhielt der Rath hier nicht wie bei den Schmieden zwei Drittel, sondern bei der kleinen Gilde wie bei den Schneidern und Kürschnern die Hälfte, bei der grossen sogar nur ein. Drittel. 1 } rn “ M ö s } 5 > " vom 22. April 1880. se Von einem Ausschluss der Handwerker ist nicht die Rede, aber der freie Eintritt in die grosse Gilde ist nur denjenigen Er- ben früherer Mitglieder gestattet, deren Vater wirklich den Wand- schnitt betrieben hat, wofür der Nachweis nur durch das Zeugniss zweier „viri probi et idonei, in ipsa gilda existentes“ erbracht werden kann. Das Bemühen der Wandschneider, sich innerhalb der grossen Gilde erblich abzuschliessen, liegt hier jedenfalls zu Tage, und da, soweit wir sehen, der Rath damals zum ersten Mal unmittelbar in diese Verhältnisse eingriff, so war möglicher Weise der allerdings auffallend geringe Antheil an den Eintrittsgeldern der Preis, für den man vom Rath die Bestätigung jener auffallen- den Beschränkung des Gildeerbrechts erkaufte. Weder in Menden noch in Lemgo und Stendal fand bei dem Eintritt in die Gilde eine Zahlung an den Rath statt. Nur das ist zunächst noch hervorzuheben, dass nach dem Dort- munder Statut, wie es der Stadt Höxter in der bekannten Redac- _ tion von dort zu eignem Gebrauch übermacht wurde, alle Maasse „in potestate consilii* sind!), dass also jedenfalls auch nach dieser Seite hin die Stellung der Gilde dem Rath gegenüber von je oder jedenfalls seit längrer Zeit eine vollständig abhängige war. Schon eine oberflächliche Betrachtung der Verhältnisse in Göttingen zeigt, wie wesentlich verschieden sich dort die Stellung der Gilde und vor Allem der Kaufgilde zum Rath gestaltet hatte. Nirgends ist der Unterschied zwischen Gilden und Innungen so lange und so sicher festgehalten worden wie hier. Nirgends ist auch die Verbindung zwischen Rath und Kaufgilde so fest nor- mirt: wie alle rathsfähigen Geschlechter Mitglieder der Gilde sind, so wird nicht allein einer der Bürgermeister. stets aus ihren Mit- gliedern genommen, sondern dieser auch als der vornehmere be- zeichnet?). Die Beschlüsse in Gildesachen erfolgen gemeinsam durch Rath und Gilde?) oder auch allein durch die „gildemester met orem rade unde bisittern“*). Die Gilde ertheilt sowol die kopgilde wie die hense und da, „wer der nicht enthefft, nicht wegen enmach?°)*, 1) Wigand Gesch. der Reichsabtei Corvey I,2 p. 216 $ 20. 2) Schmidt in Hans. Geschichtsbl. 1878 p. 22. 2) Sitzungsber. a. O. p. 31 ff. s. a. 1384. 1401. 1431. 4) ebd. s. a. 1386. 1406. 71: ©. p. 43. 388 | Gesammtsitzung so liegt in ihrer Hand die Zulassung nicht allein zum Gross-, son- dern zu einem grossen Theil des Kleinhandels. Letzteres um so mehr, als nicht die Kaufgilde, wol aber die Hanse z. B. „der wantsnyder knechte edder andere“ befähigt, Parchen zu schneiden), Dass wir es daher hier in der Gilde mit einem alten Verkehrs- institut für den ganzen Platz, grade wie zu Menden, zu thun ha- ben, kann nicht zweifelhaft sein, nur dass sie nicht im Gegensatz zum, sondern in engster Verbindung mit dem Rathe steht, wie zu Stendal, und dass sie dabei keineswegs das Handwerk so voll- ständig ausgeschlossen hat, wie es dort 1231 geschehen war. Grade diese letzteren Verhältnisse sind von besonderem Interesse. Zum Verständniss derselben ist es nothwendig, zunächst na- mentlich die verschiedene Bedeutung des Begriffs „gilde* zu fixiren, wie sie uns im Gildebuch und dem Ordinarius des Raths entgegen- tritt. Es bezeichnet zunächst die Genossenschaft selbst und das Recht der Mitgliedschaft. Dieses Recht aber umfasst erstens das 4 ausschliessliche Recht der Betheiligung am Grosshandel und am Kramhandel, an letzterem nur in seiner grössten Ausdehnung, nicht in der engeren Fassung. Dies ist die eigentlich s. g. kopgilde?), auf die ich auch den Ausdruck beziehe „der gilde mit buden, ko- pen unde vorkopen gebruken“?). Daneben aber umfasst das Theilnehmerrecht auch den Mitgenuss der „provende“ oder Rente, zu Lemgo „prove* genannt, die sehr häufig allein unter „gilde* verstanden wird, wie in den ausserordentlich zahlreichen und aus- führlichen Bestimmungen über ihre Erwerbung und Vererbung®). Den vollen Genuss der Mitgliedschaft bezeichnet man allerdings mit dem Ausdruck „der gilde unde der provende bruken“5), aber dass der erste Terminus eben beides bezeichnen kann, das beweist vor Allem, dass jedenfalls auch die für Mitglieder galten, die nur an der Rente Theil hatten. Diese beiden so zu sagen verschiedenen Grade der Mitgliedschaft bedingten die innere Organisation der Gilde in höchst eigenthümlicher Weise. Unzweifelhaft macht sich 1) ebd. p. 35. *) ebd. 3) p. 31 s. a. 1471. 2) ebd. p.29£ =) ebd. p. 30 Ahs. 2. vom 22. April 1880. 389 für sie auch der Gegensatz zwischen Kaufmann, Krämer und Hand- werker geltend, aber keineswegs so, dass das Handwerk von jedem, ja nicht einmal so, dass alle Handwerke von einem beider Rechte ausgeschlossen und also nur zum Rentengenuss, zur provende zu- gelassen wären. Es ist zweckmässig, bei der Betrachtung dieser Verhältnisse von der Bemerkung auszugehen, die sich in einer Verhandlung vor dem Rath im Jahre 1413 findet, dass der Göttinger Markt aus Städten besucht werde, wo Wollenweber und Schneider „kopgilde hedden u. wand darvon sneden u. ok altohand de vorschreven hantwerk oveden“!). In Göttingen war das eben nicht der Fall: der vielleicht wichtigste Grundsatz war hier, dass nur Kaufleute und Krämer „kopgilde* gewinnen konnten, so dass auf Grund derselben jene Wandschnitt und Grosshandel, diese Kramhandel in den bestimmten Artikeln trieben, welche mit diesen Umsatzweisen verbunden waren. Nur in diesem Sinne heisst es: „welk hantwerke wert med eyner gilde beerft eder winnet eyne gilde, wil he der g. bruken, so scal he alle hantwerk laten“?). Aber selbst dieser Satz, der dem Handwerker nur eben Kaufmannschaft und Krämerei verbietet, galt nicht unbedingt. Der Betrieb der letzteren auf Grund der kopgilde war allerdings ausdrücklich den Handwerkern untersagt, jedoch „uthgenomen tymmerwerk, goldschmedewerk u. apotekeri*®). ’ Das Recht der kopgilde vereinte also hier noch 1431, wo wir diese Bestimmungen finden, den Kaufmann, Krämer, Zimmerer und Goldschmied, ohne dass diese verschiedenen Bestandtheile durch etwas anderes geschieden waren als die genau beachtete Begren- zung des Gross- und Kleinhandels. Eigene sonstige Unterabthei- lungen innerhalb dieser Masse, wie die Ämter zu Osnabrück und Menden, die Gilden zu Stendal, gab es nicht. Es begreift sich daher, dass es an Versuchen zu solchen Organisationen auch hier nicht fehlte, und dass schon 1449 der Raih sich veranlasst fand, über den Antrag der Kramer, den Goldschmieden ihr Geschäft zu verbieten, die Ansicht der Braunschweiger und Hildesheimer ein- zuholen. Es ist sehr bezeichnend, dass beide Räthe dahin ent- IV: p. 33. 2) ebd. p. 29. 3) ebd. p. 35 s. a. 1431. 390 Gesammisitzung schieden, „nademe de kramere neyne inninge edder gilde enhebben, so mochte eyn jowelik borger sodane gud alse to der cramerie horde wol kopen u. vorkopen na unser stad rechte u. wonbeit“?). Man sieht, dass in diesen Städten der Begriff und das Institut der kopgilde entweder, wie sicher zu Hildesheim, nie existirte oder jedenfalls vollständig verschwunden war. Die besondere Form aber, in der es zu Göttingen bestand, scheint mir am einfachten nur durch die Annahme zu erklären, dass auch hier eine alte Gesammtgilde durch das steigende Über- gewicht der kaufmännischen Interessen eine innerliche Metamorphose erlitt, in der sich Kaufmann und Kramer nur nach dieser einen Seite, aber auch hier nicht vollständig, gegen das Handwerk ab- schlossen, während sie andrer Seits die Betheiligung an den finan- ciellen Vortheilen der Gilde auch den Handwerkern offen liessen. Denn dies allerdings kann, obgleich es neuerdings in Abrede ge- stellt?), nicht zweifelhaft sein. Es liegt schon ausgesprochen in der Äusserung der Gildemeister: „ welk der eyn ander hantwerk ovede, de en mochte hir neyn wandsniden, dewile he dat ander hantwerk ovede efft he wol eyn kopgilde hedde“?). Der Besitz der Gilde, nur nicht der Wandschnitt, war neben der Ausübung eines Handwerks möglich, wie ja auch das Statut von 1368 von dem Handwerker, der „eyne gilde winnet“, nur die Aufgabe seines Betriebs fordert, wenn er „der gilde bruken“, d.h. sie kaufmännisch verwerthen will®). | Eine oberflächliche Betrachtung könnte ja allerdings die andere Vermuthung zunächst nahe legen, dass die kaufmännische Gilde etwa erst allmälig andern Einwohnern, ja auch Handwerkern, den Mitgenuss ihrer provenden zugänglich gemacht hätte. Aber wie erklärt sich dann die andere Thatsache, dass eben Zimmerer und Goldschmiede den Zutritt zur Kaufgilde haben? Die weitere, dass die Gilde die Meister für die „korsenwerchten“ jährlich ernennt und ihnen den Eid gegen Stadt und Gilde abnimmt?) Und auch die, dass die Gildemeister beim Rath nicht allein eine Verfügung 1)". ©. p. 30 =. a. 1449. 2) Schmidt a. O. 3) Sitzungsber. a. O. p. 33 s. a. 1413. 4) ebd. p. 29. 5) ebd. p. 43 unten. vom 22. April 1880. 391 für die Honigkuchenbäcker beantragen, sondern sie diesen dann zur Nachachtung mittheilen?!) Und wenn gerade in diesem Falle _ dieses Vorgehen dadurch weiter motivirt wird, dass „de honnich- 'kokenbeckere, de honnig sellen willen, schullen de hense hebben“, _ wenn der Rath mit Bezug hierauf verfügt, „dat de honnichkoken- beckere, de honnich utwegen willen, schullen de hense hebben, un- de wan se de hebben, mogen se wegen lik den hokeren, u. wan de kokenbekere dat anders helden, dat schullen de gildemestere ver- digen na oren gnaden“?), wie erklärt sich diese Verfügung der Gildemeister über die Hanse und die dadurch ermöglichte Controlle des Detailhandels der Gewerke, wenn wir nicht annehmen, dass _ die Gilde von Anfang an den ganzen Verkehr des Platzes um- fasste, auch den der Handwerke? Die Veränderung erfolgte nicht _ wie in Stendal durch Ausschluss des Handwerkers auch vom Ge- nuss der Präbenden, nicht wie in Menden und Osnabrück dadurch, _ dass einige Handwerke und die Krämer sich innerhalb der Gilde zu den einzig berechtigten Ämtern abschlossen, sondern es muss hier allmälig das Handwerk den rein kaufmännischen Verkehr R Kaufmann und Krämer überlassen haben. Bei. dieser Bewegung, _ die nicht bei allen Handwerken gleichmässig erfolgte, blieben eben _ einige ganz oder zum Theil in dem alten Zusammenhang mit den _ eigentlich Handeltreibenden, unter der grösseren oder geringeren Controlle der Gilde und des aus ihr gebildeten Raths. Ganz be- sonders beweisend für die Richtigkeit dieser Auffassung scheint _ mir der Umstand, dass, wie zu Menden Hökerei und Schlächterei ı “allen Gildebrüdern gemeinsam blieb, so hier allen „hensebrodern, de mit uns wonen“, der Detailverkehr in „wasz, vyghen, mandeln, ıys, krude“. Diese auffallenden Bestimmungen sind, wie ich schon dort hervorhob, nur zu erklären als Reste eines bestimmt um- _ gränzten Platzverkehrs, der früher allen Genossen durchaus gleich- mässig gestattet war, bis die Anerkennung engerer Vereine inner- halb der Gesammtverbindung und ihres speciell begränzten Verkehrs- 5 rechts jene Gemeinsamkeit brach und sie schliesslich ganz aufhob oder eben auf ein solches Minimum beschränkte. Wie dieser Scheidungsprocess sich vollzog, darüber können wir hier wie zu Menden nur unsichere Rückschlüsse aus den spä- 1) ebd. p. 36 s. a. 1455. 2) ebd. p. 37. [1880] 98 392 Gesammtsitzung teren Verhältnissen machen. Es kommen vor Allem folgende That- sachen in Betracht. Obgleich der Urkundenbestand der Stadt, soweit wir sehen, i fast vollständig erhalten ist!), ist sowol, wie auch sonst überall, t für die Kaufgilde als auch für die Handwerksgilden kein Stiftungs- | brief vorhanden. Neben und allerdings etwas unter der Kaufgilde stehen diese im 13. Jahrhundert allen übrigen Handwerken, später ihren Innungen als Vereine höherer Ordnung gegenüber. Von ihrem ersten Auftreten seit der Mitte des 13. Jahrhunderts bis zum Ende des 15. sind es nur diese Handwerksgenossenschaften, die in Krieg und Frieden neben der Kaufgilde unter ihren eignen Gilde- meistern selbständig dastehen, während die übrigen Gewerke ent- weder, wie Zimmerer und Goldschmiede, ungeschlossen, noch in # der Kaufeilde gleichsam stehen geblieben, oder, wie die Kürschner, von ihr, oder, wie Fleischhauer, Schmiede und Schneider, ganz vom Rath abhängig sind. | Verhandelt der Rath mit Schustern und Badern schon in früh- ster Zeit als mit selbständigen Corporationen?), so zeigen noch die Innungsbriefe der Schneider von 1489, der Schmiede von 1517, wie gedrückt und abhängig die Stellung derselben bis dahin ge- wesen war?®). Erwägt man, dass also diese Göttinger Handwerkergenossenschaf- ten schon als Gilden existirten, da zu Magdeburg, Stendal, Lemgo, Menden, Osnabrück der Name noch die volle alte Bedeutung hatte, wahrscheinlich lange vorher, bevor der Höxterer Rath seine Hand- werksgilden einrichtete, so wird die Vermuthung gestattet sein, dass sie ursprünglich als Unterabtheilungen der Gesammtgilde sich so sonderten und so nannten, wie wir es bei den Untergilden zu Stendal beobachteten‘). Die Kramer und -eine Anzahl von Hand- werken schieden sich nicht so und blieben auch in und bei der alten Gilde zurück, als Schuster, Bader, Wollenweber und Lein- weber nun vollständig austraten und nur das Recht zu den pro- venden sich bewahrten. Dass eben sie noch 1448 Innungen und 1) Schmidt 2.0. p. 3. 2) Schmidt Urkdb. d. St. Gött. I pp. 4. 63. 149. 166. 3) Sitzungsber. a. O. p. 39 ff. 1) Götze a. ©. p. 103 f. Er EEE EEE vom 22. April 1880. 393 Gemeinheit gegenüber sich kopgilden nannten!), ist in diesem Zu- | sammenhang doch zu erwähnen, wenn auch nicht zu urgiren. | Diese frühe und eigenthümliche Auseinandersetzung zwischen dem Kaufmann und den damals jedenfalls schon wichtigsten Ge- werken, die dadurch ermöglichte Stellung von Rath und Kaufgilde erklärt am einfachsten die merkwürdige Consistenz dieser Stadt- verfassung das ganze Mittelalter hindurch. Scheint es z. B. in _ Stendal, als habe Gilde und Rath „die corporative Gliederung der Gewerke so lange als möglich hingehalten“, und sind hier mit Aus- nahme eines „alle Innungsstatute erst nach der Zeit gegeben, wo die Handwerker sich 1298 zum ersten Male gegen die Gilde auf- gelehnt hatten“?), so erfolgte auch schon 1345 der Sturz der alten aristokratischen Verfassung durch einen Handwerkeraufstand, wie er im Mittelalter kaum einer deutschen Stadt, wohl aber Göttingen erspart blieb). II. Die Untersuchung hat bisher zur Lösung ihrer Aufgabe nicht die wichtigsten und bedeutendsten, sondern die sozusagen besterhalt- nen Exemplare alter Gildeverfassungen ins Auge gefasst. Soweit ich sehe, war es möglich, an ihnen doch im Allge- meinen jene eine durchstehende älteste Form trotz späterer Ab- wandlungen nachzuweisen; aber diese Abwandlungen eben sind doch jedenfalls höchst verschieden und unberechenbar. Hoffen wir auf weiteres Material. Aber wie selten wol hat sich eine Gilde, nur mit einer Gemeinde als Auswuchs, so intact gehalten, wie zu Salzdetfurt, oder ist sie von der Stadtverfassung umwachsen und gleichsam erdrückt, so in sich vertrocknet wie zu Lemgo! Wo immer ein wirklicher Gegensatz gleich lebendiger Organe sich findet, wo sowol die Gilde als der Rath Entwicklungsfähig- keit behalten, da beginnt die fast unberechenbare Mannigfaltigkeit der Metamorphosen. Ich will hier das bisher Erörterte nicht wiederholen, nur Eins !) Schmidt Urkdb. II p. 209. NGätze a.0..p: 319. ®) Schmidt Hans, Geschichtsbl. 1878 2 20.£ 28 394 Gesammtsitzung ist ausdrücklich zu beachten, unsrer früheren Auffassung der Ge- sammtgilde gegenüber. Gewiss war sie eine der wichtigsten For- men jener alten Verkehrsgilden; aber auch die einzige? Wenn der Rath zu Höxter um 1280 schon Handwerkergilden machte, kann es da nicht schon früher neben den Kaufgilden, wie wir es zu Cöln, Stendal etc. finden, auch Handwerkergilden gegeben haben, die ganz allein auf sich beschränkt die Genossen eines bestimmten oder einiger bestimmter Gewerbe vereinigten, und die als solche sich eben so früh wie jene allgemeinen Verkehrsgenossenschaften Gilden nannten? Dies einfach leugnen, hiesse, die Lage der Unter- suchung auf diesem Gebiet, wie sie bisher eben noch ist, vollstän- dig verkennen. Es scheint jedenfalls angezeigt, sich an diese Sachlage hier zu erinnern, wo wir daran gehen, den Spuren der Gildeverfassung in dem unmittelbaren grossen Zusammenhang der Norddeutschen Handelsgeschichte in einer Stadt nachzugehen, die uns sehr früh inmitten desselben erscheint. Bekanntlich werden uns in verschiedenem Zusammenhang und verschiedenen Gruppen Thiel, Cöln, Utrecht, Bremen, Münster, Dortmund, Groningen, Staveren, Soest und Lübeck am frühesten als am Ost- und Nordseehandel betheiligte Plätze Norddeutschlands genannt!). Nur in den drei zuletzt genannten wird, soweit wir bis jetzt sahen, niemals einer Gilde Erwähnung gethan, dagegen reichen bekanntlich Spuren einer solchen in Thiel bis in den An- fang des 11.2), in Cöln bis in das 12. Jahrhundert zurück. In Bremen und Utrecht fehlen sie später nicht vollständig?), am deut- lichsten treten sie uns in Dortmund, Münster und Groningen ent- gegen. Die major gilda des älteren*), die St. Reinoldsgilde des jüngeren Dortmunder Statuts?), die merkwürdige Gilde, deren Rechtsbuch wir in dem Münsterer „rothen Buch“ besitzen®), end- !) Koppmann Hanserec. I p. XXVI u. XXX. ?2) Waitz Deut. Verfg. V p. 365 ff. ®») Lappenberg b. Sartorius a.O. p. XVIII. Junghans Forsch. IX p- 515. #4) Fahne Statutarrecht der Rchst. Dortm. p. 20. >), 300:.P.187. 8928. 6) Niesert Münst. Urk. III p. 237 ff. Die Wandschneider traten erst 1492 der Gilde bei, a. O.:p. 296 f. % 4 IR NIE Dan een Sec £: ERNST FEE x vom 22. April 1880. 395 lich das „Gilderecht“ zu Groningen!). Diese verschiednen Bil- dungen lassen keinen Zweifel darüber, dass hier die ältere Orga- nisation des Verkehrs sich wesentlich grade in dieser Form voll- zog und dieselbe auch später je nach den Bedürfnissen des Platzes festhielt. Desto beachtenswerther ist es mir aber, dass in Dortmund schon in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts die vereinigten „sechs Gilden“, dass die Münsterer Gilde bis ans Ende des 15., dass die Vereinigung der zehn Gilden in Groningen, wie sie 1436 erfolgte, nur Handwerker und Krämer umfassen. Hier fragt es sich unzweifelhaft, ob nicht von Anfang an ganz überwiegend eben diese und nicht der Grosshandel solche Genossenschaften schufen, und erst als die zweite Möglichkeit kann die in Betracht gezogen werden, dass diese Gilden früher ebenfalls den Kaufmann um- fassten, dieser aber hier ebenso austrat wie in Stendal der Hand- werker. Soweit ich sehe, wird es bis jetzt bei dem geringen urkund- lichen Material, was die beiden westfälischen Plätze für eine sol- che Untersuchung bieten, kaum möglich sein, für sie den Gang dieser Entwicklung festzustellen. Für Groningen dagegen, auf das ich schon früher aufmerksam machte, scheint ein solcher Versuch wenigstens mehr Erfolg zu versprechen. Gilde und Ämter in Groningen. Allerdings kommen in Groningen schon 1245 bis 1262 „alder- manni* an der Spitze der Stadtgemeinde vor?), aber ihre Stellung bleibt zunächst unklar, die Reihe der für die Geschichte der städ- tischen Genossenschaften wichtigen Statute beginnt erst 1362 mit dem Bruderschaftsbrief der Krämer’), in den folgenden Jahren folgen nach einander die Statuten einer Reihe von Gewerben?). Sie bezeichnen die Genossenschaften bald als Bruderschaft, bald als Amt, bald als Gilde. Gleich der erste Paragraph des Krämer- statuts spricht von „desser ghilde efte broderschop*, wie dann 1) Het Oldermannsboek v. Groningen — mitg. v. Feith; Sitzungsber. a. O. ?) Feith de gildis Groning. p. 38 ft. ?) Driissen Mon. Groning. I. p. 235, eine vollständigere Abschrift ver- danke ich Hrn. Archivar Feith. *) Feith a. O. p. 164 ff. 30 Gresammtsitzung „ghildebroders*, „ghildehuys“ und „ghildebier“ wiederholentlich er- | wähnt werden. Die Genossenschaft der Schuhmacher nennt sich 1373 „Broderschaft*!). Das Buch der Tuchscheerer dagegen spricht von der „gilde“, die der Rath ihr 1436 zugestanden, „als van der smede amt vorsecht is“?). Also auch hier nehmen Bruderschaften und Ämter wie zu ö Lemgo Bruderschaften und Ämter den Namen der „Gilde* all- mälig an. | Den Abschluss dieser Bewegung bilden zwei Urkunden vom 7. Sept. 1436, der allgemeine Gildebrief „den ghemenen ghilden“ von Bürgermeister und Rath mit der geschwornen Gemeinde ver- liehen?) und der den Brauern von derselben Behörde und „der gShemenen achte der gemenen ghilden ende wiisheit onserer stadt“ verliehen®). In diesen beiden Urkunden findet sich die Bestimmung, dass | alle diejenigen, die „op datum disses breves* „borger* sind, bis Martini „in deme wintere naestkomende*, wollen sie Brauerei oder irgend ein ander „amt“ treiben, verpflichtet sind, die betreffende Gilde zu gewinnen, aber auch berechtigt zu „bruken ende wynnen alle andere ampte, de se in horen husen handelen mit 14 bulkens, wanneer se des amtes bruken willen“; denen dagegen, die in der angegebnen Zeit nicht „borger“, sondern nur „buer“* waren, d. h. nur das kleine Bügerrecht hatten, ist dagegen nur der Eintritt in eine Gilde gestattet, der in jede andere dagegen, auch wenn sie derselben gebrauchen, d. h. das Gewerbe ausüben wollen, verboten. Es ergiebt sich daraus, dass jedenfalls bis zum 7. Sept. 1436 der Gewerbebetrieb nicht allein den „borgern“, sondern auch denen, die nur „buermal“ gewonnen, vollständig frei war; erst die Bewe- gung, die von den Krämern ausgehend die Bruderschaften und | Ämter schuf und sie, mit Ausschluss der Brauer, als „gemeene gilden“ hinstellte, führte zu einer Abschliessung, deren vollständige Durchführung in jenen beiden Urkunden jedoch zu Gunsten der „borger* noch so weit möglich aufgehalten wurde. An diese Reihe von Statuten schliessen sich nun aber die 1) ebd. p. 178. 173. 2) ebd. p. 209. ®) Verhandelingen V p. 219. *) Eine Abschrift, mitgetheilt durch Hrn. Feith. a 1 5 vom 22. April 1880. 397 beiden allgemeinen Rechtsbücher der Stadt, das Oldermannsbuch, wie es in der Schlussredaction von 1459 vorliegt!), und das Stadt- buch von 1446 an?). Für uns hat zunächst das erstere hier eine besondere Bedeu- tung. Dasselbe zerfällt in drei Theile. Der erste enthält eine Reihe von Bestimmungen, namentlich über die Aufnahme in das „gilderecht“, über die Wahl der Beamten desselben und über die Wahl der Beisitzer des „gilderechts“ im engeren Sinn. Das Wort bedeutet nämlich zweierlei, zunächst vor Allem die Betheiligung an einer grösseren Genossenschaft, deren Beamte „oldermannen“ und „bussherren“ sind, die ihre Morgensprache hält, und in die gegen be- stimmte Einzahlung jeder eintreten kann, der sein „beurmal“, d.h. das kleinere Bürgerrecht, gewonnen hat, dann ein halbes Jahr „beur“ gewesen, eigne Kost, Feuer und Licht gehalten und „stadt dienst gedaen mit waken, graven ende gelijk andere borgere unde beur*3). Diese umfassende Genossenschaft besetzt ihr Gericht, d. i. das gilderecht im engeren Sinne, jährlich am bestimmten Tag mit frü- her 13, seit 1464 16 Mitgliedern, die aus sämmtlichen Quartieren oder Kluften der Stadt genommen werden. Mit Einem Wort, wir haben es hier mit einer Gilde zu thun, die, ohne Beschränkung auf bestimmte Gewerbe, allen Bürgern des grösseren oder kleineren Bürgerrechts offen steht, die also keineswegs etwa mit der Gesammt- heit der „gemeinen gilden“ zusammenfällt. Nicht allein zeigen die Datirungen des ersten Buchs, dass diese Gilde vor dem Entstehungs- jahr der „gemeinen gilden* schon bestand, sondern das ganze zweite Buch muss nothwendig als eine ganz selbständige Rechts- aufzeichnung betrachtet werden, die Jahrzehnte vor dem ersten Buch und den dort zusammengestellten Beschlüssen ein längst schon bestehendes Recht schriftlich fixirte. Dieser zweite Theil trägt die Überschrift: „Beati qui custodiunt judieium et faciunt justitiam in omni tempore. Dit boec hoert den giltrechte to G. Dyt sint der stat rechte van G. in der morgen- sprake binnen G. unde buten“?). An ihr ist als dritter Theil das !) Het oldermannsboek of verzameling van stukken behorende tot het gild- wateren -stapelregt v. d. st. Gr. v. 1434 tot 1770 utgeg. d. Feith. Morr,.p..2. 2) Oldermannsb. B. 1], 1 ff. 3) Oldermannsb. p. 7. 398 Gesammtsitzung bekannte Holländische Schiff- und Wasserrecht angehängt!), wie der i erste nur aus neuen Ordnungen und Zusätzen aus den Jahren seit 1434 besteht. Dies Verhältniss zeigt sich unter Anderm auch darin, dass im zweiten Theile eine ältere Wahlordnung stehen geblieben ist, die durch den ersten Paragraphen des ersten Theils hinfällig wurde. Nach jener werden, wie schon oben erwähnt, 13, nach dieser 16 Mitglieder jährlich zum „giltrecht* gewählt2). Gehört aber dieses ältere Rechtsbuch jedenfalls spätestens in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts, d. h. entstand es spätestens während jener Periode der Ämterbildung in Groningen, so müssen wir die Gilde selbst, deren Recht hier vorliegt, vor die Entstehung der Ämter setzen. Dann aber bestand sie schon, als die Abgrän- zung und Sperrung der Ämter gegeneinander, die wir oben in den beiden Statuten vom 7. Sept. 1436 betrachteten, überhaupt. noch nicht begonnen hatte. Ist sie, worüber B. II gar keinen Zweifel lässt, von Anfang an eine gilda mercatorum gewesen, in die jeder „beur“ eintreten konnte, so war sie jedenfalls ursprünglich und vor der Entstehung der Ämter eine Vereinigung, an der sich auch die Handwerker be- theiligten. | Der Gang der Entwicklung war also hier der, dass sich neben einer alten gilda mercatorum eine Reihe Ämter bildeten, als eines der ersten die Bruderschaft der Krämer, dass dann diese Ämter, die ihre Mitglieder sehr früh als „gildebroders“, sich selbst als „gilden“ bezeichneten, sich 1436 in einem Brief „der gemeenen gilden“ zu einer Einheit verbanden, neben der das „giltrecht* der alten Gilde selbständig fortbestand. | Einer solchen Bewegung gegenüber erscheint die Aufzeichnung und wiederholte Redaction dieses alten „Gilderechts* eben motivirt durch die Nothwendigkeit, ihre dominirende Stellung den neuen Organisationen gegenüber zu behaupten. Der Umstand, dass diese wiederholten Rechtsaufzeichnungen vor Allem den. überseeischen Verkehr und seine processualischen Ordnungen ins Auge fassten, lässt darüber keinen Zweifel, dass jene wesentlich zünftische Be- wegung des Detailhändlers und Handwerkers auch hier den Gross- 1) ebd. p. 104 A. 112. 2) ebd. BD. II, 47 m. D. LE vom 22. April 1880. 399 händler sich gegenüber fand. Es fragt sich, ob wir dessen Ver- hältniss auch weiter beobachten können. Eine Kaufmannsgilde allerdings, die ebenso wie jene sich da- mals neben der alten gilda mercatorum neuorganisirt hätte, findet sich nicht genannt, wol aber scheint das „Brauamt“, wie es sich 1424, oder die Gilde der Brauer, wie es 1436 heist!), die eigent- lich kaufmännischen Elemente in sich vereinigt zu haben. Bürger- meister und Rath bezeichnen als Zweck des ihnen gegebnen Briefs, „dat se erer ampt mede moghen voeren ende holden, also dat se hem mede moghen neren ende berghen ende de stad in eren holden, wente alse de stad last heefft, so moten de borghere de bruwen de meeste last ommetrecken“. Der Sinn wird klarer durch eine der fol- senden Bestimmungen: „dit ampt en sal nemant doen hi en wille schoten (schossen) voer vyerhundert gulden, als men en schot ne- met over de stad“. Es sind die reichsten Bürger der Stadt, die sich jetzt erst mit dem Rath über die Bildung des Amts vereinigen, das offenbar das Exportgeschäft des Platzes wesentlich beherrscht. Es war doch in gewissem Sinne eine Auseinandersetzung zwischen dem grossen und dem kleinen Geschäft, als an jenem 7. Sept. 1436 gleichzeitig die „zehn Zünfte* und neben ihnen die „borghere, de dat browamt doen“, ihren Brief erhielten. In dem Briefe der Brauer wird vor Allem ihr Verhältniss zum Rath hervorgehoben, die drei „hoefdinge* sollen nur mit den vier Bürgermeistern das Statut „verbeteren unde vermeren alse dat noet effte nutte is, ende wanneer sie dat moghen merken te dienen ende orber to wesen voer disse ghilde ende voer tghemene orber ons stad*. Dem entspricht es nun, dass jenen zehn, den s. g. „Bürger- gilden* gegenüber, welche unter den „Braumeistern* standen, das Brauamt lange Zeit die einzige „Rathsgilde“* war und als solche unmittelbar unter, wir sagten vielleicht richtiger, neben dem Rath stand. Erst 1512 wurde die damals gestiftete Goldschmiedegilde auch Rathsgilde?). !) Ich verdanke die Mittheilung beider Briefe ebenfalls Hrn. Feith. ?) Feith de g. p. 262. Die oben gegebene Erklärung scheint mir am einfachsten den Unterschied zwischen Raths- und Bürgergilden zu motiviren, den nach dem Vorgange Feith’s a. O. p.160 auch die späteren Forscher als räthselhaft bezeichnen. 400 Gesammtsitzung Seit 1436 war die Lage der Dinge in Groningen, also im 15. Jahrhundert, folgende. Die alte ursprüngliche ungetheilte Kaufgilde bestand noch und gab entsprechend ihrer ältesten Bedeutung für die ganze Verkehrsbevölkerung des Platzes das Handels- und Schiffergericht, obgleich sich neben ihr allmälig Krämer- und Handwerkerämter, dann auch Gilden genannt, erst abgeschlossen, dann zur Genossenschaft der „ghemenen gilden“ zusammengeschlos- sen hatten. Die Erhaltung des alten Gilderechts ward dadurch ermöglicht und gesichert, dass die reichsten Handel- und Gewerbtreibenden im Einverständniss mit dem Rath sich neben den gemeinen Gilden als Brauamt oder -gilde organisirten und, wie wir dann alle höhe- ren Beamten der Stadt in ihren Verzeichnissen finden, so in engster Verbindung mit dem Rath „der stat richte van Groningen in der morgensprake binnen G. ende buten lande“* aufrecht erhielten. Es war ein letzter Abschluss dieser Bildungen, dass das Stadtbuch von 1446 (?) vor Allem nun den Gegensatz zwischen dem grösseren und kleineren Bürgerrecht, zwischen „borger“ und „buer“ in so schroffer Weise festhielt, wie es sich an so vielen Sätzen des Process- und des Strafrechts zeigt!). Eine vornehme und reiche Aristokratie brachte wirklich die Bewegung zum Stehen, die in der zweiten Hälfte des 14. Jahr- hunderts die alten Verhältnisse, namentlich auch die der Kaufgilde ernsthaft bedrohen machte. Auch hier war es schliesslich, wie zu Stendal, die Verbindung zwischen dem Rath und dem Grosshänd- ler, die wenigstens einen sehr wichtigen Theil der letztern erhielt und sie der Stadtverfassung zweckentsprechend einfügte. Ebenso deutlich wie das Verhältniss der Gilde zu den später entstehenden Ämtern in den verschiedenen Statuten tritt uns in dem Öldermannsbuch die Verfassung der älteren Genossenschaft entgegen. Dass es wesentlich eine gilda mercatorum im weiteren Sinne war, ergiebt der ganze Inhalt des Rechtsbuches. Beim Eintritt schworen die Genossen „mit ghenen luden, die buten der Emse ende Lawers woenen, komenscap“ zu thun „in onsen landen noch mit oerem gelde noch personen“?). t) Stadtrechtbook IH a. E. IV,5 VI a.E. VII, 27 u.a. ?) Oldermannsb. p.5 89. vom 22. April 1880. 401 Namentlich die jüngeren Bestimmungen des ersten Buchs zeigen, dass bis dahin der Bestand der Mitglieder ein häufig wechselnder war, da, wie schon angeführt, ausdrücklich für diese nicht allein die Erwerbung des buermal, sondern auch ein vorher- gehender halbjähriger Aufenthalt und bürgerlicher Dienst verlangt wird, da namentlich ausserdem der Eintretende sich verpflichten muss, weitere zwei Jahre wenigstens in Groningen zu wohnen!). Aldermann und Büchsenherren — die bursarii der Lemgoer Gilde — als Beamte, die Morgensprache als die Versammlung der Genossenschaft sind ja die überall vorkommenden Gildeinstitute. Eigenthümlich ist zunächst der Gerichtsausschuss, das s. g. „gilde- recht“. Die genannten Beamten wählen auf Petri Stuhlfeier „over die stadt, die dat gilderecht up den dag sollen verwaren — dese menen, dat se dar: nutte to syn — ende dat giltrecht hebben“?). Morgensprache und Gilderecht wird auf dem Kirchhof gehalten, unzweifelhaft als Handelsgericht für den ganzen Platz?). Aber wie schon die Überschrift das zweite Buch als „der stad rechte van Groningen in der morgensprake binnen G. ende buten lande* bezeichnet, so liegt die wesentliche Bedeutung des Gilde- rechts vor Allem darin, dass es die Rechtsfindung des Groninger buer an fremden Plätzen für Streitigkeiten unter Genossen ermög- licht und für die dort entschiedenen Processe die obere Instanz bildet. Eine solche Morgensprache „buten lande* kann gebildet werden, sobald „daerenboven sesse sint die dat int recht finden sollen“). Dieses Gilderecht „buten lande“ mit ihrem gewählten Oldermann ist das allein berechtigte Gericht für die Streitigkeiten der buer unter- einander’), von dem allerdings die Berufung an die heimische Morgensprache für den „naesten wintere* frei steht. Eben jene Morgensprache und ihr Aldermann ist es aber auch, welche, „soe wellie onse beur buten lande to unrechte biswaret wirt“, die be- 1) ebd. p.2 $1. p.3 $4. 2) ebd. p. 1 $ 1. Diese Wahlordnung von 1434 ist unzweifelhaft die jüngere, die ältere p. 20 $ 47. 3) ebd. p. 18 84. Miebd. Di:$1. 5) ebd. $$ 4. 23 £. 27. 402 Gesammtsitzung treffenden Mitglieder auswählen, um den Handel bei einem „hohe- ren recht“ zu vertretent). Es liegt auf der Hand, dass unter diesen Verhältnissen die Zulassung zu dem Gilderecht der Groninger auf den fremden Plätzen für die heimische Genossenschaft ein Gegenstand sorgfäl- tiger Controlle, für den auswärts Verkehrenden von besonderem Werth war. 1’ In diesem Sinne verleiht die Gilde das Recht der Hanse, und zwar für die verschiedenen auswärtigen Plätze gegen verschieden angesetzte Zahlungen, immer aber werden dabei an die Gilde „vijf- tich lovensche penninghe“ bezahlt. Das Statut unterscheidet die Cölner und Utrechter, die „Riper“ und „Herbere hense“?). Ich lasse dahin gestellt, ob letztere die von Ripen und die der „fünf Häfen“ sein könne, jedenfalls aber erhellt, wie die Gilde im Be- sitz der Hanse als anerkannter Mittelpunct des Rheinischen und überseeischen Verkehrs auch der eines ganzen Kreises von Gilden war, die sich „buten landes“ immer von Neuem bildeten. Dem entspricht dann auch ihre Stellung als Vertreterin des ganzen einheimischen, als Leiterin und Schützerin des auswärtigen Verkehrs. Sie überwacht den Tuch-, Vieh- und Getreidehandel, das Stapelrecht und das Monopol des Platzes Groningen zwischen Ems und Lawers?). Mit Einem Wort, diese Gilde nimmt eine Stellung ein, die man der der Mendener mit ihrer Markt- und Maasspolizei und Hanse vergleichen mag, soweit die bescheidenen Geschäfte des westfälischen Krämers sich mit denen des Groninger Kaufmanns zusammenstellen lassen, dessen Geschäfte um 1230 von Smolensk bis London reichten. Wenn aber die Bewegungen des 15. Jahrhunderts die Gilde im Besitz einer so dominirenden Stellung liessen, so scheint mir damit gegeben, dass sie früher eine noch bedeutendere sein konnte. Inrebd. 88. ®) ebd. $29f. mit den Anm. Ein Stader Statut des 14. Jahrh., das für „de de to Ripen unde to Denemerken segelen“, ebenfalls die Wahl von Older- mannen verordnet, scheint mir auch für die Groninger „Riper hense“ obige Er- klärung nahe zu legen. Archiv d. V.f. Gesch. u. Alterth. z. Stade Th. I p- 135. 32) B.II $$ 28. 31f. 45. 48 — 50. 4 | vom 22. April 1880. 403 Ich meine daher, dass die aldermanni und rationales, welche zu- erst an der Spitze des städtischen Gemeinwesens erwähnt werden, noch um die Mitte und in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts am einfachsten und natürlichsten als die Oldermannen der Gilde und die ihnen zur Seite stehenden Rechnungsbeamten als die „bussherren“ zu erklären sind. In welcher Weise sie dann allmälig durch die consiliarii und burgimagistri verdrängt wurden, wissen wir nicht. Nahe liegt aber die Vermuthung, dass, wie um 1435 sicher in den Mitgliedern des Brauamts sich die Träger der städtischen Magi- stratur und die Häupter der Gilde vereinigten!), ein solches nahes Verhältniss zwischen Aldermännern und Rath auch früher bestand. Eine solche allmälige Entwicklung der Stadt- aus der Gilde- verfassung liegt anzunehmen um so näher, da wir für Groningen weder eine Stadt- noch eine Marktrechtsverleihung nachweisen können. Wie dem aber auch sei, die Angaben des Oldermannsbuchs bieten uns ein so vollständiges Bild einer älteren Kaufgilde, wie _ wir es kaum sonst noch nachweisen können: die heimische Gilde und Morgensprache, unter ihren Aldermann und Büchsenherren, mit ihrem Gilderecht, borger und buer zugänglich, Ausgangspunkt, Muttergilde und Oberhof für eine Reihe von Tochtergilden, die je nach Bedürfniss unter dem Schutze des Hanserechts entstehen, wieder verschwinden oder sich behaupten. Erst vor diesen Thatsachen erkennt man, wie der damalige Kaufmann mit seinem Properhandel in diesen Morgensprachen „in Groningen u. buten lande“ Gelegenheit und Übung fand, sein Handelsrecht weiter auszubilden und für die Interessen seines Platzes bald jenseits des Meeres bald daheim einzutreten. 1) Feith 2.0. p. 248 A.2. 404 Gesammtsitzung Hr. Kronecker las: Über die Potenzreste gewisser complexer Zahlen. Schon sehr früh hatte Euler die Beobachtung gemacht, dass die Primtheiler der quadratischen Formen einer bestimmten Dis- eriminante D in gewissen Linearformen mD-+« enthalten sind, aber erst im Jahre 1783 hat er diese für die Entwickelung der Zahlentheorie so folgenreiche Beobachtung in jener merkwürdigen Weise formulirt, welcher der Name des Reciprocitätsgesetzes seine Entstehung verdankt!),. Vor der Eleganz der Correlation, auf welche hierbei — und mit Recht — stets ein besonderer Nach- druck gelegt worden ist, trat seitdem die Bedeutung und der Ziel- punkt der ursprünglichen Euler’schen Beobachtung einigermassen in den Hintergrund. Nun ist mir aber in diesen Tagen bei der An- wendung der arithmetischen Theorie der singulären Moduln auf die Potenzreste complexer Zahlen eine specifisch neue Erscheinung entgegengetreten, die unmittelbar an jene erste Wortfassung erin- nert, in welcher Euler den wesentlichen Inhalt des quadratischen Reciprocitätsgesetzes veröffentlicht hat, und da diese Erscheinung in der Theorie der Potenzreste nicht nur im Rückblick durch die Analogie mit dem historischen Ausgangspunkt derselben sondern auch im Vorblick durch den Hinweis auf ein neues Stadium der Entwickelung ein besonderes Interesse darbietet, so will ich schon heute der Akademie eine kurze Mittheilung darüber machen. Die Abelschen Gleichungen, welche in der Theorie der sin- Sulären Moduln vorkommen, lassen ganz ebenso wie die der Kreis- theilung zwei verschiedene Arten von Bestimmungen derjenigen Primtheiler zu, für welche sie als Congruenzen aufgefasst Wurzeln haben. Die Identität dieser beiden Bestimmungsweisen ergiebt für den Fall quadratischer Gleichungen ganz unmittelbar das quadra- tische Reciprocitätsgesetz und führt im allgemeineren Falle der Kreistheilungsgleichungen wenigstens zu einer Reciprocitäts-Bezie- hung, die im Falle der cubischen und biquadratischen Reste noch zum vollständigen Beweise des Reciprocitätsgesetzes ausreichend ist. Man kann nämlich unter dem Gesichtspunkte der erwähnten !) Vgl. meine Bemerkungen im Monatsbericht vom April 1875. S. 268. x vom 22. April: 1880. 405 Identität alle jene Entwickelungen auffassen, welche in Gauss’ sechstem Beweise des quadratischen Reciprocitätsgesetzes zuerst gegeben und nachher von Jacobi, Eisenstein und Andern bei Behandlung der 'höheren Potenzreste weiter ausgebildet und mit Erfolg benutzt worden sind. Um dies für den einfachen Fall quadratischer Gleichungen vollständig darzulegen, sei q eine posi- tive Primzahl und = = #1, so dass zq = 1 mod.4 ist. Alsdann sind die Primtheiler p von 22 — eg oder von @-+2+4(1—:g) durch die Bedingung 2) 2 vollständig charakterisirt. Andrerseits werden aber, wenn man von der Darstellung der Wurzeln der Gleichung «*+2+1(1+:29)=0 als Perioden gter Wurzeln der Einheit Gebrauch macht, die Prim- theiler p als solche durch die Congruenzbedingung kE\ 2kpri (2) Adeze? — Meg" == 124° mod. k=1..,.g-1) 3,(5) 2(, 2 bestimmt, welche unmittelbar zu der Bedingung führt; und daraus, dass die beiden Bestimmungsweisen der Prim- theiler p mit einander übereinstimmen müssen, folgt die Recipro- eitätsgleichung Nunmehr sei wie in meiner Mittheilung vom 2. Febr. d. J. F(&) = (2? — 108)? + 31 (8° — 1), so dass die Wurzeln von F(x) = 0 die Gattung der singulären Moduln für V—31 bestimmen. Setzt man zur Abkürzung an Beine ei HE 2 2 n=-1-r+3u , n=1—w4+3W, so ist 406 Gesammtsitzung u +1l=0,° +0 +8=0,n»+1=0, und die drei Wurzeln &,,&,,&5 der cubischen Gleichung — 102 + 1427) ® —ı1) = 0 sind durch die Gleichungen E+E+ ent (teten tete) explieite gegeben. Die Primzahlen p, für welche die Congruenz F(x) = 0 mod. p Wurzeln hat, werden hiernach erstens durch die Fr und zweitens dadurch charakterisirt, dass 7, cubischer Rest des Bedingung complexen Primfactors von p in der Theorie der bezüglichen com- plexen Zahlen sein muss. Diese Bedingungen können auch dahin formulirt werden, dass erstens Zahlen n existiren müssen, wofür "+n+8= 0 mod.p ist, und dass zweitens P=1 (1—3n+v) 3 = Z1:mod.p sein muss. Die anderweite Bestimmung der Primtheiler 7, welche aus der Theorie der singulären Moduln hervorgeht (vgl. meine Mittheilung vom 2. Febr. d. J.), ergiebt aber, dass dieselben durch die Hauptform x? + 31y? darstellbar sein müssen, und es folgt da- her, dass die complexe Einheit 7, eubischer Rest von allen im Kummer’schen Sinne wirklichen complexen Primfactoren a + bw, von allen andern aber Nichtrest ist. Auch die beiden andern ceu- bischen Restcharaktere, welche 7, haben kann, scheiden sich nach den Classen, welchen die Primzahl-Moduln angehören, so dass überhaupt die Restcharaktere von n, durch den Index, den der be- zügliche Modul im Sinne der Composition hat, bestimmt wird. — Ist q irgend eine Primzahl von der Form 3k +1, welche im Sinne der Composition zum Exponenten 3 gehört, so dass also nicht q selbst sondern erst q° durch die Hauptform x? +- 31y? darstellbar ist, und hat man q° in vier conjugirte complexe, aus w,w gebil- dete Factoren 9,, > 912 » 921 > 999 zerlegt, wo der erste Index sich auf die beiden Werthe von w, der zweite auf die beiden Werthe von w bezieht, so wird der Quotient zweier conjugirter 941 > 991 SEEN A a u, er At A ee chen A F } . vom 22. April 1880. 407 durch Multiplication mit einem der beiden Werthe von y stets ein vollständiger Cubus. Der cubische Charakter dieser Quotienten bestimmt sich daher genau wie der der Einheiten ; durch die qua- dratischen Formen der Disceriminante — 31, durch welche die Norm des Primzahlmoduls darstellbar ist, und es ist grade dieser Um- stand, welcher einen deutlichen Hinweis auf die Weiterentwickelung _ der Theorie der Potenzreste namentlich auch für die in den Kum- mer’schen Untersuchungen ausgeschlossenen Fälle enthält. Zur Erläuterung der vorstehenden Bemerkungen füge ich noch folgende specielle Beispiele an: Da Niı1—29)=35 und „=4-+3w mod. (1—2r) ist, so kommt y = —- ee mod. 35, und es ist 4154+1)=2,4(7—1)=2, —6w = —w mod.5, —6w = w mod.7. £ 47 +1 Ferner ist N(83— 2x) = 47 und ru: 16 und = — 1 mod. (3 — 2), 5 (| während N(5 — 2w) = 67 und 25 raler 22 und | = + 1 mod. (5 — 20) _ wird. Endlich ist N,N„65+3#+®) = N„(11+6v) = 7 und die Gleichung 5+3w +0 w— ow\° Ra. a L) 8 t+3w—w diene als Beispiel für die oben angeführte Reduction des Rest- charakters gewisser complexer Zahlen auf den der Einheiten 7. [1880] 29 408 Gesammtsitzung 29. April. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Schwendener las: Über die durch Wachsthum bedingte Verschiebung klein- ster Theilchen in trajecetorischen Curven. AR Das Wachsthum organisirter Gebilde geschieht bekanntlich durch Intussusception, d. h. durch Einlagerung von Substanz und Wasser zwischen die Micellen der schon vorhandenen Masse. Mit diesem Wachsthumsmodus verknüpft ist zunächst eine Anordnung der kleinsten Theilchen in parallel zur Umrisslinie verlaufende Schichten, wie sie auch beim Wachsthum durch Apposition ent- stehen; dazu kommt aber noch die charakteristische Reihenbildung in einer Richtung, welche die Schichten rechtwinklig oder doch nahezu rechtwinklig schneidet, eine Eigenthümlichkeit, welche die durch Apposition wachsenden Körper nicht kennzeichnet!). Sowohl die Schichtung parallel zur Oberfläche als die hierzu rechtwinklige Reihenbildung lässt sich in vielen Fällen direet beobachten oder aus beobachteten Thatsachen mit Nothwendigkeit folgern. Dies bleibt auch dann richtig, wenn das Organ aus Zellen zusammen- gesetzt ist, die dann gleichsam die sichtbaren Raum- oder Flächen- elemente darstellen, auf welche die in Rede stehende Anordnung sich überträgt. Die Belege hierfür lassen sich leicht beibringen, können jedoch vorläufig nur angedeutet werden. Bezüglich der Schichtung sei hier an die bekannte Abwechs- lung von dichter und weicher Substanz in Stärkekörnern und Zell- membranen, für welche der Ausdruck „Schichtung“ allgemein ge- bräuchlich ist, ferner an die mehr oder weniger concentrischen Zellenlagen oder Jahrringe im Holz der Dicotylen, an die Kappen der Wurzelhaube und die Periclinen in der Scheitelregion höherer und niederer Gewächse erinnert. Für die radiale Reihenbildung sprechen: 1) bei Stärkekörnern die durch Austrocknen oder un- 1) Nichtorganisirte Gebilde, welche zwar durch Apposition wachsen, deren Schichten aber von organisirten Häuten ausgeschieden werden, wie z. B. die Perlen und die Schaalen der Muscheln, bilden eine Mittelstufe, die ich hier unberücksichtigt lasse. vom 29. April 1880. 409 _ gleichmässiges Quellen entstehenden Risse, 2) bei Membranen einerseits die Thatsache, dass die Quellung rechtwinklig zum Schichtenverlauf in vielen Fällen ein Maximum erreicht und folg- lich die grosse Axe der Quellungsellipse durch alle Veränderungen hindurch radial orientirt bleibt, andererseits die entsprechende Richtung der Rissflächen beim Zerreissen der Schichtencomplexe durch tangentialen Zug, 3) bei Zellflächen und Zellkörpern der vorherrschende und oft sehr augenfällige Verlauf der anticlinen Zellreihen oder Zellwände, die Richtung der Markstrahlen etc. Für die folgenden Betrachtungen hat diese Reihenbildung in radialer Richtung überall dieselbe Bedeutung, die Reihen mögen aus Micellen oder aus mikroskopisch wahrnehmbaren Elementar- organen bestehen. Immer bezeichnen dieselben die Wege, welche‘ beliebige Elemente während des Dickenwachsthums durchlaufen, indem sie durch die Volumenzunahme der innern Partieen nach aussen oder durch die der äussern nach innen geschoben werden. Ein bestimmtes Micell auf der Oberfläche eines noch jungen DPA CET ERTEDREEEE ZEN Stärkekorns entfernt sich z. B., während die Schichten sich spalten und vermehren, auf der vorgezeichneten Bahn vom organischen Centrum; ebenso rückt ein bestimmter Punkt auf der Rindenseite des Verdickungsringes unserer Bäume in Folge der Bildung neuer Jahresschichten nach aussen, und die peripherischen Faserenden eines wachsenden ARoccella-Scheitels beschreiben die bekannten Trajectorien. Bei diekwandigen Zellmembranen mit Porencanälen sind auch ‚diese letztern als Wegspuren in dem bezeichneten Sinne zu be- trachten; sie beschreiben Curven gleicher Natur, und da sie deut- licher als’ alle andern zu erkennen sind, so ist der Beobachter hier des Suchens nach weitern Anhaltspunkten enthoben. Dasselbe gilt von den strahligen Fäden in den Cystolithen von Ficus ‘und andern ähnlichen Bildungen. | Die Verschiebungen, welche mit der Intussusception verknüpft sind, lassen sich also im Allgemeinen leicht übersehen; auch leuch- tet ein, dass der Gegensatz zwischen zelliger und nichtzelliger Structur gegenüber den gemeinsamen mechanischen Momenten untergeordnet ist. Die genauere Betrachtung wird sogar, wie ich gleich beifügen will, herausstellen, dass die Gliederung der Masse in Zellen und die Vermehrung der letztern auf die Natur der Ver- _ schiebungen und somit auf die Form der trajectorischen Öurven 29* 410 Gesammisitzung keinen Einfluss hat. Das einzig Bestimmende ist die Einlagerung neuer Substanz, gleichviel in welcher Form. Um indess diese Verschiebungsvorgänge Schritt für Schritt verfolgen und construi- ren zu können, ist es nothwendig, die Wachsthumsursachen selbst in geeigneter Weise zu analysiren, d.h. die Componenten so zu wählen, dass die zu lösende Aufgabe eine möglichst einfache wird. Thatsächlich kann das Bestreben der Substanz, neue Theil- chen zwischen die vorhandenen einzulagern, nach allen Richtungen des Raumes wirksam sein und sogar in jeder beliebigen ein rela- tives Maximum erreichen. Für die mechanische Betrachtung ist es aber immer gestattet, die sämmtlichen Kräfte in zwei Gruppen von Componenten zu zerlegen, von denen die einen radial, die an- dern tangential orientirt sind. Und wenn, wie in unserem Falle, die Elemente sich in Schichten und radiale Reihen ordnen, so ist die Annahme, dass die das Wachsthum bedingenden Kräfte einer- seits in der Tangentialebene der Schichten, andererseits in der dazu rechtwinkligen radialen Richtung thätig seien, die einzig naturge- mässe. Damit ist freilich die Frage, ob das Wachsthumsbestreben in der einen Richtung als Ursache, in der andern als die nothwen- dige Folge zu betrachten sei, nicht entschieden. In dieser Bezie- hung mögen sich die verschiedenen körperlichen Gebilde, mit denen wir es hier zu thun haben, ungleich verhalten. Für die Stärke- körner nimmt Nägeli aus theoretischen Gründen an, dass das Flächenwachsthum das Primäre, die dadurch bedingte Spannung und darauf folgende Einlagerung in radialer Richtung das Secun- däre sei. Für die Rinde der dicotylen Bäume dagegen, welche als peripherische Schicht des Stammes ja ebenfalls zeitlebens an Umfang zunimmt, hätte eine solche Annahme offenbar wenig für sicht). Ebenso scheint in manchen andern Fällen das radiale Wachsthum® das ursprüngliche, das tangentiale das durch Anregung bewirkte zu sein. Aber wie dem auch sein mag, es ist für die Bestimmung der Resultirenden gleichgültig, in welcher Reihenfolge die wirksamen Componenten berücksichtigt werden, da ja bloss ihre Grösse und Richtung, nicht ihre genetischen Beziehungen in Betracht kommen. Es ist demnach unter allen Umständen zuläs- sig, die durch Wachsthum bedingten Verschiebungen zunächst unter !) Vgl. hierüber Detlefsen, Arbeiten des bot. Instituts in Würzburg 1.818947, vom 29. April 1880. 411 der Voraussetzung zu verfolgen, dass die radialen Kräfte allein und ungestört thätig seien, und erst nachträglich die Abweichungen zu bestimmen, welche die Verhältnisse des tangentialen Wachsthums und die damit zusammenhängenden seitlichen Componenten verur- sachen. Sei also A in Fig. 5 auf Taf. II ein Complex concentrischer Sehiehten, und betrachten wir zunächst die Flächenelemente zwi- schen den Radien cd und cd, d.h. also die 4 kleinen Trapeze zwischen mn und bd, die man sich räumlich als Scheibcehen vor- stellen mag. Nehmen wir ferner an, diese concentrischen Schich- ten besitzen in der zu ihrem Verlauf rechtwinkligen Richtung ein Wachsthumsbestreben, das im Radius ca sein Maximum erreicht und nach beiden Seiten hin abnimmt, dann wird der Parallelismus der Schichten in Folge dieses einseitig geförderten Wachsthums nothwendig gestört, ihre Grenzlinien divergiren nach oben zu, und unsere 4 kleinen Trapeze oder Scheibchen zwischen mn und bd erhalten in Folge dessen eine schwach keilförmige Gestalt; sie nehmen zwar durchgehends an Dicke zu, aber auf der nach ac gerichteten Seite in höherem Grade als auf der entgegengesetzten 3 (Taf. II, Fig. 5,82). Damit hängt zusammen, dass die seitlichen Umrisslinien mb und nd jetzt nicht mehr gerade verlaufen, sondern bogenförmig gekrümmt erscheinen (m’b’ und n’d’ in Fig. 3,8). Aber jedes Stück dieses Bogens steht natürlich nach wie vor senkrecht auf der Flächenausdehnung des zugehörigen Scheibchens; denn das ist ja vorläufig unsere Prämisse, dass das Wachtshum nur eine Verschiebung der Theilchen senkrecht zur Schichtung bedinge. ' Man kann sich auch, um ein noch anschaulicheres Bild zu erhal- ten, die Scheibchen in der Mitte durchbohrt und von einer Schnur durchzogen denken; lässt man alsdann die ebenerwähnten Gestalt- _ veränderungen eintreten, so krümmt sich die ganze Scheibchenreihe . und auch die Schnur bildet eine Curve, aber der Winkel, unter welchem sie die Berührungsflächen der Scheibchen schneidet, bleibt ein rechter. | Genau dieselbe Curve kommt natürlich auch dann zu Stande, wenn die bezeichneten Wachsthumsvorgänge in den 4 Scheibchen nicht gleichzeitig, wie wir es hier vorausgesetzt haben, sondern in beliebiger Reihenfolge nach einander stattfinden. Es kann z.B. zuerst das innerste sich radial strecken und dann in den Dauer- zustand übergehen, etwas später das zweite, dann das dritte etc, 412 Gesammtsitzung Oder es kann dieser Process an der Peripherie beginnen und in centripetaler Richtung fortschreiten oder auch im Zickzack von einer Schicht zu einer beliebigen andern überspringen. In allen diesen Fällen ist die resultirende Gesammtwirkung dieselbe, so lange die Theilwirkungen constant bleiben. Wir gelangen also zu dem Ergebniss, dass die radialen } Reihen, von denen wir ausgingen (Fig. 3,A), in orthogonale Trajectorien übergehen. Auf die Verschiebung bezogen, wel- che die Raumtheilchen während des Wachsthums erfahren, ist da- mit gesagt, dass sich dieselben in orthogonal-trajectorischen Curven bewegen. Denken wir uns z. B. in Fig. 3,A (Taf. II) die innere Grenzfläche der Scheibchenreihe mn unbeweglich, gleichsam als feste Basis, so rücken die Punkte 5b und d in solchen Trajectorien nach aussen, bis sie die in Fig. 3,8 bezeichnete Lage (b' und d') er- reicht haben. Aber ich wiederhole: Die rechtwinklige Schneidung ist an die Bedingung geknüpft, dass die Wachsthumsvorgänge in der Richtung des Schichtenverlaufs entweder keine Widerstände mit sich bringen oder doch keine solchen, welche seitliche Compo- nenten liefern. Diese Voraussetzung trifft nun allerdings auch in den günstig- sten Fällen nicht häufig, bei manchen Objecten wohl gar nicht zu. Es finden gewöhnlich grössere oder kleinere Abweichungen statt, hervorgerufen durch seitliche Kräfte, deren Herkunft und Wirkungs- weise eine besondere Erklärung verlangt. Diese zu geben, soweit es sich um allgemeinere Vorkommnisse handelt, soll im Folgenden versucht werden. 2. Bevor ich indess näher auf die angedeuteten Abweichungen eingehe, mag es für die geometrische Orientirung zweckmässig sein, einige Formen regelmässiger Uurvensysteme nebst den zuge- hörigen orthogonalen Trajectorien speciell hervorzuheben. Beson- dere Beachtung verdienen namentlich diejenigen Fälle, welche einigermaassen an botanische Vorkommnisse erinnern. A. Das gegebene Curvensystem besteht aus Kreislinien. 1) Concentrische Kreise von allmälig steigender Grösse, Die Trajectorien sind bekanntlich Gerade, die vom Centrum aus- gehen. ai ERTTETETTTETITST B ‚vom 29. April 1880. 413 2) Nichteoncentrische Kreise von allmälig steigender Grösse, die Centren sämmtlich auf einer Geraden (z. B. der Ordinatenaxe), auf welcher zugleich der Punkt liegt, in welchem die Kreise sich von innen berühren (Taf. I, Fig. 3). Die orthogonalen Trajectorien hierzu sind ebenfalls Kreise, welche mit den gegebenen den Be- rührungspunkt gemein haben, deren Centren aber auf einer andern Geraden liegen, welche die erstgenannte rechtwinklig schneidet (in unserer Fig. auf der Abscissenaxe). Man construirt diese tra- jeetorischen Kreise, indem. man einen beliebigen Punkt der Ab- scissenaxe als Mittelpunkt und den Abstand desselben vom Ursprung als Radius wählt. 3) Nichteoncentrische Kreise von allmälig steigender Grösse, aber ohne gemeinsamen Berührungspunkt, die Centren sämmtlich auf einer geraden Linie (Taf. I, Fig. 4, die Centren auf der X-Axe). Die orthogonalen Trajectorien hierzu sind ebenfalls Kreise, deren Centren auf einer zur vorigen rechtwinkligen Geraden (der Y-Axe in Fig. 4) liegen, und welche die Abscissenaxe sämmtlich in den beiden Punkten ö und ‘ schneiden. Der Ursprung des Coordinaten- systems liegt in der Mitte zwischen ö und Ü. | Man kann natürlich auch umgekehrt die trajectorischen Kreise als gegebene Curven und die andern als zugehörige Trajecetorien betrachten). 4) Kreise von constantem Radius, aber die Centren auf einer geraden Linie liegend. Dieser Fall reducirt sich für botanische Betrachtungen auf den einfachern, dass ein Halbkreis, als Scheitel- wölbung gedacht, allmälig auf der Axe vorrückt. Die orthogonalen Trajectorien der so entstehenden Schaar von Halbkreisen sind congruente Huyghens’sche Tractorien, welche sämmtlich aus einer einzigen durch Verschiebung derselben paral- lel zur Axe entstehen. Die rechts und links von der Mediane liegenden Äste der Curve verlaufen symmetrisch; für beide ist die Mediane Asymptote.e. Um diese Curven zu ziehen, hat man nur nöthig, eine einzige wirklich zu construiren und zugleich die Lage der Axe anzugeben; die übrigen werden einfach durchgepaust, nachdem man die entsprechende Verschiebung in der Axenrichtung !) Dieser Fall nach C. Neumann, allgemeine Lösung des Problems über den stationären Temperaturzustand eines homogenen Körpers, welcher von irgend zwei nichtconcentrischen Kugelflächen begrenzt wird. Halle 1862. 414 ..Gesammtsitzung vorgenommen. (Vgl. meine Figur zur Veranschaulichung des Scheitelwachsthums bei Flechten in Nägeli’s Beitr. z. wiss. Bot. 2. Heft Taf. VII, 15.) B. Das gegebene Curvensystem besteht aus confocalen Kerr schnitten. In diesem Falle sind die Trajectorien mit den gegebenen Cur- ven identisch; nur besteht die Einschränkung, dass zu den confo- calen Ellipsen confocale Hyperbeln als Trajectorien gehören und umgekehrt. Da die hierher gehörigen Combinationen bereits von Sachs!) besprochen und in sehr anschaulicher Weise dargestellt worden sind, so beschränke ich mich darauf, den Leser auf diese Dar- stellungen zu verweisen. Nur eine Bemerkung glaube ich hier noch beifügen zu sollen. Die Sachs’schen Abbildungen sind von andern Autoren zum Theil so gedeutet worden, als ob alle Peri- clinen einer Scheitelregion, wenn sie annähernd wie Parabeln oder Ellipsen aussehen und sich nach oben zu etwas nähern, nothwen- dig econfocale Parabeln oder Ellipsen sein müssen. Das ist ein Irrthum, den ich hiermit berichtigen möchte. Ebenso ist natürlich auch die Vorstellung, als ob der eingebildete gemeinsame Focus mit dem organischen Bildungscentrum zusammenfalle, vollständig unmotivirt; so leichthin können geometrische Beziehungen nicht auf organische Bildungsvorgänge übertragen werden. Was hat denn der geometrische Focus einer parabolischen Umrisslinie mit den Theilungen der Zellen zu thun? Gerade um solchen Täu- schungen vorzubeugen, scheint mir dem genannten mathematischen Ausdrucke gegenüber die von Sachs in seiner zweiten Abhand- lung?) vorgeschlagene Bezeichnung der Wachsthumstypen für bota- nische Zwecke den Vorzug zu verdienen. C. Das gegebene Curvensystem besteht aus ähnlichen und ähnlich gelegenen Ellipsen. Als ähnliche Ellipsen bezeichnet man solche, bei welchen das Verhältniss der Axen dasselbe ist. Unter dieser Voraussetzung besteht für die Trajectorien die allgemeine Gleichung yn — Cs !) Arbeiten des bot. Instituts in Würzburg, II. Bd. S. 64, Taf. 3 und 4. "ll. Fe. ERES.1202. * en Fl % K y B. v % x a a ee "2 a Dt a EG el nf vom 29. April 1880. 415 wobei n das Axenverhältniss und c einen variabeln Parameter be- zeichnet. Hieraus ergeben sich beispielsweise folgende Special- fälle: 1) n=1. Die Ellipsen gehen unter dieser Voraussetzung in Kreise über und die Trajectorien in gerade Linien. 2) n = Y3. Die Trajectorien sind sogenannte Neil’sche Parabeln. Das resultirende Bild ist der Fig. 5 auf Taf. I ähnlich; nur zeigen die Trajectorien etwas abweichende Krümmungen. 3) n = Y2. Die Trajecetorien sind gewöhnliche Parabeln (Taf. I, Fig. 5), deren Axe mit der kleinen Axe der Ellipse zu- sammenfällt. 4) n= y3. Die Trajectorien sind Curven nach der Glei- chung y? = cz oder y=°Vcx. Hierher gehören z. B. die Umriss- linien der Träger von gleichem Widerstande mit cylindrischem Querschnitt (vgl. Schwendener, das mechan. Princip, S. 96). D. Verschiedene andere ÖGurven. 1) Die gegebenen Curven sind Neil’sche Parabeln (Gleichung ay’ = @°); die orthogonalen Trajectorien hierzu sind Hälften ge- wöhnlicher Parabeln mit quer gestellten Axen (Taf. I, Fig. 2). 2) Die gegebenen Curven entsprechen der Gleichung r" — csinmgp; dann sind die orthogonalen Trajectorien gegeben durch 7” — ccosmg, folglich mit den gegebenen Ourven identisch, jedoch um den Winkel — gedreht. Als Specialfälle mögen er- wähnt werden: a) m= +2. Die gegebenen Curven und ihre Trajectorien sind Lemniscaten von der Form ®, welche um 45° gegen einander gedreht erscheinen und sämmtlich durch den Ur- sprung des Coordinatensystems gehen (Taf. I, Fig. 6; nur für die nach oben gehenden Zweige weiter durchgeführt). b) m = — 2. Die gegebenen Curven und ihre Trajectorien sind gleichseitige Hyperbeln, welche um 45° gegen einan- der gedreht sind. Erinnert an die Kappen mancher Wur- zelhauben. c) m—= +4. Die gegebenen Curven und ihre Trajectorien sind Cardioiden, welche um 180° gegen einander gedreht sand: (Taf. T, »Eig; 1). 416 Gresammtsitzung d) m= — 3. Die gegebenen Curven und ihre Trajectorien sind confocale Parabeln, welche um 180° gegen einander gedreht sind. Dieser Fall ist identisch mit der zu B ge- hörigen Parabelschaar. Für m = +1 gehen die Curven in die Kreise Fig. 3, für m = — 1 in gerade Linien über. 3) Die gegebenen Curven sind Parabeln nach der Gleichung = 2p(& — a), in welcher a einen variabeln Parameter bezeich- net. Die orthogonalen Trajectorien hierzu sind Curven nach der Gleichung y = nat), wobei e die Basis der natürlichen Loga- rithmen (Taf. I, Fig. 8). Man construirt diese Trajectorien mit Hülfe der auf rechtwinklige Ooordinaten bezogenen logarithmischen Linie y = e*. 4) Die gegebenen Curven sind Parabeln oder Hyperbeln im weitern Sinn, nach der Gleichung Y”X” = c. Die Trajectorien hierzu sind gegeben durch my’ — na? = 4A; es sind gewöhnliche Hyperbeln oder Ellipsen, je nachdem n positiv oder negativ ist. 5) Die gegebenen Curven sind confocale Lemniscaten (Cas- sini’sche Ourven). Die orthogonalen Trajectorien hierzu sind gleichseitige Hyperbeln, deren Axen der Lage und Grösse nach variiren. 6) Die gegebenen Curven sind nichtconfocale Lemniscaten von der Form der getrennten Ovale in Fig. 1 auf Taf. II. Die Trajectorien hierzu sind ebenfalls nichtconfocale Lemniscaten, die aber aus einem Zweige bestehen und deren Axen die der gege- benen unter 45° schneiden. Die zusammengehörigen Ourvenstücke sind in der Figur mit gleichen Ziffern bezeichnet; eine der Curven ist ein Kreis!). Die vorstehende Aufzählung macht keinen Anspruch auf Voll- ständigkeit; damit wäre dem botanischen Publicum auch wenig ge- dient. Ich gebe sogar zu, dass die Kenntniss der mathematisch- regelmässigen Curven für das blosse Verständniss der hier zu er- örternden Frage gar nicht nothwendig ist. Da jedoch die in der Natur vorkommenden Trajectorien zur Vergleichung mit Kegel- !) Dieser Fall nach A. Wangerin in Grunert’s Archiv, Theil LV, 8.» und Tar.T: u N „ vom 29. April 1880. 417 schnitten und andern höheren Curven unwillkürlich anregen und in der Darstellung und Schematisirung zum Theil auch wohl eine entsprechende, aus dieser Vergleichung hervorgegangene Bezeichnung finden, so ist eine gewisse Übersicht über die möglichen Combina- tionen allerdings geeignet, vor einseitiger Auffassung zu bewahren, und somit von praktischem Interesse. °. Gehen wir jetzt zur Untersuchung der Abweichungen über, welche die orthogonalen Trajeetorien durch die aus dem tangen- tialen Wachsthum sich ergebenden Widerstände erfahren. Es ist zwar, wie bereits oben bemerkt, wohl denkbar, dass zwischen den beiden Wachsthumsintensitäten eine vollständige Harmonie besteht, welche Widerstände mit seitlichen Componenten von vorne herein ausschliesst. In diesem Falle bleiben natürlich die Trajectorien orthogonal. Eine solche Regelmässigkeit kommt auch hin und wieder, wenigstens ohne erkennbare Abweichungen, vor, so z. B. bei den Rissen mancher Stärkekörner, den Porenkanälen einseitig verdickter Membranen (vgl. Taf. U, Fig. 6 u. 7), stellenweise auch bei manchen Zellflächen und Zellkörpern (Markstrahlen u. dergl.). Viel häufiger jedoch sind kleine Störungen vorhanden, durch wel- che die rechten Winkel der Trajectorien um einige Grade verän- dert werden, und es wird nun unsere Aufgabe sein, das Zustande- kommen und die Natur dieser Störungen für einzelne aus den Wachsthumsverhältnissen abgeleitete Voraussetzungen kennen zu lernen. Eine der häufigsten Ursachen solcher Abweichungen liegt offenbar darin, dass das Wachsthum in tangentialer Richtung, wenn es für sich allein, d. h. gänzlich unbeeinflusst stattfände, eine geringere Intensität ergeben würde als das Wachsthum in ra- dialer Richtung. Für die Rinde unserer Bäume ist die Annahme eines solchen Gegensatzes so zu sagen selbstverständlich, und Wachsthumsvorgänge, wie sie beispielsweise im Markstrahlen- parenchym der Linde stattfinden, liefern hierfür besonders instructive Belege. Aber auch andere Zellkörper, wie die Wurzelhaube, der Centralstrang der Dicotylenwurzel bei beginnender Korkbildung inner- halb der Schutzscheide etc. lassen keinen Zweifel darüber, dass die radiale Dickenzunahme durch das active Wachsthumsbestreben 418 .. Gesammtsitzung der Zellen bedingt wird, während das Verhalten der peripherischen Zellen in der Wurzelhaube, zumal in der Nähe des Randes, ebenso dasjenige der Schutzscheide bei der Korkbildung dicotyler Wurzeln auf eine passive Dehnung, verbunden mit Wachsthum — man kann sagen auf ein passives Wachsthum — schliessen lassen. In gleicher Weise ist auch bei Zellmembranen, welche sich unter Verkleinerung des Lumens verdicken, nicht etwa eine active Con- traction der innern Membranschichten, sondern ein passives Über- einanderschieben der Micellen in Folge des radialen Wachsthums- bestrebens anzunehmen. In all’ diesen Fällen verhalten sich die tangential verlaufenden Schichten oder Zellreihen wie elastische Bänder oder Streben, welche durch das radiale Wachsthum gespannt werden und nach Maassgabe dieser Spannung nicht bloss in radialer, sondern auch in seitlicher Richtung ihren Widerstand geltend machen. Denken wir uns z. B. eine ringförmige Schicht, welche auf der einen Seite stärker in die Dicke wächst als auf der andern (Taf. II, Fig. 5), so bezeichnen die orthogonalen Trajectorien am, bn, cp und dq die Verschiebungswege, wie sie ohne die in Rede stehenden Stö- rungen beschrieben würden. Sind nun die Punkte pg und mn paarweise so gewählt, dass sie ursprünglich gleich weit von der Mediane (Symmetrieaxe) abstehen, so erfährt dieser Abstand durch das angenommene Dicekenwachsthum in pg nur einen sehr kleinen Zuwachs, während die Punkte m und n fast auf das Dreifache ihrer ursprünglichen Entfernung auseinander rücken. Eine passiv gedachte Tangentialreihe, welche diese letztern Punkte mit einan- der verbindet, wird also sehr viel stärker gespannt als eine eben- solche Reihe zwischen p und g; sie wird sich also auch mit viel grösserer Kraft zu contrahiren bestrebt sein und vermöge dieses Übergewichtes die Punkte m und n in der Richtung der Pfeile verschieben. Dasselbe gilt von beliebigen andern Punkten, welche auf der Seite des stärkern Wachsthums liegen. Da nun die Hälf- ten rechts und links von der Mediane symmetrisch sind, so ist der Gesammteffect dieser tangentialen Spannkräfte genau derselbe, wie ‚wenn die Mediane am Orte des stärksten Wachsthums die peripherischen Enden der sämmtlichen Trajeetorien näher an sich heranzöge; diese letztern erhalten in Folge dessen ungefähr die Richtung, welche in unserer Figur durch die punktirten Linien angedeutet ist. na u ai I U Bad um ne nn ne A nl va u Fa a au AT ER VER 2 U N vom 29. April 1880. ‚419 ‘Diese ° Richtungsänderungen modificiren begreiflicher Weise auch die Abstände der Trajectorien auf dem peripherischen Kreis, oder allgemein ausgedrückt: sie verändern die Breitenausdehnung der zwischen je zwei Trajectorien eingeschlossenen Flächen. Diese letztern werden auf der Seite des stärksten Dickenwachsthums nothwendig schmäler, weil hier das Contractionsbestreben der Tangentialreihen am grössten ist, und zwar erreicht die Verschmä- lerung aus demselben Grunde ihr Maximum zwischen der Sym- metrieaxe und der nächstliegenden Trajectorie. Auf der entgegen- gesetzten Seite dagegen werden die genannten Flächen in die Breite gezogen und zwar am stärksten in unmittelbarer Nähe der Symmetrieaxe, weil hier das Contractionsbestreben der Schichten am kleinsten ist. Nach den Seiten hin nimmt die Verbreiterung ab, um ganz allmälig in die Verschmälerung überzugehen; es muss sich also irgendwo gegen die Mitte zu ein neutraler Streifen be- finden, der bei der Ablenkung der Trajeetorien weder schmäler noch breiter wird. Ebenso lässt sich durch eine einfache Betrachtung zeigen, dass der Abstand zwischen der orthogonalen Trajeetorie und der ent- sprechenden abgelenkten vom Orte des stärksten Wachsthums nach beiden Seiten hin eine Zeit lang zunimmt, bis er das Maximum erreicht hat, um dann allmälig wieder abzunehmen. Denken wir uns nämlich, das Contractionsbestreben der gespannten Tangential- reihen äussere sich zunächst bloss am Orte des maximalen Wachs- thums und zwar zwischen der Mediane und den zwei nächsten (rechts und links liegenden) Trajectorien, so werden diese letztern und mit ihnen das ganze System der Trajectorien um eine ent- sprechende lineare Grösse nach dieser Seite hin verschoben. Diese Verschiebung ist natürlich mit einer passiven Verlängerung des Kreisbogens verknüpft, welcher die bezeichneten Trajectorien mit dem Orte des geringsten Zuwachses verbindet, und die lineare Verschiebungsgrösse ist für jeden Punkt des Bogens, wenn wir den letztern widerstandslos gleiten lassen, dem Abstande von je- nem Orte proportional. In gleicher Weise erfahren ja auch be- stimmte Punkte auf einem Kautschukbande, das man sich am einen Ende befestigt, am andern gezogen denkt, in Folge der Deh- nung eine um so grössere Ortsveränderung, je weiter sie vom Be- festigungspunkte entfernt sind. Lassen wir nun nachträglich die bis dahin latent gedachten Contractionskräfte ebenfalls zur Wirkung 420 Gesammtsitzung | kommen, so bedingen sie voraussichtlich auf der Seite des stärkern Wachsthums, wo sie einen viel höhern Grad erreichen, eine so bedeutende Annäherung der Trajectorien, dass die vorausgegangene kleine Dehnung mehr als aufgewogen wird, während allerdings auf der Seite des geringsten Zuwachses diese nämlichen Kräfte die daselbst vorhandene Zugspannung verstärken. Soweit sich nun die Trajectorien in Folge der Ablenkung näher rücken, summiren sich ihre respectiven Ortsveränderungen mit Rücksicht auf eine beliebige feste Axe und also auch mit Rücksicht auf ihre ursprüngliche Lage. Mit dem linearen Abstand, auf einem gegebenen Kreis ge- messen, wächst aber auch die angulare Abweichung von der recht- winkligen Schneidung. Demzufolge erreichen diese beiden Grössen in einer gewissen Entfernung von der Mediane ihr Maximum und nehmen von hier aus nach beiden Seiten hin ab. Um diesen Verschiebungsprocess, wie er sich unter der Vor- aussetzung eines freien Gleitens der tangential gespannten Schich- ten vollziehen würde, experimentell zu veranschaulichen, befestige man in A (Taf. I, Fig. 7) ein Kautschukband oder eine Draht- spirale und hänge an den Punkten a, b,c... f die beigesetzten Ge- wichte an, also 4 Gramm in a, 4 Gr. in 5, 3 Gr. in c etc. oder nach Umständen Multipla dieser Grössen. Dann ist das spannende Gesammtgewicht für jedes Theilstück durch die Summe der dar- unter befindlichen Gewichte gegeben; diese Summe beträgt für das oberste Theilstück = 15 Gramm, für das nächstfolgende 11 Gr., für das dritte 7 Gr. und so fort, wie es die auf der linken Seite beigesetzten Ziffern angeben. Die Spannung nimmt also von oben nach unten ab und zwar unter den gegebenen Umständen ungefähr in demselben Verhältniss, wie bei ungleichmässigem Wachsthum ringförmiger Bildungszonen. Man notire sich nun die Lage der Theilpunkte auf dem gespannten Bande, halte sodann das untere Ende desselben unverrückbar fest und entferne hierauf sämmtliche Gewichte; dann findet sofort Ausgleichung der Spannungen statt, wobei die Punkte a,b...e eine Verschiebung erfahren, welche der- jenigen der Trajectorien auf dem peripherischen Kreise entspricht. Die gleichmässige Spannung, welche dadurch zu Stande kommt, entspricht natürlich dem arithmetischen Mittel der Einzelspannungen in den Theilstücken, beträgt also 4 von 1+2+4+7—+11+15 — #% = 62. Demzufolge contrahirt sich das oberste Theilstück mit einem Überschuss von 15 — 62 = 81, ebenso die beiden fol- vom 29. April 1880. 421 genden mit den respectiven Kräften von 11 — 6% = 44 und 7 — 62 —4t, Die drei untern Theilstücke dagegen erfahren eine entspre- ‚chende Verlängerung, weil die in ihnen vorhandene Spannung we- niger als 62 beträgt. Aus dieser Sachlage ergibt sich ohne Wei- teres, dass das Maximum der Verschiebung nur wenig vom Punkte c absteht. In Wirklichkeit kann nun aber von einem freien Gleiten der gespannten Schichten auf den darunter liegenden, wie wir es bis dahin vorausgesetzt haben, keine Rede sein; der überall vorhan- dene anatomische Zusammenhang verhindert dasselbe. Wir kön- nen diesen Zusammenhang gewissermaassen mit der Reibung ver- gleichen, welche unser Kautschukband zu überwinden hätte, wenn es um eine rauhe Walze gelegt und dann erst den localen Oon- tractionskräften ausgesetzt würde, Wie hier ein am freien Ende des Bandes wirksamer Zug nicht leicht bis zum andern Ende sich fortpflanzt, weil der Reibungswiderstand die Kraft gleichsam ab- sorbirt, so erstreckt sich auch in gespannten Schichten die Wir- kung des vorhandenen Zuges nur auf einen Theil des Umfanges; der Rest bleibt unbeeinflusst. In Folge dessen fällt auch die Ver- schiebung der Trajectorien durchgehends geringer aus als in dem - vorhin besprochenen theoretischen Falle, und das Verschiebungs- maximum rückt von der Mitte der symmetrischen Hälften hinweg und nähert sich dem Orte des stärksten Wachsthums. Behufs richtiger Abmessung der Winkelabstände darf überdies nicht über- sehen werden, dass die neutrale Axe der Spannungen, welche in unserer Fig. 5 auf Taf. II mit der geometrischen Symmetrieaxe zusammenfällt, in Wirklichkeit mehr oder weniger davon abweicht, aus dem einfachen Grunde, weil die beiden Hälften eines excentrisch gebauten Organs keineswegs genau homogen sind, sondern sowohl in der Dehnbarkeit wie in der Festigkeit der einzelnen Theile differiren. Die beiden Hälften sind mit andern Worten ungleich stark. In Folge dessen wird die geometrische Halbirungslinie ebenfalls verschoben und zwar nach der stärkern Seite der gezo- genen Schichten hin. Nach derselben Seite divergirt alsdann auch _ die Symmetrieaxe der Spannungen (d. h. die neutrale Linie, welche weder nach rechts noch nach links abgelenkt wird) von der geo- metrischen Mittellinie. Die im Vorstehenden geschilderten Ablenkungen der Trajec- _ torien nach dem Orte des stärksten Wachsthums hin lassen sich 422 Gesammtsi zung an den verschiedensten Objecten beobachten; sie charakterisiren nicht bloss den gewöhnlichen Verlauf der Markstrablen in excen- trisch gebauten Hölzern, wir begegnen ihnen auch in der Scheitel- region "der Stämme und Wurzeln, bei letztern namentlich be- treffs der antielinen Wandrichtungen in der äussern Rinde (Taf. II, Fig. 11) und in den Kappen der Wurzelhaube, zuweilen ferner an den Orten localer Korkwucherungen oder analoger Zellbildungen, desgleichen in den ÜOystolithen von Ficus (vgl. die Abbildung der botanischen Wandtafeln von L. Kny), hin und wieder auch in den einseitig verdickten Zellmembranen mit Porenkanälen, sel- ten und schwach ausgesprochen bei Stärkekörnern. Die Tangentialspannungen, welche solche Ablenkungen be- wirken, sind übrigens nicht etwa bloss an die Bedingung excen- trischen Wachsthums geknüpft, sondern treten nothwendig auch dann auf, wenn bei allseitig gleicher Dickenzunahme die Krüm- mungen der wachsthumsfähigen Tangentialreihen (Periclinen) an verschiedenen Stellen des Umfangs ungleich sind. Ist z. B. der Querschnitt eines cylindrischen Zellkörpers von Anfang an ellip- tisch und das Axenverhältniss der wachsthumsfähigen Zone in einem bestimmten Zeitpunkt = 2: 1, so ist der grösste Krümmungs- radius, welcher den Endpunkten der kleinen Axe entspricht, 8 mal länger als der kleinste an den Enden der grossen Axe. Die Di- vergenz der orthogonalen Trajectorien ist nun aber nothwendig um so stärker, je kleiner die Krümmungsradien. Gleiche Dickenzu- nahme vorausgesetzt, erreicht daher auch die Tangentialspannung an den Enden der grossen Axe ihr Maximum, und da die Ab- nahme nach beiden Seiten hin symmetrisch stattfindet, so verhält sich diese Axe wie bei nichtconcentrischen Kreisen die Mediane: sie zieht die Trajectorien gleichsam näher an sich heran (Taf. II, Fig. 10, Querschnitt durch den innern Theil der Blattscheide ober- halb der Rhizomspitze von Convallaria majalis). Ist dagegen der Zuwachs an den Orten stärkster Krümmung in demselben Verhält- niss geringer, als die Radien stärker divergiren — was allerdings eine allmälige Annäherung zur Kreisform bedingen würde —, so verschwindet die Ungleichheit der 'Tangentialspannungen und die Trajectorien behalten ihren orthogonalen Verlauf. Theoretisch be- trachtet, lässt sich überhaupt für jedes Ourvensystem eine solche Vertheilung der Radialkräfte und der hierdurch bewirkten Zuwachse denken, dass die vorhandenen Widerstände der Tangentialreihen vom 29. April 1880. 493 zwar einen Druck nach innen ausüben, aber keine seitlichen Com- _ ponenten liefern. An einem gegebenen Object sind natürlich die fraglichen Spannungsverhältnisse nicht immer leicht zu übersehen, und es ist häufig genug unmöglich, sie aus der geometrischen Form der Schich- tensysteme ohne Weiteres abzuleiten. Man denke z.B. an die mancherlei Unregelmässigkeiten, welche in der Rinde unserer Bäume schon durch ihre ungleiche Mächtigkeit an verschiedenen ‘ Punkten und durch die Anordnung der Bast- und Sklerenchym- zellen, sowie ferner durch die im Frühjahr entstehenden Risse hervorgerufen werden. Man rechne hierzu die localen Widerstände, welche von kleinen, in der Schnittfläche oder deren Nähe befind- lichen Ästen herrühren, dann das öftere Vorkommen mehrerer Maxima im nämlichen Jahrring und die nicht übereinstimmende Lage derselben in verschiedenen Jahrringen etc. Sind die Triebe - jung, so kommen zu alledem noch die individuellen Abstufungen zwischen den grössern und kleinern Gefässbündeln, im Gegensatz zu der mehr homogenen Natur des Verdickungsringes älterer Stämme. Aber nicht bloss die dieotylen Hölzer, auch beliebige andere Zellkörper zeigen zuweilen ähnliche Unregelmässigkeiten. Ich erinnere nur an die Ungleichheiten in der Verdickung gespann- ter Membranen, an die physikalischen Verschiedenheiten der Mem- bransubstanz u. dgl. Selbstverständlich lassen sich Complicationen wie die eben aufgezählten nur in concreten Fällen einigermaassen erklären; genauere Messungen sind meist auch hier unausführbar. Aber wie sich auch diese localen Änderungen der Elastieitätsver- hältnisse gestalten mögen, sie erreichen nur selten und meist nur stellenweise einen solchen Grad, dass das im Vorhergehenden ab- geleitete Schema der Störungen verwischt oder in sein Gegentheil umgewandelt würde. Es versteht sich übrigens von selbst, dass man bei Untersuchungen dieser Art Schichtencomplexe mit zahl- reichen Störungen am besten von vorne herein ausschliesst und sich vorzugsweise an junge, etwa fünf- bis zehnjährige Äste von Linden, Ulmen etc. hält, welche nicht selten eine bewunderungs- _ würdige Gesetzmässigkeit zeigen (vgl. Taf. II, Fig. 2, Querschnitt durch einen Lindenzweig). Eine zweite Ursache der Ablenkung, die sich aber nur in Zellgeweben geltend machen kann, liegt im Vorhandensein von Druckdifferenzen (Turgescenzunterschieden) zwischen verschiedenen [1880] 30 424 Gesammtsitzung Zonen oder Grenzflächen, — Differenzen, wie sie 2. B. bei un- gleicher Nahrungszufuhr, namentlich aber bei Verwundungen ein- treten und dann während der Callusbildung eine Zeit lang erhalten bleiben. Die Trajectorien neigen sich in diesem Falle, sofern sie verschiebbar sind, nach der Seite des geringern Druckes, d. h. nach der Wundfläche oder der weniger turgescenten Seite hin, bis das alte Gleichgewicht wieder hergestellt ist. Aber schon frühzeitig macht sich gerade bei Überwallungen ein entgegengesetzter Ein- fluss geltend, den wir als weitere Ursache der Ablenkung bezeich- nen können. Dieser Einfluss kommt dadurch zu Stande, dass die Rinde des Wundholzes durch die neuen Zuwachse und noch mehr durch das Vorrücken des Callusrandes stark gespamnt wird und deshalb einen einseitigen Zug nach der gesunden Seite hin ausübt, wo ohnehin die Dickenzunahme eine beträchtlichere ist. Die Mark- strahlen erscheinen demzufolge vom Callusrande hinweggebogen, zuweilen so stark, dass sie die Grenzlinie zwischen Holz und Rinde unter Winkeln von 60—70° schneiden. An der Stelle, wo die vor der Verwundung vorhandenen Xylemstrahlen nach aussen in die nach der Verwundung entstandenen Fortsetzungen über- gehen, erscheinen dieselben deutlich gebrochen; ja in manchen Fällen ist die Schubwirkung in der Berührungszone so stark, dass die zunächst dem Callusrande befindlichen Markstrahlen nicht bloss gebrochen, sondern seitlich verschoben erscheinen, d. h. ein kleines Stück eines solchen Strahls durchsetzt die Berührungszone in tan- gentialer oder tangential-schiefer Richtung, um dann wieder in die mehr radiale überzugehen (Taf. II, Fig. 9, Querschnitt durch einen Zweig von Cytisus Laburnum). Die Wirkungen der im Vorstehenden bezeichneten Zugkräfte, soweit sie durch Schiefstellung der Trajectorien sich kundgeben, erstrecken sich bei unsern Hölzern begreiflicher Weise zunächst auf den Verdickungsring, dessen Zellreihen am wenigsten Wider- stand leisten. Es scheint mir indess aus einzelnen Thatsachen hervorzugehen, dass bisweilen auch der Splint bis auf eine gewisse Tiefe dem vorhandenen Zuge mehr oder weniger nachgibt, in dem Sinne, dass Ursachen, welche beispielsweise im Sommer 1880 zu wirken beginnen, auch den Holzring des Jahres 1879 um eine ge- wisse Grösse verschieben. Ich schliesse dies namentlich aus dem Verhalten der Markstrahlen in den Fällen, wo die Maxima des Zuwachses in zwei aufeinander folgenden Jahrringen c. 40— 50° an ANETTE SO BELTEN DEE! vom 29. April 1880. 425 2 gegen einander verschoben sind. Wäre der Splint unverrückbar, _ so müsste hier derjenige Xylemstrahl, welcher mit der Symmetrie- _ axe der Spannungen im ältern Jahrring zusammenfällt, in diesem selbst orthogonale Kreuzung, im nächst jüngern dagegen maximale Ablenkung zeigen und folglich in der Berührungslinie der beiden Jahrringe schwach gebrochen erscheinen. Das trifft nun zwar in - den meisten Fällen zu, war aber doch an einzelnen der untersuch- - ten Objecte nicht zu constatiren. Es bedarf indess weiterer Beob- _ achtungen, um diese Frage definitiv zu entscheiden. Endlich kommt in Zellgeweben eine scheinbare Abweichung von der rechtwinkligen Schneidung auch dann zu Stande, wenn die Wandungen der Zellen, welche die einzigen Spuren der durch Wachsthum bedingten Verschiebungen bilden, von Anfang an schief, statt senkrecht zur Schichtung gestellt sind. Ist z.B. abed (Taf. II, Fig. 4) eine solche Zelle, so beschreiben die Punkte c und d wäh- rend des peripherischen Wachsthums und der damit verbundenen Zelltheilangen die durch punktirte Linien angedeuteten Bahnen cc, und dd,, während «a und b, wie wir der Einfachheit wegen an- nehmen wollen, ihre Lage beibehalten. Die Wände ac und dd gehen also in die schiefen Linien über, welche nach den Punkten Cıdı „Cad, ,C3d; etc. gezogen sind. Als Endergebniss erhalten wir die gebrochenen Linien ac, und ad,, welche mit den eigentlichen Verschiebungsbahnen offenbar nicht coincidiren; man sieht indessen leicht ein, dass sie, in Graden ausgedrückt, um so weniger von denselben abweichen, je länger die zurückgelegten Wege. Damit ist zugleich gesagt, dass die beim Wachsthum sich bildenden Com- —. * _ plexe anticliner Zellwände, auch wenn diese letztern ursprünglich beliebig orientirt sind, stets mehr oder weniger genau die Trajec- torien bezeichnen, in welchen die kleinsten Theilchen allmälig wei- ter nach aussen rücken. Die Übereinstimmung wird so vollständig als möglich, wenn die anticlinen Wandrichtungen von Anfang an dem Verlaufe der Trajectorien entsprechen. Es gibt nun freilich noch Störungen ganz anderer Art, wel- che unter Umständen die Richtung der Zellreihen total verändern, zugleich aber mit wirklichen Verschiebungen der Theilchen ver- bunden sind: ich meine die Ungleichheiten des spätern intercalaren Wachsthums in einer mit den Trajectorien sich kreuzenden Rich- tung. So verlaufen z.B. bei manchen exotischen Orchideen die Zellreihen der Wurzelhülle ursprünglich radial, auf dem medianen 30* 426 Gesammtsitzung Länosschnitt quer, im ausgewachsenen Zustande dagegen schief- longitudinal und zwar von der innern Grenze am basiscopen Ende nach der Aussenseite des acroscopen. Es mag indessen genügen, auf diese Verschiebungen, die den eigentlichen Kern unserer Frage nicht berühren, kurz hingewiesen zu haben. Sr 4. Nachdem ich im Vorhergehenden die verschiedenen Vorkomm- nisse, -welche nach :meiner Auffassung aus demselben mechanischen Hintergrunde heraus zur Erscheinung kommen, im Zusammenhange zu erläutern versucht habe, scheint es mir geboten, nachträglich diejenigen Punkte noch besonders zu beleuchten, in welchen meine Darstellung mit derjenigen von Sachs!) nicht übereinstimmt. Sachs erklärt sowohl die Richtung der Markstrahlen als der anti- clinen Zellreihen in der Scheitelregion von Stämmen und Wurzeln aus der-Art und Weise, wie beim Wachsthum durch Zellbildung die neuen Wände sich an die schon vorhandenen ansetzen. Als Regel wird hierbei die „rechtwinklige Schneidung“ angenommen, die ja auch unzweifelhaft in vielen Fällen annähernd zutrifft. Der Verlauf der Markstrahlen und der antielinen Reihen in Zellflächen und Zellkörpern fällt hiernach unter denselben Gesichtspunkt, wie die Wandrichtungen in Sporen, Eizellen, Pollenmutterzellen, Schei- telzellen etc. Überall ist es die rechtwinklige Schneidung, als Regel für die Wandbildung in der Zelle gedacht, welche den Verlauf der Trajectorien bestimmt. Mechanische Momente kommen dabei nicht in Betracht, denn die Vorgänge innerhalb der Zelle sind mechanisch unerklärt. | | Nach meiner Auffassung dagegen bilden die Zelltheilungen eine Erscheinung für sich, die ich im Vorhergehenden nieht be- rührt habe, und die trajecetorische Reihenbildung wird aller Orten von denselben mechanischen Principien beherrscht, ‘welche die Richtung der Micellarreihen in Stärkekörnern und verdickten Zell- membranen .etc. bedingen. Damit soll natürlich nicht in Abrede gestellt sein, dass der Parallelismus zwischen den später auftreten- den Einzelwänden und den Trajeetorien wesentlich zur Verdeut- lichung des Bildes beiträgt; mit andern Worten: dieser Parallelis- 1) Arbeit. des bot. Instituts in Würzburg, II. Bd. S. 46 u. 185. vom 29. April 1880. 427 "mus erhöht den Effect, auf den es hier ankommt, aber er ist nicht die Bedingung desselben. ' 4 Gerade die Markstrahlen, welche mit zu den deutlichsien und - instructivsten Trajectorienbildungen gehören, liefern ein vortreff- liches Beispiel für die Richtigkeit dieser Auffassung. Es sei bed in der schon oben citirten Fig. 4 auf Taf. II eine Zelle des - Markstrahlenmeristems, ab die Xylem-, cd die Rindenseite der- selben. Die Seitenwände sind absichtlich beliebig schief angenom- _ men. Dann rücken die Punkte e und d, wie wir gesehen haben, in Folge der Thätigkeit des Verdickungsringes auf den durch _ punktirte Linien bezeichneten Wegen nach aussen, und nur wenig verschieden davon ist die Richtung, in welcher die ursprünglichen Wände ac und bd in spätern Stadien verlängert erscheinen. Um _ diese Verlängerungen mit annähernder Genauigkeit zu construiren, hat man nur nötbig, die Formveränderungen unserer Meristemzelle _ für eine grössere Anzahl von Stufen anzugeben und auf jeder - Stufe einen innern Theil der Zelle in den unveränderlichen Dauer- _ zustand übergehen zu lassen (die Fortsetzung auf der Aussenseite _ mag der Vereinfachung wegen vernachlässigt werden). Und um die seitlichen Wände dieses fixirten Theils thatsächlich vor jeder “ Verschiebung zu schützen, kann man sich einen beliebigen Wand- _ bildungsprocess in den Nachbarzellen oder im Markstrahl selbst hinzudenken, wie er in der Figur durch das rechtwinklige Gitter- _ werk veranschaulicht ist. Die neu auftretenden Zellwände haben also für unsere Betrachtung bloss den Zweck, die seitlichen Grenz- linien des Markstrahls in derjenigen Lage festzuhalten, in welcher _ der Übergang zum Dauergewebe stattgefunden; ihre Richtung ist völlig irrelevant. Betreffend die weitere Durchführung der Con- struetion verweise ich auf die Figur, zu deren Erklärung ich bloss "noch beifüge, dass die successiven Lagen der Wand cd mit c.d,, 6dy,6;dz... und die fixirten Zuwachse des Dauerzustandes der _ Reihe nach mit 1,2,3... bezeichnet sind, wobei übrigens die peri- _eline Grenzlinie nach Form und Neigung beliebig gezogen werden kann. Das Übrige ist aus den gezeichneten Linien zu ersehen. "Als resultirende Grenzwände des Markstrahls im Dauerzustande erhält man die gebrochenen Linien ac, und bd,, welche das ganze System der Geraden nach innen begrenzen; für unendlich viele Stufen gehen dieselben in Curven über, welche den punktirten 428. Gesammtsitzung Trajectorien Ce und dd, rasch näher rücken. Die Mitte des Mark- strahls fällt genau mit der vorgezeichneten Trajectorie zusammen. Es kann hiernach keinem Zweifel unterliegen, dass die Fort- setzung des Markstrahls nach aussen einzig und allein durch die radiale Verlängerung der gegebenen Meristemzelle und die damit verbundene fortschreitende Differenzirung auf ihrer Innenseite be- dingt wird. Ob sich diese Zelle im Verlaufe 'des Wachsthums- processes irgendwie theilt oder in unserer Vorstellung etwa bloss nach Art der Diatomeen eine allmälig vorrückende wachsthums- fähige Zone besitzt, aus welcher nach innen der Dauerzustand hervorgeht, das hat auf die Richtung des resultirenden Markstrahls keinen Einfluss. Es kommt überhaupt nicht darauf an, ob das kleine Flächenelement abed in Fig. 4 als Zelle oder Zellgruppe, oder als homogene Substanz gedacht wird, sondern bloss darauf, dass diesem Flächenelement das vorausgesetzte Wachsthumsbe- streben zukommt, und dass die daraus hervorgehenden Dauer- produkte in derjenigen Lage fixirt bleiben, die sie während der Bildung eingenommen. Dieselbe Betrachtungsweise lässt sich bei andauerndem Wachs- thum in einer Richtung überall anwenden. Wächst z. B. eine be- liebige Gewebezelle vorherrschend in der Längsrichtung, und sind die entstehenden Dauerproducte von gleicher Beschaffenheit und überdies von den benachbarten deutlich verschieden, so bilden sich nothwendig längsverlaufende Reihen oder Stränge. Man denke z.B. an die Entwicklung der porösen Gefässe, der Siebröhren, der gegliederten Milchsaftgefässe u. s. w., sowie überhaupt an die Längsreihen im Mark- und Rindenparenchym oder in beliebigen andern Geweben mit intercalarem Wachsthum. Und wenn das fragliche Gewebe zugleich eine quer gestellte Wachsthumszone be- sitzt oder überhaupt quer verlaufende Schichten unterscheiden lässt, so bilden natürlich die Längsreihen rechtwinklige Trajeetorien zu diesen Schichten. Aus demselben Grunde ordnen sich die Kork- zellen in Folge der radialen Streckung ihrer Mutterzellen in gleich gerichtete Reihen, welche die Schichten des Korkes, wo solche vorhanden sind, ungefähr rechtwinklig schneiden, und ähnliche Beispiele liefern auch die innern Rindenzellen vieler Wurzeln, die Meristemreihen von Dracaena etc. Dabei ist wohl zu beachten, dass in manchen hierher gehörigen Fällen sowohl die ursprüng- lichen wie die neu auftretenden Wände schief zur herrschenden ar vom 29. April 1880. 429 _ Wachsthumsrichtung gestellt sind, die Reihenbildung aber dessen- "ungeachtet stets deutlich hervortritt. | d, Zum Schlusse glaube ich einige der hierher gehörigen Fälle, F insbesondere die auf Taf. II dargestellten mikroskopischen Objecte P "noch speciell besprechen zu sollen. In Fig. II der genannten Ta- :: fel ist die schematisirte Querschnittsansicht eines Lindenzweiges wiedergegeben, um den Verlauf der Markstrahlen in der peripheri- schen Jahresschicht zu veranschaulichen. Die Neigungswinkel sind nach einer mit der Camera aufgenommenen ÖOriginalskizze mit _ möglichster Genauigkeit, jedoch nur für eine bestimmte Anzahl # von Punkten und unter Vernachlässigung etwaiger schwacher Krümmungen eingetragen. Die Symmetrieaxe der Spannungen D: trifft die Umrisslinie in a; sie fällt also annähernd (aber nicht D genau) mit dem Orte des stärksten Wachsthums zusammen. Die E; Ablenkung der Markstrahlen von der orthogonalen Richtung nimmt nach beiden Seiten bis zu den mit m bezeichneten Punkten zu und jenseits dieser Punkte wieder ab, um in d und c auf Null herunter- zusinken. Das Maximum der Ablenkung beträgt auf der linken Seite —= 21° (die Neigung zur Umrisslinie also = 69°), auf der rechten Seite dagegen nur — 12° (Neigung zur Umrisslinie = 78°). Dergleichen Differenzen sind in der Natur etwas Gewöhnliches, wenn sie auch nicht immer diesen auffallenden Grad erreichen; sie haben ihren Grund darin, dass die Rindenhälften rechts und links von der Axe ungleiche Zugkräfte entwickeln, was gewöhnlich schon durch die ungleiche Mächtigkeit angedeutet ist. Auf den nächst innern Jahrring scheinen diese Verschiebungsvorgänge ohne Einfluss geblieben zu sein. Ein erheblich complicirteres Beispiel abgelenkter Markstrahlen ist in Fig. 8 auf Taf. II abgebildet. Die Figur stellt einen Stamm- . querschnitt von Passerina filiformis dar. Die vier äussern Jahrringe ' sind mit den Ziffern 7, 2, 5, 4 bezeichnet; in jedem Jahrring steht die zugehörige Ziffer in der Nähe der Symmetrieaxe. Die Ablen- kungen der Markstrahlen innerhalb einer Jahresschicht sind nor- mal; da jedoch die Maxima des Zuwachses nicht in denselben Radius fallen, sondern mehr oder weniger, für 2 und 3 beispiels- weise um c. 90° gegen einander verschoben sind, so erscheinen die Markstrahlen an der Grenze der betreffenden Jahrringe ge- ee ee EEE EEE Tr AT EN 430 ‚ Gesammtsitzung y brochen. Hiernach ist auch in diesem Falle die Richtung der Markstrahlen im einzelnen Jahrring nur abhängig von den Zug- kräften, welche während seiner Entstehung wirksam waren; nach- trägliche Verschiebungen lassen sich nicht constatiren. Von Ablenkungen der Radialreihen bei elliptischer Form der Periclinen habe ich in Fig. 10 der nämlichen Tafel einen Quer- schnitt durch die jugendliche Blattscheide eines Rhizoms von Con- vallaria majalis, und zwar nur die Partie innerhalb des Gefäss- bündelringes, dargestellt. Die Figur soll nicht das eigentliche Zellnetz, sondern bloss die schiefwinklige Kreuzung der Reihen als Folge der stärkern Spannung in den Scheiteln der Ellipsen veranschaulichen. Man begegnet übrigens ganz analogen Abwei- chungen auch bezüglich des Markstrahlenverlaufes in Stammorganen mit elliptischem Querschnitt. Nur kommt es hier öfter vor, dass der Zuwachs in der Richtung der kleinen Axe viel stärker ist, so dass die elliptische Querschnittsform des jungen Zweiges schon frühzeitig in die kreisförmige übergeht. In diesem Falle besitzt häufig der stärkere Zuwachs das Übergewicht über die stärkere Krümmung und verschiebt dementsprechend die Trajectorien nach der kleinen Axe zu. Endlich ist in Fig. 11 noch ein Gewebe mit nicht geschlosse- ner Umrisslinie, nämlich der Wurzelkörper von Triticum repens (mit Weglassung der Wurzelhaube) dargestellt, um die Ablenkung der Radialwände in der Epidermis zu veranschaulichen. Die ver- dickte Aussenwand nimmt hier offenbar am Scheitelwachsthum nicht im gleichen Maasse activen Antheil, wie das übrige Gewebe; sie wird daher durch das Vorrücken des Urmeristems gespannt, und da sie nach unten zu stärker wird, so zieht sie die ursprünglich rechtwinkligen Wände nach rückwärts. Die Ablenkung erreicht ihr Maximum in m, wo sie c. 20° beträgt; von da an nimmt sie wieder ab und verschwindet allmälig, Dabei verdient noch der | Umstand Beachtung, dass die intercalaren Wände, welche nach- träglich in der Epidermis entstehen, den abgelenkten gewöhnlich parallel verlaufen, also schon im Moment der Entstehung schief gestellt sind. Ähnliche Verschiebungen der Wandrichtungen und der trajeec- torischen Reihen durch den Zug gespannter Schichten kommen im Gewebe häufig vor. Die peripherischen Kappen der Wurzelhaube- zeigen z. B. in vielen Fällen eine Annäherung der Anticlinen an vom 29. April 1880. 431 die Mediane, ebenso die Zellreihen der Ovulaete. Das Vorhanden- sein eines tangentialen Zuges ist allerdings bei manchen hierher gehörigen Geweben nicht constatirt, weil bis jetzt Niemand darauf geachtet hat; für die peripherischen Schichten der Wurzelhaube jedoch ist daran nicht zu zweifeln. Was nun noch die nichtzelligen Gebilde betrifft, deren kleinste Theilchen ebenfalls trajectorische Curven beschreiben, so habe ich in Fig. 6 der Taf. II zwei einseitig verdickte Zellmembranen aus der Schutzscheide des Rhizoms von Triticum repens, in Fig. 7 eine mechanische Zelle aus der Granne von Arrhenatherum elatius dar- gestellt. Die Porenkanäle dieser Zellwände schneiden die Schich- ten ziemlich genau rechtwinklig. Bei der Durchmusterung zahl- reicher Fälle habe ich indess eine Ablenkung nach dem Orte des stärksten Zuwachses hin wiederholt beobachtet. Dagegen bemerke ich ausdrücklich, dass extrem schiefwinklige Kreuzungen, wie man sie hin und wieder in den zur Veranschaulichung der Porenkanäle bestimmten Abbildungen dargestellt findet!), in Wirklichkeit nie- mals vorkommen. Bezüglich der Risse in Stärkekörnern verweise ich auf die Darstellungen Nägeli’s. Wie bekannt, verlaufen dieselben ziem-. lich genau rechtwinklig zur Schichtung. Um solche Risse hervor- zurufen, lässt man die Körner am besten einige Zeit in Alcohol liegen und bringt sie nachher in Wasser oder in verdünntes Gly- cerin. Quellungsmittel, welche eine Structuränderung bewirken, sind weniger günstig. Um durch perspectivische Ansichten nicht irre geführt zu werden, ist es rathsam, nur solche Spalten zu beobachten, welche unter dem Mikroskop genau senkrecht stehen und demgemäss beim Wechsel der Einstellung keine Verschiebungen zeigen. An solchen Profilansichten feiner Rissflächen habe ich entweder keine oder doch nur sehr geringe Ablenkungen von der rechtwinkligen Schneidung beobachtet. 1) Vgl. z.B. Weiss, Anatomie der Pflanzen S. 30 Fig. 38. 432 Gesammtsitzung Erklärung der Tafeln. Tafel I. Fig. 1—6 u. 8: Verschiedene Ourvensysteme und ihre Trajectorien. Fig. 1. Cardioiden, welche um 180° gegen einander gedreht erscheinen. Fig. 2. Curven, welche an die Wandrichtungen in der Wurzelhaube erinnern; die Kappen Neil’sche Parabeln, ihre Trajectorien gewöhnliche Parabeln. Fig. 3. Nichtceoncentrische Kreise, die sich von innen in einem Punkte berühren, die Centren sämmtlich auf der Ordinatenaxe. Ihre Trajectorien sind ebenfalls Kreise, die den Berührungspunkt mit jenen gemein haben, de- ren Centren aber auf der Abscissenaxe liegen. Fig. 4. Nichtconcentrische Kreise, die sich nirgends berühren; die ; Centren auf der Abscissenaxe. Die Trajectorien hierzu sind ebenfalls Kreise, welche sämmtlich durch die Punkte © und ’ gehen und deren Centren auf der Ordinatenaxe liegen. | Fig. 5. Ähnliche und ähnlich gelegene Ellipsen, deren Axen sich ver- { halten wie 1:y2. Die Trajectorien sind gewöhnliche Parabeln. i Fig. 6. Lemniscaten von der Form ©; ihre Trajectorien ebenfalls Lem- | niscaten, aber um 45° gegen jene gedreht. Fig. 7. Elastisches Band zur Erläuterung der Spannungen und ihrer Ausgleichung in den Tangentialreihen. | Fig. 8. Gewöhnliche Parabeln, welche an die Kappen der Wurzel- haube erinnern; die Trajectorien sind Curven, welche der Gleichung 1 y— e »*+9 entsprechen. Tafel II. Fig. 1. Nichtconfocale Lemniscaten von der Form der getrennten Ovale; die Trajectorien sind ebenfalls nichteonfocale Lemniscaten, die aber nur aus einem Zweige bestehen und um 45° gegen jene gedreht sind. Die zusammengehörigen Curvenstücke sind mit den nämlichen Ziffern bezeichnet. Fig. 2. Schematisirter Querschnitt durch einen Lindenzweig, um die Richtung ddr Markstrahlen im peripherischen Jahrring zu veranschaulichen. Fig. 3, A. System concentrischer Schichten, welche durch einseitig ge- fördertes Dickenwachsthum in das nichtconcentrische System B übergehen, wobei die radialen Reihen zu orthogonalen Trajectorien werden. Fig. 4. Construction zur Erläuterung der Reihenbildung für den Fall, dass die ursprünglichen Wände ac und bd einer Meristemzelle schief gegen die orthogonal-trajectorische Richtung gestellt sind. Fig. 5. Construction, um das Zustandekommen eines Zuges nach der Symmetrieaxe durch einseitig gefördertes Wachsthum zu erklären. I Monatsbericht d KA. d.W 1880. p. 314. Taf T. DE \\ı/ SH art IR Ce B SH “ LOST N SH SI IA KURS 10087 wege LA SD RN we —a En il. Monatsbericht d.fi.A.d.W 1880. 9.37%. Taf. Schwendener del. CE £ Schmidt lith. Ra tun 0 6 ET EEE DEE WER #, Au EEE INETENEE: vom 29. April 1880. 433 Fig. 6. Zellen mit einseitiger Wandverdickung aus dem Rhizom von Triticum repens. Die Porenkanäle bilden orthogonale Trajectorien. Fig. 7. Eine ähnlich verdickte Zelle aus der Granne von Arrhenatherum _elatius. Fig. 8. Querschnitt durch den Stamm von Passerina filiformis. Da die Maxima des Zuwachses in den successiven Jahrringen nicht in den gleichen Radius fallen, so erscheinen die Markstrahlen an der Grenze gebrochen. Fig. 9. Querschnitt durch den Stamm von (ytisus Laburnum. Zeigt das Verhalten der Markstrahlen bei Überwallungen. Fig. 10. Querschnitt durch die Blattscheide oberhalb der Rhizomspitze von Convallaria majalis, innerer Theil. Die Figur veranschaulicht die Ab- lenkung der Anticlinen bei elliptischer Form der Periclinen. Fig. 11. Medianer Längsschnitt durch den Wurzelkörper von Triticum repens. Zeigt die Ablenkung der radialen Wände in der Epidermis; Maxi- mum der Ablenkung bei m. Hr. Auwers legte folgende Mittheilung des Hrn. Professors H. C. Vogel in Potsdam vor. Über eine einfache Methode zur Bestimmung der Brenn- punkte und der Abweichungskreise eines Fernrohr- objeetivs für Strahlen verschiedener Brechbarkeit. ‚Stellt man das Ocular eines auf einen Stern gerichteten astro- nomischen Fernrohrs so ein, dass der Stern ein möglichst kleines Bild zeigt, und bringt hinter dem Ocular einen Prismensatz mit gerader Durchsicht an, so wird das Sternbild in ein Spectrum aus- ‘gezogen, welches durchaus nicht linear ist, sondern in den meisten Fällen eine Figur zeigen wird, ähnlich der in Fig. 1 der Tafel dar- gestellten. Nur die intensivsten Theile des Spectrums sind nahezu in eine Linie zusammengedrängt, während das Spectrum sich be- sonders nach dem blauen Ende stark verbreitert. Die Ursache dieser Erscheinung liegt in dem unvollkommenen Achromatismus des Objectivs. Bei der Einstellung des Oculars kommen nur die Strahlen, welche den stärksten Eindruck auf das Auge machen (Roth, Gelb und Grün) und welche bei einem gut achromatisirten Objectiv sich 434 Gesammtsitzung nahezu in einem Punkte vereinigen, in Betracht, dort ‚vereinigen sich jedoch die blauen und violetten Strahlen nicht. Letztere wer- den in einer Ebene, senkrecht auf der optischen Axe des Fern- rohrs in dem Vereinigungspunkte der intensivsten Strahlen ge- dacht, den Stern nicht punktartig, sondern als ein Scheibchen von um so grösserem Durchmesser darstellen, je weiter ihr Schnittpunkt von der erwähnten Ebene absteht. Der Durchmesser dieser Scheib- chen, der sogenannten chromatischen Abweichungskreise, könnte nun aus der erwähnten Figur, welche das Speetrum zeigt, durch directe Messung mit Hülfe eines Mikrometers für jede Farbe ge- funden werden, denn offenbar entspricht das Verhältniss der Breite des Spectrums in einer Farbe zu der Breite desselben in einer anderen Farbe dem Verhältniss der Durchmesser der Abweichungs- kreise für diese Farben. Viel leichter und sicherer erreicht man jedoch den Zweck, wenn man das Ocular mit dem daran befestig- ten Prismenkörper in der optischen Axe verschiebt. Bei der klein- sten Veränderung der Oculareinstellung ändert sich die Figur des Spectrums, man bemerkt eine Einschnürung, welche bei den mei- sten achromatischen Objectiven sich nach dem Violett verschieben wird, wenn man das Ocular weiter herausbewegt. Die Erschei- nung erfolgt da, wo sich die betreffenden Strahlen in einem Punkte schneiden, man braucht daher nur die Verschiebung des Oculars mittelst einer am Auszugsrohr angebrachten Theilung zu messen, welche nöthig ist, um den Einschnürungspunkt im Spectrum von Blau nach Violett zu verlegen, um sofort die Entfernung der Ver- einigungspunkte der blauen und violetten Strahlen und somit auch, durch eine leichte Rechnung, die Grösse der Abweichungskreise zu haben. Wählt man zur Untersuchung einen hellen weissen Stern, so sieht man in dem verbreiterten Theile des Spectrums deutlich die breiten dunklen Wasserstofflinien, welche direct benutzt werden können, um für ganz bestimmte Stellen des Spectrums die Lage der Brennpunkte und die Grösse der Abweichungskreise zu finden. Eine Darstellung der Erscheinung in dem hiesigen Refractor von 298mm Öffnung von Schröder in Hamburg ist in den Figuren 1 bis 4 gegeben. Fig. 1 zeigt die Form des Spectrums, wenn das Ocular auf die intensivsten Strahlen des Spectrums (Gelb), Fig. 2, wenn dasselbe auf rothe Strahlen von der Wellenlänge Z, eingestellt ist. Es findet dann eine zweite Einschnürung im Blau vom 29. April 1880. 435 zwischen den Wasserstofflinien 75 und H, statt, diese violetten Strahlen haben also mit 7, einen gemeinsamen Vereinigungspunkt. Fig. 3 giebt die Form des Spectrums, wenn auf den Vereinigungs- punkt der äussersten rothen Strahlen eingestellt worden ist, die zweite Einschnürung im Violett ist in dem Falle mehr nach H, gerückt. Endlich ist Fig. 4 eine Darstellung des Spectrums, wenn auf den Vereinigungspunkt der Strahlen von der Wellenlänge HZ, eingestellt wurde. | | Zum Vergleich sind noch die Figuren la und 3a hinzugefügt, welche die Erscheinung im Berliner Refractor von Fraunhofer dar- stellen. Man sieht daraus, wie die Methode geeignet ist, mit einem Blicke die Verschiedenheit in der Achromatisirung zweier Objective zu erkennen. Während Fraunhofer bemüht gewesemist, die rothen, grünen und gelben Strahlen möglichst zu vereinigen, und auf die blauen und violetten Strahlen weniger Rücksicht genommen hat, hat Schröder die äussersten rothen Strahlen ausser Acht gelassen und vereinigt mehr die Strahlen mittlerer Brechbarkeit. Es dürfte diese Verschiedenheit wohl keine zufällige, sondern eine aus prak- tischen Gründen zu erklärende sein. Da die Fraunhofer’schen Ob- jective alle mehr oder weniger grünlichgelb gefärbt sind, demnach das Blau und Violett nicht unerheblich absorbiren, machten sich diese Farben in den Bildern weniger störend bemerkbar. Bei den neueren, möglichst farblosen Glassorten, wie sie Schröder zu seinen Objeetiven anwendet, war es geboten, den blauen Strahlen mehr Rechnung zu tragen und die Achromatisirung so vorzunehmen, dass ihr schädlicher Einfluss auf die Bilder geringer würde. Dass die soeben erläuterte Methode zur Auffindung der Brenn- punkte und Abweichungskreise für die verschiedenfarbigen Strahlen zunächst für den Optiker nicht ohne Nutzen sein dürfte, möchte ich schon daraus entnehmen, dass Dr. Schröder in Hamburg schon vor einigen Jahren das Bedürfniss gefühlt hat, die Abweichungs- kreise bei seinen Objectiven praktisch zu bestimmen, und zu dem Zwecke sich eines besonderen Apparats bedient. Derselbe besteht aus einem künstlichen Doppelstern, bei welchem die Farbe und die Entfernung der Componenten verändert werden kann. Der Apparat wird weit entfernt aufgestellt, und kann aus der Entfernung, wel- che man den beiden künstlichen Sternen bei verschiedenen Farben und derselben Oeculareinstellung geben muss, um im Brennpunkt des Fernrohrs den Doppelstern getrennt zu sehen, die Grösse der 436 Gesammtsitzung Abweichungskreise berechnet werden. Entschieden ist diese Me- thode, abgesehen von der Schwierigkeit, den beiden Sternen eine Farbe von bestimmter Wellenlänge zu geben, gegenüber der von mir angegebenen, umständlich und zeitraubend, erfordert auch einen besonderen Apparat, während ein kleiner, leicht zu beschaffender Prismensatz mit gerader Durchsicht vor dem Ocular angebracht, überall da ausreichen wird, wo es nicht auf die allerfeinsten Be- stimmungen und Messungen ankommt. Soll jedoch auch das er- reicht werden, so ist an Stelle des Oculars ein grösserer zusammen- gesetzter Spectralapparat zu setzen. Ist derselbe mit einer Vor- richtung zur Positionsbestimmung der Spectrallinien versehen, so kann man für jede beliebige Wellenlänge mit aller nur wünschens- werthen Schärfe die Lage der Brennpunkte und Abweichungskreise ganz in derselben Weise durch Benutzung des Spectroskops in der optischen Axe des Fernrohrs und Beobachtung der schmalsten Stelle des Speetrums ermitteln!). Eine fernere Anwendung der beschriebenen Methode ergiebt sich in allen Fällen, in welchen ein Fernrohr ausser seiner ge- wöhnlichen Bestimmung zu anderen Zwecken z. B. zum Photogra- phiren verwendet wird. Man braucht hier nur den Unterschied zwischen dem Vereinigungspunkt der Strahlen mittlerer Brechbar- keit und sodann derjenigen, welche besonders für das anzuwendende photographische Verfahren wirken (was bekanntlich bei verschie- denen photographischen Methoden sehr verschieden ist), zu er- mitteln und ist so der mühevollen Aufsuchung des sogenannten chemischen Focus durch photographische Versuche überhoben. Die grosse Wichtigkeit einer möglichst sorgfältigen Focalein- stellung bei feinen astronomischen Messungen ist bekannt. Es ist aber die Einstellung auf einen Stern bei etwas unruhiger Luft immer mit beträchtlicher Unsicherheit behaftet, sie ist ferner abhängig vom Accommodationsvermögen des Auges und ist um so unsicherer, je grös- ser das Accommodationsvermögen des Auges ist. Ferner ist es nicht gleichgültig, ob man einen rothen oder weissen Stern beobachtet, ja selbst bei verschiedener Durchsichtigkeit der Luft wird man auf ein und dasselbe Object etwas anders einstellen, da ein leichter 1) Das Spectroskop ist ohne Cylinderlinse anzuwenden. Man kann auch hier einen künstlichen, durch eine Lampe, zerstreutes Tageslicht oder elektrisches Licht erleuchteten Stern benutzen. VEIT 5 vom 29. April 1880. 457 Wolkenschleier, der oft sehr günstig zu feinen Messungen ist, das Blau und Violett stark absorbirt, und man daher in einem solchen Falle geneigt sein wird, mehr den Vereinigungspunkt der weniger brechbaren Strahlen zu berücksichtigen. Es dürfte sich daher wohl zu feinen astronomischen Messungen die Einstellung mittelst eines kleines Ocularspectroskops empfehlen, da auf diese Weise, frei von den genannten Einflüssen, jederzeit sicher der Vereinigungspunkt einer ganz bestimmten Strahlengattung ermittelt werden kann. Praktisch würde man so verfahren, dass man das Ocular zunächst so scharf als möglich auf die Fäden einstellt, dann einen kleinen Prismensatz vor dem Ocular anbringt und das Fernrohr auf einen hellen, weissen Stern, der die breiten Wasserstofflinien zeigt, richtet. Durch Verschiebung des Auszugsrohrs am Ocularende des Fern- rohrs verlegt man die Einschnürung im Spectrum etwa nach H, im Violett, entfernt den Prismensatz und bewegt den Ocularauszug um den constanten, aus vielen Versuchen ermittelten Unterschied zwischen dem Vereinigungspunkt der auf das Auge des Beobachters am stärksten wirkenden Lichtstrahlen und dem von H,. Ich theile schliesslich noch einige Untersuchungen mit, welche ich an vier verschiedenen Fernröhren ausgeführt habe. Aus den- selben wird der Grad der Genauigkeit ersichtlich sein, der sich bei der Bestimmung der Brennpunkte für Strahlen verschiedener Wellenlänge erreichen lässt. Die Untersuchungen an dem Schröder- schen und Grubb’schen Fernrohre des hiesigen Observatoriums sind mit einem grösseren, zusammengesetzten Spectralapparate, die am Fraunhofer’schen Refractor der Berliner Sternwarte und an einem kleineren Steinheil’schen Refractor hier, mit einem kleinen Ocularspectroskop, und zwar alle am Sirius ausgeführt. Ich habe der Einfachheit wegen nicht erst die direct beobach- teten Einstellungen am Auszugsrohr aufgeführt, sondern gleich die Unterschiede von der Einstellung auf die F-Linie angegeben, wo- bei ein negatives Vorzeichen eine Verkürzung des Focus, ein po- sitives dagegen eine Verlängerung andeutet. 438 Gesammtsitzung: : Objectivöffnung 298", Brennweite 54100mm, # N m von Schröder. Beob. am 13. März 1380. Wellen-Länge Differenz der Einstellungen Mill. Mm. inMm. in Einh. d. mittl. Brennw. —— N — nn ——— (Mittel aus 2 Einst.) 680 + 3.5 —+.0.00065 C 656 + 24 —+0.00044 Dog — 0.5 . —0.00009 Di 0.0 0.00000 560 — ‚1.2 —0.00022 ab. — ‚1.6 —0.00030 526 — 1.5 —0.00023 512 — 2.3 —0.00043 500 — 1.0 —0.00019 fF' 486 0 0 476 + 21 —+.0.00039 452 + 3.1 —+0.00057 445 + 5.9 —+0.00109 Hy 434 Er +0.00152 Hs 410 +17.0 —+0.00315 Beob. am 26. März. 680 + 3.6 —+0.00067 C 656 + 2.4 —+0.00044 610 + 0.2 —+0.00004 573 — 0.6 —0.00011 544 — 1.6 —0.00030 520 — 1.9 —0.00035 498 — 0.7 —0.00010 F' 486 0 0. 473 + 2.0 +-0.00037 F— Hy 459 ur) +0.00059 445 + 5.3 —+0.00098 Hy 434 + 82 —+0.00152 HS 410 —+16.3 —+0.00302 vom 29. April 1880. 439 | | Objectivöffnung 207m, 2. al von Grubb. Bo a 3160mm. Beob. am 26. März 1880. Wellen-Länge Differenz der Einstellungen Mill. Mm. inMm. inEinh. d. mittl. Brennw. Nam mn? nl m en (Mittel aus 2 Einst.) 680 + 0.3 —+0.00009 C4.:656 — 0.6 —.0.00019 610 e —l.2 —0.000383 573 — 1.6 —0.00051 ” 1544 2.17 —0.00054 520 — 1.8 —0.00057 498 — 0.8 —0.00025 F 486 0 0 473 + 1.2 —+0.00038 F— Hy 459 2.3 —+0.00075 445 + 4.6 —+0.00146 Hy 434 + 6.4 —+0.00203 .Hö 410 —+10.8 —+0.00342 Objectivöffnung 243", 3. Fernrohr von Fraunhofer. Brennweite 4331”, : Beob. am 27. März 1880. Wellen-Länge Differenz der Einstellungen Mill. Mm. inMm. inEinh. d. mittl. Brennw. N ——— N nn nn mn ne | > (Mittel aus 2 Einst.) | 690: — 0,8 —0.00019 | C 656 —.13 —0.00030 D 590: — 2.8 —0.00065 b 517: — 1.2 —0.00028 F' 486 0 0 F— Hy 459 71,8 +0.00042 Hy 454 + 4.0 -+0.00092 Hs 410 + 8.5 —+0.00196 Äuss.Viol. H 397: +15.7 +0.00362 [1880] 2] 440 Gesammisitzung 4. Fernrohr von Steinheil. Objectivöffnung 135", Brennweite 216 00 Beob. am 26. März 1880. Wellen-Länge Differenz der Einstellungen Mill. Mm. inMm. in Einh. d. mittl. Brennw. Nm, m | — en my. ——— (Mittel aus 2 Einst.) 690: 0.0 0.00000 C.656 —0.5 —0.00024 D5I0: —1l1 —0.00052 Das: —0.9 —0.00042 F 486 0 0 F— Hy 459 —+1.2 —+0.00056 Hy 434 —+3.0 —+0.00139 Hö 410 —+6.8 —+0.00315 Die Beobachtungen an den drei ersten Fernröhren sind graphisch auf nebenstehender Tafel dargestellt worden. Die Abweichungen der Beobachtungen von den wahrscheinlichsten Curven beträgt bei dem Schröder’schen Refractor, wo am meisten Beobachtungen vorliegen, im Durchschnitt 0.00005 der Brennweite d.i. 0.27", Es zeigt die graphische Darstellung deutlich die Verschiedenheit in der Achromatisirung der drei Fernröhre von Schröder, Grubb und Fraunhofer, das Steinheil’sche Objectiv liegt in Bezug auf seine Achromatisirung zwischen denen von Grubb und von Fraun- hofer. | Ich stelle hier noch für die 4 Fernröhre die Radien der chro- matischen Abweichungskreise für die wichtigsten Fraunhofer- schen Linien in der Ebene, in welcher sich die Strahlen von der W.L.589 = D schneiden, zusammen. Sie sind verhältnissmässig am grössten beim Grubb’schen Fernrohr, bei welchem das Ver- hältniss zwischen Objectivöffnung und Brennweite auch am klein- sten, nämlich 7); ist; bei dem Steinheil’schen Fernrohr ist dieses Verhältniss 4;, bei. den Fernröhren von Fraunhofer und Schrö- der „%. | ux er. der K.Preuss. Acad. d. Wil Lith.o. Alb. Schütze, Berlin ce nen he ne een ann neu | | | ii | ! | | | | | | | | usber. der K Preuss: Acad. d. Wiss. 1880. = BIZ2 = 2 20. #0 Li 80 100 120 740 50 1 Sn IE = ——— Ber T 1B=------ rn 1 o H ER [ Spectrum eines weissen Sterns bei verschiedener Ocswlarenstellung j j | 0 Veen ae en | He | v - IF h Ey 8/| I Ey Fig. 1. | i S N N 5 0 re + Fig. 2 It nt == | = o + Fig.3 m lo 23 Fig. 4. + 0) # Fig. 14 a I: ) Su fe =; EN F = | E| Fe ! Ne 1 = } | S | | S 3 NZ Hunderttausendstel \ der _Brinnweite -60 u ° -2»0 o 20 40 co so 100 120 140 160 180 200 220 2Ha 260 230 300 320 390 360 Luth. vo. Alb. Schütze, Berlin. vom 29. April 1880, 441 Radien der chromatischen Abweichungskreise für die hauptsachlichsten | Fraunhofer’schen Linien. a) In Einheiten der Brennweite: Schröder Fraunhofer Grubb Steinheil B 0.000025 0.000013 0.000019 0.000016 G% 015 007 012 009 D 000 000 000 000 b 006 012 001 003 F 003° ° 018 016 016 G 048 048 085 060 h 088 073 128 115 b) In Millimetern: B 0.125 0.058 0.060 0.035 Ü .081 .052 .037 .019 D .000 .000 .000 ‚000 b .033 .051 .003. .007 F .015 003 .052 059 G .262 .207 2069 23 h .474 .318 ‚406 ‚248 Lu Ba Verzeichniss der im Monat April 1880 eingegangenen Schriften. Leopoldina. Amtliches Organ der kaiserl. Leop.-Carol. deutschen Akademie der Naturforscher. Heft XVI. N. 5.6. Halle 1880. 4. Abhandlungen der K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Bd. XXV vom Jahre 1879. Göttingen 1879. 4. Nachrichten von der K. Gesellschaft der Wissenschaften und der G. A. Um- versität zu Göttingen. 1880. Nr. 1—5. Göttingen. 8. Sitzungsberichte der mathematisch-physikalischen Classe der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München. 1880. Heft 1. München 1880. 8. Berichte der Deutschen .C'hemischen Gesellschaft. Jahrg. XII. N. 5. 6.7. Berlin 1880. 8. Bericht der Wetterauischen Gesellschaft für die gesammte Naturkunde zu Hanau über den Zeitabschnitt vom 14. October 1863 bis 31. Dec. 1867. — über den Zeitraum vom 1. Januar 1868 bis 31. Dec. 1873. — über den Zeit- raum vom 13. December 1873 bis 25. Januar 1879. Hanau 1868. 1874. 18792,,8 Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen-Wesen im Preussischen Staate. Bd. XXVIII. Heft 2. Mit Atlas. Bd. XXVIII. Tafel VI—-XV. Berlin 1880. fol. 4. Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. Originalabhandlungen und Berichte. 3. Folge 1879. Bd. IV (der ganzen Reihe LII. Bd.). Berlin 1879. 8. Elektrotechnische Zeitschrift. Herausgegeben vom Elektrotechnischen Verein. Jahrg. I. 1880. Heft 1. 2. 3. 4. Jan.— April. Berlin 1880. 8. Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den Deutschen Küsten über die physi- kalischen Eigenschaften der Ostsee und Nordsee und die Fischerei. Jahrg. 1879, Heft X. October. Berlin 1880. 4. ui Eingegangene Druckschriften. April 1880. we Hedwigia. Ein Notizblatt für kryptogamische Studien. Bd. 18. Dresden 1879. 8. Mittheilungen der Deutschen ee für Natur- und Völkerkunde Ostasiens. Februar 1880. Berlin. 4. Die antiken Terracotten. Im Auftrage des archäologischen Instituts des Dieik schen Reichs herausgegeben von R. Kekule. — Bd.I. Die Terracotten von Pompeji. Bearbeitet von H. von Rohden. Nach Zeichnungen von L. Otto. Stuttgart 1880. fol. Syrisch-Römisches Rechtsbuch aus dem fünften Jahrhundert. Herausgegeben von Dr. K. G@. Bruns und Dr. E. Sachau. Leipzig 1880. 4. 2 Ex. Symbolae Joachimicae. — Festschrift des K. Joachimsthalschen Gymnasiums. Aus Anlass der Verlegung der Anstalt veröffentlicht von dem Lehrer -Col- legium des K. Joach. Gymnasiums. Th. 1. Berlin 1880. 8. 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ER 2 AR no, er : r ' ee wa rn 2 Zee a) Bra, Au aa RE, NCBE Wrapy.e ,2 560 We h 6 2 DER» | are Sal ieh A sr end y 3,61 urn A SR rt »y ee eb ERW Kiel ar ern eh BR F% Ba g Wins u PN R ars Ba; orbaishen ee.‘ Br: Br neun). Yarnge ars vr. ER Sansa re ET er ng Re KErAHal) TE | NR, BR wa 57% m” Al: Ne PdE { Ze ee Be h Bi ‘ Pa 4 - Beer: ß Pe z 4 & a i ET ee gr ar ONgn A > & \ „der, 57 | BERLIN 1880. DRUCKEREI DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) NW. UNIVERSITÄTSSTR. 8 » COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS -BUCHHANDLUNG HARRWITZ UND GOSSMANN. MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Maı 1880. Vorsitzender: Secretar: Hr. Auwers. 3. Mai. Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse. Hr. du Bois-Reymond las: Beiträge zur Naturgeschichte des Zitteraals (G’ymnotus, electricus) nach des verstorbenen Dr. Carl Sachs” Beobachtungen. Hr. Hagen las über die Wasserstandsbeobachtungen an preus- sischen Flüssen in den Jahren 1845 — 1879. Am 38. Mai starb Hr. Christian August Friedrich Peters in Kiel, correspondirendes Mitglied der physikalisch - mathematischen Klasse. 452 Gesammtsitzung vom 13. Mai 1880. 13. Mai. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Schott las: Beiträge zur chinesischen Bücherkunde. ERTEILT ET Am 20. Mai starb Hr. William Hallowes Miller in Cambridge, correspondirendes Mitglied der physikalisch-mathe- matischen Klasse. a ee Re ‚ x er u Br S Sitzung der philosoph.-histor. Klasse vom 24. Mai 1880. 453 24. Mai. Sitzung der philosophisch -historischen Klasse. | Hr. A. Kirchhoff legte die folgenden beiden neugefundenen Fragmente der attischen Tributlisten vor und knüpfte an die Vor- legung einige erläuternde Bemerkungen. T; Eckstück von Pentelischem Marmor, gefunden am Südabhange der Burg. Abschrift von Hrn. Koehler. = N. WE & Sa I a: TE, | H MYKu RE: HHH KYON Pu dnj® ;l PHRATHIINAXK u Kirk) ANAP ı NE Kühe z z le Ro "Se 10 = a OrE „N Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass das Stück dem er- sten Steingefüge angehörte und sich unmittelbar an no. 69 der be- kannten Fragmente desselben nach unten anschloss (C. I. A. 1. p- 105 und 109). Die rechte Fläche gehörte zur linken Schmalseite und dem Verzeichnisse von Ol. 84, 4, was von der links daran- stossenden erhalten ist, zur Rückseite und der letzten Colonne des Verzeichnisses von Ol. 84, 1. Die Rubrik des Inseltributes in dem älteren der beiden Verzeichnisse wird durch das neuhinzutretende Bruchstück in Ansehung der Namen ganz vollständig, und auch die Quotenziffern erhalten eine erwünschte und nicht werthlose Ergänzung. Die betreffende Rubrik erhält nämlich nunmehr fol- gende Gestalt: 332 454 ‚Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Nyefw]jrızos [Ppolelos]. [H]HH Tyvfıo:] - - Sipvio: H! Muvzo[v:c:] - =. Zegiror HHH KuSvfto:] - - Keaa PHRAFFIN NeEıfor] 2 Maren PH "Avdgı[or] 00 va [AJAAFFFII As - - Pyvaıys ano Kulvarov) - - [D]evyxuns - = "A9yv[er] - - [Xleruöns [Aıades] ur "Eaergins ENTE [Kegusr]ıor -.- Bruns [X]PFHAA [Hegı]oı [X]xxX Alyıyra HHH UHop]lacrıns HR Mvgwaioı H Ul]ußauo: vac. Die neuen Quotenziffern bestätigen, was aus den bisher be- kannten Angaben zu schliessen war, das nämlich die Tribute von Mykonos, Kythnos, Naxos und Andros sich während der Periode Ol. 83, 3 — 85, 1 ohne Schwanken auf der Höhe von resp. 1, 3, 62 und 6 Talenten: gehalten haben, und constatiren weiter, dass die der Tenier und Dienser während derselben Zeit wie in der vor- liegenden und folgenden Periode sich auf resp. 3 und 4 Talent belaufen haben, ganz wie dies der Analogie nach zu erwarten war. Auf der linken Seitenfläche sind nur die Endungen einer An- zahl von Städtenamen erhalten, welche zu vieldeutig sind, als dass eine Ergänzung versucht werden könnte. Z. 6 ist vielleicht [Traavöleıoı oder [Maievö]oıoı zu erkennen. | 2. Bruchstück einer 0,13 starken Platte von Pentelischem Mar- mor. - Auf der Burg gefunden und ebenfalls von Hrn. Koehle abgeschrieben. | vom 24. Mai 1880. 455 oO ı NO I F of r DENEEZSSITAL H 3 ANOPAEZ F KOPR@SKONNEZSIOoINT 6 MERrtE z MIBER DETIE-O,) F MAR Ei PIE LI." 36 En oe ERK'XEPPONETO KAUKEAONTO ı BNSON NOTE: AN. MLOLT, 5 Tri zZOMBPIA SEWPIIM BF PIHTHTIITITTITIN Da das Stück von einer Platte stammt, so gehört es keinem der drei Steingefüge und folglich der Zeit nach Ol. 88,1 an.. Die eine zum Theil erhaltene Spalte, welche jedenfalls nicht die letzte war, da rechts von ihr oben die ersten Stellen der Quotenziffern einer folgenden noch erkennbar sind, enthält Hellespontischen Tribut: die Quotenziffern sind mit Ausnahme der einen bei Z. 15 sämmt- lich weggebrochen. - - [DBheri]o: - = [XeopJovyoire: 5 [ar] Ayogas - - [APwrozovmeio - = BZuyens - = Madurion ; ee Ilaramegrw so 456 Sitzung der phil.-hist. Klasse vom 24. Mai 1880. 1° = = EAmovmor » € Xepgovjou -- Karyndovıiı - - Aavvoreay,[irer] - - Ardvmore[liyirer] 15 [A]PHINT Zomßora[vei] A .de. 5 - - Belgvsuor] — Zum Die beiden Z. 15 und 16 verzeichneten Ortschaften erscheinen hier zum ersten Male auf den Tributlisten und sind auch sonst gänzlich unbekannt. Der Name der ersten ist seiner Bildung nach thrakisch und die Lage des Ortes darum vermuthlich an der euro- päischen Küste der Propontis zu suchen; der von ihm gezahlte Tribut betrug # Talent. Noch weniger ist von dem zweiten zu sagen; an N£ggeiv reiy,os zu denken, verbietet die geographische Lage des letzteren, welche in den Bereich des thrakischen Quar- tiers, nicht des hellespontischen, fallen würde. Hr. Mommsen legte die Photographie von drei Bleitafeln aus England und die Abschrift einer Bleitafel mit Verwünschungen aus Minturnae vor. 2. ia u Gesammtsitzung vom 27. Mai 1880. 457 27. Mai. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Conze las über die Gigantomachie-Reliefs des gros- sen pergamenischen Altars. Er berichtete unter Vorlage der Humann’schen Zeichnungen über die Ergebnisse der bisherigen Zusammenfügungsarbeiten, die augenblicklich hauptsächlich in der Hand des Bildhauers Hrn. Freres und seiner Gehülfen liegen, hob diejenigen Theile hervor, deren ursprünglicher Platz am Ge- bäude und somit im Ganzen der bildlichen Composition schon jetzt wiedergefunden ist, stellte die bereits gesicherten Deutungen einzelner Gestalten zusammen und machte eine Anzahl von Be- dingungen geltend, welche aus den Fundthatsachen für weitere Er- klärungsversuche sich ergeben. Hierbei kamen namentlich die Er- mittlungen des Hrn. Baumeister Bohm über die Reihenfolge der Gesimsplatten mit den Götternamen zur Sprache. Hr. Helmholtz legte folgenden Auszug aus einer Arbeit des Hrn. Professors H. F. Weber in Zürich vor: Die Beziehung zwischen dem Wärmeleitungsvermögen und dem elektrischen Leitungsvermögen der Metalle. [Gedrängte Zusammenstellung der wichtigsten Resultate einer über diesen Gegenstand ausgeführten Untersuchung. ] 1. Forbes!) hat im Jahre 1851 zuerst bemerkt, dass die Reihenfolge, in welcher sich die Metalle bezüglich der Höhe ihres elektrischen Leitungsvermögens ordnen lassen, nahezu vollständig mit der Reihenfolge übereinstimmt, in welcher die Metalle in Be- treff der Güte ihres Wärmeleitungsvermögens auf einander folgen. Mehr als zwanzig Jahre später haben die Hrn. Wiedemann und Franz?) in einer umfangreichen Arbeit die relativen Wärme- leitungsvermögen von neun Metallen mit möglichster Sorgfalt ge- messen und die gefundenen Werthe mit den für dieselben Metalle 1) Philosoph. Magazine, Vol. IV. (1834) p. 15. 2) Pogg. Annalen, Band 89 (1853) S. 530. 458 | £ Gesammtsitzung von anderen Physikern ermittelten relativen Werthen des elektri- schen Leitungsvermögens verglichen. Sie fanden, dass der Quotient aus dem relativ gemessenen elektrischen Leitungsvermögen in das relativ gemessene Wärmeleitungsvermögen für alle die untersuchten Metalle fast genau der gleiche ist, dass also die von Forbes be- merkte Beziehung in der That zutrifft. Auch Hr. F.E. Neumann!) kam bei seinen absoluten Mes- sungen des Wärmeleitungsvermögens, die er in den Jahren 1860 bis 1863 für die Metalle Kupfer, Messing, Zink, Neu- silber und Eisen ausführte, zu dem Schluss, dass der Quotient aus dem elektrischen Leitungsvermögen in das Wärmeleitungsvermögen nahezu constant ist: Die Werthe dieses Quotienten betrugen für die genannten Metalle 17.5, 19.8, 17.1, 19.9 und 18.9. Die vor- handenen kleinen Schwankungen dieses Quotienten glaubte ‚Hr. Neumann auf Rechnung des Umstandes setzen zu müssen, dass die Temperaturen, aus welchen die Wärmeleitungsvermögen berech- net wurden, nicht für alle untersuchten Metalle genau die gleichen waren. In einer viel strengeren, einwurfsfreieren Weise als die bisher angeführten Untersuchungen die Beziehung zwischen dem ther- mischen und elektrischen Leitungsvermögen der Metalle untersucht hatten, prüfte Hr. R. Lenz?) im Jahre 1869 die Gültigkeit dieser Beziehung von neuem. Seine Untersuchungen bezogen sich auf die Metalle Kupfer, Messing, Neusilber und Eisen und führten ihn zu dem Resultat, dass der Quotient aus dem elektrischen Leitungs- vermögen in das Wärmeleitungsvermögen für die verschiedensten Metalle vollkommen derselbe ist. Seitdem wurde die Proportionalität der Leitungsvermögen der Metalle für Wärme und Elektrieität allgemein angenommen. Dieses Resultat der besprochenen Experimentaluntersuchungen befindet sich indess mit unseren bisherigen Vorstellungen über den Process der Wärmeleitung in ponderablen Substanzen in. vollkom- menem Widerspruch. Nach diesen Vorstellungen steht die Wärme- menge, die im Innern einer Substanz auf dem Wege der Wärme- leitung von Schicht, zu Schicht übertragen wird, in dem engsten Zusammenhange mit der specifischen Wärme der Volumeneinheit. !) Annales de Chimie et de Physique, T. 66, III. Ser. (1863) p. 185. 2) Bulletin de l!’ Academie de St. Petersbourg, T. XV, p. 54— 59 (1870). | a a a EEE WEBER vom 27. Mai 1880. | | 459 Für die Gase ist dieser Zusammenhang sowohl von theoretischer als auch von experimenteller Seite schon seit einigen Jahren fest- gestellt, und für die tropfbaren Flüssigkeiten habe ich ihn in einer kürzlich publieirten ausführlichen Experimentaluntersuchung klar zu legen gesucht. Wäre für die metallischen Wärmeleiter keine solche Abhängigkeit des Wärmeleitungsvermögens von der specifischen Wärme der Volumeneinheit vorhanden, so würde der Process der Wärmeleitung in Metallen mit einer von Schicht zu Schicht er- folgenden Übertragung von lebendiger Kraft der ponderablen Mo- leküle nichts zu thun haben, und es wäre die Wärmeleitung in Metallen ein vorläufig völlig räthselhafter Vorgang. Eine nähere Durchsicht der Versuche, auf welche sich die obige Annahme stützt, drängte mir aber die Überzeugung auf, dass die behauptete Constanz des Quotienten aus dem elektrischen Leitungs- vermögen in das Wärmeleitungsvermögen der Metalle auf höchst unsicherem Boden ruht. Diese Behauptung stützt sich theils auf Versuchsresultate, die mit Hülfe der von Fourier in die Theorie der Wärmeleitung eingeführten, nur sehr annäherungsweise zutref- fenden Prämissen aus den Beobachtungen abgeleitet worden sind, und welche daher unmöglich völlig exact sein können — dahin gehören die Untersuchungen der Hrn. Wiedemann und Franz und die Messungen des Hrn. F.E. Neumann —. theils beruht diese Behauptung auf Versuchsergebnissen, die zwar aus exacten Voraussetzungen abgeleitet wurden, die sich aber nur auf einige wenige Metalle beziehen, welche fast genau dieselbe specifische Wärme der Volumeneinheit haben, so dass aus ihnen gar nichts über die etwa bestehende Abhängigkeit des Wärmeleitungsvermö- gens von der specifischen Wärme der Volumeneinheit gefolgert werden kann — dahin gehören die Untersuchungen, welche Hr. R. Lenz ausgeführt hat. Ich habe es deswegen für nöthig erachtet, neue messende Versuche zur Aufklärung der Beziehung zwischen dem Wärmelei- tungsvermögen und dem elektrischen Leitungsvermögen der Metalle anzustellen. Um möglichst fehlerfreie Aufschlüsse in dieser Rich- tung zu erhalten, habe ich die beiden Leitungsvermögen im abso- lutem Maasse bestimmt und die Theorie der zur Bestimmung der Wärmeleitungsfähigkeit benutzten Methode in voller Strenge und auf Grund von Prämissen entwickelt, die mit der Erfahrung in vollkommenem Einklang stehen; endlich habe ich die beiden Lei- 460 Gesammtsitzung tungsvermögen an genau demselben Metallstück gemessen, so dass sich die gefundenen Leitungsvermögen eines Metalles für Wärme und Elektricität auf vollkommen identische Substanzen beziehen. Letzteres war zur Erlangung sicherer Resultate unumgänglich noth- wendig, da ja bekanntlich sowohl das Wärmeleitungsvermögen als auch das elektrische Leitungsvermögeu desselben Metalles von Va- rietät zu Varietät in der allererheblichsten Weise variirt. 2. Zur Messung der absoluten Wärmeleitungsfähigkeit habe ich für die meisten der untersuchten Metalle die Abkühlung eines Ringes in einem Raume von constanter Temperatur be- nutzt. Zur Berechnung dieser Abkühlung habe ich an Stelle der von Fourier in die Theorie der Wärmeleitung eingeführten, aber der Erfahrung widerstreitenden Prämissen — nach welchen die specifische Wärme der Volumeneinheit, das innere und das äussere Wärmeleitungsvermögen Constanten sind — die allgemeinere und mit der Erfahrung in vollkommenem Einklange stehende Voraus- setzung eingeführt, dass diese drei den Process der Wärmeleitung bestimmenden Elemente lineare Functionen der Temperatur sind. Die auf Grund dieser Voraussetzung entwickelte Theorie der Wärmeleitung im Ring schliesst demnach das schon von Fourier behandelte Problem der Wärmeleitung im Ring als spe- ciellen Fall ein. Der metallene Ring, dessen Wärmeleitungsfähigkeit gemessen werden sollte, wurde in einen Raum mit der constanten Tempera- tur u, gebracht und in einem seiner (überall gleichen) Querschnitte dauernd auf die hohe Temperatur U so lange erwärmt, bis die Temperaturvertheilung im ganzen Ringe eine stationäre gewor- den war. Hierauf wurde die Heizung unterbrochen und die nun erfolgende Abkühlung messend verfolgt. Aus dem beobachteten zeitlichen Verlaufe der Abkühlung lassen sich die Werthe des in- neren und äusseren Wärmeleitungsvermögens der Ringsubstanz und deren Veränderlichkeit mit steigender Temperatur bestimmen. Der Halbmesser der Ringmittellinie sei vr; p sei der Umfang und qg sei die Fläche des überall gleichen Ringquerschnittes. Von diesen drei Grössen darf angenommen werden, dass sie unverän- derlich mit der Temperatur sind, da die thermischen Ausdehnungs- co&ffiecienten der Metalle sehr kleine Grössen sind gegenüber den Temperaturcoöfficienten der specifischen Wärme, des inneren und EEE WERE vom 27. Mai 1880. . 461 des äusseren Wämeleitungsvermögens. Es werde angenommen: für die Temperatur u sei die specifische Wärme der Volumen- einheit e=06+ CU und das innere Wärmeleitungsvermögen Eh — Kl, Dieses sind Annahmen, die für alle bis jetzt von mir untersuch- ten festen Metalle zutreffen. Bezüglich der äusseren Wärmeleitung soll die Voraussetzung gemacht werden, dass das Oberflächenele- ment d‚S, welches zur Zeit £ die Temperatur u besitzt, während des Zeitelementes di! an eine kühlere Umgebung von deP constan- ten Temperatur u, die Wärmemenge | ho (u — u,) + hy(u— u,))}dS.dt abgiebt. Dieses für den Vorgang der äusseren Wärmeleitung zu Grunde gelegte Elementargesetz wurde in jeder ausgeführten Ver- suchsreihe auf seine Richtigkeit geprüft und wurde stets als im vollkommenen Einklang mit der Erfahrung stehend gefunden. Auf Grund dieser verallgemeinerten Fourier’schen Prämissen lässt sich zunächst die partielle Differentialgleichung angeben, welcher die Temperatur in jedem Volumelemente des Ringes und in jedem Zeitelemente genügen muss. Der Einfachheit der Rech- nung halber möge angenommen werden: die Querschnittsdimensio- nen des Ringes seien so gewählt, dass die Temperaturen aller . Massenpuncte je eines Querschnittes in jedem Zeitelemente gleich seien, dass also die Bewegung der Wärme im Ring nur eine li- neare, in Richtung der Mittellinie der Ringquerschnitte erfolgende sei. Durch Rechnung lässt sich mit voller Strenge ermitteln, wie gross die Querschnittsdimensionen des Ringes gewählt werden dür- fen, damit die grösste in einem Ringquerschnitt vorkommende Temperaturdifferenz einen festgesetzten kleinen Betrag nicht über- schreiten soll. Ich habe die (@uerschnittsdimensionen der unter- suchten Metallringe stets so gewählt, dass diese grösste in einem Querschnitt vorkommende Temperaturdifferenz kleiner ausfiel als der 500. Theil der mittleren Temperatur dieses Querschnitts!). !) Bisher war unter den Experimentatoren auf dem Gebiete der Wärme- leitung allgemein die Ansicht verbreitet, dass die Querschnitte von Stäben, deren Wärmeleitungsfähigkeit nach den bisher üblichen Methoden bestimmt werden sollte, ausserordentlich klein sein müssten, kleine Bruchtheile eines Quadratcentimeters betragen müssten, damit die Wärmebewegung als eine li- 462 | Gesammtsitzung Nehmen wir die Mittellinie der auf einander folgenden Ringquer- schnitte als die Abscissenaxe der x an, so hat die Temperatur in jedem Ringelemente und in jedem Zeitmomente i die PRENE Differentialgleichung zu erfüllen: da oo) 9(u) k,o’(w) p p Ma a TR ae ner. a Beier oder, falls u — u, mit dv bezeichnet und CT 6ı.U, = Ca N: esetzt wir a se 5 der folgenden partiellen Differentialgleichung Genüge zu leisten: er Cd ee ee Der durch den Nullpunct der Abscissenaxe gehende Ringquerschnitt möge derjenige sein, welcher bis zu dem Eintritt des stationären Temperaturzustandes auf die Temperatur U erwärmt wurde. Die eine Bedingung, welche die Lösung der Differentialgleichung (1) zu erfüllen hat, ist dann die folgende: in jedem Zeitmomente ist \ h 7 Bggspte, uber (2) Eine weitere Bedingung, welche die Lösung v» der obigen Diffe- rentialgleichung zu erfüllen hat, fliesst aus der Ringgestalt: in jedem Zeitmomente it muss vo für die beiden Ab- seissenwerthe <= x und x = x + 2rr denselben ( .... (8) Werth besitzen neare betrachtet werden dürfte. Diesse Auffassung beruht auf einem Irr- thum. Aus den Principien der Theorie der Wärmeleitung lässt sich folgern, dass z. B. ein einseitig erwärmter Kupferstab einen Querschnitt von circa 10 cm Höhe und circa 10 cm Breite haben darf, ohne dass die grösste in je einem Querschnitt vorkommende Temperaturdifferenz den 1000. 'Theil der mittleren Temperatur dieses Querschnittes übersteigt. Für eine andere Sub- stanz mit kleinerem Leitungsvermögen müsste man zur Erreichung dersel- ben näherungsweisen Gleichheit der Temperatur in allen Puncten eines Stab- querschnittes, die angegebenen Querschnittsdimensionen im Verhältniss der kleineren Leitungsfähigkeit dieser Substanz zu der des Kupfers verkleinern. VDE TE EEE re ec vom 27. Mai 1880. 463 Die Anfangsbedingung endlich, welcher » zu genügen hat, ist: es muss für £= 0 v denjenigen Werth v, haben, welcher der statio- nären Temperaturvertheilung entspricht. Diese stationäre Tempe- raturvertheilung wäre zunächst anzugeben. Sie ist, wie aus (1) hervorgeht, durch die Differentialgleichung bestimmt: Pr ‚KM dl) op hp re a rk, da? Eg Kg deren angenäherte Lösung [in welcher schon die Glieder mit den L Quadraten und Producten der sehr kleinen Coöfficienten und %o kı s B np — i 3 2 —-|: = fortgelassen sind] ist | >| % — M.e+-N, et” + ri 2 er ho I l +4N? hg .er?r® — 9. Nr (A) ho ka ho Die Constanten M und N sind durch die beiden für x — 0 und x = rr gültigen Bedingungsgleichungen bestimmt: h k, / kı ) U—u,— M+N+4M?( +22) -+4N? ie om. N| Ro ku en ho | Rau = p) hı RN 2 9 | DZ Zu MT N®T—23M| 2 je” N Ro ku h, kı 2 2Arr == 2. N? (E+22)e A von denen die letztere Gleichung sagt, dass in dem der Heizstelle -d : } x = 0 diametral gegenüberliegenden Querschnitt =" in jedem Mo- mente gleich Null sein muss. Die allgemeinste Lösung, welche die Differentialgleichung (1) erfüllt und zu gleicher Zeit den Bedingungsgleichungen (2) und (3) genügt, lässt sich mit beliebiger Annäherung ermitteln. Wird die Annäherung nur so weit getrieben, dass schon die Glieder mit den Mi k Quadraten und Producten der sehr kleinen Coäfficienten = und 0° Ge 464 Gesammtsilzung Be r' ‚8 1988 ART R 20 — vernachlässigt werden, so ist die allgemeinste Lösung, welche C . , [47 die Gleichungen (1) bis (3) erfüllt, die folgende: ho p 2 Unya BA u is h c De Av. € pe +4 %). en h Ce kg: 1 fie. 6 x Bu Be 3 Ad er are Zur 2\, a0 Ca Bu I: ea hoper 6 Er C, wi Bi io P Ak 5) ’ 2% or ey“ ale A, cos (*) .e a: r „ara 3 fa 2, Pas 2 Ca 4 CT A p ho Cı p 1 Cı 2k, 2hop KR 1 g ku q ku c„q T’RRCH, RL; a: (*) 5 N - +— ee. Dip En rn al et) hp Ylenal Cı op ht 3X orte le —_ | ae I Ds la 1 ah 56,04 x ( cur -- ie ei a cos )}- Ki Kiga U r a a u un iin > a nee nn mal an | Lt De a wm. no a DEE eh er vom 27. Mai 1880. 465 Werden die Constanten 4A,, 4; , 43 ».. so bestimmt, dass die An- fangsbedingung: rt = Outrtr=u erfüllt wird, so befriedigt die angegebene Lösung alle vorgeschrie- bene Bedingungen. Auf diese Constantenbestimmung soll hier nicht näher eingegangen werden; es genügt hier die Bemerkung, . dass A, mit wachsender Indexzahl rasch an Grösse abnimmt. Von diesem allgemeinen Temperaturausdruck bleiben schon nach kurzer Zeit seit Beginn der Abkühlung des Ringes nur die ersten Glieder bestehen; von diesen können alle Terme mit dem Factor cos (*) gleich Null gemacht werden, wenn die Abkühlung : | > 2r7 2r des Ringes in den Abseissenorten x = ap Bu 2 — —_ beob- achtet wird. Von den allerersten Zeitmomenten seit Beginn der Abkühlung abgesehen ist also der Ausdruck des Überschusses der Temperatur des Ringes in x über die Temperatur der Umgebung zur Zeit t: | — — er hı Cı k q 1 k, Cı } u ( q c r A u bat [43 a Dee u u a a a + 24,4, | Ne + Fi cos| — |-e : DTrT Die halbe Summe der in den Ringquerschnitten x = En und 21a P = er stattfindenden Temperaturüberschüsse nähert sich dem- nach nach sehr kurzer Zeit dem Werthe: | 466 Gesammtsitzung Durch Beobachtung des zeitlichen Verlaufes dieser halben Summe h . . lässt sich erstens der Werth Zu und zweitens der Coöffieient a hh € \ Sue : - (5-8) bestimmen; daraus sind durch Bestimmung der speeifi- 0 C schen Wärme und durch Ausmessung der Grössen p und q die absoluten Werthe von A, und A, ableitbar. Als allgemeines Resultat hat sich bei Ausführung der Beob- achtungen ergeben, dass A, und A, für alle untersuchten Metalle für gleiche Form und gleiche Dimensionen die gleichen Werthe „2 Mn ie DRAN EN Fe, besitzen. £ . . - R ara Die halbe Differenz der in den Ringquerschnitten x —= 2r% er 2 os und’ © — a vorkommenden Temperaturüberschüsse beträgt schon nach sehr kurzer Zeit seit Beginn der Abkühlung: h Kal - + 3) «:t 2 V2 2hop ku A 6 Ya a N k 09 a -_ V2Aal (+2) Be. Der kleine Werth des zweiten Gliedes dieses Ausdruckes wurde Pr: nach vorhergegangener Messung des Üoäfficienten (7-2) und (0) Ca un Sat nach vorhergegangener approximativer Messung von ( co ku Ca durch passende Wahl der Grössen 7, p und q verschwindend klein gemacht. So blieb: Durch die Ermittlung des zeitlichen Verlaufes dieser halben Tem- peraturdifferenz liess sich die Summe Rp Ei m? C„qQ c„T vom 27. Mai 1880. 467 finden und hieraus liess sich mit Hülfe des oben für = gefundenen a - . 4 Ai k m . Werthes auch die Grösse — m und daraus k, bestimmen. Ca Wurde eine zweite Beobachtungsreihe für die äussere Tempe- ratur 4, —= 0° unternommen, so gestattete diese den Werth von abzuleiten. Aus der Combination der beiden Beobachtungsreihen liess sich sodann auch die Grösse %k, ermitteln. Ich führe in diesem Auszuge nur diejenigen absoluten Werthe _ des inneren Wärmeleitungsvermögens an, die ich für die Tempera- tur 0° erhalten habe. Werden Gramm, Centimeter, Secunde und 1°C. als Einheiten zu Grunde gelegt, so sind die für 0° gefunde- nen Wärmeleitungsvermögen für: ko Kupfer!) 0.8190 Silber ?) 1.0960 Cadmium?) 0.2213 Zink ®) 0.3056 Messing’) 0.1500 Zinn®) 0.1446 3. Für dieselben unveränderten Ringe wurde ferner der absolute Werth des elektrischen Leitungsvermögens nach elektromagnetischem Maasse mittelst der elektromagnetischen Dämpfung bestimmt. Der Ring, dessen elektrisches Leitungsvermögen gemessen _ werden sollte, wurde auf einen Holzrahmen so aufgesetzt, dass die Ebene seiner Mittellinie vertical und parallel dem magnetischen Meridiane stand. In unmittelbarer Nähe des Ringes hing ein kräf- tiger Magnet; seine Mitte lag auf der Ringaxe und stand von der _ Mittelebene des Ringes nur um die sehr kleine Länge d ab. Die Länge des Magnets war so klein gewählt, dass die fünften und 1) Käufliches Kupfer. ?2) Chemisch rein. 3) Chemisch rein, *#) Chemisch rein. >) Käufliches Messing. 6) Chemisch rein. [1880] 34 F t # 468 Gesammtsitzung höheren Potenzen des Quotienten aus dem Ringhalbmesser r in die halbe Länge des Magnets als verschwindend klein gegen 1 be- trachtet werden konnten, dass also der Magnet durch ein System zweier einfacher magnetischer Massenpuncte im Abstand 21 ersetzt werden durfte. | Bedeuten A, und 7, logarithmisches Decrement und Sehwin- gungsdauer des Magnets für den Fall, dass die dämpfende Wir- kung des Metallringes nicht vorhanden ist, bedeuten A, und 7, die Werthe, welche logarithmisches Decre- ment und Schwingungsdauer unter der dämpfenden Einwirkung des Ringes annehmen, stellt M das magnetische Moment, Q das Träg- heitsmoment des schwingenden Magnets und ‚S die Grösse . 2 amr” e N Sr pe: u o , Vr+d dar, so ist der gesammte elektrische Widerstand des Ringes in absolutem elektromagnetischem Maasse: 2 2 Ww— a =” 2 ol — ——; — X a1 wo | oder Be 1 m +-X el ee ne N) ‘2 BEE UAURN 1 wo H die am Beobachtungsorte Statt findende horizontale Compo- nente der erdmagnetischen Kraft und 9 das Verhältniss aus der Torsionsconstante des den Magneten tragenden Fadens zum Pro- ducte MH bedeutet. Verstehen wir nun unter der specifischen elektrischen Leitungs- fähigkeit # der Ringsubstanz das Leitungsvermögen eines aus die- ser Substanz geformten Würfels von der Kantenlänge 1, so erhal- ten wir für diese Grösse aus dem soeben angegebenen Werthe des gesammten Widerstandes W den folgenden Ausdruck: TR al ——; — 1? m Dan 7 Ertl u — .—e. = . 0.8 M ; RX % A vom 27. Mai 1880. 469 Die Grössen = I, 8 wurden zu Anfang und am Ende einer jeden Versuchsreihe nach den von Gauss eingeführten Verfahrungs- weisen ermittelt; Schwingungsdauer und logar. Deerement wurden ebenfalls nach den von Gauss gegebenen Vorschriften beobachtet. Eine jede der in den Ausdruck für z eingehenden Grössen konnte so genau gemessen werden, dass der gesammte für = resultirende Fehler unmöglich den Werth F}pÜt. übersteigen konnte. Nach diesem Verfahren habe ich für die oben genannten sechs Metallringe die specifische Leitungsfähigkeit für zwei verschiedene Temperaturen gemessen und daraus ihre Werthe für die Tempera- tur 0° und die Coöfficienten « ihrer Abnahme für 1° Temperatur- steigung nach der üblichen Formel berechnet: rn = #[1— e.u] . Die für 0° gefundenen specifischen elektrischen Leitungsvermögen dieser sechs Metalle sind, wenn Centimeter und Secunde als Maass- einheiten zu Grunde gelegt werden: %0 Kupfer 40.81 x 10” Silber 65.80,x; 10° Cadmium 14.61 x 10° Zink 1@13 >10° Messing 7.62 x 10° Zinn 10.34 x 10° 4. Der Quotient aus dem elektrischen Leitungsvermögen bei 0° in das Wärmeleitungsvermögen bei 0° ist demnach: ko Pr für Kupfer 0.2007 >< 10°, für Silber 0.1664 > 10 für Cadmium 0.1515 x 10* für Zink 1758 2.10 für Messing 0.1968 x 10** für Zinn 139210 Dieser Quotient ist also von Metall zu Metall variabel; die von Forbes und Wiedemann und Franz wahrschein- 34* 470 Gesammitsitzung lich gemachte und von F. E. Neumann und R. Lenz be- hauptete Oonstanz dieses Quotienten ist nicht vorhan- den. Da ich die elektrische Leitungsfähigkeit bis auf die Ge- nauigkeit von 4 pCt. zu bestimmen vermochte, da die zur Bestim- mung des Wärmeleitungsvermögens benutzte Methode kaum einen Fehler von 1 pCt. liefern konnte, da ferner die Messung beider Leitungsvermögen immer an genau demselben Ringe vollzogen wurde, der dabei keinerlei Abänderung, weder in materieller noch in formeller Richtung, unterworfen wurde, halte ich dieses Ergeb- niss für völlig begründet. Eine aufmerksame Durchmusterung der erhaltenen Quotienten der beiden Leitungsvermögen lehrt aber, dass dieselben in eng- ster Abhängigkeit von der specifischen Wärme der Vo- lumeneinheit stehen. Dieses tritt sofort aus der folgenden Tabelle hervor, in welcher diese sechs Metalle nach der Grösse der specifischen Wärme der Volumeneinheit c, geordnet sind. Co Ko % Ro #0 Kupfer 0.827 0.8190: .140.8:>407 : 0200722102 Messing 0.791 0.1500 1.62 3107, 0,198 >20 Zink 0.662 0.3056 17.435x< 107 0172222300 Silber 0.573 1.0960 65.87 x 10° 0.1664 See Cadmium 0.475 0.2213 14.61 >10” 01515 >20 Zinn 0.380 0.1446 10,54. >x< 107) O1 10:7 Mit abnehmender specifischer Wärme der Volumeneinheit nimmt auch der Quotient — in der regelmässigsten Weise ab. Eine #0 nähere Vergleichung der Zahlen zeigt, dass die Variationen des Quotienten — den Variationen der specifischen Wärme der Volu- #0 meneinheit proportional sind. Setzt man k ei erh. z0 und bestimmt die beiden Grössen a und 5 aus den Beobachtungen, die an den beiden Metallen mit den extremsten Werthen von &, vom 27. Mai 1880. 471 an Kupfer und Zinn, ausgeführt worden sind, so erhält man für a den Werth 0.0880 x 10** und für 5 den Werth 0.1365 x 10+. Die mit Hülfe dieser Werthe für die übrigen vier Metalle berech- . ko. neten Quotienten — sind: #0 - (berechnet) e (beobachtet) Messing 0.1960, 10%, 081968 << rl 0 Zink 0.1784 x 10* LS 107 Silber 0.1664 x 10** 0.1662 > 10** Cadmium 0.1928 >< 10% ell9 >—< 100 Der in diesen Zahlen sich aussprechende verhältnissmässig hohe Grad von Übereinstimmung zwischen den beobachteten und den 3 k berechneten Werthen des Quotienten — lässt es wohl als höchst A wahrscheinlich erscheinen, dass die Beziehung ko = #,1@ nn b.c,\ Ausdruck der Wirklichkeit ist. 5. Nach dem in (2) beschriebenen Verfahren zur Bestimmung der absoluten Wärmeleitungsfähigkeit können nur für verhältniss- mässig gute Wärmeleiter ganz sichere Resultate gewonnen werden. Für schlechtere Wärmeleiter, wie Blei, Wismuth u. A. wird der Einfluss der äusseren Wärmeleitung auf den zeitlichen Verlauf der Differenz der Temperaturen je zweier diametral gegenüberliegender Ringstellen ein viel zu grosser, als dass die Grösse des inneren Wärmeleitungsvermögens ganz sicher ermittelt werden könnte, weil jeder kleine, in der Ermittelung des äusseren Wärmeleitungs- vermögens begangene Fehler den aus den Beobachtungen berech- neten Werth des inneren Wärmeleitungsvermögens ganz erheblich fälscht. Die soeben constatirte Beziehung zwischen dem Wärme- leitungsvermögen und dem elektrischen Leitungsvermögen liess es aber als wünschenswerth erscheinen, auch die schlechter leitenden Metalle auf das Verhältniss ihrer beiden Leitungsvermögen zu untersuchen. 1 Gesammtsitzung - Ich habe deswegen zur Bestimmung des absoluten Wärme- leitungsvermögens schlechter metallischer Leiter ein anderes Ver- fahren benutzt, das dem Verfahren nachgebildet ist, mittelst dessen ich im vorigen Jahre das absolute Wärmeleitungsvermögen der Flüssigkeiten bestimmt habe. Die nach diesem Verfahren auf das Wärmeleitungsvermögen zu untersuchende Substanz hat die Form eines flachen Kreis-Oy- linders. Ursprünglich besitzen alle Massenpuncte dieses Cylinders die gleiche Temperatur u, (etwa die gerade vorhandene Zimmer- temperatur); von einem bestimmten Zeitmomente an, der als Mo- ment Null genommen werden soll, wird die Mantelfläche dieses Cylinders und die nächste Umgebung seiner beiden freien Basis- flächen auf eine um einige Grade niedrigere Temperatur u, (auf die Temperatur des Wassers der Wasserleitung) gebracht und dauernd auf dieser Temperatur erhalten. Aus dem zeitlichen Verlaufe, welchen die Temperatur der Mitte der oberen oder unteren Basisfläche während dieser Abküh- lung zeigt, lässt sich die Grösse des inneren Wärmeleitungsver- mögens der Cylindersubstanz herausfinden, sobald der Werth ihres äusseren Wärmeleitungsvermögens approximativ bekannt ist. Der Ausdruck für den zeitlichen Verlauf der Temperatur ir- gend eines Massenpunctes des sich abkühlenden Cylinders soll zu- nächst entwickelt werden. Da bei diesem Verfahren die Tempera- tur des Cylinders nur innerhalb eines Interwalls von einigen Gra- den variirt, da die innere Wärmeleitungsfähigkeit aller festen Me- talle mit steigender Temperatur nur sehr wenig abnimmt und der Vorgang der äusseren Wärmeleitung auf den zeitlichen Verlauf der Abkühlung in diesem Falle nur einen ganz untergeordneten Ein- fluss ausübt, darf bei dieser Entwicklung ganz unbedenklich an- genommen werden, dass die specifische Wärme der Volumeneinheit und die beiden Wärmeleitungsvermögen mit der Temperatur un- veränderlich sind. Wir legen ein cylindrisches Coordinatensystem (r,@,x) zu Grunde, das seinen Ursprung in der Mitte des Cy- linders hat; 22 sei die Höhe des Cylinders, R sein Radius. Nach der Anordnung des Versuches ist die Temperatur u in jedem Zeit- momente ? von der Richtung der p unabhängig; es hat also der Überschuss » der Cylindertemperatur u in (2,r,9) über die Tem- peratur «, der Hülle und der Mantelfläche in jedem Zeitmomente die partielle Differentialgleichung zu erfüllen: i $ vom 27. Mai 1880. 475 0% ev vo 1% hlaatrr+ } FE 3 eo () _ Die Lösung dieser Gleichung hat die 3 Grenzgleichungen zu er- füllen: Er: 0 Türgedesst.. Nur. 2 ou nee (2) 0 für = + list: (5) + Au,„-4,=0 für jedes t . (3) fürra = — list: — (5) —+ hv„-_,; = 0 für jedes t (4) z——l und als Anfangsbedingung gilt: für {= 0 und } (8) et iee ul, alle x und alle r Als allgemeine Lösung, welche die Differentialgleichung (1) und sämmtliche Bedingungsgleichungen (2) bis (5) erfüllt, ergiebt sich: u Ne 7 2 ie 2, eR 2, A,.cos(gi@).e ° + A,.cos(ga).e ° "+ A,.cos(gu)e "+ k 2 2 — — —ıme t myt my k 2 7.2 0ng 0 DT En... + Bu. I man: € EBy I man e C —- RMEL, $) wo Jöur, die Bessel’sche Function erster Art mit dem Index 0 und dem Argument mr bedeutet, wo die 9,, 92,93, ..- die auf ein- ander folgenden Wurzeln der transcendenten Gleichung h darstellen, wo die mı,my,m;,.. die ihrer Grösse nach geordne- ten Wurzeln der Function J),, sind und wo endlich die Constan- ten A, und B, die Bedeutung haben: 4(u — u,)sin(q,„l) 2 1 0 == . BES: b) B, = * en 2 An! + sın (2 In !) R Jm,® Die Quadrate der Wurzelwerthe g und der Wurzelwerthe m wach- “ sen mit steigender Indexzahl n so rasch, dass alle auf das erste 474 / . Gesammtsitzung Glied folgenden Glieder des obigen allgemeinen Temperaturaus- druckes schon nach wenigen Minuten seit Beginn der Abkühlung völlig bedeutungslos sind. Von dieser Zeit an ist dann ie - — — (gi +mj)*t v—= A,B,cos (18) Imın- € s 2.1000, ; U disk, dam = a. und g; sehr angenähert gleich 27 ist, — -[- —+e): 2 2» 42. B..C08 (Yas)-te, Ban, “ “ 5 Wird also von den ersten Minuten der Abkühlung abgesehen, so ist der zeitliche Verlauf des Temperaturüberschusses für die Mitte der oberen oder unteren Basisfläche des abgekühlten Cylinders: ki 5.00. a -_ -I-. +—- I.t hl | i ] vo. == A,sD, 608 (YF)-- u “ E Aus dem gemessenen zeitlichen Verlaufe dieses Temperaturüber- schusses lässt sich die Grösse k5.76.. A Br 02 le £ : Ku .D und daraus der Werth % finden, sobald der im Vergleich zu Fils 2 c ;s sehr klein gemachte Werth E angenähert bekannt ist. Der gefundene Werth von % ist auf die benutzte mittlere Ab- kühlungstemperatur zu beziehen, die in den ausgeführten Versuchen zwischen 6° und 8° lag. Nach diesem Verfahren wurden für Blei, Wood’sches Metall und Wismuth Versuche ausgeführt und folgende Werthe für die Wärmeleitungsfähigkeit dieser Substanzen gewonnen: vom 27. Mai 1880. 475 k | Blei’) 0.0719) Gramm, Centimeter, Secunde und | 1° C. als Einheiten zu Grunde ge- ‚Wood’sches Metall“) 0.0319 legt und gültig für die mittlere Tem- Wismuth 3) 0.0108 peratur +7°, Hierauf wurden aus den zur Bestimmung der Wärmeleitungsfähig- keit benutzten kreisförmigen Platten Ringe ausgedreht und an die- sen die elektrische Leitungsfähigkeit nach der in (3) geschilderten Methode bestimmt. Die gefundenen, auf die Temperatur +7° re- dueirten elektrischen Leitungsfähigkeiten sind: Pd Blei 5.390. 107° Wood’sches Metall 2.313 x 10”? Wismuth 0.838 x 10° y . . ® k Daraus ergeben sich die folgenden Quotienten -: X k H für Blei 0.1345.>2 107° für Wood’sches Metall 0.1379 x 10*° für Wismuth | 0.1288 x 10** Der nach der Beziehung: k — = 0.0880 x 10+* + 0.1365 x 10**, c —— A aus der specifischen Wärme berechnete Werth dieses Quotienten ist: k C . 2 KH für Blei 0:340.20.1344 3x 10° für Wood’sches Metall 0.371 0.1378 x 10* für Wismuth 0.293 0.1280 x 10** 1) Chemisch rein. 2) Chemisch rein. 3) Chemisch rein. 476 Gesammtsitzung Die für die guten metallischen Leiter gefundene Bezie- hung zwischen den beiden Leitungsvermögen hat also auch noch für die schlechter leitenden Metalle Gültigkeit, Als zehnte Substanz, welche die angegebene Beziehung erfüllt, füge ich noch das Quecksilber bei. In meiner Untersuchung über die Wärmeleitung in Flüssigkeiten habe ich das absolute Wärmeleitungsvermögen des Quecksilbers in der Nähe von 0° gleich 0.0152 gefunden und in einer früheren Arbeit habe ich den absoluten Werth des elektrischen Leitungsvermögens des Quecksil- bers bei 0° gleich 1.047 x 10° bestimmt. Der aus den Beobach- tungen abgeleitete Werth des Quotienten der beiden Leitungsver- mögen beträgt hiernach für Quecksilber: 0.1452>x10*°. Aus der Beziehung a — 0.0880 x 10** + 0.1365 x 10. 0 berechnet er sich für & = 0.44 zu 0.1480 x 10, Auch Quecksilber fügt sich also mit grosser Annäherung der angegebenen Beziehung zwischen den beiden Leitungsvermögen. Ich stelle jetzt in der folgenden Tabelle alle gefundenen Re- sultate zusammen und gebe in der letzten Columne den nach der Gleichung % = #,(@+5b.c,) berechneten Werth des Quotienten Rio #0 der sich auf diejenigen Werthe von a und 5 stützt, die aus allen Beobachtungen nach der Methode der kleinsten Quadrate abgeleitet wurden. k Co Ten Lad) 2 a+bo #0 Kupfer 0.3827 0.8190 40.831 10” 0.2007><10** 0.200210 Messing 0.791 0.1500 7.62 ><107 0.1968>< 107° 0.193 782 Zink 0.662 0.3056 17.43. >—<10** Cadmium 0.475 0.2213 14.61 10° 0.1515>x<10** 0.1523>x<10* Quecksilb. 0.441 0.0152 1.047>x<10”° 0.1452>x10** 0.1475><10*+* Zinn 0.380 0.1446 10.34 >x<10”° 0.1398><10** 0.1394><10** Wood 0.371 0.0519 2.313>x<10 ° 0.1509<10 U, BB 07, Blei 0.340 0.0719 5:351><107 0.134510” 043392 02 Wismuth 0.293 0.0108 0.835810” 0.128810? 0.1275x<10*?. a =10.03772 10% b = 0.196020 vom 237. Mai 1880. 477 Das Eisen konnte ich nicht auf die Beziehung zwischen den beiden Leitungsvermögen untersuchen, da die von mir gewählte Methode zur Bestimmung der elektrischen Leitungsfähigkeit die Benutzung des Eisens ausschloss. 7. Auch für die Amalgame scheint die gefundene Bezie- hung zwischen den beiden Leitungsvermögen gültig zu sein. Eine daraufhin gerichtete Untersuchung der Hrn. Tuchschmid und G. Weber, die in nächster Zeit zum Abschluss kommt, wird dar- über näheren Aufschluss geben. Die nichtmetallischen, aber Wärme und Elektricität leitenden Substanzen fügen sich jedoch dieser Beziehung nicht; für die Kohle, für welche gegenwärtig Hr. Zeller ausführliche Versuche anstellt, ist z. B. die wirkliche Leitungsfähigkeit mindestens 20 bis 30 mal grösser als diejenige Wärmeleitungsfähigkeit, welche sich nach der obigen Relation aus dem elektrischen Leitungsver- mögen und der specifischen Wärme berechnet. Die gefundene Beziehung zwischen den beiden Leitungsvermö- gen scheint also an die metallische Natur der Substanzen ge- bunden zu sein. 8. Das Wärmeleitungsvermögen aller bisher von mir unter- suchten festen Metalle nimmt mit steigender Temperatur ab und zwar für die verschiedenen Metalle in nicht sehr verschiedenem Grade; für alle untersuchten festen Metalle fand ich diese Abnahme des Wärmeleitungsvermögens ganz erheblich kleiner als die Ab- nahme des elektrischen Leitungsvermögens. Die in dem oben ge- gebenen Zusammenhang der beiden Leitungsvermögen vorkommen- den Grössen @ und 5b sind demnach Functionen der Temperatur. Weitere und feinere Untersuchungen müssen die Natur dieser Functionen darlegen. 9, Zum Schluss will ich noch hervorheben, dass die von mir gefundenen Resultate in guter Übereinstimmung mit den Er- gebnissen stehen, zu welchen die Hrn. F. E. Neumann und R. Lenz gelangt sind. Hr. Lenz untersuchte die vier Metalle Kupfer, Messing, Neu- silber und Eisen auf ihre Leitungsfähigkeit für Wärme und Elek- trieität und fand, dass der Quotient aus dem relativ gemessenen 478 Gesammtsitzung vom 27. Mai 1880. elektrischen Leitungsvermögen in das relativ gemessene Wärme- leitungsvermögen für diese Metalle fast vollkommen derselbe ist. Er glaubte daraus folgern zu dürfen, dass dieses für alle Me- talle Statt findet. Diese Schlussfolgerung ist unzulässig, obschon das für die vier genannten Metalle gefundene Resultat vollkommen richtig ist. Diese vier Metalle Kupfer, Messing, Neusilber und Eisen besitzen nämlich fast genau dieselbe specifische Wärme der Volumeneinheit — die entsprechenden Werthe sind 0.83, 0.80, 0.80 und 0.84 — und sie liefern deswegen auch fast genau denselben Quotienten aus dem elektrischen Leitungsvermögen in das Wärme- leitungsvermögen. Hr. F.E. Neumann hat in seinen Untersuchungen über die Wärmeleitung in Metallen nur die fünf Metalle Kupfer, Messing, Zink, Neusilber und Eisen auf die Grösse des absoluten Wärme- leitungsvermögens und der relativen elektrischen Leitungsfähigkeit untersucht. Aus seinen Messungen ergiebt sich der Mittelwerth des Quotienten aus der elektrischen Leitungsfähigkeit in das Wärme- leitungsvermögen für die vier nahezu die gleiche (0.82) specifische Wärme der Volumeneinheit besitzenden Metalle Kupfer, Messing, Neusilber und Eisen gleich 19.05, während sich der Quotient aus den beiden Leitungsvermögen für das Zink, das die erheblich kleinere specifische Wärme der Volumeneinheit 0.67 besitzt, nur gleich 17.1 herausstellte. Aus diesen zwei Werthengruppen würde sich in der Relation k -=arb.c a der Werth a = 8.4 und der Werth 5 = 15.0 und das Verhältniss - — 1.545 ergeben. Aus der von mir abgeleiteten Beziehung er- giebt sich das letztere Verhältniss gleich 1.550. er Verzeichniss der im Monat Mai 1880 eingegangenen Schriften. Leopoldina. Amtliches Organ der kaiserl. Leop.-Carol. deutschen Akademie der Naturforscher. Heft XVI. N. 7.8. Halle 1880. 4. Sitzungsberichte der philos., philolog. und histor. Olasse der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München. Jahrg. 1879. Bd. II. Heft 3. München Ind. 8. Sitzungs-Berichte der math.-phys. Classe der k. b. Akademie der Wissenschaf- ten zu München. Jahrg. 1879. Bd. II. Heft 3. München 1879. 8. Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. Jahrg. XIV. Heft4. Leip- ze 1819. 8. Catalog der Bibliothek der Astronomischen Gesellschaft. Herausgegeben von dem Bibliothekar der Gesellschaft Dr. ©. Bruhns. Leipzig 1879. 8. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XII. N. 8.9. Ber- lin 1880. 8. Elektrotechnische Zeitschrift. Jahrg. I. Heft V. Mai. Berlin 1880. 4. Abhandlungen herausgegeben vom Naturwissenschaftlichen Vereine zu Bremen. Bd. VI. Heft 1. 2.3. Bremen 1879. 1880. 8. Beilage N. 7. Bremen 18/9. 8. Sitzungs-Berichte der naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis in Dresden. Jahrg. 1879. Juli— Dec. Dresden 1880. 8. Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Alterthums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaf- ten. Bd. V. Heft1. Freiburg i. Br. 1880. 8. Wissenschaftlicher Jahresbericht über die Morgenländischen Studien vom Oc- tober 1876 bis December 1877. Heft1. 2. Leipzig 1879. 8. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. 34. Heft 1. Leipzig 1880. 8. 480 Eingegangene Druckschriften. Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den Deutschen Küsten über die physi- kalischen Eigenschaften der Ostsee und Nordsee und die Fischerei. Jahrg. 1879. Heft XII. December. Berlin 1880. 4. Publicationen des Astrophysikalischen Observatoriums zu Potsdam. 1. Band. Potsdam 1879. 4. Der deutsch- französische Krieg 1870 —71. Redigirt von der kriegsgeschicht- lichen Abtheilung des Grossen Generalstabes. Heft 17. Berlin 1880. 8. A.v. Reumont, Gino Capponi. Ein Zeit- und Lebensbild. Gotha 1880. 8. Nicephorı Archiepiscopi Constantinopolitani Opuscula historica. Edidit A. de Boor. Lipsiae 1880. 8. A. Mühry, Über die exacte Natur-Philosophie. Göttingen 1880. 8. J.M. Hildebrandt, West-Madagaskar. Reiseskizze. Sep.- Abdr. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde. Bd.XV. 8. C. Bruhns, Die Benutzung der Meteorologie für landwirthschaftliche Arbeiten. Dresden 1880. 8. | C.F. W. Peters, Resultate aus Pendelbeobachtungen. Abth. 1. Bestimmung der Länge des einfachen Sekundenpendels in Altona. S.-A. Kiel 1880. 4. Statistik der Preussischen Schwurgerichte und der von denselben erkannten Strafen und Freisprechungen für das Jahr 1878. Berlin 1880. 4. Mittheilungen des Deutschen Archaeologischen Institutes in Athen. Jahrg. V. Heft 1. Athen 1880. 8. *The Vinaya Pitaka. Edited by H. 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Seitdem der Versuch über die Seelenblindheit ein tieferes Ver- ständniss der Functionen der Grosshirnrinde angebahnt hatte, war als ein besonders zu erstrebendes Ziel klar vorgezeichnet ein Ver- such, der naturgemäss die feste Grundlage aller anderen Erfahrungen auf dem Gebiete abzugeben hatte, die totale Exstirpation der beiden Sehsphären. Doch nur schrittweise und ganz allmählich, wie meine Mittheilungen zeigen!), habe ich mich dem Ziele zu nähern ver- mocht. Jetzt endlich bin ich im Stande, von der Ausführung des Versuches am Hunde zu berichten. Den enormen operativen Eingriff auf einmal vorzunehmen, wäre ein gar zu kühnes Wagniss gewesen, dessen Gelingen zudem keinen absehbaren Vortheil geboten hätte. Ich habe immer zuerst bloss die eine Sehsphäre total exstirpirt und dann 1—2 Monate später, wenn die Wunde schon lange vernarbt war, die gleiche Operation auf der anderen Seite folgen lassen. Auch so noch bietet der Versuch der Misslichkeiten genug. !) Die früheren Mittheilungen, an welche die vorliegende sich an- schliesst, finden sich an folgenden Orten: Verhandlungen der Physiologischen Gesellschaft zu Berlin, 1876/77, Nr.16, 17, 24; 1877/78, Nr. 9—10; 1878/79, "Nr. 4— 5,18. — Berl. klin. Wochenschr., 1877, Nr. 35. — du Bois-Rey- mond’s Archiv, 1878, S.162, 547, 599; 1879, S. 581. [1880] 36 486 Gesammtsitzung Die technischen Schwierigkeiten zwar lassen sich durch Aus- dauer überwinden. Der Hund, der die letzten Tage kein Wasser erhalten hat, wird durch Morphium und Äther tief narkotisirt. Mit Trepan und Knochenzange entfernt man das Schädeldach in der ganzen Ausdehnung, in welcher die zu exstirpirende Sehspbäre an der Convexität der Grosshirnhemisphäre gelegen ist (AA,A Fig. 1 u.2); doch geht man bloss dicht an die Mittellinie heran, ohne dieselbe zu erreichen, so dass nach der zweiten Operation noch ein ganz schmaler Knochenstreif die Falx mit dem Sinus longitudinalis trägt. Bei jüngeren Hunden bluten die Knochenvenen stark und müssen durch Andrücken von kleinen Feuerschwamm-Stücken ver- schlossen werden; bei alten Hunden ist die Blutung selten von Belang. Nachdem dann die Dura gespalten und in Stücken zurück- geschlagen, wird durch Einschieben eines dünnen und breiten Scal- _pellstieles die mediale Fläche der Hemisphäre zugänglich gemacht, der Sulcus calloso-marginalis, soweit er die Sehsphäre begrenzt (A Fig. 3), 2—3”" tief eingeschnitten, vom vorderen Ende dieses Schnittes aus und senkrecht zu ihm ein zweiter, ebenso tiefer Schnitt nach oben zur Öonvexität geführt und von der Convexität aus in der Richtung von vorn nach hinten die ganze mediale Partie der Sehsphäre scheibenförmig abgetragen. In gleicher Weise wird danach das hintere Ende der Hemisphäre, soweit es der Sehsphäre zugehört (A Fig. 4), umschnitten und von der Mitte nach der Seite hin abgeschnitten. Schliesslich trägt man mit flachen Messerzügen in derselben Richtung die Rindenpartie der Convexität ab, nachdem man sie noch vorn und unten durch Einschnitte von der Umgebung isolirt hat. Die anscheinend gefährliche Blutung aus den Hirn- sefässen kommt immer bald zum Stehen, und die Wunde kann nunmehr durch Nähte geschlossen werden. Es bedarf bei diesem Verfahren nur einer gewissen Übung, um die Totalexstirpation der Sehsphäre ebenso sicher auszuführen, wie vergleichsweise den Bell’schen Versuch oder die Magendie’sche Trigeminus - Durch- schneidung. | Aber was sich nicht beherrschen lässt, das sind die Nach- blutungen und die Entzündung. Durch die ersteren, welche meist aus den Hirngefässen stammen, geht ein Theil der Versuchsthiere in den ersten Tagen nach der Operation zu Grunde. Ein anderer Theil der Thiere erliegt in der zweiten Woche, nachdem bei schein- bar gutem Befinden plötzlich Krämpfe und bald darauf Coma ein- k M “x 1 vom 3. Juni 1880. 487 getreten sind; die Section ergiebt, dass die Entzündung von einer beschränkten Stelle der Hirnwunde aus sich in die Tiefe verbreitet und durch eine rothe Erweichung zum Durchbruch in den Ventrikel geführt hat. Endlich entstehen noch weitere Verluste in der ersten Woche, indem eine Encephalomeningitis die Nachbarschaft der Hirnwunde befällt; sterben hier die Thiere auch nicht, so ist doch der Zweck ganz verfehlt, da die Rindenläsion eine unbeabsichtigte Ausdehnung gewonnen hat. Grosse Sauberkeit in der Ausführung der Operation und die mit der Übung wachsende Geschicklichkeit mindern alle diese Verluste, insbesondere die letztgenannten, doch verhüten lassen sich dieselben nicht; und noch bei der letzten Serie von 30 Hunden haben mir nicht weniger als 19mal Blutung oder Entzündung meist nach der ersten, seltener nach der zweiten Ope- ration den Versuch vereitelt. Wo die unglücklichen Zufälle ausbleiben, überraschen die ge- ringfügige Reaction und die schnelle Heilung, welche den so grossen und so groben Verletzungen folgen. Jedesmal etwa 24 Stunden nach der Operation, kaum dass er sich von der Narkose erholt ‚hat, ist der Hund bei mässigem Fieber schon recht munter, 12 bis 24 Stunden später frisst er mit gutem Appetite, nach weiteren 24—56 Stunden ist er ganz fieberfrei und wohlauf. Die Wunde verheilt rasch, in der Regel bei mässiger Eiterung, und nach 2—3 Wochen ist sie vernarbt. Macht man derzeit oder später die Sec- tion, so findet man an der Operationsstelle die weichen Bedeckungen alle zu einer festen derben Masse verwachsen und auch verwachsen mit dem Gehirne, das in der ganzen Ausdehnung der Exstirpations- fläche eine gelb erweichte Grenzschicht von etwa 1”""® Dicke und darunter die normale Beschaffenheit zeigt; trotz den Wunden zu seinen Seiten ist der Sinus longitudinalis unversehrt und durch- gängig geblieben. Die gelungenen Versuche lohnen nun reich alle für ihren Erwerb aufgewandte Mühe, Denn von Stund’ an, da die zweite Sehsphäre entfernt wurde, ist und bleibt der Hund auf beiden Augen voll- kommen blind, hat er den Gesichtssinn ganz und für immer ver- loren, während er in allen übrigen Stücken nicht im mindesten vom unversehrten Hunde sich unterscheidet. Normal laufen alle vegetativen Functionen ab; normal sind Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen; normal kommen alle Bewegungen zur Ausführung, die so- genannten willkürlichen ebenso wie die unwillkürlichen, wofern sie 3er 488 Gesammtsitzung nur nicht gerade vom Sehen abhängig sind; normal functioniren die Augen, verengen und erweitern sich die Pupillen; normal ist auch die Intelligenz, soweit sie nicht den Gesichtssinn zur Grund- lage hat: kurz, nichts ist abnorm, als das totale Fehlen des Ge- sichtssinnes. In den ersten Wochen regen nur Hunger und Durst den Hund zu längerem Gehen an; sonst rührt er sich freiwillig nicht von der Stelle, und auch Lockung und Prügel setzen ihn bloss für kurze Zeit in Bewegung. Immer geht er sehr langsam und zögernd, indem er, den Kopf weit vorgestreckt, mit der Schnauze den Boden abfühlt und die Vorderbeine gleichsam vorsichtig tastend vorschiebt. An alle Hindernisse auf seinem Wege stösst er an. Häufig dreht er sich rechtsum und linksum im Bogen, ohne von der Stelle zu kommen; hat er auf den Zuruf die richtige Richtung eingeschlagen, so verliert er dieselbe bald; selbst in dem ihm vorher bestbekannten Raume fehlt ihm jede Orientirung. Zum Laufen, wie zum Springen ist er nie zu bewegen. Vor jeder Terrainschwierigkeit macht er halt oder kehrt er um. Nur gezwungen passirt er die Treppe, indem er Stufe für Stufe mit der Schnauze nachfühlt; hat er nicht die erste Stufe mit der Schnauze abgereicht, so lässt er sich eher jede Misshandlung gefallen, als dass er ein Bein setzt. Von der Mitte des Tisches aus vermeidet er, mit der Schnauze den Rand abtastend, sehr geschickt die Gefahr; war er aber von vorneherein so auf den Tisch gesetzt, dass ein laterales Fusspaar nahe dem ‘ Rande sich befand, so fällt er regelmässig herunter, sobald er sich in Gang setzt. Nur durch Riechen und Fühlen findet er seine Nahrungsmittel. Er sieht nichts, das man vor seinen Augen hält oder bewegt, wo auch das Bild auf den Retinae entsteht; und er blinzelt demgemäss auch nur auf Berührung. Ob man das helle Zimmer plötzlich verfinstert oder das finstere Zimmer plötzlich er- hellt, ob man das grellste Licht, natürlich unter Vermeidung der Erwärmung, plötzlich in seine Augen wirft und diese oder jene Partie seiner Retinae plötzlich mit Licht überfluthet, keine andere Fiber seines Körpers zuckt, als die Irismusculatur, die in normaler Weise reagirt. Und nichts von alledem ändert sich an unserem Hunde, so lange er lebt und gesund bleibt, ausser dass, wie es von blinden Thieren altbekannt, die restirenden Sinne sich ver- feinern und, soweit es angeht, eintreten für den verlorenen Gesichts- sinn. Mit der Zeit stösst der Hund immer weniger heftig an die a u ee ] } j | | # ) vom 8. Juni 1880. 489 Hindernisse auf seinem Wege an, und schliesslich weicht er ihnen meist sogar gut aus, nachdem er sie bloss mit den Tasthaaren oder mit den weit nach vorn gestellten Ohrmuscheln berührt hat. Dann orientirt er sich auch mehr und mehr in den für ihn bestimmten Räumen, sein Gang wird weniger vorsichtig und langsam, er trägt den Kopf höher, er umgeht die ständigen Hindernisse ganz, er hält auf den Zuruf die richtige Richtung immer besser ein, er be- wegt sich immer häufiger und andauernder von freien Stücken. Wer in diesen Räumen den Hund nach Monaten oberflächlich be- trachtet, kommt nicht auf die Vermuthung, dass er ein ganz blindes Thier vor sich hat; aber nichts weiter ist nöthig, als den Hund auf ein ihm unbekanntes und einigermassen schwieriges Terrain zu versetzen, damit das alte, erstgezeichnete Bild sogleich in allen wesentlichen Zügen wiederkehrt. Alle besonderen Prüfungen des - Gesichtssinnes liefern vom ersten bis zum letzten Tage unverändert dasselbe Ergebniss. Die so werthvollen Thiere für eine lange Beobachtung gesund und in guter Verfassung zu erhalten, ist übrigens eine weitere Schwierigkeit unseres Versuches, da, wie ich schon einmal bei einer früheren Gelegenheit zu bemerken hatte, die verstümmelten Gross- hirnhemisphären übermässig empfindlich sind. Schrecken und Angst, wie sie die Prüfungen manchmal mit sich bringen, Lungen- oder Darmerkrankungen, welche für den unversehrten Hund ohne wei- tere Bedeutung sind, schon einfache Indigestionen, wie sie im Ver- laufe eines langen Zeitraumes gar nicht sich verhüten lassen, alles das führt hier leicht zu Gehirnaffectionen, Blutungen oder Entzün- dungen, auch wenn die letzte Wunde schon seit Monaten vernarbt ist. Die Blutungen haben regelmässig in den nächsten Tagen den Tod der Thiere zur Folge, die Entzündungen bloss hin und wieder, wenn sie in die Tiefe gehen oder eine sehr grosse Ausdehnung gewinnen. Meist breitet sich die von der Operationsstelle ausge- - gangene Encephalomeningitis nur mehr oder weniger weit über die Nachbarschaft dieser Stelle aus; und dann treten zu der Blindheit, entsprechend der Intensität und dem Umfange des pathologischen Processes, theils für eine Weile, theils für die Dauer Functions- störungen im Bereiche der Fühlsphäre, und zwar ihrer Augen- und Extremitäten-Regionen, hinzu, wie auch Hörstörungen, welche frei- lich als einseitige nicht mit voller Sicherheit zu constatiren sind. Der sorgfältigen Pflege meines Wärters Bartel habe ich es zu ver- 490 Gesammtsitzung danken, dass meine Hunde trotz allen Gefahren meist 2—3 Monate, einzelne sogar über 4 Monate nach der zweiten Operation gesund geblieben sind. Da in so langer Zeit nicht die mindeste Verände- rung hinsichts des Gesichtssinnes sich darbot, unterliegt es keinem Zweifel, dass die Blindheit unseres Versuches eine andauernde ist. Natürlich schliesst selbst grosse Übung es nicht aus, dass hin und wieder einmal die beabsichtigte Totalexstirpation der beiden Sehsphären doch nicht ganz zur Ausführung gelangt, indem ein kleines Stück der einen oder der anderen Sehsphäre dem Messer entgeht. Mir ist es im ganzen selten und immer nur in der Weise vorgekommen, dass der erhaltene Rest das mediale Ende der Seh- sphäre war, also am Sulcus calloso - marginalis sich befand, wo die richtige Messerführung am schwierigsten ist. Aber die so miss- glückten Fälle sind durchaus nicht zu den verlorenen zu zählen; denn mit den abweichenden Erscheinungen, welche sie darbieten, sichern sie gerade sehr schön das sonstige Ergebniss. Nehmen wir an, die stehengebliebene kleine Partie gehöre der linken Seh- sphäre an. Der Hund bewegt sich von vorneherein sichtlich freier, er trägt den Kopf höher und setzt die Vorderbeine weniger vor- sichtig; er bevorzugt auffällig die Rechtsdrehung und führt nur auf besonderen Anlass eine Linksdrehung aus, die dann übrigens ebenso gut wie die Rechtsdrehung sich vollzieht; er stösst rechts viel seltener an Hindernisse an als links. Schon in der zweiten Woche geht er viel von freien Stücken, freilich langsam, und er umgeht dabei sehr gut alle Hindernisse auf seinem Wege; nur wenn er sich linksum dreht, stösst er ferner noch und bloss mit der linken Seite des Kopfes an. Auf den Zuruf oder wenn sonst ein auffälliges Geräusch in der Höhe entsteht, wendet er eigenartig den Kopf, indem er ihn in den Nacken wirft und zugleich so um die Längs- axe dreht, dass die mediale Partie der rechten Retina der Schall- quelle zugekehrt wird. Bald passirt er auch ohne Zwang die Treppe, indem er nur Kopf und Vorderbeine vorsichtig vorstreckt; und wenn _ man ihn an den Rand des Tisches drängt, klammert er sich zwar lange krampfhaft an, springt aber endlich ungeschickt herunter. Bringt man irgend einen Gegenstand, den Finger, den Stock u. dgl., vor die Augen und bewegt ihn in den verschiedensten Richtungen, so bleibt der Hund ganz theilnahmlos, bis das Bild auf die äusserste mediale Partie seiner rechten Retina fällt; nur dann, aber dann auch jedesmal wird er plötzlich aufmerksam, hebt den Kopf und vom 3. Juni 1880. 491 sperrt die Augen auf, und er folgt auch einen Moment der Be- wegung des Objectes mit Drehung der Augen und des Kopfes. Verbinden des linken Auges ändert an alledem nichts; ist dagegen das rechte Auge verbunden, so verhält sich unser Hund gerade so, wie der zuerst geschilderte ganz blinde Hund. In einem besonders bemerkenswerthen Falle stellten sich für die grobe Beobachtung durch Monate hindurch bloss zwei Abweichungen heraus: der Hund drehte sich von vorneherein mit Vorliebe rechtsum und vollführte weiterhin auf Geräusche in der Höhe die eigenartige Wendung des Kopfes, welche ich vorhin beschrieb. Die genaue Prüfung lehrte, dass nur, wenn ein grelles Licht plötzlich auf dem obersten Ab- sehnitte der äussersten medialen Partie der rechten Retina sein Bild entwarf, der Hund aufmerksam wurde, übrigens der Bewegung des Lichtes weder mit den Augen noch mit dem Kopfe weiter folgte; weniger helle Objecte, ebenso vorgehalten und bewegt, liessen den Hund durchaus theilnahmlos. Was hier vom Gesichtssinne übrig geblieben, war offenbar ein Minimum. Und in unerwarteter Deut- lichkeit zeigte die Section, dass vom vorderen medialen Ende der linken Sehsphäre ein ganz kleines Stück erhalten war; die Exstir- pationsstelle reichte am. Sulcus calloso-marginalis linkerseits etwas weniger weit nach vorn, als rechterseits. So ist denn also, was ich früher aus den Folgen kleinerer Ex- stirpationen der Grosshirnrinde erschlossen hatte, nunmehr auch durch den entscheidenden Versuch unmittelbar und endgültig fest- gestellt: dass die Rindenabschnitte AA,A (Fig. 1—4) der Gross- hirnhemisphären und von allen nervösen Centraltheilen einzig und allein diese Rindenabschnitte, welche ich die Sehsphären genannt habe, es sind, die mit der Function des Sehens betraut sind. So sicher, können wir sagen, wie die durchsichtigen Theile der Augen Bilder von den äusseren Objecten auf den Retinae entstehen lassen und dadurch die specifischen Endelemente (Zapfen -Stäbchen), mit welchen die Opticusfasern in den Retinae ausgestattet sind, und so mittelbar die Opticusfasern selbst erregt werden, so sicher enden auf der anderen Seite diejenigen Opticusfasern, deren Erregung das Sehen zur Folge hat, in den Sehsphären AA,A, und liegen eben- dort und dort allein die centralen Elemente, welche Licht empfin- den, in welchen die Gesichtswahrnehmung statthat. Sind die Seh- phären entfernt oder für die Dauer funetionsunfähig geworden, so werden zwar durch die Lichtwellen des Äthers die Opticusfasern 492 Gesammtsitzung nach wie vor von ihren Endelementen aus in Erregung gesetzt, und diese Erregung führt auch noch reflectorisch von anderen, unterhalb der Grosshirnrinde gelegenen Oentraltheilen aus Irisbewe- gungen herbei, aber Licht wird nicht mehr empfunden, Gesichts- wahrnehmungen kommen nicht mehr zustande, volle Rindenblindheit auf beiden Augen besteht für alle Folge. | Und noch mehr wissen wir bereits: Die mit den Opticusfasern verbundenen centralen Rindenelemente, in welchen die Gesichts- wahrnehmung statthat, sind regelmässig und continuirlich angeord- net wie die specifischen Endelemente der Opticusfasern in den Retinae, derart dass benachbarten Rindenelementen immer benach- barte Retinaelemente entsprechen. Nur ist nicht die einzelne Re- tina zur einzelnen Sehsphäre in Beziehung gesetzt. Vielmehr ist jede Retina mit ihrer äussersten lateralen Partie zugeordnet dem äussersten lateralen Stücke der gleichseitigen Sehsphäre. Der viel grössere übrige Theil jeder Retina aber gehört dem viel grösseren übrigen Theile der gegenseitigen Sehsphäre zu, und zwar so, dass man sich .die Retina derart auf die Sehsphäre projicirt denken kann, dass der laterale Rand des Retinarestes dem lateralen Rande des Sehsphärenrestes, der innere Rand der Retina dem medialen Rande der Sehsphäre, der obere Rand der Retina dem vorderen Rande der Sehsphäre, endlich der untere Rand der Retina dem hinteren Rande der Sehsphäre entspricht. Wo die Verknüpfung der centralen Rindenelemente einer Sehsphäre mit den peripherischen Endelementen der gegenseitigen Retina ein Ende hat, tritt demge- mäss, für das laterale Stück dieser Sehsphäre, das laterale Stück der gleichseitigen Retina an die Stelle des lateralen Stückes der gegenseitigen Retina. Ist ein Theil der Sehsphären entfernt oder für die Dauer functionsunfähig geworden, so ist damit zwar hin- sichts der mittelbaren Erregung der Opticusfasern durch die Licht- wellen und hinsichts der reflectorischen Irisbewegungen nichts ver- ändert, aber von den specifischen Endelementen des correspondi- renden Theiles der Retinae aus kommt es nicht mehr zur Licht- empfindung, zur Gesichtswahrnehmung; für den Theil der Retinae, dessen Endelemente mit den centralen Rindenelementen des ver- nichteten Theiles der Sehsphären verknüpft waren, besteht Rinden- blindheit für alle Folge. Diese genaueren Beziehungen der Sehsphären zu den Retinae habe. ich früher ermittelt, indem ich an verschiedenen Hunden ver- vom 3. Juni 1880. 493 schiedene Abschnitte einer Sehsphäre oder eine ganze Sehsphäre exstirpirte. Jetzt habe ich sie, um alle Controlen zu erschöpfen, auch in der Weise festgestellt, dass ich nach der Totalexstirpation der einen Sehsphäre, wenn die Wunde schon lange vernarbt war, noch eine Partialexstirpation der zweiten Sehsphäre, von verschie- dener Lage und Ausdehnung an den verschiedenen Hunden, aus- führte. Man ist hier in vielen Fällen der Mühe überhoben, für die Prüfungen das eine Auge zu verbinden; sonst gestalten sich die Prüfungen und die Beobachtungen nicht anders, als ich sie nach dem ersteren Verfahren beschrieb. Mir ist das letztere Ver- fahren zugleich eine sehr gute Vorübung für die Totalexstirpation beider Sehsphären gewesen; und schon deshalb allein ist es werth- voll, weil es zur vollen Rindenblindheit des einen Auges führt, wenn nach der Totalexstirpation der gegenseitigen Sehsphäre das äusserste laterale Drittel von der an der Üonvexität gelegenen Partie der gleichseitigen Sehsphäre abgetragen wird. Hunde, wel- chen eine Sehsphäre ganz oder zum Theil exstirpirt war, ebenso Hunde, die auf einem Auge rindenblind waren, haben sich 7—9 Monate lang für die Beobachtung gesund erhalten lassen, und ich habe während dieser Zeit die durch den Eingriff gesetzte Rinden- blindheit nicht im mindesten sich verändern sehen. Ob Retinaabschnitte von gleicher Grösse auch gleich grossen Sehsphärenabschnitten zugeordnet sind oder. nicht, darüber war unmittelbare Auskunft durch Versuche nicht zu gewinnen, weil die Grösse der geschädigten Partieen an der Retina sowohl wie am Gehirne nur recht ungenau sich schätzen liess. Doch kann ich folgendes mit voller Sicherheit hinstellen. Wie es mir schon frü- her aufgefallen war, so hat es sich jetzt durch die zahlreichen weiteren Beobachtungen nur bestätigt, dass die äusserste laterale Retinapartie, welche der gleichseitigen Sehsphäre zugehört, an Hunden verschiedener Race verschieden gross und dort grösser ist, wo die Divergenz der Augen geringer ist, aber nie, auch in den günstigsten Fällen nicht, mehr als ein Viertel der Retina, immer auf dem horizontalen Meridiane gemessen, ausmacht. Diese Retina- partie wird regelmässig rindenblind, wenn man von der an der Convexität gelegenen Partie der Sehsphäre das äusserste laterale Drittel abträgt; es darf die mediale Grenze der Exstirpationsfläche mehrere Mm. entfernt bleiben von der Furche, welche den Gyrus supersylvius R. Owen ungefähr hälfte. Hinwiederum wird regel- 491 r Gesammtsitzung mässig Rindenblindheit der ganzen medialen Hälfte der Retina herbeigeführt, wenn man die mediale Partie der Sehsphäre soweit fortnimmt, dass die laterale Grenze der Exstirpationsfläche auf we- nige Mm. der Furche nahekommt, welche den Gyrus medialis vom Gyrus supersylvius trennt. Misst man nun auf einem durch die Mitte der Sehsphäre — etwas hinter der Mitte der Partie A, Fig. 1 — gelegten Frontalschnitte die Länge der an Dicke überall un-. gefähr gleichen Rindenschicht mit Berücksichtigung der Furchen (von der Tiefe des Sulcus calloso-marginalis an), so ergiebt sich, dass die Rindenstrecke für das mediale Viertel der lateralen Hälfte der Retina einerseits ungefähr ebenso lang und höchstens wenig kürzer ist, als die Rindenstrecke für die ganze mediale Hälfte der Retina, andererseits um etwa die Hälfte länger ist, als die Rinden- strecke für das äusserste laterale Viertel der Retina Und wenn man alle möglichen Fehler noch so gross setzt, so bleibt doch immer die Bevorzugung auffallend, welche hinsichts der zugehörigen Rindenstrecke das mediale Viertel der lateralen Hälfte der Retina vor der übrigen Retina zeigt. Das ist aber sehr bemerkenswerth, weil gerade dieses Retina-Viertel die Stelle des directen Sehens des Hundes enthält, die Stelle, auf welcher jedesmal das Bild des fixirten Objectes entsteht. Man wird danach wohl nicht fehlgehen, wenn man im allgemeinen für die verschiedenen Abschnitte der Retina eine ungleichartige Projection auf die Sehsphäre annimmt. Jedenfalls aber ist es ausgemacht, dass die Stelle des directen Sehens der Retina besonders gut in der Hirnrinde repräsentirt ist, einen verhältnissmässig sehr grossen Theil der Sehsphäre für sich in Anspruch nimmt; denn an eine etwaige Compensation der grösseren Länge des betreffenden Sehsphärenabschnittes durch ge- ringere Breite ist nach der ganzen Lage der Dinge und schon nach der Configuration der Sehsphäre selbstverständlich nicht zu denken. Mit der umfassenden und allseitig gesicherten Einsicht, welche wir derart in die Sehsphären als den Ort der Gesichtswahrnehmung gewonnen haben, ist jedoch unsere Kenntniss der Sehsphären noch nicht abgeschlossen. Gerade der erste Versuch, mit welchem ich vor Jahren in das Gebiet eintrat, hat uns sogleich einen Einblick thun lassen in die höheren Functionen, welche den Sehsphären ferner noch zukommen. Völlig isolirt und weitab von allem Be- kannten, wie damals der Versuch über die Seelenblindheit dastand, vom 3. Juni 1880. 495 hat er zuvörderst der Ausgangspunkt gewissermassen rückläufiger Untersuchungen werden müssen, welche den natürlichen und festen Boden für den Versuch zu schaffen hatten. Jetzt ist dieser Boden gewonnen, unmittelbar dem Vorbehandelten reiht sich nunmehr der Versuch an, und so kann der scheinbar lange vernachlässigte Ge- genstand heute endlich die zureichende Behandlung finden. Nach der ausführlichen Schilderung, welche ich früher gab, werde ich hier nur kurz an den Versuch zu erinnern brauchen. Ein Hund, dem die Grosshirnrinde der Stelle A, (Fig. 1 und 2) beiderseits exstirpirt ist, bietet, wenn nach einigen Tagen die ent- zündliche Reaction vorüber, eine eigenthümliche Störung im Ge- biete des Gesichtssinnes dar. Er bewegt sich überall ganz frei und ungenirt, nie stösst er an, und selbst unter den schwierigsten Verhältnissen umgeht oder überwindet er jedes Hinderniss. Aber so gut er auch danach offenbar sieht, er kennt oder erkennt nichts, das er sieht, nicht die Fleischschüssel, nicht den Wassernapf, nicht den Genossen, nicht den Menschen, nicht die Peitsche, nicht das Feuer u. s. f. Neugierig glotzt er um sich, und wie prüfend von allen Seiten betrachtet er, was ihm in den Weg kommt, als wolle er es kennen lernen. Erst nach und nach erkennt er die Objecte wieder; von Untersuchung zu Untersuchung findet sich dieser oder jener Zug des Bildes, das der Hund zunächst darbot, verwischt, täglich sind mehr Absonderheiten fortgefallen. Zu allererst ist der Hund wieder mit der Fleischschüssel und dem Wassergefässe ver- traut, dann erkennt er auch den Menschen und findet aus der Ferne den Wärter heraus, der ihn pflegt, weiter erweisen sich Tisch, Schemel, Hund, Kaninchen ihm bekannt, noch später kennt er Stock, Peitsche, Finger, Feuer wieder, u. s. w. Die Neugier und die Unruhe des Hundes haben mittlerweile entsprechend abgenommen. Endlich, wenn 3—5 Wochen seit der Operation verflossen sind, erscheint der Hund restituirt, die eigenthümliche Störung im Ge- biete des Gesichtssinnes — die Seelenblindheit, wie ich sie nannte — ist beseitigt. Indem ich so den Versuch zuerst beschrieb, waren die Seh- störungen nur unvollkommen erkannt. Wir haben seitdem erfah- ren, dass die beiderseitige Exstirpation der Stelle A, andauernde partielle Rindenblindheit mit sich bringt, und zwar an beiden Re- tinae für die Stelle des directen Sehens und deren Umgebung. Diese Schädigung ist auch jedesmal an unserem Hunde nachweis- 496 Gesammtsitzung bar. Hat man dem von der Seelenblindheit restituirten Hunde ein Auge verbunden, und nähert man, während der Hund das andere Auge ruhig hält, diesem Auge von vorn und etwas von der Nasen- seite her Objecte, Fleisch oder Feuer, so, dass ihr Bild ungefähr auf der Mitte der Retina oder besser etwas nach aussen von der Mitte entsteht, so sieht der Hund die Objecte nicht, er bleibt durchaus theilnahmlos; dagegen schnappt er sofort nach dem Fleische oder zuckt vor dem Feuer zurück, sobald man die Objecte etwas nach der einen oder der anderen Seite verschiebt. Auch schon in den ersten Wochen, wenn der Hund die Objecte noch gar nicht wieder kennt, gelingt die Prüfung, sobald nur die Unruhe des Hundes sich genügend gemässigt hat: nachdem man dem hungrigen Hunde einige Fleischstücke gereicht hat, hält der Hund alles, was man ihm nähert, für Fleisch und schnappt danach; und er schnappt nur dann nicht zu, wenn das Bild des genäherten Objectes auf der Mitte der Retina oder etwas nach aussen von der Mitte sich erhält. Ganz im groben thut sich die Schädigung kund in dem stieren und blöden Blick, welchen der Hund zeitlebens nach der Operation behält. So eigenartig ist dieser Blick, der nach keinem anderen Eingriffe als der beiderseitigen Exstirpation der Stelle A, sich findet, dass er mir von vorneherein nicht entging; aber ich verstand ihn anfangs nicht und mass ihm keine Bedeutung bei. Worauf der Blick beruht, lehrt einfach der Vergleich mit dem un- versehrten Hunde. Ganz anders als dieser bewegt unser Hund seine Augen, viel seltener und viel unregelmässiger. So gespannt er auch offenbar das Fleischstück vor seiner Nase betrachtet, die Augen sind abnorm divergent, und die Divergenz nimmt nicht in normaler Weise ab, wenn das Fleischstück der Nase genähert, nicht in normaler Weise zu, wenn das Fleischstück von der Nase entfernt wird; ebensowenig erfolgt die Seitenwendung der Augen normal, wenn man das Fleischstück nach rechts oder nach links bewegt. Mit einem Worte, unser Hund fixirt nicht mehr; er stellt die Augen nicht mehr so ein, dass das betrachtete Object an den Stellen des directen Sehens auf seinen Retinae sich ab- bildet. | Indess mit dieser Verbesserung unserer Einsicht ist doch das Wesentliche an unserem Versuche nicht verändert. So sehr tritt die partielle Rindenblindheit gegen die anderen Störungen zurück, dass sie anfangs sogar ganz sich hat übersehen lassen, und dass vom 3. Juni 1880. 497 es erst langer und mühsamer Untersuchungen bedurft hat, um sie aufzudecken. In die Augen springt, und das bleibt der Kern des Versuches, dass der Hund die äusseren Objecte, obwohl er sie sieht, nieht mehr wie früher kennt und erst nach und nach wieder erkennt. Danach sind offenbar noch andere und höhere Functio- “nen der Grosshirnrinde, als die Gesichtswahrnehmung, von Stö- rungen betroffen, danach hat unser Eingriff auch im Gebiete der Gesichtsvorstellungen eine Schädigung herbeigeführt. "Die Gesichtsvorstellungen, aus Gesichtswahrnehmungen hervor- gegangen, sind entweder Anschauungsbilder oder Erinnerungsbilder dieser Wahrnehmungen. Die Erregung der Opticusfasern, welche dem Sehen dienen, braucht in ihren Folgen nicht auf die Erregung der centralen Elemente, welche mit der Gesichtswahrnehmung be- traut sind, sich zu beschränken, sondern kann auch noch mittelbar durch diese Erregung andersgeartete centrale Elemente in Erregung versetzen und damit Gesichtsvorstellungen veranlassen. Die letz- teren centralen Elemente, welche Vorstellungselemente heissen mö- gen, sind aber vor den wahrnehmenden Elementen dadurch aus- gezeichnet, dass, während diese sehr rasch nach der Erregung wieder in dem vollen alten Ruhezustande sich befinden, an den Vorstellungselementen infolge der Erregung wesentliche Verände- rungen zurückbleiben, welche nur äusserst langsam sich abgleichen. Wenn nun durch die Erregung von Opticusfasern, unter Vermitte- lung der zugehörigen wahrnehmenden Elemente, gewisse Vorstel- lungselemente zum ersten Male in Erregung gesetzt sind, so ist damit das blosse Anschauungsbild der Gesichtswahrnehmung ge- geben, und die Gesichtswahrnehmung erscheint neu und unbekannt. Hört die Erregung der Opticusfasern auf, so hat auch die Erre- gung der centralen Elemente ein Ende, und das Anschauungsbild ist fortgefallen; aber mit den bleibenden Veränderungen, welche die Vorstellungselemente erfahren haben, ist latent (potentia) das Erinnerungsbild der Gesichtswahrnehmung erhalten, und dieses Bild entsteht (actu) fortan jedesmal, dass dieselben Vorstellungs- elemente, gleichviel aus welchem Anlasse, wieder in Erregung ge- rathen. Wird diese Erregung nunmehr durch eine neue Erregung der Opticusfasern herbeigeführt, so ist zugleich mit dem Erinne- rungsbilde wieder das Anschauungsbild der Gesichtswahrnehmung da; und indem Anschauungs- und Erinnerungsbild zusammenfallen, erscheint jetzt die Gesichtswahrnehmung bekannt. So nur und 498 Gesammtsitzung nicht anders lassen die Dinge, um die es sich hier handelt, phy- siologisch sich erfassen; und die eigenthümliche Störung, welche unser Hund im Gebiete des Gesichtssinnes zeigt, lässt sich dem- gemäss dahin präecisiren, dass infolge der Verstümmelung nicht mehr, wie früher, zugleich Anschauungs- und Erinnerungsbilder der Gesichtswahrnehmungen entstehen und erst nach und nach für die‘ verschiedenen Gesichtswahrnehmungen das Zusammenfallen von beiderlei Bildern sich wieder einstellt. Nichts liegt nun näher, als das Wesen der Störung in der vorübergehenden Functionsunfähigkeit zu vermuthen von Rinden- theilen, welche Gesichtsvorstellungen dienen, sei es von Vorstel- lungselementen selbst, sei es auch nur von Leitungen, welche die wahrnehmenden Elemente mit den Vorstellungselementen oder die Vorstellungselemente unter sich verbinden. Hat doch, wer viel an der Grosshirnrinde experimentirt, häufig genug Gelegenheit zu se- hen, wie Rindentheile ausser Function treten und mit der Zeit ihre Function wieder aufnehmen. Nach jeder Exstirpation kommt es infolge des mechanischen Angriffs und der reactiven Entzün- dung für die Umgebung der Exstirpationsstelle zur Beobachtung, und noch schöner ist es zu verfolgen, wo nach völliger Heilung der Wunde eine Entzündung von der Operationsstelle aus sich verbreitet und darauf in umgekehrter Richtung sich zurückbildet. Ja, unter diesen Umständen scheint sogar gelegentlich unsere Stö- rung selbst sich wieder zu finden, wenn in der Umgebung der Stelle A, Exstirpationen vorgenommen sind; denn manchmal tritt dann Seelenblindheit auf und verschwindet wieder in wenigen Ta- gen. Dass in unserem Falle sehr viel langsamer die Restitution erfolgt, könnte man bloss dem zuschreiben wollen, dass die mecha- nische Verletzung, bez. die Entzündung bei der Exstirpation der Stelle A, aus unbekanntem Grunde besonders heftig ist. Aber so nahe auch die Vermuthung liegt, sie erweist sich als gründlich falsch. Überall wo eine Erkrankung von Rindensubstanz, gleichviel wodurch herbeigeführt, den Ausfall von Rindenfunctionen mit sich bringt und mit der Heilung die Functionen wiederkehren, wird, wann die Functionen wiedererscheinen, und wie, d.h. in welcher Reihenfolge und in welcher Vollständigkeit sie sich wieder einstellen, einzig und allein durch den Heilungsvorgang bestimmt, und der Experimentator vermag nicht den mindesten Einfluss dar- auf zu gewinnen. So entspricht es der Natur der Dinge, und so vom 3. Juni 1880. 499 lässt es sich hundertfach constatiren; so zeigt es sich insbesondere auch jedesmal da, wo nach einer Exstirpation in der Umgebung von A, die Seelenblindheit auftritt und in wenigen Tagen wieder sich verliert. Ganz anderes stellt sich in unserem Falle heraus. Hat man unserem Hunde am 2. oder 3. Tage nach der Operation den Kopf in den Eimer gedrückt, bis das Wasser die Schnauze berührte, und den Futternapf vor die Nase gebracht, dass er das Fleisch roch und frass, so findet der Hund schon am 3., bez. 4. Tage Eimer und Futternapf auf; thut man das gleiche erst am 4. oder 5. Tage, so erkennt der Hund Eimer und Futternapf erst am ö., bez. 6. Tage wieder. Hat man den Hund noch in der 1. Woche die Treppe hinabgeschleift, vor welcher er stutzte, so passirt er dieselbe fortan von freien Stücken, das erste Mal etwas ängstlich, dann ohne Zögern; war der Hund aber geflissentlich von der Treppe ferngehalten, so macht sich alles ebenso erst in der 3. oder 4. Woche nach der Operation. Fährt man im Verlaufe der 1. Woche mehrmals mit dem Finger an oder in die Augen des Hundes, so tritt von der Zeit an regelmässig Blinzeln auf Näherung des Fin- gers ein; sonst kommt dieses Blinzeln ohne alles Zuthun erst in der 2. oder 3. Woche zur Beobachtung. Drückt man in der 2. Woche ein brennendes Streichholz, nachdem man es vor den Augen gehalten, an die Nase des Hundes, so dass es ihn schmerzt, so weicht der Hund fernerhin stets mit dem Kopfe zurück, sobald er wieder das Feuer sieht; brennt man ihn ebenso erst in der 5. "Woche, so hat ihn bis dahin das Feuer nicht genirt, und er kennt es erst jetzt. Bewegt man in der 2. Woche die Peitsche, die noch gar keinen Eindruck macht, einigemal vor den Augen des Hundes und ertheilt ihm einen Schlag, so scheut der Hund in der Folge, so oft man die Peitsche bewegt, und kriecht nach einigen Tagen in die Ecke, sobald er nur die Peitsche in der Hand sieht; hat man dagegen den Hund so lange mit der Peitsche verschont, so macht man dieselben Beobachtungen erst in der 4. oder 5. Woche. Und der Art sind der Erfahrungen mehr. Ja, die volle Restitution von der Seelenblindheit kommt auch überhaupt bloss dann in 3—5 _ Wochen zustande, wenn nichts, das der Prüfung unterliegt, dem Hunde vorenthalten blieb; anderenfalls gewisse Objecte, wie z.B. gerade Peitsche und Feuer, nach Monaten noch ihm ebenso un- bekannt sind, wie in den ersten Tagen nach der Operation. Hier zeigt es sich also vielfach in die Hand des Experimentators gelegt, 500 Gesammtsitzung ob und wie bald der Hund die ÖObjecte wieder kennt, und das schliesst unbedingt die Möglichkeit aus, dass ausser Function ge- setzte Rindentheile mit der Zeit ihre Function wieder aufnehmen. Danach kann es nicht anders sein, als dass diejenigen Vorstellungs- elemente, in welchen die Erinnerungsbilder der früheren Gesichts- wahrnehmungen latent erhalten waren, durch die Operation dem Hunde ganz verloren gegangen oder wenigstens für immer nutzlos geworden sind. Indem eben nur diese Vorstellungselemente und nicht im mindesten alle centralen Elemente, deren Erregung Ge- sichtsvorstellungen veranlasst, fortgefallen sind, kann unser Hund von Anfang an, da er nach der Operation der Beobachtung unter- liegt, durch seine Gesichtswahrnehmungen zu Gesichtsvorstellungen kommen, können seine Wahrnehmungen zu Anschauungs- und Er- innerungsbildern führen so wie früher, nur dass es andere, bis da- hin unbenutzte Vorstellungselemente sind, welche jetzt die Erinne- rungsbilder geben. Darum‘ erscheinen dem Hunde die Objecte zunächst unbekannt, und sie werden ihm erst nach und nach wie- der bekannt in dem Umfange und in der Reihenfolge, wie er neue Erinnerungsbilder von ihnen gewinnt. Wenn diese Erkenntniss nieht noch zwingender bei dem Ver- suche sich aufdrängt, wenn eine gewisse Gleichförmigkeit im Ver- laufe der Restitution, so oft man auch den Versuch wiederholt, den Gedanken an eine vorübergehende Functionsunfähigkeit von Rindentheilen überhaupt aufkommen lässt, so liegt es nur an der Eigenart der Störung, welche die Operation mit sich bringt. Plötzlich wie durch einen Zauber ganz unbekannt geworden mit allem, was er sieht, -ist unser Hund für seine Existenz und seine Erhaltung auf den baldigen Erwerb neuer Kenntnisse angewiesen und lernt gerade so, wie er sie beachtet, die ihm wichtigeren Ob- jecte eher wieder kennen als die weniger wichtigen, die grösseren Objecte eher als die kleineren, die bewegten eher als die ruhenden. Indem dies aber bei jedem Versuche wiederkehrt, ist wegen der gleichen und beschränkten Verhältnisse, unter welchen die Thiere leben, für zufällige und dabei gut bemerkbare Variationen der Restitution nur sehr wenig Spielraum vorhanden; und die indivi- duellen Verschiedenheiten scheinen im wesentlichen darauf sich zu beschränken, dass der Gesammtverlauf der Restitution das eine Mal ein etwas rascherer, das andere Mal ein etwas langsamerer ist. Auch der Experimentator vermag da nur in Einzelheiten ändernd i m vom 83. Juni 1880. 501 einzugreifen, wie ich es oben schilderte: einige unwichtige Objecte allerdings kann er dem Hunde ganz vorenthalten, von den übrigen Objecten aber kann er bloss die Kenntnissnahme etwas verzögern. Gelänge es, die eigenthümliche Störung im Gebiete des Gesichts- sinnes unter Bedingungen zu beobachten, unter welchen dieselbe weniger bedeutungsvoll für die Existenz des Hundes wäre, es stände zu erwarten, dass das Wesen der Störung alsdann viel schärfer hervorträte.e Und so ergiebt es sich in der That, wenn die Grosshirnrinde der Stelle A, bloss an einer Hemisphäre ex- stirpirt ist. _ Versuche dieser Art bieten schon das Interesse dar, dass sie der Analyse der doppelseitigen Exstirpationsversuche dienen, und ich habe es deshalb sogleich beim Beginne meiner Untersuchungen nicht verabsäumt, dieselben auszuführen. „Hat man die Stelle A, nur an einer Hemisphäre exstirpirt, so gilt alles, was ich oben für das Sehen im allgemeinen schilderte, bloss für das Sehen mit dem Auge der der Verletzung entgegengesetzten Seite. Nach der rechts- seitigen Exstirpation z. B. erkennt der Hund alles in der alten Weise weiter mit dem rechten Auge, wenn man ihm das linke verbunden hat, während er bei verbundenem rechten Auge wohl sieht, aber zunächst nichts erkennt und erst mit der Zeit alles wieder kennen lernt.“ So führte ich damals das Ergebniss an, und so habe ich es heute nur zu wiederholen. Aber wenn ich weiter hinzufügte: „Nur die Restitution habe ich bei einseitiger Exstirpation rascher sich vollziehen sehen als bei beiderseitiger Exstirpation, was durch die Hülfe, welche das wohlerhaltene Se- hen mit dem einen Auge für die Kenntnissnahme von den Objecten gewähren muss, leicht verständlich ist,“ so bin ich dabei in einen doppelten Irrthum verfallen, einmal indem ich die raschere Resti- tution nach der einseitigen Exstirpation für allgemeingültig hielt, zweitens indem ich sie als derart verständlich ausgab. Dass ich im heikelsten Gebiete, mittenhinein vor Räthsel über Räthsel ge- stellt, einmal irrte, wer würde es mir verargen wollen? Erst recht aber wird man es mir nicht verübeln, da mein Irrthum gerade dem naturgemässen Gange der Untersuchung entsprang. Damals kam es vor allem darauf an, wie von der beiderseitigen, so von der einseitigen Seelenblindheit die volle Restitution zu constatiren; ich untersuchte und prüfte deshalb sehr viel das eine Auge, und ich setzte damit unbewusst die Bedingungen, unter welchen die [1880] 37 502 Gesammtsitzung Restitution allerdings so rasch erfolgt, wie ich es angab. Aber ein anderes Verfahren liefert ein ganz anderes Ergebniss. Man exstirpire einem Hunde die Stelle A, der einen, sagen wir der linken Hemisphäre, man überwache die Heilung und Vernar- bung der Wunde, man halte aber den Hund stets in seinem Käfige; oder auch man lasse den Hund frei in den Laboratoriumsräumen sich bewegen, man lasse ihn im Garten sich tummeln mit den an- deren Hunden, man beschäftige sich selbst mit ihm, nur stelle man keine Prüfungen seines Gesichtssinnes an. 3, 4, 6, 8 Wochen oder noch später nach der Operation prüfe man den Hund bei verbun- denem linken Auge: man wird finden, dass er mit dem rechten Auge alles sieht, aber nichts oder so gut wie nichts mit diesem Auge erkennt. Allenfalls kennt er Mensch und Hund, doch findet er aus der Ferne weder den Wärter noch den Spielgenossen her- aus, allenfalls blinzelt er auf Näherung des Fingers, höchst selten — mir ist es nur ein einziges Mal begegnet — scheut er vor dem Feuer; sonst zeigt er dasselbe Verhalten, wie es ein derart operir- ter Hund immer in den ersten Tagen nach der Operation darbietet. Steckt man bei dieser Prüfung dem Hunde nicht den Kopf in den Eimer, bis das Wasser die Schnauze benetzt, nähert man ihm nicht den Futternapf, dass er das Fleisch riecht, lässt man ihn nicht den Stock fühlen, brennt man ihn nicht mit dem Feuer u. Ss. w., nimmt man auch sogleich nach der Prüfung den Verband wieder ab, so kann man die gleichen Erfahrungen während einer Reihe von Tagen hintereinander machen. Endlich halte man täg- lich längere Zeit dem Hunde das linke Auge verbunden, man füt- tere und tränke ihn dabei, man schlage, man brenne ihn u. s. f.: nunmehr vollzieht sich die Restitution von der 4., d., 7., 9. Woche oder einer noch späteren Zeit an gerade so, wie sonst schon in den ersten Wochen nach der Operation. Und. will man es anders, so setze man bloss einzelne Objecte der Kenntnissnahme von Sei- ten des Hundes aus, während dieser das rechte Auge allein offen hat: nur diese Objecte wird er in der Folge kennen, die anderen werden ihm so unbekannt sein wie zuvor. Mit der beiderseitigen Exstirpation der Stelle A, ist also für den Hund der definitive Ausfall aller der Vorstellungselemente ver- bunden, in welchen die Erinnerungsbilder seiner früheren Gesichts- wahrnehmungen latent erhalten waren; und die einseitige Exstirpa- tion der Stelle A, bringt den Ausfall dieser Vorstellungselemente vom 3. Juni 1880. 503 bloss für das Sehen mit dem gegenseitigen Auge mit sich. Ob es sich dabei um einen wirklichen Verlust von Vorstellungselemen- ten handelt oder nur darum, dass die Vorstellungselemente dem Hunde für die Folge nutzlos sind, ist damit noch nicht ausgemacht. Die bezüglichen Vorstellungselemente könnten in den Stellen A,, und zwar gesondert und gleichmässig in jeder dieser beiden Stel- len gelegen sein und durch unseren Eingriff entfernt werden; oder sie könnten irgendwo in der Rinde ausserhalb der Stellen A, sich befinden, sei es einfach vorhanden für beide Hemisphären, sei es wiederum gleichmässig in jeder Hemisphäre für sich, und die Ex- stirpation der Stelle A, brauchte nur jedesmal alle Leitungen zu unterbrechen, welche von den der gegenseitigen Retina zugeordne- ten wahrnehmenden Eleınenten zu den Vorstellungselementen füh- ren. Aber zwischen diesen Möglichkeiten sind wir sogleich zu ent- scheiden im Stande. Denn es giebt in der Grosshirnrinde keine andere Partie ausser der Stelle A,, deren ein- oder beiderseitige Zerstörung unsere Seelenblindheit zur Folge hätte. Selbst dann blieb diese aus, als ich die ganze einer Retina zugehörige Rinde mit alleiniger Schonung der Stelle A, entfernte, indem ich zuerst von der einen Sehsphäre das äusserste Drittel der an der Con- vexität gelegenen Partie und dann von der anderen Sehsphäre die ganze mediale Partie bis zum medialen Rande der Stelle A, und dazu noch die beiden Streifen vor und hinter A, exstirpirte!). Es unterliegt demnach keinem Zweifel, dass die Vorstellungselemente, in welchen die Erinnerungsbilder der früheren Gesichtswahrnehmun- gen latent erhalten sind, in den Stellen A,, und zwar gesondert und gleichmässig in jeder dieser beiden Stellen ihren Sitz haben, so dass sie mit der Exstirpation dieser Stellen ganz verloren gehen. | Und dass dem so ist, dass diese Vorstellungselemente gerade in derjenigen Partie der Sehsphäre enthalten sind, welche der Re- !) Der Versuch gelingt nur, wenn man das äusserste Drittel der an der Convexität gelegenen Partie der zweiten Sehsphäre höchst schonend behan- delt und wo möglich gar nicht entblösst;. sonst stirbt die Stelle A,, wahr- scheinlich infolge unzureichender Ernährung, regelmässig ab. Viel besser sind die Chancen, wenn das Abschneiden der Streifen vor und hinter A, unterbleibt, wodurch der Werth des Versuches allerdings, doch nur wenig verringert wird. ST* 904 Gesammtsitzung tinastelle des directen Sehens und deren Umgebung zugeordnet ist, dafür bietet sich auch ein tieferes Verständniss dar. Es will dazu nur beachtet sein, was wir schon bei der Schilderung der Versuchs- thiere mehrfach anzudeuten hatten, sonst aber bisher vernachlässigen konnten, dass das Entstehen der Vorstellungen aus den Wahrneh- mungen überall noch an einer besondere, physiologisch ihrem We- sen nach unbekannte Bedingung geknüpft ist, die Aufmerksamkeit. Nicht alle Gesichtswahrnehmungen liefern Anschauungsbilder und lassen durch die bleibenden Veränderungen, welche sie an den Vorstellungselementen setzen, Erinnerungsbilder latent fortbestehen, sondern solche Wirkung entfalten bloss diejenigen Gesichtswahr- nehmungen, auf welche die Aufmerksamkeit gerichtet ist. Das sind aber in der Norm immer Gesichtswahrnehmungen, welche mittels der Stelle des direeten Sehens zustandekomnmen; denn diese Stelle der Retina wird ja regelmässig auf die Objecte eingestellt, welche beachtet und betrachtet werden. Es ist daher nichts natür- licher, als dass die Vorstellungselemente der Stelle A, gemäss den engeren Beziehungen, in welchen sie zu den wahrnehmenden Ele- menten derselben Stelle stehen, vor den übrigen Vorstellungsele- menten der Sehsphäre so ausgezeichnet sind, wie wir es fanden. Die Richtigkeit dieses Verständnisses finden wir in sehr be- merkenswerther Weise verbürgt, wenn wir nochmals den Hund be- trachten, an welchem die Stelle A, auf der einen Seite exstirpirt ist. Er erkennt mit dem gegenseitigen Auge nichts, und doch ist das äusserste Viertel der Retina dieses Auges gar nicht mit der verletzten Sehsphäre in Verbindung, sondern mit der unverletzten, welche im ungestörten Besitze aller ihrer Vorstellungselemente sich befindet. Das beweist, dass die Vorstellungselemente der Stelle A, zu den verschiedenen wahrnehmenden Elementen, welche derselben Retina zugehören, in verschiedener Beziehung und sogar zu vielen peripherischen unter diesen Elementen so gut wie in gar keiner Beziehung sind. Es ist dadurch noch mehr, als durch die örtlichen oder anatomischen Verhältnisse allein, gesichert, was ich vorhin heranzog, dass die Vorstellungselemente der Stelle A, in besonders enger Beziehung zu den wahrnehmenden Elementen derselben Stelle stehen. Wichtiger aber noch ist und von umfassenderer Bedeutung, dass unser Hund, auch wenn wir ihn monatelang frei umherlaufen lassen, die verlorenen Erinnerungsbilder der einen Seite doch nicht wiedergewinnt. So schwierig hier das Räthsel zuerst erscheint, vom 3. Juni 1880. | 505 so einfach ergiebt sich schliesslich seine Lösung. Der Hund, der nie Unruhe oder Neugier verräth, der von einem stieren oder blöden Blick keine Spur, sondern immer den Blick des unversehr- ten Hundes zeigt, fixirt, wie die genaue Untersuchung lehrt, nach der Operation die Objecte gerade so wie vorher; demgemäss erkennt er alles mit dem gleichseitigen Auge, im gegenseitigen Auge aber fallen die Bilder der Objecte, welche er betrachtet, immer auf die Retinastelle des direeten Sehens, welche rindenblind ist, und es kann deshalb hier nicht zu Wahrnehmungen und Vorstellungen, also auch nicht zu neuen Erinnerungsbildern kommen. Nur unter dem Zwange, wenn der Hund nichts erkennt, das er sieht, wenn nach der einseitigen Exstirpation der Stelle A, das gleichseitige Auge verbunden oder wenn die Stelle A, beiderseits exstirpirt ist, wendet sich die Aufmerksamkeit den Gesichtswahr- nehmungen zu, welche mittels anderer Stellen der Retina, als der des direeten Sehens, zustandekommen; und entsprechend werden dann Vorstellungselemente, welche ausserhalb der Stelle A, in der Sehsphäre gelegen sind, erregt und treten bleibende Veränderungen an ihnen ein, so dass der Hund neue Erinnerungsbilder gewinnt. So verliert sich allmählich die Seelenblindheit, auch wenn noch we- sentlich mehr von der Sehsphäre als die Stelle A, abhanden ge- kommen ist. Ich habe noch die volle Restitution in 6—8 Wochen eintreten sehen, wo die Retina bis etwa auf das äusserste laterale oder mediale Viertel rindenblind war; und erst wenn die Rinden- blindheit der Retina noch ausgedehnter war, kam es bloss zu einer unvollkommenen Restitution, erschienen selbst nach Monaten nur einzelne Objecte dem Hunde bekannt, oder war überhaupt keine Restitution von der Seelenblindheit mehr nachzuweisen. So können wir nun, alles zusammenfassend, den obigen Er- mittelungen über die Gesichtswahrnehmung folgendes über die Ge- sichtsvorstellungen hinzufügen: Ausser den centralen Elementen, welche Licht empfinden, in welchen die Gesichtswahrnehmung statthat, sind in den Sehsphären AA, A und dort allein noch anders- geartete centrale Elemente gelegen, deren Erregung die Gesichts- vorstellungen giebt; über die ganze Ausdehnung jeder Sehsphäre sind sie verbreitet und überall mit den wahrnehmenden Elementen derselben in leitender Verbindung. Werden solche Vorstellungs- elemente von wahrnehmenden Elementen aus in Erregung versetzt, so liefern sie das Anschauungsbild der Gesichtswahrnehmung; hat 506 Gesammtsitzung die Erregung aufgehört, so ist mit den bleibenden, nur äusserst langsam sich abgleichenden Veränderungen, welche die Erregung an ihnen herbeigeführt hat, das Erinnerungsbild der Gesichtswahrneh- mung latent in ihnen erhalten, und dieses Bild entsteht in der Folge jedesmal, dass eine neue Erregung derselben Vorstellungs- elemente, gleichviel wodurch, veranlasst ist. Aber nicht immer hat die Erregung von wahrnehmenden Elementen die Erregung von Vor- stellungselementen zur Folge; vielmehr muss dafür noch eine be- sondere, physiologisch ihrem Wesen nach unbekannte Bedingung erfüllt sein, es muss die Aufmerksamkeit auf die Gesichtswahrneh- mung gerichtet sein. Das bringt es mit sich, dass unter allen Vorstellungselementen der Sehsphäre denjenigen, welche in der Stelle A, gelegen und mit den wahrnehmenden Elementen dieser Stelle in engerer Verbindung sind, eine hervorragende Bedeutung zukommt. Da der Hund die Objecte, welche er betrachtet, fixirt, seine Aufmerksamkeit also in der Norm immer den Gesichtswahr- nehmungen zugewandt ist, welche mittels der Retinastelle des di- recten Sehens zustandekommen, so sind es immer die Vorstellungs- elemente der Stelle A,, welche die Anschauungsbilder der Gesichts- wahrnehmungen liefern; und in den Vorstellungselementen der Stelle A, finden sich demgemäss auch die Erinnerungsbilder der. früheren Gesichtswahrnehmungen erhalten, gleichmässig und ge- sondert in jeder Hemisphäre für sich, wie sie jederseits aus dem Sehen mit dem gegenseitigen Auge hervorgegangen sind. Wird die Stelle A, beiderseits entfernt, so ist der Hund nicht nur auf beiden Retinae rindenblind für die Stelle des directen Sehens und deren Umgebung, sondern infolge des Fehlens aller Erinnerungsbilder seiner früheren Gesichtswahrnehmungen kennt oder erkennt er auch nichts, das er sieht, er ist völlig seelenblind. In der Noth richtet sich jetzt die Aufmerksamkeit des Hundes auf die Gesichtswahr- nehmungen, welche mittels anderer Stellen der Retinae zustande- kommen, der Hund fixirt nicht mehr, und bis dahin unbenutzte, ausserhalb der Stellen A, gelegene Vorstellungselemente liefern Anschauungsbilder von den neuen Gesichtswahrnehmungen und lassen Erinnerungsbilder von ihnen fortbestehen: so vollzieht sich mit der Zeit die Restitution von der Seelenblindheit, während die partielle Rindenblindheit unverändert für die Dauer sich erhält. Wird die Stelle A, nur an einer Hemisphäre entfernt, so gilt alles ebenso bloss für das Sehen mit dem gegenseitigen Auge; doch 4 b | | | | Preuss, dead, en es, 1880. Mp. Öchnuze Sich Imok. Wierkinv. vom 3. Juni 1880. 507 fixirt hier der Hund mit beiden Augen nach wie vor, und deshalb kommt es zur Restitution von der Seelenblindheit bloss insoweit, als der Hund gezwungen ist, das gegenseitige Auge allein zum Se- hen zu benutzen. Überall kann die Seelenblindheit vollkommen sich verlieren, auch wenn mit der Stelle A, noch ein grosses Stück der übrigen Sehsphäre entfernt ist; und erst wenn mehr als drei Viertel der Retina rindenblind sind, bleibt die Restitution unvoll- kommen oder kommt gar nicht mehr zustande. _ Tiefer in das Gebiet der Gesichtsvorstellungen einzudringen, ist mir, trotz vieler und verschiedenartiger Bemühungen, bisher nicht gelungen. Am ehesten schien noch die Vermuthung sich be- stätigen zu wollen, welcher ich nach meinen allerersten Versuchen dahin Ausdruck gegeben hatte, dass in der Sehsphäre „die Erinne- rungsbilder der Gesichtswahrnehmungen in der Reihenfolge etwa, wie die Wahrnehmungen dem Bewusstsein zuströmen, gewisser- massen von einem centralen Punkte aus in immer grösserem Um- kreise deponirt werden“. Schon vor Jahren habe ich angegeben, dass nach der Exstirpation der Stelle A, hin und wieder einmal, im ganzen sehr selten, ein einzelnes Erinnerungsbild erhalten ge- funden wird, bei Fehlen der übrigen Erinnerungsbilder. Seitdem habe ich häufig, wenn bei Partialexstirpationen der Sehsphäre ein Theil der Stelle A, entfernt war, einen Theil der Erinnerungsbilder erhalten, einen anderen Theil verloren gesehen. Es ist also zwei- fellos, dass es für das einzelne Erinnerungsbild bloss einer kleinen Gruppe von Vorstellungselementen bedarf, und dass verschiedene Erinnerungsbilder an verschiedene solche Gruppen gebunden sind. Aber darüber hinaus bin ich doch nicht gekommen, weil ich wei- ter keine Gesetzmässigkeit in den Erscheinungen zu entdecken ver- mochte. Es hat mir gerathen scheinen wollen, die Verfolgung dieser Dinge aufzuschieben, bis die Fühlsphäre, welche gerade für das Studium der Vorstellungen besondere Vortheile bietet, ebenso eingehend untersucht ist, wie jetzt die Sehsphäre. 908 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 7. Juni. Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse. Hr. W. Peters las über die von Hrn. J.M. Hildebrandt auf Nossi-Be und Madagascar gesammelten Säugethiere und Amphibien. Hr. J. M. Hildebrandt, welcher mit Unterstützung der Aka- demie eine Reise zur Erforschung von Madagascar unternommen hat, sandte im vorigen Jahre eine im October hier angelangte Sammlung von Naturalien von der Insel Nossi-Be und neuerdings eine zweite von dem Continent von Madagascar, welche manche sehr interessante werthvolle Gegenstände enthält, von denen ich mir zunächst nur erlaube, eine Übersicht der Säugethiere und Am- phibien vorzulegen. I. MAMmMALA. 1. Propithecus Verreauxii Grandidier var. Deckenii Ptrs. N. W. Madagascar, Beravigebiet. 2. Propithecus Coquereli A. Milne Edwards. — N. W.Ma- dagascar. 3. Lepilemur mustelinus Js. Geoffroy. — Nossi-Be. 4. Lemur brunneus v.d. Hoeven. — N. W. Madagascar. 9. Lemur rufifrons Bennett. — N. W. Madagascar. Mas. 6. Lemur rufus Geoffroy. — N. W. Madagascar. Fem. 7. Lemur macaco Gmelin. — Nossi-Be, Urwald von Loko- Be. 8. Microcebus myosinus Ptrs. — Mas. N. W. Madagascar. 9. Pteropus Edwardsii Geoffroy. — Nossi-Be. September 1879. 10. Emballonura atrata Ptrs. — Nossi-Be. 11. Taphozous mauritianus Geoffroy. — Nossi-Be. 12. Crocidura Coquerelii Grandidier. — Nossi-Be. 13. Mus musculus Linne. — Nossi-Be. 14. Mus spec. — Nossi-Be. Von einer zweiten Art der Gattung Mus befinden sich nur Exemplare in der Sammlung, welche noch nicht ausgewachsen vom 7. Juni 1880. 509 sind und noch nicht alle Backzähne entwickelt haben, so dass sie sich nicht bestimmen lassen. Die Oberseite ist braun und schwarz melirt, während die Bauchseite gelbweiss ist. II. Ampnıeia. 1. PHoLIDoTa. Crocodilini. 1. Crocodilus madagascariensis Grandidier. — Nossi-Be&; Kra- terseen. Mai 1879. Chelonit. 2. Dumerilia madagascariensis Grandidier. — Eine Schale aus Nordwest-Madagascar, Beravigebiet. Juli 1879. 3. Sternotherus castaneus Schweigger. — N. W. Madagascar. 4, Pelomedusa galeata Schoepf. — N. W. Madagascar. Lacertilia. 5. Chamaeleon pardalis Cuv. — Nossi-Be. 6. Chamaeleon verrucosus Cuv. — Ein Exemplar aus N. W. Ma- dagäscar. | 7. Chamaeleon superciliaris Kuhl. — N. W. Madagascar. 8. Piyodactylus fimbriatus Dum. Bibr. — Ein Exemplar von N. W. Madagascar. 9. Phyllodactylus Stumffi Boettger. — Ein ganz junges Exem- plar von Nossi-Be. 10. Geckolepis maculata n. sp. G. squamis per series longitudinales 25, Iransversales a mento ad anum 36 dispositis; supra griseus, nigro-maculatus, sub- tus flavidus; digitis omnibus falculatis. Supralabialia und Infralabialia 7 bis 8. Zwei pentagonale, hinten abgestutzte Submentalia; jederseits zwei kleinere neben ein- ander liegende. Körperschuppen in 25 Längsreihen, am Bauche von den Submentalia bis zum After in 36 Querreihen. Schwanz abgerundet, conisch, Schuppen etwas kleiner als die des Körpers, an der Unterseite nach dem Basaldrittel mit einer mittleren Reihe sehr breiter Schuppen. Gliedmafsen sehr kurz und plump, sämmt- liche Finger und Zehen mit deutlichen Krallen versehen; die Mit- telzehe an der Sohle mit 12 bis 13 Querlamellen. — Oben grau- 510 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse braun mit unregelmässigen schwarzen und seltneren weissen Flecken. Lippenränder gefleckt; Unterseite schmutzig weiss. | Ein Exemplar aus Anfica, im nordwestlichen Madagascar. 11. Pachydactylus cepedianus Peron. — Nossi-Be, Madagas- car. 12. Pachydactylus laticaudus Boettger (?P. lineatus Gray). Varie- tät? — Nossi-Be. 13. Hemidactylus mabowia Moreau. — Nossi-Be, Madagascar. 14. Gongylus Polleni Grandidier. — Madagascar. 15. Euprepes bistriatus Gray. — Nossi-Be, Madagascar. 16. Acontias Hildebrandii n. sp. A. squamis corporis 18-seriatis, abdominalibus per series 92 dispositis; supraocularibus quinis. Violaceus, squamis mar- gine pallidioribus. Durch den viel kürzeren Körper und die dem entsprechend viel geringere Zahl der Ventralschuppen unterscheidet sich diese Art von den bisher beschriebenen. Acontias rubrocaudatus Gran- didier (Rev. Mag. Zoolog. ser. II. vol. 21. 1869. p. 343) ist ganz verschieden gefärbt. ö Das einzige Exemplar aus dem nordwestlichen Madagascar ist von der Schnauze bis zum After 34"® lang, während die Schwanzlänge 33" beträgt. Körperdicke 2,3", | Serpentes. 17. Pelophilus madagascariensis Dum. Bibr. — Madagascar. 18. Xiphosoma (Sganzinia) madagascariense Dume£ril et Bibron. — Nossi-Be. 19. Enicognathus rhodogaster (Schlegel) 172+4-+37. — N. W. Madagascar. 20. Heterodon madagascariensis Dum. Bibr. — Nossi-Be, N. W. Madagascar. 21. Herpetodryas Bernierii Dum. Bibr. — N. W. Madagascar. 22. Herpetodryas Bernierü var. quadrilineatus Dum. Bibr. — Nos- si-Be, N. W. Madagascar. 23. Philodryas miniata (Schlegel). — N. W. Madagascar. 24. Mimophis madagascariensis Günther. — N. W. Madagas- car. 25. Dipsas colubrina Schlegel. — Nossi-Be; Madagascar. nn [7 vom 7. Juni 1880. 5 9. BATRACHIA. Anura. 26. Rana mascareniensis Dum. Bibr. — Nossi-Be. 27. Limnodytes madagascariensis A. Dumeril. — Ein Exemplar aus N. W. Madagascar. 28. Polypedates Goudotii Dum. Bibr. — N. W. Madagascar. 29. Hyperolius spec. — Ein Exemplar von Nossi-Be. 30. Ayperolius spec. — Ein Exemplar von Nossi-Be. Hr. Auwers legte folgende Mittheilung des Hrn. Prof. Th. von Oppolzer in Wien vor: Über die Bestimmung grosser wahrer Anomalien in parabolischen Bahnen. Nähert sich die wahre Anomalie in einer parabolischen Bahn dem Werthe 180°, so wird die Benutzung der Barker’schen Ta- fel, die man sonst wohl allgemein zur Auflösung der auftretenden kubischen Gleichung braucht, sehr unbequem, im Grenzfalle un- möglich. Bessel hat ein Verfahren angegeben, welches diesen Nachtheil behebt, jedoch scheint mir dasselbe nicht auf die für die Rechnung vortheilhafteste Form gebracht zu sein und wird zweck- mässig durch die folgende Umformung ersetzt werden können. Bezeichnet man mit w den Hülfswinkel, den Bessel für die Bestimmung der wahren Anomalie v eingeführt hat, so besteht be- kanntlich die Relation: 3 sinv = sinw.yb 1.) b ist ein Factor, der sich von der Einheit nur um eine Grösse 4ter Ordnung unterscheidet, wenn man cotg4v als eine Grösse erster Ordnung gelten lässt. sinw und b bestimmen sich nach: 512 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 2V2gq sinw = z - Veokt | y» 2.) ) | un (1 + 3cotg3r?)’ | 1-+ cotgtv? h in welchen Ausdrücken g die Periheldistanz, % die bekannte Gauls- sche Constante und ? die Zeit, die seit der Perihelpassage verflos- sen ist, in Einheiten des mittleren Sonnentages darstellt; man hat sinw, je nach dem Vorzeichen von t, im zweiten oder dritten Qua- dranten zu nehmen. Setzt man der Kürze halber sinw = 2y, cotg4v = x, so erhält man aus 1) und 2) ohne Schwierigkeit: 1 2 = yl4H3MN) ey it — Ya) und durch Umkehrung der Reihe: s=eyli+Yy+yYf+2yf +0 y +). 3) Ebenso leicht findet man: welche Relationen nunmehr völlig ausreichend sind zur allseitigen Lösung des Problems. Soll z. B. zur Zeit t die wahre Anoma- lie und der Radiusvector ermittelt werden, wobei t von der Peri- helpassage zu zählen ist, so berechnet man nach der ersten For- mel in 2.) sinw = 2y, dieser Werth von y in 3.) eingesetzt giebt x, mit welchem Werthe leicht nach 4.) der Logarithmus von 53 gefunden wird, den ich in diesem Falle mit — Alogw bezeichnen will, dann ist: logsinv» = logsinw + Alogsinw und der Radiusvector r findet sich einfach, da sin4v stets mit ge- nügender Genauigkeit in diesen Fällen erlangt werden kann, nach: 4 4 Sr Yn W vom 7. Juni 1880. 513 Will man die Zeit der Perihelpassage aus r oder ® finden, wobei zu beachten ist, dass die Benutzung des Werthes von r in diesen Fällen sicherere Resultate geben wird, so hat man zunächst zur genauen Berechnung von sine: | sinv = 2sinde]/2 7 Mit diesem Werthe findet sich leicht «& = cotglv und mit Be- nutzung der Reihe 4.), deren Resultat ich in diesem Falle mit v Alogsinv bezeichnen will: logsinw = logsinv + Alogsinv, u 8y2 ( vg ): 3k \sinw Die Berechnung dieser Ausdrücke mit Benutzung der obigen Reihen wäre von Fall zu Fall sehr unbequem; ich habe deshalb Hrn. A. Palisa aufgefordert, die Berechnung der nöthigen Hülfs- tafeln auf 10 Stellen genau auszuführen. Ich gebe in Tafel I mit dem Argumente logsinw den Werth von Alogsinw in Einheiten der 7ten Decimale und ebenso in Tafel II mit dem Argumente logsinv , Alogsinv in Einheiten der 7ten Decimale. Es ist leicht ersichtlich, dass sich die numerischen Angaben der beiden Tafeln, abgesehen von dem Vorzeichen, nur am Schlusse der Tafeln in und die Zeit ?t nach: etwas unterscheiden. Beispiele für die Anwendung dieser einfachen Formeln hier anzuführen erscheint überflüssig; die für die Rechnung nöthigen Formeln habe ich am Fusse einer jeden Tafel angesetzt. Die Grenzen der Tafeln sind so weit ausgedehnt, dass noch vor Er- reichung derselben die Anwendung der Barker’schen Tafeln keine Schwierigkeit hat. | 514 Argument logsinw; Alogsinw in Einheiten der 7ten Decimale. Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse log sin w 8.90 8.51 8.52 8.53 8.54 8.55 8.96 8.97 8.98 8.99 8.60 8.61 8.62 8.69 8.64 8.65 8.66 8.67 8.68 8.69 8.70 SAL 8.72 8.78 8.74 8.75 8.76 8.77 8.78 8.79 8.80 Alogsinw MESESHSszSıSHS—zS log sin w 8.80 8.81 8.82 8.83 8.84 8.85 8.86 8.87 8.88 8.89 8.90 8.91 8.92 8.93 8.94 8.95 8.96 8.97 8.98 8.99 9.00 9:01 9.02 9.03 9.04 9.05 9.06 9.07 9.08 9.09 9.10 loga = 0.780 3008 sınw = Zu 3 yt Tafel I. Alog sin w | —4 9.10 —5 9.11 —5 9412 —6 9.13 —6 9.14 —7 9.13 —7 9.16 —8 el‘ —)I 9.18 —10 9.19 —11 9.20 —12 921 —13 9.22 —14 9.28 —-16 9.24 —17 3220 —19 9.26 —231 DT —213 9.28 —25 329 — 27 9.30 — 30 ga — 33 9.32 —36 9.38 —39 9.34 —43 9.35 —47 9.36 -—52 Bay —57 9.38 —62 9.39 —69 9.40 log sin w | Alogsinw | Diff. —69 775 — 82 a) —99 — 109 —ı19 —131 — 144 —157 —173 189 = 208 —228 — 290 — 274 — 901 — 330 — 862 — 8397 —456 —478 —525 —576 —632 — 698 — nl —835 —916 —1005 —1103 logsinv = logsinw + Alogsinw 4 . vom 7. Juni 1880. 515 Tafel II. Argument logsinv; Alogsinvo in Einheiten der 7ten Decimale. F log sin v ho sin® | log sin ® | Alogsin v | log sin v | Alogsin v | Diff. | | | Ä 8.50 0 8.80 +4 9.10 +69 ap Ä 8.51 0 8.81 +5 gl +75 Er i 8.52 0 8.82 +5 9.12 +82 es 8.53 0 8.83 +6 9.13 +90 u : 8.54 0 8.84 +6 9.14 +99 io } 8.55 0 8.85 +7 9.15 -+109 +10 8.56 0 8.86 +7 9.16 +119 Li 8.57 +1 8.87 +8 9.17 +131 8.58 1 8.88 +9 9.18 +144 13 8.59 = 8.89 +10 9.19 +-157 ee 8.60 u 8.90 11 9.20 +173 ie 8.61 +1 8.91 10 9.21 |. +189 Far 8.62 Di 8.92 +13 9.22 -+208 N 8.63 ri 8.93 +14 9.23 228 N 8.64 Zei 8.94 en 9.24 -+250 304 8.65 En 8.95 ii, 9.25 +274 197 8.66 +1 8.96 +19 9.26 +301 99 8.67 +1 8.97 +21 9.27 +330 ao 8.68 +1 8.98 198 9.28 +362 Es 8.69 -+2 8.99 225 9.29 -+397 Re. 8.70 Er 9.00 +27 9.30 +436 Su 8.71 12 9.01 230 9.31 478 147 8.72 +2 9.02 +33 9.32 +525 2 8.73 2 9.03 +36 9.33 +576 Use g 8.74 +2 9.04 +39 9.34 -+632 162 j 8.75 +3 9.05 +43 9.35 +694 67 b.. 8.76 +3 9.06 +47 9,36 +761 ea | 8.77 +3 9.07 +52 9,37 |. 1835 1.82 if 8.78 +4 9.08 +57 9.38 +917 Eee 5 8.79 +4 9.09 +62 9.39 | 1006 reg r 8.80 +4 9.10 +69 9.40 | +1105 loga?’ —= 2.340 9023 logsinw — logsinv + Alogsin® 3 sind — 3sinfo]/2 t= a (4) 516 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Hr. Virchow las: Über den Schädel des jungen Gorilla. Die Mehrzahl der bis jetzt bekannten jungen Gorilla-Schädel ge- hört Thieren an, welche sich im Zahnwechsel befanden. Es ist daher über die früheren Entwickelungszustände, welche in mehrfacher Be- ziehung von hervorragender Wichtigkeit sind, wenig Genügendes festgestellt. Ich war deshalb sehr erfreut, bei einem Besuche des Königlichen zoologischen Museums in Dresden im letzten Frühjahr das Skelet eines jungen Gorilla (B. 281) zu treffen, dessen Schädel ein noch unvollständiges Milchgebiss zeigt. Der Director des Mu- seums, Hr. Dr. A. B. Meyer, hat die Freundlichkeit gehabt, mir die Besprechung und Veröffentlichung der Verhältnisse dieses Schä- dels zu überlassen, nachdem er selbst in den Mittheilungen aus dem Königl. zoologischen Museum zu Dresden. 1877. Heft II. 8.230 eine kurze Beschreibung und S. 246 eine Reihe von Maassen !) veröffentlicht hat. Der Angabe nach soll dieses Thier, dessen Geschlecht leider nicht bekannt ist, nur 2 Monate alt gewesen sein. Da indess über die Geburt desselben keine Daten vorliegen, so muss es dahin ge- stellt bleiben, in wie weit diese Angabe, gegen welche scheinbar die Grösse des Schädels und der Zustand des Milchgebisses sprechen, richtig ist. Ich benutze zur Vergleichung den Schädel eines dem Berliner zoologischen Museum angehörigen, jungen weiblichen Gorilla (A.987), welchen Hr. A. B. Meyer gleichfalls schon erwähnt und von dem er eine Seitenansicht (Taf. XVII. Fig. a) abgebildet hat. Dieses Thier ist durch einen Schuss, der beide Unterkieferhälften durch- bohrt hat, getödtet worden; es muss sich also sehr frei bewegt haben. Das Milchgebiss ist vollständig, der Zahnwechsel bereitet sich vor. Ausserdem verweise ich auf die vorzüglichen Abbildungen zweier junger Gorilla- Schädel, welche Hr. Bischoff seiner Ab- handlung „Über die Verschiedenheit in der Schädelbildung des Gorilla, Chimpanse und Orang-Outang, vorzüglich nach Geschlecht und Alter“. München 1867. Taf. XIX—XXI beigegeben hat. 1) Durch einen Druckfehler ist in der Maasstabelle in der Überschrift Nr. 287 statt 281 aufgeführt. ligezd Q.. vom 7. Juni 1880. 5417 Der Dresdener Schädel besitzt eine Capacität von 355 Cub.Cm., wie ich übereinstimmend mit Hrn. Meyer finde. Für den Berliner Schädel, dessen Capacität Hr. Meyer zu 400 Cub.Cm. angiebt, er- halte ich bei sorgfältigster Messung mit Schrot nur 380. Hr. Bi- schoff (a. a. ©. S.76) giebt für das jüngste, von ihm untersuchte Exemplar, einen Schädel mit Milchgebiss von Lübeck, 380 Cub.Cm. an; zwei andere, gleichfalls jugendliche Schädel ergaben 425 und 450 Cub.Cm. In jedem Falle ist es höchst bemerkenswerth, wie wenig das Wachsthum des Schädelraumes austrägt, während die Gesichts- knochen sich in der stärksten Weise vergrössern. So beträgt die Ent- fernung des Alveolarrandes des Oberkiefers, zwischen den mittleren Schneidezähnen gemessen, von der am meisten vorspringenden Stelle des Hinterhaupts, wo eben die Orista transversa sich zu bilden an- fängt, bei dem Dresdener Exemplar 128, bei dem Berliner dagegen 186m, also 58"% mehr. Nimmt man dazu, dass der grösste Schädel eines männlichen Gorilla im Dresdener Museum nach Hrn. Meyer nur 560 Cub.Um. Rauminhalt besitzt!), so ergiebt sich, dass das Gehirn während der ganzen weiteren Entwickelung des Thieres nur von 100 auf 157 wächst. Es erklärt sich daraus, dass der ‘hier zu besprechende Dresdener Schädel in ungewöhnlich hohem Maasse, namentlich in der Gestalt der eigentlichen Schädelcapsel, anthropoid erscheint. Sehr wesentlich trägt dazu allerdings der Umstand bei, dass bei ihm noch keine Spur der späteren Cristen vorhanden ist, dass also die äusseren Schädelcontouren noch in der Hauptsache mit den inneren Verhältnissen in Harmonie stehen. Ich werde alsbald darauf zurückkommen; zunächst möchte ich, um Missverständnisse zu vermeiden, ein Paar methodologische Bemerkungen vorauf- schicken. Die beiden Tafeln mit Abbildungen, welche ich vorlege, stellen den Dresdener Schädel in allen Hauptnormen in natürlicher Grösse dar. Die Abbildungen sind von meinem Zeichner, Hrn. Eyrich, in geometrischer Weise genau gezeichnet und nur innerhalb der geometrischen Umgrenzungen zur Erläuterung des Details etwas weiter ausgeführt. Dabei ist jeder Schädel planmässig in die „deutsche I) Hr. Bischoff (a. a. O.) fand als Maximalzahl für je ein altes Exem- plar von München und Lübeck 465 Cub.Cm. [1880] 38 518 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Horizontale“ gestellt worden, d.h. eine durch den oberen Rand des Ohrloches und durch den unteren Rand der Augenhöhle gezogene Linie ist hier, wie wir es bei dem menschlichen Schädel thun, als Horizontale angenommen worden. Dass diese Linie auch für die Anthropoiden nicht bloss anwendbar, sondern auch correet ist, glaube ich in einer Mittheilung an die deutsche anthropologische Gesell- schaft (Allgemeine Versammlung zu Kiel. 1878. Bericht S. 148. Tafel) nachgewiesen zu haben. Auf dieselbe Horizontale ist daher auch die senkrechte Höhe, sowohl vom Ohrloche aus (die auricu- lare), als vom vorderen Rande des grossen Hinterhauptsloches aus (die ganze) gemessen worden. Das Messen selbst ist an dem Dresdener Schädel ganz nach der von mir beim Menschen geübten Weise ausgeführt worden; es hatte nicht die mindesten Schwierigkeiten, eben weil die Cristen noch nicht vorhanden sind. Dagegen bietet schon der Berliner Schä- del unübersteigliche Schwierigkeiten, da an ihm nicht nur die Hinter- hauptscriste schon stark angelegt ist, sondern auch der Schläfen- wulst breit vorspringt und besonders der Orbital-Nasenwulst weit vorgeschoben ist. Ein Mittel der Correetion habe ich nicht auf- finden können; ich gebe daher die Maasse, wie sie sich mit diesem Zuwachs darstellen. Andere Beobachter, welche sich mit Messungen des Schädels erwachsener Anthropoiden beschäftigt haben, sind in derselben Zwangslage gewesen. So ergiebt sich von selbst eine, mit jedem Lebensjahre zunehmende Länge des Schädels, welche jedoch weni- ger der Capsel als solcher, als vielmehr den knöchernen Aussen- werken derselben zuzuschreiben ist. Auf diese Weise erklärt es sich, dass manche Beobachter die Schädelform der afrikanischen Anthropoiden als dolichocephal betrachten und in einen bestimmten Gegensatz gegen die brachycephalen Anthropoiden Asiens!) stellen, 1) Hr. Bischoff (a.a.0. S. 67) sagt: „der Gorilla-Schädel ist in dieser frühen Zeit mehr dolichocephal als der des Chimpanse, obgleich beide den dolichocephalen Charakter im Allgemeinen haben“; und später (S. 71): „der Schädel schon des jungen Orang-Outang ist entschieden mehr rund und bra- chycephal, als der des jungen Gorilla und selbst des jungen Chimpanse“. Die weiter folgende Bemerkung (S. 73), dass für den jungen Orang-Outang- Schädel „absolut charakteristisch nur die dolichocephale Gestalt des Schädels“ sei, enthält wohl einen Druckfehler. vom 7. Juni 1880. 519 — eine Auffassung, welche durch die Untersuchung des jugendlichen Gorilla widerlegt wird. Denn ich erhalte folgende Indices: Dresdener Berliner Schädel Schädel Längenbreiten-Index 80,9 s0,1 Längenhöhen-Index 66,3 61,0 Auricular-Index 62,8. 52,2. Daraus folgt, dass auch der jugendliche Gorilla brachy- cephal ist, dass aber mit zunehmendem Alter die Brachycephalie abnimmt, wenigstens insofern die äusseren Wülste mitgerechnet werden. Ganz anders gestaltet sich das Bild, wenn man als weiteren Messpunkt nicht den Nasenwulst, sondern die stärkste Vorwölbung der Stirn (Inion der Franzosen) wählt. Dann ergiebt sich ein Längenbreiten-Index bei dem Dresdener Schädel von 81,9 Berliner ie “33,2. Hier wird sogar eine fortschreitende Brachycephalie constatirt. Indess auch diese letzteren Indices sind nicht auf die Vergleichung sanz gleichwerthiger Punkte begründet. Denn der ganz junge Dres- dener Schädel hat, was für seine Erscheinung höchst bezeichnend ist, die grösste Breite unmittelbar unter den Tubera pa- rietalia, welche sehr deutlich ausgebildet sind. Bei dem Berliner Schädel dagegen sind diese Tubera schon stark verwischt und die grösste Breite liegt an dem starken Wulst, der sich von dem Jochbogen her über die Schläfenschuppe zieht, und zwar hinter den Ohrlöchern. Wir finden also im ersten Falle eine parietale (obere), im zweiten eine temporale (untere) grösste Breite, somit eine vollständige Verlegung der physiognomisch be- stimmenden Punkte. | Was die Höhenindices betrifft, so ergeben sich in beiden Fällen niedrige Maasse, und zwar bei dem älteren Exemplar sogar weit niedrigere, als bei dem jüngeren; ersteres ist ausgemacht chamä- cephal. Es erklärt sich dies aus dem sehr bezeichnenden Um- stande, dass die Ohrhöhe (die senkrechte Entfernung des oberen Randes des Ohrloches vom Scheitel) bei beiden Schädeln gleich ist, indem sie beidemal 71”"” beträgt; die „ganze“ Höhe variirt um 8” zu Gunsten des älteren Schädels. Das Höhenwachsthum fällt dem- 38" 520 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse nach weniger dem Grosshirn, als vielmehr den spinalen und cere- bellaren Antheilen des Hirns zu. Diesen Verhältnissen entsprechend erscheint der jüngere Schädel in der Norma verticalis (Taf. I, Fig. 3) breitoval, mit der grössten Breite nahezu in der Mitte der Umfangslinie; die Stirn stark ge- wölbt, das Hinterhaupt etwas mehr verjüngt und hinten fast gerade abgeschnitten. In der Norma oceipitalis (Taf. I, Fig. 2) tritt die Chamäcephalie am deutlichsten hervor; das Schädeldach sieht breit gedrückt, fast platt aus, die Seiten sind kurz und nach unten con- vergirend, der untere Theil der Hinterhauptsschuppe, unterhalb der Linea superior, scharf nach vorn umgebogen. In der Norma tem- poralis (Taf. I, Fig. 1—2. Bischoff Taf. XX, Fig. 23) über- wiegt der Längeneindruck: die Stirn steigt bis über die nur schwach ausgebildete Tubera frontalia mit einer steilen Wölbung auf, dann folgt bis an die Linie der Tubera parietalia eine flache Curve und hinter der Linie ein sehr langsamer Abfall bis zu dem vorsprin- genden Punkt des Hinterhauptes, welcher dicht oberhalb der nur sehr schwachen Protuberantia oceipitalis liegt. Die Differenz des Berliner Schädels ist höchst auffällig. Schon die Vergleichung der Breitendurchmesser lehrt die grosse Ungleich- mässigkeit des Wachsthums: Dresdener Berliner Diffe- Schädel Schädel renz Unterer Frontaldurchmesser . 69mm Gl — 8 Temporaldurchmesser. . . . 67, (9.5 —+12 Auriculardurchmesser . . . 659, IE: —+ 30 Oceipitaldurchmesser . . Re 925 +17 Mastoidealdurchmesser (Spitze) 200, 88, +52 Der ganze Schwerpunkt der weiteren Entwickelung liegt demnach hinten und unten. Während die Spitzen der Warzenfortsätze um 52", also um nicht viel weniger als-um das Doppelte der früheren Distanz, auseinanderrücken, beträgt die Zu- nahme des Querdurchmessers an der Schläfe nur 12", Freilich darf aus dem Umstande, dass die untere Stirnbreite bei dem älteren Thier kleiner ist, als bei dem jüngeren, nicht auf eine ebenso starke Verkleinerung des Frontaldurchmessers geschlossen werden; die letztere hängt zum grossen Theil mit dem Hinaufrücken der Linea temporalis zusammen. Indess ist doch auch eine wirkliche vom 7. Juni 1880, Don Reduction nicht zu verkennen. Nimmt man auch bei dem älteren ‘Schädel die Messpunkte hinter dem Processus zygomaticus des Stirnbeins, so erhält man einen geraden Durchmesser von nur 63", also immer noch weniger, als bei dem jüngeren Schädel. Die obere Ansicht des Berliner Schädels hat mit der des Dresdener recht wenig Ähnlichkeit. Die starke Ausbildung der weit nach aussen ausgebogenen Jochfortsätze des Stirnbeins, sowie des supraorbitalen und nasalen Wulstes, der durch eine quere Ein- furchung von der eigentlichen Stirnwölbung abgesetzt ist, bedingt in der Norma verticalis eine vollständige Abweichung im Aussehen von dem Dresdener Schädel. Diese ganze Knochenmasse erscheint wie eine fremdartige Vorlagerung vor der Schädelcapsel, deren vorderer Contour sich als eine spitzovale Wölbung von der vorge- lagerten Bildung absetzt. Hinter den Jochfortsätzen liegt dem entsprechend jederseits eine tiefe Einbiegung, welche der vorderen Partie der Schläfe angehört. Von da an wölbt sich der Schädel in seinen seitlichen Theilen nach hinten immer stärker und sein oberer Contour läuft nach hinten in eine ganz breite und ganz flache Curve aus, der beginnenden Crista oceip. transversa folgend. Schon in dieser oberen Ansicht sieht der hintere Theil des Schädeldaches wie breitgedrückt aus. | Die Hinteransicht ist von demselben Momente beherrscht. Der Contour ist nach unten sehr breit und platt, an den Seiten nach oben convergirend, das eigentliche Dach schmal und flach. — In der Seitenansicht ist die Scheiteleurve lang und flach; die Crista oc- cip. bildet einen eckigen Vorsprung, von dem ab die Unterschuppe schräg nach vorn und fast eben verläuft. — Die Nähte sind an beiden Schädeln noch vollständig vorhan- den. Nur sind mehrere, namentlich die Pfeilnaht, bei dem kleineren Schädel stark zackig, während sie bei dem grösseren fast überall mehr einfach, höchstens ganz niedrig gezackt erscheinen. Auch bei dem grösseren Schädel ist die Synchondrosis spheno-occi- pitalis noch ganz offen und von der Synchondrosis condy- loidea sind noch Spuren vorhanden. Bei dem kleineren Schädel (Taf. II, Fig. 3 vgl. Bischoff Taf. XXI, Fig. 25) ist auch diese letztere ganz offen; sie liegt, wie bei dem Menschen, am vorderen Ende der Gelenkhöcker, jedoch noch innerhalb derselben, und ver- läuft von da schräg nach vorn und aussen. Ausserdem ist bei dem kleineren Schädel aber auch die Synchondrosis transversa po- 522 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse sterior (squamosa) noch ganz vorhanden: sie erstreckt sich vom hinteren seitlichen Umfange des Foramen magnum in einer flachen Bogenlinie zur Sutura masto-occipitalis, in welcher sie etwas oberhalb der Mitte derselben endigt. Der mediale Theil dieser Synchondrose ist noch sehr breit, während die lateralen Abschnitte sehr fein ge- worden sind und sich zur Schliessung vorbereiten. Die Synostose diese Knorpelfuge geschieht also, wie beim Menschen, von aussen nach innen; ihre Lage 'differirt nur darin, dass die medialen Enden der beiden Fugen etwas weiter auseinander liegen. Die gerade Ent- fernung zwischen ihnen beträgt 8””®, Bei dem älteren Schädel ist jede Spur dieser Fuge verstrichen. | Nächstdem ist zu erwähnen, dass bei dem jüngeren Schädel jederseits eine hintere seitliche Fontanelle (Taf. I, Fig. 2. Taf. II, Fig. 1—3) an der Vereinigungsstelle von Sutura lambdoides, squamosa und masto-oceipitalis vorhanden ist. Sie ist ganz offen und hat die Gestalt eines Dreieckes, dessen Basis oben in der Richtung der Schuppennaht, dessen Spitze in der Richtung der Mastooceipitalnaht liegt. Es hat in der Breite links 6, rechts Sum, in der Höhe fast ebensoviel. Charakteristisch ist es, dass der un- tere Theil der Lambdanaht, der sich zunächst ansetzt, und der eigentlich der Sutura transversa oceipitalis angehört, noch eine Strecke, links 2°”, rechts 1,5°® lang horizontal, in der Richtung der Sutura squamosa fortläuft. Die Schenkel der eigentlichen Lambdanaht setzen je unter einem stumpfen Winkel an und laufen convergirend gegen einander, ohne jedoch an der Spitze einen Win- kel zu bilden. Vielmehr ist hier eine mehr horizontale, mehr als 2°” lange Strecke, die freilich stark gezackt ist. Oberhalb der- selben sitzt ein kleines Os interparietale dextrum (Taf.I, Fig. 2 und 3), das jedoch, genau genommen, ein durch eine gekrümmte Naht getrenntes Stück des Os parietale dextrum ist. Darüber, in kurzer Entfernung, ist noch ein kleines Os sagittale intercalare, welches mehr in der Quer-, als in der Längsrichtung entwickelt ist. Die beim Menschen constanten Emissaria parietalia fehlen gänzlich. Bei dem grösseren Schädel zeigen sich zu den Seiten der Pfeil- naht einige kleine Gefässlöcher, jedoch kein eigentliches Emissarium. Dagegen liegt ein solches von beträchtlicher Grösse dicht unter der Spitze der Lambdanaht an der Oberschuppe; nach vorn geht von da eine tiefe Furche bis über die Lambdanaht hinaus, und hier er- vom 7. Juni 1880. 593 kennt man, dicht über der Spitze der Naht, einen im Verstreichen begriffenen kleinen Interparietalknochen von 6"" Höhe. Eine eigentliche Spitze der Lambdanaht existirt übrigens nicht, so wenig als ein eigentlicher Lambdawinkel: die Naht macht vielmehr eine ganz flache, nur wenig nach oben ausgebogene Curve. Bei dem kleineren Affen ist auch noch ein Rest der vorderen Fontanelle und zwar in häutiger Gestalt erhalten (Taf.I, Fig. 3); er liegt mehr quer, in der Riehtung der Kranznaht. Die Stirnnaht ist gänzlich verstrichen. An den seitlichen unteren Abschnitten der Kranznaht, da, wo die Linea semicircularis temporalis dieselbe schneidet, sitzt rechts ein coronaler Schaltknochen (Taf. II, Fig. 1), der sich mit einer langen Spitze in das Stirnbein hinein- erstreckt und von dem aus sich noch um 1°” weiter nach vorn eine feine Linie, scheinbar der Rest einer alten Trennung, erstreckt. Links (Taf. II, Fig. 2) ist an derselben Stelle ein kleiner Vorsprung der Naht, von dessen Mitte eine kurze Spalte ausgeht. Von ganz hervorragendem Interesse sind die Nahtverhältnisse in der Gegend der Sutura spheno-parietalis; ich erörtere sie um so mehr genau, als sie für die Frage von der Entstehung des Pro- cessus frontalis squamae temporalis von wesentlicher Be- deutung sind. Wie ich in einer früheren akademischen Abhandlung (Über einige Merkmale niederer Menschenrassen am Schädel. 1875. S.41) und neuerlich in einer kleinen Arbeit (Zeitschr. f. Ethno- logie. 1880. Bd. XII, S. 23) dargelegt habe, ist schon längere Zeit die Frage schwebend, ob der Processus frontalis, der gelegentlich beim Menschen vorkommt, aus einem besonderen Knochenkern oder, anders ausgedrückt, aus einem Schaltknochen der Schläfenfontanelle entstehe. Wäre diese Frage für die Anthropoiden entschieden, so würde sie sich auch für den Menschen leichter erledigen lassen. Wie steht es nun mit dem Processus frontalis bei unseren Affen- schädeln ? Bei dem älteren derselben ist der Stirnfortsatz jederseits in vollständigster Weise entwickelt. Stellt man den Schädel in die „deutsche Horizontale“ (die hier übrigens keineswegs mit der Joch- bogenlinie zusammentrifft, vielmehr mit derselben einen nach vorn spitzen Winkel bildet, indem der Jochbogen sich nach vorne hin immer mehr senkt), so liegt die Schuppennaht fast parallel mit derselben. Da, wo sie die Kranznaht erreicht, schiebt sich diese- ein wenig nach vorn, indem rechts das Parietale einen kleinen 524 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Fortsatz nach vorn bildet, links ein ganz kleiner dreieckiger Schalt- knochen eingeschoben ist. Von da an hat der Stirnfortsatz noch eine Länge von 15"” und drängt das Stirnbein weit fort!). Auf der rech- ten Seite ist der Stirnfortsatz etwas unregelmässig: sein oberer und unterer, durch eine Sutura squamoso-frontalis umgrenzter Rand bildet eine etwas gezackte, schräg nach vorn und unten gerichtete Linie, welche sich in die schräg nach hinten und unten verlaufende Sut. sphenotemporalis fortsetzt. Der Fortsatz erscheint daher gerades- wegs in das Stirnbein hineingeschoben und die Ala sphenoidealis ist weit getrennt von dem Parietale. Die gerade Entfernung des Endes der Sut. coronaria von dem Anfang der Sut. sphenotempo- ralis beträgt 15””®. — Auf der linken Seite ist der obere Rand des Stirnfortsatzes die gerade Verlängerung der Schuppennaht; der vordere Rand steht ziemlich senkrecht gegen das Stirnbein und schliesst sich unmittelbar an die etwas zurückweichende Sutura sphenotemporalis an. Die gerade Entfernung der Kranznaht von der Sphenotemporalnaht beträgt hier fast 15%=, — Durch das Hineindringen dieses Fortsatzes wird der untere Abschnitt des temporalen Theiles des Frontale, der an sich sehr weit nach unten, hinter dem Zygomaticum, fortgeht, in eine Art von breitem Fort- satz umgewandelt, den man als Processus sphenoidealis os- sisfrontis bezeichnen kann. Die Ala magna sphenoidealis ist dem entsprechend sehr kurz und schmal; ihr höchster Punkt er- reicht eben nur das Niveau der Mitte der Orbita.. Nach hinten und oben läuft die Ala in eine Art von Spitze aus, welche sich um 5—6"® über das Niveau der vorderen und mittleren, mehr horizontal verlaufenden Abschnitte der Sutura sphenofrontalis er- hebt. Nach vorn hat die Ala einen fast viereckigen Fortsatz, der sich an das Zygomaticum anlehnt. Dabei ist die Ala von oben nach unten durch eine tiefe, senkrechte Rinne tief gegen den Schädel eingedrückt und es entsteht jene typische Stenokro- taphie, welche den Schädel älterer Gorillas auszeichnet. Am besten wird dieses Verhältniss ersichtlich, wenn man den trans- versalen Durchmesser des Schädels an der Verbindung der Sutura coronaria und der Sutura squamosa (A) mit dem transversalen 1) Man vergleiche die Abbildung bei A. B. Meyer a.a. O. Taf. XVII, Fig. a. Leider ist das Verhältniss der Nähte wegen der Dunkelheit der Stelle schwer erkennbar. VS vom 7. Juni 1880. 525 Durchmesser an der Vereinigungsstelle der Sutura sphenotempo- ralis und der vorderen Naht des Processus frontalis squamae tem- _ poralis (B) vergleicht. Es beträgt A 79 mm 202, Der Unterschied zu Ungunsten der Stellung der Spitze der Ala ist demnach 17", Was die Stellung der senkrechten Nähte zu einander betrifft, so ist beiderseits die Sphenotemporalnaht weiter nach vorn gerückt, als die Kranznaht. Verlängert man in Gedanken die letztere nach unten, so trifft die Linie hinter die Sphenotemporalnaht und zwar rechts etwas weiter nach hinten, als links. Daraus folgt, dass die Schläfenschuppe überhaupt bedeutend weiter nach vorn reicht, als das Parietale. Vergleichen wir damit die Verhältnisse des jüngeren (Dres- dener) Schädels, so zeigt sich zunächst das merkwürdige Verhält- niss, dass derselbe jederseits einen temporalen Schaltknochen (Os epiptericum) besitzt. Damit scheint auf den ersten Blick die Frage über die Entstehung des Processus frontalis zu Gunsten der Ansicht entschieden, welche diesen Fortsatz aus einem beson- deren Knochenkern ableitet. Indess eine genauere Betrachtung lehrt, dass die Frage nicht so einfach beantwortet werden kann. Denn es zeigt sich, dass auch in dem Falle, wo dieser Schalt- knochen ganz und gar mit der Ala sphenoidealis ver- wüchse, die letztere das Parietale nicht erreichen würde. Vielmehr besteht oberhalb des Schaltknochens noch eine directe Verbindung der Schläfenschuppe mit dem Stirnbein. Die Grösse dieser Verbindung ist freilich verschieden auf beiden Seiten, wie eine genauere Betrachtung darlegen wird: Auf der rechten Seite (Taf. II, Fig. 1) endigt die Schuppen- naht unmittelbar an der Kranznaht und bildet hier einen, freilich ganz schmalen, kaum 1”” breiten Fortsatz. Von dem unteren Winkel dieses Processulus setzt sich, ungefähr in der Verlängerung der Kranznaht, jedoch etwas mehr nach vorn gerichtet, eine Naht nach unten zwischen Schläfenschuppe und Os epiptericum 11" abwärts fort. Hier erreicht sie die tief eingedrückte Spitze des Alisphenoid, welches durch eine, etwa 3"" lange, ganz wenig nach vorn gesenkte Naht von dem Epiptericum getrennt ist. Letzteres 926 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse grenzt dann in einer Länge von 4,5”® nach vorn an das Zygoma- ticum und wird endlich durch eine stark convexe Naht, welche sich wieder an die vordere untere Ecke des Processulus frontalis an- schliesst, vom Frontale getrennt. Das ganze Epiptericum misst 1°® in der Höhe und 6" in der grössten Breite; letztere liegt oberhalb des Ansatzes der Sutura zygomatico - frontalis. Die Ge- stalt des Epiptericum ist demnach die eines stehenden Ovals mit nach unten gerichteter Spitze. Das Stirnbein läuft vor dem Epi- ptericum in eine ganz scharfe Spitze aus, welche das Alisphe- noid bei Weitem nicht erreicht. Auf der linken Seite (Taf. II, Fig. 2) ist ein vollständiger Stirnfortsatz vorhanden. Hier erreicht die Schuppennaht die Kranznaht nicht nur, sondern es setzt sich unterhalb der Verbin- dungsstelle eine, über 3"” lange, schräg nach vorn gerichtete Su- tura squamoso-frontalis an, welche bis an das Epiptericum reicht. Letzteres ist durch eine obere, genau horizontale, fast 5%® lange Naht vom Stirnbein abgegrenzt, in welches es tief einschneidet; die vordere, 7" lange, genau senkrechte Naht setzt unter einem rechten Winkel an die obere an und endigt nach unten unter einem spitzen Winkel an der Sutura zygomatico - frontalis; dann folgt noch eine kurze, nur 1,5””® lange Naht zwischen Epiptericum und Zygomaticum, ehe man die Spitze des Alisphenoid erreicht. Letztere ist von dem Epiptericum durch eine ganz kurze, etwa 5sum Jange, nach unten ausgebogene Naht geschieden. Dann folst nach oben und hinten eine schräge, fast 7®% lange Naht zwischen Schläfenschuppe und Epiptericum, welche nahezu in der Verlänge- rung der Kranznaht liegt, jedoch hinter der Sutura squamoso-fron- talis etwas zurücksteht. Der untere Winkel des Stirnbeins zwischen Epiptericum und Zygomaticum ist ganz spitz und schmal, aber er erreicht das Alisphenoid nicht. Die Querdurchmesser, in der vorher angegebenen Weise er- mittelt, betragen ! Al: ee” Dee Differenz 159"9, also schon eine recht erhebliche Stenokrotaphie. Darf man nun annehmen, das Epiptericum sei der Knochen- kern für den Processus frontalis squamae temporalis? Ich meine, co 4 A nn Zn a duo ni vom 7. Juni 1880. 527 nicht. Schon allein der Umstand, dass über dem Epiptericum jeder- seits ein Processus frontalis existirt, würde genügen, die Frage zu verneinen. Freilich ist dieser Fortsatz rechts minimal, aber links ist er sehr deutlich und zwar mindestens ebenso deutlich, wie in dem von Hın. Bischoff (Taf. XX, Fig. 23) untersuchten weib- lichen Exemplar, bei dem von einem Epiptericum keine Spur wahr- zunehmen ist. Trotzdem liesse sich denken, dass das Epiptericum noch diesem Processus frontalis hinzuwüchse, denn die Art, wie es in den Temporaltheil des Frontale eingeschoben ist, erinnert stark an das Verhältniss des entwickelten Processus frontalis bei älteren Thieren. Allein bei genauerer Erwägung ergiebt sich, dass eine Synostose des Epiptericum mit dem Processus frontalis oder, anders ausgedrückt, eine Verstärkung des letzteren durch das erstere eine wesentlich andere Einrichtung bedingen würde, als sie der normale Processus frontalis älterer Thiere zeigt. Das Epipteri- cum des jungen Thieres berührt jederseits das Zygoma- ticum, rechts in grösserer, links in geringerer Ausdehnung, wäh- rend meines Wissens niemals ein Stirnfortsatz der Schläfenschuppe beobachtet worden ist, welcher bis an das Wangenbein reichte. Bei dem jungen Thiere ist durch das Epiptericum die Berührung des Stirnbeins und der Ala sphenoidealis aufgehoben, während sie normal immer existirt, indem sich ein langer Processus sphenoidealis ossis frontis hinter dem Jochbein heruntererstreckt. Diess sind meiner Ansicht nach so durchgreifende Unterschiede, dass man die Beziehung des Epiptericum zu dem Processus fron- talis aufgeben muss. Fragt man, was denn wohl in späterer Zeit mit dem Epipte- ricum werden würde, so scheint mir eine abschliessende Antwort auf Grund einer einzigen Beobachtung nicht ertheilt werden zu können. Denn es wäre zunächst zu entscheiden, ob das Epipteri- cum bei dem jungen Gorilla als ein typischer oder als ein acei- denteller (pathologischer) Knochen anzusehen ist. Wäre er typisch, so müsste er bald mit einem der Nachbarknochen verwachsen, da er später nicht mehr als typischer Bestandtheil des Schädels gefun- den wird. Eine solche Verwachsung müsste nothwendigerweise mit dem Stirnbein erfolgen; das Epiptericum müsste eine Art von Post- frontale sein. Wäre das Epiptericum eine bloss aceidentelle Bil- dung, so wäre es denkbar, dass es wenigstens eine längere Zeit als solches persistirte, 528 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Mir erscheint die letztere Möglichkeit mehr Gründe für sich zu vereinigen. "Genau genommen, zeigt sich eine gewisse Beein- trächtigung, sowohl des Processus frontalis, als auch des Stirnbeins selbst durch das Epiptericum. Würde das letztere mit dem Stirn- bein verwachsen, so würde ein ungewöhnlich kleiner Processus frontalis übrig bleiben. Von einer Verwachsung mit dem Alisphe- noid kann gar keine Rede sein, denn dadurch würde ein gänzlich abweichendes Verhältniss entstehen. Träte endlich eine Synostose mit dem Processus frontalis ein, so würde sowohl dieser, als der Processus sphenoidealis ossis frontis eine abnorme Beschaffenheit erlangen. Ich entscheide mich daher vorläufig für die Annahme eines bloss individuellen, also aceidentellen Verhältnisses, und für die von mir schon früher vertheidigte Thesis, dass der Stirn- fortsatz direct aus der Schläfenschuppe hervorwächst. Dass das accidentelle Verhältniss, welches der Dresdener Schädel darbietet, ein pathologisches sei, dafür spricht ausserdem das Vor- kommen nicht nur der offenen Fontanellen, sondern auch anderer Schaltknochen. Vielleicht könnte man dahin auch eine Reihe supracorticaler ÖOsteophyte rechnen, welche sich namentlich an den Seitentheilen - der Parietalia und Frontalia verfolgen lassen. Sie nehmen an den Parietalia hauptsächlich den unteren Abschnitt der lateralen Theile ein und erstrecken sich, namentlich im Umfange der Oasserischen Fontanelle, auch auf Schläfen- und Hinterhauptsschuppe. Ob- wohl sie bei dem ersten Anblick der Richtung der Schläfenlinie zu folgen scheinen, so ergiebt doch eine genauere Erwägung, dass sie darüber hinausgreifen, besonders am Schläfenbein. Noch mehr ist diess am Stirnbein der Fall, wo sie allerdings an der Kreuzungs- stelle der Schläfenlinie mit: der Kranznaht beginnen, aber sich nach vorn beträchtlich über die Schläfenlinie erheben, selbst den Joch- fortsatz des Stirnbeins nicht verschonen und sich bis zur Mitte des Supraorbitalrandes erstrecken. Sie haben viel Ähnlichkeit mit den rachitischen Auflagerungen des Schädels beim Menschen. Was die Bildung der Knochenkämme anbetrifft, so lässt sich das Fortschreiten derselben an unsern Schädeln leicht ver- folgen. Bei dem kleinen liegt die Linea .‚semieircularis temporum noch sehr tief; die transversale Entfernung beider Kreuzungsstellen an der Kranznaht beträgt 75, der Querumfang des Schädels zwischen diesen Stellen 105””, Nur nach der Mitte zu kann man mit einiger vom 7. Juni 1880. 529 Mühe 2 Linien unterscheiden: von diesen erreicht die obere eben den Rand des Tuber parietale. — Bei dem grösseren Exemplar lassen sich schon am Stirnbein zwei stark divergirende Linien unterschei- den; am Parietale vergrössert sich der Zwischenraum, der sehr glatt und leicht sklerotisch erscheint, um an der Lambdanaht seine grösste Breite zu erreichen. An der Kranznaht findet die grösste Annäherung statt an der Directe Querumfang Entfernung des Schädels Linea semieirc. temp. sup. . . . 45"m 48 um R = Seiner. 0 200: I). Der Absatz der oberen Linie gegen den muskelfreien, medianen Raum der Schädeloberfläche ist vorn schon durch eine Erhöhung angezeigt; nach hinten überschreitet diese Linie bereits das Tu- ber parietale, welches in der unteren Linie liegt. Die Crista occipitalis liegt bei beiden Schädeln dicht unter der Linie der Sutura transversa. Aber sie rückt der Spitze der Hinterhauptsschuppe mit zunehmendem Alter näher: die gerade Entfernung der Lambdaspitze von der Mitte der Crista beträgt bei dem jüngeren Schädel... 29mm, älteren “ ED Ganz besonders stark ist die Entwickelung der Pars mastoi- dea. Bei dem jüngeren Thiere zeigt dieser Theil, ausser einem grösseren Emissarium jederseits, eine ziemlich flache, schwach höckerige Oberfläche; ungefähr in ihrer Mitte fühlt man mehr, als man sie sieht, eine schwache, etwas eckige Anschwellung, welche dem Warzenfortsatz entspricht. Vorn, nach innen von der flachen Kiefergelenkgrube, liegt eine stärkere Anschwellung, der Anfang des Griffelfortsatzes. An dem älteren Schädel ist der Griffelfortsatz stark aus- gebildet, jedoch mehr in die Dicke, als in die Länge. Er ist an der Basis 6”"” dick, aber nur 7”” lang, übrigens scharf zugespitzt. Der Warzenfortsatz ist deutlicher geworden und hat eine mehr längliche, gedrückte Gestalt angenommen. Zwischen beiden, am äusseren Rande des Canalis caroticus, steht eine fast stachelige 930 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Pyramide hervor, ein Processus caroticus!). Sehr bemerkenswerth ist auch die .sonderbare, fast warzige Verdickung, welche die innere Oberfläche des Porus acusticus externus darbietet; die Anfänge zu diesen Wärzchen, die in den Gehörgang hineingerichtet sind, be- merkt man schon bei dem jüngeren Schädel. — Recht interessant sind die Verhältnisse der Nase und ihrer Anfügung an die Schädelcapsel. Schon Hr. Bischoff hatte darüber Mittheilungen gemacht. Er bemerkt (a. a. O. S. 17 Taf. XIX, Fig. 20 und 22) von zwei jungen Gorillaschädeln mit Milchzähnen, die er aus Lübeck erhielt, dass der eine, bestimmt weibliche. Schädel zwei ganz deutlich getrennte Nasenbeine besass, der zweite, sowie ein dritter, im Zahnwechsel begriffener Schädel dagegen bestimmt nur eines und keine Naht. Ausserdem lag bei dem zweiten Schädel mit einfachem Nasenbein oberhalb desselben ein besonderer Schaltknochen, der nach oben zwischen die aus- einandergedrängten Nasenfortsätze des Stirnbeins eine spitzige Ver- längerung aussendete, nach unten dagegen seinerseits in zwei Schenkel auseinanderwich, um zwischen dieselben die Spitze des Nasenbeins aufzunehmen. Hr. Bischoff lässt es dahin gestellt, ob diess nur eine individuelle Eigenthümlichkeit sei, ist jedoch geneigt, die Trennung der Nasenbeine als eine weibliche Geschlechts- eigenthümlichkeit aufzufassen, da er bei einem ausgewachsenen weiblichen Exemplar auch eine Andeutung einer mittleren Naht gesehen zu haben glaubt. Bei dem Dresdener Schädel (Taf. I, Fig.1) ist gleichfalls ein einfaches Nasenbein ohne jede Spur einer Naht. Nach oben läuft dasselbe in eine feine Spitze aus, welche sich zwischen die auseinanderweichenden Theile des Stirnbeins, man kann kaum sa- gen, die Nasenfortsätze des Stirnbeins einschiebt. Aber da, wo es endigt, läuft die Naht jederseits noch eine kleine Strecke weit in das Stirnbein hinein, und zwar so, dass die beiden Schenkel ge- bogen auseinanderweichen und eine Xförmige Figur entsteht. Von oben her tritt ein kleiner Fortsatz des Stirnbeins zwischen diese Schenkel ein. Dieses Verhältniss, welches sich übrigens auch an dem, von Hrn. Bischoff (Taf. XIX, Fig. 20) abgebildeten Schädel eines jungen Gorillaweibchens befunden zu haben scheint, könnte 1) Man vergleiche die vortreffliche Abbildung bei Bischoff Taf. XXI, Fig. 25. | vom 7. Juni 1880. sa so gedeutet werden, als habe auch hier früher ein supranasaler Schaltknochen gelegen, indess passt die Stelle nicht zu derjenigen des von Hrn. Bischoff (Fig. 22) abgebildeten Kopfes, wo der Schaltknochen mitten zwischen den Orbitae, also an der Stelle sich findet, an welcher der Dresdener Schädel schon das wirkliche Nasenbein zeigt. Auch unser Berliner Schädel hat ein einfaches Nasenbein, an dem, etwas unter der Mitte, eine kurze Linie zu bemerken ist, welche als Andeutung einer früheren Naht aufgefasst werden könnte, welche aber keineswegs deutlich ist. Nach oben greift auch bei ihm eine lange Spitze des Nasenbeins zwischen die auseinander- weichenden Stirnbeinhälften ein, und man sieht da, wo dieselbe endet, am Nasenwulst eine deutliche Nahtspur noch 6—7 "W® weit fortlaufen. Daraus geht hervor, dass diese Gegend noch längere Zeit hindurch sich in gewissen Veränderungen befindet und es ist leicht zu begreifen, dass hier gewisse individuelle Abweichungen öfter vorkommen. Als charakteristisch ist aber zu betrachten, dass das Nasen- bein nach oben in einen breiteren, spindelförmigen Theil übergeht, dessen Spitze sich in das Stirnbein hinein- schiebt und welcher in seiner ganzen Länge so stark auf der Fläche gebogen ist, dass er einen wirklichen Nasen- rücken bildet. Bei dem Berliner Schädel ist dieser Rücken fast scharf. Unterhalb dieser Stelle verschmälert sich das Nasen- bein sehr stark und der Rücken verschwindet; noch tiefer hinab breitet sich das Nasenbein in eine platte dreieckige Schaufel aus, welche in der Mitte des unteren Randes einen kleinen, kurzen ‚Vorsprung besitzt und auf jeder Seite davon etwas eingebuchtet ist. Im Ganzen ist also die Nase eingebogen und zwar liegt die Biegungsstelle an der schmalen Partie zwischen den Augen- höhlen; ober- und unterhalb dieser Stelle verbreitert sich das Nasenbein, oberhalb unter Bildung eines vorspringenden Rückens, unterhalb unter Bildung einer breiten Platte. Bezeichnet man die obere, etwas verbreiterte Partie mit a, die enge Stelle mit 5b, die untere Schaufel mit c, so ergeben sich folgende Breitendurchmesser: Dresdener Schädel Berliner Schädel a 4,5 mm 4 mm b 2 Y 20 c 10,5 „ Bnloior; 532 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Die Nasenöffnung liegt in einer, ganz schräg nach vorn ge- richteten Ebene, welche bei dem jungen Thiere nach unten und vorn wenig scharf begrenzt ist. Im Ganzen gleicht ihre Gestalt dem Durchschnitte einer Glocke; obwohl der weiteste Theil unten liegt, so ist doch schon der oberste Abschnitt stark ausgelegt!). Der Nasenindex berechnet sich bei dem Dresdener Schädel zu 37,6 Berliner Mi „ 44,1. Bei der Bildung der Nase concurrirt in erheblichem Maasse der Zwischenkiefer, insofern als derselbe nicht bloss den gan- zen Boden des Naseneinganges bildet, sondern sich auch längs der Seiten desselben hinaufzieht und sogar noch jederseits eine Spitze zwischen Nasenbein und Oberkieferfortsatz hinaufsendet. Hr. Tur- ner hatte diesem letztern Verhältniss, als einem diagnostischen Merkmal gegenüber dem Chimpanse, einen besonderen Werth bei- gelegt; Hr. Bischoff (8. 68) bestreitet denselben, da bei dem jungen Gorillaschädel mit dem doppelten Nasenbein der obere Fortsatz zwischen Nasen- und Kieferbein fehle und der Zwischen- kiefer eben nur das Nasenbein berühre. Bei dem andern jungen Schädel mit dem einfachen Nasenbein und bei dem schon im Zahnwechsel begriffenen sei allerdings ein solcher Einschub des Zwischenkiefers vorhanden, aber der Fortsatz sei sehr klein und nicht entfernt mit dem weiten Hinauftreten dieses Fortsatzes bei Cynocephalus, Inuus etc. zu vergleichen. Ich muss hier zunächst bemerken, dass nach den Abbildungen des Hrn. Bischoff (Taf. XIX, Fig. 20 u. 22) das Verhältniss bei dem Schädel mit doppeltem Nasenbein nur durch eine geringe Differenz in der Grösse von demjenigen bei dem Schädel mit einfachem Nasenbein abweicht. In beiden Fällen hat das zwischengelagerte Stück eine 1) Hr. Bischoff (a. a. O. S. 68) sagt: „Die vordere Nasenöffnung ist nach oben rund, ihre seitlichen Ränder verlaufen schwach convergirend von oben nach aussen und unten, und die untere Begränzung bilden die stark angeschwollenen und gewölbten Zwischenkiefer.“ Ich kann diese Be- schreibung in ihrem ersten Theile nicht ganz anerkennen; die Abbildungen des Hrn. Bischoff ergeben auch, dass die Schädel seiner jungen Goril- las an dem untern Rande des Nasenbeins entweder verletzt, oder nicht sanz ausgebildet waren. Kor, vom 7. Juni 1880. 933 ‚dreieckige Gestalt mit der Spitze nach oben, und der Erfolg davon ist der, dass das Nasenbein jederseits schräg abgeschnitten ist. Sodann muss ich bestätigen, dass in den beiden mir vorlie- genden Schädeln der fragliche Fortsatz sehr entwickelt ist. Schon bei dem kleinen Dresdener Exemplar (Taf. T, Fig. 1) schiebt sich jederseits ein, freilich sehr schmales, aber 6 ”® hohes Stück zwischen Nasenbein und Oberkieferfortsatz ein. Dasselbe ist am unteren Rande jederseits durch eine feine Knochenbrücke mit dem 'Nasenbein verbunden, sonst jedoch ganz frei. Bei dem grösseren Berliner Exemplar ist dieser Fortsatz breit und ungemein kräftig: er hat im Niveau des untern Randes des Nasenbeins eine Breite von 8 ”® und von demselben Niveau an eine Höhe von 9 "m, Ausser- dem setzt er sich in allmählich abnehmender, jedoch noch immer recht beträchtlicher Breite nach unten zur Seite der Nasenöffnung noch eine Strecke fort, so dass die Höhe dieser breiteren Partie im Ganzen 17 =” beträgt. Das Nasenbein wird dadurch nach unten und seitlich so beträchtlich verschmälert, dass seine untere Platte eine fünfeckige Gestalt angenommen hat. Während sie im Niveau der oberen Spitze des Zwischenkieferfortsatzes 17 "" breit ist, verschmälert sie sich am untern Rande bis auf 14 "". Grössere Fortsätze sehe ich auch bei Cynocephalus und Inuus nicht. Ich möchte daher die Auffassung des Hrn. Turner für die richtigere halten, wenngleich vielleicht individuelle Schwankungen von be- trächtlicher Grösse in diesem Punkte zugestanden werden dürfen. Unterhalb dieser Stelle bildet das Intermaxillare die ganze. Seitenwand der Nasenöffnung. Die Naht zwischen Intermaxillare und Maxillare zieht sich an der innern Wand der Nasenhöhle von der Stelle, wo am oberen Rande der Nasenöffnung Intermaxillare und Nasale an einander stossen, schräg nach unten und vorn, dicht vor dem Ansatze der unteren Muschel herab bis zu dem Foramen ineisivum, welches hier, wie bei dem grösseren Schädel, doppelt ist. Der vordere Theil der Crista nasalis gehört in einer Länge von 3 "”® noch dem Intermaxillare an. Man kann daher in der That mit Hrn. Turner sagen, dass die starke Prognathie des Alveolarfortsatzes, welcher in seinem mittleren Theile ganz dem Intermaxillare angehört, hauptsächlich durch diesen Knochen bedingt wird; ja man kann hinzufügen, dass auch die Bildung des unteren Nasenabschnittes wesentlich durch die Vorlagerung [1880] 39 534 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse des mächtigen Intermaxillare vor die eigentliche Nase bestimmt wird. 22 | | Denkt man diesen Knochen hinweg, so würde die Nase des jungen Gorilla sich dem menschlichen Typus sehr annähern: Das Intermaxillare aber bildet vor der eigentlichen Nasenhöhle zwei stark vorgewölbte Erhöhungen mit je einer pränasalen Ausbuch- tung (Furche). Hinter diesen Erhöhungen vertieft. sich der Bo- den der Nasenhöhle sehr beträchtlich und zwar in zwei Absätzen, indem zunächst jederseits von der (doppelten) Crista nasalis eine schmale, weniger tiefe Furche innerhalb der Grenzen des Inter- maxillare, dann aber vom Foramen ineisivum an eine ganz tiefe Furche auf dem harten Gaumen hinzieht. Die äussere, maxillare Nath des Zwischenkiefers folgt ziem- lich genau dem Seitenrande der Nasenöffnung. Unterhalb dersel- ben macht sie eine schnelle Ausbiegung nach aussen um die seit- lichen Schneidezähne herum, so dass die Breite des Intermaxillare, welche im Niveau des Naseneinganges 19 ”” beträgt, am Alveo- larrande bis auf 26 X” anwächst. Kurz bevor die seitliche Naht den Alveolarrand erreicht, zweigt sich von ihr nach vorn und unten eine kurze Naht ab, welche einen kleinen dreieckigen Schalt- knochen umgrenzt, der die vordere Wand der Alveole des äusse- ren Schneidezahnes bildet. Die mediane Naht ist sehr stark und die beiden mittleren Schneidezähne lassen eine kleine Lücke zwischen sich. Die Höhe des ganzen Alveolarfortsatzes beträgt in der Mit- .tellinie »7 © @, An der Gaumenfläche verhält sich die äussere Naht des In- termaxillare (Taf. II, Fig. 4) folgendermaassen: Nachdem sie sich jederseits zwischen dem lateralen Schneidezahn und dem Eckzahn durchgezogen hat, läuft sie zunächst schräg nach hinten, indem sie sich dicht an den Alveolen des Eckzahns und des ersten Back- zahns hält, dann geht sie unter einer starken Ausbiegung nach hinten quer durch den Gaumen und wendet sich medialwärts nach vorn, um an dem, auch hier doppelten Foramen ineisivum zu en- digen. Der ganze vordere Theil des Gaumens in einer Länge von 9 (vom Alveolarrande aus gemessen sogar von 12) "” gehört dem- nach dem Intermaxillare an; bei einer Gesammtlänge des harten Gaumens von 33 "® beinahe 4. Bei dem grösseren Berliner Schädel treffen diese Eigenschaf- vom 7. Juni 1880. 535 ten in allen Stücken gleichfalls zn. Der quere, fast wallartige Vorsprung, welchen die Erhöhungen der Intermaxillaria am Na- seneingange bilden, ist so beträchtlich, dass hinter demselben ein jäher Abfall zu dem um 2 °% tiefer liegenden Boden der Nasen- höhle hin stattfindet. Die pränasalen Gruben oder besser Furchen sind stärker ausgebildet. Eine Spina nasalis anterior inferior fehlt hier, wie bei dem jüngern Schädel, gänzlich. Dagegen ist das In- termaxillare in dem Niveau des Naseneinganges 3 ®, am Alveo- larrande 3,5°% breit und seine vordere, etwas gewölbte, schräg vor- gestreckte Fläche hat in der Mitte eine Länge (Höhe) von 2,2 ", Der untere Theil der medianen Naht klafft beträchtlich und die beiden mittleren Schneidezähne sind etwas schief gegen einander gerichtet. Da, wo die seitliche Naht gegen das Trema zwischen lateralem Schneidezahn und Eckzahn eintaucht, liegt jederseits auf der medialen Seite dieser Naht ein kleiner, mit der Spitze nach oben und aussen gerichteter, bis über den Alveolarrand des late- ralen Schneidezahns herüberreichender Schaltknochen, den ich schon von dem Dresdener Schädel erwähnte und der sich auch an dem Schädel mit einfachem Nasenbein bei Hrn. Bischoff (Taf. XIX, Fig. 22) dargestellt findet. — Am Gaumen verhält sich die Naht genau so, wie bei dem kleineren Schädel. — Die Bildung der Augenhöhlen hat neben der der Nase eine dominirende Bedeutung für die Physiognomie des Gorilla. Wenn Hr. Bischoff (a. a. O. S. 69) dieselben bei allen seinen jungen Gorillaschädeln rundlich-viereckig findet, so will ich zuge- stehen, dass eine solche Bezeichnung allenfalls auf den Berliner Schädel zutrifft; keineswegs passt dieselbe auf den jüngeren Dres- dener Schädel. Die Orbitae desselben haben nur eine eckige Stelle, nämlich die Ausbuchtung nach innen und oben, und auch hier ist die Ecke eben nur angedeutet. Der Rand ist eigentlich durchweg gerundet, nur dass der Contour keinen wirklichen Kreis bildet: die Höhe ist grösser als die Breite. Der Orbitalindex be- trägt 104, der kindliche Gorilla-Schädel ist also hypsi- konch. Dazu kommt, dass die Orbitae absolut gross sind, sowohl in den Durchmessern des Einganges (26 *® Höhe, 25 Breite), als auch in dem Tiefendurchmesser (30 "®), Was aber den antbropoiden Habitus der kindlichen Orbita am meisten bestimmt, das ist das Verhältniss zur Nase. Nicht nur 39* 536 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ist, wie Hr. Bischoff lehrt, „die Scheidewand der Augenhöh- len bei allen Gorillas dicker, als bei den Chimpanse,* sondern es tritt die Nase, namentlich der im obern Abschnitte derselben vor- handene Rücken nicht unbeträchtlich vor der Ebene des Orbital- einganges vor. Zieht man jederseits von der Sutura zygomatico- frontalis eine Horizontale zum Nasenrücken, so bilden dieselben an dem Vorsprung des letzteren einen Winkel von 120°. Auch ist der Boden der Orbita bei dem Dresdener Exemplar noch concav, dagegen das Dach, namentlich nach hinten und medialwärts etwas niedrig, entsprechend dem verhältnissmässig grossen Antheil, wel- chen das Stirnbein an der Bildung des medialen Abschnittes der Orbita und des obern Theils der Nase nimmt. Wo das Stirnbein aufhört und dafür nach unten der Stirnfortsatz des Oberkiefers eintritt, da werden auch die Nase und das Nasenbein sehr schmal, denn dieser Fortsatz, der einfach schmal und fast ganz sagittal gestellt ist, läuft ganz spitzig aus. Kräftiger sind die Wangen- beine ausgebildet, besonders ihr Stirnfortsatz; der eigentliche Kör- per ist eher zart und der Jochbogen dem entsprechend dünner. Bei dem älteren Berliner Schädel sind schon die grössten Ver- änderungen in der Configuration der Orbitae vorgegangen. Nur die Hypsikonchie ist noch stärker ausgeprägt: der Index beträgt 116. ‘“ Auch sind die Grösse des Einganges (36 ”® Höhe, 31 Breite) und die Tiefe (38 ®®) so beträchtlich, dass der Eindruck, welchen die Orbitae in dem physiognomischen Totalbilde hervorbringen, ein ganz beherrschender wird. Indess tritt daneben der bestiale Cha- rakter der fortschreitenden Entwickelung schon recht empfindlich hervor: die Nase, obwohl ihr Rücken im oberen Abschnitte noch prominirt, bildet mit den Wangenbeinen einen Winkel von 140°, indem die letztern mächtig gewachsen und weit nach vorn vorge- treten sind. Noch mehr haben sich die Augenhöhlen innen ver- ändert: überall sind die Ränder vorgeschoben und gegen die Höhle überhängend oder eingebogen; hinter dem Eingange erweitert sich daher die Höhle beträchtlich, namentlich in der Richtung gegen die untere Spalte, welche sehr tief und breit ist. Nur die untere Partie der medialen und die anstossende mediale Partie der unte- ren Wand haben sich „zeltartig“ stark vorgewölbt, indem die Oberkieferhöhle beträchtlich erweitert und der Stirnfortsatz des Oberkiefers sehr verbreitert ist. Über die Vorwölbung zieht. sich vom 7. Juni 1880. 937 ein flacher Suleus infraorbitalis, der nach vorn in einen langen Canalis infraorbitalis übergeht; letzterer mündet über der sehr flachen und vom Orbitalrande sehr entfernten Fossa canina jeder- seits mit 2 übereinandergelegenen Öffnungen. Der frontale Antheil der Augenhöhlen-Scheidewand ist in der Entwickelung sehr zu- rückgeblieben, während der maxillare sich stark entfaltet hat; da- her sieht es aus, als ob die Augenhöhlen sich nach oben gegen einander neigten. Nur die Supraorbitalränder sind stark gewach- sen, aber doch nicht in dem Verhältniss der Kieferknochen, s6 dass der Infraorbitalrand ganz nach vorn vorgerückt und die Ebene des Orbitaleinganges schief geneigt ist. — Es erübrigt endlich, die Kiefer- und Zahnbildung zu erörtern. | Bei dem Dresdener Exemplar sind eigentlich nur die vier Schneidezähne vollständig ausgebrochen. Die oberen überragen die unteren und übertreffen sie bei Weitem an Grösse. In beiden Kiefern sind die medialen Schneidezähne grösser als die lateralen, jedoch sind die oberen so viel grösser, als die unteren, dass sie nicht bloss diese letzteren, sondern auch noch die mediale Hälfte der lateralen decken. Die oberen lateralen Schneidezähne stehen schon grossentheils über die unteren hinaus. Die gerade Länge der Pars incisiva beträgt am Oberkiefer 24, am Unterkiefer nur 20 wm, Nächstdem ist mit einem grösseren Theil der Krone ausge- gebrochen, jedoch mit den übrigen Theilen noch zurück der erste Backzahn des Oberkiefers: ein sehr umfangreicher Zahn, 9 ”” im frontalen, 8 im sagittalen Durchmesser, mit einer äusseren, sehr ‚starken und einer inneren, viel kürzeren und niedrigeren Leiste; ausserdem am vordern Ende der äussern Leiste mit einem kleinen Schmelzvorsprung. — Im Unterkiefer wird eben die Spitze des er- sten Backzahns über dem Niveau der Alveole sichtbar. Es ist gleichfalls ein grosser Zahn, aber er hat eine pyramidenförmig zu- gespitzte Krone ohne alle Leistenbildung. Die Alveolen der Eckzähne sind geöffnet, aber noch sehr schmal. Die Eckzähne selbst liegen noch in ihren Höhlen weit zurück; letztere treten an der äussern Oberfläche der Ober- und Unterkiefer (Taf. I, Fig. 1) als dicke rundliche Vorsprünge hervor. Ausserdem sieht man im Ober- und Unterkiefer jederseits noch 538 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 2 Backzahn-Alveolen geöffnet, in deren Tiefe grosse Abschnitte der fertigen Kronenstücke liegen. Von diesen sind die hinteren bei Weitem die grösseren. Man erkennt daran 5 Spitzen. Endlich ist noch zu bemerken, dass man hinter den Schnei- dezähnen schon die Öffnungen der freilich sehr kleinen Alveolen der bleibenden Schneidezähne sieht; von diesen sind die lateralen die grössern und wiederum die im Oberkiefer grösser, als die im Unterkiefer. — / Bei dem Berliner Schädel sind 24 vollkommen entwickelte Zähne vorhanden. Offenbar ist auch dies noch ein Milch- gebiss. Denn hinter sämmtlichen Schneide- und Eckzähnen sind die Alveolen der bleibenden Zähne geöffnet und man sieht in den Alveolen der lateralen Schneidezähne die Spitzen der neuen Zähne. Sämmtliche Zähne, besonders die Schneide- und Backzähne sind an ihren Schmelzflächen mit einer schwarzbraunen Masse überzo- gen; die Schneidezähne in einer geraden Ebene tief, meist bis auf das Dentin abgeschliffen und die Kronen der Praemolaren stark abgenützt. Auch die Eckzähne sind etwas stumpf. Nur der I Molare ist ganz scharfspitzig. Von den einzelnen Zähnen erwähne ich, dass die Eckzähne sehr gross sind, namentlich die oberen. Diese stehen 16 ”® weit über den Alveolarrand hervor, wovon 11%" der Krone angehö- ren; diese ist an der Basis 1% breit. Die unteren sind etwas kleiner und greifen in den 7 "@ breiten Zwischenraum (Trema) zwischen oberem Eckzahn und Schneidezahn ein; unten ist das Trema ganz geringfügig. Der I Praemolare hat oben 3, unten 2 Wurzeln, sowie 2 Leisten, eine äussere längere und höhere mit einem kleinen Vorsprunge vorn, und eine innere kürzere und nie-. drigere, jede mit einer Spitze. Der II Praemolare hat 4 Wurzeln und 2 Kronleisten mit je 2 Spitzen, von denen die hintere äussere mit der vorderen inneren durch einer schiefen Wulst verbunden ist. Ganz ähnlich sind die I Molaren beschaffen, nur dass sie er- heblich grösser sind und dass im Unterkiefer jeder derselben 5 Spitzen hat, nämlich je 2 vorn und hinten am Rande und 1 hinten mehr gegen die Mitte zu. Hinter ihm ist in jeder Oberkieferhälfte noch eine geräumige Alveole geöffnet, im Unterkiefer sogar 2, jedoch kleinere. — Der harte Gaumen ist bei beiden Schädeln lang und schmal, vom 7. Juni 1880. | 539 bei dem grösseren natürlich in sehr verstärktem Maasse. Der Gau- menindex beträgt daher bei dem Dresdener Schädel 72,7 Berliner “ 43,3. Von den Eckzähnen an stehen die Zähne fast in einer gera- den Linie, während die Schneidezähne eine deutliche Curve bil- den. Die Gaumenfläche ist gewölbt, die Naht nur bei dem klei- nen Schädel von leichten Erhebungen begleitet. Die Pars hori- zontalis ossis palatini ist bei dem Dresdener Schädel sehr schmal, kaum 2 "= breit (in der Richtung von vorn nach hinten); ihre hintere Begrenzung ist kaum merkbar ausgerundet (Taf. II, Fig. 3). Von dem Foramen pterygopalatinum setzt sich jederseits nach vorn eine kleine Spalte fort. Bei dem Berliner Schädel ist die horizon- tale Platte des Gaumenbeins in der Mitte 14, an der Seite 11 "wu breit; jederseits steht vor der Naht am hintern Rande ein kleiner Vorsprung hervor. Da nach Bischoff (a. a. O. S. 69) alle Go- rillaschädel deutlich eine Incisura palatina posterior zeigen sollen, so mag dieser doppelte Vorsprung eine solche andeuten. Bei dem kleinen Schädel ist jedenfalls eine Incisur nicht vorhanden, Dass die hintere Nasenöffnung höher, als breit ist, kann ich bestätigen. Ich füge nur hinzu, dass die Breite an der Gau- menplatte grösser, an der Basis cranii sehr viel geringer ist. Der Unterkiefer des Dresdener Schädels hat noch seine Synchondrose offen. Nach oben hin klafft dieselbe etwas, in der Mitte und unten ist sie von einer Art kleiner supracartilaginöser Exostosen begleitet, welche einen vorspringenden Rand bilden. Aus ihnen geht hinten und unten die Spina mentalis posterior als ein ungewöhnlich starker Auswuchs hervor (Taf. I, Fig. 2. Taf. II, Fig. 3 und 5). Der mittlere Theil des Unterkiefers ist etwas schräg vorgeschoben, so dass die Zähne schaufelförmig gerichtet sind. Der Zahnrand bildet auch hier eine Curve. Der folgende Abschnitt des Knochens, von der Gegend des Eckzahns bis an den I Molar, ist mehr gerade nach hinten gerichtet; von der Gegend des I Molars an wendet sich der Unterkiefer ganz nach aussen. Die transversalen Distanzen betragen hier: 940 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse zwischen den Kieferwinkeln . . . .. . 41mm » der Mitte der Gelenkköpfe. . 56 IM: = den Spitzen der Kronenfortsätze 55 Rs F Der Gelenkfortsatz ist kurz und schräg, unter einem Winkel von 140° angesetzt. Auch der Kronenfortsatz ist schräg nach hinten gerichtet, fast zugespitzt und nach rückwärts gebogen, so dass eine tiefe, aber nicht weite Incisur entsteht. Das sehr grosse Foramen mentale anterius liegt gerade unter dem I Praemolare. An dem Unterkiefer des Berliner Schädels ist die mediane Synchondrose bis auf eine schwache Spur am obern Rande ge- schlossen. Der Kiefer hat hier in’ seiner Mitte eine Höhe von 39 mm; er bildet eine plumpe, rundlich vorgewölbte, ungemein compakt aussehende Masse, welche breit vortritt, aber nach un- ten zurückgeht, ohne ein Kinn zu bilden. Die Spina mentalis interna ist sehr gross; sie bildet eine fast schneidende, senkrechte Crista. Der vordere Winkel zwischen den Seitentheilen ist so eng, dass man kaum einen Finger hineinlegen kann. In der Norma temporalis erscheint der Unterkiefer fast kahnförmig. Die Seitentheile gehen sehr schnell zurück und laufen fast parallel mit einander. Die Foramina mentalia anteriora liegen nahe am untern Rande, senkrecht unter dem Zwischenraum zwischen den beiden Prämolaren. Weiter nach hinten werden die Seitentheile niedrig, aber sehr dick. Die Äste sind gross und breit; ihr Querdurch- messer beträgt 36 %®. Mit dem Gelenkfortsatze, der stark nach hinten zurückweicht, beträgt die Länge des Astes 5 °®%. Der Pro- cessus coronoides, der auch hier durch eine tiefe, aber kurze Ein- buchtung von dem Processus condyloides getrennt ist, hat in noch höherem Grade eine nach rückwärts gekrümmte Spitze, die hinter dem Jochbogen verschwindet. Der Winkel, unter welchem der Gelenkfortsatz gegen den Seitentheil des Unterkiefers angesetzt ist, beträgt 120°. Ich beendige damit diese Mittheilung, von der ich hoffe, dass sie den Erörterungen über die früheren Entwickelungsverhältnisse des Gorillaschädels einige sichere Unterlagen gewähren werde. Niemals früher ist, wie ich glaube, der Fortschritt von dem emi- nent anthropoiden Charakter des frühkindlichen Gorillaschädels zu | j | | | Va en . Re Orhan Oı Insk Werk | | rn Berl Akissensch 1880 Dh 2 vom 7. Juni 1880. 541 dem ausgemacht bestialen Charakter des jugendlichen so scharf dargelegt worden. Die Thatsache, dass die Schädelkapsel schon früh in einen mehr stationären Zustand geräth, der nur durch die forstehreitende Ausbildung der Cristae eine äusserliche Umwand- - lung, gleichsam eine Verkleidung erfährt, während alle zu dem IRRE Gesicht gehörigen Theile schnell wachsen und jenen formidablen, im höchsten Grade thierischen Ausdruck annehmen, den wir alle an dem älteren Gorilla kennen, ist hier zahlenmässig dargelegt und auf ihre örtlichen Gründe zurückgeführt. Die Entwickelungs- verhältnisse des Processus frontalis squamae temporalis, der Nase und der Augenhöhlen, die wirkliche Gestalt der Schädelkapsel sind deutlich geworden. Auch die Indices dürften hier zum ersten Male in grösserer Zuverlässigkeit nachgewiesen sein. Zum Schlusse fasse ich die Hauptmaasse noch einmal in einer Tabelle zusammen: 542 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse EEE RER EEEEOEEREE GEREREZTEREE EEE Dresdener | Berliner EB Schädel | Schädel & sauer] EI uw ulin si n,.5a 2 „el | Capacität 355 Cem. | 380 Ocm. Grösste Länge A von der Nasenwurzel 113 Mm. | 136 Mm. B von der Stirnwölbung | 111 „ 1783 ” ” Diagonale Länge vom Alveolarrand des Oberkiefers bis zur Crista occip. | 128 „ 180. - Grösste Breite rm 1095 Ganze senkrechte Höhe 1.9.0 rn Auricular- Höhe Ki Wahr vo, Gerade Distanz der Schläfenlinien OR 45 (70) „ Umfangs- N e M 102% 48 (7995 Untere Frontalbreite 69 GLS Temporalbreite A (Zusammenstoss der Sut. squamosa mit der Coronaria) BI [eo N B (Spitze der Ala sphen.) 92.04 62 10 Auricularbreite 68.5 I | Oceipitalbreite (Fontic. later.) 102 275 Mastoidealbreite (Spitze) 36% 880% | Entfernung der Nasenwurzel vom Ohrloch I TH | Mitte des Naseneinganges vom Ohrloch 6% „ I ” ” 7 des oberen Alveolarrandes vom Ohrloch 7 122073 Zahnrandes vom Ohrloch 125» 1288 ” ” ” unteren Kinnrandes vom Ohrloch bins 128 72 u») 6) der Nasenwurzel vom For. magnum ZU 8 8 Mitte des Naseneingan- ges vom For. magnum 66 105.08 ” ” vom 7. Juni 1880. f 543 Dresdener | Berliner Maasse Schädel Schädel Entfernung des oberen Alveolarrandes | vom For. magnum 70 Mm. | 114 Mm. “ „ oberen Zahnrandes vom For. magnum AS, 120 | 5 „ unteren Kinnrandes vom For. magnum 68,5 „ 114 Gesicht, Höhe (NasenwurzelbisKinnrand) 1 198:», ” Breite (unteres Ende des Proc. zygom. max.) DDr, 84 „ Jugalbreite 14. ;, 103. % Nase, Höhe Adna 09 5 Er Gänge | 30%, ATS „ Breite der Öffnung brzer 200% Orbita, Höhe 20. 5 30: 45 „ Breite Zn 31.34 Infraorbitaldurchmesser are aan Maxillardurchmesser ar lanı Ser Länge (Höhe) des oberen Alveolarfortsatzes 00 22(14)„ Gaumen, Länge a 30 5 2 Breite BA, 26:1 _ Gesichtswinkel (Ohrloch, Naseneingang, Nasenwurzel) 67° 50° Unterkiefer, Distanz der Winkel 41 Mm. 70 Mm. . mediane Höhe 204.5 Be Kieferwinkel 140° 120° Kieferast, Länge 26 Mm. 52 Mm. Mn un. Gesammtsitzung der A J fer nern las einen Nachtrag zu seiner die Ci rchben (Otariae). BAOTTI AUT DEE 1 PR # f PER l - EL = " s .‚ chi 4’ ur | - % . 2 aan “ r ” n # va + EEE Ne Gesammtsitzung vom 17. Juni 1880. 545 17. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Hofmann machte folgende Mittheilungen: I. Über eine Reihe aromatischer, den Senfölen und Sulfo- ceyanaten isomerer Basen. Im Laufe des vorigen Sommers habe ich der Akademie einige Versuche über die Einwirkung des Phosphorpentachlorids auf das Phenylsenföl mitgetheilt!), welche zur Darstellung des von Sell und Zierold entdeckten Isocyanphenylchlorids unternommen, zur Entdeckung einer constant bei 248° siedenden, neuen Verbin- dung geführt hatten. Diese Verbindung hatte sich durch die Ana- lyse als ein einfach chlorirtes Senföl, | GH,OINS, erwiesen und ich habe sie daher mit dem Namen Chlorphenyl- senföl oder schlechtweg Chlorsenföl bezeichnet, Das Chloratom in diesem Körper ist — wie ich gleichfalls bereits angedeutet habe — in hohem Grade beweglich. Durch geeignete Behandlung kann dasselbe gegen die Hydroxyl-, die Amid- und die Anilidgruppe ausgetauscht werden, indem gut cha- rakterisirte krystallinische Verbindungen, C;H,(OH)NS, G,H,(NH;,)NS und C,H, (NHC,H,)NS, entstehen. Während der letzten Monate habe ich die Untersuchung dieses eigenthümlichen Körpers wieder aufgenommen, um seine Natur näher aufzuklären. Ich will zunächst einige weitere Erfahrungen mittheilen, welche über die schon früher beobachteten Verbindungen gesammelt wurden. Chlorsenföl. Was in erster Linie die Darstellung des chlorirten Senföls anlangt, so habe ich dieselbe auf anderen Wegen als dem bisherigen versucht. Ein langsamer Clorstrom wurde in eine stark abgekühlte Chloroformlösung von Phenylsenföl geleitet und das Ein- 1) Hofmann, Monatsberichte 1879, S. 642. 546 Gesammtsitzung leiten lange vor der Sättigung unterbrochen; es hatte sich nur das von Sell und Zierold entdeckte Isocyanphenylchlorid gebildet. Chlorschwefel wirkt bei erhöhter Temperatur unter Druck auf Phe- nylsenföl ein, allein es wurden im besten Falle nur Spuren der gesuchten Verbindung erzeugt. Ich musste also zu der Behandlung des Phenylsenföls mit Phosphorpentachlorid zurückkehren. Die beste, immerhin nicht grosse Ausbeute, etwa 18 pCt. der theoreti- schen, wurde erhalten, wenn man 1 Mol. Senföl mit 1 Mol. Penta- chlorid auf 160° erhitzte.e Der in den Röhren wirkende Druck scheint nicht besonders hoch zu sein; es ist keine einzige Röhre gesprungen, obwohl die Beschickung einzelner Röhren bis zu 1158 der Mischung betrug. Das chlorirte Senföl wurde früher als eine wasserhelle Flüssig- keit beschrieben; während der kalten Wintertage ist es. krystalli- nisch erstarrt. Sein Schmelzpunkt liegt bei ungefähr 24°; einmal verflüssigt, wird es nur sehr langsam wieder fest. Zur Vervollständigung der Analyse ist seitdem auch noch die Dampfdichtebestimmung, und zwar im Anilindampf ausgeführt wor- 69.5 2 Die Neigung der chlorirten Verbindung, Salze zu bilden, und die geringe Beständigkeit dieser Salze ist schon früher bei der Be- schreibung des salzsauren Salzes erwähnt worden. Mit concentrirter Schwefelsäure und Salpetersäure bildet sie ebenfalls krystallinische Salze. Die concentrirte salzsaure Lösung giebt mit Platinchlorid und Goldchlorid gut krystallisirende Doppelsalze, die aber vom Wasser sofort unter Abscheidung von Chlorsenföl wieder zersetzt SAN. 1 den; sie ergab 82.4; die Theorie verlangt werden. Chlornitrosenföl. Das Chlorsenföl lässt sich. leicht nitriren. Versetzt man die Lösung desselben in concentrirter Schwefelsäure mit rauchender Salpetersäure, so wird ein einfacher Nitrokörper gebildet, ohne dass das Chlor eliminirt wird. Durch Wasser wird er aus der sauren Lösung gefällt; er lässt sich leicht reinigen, da er in heissem Alkohol reichlich, in kaltem sehr wenig löslich ist. Das Chlornitrosenföl bildet schwach gelbgefärbte Nadeln, welche bei 192° schmelzen; es hat keine basischen Eigenschaften mehr. Der Formel C,H,CINO,NS Ze Si ee I a u Dal Zu at PD um ta ats rn Ze u Ft. 547 entsprechen folgende Werthe: Theorie Versuch Br Aa 39.16 33.76 EB: 3 1.40 el N, 28 13.05 — S 32 14.92 — Cl 35.9 16.59 16.44 07 32 14.92 _ 214.5 100.00 — Von rauchender Schwefelsäure wird das Chlorsenföl gleichfalls angegriffen; es entstehen zwei Producte, ein unlösliches krystalli- nisches, und ein lösliches, offenbar eine Sulfosäure. Sie sind nicht näher untersucht worden. Oxyphenylsenföl. Es wird am bequemsten durch Kochen des Rohproductes der Reaction mit Alkohol gewonnen. Man kann es auch — aber nur schwieriger — durch die Einwirkung des Wassers auf Chlorsenföl erhalten. Chlorsenföl kann mit Wasser auf 180° erhitzt werden, ohne sich zu verändern. Über 200° erhitzt, ver- wandelt es sich zum Theil in Oxysenföl; es werden aber gleich- zeitig andere Producte gebildet. Neben einer braunen, nicht fass- baren Materie entstehen Anilin, Salzsäure, Kohlensäure und Schwefel, CG,H,CINS En 2H,O = CG,H,N ale HCl a5 CO, = S. Es tritt aber gleichzeitig stets etwas Schwefelwasserstoff auf, so dass man es offenbar mit einer complexen Reaction zu thun hat. In meiner früheren Abhandlung ist angegeben, dass diese phe- nolartige Verbindung in Ammoniak unlöslich sei. Neuere Versuche haben gezeigt, dass sie sich in viel Ammoniak löst. Die Lösung giebt auf Zusatz von Säure einen spärlichen Niederschlag von Kkry- stallisirtem Oxysenföl. | Äthyloxysenföl. Löst man Natrium in absolutem Alkohol auf und setzt soviel Chlorsenföl hinzu, dass 1 Chloratom auf 1 Natrium- atom kommt, so hat sich, wenn man die Mischung eine Stunde lang am Rückflusskühler gekocht hat, alles Chlor in der Form von Kochsalz ausgeschieden. Die von demselben abfıiltrirte alkoholische Lösung enthält den Äthyläther des Oxysenföls. Nach dem Ver- 548 Gesammtsitzung dunsten des Alkohols bleibt derselbe als ein Öl von angenehmem aromatischen Geruch zurück, welches allmählich krystallinisch er- starrt. Der Schmelzpunkt der Verbindung liegt bei 25°. Das Äthyloxysenföl besitzt schwach basische Eigenschaften. Es löst sich in concentrirter Salzsäure; aus der Lösung fällen Platinchlorid und Goldchlorid Salze, welche in sehr schönen Prismen krystalli- siren. Durch die Analyse eines solchen Platindoppelsalzes wurde die Zusammensetzung des Körpers, die sich übrigens schon aus seiner Bildungsweise ergiebt, festgestellt. Der Formel 2[C;H,(0C,H,)NS, HCIJPtCL, entsprechen 25.58 pCt. Platin. Der Versuch ergab 25.50 pCt. Die einfachen wie die Doppelsalze des Äthyloxysenföls sind ebenso unbeständig wie die entsprechenden Verbindungen des Chlor- senföls. Auch der Äther selbst zeigt nur geringe Stabilität. Man kann ihn zwar ohne Zersetzung mit Natronlauge zum Sieden er- hitzen, beim Kochen mit concentrirter Salzsäure wird er aber unter Entwicklung von Chloräthyl in Oxysenföl verwandelt. Acetyloxysenföl wird erhalten, wenn Oxysenföl einige Stunden lang mit einem Überschuss von Essigsäureanhydrid am Rückfluss- kühler erhitzt wird. Setzt man nun Wasser hinzu, so scheidet sich ein Öl aus, welches bald erstarrt und nur aus Alkohol umkrystalli- sirt zu werden braucht, um völlig rein zu sein. Die neue Verbin- dung krystallisirt aus Alkohol in Prismen, aus heisser Essigsäure in feinen Nadeln. Schmelzpunkt 60°. Das Acetoxysenföl hat keine basischen Eigenschaften mehr. Durch Kochen mit Alkalien spaltet es sich in Essigsäure und Oxysenföl. Die aus der Darstellungs- weise sich ergebende Zusammensetzung C,H,(0C,H;0O)NS wurde durch die Analyse bestätigt. Theorie Versuch (07 108 55.96 -r 98:81 H, 7 3.03 3.82 N 14 1.25 _ S 32 16.58 — O0 32. 1685 _ 193 100.00. vom 17. Juni 1880. 549 Amidosenföl. Die Darstellung ist schon früher angegeben worden. Durch Fällen der alkoholischen Lösung mit Wasser werden perlmutterglänzende Blättchen erhalten, welche bei 129° schmelzen; durch langsamen Zusatz von Wasser lassen sich etwas besser aus- gebildete Krystalle gewinnen. Ganz gut krystallisirt die Verbindung, aus Schwefelkohlenstoff. Sie kann ohne Zersetzung destillirt werden; auch gegen Agentien ist sie sehr beständig; sie lässt sich mit Säu- ren oder Alkalien ohne Veränderung kochen. Das Amidosenföl ist eine schwache Base, die sich nur in concentrirten Säuren löst; sie ist indessen doch noch stärker als das Chlorsenföl, wenigstens werden weder das Platin- noch das Goldsalz durch Wasser zersetzt. Diese Salze fallen auf Zusatz von Platinchlorid und Goldchlorid zu der salzsauren Lösung krystallinisch aus. Das Goldsalz wird in besonders schönen Kryställen erhalten. Das bei 100° getrock- nete Amidosenföl enthält C;H,(NH,)NS. Theorie Versuch C, 84 4456.00 55.76 H, 6 4.00 4.14 N; 28 18.67 — S 32 21.33 — 150 100.00. Das in vacuo getrocknete Platinsalz hat folgende Formel: 2[C,H,(NH,)NS, HC1]JPtCQ1.. Die Theorie verlangt 27.69 pCt. Platin; gefunden wurden 27.49 pÜt. Anilidosenföl. Darstellung und Eigenschaften sind schon früher angegeben worden. Ich will nur noch nachträglich bemerken, dass der Schmelzpunkt der oft umkrystallisirten Verbindung zu 159° (statt 157° wie früher angegeben ward), gefunden wurde. Auch das Anilidosenföl lässt sich unzersetzt destilliren und wird durch Kochen mit Säuren und Alkalien nicht verändert. Die bei 100° getrocknete Base enthält: CGH,(NHC,H,)NS, [1880] 40 550 Gesammisitzung Theorie Versuch 6; #158 6,0 68.8814 1 IC na EL 10 4.49 5.01 ala N, 83. 192.39 Een u” S 394:44 114416 la Be 226 100.00 Das bei 100° getrocknete Platinsalz enthält | 2[C,H, (NHC,H,)NS, HCI]PtC],. Die Theorie verlangt 22.80 pCt. Platin; gefunden wurden 22.52 pCt. Auch in dem oben beschriebenen Chlornitrosenföl kann das mobile Chloratom noch leicht durch die phenylirte Amidogruppe ersetzt werden. Erhitzt man das Chlornitroproduct mit Anilin, so bildet sich das salzsaure Salz dieser Base und eine in gelben, bei 247° schmelzenden Nadeln krystallisirende Verbindung, welche noch schwachbasische Eigenschaften besitzt. Sie ist in Salzsäure löslich und wird durch Wasser aus dieser Lösung gefällt. Die Verbindung bildet ein in schwerlöslichen Nadeln krystallisirendes Platinsalz. Die im Vorstehenden verzeichneten Ergebnisse zeigen unzwei- deutig — und ich habe auf diese Thatsache in meiner früheren Mittheilung bereits hingewiesen — dass das Phenylsenföl mit der Aufnahme eines Chloratoms an Stelle des Wasserstoffs die funda- mentalen Eigenschaften eines Senföls vollständig eingebüsst hat. Die chlorirte Verbindung fixirt keine Amine mehr um Harnstoffe zu bilden, auch tauscht sie selbst unter dem Einflusse der kräftig- sten Agentien ihren Schwefel gegen Sauerstoff nicht aus. Mit Wasser oder Salzsäure endlich unter Druck erhitzt, spaltet sie sich nicht mehr, wie dies die normalen Senföle thun, in Amin und Kohlenoxysulid oder Kohlensäure und Schwefelwasserstoff. Offenbar lag hier kein einfaches Substitutionsproduct des Phenyl- senföls vor. Ich habe bereits früher betont, dass das von Sima Losa- nitsch!) im hiesigen Laboratorium aus dem starren Parachlor- anilin dargestellte bei 64° schmelzende, mit dem durch Phosphor- !) Losanitsch, Ber. chem. Ges. V, 146. J 7 vom 17. Juni 1880. 551 pentachlorid entstehenden isomere Chlorsenföl ein ganz anderes, und zwar demjenigen des normalen Senföls vollkommen analoges Verhalten zeigt. Es war nur eine sehr geringe Wahrscheinlich- keit vorhanden, dass sich die aus dem Phenylsenföl sich ableitende Verbindung mit einem der Senföle identisch erweisen würde, welche dem Meta- und ÖOrthochloranilin entsprechen. Es schien gleich- wohl wünschenswerth, diese Frage durch den Versuch zu ent- scheiden. Die genannten Senföle sind bis jetzt nicht dargestellt worden. Durch ein glückliches Zusammentreffen war ich im Stande, diese Lücke auszufüllen. Hr. Dr. Wilh. Will, welcher sich mit den drei isomeren Nitrochlorbenzolen beschäftigt, hatte die Güte, mir Proben dieser Substanzen zur Verfügung zu stellen, welche Hr. Dr. Paul Meyer in die entsprechenden chlorirten Aniline, Harnstoffe und Senföle verwandelt hat. Ich will die Einzelheiten dieser Versuche bei einer andern Gelegenheit veröffentlichen und hier nur die Endresultate mittheilen. Parachloranilin vom Schmelzpunkt 70° und vom Siede- punkt 230° aus Chloracetanilid dargestellt, liefert mit Schwefel- kohlenstoff einen Harnstoff vom Schmelzpunkt 168° und ein starres Senföl vom Schmelzpunkt 44.5° und vom Siedepunkt 249 — 250°. Losanitsch hatte den Schmelzpunkt zu 40° angegeben, Beil- stein und Kurbatow!) hatten ihn bei 45—47° beobachtet. Metachloranilin vom Siedepunkt 230°, aus dem bei 46° schmelzenden Chlornitrobenzol gewonnen, giebt einen Harnstoff vom Schmelzpunkt 121— 122°, welcher bei der Destillation mit Phosphorsäure in ein flüssiges Senföl vom Siedepunkt 249—250° übergeht. Endlich verwandelt sich Orthochloranilin vom Siedepunkt 203°, aus dem flüssigen (Ortho-) Chlornitrobenzol dargestellt, bei der Behandlung mit Schwefelkohlenstoff in einen Harnstoff vom Schmelzpunkt 145—146°, welcher mit Phosphorsäureanhydrid de- stillirt, ein starres Senföl vom Schmelzpunkt 44— 45° und vom Siedepunkt 249— 250° liefert. Die Senföle des Para- und Ortho- ehloranilins zeigen also ganz dieselben Eigenschaften, und man könnte sie für identisch halten, wenn die ihnen entsprechenden Harnstoffe keine so verschiedenen Schmelzpunkte (168 und 145°) . zeigten. 1) Beilstein und Kurbatow, Ann. Chem. CLXXVI, 47. “ 40° 552 Gesammtsitzung Die aus den drei Chloranilinen mit Hülfe des Schwefelkohlen- stoffs dargestellten drei Senföle verhalten sich also — und dies ist das Ergebniss, welches für die vorliegende Untersuchung allein von Interesse ist — genau wie das normale Phenylsenföl selbst. Keines der chlorirten Phenylsenföle enthält ein mobiles Chloratom, so dass die schon an und für sich nur wenig wahrscheinliche Ver- muthung, es könne eine dieser Verbindungen mit dem Körper, um dessen Untersuchung es sich handelt, identisch sein, vollständig beseitigt ist. Dem Phenylsenföl isomere Base. Da die beschriebenen Ver- suche keinen Anhaltspunkt für die Beurtheilang der Constitution des mit. Phosphorpentachlorid erhaltenen Chlorsenföls geliefert hatten, so schien es wünschenswerth, das Chlor in dieser Ver- bindung wieder gegen Wasserstoff auszutauschen. Dies gelingt einfach durch Behandlung der Lösung des Chlorsenföls in concen- trirter Salzsäure mit metallischem Zinn. Zur Vermeidung einer zu heftigen Reaction wird die Lösung während der Einwirkung des Zinns zweckmässig in kaltes Wasser gestellt. Nach Verlauf eini- ger Stunden giesst man Wasser auf, filtrirt von unlöslichen Zinn- verbindungen ab, fällt das Zinn mit Schwefelwasserstoff und schüt- telt die Flüssigkeit, nach Zerleguug des Chlorhydrats durch Alkali, mit Äther aus. Nach dem Verdampfen des Äthers bleibt das Re- ductionsproduct in Gestalt einer farblosen Flüssigkeit zurück. Diese Flüssigkeit, obwohl keine alkalische Reaction besitzend, ist eine gut ausgesprochene Base, welche sich sowohl in concentrirten ‚als verdünnten Säuren löst. Die Lösungen trüben sich aber auf Zusatz von sehr viel Wasser, auch lässt sich der salzsauren Lö- sung ein Theil der Base durch Äther entziehen. Aus diesem Grunde liefert auch die Reduction des Chlorsenföls mit Zinn eine schlechte Ausbeute, insofern bei der Wasserstoffentwicklung und bei der Ausfällung des Metalles von dem durch die Flüssigkeit streichenden Schwefelwasserstoff trotz der Gegenwart der Säure erhebliche Mengen von Base verflüchtigt werden. Daher wird die Enntchlorung weit besser durch Jodwasserstoffsäure und Phosphor bewerkstelligt. Man digerirt in geschlossenem Rohre einige Stun- den bei 100° und erhält die theoretische Ausbeute, wenn man das Reaectionsproduct mit Alkali übersättist und die Base im Wasser- dampfstrom überdestillirt. Wendet man sehr starke Jodwasserstoff- säure an, so erfolgt schon bei gewöhnlicher Temperatur eine hef- vom 17. Juni 1880. 533 tige Reaction, die Flüssigkeit geräth ins Sieden, und enthält nun das jodwasserstoffsaure Salz der entchlorten Base. Die neue Base ist schwerer wie Wasser, in dem sie kaum löslich ist. In Alkohol und Schwefelkohlenstoff löst sie sich leicht. Sie hat einen brennenden Geschmack und einen eigenthümlichen - Geruch, welcher entfernt an den der flüchtigen Pflanzenbasen, so- _ wie der Pyridinbasen erinnert. Sie siedet constant bei 230° und _ destillirt ohne Zersetzung. Beim Vermischen mit concentrirten Säuren entstehen alsbald krystallinische Salze. Die salzsaure Lö- sung liefert mit den Chloriden des Platins, Golds, Zinns und Quecksilbers schwerlösliche, sehr gut krystallisirte Doppelsalze. Das Platinsalz bildet wohl ausgebildete rhombische Tafeln oder Nadeln. Die neue Base hat, wie dies nach der Darstellungsweise nicht anders erwartet werden konnte, die Zusammensetzung CH;NS. Bei der Analyse wurden folgende Werthe erhalten: Theorie Versuch C, 84 62.22 61.89 — H, d 3.00 3.67 — N 14 10.38 — — >) 32 Zal0 — 23.10 135 100.00 Die oben erwähnte Platinverbindung enthält 2[C,H, NS, HC1PtCI, Theorie Versuch T, Hay) Hy by V. VEjsllsV IE: 32263 25.15 — — —_ a er Br 21, 0 en eo 0,0.) — 0 a ei ee en ee ren nn, ag 2 9868 28.70, 28.64 29.06. 28.92 682 100.00. Für die Analysen I—IV war das Platinsalz aus mit Zinn dargestellter Base bereitet worden, für Analyse V aus mit Jod- wasserstoffsäure gewonnener. Der Ursprung der für Analysen VI und VII verwendeten Base wird weiter unten angegeben werden, 554 Gesammtsitzung Das Goldsalz hat die Formel C;H;,NS, HOl, AuCl,. Die Theorie verlangt 41.37 pCt. Gold; gefunden wurden 41.37 pCt. Die neue Base ist also dem Phenylsenföl und dem Phenyl- sulfocyanat isomer; die Siedepunkte liegen nicht erheblich ausein- ander: Sulfocyanat 231°, Phenylsenföl 222°, neue Base 230°. Allein auch bei der oberflächlichsten Vergleichung können die ge- nannten Substanzen nicht verwechselt werden. Schon ihr Geruch ist ganz und gar verschieden. Was das chemische Verhalten des neuen Körpers anlangt, so mag noch bemerkt werden, dass sich der Schwefel, der im Phenylsenföl so leicht eliminirt werden kann, in dem isomeren Körper selbst durch Alkali und Blei nicht nach- weisen lässt. Auch durch Erhitzen mit frischredueirtem, metalli- schem Kupfer auf 250° wird die Verbindung nicht angegriffen. Mit Brom vereinigt sich die Base zu einem krystallinischen Addi- tionsproduct. Ebenso mit Jodmethyl. Die Jodmethylverbindung wird mit Leichtigkeit durch kurze Digestion bei 100° erhalten. Sie krystallisirt in schönen, bei 210° schmelzenden Nadeln, welche in Wasser, besonders warmem, leicht löslich sind. In kaltem Alkohol sind sie schwer löslich; aus heissem lassen sie sich sehr gut umkrystallisiren. Die Verbindung enthält CH;,NS, CHz1. Dieser Formel entsprechen 45.84 pCt. Jod und 11.55 pCt. Schwefel; gefunden wurden 45.13 pCt. Jod und 11.29 pCt. Schwe- fel. Das Additionsproduct tauscht sein Jod gegen Säuregruppen aus, allein durch Silberoxyd wird keine alkalische Ammoniumbase erhalten. Mit Phosphorpentachlorid in geschlossenem Rohre einige Stun- den lang auf 160° erhitzt, verwandelt sich die chlorfreie Base wieder in das Chlorsenföl zurück, aus dem sie gewonnen worden war. Wendet man statt des Phosphorpentachlorids Phosphorpen- tabromid an, so erfolgt ebenfalls eine Reaction, es entsteht eine bromhaltige Base, welche offenbar dem Chlorphenylsenföl in ihrer Zusammensetzung correspondirt. Bei dieser Gelegenheit will ich noch einer eigenthümlichen Überführung dieses letzteren in die neue Base erwähnen. Versetzt 'man Chlorsenföl bei Gegenwart von Wasser mit Triaethylphosphin, en a ei" " vom 17. Juni 1880. 53 so erfolgt eine explosionsartige Reaction und die Lösung enthält nunmehr die neue Base: C,H,CINS —+t or —+ H,O = C,H,NS — C,H,PO — HCl. Die im Vorstehenden beschriebenen Untersuchungen gestatten trotz ihrer Mannichfaltigkeit keinen näheren Einblick in die Struc- tur des isomeren Senföls und der Chlorverbindung, aus der es ent- steht, sowie der übrigen in diese Reihe gehörenden Körper. Die- ser wurde erst durch Versuche gewonnen, welche mit der Frage, um die es sich handelt, zunächst nur in losem Zusammenhange zu stehen schienen. Phenyl-phenylsenföl. Die eigenthümliche Wirkung des Phos- phorpentachlorids auf das Phenylsenföl ist Veranlassung gewesen, das Verhalten des Senföls auch gegen andere Chloride zu prüfen. Unter andern wurde das Verhalten desselben zum Benzoylchlorid untersucht. Bei niedriger Temperatur findet keine Wirkung statt, bei sehr hohen Temperaturen aber, zwischen 250 und 300° erfolgt eine sehr complexe Reaction, es entsteht eine unerquickliche Harz- masse, aus der sich aber durch heisse Salzsäure in kleiner Menge eine neue Substanz ausziehen lässt, welche auf Zusatz von Wasser zu der Lösung in feinen, gelblichweissen Krystallen ausfällt. Nach mehrmaligem Umkrystallisiren aus heissem Alkohol gewinnt man diesen Körper in langen Nadeln von grosser Schönheit und eigen- thümlichem Geruch nach Rosen und Geranien. Die Analyse führte zu einer Formel, welche denselben in enge Beziehung zu dem neuen Chlorsenföl und seinen Derivaten bringt. Die Formel C3;,H,NS — C,H,(C,H,) NS lässt ihn nämlich als ein phenylirtes Phenylsenföl erscheinen. 1 Mol. Phenylsenföl und 1 Mol. Benzoylchlorid enthalten die Ele- mente von 1 Mol. des neuen Körpers und 1 Mol. des hypotheti- schen Ameisensäurechlorids C,H,NS in C, 1540) Cl = C,H;NS er CHOC.!. Unter dem Einflusse der Spaltungsproducte des letzteren scheint eine erhebliche Menge Senföl tiefergreifende Umbildungen zu erlei- den. Da sich die neue merkwürdige Substanz auf dem angedeu- 596 Gesammtsitzung teten Wege nur in äusserst geringer Menge aus dem Phenylsenföl gewinnen lässt, so wurden mehrfache Versuche angestellt, um eine einfachere Darstellungsmethode zu ermitteln. Bei dieser Gele- genheit wurde nun die einfache Reaction aufgefunden, welche ich der Akademie schon am Anfange dieses Jahres mitgetheilt habe!). In der That ist der durch die Einwirkung von Schwefel auf Phenylbenzamid entstehende Körper nichts anderes als die ur- sprünglich durch Behandlung von Phenylsenföl mit Benzoylchlorid gebildete Materie. Die Möglichkeit, diese Substanz in grosser Menge darzustellen — im Laufe von ein Paar Tagen gelang es, mehr als ein halbes Pfund zu gewinnen —, gestattete nun alsbald ein eingehendes Studium derselben, welches auch schnell zu einer ganz bestimmten Ansicht über ihre Constitution führte. In der oben eitirten Mittheilung habe ich gezeigt, dass sich diese im Übrigen äusserst stabile Verbindung beim Schmelzen mit Alkalien in Benzoösäure und Amidophenylmercaptan zerlegt, und dass letz- teres mit Leichtigkeit durch Benzoylchlorid in die schön krystalli- sirende Verbindung zurückgeführt werden kann, welche ich dem- gemäss als Benzenylamidophenylmercaptan, als N Be NO, > Ö ren G H, anzusprechen berechtigt war. Methenylamidophenylmercaptan. Damit war aber nun auch ein willkommener Einblick in die Natur der mit dem Phenylsenföl isomeren Base gewonnen. Wenn sich die Constitution von Phe- nylsulfocyanat und Phenylsenföl in den Formeln Q,H,---8---C=:=N und (GH;---N=:=0=:=8 spiegelt, so musste die Structur der isomeren Base in der Formel NN. N C---H / CH;< 7 gegeben sein, und der neue Körper naturgemäss als eine der von Ladenburg?) durch Behandlung von Orthoamidophenol gewon- nenen Sauerstoffverbindung entsprechende Schwefelbase, als Methe- nylamidophenylmercaptan aufgefasst werden. 1!) Hofmann, Monatsber. 1880, S. 15. ?2) Ladenburg, Ber. chem. Ges. X, 1123. | vom 17. Juni 1880. 557 Die experimentale Prüfung dieser Auffassung bot keine Schwie- rigkeit. Im Sinne derselben musste sich die dem Phenylsenföl iso- mere Base unter dem Einflusse der Alkalien in Amidophenylmer- captan und Ameisensäure spalten. Andrerseits musste sich der Körper aus Amidophenylmercaptan und Ameisensäure wieder zu- rückbilden lassen. Der Versuch bestätigte in willkommener Weise diese beiden Voraussetzungen. Lässt man die Base in schmelzendes Kalihydrat fliessen und übersättigt die erkaltete Schmelze mit verdünnter Schwefelsäure, so seht bei der Destillation der Flüssigkeit verdünnte Ameisensäure über, welche durch die Reactionen mit Silber- und Quecksilbersal- zen unzweideutig nachgewiesen wurde. Wird der saure Rückstand in der Retorte mit Ammoniak neutralisirt, so wird das Mercaptan in Freiheit gesetzt, oxydirt sich aber schnell an der Luft, und scheidet sich aus der Flüssigkeit allmählich in schönen Krystallen des wohlcharakterisirten Disulfids aus, welches durch sorgfältige Vergleichung der Eigenschaften und durch Bestimmung des bei 93° liegenden Schmelzpunktes mit dem aus der Benzenylverbindung stammenden Disulfid des Amidophenylmercaptans identificirt wurde. N GELCSCH + 2H,0 = DE H; +CH;,0,. ES; ıSH Ebenso einfach gestaltet sich die Synthese der Base aus Ami- dophenylmercaptan und Ameisensäure. Kocht man Amidophenylmercaptan oder sein Chlorhydrat mit krystallisirbarer Ameisensäure eine Viertelstunde lang am Rück- flusskühler, indem man, um etwa gebildetes Disulfid in Mercaptan zurückzuführen, ein Paar Stückchen Zinkblech zusetzt, so ist die Umwandlung bewerkstelligt und man braucht nach dem Übersätti- gen mit Alkali nur noch einen Dampfstrom durch die Flüssigkeit zu leiten, um alsbald schon in den ersten Antheilen des überge- henden Wassers die ganze Menge der reichlich gebildeten Base zu erhalten, welche sich durch den constanten Siedepunkt von 230° alsbald als völlig rein erweist. Zum Überfluss wurde das in schö- nen Nadeln krystallisirende Platinsalz der Analyse unterworfen; die oben (8. 555) unter VI angeführten Platinprocente sind bei die- ser Analyse erhalten worden. Zu dem beschriebenen Versuche diente das aus der Benzenyl- verbindung gewonnene Salzsäuresalz des Mercaptans. Der angege- 958 Gesammtsitzung bene Weg, das Amidophenylmercaptan darzustellen, ist allerdings ein sicherer, aber auch ein sehr umständlicher. Es musste erwünscht er- scheinen, einen directeren einzuschlagen. Ein solcher schien sich in der Schwefelung des Orthonitrophenols oder des Orthoamidophenols durch Phosphorpentasulfid zu bieten; in diesem Sinne angestellte Ver- suche haben indessen nicht das gewünschte Resultat geliefert. Oder aber man konnte von dem Phenylmercaptan oder Phenyldisulfid aus- gehen, und diese Verbindungen nitriren und amidiren. Die Nitrirung dieser Körper ist indessen mit den grössten Schwierigkeiten verbun- den, und schliesslich liess sich keineswegs im Voraus bestimmen, ob man so zu einer Verbindung gelangen würde, in der sich Amido- und Sulfhydrylgruppe in der Orthostellung zueinander be- finden. Viel leichter gelingt die Nitrirung des Benzolsulfosäure- chlorids. Als man den durch Behandlung mit rauchender Salpe- tersäure erhaltenen gutkrystallisirten Nitrokörper mit Zinn und Salzsäure reducirte, wurde auch wirklich ein wohl charakterisirtes Mercaptan gewonnen, allein dasselbe war keine homogene Substanz, denn als man sie mit Benzoylchlorid behandelte, entstand nur eine minimale Menge der so leicht erkennbaren Benzenylverbindung, während der grössere Theil der Substanz nicht verändert wurde. Angesichts dieser Schwierigkeiten blieb kein anderer Ausweg, als auf die reine Orthonitrobenzolsulfosäure zurückzugreifen. Eine ge- naue Kenntniss dieser Substanz verdankt man den umfassenden Forschungen Limpricht’s!). Diese haben gelehrt, dass sich bei der Einwirkung der Salpetersäure auf Benzolsulfosäure die drei isomeren Nitrosäuren bilden, dass die Metaverbindung in vorwal- tender Menge auftritt, während die Para- und Orthoverbindung in verhältnissmässig geringer Quantität entstehen. Limpricht hat eine Methode angegeben, diese drei Säuren von einander zu tren- nen, welche zunächst auf der ungleichen Löslichkeit der Kalisalze beruht und schliesslich in der Scheidung durch Krystallisation der den drei Säuren entsprechenden Amide gipfelt. Mit einer Bereit- willigkeit, für die ich ihm nicht dankbar genug sein kann, hat mir nun Hr. Limpricht aus seiner Sammlung Proben der drei Säu- ren zur Verfügung gestellt. Der Versuch hat alsbald gezeigt, dass sowohl die Metasäure (einem Säureamid vom Schmelzpunkt 164° entsprechend), als auch die Parasäure (einem Säureamid vom !) Limpricht, Ann. Chem. CLXXVII, 60. vom 17. Juni 1880. 559 Schmelzpunkt 131° entsprechend), als auch endlich die Orthosäure ‘(einem Säureamid vom Schmelzpunkt 188° entsprechend), bei der Behandlung mit Zinn und Salzsäure mit Leichtigkeit in Mercaptane übergeführt werden. Allein die Mercaptane, welche sich von der Meta- und Parasäure ableiten, werden von Säuren und Säurechlo- riden nicht verändert. Anders das Mercaptan der Orthosäure. Dieses erweist sich seiner Eigenschaft nach, — mit Eisenchlorid geht es schnell in das schön krystallisirende Disulfid über, — als identisch mit dem aus der Benzenylverbindung gewonnenen. Er- hitzt man das salzsaure Salz dieses Mercaptans, wie es bei der Reduction des Chlorids erhalten wird, kurze Zeit mit Ameisensäure, so werden, wie man dies ja auch nicht anders erwarten konnte, durch Destillation der alkalisch gemachten Flüssigkeit reichliche Mengen von Methenylamidomercaptan erhalten. Die charakteristi- schen Eigenschaften dieses Körpers konnten über seine Natur kei- nen Zweifel lassen. Zur Sicherheit wurde aber doch noch das Platinsalz analysirt. Die S. 553 unter VII aufgeführten Platinpro- cente sind in der That bei der Analyse eines so bereiteten Platin- salzes gefunden worden. | Die Constitution, welche die im Vorstehenden beschriebenen Versuche für die dem Phenylsenföl isomere Base nachweisen, ge- hört begreiflich auch dem durch Phosphorpentachlorid entstehenden Chlorkörper, sowie sämmtlichen von diesem sich ableitenden Sub- stanzen an. Die Chlor-, die Hydroxyl- und die Amidoverbindung enthalten offenbar EN N N GELE SCC, GELET SCOH, MET SONH,. SD Ss, DZ Alle diese Verbindungen liefern in der That beim Schmelzen mit Alkalien Amidophenylmercaptan, die erste neben Kohlensäure Salzsäure, die zweite Kohlensäure allein, die dritte neben Kohlen- säure Ammoniak. Diese Körper sind in der That die Amidophe- nylmercaptanderivate beziehungsweise der Chlorameisensäure, der Kohlensäure und der Carbaminsäure. Auch die Bildung des Chlorphenylsenföls, welches die Veran- lassung zu den beschriebenen Versuchen gegeben hat, findet jetzt eine einfache Erklärung. Zunächst lagern sich wohl die beiden mobilen Chloratome im Phosphorpentachlorid’ an Kohle und Schwe- fel, indem sich die Doppelbindung zwischen diesen beiden Elemen- 560 Gesammtsitzung ten löst; asldann tritt das Chloratom des Schwefels mit einem Atom Wasserstoff der Phenylgruppe als Salzsäure aus, wodurch der Schwefel mit der bivalenten Phenylengruppe verkettet wird. Man hat nacheinander | IN ‚INS: „NN, C,H, _»0C-+0l,, C,H,’ _'SCClund GH,< _ 'SCC1-+-HCI. 8,7 CS, DE Der Gedanke lag nahe, einige Homologe der Methenylverbin- dung darzustellen. Dies gelingt natürlich leicht durch Behandlung des Mercaptans mit Säureanhydriden oder Säurechloriden. Äthenylamidophenylmercaptan wird durch längeres Kochen des Mercaptans mit Essigsäureanhydrid am Rückflusskühler oder besser durch Digestion mit dem Chlorid in geschlossenem Rohr bei 150° leicht erhalten. Eisessig bewirkt die Umbildung auch bei lange fortgesetztem Sieden am Rückflusskühler nicht. Die Reindarstel- lung der Base erfolgt genau wie die der Methenylverbindung, näm- lich durch Destillation der alkalisch gemachten Flüssigkeit mit Wasserdampf. Was Geruch, Geschmack und chemisches Verhal- ten anlangt, gleicht sie vollständig der Methenylbase. Der Siede- punkt liegt bei 238°. Die Zusammensetzung RS CG;H,NS=0,H:x< 'SC---CH, Ss, wurde durch die Analyse des Platinsalzes festgestellt. Dieses Salz fällt aus kalter Lösung in schönen gelben Nadeln. Aus heisser verdünnter Lösung schiessen beim Erkalten prachtvolle, oft wohl- ausgebildete Prismen an. Der Formel 2[C,;H, NS, HC1]PtC1, entsprechen 27.74 pCt. Platin. Gefunden wurden 27.57 pCt. Die Äthenylverbindung ist den verschiedenen Toluylsenfölen isomer. | Propenylamidophenylmercaptan. Digerirt man das Mercaptan einige Stunden lang mit Propionylchlorid im geschlossenen Rohr bei 150°, so hat sich die Reaction in präciser Weise vollzogen. Mit Alkali in Freiheit gesetzt und mit Wasserdampf destillirt, wird die Base als farblose, im Wasser untersinkende, und darin unlös- liche Flüssigkeit von eigenthümlichem aromatischem Geruch er- halten. Der Siedepunkt derselben liegt bei 252°. Die Zusammen- setzung vom 17. Juni 1880. 561 | AN. GH, NS= C;H;<. S SC-.-C;H, ND, ward durch die Analyse eines in grossen Prismen krystallisirten Platinsalzes festgestellt. Die Theorie verlangt 26.69 pCt. Platin, gefunden wurden 26.47 pCt. Die Propenylbase ist isomer mit den Senfölen der Xylidine. Quintenylamidophenylmercaptan. Bei der Einwirkung des Va- lerylchlorids (aus der dem Fuselöl ensprechenden Säure darge- stellt) auf das Mercaptan zeigen sich alle Erscheinungen, wel- che man nach den bereits gesammelten Erfahrungen erwarten durfte. Im Hinblick auf den schon etwas höheren Siedepunkt des Valerylchlorids liess man Chlorid und Mercaptan am Rückfluss- aufeinander einwirken. Es ist aber besser, den Versuch in ge- schlossener Röhre auszuführen. Die Darstellung der Quintenyl- verbindung erfolgt wie die der übrigen Basen dieser Reihe. Der Geruch der freien Base erinnert daran, dass man es mit einem Abkömmling der Valeriansäure zu thun hat. Mit der wachsenden Anzahl von Kohlenstoffatomen nimmt die Basieität der Glieder dieser Reihe von Körpern auffallend ab. Die Quintenylverbindung löst sich nur noch schwierig selbst in concentrirten Säuren. Wenn man das Platinsalz darstellen will, so muss man gleichzeitig Salz- _ säure und Alkohol anwenden. In der so erhaltenen Lösung wird durch Platinchlorid ein in schönen Nadeln krystallisirendes Salz gefällt, dessen Analyse die Zusammensetzung des Körpers CHINSAOH,E >C-:-C,H, N A feststellt. Das Platinsalz enthält 24.81 pCt. Platin, gefunden wur- den 25.18 pÜt. Die Quintenylverbindung ist den Senfölen der vier- fach methylirten Aniline isomer. Bei dieser Gelegenheit will ich nicht unerwähnt lassen, dass auch ein der Benzenylbase isomeres, aromatisches Senföl existirt. Es ist dies das Senföl des Amidodiphenyls, der von mir ursprüng- lich in den queues d’aniline aufgefundenen Base, welche ich vor vielen Jahren unter dem Namen Xenylamin beschrieben habe). Dieses Senföl ist unlängst im hiesigen Laboratorium von Hrn. J, Zimmermann dargestellt worden, welcher in der Kürze des N2. Näheren über dasselbe berichten wird. !) Hofmann, L.R. S. Proc. XII, 389. 562 Gesammtsitzung Hr. Dr. C. Schotten, der mich schon bei der früheren Un- tersuchung über die beschriebene Körpergruppe thatkräftig unter- stützte, hat mir auch bei der Fortsetzung derselben seine werth- volle Hülfe geliehen. Auch Hr. N. Nagai ist bei der Ausführung der Versuche auf das Eifrigste und Erfolgreichste thätig gewesen. Beiden spreche ich meinen besten Dank aus. LE. Zur Kenntniss des Amidophenylmercaptans oder Sulf- hydranilins. Eine Reihe aromatischer den Senfölen und Sulfocyanaten iso- merer Basen, welche ich theilweise schon in einer zu Anfang dieses Jahres der Akademie vorgelegten!), zumal aber in der vor- stehenden Abhandlung beschrieben habe, gruppirt sich naturgemäss um das Amidophenylmercaptan, so dass es erwünscht erschien, diesen Namen an die Spitze eines Aufsatzes zu stellen, in welchem ich weitere im Anschluss an die früheren Beobachtungen gesammelte Erfahrungen mittheilen will. Nachdem der Versuch unzweifelhaft festgestellt hatte, dass das Benzenylderivat des Amidophenylmercaptans sowohl durch die Ein- wirkung der Benzo&äsäure oder eines geeigneten Abkömmlings der- selben auf dieses, als auch durch Behandlung des Phenylbenzamids mit Schwefel?) erhalten werden könne, war vor Allem die Frage !) Hofmann, Monatsberichte 1880, S. 15. ?) Bei mehrfacher Darstellung dieser schönen Verbindung in letzter Zeit hat es sich gezeigt, dass eine kleinere Menge Schwefel sich vortheilhaft er- weist, als früher verwendet wurde. Es empfiehlt sich ein Gemenge von 1 Th. Schwefel und 3 Th. Phenylbenzamid — früher wurden auf 1 Th. Schwefel nur 2 Th. Phenylbenzamid genommen — mehrere Stunden zu erhitzen und alsbald direct zu destilliren. Das Destillat braucht alsdann zur Entfernung kleiner Mengen von Phenylbenzamid nur noch in concentrirter Salzsäure ge- löst zu werden; aus der filtrirten Flüssigkeit scheidet sich der Körper auf Zusatz von Alkali in vollkommener Reinheit ab. 100 Th. Phenylbenzamid liefern zum wenigsten 60 Th. der Schwefelverbindung. ä | | vom 17. Juni 1880. 563 zu beantworten, ob auch die entsprechenden Methenyl-, Äthenyl- ete. Verbindungen, welche man bisher nur aus dem Phenylsenföl oder Amidophenylmercaptan gewonnen hat, aus den phenylirten Säureamiden unter dem Einflusse des Schwäfels entstehen würden. Zu dem Ende wurde zunächst das Verhalten des Formanilids gegen Schwefel bei höherer Temperatur untersucht. Erhitzt man Formanilid mit dem halben Gewicht Schwefel über mässigem Feuer, so entwickeln sich Ströme von Kohlenoxyd und Schwefelwasserstoff. Gleichzeitig destillirt Anilin mit Spuren der Methenylbase und schliesslich bleibt in dem Ballon ein dunkel sefärbtes, flüssiges Product, welches beim Erkalten zu einem amor- phen, spröden Harze erstarrt. Die Methenylbase giebt sich alsbald durch den Geruch zu erkennen. Von dem in grosser Menge bei- gemischten Anilin lässt sie sich trennen, wenn man das Destillat mit einem Überschuss verdünnter Salzsäure versetzt und durch die Flüssigkeit einen Strom von Wasserdampf leitet. Das Destillat ist Noch mag hier, da ich auf die Benzenylverbindung kaum wieder zurück- kommen werde, kurz bemerkt werden, dass dieselbe ohne zu zerfallen die mannichfaltigsten Veränderungen erleidet. Rauchende Salpetersäure allein übt keine Wirkung, mit einer Mischung aber von rauchender Salpetersäure und concentrirter Schwefelsäure nitrirt sie sich leicht. Das Nitroproduct fällt auf Zusatz von Wasser zunächst als Öl, welches aber bald krystallinisch erstarrt. Aus heissem Alkohol werden hellgelbe Nadeln erhalten, welche bei 188° schmelzen. Eine Kohlenstoff- und Wasserstoffbestimmung charakterisirt diese Verbindung als ein Mononitroderivat C3H;N2,038S — Cj3Hs (NO;) NS. Theorie Versuch Kohlenstoff 60.94 60.92 Wasserstoff 3b, 3.30. Es ist nicht untersucht worden, in welchem Theile des Körpers die Ni- trirung stattgefunden hat. Die Nitrogruppe lässt sich mit Leichtigkeit redu- eiren; die entstandene Amidoverbindung ist krystallinisch, ebenso ihr Chlor- hydrat; sie sind aber nicht weiter untersucht worden. Auch das Phosphorpentachlorid übt eine kräftige Wirkung auf den Ben- zenylkörper. Unter Entwickelung von Salzsäure und Phosphortrichlorid ent- steht ein gut krystallisirtes, chlorhaltiges Product, welches aber gleichfalls nicht genauer studirt worden ist, 564 Gesammtsitzung von der übergehenden Methenylbase milchig getrübt. Sie tritt aber, wie bereits bemerkt, nur in äusserst geringer Menge auf, so dass man die Base auf diese Weise nicht darstellen kann. Aus diesen Ergebnissen erhellt, dass bei der Einwirkung des Schwefels auf das Formanilid verschiedene Processe neben einander herlaufen. Eine äusserst kleine Quantität Formanilid zersetzt sich in er- wünschter Weise nach der Formel: C, EIN. N: CHO->N +82 0,HX "SCH + H,0! H/ Sr Die grössere Menge erleidet die Umbildung, welche ich früher?) für das Formamid und namentlich für das Formanilid?) nachge- wiesen habe, nämlich nach der Gleichung G, H;s, CHO-.\ pn +Co m Der Schwefelwasserstoff gehört offenbar einer weiteren Ein- wirkung des Schwefels an, in welcher sich überdies Thioanilin erzeugt. Verhalten des Acetanilids gegen Schwefel bei höherer Temperatur. Hier verläuft die Reaction wesentlich verschieden. Wird eine Mischung von Acetanilid und Schwefel im Verhältniss von 5:3 über den Schmelzpunkt erhitzt, so erfolgt eine heftige Entwicklung von Schwefelwasserstoff und Kohlensäure, von denen ersterer in so hohem Grade vorwaltet, dass sich das Gas an der Mündung der Retorte anzünden lässt; gleichzeitig destillirt ein Öl, welches sich als ein Gemenge von Anilin, Essigsäure, Acetanilid und Äthenyl- base zu erkennen giebt. Die Äthenylbase tritt in diesem Falle in etwas grösserer Menge auf als die Methenylbase bei der Einwirkung des Schwefels auf das Formanilid, allein die Ausbeute ist immer noch viel zu unbedeutend, als dass diese Reaction für die Darstellung der Äthenylbase Verwerthung finden könnte. Dagegen beobachtet man, wie sich gegen das Ende der Operation von dem Rande der Schmelze aus ein Krystallnetz über die Wölbung der Retorte ver- 1) Hofmann, Chem. Soc. J. (2) I, 72. 2) Hofmann, Monatsberichte 1866, 685. vom 17. Juni 1880. 565 breitet. Es entsteht hier also noch ein anderes Product, welches bei dem entsprechenden Versuche mit Formanilid nicht auftritt. Ich werde auf dieses Product im Folgenden eingehend zurück- kommen. Noch mag hier bemerkt werden, dass im Anschluss an die beschriebenen Versuche mit Formanilid und Acetanilid auch die Einwirkung des Schwefels auf Propionylanilid und Quintoxylanilid (Valeranilid), beide durch Behandlung von Anilin mit den. be- treffenden Säurechloriden erhalten, untersucht worden ist. Das Verhalten der beiden Anilide, welche schön krystallisirte Verbin- dungen sind, entspricht im Allgemeinen demjenigen des Formanilids. Es entstehen nur Spuren der Propenyl- und Quintenylbasen. Aus dem Propionanilid bildet sich überdies eine kleine Menge krystalli- nischen Sublimats, auf welches ich gleichfalls zurückkommen werde. Bei dem Quintoxylanilid wurde nichts Krystallinisches beobachtet. Endlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch noch die Ein- wirkung des Schwefels auf das Anilid der Phenylessigsäure studirt worden ist. Das Phenylacetanilid wird mit Leichtigkeit gewonnen, wenn man Anilin mit Phenylessigsäure längere Zeit im Sieden er- ‚hält. Es krystallisirt in glänzenden platten Nadeln, welche bei 117° schmelzen. Als diese Verbindung mit Schwefel erhitzt wurde, ent- wickelten sich Ströme von Schwefelwasserstoff, und nach kurzer Frist war die ganze Masse verkohlt. Salzsäure zog aus dem ver- kohlten Producte kaum etwas aus. Auf Zusatz von Alkali zu der salzsauren Lösung schied sich gleichwohl eine kleine Menge einer krystallisirten Materie ab, welche indessen nach dem Umkrystalli- siren durch die Bestimmung des Schmelzpunktes (115°), sowie durch sorgfältige Vergleichung aller Eigenschaften, namentlich des Geruchs, als die Benzenylverbindung des Amidophenylmercaptans ‚erkannt wurde. Das auf diesem Wege vergeblich gesuchte Ho- mologon der Benzenylverbindung lässt sich aber nach einem an- deren Verfahren gewinnen, auf welches ich weiter unten zurück- kommen werde. | Oxalsäure-Derivat des Amidophenylmercaptans. Es wurde bereits oben erwähnt, dass beim Erhitzen von Acetanilid mit Schwefel ein krystallinisches Product im Rückstand bleibt. Um ein Maximum der Ausbeute an diesem Körper zn erhalten, muss man die Operation längere Zeit fortsetzen. Da derselbe als [1880] 41 566 Gesammtsitzung Ausgangspunkt für mehrere weitere Versuche gedient hat und zuü diesem Ende in grösserem Maalsstabe dargestellt worden ist, so will ich den Process etwas eingehender beschreiben. 5008 Acetanilid — durch längere Digestion von 100 Th. Anilin, 65 Th. Eisessig und Abdestilliren von 20 Th. Wasser gewonnen er wurden mit 3008 Schwefelblumen ‚gemischt, etwa 30 Stunden lang, im Sieden erhalten, wobei die schon oben angeführte stürmische Ent- wickelung von Schwefelwasserstoff und Kohlensäure eintrat, und Essigsäure, Acetanilid und Anilin, sowie ein wenig Äthenylbase überdestillirten. Nach Verlauf von 30 Stunden erlahmte die Schwefel- wasserstoffentwickelung und es zeigten sich die bereits erwähnten Krystalle. Das Ende der Reaction wird überdies durch eine Wolke glänzender Flitter angezeigt, welche sich in der Retorte verbreitet. Der schwach krystallinische braune Rückstand in der Retorte, dessen Volum im Verhältniss za dem der angewendeten Materialien auffallend vermindert erschien, wog 500°; es waren ihm noch kleine Mengen Anilin, Acetanilid und Äthenylbase beigemengt, welche durch heissen Alkohol leicht entfernt werden konnten. Das so be- handelte graugelbe Pulver (4708) wurde nun behufs weiterer Reini- sung bei sehr hoher Temperatur in einem Luftstrome sublimirt; hierbei sammelte sich in der Vorlage eine prachtvolle Krystallisation grosser, gelblich gefärbter Nadeln (1758), welche sich nach noch- maliger Behandlung mit Alkohol als völlig rein erwiesen. Die Ausbeute an reiner Substanz betrug schliesslich nicht mehr als etwa 23 bis 25 pCt. des angewendeten Acetanilids. Ganz erheb- liche Mengen Material werden zumal bei der Sublimation zerstört, es entweichen uncondensirbare Dämpfe, während eine schwammig aufgeblasene Kohle in dem Sublimationsgefässe zurückbleibt. Es hat begreiflich nicht an Anläufen gefehlt, die Sublimation zu um- gehen, allein alle Versuche, durch Anwendung von Lösungsmitteln allein einen ganz reinen Körper zu erlangen, sind bisher geschei- tert, so dass man schliesslich immer wieder auf das hier geschil- derte Verfahren zurückkam. Bei späteren Darstellungen hat sich die Ausbeute an dem neuen Product bis zu 30 pCt. des angewendeten Acetanilids ge- steigert. | Im reinen Zustande bildet das neue Zersetzungsproduct des Acetanilids farblose, glänzende Krystallblätter, welche bei ungefähr 300° schmelzen und bei höherer Temperatur ohne namhafte Zer- vom 17. Juni 1880. 567 setzung überdestilliren. Es ist in fast allen Lösungsmitteln nahezu unlöslich; am leichtesten löst es sich noch in siedendem Toluol, aus dem es beim Erkalten in mikroskopischen Prismen anschiesst. Auch aus siedendem Alkohol, in welchem indessen nur minimale Mengen löslich sind, lässt es sich krystallisiren. Alkohollösungen, wie verdünnt immer, zeigen einen intensiv bittern Geschmack. In concentrirter Schwefelsäure löst sich der Körper mit eigenthümlich gelblich-grüner Farbe; durch Wasser wird er aus dieser Lösung als weisser Niederschlag gefällt. Bei der Analyse der bei 100° ge- trockneten Substanz wurden Werthe erhalten, welche zu der Formel G;H,NS führen, wie folgende Zusammenstellung zeigt: Theorie Versuch C, 84 62.69 63.21 62.44 — . „ H, 4 2.99 3.94 3.07 — — en N 14 10.44 — — 10.64 — — Be 32.,,,23.88 — — — 23.33 23.46 134 100.00. Die Formel lässt sich. indessen erst interpretiren, wenn man sie verdoppelt, für welche Verdoppelung überdies der hohe Schmelz- punkt und die Schwerflüchtigkeit des Körpers spricht. Man hat dann ‚Nx, ‚EN\, C.H;N; S; IE GHx ) 2 SZ \S’/ und der Körper lässt sich als ein aus Amidophenylmercaptan und Oxalsäure entstandenes Condensationsproduct betrachten, 2 C,H; NS + 0,H,0, = C,H;N;S; + 4H3;0. Diese Auffassung findet in den Spaltungen, sowie in anderweitigen Bildungsweisen der Verbindung, willkommene Bestätigung. Erhitzt man sie mit Kalihydrat im Ölbad auf 200°, so zerlegt sie sich in der That quantitatir in Amidophenylmercaptan und Oxalsäure. Ebenso einfach ist die Reduction, welche der Körper durch Jodwasserstoffsäure erleidet. Mit dieser Säure und Phosphor 5 bis 6 Stunden lang auf 150° erhitzt, liefert er unter Bildung von Schwefelwasserstoff Anilin und Äthenylbase. Zur Reindarstellung der letzteren wurde das schon oben erwähnte Verhalten dieser 41” 568 Gesammtsitzung schwachen Base benutzt, sich durch Wasserdampf aus saurer Lösung _ austreiben zu lassen. Dass hier in der That die Äthenylbase gebildet worden war, wurde durch eine Platinbestimmung noch besonders fest- gestellt. Das schön krystallisirte Platinsalz enthielt 27.66 pCt. Pla- tin, während die Theorie 27.74 pÜt. verlangt. Die Reaction vollzieht sich offenbar in zwei Phasen. Die Äthenylbase ensteht gleich in der ersten, unter gleichzeitiger Bildung von Amidophenylmercaptan, welches in der zweiten in Anilin und Schwefelwasserstoff zerfällt. ‚N, GIER I. Hg CL. 057 Som NS, SS’ ZN „NB; = GH<, SC---CH; —r C, HC,H, ‘SH NS \8/ +2NB;,. Der Versuch, den Oxalsäurekörper durch Behandlung des Mercaptans mit Sesquichlorkohlenstoff bei hoher Temperatur zu erzeugen, hat zu keinem Ergebniss geführt. | Dagegen verdienen hier noch einige andere von dem Amido- phenylmercaptan unabhängige Reactionen erwähnt zu werden, in denen man diesem Oxalsäurecondensationsproduct ebenfalls begegnet. Wird die Methenylbase mit dem aus Phenylsenföl durch Phos- phorpentachlorid erhaltenem Chlorsenföl erhitzt, so bildet sich der Körper unter Ausscheidung von Salzsäure: ‚N N\ N\ ‚A ZU. HC Ber un Une Soc \S,' ‘\S, Ny, INN = (GHX 0---0% ,,>36 1, + HC. \S, \S Ebenso auch, wenn man ÜChlorsenföl mit Zink erhitzt; es werden dann unter Bildung von Zinkchlorid zwei Molecule des entchlorten Senföls mit einander verkette. Das neugebildete Product bleibt mit dem Zinksalz verbunden und kann aus demselben mit Leich- tigkeit durch Sublimation abgeschieden werden. | Auch durch Behandlung der Methenylbase mit Acetylchlorid oder mit Benzoylchlorid im geschlossenen Rohre bei 150° entsteht das Oxalsäurecondensationsproduct. Diese Versuche wurden erst 970 Gesammtsitzung gemacht, als mein Vorrath an Methenylbase schon zur Neige ging. Die complementären Producte sind daher nicht mehr untersucht worden, und es muss späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben, diese Bildungsprocesse zu erklären. Versuche durch Erhitzen von oxalsaurem Anilin oder von Oxanilid mit Schwefel den Oxalsäure- körper darzustellen, haben zu keinem Resultate geführt. Die im Vorstehenden beschriebenen Bildungen des Oxalsäure- condensationsproductes lassen ebenso wenig wie die Metamorphosen desselben irgend welche Zweifel über die Natur dieses Körpers. Um so bedauerlicher ist es nun, dass über dem ursprünglichen Pro- cesse, in dem ich demselben begegnet bin und welcher des Öfteren und in ziemlich grossem Maafsstabe ausgeführt worden ist, über der Einwirkung des Schwefels auf das Acetanilid, einiges Dunkel verbreitet bleibt. Was ist der Mechanismus dieser Reaction? Wenn 2 Mol. Acetanilid und 2 At. Schwefel CHNs0; + S, das Material zu 1 Mol. des Oxalsäurederivats geliefert haben, so bleibt noch, über einen Atomcomplex C,H,0O;, Rechenschaft zu geben, für dessen Zerstörung allerdings noch ein Überschuss von Schwefel zur Ver- fügung steht. Ein Theil desselben findet sich wohl in den ent- wickelten Gasen Kohlensäure und Schwefelwasserstoff, ein Theil zumal auch in der überdestillirten Essigsäure wieder; es bleibt je- doch unentschieden, in welcher Form der Rest von Kohlenstoff austritt, ob er in Methylmercaptan oder Methylsulfid verwandelt wird, oder ob er sich in den harzigen Producten, welche neben dem Oxalsäurederivat entstehen, wiederfindet. Schwefelkohlenstoff wird in der Reaction nicht gebildet; eine ätherische Lösung von Triäthylphosphin wird durch Einleiten der sich entwickelnden Gase nicht verändert. Man könnte auch annehmen, dass sich in erster Linie ein acetylirtes Thioanilin: ‚GH,NHG,H,O &, = (C,H N,0,8 ‘C,H; NHC;H,0 bilde, welches bei der weiteren Einwirkung von Schwefel in die Oxalylverbindung, Essigsäure und Schwefelwasserstoff C,H N; 0;8S + 45 = CuH; NS, + GH,0,;, + 3H,S zerfalle. Allein abgesehen davon, dass die Quantität der in Frei- heit gesetzten Essigsäure eine minimale ist, giebt diese Gleichung auch von der Entwickelung der Kohlensäure keine Rechenschaft. vom 17. Juni 1880. 571 Schon oben ist die Wirkung des Schwefels auf das Propionyl- anilid gedacht worden. Der in diesem Process gebildete Körper hätte das homologe Malonsäurecondensationsproduct sein können. Es ist aber durch genaue Versuche festgestellt worden, dass auch aus der Propionylverbindung der Oxalsäurekörper entsteht, allein in verhältnissmässig geringer Menge neben zahlreichen Neben- producten. Darstellung des Amidophenylmercaptans (Orthoverbindung). Wie aus dem Vorhergehenden erhellt, ist die Überführung des Acetanilids in die Oxalsäureverbindung keineswegs eine einfache Operation, auch liefert dieselbe immer nur eine geringe Ausbeute, die sich im günstigsten Falle auf 30 pCt. beläuft. Gleichwohl ist das Oxal- säurederivat — weil das Ausgangsmaterial zu seiner Darstellung, das Acetanilid, in jeder Menge und zu billigstem Preise zu be- schaffen ist, noch immer die geeignetste Verbindung, aus welcher man sich grössere Mengen von Amidophenylmercaptan bereiten kann. In der That sind denn auch im Laufe dieser Unter- suchungen mehrere Kilogramme Acetanilid, behufs der Gewin- nung vom Amidophenylmercaptan in das Oxalsäurederivat über- geführt worden. Hat man letzteres im Zustande annähernder Reinheit, so bietet die Umwandlung desselben in das Mercaptan nicht die geringste Schwierigkeit. Die Schmelze mit Kalium- hydroxyd (auf 1 Th. Substanz 3 Th. Kaliumhydrat) im Ölbade bei einer Temperatur von 200° ist in 15 bis 20 Minuten voll- endet und liefert nahezu die theoretische Ausbeute. Der Theorie nach sollte man aus 100 Th. Oxalsäurekörper 93 Th. Mercaptan erhalten; in mehreren Versuchen wurde bis zu 90 Th. gewonnen. Zur Reindarstellung des Mercaptans wird die Kalischmelze mit Salzsäure neutralisirt; alsbald erscheint das ausgeschiedene Amido- mercaptan als eine braune Flüssigkeit, welche sich bald auf der Oberfläche als homogene Schicht ansammelt.. Sie wird abgehoben und destillirt, wobei sie kaum verändert wird. Die so gewonnene ‚farblose Flüssigkeit siedet constant bei 234°. In der Kälte erstarrt sie zu farblosen Nadeln, welche bei 26° schmelzen. Das Amido- phenylmercaptan muss gegen die Einwirkung der Luft geschützt werden; es ist indessen im reinen Zustande keineswegs so leicht oxydirbar, wie ich früber aus der Beobachtung der noch unreinen Verbindung geschlossen hatte. (Vgl. Monatsberichte 1830, S. 15.) 572 . Gesammtsitzung Mit einer Auflösung von Chlorkalk in Berührung gebracht, zeigt das Amidophenylmercaptan keine Farbenveränderung. Der Besitz einer grösseren Menge reinen Amidophenylmercap- tens musste mich begreiflich zu einigen weiteren Versuchen mit diesem Körper auffordern. Wenn man bedenkt, dass man in dieser Verbindung ein Anilin vor sich hat, in welchen 1 At. Wasserstoff durch das Schwefelwasserstofffragment ersetzt ist, so erkennt man, dass sich hier eine unabsehbare Perspective eröffnet. Ich habe nur ganz wenige der in Sicht tretenden Verbindungen dargestellt. Bernsteinsäurederivat des Amidophenylmercaptans. Obwohl der Versuch, Homologe des Oxalsäurekörpers durch die Einwirkung des Schwefels auf Propionylanilid und Quintoxylanilid zu gewinnen, fehlgeschlagen war, so schien doch Aussicht vorhanden, solche Ver- bindungen direct aus dem Mercaptan zu erzeugen. Nach dieser Richtung hin in der Succinylreihe angestellte u suche waren indessen zunächst keineswegs ermuthigend. Durch Erhitzen von Amidophenylmercaptan mit Bernsteinsäureanhydrid, mit Bernsteinsäureäther oder mit Bernsteinsäurechlorid konnte der angestrebte Körper nicht erhalten werden. Dagegen führte die Einwirkung des Mercaptans auf Succinamid alsbald zu dem er- wünschten Resultate. Suceinamid löst sich in der Wärme leicht in dem Amidomercaptan unter Ammoniakentwicklung anf. Sobald sich aus der klaren Lösung kein Ammoniak mehr entbindet, ist die Reaction zu Ende. Durch Auflösen der erstarrten Masse in heissem Alkohol und mehrfaches Umkrystallisiren des sich beim Erkalten ausscheidenden krystallinischen Productes in demselben Lösungsmittel werden schliesslich schöne, farblose Nadeln von dem constant bleibenden Schmelzpunkt 137° erhalten. Die Analyse zeigte, dass hier in der That das erwartete Bernsteinsäure- Con- densationsproduct ‚Ns, ‚NN. Os H2N;S; Zur; C;H« Sc Zi CH; an CH, PT cz >C,H, Med SS vorlag. Theorie Versuch Cs 192 64.86 64.33 — . H, 12 4.06 4409 Annın ar N, 28: 9.46 ee aßı Ber S, 64 21.62 2_45d190.96i 13 296 100.00. vom 17. Juni 1880. 573 Der Bernsteinsäurekörper ist in Säuren löslich. Aus der heissen Lösung schiesst beim Erkalten ein Chlorhydrat in citronengelben Nadeln an, welche jedoch von Wasser alsbald zerlegt werden. Die Krystalle werden weiss, indem die Base in Freiheit gesetzt wird. Die Lösung in Salzsäure liefert mit Platinchlorid ein schwerlös- liches, in glänzenden Flittern krystallisirendes Platinsalz, in dem aber, wahrscheinlich in Folge einer partialen Zersetzung, stets etwas weniger Platin gefunden wurde, als die Theorie verlangt. Dagegen zeigte das in prächtigen gelben Nadeln krystallisirende, etwas lös- liche Goldsalz genau die Zusammensetzung CsH3N;8;,, HCl, Aul],, welche 30.97 pCt. Gold verlangt; gefunden wurden 31.06 pCt. Beim Schmelzen mit KaliumFfydrat liefert die Bernsteinsäure- verbindung wieder Amidophenylmercaptan; die Bernsteinsäure aber scheint weitere Veränderungen zu erleiden, wenigstens konnte sie aus der Schmelze nicht wieder gewonnen werden. Von Interesse schien es, das Bernsteinsäurederivat durch Jod- wasserstoffsäure zu reduciren. Erfolgte die Reduction in ähnlicher Weise wie die der Oxalsäureverbindung, so durfte man die Bildung einer Quartenylbase neben Anilin erwarten. NN. NN GHK, SC---CH,;---CH,-:-07 >0,H,+ HH \S, Ss’ N N Be 7 36-._CH,-.-CH,-.-CH, +C,H,NE, -HELS. Ne, In der That scheint auch die Reaction in diesem Sinne zu ver- laufen, wenigstens wurde stets neben Anilin eine Base erhalten, deren Geruch an den der Methenyl- und Äthenylbase erinnerte, von dem sie sich aber durch die grosse Löslichkeit des Platinsalzes unterschied. Leider zeigte aber der Bernsteinsäurekörper eine so ausserordentliche Stabilität, dass sich stets nur äusserst geringe Menge desselben zerlegten, obwohl die Digestion mit Jodwasser- stoffsäure und Phosphor tagelang bei einer Temperatur von 250° fortgesetzt wurde. Die beiden Basen wurden, wie gewöhnlich, durch Einleiten von Wasserdampf in die saure Lösung derselben geschieden; leider reichte die minimale Menge, welche erhalten wurde, nicht einmal zur Darstellung eines Platinsalzes hin, welches hätte analysirt werden können. 974 Gesammtsitzung Phtalsäurederivat des Amidophenylmercaptans. Diese Verbindung entsteht, wenn das Amidophenylmercaptan oder dessen salzsaures Salz mit Phtalsäureanhydrid oder besser mit Phtalsäurechlorid be- handelt wird. Bei der Darstellung wurden 58 Chlorhydrat des Amidophenylmercaptans mit 6.58 Phtalsäurechlorid erhitzt; alsbald trat eine heftige Reaction ein, indem reichliche Mengen von $Salz- säure und Wasserdampf entwickelt wurden. Nach dem Erkalten wurde der glasartige amorphe Rückstand in Alkohol gelöst und die Flüssigkeit mit Wasser versetzt, wodurch sich der Phtalylkörper als gelbgefärbte zähe Masse ausschied, welche nach einigen Tagen krystallinisch erstarrte. Durch wiederholtes Umkrystallisiren aus Alkohol wurden bessere Krystalle erhalten. Noch schneller gelingt die Reindarstellung, wenn man Was Rohproduct der Reaction direet mit concentrirter Natronlauge kocht, welche den Überschuss des Phtalsäurechlorids löst, während das neue Product in Gestalt einer öligen Schicht auf der Oberfläche der Flüssigkeit schwimmt. Nach dem Erkalten wird die erstarrte Masse zur Entfernung der Natron- lauge mit Wasser ausgekocht, abfiltrirt und mehrfach aus heissem Alkohol umkrystallisirt. Ist letzterer concentrirt, so werden beim Erkalten dicke Prismen erhalten; aus verdünntem Alkohol krystalli- sirt die Base in dünnen Nadeln. Der neue Körper löst sich auch in Äther; in Wasser, selbst in siedendem, ist er unlöslich. Sein Schmelzpunkt liegt bei 112°. Die Analyse der reinen Substanz bestätigte die erwartete, Formel: NN, ‚NN C»H3»N;S; = 0; Hx SC---0,HL- :- Cr 30; H.. \S, SS Theorie Versuch Ca 240 69.77 70.16 Hıs 12 3.49 3.88 N; 28 8.14 — 8 64 18.60 18.77 344 100.00. Die Phtalylverbindung ist eine schwache Base; sie löst sich in Salzsäure mit hellgelber Farbe auf; aus der Lösung schiesst nach einiger Zeit ein ziemlich schwerlösliches, gut krystallisirendes Chlorhydrat an, welches aber durch Wasser leicht zersetzt wird. a a ned vom 17. Juni 1880. 575 Die Lösung dieses Salzes liefert auf Zusatz von Platinchlorid ein in feinen verfilzten Nadeln krystallisirendes Platinsalz, welches aber gleichfalls durch Wasser zerlegt wird. Dies ist wohl die Ursache, weshalb. bei der Analyse dieses Salzes stets etwas zu wenig Platin gefunden wurde. Glycolsäurederivat des Amidophenylmercaptans. Nachdem ich ‚das charakteristische Verhalten des Mercaptans gegen Essigsäure und Oxalsäure studirt hatte, schien es von Interesse, auch die Glycolsäureverbindung zu untersuchen. Dieselbe bildet sich ohne Schwierigkeit, wenn man Monochloressigsäure mit Amidophenyl- mercaptan erwärmt. Es erfolgt eine heftige Reaction, indem Salz- säure und Wasserdampf entweichen. Nach kurzer Digestion lässt man erkalten und krystallisirt das erstarrte Reactionsproduct aus heissem Alkohol um. Beim Erkalten setzen sich prachtvolle, lange, feine, spröde Krystallnadeln vom Schmelzpunkt 176° ab, welcher sich durch weiteres Umkrystallisiren nicht mehr ändert. In. Wasser löst sich der Körper nicht auf, ebenso wenig in Salz- säure; er ist aber in concentrirter Schwefelsäure löslich und wird aus dieser Lösung durch Wasser wieder unverändert gefällt. Die Analyse ‚der bei 100° getrockneten Substanz führte zu der erwar- teten Zusammensetzung Ns, C,H,NSO —— CHX SC---CH,OH. \S, Theorie Versuch Ber 96. .58.18 Bo > H, 71. 4 ABU H N 14 8.49 — — I) 32 19,39 — 19,35 OÖ 16 9.70 — — 165 100.00. Die Anwesenheit einer Hydroxylgruppe in der Verbindung wird alsbald durch das Verhalten derselben zu den Alkalien angezeigt. In Natronlauge löst sie sich mit Leichtigkeit auf und wird aus der Lösung durch Säuren wiederum krystallinisch gefällt. In Ammoniak ist der Körper nicht löslich. Phenylessigsäurederivat des Amidophenylmercaptans. Es ist be- reits oben (S. 565) kurz erwähnt worden, dass diese Verbindung 576 Gesammtsitzung durch die Einwirkung des Schwefels auf das Anilid der Phenyl- essigsäure nicht erhalten werden konnte. Sie bildet sich aber leicht durch Einwirkung des Phenylessigsäurechlorids auf Amidophenyl- mercaptan oder dessen Chlorhydrat. Das Phenylessigsäurechlorid ist eine ziemlich leicht zersetzliche Substanz, zumal wenn es de- stillirt wird. Man wendet daher zweckmässig das directe Product der Behandlung der Säure mit Phosphorpentachlorid an, von wel- chem nur das Phosphoroxychlorid durch Erwärmen entfernt worden ist. Lässt man diesen Rückstand, im Überschuss angewendet, etwa eine Stunde lang mit salzsaurem Amidomercaptan digeriren und destillirt alsdann das Reactionsproduct, so geht eine braune Flüssig- keit über, welche nach einiger Zeit krystallinisch erstarrt. Diese Krystalle bestehen zum grossen Theile aus dem Salzsäuresalz des Phenylessigsäurederivats des Amidophenylmercaptans. Löst man dieselben in Salzsäure, so scheidet sich das reine Salz nach län- gerem Stehen in der Kälte in sternförmig gruppirten, hellgelben, feinen Nadeln aus. Dieses Salz, wie die Salze dieser Klasse von Basen im All- gemeinen, zeigt nur wenig Beständigkeit, schon durch Zusatz von Wasser wird es zerlegt; auch beim Liegen an der Luft, langsam bei gewöhnlicher, schneller bei höherer Temperatur, entweicht Salz- säure. Versetzt man die Lösung des salzsauren Salzes mit einem Alkali, so scheidet sich die Base als eine ölige Flüssigkeit von aromatischem Geruche aus, welche in Wasser unlöslich, leicht lös- lich dagegen in Alkohol und Äther ist. Ihre Zusammensetzung RAN NO- nd -CH,- 2 -C,H,, 7a C„H,NS = C;HX Se wurde durch die Analyse eines in schönen, gelben Nadeln krystalli- sirenden Platinsalzes festgestellt, welches beim Vermischen concen- trirter Lösungen von salzsaurem Salz und Platinchlorid erhalten wird. Das Salz krystallisirt mit 5 Mol. Wasser. Dem Platinsalze 2. (0. HN SER) CL 51,0 entsprechen 20.69 pCt. Platin, gefunden wurden in dem in vacuo ge- trockneten Salze 20.51 und 20.68 pCt. Die 5 Mol. Wasser entwei- chen bei 100°. Der theoretische Wassergehalt beträgt 9.42 pCt., gefunden wurden 9.65 pCt. Es ist auch das bei 100° getrocknete Platinsalz analysirt worden; gefunden wurden 22.85 und 22.84 pOt. Platin, während die Theorie 22.39 pCt. verlangt. vom 17. Juni 1880. 577 Schmilzt man das salzsaure Salz der Base mit Alkali, so wer- den Amidophenylmercaptan, welches durch die Umwandlung in Di- sulfid erkannt wurde, und Phenylessigsäure, durch ihren Schmelz- punkt (76°) identifieirt, zurückgebildet. | Zimmtsäurederivat des Amidophenylmercaptans. Zimmtsäure und Amidophenylmercaptan wirken mit der allergrössten Leichtigkeit - schon bei gelindem Erwärmen auf einander ein, es entwickelt sich Wasser, welches sich alsbald an dem kalten Halse des Ballons an- legt. Nachdem die Mischung einige Zeit lang auf dem Sandbade digerirt worden ist, lässt man erkalten und erhitzt das Reactions- product mit Natronlauge, in welcher, was von den Componenten unverändert geblieben ist, aufgelöst wird. Der ungelöst gebliebene Rückstand, mit Wasser gewaschen, und ein paar Mal aus sieden- dem Alkohol umkrystallisirt, liefert dicke, stark lichtbrennende Prismen, welche bei 111° schmelzen. Die Analyse der bei 100° getrockneten Substanz führte zu der Formel: ‚NN, ©;H.NS = CHx en Theorie Versuch ©. 180 75.95 75.71 ER: 1] 4.64 8.03 1 14 5.91 u S 34 13.50 — 235 100.00. Der Zimmtsäure-Abkömmling ist eine schwache Base; er löst sich in concentrirter Salzsäure, aber die Lösung wird durch Wasser zerlegt. Die starke Lösung giebt mit Platinchlorid ein in gelben Nadeln krystallisirendes Salz; allein mehrfache Analysen zeigten, dass dieses Salz nicht ohne Zersetzung gewaschen werden kann. Durch Schmelzen der Base mit Kaliumhydroxyd wird das Amidophenylmercaptan zurückgebildet; die Zimmtsäure geht hierbei in Benzoösäure über. Gelegentlich der im Vorstehenden beschriebenen Versuche über das Amidophenylmercaptan habe ich das Verhalten dieser höchst 578 Gesammtsitzung reactionsfähigen Verbindung auch noch gegen einige andere Körper- gruppen mit in den Kreis der Untersuchung gezogen. Von den Ergebnissen meiner Versuche will ich hier nur noch die Beobachtung mittheilen, dass die durch die Einwirkung der Säuren und ihrer Chloride auf das Mercaptan gewonnenen Verbin- dungen auch bei der Behandlung desselben mit den zugehörigen Aldehyden und Nitrilen gebildet werden. Als man Amidophenylmercaptan mit käuflichem Acetylaldehyd eine halbe Stunde lang am KRückflusskühler erhitzte, wurde ein Reactionsproduct erhalten, welches nach dem Versetzen mit Natron- lauge bei der Destillation mit Wasserdampf reichliche Mengen von Äthenylbase lieferte. Die Eigenschaften des so erhaltenen Pro- ductes stimmten mit denen des mit Hülfe des Essigsäureanhydrids oder des Acetylchlorids gewonnenen vollkommen überein. Zum Überfluss wurde das Platinsalz analysirt. Man erhielt 27.69 pCt. Platin, während die Theorie 27.74 pCt. verlangt. Man kann kaum zweifeln, dass gleichzeitig Alkohol gebildet wird nach der Gleichung: „NH, „CH, ‚Nr. CH; GHX +2! =GH< 0---COB-+ ! +H,0. ‘SH CHO ‘87 CH,0H Ich will aber nicht unterlassen zu bemerken, dass der ver- hältnissmätsig kleine Maalsstab, in welchem der Versuch angestellt wurde, den experimentalen Beweis der Alkoholbildung nicht ge- stattet hat. Nach diesem Ergebnisse konnte man nicht zweifeln, dass sich bei der Einwirkung des Bittermandelöls auf das Mercaptan die vielfach besprochene Benzenylverbindung bilden werde. Schon nach kurzer Digestion der beiden Substanzen am Rückflusskühler ist die Umbildung vor sich gegangen. Das entstandene Benzenylamido- phenylmercaptan wurde durch die Bestimmung des Schmelzpunkts (115°) identifiecirt. Hier muss also als Nebenproduct Benzylalkohol entstehen. Noch will ich endlich erwähnen, dass auch der Saliceylaldehyd mit Leichtigkeit auf das Amidophenylmercaptan einwirkt. Eine Mischung beider Substanzen erstarrt schon nach kurzem Sieden zu einer gelblichen Krystallmasse. Durch mehrfaches Umkrystallisiren aus Alkohol wurden schöne, atlasglänzende Nadeln erhalten, welche vom 17. Juni 1880. 579 bei 129° schmolzen. Der neue Körper ist gleichzeitig Base und Säure. In concentrirter Salzsäure löst er sich auf und erzeugt ein gut krystallisirendes Salz, welches schon durch Wasser zersetzt wird. Mit Platinchlorid liefert die Lösung einen krystallinischen Niederschlag. Die Gegenwart einer Hydroxylgruppe in der Ver- bindung bedingt ihre Löslichkeit in Alkalien. Diese Lösungen zeigen namentlich in Gegenwart von Alkohol eine sehr auffallende eigenthümliche bläuliche Fluorescenz. Man konnte nicht zweifeln, dass hier eine hydroxylirte Ben- zenylverbindung vorlag, welche Hr. Eduard Schuhwirth vor Kurzem im hiesigen Laboratorium auf einem anderen Wege, näm- lieh durch die Einwirkung von Schwefel auf Phenylsalicylamid ge- wonnen hat, und über welche derselbe in der Kürze des Näheren berichten wird. Die von demselben bereits festgestellte Zusammen- | setzung INN, C,H,NSO = CG,Hx \S, rICHOonR / wurde durch die Analyse der aus dem Salicylaldehyd erzeugten, bei 100° getrockneten Substanz bestätigt. Theorie Versuch Ci 156 68.72 68.34 68.54 » H, I 3.96 4.22 4.20 N 14 6.17 — — S 32 14.16 — — Ö 16 7.06 — — 227 100.00. Durch Schmelzen der Salieylsäure-Verbindung mit Kalium- hydroxyd entsteht einerseits Amidomercaptan, andererseits Sali- eylsäure. Was schliesslich die Einwirkung der Nitrile anlangt, so konnte es nach dem, was bei der Behandlung des Amidophenylmercaptans mit Cyangas beobachtet worden war (vgl. S. 569), kaum zweifelhaft sein, dass sich auch in dieser Reaction die geschwefelten Basen würden gewinnen lassen. In der That wird denn auch bei der Wechselwirkung zwischen salzsaurem Amidophenylmercaptan und Cyankalium, alsbald unter Ammoniakentwickelung die Methenyl- base erhalten: 980 Gesammtsitzung N H, R ‚NS, C;H&, —+ HCN = = CHx SCH + INMEE SSH u, Die Reaction vollzieht sich schon unter gewöhnlichem Druck, wenn die wässerigen Lösimgen der beiden Körper sin mit ein- ander erwärmt werden. Substituirt man der Blausäure Acetonitril oder Benzonitril, so wird beziehungsweise die Äthenyl- oder die Benzenylbase erzeugt. Man muss aber in diesem Falle die beiden Bestandtheile einige Zeit lang in geschlossener Röhre bei 180° mit einander digeriren. Die beiden Basen werden alsdann aber auch in reichlicher Menge erhalten. Mit lebhafter Dankbarkeit gedenke ich am Schlusse dieser _ Arbeit der trefflichen Hülfe, welche mir die HH. F. Mylius und N. Nagai bei der Ausführung derselben geleistet haben. E HI: | Über sechsfach methylirtes Benzol. | ' Am Schlusse einer vor einigen Jahren veröffentlichten Notiz über die Umwandlung des Anilins in Toluidin!), welche durch die | Einwirkung einer sehr hohen Temperatur auf chlorwasserstoffsaures Methylanilin sich vollzieht, wurde auch der Nebenproducte gedacht, welche in dieser Reaction, zumal aber bei der Einwirkung auf das triphenylirte Phenylammoniumjodid entstehen. Neben einer pracht- voll krystallisirten Base, welche die Analyse als fünffach methy- lirtes Anilin On H,N — G; (© H,); NH; zu erkennen gab, entstanden stets Kohlenwasserstoffe, unter denen zumal einer meine Aufmerksamkeit auf sich zog, insofern einige Verbrennungen desselben zu der einfachen Formel 1!) Hofmann, Monatsberichte 1872, S. 608. | vom 17. Juni 1880. 581 C3Hıs — G (CH;)s führten. Ich bemerkte indessen, dass diese Analysen noch weiterer Bestätigung bedürften. Eine Verkettung glücklicher Umstände hat mich während der letzten Monate in den Stand gesetzt, diese Untersuchung wieder aufzunehmen. Die Industrie lässt heute die Ergebnisse der wissen- schaftlichen Forschung nicht lange unbenützt. So ist denn auch die gemeinschaftlich von Dr. Martius und mir!) aufgefundene Methode der Methylirung der Phenylgruppe im Anilin bereits seit längerer Zeit Gegenstand der industriellen Verwerthung geworden. Eine Reihe prachtvoller Farbstoffe, welche von den HH. Meister, Lueius und Brüning unter dem Namen Ponceau schon seit eini- ser Zeit in den Handel gebracht werden, entstehen durch Asso- ciation von Naphtoldisulfosäuren mit Cumidin, und dieses Cumidin wird einfach durch Behandlung von Xylidinchlorhydrat mit Methyl- alkohol bei hoher Temperatur unter Druck in emaillirten Auto- claven dargestellt. Durch die Güte des Hrn. Dr. Martius bin ich in den Stand gesetzt worden, die Producte dieses im grossen Maalsstabe ausge- führten Processes des Näheren untersuchen zu können. Wird salzsaures Xylidin mit Methylalkohol längere Zeit auf eine Temperatur von 250— 300° erhitzt, so ist das Hauptproduct der Reaction das salzsaure Salz eines Oumidins vom Siedepunkt 225° bis 226°, welches alle Eigenschaften des durch directe Methylirung aus dem Anilin gewonnenen zeigt. Allein die Reaction bleibt bei der Bildung von Cumidin nicht stehen, es bilden sich höher me- thylirte Basen, zumal vierfach methylirte, und es entsteht selbst, obwohl in kleiner Menge, das schön krystallisirte fünffach methy- lirte Anilin, dem ich, wie bereits oben bemerkt wurde, auch bei meinen Versuchen im kleinen Maalsstabe begegnet war?). Ich hoffe demnächst im Stande zu sein, über die Basen von höherem Siede- ‚punkt der Akademie weitere Mittheilung machen zu können. Gleichzeitig mit den Basen treten aber in diesem Process stets auch in erheblicher Menge Kohlenwasserstoffe auf, wie sie bei den früher beschriebenen, in Glasröhren angestellten Versuchen beob- achtet wurden. Behufs Gewinnung dieser Kohlenwasserstoffe hat 1) Hofmann und Martius, Monatsberichte 1871, S. 435. 2) Hofmann, Monatsberichte 1872, S. 608. [1880] 42 582 Gesammtsitzung Hr. Dr. Schad die Güte gehabt, eine Charge von 30 Kilo salz- saurem Xylidin, welches in den Werkstätten der Gesellschaft für Anilinfabrikation in Rummelsburg mit Methylalkohol im Autoclaven digerirt worden war, mit Wasserdampf behandeln zu lassen. Das mit den Wasserdämpfen übergegangene, auf Wasser schwimmende Öl löste sich nur noch theilweise in Salzsäure auf. Auf diese Weise konnten Basen und Kohlenwasserstoffe mit Leichtigkeit ge- trennt werden. | | Die aus der Salzsäurelösung ausgeschiedenen Basen siedeten zwischen 220 und 250°, sie sind für den Augenblick nicht näher untersucht worden; dagegen sind mit den auf der salzsauren Lö- sung schwimmenden Kohlenwasserstoffen einige Versuche angestellt worden. 4 Durch einen Scheidetrichter von der Salzlösung getrennt, mit ° Chlorcaleium getrocknet und der Destillation unterworfen, gingen dieselben zwischen 120° und 230° über. Die zuletzt übergehenden Fractionen erstarrten zu einer krystallinischen Masse, welche, nach- dem man alles Flüssige mit Sorgfalt abgesaugt und abgepresst hatte, mehrfach aus Alkohol umkrystallisirt wurde. Auf diese Weise gewann man schliesslich eine schöne, in abgeplatteten streifigen Prismen krystallisirende Verbindung vom Schmelzpunkt 163°, wel- cher sich durch weiteres Umkrystallisiren nicht mehr änderte. Die Substanz siedete constant bei 255°. Die so gewonnene Verbindung stimmte in jeder Beziehung mit der in meinen früheren Versuchen erhaltenen. von der ich noch eine Probe besass, überein. Auch von letzterer wurde der Schmelzpunkt wiederholt genommen und bei 163° gefunden, wie hier besonders betont zu werden verdient, da der Schmelzpunkt in der eitirten Abhandlung, offenbar durch einen Schreibfehler, irrthümlich zu 136° angegeben ist. Bei der Analyse wurden folgende Werthe erhalten, welche ich mit den früher gefundenen, sowie mit den theoretischen Werthen für Hexmethylbenzol zusammenstelle. Theorie Alte Analyse Neue Analysen C„ 144 88.88 83.38 88.88 88.56 Hıs 18 11.12 11.15 11.56 11.25 1062972109:00: Da das dem Hexmethylbenzol benachbarte Homologon, das Penta- methylbenzol, in seiner Zusammensetzung von dem ersteren nur EEE TEE TEENE WEOEREUOLE vom 17. Juni 1880. 583 wenig abweicht — es enthält 89.18 Kohlenstoff und 10.82 Wasser- stoff —, so war eine weitere Controlle durch Bestimmung der Dampfdichte geboten. Die Bestimmung im Anilindampf lieferte 80.5 (5.58); die Theorie verlangt 2 — 81 (5.62). Die Dampfdichte des penta- methylirten Benzale le il Was die Bildung des methylirten Benzols bei der ee des Methylalkohols auf salzsaures Anilin anlangt, so bedarf dieselbe noch weiterer Aufklärung. Vielleicht erfolgt sie in der Art, dass sich ein Theil des Methylalkohols in Methylaldehyd verwandelt, wodurch Ammoniak und Benzol gebildet würden; Ammoniak und Methylamin lassen sich in der That nachweisen. Das entstandene Benzol würde dann in condicione nascendi von dem in dem Auto- claven bei hoher Temperatur jedenfalls existirenden Chlormethyl methylirt. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Umwandlung des Benzols oder wenigstens methylirter Benzolderivate mittelst Chlor- methyl in Hexmethylbenzol den HH. Ador und Rilliet!) nach dem Friedel’schen Verfahren bei Gegenwart von Alumininchlorid wirklich gelungen ist. Die Eigenschaften, welche die genannten Forscher dem hexmethylirten Benzol zuschreiben, weichen allerdings etwas von den oben angegebenen ab. Nach ihren Angaben schmilzt das Hexmethylbenzol gegen 150° und siedet bei 260°. Diese Ab- weichungen sind indessen nicht so gross, dass man annehmen müsste, wir hätten verschiedene Körper in den Händen gehabt. Das hexmethylirte Benzol verdient nach verschiedener Rich- tung hin ein sorgfältiges Studium. Die Oxydationsproducte zumal dürften erhebliches Interesse bieten. Ich habe bisher nur wenige Versuche mit dem Körper angestellt. Oxydationsmittel wirken nur langsam ein, dagegen wird der Kohlenwasserstoff von Brom mit Leichtigkeit angegriffen. Ich hatte zunächst gehofft, ein Addi- tionsproduct C„H,Br, = G; (CH3); Br, zu erhalten, allein beim Zusammentreffen von Brom, sei es mit dem Kohlenwasserstoff selbst, sei es mit einer Lösung desselben in Schwefelkohlenstoff, entwickeln sich alsbald Ströme von Brom- wasserstoffsäure. Behufs Darstellung des Bromkörpers wurde der 1) Ador und Rilliet, Ber. chem. Ges. XII, S. 329. 42* 584 Gesammtsitzung Kohlenwasserstoff in geschlossenem Rohre einige Stunden mit einem Überschusse von Brom auf 100° erhitzt. Nach dem Ver- dampfen des Broms blieb die neue Verbindung als krystallinische Materie zurück, welche sich selbst in siedendem Alkohol fast un- löslich erwies. Nach dem Umkrystallisiren aus Toluol zeigte sie den Schmelzpunkt 277°, welcher sich auch durch erneute Behand- lung mit Brom nieht mehr änderte. Die Analyse des Körpers weist unzweideutig auf ein Substitutionsproduct mit 6 At. Brom hin. Im Kohlenstoff- und Bromgehalt weichen Substitutions- und Additions- product nur wenig von einander ab; der Wasserstoff aber ist cha- rakteristisch. C»H3Br; C,HjsBre Versuch Kohlenstoff . . 22.64 22.43 23.51 — —. Wasserstoff . . 1.883 2.81 2.13 — _ Brom. el 74.76 — 14.93 75.43 100.00 100.00. Dass die Kohlenstoffbestimmung einer so bromreichen Substanz eiwas zu hoch ausgefallen ist, kann nicht befremden. Es muss begreiflich für den Augenblick dahingestellt bleiben, in welcher Weise die Bromatome in den Mehylgruppen vertheilt sind. Es könnte ein Bromatom in eine jede der sechs Methylgruppen eingetreten sein, oder aber es könnten zwei Methylgruppen voll- ständig bromirt worden sein. Hier ist noch Raum für mancherlei Untersuchungen. Schliesslich sei es mir gestattet, Hrn. Dr. Walter Wolff für seine thatkräftige Hülfe bei Durchführung dieser Versuche meinen besten Dank zu sagen. IV. Über Erkennung und Bestimmung kleiner Mengen von Schwefelkohlenstoff. Gelegentlich meiner bereits vor vielen Jahren veröffentlichten Untersuchungen über die Phosphorbasen habe ich die tertiären Phosphine, zumal das Triäthylphosphin, als sehr empfindliche Rea- gentien auf Schwefelkohlenstoff gekennzeichnet!). Später nach der I) Hofmann, Ann. Chem. Pharm. Suppl. I, S. 35. vom 17. Juni 1880. 585 _ interessanten Entdeckung des Kohlenoxysulfids von v. Than bin _ ieh noch einmal auf diese Frage zurück gekommen, indem ich zeigte, dass dieses Gas keine Wirkung auf den Schwefelkohlenstoff _ ausübt, und dass man sich daher des Triäthylphosphins zur Ent- fernung der letzten Spuren von Schwefelkohlenstoff, welcher sich bei der Behandlung von Schwefeleyankalium mit Säuren neben dem Kohlenoxysulfid stets in kleiner Menge bildet, mit Vortheil bedienen kann). Durch eine gerichtliche Expertise ist die Erinnerung an diese Untersuchungen früherer Jahre in den letzten Wochen wieder auf- gefrischt worden. Die bekannte Grosshandlung Schimmel & Co. in Leipzig hatte von einer russischen Firma einen erheblichen Posten Senföl bezogen, welches zweifellos mit Schwefelkohlenstoff verfälscht war. Beim Öffnen der Flaschen waren die Stöpsel mit Gewalt aus den Mündungen geschleudert worden, ausserdem war von den verschie- densten Sachverständigen der Schwefelkohlenstoff als solcher aus dem Öle abdestillirt und identifieirt worden. Angesichts dieser Ergebnisse konnte die russische Firma das Vorhandensein von sehr erheblichen Mengen von Schwefelkohlenstoff in dem von ihr ge- lieferten Senföle nicht mehr bestreiten; sie stellte nunmehr aber die Behauptung auf, dass der aufgefundene Schwefelkohlenstoff weit entfernt davon, in betrügerischer Absicht dem Senföl beige- mischt worden zu sein, vielmehr als vollkommen normales Neben- product bei der Darstellung des Senföls auftrete. Dass das Auf- treten erheblicher Mengen von Schwefelkohlenstoff bei der Dar- stellung des Senföls bisher der Beobachtung entgangen sei, könne nur durch den Umstand erklärt werden, dass man in Russland eine besondere Sinapisvarietät, nämlich sinapis juncea, zur Darstellung des Senföls benutze, während in Deutschland, überhaupt im übri- sen Europa, sinapis nigra zur Verwendung komme. Von dem Richter aufgefordert, meine Meinung bezüglich dieser Darlegung auszusprechen, nahm ich keinen Anstand zu erklären, dass ich das Vorkommen erheblicher Mengen von Schwefelkohlen- stoff im natürlichen Senföle für unwahrscheinlich halte, liess in- dessen auch nicht unerwähnt, dass ich directe Versuche in dieser Beziehung bisher nicht angestellt habe, dass mir namentlich das 1!) Hofmann, Ber. chem. Ges. IL, S. 73. 586 Gesammtsitzung russische Senföl (aus sinapis juncea) bisher ganz unbekannt ge- blieben sei. Gelegenheit, die angedeuteten Versuche anzustellen, wurde mir alsbald von der Firma Schimmel & Co. in erwünschter Weise geboten. In den Werkstätten dieses Hauses war zunächst aus russischem Senfsamen von sinapis Juncea, über dessen Ursprung kein Zweifel obwalten konnte, in Gegenwart von Sachverständigen, unter denen ich Hrn. Prof. Stohmann in Leipzig und Hrn. Dr. Jul. Bertram, den Chemiker des genannten Hauses, anführen darf, in gewöhnlicher Weise dargestellt worden. Von diesem Prä- parat wurden mir 2008 zur Untersuchung übersendet. Das Öl zeigte alle Eigenschaften, namentlich den Siedepunkt des normalen Senföls; bei der Destillation von 25 bis 308 stieg derselbe un- mittelbar auf 150°. Mittheilungen zufolge, welche mir gleichzeitig zugingen, sollte sich in diesem Öle nach dem gewöhnlichen Ver- fahren kein Schwefelkohlenstoff nachweisen lassen. Dieses Verfah- ren beruht auf der Überführung des Schwefelkohlenstoffs in xan- thogensaures Alkali, aus welchem das charakteristisch gelbe Kupfer- xanthogenat dargestellt wird, ein Verfahren, welches noch neuer- dings von E. Luck!) empfohlen worden ist. Man soll die schwefel- kohlenstoffhaltige Flüssigkeit, durch Abdestilliren der zu unter- suchenden Probe erhalten, mit absolutem Alkohol mischen, alko- holisches Kali zusetzen und zum Sieden erhitzen. Die Lösung wird alsdann mit Essigsäure versetzt und mit Kupfersulfat gefällt. Hat man es mit nur einigermaassen erheblichen Mengen von Schwefelkohlenstoff zu thun, so ist die Xanthogenatreaction in hohem Grade charakteristisch. Nach Luck soll sie in der That so empfindlich sein, dass es genüge, 4—1 cm. eines zu prüfen- den, 4—6 pCt. Schwefelkohlenstoff haltenden Öls im: Wasserbad zu destilliren und das durch eine geeignete Kühlvorrichtung con- densirte Destillat in der angegebenen Weise zu behandeln. Als man das beschriebene Verfahren auf das Senföl aus sinapis juncea anwendete, konnte in der That Schwefelkohlenstoff nicht nachge- wiesen werden. Eine geringe Modification des Versuches gestattete aber als- bald die Gegenwart des Schwefelkohlenstoffs mit Leichtigkeit zu erkennen. Zu dem Ende wurde ein Ballon mit etwa 5083 des zu 1) E. Luck, Fresenius’ Zeitschr. f. anal. Chem. XI, S. 410. vom 17. Juni 1880. 587 : prüfenden Senföls in ein Wasserbad gestellt, der Hals desselben mit einem Entbindungsrohre versehen, dessen Mündung in alke- _ holisches Kali eintauchte, und alsdann durch beide Flüssigkeiten _ ein langsamer Luftstrom geleitet. Schon nach wenigen Stunden 1 entstand auf Zusatz von Essigsäure und Kupfersulfat ein intensiv gelber Niederschlag, wodurch die Gegenwart von Schwefelkohlen- | stoff in dem Öl aus sinapis juncea unzweifelhaft nachgewiesen war. Es wurde nun versucht, nach diesem Verfahren den Schwefelkohlen- stoff auch quantitativ zu bestimmen. Diese Versuche sind aber an der Schwierigkeit gescheitert, das Kupferxanthogenat zu trocknen. Bei 100° schwärzt sich dasselbe sofort, aber auch in vacuo ent- wiekelten sich constant acride Dämpfe; es liess sich kein constan- tes Gewicht erzielen. Wie empfindlich die Reaction ist, erhellt aus dem Umstande, dass in absolut reinem Senföl, dem man ab- sichtlich 4 pCt. Schwefelkohlenstoff zugesetzt hatte, der Schwefel- kohlenstoff durch die angeführte Behandlung mit vollkommener Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Angesichts der Schwierigkeiten, welche die quantitative Be- stimmung des Schwefelkohlenstoffs in der Form von Kupferxantho- genat bietet, warf sich die Frage auf, ob diese Bestimmung mit Hülfe des Triäthylphosphins ausgeführt werden könne. Es hat sich denn auch alsbald gezeigt, dass diese Methode vollkommen brauchbare Ergebnisse liefert. Man stellt den Versuch zweckmässig in der Weise an, dass man die zu prüfende Flüssig- keit — in dem vorliegenden Falle das Senföl — in einer tubulirten Retorte im Wasserbade erhitzt. Die Retorte steht mit Kühler und Vorlage in Verbindung, und an diese reihen sich drei weite Probir- röhren, welche zunächst Natronlauge, und auf dieser schwimmend, eine ätherische Lösung von Triäthylphosphin enthalten. Nun wird ein Strom trockener Kohlensäure durch das erwärmte Senföl ge- leitet, welcher den ganzen Apparat durchströmt. Ist Schwefel- kohlenstoff vorhanden, .so färbt sich schon nach kurzer Frist die Triäthylphosphinlösung in dem der Vorlage nächsten Probirrohre rosenroth und bald erscheinen auch die schönen morgenrothen Pris- men der Verbindung (G,H,), PCS;. Man setzt nun den Versuch mehrere Stunden lang fort. Sollte sich die Röthung in dem dritten Rohre zeigen, so ist dies ein Zeichen, dass das Triäthylphosphin in den vorhergehenden verbraucht ist, 988 Gesammtsitzung Pa und man muss dann den Process unterbrechen, um diese dritte Röhren direct mit der Vorlage zu verbinden und die beiden anderen von Neuem mit Triäthylphosphinlösung zu beschicken. Schliess- lich wird die ganze Menge der ausgeschiedenen Krystalle auf einem gewogenen Filter gesammelt, in vacuo getrocknet und auf die Wage gebracht. 100 Gew.Th. dieses Niederschlags entsprechen 39.1 Th. Schwefelkohlenstoff. Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass man den Schwefelkohlenstoff aus der zu untersuchenden Flüssig- keit nicht durch einen Luftstrom austreiben darf, da dieselbe die Phosphorbase schnelF zu Triäthylphosphinoxyd oxydiren würde. Man könnte zu dem Ende jedes Gas wählen, welches keinen freien Sauerstoff enthält; die Kohlensäure verdient aber den Vorzug, weil sie schnell von Natronlauge absorbirt wird, wodurch die Vereinigung des in ihr diffundirten Schwefelkohlenstoffgases mit dem Phosphor- körper erleichtert wird. Um die Verwendbarkeit der Methode für quantitative Bestim- mungen festzustellen, wurden 1508 Senföl, aus dem jede Spur von Schwefelkohlenstoff ausgetrieben worden war, 0.7782® d.h. 0.518 pOt. Schwefelkohlenstoff zugefügt. Nach mehrstündigem Durchleiten von Kohlensäure wurden 2.13158 der in vacuo getrockneten Triäthyl- phosphinverbindung erhalten, entsprechend 0.83498 — 0.556 pCt. Schwefelkohlenstoft. Bestimmung des Schwefelkohlenstoffgehaltes im Senföl aus sinapis Juncea. I. 1008 Senföl lieferten 1.043183 Triäthylphospbinverbindung, ent- sprechend 0.408638 — 0.41 pCt. Schwefelkohlenstoff. II. 708 Senföl lieferten 0.659283 Triäthylphosphinverbindung, ent- sprechend 0.258283 = 0.57 pCt. Schwefelkohlenstoft. Die unzweifelhafte Gegenwart kleiner Mengen von Schwefel- kohlenstoff in dem Öl aus sinapis juncea legte die Frage nahe, ob wohl auch in dem Senföl aus sinapis nigra und vielleicht auch in dem künstlichen Senföl Schwefelkohlenstoff enthalten sein möge. Der Versuch hat diese Frage bejahend entschieden. Die Probe Senföl aus sinapis nigra war in den Werkstätten der Firma Schimmel & Co., das künstliche Senföl in dem Laboratorium von C. A. F. Kahlbaum dargestellt. vom 17. Juni 1880. 589 Bestimmung des Schwefelkohlenstoffgehaltes im Senföl aus sinapis nigra. I. 1023 Senföl lieferten 1.3208: Triäthylphosphinverbindung, ent- sprechend 0.51748 = 0.51 pCt. Schwefelkohlenstoff. II. 1208 Senföl lieferten 1.702388 Triäthylphosphinverbindung, ent- sprechend 0.66708 —= 0.56 pCt. Schwefelkohlenstoff. Bestimmung des Schwefelkohlenstoffgehaltes im künstlichen Senföl, ausJodallyl und Schwefelceyanammonium dargestellt. 1008 künstliches Senföl lieferten 0.3181% Triäthylphosphinverbindung, entsprechend 0.328 = 0.32 pCt. Schwefelkohlenstoff. Aus den beschriebenen Versuchen, bei denen ich in dankens- werthester Weise von Hrn. Dr. M. Dennstedt unserstützt worden bin, erhellt, dass Senföle, aus so verschiedenen Quellen stammend, deren Ächtheit nicht bezweifelt werden konnte, minimale Mengen Schwefelkohlenstoff enthalten. Wie gelangt dieser Schwefelkohlen- stoff in das Senföl? Bei Abwesenheit directer Versuche, deren An- stellung jenseits der mir gestellten Aufgabe lag, lassen sich nur Vermuthungen aussprechen. Die Untersuchungen von Sell und Proskauer!) haben nachgewiesen, dass sich das Phenylsenföl unter dem Einflusse des Schwefelwasserstoffs langsam in Schwefelkohlen- stoff und Diphenylsulfoharnstoff verwandelt. Ähnlich verhält sich das Allylsenföl, obwohl der Übergang nur sehr schwierig statt- findet. Die Schwefelkohlenstoffbildung konnte mittelst der Triäthyl- phosphinreaction noch eben nachgewiesen werden. Vielleicht zer- legen sich nun bei der Darstellung des Senföls unter dem Einflusse des Wasserdampfes kleine Mengen desselben in Allylamin oder Derivate desselben (Diallylsulfoharnstoff) auf der einen und Koh- lensäure und Schwefelwasserstoff auf der anderen Seite, welch’ letzterer alsdann die Bildung kleiner Mengen von Schwefelkohlen- stoff veranlassen könnte. Das Auftreten von Schwefelkohlenstoff in Senföl ist schon mehrfach beobachtet worden. Man ist aber fast immer geneigt ge- wesen, in diesen Fällen eine absichtliche Verfälschung des Öles anzunehmen. Indessen hat auch bereits E.Mylius?), der sich mit der Untersuchung des Senföls auf seine Beimischungen und Ver- !) Sell und Proskauer, Ber. chem. Ges. IX, S. 1266. ?) E. Mylius, Reichardt’s Arch. f. Pharm. VII, S. 207. 590 Gesammtsitzung vom 17. Juni 1880. unreinigungen noch jüngst erst sehr eingehend beschäftigt hat, darauf hingewiesen, dass man kaum annehmen könne, dass die er- heblichen Mengen von Schwefelkohlenstoff, die er in künstlichem. Senföl auffand, demselben absichtlich zugesetzt worden seien. Eine solche Annahme ist für die Senföle, welche Gegenstand der be- schriebenen Versuche gewesen sind, ganz und gar ausgeschlossen. Es braucht schliesslich wohl kaum darauf hingewiesen zu werden, dass man aus dem Auftreten minimaler Mengen von Schwefelkohlenstoff in unzweifelhaft ächtem Senföl aus sinapis jun- cea nicht etwa schliessen darf, dass auch das von dem Handlungs- hause Schimmel & Co. in Leipzig aus Russland bezogene Pro- duct, aus welchem reichliche Mengen von Schwefelkohlenstoff ab- geschieden werden konnten, ein unverfälschtes Senföl gewesen sei. Der Verdacht bleibt nach wie vor bestehen, dass der Schwefel- kohlenstoff dem Senföl absichtlich beigemischt worden sei, und nur durch den Experimentalbeweis Seitens der russischen Fabrikanten, dass unter den besonderen Umständen, unter denen sie fabriciren, ein so reichliche Mengen Schwefelkohlenstoff haltendes Senföl ent- stehe, kann dieser Verdacht entkräftet werden. Die erneute Beschäftigung mit der schönen Schwefelkohlen- stoffverbindung des Triäthylphosphins hat mich veranlasst, auch wieder auf das Verhalten des Monoäthylphosphins zum Schwefel- kohlenstoff zurückzukommen. Ich habe schon früher erwähnt, dass in diesem Falle nicht eine krystallinische Verbindung, sondern eine Flüssigkeit entsteht!). Diese bildet sich aber so langsam und schwierig, dass ich eine Untersuchung derselben bisher nicht habe vornehmen können. Vielleicht lässt sich dieselbe leichter mit Hülfe des Phosphorsulfochlorids gewinnen. !) Hofmann, Monatsberichte 1871, S. 405. Am 20. Juni starb Hr. Karl Wilhelm Nitzsch, ordentliches Mitglied der philosophisch -historischen Klasse. der philosophisch-historischen = ” Be BZ, ” b; Ay Eee A. 5092 Gesammtsitzung vom 24. Juni 1880. 24. Jun. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Kiepert legte den im Entwurfe vollendeten westlichen Theil seiner neuen Karte von Kleinasien vor und sprach über die Quellen derselben, namentlich die durch Mittheilungen des Hrn. C. Humann aus. Smyrna ihm zugegangenen Bereicherungen des Materials und die sich daraus für die antike Topographie ergeben- den Berichtigungen. Hr. G. Kirchhoff legte einen von Hrn. Wild, Director des physikalischen Central-Observatoriums zu St. Petersburg, heraus- gegebenen Atlas der Jahres- und der Monats-Isothermen des Russi- schen Reiches vor. Die Karten umfassen ein weites Gebiet, dessen grösster Theil bisher nur wenig erforscht war, und lassen viele Besonderheiten in der Temperaturvertheilung erkennen, die hier zum ersten Mal deutlich hervortreten; so die Verschiebung, welche der Kältepol im Laufe der Jahreszeiten erfährt, den Einfluss der Binnen-Seen und Binnen-Meere, den der Gebirge, der Hochebenen und Tiefebenen, der Steppen und Wüsten. Das Beobachtungs- material, auf dem der Atlas beruht, ist ein sehr umfangreiehes; es ist auf 396 russischen und 137 nichtrussischen Stationen gesammelt; auf jeder dieser Stationen wurde die Temperatur täglich mehrere Mal, und auf manchen sogar stündlich Tag und Nacht hindurch beobachtet; für den grösseren Theil der Stationen lagen je meh- rere Jahre umfassende Beobachtungen vor, für die russischen im Ganzen 4440 Jahrgänge. Dieses Material ist auf das Sorgfältigste bearbeitet, und die in dem Atlas dargestellten Resultate bieten da- her, auch in ihren Einzelnheiten, eine bedeutende Sicherheit. TEE EEE EEE EEE TREE ET ERDE DE WERE EENT I TOBEE TESTER TTEEHTREER Am 27. Juni starb Hr. Wilhelm Borchardt, ordentliches Mitglied der physikalisch-mathematischen Klasse. Verzeichniss der im Monat Juni 1880 eingegangenen Schriften. Leopoldina. Amtliches Organ der K. Leopoldinisch-Carolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher. Heft XVI. N. 9—10. Halle a. S. 1880. 4. Berichte über die Verhandlungen der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften zu Leipzig. Philologisch-historische Olasse. 1879. I. II. Leip- zig 1880. 8. Math.-physische Classe. 1879. Leipzig 1880. 8. _ Abhandlungen der historischen Classes der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. XV. Abth. 1. München 1880. 4. Sitzungsberichte der mathematisch - physikalischen (lasse der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München. 1880. Heft 3. München 1880. 8. der philos.- philolog. und histor. Classe der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München. 1880. Heft 1. München 1880. 8. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XIII. N. 10. Ber- -lin 1880. 8. Elektrotechnische Zeitschrift. Herausgegeben vom Elektrotechnischen Verein. Jahrg. I. 1880. Heft 6. Juni. Berlin 1880. 4. Neues Archiv der Gesellschaft für ältere Deutsche Geschichtskunde. Band 5. Heft 3. Hannover 1880. 8. Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 56. Heft 1. Görlitz 1880. 8. Verhandlungen der Physikalisch-Mediceinischen Gesellschaft in Würzburg. Neue Folge. Bd. XIV. Heft 3.4. Würzburg 1880. 8. Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. Jahrg. 36. Stuttgart 1880. 8. Zweiter Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu Metz pro 1879. Metz 1880. 8. Zeitschrift der Savigny- Stiftung für Rechtsgeschichte. Herausgegeben von G. Bruns. Bd.I. (Bd. XIV der Zeitschrift für Rechtsgeschichte) Weimar 2880. 8. 2 Ex. 594 | Eingegangene Druckschriften. Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. VIII. Suppl. II. (1879.) Bd. IX Heft 2. 3. (1880.) Berlin 1880. 8. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen-Wesen im Preuss. Staate. Bd. XXVII. 3. statist. Heft. Berlin 1879. 4. Annali dell’ Instituto di Corrispondenza archeologica. Vol. LI. Roma 1819... Bullettino dell’ Instituto di Corrispondenza archeologica per l’ Anno 1879. Roma 1879. 8. Monumenti dell’ Instituto di Corrispondenza archeologica. Vol.X. Tab. XLVII. i.k. l. m. n. 1878. Vol. XI. Tab. I— IX. X. Xa. XI. XII. 1879. Boma. fol. Mittheilungen aus der zoologischen Station zu Neapel. Bd.II. Heft1. Leip- zig 1880. 8. "Robby Kossmann, Zoologische Ergebnisse einer im Auftrage der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin ausgeführten Reise in die Küsten- gebiete des Rothen Meeres. Hälfte II. Lief. 1. Leipzig 1880. 4. 2 Ex. A. Conze, Hermes- Kadmilos. Berlin 1880. 4. Sep.-Abdr. 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Gesammtsitzung der Akademie. Hr. G. Kirchhoff las: Über die Messung elektrischer Leitungsfähigkeiten. Zur Vergleichung der Widerstände kurzer Drähte hat Sir W. Thomson!) eine Methode angegeben, die auf einer Anordnung beruht, welche eine Modifikation der Wheatstone’schen Brücke ist. Eine andere Methode, die zu demselben Zwecke dienen kann, in mancher Hinsicht bequemer ist und, wie es scheint, an Genauig- keit jener nicht nachsteht, beruht auf der Anwendung eines Diffe- rential-Galvanometers, dessen Windungen so eingestellt werden können, dass ein Strom, der sie nach einander durchfliesst, keine Ablenkung der Magnetnadel hervorbringt. DBildet man aus den beiden, zu vergleichenden Widerständen und einer Kette einen Kreis, schaltet als Nebenschliessungen zu jenen die beiden Drähte des Differentialgalvanometers ein, und verändert den Widerstand des einen dieser Drähte so lange, bis die Ablenkung der Nadel ver- schwindet, so ist das Verhältniss der zu vergleichenden Wider- stände gleich dem Verhältniss der Widerstände der Galvanometer- drähte, vorausgesetzt, dass den Windungen die bezeichnete Ein- 1) Phil. Mag. [4] Vol. XXIV p. 149. 1862. [18so] 44 602 Gesammtsitzung stellung gegeben ist. Fügt man nun den beiden Galvanometer- drähten solche Widerstände hinzu, dass wiederum die Ablenkung der Nadel verschwindet, so ist auch das Verhältniss der hinzuge- fügten Widerstände gleich dem Verhältniss der zu vergleichenden.!) Will man aus dem Widerstande eines Drahtes — sei dieser nach der einen oder nach der. andern der erwähnten Methoden bestimmt — die Leitungsfähigkeit ermitteln und kann man bei der Genauigkeit, die man beabsichtigt, einen Fehler nicht zulassen, der von der Ordnung des Verhältnisses der Dicke des Drahtes zu seiner Länge ist, so darf man da, wo drei Zweige des leitenden Systemes zusammenstossen, die Ströme nicht mehr als lineare an- sehn; es muss also eine Anwendung der Theorie der Stromver- breitung in nicht-linearen Leitern stattfinden. Von dem Widerstande eines nicht-linearen Leiters kann man — strenge genommen — nur unter der Voraussetzung sprechen, dass der Theil seiner Oberfläche, durch den Elektrieität strömt, aus zwei Flächen besteht, von denen innerhalb einer jeden das Potential constant ist. Die Differenz der Potentialwerthe in die- sen beiden Elektrodenflächen, wie sie genannt werden mögen, dividirt durch die Elektrieitätsmenge, die durch die eine oder die andere in der Zeiteinheit fliesst, ist dann eine Constante des Lei- ters, die eben der Widerstand desselben heisst. Es muss hier ein verwickelterer Fall ins Auge gefasst werden, der Fall, dass statt der zwei Elektrodenflächen deren mehr vorhanden sind, von denen eine jede aber wieder eine Fläche gleichen Potentials sein soll. Es sei n die Zahl der Elektrodenflächen, es seien P,,P3,.. 2, die Potentialwerthe in ihnen und Jı,J2,.. J, die Elektrieitäts- mengen, die durch sie in der Zeiteinheit in den Leiter hineinflies- sen. Sind diese Intensitäten, zwischen denen die Relation J+h+"+J,=0 bestehen muss, gegeben, so sind die Grössen P bis auf eine ad- ditive Constante bestimmt; wird diese c genannt, so ist nämlich 1) Hr. Tait hat eine ähnliche Methode mit der Thomson'’schen ver- glichen und dieser überlegen gefunden; bei dem von ihm benutzten Differen- tialgalyanometer war aber, wie es scheint, nicht die Einrichtung getroffen, dass die Windungen verstellt werden konnten, und in Folge hiervon musste er auf wesentliche Vortheile verzichten, die die im Texte empfohlene Me- thode darbietet. Edinb. Trans. V.ol. 28 p. 737. 1877—78. vom 1. Juli 1880. 603 Pr —=i0-+ ED + NER Zee) Om Ih I I e.-- aa dı +agh+"+ AynIn PP ='c-+ Anıdıt And + ML, Anm; wo die Grössen a Constanten des Leiters bezeichnen, Constanten, die, beiläufig bemerkt, aber.nicht unabhängig von einander sind, R—1) 2 ” N j« .. . . [7 sondern auf von einander unabhängige Grössen zurück- geführt werden können. - Nun werde angenommen, dass n = 4 ist, dass die Elektroden- flächen 1 und 4 mit den Polen einer Kette, die Elektrodenflächen 2 und 3 mit den Enden eines Drahtes (des einen Drahtes eines Differentialgalvanometers) verbunden seien. Der Widerstand die- ses Drahtes sei w. Es ist dann = —J ’ = —J. P, — P, = WwJr , Ferner hat man einerseits andererseits P,— P,;, = (a, — 4, — Ay-+ ayu)Jı + (Ag — Ay — Ay + Ay)J. Setzt man Ay — Us, — Ay tr Ay = O0 ee 2 — Ag — Ag FI —T, so folgt hieraus eJ)ı = (w— r)da. Die Grösse > lässt sich bezeichnen als der Werth, den ,— P; in dem Falle hat, dass „= — J, =0 undd = —J, =1 ist. Ist der Leiter ein sehr langer, dünner Draht, und liegen die Flä- chen 1,2 ganz nahe an dem einen, die Flächen 3,4 an dem an- dern Ende, so ist o der Widerstand des Leiters; bei anderer Ge- stalt des Leiters wird man a einen Widerstand desselben nennen dürfen. | | Man denke sich jetzt neben dem besprochenen Leiter einen zweiten, welcher auch die Eigenschaften besitzt, die jenem beige- 44° 604 Gesammisitzung legt sind. Den Grössen > und r bei jenem mögen die Grössen P und R bei diesem entsprechen. Die Elektrodenflächen 2 und 3. des zweiten Leiters sollen mit den Enden des zweiten Drahtes des Differentialgalvanometers verbunden sein, dessen erster Draht mit seinen Enden die Elektrodenflächen 2 und 3 des ersten Leiters be- rührt; die Elektrodenflächen 1 und 4 des zweiten Leiters sollen respektive mit den Elektrodenflächen 4 und 1 des ersten commu- nieiren, die eine durch einen Draht, die zweite durch eine Kette. Es ist dann eine Anordnung hergestellt, wie sie am Anfange die- ser Mittheilung beschrieben ist. Bei dieser Anordnung hat J, für beide Leiter denselben Werth, und dasselbe gilt auch für J,, wenn die Nadel des Galvanometers keine Ablenkung zeigt und dieses Instrument die vorausgesetzte Einrichtung besitzt. Ist W der Wi- derstand des zweiten Galvanometerdrahtes, so hat man daher Ph = (WB), also | Puw—r)=.o(W—R). Sind nun w und W’ zwei andere Werthe der Widerstände der beiden Galvanometerdrähte, bei denen die Nadel ebenfalls keine Ablenkung erleidet, so ist ebenso P(w —r) = e(W'—R); es ıst also auch Pw—w) = e(W'—-W). Kann man theoretisch den Widerstand od durch die Leitungs- fähigkeit und die Dimensionen des betreffenden Leiters ausdrücken, hat man diese Dimensionen gemessen, kennt man P und das Ver- hältniss der Widerstände w— w und W'’—W, so kann man hier- nach jene Leitungsfähigkeit berechnen. Eine wesentliche Grundlage der angestellten Betrachtungen war die Voraussetzung, dass die Elektrodenflächen Flächen glei- chen Potentials sind. Eine Elektrodenfläche, die diese Eigenschaft hat, kann man finden, wenn dem Leiter Elektrieität durch eine Fläche zugeführt wird, deren Dimensionen unendlich klein gegen alle Dimensionen des Leiters sind. Wenn man nämlich um einen Punkt dieser Fläche eine Kugel beschreibt mit einem Radius, der unendlich gross gegen ihre Dimensionen, aber unendlich klein ge- gen die Dimensionen des Leiters ist, so ist der innerhalb des Lei- vom 1. Juli 1880. 605 ters befindliche Theil dieser Kugel eine Fläche gleichen Potentials, und er ist daher, wenn man ihn zur Begrenzung des Leiters, den man betrachtet, rechnet, eine Elektrodenfläche der vorausgesetzten Art. In anderer Weise kann man eine solche finden, wenn der Leiter, ganz oder zum Theil, aus einem Cylinder von beliebig ge- staltetem Querschnitt besteht, dessen Länge die Dimensionen des Querschnitts erheblich übertrifft, und wenn die Elektrieität am Ende desselben zuströmt. Ein Querschnitt, der von diesem Ende um ein mässiges Vielfaches der grössten Sehne des Querschnitts ab- steht, kann dann als eine Fläche gleichen Potentials, und also auch als eine Elektrodenfläche der in Rede stehenden Art angese- hen werden, wenn man ihn als zur Grenze des Leiters gehörig betrachtet. | Eine Anordnung, die hiernach benutzt werden kann, wenn die Leitungsfähigkeit eines Stoffes gemessen werden soll, der in Form eines Cylinders von mässiger Länge vorliegt, ist die folgende: Der Strom der Kette wird dem Stabe durch seine Enden zu- und abgeleitet; die Enden des einen Galvanometerdrahtes sind mit Spitzen in leitender Verbindung, die gegen die Mantelfläche des- selben in zwei Punkten gedrückt werden, deren Abstände von dem nächsten Ende ein mässiges Vielfaches der grössten Sehne des Querschnitts ausmachen. Als die Elektrodenflächen 1 und 4 kön- nen dann zwei Querschnitte des Stabes betrachtet werden, die etwa in den Mitten zwischen einem Ende und der nächsten Spitze sich befinden, als die Elektrodenflächen 2 und 3 zwei Kugelflächen- stücke, die mit unendlich kleinen Radien um die beiden Spitzen beschrieben sind. Der Widerstand > ist dann gleich dem Abstand der durch die beiden Spitzen gelegten Querschnitte, dividirt durch ihre Fläche und die Leitungsfähigkeit. Es kann aber wünschenswerth sein die ganze Länge des ge- gebenen Stabes auszunutzen, um den zu messenden Widerstand so gross als möglich zu machen. Hat der Stab die Gestalt eines rechtwinkligen Parallelepipedums, so empfiehlt sich dann die Anordnung, bei der von den vier Ecken einer langen Seitenfläche zwei, einer langen Kante angehörige, mit der Kette, die beiden andern mit dem Galvanometerdrahte ver- bunden werden; wobei dann die Elektrodenflächen 1,2, 3,4 die ÖOctanten von vier unendlich kleinen Kugelflächen sind, deren Mittelpunkte in den genannten vier Ecken liegen. Die Me- 606 Gesammtsitzung thode ist in der Ausführung sehr bequem, und sie bietet auch in sofern ein Interesse, als sie eine Anwendung der schönen Theorie der Stromverbreitung in einem rechtwinkligen Parallelepipedum bildet. Hr. Greenhill!) hat bereits für das Potential in einem Punkte eines rechtwinkligen Parallelepipedums, dem durch einen Punkt die Elektrieität zuströmt und durch einen zweiten entzogen wird, einen Ausdruck aufgestellt, der hier zu Grunde gelegt werden kann. Ein Eckpunkt des Parallelepipedums sei der Anfangspunkt der Coordinaten, die von ihr ausgehenden Kanten seien die Coordina- ten-Achsen, a, b, c die Längen der Kanten, x,, Yı, 2} die Coordina- ten der positiven, 4, Ya, 2 die Coordinaten der negativen Elektrode; ferner sei die Intensität des Stromes —= 1 und & die Leitungsfähig- keit des Parallelepipedums; das Potential p in Bezug auf den Punkt (x, y, 2) ist dann 1 ar a kung 32 abck a: ): 0 2—% imt 2 +8 .izt ne : ( a ae Ne y— mt ea ds) "4b ee 2 +2, imt (5) 2C 4C 2C 4C ist, F, aus F} entsteht, wenn der Index 4 an Stelle des Index 1 gesetzt wird, und wo N) m I e2wtor) mi ist, die Summe so genommen, dass für v alle ganze Zahlen von — oo bis + oo gesetzt werden. Bei Benutzung der partiellen. Differentialgleichung, der die $-Funktionen genügen, kann man 1) Proc. of'the Cambr. Phil. Soc. Oct. to Dec. 1879 p. 293. vom 1. Juli 1880. 607 auf dem von Hrn. Greenhill bezeichneten Wege nachweisen, dass die hierdurch definirte Funktion @ der partiellen Differentialglei- chung genügt, der sie genügen soll; man kann weiter zeigen, dass die Grenzbedingungen und die Stetigkeitsbedingungen erfüllt sind, die für p gelten, und so beweisen, dass das in Rede stehende Po- tential bis auf eine additive Oonstante dem aufgestellten Ausdruck gleich sein muss. Um den Werth von 9 zu erhalten, der der oben bezeichneten Anordnung entspricht, setzen wir an 0 Yı=0 AM 4 = 0 ) A mc. Benutzt man, dass Era, — el eur — 9,(w,r), so ergiebt sich dadurch Eis „)s (£ a) . =) Ei 2a 4a? 2b 4b 2 4e u oder, da a Le: er) \2c’ 4 (7) 9 Ww,r = 29%(2w ,Ar), AR 3(& ‚Auks IE )S ıC» a ei 77 Babe, 20 40: 2b 40? Um den durch o bezeichneten Widerstand zu finden, hat man die Differenz der Werthe zu bilden, die dieser Ausdruck annimmt für 2 y=0 2 =.0 und für 24 y=o0 26, vorausgesetzt, dass b die Länge derjenigen Kante ist, die senkrecht auf der Fläche der vier, als Elektroden benützten Ecken steht. Erwägt man, dass »lw+i1,r) = —%lw;r), 608 Gesammtsitzung und schreibt der Kürze wegen (7) tur; 0,7) , so hat man hiernach imt int imt ER El kaslr Eier )>(G ) Die numerische Berechnung dieses Integrals wird verhältnissmässig leicht, wenn man dasselbe durch Einschiebung einer passenden Zwischengrenze in zwei theilt und an geeigneten Orten statt der S-Funktionen mit dem Modus x die S-Funktionen mit dem Modul a — - einführt. Da T re, e 6) - 432) & ist, so kann man setzen 4 de co 4a’i 4b°i = fü (7) 2 >(4) Kae 1 imt imt ci Fr abryr er JE (RG): A wo ?% eine positive Grösse ist, über die nach Willkür verfügt wer- den kann. Der erste dieser beiden Theile von a kann geschrieben Sie )eCH) werden Kae oder, da vom 1. Juli 1880. 609 Sl > er” Fri p) S,() = Se Bd x ns 2 8 3(— 1)" [dte (+1)? +4 +n’e)r , 3 Ka" m vr wo die Summe so zu nehmen ist, dass für jedes der Zeichen !,m,n alle ganzen Zahlen von — oo bis + wo zu setzen sind. man far‘ — EG): x Nun setze also, wenn « eine positive Grösse bezeichnet, » ale] dba —ı las); a & % für diese Funktion U(x) und für das Intervall vonx=0 bs 2 =3 ist bekanntlich von Kramp eine Tafel berechnet; für grössere Werthe des Arguments findet man ihre Werthe mit Hülfe der se- miconvergenten Reihe --) Te 0 er F et U(«) ee (-35+ & L [EU g ww | co Setzt man noch zur weiteren Abkürzung 1 x U(«) = IC), ’ so wird der erste Theil von ö (21-+ 1)2a? + 4m?b? + 2) 177 m . Was den zweiten anbetrifft, so lässt sich derselbe schreiben nz ()° (Z)® (5): 610 Gesammtsitzung oder y 3 Aue)? =) | dien :): ee z\ „fa i => wo die Summe in Bezug auf ! und m so zu nehmen ist, dass für diese Zeichen alle Zahlen von — oo bis + oo gesetzt werden. Um das Glied dieser Summe, welches bestimmten Werthen von / und m entspricht, zu berechnen, mache man 12 .m2\ 22 a ge (4+%) 4 mit der Festsetzung, dass & positiv ist; das Glied wird dann 2 2 on ENDET IR z a ee fa x { vr wo bei der Summation für n alle Zahlen von — © bis + ©o zu setzen sind, oder NE . I (- onleserr(ont )+ ler). Für den Fall, dass £ = 0 ist, dass also gleichzeitig ! und m = 0 sind, gilt dieses Resultat nicht; das diesen Werthen von / und m entsprechende Glied ist Yr oder 2 nc >) TOT — iz —ı1)re abkyr Gar VA Da y? y? fa: te 2,0%) + const. , so ıst dieser Ausdruck vom 1. Juli 1880. 611 sr ERBEN" NN ic ine re 28 — a 1) (znev(%2) Yre ) D wo C eine von A unabhängige Grösse bedeutet und wo für n stets sein absoluter Werth gesetzt werden möge. Den Werth von C© lernt man kennen, wenn man dasselbe Glied berechnet, nachdem man ci 7 int” SI, ( ;) durch ka En (7) 72 Cn C (u ersetzt hat; es wird dadurch 1 = irt Br % Ss (=) re EN? A oder ger c 4 >S 1 — (2V-+1) a er ne abkr’ (2v—+ 1)’ Indem man % = 0 setzt und berücksichtigt, dass > !| ua 7° (2v +1)’ 7 Wesen ER De ist, ergiebt sich Für den Versuch von hervorragendem Interesse ist der Fall, dass ce als unendlich gross, a, d und ? als endlich anzusehen sind; in diesem Falle verschwinden von den Gliedern, deren Summe den Werth von o bildet, alle, in denen n einen von Null verschiedenen Werth hat, und es wird | A; 2yr 7 ne Vz =) za el el 8 Sirene MN unzat 3 kr?yr y wo die Summe so zu nehmen ist, dass für 2 und m alle ganzen Zahlen von — oo bis + oo gesetzt werden. 612 Gesammtsitzung Macht man 1. ib ee 2 7 so folgt hieraus Vsab : SEE abk.o — N 4 1— 2(—T)f © E+m’Z 75 2 Be anne.) oder = Ela yeirw)) wo 2 — 0, wenn l = Osund m —- 10% 2 — 4. wenn, 1 —- 0 7oder 2 —0R e= — 1, wenn ! und m ungerade, e= + 1in allen andern Fällen. Ist | Q so ergiebt sich hieraus ak.e = ce — a.0,1272. Bei der Ableitung dieses Resultats reicht es aus 4 Glieder der Doppelsumme zu berechnen. Die Ableitung des für od angegebenen Ausdrucks beruhte auf n . .. . C C D der Voraussetzung, dass die Verhältnisse - und 7 als unendlich 1) gross angesehen werden können; thatsächlich reichen aber sehr mässige Werthe dieser Verhältnisse aus, um jenen Ausdruck sehr nahe richtig zu machen. Er ist das selbst in dem Falle schon, dass ist. In diesem Falle lässt sich der Werth von 9 besonders leicht ermitteln. Nach einer der aufgestellten Gleichungen ist dann 1 © Bi fr 0 vom 1. Juli 1880. 613 wo der Modul r für alle 3 I-Funktionen derselbe, nämlich = a ist. Nun hat man bekanntlich @v+1) m: 1 2 SS, So = Sit = 3(— 1) (2v + 1)e „oc > [37 und hieraus folgt Berechnet man aber für diesen Fall og aus der vorher abgeleiteten Formel, so findet man es wenig verschieden hiervon, nämlich — ! 1,2728 Teralaııy i Hr. Zeller legte den IV. Band der von Hrn. Professor Ger- hardt in Eisleben herausgegebenen philosophischen Schriften von Leibniz vor. In diesem Bande hat der Herausgeber einen Theil der philo- sophischen Schriften Leibnizens in drei Abtheilungen zu gliedern versucht. Die erste Abtheilung enthält die frühesten Schriften aus den Jahren 1663 bis 1671. In ihnen finden sich die Anfänge und ersten Ideen, die Leibniz sein ganzes Leben hindurch verfolgt hat. Es sind darin auch die ersten Schriften dynamischen Inhalts aufgenommen, da Leibnizens Metaphysik wesentlich in seiner Dynamik wurzelt. In der zweiten Abtheilung sind die Schriften zusammengestellt, die Leibniz besonders gegen Descartes und den Cartesianismus verfasst hat. Auch hier zeigt sich, dass die Angriffe Leibnizens gegen Descartes namentlich von den von 614 Gesammtsitzung vom 1. Juli 1880. dem letztern falsch aufgestellten Bewegungsgesetzen ausgehen. Die dritte Abtheilung vereinigt die philosophischen Abhandlungen aus den Jahren 1684 bis 1703, welche sich um die prästabilirte Har- monie gruppiren. Die jeder Abtheilung vorausgeschickten Einlei- tungen enthalten nähere Nachweisungen, dass der Herausgeber mit dem bisher Gedruckten das in der Königlichen Bibliothek zu Han- nover vorhandene handschriftliche Material vereinigt hat, um ein vollständiges Bild über die betreffenden philosophischen Arbeiten Leibnizens vorzuführen. Sitzung der phys.-math. Klasse vom 5. Juli 1880. 615 5. Juli. Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse. Hr. Beyrich las über die Gastropoden aus deutschen Tertiär- bildungen in der Petrefactenkunde Schlotheim’s. Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über den von der Humboldtstiftung ausgesandten Hrn. Dr. O. Finsch. Von demselben sind zugleich zwei Schreiben, von dem 18ten Januar und dem Sölsten März d. Js. aus Jaluit (Mar- schallsinseln) eingelaufen. Dem ersten zufolge hatte er einen Aus- flug nach den Gilbertsinseln (Kingsmill) gemacht. Die Reise wurde auf einem Segelschiff unternommen, welches Eingeborne holte, also eine Art Sklavenschiff war. Sie wurde durch Winde und Strömungen sehr aufgehalten, so dass er von 42 Tagen nur 6 am Lande zubrachte, aber dennoch eine ziemlich reiche Samm- lung von Säugethieren, Vögeln, Insecten, Mollusken, Echinodermen und Corallen so wie ein kleines Herbarium erlangte. Hiernach stimmen die Fauna und Flora der Gilbertsinseln im Ganzen mit denen der Marschallsinseln überein. Auch brachte er auf den Gil- bertsinseln gegen 300 ethnographische Gegenstände zusammen. Er ging dann nach den Carolinen, von denen er Kuschai (Ualan) und Ponape (Ascension) besuchte und von wo er am 30sten März zurückkehrte. Er hatte 16 bis 17 der von Ponape bekannten 22 Vogelarten, von Kuschai ebenfalls eine Menge Ar- ten, darunter eine neue Taube erhalten. Sie sind, ungeachtet der üppigsten Vegetation viel ärmer an Insecten und Reptilien als die Coralleninseln. Auf den glatten Basaltblöcken von Ponape hatte er sich durch einen Fall am Knie und Knöchel verletzt, so dass er noch nicht wieder ganz hergestellt war. Er beabsichtigte nun, nach Neu-Britannien und Neu-Irland zu gehen. 616 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Hr. Hofmann machte folgende Mittheilung: . Umwandlungen des Schwefeleyanmethyls unter dem | Einflusse erhöhter Temperatur. Schon ist mehr als ein halbes Jahrhundert dahingeeilt, seit durch Wöhler’s denkwürdige Überführung des Ammoniumeya- nats in Harnstoff die Schranke zwischen der anorganischen und organischen Chemie gefallen ist, und noch sind die Versuche, auf welche diese Überführung naturgemäss hindeutet, weit davon ent- fernt, alle angestellt zu sein. Über einen solchen Versuch, der in der That so nahe liegt, dass ich lange zweifelhaft war, ob er nicht schon ausgeführt sei, will ich im Folgenden berichten. Wenn man an die häufige Condensation der Isocyansäureäther zu Isocyanursäureäthern denkt, wie sie von Wurtz beobachtet wor- den ist, an den ähnlichen Übergang der Cyansäureäther in die entsprechenden Cyanursäureverbindungen und die Umwandlung die- ser letzteren in die isomeren Isoverbindungen — sie erfolgt in der Methylreihe schon beim gelinden Erwärmen über den Schmelz- punkt!) —, wenn man sich endlich daran erinnert, dass die Pro- cesse, in denen man die Bildung von Allylsulfocyanat erwarten sollte, stets fast nur Allylsenföl liefern und dass das von Bille- ter?) auf Umwegen dargestellte Sulfoceyanat schon bei der Destil- lation fast vollständig in Senföl übergeht, so erscheint es fast be- fremdlich, dass die Einwirkung der Wärme auf die gewöhnlichen Sulfocyansäureäther, welche sich durch die Leichtigkeit ihrer Dar- stellung auszeichnen, noch nicht studirt worden ist. Meine bisherigen Versuche betreffen ausschliesslich das Me- thylsulfocyanat, welches sich durch Destillation äquivalenter Men- sen von Kaliumsulfocyanat und methylschwefelsaurem Kalium schnell und in reichlicher Menge darstellen lässt. Es werden zum wenigsten 70 pÜt. der theoretischen Ausbeute erhalten. Methylsulfocyanat kann in geschlossenem Rohr geraume Zeit auf 100° erhitzt werden, ohne die geringste Veränderung zu er- leiden. Eine solche erfolgt auch nicht bei erheblich gesteigerter !) Hofmann und Olshausen, Monatsberichte 1870, S. 198. 2) Billeter, Ber. chem. Ges. VIII, 436. vom 5. Juli 1880. | 617 Temperatur, selbst nicht bei 150— 160°. Erhitzt man aber auf 180—185°, so lässt sich eine Veränderung schon nach wenigen Stunden erkennen; die ursprünglich farblose Flüssigkeit hat eine gelbe Färbung angenommen und ‚beginnt bereits, obwohl nur spär- lich, Krystalle abzusetzen. Hat die Digestion bei der angegebenen Temperatur 5 bis 6 Stunden angedauert, so ist die Flüssigkeit tiefbraun geworden, und dem Ansehen nach wenigstens zur Hälfte, in eine braune Krystall- masse verwandelt. Geht man nur wenig über die genannte Tem- peratur hinaus, so enthalten die Röhren nach dem Erkalten keine Flüssigkeit mehr, sondern sind mit einer braunen, scheinbar amor- phen Masse angefüllt.e. Man ist also, um die gedachten Krystalle zu gewinnen, auf ein verhältnissmässig beschränktes Temperatur- _ intervall angewiesen. Innerhalb desselben aber erfolgt die Bildung der Krystalle in erwünschter Regelmässigkeit. Die bei 180° digerirten-Röhren enthalten kein gespanntes Gas. Giesst man die Flüssigkeit von den Krystallen ab, so erkennt man alsbald an dem charakteristischen, heftigen Geruch derselben und an der thränenreizenden Wirkung ihres Dampfes, dass sich ein Theil des Methylsulfoeyanats in Methylsenföl umgewandelt hat: H;C---S---C=:=N=H,C---N=:=-C=:-8. Wird die braune Flüssigkeit der Destillation unterworfen, so geht ein farbloses Destillat über, während in der Retorte ein brau- nes Liquidum zurückbleibt, welches beim Erkalten krystallinisch erstarrt. Die Bildung von Methylsenföl wird auch alsbald durch die Erniedrigung des Siedepunktes angedeutet. Die vor dem Er- hitzen constant bei 132° siedende Flüssigkeit fängt jetzt schon bei 118° an zu sieden und die grösste Menge ist übergegangen, ehe der Siedepunkt auf 125° gestiegen ist. Es ist nicht ganz leicht aus der niedrig siedenden Fraction das Senföl im absolut reinen Zustande abzuscheiden, da ihm eine kleine Menge einer bei nahezu derselben Temperatur siedenden Flüssigkeit, wahrscheinlich Methyldisulfid (CH,),S;, beigemischt ist, ganz abgesehen davon, dass etwas Methylsulfocyanat unver- wandelt geblieben ist. Man kann die Flüssigkeit in einem geeig- neten Apparat, der von einer Kältemischung umgeben ist, erstarren - lassen und ohne sie aus der Kältemischung herauszunehmen, mit der Pumpe absaugen. Vortrefflich eignet sich für diesen Zweck [1880] 45 618 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ein Apparat zur Darstellung reinen Benzols durch Gefrieren, wel- chen ich vor einigen Jahren beschrieben habe!). Ich habe den- selben zu dem Ende in kleinerem Maafsstabe herstellen lassen. Verflüssigt sich der weisse Krystallkuchen noch wieder bei ge- wöhnlicher Temperatur, so muss die Operation wiederholt wer- den. Das so erhaltene Senföl stimmt in allen seinen Eigen- schaften mit dem nach dem früher von mir angegebenen Verfahren?) gewonnenen überein. Zweckmässiger benutzt man das noch verunreinigte Senföl zur Darstellung des Methylsulfo- harnstoffs. Übergiesst man das rohe Öl mit starker wässe- riger Ammoniakflüssigkeit, so erhitzt sich die Mischung zumal beim Schütteln bis nahe zum Siedepunkt. Nach dem Erkalten hat sich auf dem Boden des Gefässes eine Ölschicht angesammelt, welche von dem Ammoniak nicht weiter angegriffen wird. Sie bleibt zurück, wenn man die Flüssigkeit auf ein benetztes Filter wirft, und hat nunmehr den Geruch nach Senföl vollständig verlo- ren. Wird das Filtrat auf dem Wasserbade verdampft, bis kein Wasser und kein Ammoniak mehr weggeht, so erstarrt es beim Erkalten zu einer in grossen prachtvollen Krystallen anschiessen- den Masse von Monomethylsulfoharnstoff vom constant bleibenden Schmelzpunkt 120°. Dies ist genau der Schmelzpunkt des aus reinem Senföl dargestellten Monomethylharnstoffs. | Viel leichter gelingt es, die braunen Krystalle zu reinigen, von denen die senfölhaltige Flüssigkeit abgegossen wurde. Sie wer- den auf Papier geworfen und nach dem Trocknen mit Alkohol ausgekocht, welcher sie nur spurenweise: löst, aber einen Theil des Farbstoffs, obwohl nicht allen, wegnimmt. Der neue Körper löst sich weder in verdünnten Säuren noch Alkalien, wohl aber in heissem Eisessig. Aus dieser Lösung scheiden sich beim Erkalten ziemlich gut ausgebildete Krystalle ab, welche aber immer noch röthlichbraun gefärbt sind. Ganz farblose Krystalle können durch Sublimation erhalten werden, nicht aber ohne dass hierbei eine kleine Menge des Körpers verkohlt. Diese Krystalle zeigen den Schmelzpunkt 188°, welcher sich auch durch wiederholtes Umkry- stallisiren nicht weiter ändert. Die Analyse der bei 100° getrock- neten Substanz führte zu der Formel des Schwefeleyanmethyls: !) Hofmann, Ber. chem. Ges. IV, 132. ?) Hofmann, Monatsberichte 1868, S. 481. vom 5. Juli 1880. 619 G,H;NS. Theorie Versuch G, 24 32.88 32.44 — — H; 3 4.11 4.23 — — N 14 19.18 — 19.23 — S 32 43.83 _ — 43.93 72.77:100.00. Die Schwefelbestimmung in diesem Körper bietet einige Schwie- rigkeit. Selbst nach längerem Erhitzen mit concentrirter Salpeter- säure im geschlossenen Rohr ist nur ein kleiner Theil seines Schwefelgehaltes in Schwefelsäure übergegangen. Es bildet sich eine Sulfosäure, wahrscheinlich Methylsulfosäure (methylschwefe- lige Säure), wie sie ja auch bekanntlich bei der Einwirkung der Salpetersäure auf Methylsulfocyanat entsteht. Die Schwefelbestim- mung gelingt aber leicht, wenn man einen analogen Weg einschlägt, wie ich ihn bei der Phosphorbestimmung in den Phosphinen be- treten habe!). Man löst in Salpetersäure, verdampft einen Theil derselben und übersättigt den Rest mit Natriumcarbonat, verdampft die Lösung in einer Platinschale zur Trockene und erhitzt zum Schmelzen. Die Lösung der Schmelze enthält den ganzen Schwe- felgehalt in der Form von Schwefelsäure. Es braucht kaum darauf hingewiesen zu werden, dass die oben gegebene Formel nicht Ausdruck für die Moleculargrösse des Kör- pers ist. Schmelzpunkt und Siedepunkt — letzterer liegt so hoch, dass er bisher noch gar nicht genau bestimmt worden ist — weisen unzweideutig auf eine Polymerisation hin, und wenn man die Er- fahrungen in der Sauerstoffreihe in Betracht nimmt, so wird man _ wohl nicht weit von der Wahrheit entfernt sein, wenn man die Formel 80,H;NS = C,H,N;S; gelten lässt, und es wirft sich nunmehr nur noch die Frage auf, ob die Krystalle das einfach polymerisirte Sulfocyanmethyl seien, oder aber, ob sich nicht diese in erster Linie gebildete Verbindung alsbald in den entsprechenden Isokörper verwandelt habe. 1!) Hofmann, Monatsberichte -1872, S. 96. 620 Sitzung der phys.-math. Klasse vom 5. Juli 1880. In Formeln ausgedrückt, war es der Körper SCH, NCH, \ N ER EN C C I/N nn. VD IN / \ N N oder S n | N | | Il | ! i H, C-:-8--C C---S---CH, H, C=--N=:= C==N--0 H,, NN 7 Sec. 79 N \v Ss welcher vorlag? Für letztere Annahme schien in der That der schon angezo- gene leichte Übergang bei den correspondirenden Sauerstoffverbin- dungen zu sprechen. Der Versuch hat aber in unzweideutiger Weise zu erkennen gegeben, dass hier eine einfache Polymerisation stattgefunden hat. Bei der Einwirkung des Wassers (der Salzsäure) bei hoher Temperatur musste aus der ersten Verbindung Methylmercaptan und Cyanursäure, aus der zweiten Schwefelwasserstoff, Kohlensäure und Methylamin entstehen. Der Versuch hat gezeigt, dass die Reaction in dem zuerst angedeuteten Sinne verläuft. Der neue Sulfocyanursäure-Methyläther zeigt ein in mehr als einer Beziehung bemerkenswerthes Verhalten. Namentlich ist die Einwirkung von Ammoniak nicht ohne Interesse. Mit alkoholi- schem Ammoniak mehrere Stunden auf 150° erhitzt, geht der Äther in eine in schönen, wohlausgebildeten Krystallen anschiessende Base über, welche mit den Säuren gute Salze bildet, und nament- lich ein besonders gut krystallisirendes Platinsalz liefert. | Die Theorie lässt keinen Zweifel über die Körper, welche in dieser Reaction entstehen können, es empfiehlt sich aber, die An- deutungen der Theorie zunächst im Versuche zu prüfen. Ich beabsichtige diese Untersuchung, bei welcher ich von Hrn. Dr. C. Schotten mit bekannter Geschicklichkeit unterstützt werde, weiter fortzusetzen. | } i Öffentliche Sitzung vom 8. Juli 1880. 621 8. Juli. Öffentliche Sitzung zur Feier des Leib- nizischen Jahrestages. Der an diesem Tage vorsitzende Secretar Hr. du Bois-Rey- mond eröffnete die Sitzung mit einer Festrede, welche nachträglich erscheinen wird. Hierauf hielten die seit der letzten Leibniz-Sitzung in die Aka- demie eingetretenen Mitglieder ihre Antrittsreden. Hr. Schwendener sprach: Indem ich der akademischen Sitte gemäss einen Rückblick auf meinen eigenen Entwickelungsgang werfe, um damit die Richtung zu motiviren, in welcher ich künftig auf dem Gebiete der botani- schen Forschung mich vorzugsweise zu betheilisen gedenke, darf ich wohl zunächst an den Umschwung erinnern, den die Botanik in.den vierziger Jahren durch die Anregung Schleiden’s und die grundlegenden Arbeiten Nägeli’s erfahren hat. War es bis dahin ‚die fertige Architektur der Gewächse, welche die Mikroskopiker hauptsächlich beschäftigt hatte, so trat jetzt die Entwickelungs- geschichte, insbesondere das Studium der Vorgänge beim Aufbau der Gewebe und Organe in den Vordergrund. Diese neuere Rich- tung hatte bereits festen Boden gewonnen, als es mir vergönnt war, dieselbe unter Nägeli’s eigener Leitung näher kennen zu lernen. Für die speciellen Untersuchungen, denen ich mich in der Folge zuwandte, war unter diesen Umständen das Ziel vorgezeichnet: es lag in der Anwendung der neuen Methode auf eine beliebige, bis dahin in dieser Richtung noch nicht untersuchte Pflanzengruppe. Ich wählte die Flechten oder Lichenen, deren Wachsthumsgeschichte ich eine Reihe von Jahren meine Zeit und meine Kräfte widmete. Inzwischen hatte ich Gelegenheit, mich in der Schule Nägeli’s auch in anderen Gebieten der mikroskopischen Forschung umzu- sehen und später als dessen Mitarbeiter die physikalischen Unter- suchungen durchzuführen, welche in dem gemeinsam herausgegebenen Werke „Das Mikroskop“ niedergelegt sind. Meine Vorliebe für exactwissenschaftliche Arbeiten wurde dadarch nur bestärkt; die bloss beschreibende Anatomie und Entwickelungsgeschichte ver- mochte mich nicht mehr zu befriedigen. Es war mir Bedürfniss 622 Öffentliche Sitzung geworden, eine Vertiefung des mikroskopischen Studiums dadurch anzustreben, dass ich es versuchte, für die anatomischen That- sachen, welche den Bau und die Anordnung bestimmter Gewebe betreffen, das sie beherrschende Princip aufzufinden. Ich glaube auf diesem Wege eines der ausgeprägtesten anatomischen Systeme, dasjenige nämlich, welches die Festigkeit der pflanzlichen Organe bedingt, als eine nach den Grundsätzen der Mechanik ausgeführte und den äusseren Lebensbedingungen angepasste Construction dar- gestellt und damit nach Bau und Function richtig erkannt zu haben. Es ist dies allerdings nur ein kleiner Schritt nach einem entfernten Ziel; was mir vorschwebt, ist eine in analoger Weise durchgeführte anatomisch - physiologische Betrachtung der sämmtlichen Gewebe- Systeme, mit Einschluss der localen Apparate zu bestimmten Zwecken, in gewissem Sinne also eine Physiologie der Gewebe, welche das zwar stattliche und durch ernste Arbeit zu Stande ge- brachte, aber an sich doch todte Lehrgebäude der Anatomie durch die Klarlegung der Beziehungen zwischen Bau und Function zu ergänzen und neu zu beleben, in manchen Einzelheiten wohl auch naturgemässer zu gliedern hätte. | Ich verkenne indessen nicht, dass mit der Einsicht in die Zweckdienlichkeit gegebener Einrichtungen, obschon sie unbedingt höher steht als die blosse Kenntniss unverstandener Thatsachen, doch lange nicht die letzte Stufe naturwissenschaftlichen Erkennens erreicht ist. Was wir anstreben, ist ja nicht bloss eine orientirende Beleuchtung der Lebenserscheinungen, sondern eine Erklärung der- selben durch Zurückführung auf einfachere, wo möglich bis zum Anschluss an die bekannten Vorgänge in der unorganischen Natur; es ist mit anderen Worten die Aufdeckung des Oausalnexus, einer- seits für die Gestaltungsvorgänge bei der Organbildung selbst, an- dererseits für die damit zusammenhängende Function der Organe und ihrer Theile. Aber während die letztere Kategorie von Er- scheinungen schon seit langer Zeit Gegenstand physiologischer Forschung war, pflegte man Form- und Stellungsverhältnisse als morphologisch gegebene, d. h. nicht weiter erklärbare Dinge zu be- trachten. Wenn man trotzdem in der einschlägigen Literatur häufig genug von „Erklärungen“ sprach, so meinte man im Grunde etwas sanz Anderes, nämlich blosse Deutungen auf der Basis eines ein- gebildeten Grundplans, wobei die Causalität keine Rolle spielte. Unter solchen Verhältnissen schien es mir angezeigt, auch auf vom 8. Juli 1880. | 623 diesem Gebiete nach geeigneten Punkten zu suchen, von wo aus die Anwendung exactwissenschaftlicher Methoden möglich schien, um die Verkettung von Ursachen und Wirkungen im Verlaufe be- stimmter Gestaltungsvorgänge darzulegen. Den ersten Versuch in dieser Richtung bildet meine mechanische Theorie der Blattstellun- gen, an welchen die kleineren Mittheilungen, die ich der Akademie vorzulegen die Ehre hatte, sich anschliessen. Ich verhehle mir keineswegs, dass eine ähnliche Behandlung morphologischer Fragen vorläufig nur auf einem beschränkten Gebiete möglich ist und dass ebenso die Eingangs erwähnte Wechselbeziehung zwischen Bau und Function nur theilweise, oft nur in wenigen Punkten erkennbar sein wird. Aber nichtsdestoweniger hege ich die Überzeugung, dass die Verfolgung dieser beiden Zielpunkte zu einer wirklichen Förderung und Vertiefung der botanischen Wissenschaft führen muss. Darum, meine Herren, hoffe ich auf Ihre Zustimmung, wenn ich auch fer- nerhin auf dem eingeschlagenen Wege vorzudringen bestrebt bin. Und indem ich meine Kräfte zur Lösung dieser Aufgabe anspanne, glaube ich am besten den Dank abzustatten, den ich der Königlichen Akademie für die ehrenvolle Aufnahme unter die Zahl ihrer Mit- glieder schuldig bin. Hr. Eichler sprach: Das erste Wort, welches an diese erlauchte Körperschaft zu richten mir obliegt, soll der Ausdruck des Dankes sein, aufrichti- gen und tiefempfundenen Dankes für die hohe Ehre, welcher Sie mich durch die Allerhöchst bestätigte Wahl in Ihre Mitte für wür- dig erachtet haben. Ich sehe mich hierdurch in einen Kreis von Männern aufgenommen, welchen die Wissenschaft in fast allen ihren Zweigen die glänzendsten Entdeckungen, tiefsten Forschungen, fruchtbarsten Gedanken, kurz die mächtigste Förderung verdankt. Eine solche Auszeichnung muss Jeden mit Stolz erfüllen, der von sich sagen kann, dass er gleichfalls etwas Namhaftes zur Förde- rüng seiner Wissenschaft beigetragen hat. Ich bin nicht so eitel, dies von mir zu glauben; was ich bisher gethan, mag fleissige, mag vielleicht auch nützliche Arbeit gewesen sein; den Preis je- doch, welchen Sie mir zuerkennen, ungesucht und unerwartet, muss “ieh erst noch verdienen. Ich vermag daher Ihre Wahl nur so auf- zufassen, dass Sie mir das Vertrauen schenken, es werde mir 624 Öffentliche Sitzung solches mit der Zeit gelingen; und dies Vertrauen wird mir dazu der kräftigste Sporn sein. ! Es ist die botanische Systematik und Morphologie, welcher bislang meine wissenschaftliche Thätigkeit hauptsächlich zugewendet war. Systematik zwar, so hört man oft, sei -eigentlich nicht so- wohl eine Wissenschaft, als vielmehr eine dem praktischen Bedürf- nisse dienstbare Technik des Pflanzenunterscheidens, Benennens und Beschreibens. So wäre es in der That für den, der an die Con- stanz der Arten und deren selbständige Erschaffung glaubt; an- ders jedoch, wenn man, wie der Naturforscher nicht anders kann und darf, auch für die organische Welt eine natürliche Entstehung und damit die Descendenztheorie annimmt. Der Begriff „Verwandt- schaft“ erlangt alsdann reale Bedeutung, das System wird zum Stammbaum, die Systematik zur Entstehungsgeschichte. Nichts kann wissenschaftlicher sein, als solche Forschung. Imgleichen erhebt sich die Morphologie durch Zugrundelegung der Descendenz- lehre von einer schematisirenden Organbeschreibung zur lebendigen Wissenschaft von der Entstehung der Theile und ihrem genetischen Zusammenhang. | Für diese zur Zeit allerdings noch wesentlich idealen Auf- gaben werden die Grundlagen nicht beschafft durch Speculation und Conjecturen, sondern nur durch geduldiges, allseitiges Studium dessen, was von der unendlichen Reihe der Pflanzengestalten, lebend oder todt, uns noch erhalten ist. Am nächsten liegt dem Botaniker das, was noch lebt. So viel davon auch bekannt ist, so harren doch noch ganze grosse Florengebiete der Erforschung. Mir haben die Umstände hier Brasilien zugewiesen, dessen botanischer Er- schliessung auf Grund der von hunderten von Reisenden dort ge- sammelten Materialien, unter Beihülfe zahlreicher Fachgenossen, ein grosser Theil meiner wissenschaftlichen Arbeit von Anfang an gewidmet war und, falls der erleuchtete Monarch, der jenes weite Reich beherrscht, auch ferner seine Hand schützend über dem Unternehmen hält, noch längere Zeit zugewendet bleiben wird. Das Sammeln und Sichten noch unerschlossenen Materials, so wichtig es auch für den Ausbau der Systematik ist, bildet jedoch da- für nicht die Hauptsache. Was uns mehr Noth thut, ist das, was wir bereits besitzen, genauer kennen zu lernen. Wie viele Gruppen des Gewächsreiches giebt es nicht, die ausser nackten Differentialdia- Snosen alter oder neuer Species noch so gut wie unbekannt sind! vom 8. Juli 1880. 625 Und wie viel neue Gesichtspunkte sind für die Systematik durch die Forschungen der letzten Jahrzehnte nicht eröffnet worden! Biologie und Entwickelungsgeschichte, Anatomie und Physiologie sind nach und nach zu ihrem Dienste herangezogen; die Fragen nach dem Ursprung der Formen, ihren Wanderungen, Umgestal- tungen, Anpassungen, dies alles und noch mehr drängt sich heute dem systematischen Forscher auf. Monographien, in solchem Sinne ausgeführt, sie sind es, welche vornehmlich die Fortschritte in der Systematik bedingen und welche sich zugleich für die verwandten Diseiplinen am fruchtbarsten erweisen. Wenn es mir nicht ver- gönnt war, meine Arbeiten nach allen diesen Richtungen hin aus- zubilden, so habe ich doch eine Seite allgemeineren Charakters mir immer besonders angelegen sein lassen und derselben auch sonst viel Mühe gewidmet: die vergleichende Morphologie. Die- selbe, berufen für die Botanik eine ähnliche Rolle zu spielen, wie die vergleichende Anatomie im Thierreich, erscheint mir umfang- reich und wichtig genug, um ihr neben jenem erstgenannten Thätig- keitsgebiet auch fernerhin denjenigen Theil meiner Kraft und Zeit zu widmen, welcher von den Verpflichtungen meines Amtes an der Universität und den Königlichen botanischen Anstalten übrig ge- lassen wird. Möchten die Ergebnisse, die ich hier mit der Zeit zu erzielen hoffe, nicht allzu weit hinter den Anforderungen zurück- bleiben, welche an ein Mitglied dieser Akademie gestellt werden müssen; können Vorbilder hierzu etwas beitragen, so wüsste ich nicht, wo ich solche, auch für mein specielles Fach, besser als in Ihrer Mitte hätte finden können. Hierauf antwortete Hr. du Bois-Reymond als Secretar der .physikalisch- mathematischen Klasse: Seit Linne und die Jussieu in widerstrebendem Verein die Pflanzenwelt ordneten; seit dann die Pflanzenkunde nach der morphologischen, histologischen und physiologischen Richtung aus- einanderfiel, konnte längst nicht mehr Ein Kopf, auch der mäch- tigste nicht, die gesammte Botanik umfassen. Boerhaave war Professor der inneren Klinik, der Chemie und Botanik in einer Person, heute giebt es keinen Botaniker, der sich nicht mindestens zwei Genossen seines Faches wünschte, um mit ihnen das uner- 626 Öffentliche Sitzung messliche Gebiet zu theilen, welches vor kaum hundert Jahren noch Florens liebliches Reich hiess. Nach einer neueren Definition ist die Pflanze ein T'hier mit hoch entwickelten Reductionsorganen. Die Pflanzenzelle ist ein Laboratorium, in welchem ungestört durch unfassbare Variabeln, wie sie in der Thierzelle ihr Wesen treiben, einfachste physika- lische Agentien aus vergleichsweise einfachsten Substanzen die ver- wickelten Bestandtheile unseres eigenen Leibes aufbauen. Hier ge- schieht im Sonnenlichte noch täglich das Wunder der Urgeschichte unseres Planeten, die Erzeugung belebter aus lebloser Materie. Hier werden, aller Wahrscheinlichkeit nach, die Räthsel des orga- nischen Stoffwechsels ihre Lösung finden, und die Akademie schätzt sich glücklich, dass der berühmte Botaniker, den ihr die Gunst des Geschicks ausser der gewöhnlichen Ordnung der Dinge schenkte, sein biegsames Talent und seinen durchdringenden Scharfsinn neuer- lich dieser Klasse grundlegender Untersuchungen zugewendet hat. Aber sie müsste es lebhaft beklagen, wenn eine andere nicht minder wichtige Art, die Pflanze zu betrachten, selbst nur vorüber- gehend bei ihr brach läge. Auch die organischen Bildungsgesetze stellen sich an der Pflanze einfacher dar, als am Thier. An der Pflanze gelangten Caspar Friedrich Wolff und Goethe zuerst zur Idee eines alle Wandlungen beherrschenden Bildungstypus. An der Pflanze unterwarfen Schimper und unser unvergesslicher Alexander Braun organische Formen zuerst geometrischer Ana- lyse. An der Pflanze erkannten Robert Brown und Hr. Schlei- den das organische Formelement, die Zelle mit ihrem Kern. An, Pflanzen endlich, und gerade an solchen, deren Geschlechtsleben Linne für so verborgen hielt, dass er sie Kryptogamen nannte, wohnte Hr. Pringsheim mit leiblichem Auge dem Zusammen- treffen des männlichen und des weiblichen Keimstoffes bei. In dieser Richtung, Hr. Schwendener, setzt die Akademie zunächst ihre Hoffnung auf Sie. Die mechanische Betrachtungs- weise, welche Sie in die Morphologie der Pflanze einzuführen streben, würde selbst dann als einer der grössten Fortschritte er- scheinen, wenn solche Bemühungen vor der Hand noch erfolglos blieben. Obschon die höchste analytische Mechanik sich neuerlich beschied, nichts Anderes sein zu wollen, als Beschreibung der Be- wegungen, trennt doch eine fast unendliche Kluft die Beschrei- bungen der Morphologie von denen der mathematischen Physik; vom 8. Juli 1880. 02% aber in beiden nur verschiedene Stufen desselben Untersuchungs- ganges erkannt, die Nebelgestalten des Vitalismus auch aus die- sem letzten Schlupfwinkel mit bewusster Klarheit verscheucht zu haben, wird der dauernde Ruhm unserer Generation von For- schern sein, und mit ganz besonderer Genugthuung sehen wir Sie diesen Standpunkt in unserer Mitte vertreten. Ihre Entdeckung des parasitären ÜOonsortialismus der Algen und Pilze in den bis dahin für einheitliche und selbständige Ge- wächse geltenden Flechten scheint die Lebenskreise um eine Form ärmer gemacht zu haben. Sie ist aber doch wieder nur ein Bei- spiel gerade des unerschöpflichen Reichthums der organischen Natur, die stets mit bunten Gaben und neuen Abenteuern überrascht, wo unsere nur mit dem Erfahrenen wuchernde Phantasie sich die Dinge nach hergebrachtem Schema vorstellt. Alte Species zu einer einzigen verschmelzen, wie Sars für Medusen und Stro- bilen, August Müller für Neunaugen und Querder, Hr. Coste für Palinurus und Phyllosoma thaten, galt längst für ruhmvoller, als neue Species aufstellen. Um wieviel grösser erscheint Ihr Ruhm, der Sie nicht eine einzelne Species, sondern eine ganze Ab- theilung vermeintlicher organischer Wesen als eine Art von Diplo- zoon aus dem System verstiessen. Die Akademie legt den höch- sten Werth darauf, diese schöne Entdeckung in ihrem Urheber gleichsam nachträglich sich angeeignet zu haben, und indem sie darin eine Bürgschaft für weitere glänzende Thaten erblickt, heisst sie durch mich Sie als den einen von Alexander Braun’s Nach- folgern herzlich willkommen. _ Die botanische Systematik, Hr. Eichler, war in der That gleich der zoologischen seit Jahrzehnten einer gewissen Missach- tung verfallen. Fast hatte man sich gewöhnt, sie als nothwendi- ges Übel zu betrachten. Nach Hrn. Schleiden’s Ausdruck schien der Systematiker nur noch gut zu sein, um Gärtner und Phar- maceuten mit lateinischen Namen zu versorgen, bestenfalls um den Pflanzenanatomen und -Physiologen neues Material zu schaffen, und ihre Untersuchungsobjecte zu bestimmen. Um die Operationen der Systematiker, das Einrangiren der stets nachströmenden neuen Spe- cies in das System, dessen Erweiterung und Umbau, kümmerte man sich kaum ausserhalb des engsten Kreises der Fachmänner, und so dürr erschien nach einem trivialen Ausdruck diese Beschäfti- gung, wie das Eleu der Herbarien. 628 | Öffentliche Sitzung Ein Zauberschlag des Genies hat diesen Zustand umgewandelt. Indem Hr. Darwin die Systematik im alten Sinne der Idee nach vernichtete, flösste er ihr neues Leben ein. Indem er zeigte, dass es keine Species giebt, wie sie Linne definirte, nicht soviel tau- send vom Schöpfungstag her unabänderlich dagewesene Formen, gab er der Frage Raum, woher die Species. Nun erschien die Systematik der lebenden und ausgestorbenen Formen als das Archiv, in welchem die Ergebnisse einer seit unvordenklichen Zeiten vor sich gehenden Entwickelung niedergelegt und in Übersicht gebracht sind. Wo früher ein lebloses Nebeneinander langweilte, wenn es nicht den grübelnden Verstand auf die Folter spannte, entfaltet sich jetzt kaleidoskopisch das reizvollste Spiel der Gestalten. We- gen der besseren Beherrschbarkeit vieler Verhältnisse bei den Pflanzen scheint aber der botanische Garten zugleich die Versuchsstätte zu sein, wo mehrere der wichtigsten Fragen der Biologie zum Austrage gebracht werden können. Der erleichterte Weltverkehr, die Er- schliessung neuer Regionen durch die von der Akademie ausge- sandten Reisenden lassen jetzt fast ein Übermaass neuer fruchtba- rer Aufgaben für die systematische Botanik erwarten. Die Aka- demie ist lebhaft erfreut, in Ihnen, Hr. Eichler, eine schon be- währte und doch noch jugendliche Kraft gewonnen zu haben, wel- che, diese grossen der Systematik eröffneten Aussichten im Auge, den alten Ruhm des Berliner botanischen Gartens, dessen Ver- bindung mit der Akademie, und in deren Schooss die Traditionen Gleditsch’s, Wildenow’s, Link’s, Kunth’s, Chamisso’s und Klotzsch’s zu erneuern verspricht. Alsdann sprach Hr. Munk: Wer, wie ich, noch in jüngeren Jahren die so Höhe Auszeich- nung erfährt, Aufnahme in diesen Kreis zu finden, vermag nicht ohne Befangenheit sich anzuschliessen, wo er so vieles und so glänzendes Verdienst vereinigt sieht. So oft er auch sonst den Ab- stand zwischen seinem Wollen und Können schon empfunden, hier erscheint dieser ihm besonders gross, wenig nur wiegt ihm die eigene Leistung, und dem Erstrebten allein, nicht dem Erreichten, kann er die Anerkennung zuschreiben, welche Sie ihm haben ge- währen wollen. Mir ist aber die innere Bewegung noch besonders vom 8. Juli 1880. 629 tief, da ich an die Seite hochverehrter Lehrer geführt bin, welche den jugendlichen Sinn mit Liebe geleitet, und deren Vorbilder ihn erzogen haben. Nur dass die Verfolgung von Problemen, an welche sie ihre Kraft gesetzt, aus Neigung auch mir zur Lebensaufgabe geworden ist, hebt mir den Muth; dieser glückliche Umstand wird neben der wissenschaftlichen Dankbarkeit des Schülers es mir auch ermöglichen, so hoffe ich, der Akademie meinen tief gefühlten Dank zu bethätigen, indem ich für meinen Theil Bestrebungen fortsetze, welche längst in ihr heimisch, ja zum Theil gerade mit ihr eng verbunden sind. Was. mich besonders angezogen hat, ist die Physiologie des Nervensystems. Der Grosshirnrinde entkleidet, lässt sich das Nervensystem übersehen als ein Complex zahlreicher gleichartiger Zellengebilde, welche durch zahlreiche und wiederum gleichartige Fasern unter einander und mit den Körperorganen in Verbindung gesetzt sind: ein Complex, der, so viel es auch in ihm gähren und brennen mag, zu physiologischen Leistungen es doch nur bringt, wenn Veränderungen der Körperorgane an seinen Enden oder Er- nährungsbedingungen an sehr vereinzelten Stellen in seiner Mitte Störungen setzen; und in welchem die Störung, wo sie auch er- folgt ist, regelmässig auf den gegebenen Bahnen sich fortpflanzt, von Faser auf Zelle, von Zelle aüf Faser sich übertragend, als gleichartiger Vorgang in allen Fasern, als gleichartiger Vorgang in allen Zellen, bis sie schliesslich unter dem Widerstande, welchen ihre Fortleitung findet, erlischt oder aber an den Endpunkten des Systems, zu welchen sie gelangt, Veränderungen von Körperorganen herbeiführt. Wäre das Zellen-Faser-Netz mit seinen Bahnen und deren Widerständen uns gegeben, und kennten wir dazu noch die Vorgänge, welche der eine in den Fasern, der andere in den Zellen bei der Fortleitung der Störung sich abspielen, so würde das Ner- vensystem ohne die Grosshirnrinde mit allem seinem staunenswerthen Schaffen, mit seiner Zusammenfassung der vielen Körpertheile zu einem einigen Ganzen, wo jeder Theil in Selbständigkeit das Ganze beeinflusst, aber doch wiederum in Abhängigkeit den Be- dürfnissen des Ganzen sich anpasst, uns vollkommen verständlich sein. Und auch die Grosshirnrinde entzieht sich in gewisser Hin- sicht dem Verständnisse nicht. Insofern zwar, als in dem Com- plexe von Zellen und Fasern, als welcher sich auch die Grosshirn- rinde darstellt, die Zellengebilde von ganz besonderer Art und 630 Öffentliche Sitzung überdies unter einander ungleichwerthig sind, so dass Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen, Vorstellen, Denken an ihre Thätig- keit geknüpft sind, erscheint allerdings die Einsicht ausgeschlossen. Aber eben doch nur durch diese Eigenart der Zellengebilde ist die Grosshirnrinde ausgezeichnet und kommt ihr die bevorzugte Stellung zu; sonst schliesst sie sich dem übrigen Nervensystem auf’s engste an, und auf Grund der Kenntniss der Verbindungen aller ihrer Zellen und der besonderen Fähigkeit jeder einzelnen Zelle würden die Leistungen der Grosshirnrinde ebenso wohl verständlich sein, wie die Leistungen z. B. des Rückenmarkes. Mächtig bat die Arbeit des letzten halben Jahrhunderts, von unserem unvergesslichen Johannes Müller an, das Gebiet geför- dert. Nach den grossen Entdeckungen der vierziger und fünfziger Jahre scheint es bloss noch eines letzten glücklichen Schrittes zu bedürfen, um das Wesen des Erregungsvorganges in der Nerven- faser zu erfassen; und wenn der Schritt noch nicht gelungen, so sind vielleicht nur die äusseren Umstände anzuklagen, welche in der neueren Zeit viele selbstlose Bestrebungen von dieser Frage abge- lenkt haben. Geradezu erstaunliche Fortschritte hat auch die spe- cielle Kenntniss des Zellen-Faser-Netzes gemacht; mehr und mehr hat sich gelichtet, was zuerst ein undurchdringliches Chaos schien, und auf tausend Bahnen können wir jetzt im Geiste dem Erregungs- vorgange folgen, bis in die Grosshirnrinde hinein, durch alle Ver- schlingungen und Verwickelungen der ÜCentralorgane hindurch. Selbst da, wo die Natur der Dinge die Forschung auf’s äusserste erschwert und die Macht des Versuches nur auf Umwegen heran- reicht, selbst für das Wesen des Erregungsvorganges in der Ganglien- zelle sind bedeutungsvolle Aufschlüsse schon gewonnen. Indem ich in den letzten Jahrzehnten an der Arbeit mich be- theiligte, bin ich, wo ich auch eingriff, ob an den Nerven oder an den Centralorganen, an den Muskeln oder an den elektromotorischen Organen der Pflanzen, überall bestrebt gewesen, nicht einfach das thatsächliche Material zu vermehren, sondern Bindeglieder zwischen den vorhandenen Erfahrungen zu gewinnen und mit der Zusammen- fassung das Verständniss zu erweitern oder zu erleichtern. Denn mir hat scheinen wollen, als wären wir bereits von dem einen Ex- trem in das andere verfallen, als hätte, wo einst die Verirrung der naturphilosophischen Richtung so lange Hemmniss gewesen war, neuerdings öfters eine planlose Häufung von Einzelthatsachen Platz Bon. 8. Tail 1580. 631 gegriffen, durch welche der Blick mehr verwirrt denn geklärt wird. Wie ich die Dinge sehe, wird mit immer neuen und verwickelteren Methoden, vollends wenn man dann die Erscheinungen in’s Detail verfolgt, zur Zeit bloss Kraft vergeudet und ein wirklicher Fort- schritt nirgend erzielt; dagegen widersteht das Nervensystem dem beharrlichen Angriffe nicht, wo dieser systematisch auf Grund ein- fachster Analysen mit möglichst einfachen und durchsichtigen Mitteln erfolgt. Auf die letztere Weise habe ich bisher das Verständniss zu erringen gesucht; und indem ich so weiter thätig zu sein ge- denke, hoffe ich das Vertrauen zu rechtfertigen, welches Sie in mich gesetzt haben. Hierauf antwortete wiederum Hr. du Bois-Reymond Fol- gendes: Indem ich Sie, Hr. Munk, in diesem Kreise willkommen heisse, steigt in mir auf das Bild der Zeit, da ich selber in Ihrer heutigen Lage mich befand. Alexander von Humboldt, als achtzigjähriger Greis, stellte hier eine längst entsehwundene Periode der Physiologie vor, und konnte aus Volta’s und Johann Wilhelm Ritter’s Laboratorium erzählen. Johannes Müller erschien in voller Höhe seiner heroischen Kraft; aber er hatte sich von der Experimental-Physiologie abgewendet, und nur noch die früher von ihm gegebenen Anstösse wirkten fort. Wie hat sich, in den nahezu dreissig seitdem verflossenen Jahren, die Scene verändert! Wo damals im Gebiet unserer Wis- senschaft spärliche Ansiedler weit zerstreut wohnten, Wüsteneien sich dehnten, Erndten jahrelang unverwerthet in der Scheuer lagen, vom alteultivirten Nachbarlande kopfschüttelnd unserem Unterneh- men zugesehen wurde, prangt jetzt eine reich angebaute Landschaft, mit blühenden Ortschaften besäht, von Strassen durchzogen, die zwischen allen Theilen, zwischen dem Ganzen und den Grenzlän- dern regen Verkehr unterhalten. Das alte plumpe Geräth ist durch kunstreiche Maschinen ersetzt, der Ertrag des Bodens in’s Unübersehbare gesteigert, ein Bild von Sicherheit, Wohlstand und Fortschritt erfreut überall das Auge. Um das Gleichniss zu vol- lenden, der damals noch hier herrschende Aberglaube ist vor der Tageshelle einer reinen Lehre in unbeachtete Wildniss entwichen. So ist der Aufschwung, den, unter den theoretischen Natur- 632° Öffentliche Sitzung wissenschaften, die Physiologie im Laufe des letzten Menschenalters nahm. Mit Stolz dürfen wir hinzufügen, dass, wie gross auch Claude Bernard’s Talent und schöpferische Arbeitskraft waren, der bedeutendste Antheil an diesem Aufschwunge der deutschen Forschung gehört. Ein Zweig der Physiologie ist es namentlich, dessen neuere Entwickelung von Deutschland ausging, die allge- meine Muskel- und Nervenphysik. Während in England die Expe- rimental-Physiologie fast ganz brach lag, in Frankreich sie sich in Vivisection und Zoochemie bewegte, in beiden Ländern der Vitalis- mus sie niederhielt, schritt zuerst die deutsche Wissenschaft zur Erforschung der überlebenden Organe besonders des Frosches, wie von der Natur gebauter, höchst verwickelter, aber doch als Ma- schinen aufzufassender Apparate. An dieser Erforschung haben Sie sich, Hr. Munk, in rühm- lichster Weise betheilig. Wenn ein neues Feld der Wissenschaft erschlossen wurde, die bahnbrechenden Funde gethan sind, bleibt für eine Reihe von Jahren die minder glänzende, aber nicht minder nöthige und verdienstliche Arbeit des Erweiterns, des Vertiefens, des Begründens, des Verfolgens in’s Einzelne, des Ausfüllens von Lücken übrig. Unter der Schaar Ihrer Altersgenossen, welchen diese Arbeit zufiel, nehmen Sie durch die Genauigkeit Ihrer Metho- den, die gewissenhafte Zeitigung Ihrer Ergebnisse, die bis zur Grenze des Möglichen getriebene Vollendung Ihrer Arbeiten einen der er- sten Plätze ein. Darin liegt der akademische Charakter dieser Arbeiten, denn das Wesen der Akademie ist vor Allem, Hüterin der Methode zu sein. Aber durch lange Beschäftigung mit einem Zweige der Phy- siologie, in welchem die grösste Strenge der qualitativen und quantitativen Discussion geübt wird, erwarben Sie zugleich die Schulung, um auf einem anderen Gebiete, wo die Natur der Dinge sonst nur beschränkte Genauigkeit zulässt, mit entscheidender Überlegenheit aufzutreten. Wenn unter den theoretischen Natur- wissenschaften die Physiologie insofern die erhabenste ist, als sie das höchste aller Probleme, das Zustandekommen des Bewusst- seins, umschliesst: so erscheint wiederum der Theil der Physio- logie als der höchste aber auch schwierigste, welcher mit den nächsten Bedingungen des Bewusstseins es zu thun hat. Die nach langer Stockung auch durch deutsche Forscher zuerst wieder in Fluss gebrachte Physiologie der Grosshirnrinde, über welche Ihre vom 8. Juli 1880. 633 mühevollen und tiefgehenden Untersuchungen soviel Licht verbreiten, grenzt unmittelbar an die Erkenntnisstheorie. Zwar ist grundsätzlich keine Hoffnung, dass uns der ursäch- liche Zusammenhang zwischen den materiellen Vorgängen im Ge- hirn und dem Bewusstsein je einleuchte. Dies verhindert nicht, dass wir in die Kenntniss jener Vorgänge tief eindringen, und dass diese Kenntniss von höchster Wichtigkeit und hinreissendem Inter- esse sei. Als erster Schritt dazu erscheint unserem Verstande, seiner Natur nach, die Localisation der verschiedenen Vermögen, in welche er, wiederum seiner Natur nach, die Seelenthätigkeit systematisirend zerlegt. Diesem Streben entsprang der Grund- gedanke der phrenologischen Thorheiten; aber wie so oft barg auch diesmal der wissenschaftliche Aberglaube einen Kern von Wahrheit. In derselben Grosshirnrinde, in welche einst Gall und Spurzheim den Sitz ihrer schlecht ausgewählten fünfunddreissig Seelenvermögen verlegten, cirkelt jetzt Ihre Trepankrone, Hr. Munk, die Sphären ab, in denen die verschiedenen Sinnesnerven ihre Bot- schaften abgeben, diese zu Vorstellungen umgewandelt und für’s Le- ben aufgespeichert werden. Zum erstenmal ward so im Gebiet des Fühlens uud Erkennens eine örtliche Grundlage der Geistes- thätigkeit nachgewiesen, wie sie im Gebiet des Wollens schon länger durch Paul Broca’s Localisation des Sprechvermögens be- kannt war. Die Akademie freut sich, Hr. Munk, Ihre rüstige Kraft in dem Augenblick sich einverleibt zu haben, wo Sie, in diesen grund- legenden Arbeiten begriffen, mit jedem Ihrer vorsichtigen Schritte eine Schranke niederwerfen, welche uns von der Einsicht in das materielle Substrat des Denkens trennt. Über die akademischen Preisfragen wurde Folgendes verkündet: Bericht über die Preisfrage der Steiner’schen Stiftung. In der öffentlichen Sitzung am Leibniztage des Jahres 1878 ist in Erfüllung der Bestimmungen der Steinerschen Stiftung verkündet worden, dass die Akademie, um die Geometer zu ein- gehenden Untersuchungen über die Theorie der höheren algebraischen [1880] 46 634 Öffentliche Sitzung Raumcurven zu veranlassen, beschlossen habe, zur Concurrenz um den Steinerschen Preis jede Arbeit zuzulassen, welche irgend eine auf die genannte Theorie sich beziehende Frage von wesent- licher Bedeutung vollständig erledigen werde. Es ist eine Bewerbungsschrift mit dem Motto „Geometrica geometrice“ rechtzeitig (am 29. Febr. d. J.) eingegangen. Die Ar- beit ist von bedeutendem Umfange, und der grosse Fleiss, welchen der Verfasser darauf gewendet hat, zeigt sich noch besonders in der sehr sorgfältigen Eintheilung und übersichtlichen Anordnung des behandelten Stoffes. In dem ersten Theile, der etwas mehr als die Hälfte des ganzen Umfanges einnimmt, giebt der Verfasser allgemeine, aus den Grassmannschen Prineipien hergeleitete Ent- wickelungen über algebraische Flächen und Raumcurven, deren Ziel die wesentliche, aber wohlbekannte Unterscheidung der Raum- curven nach ihrem Geschlechte ist, oder, wie sich der Verfasser ausdrückt, nach den „ebenen Geschlechtscurven*, auf welche die Raumeurven zu beziehen sind. In dem zweiten, specielleren Theile versucht der Verfasser, wie er selbst in der Einleitung sagt, die allgemeinen Entwickelungen auf diejenigen Raumceurven anzuwenden, welche aus dem Schnitte von Oberflächen zweiter und dritter Ord- nung hervorgehen. Indem sich der Verfasser somit bei den An- wendungen seiner allgemeinen Deductionen darauf beschränkte, den Durchschnitt von Flächen bestimmter Grade zu discutiren, anstatt etwa die Curven von bestimmtem Geschlecht rein geometrisch er- schöpfend zu behandeln, unterliess er es, im zweiten Theile seiner Arbeit aus den Entwickelungen des ersten für die Stellung natur- gemässer Probleme gehörigen Nutzen zu ziehen, und dies war schon für den geringen Erfolg der Untersuchungen entscheidend. Dass die Akademie die Meinung des Verfassers, im ersten Theile seiner Arbeit die Theorie der Raumcurven rein geometrisch begründet zu haben, nicht anerkennt, würde an und für sich die Möglichkeit der Preisertheilung nicht ausgeschlossen haben, aber da die Arbeit. in ihrem ersten Theile nur vollkommen bekannte allgemeine Resultate enthält und im zweiten Theile bloss einige specielle Gegenstände be- handelt, denen irgend eine wesentliche Bedeutung für die Theorie der algebraischen Raumeurven nicht zuzuerkennen ist, und welche über- dies nicht einmal vollständig erledigt werden, so hat die Akademie die einzige eingegangene Bewerbungsschrift mit dem Motto „Geo- metrica geometrice* nicht als den in der Preisfrage gestellten An- om 8. Jah 4880. 635 forderungen entsprechend erachtet, und beschlossen derselben den Steinerschen Preis nicht zu ertheilen. In der Hoffnung aber, dass dem erwähnten Versuche einer Bearbeitung der für dieses Jahr gestellten Preisaufgabe weitere und erfolgreichere folgen möch- ten, hat es die Akademie für angemessen gehalten, dieselbe zu erneuern, und demgemäss beschlossen, „um die Geometer zu eingehenden Untersuchungen über die Theorie der höheren algebraischen Raumeurven zu ver- anlassen, zur Concurrenz um den im Jahre 1882 fälligen Steinerschen Preis jede Arbeit zuzulassen, welche irgend eine-auf die genannte Theorie sich beziehende Frage von wesentlicher Bedeutung vollständig erledigt.“ Die ausschliessende Frist für die Einsendung der Bewerbungs- schriften, welche in deutscher, lateinischer oder französischer Sprache verfasst sein können, ist der 1. März 1882. Jede Bewer- bungsschrift ist mit einem Motto zu versehen, und dieses auf dem Äussern des versiegelten Zettels, welcher den Namen des Verfassers enthält, zu wiederholen. Die Ertheilung des Preises von 1800 M. erfolgt in der öffentlichen Sitzung am Leibniztage im Juli 1882. Den Statuten der Steinerschen Stiftung gemäss hat ferner die Akademie den diessjährigen Preis derselben Hrn. L. Lindelöf in Helsingfors zuerkannt für seine zuerst im XIV. Bande des Bulletin de ’Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg veröffent- liehte Arbeit, welche den Titel führt: „Proprietes generales des polyedres, qui, sous une £tendue superficielle donnee, renferment le plus grand volume“, und welche die vollständige Lösung der von Steiner selbst im XXIV. Bande des Crelleschen Journals S. 236 gestellten Aufgabe enthält: „Sous quelles conditions un polyedre convexe, determine quant A son espece, et de surface donnee, est-il un maximum?* Nach Vortrag dieses Berichts wurde der versiegelte Zettel, welcher den Namen des Verfassers der nicht gekrönten Bewer- bungsschrift mit dem Motto „Geometrica geometrice* enthielt, den Statuten gemäss in der Sitzung uneröffnet verbrannt. Bericht über die akademische Preisfrage aus dem Miloszewsky'schen Legat. „Unter den Einwirkungen, welche die deutsche Philosophie seit Leibniz von der ausserdeutschen Philosophie erfahren hat, ist 46* 636 Öffentliche Sitzung die der englischen Philosophen — Locke’s, Berkeley’s, D. Hume’s, Shaftesbury’s und der übrigen englischen Moralisten, Reid’s und seiner Nachfolger in der schottischen Schule — von besonderer Bedeutung. Die neueren Werke über die Geschichte der deutschen Philosophie haben auch diese Thatsache nicht übersehen; aber keines derselben war bis jetzt in der Lage, sie so vollständig an’s Licht zu stellen, wie dies durch eine monographische Unter- suchung über den Einfluss, welchen die einzelnen deutschen Philo- sophen von englischen Vorgängern erfuhren, über die Verbreitung, welche die Schriften der letzteren in Deutschland fanden, und über die Spuren, die sie in der deutschen Philosophie -zurückliessen, geschehen kann. Um diese Lücke auszufüllen, bestimmt die Kgl. Preussische Akademie der Wissenschaften aus den Mitteln der Mi- loszewsky’schen Stiftung einen Preis für die Lösung der folgenden Aufgabe: Die Akademie verlangt eine in’s Einzelne eingehende Untersuchung über den Einfluss, welchen die englische Philosophie auf die deutsche Philosophie des 18ten Jahr- hunderts geübt hat, und über die Benützung der Werke englischer Philosophen durch die deutschen Philosophen dieses Zeitraums.“ Da diese Aufgabe bis zu dem festgesetzten Termin keinen Bearbeiter gefunden hatte, wurde dieselbe am 5. Juli 1877, unter Erhöhung des Preises auf 300 Ducaten, wiederholt. Jetzt ist nun eine Bearbeitung der Aufgabe eingegangen, mit dem Motto: Iuvat integros accedere fontes. Der Verfasser dieser Arbeit hat eine lange Reihe von philosophischen Schriften des 18. Jahrhunderts mit Fleiss und Sachkenntniss untersucht, um die in ihnen zu Tage tretenden Spuren eines Einflusses der englischen Philosophen, mit deren Lehren und Werken er sich wohl bekannt zeigt, zu ermitteln; und er hat dadurch einen werthvollen Beitrag zur Geschichte der deutschen Philosophie während des bezeichneten Zeitraums gelie- fert. Aber seine Darstellung zeigt nicht allein materiell einzelne nicht unerhebliche Lücken, und sie ist namentlich der Forderung einer Untersuchung über die Verbreitung, welche die Schriften der englischen Philosophen in Deutschland fanden, nur unvollständig nachgekommen, sondern es ist ihr auch nicht in dem Maasse, wie dies zur befriedigenden Lösung der Aufgabe erforderlich gewesen wäre, gelungen, die Ergebnisse der Einzeluntersuchung zu einem vom 8. Juli 1880. 657 lebendigen Bild des geschichtlichen Herganges zu verknüpfen, und die Bedeutung des Einzelnen für das Ganze der geschichtlichen Entwicklung mittelst einer von allgemeineren Gesichtspunkten ge- leiteten Würdigung desselben klar hervortreten zu lassen. Auch der Styl der Arbeit ist von Nachlässigkeiten und Incorrectheiten nicht frei. Müssen aber auch diese Mängel die Akademie abhalten, der Abhandlung mit dem Motto: Iuvat integros accedere fontes den Preis zu ertheilen, so glaubt sie doch der sorgfältigen und verdienstlichen Arbeit des Verfassers eine Anerkennung gewähren zu sollen, indem sie demselben einen Theil der als Preis ausgesetzten Summe im Betrag von 100 Ducaten (= 925 Mark) zuerkennt. Dieser Betrag wird ihm eingehändigt, und sein Name auf geeigne- tem Wege bekannt gemacht werden, falls er im Laufe des näch- sten Jahres die Eröffnung des seinen Namen enthaltenden Zettels beantragt. \ Bericht über die Preisfrage der Charlottenstiftung. Nach dem Statut der von Frau Charlotte Stiepel geb. Freiin von Hopfgarten errichteten Charlottenstiftung für Philo- logie hatte die Kgl. Akademie am Leibniztage des Jahres 1878 folgende Preisaufgabe veröffentlicht: Es sind die Grundsätze darzulegen, nach welchen eine neue kritische Textausgabe der ältesten etwa bis zum Jahre 1521 erschienenen deutschen Schriften Luthers herzustellen sein wird. Auf diese Aufgabe war eine Bewerbungsschrift bezeichnet mit dem Motto: Hinn er soell er ser um getr lof ok liknstafie Hävamaäl rechtzeitig eingegangen. | Die gestellte Preisaufgabe zielte auf den Anfang einer neuen, würdigen Gesammtausgabe der Werke Luther’s, wenigstens seiner deutschen Schriften, an die der heranrückende vierte Säculartag ‘seiner Geburt mahnt. Der Verfasser der vorher bezeichneten Be- werbungsschrift hat sich dieser Aufgabe mit grosser Begeisterung bemächtigt und im ersten Theile seiner Abhandlung den Plan einer Gesammtausgabe im umfassendsten Sinne vorgelegt, dabei aber 638 Öffentliche Sitzung auch seine Forderungen und Vorschläge mit ebenso richtiger Ein- sicht als Umsicht im Einzelnen begründet, so dass man im Grossen und Ganzen ihnen nur beistimmen kann und das geplante Werk in einem andern Maasse und nach wesentlich andern Grundsätzen, als den von ihm aufgestellten, nicht wohl zur Ausführung kom- men kann. Im Haupttheile der Abhandlung wird der Preisaufgabe gemäss der Bestand der Überlieferung von 21 in den ersten fünf oder sechs Jahren der schriftstellerischen Thätigkeit Luther’s von ihm erschienenen deutschen. Schriften dargelegt. Übergangen sind nur eine Anzahl Predigten und Flugblätter aus den Jahren 1519 und 1520, für die das hier am Orte zugängliche Material allein wohl nicht ausreichte, und, was die Preisaufgabe gestattete, die meisten Schriften des Jahres 1521. Aber auch so hat der Verfasser den Beweis einer tüchtigen und starken Arbeitskraft geliefert. Behan- delt sind alle wichtigeren, bis 1521 erschienenen Schriften und auf die Feststellung der Reihenfolge der Drucke und die Ermitte- lung der Autographa ist aller Fleiss und alle Sorgfalt verwendet. Auch da, wo zuletzt die blosse Vergleichung der Varianten ent- scheidet, lässt der Verfasser Sicherheit der Methode und ein ge- sundes, gerades Urtheil und auch im Übrigen die specielle philo- logische Vorbildung für seine Aufgabe nicht vermissen. Seine Auseinandersetzungen gewinnen im Fortschritte der Arbeit zu- sehends an Präcision und Bündigkeit. Er hat ohne Zweifel einen guten Anfang einer Luther-Bibliographie geliefert, wie sie einer neuen Gesammtausgabe der Luther’schen Werke voraufgehen muss und für sie die Grundlage bildet. Ist daher die Arbeit in ihrer gegenwärtigen Gestalt als ein blosser Anfang auch nicht zur Ver- öffentlichung geeignet, den von der Stiftung ausstehenden Preis hat sie wohl verdient. Derselbe besteht in dem Genusse der, z. Z. 41 pCt. betragenden, Zinsen des Stiftungs-Capitals von 30000 Mark für die vier Jahre 1880 bis 1883. Die Eröffnung des zu der Bewerbungsschrift gehörigen ver- siegelten Umschlags ergab als Verfasser Hrn. Dr. phil. Ernst Henrici in Berlin, und ferner den Nachweis der Erfüllung aller- statutenmässig für die Bewerber vorgeschriebenen Bedingungen. Demnach ist der Preis Hrn. Dr. Henrici zuerkannt. | vom 8. Juli 1880. 639 Sodann wurde folgender von der vorberathenden Commission der Bopp-Stiftung abgestattete Bericht verlesen: „Die unterzeichnete Commission beehrt sich hiermit, gemäss $12 des Statuts der Bopp-Stiftung, für die bevorstehende Feier des Leibnizischen Jahrestages folgenden kurzen Bericht über die Wirksamkeit der Stiftung im vergangenen Jahre und über den Vermögensstand derselben zu erstatten.“ „Da sich der Zinsertrag leider durch die erfolgte Kündigung der bisher innegehabten 5-procentigen Hypothek und durch die Unmöglichkeit das damit frei gewordene Capital von 36000 Mark zu einem 4 pCt. übersteigenden Zinsfusse sicher anzulegen, um jährlich 360 M. verringert hat, so standen für den diesjährigen 16. Mai nur 1550 M. zur Disposition. Die Verwendung dieses Er- trages ist auch diesmal wieder zur Unterstützung junger Ge- lehrter in ihren sprachwissenschaftlichen Studien beschlossen wor- den, und zwar wurden dem Dr. Eugen Hultzsch aus Dresden, derzeit in London, 900 M., und dem Dr. L. Garbe, Privatdocent in Königsberg, 450 M. zugetheilt.* „Der Jahresertrag der Stiftung betrug 1851 M., und beträgt fortab zunächst nur 1527 M.* „Lepsius. A. Kuhn. Schmidt. Steinthal. Weber.* Schliesslich trug Hr. Waitz den folgenden Jahresbericht ‚über die Monumenta Germaniae Historica vor. Wenn ich über den Fortgang der Monumenta Germaniae im verflossenen Jahr zu berichten habe, so muss ich zunächst des schmerzlichen Verlustes gedenken, den, wie die Akademie, die Ber- liner Universität und die historische Wissenschaft überhaupt, auch die Centraldirection durch den Tod ihres Mitglieds, des Professors Nitzsch in den letzten Wochen erlitten hat. War derselbe auch nicht unmittelbar bei der Leitung einer bestimmten Abtheilung thätig, so hat er doch durch lebhafte Theilnahme an den Verhand- lungen der Plenarversammlung wie des Localausschusses der Cen- traldireetion sowie an der Redaction des Neuen Archivs sein reges Interesse an dem grossen Unternehmen und sein einsichtiges Ur- theil mannigfach bewährt. Auch die auswärtigen Mitglieder der 640 Öffentliche Sitzung Centraldirection, denen seine Persönlichkeit besonders werth ge- worden, haben ihre Theilnahme an dem frühen Hinscheiden des trefflichen Mannes warmen Ausdruck gegeben. Ein anderer schwerer Verlust war der frühe Tod des Dr. Foltz, Mitarbeiters an der Abtheilung Diplomata, der im August des vorigen Jahres bei einer Bergbesteigung verunglückte: eine be- deutende Kraft, die auf ihrem Gebiet sich auf das Beste bewährt hatte, und auf die wir glaubten bei der Fortführung dieser Ab- theilung wesentlich rechnen zu können, ist so für die Monumenta und für die Wissenschaft verloren gegangen. Es ist dies um so empfindlicher gewesen, da auch der Leiter der Abtheilung Hofr. Prof. Sickel in Wien von einem längeren Leiden heimgesucht war. Hat dasselbe ihn auch nicht genöthigt seine Thätigkeit für die wichtige, von ihm übernommene Aufgabe, mit welcher auch die Ausgabe der von der k. Preussischen Direction der Staats- archive veranstalteten umfassenden Sammlung von Facsimiles Deut- scher Königs- und Kaisersurkunden in nahem Zusammenhang steht, zu unterbrechen, und ist in dem Dr. v. Ottenthal ein neuer tüchtiger Mitarbeiter gewonnen, so hat doch der Druck der Urkun- den der Ottonen in diesem Jahr suspendiert werden müssen; wird aber hoffentlich bald wieder aufgenommen werden können. Eine wichtige Vorarbeit ist der 7. von Sickel’s Beiträgen zur Diplo- matik, der eingehend über Kanzler und Recognoscenten bis zum J. 953 handelt. Die Zahl der jüngeren Mitarbeiter ist durch den Eintritt des Dr. Rodenberg aus Bremen bei der Abtheilung Epistolae unter der Leitung des Prof. Wattenbach vermehrt. Derselbe hat die Ausgabe der von Pertz vor vielen Jahren aus den Regesten des Vaticanischen Archivs gemachten Abschriften übernommen und diese so weit gefördert, dass mit dem Druck der Briefe Papst Honorius III. eben der Anfang gemacht werden konnte. — Dr. Heller, der älteste unter den Mitarbeitern der Abtheilung Serip- tores, hat mit Genehmigung der Centraldirection sich zugleich an der hiesigen Universität habilitiert, was selbstverständlich einen Theil seiner Zeit in Anspruch nimmt, ihn aber nicht gehindert hat einige bedeutende Arbeiten für Band XXV der Scriptores zu vollenden. Recht eigentlich auch den Monumenta zu gute gekommen ist die grössere Musse, welche dem Prof. Mommsen für seine litera- vom 8. Juli 1880. 641 rischen Arbeiten gewährt worden ist. Nachdem derselbe im vori- gen Herbst die Bibliotheken der Schweiz und Italiens besucht, hat er an die lange sehnlichst erwartete Ausgabe des Jordanis und der kleinen Chroniken Hand gelegt; der Druck des Textes des Jordanis ist vollendet, und nur Vorrede und Register stehen noch aus. Über die verschiedenen Recensionen der Chroniken des Marcellin und Isidor sind der Akademie bereits nähere Mittheilun- gen gemacht. — In derselben Abtheilung ist die neue Ausgabe des Corippus, unter Benutzung namentlich einer hierher gesandten Handschrift der Madrider Bibliothek, von Dr. Partsch in Breslau als zweite Abtheilung des 3. Bandes ausgegeben worden. In der Abtheilung sSeriptores ward der Druck der beiden Bände 25 und 13 fortgesetzt und der erste wenigstens dem Ab- schluss nahe gebracht. Er umfasst die Deutschen Localchroniken bis zum Ende des 13. Jahrhunderts: eine Reihe bedeutender Werke zur Geschichte Brabants, Hennegaus und Flanderns, die Chronica “ prineipum Saxoniae mit den Resten alter Brandenburger Aufzeich- nungen, die Chroniken des Sifrid von Balnhausen, der Klöster Rastede und Stederburg, die Fortsetzung der Eichstädter Bischofs- geschichte, die Passauer und Kremsmünsterer Aufzeichnungen über die Geschichte des Bisthums und Klosters wie über die der Herzöge von Baiern und Österreich sind hier den im letz- ten Jahresbericht aufgeführten Stücken hinzugefügt worden, bear- beitet theils von den Drr. Heller und Holder-Egger, theils von mir. In Band 13, der die erforderlichen Nachträge und Ergänzun- sen der 12 ersten Bände bringen soll, sind eine Anzahl theils ungedruckter oder doch erst vor Kurzem aufgefundener, theils bis- her nicht hinlänglich gewürdigter Annalen, mehrere kleinere Chro- niken und Genealogien, dann zum ersten Mal vollständig die Ful- daer Todtenannalen mit einer Fortsetzung aus Kloster Prüm, ausserdem umfassende Auszüge aus Angelsächsischen und Engli- schen Geschichtswerken dieser Periode, bearbeitet von Dr. Pauli in Göttingen und Dr. Liebermann hier, endlich eine Zusammen- stellung aller erhaltenen älteren Bischofs- und Abtskataloge, eine ebenso mühsame wie dankenswerthe Arbeit von Dr. Holder- Egger, gedruckt. Ausgegeben ward eine neue Octavausgabe von Bruno de bello Saxonico von Prof. Wattenbach und die von mir bearbeitete der verschiedenen Texte und Fortsetzungen der grossen Öhronica regia 642 Öffentliche Sitzung Coloniensis, der auch eine Anzahl anderer Stücke beigegeben sind, die theils die Geschichte der Stadt im 12. und 13. Jahrhundert, theils den Text jener umfassenden Chronik erläutern, darunter mehreres bisher ungedruckt. Ausserdem sind die Arbeiten für den Fredegar und die Gesta Francorum von Dr. Krusch, für die Streitschriften des 11. Jahrh. von Prof. Thaner in Innsbruck, für die Magdeburger Bischofs- cehronik von Prof. Schum in Halle, für das Chronicon Altinate von Dr. Simonsfeld in München, für Ottokars Reimchronik' von Dr. Lichtenstein in Breslau eifrig fortgesetzt. Und wir dürfen hof- fen, dass auch andere die von ihnen übernommenen Arbeiten för- dern und zum Abschluss bringen werden. In der Abtheilung ZLeges hat Dr. Zeumer, von dem in dem nächsten Bande des Neuen Archivs ein grösserer Aufsatz über die Fränkischen Formelsammlungen veröffentlicht wird, die Bearbeitung des Textes derselben im wesentlichen abgeschlossen. Ebenso ge- denkt Prof. Boretius in Halle die neue Ausgabe der Capitularia demnächst dem Druck übergeben zu können. Für die Merovin- gischen Concilien sind Cheltenhamer, Kölner, Münchener und meh- rere Pariser Handschriften von Prof. Maassen in Wien verglichen. Mit anderen Theilen der umfangreichen hier vorliegenden Arbeiten sind Prof. Sohm in Strassburg, Prof. Frensdorff in Göttingen, Prof. Weiland in Giessen, der nunmehr die Sammlung der Reichs- gesetze übernommen hat, beschäftigt. In der Abtheilung Epistolae unter Leitung des Prof. Watten- bach haben zunächst die für die gesammte Geschichte des Abend- landes so wichtigen Papstbriefe die Thätigkeit der Mitarbeiter in Anspruch genommen. Ausser der schon erwähnten Veröffentlichung aus den. Vaticanischen Regesten handelt es sich einmal um eine sehr merkwürdige kirchenrechtliche Sammlung einer Londoner Handschrift, auf welche Pertz wohl schon vor Jahren aufmerksam geworden war, ohne sie jedoch weiter zu benutzen und in ihrer ganzen Wichtigkeit zu erkennen. Eine Abschrift, die der-viel er- probten Gefälligkeit des Hrn. Bishop in London verdankt wird, gab Dr. Ewald Gelegenheit im Neuen Archiv eine Reihe inter- essanter Mittheilungen und scharfsinniger Untersuchungen zu ver- öffentlichen. Daneben hat derselbe die Vorarbeiten für die Ausgabe der Briefe Gregor d. G. zum Abschluss gebracht, wofür eine wich- vom 8. Juli 1880. * 643 tige, lange für verloren gehaltene, jetzt in Petersburg wiedergefun- dene Handschrift von wesentlicher Bedeutung war. Briefe, Urkunden und Rechtsdenkmäler sind vereinigt in einem Werke, das in diesen Tagen ausgegeben wird: Acta imperii sae- euli XII. inedita, bearbeitet von Hofr. Prof. Winkelmann in Hei- delberg. Wenn dasselbe auch nicht unmittelbar zu der langen Reihe der Bände der Monumenta Germaniae gehört, so hat doch die Centraldireetion einen wesentlichen Antheil daran, da sie sowohl die in ihren Sammlungen enthaltenen Actenstücke zur Reichsge- schichte vom Tode Heinrich VI. bis zum Ende des Interregnums, darunter das in Marseille von Prof. Arndt aufgefundene merkwür- dige Registrum K. Friedrich II, vereinigt mit dem was Hofr. Prof. Ficker in Innsbruck und der Herausgeber gesammelt, hier zur Veröffentlichung gebracht, wie auch zu einer Reise des: letzteren nach Italien ihre Beihülfe gewährt hat. — Und auch eine andere wichtige Publication darf hier erwähnt werden: die neue von Prof, Ficker geleitete Bearbeitung der Böhmer’schen Regesta imperi, ‘“ die ursprünglich in so nahem Zusammenhang mit den Monumenta Germaniae standen und sich erst später zu einem ganz selbständi- gen Unternehmen ausgebildet haben, ist zu unserer Freude wenig- stens insoweit mit jenen in Verbindung geblieben, dass nicht un- bedeutendes Material aus ihren Sammlungen dort verwerthet wer- den konnte. Von dieser neuen Ausgabe sind unlängst die erste Hälfte des nach jetziger Bezeichnung Bandes V, auch die Zeit Philipps bis zum Schluss des Interregnums umfassend, von Ficker selbst bearbeitet, und ebenso des Bandes I, Karolinger bis zum Tode Karl d. Gr. von Dr. Mühlbacher in Wien, er- schienen. Die Geschichte der Karolingischen Zeit erhält eine wesent- liche Förderung durch die Sammlung der Gedichte dieser Zeit, mit der Prof. Dümmler in Halle die Abtheilung Antiquitates beginnt. Nachdem derselbe im N. Archiv ausführliche Nachricht über die zahlreichen benutzten Handschriften gegeben, ist jetzt der Druck selbst in rüstigem Fortgang begriffen. — In derselben Abtheilung ist eine Sammlung der Necrologien zunächst bis zum J. 1300 in Angriff genommen, als Anfang die der Alamannischen Diöcesen dem Dr. Baumann in Donaueschingen übertragen. Ein näheres Interesse hat die Centraldirection an der Unter- suchung der Petersburger Handschriften durch den Dr. Gillert 644 Öffentliche Sitzung vom 8. Juli 1880. genommen, zu der auch die k. Preussische Regierung ihre Bei- hülfe gewährt hat. Ihre Resultate werden im N. Archiv veröffent- licht, das unter Prof. Wattenbach’s Leitung fortfährt, wichtiges Material für die Kenntniss und Kritik der Quellen zur Geschichte des Deutschen Mittelalters zu Tage zu fördern. Zum Schluss ist der Veränderung zu gedenken, die in der Aufbewahrung unserer Sammlungen eingetreten ist. Nachdem meh- rere Jahre hindurch die Akademie ihnen bereitwillig ein dankbar anerkanntes, aber freilich nicht voll befriedigendes Unterkommen gewährt, dann einem Theil zur Sicherung gegen Feuersgefahr von dem Director der k. Preussischen Staatsarchive ein Platz in den gewölbten Räumen des hiesigen Staatsarchivs gegeben war, ha- ben jetzt das Reichsamt des Innern und der Reichstag die Mittel zur Beschaffung eines Locals bewilligt, das zugleich einen ange- messenen Arbeitsraum darbietet. Würde die Centraldirection auch vorgezogen haben ein solches Unterkommen dauernd in einem öffentlichen Gebäude zu gewinnen, so muss sie doch auch dies als eine wesentliche Verbesserung dankbarst begrüssen. Zu gleichem Dank ist sie fortwährend dem Auswärtigen Amt, der hiesigen königlichen Bibliothek, zahlreichen auswärtigen Re- gierungen, Behörden, wissenschaftlichen Anstalten und einzelnen Gelehrten verpflichtet für die Förderung, die sie ihren Arbeiten zu Theil werden lassen. Nur ganz ausnahmsweise wird einmal eine Bitte wegen Übersendung von Handschriften vergebens gestellt. Dann ist aber bei der Leichtigkeit der Reiseverbindungen und den uns durch die Regierungen des Deutschen Reichs und Oesterreichs gewährten Mitteln, die wenigstens bisher auch den wachsenden Be- dürfnissen genügt haben, ohne sonderliche Schwierigkeit an Ort und Stelle das Nöthige zu erreichen. Die neue ÜOentraldirection hat in diesem Jahr ihr erstes Quin- quennium zurückgelegt, nicht ohne schmerzliche Verluste und Stö- rungen, wie sie menschlichem Wirken nicht erspart bleiben; aber, wie ich glaube sagen zu dürfen, so dass es auch an guten Erfol- gen nicht gefehlt hat und wir mit Vertrauen auf den weiteren Fortgang des Unternehmens hinblicken können, bei dem jetzt so mannigfache und reiche Kräfte betheiligt sind, dass jeder Einzelne seine Arbeit nur als Beitrag zu einem grossen gemeinsamen Werk anzusehen hat. über die Grenzen des Magdeburgisch-Köthen- ‚as n 1. r A % 646 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse 19. Jul. Sitzung der philosophisch -historischen Klasse. Hr. Curtius las: Über ein Decret der Anisener zu Ehren des Apollonios. Seit einem halben Jahre ist das K. Museum im Besitz einer Bronzetafel mit einer wohl erhaltenen Inschrift von 25 Zeilen. Die Tafel ist auf beiden Seiten von korinthischen Halbsäulen eingefasst, auf deren Kapitellen zwei männliche Figuren als Träger des Ar- chitravs standen; die eine ist vollkommen erhalten, von der ande- ren nur die Füsse. I Die Schrift gehört einer Übergangszeit an; die Buchstaben haben z. Th. feste und gerade Linien, wie NFMHX. Bei M ist hie und da der eine Schenkel noch kürzer als der andere. Meistens aber sind die senkrechten Linien nach innen gebogen; als Schrift- proben dienen die folgenden, in natürlicher Grösse gezeichneten Lettern: NABRUNNVYER Die convergirenden Linien von A und A überschneiden sich oben. Bei P ist die senkrechte Linie über die Grundlinie hinunter ge- zogen. Neben M ist die eursive Form A vorherrschend, das lange O wird nur cursiv geschrieben. Man erkennt überall an den weichlichen Strichen den beginnenden Verfall der Lapidarschrift. Auffallend ist das oben offene ® (%). Mancherlei Nachlässig- keiten kommen vor, wie ZE®ANOC Z. 29 AKAHPOMHTOC Z. 10 ’Arorrwrıos kommt mit einfachem und doppeltem Ä vor. Sonst ist die Schreibung, auch der Diphthonge und Vocale, durchaus cor- rect, das iota subscriptum fehlt nur einmal (im Artikel von Onlaw Z.20). Im Texte finden sich wohl Spuren späterer Gräcität; in- dessen wird man nach Mafsgabe des gesammten Schriftcharakters nicht geneigt sein, die Urkunde weiter hinunterzusetzen als in das letzte Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Damit stimmt auch der plastische Schmuck. Denn, wenn die Pilaster auch roh gear- beitet sind, so zeigt doch die Figur des erhaltenen Gebälkträgers noch einen unverkennbaren Anschluss an die Tradition echt helleni- scher Kunst. ar | ” 1 “ en OMA RER TOUNWIAR! i Be ER Deu, we ana DR Bonn Ri et ; r | AR Ay TıADHAN AIR Homanersın a Por OMA "© Kakrsoryd x Saar Ben ‘ STH aRNND od ET SEN. Na Een ehe HauYort>sru> cz, 17 1 { er u « & ala ie ir na; | AAKHMEN HAroTı I: ID aansowm 4 DUHAHMBRTMND A e KM NTOBEM IBAaMA Wr KAIANON 4A NW MARITA NN TIER; KoruH T 2 1 2% ey DM 32 “ IWW OL:-B21DT „Horraın es o ) (WM “ ir De N: 7 a 15 20 25 30 [Zu a a a Ss ETOYC ZMHNOCAIOYENANICcOICEMI AHUIOYPFTOYTMATOYTOYBAAACWITOY EAOZENANICHNWNTHIBOYAHIKAITWI AHUWITPYTÄNIWNEITÄNTWN ETEI ATOAAWNIOCABBATOCYTTAPXWNÄNHPKANOC KATABOCAIATENEITTEPITOHMETEPONTTONITEYMA APZACAEENTWI AETEIMETAKAIETEPWNOC KAIANTITOIHCAMENOCTHNCINAHNOTYT TOY ATOAWNIOYAKAHPOUHTOYOYCIAÄNYTTOCTHCA MENOCAATANACTEKÄIKÄKOTTABOIACKANOYMENOC ENETCEBEIAIEMITHNAIKÄIOAOCIANENMITE UHNO$IAOYTTOYTUAIAATOTAPXIAIOIKHTOTKA ANEZANAPOTTOTCACAITOYENEYCEBEIÄIETITHC MONEWCYMOTEANOTTHNOYTOYTEIPEOYCTOYKAI ANTITOIOYUENOYTHNKAHPOVOUIANKAIETEPWN TINWNTONITWNOYTTPOEAWKENTONAHMONANNA CTOYAHNKAI®BINOTIMIANEICENETKAUENOCTEPI ETOIHCENTWIAHUWIKATAATOSACINTHNKAHPO NOUIANAIOKAIAEAOXOAITHIBOYAHKAITWAHUWI MHATTAPACHMÄNTONEACAITHNTOTANAPOCKANOKATA OIANAAAAÄKATATHNTETENHMENHNENBOYÄHIKAIEKAH CIAIXEIPOTONIÄAÄNYNÄPXEINAYTONEYEPFTETHNTOoTY AHUOYTKAICTE$ÄNOYCOAIENTETOICAIOCCWTHPIOIC KAIHPAKKEIOICKAIENTAICKATÄUHNAKAIKATENIATTON AHUOTENECICYNOAOICXPYCWICTE$ANWITOTIEPO KHPTYTKOCANATOPEYONTOCKATATAAEOAHUOC CTEBANOIAMOAAWNIONABBA ETEPFETHNXPYCWI CE$BÄNWITTXHIATAOHI TOYAEYH$ICUÄTOCTOYTOY ToAnTIırpa$onanäÄrPAYAÄNTAEICNAAKAXÄNKOYN DEN DO EL IENDZALL EINE ISTTERSOENGAEOEIETTIOESTETEHICHDECZTTZPERSTEHE HT EEE DET OTWCANKAIOIAOIMOIBEWPOYNTECTOTOYZIWUOT ETXKAPTCTONMEIPWNTALAEITINOCATABEOYMAPALNT ION Bene cospAı ru ımonNeı S. 646]. KETiHS ara am N“ Aaanor yanAanvroT“ vwob Se‘ ANVeEgLHTWÄnMH NT yAamsEOAs ER A zÄARaa 930 ıMwArNDoNA rira2oaA1AN 338 | TAALAN AOMMA # AHNdM: haar vLH YarTBRhd 2. Air a m MIR en H THOM» M 4 x o x BEHHUAMN HA 1 A TALIO 2 Ä 7? EL . WwWrTW axyuroTrt A Im ch Aitho, A YarTıaa “am n Pe . h Kr % he den ui H ‘ 4 % MUT ANA TOT N Y ame 9? Mt \ E pn r TO TIADAITOTTOLNALINA e £ ER DU TMN OMAATOTUT 2 WAen I MOSHASDUETOASUVOLOMTMA BL: = Pr A ai o IHTOorW TI NOTMW m vr n IaMAN TOR IBAN HSETOIND Ra TARIW HH B own aanı Orte EFIROXOAIL I AND LÄRM ANIEONM ; METUAMHDATATAM IL ana Ta Ren Are We Be a) INA nn 63 2 HH 2.0 ER kn # 4 DIE mn 2, 7 N e HK @ MumOSA TUR RRAREBENE v 1; N \ y p ! 2 N h ’ ai aan: = af Be TER 4 £ a IB.‘ BD « j un eng 2 = f - * / u ua h vi IAaramı aAbary ion 959 | Ri N vom 19. Juli 1880. 647 Die Inschrift ist ein Dekret der Stadt Anisa, die hier zum ersten ‘Male auf einem klassischen Denkmal vorkommt!); die Einwohner heis- sen ’Arısyvor; ein Ethnikon, dessen Suffix von Stephanos Byz. ausdrück- lich als ein üngriechisches bezeichnet wird und zwar als ein solches, welches den syrischen Stämmen eigen ist. So bildete "Edssc« die Form ’Eösssyvös zar& Foüs Emıywgious, während die griechische Form ’Edsssetos lautete, eben so von Barya die eine Form zar« zov %oyov, die andere zar« 70 emıy,wgor. Epichorisch war also auch Kageyvo: von Karrai in Mesopotamien?). Nach Syrien weist auch der Dienst der Astarte, in deren Heilisthum- die Tafel aufgestellt war; damit stimmen die barbarischen Namen der Anisener; damit die nahen Beziehungen, in welchen ihre Gemeinde zu der Stadt Eusebeia stand (wahrscheinlich Tyana); damit endlich auch die freilich unverbürgte Nachricht, dass die Tafel aus dem Grenzlande zwischen Kleinasien und Mesopotamien stamme. Es wird also, da an die bei Theophylakt p. 220 ed. Bonn. erwähnten Anisener, deren Gebiet in Kurdistan lag, schwerlich zu denken ist, wahrscheinlich eine syrische Stadt sein, die nach Alexander hellenisirt worden ist; denn sie hat bei mancherlei Spuren einheimischer Nationalität grie- chisch genannte Bürger, griechisch-makedonische Monate, griechische Feste (des Zeus Soter und Herakles) und Festgebräuche, griechi- sche Verfassung mit selbständiger Finanzverwaltung. Senat und Volk (öyuos, 2z#Ansie) fassen durch Cheirotonie gemeinsame Be- schlüsse; Prytanen, welche wir als Mitglieder des Raths anzusehn haben, berufen die Gemeinde und stellen Anträge. So finden wir in Eretria Polemarchen als Antragsteller (ol ortuagya eimen 1) Auf seltenen Bronzemünzen, die gewöhnlich nach Lydien gesetzt werden (unser Cabinet hat deren 3 aus Commodus Zeit) findet sich die Um- schrift ANINHCIWN. Da in den Grenzdistrikten von Kleinasien und Sy- rien die Schreibung der Ortsnamen häufig eine schwankende ist (z. B. Tyana, Toana, Tynos, Dana) und denselben Städten verschiedene Namen zukommen (Hierapolis, Bambyce, Edessa), so darf man wenigstens die Möglichkeit andeuten, dass die Anisener und Aninesier identisch seien. Rawlinson hat im Journal of the Royal Geographical Society X p. 74 die Azones bei Pli- nius N. H. VI, 118 mit den Anisenern bei Theophylakt identifieiren wollen. Ich verdanke diese Notiz meinem Collegen Sachau. 2) Dieselbe Form findet sich auch bei syrischen Niederlassungen aus- serhalb Syrien: "Aorupa ’Acrupyvoi, vgl. Aurov Aaryvot etc. 643 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse C.1I. Gr. 2144); in Byzanz die Strategen (2060), in Olbia die Ar- chonten und die Siebenmänner (II p. 88 B). An der Spitze der Gemeinde stehen Demiurgen. Es ist ein Amt, das sich in helle- nistischer Zeit aus dem Mutterlande vielfach nach dem Orient ver- breitet hat. Demiurgen so gut wie Prytanen finden wir im kiliki- schen Iatape, Demiurgen ebenfalls in Pamphylien, Pisidien ete. Man kann aus dem, was von der Verfassung bekannt ist, auf eine durch Steigerung der Beamtenmacht beschränkte Demokratie schliessen, wie solche Einschränkungen überall stattgefunden haben, wo die Herrschaft Roms in die Welt griechischer Republiken ein- getreten ist. Von römischem Einflusse scheint auch das &do&: am Ende des Decrets ein Zeugniss abzulegen; denn es entspricht voll- kommen der Schlussnotiz censuere, der officiellen Angabe, dass eine normale Abstimmung stattgefunden habe. Es ist eine vom Senatsdecrete entlehnte Formel; &do&e und censuere finden sich als einander entsprechende Formeln im 5. C. de Thisbaeis. Wenn wir bei griechischen Urkunden die römische Zeit durch römische Namen gekennzeichnet zu schen gewohnt sind, so ist dies hier nicht der Fall. Wir finden in beiden Städten überwiegend ungriechische Personennamen und zwar erstens solche, bei denen das oben besprochene Suffix wiederkehrt, wie Sıwöyvos, ’Avorryvos; zweitens solche, die auch ihrem Stamme nach orientalischen Ur- sprungs zu sein scheinen, wie "Aß@as (im Genitiv ’AQQ« oder hellenisirt "A@ßaros), Har&s (aus dem makedonischen Edessa und pontischen Inschriften bekannt), Baracswros, Narairas; drittens Namen, die sich auf orientalische Götterdienste beziehen, wie Mar- Sarns (der von der Ma Gegebene?) und Myvodıros. Eine zweite Gruppe ist die der griechischen Namen, wie ArorAwvios und "Are£avögos, welche, mit den fremden Namen ver- bunden, wie ’ArorAwvios "AßL«, eine allmähliche Hellenisirung der eingeborenen Familien bezeugen. Wenn nun römische Namen durchaus fehlen, römischer Einfluss aber sich zu erkennen giebt, so wird man geneigt sein, die Urkunde der Zeit zuzuschreiben, wo dieser Einfluss sich in den syrischen Ländern durchgreifend geltend zu machen anfing. Dies geschah durch Pompejus a. u. 690. Es liegt also die Vermuthung nahe, dass die Epoche der Anisener dieselbe sei, welche wir von Antiocheia an bis Phönizien und Pa- lästina antreffen. Damit würde die Schriftart wie der Stil des plastischen Schmucks nicht in Widerspruch stehn. Dann würde “ RER vom 19. Juli 1880. 649 die Urkunde dem Jahre 58 v. Chr. angehören. Es ist aber die Zahl städtischer Aeren in Syrien zu gross und unsere Kenntniss gleichartiger Stadturkunden dieser Gegend zu gering, als dass über die Zeit der vorliegenden Erztafel für’s Erste mit grösserer Sicher- heit geurteilt werden könnte. Die Inschrift lautet: $) » , 7 c , \ , O7 Me) ’ \ Ayasn ruyyn‘ Erous e@domou Mnvos Arov Ev ’Avircus Em n- m a ’ 2 6) m m m \ Ev Movoyoü Harov rov Baracwrrou edogev Avıoyvwv N Bovan Aa TW On BeuRcHinn sinavrwv' e) \ Erst "Amoriwvios "AßBaros ÜTrCEEY aD avno HaAOg nn. m \ dtreret regt 70 AErEgoV TWoNTEUNG, aogas de Ev rw TeTEoTW Erei x Kme ’ \ e) I \ n wm 2? 5 Merß aa Eregwvos zaı za Tyv Ziwöyvov To) ae Re vojunrou oUciav, Ümos rne@zvos Öamavas TE zum HuH0omaSias #Aoumevog Zu Evseßeia € emı zyv Oızaodoriav Emmi TE Myvocbirou rov Meı- Öarou Eeydoıznroü za[ı] "ArsEavödgov rod Zasairov &v Evosßeig Emı m , car e} nn n \} m \ e) ’ \ Tns moAews Uno re Avonrnvov rov Teigeous ToU zu aurımooumevou Tyv 3 ’ ac m m E ü \ ee > \ AD mMgOVOlLaV za ErEgWv TIvwv TOAITWV OU mooeÖwzEv Tov Önkov, RAAE STOU- on x 37 > 7 I m er) \ 2) 1 yv Aa Dıkorımav EITEVEYARWEVOS MEQLEMOINTEV TW Oymw zara amobe- \ } iv Tnv #ANgOVoMLaEV \ \ 7 u Er \ — 7 \ 6) ’ dıo za dedoy,Faı en Bovrr za TU Önmw, am RTROKENAOUTOV a» \ m e) 6 \ S) 2) \ \ \ u e) ERTL TNV TOV RVOROS ARAorayandınv, AAAK KAT Tyv YEryErnlevyV Ev Se n N <= 7 J e ’ REN e) 7 m ’ Bovrn 171097 EHRANTIG KEIGOTOVIAV VTRONEV RUTOV EVEDYETNV TOou Onmsov \ m „ n ? Ngure J 23 m Aa sredbavousdaı Ev TE TOOLS Arsswrngiors Hot Hoazreioıs Aa Ev Tas x m \ a \ U 2 m 7 Er KATO Ayva Hat AAT EVIALTOV Önlorerert Fuvodars Kavaw erebavw, FTOoU . ’ 3 7 \ J N» = ’ legorngunos RVOYOPEVOVTOS ARTE ads: O Öywos arehbavor "AroAAwvıov „ Pr 1 r >) m n} \ ABB« elegyernv Aovsw olr)ebavw TUyn ayayy“ roü [0% Unbirweros ’ H 3 ’ > , > ’ Er e) Qr 3 n Fourou To Kvriyoaıbov aveyoalavree EIS TARHR YRAHOUV AvaTeivaı Ev Tu I m Er b} 1 rn m o \ \ re \ S 5 A moovau ToV Tns Acraorns lepou' omws KV Hu oL Aoımor JEwgoUVTeg To m 3% > ’ & En DE, b) m J J S TOU NlA0U EUNREITTOV MEIOWVTOH EI TIvog EyaToÜ MAgAITIOL SYEVET al m 4 en morsı. "EöoEe. Wir finden in der Inschrift noch eine zweite Stadt genannt, die dem südöstlichen Kleinasien angehört hat, Eusebeia. Es gab aber zwei kappadokische Städte dieses Namens, denn sowohl Mazaka am Argaios als auch Tyana hiessen Eusebeia, drei Ta- gereisen von einander entfernt. Tyana lag an der alten assyri- schen Heerstrasse, den Taurospässen benachbart, die nach Cilieien = .. m n m 7 und Syrien führen (ürorerrwzvie ru Tavagw ru zure ras Kırızias [1880] 47 650 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse TUR, HRS ds eumertoraraı #0 HOWoTaTen naciv eiow ai eis ryv Karuzlav za myv Zvolav Umeo@orci Str. 537); man denkt also zu- nächst an dies Eusebeia, # roös rw Tavgg. Der in diesen Gegen- den wiederkehrende Name Eusebeia, welchen man bei Mazaka mit dem Beinamen des Ariobarzanes Eusebes in Verbindung gesetzt hat, ist vielleicht ein religiöser Ortsname, welcher, aus einheimi- scher Sprache in das Griechische übersetzt, einen Priestersitz und Wallfahrtsplatz bezeichnet. 'Tyana war ein Tempelort des Zeus As- bamaios, dessen heiliger See und Quell (drßanatov Vöwg, von W. 'L. Hamilton 1837 wieder aufgefunden) eine centrale Bedeutung für die Umlande hatte. Von der Verfassung der Stadt erfahren wir die merkwürdige Thatsache, dass ein Geydıozyrys an der Spitze der Verwaltung stand und neben ihm ein Zweiter, welcher dm) r7s morews genannt wurde. Als nun Sindenos, des Apol- lonios Sohn, vermuthlich ein Verwandter des Anisener Apollonios, ohne natürliche Erben verstorben war und dieser-auf die Erb- schaft Anspruch erhob, wurde ihm dieselbe von Anoptenos, des Teireus Sohn, und anderen Bürgern von Eusebeia streitig gemacht. Er wurde vor das Gericht nach Eusebeia berufen. I Hier wird also ‘das Kapital gewesen sein, um das es sich handelte. Es scheint aber die ganze Angelegenheit kein gewöhn- licher Erbschaftsprocess gewesen zu sein und keine einfache Pri- vatsache. Denn es ist nicht nur von Geldopfern die Rede, son- dern auch von Drangsalen, welche im Stande gewesen wären, weniger energische Charaktere zurückzuschrecken. Apollonios aber unterzog sich allen Unannehmlichkeiten nicht zu eigenem Nutzen, sondern znm Besten seines Vaterlandes. Es war also eigentlich ein Kampf zwischen zwei Nachbarstädten, und da die eine der- selben unter dem Schutze der Astarte stand, die andere unter dem des Zeus Asbamaios, so wird dieser Streit wohl durch beider- seitigen Fanatismus genährt worden sein, Cappadocien ist das Gehiet uralter Priesterstaaten. Der des Zeus in Venasa.war mit einem Heere von 3000 Tempelsklaven nach Komana der mäch- tigste in Kleinasien; der dritte unter diesen priesterlichen Gross- mächten war der des Zeus Asbamaios bei Tyana, dessen Priester- thum auch ein politisches Machtgebiet gehabt haben muss. Unter diesen Umständen ist es besonders merkwürdig, dass wir in Buse- beia keine öffentlichen Ämter finden, wie wir sie in Städten re- publikanischer Selbstverwaltung zu finden gewohnt sind, sondern ! Sitzung der philos.-historischen Klasse vom 19. Juli 1880. 651 solche, welche auf eine abhängige und von einem anderen Mittel- punkte aus verwaltete Stadtgemeinde schliessen lassen, wie der Art des Eoy,dtounrns und des Zmı rys morews. Man könnte also anch hier an eine priesterliche Oberhoheit denken, wie diejenige war, unter welcher Ephesos zu Zeiten gestanden hat. Auf jeden Fall hatte Apollonios als der unerschrockene Vor- kämpfer seiner Vaterstadt durch die schliessliche Zuwendung der streitigen Erbschaft an die Anisener auch der Astarte einen Triumph verschafft, so dass das zu seiner Anerkennung verfasste Ehrendenkmal in ihrem Tempel seine Aufstellung erhielt. Die eherne Tafel wird m?«£ genannt (hier ausnahmsweise masculinum). Dieser Gebrauch des Worts wirft auf die lesbische Inschrift im C. I. Gr. 2169 ein neues Licht und bezeugt die Richtigkeit der Erklärung, welche Kaibel Epigr. Gr. p. 339 giebt. Die Lücke, welche Z. 18 nach ’A@@« sich findet, muss die Vermuthung hervorrufen, dass auch hier "Aßßearos zu lesen sei; doch ist auf der wohl erhaltenen Erztafel keine Spur von Buch- staben in der Lücke vorhanden. | Nachträglich die Notiz, welche ich der Güte des Herrn Dr. Schröder in Constantinopel verdanke, dass die Tafel nach Aus- sage ihres früheren Besitzers des Herrn Alischan aus Cappado- cien stammt. Der verstorbene Dr. Mordtmann soll aber die Landschaft Commagene als Provenienz der Inschrift festgestellt haben. 20° 652 Gresammisitzung ' 22. Juli. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Rammelsberg las: Über die Zusammensetzung des Desceloizits und der natürlichen Vanadinverbindungen überhaupt. Vor einiger Zeit erhielt ich von Hrn. Dr. L. Brackebusch, Professor der Mineralogie an der Universidad Mayor de S. Carlos zu Cordoba in Argentinien eine Sendung von Erzen der dortigen Gegend, namentlich aber von Vanadinerzen, unter welchen ich so- fort eines der allerseltensten, nämlich den Descloizit, erkannte, von welchem nur einige kleine Stücke früher schon nach Paris ge- kommeu waren und den krystallographisch-chemischen Arbeiten Descloizeaux’s und Damour’s gedient hatten. Hr. Websky hat sich der Mühe unterzogen, die Kıystalle genauer zu studiren, als dies seinem Vorgänger möglich gewesen ist. Ich aber habe die chemische Zusammensetzung bestimmt und dabei gefunden, dass Damour leider zu einem ganz unrichtigen Resultat gelangt ist, sicherlich wohl deshalb, weil dieser sonst äusserst sorgfältige Forscher nur wenig und dabei nicht reines Material zur Verfügung hatte. Das zweite Mineral ist der Vanadinit, dessen Analyse mit den früheren Resultaten von Abänderungen aus anderen Gegenden übereinstimmt. Auf meinen Wunsch, etwas Näheres über die Fundorte und die Art des Vorkommens dieser Erze mitzutheilen, schickte mir Hr. Brackebusch kürzlich einige Zeitschriften und Abhandlungen, und entnehme ich aus einer dieser letzteren, welche den Titel führt: Las especies minerales de la Republica Argentina. Buenos Aires 1879. die folgenden allerdings sehr fragmentarischen An- gaben. | Hr. Brackebusch fand diese Erze im Februar v. J. an vier Stellen der Sierra de Cordoba; nämlich auf einem Gang bei Agua- dita, nahe dem Pass von Montoya, südlich von Pichana; ferner in grösseren Massen und in schönen Krystallen in der Grube Venus (Departam. de Minas), etwa zwei Leguas südlich von Aguadita, wo der Descloizit von gelben. Vanadinitkrystallen begleitet ist. j j k vom 22. Juli 1880. 653 Minder schön trifft man jenen in den Gruben Bienvenida und Agua de Rubio an. Handschriftlich fügt der Verf. hinzu, dass er den Descloizit in diesem Jahre auch in der Provinz $. Luis, östlich von S. Barbara in Begleitung von Linarit, Bleiglanz, Malachit und Matlockit gefunden habe. Ich werde an die nachfolgenden Untersuchungen der beiden südamerikanischen Vanadinerze eine Zusammenstellung der natür- lichen Vanadate zum Vergleich ihrer chemischen Natur anreihen. I. Descloizit. Im J. 1854 beschrieb Des Uloizeaux ein krystallisirtes Mi- neral aus der Argentinischen Republik, welchem Damour, der dasselbe analysirte und als ein zink- und manganhaltiges Bleiva- nadat erkannte, den Namen Descloizit gab.!) Später fand A. Schrauf am Berge Obir in Kärnthen, d.h. an demselben Orte, wo 1854 Canaval den Vanadinit gefunden hatte, welchen ich 1856 analysirte und dessen Isomorphie mit dem Pyromorphit etc. ich nachwies, ein ähnliches Mineral, welches von Zippe den Namen Vanadit erhielt. Dies gab Schrauf Veran- lassung, beide zu vergleichen?), indem er die Messungen Des Cloizeaux’s mit denen von Grailich und Weiss und mit eige- nen an den kärnthnerischen Krystallen zusammenstellte, ihre Über- einstimmung darthat, und mit Recht den Namen Deseloizit für beide beibehielt. Die von Damour und Des Oloizeaux untersuchten Kry- stalle stammen höchst wahrscheinlich von demselben Fundort, wie die, deren Beschreibung und Analyse der Gegenstand dieser Ab- handlung ist. | Damour fand das V. G. = 5,839. Seine Analyse ergab nach Abzug von 9,44 p. C. in Salpetersäure Unlöslichem: !) Ann. Chim. Phys. (3) 41,72. ?) Pogg. Ann. 116, 355. In dieser Abhandlung ist irrthümlich der Harz als Fundort des Dechenits und Peru als derjenige des Descloizits ge- nannt. 604 | Gesammtsitzung Chlor 0,35 Vanadinsäure 24,80 Bleioxyd 60,40 Zinkoxyd 2,25 Manganoxydul 9,87 Eisenoxydul 1,48 Kupferoxyd 0,99 Wasser 2,43 98,57 Oder At. 0 0 N Bi n5b.0n 2 Zu 1,80 0,081 Misie. 15500 Tier (ba lä 0,02] Cu 0,80 0,01) -n 0,135 Da 41:27:18, = 1,5:1:0,5, so. wäre der Descloiziıt nach Da mour ein Drittelvanadat, R?V’O°’ +ag, in welchem (Mn ‚Zn, Fe, Cu):Pb = 1:2 At. Indessen hat Damour die Analyse in einem anderen Sinn gedeutet. Weil die Krystalle im Innern hell, nach aussen braun und schwarz gefärbt sind, glaubte er, die Oxyde von Mangan, Eisen, Zink und Kupfer seien als färbende Körper beigemengt und das Wasser gehöre ihnen an. Bringt man dies Alles in Abzug, so wäre das Mineral ein Halbvanadat von Blei, B.bEV AO": Man darf nicht übersehen, dass Damour nur 0,5 Grm. zu jedem der beiden Versuche gehabt hat. Hierzu kommt, dass die von ihm angewandte Methode sehr unvollkommen ist. Er kochte die Vanadinsäure, welche Zink, Mangan und Eisen enthielt, mit Kalilauge, und sagt, die alkalische Flüssigkeit habe beim Stehen an der Luft das Zink als Carbonat (nicht vanadinfrei) fallen las- sen. Es ist klar, dass hierdurch unmöglich der Zinkgehalt be- vom 22. Juli 1880. 655 stimmt werden konnte, und wir werden ‚weiterhin sehen, dass der- selbe in den hellen und den dunklen Krystallen in der That weit srösser und überhaupt ein wesentlicher Bestandtheil des Minerals ist. Wäre das Zinkoxy.d als solches vorhanden, so würde es noth- wendig als Carbonat auftreten. Andererseits hätte Damour leicht sich überzeugen können, dass das Wasser nicht den Oxyden von Mangan und Eisen ange- hören kann. Wären diese nämlich als Manganit und Brauneisen- erz vorhanden, so würden 6,52 Manganoxyd = 0,65 Wasser 2169: Bisenoxyd' ==!.0,28 5 0,93 erfordern, d. h. die Krystalle hätten 7,17 p. C. von jenem und 1,93 p. C. von diesem enthalten —= 9,1 p. C. Verunreinigung (aus- ser Zink- und Kupferoxyd) und 2,43 — 0,93 = 1,5 p.C. Wasser wären überschüssig; mit anderen Worten, die Krystalle hätten 24 Mal so viel Wasser enthalten, als jene Oxyde bedürfen. Wir werden sehen, dass auch das Wasser ein wesentlicher Bestandtheil des Descloizits ist. Die Zusammensetzung des Minerals ist also hiernach noch unbestimmt. Das Vorkommen in Kärnthen wurde von Tschermak unter- sucht!), welcher die unerwiesene Behauptung aufstellt, Damour habe ein unreines und verändertes Material analysirt. Er fand 54,3 p.C. Bleioxyd und nur eine Spur Zink; der Rest = 45,7 p. ©. soll Vanadinsäure sein, allein die von ihm angewandte Me- thode (Schmelzen mit saurem Kalisulfat) ist principiell falsch, wo- rauf schon Czudnowicz aufmerksam gemacht hat.?2) Der Schluss, das Mineral sei PbV’O° (die angebliche Formel des Dechenits) ist hiernach keineswegs begründet. Noch ein anderes Vanadat ist für Deseloizit erklärt worden, nämlich ein in graugelben und braunen kugeligen Aggregaten zu Wanlockhead vorkommendes Mineral. Eine chlorfreie Probe, wel- che Frenzel analysirt hat?), gab 72,12 PbO gegen 22,4 V’O° und 1) Wien. Ak. Ber. 44, 157. 2) Pogg. Ann. 120, 24 (1863). 3) Jahrb. f. Min. 1875, 673. 656 - Gesammitsitzung 4,7 P?O°. Da das Atomverhältniss Pb:V,P = 1:1 ist, so ist dieser Körper Pb’V?”O’ oder vielmehr a | Pb’P?O' | also ein Halbvanadat, aber kein Descloizit, der Zink enthält, und, wie wir sehen werden, ein Viertelvanadat ist. Der Irrthum in Betreff des Minerals von Wanlockhead ist selbst in neuere Lehr- bücher übergegangen!). | Das ausgezeichnete und reiche Material, über welches ich zu verfügen hatte, erlaubte wiederholte Untersuchungen, welche sich sowohl auf die dunkelgefärbten als auch auf die sparsameren hell- braunen Krystalle beziehen. Mit wenig Salpetersäure erwärmt, nimmt das Pulver die hoch- rothe Farbe der Vanadinsäure an, welche durch grösseren Zusatz von Säure sich auflöst, während die Flüssigkeit blassgelb erscheint. Ungelöst bleibt eine ganz geringe Menge Quarzsubstanz. Das V. G. der dunklen Krystalle ist —= 6,080, das der hel- len? == 9,919. AND un kleKıTr yistt aike. I. 2,594, in Salpetersäure aufgelöst, wurden mit Schwefel- säure bis zur Entfernung jener abgedampft. Nach dem Zusatz von Wasser blieben 1,987 PbSO' zurück. Das gelbe Filtrat wurde mit Na?CO° im Überschuss versetzt, zur Trockne gebracht und geschmolzen. Beim Auskochen blieb ein Rückstand von Zink- und Manganoxyd, welcher in Chlorwasserstoffsäure gelöst, mit kohlen- saurem Natron erhitzt und mit Essigsäure im Überschuss versetzt wurde. Das durch Schwefelwasserstoff gefällte Schwefelzink lie- ferte 0,42 ZuO, während aus dem Filtrat 0,028 Mn?O* erhalten !) Naumann, Elem. d. Min. 10. Aufl. von Zirkel S. 462 (wo statt. Phosphorsäure Vanadinsäure zu lesen ist). vom 22. Juli 1880. 697 wurden. Die vanadinhaltige Flüssigkeit gab, nachdem sie sauer gemacht, mit Ammoniak übersättigt und mit Salmiak stark einge- dampft worden, eine Fällung von Am V O° — 0,593 geschmolzener V°’O?, während das Filtrat sich frei von Phosphorsäure erwies. II. 4,803 wurden in gleicher Art analysirt und ergaben 3,752 PbSO‘, 0,816 ZuO, 0,043 Mn’O* und 1,094 V?O°. HI. 2,277 des getrockneten Pulvers verloren bei schwachem Glühen 0,05 Wasser. IV. 1,252 gaben 0,031 Wasser. V. 1,468, in Salzsäure gelöst, gaben 0,014 AgCl; nach Ent- fernung des Silbers 1,037 PbC/’, 0,244 ZuO, 0,025 Mn?’O* und 0.331 V?O%. Br Hellbraune;Keystalle. 0,669 = 0,511 PbSO*, 0,14 ZnO, und Spuren von Mn. Das V. wurde nicht bestimmt, auch war für Ol und aq nicht genügend Material vorhanden. A. B EEIV: If. III. v. Mittel Chlor 0,24 0,24 Vanadinsäure 22,86 22,80 22.95 22,174 Bleioxyd 56,38 57,48 Dan 56,48 54,35 Zinkoxyd 16519 16,98 16,62 16,60 20,93 Manganoxydul 1,08 0,83 1,58 1,16 Wasser 2,48 2,20 2,34 99,56 Das Mittel von A ergiebt: Cl 0,24 or V 12,79 25 Pb, 52,43 \ Zu 213,32 20,5 47,4 Mn 0,90 1,6 H’O 13 698 Gesammtsitzung Da:RıV :E?O:= 19210 KR ee da cloizit R'V’O’+ag, und besteht aus Viertelvanadaten, wenn man nicht vorzieht, R?’V?0O° | R H’O’ zu schreiben d. h. ihn als Drittelvanadat und Basis zu betrachten. Die hellsten Krystalle (B), welche nur Spuren von Mn enthalten, und in denen 50,45 Pb und 16,50 Zn = 1:1,06 At. gefunden waren, stellen eine isomorphe Mischung je eines Mol. vanadinsau- res Blei und vanadinsaures Zink, beide wasserhaltig, dar. die Formel Berechnet Pb’V’O’—+aq Zn V’O’+agqg IV — 102,8 = V?O° 22,60 2Pb = 414 PbO’T 5914 2 Zn — 130 ZnO, 20,03 30 =—=l44 ag 2,23 ag —=u18 ao 808,8 In den meist vorherrschenden dunklen Krystallen vertritt Mn einen Theil Zn, Mn: 12,5 Zn in I 17,5 III 9,3 Mu Der geringe Chlorgehalt von 0,24 p. C. würde den Ausdruck RC + 35 (R’V?’O’+. ag) bedingen. Ausser dem Deseloizit sind noch zwei Vanadate von Blei und Zink bekannt, der Eusynchit und der Aräoxen. vom 22. Juli 1880. 659 Der Eusynchit, von Fischer zuerst beschrieben, bildet roth- braune kugelig-faserige Aggregate und ist zu Hofsgrund bei Frei- burg i. B. gefunden worden!). Er sollte ein V.G. = 4,945 ha- ben und nach Nessler aus 55,7 Bleioxyd, im Übrigen aus Vana- dinsäure bestehen. Durch die Güte des Entdeckers wurde ich in den Stand gesetzt, die Analyse zu wiederholen?) und fast zu glei- cher Zeit theilte auch Czudnowicz eine solche mit?). Diese Versuche beweisen die Unrichtigkeit von Nessler’s Angaben. Das V. G. ist 5,596 (R) oder 5,53 (C.). R. C. - 1. I. III. Vanadinsäure 24,22 24,32 20,28 Phosphorsäure 1,14 a 2: Arsensäure 0,50 — 2 Bleioxyd 21.60 58,35 97,06 Zinkoxyd 15,80 17,98 22,66 Kupferoxyd 0,68 — — 100 100 100 Das Vanadin ist in allen Fällen aus dem Verlust berechnet. Die Analysen I und II stimmen ziemlich überein, denn sie geben IV 7: 1,060::1 51,78 :1 und da das Zinkoxyd, wenigstens in meinem Fall, nicht ganz frei von Vanadin war, so darf man wohl 1,5:1 = 3:2 annehmen, wonach der Eusynchit aus Drittelvanadaten besteht, h>V-O%. | DE Atomverkältniss: Zn: Pb ist in F= 1:1,38, in.l = u 1.2. 1) Jahrb. f. Min. 1855, 570. 2) Monatsber. d. Akad. 1864, 39. 3) Pogg. Ann. 120, 25. 660 Gesammtsitzung Anders ist'es mit IL:wo R:V = 25:1= 95.2 md 4:95 Pb = 1:1 ist, was zu Fünftelvanadaten führen würde, RNON | Allein ein solcher einzeln dastehender Versuch erfordert eine Be- stätigung. Abgesehen von ihm wird also der Eusynchit von Hofsgrund | vorläufig als A’Pb: V2®: | 3Zn’V?O° aufzufassen sein. Berechnung. 1 vv’ =r71%6 = O2 2 12Pb — 2484. = PbO Der 9Zn = 98,,.—,Z/n0 19,56 96.07) ==,,396 100 4684,6 Der Eusynchit besteht mithin aus Vanadaten derselben Sät- tigungsstufe wie der Vanadinit und lässt sich mit dem Descloizit nicht verwechseln. Aräoxen wurde von F. v. Kobell im J. 1850 ein Mineral . von Dahn bei Nieder-Schlettenbach im Lauterthal genannt?), wel- ches braunrothe traubige Parthieen darstellt. Wegen mangelnden Materials blieb die Analyse unvollständig, Später gab Berge- mann eine solche®). I. IN = Kobell Bergemann Vanadinsäure 16,81 Arsensäure | 10,52 Bleioxyd ‚48,70 92,08 Zinkoxyd 16,52 18,11 97,99 %) 1) Gef. 26,1 R. 2) J. 1. pr. Chem. 50,496. 3) Jahrb. f. Min. 1857, 397. 4) Und 1,34 Verunreinigungen. vom 22. Juli 1880. 661 list = V, As = 1,67 51; was 'dem Verhältniss 1,5: 1 Bakskommt Da Zn:Pb = 1:1 und As: V = 1:2, so-muss der Aräoxen als bestehend aus Drittelvanadaten und Arseniaten 2R’V’O° + R’As’O° betrachtet werden, wobei das Blei- und das Zinksalz zu gleichen Mol. vorhanden sind. Eine Berechnung in diesem Sinn ergiebt Vanadinsäure 18,61 Arsensäure Ir. 02 Bleioxyd 51,11 Zinkoxyd 18,56 100. Eusynchit und Aräoxen sind hiernach zwei ähnliche, jedoch durch den Arsengehalt des letzteren verschiedene Mineralien. Sehr bemerkenswerth bleibt es immer, dass der Fundort des Aräoxens zugleich der des Dechenits ist, welcher äusserlich je- nem vollkommen gleicht. Bergemann fand in ihm 53,32 Blei- oxyd und 46,63 Vanadinsäure und hat letztere direkt bestimmt. Wenn der Dechenit hiernach einfach vanadinsaures Blei, PbV?O%, ist (berechnet: 54,95 PbO und 45,05 V’O?), so steht er unter al- len natürlichen Vanadaten ganz für sich, da alle übrigen basischer sind. Es wäre von grossem Interesse, wenn seine Zusammen- setzung drrch erneute Versuche bestätigt würde. II. Vanadinit. Neben dem Descloizit und zum Theil mit ihm verwachsen findet sich Vanadinit in sehr kleinen sechsseitigen Prismen, deren Natur die nachfolgenden Versuche ausser Zweifel setzen. A. Braune Abänderung. Sie ist die herrschende, und doch hält es schwer, die sehr kleinen Krystalle frei von Descloizit und anhängendem Quarz aus- 662 Gesammtsitzung zulesen. Dies ist auch wohl der Grund, dass ihr V. G. nicht höher als 6,635 gefunden wurde. Der Gang der Analyse war im Allgemeinen der frühere. I. 1,623 = 1,697 PbSO'. Nach dem Abdampfen und Er- hitzen blieben 0,56 unreine Vanadinsäure, aus welcher durch Schmelzen mit kohlensaurem Natron und Auslaugen 0,013 man- ganhaltiges Zinkoxyd erhalten wurden. II. 1,0538 = 0,104. Ac0l: III. 3,288 —= 3,423 PbSO*, 0,064 ZnO, manganhaltig, 0,605 V’O° als AmVO? abgeschieden, und 0,039 Me’P?O’ — 0,0249 PO". B. Gelbe Abänderune. Hellgelbe Krystalle und krystallinische Parthieen, der Menge nach sehr untergeordnet, und als Material für die Analyse nicht sonderlich rein. V.G. einer etwas quarzhaltigen Probe = 6,573. T., 0,997. == 0.082, AsQl. IL, , 2,011.==. 2,023 PbSO’, 0,093 ZunO und M20, 072 y2.0%-und 0.033 M»P-O— 00311 DV. A. B. I. II. DIE 1.D. Chlor 2,36 2,19 Vanadinsäure \ Juh 18,40 20,88 Phosphorsäure | 0,76 1,05 Bleioxyd 76,96 76,75 74,22 Zinkoxyd (Mn) 0,80 0,94 2,48 99.1977 109 Hier sind die Atomverhältnisse Cl:Pb: PbO PHONE U: 7 A RER: Bo. el a Hier ist unter PbO auch ZnO, unter V’O° auch P?O? verstanden, und danach scheint es, als gehöre Zn (und Mn) dem Vanadinit an und sei nicht auf Rechnung beigemischten Descloizits zu setzen, vom 22. Juli 1880. 663 wogegen überdies die Menge desselben besonders in der gelben Abänderung spricht. Übrigens ist Zu(Mn):Pb in A— 1:43, in Be a, während P:VmnA=1:18, nB=1:15 ist. Somit stimmt der Vanadinit von Cordoba genügend überein mit dem aus Kärnthen, Südafrika und von Beresow, aber auch mit zwei später untersuchten Abänderungen, nämlich von Wanlock- head nach Frenzel!) und von Bölet (Undenäs) in Schweden nach Nordström?), deren Resultate waren: Fr. N. Chlor 2,24 2,34 Vanadinsäure 16,92 17,61 Phosphorsäure 2,72 —— Bleioxyd 77,04 02.7 98,92 39.12 Über die Zusammensetzung der natürlichen Vanadate. IL. Nanadate von.Blei. Ausser dem Dechenit und dem Vanadinit scheint es noch ein selbständiges Bleivanadat zu geben. Es hat nämlich Thomson ein solches untersucht?), angeblich aus der Grafschaft Wicklow in Irland stammend, und neuerlich Frenzel?) gelbliche oder bräun- liche traubige Aggregate von Wanlockhead in Schottland, deren 26, 6,75 ist. 1) Jahrb. f. Min. 1875, 673. 2) Geol. Fören. Förh. 4, 267. 3) Outl. of Min. 1, 574. =), Jahrb.-f. Min. 1875, 679. 664 . Gesammtsitzung Thomson Frenzel 1. 2. 3% Chlor 2,44 — 1,22 Vanadinsäure 23,43 22,40 22,04 Phosphorsäure — 4,70 2,90 Bleioxyd 73,94 72,12 72,96 99,81 99,922 99,12 Betrachtet man die chlorfreie Substanz (2) als rein, so stellt sie, da Pb:V=1:1;.en Halbvanadat von”Blei' dar, rb°V:’O, oder vielmehr eine isomorphe Mischung 4Pb?V?’O' | ae] berechnet zu: Vanadinsäure 23,56 Phosphorsäure 4,58 Bleioxyd 71,86 100. Die chlorhaltige Probe (3) ergiebt Pb: V,P = 1,16: 55 die Annahme Frenzel’s, das Chlor rühre von einer Beimengung von Vanadinit her, richtig ist, so musste diese Probe nahe zur Hälfte aus jenem bestehen. Berechnet man nämlich aus dem Chlor- gehalt einen phosphorfreien Vanadinit, so bleibt für den Rest 23,16 V-O°, 5,18 P-O’ und 69,06 PbO, so dass Pb: V,. EL = 27% ist. Berechnet man andererseits nach obiger Formel die Menge der chlorfreien Verbindung, so erfordern 2,90 P?O° 14,92 V?O° und 45,50 PbO = 63,52 der Verbindung. Dann würde der Rest aus 1,22 Cl, 7,12 V?O° und 27,46 PbO = 35,8 p. C. bestehen, anstatt dass die Vanadinitformel für die gleiche Chlormenge 9,42 V?O° und 38,32 PbO verlangt; d. h. der supponirte Vanadinit würde gegen PbCl’ nicht 3 sondern nur 2 Mol. Pb?V?O?® enthalten. Aus diesen Gründen glaube ich schliessen zu dürfen, dass auch der Verbindung Pb’(V, P)’O’ wenigstens ein Theil des Chlors ange- höre. vom 22. Juli 1880. 665 Schwerer ist es, über Thomson’s Analyse zu urtheilen. Ihr Chlorgehalt erreicht fast den des Vanadinits (2,50 p.C.), allein statt 19,35 V?O° und 78,70 PbO hat sie 23,43 von jener und nur 73,94 von diesem. Nach Abzug des PbCl’ ist Pb:V = 15:1, d. h. fast ebenso wie in der vorigen (2). Frenzel hielt das Mineral von Wanlockhead für Descloizit, was natürlich nur möglich war, so lange die Natur des letzteren unrichtig aufgefasst wurde. Sollte sich aber die Existenz eines Halbvanadats von Blei bestätigen, so müsste es mit einem beson- deren Namen belegt werden. Dr Vanadate von Blei und Zink. Hierher gehören: 1) Descloizit, R’V’O’+ aq, ein wasserhaltiges Viertelvanadat. 2) Eusynchit, R’V’O*, ein Drittelvanadat. 3) Aräoxen, R?V?O® und R’As’O°, aus Drittelvanadat und Arseniat bestehend. Ir Vanadate von Blei und Kupfer. Als solche sind der Psittacinit und der Mottramit zu nennen. Psittacinit nannte Genth!) grüne krystallinische Krusten auf Quarz aus dem Silver Star-Distrikt in Montana, und führte fünf Analysen aus, welche nach Abzug von Quarz und einem Thonerde, Eisen, Kalk und Magnesia haltigen Silikat (deren Menge von 7,6 — 48,8 p.C. betrug) folgende Zahlen gegeben haben: “ 1.918, 3% 4. 5. Vanadinsäure 18,83 20,61 19,10 19,47 19,61 Bleioxyd B2.193,754.50 51,02 53.01. ‚52,69 Kupferoxyd 18,44 18,03 17,72 19,06 18,69 Wasser 9,54 7,06 11,56 846 9,01 Blei und Kupfer sind zu je 1 At. vorhanden, aber der Was- sergehalt schwankt, vielleicht weil er z. Th. dem Silikat zugehört, 1) Am. J. f. Se. (3) 12, 35 (1876). [1880] 48 666 G@esammtsitzung ' obwohl es dagegen spricht, dass die Versuche No. 2 mit dem Mi- nimum. des fremdartigen (7,6 p. C.) und No. 4 mit dem Maximum (48,84) nahe dieselbe Wassermenge für das Vanadat geben. Das Mol.-Verhältniss ist Vo0’-RQ.H:0 Pe BL) 8.6: 7 : 9.0.::10,8 2 : 9,4:10 $om — DD m m DD Hiernach kann man 2.5.00 annehmen, d. h. PbP’V*O” + Yaq 9174119 a R.v 07 + ag, — I CaV:0® + a) welche wohl besser IR NO 3R H?O? . geschrieben wird und welche erfordert: Vanadinsäure 19,36 Bleioxyd 53,14 Kupferoxyd 18,92 Wasser 8,58 ED Genth geht von derselben Zusammensetzung aus, denkt sich, aber 2 des Kupfers als Hydroxyd!). Motitramit bildet schwarze oder braune Incrustationen auf dem Keupersandstein von Alderley Edge und Mottram St. Andrews in Cheshire. Nach Abzug von 1,06 Kieselsäure und 0,22 hygrosko- pischem Wasser ist das Mittel zweier Analysen von Roscoe: 1) Ein braunes Mineral von Mina grande, Chile, welches Domeyko anführt, scheint dieselbe Verbindung, jedoch wasserfrei, zu sein. vom 22. Juli 1880. 667 Vanadinsäure 17,36 Bleioxyd 51,63 Kupferoxyd 19,35 Eisenoxydul (ZnO ,MnO) 2,55 Kalk 2,16 Magnesia 0,27 Wasser 3,68 97,00 Dies Resultat ist leider wegen des Verlustes von 3 p.C. und des Zweifels, ob die Erden der Verbindung zugehören, für eine sichere Berechnung nicht geeignet. Sind Ca und Mg wesentlich, N :ER:WO = 1:2,9:1, d.h. das Mineral bestände aus Sechstelvanadaten und wäre R'V?O? 6172111 —— we Dar na: Cu:Pb = 1:3 23. Als reines Kupfer-Bleivanadat hingegen würde es R’V’O” + 2aq darstellen, was indessen nicht recht annehmbar erscheint, weil die übrigen Oxyde doch nicht als solche vorhanden sein können. Dennoch erhält man diese Formel auch im ersten Fall, wenn man wagen dürfte, die fehlenden 3 p. C. für Vanadinsäure zu erklären, Ey Nanadate von Kupfer und Kalk Die drei Analysen des Volborthits von Friedrichsrode, wel- che wir Credner verdanken, ergeben NH 2:1rt, also Viertelvanadate 3R’V?’O’ + 4aq oder RV?O’-+aqg, d. h. die Formel des Descloizits, nur dass R = Ca: Cu im Ver- hältniss von 1: 2,37 und 1:1,5 ist. Nun hat Genth später!) ein ähnliches Mineral von Woss- !) Am. Phil. Soc. 1877. August. » 668 Gesammtsitzung kressenskoi im Gouv. Perm untersucht, welches jedoch viel ärmer an Vanadin, weit reicher an Wasser ist und Baryt enthält. Zieht man in Analyse No. 1 7,6 p.C., in No. 2 6,6 p.C. Kieselsäure, Thonerde und Eisenoxyd ab, so hat man iR 2. Vanadinsäure 14.74 1495 Kupferoxyd 36,84 40,70 Kalk 4,64 4,80 Baryt 4,64 4,60 Magnesia 3,26 1,52 Wasser 35,88. : 08.88 9100 2.80 Hier ist R:V:H?O,= 4,1:1:12,4 (11,8), so dass das Ganze aus Achtelvanadaten bestehen würde R’V?O® + ag Ba ,Ca,MesCa ast.in. bh = „1: 240 um 2) = V. Vanadate von Wismuth. Pucherit BBVO* = B??V?O%. Hiernach würden folgende Sättigungsstufen von Vanadinsäure in der Natur gefunden sein. 1) Einfache Vanadate RV?’O°. Dechenit PbV?O° nach Bergemann bedarf noch der Bestätigung. 2) Halb-Vanadate R?V?O’. Bleivanadat von Wicklow nach Thomson, und von Wanlockhead nach Fren- Pb’V?’O'. Auch diese Verbindung ist noch nicht zweifellos. 3) Drittel-Vanadate R’V?O®. a) Eusynchit (Pb, Zn)’V?O$, b) Aräoxen (Pb , Zn)’(V, As)’O}, ec) Vanadinit PbCl? + 3Pb?V?O%, d) Pucherit Bi? V?O%. zel. vom 22. Juli 1880. 669 4) Viertel-Vanadate R!V?O'. a) Descloizit (Pb , Zn)'V’O’—+ aq oder | 2 } 5; R H’O? b) Volborthit von Friedrichsrode (Cu , Ca)’ V’O’+.ag, oder, analog dem vorigen, R?V?O8: an Unsicher ist die Zusammensetzung von Psittacinit (Pb, Cu)’V’O” + 9aq > uYO) , nn aaa + on Mottramit (Cu, Pb, Ca)’ V?’O' + 2aq R?V?O° 3R ae : Volborthit von Perm R’V?O” + 24aq R?V?’O® oder sR RO? } Zt larag EB —-:0n.0a,Ba,Meo. oder vielleicht | Hr. Rammelsberg las ferner: Über die Zusammensetzung des Pollueits von Elba. (Zweite Abhandlung.) In einer früheren Sitzung!) trug ich eine Abhandlung über diesen Gegenstand vor, worin ich die Analyse Pisani’s als nicht correct bezeichnete und auf Grund eigener Versuche die Behaup- tung aussprach, das Mineral enthalte 3 p. C. mehr Kieselsäure, 4 p.C. weniger Uäsiumoxyd als der französische Chemiker gefun- !) Vom 10. Januar 1878. S. die Monatsberichte. 670 Gesammtsitzung den hatte, so wie etwas Kali, von dem nur Spuren vorhanden sein sollten. Die ausserordentliche Seltenheit und Kostbarkeit des Materials erlaubten mir damals nicht, die Säure direkt zu bestimmen. Ich kann dies jetzt nachholen und erneuerte Bestimmungen der Alkali- metalle vorlegen, da ich über mehr als 16®"" des reinsten Materials verfügen durfte. Seine Reinheit liess sich schon aus dem V. G. vermuthen, welches an verschiedenen Proben 2,885 — 2,896 und 2,897 gefunden wurde. I. Da der Pollueit, der Angabe Plattner’s!) entgegen, durch Chlorwasserstoffsäure sehr schwer zersetzt wird, so wurde das Mineral mit kohlensaurem Natron geschmolzen. Die Kieselsäure wurde durch Fluorwasserstoffsäure auf ihre Reinheit geprüft, und andererseits wurde das saure Filtrat in Platin zur Trockne ver- dampft und auf einen Rückhalt an Kieselsäure untersucht. Das Resultat waren 46,43 p. ©. derselben (Plattner hat 46,20 gefun- den), während Pisani nur 44,03 p. ©. angiebt. II. In einem vorangehenden Versuch war das feine Pulver mit Chlorwasserstoffsäure behandelt worden, ohne dass jedoch, wie gesagt, eine vollständige Zersetzung erreicht wurde. Es musste daher das Unlösliche mit Fluorwasserstoffsäure behandelt werden. III. Analyse durch Fluorwasserstoffsäure. In II und III wurden die Alkalien nach Abscheidung der Thonerde als Sulfate gewonnen und diese in Chloride verwandelt. Nach Bestimmung ihres Gewichts wurden sie mit Platinchlorid gafällt. Der nicht gefällte Antheil war lithionfreies Chlornatrium. Nach vorangegangenen Spektralversuchen ist das Cäsium nicht von Rubidium begleitet, der Platinniederschlag besteht blos aus Cäsiumplatinchlorid und einer kleinen Menge Kaliumplatinchlorid. Er wurde in Wasserstoff reducirt, und nachdem das Gewicht von Pt und RCl ermittelt war, ersteres durch Wasser getrennt, wo- durch sich die Menge der RÜl ergab. !) Pogg. Ann. 69. 443 (nicht Bd. 68, wie in der früheren Abh. steht). vom 22. Juli 1880. 671 Aus dem Verhältniss Pt: RCl lässt sich leicht die Zusammen- setzung der Chloride und das Atg. des Gemisches von Cs und K berechnen. Letzteres fand sich in 1.==180,07 ir 193,50 100 Th. der RCl enthielten demnach 11. III. CsCl 98,9 98,25 KCl 1,9 1,75 Das Endergebniss der Versuche ist Folgendes: I; Li; Ill. früher Kieselsäure 46,48 Thonerde 17,24 Bora Cäsiumoxyd 30,71 80,59 .230.00 Kali 0.73: - 0,2%, 7,047 Natron 2:95 1..2,19 1.:2,48 Glühverlust 2,34 2,59 Diese Resultate bestätigen dire früheren. Was den Wassergehalt betrifft, so bemerke ich, dass das Mi- neral bei 275° kaum 0,2 p.C. verliert. Erst beim Glühen ent- weicht das Wasser, und dies spricht zu Gunsten der von mir an- genommenen Formel, wonach der Pollucit kein Wasser enthält, sondern ein reines Bisilikat R'AISIO® ist. 672 Gesammtsitzung Hierauf las Hr. Websky: Über die Krystallform des Descloizit. Anschliessend an den Bericht des Herrn Rammelsberg über die chemische Constitution der Vanadin-Verbindungen, welche in einer vom Professor Brackebusch in Cordoba, La Plata, ihm zu- geschickten Sendung von Mineralien vertreten sind, lege ich der Akademie das Ergebniss einer morphologischen Untersuchung der Krystalle der in dieser Sendung reichlich vertretenen Gattung Des- cloizit vor, zu der ich durch die freigebige Ausstattung des minera- logischen Museums mit den besten Exemplaren der Sendung Seiten des Herrn Rammelsberg in den Stand gesetzt wurde. Das Resültat weicht von der bisherigen Auffassung der Kry- stalle ab, und wenn auch die Ungunst des Materials die dadurch aufkommende Controverse zu einer vollkommen präcisen Lösung zu führen verhinderte, so glaube ich doch die von mir adoptirte Hypothese an die Grenze der Wahrscheinlichkeit gebracht zu haben. Die von Brackebusch eingesandten Stufen sind am Aus- gehenden von Bleierzlagerstätten genommen und bestehen theils ganz aus Vanadinblei-Verbindungen, theils aus Gemengen solcher mit. manganhaltigen Brauneisenerz und Quarz in verschiedenen Varietäten. Als Fundort der an Zahl und Qualität überwiegenden Exem- plare wird die Grube Venus im Departamento de Minas, Provincia Cordoba, La Plata, angegeben, weniger zahlreich sind die Stücke vom Schurf Agua del Rubio, südlich Pichava, und die von der Grube Bien venida im Departamento de Minas, An einigen Stücken ist zu erkennen, dass ein Gang-Vor- kommen im Gneus vorliegt, von dem noch eine Schaale, aus lin- senförmigen Knoten von grauen Quarz und verwitterten Feldspath zwischen hellfarbigen Glimmer-Lagen bestehend, an dem einen Spe- cimen haftet. Das Salband wird von derben, mit dem Nebengestein verwachsenen Quarz gebildet, der weiter in den Gang hinein löch- rig wird. Auf ihn lagert sich stellenweise dichtes, Mangan und Vanadin haltendes Brauneisenerz, von feinen, schilfigen, braunen Nadeln bedeckt; über diesen, auf anderen Stufen unmittelbar auf dem löcherigen Quarz, bauen sich wirr durch einander gehende, mit Krystallen besetzte plattenartige Schaalen von Vanadinerzen in hell lederbraunen, röthlichbraunen, schwarzen, selten olivengrünen mr Diss Fig. ER BIT geÄ. TVebAy 1860 vom 22. Juli 1880. 673 - Farben auf; an einigen Stufen erscheint darüber noch eine Decke eines jüngeren, hornsteinartigen Quarzes mit drusenartigen, von schimmernden Quarzkryställchen bedeckten Hohlräumen, welche die centrale Bildung der Gänge repräsentiren. Die Grenze dieses jün- geren Quarzes gegen die Vanadinerze besteht aus scharfkantig sich schneidenden, ziemlich ebnen Flächen, so dass in diesem jüngeren Quarz eine sogenannte Kastenbildung vorliegt. Die Vanadinbleierze selbst sind der letzte Umwandlungsrest früher vorhandener Krystalle eines anderen Bleierzes, die auf der unteren Seite des jüngeren Quarzes den Abdruck ihrer Form zu- rückgelassen haben; man kann wohl als ursprüngliche Minerale: Bleiglanz, manganhaltige Carbonspäthe und, aus einem weiter unten zu erwähnenden Grunde, Eisenkiese vermuthen. Weniger zahlreich sind die Exemplare, an denen sich die Vanadinbleierze in isolirten Krystallen auf dem löcherigen Quarz angesiedelt haben. Diese letzteren sind dann immer sehr klein, meist unter 0,5%" Grösse, selten 1”” gross; dagegen kann man in den Krusten bis zu 3%” Ausdehnung einzelne Individuen ver- folgen, dann aber stets unterbrochen und durchspickt von anderen Individuen. Der Vanadinit, die zweite unter den Vanadinerzen vertretene Gattung, trennt sich durch seine blass ledergelbe Farbe scharf von dem Desecloizit, dem die dunkleren Farben zukommen. Wo sich beide Gattungen begegnen, ist die Grenze deutlich zu erkennen; Vanadinit ist das ältere, Descloizit das jüngere Mineral. An einer ziemlichen Anzahl von Stücken zeigt sich, dass die derberen Par- tien des Vanadinits — also mit Ausschluss der isolirt aufgewachse- nen Krystalle, wiederum Pseudomorphosen sind, deren Formen kaum anders, als auf Anglesit zu deuten sind; dadurch, dass bei der Bildung des Vanadinits die Krystall-Individuen derselben sich so abgelagert haben, dass nahezu eine Krystall- Fläche sich in die Richtung der Flächen des zerstörten Anglesits gelegt hat, ist die Form des letzteren deutlich erhalten; sie wird aber verwischt, wenn auf dem Vanadinit sich Deseloizit auf- lagert, dessen Krystalle keine irgendwie orientirte Stellung an- nehmen, sich regellos verbreiten und in die Unterlage eindringen; die nur aus Descloizit bestehenden Krusten sind wahrscheinlich vollendete Umwandlungen, aus Pseudomorphosen von Vanadinit nach Anglesit entstanden. Anglesit scheint sich aber aus Bleiglanz 674 Gesammtsitzung nur unter Anwesenheit von in Oxydation begriffenen Eisenkies oder Markasit zu bilden, so dass auch dieser als ursprünglicher Bestandtheil der Gangausfüllung vermuthet werden kann. Die Gattung Descloizit ist zuerst von Damour (Ann. de chim. et de phys. III Ser. 41,72) nach einigen Exemplaren in einer Colleetion argentinischer Mineralien aufgestellt und von Descloi- zeaux (ibidem 41,78) krystallographisch untersucht worden. Aus den dort angeführten Eigenschaften erkennt man zweifel- los die Identität des dort bezogenen Minerals mit einigen der vor- liegenden Stufen; die Mehrzahl der letzteren entfaltet aber eine un- gleich grössere Mannigfaltigkeit der Erscheinung, wogegen allerdings die Krystalle an Grösse jenen nachstehen. Was zunächst die Farbe anbelangt, so wird dieselbe von Da- mour als tief schwarz, in kleinen Krystallen olivengrün, verbunden mit einem bronzeartigen Schiller und an den Rändern röthlichbraun durchscheinend bezeichnet; auf dem Bruche zeigen sich lagenweis verschiedene Färbungen, von blassgelb, röthlichbraun und schwarz. Alle diese Merkmale treffen an gewissen hier vorliegenden Proben zu; dagegen zeigen die kleinsten, isolirt auf dem löcherigen Quarz aufgewachsenen Krystalle eine rein hyaeinthrothe Farbe, mit steigender Grösse wird die Farbe aber dunkler, geht in den krus- tenartigen Aggregaten ins Dunkelbraune und zuweilen ins Schwarze über. Die olivengrüne Farbe ist deutlich an den Kryställchen, welche die aus Vanadinit bestehenden Pseudomorphosen nach Angle- sit bedecken, mit steigender Grösse zeigen dieselben in durchfallen- dem Lichte bräunliche Färbungen, im reflectirten einen grünlichen Schimmer behaltend; die olivengrüne Farbe rührt also wahrschein- lich von einer in dünnen Lagen auftretenden oder oberflächlichen Beimengung eines fremden Körpers her. Eine orientirte Spaltbarkeit ist nicht beobachtet worden, der Bruch ist durchweg kleinmuschlig und von ausgeprägtem Fettglanz; sehr viele Krystalle zeigen aber einen schaalenartigen Aufbau, der sich durch zahlreiche innere, braun gefärbte Reflexe kundgiebt; diese letzteren häufen sich stellenweise so, dass sie einen ins Me- tallische ziehenden Perlmutterglanz hervorrufen; es finden sich kleine hyacinthrothe Krystalle, welche fleckweise wie vergoldet aussehen; besonders constant ist diese Erscheinung an den Exemplaren von Bien venida, welche auf den ersten Blick einem etwas angewitterten Markasit gleichen. vom 22. Juli 1880. 675 - Die Krystallform ist von Descloizeaux rhombisch auf- gefasst worden; in der That entspricht auch der Habitus der dunklen und schwarzen Krystalle — Tafel Fig. 6, 7, 9 — im Grossen und Ganzen dieser Ansicht; unter den kleinen hyaeinth- rothen Krystallen finden sich aber vereinzelt solche — Tafel Fig. 8 —, welehe monosymmetrischen Gestalten entsprechen, und, wenn man auf gewisse, — in den obengenannten Figuren darge- stellte Einzelnheiten der Kantenconfiguration Gewicht lest und sie nicht als blosse Wachsthums-Erscheinungen ansieht, drängt sich die Vorstellung auf, dass die Krystalle in der That als monokli- nisch mit geringer Axenschiefe aufzufassen seien, und dass durch die Häufigkeit einer Zwillingsverwachsung eine sogenannte rhom- bische Pseudosymmetrie zu Stande komme. Unterstützt wird diese Auffassung dadurch, dass man wenigstens einen Theil der grossen Schwankungen der Abmessungs-Resultate zwischen Flächen, die bei rhombischer Auffassung einer und derselben einfachen Form angehören würden, durch Beziehen auf monoklinische Axen er- klären, die übrigen aber auf gegenseitige Störung des einfachen Aufbaues durch sich beeinflussende Zwillings -Individuen zurück- führen kann. Eine vollkommen präcise Entscheidung dieser Frage macht die ungünstige Oberflächen-Beschaffenheit und die Kleinheit der zur goniometrischen Behandlung geeigneten Krystalle, welche alle we- niger als 1%® in ihrer grössten Ausdehnung messen, so wie die Seltenheit der nach zwei diametralen Seiten hin ausgebildeten Kry- stalle schwierig; Elemente, hinreichend genau, um die Symbole der auftretenden Flächen zu bestimmen, sind dagegen leicht zu erzielen. Bleibt man bei der von Descloizeaux gewählten Aufstellung, nach welcher ein Prisma von 116° 25’ als erste Säule m = (1.1.0) aufrecht gestellt wird und das an derselben oben und unten auf- tretende Octaöder das Zeichen v2 erhält, so ist bei monoklinischer Auffassung das letztere in zwei Hemipyramiden oder Paare o — (1.1.1) undg = (1.1.1) zu zerlegen und mag o über dem Axen- winkel 2 > 90° gedacht sein. Verfolgt man in diesem Sinne weiter die Formenentwicklung, so kommt die in Tafel Fig. 1 in einer Projection auf eine zur Kante m | m senkrechten Ebene dargestellte Combination zu Stande, der in Fig. 2 ein Profil beigefügt ist. 676 Gesammtsitzung In der Hexaidzone [mm’] sind untergeordnet noch die Hexaid- flächen «= (1.0.0) und 5 = (0.1.0), so wie einigemal ein Prisma n = (5.1.0) als schmale Flächen getroffen worden, letzteres an- gedeutet in Fig. 6. Ungleich präeiser, als es an den Krystallen, die Descloizeaux vorlagen, der Fall war, entwickeln die hier beobachteten Exemplare die Flächen der Hexaidzone [bc], für die Desceloizeaux schätzungs- weise das brachydiagonale Prisma “2 als einzige Form annahm. Man unterscheidet in dieser Zone die Basis c = (0.0.1), sel- ten fehlend, demnächst d = (0.1.2), immer und meist ausgedehnt vorhanden, dann folgt wenig präcis u = (0.1.1), dann klein aber meist gut ausgebildet v = (0.2.1), zuweilen auch 5 = (0.1.0), wenig ausgedehnt, aber stets vollkommen ausgebildet, die einzige Fläche, welche normale Reflexe lieferte. Zwischen o und c liegt vorn ein sehr flaches Halboctaäder t= (1.1.10), nach einer approximativen Messung symbolisirt, durch Abrundung der Kante in ce = (0.0.1) übergehend. Auf der hinteren Seite über g und etwas schärfer von der Basis absetzend, liegt ein anderes Halboctaäder » = (1.3.4), nicht durch Messung, sondern aus dem Zonenverbande symbolisirt, in- dem an einem Kıystall, analog dem in Tafel Fig. 6 dargestellten, erkannt wurde, dass » in Zone [d=0.1.2,m = 1.20] und Zone [u = 0.1.1,m —= 1.1.0] belegen ‘sei; die Kante or ma — 1.1.0 ist gelegentlich noch durch das Halboctaäder q = (7.8.2) abgestumpft, nach einer approximativen Messung des Bogens % — 1.8.2, m — 1.1.0, symbelisur. Ferner kommen auf der Ecke m = 1.1.0, nm Zar Tr g=1l.l.1,gf = 1.1.1 nicht selten in Rudimenten, einmal am Krystall Tafel Fig. 8 ausgedehnt beobachtet, die Halboctaäder i= (6.4.1) und k —= (8.6.1) vor, aus den gemessenen Bögen m|i,m | k und i | € symbolisirt. Schliesslich hat sich als ganz kleine Fläche noch die Dodecaid- fläche e = (1.0.2) gefunden, aus dem Bogen a | e bestimmt, Fig. 4. Die hier aufgeführten Flächen-Positionen sind in einer stereo- graphischen Kugelprojection Tafel Fig. 10 dargestellt. Es wird nun angenommen, dass die so beschriebenen einfachen Krystalle sich in der Mehrzahl der Fälle zu Zwillingen nach dem Gesetze: Zwillingsaxe die Normale auf der Basis, vereinigen. In dem Profile Tafel Fig. 3 ist ein solcher Zwilling in einfacher vom 22. Juli 1880. 677 Iuxtaposition dargestellt. Je nachdem die Seite des ausspringenden oder die des einspringenden Winkels a | a’ frei ausgebildet ist, zeigen die Krystalle eine verschiedene Formenconfiguration. Die Zwillingsgrenze verläuft nur in der Gegend der Flächen a an den concreten Krystallen einigermaassen gradlinig, in der Rich- tung nach 5 zu ist dieselbe oft schwer zu verfolgen, wenn nicht das Auftreten von secundären Flächen ein Anhalten giebt. Die in Tafel Fig. 4, 5, 6, 7, 9 gegebenen Abbildungen entsprechen wirk- lichen Krystallen, nur sind die secundären Flächen durchschnittlich breiter gehalten, auch in Fig. 6 die Flächen q = (7.8.2) hinzu- gefügt, die an einem anderen analog gebauten Krystall bei dieser Ausbildungsweise durch Messung symbolisirt werden konnte. Der in Fig. 7 abgebildete Krystall lässt erkennen, dass die Zwillings- individuen deckenartig über einander lagern, und die Vermuthung begründen, dass unter so bewandten Umständen die Ausbildung der freien Oberfläche eines innerlich nur eine minimale Dicke be- sitzenden Individuums von der Unterlage beeinflusst und zur Aus- bildung vieinaler Flächen veranlasst wird. Mit dieser schaalenartigen Übereinanderlagerung der Individuen steht vielleicht die, den local auftretenden, halb metallischen Ober- flächenglanz hervorrufende, innere Absonderung im Zusammen- hange. | Um für diese Auffassung zahlenmässige Elemente zu gewin- nen, boten sich folgende Abmessungs-Resultate dar. Zunächst ergaben sich die Normalen-Bogen c| d aus 28 Messungen — 21°51'49" d| w aus 13 Messuugen = 16°27'21" | u|v aus 12 Messungen — 19°44' 18” Ber c|% — 587328"; da nun cot c|d cot c|» = 3,997 oder nahezu = 4 ist, konnte angenommen werden, dass der Bogen c | d, auf den Werth 21°51’30” abgerundet, innerhalb der Grenze einer halben Minute zuverlässig sei. An dem Zwilling, Fig. 4, ist der den a | «a, über die Zwil- lingsgrenze von «= 1.0.0 des Grundindividuums nach «d = 1.0.0 des Nebenindividuums, ziemlich präeis auf 1°7’55" gemessen wor- den, so dass man & = 90°34’ setzen kann. 678 Gesammtsitzung Von den Abmessungs-Resultaten in der Zone [amd] kann zu dem vorliegenden Zwecke kein Gebrauch gemacht werden, weil dieselben innerhalb weiter Grenzen schwanken; dieselben ergeben den Normalen-Bogen zwischen m und m’ als zwischen 64°15’ und 66°21'’ liegend und gruppiren sich, wenn man die extremsten Fälle bei Seite lässt, allerdings um die Werthe 65°15’ und 65°50'; es lässt sich aber diese Differenz nicht dadurch aufklären, dass man dieselben einerseits als im Bereiche eines Individuums oder ander- seits die Zwillinggrenze passirend annimmt, da der desfallsige Un- terschied sich bei einem dem rechten Winkel so nahe liegenden Werth von @ nur in wenigen Secunden aussprechen könnte; es muss vielmehr angenommen werden, dass hier an Stelle der Säule m vieinale Flächen auftreten, auf welche unten noch zurückgekom- men werden wird. Aus eben diesem Grunde muss auch von dem Gebrauch der Bogenwerthe, die zwischen m und den Flächen o resp. g aufkommen, Abstand genommen werden. Es bleiben alsdann nur noch die Abmessungen zwischen an- einandergrenzenden Flächen o und g übrig; bei der Ähnlichkeit der Configuration und Beschaffenheit beider sind dieselben aber fast nur durch die Bogenwerthe selbst zu unterscheiden; die zwi- schen angrenzenden, ihrer Lage nach zu o oder g gehörenden Flä- chen beobachteten Bogenwerthe ordnen sich in drei Gruppen, nämlich | | 53°16' 14" — 53°17'44" DD 5" — 53.3056" 53°44'36" — 53°50' 56" und zwar traten in vielen Fällen Doppelreflexe auf, welche auf zwei der genannten Abtheilungen führen; diese Doppelreflexe rüh- ren in der Regel von zwei durch einspringende Winkel getrennten Flächen, Fig. 7 und Fig. 9, zuweilen auch von durch eine (Zwil- lings-) Nath getheilten Flächen her. | Aus diesem Verhalten wurde der Schluss gezogen, dass das Mittel der kleinsten Normalenbogen — 53°17' der Kante o | 0’ und das Mittel der grössten Normalenbögen — 53°48' der Kante g | g! zukomme, während die mittleren Werthe Abmessungen angehören, welche die Zwillings-Grenze zwischen g und o passiren. Als der zuverlässigste dieser drei Werthe musste der Bogen o | 0! = 53°17! vom 22. Juli 1880. 679 angesehen und als dritter Fundamental-Bogen in Rechnung gestellt werden. Aus den Fundamental-Bögen ed = 21°31’30" 2 = I 3! oe L& ergeben sich die Elemente a:b:c = 0,8076222:1,246347 : 1 — 0,6479916 :1 : 0,5023449 BE = 90°34. Nach diesen sind die Normalen-Bögen der wichtigsten Zonen fol- gende: : h Kan h Es Sei BT - - ee Zone [aec]; cotn, = 11.1,238263 + 0,0098905; aba = 1.0.0 gerechnet; e= 1.0.2, c= 0. 0ER. a|e = 57°49'45" gemessen a | e = 57° 30', Be 31.3015" c|« = Fundamental-Bogen. e|d — 90°34' 0" a Zone [bvude]; coty1; = v;num (log = 9,9043399); nz ab b = 0.1.0 gerechnet; v = 0.2.1, u=0.11,d= 024122; b|o = 31°55'53" d|c = Fundamental-Bogen, Er 19°19'42" d| u gemessen —= 16°27', aid — 16°52'55" u|l® desgl. — 19°44', Be 21°51'.30" c | v = 58°4'7", gemessen = 58°3'28". 202.0..0" Zone [anmb]; coty; = num [log — 0,1884518]; r, ab a—= 1.0.0 28 gemessen; n = 5.1.0, m = 1.1.0, == 0.1.0; Be 19252" n | n'’ = 14°46'4", gemessen = 14°15', n | m = 25°33' 28" m | m! = 65°53'0", gemess. = 65°41'24" lid —57° 3'30" — 65°55'20”, RU Ir YAM" wenn von den auf vieinale Flächen bezogenen Werthen abgesehen wird. 680 . Gesammtsitzung Zone [bo0'b’]; coty; = v,.num (log = 9,7004204); 1, abb= 0.1.0 gemessen; no)— 1.1. lol. DIcor— 63 2190. oo wo o | o' Fundamental Bogen. 0" | 6.63.2180. 180, 0° 0" Zone [bgg'b']; cotys = v;.num (log = 9,7045966); „abb= 0.1.0 gemessen; g = TI kl al.ill; bg ar 8.10, | q |.g" = .53°43' 34" g | g’ gemessen — 53°44'— 53°51'. DD alla 1802 0 0" Zone [bi@b']; coty, = Mr. num (log = 9 u nz abb —= 0.1.0 gemessen; = 6.41.1,7= 6.41; b|i — 66°47'47" | il = 46°24 26" i | # gemessen 46°20'. 2b = 6647747" 180,0. 0" Zone [aougd]; cot4; = 4,.0,9658170 + 0,0077140; nz ab a = 1.0.0 gemessen; d—= 1.1.1; =011,9g et. Hier ano An A060 —AZTATEYM N — 44°12"58" o|g = 38°0'20" berechnet. g|d = 46°13'33" 180° 0' 0" Zone [moteg'm/]; cot7, = 1#3.1,4754573 + 0,0083003; M abm — LIE el lie = — 11.008 m|o = 33°58'43" Wenn unter (m) vieinale Flächen ver- 01 8 - = A394 standen werden, (m) |o = 32°56' — t ee 33°11’ gemessen; ce |t = 8°18' gem. lege -56 11511 o|c = 55°32'45"] gemessen — |m—= 34°16'41” ee ra 55°57', 180° 01:07 !muber—=r89°31'23", (m) | e gem. — 88302 PTR BN , ' LA Bam BRr Tui» 1880. 681 Zone [mvgek'm']; cotn; = 143.0,8708614 + 0,5044325; nabm = DEI eher, m' = 1.1.0; m|v = 63°13'56" v|g = 46°53'32" g | = 57°54'55" 1 a a Bm 8947 46" 130 0° 0" i| m. =. 11°57' 37, gemessen = 11°4Y k | m gemessen — 8°22' Zone [med'w'g'm']; coty; = v3.1,3960724 + 0,4994793; nabm — DD ee, 2,0 Tre Tg it. 2, m'—= 1.1.0; m|e = 63°27'32" eia = 37°46'18" q’ | m’, gemessen — 11°30' Bw 1798" 25" ag = 50°10' 19" dm 11° 733" 180° 0' 0" Zwillingswinkel a=1.00|«=1.0.0 = 1714 0 Fundamental-Bogen o=1.1.0|9=1.1.1 = 53°30'36", gemess. = 53°27’— 53°31' o—=1.1.1|6—= 1.1.1 — 67°57'26" Beige 1.1.10 6823321" Sieht man von den Bogenwerthen, die sich an die ganz klei- nen Flächen anschliessen und schon darum nur approximativ aus- fallen können, ab, so entspricht die Rechnung leidlich den Abmes- sungen; bezüglich der Neigung der Säulenflächen m = (1.1.0) zu einander besagt sie, dass von den verschiedenen Werthen, welche die Abmessungen ergeben haben, die zwischen 65°41'24" und 65°55'20" fallenden dem wahren Bogen am nächsten kommen; in der That sind diese Winkel auch in den Fällen getroffen wor- den, wo keine Zwillingsgrenze ins Spiel kam, die Reflexe leidlich präeise auftraten und sich nicht in der Richtung der Säulenkante in Doppelgruppen sonderten. [1880] 49 682 Gesammtsitzung Der in dieser Beziehung wichtigste Krystall ist in Fig. 4 dar- gestellt; und er gehört zu den hyacinthroth durchscheinenden Kry- stallen, bis auf eine Stelle bei d’—= 0.1.0, rundum ausgebildet; er zeigt diametral von dieser Stelle 5 = 0.1.0 als kleine vollkommene Fläche; vorn läuft in der Gegend von a horizontal eine aussprin- sende Zwillingsgrenze nicht ganz bis nach b zu verfolgen. Die Basis c zeigt eine feine, nur im Lichte des Collimators erkennbare Streifung, in Fig. 5 im Grundriss dargestellt; sie hat die Figur einer deutschen Acht; die äusseren Theile entsprechen der Kante c|t, die inneren einer Kante ce |», wenn man in der Mitte eine Zwillingsgrenze annimmt; das normal gestellte Individuum bildet also nur etwa den vierten Theil des Krystails. Das Mittel von vier Abmessungen der Zone [mb] gab folgende Normalenbogen: hinten: 110 | 110 = 64°22' 40" E 01 rechts: 110] | nr — 57°2'7"; darnach m: | m = HA) 010 110 ee; oapFlapır, ! oygargan 010 | K —: 58°3536"; darnach m | m! = 62°48'28 h 140-] [110 RN vorn: io er — (645251287. Während also hinten die nicht von der Zwillings-Bildung be- einflusste Säulenfläche m = 110 die von den Elementen geforderte Neigung zu 5 = 010 nahezu besitzt, weicht die vordere um 1°33' aus derselben aus. Unter anderen Verhältnissen würde man, na- mentlich da die Gegend von b am Krystall relativ gute Reflexe gab, das Resultat auf asymmetrische Gestaltung deuten müssen; es sprechen aber hier die Verhältnisse gegen eine solche Auffassung. Der hier genannte Bogen von 58°35'36”, welcher auf eine Säule von 117°11’32" vorderen Winkels führen würde, ist die im Sinne der Abflachung der vorderen Säulenkante beobachtete stärkste Abweichung von dem theoretisch geforderten Werthe, alle dazwischen fallenden Winkel sind das Resultat mehr oder minder einseitiger Einwirkung. Aber auch im entgegengesetzten Sinne eines Schärferwerdens des Säulenwinkels liegt eine Beobachtung vor. Der gleichfalls re- nn an u u a b > ; vom 22. Juli 1880. 685 lativ vollkommene in Fig. 8 abgebildete Krystall zeigte auf beiden Seiten m = 1.1.0 und m’ = 1.1.0 tautozonale Doppelreflexe, von denen die inneren um den Bogen 65°47'46", die äusseren 66°21’ 20” von einander abstehen, während die Abstände der benachbarten 0°16'0” resp. 0°18'’34” ausfielen. Neben diesen in die Zone [amd] fallenden vieinalen Flächen treten aber auch solche in der Zone [moc] auf. Während die - Doppelreflexe der Säulenflächen an dem Krystall von Fig. 4 fast senau den Bogenabstand von a | @ zeigten, gab ein ähnlicher den Abstand von 3°14' dafür aber auch m |o = 32°56'. Bezüglich - dieser Gruppe giebt der in Fig. 7 dargestellte Zwilling einen be- merkenswerthen Aufschluss; es stossen hier die wellenartig ein- setzenden vicinalen Flächen der Zone [amb] mit denen der Zone [moc] in einer diagonalen Linie aneinander, welche nahezu paral- lel läuft mit der Kante m | © des am unteren Ende hervortretenden Nebenkrystalls, gewissermaassen das Relief des letzteren wieder- gebend. Auf das Vorhandensein dieser vieinalen Flächen sind wohl auch die Differenzen zurückzuführen, welche in den vorliegenden Zahlen gegenüber den Angaben von Descloizeaux aufkommen. Ich sehe, um mit den Zahlen dieses Forschers conform zu werden, zu Winkel- Angaben über und füge noch die von Schrauf und Grailich am Vanadit vom Berge Obir beobachteten hinzu, den Schrauf mit dem Descloizit identificirtt. (Vergl. Zippe, Sitzungs- Ber. d. k. Akademie in Wien XLIV. I. 1861. p. 197. — Schrauf, Poggend. Ann. 116. p. 355.) 49* 066 —o16 DE0STL —,080FLI 086 I ode [ng S 8 S S = S uassawag Jneiıyog 634 ıl&ol6 78 06 ıGSo&Ll- Gloell IGo96L,8C,861 U9SS9WAF JOLHSED ‚6096 1,9198 1 ı6Vo9P IF ol uassawa? = ee == SE ‚910931 1570961 Tag ‚orocHhl E Srt ‚6Eo€LI © or br GoAl! I9Uq99194 AysqoM ‚OToSLl = ‚OToLE&l = ıVEoLPL ‚GEoLPT ‚W891 ‚GGCo9TI uUISs9Weos | Jouypareq xXNe9Z1oJ9saq vom 22. Juli 1880. 685 Schon Deseloizeaux hat auf die Ähnlichkeit der Krystalle des Descloizits mit denen des Libethenits aufmerksam gemacht und auch bei dieser Gattung hat Schrauf (Zeitschr. f. Kryst. IV. p. 24) eine geringe Axenschiefe nachgewiesen. Die Zahlen der Elemente werden ähnlich, wenn man die Längsaxe von Schrauf vertical stellt und die Einheit der Queraxe verdoppelt; dann lau- ten sie: a:b:c = 0,67312:1:0,71225, ß = 90°56. Noch näher treten die Elemente des Niobits nach Schrauf (Wiener Akad. XLIV. 445), wenn man die Einheit der Queraxe halb so gross wie Schrauf nimmt; sie lauten dann: a:db:e = 0,66934:1:0,8023; auch für diese Gattung nimmt Jeremejev (Verh. d. k. russ. miner. Ges. 2. Serie. VII. 1872) nach Analogie des Wolfram eine geringe Axenschiefe an. Merkwürdiger Weise stimmen die Winkelangaben, welche vom Rath (vom Rath und Damour, Bull. de la Soc. miner. de France 1880. p. 113) von den Krystallen des Kentrolits macht, nämlich: B2 | B2 adi. — 125°3%', m|m — 115°18' und d? | d? de cote — 87°15' so genau mit den Winkeln des Descloizit, dass man beide identi- ficiren könnte, wenn nicht die Analyse von Damour den Kentro- lit als Silicat dargethan hätte. Nachschrift. Inzwischen gelangte das Werk: - Las especies minerales de la Repuüblica Argentina por el D’ D. Luis Brackebusch, 1879. Buenos Aires. als Dedication des Verfassers in meine Hände, in welchem p. 85 ein ausführlicher Artikel über den Descloizit enthalten ist. Den rast- losen Bemühungen des genannten Forschers ist es im Monat Februar 1879 gelungen, die Fundorte des genannten Minerals aufzufinden, dasselbe in seinen Eigenschaften wiederzuerkennen, so wie das gleichzeitige Mitvorkommen des Vanadinits zu constatiren. Für die in Aussicht gestellte Monographie werden die Freunde der Wis- senschaft in hohem Grade verpflichtet sein. Berlin, den 12. August 1880. Websky. 686 BR Gesammtsitzung 99. Juli; "Gesamamtsitzung der. Akademie; Hr. Kronecker las: Über den vierten Gaufs’schen Beweis des Reciprocitäts- gesetzes für die quadratischen Reste. Gaufs hat im Art. 33 seiner Abhandlung Summatio quarum- dam serierum singularium (19. September 1808) das Reciprocitäts- gesetz für die quadratischen Reste als eine Folge der in den vor- hergehenden Artikeln erlangten vollständigen Werthbestimmung je- ner Reihen, die jetzt als Gauls’sche bezeichnet werden, aufgezeigt, ohne aber die eigentliche Quelle der algebraischen Identitäten an- zugeben, welche den Ausgangspunkt der ganzen Entwickelungen bilden. Als nun im Jahre 1837 Dirichlet im 17. Bd. des Crelle- schen Journals die Gaufs’schen Reihen mittels bestimmter Inte- grale summirte und im letzten Paragraphen seines Aufsatzes die Gaufs’sche Ableitung des Reciprocitätsgesetzes reproducirte, konnte man wohl in den Dirichlet’schen Integral-Betrachtungen eine neue Beweismethode für dieses Fundamentaltheorem der Theorie der quadratischen Reste sehen. Wenige Jahre nach Dirichlet, im Jahre 1840, hat aber Cauchy im V. Bande des Liouville- schen Journals pag. 154 sqq. einen Aufsatz veröffentlicht, in wel- chem er die vollständige Bestimmung der Gaufs’schen Reihen aus einer von ihm früher publieirten Formel herleitete und eine werth- volle Bemerkung über einen daraus hervorgehenden Beweis des Reciprocitätsgesetzes daran knüpfte. Cauchy sagt in der Einlei- tung von jener Bestimmung: „... et cette determination, comme V’ont observe MM. Gaufs et Dirichlet, est un probleme, qui presente de grandes diffieultes. Les methodes ä l’aide desquelles on est parvenu jusqu’ici a surmonter cet obstacle, sont celles que M. Gaufs a developpees dans son beau Me&moire, qui a pour titre: “summatio serierum quarundam singularium” et celle que M. Di- richlet a deduite de la consideration des integrales definies. En reflechissant sur cette matiere j’ai ete assez heureux pour trouver d’autres moyens de parvenir au meme but; et d’abord il est assez remarquable, que la formule de Gauss, qui determine complete- ment les sommes alternees avec leur signe, se trouve comprise “vom 29. Juli 1880. | 687 comme cas particulier dans une autre formule que j’ai donnde en 1817 dans le Bulletin de la Societ Philomatique. Cette derniere formule, qui parut digne d’attention A l’auteur de la Mecanique celeste, sert a la transformation d’une somme d’exponentielles dont les exposants croissent comme les carres des nombres naturels; et lorsqu’on attribue a ces exposants des valeurs imaginaires, on re- ‚trouve avee la formule de M. Gauss la loi de reciprocite, qui existe entre deux nombres premiers.“ Dieser Cauchy’sche Weg zur Bestimmung der Gaufs’schen Reihen führt auf die eigentliche Quelle der Dirichlet’schen Methode; denn die Transformation der d-Reihen, auf welche sich die Cauchy’sche Entwickelung sründet, wird von Jacobi mittels derselben Methode hergeleitet, welehe Dirichlet auf die Summation der Reihen er ; an 2 i=0 2 i=0 q. anwendet. Da nun bei Cauchy die #-Reihen an der Grenze der Convergenz benutzt werden, so beschränkt sich der Unterschied zwischen der Oauchy’schen und der Dirichlet’schen Methode nur darauf, dass in der einen der Grenzübergang nach Herleitung der Transformationsformel, in der andern vorher gemacht wird. Aber die von Cauchy zuerst bemerkte Beziehung zwischen der linearen Transformation der d-Reihen und der Werthbestimmung der Gaufs’schen Reihen ist noch enger, als wohl Cauchy ver- muthet hat. Beides ist mit einander vollkommen äquivalent; denn es lässt sich nicht nur, wie bei Cauchy, die Werthbestimmung der Gaufs’schen Reihe aus der d- Transformation sondern auch umgekehrt diese aus jener ableiten, und wenn dabei wiederum jene andern Entwickelungen Cauchy’s zur Verwendung kommen, wel- che die Grundlagen der Functionentheorie bilden, so ist dies wohl geeignet, die Bedeutung Cauchy’scher Forschungen für den Fort- schritt der mathematischen Erkenntniss in ein helles Licht zu setzen. Das Merkwürdige der erwähnten Beziehung zwischen der 6- Transformation und der Werthbestimmung der Gaufs’schen Rei- hen tritt aber noch mehr hervor, wenn man die nahe Beziehung der letzteren zum Reciprocitätsgesetz ins Auge fasst und darnach erkennt, dass durch die Gaufs’schen Reihen ein Zusammenhang zwischen der Transformationsgleichung der d#-Reihen und der Re- eiproeitätsgleichung für die quadratischen Reste vermittelt wird, 688 Gesammtsitzung der die beiden auf so ganz verschiedenen Gebieten liegenden Re- sultate als gewissermaassen äquivalent zu bezeichnen gestattet. Um den Zusammenhang klar zu legen, werde ich den bekann- ten Cauchy’schen Satz in Kurzem entwickeln und alsdann auch die #- Transformation unmittelbar darauf gründen. Ist f(x,y) eine eindeutige Function, deren erste und zweite Ableitungen in einem von einer geschlossenen Curve umgrenzten Gebiete durchweg endlich sind, so ist das über diese Curve er- streckte Integral fdf(x,y) gleich Null. Wenn nämlich in einem Theilgebiete die Coordinaten «,y eindeutig als Functionen von r und s =g(,3),y= Y(r, s) ausgedrückt werden, und zwar so, dass das Gebiet durch eine Schaar geschlossener Curven erfüllt ist, von denen jede dadurch charakterisirt ist, dass r fest bleibt und s von O0 bis 1 varirt, während die Schaar entlang r von 0 bis 1 geht, so sind die Punkte »= 9(r,0),y = \(r,0) durchweg mit den Punkten «© = p(r,1), y = W(r,ı) identisch und die Begrenzung des Gebiets wird durch die beiden Uurven = 9(0,8);, y=Y(0,8) z=p(ll,)),y=Y(,s) gebildet. Das über jenes Theilgebiet erstreckte Integral Bu wird daher, je nachdem mit der einen oder der andern Integration begonnen wird, 1 d v=l il sl 7 ds oder of Uns « ds r=0 a or s=0 0 0 f) und da der Werth von = fürs=0 und s= 1 derselbe ist, so folgt, dass der Werth des Integrals 1 af r=] 1 af Ip of AR vl Ye 0 0 vom 29. Juli 1880. 689 oder also des über die ganze Begrenzung des Theilgebietes er- streckten Integrals | Safe, y) in der That verschwindet. Das ursprünglich gegebene Gesammt- gebiet ‚kann nun in lauter solche Theilgebiete zerlegt werden; es S kann ferner angenommen werden, dass die Ableitungen = und . Yy ausserhalb des Gebietes überall den Werth Null haben. In Folge dessen kann jenes Resultat dahin formulirt werden, dass (1) Safta,y) = 0 wird, wenn die Integration über die gesammte „natürliche Begren- zung“ erstreckt wird, d. h. über eine Linie die alle Flächentheile aus- oder abschliesst und alle Linien und Punkte umschliesst, in denen die ersten und zweiten Ableitungen von f jene Bedingung, endliche Werthe zu haben, nicht erfüllen. Man sieht aber zugleich, dass unbeschadet des Resultats Theile der natürlichen Begrenzung weggelassen werden können, welche einzelne Punkte umschliessen, in denen die ersten Ableitungen von / unstetig aber zugleich end- lich sind, und solche, die ganze Linien von endlicher Länge um- schliessen, in denen die Bedingung der Endlichkeit der zweiten Ableitungen nicht mehr erfüllt ist, während die Stetigkeit der er- sten Ableitungen bestehen bleibt. Für die nachher zu machende Anwendung ist aber noch hervorzuheben, dass für ein Gebiet, in welchem die Punkte durch 2=g(r,s) ,y=Y(r,s) ; r=0bis1,s=0bis1, dargestellt sind, das Resultat af a1 ei ji ()%- ; 0 of ap aa ı Fer Fe d2.'08 dy 98 sich, wenn gesetzt wird, explieite folgendermaassen darstellt: ander ein 1 AR (II lim. - u r,-) — lim. - >, lim. —e er. R R 650 Gesammtsitzung wobei die Reihenfolge der Grenzoperationen besonders zu beach- ten ist. - Schliesslich ist daran zu erinnern, dass die Cauchy’sche Darstellung der Function einer complexen Veränderlichen z: ae Fo) ag 8 nur ein Corollar der vorstehenden Entwickelung ist, und dass hieraus wiederum ganz unmittelbar die Sätze folgen, dass wenn F(z) auf der ganzen Begrenzung constant oder wenn es auch im Unendlichen durchweg endlich bleibt, es nothwendig überall con- stant sein muss. Dies vorausgeschickt soll nunmehr die lineare Transformation der #-Reihen mit Hülfe der Cauchy’schen Betrachtungen ent- wickelt werden. Bedeutet u eine. Grösse, deren absoluter Betrag grösser als Eins ist, so ist die auf alle unendlich vielen Werthe von logz be- zügliche Summe = 4(log2)? eine eindeutige Function von z. Bezeichnet man dieselbe mit F(z), so ist 2 Ar ge ag]; wenn die Integration im gewöhnlichen Sinne über einen Kreis mit dem Radius r und im entgegengesetzten Sinne über einen Kreis S 1 ; mit dem Radius - erstreckt wird, vorausgesetzt, dass der absolute r - u: - - Betrag von 2 zwischen r und - liegt, und dass r >1 ist. Die 7 Entwickelung nach Potenzen von z ergiebt hiernach als Coäfficien- ten sowohl für 2” als für 27” für jede nicht.negative ganze Zahl n: jr. eo wenn die Integration über den Kreis mit dem Radius r oder also auch über irgend eine den Punkt $ = 0 umschliessende Curve er- streckt wird. Setzt man | a 2mÜ ne 2log u er F vom 29, Juli 1880. 691 so ist EnF(E) — urloer)? Zullog-d)? — g Hloan, Aloe), und da SF(O)alogs ungeändert bleibt, wenn sg statt $ gesetzt d. h. über eine andere ebenfalls den Punkt {= 0 umsehliessende Curve integrirt wird, so erhält man als Coöfficienten von 2” und 27” den Ausdruck 1 Aherehr [raaus: ; DL wo v» mit u durch die Relation 4rlogu.logv — 1 verbunden ist. Integrirt man in Bezug auf $ über den Kreis mit dem Radius 1, so geht dieser Ausdruck unmittelbar in folgenden über: +% 2 2,2 vr Tr u w dw oo oder in Nr v pi wenn die Quadratwurzel der complexen Grösse 4rlogu mit + Vi bezeichnet, dabei @ positiv genommen und die Integration über die grade Linie z= w(p-+ bi) d. h. über die Linie al = yp er- D) Brrd2e streckt wird. Der Winkel, den diese Linie mit der x-Axe bildet, ist unter 45°, da der reelle Theil von loguw d. h. also g° — positiv sein muss. Die Integration kann daher, ohne den Integral- werth zu alteriren, über die «-Axe selbst erstreckt werden, da das Resultat der Integration von y= 0 bis y=x bei festem x für wachsende Werthe von x sich der Null nähert. Hiernach führt die Entwickelung von F(z) nach Potenzen von z zu der Gleichung 3 n=-+% —+% 5 —n2 — TE x „082 — (Vlogv) & 0” rer fe 7 dm, n=—-%0x9 —00 aus welcher sich, wenn man v=e,z=1 Setzt, der Werth des Integrals rechts gleich Eins ergiebt. Setztman v=«x"” ,v=y", so geht die Gleichung in folgende über: 1 £ 11 Vios! 1 ( ) 8 nr N Er ı 2 Zy"”z 692 Gesammtsitzung wo die Summationen auf alle Zahlen vonn = — oo bs n= +0 zu erstrecken sind und für logz irgend ein bestimmter Werth des Logarithmus zu nehmen ist. Ferner ist hierbei a der absolute Betrag von x so wie der von y ist kleiner als Eins, und die eingeklammerte Quadratwurzel aus einer complexen Grösse (Yr ei) soll den absoluten Werth von Yr multiplieirt mit demjeni- gen Werthe von e”® bedeuten, bei welchem — r Sueciau Ei x —€& me. —cE so wird für einen beliebigen Punkt (£) im Innern des Kreises 1 ar A & u, lim. 11H lim: vi & 21 pn=x M ?1=0 nn,» ( =) j und es ist auf Grund der in der Gleichung VI gegebenen Voraus- setzung grade der Grenzwerth : REN lim. %, (* .) D Fell 4 der für jede ungrade Zahl u gleich Null wird. Hiernach wird also für jeden Punkt & im Innern des Kreises ®(&) =1, d. h. die Gleichung (IV) findet für alle Werthe von x im Innern des Kreises statt, und es ergiebt sich dadurch auch wiederum der Werth des für ®(0) gefundenen Integrals Se du gleich Eins. NYerner zeigt sich mit Hülfe derselben Oauchy’schen Principien die Transfor- mationsgleichung (III) als eine Folge der specielleren Gleichung (IV), da die auf der linken Seite der Gleichung (III) stehende Function von 2, wie leicht zu sehen ist, für alle und zwar auch für die im Unendlichen liegenden Werthe dieser Variabeln stets endlich bleibt und daher überall einen constanten, durch die speciellere Gleichung (III) zu bestimmenden Werth haben muss. Endlich ist daran zu erinnern, dass die allgemeinste lineare Transformation der 6-Rei- hen durch wiederholte Anwendung der Gleichung (III) und aber auch direkt wie eben diese Gleichung abgeleitet werden kann. Wird in üblicher Weise die auf alle ungraden (positiven und negativen) Zahlen v erstreckte Summe eo $ ul a+4vd v) mit I(Z,r) bezeichnet, so kommt: 4 ar+ß yrtöyr+ö TR LEN (VI) s( ) oo), wo die ganzen Zahlen «,@,y,8 der Bedingung & — Ly—= 1 genügen, und der von Z wie von r unabhängige constante Factor C bestimmt sich unmittelbar, wenn gS—= 1Ilar+ß+yr+6) [1880] 50 8 Gesammtsitzung vom 29. Juli 1880. gesetzt, alsdann, je nachdem @ +0 ungrade oder grade ist, ee — = w genommen und schliesslich zum Grenzwerth w = 0 übergegangen wird. Bei dieser Methode findet sich C je nach den beiden Fällen durch die Gaufs’schen Reihen 3) ausgedrückt, deren Werth ja sich oben durch die Transformations- gleichung selbst bestimmt hat, so dass alles für die lineare Trans- formation Erforderliche aus einer und derselben Quelle herzuleiten ist. — Bei wiederholter Anwendung der Gleichung (IIl) gelangt man zur Gleichung (VIII) und dabei auch zur Bestimmung von C durch einen Algorithmus, welcher auch von den Hauptgleichungen für die Gaufs’schen Reihen G(e+2hi) = 6) , WEL) — (:) zu deren Werthbestimmung und damit auch zur Bestimmung des Legendre’schen Zeichens führt. Setzt man n, it 2 so hat man ganze Zahlen n,,n3,.. A), fg ,... so zu bestimmen, dass at ohn In =0, m Zn In 0, also | | N n Mh er wird. Die Zahlen n sind positiv oder negativ, aber ihrem abso- luten Werthe nach mit wachsendem Index abnehmend, und das Vorzeichen von A, ist dem des Products n,_,.n, entgegengesetzt. Der Werth von G@(2) bestimmt sich hiernach gleich der Quadrat- wurzel aus dem absoluten Werthe von n multiplieirt mit ee wo für r die algebraische Summe der Vorzeichen der Zahlen A, ‚Ra ,... A, zu nehmen ist. Z r 77 ven 5 er den notae. .97: POSS-0 — possessio II, 6. VI, 4. Be wa. 50* Verzeichniss der im Monat Juli 1880 eingegangenen Schriften. Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften und der G. 4. Universität zu Göttingen. N. 6—13. 1880. Göttingen. 8. Leopoldina. Amtliches Organ der K. Leopoldinisch-Carolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher. Heft XVI. N. 11. 12. Halle a. S. 1880. 4. Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Bd. XXXI. Heft 1. Jan. — März. Berlin 1880. 8. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XOI. N. 11.12.13. Berlin 1880. 8. Die Fortschritte der Physik dargestellt von der physikalischen Gesellschaft zu Berlin. Jahrg. XXXI. Abth. II. Berlin 1880. 8. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. 34. Heft II. Leipzig 1880. 8. Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. Jahrg. XV. Heft1. 2. Leip- zie 1880. 8. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen-Wesen im Preussischen Staate. Bd. XXVII. Heft 3. Mit Atlas. Bd. XXVIII. Tafel XVI— XXI. Berlin 1880. 4. fol. Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den Deutschen Küsten über die physi- kalischen Eigenschaften der Ostsee und Nordsee und die Fischerei. Jahrg. 1880. Heft I. II. Berlin 1880. 4. j Gemeinfassliche Mittheilungen aus den Untersuchungen der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der Deutschen Meere. Kiel 1880. 8. Berichte über die Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. B. Bd. VII. HeftIV. Freiburg i. B. 1880. 8. Mittheilungen des Deutschen Archaeologischen Institutes in Athen. Jahrg. V. Heft 2. Athen 1880.23. Eingegangene Druckschriften. Juli 1880. Tom Das Kuppelgrab bei Menidi. Herausgegeben vom Deutschen Archaeologischen Institute in Athen. Athen 1880. 4. Die Kaiserdenkmünze. — Jubelschrift auf die Stiftung einer Denkmünze zur Erinnerung an den Einzug S. M. des Kaisers Wilhelm I. in Strassburg am 1. Mai 1877, herausgegeben durch K. H. Perrot. Strassburg 1879. 8. Nebst der betr. Denkmünze in Bronze. Sitzungsberichte der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften in Prag. Jahre. 1879. Prag 1880. 8. Mittheilungen der kais. und kön. Geographischen Gesellschaft in Wien. 1879. Wien 1879. 8. Th. v. Oppolzer, Einige Bemerkungen über die anomalen Bewegungserschei- nungen einiger Kometen und über das Widerstand leistende Medium. Kiel 1880. 4. Sep.-Abdr. Programm des evang. Gymnasiums A. B. in Schässburg und der damit ver- bundenen Lehr-Anstall. Zum Schlusse des Schuljahres 1879/80. Schäss- burg 1880. 4. Erdelyi Muzeum. 7. sz. Evtolyam VII. 1880. Budapest 1880. 8. E. Ozyrniankiego, O Pryciaganiu jako objawie dopet'niezym Ruchu chemiez- nego. Krakowie 1880. 8. Viestnik hrvatskoga arkeologickoga Drustva. Godina II. Br. 3. Zagrebu 3380. 8. 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Haarlem 1880. 4. Programma van de Hollandsche Maatschappy der Wetenschappen te Haarlem voor het Jaar 1879. 1880. Haarlem. 4. Börö-Boudour dans (Ile de Java. Publ. par le Dr. ©. Leemans. 2 Ex. (franz. u. holländ.) Leide 1873. 1874. 8. Avec de dessins in fol. Bulletin de l’ Academie R. des sciences de Bruxelles. Annee 49. Ser. II. T. 49. N. 5. Bruxelles 1880. 8. Jahrbuch für Schweizerische Geschichte. Bd. 5. N. F. des Archivs für schweizerische Geschichte. Zürich 1880. 8. J. F. J. Biker, Supplemento a Colleceeso dos Tratados etc. celebrados entre a Coröa de Portugal e as mais Potencias desde 1640. T. XVII. Lisboa 1879. 8. Franciso da Fonseca Benevides, Rainhas de Portugal. T.I. II. Lis- boa 1878. 1879. 8. A Diniz da Cruz e Silva, O Hyssope. Edigao critica por Jose Ramos Coelho. Lisboa 1879. 8. Torquato Tasso. A Jerusalem libertada, vertida em oitava-rima portugueza por Jose Ramos Coelho. Lisboa 1864. 8. l. 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MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. August 1880. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 2. August. Sitzung der physikalisch - -mathemati- schen Klasse. Hr. Ewald trug vor: Weitere Betrachtungen über das Mag- deburg-Köthener palaeozoische Gebirge. 5. August. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Kronecker las folgende von Hrn. Weierstrafs einge- ‘sandte Abhandlung: Über einen funetionentheoretischen Satz des Herrn G. Mittag-Leffler. 1. In den Berichten der Akademie der Wissenschaften zu Stock- holm!) a.d. J. 1877 hat Herr Mittag-Leffler im Anschluss an eine in den Denkschriften unserer Akademie a. d. J. 1876 ver- öffentlichten Untersuchungen über die eindeutigen analytischen Func- tionen einer Veränderlichen einige sehr beachtungswerthe 'Theoreme 1) Öfversigt af Kongl. Vetenskaps-Akademiens Förhandlingar, 1877. [1880] 52 708 Gesammtsitzung entwickelt. Unter denselben ist von besonderer Wichtigkeit das nachstehende, auf welches näher einzugehen ich aus dem Grunde Veranlassung habe, weil es mir dazu gedient hat, die Ergebnisse meiner Arbeit in mehreren wesentlichen Punkten zu vervollstän- digen: „Es seien gegeben 1) eine unendliche Reihe bestimmter endlicher Grössen: dı, d,,Q;, AR?) cd Seen unter denen keine zwei gleiche sich finden, und die der 4 Bedingung Lim. Q, == 059 v=Xo genügen; und 2) eine unendliche Reihe rationaler Functionen einer Ver- änderlichen (x): A): la), Ba); von denen /,(x) nur an der Stelle (« = «a,) unendlich gross wird, und für © = oo verschwindet. Dann lässt sich stets eine eindeutige analytische Function F(x&) mit der einen wesentlichen singulären Stelle oo bil- den, welche nur an den Stellen a, @, Qz,... unendlich gross wird, und zwar so, dass — für jeden bestimmten Werth von v — die Differenz an der Stelle (x = a,) einen endlichen Werth hat, und daher innerhalb einer gewissen Umgebung dieser Stelle F(x):in der Form f,(x) + P (x — «,) dargestellt werden kann.“ Herr Mittag-Leffler beweist diesen Satz, indem er zeigt, dass sich aus den gegebenen Functionen Fı(®) ’ R(&) 9 TEE) y0 eine Reihe anderer rationalen Functionen: PR, DR dergestalt ableiten lässt, dass jede der Differenzen Be) —f@) , Bo)—Ahl@) , Rod) — hp); -- vom 5. August 1880. 709 eine ganze Function von & oder eine Constante ist, und zugleich die unendliche Reihe = M(@) v—ı innerhalb jedes Bereichs, der keine der Stellen a, , a,, a, ... ent- hält, gleichmässig convergirt, woraus sich folgern lässt, dass die- selbe eine Function F(«) von der angegebenen Beschaffenheit dar stellt. Man kann indess für die Functionen F,(x) eine einfachere Bildungsweise als die von Herrn Mittag-Leffler auseinanderge- setzte angeben, und dadurch den Beweis des Satzes erheblich ver- einfachen. Man nehme eine unendliche Reihe positiver Grössen: E19 &2y E39 ve 9 deren Summe einen endlichen Werth hat, und ausserdem eine eben- falls positive Grösse e, die <1 ist, willkürlich an. Ist nun, für einen bestimmten Werth von v, a, = 0, so nehme man F,(&) = J,(@) - Wenn aber a, einen von Null verschiedenen Werth hat, so ent- wickle man /,(x) in eine Potenzreihe von «: SANgE, AM=0 welche für jeden der Bedingung Hi u a v genügenden Werth von x convergirt. Dann kann man eine ganze Zahl m, so bestimmen, dass für jeden der Bedingung x [47 v Fi entsprechenden Werth von x der absolute Betrag von ee =“ v IV: Rd A=m, 710 \ Gesammtsitzung kleiner als e, ist.!) Nach Ermittelung dieser Zahl m, nehme man F,(@) = J,(@) — #72, wobei zu bemerken, dass F,(x) = f,(2) zu setzen ist, wenn m, = 0, und dass man F,(&) = ©” ,(@) hat, wo g,(x) eine rationale Function ist, die ebenso wie f,(«) nur für x = a, unendlich gross wird, und für <= oo verschwindet. Nun sei x, irgend ein bestimmter endlicher Werth von «, der nicht in der Reihe a, Ay, day. enthalten ist, und g eine positive Grösse, die man so klein anzu- nehmen hat, dass auch unter denjenigen Werthen von x, für die le n|=2; keine der Grössen @,, 43, @3,... Sich findet. Dann kann, wenn ö irgend eine gegebene, beliebig kleine Grösse ist, eine ganze Zahl r so angenommen werden, dass für jeden der eben angegebenen Werthe von x, sobald vZr und somit 1) Nach Annahme einer positiven Grösse :,, die kleiner als 1, aber grösser als e ist, bestimme man eine Grösse 9 so, dass für jeden Werth von x, dessen absoluter Betrag gleich :,[«,| ist, Holen [Ar eg. Dann hat man und es ist somit, wenn 01 = l34r- 12102 (2) = —-()- &0 v—=m I, kann also für m, den kleinsten Werth von m, für den v €e_m n a — — A kleiner als =, ist, wählen. I; vom 5. August 1880. zul IE@|l F, (a) v1 convergirt also, und zwar gleichmässig, für alle der Bedingung le »1=2 entsprechenden Werthe von x, und kann daher, nach einem be- kannten Satz, für diese auch in der Form einer gewöhnlichen Po- tenzreihe von (# — x,) dargestellt werden. Ist ferner a, irgend eine der Grössen @%,@%,4,.., und nimmt man o so klein an, dass sich unter denjenigen Werthen von x2,. für die le —-a|=o; ausser a, keine der genannten Grössen findet, so ist nach dem Vorstehenden die Reihe Z F,(©) — F,() Bl für die in Rede stehenden Werthe von x gleichmässig convergent und in der Form Plz — a,) darstellbar, so dass man = Fa) =F()+ Pa — a) RO HP — a) hat. Damit ist bewiesen, dass die Reihe Z.F,(a) v=1 eine Function F(x) von der in dem angeführten Satze angegebenen . Beschaffenheit darstellt. Hierzu ist noch Folgendes zu bemerken. Ist @(x) eine be- liebige (rationale oder transcendente) ganze Function von x, und setzt man F@) = Flo) +6), so ist auch F(x) eine Function von der in Rede stehenden Be- 712 ‚Gesammtsitzung schaffenheit. Und umgekehrt, wenn F(x) , F(x) irgend zwei sol- che Functionen sind, so ist die Differenz F(x) — F(x) nothwendig eine ganze Function von «. 2. Nunmehr sei F(x) irgend eine gegebene eindeutige analytische Function von x, welche nur die eine wesentliche singuläre Stelle oo besitzt, und an beliebig vielen andern Stellen dı, 0, (43, 1. gleich oo wird, wobei in dem Falle, wo die Anzahl dieser Stellen unendlich gross ist, angenommen werden darf, es seien dieselben so geordnet, dass Eım.@, — cos Dann lässt sich, wenn a, eine /,mal zu zählende &-Stelle der Function F(x) ist, für die einer bestimmten Umgebung dieser Stelle angehörigen Werthe von x l, . = (v) 1% (2 —a,)”’F(«) in der Form =@ (2 — a,) darstellen; man hat also, wenn 2-1 . (v) —I, tl (8) Ss Ro (® SE a,) gesetzt wird, F(&) = J.(%) 7 Vz SR Q,) N) und es ist /,(x) eine rationale Function von x, die nur für = a, unendlich gross wird, und für <= oo verschwindet. Leitet man nun aus den Functionen DER AO DRIN EICH REL auf die in (1) beschriebene Weise die Functionen F,(2) , Pla), Bl) ; ab — wobei man, wenn die Anzahl der »-Stellen von F(x) end- lich ist, F,(x) = f,(x) setzen kann, so wird die Differenz N ea te Be Er re ra es re ee Ai 1 En pi A FIEBHE 1 | | vom 5. August 1880. 713 F(&) — 3 F,(«) n für keinen endlichen Werth von & unendlich gross, und es ist also | Fe) = EF,(o) +6), wo G(x) wieder eine ganze Function von x bedeutet. Bringt man Gopaut ie Korm,>9,(2), in der Art, dass 9,(x) , 95(2) , ... ganze und rationale Functionen von x sind, und setzt F,@&)) = F,@)+9(@) ; so hat man FG) = F,(@). Es lässt sich also jede eindeutige analytische Func- tion F(x), für die im Endlichen keine wesentliche singu- läre Stelle existirt, als eine Summe von rationalen Func- tionen der Veränderlichen x dergestalt ausdrücken, dass jede dieser Funcetionen im Endlichen nur eine &-Stelle hat. | Dies war bisher nur für die rationalen und für einige be- stimmte transcendente Functionen einer Veränderlichen bekannt. 3. Aus den beiden in (1,2) entwickelten Sätzen leitet man leicht die folgenden ab. A. Es seien gegeben 1) eine bestimmte Grösse e und eine unendliche Reihe von c verschiedener Grössen: A), Adg, Ay yo. 59. unter denen keine zwei gleiche sich finden, und die der Bedingung Eine, — 6 v=oxo genügen; und 2) eine unendliche Reihe rationaler Functionen: INOERAQER ACER 714 Gesammtsitzung von denen /,(x) nur an der Stelle (x = «a,) unendlich gross wird, und für 2 = c verschwindet. Dann lässt sich stets eine eindeutige analytische Function F(x) mit der einen wesentlichen singulären Stelle c bilden, welche nur an den Stellen a, , a, ,Q3 , «. gleich oo wird, und zwar so, dass an der Stelle (x = a,) einen endlichen Werth hat. Diese Function F(x) kann dargestellt werden in der Form > F,(e), vl wo F,(x) eine in der Form 1) +6, (—) 2 — C, ausdrückbare rationale Function bezeichnet. B. Jede eindeutige analytische Function (x) mit nur einer wesentlich singulären Stelle (c) lässt sich als eine Summe von rationalen Functionen der Veränderlichen & dergestalt ausdrücken, dass jede dieser Functionen nicht mehr als eine von c verschiedene &-Stelle hat. Diese Sätze ergeben sich aus den in (1,2) bewiesenen, wenn man | | 1 2 — 6 ' == 4 setzt, und dann F(x) als Function von x' betrachtet. Der Satz B reiht sich den in $$ 2, 3 meiner oben angeführ- ten Abhandlung entwickelten Sätzen an. 4. In der genannten Abhandlung habe ich ($ 7) für eine eindeu- tige analytische Function einer Veränderlichen x mit n wesent- lichen singulären Stellen (ec, ,... c,) zwei allgemeine Ausdrücke aufgestellt, nämlich vom 5. August 1880. 715 e H Sul.) —=1 EN N I >> 1) 8 BEER es a) Te) tete a L— 6, pr Der nm et) u Gy ve) wo R*(x) eine rationale Function von x, die nur an den Stellen Cı 5. ©, Null und unendlich gross wird, bedeutet. Bezeichnet man mit F(x; c) eine eindeutige analytische Func- tion von & mit der einen wesentlichen singulären Stelle c, so lässt sich der Ausdruck (2) auf die Form N &) ERß;o) bringen. Nun stellt aber auch der Ausdruck (8) 3 R,(0; 0) Aal! eine eindeutige Function mit n wesentlichen singulären Stellen (Cı , -.. c„) dar; es konnte aber mit den in der genannten Abhand- lung angewandten Hülfsmitteln nicht bewiesen werden, dass jede solche Function, wie ich jetzt mit Hülfe des Satzes (3,A) zeigen will, in der vorstehenden Form (3) ausgedrückt werden kann. Es sei F(x) irgend eine Function von der in Rede stehenden Beschaffenheit, so zerlege man das Gebiet der Veränderlichen « dergestalt in n Theile, dass im Innern eines jeden eine der Stel- len cı ,... c, liegt, und zugleich an der Grenze zwischen zwei Theilen F(x) überall einen endlichen Werth hat. Derjenige Theil, in welchem c, liegt, werde mit C, bezeichnet. Angenommen nun, es enthalte, für einen bestimmten Werth von A, CO, unendlich viele ausserwesentliche singuläre Stellen der betrachteten Function: a, RR EEE so darf vorausgesetzt werden, es seien dieselben so geordnet, dass men ——0r. v=0oo 716 Gesammisitzung Bestimmt man dann eine Reihe rationaler Functionen Pe). a dergestalt, dass a (2) nur an der Stelle (x = a”) unendlich gross wird, die Differenz Fa) — I,” (0) aber an derselben Stelle einen endlichen Werth hat, und überdies Ta (x) für &= c verschwindet; so lässt sich nach (3,A) eine ein- deutige Function F “ (x) mit der einen wesentlichen singulären Stelle c, herstellen, welehe nur an den Stellen a”, a®, a, ... unendlich gross wird, und zwar so, dass die Differenz FF) — IP @) an der Stelle (# = a”) einen endlichen Werth hat. Daraus folgt dann, dass die Function F(&) — F”(«) im Innern und an der Grenze von C, ausser c, keine singuläre Stelle besitzt. Enthält ferner C) nur eine endliche Anzahl ausserwesentlicher singulärer Stellen der Function F(x): a ne so Setze man Fa=h + +, wo die Functionen Fa) ‚FI (@) „.. dieselbe Bedeutung haben wie vorhin, so wird F (x) nur an den Stellen a®, a®, ... unendlich gross, und es besitzt auch in diesem Falle die Function F(x) — F “ (x) im Innern und an der Grenze von C, ausser c, keine singuläre Stelle. In dem Falle endlich, wo C, keine ausserwesentliche Stelle der Function Z"(z) enthält, setze man Fr) = 0. Sind auf diese Weise die Functionen F®(%),.. F®(x) bestimmt, so ist der Ausdruck Fa) —E F®% (a) r—ı vom 5. August 1880. 717 eine eindeutige Function von x, die keine andern (wesentlichen oder ausserwesentlichen) singulären Stellen als c, ,... c, besitzt, und so- mit (nach $5 der g. Abhdlg.) in der Form % 1 > Gr (as —=1l Me CH 1 : Ö dargestellt werden kann, wo G@, (22, eine ganze Function von MEER bezeichnet. u 3 Setzt man nun 1 F,(05 0) = F®%@)+&(—) TRORTI so ıst ; N Fa) = 3 F(a;6). ml 1 Da die Functionen F®(x) , &, es im Gebiete der Verän- WIE derlichen x keine von c, verschiedene wesentliche singuläre Stelle besitzen, so gilt dies auch von der Function FR (x;c,); für diese aber ist in Folge der Voraussetzung, dass F(x) n wesentliche sin- guläre Stellen besitze, c, nothwendig eine solche Stelle. Zn bemerken ist, dass nicht zwei der Functionen A, (x; cı) , +. .. 2(2;5c,) eine gemeinschaftliche oo -Stelle haben. Der im Vorstehenden mit Hülfe des in (1) mitgetheilten Mit- tag-Leffler’schen Theorems begründete Satz ist in meiner Ab- handlung bloss für den Fall bewiesen worden, wo die Function F(x) ausserwesentliche singuläre Stellen entweder gar nicht oder nur in endlicher Anzahl besitzt. (S. $5 d. g. Abhdl.) Stellt man jede der Functionen F,(x;c,) in der oben (3,B) angegebenen Gestalt dar, so ergiebt sich ein neuer allgemeiner Ausdruck einer eindeutigen analytischen Function F(x) mit einer endlichen Anzahl wesentlicher singulärer Stellen in der Form einer unendlichen Reihe, deren Glieder sämmtlich rationale Functionen der Veränderlichen x sind. Diese Reihe convergirt gleichmässig für alle Werthe von x, welche einem Bereiche angehören, der we- der im Innern noch an der Grenze eine der singulären Stellen der Function F(x) enthält. 9. August. ng der philos Rn Klasse. ne Sn 0 ul, 2 ZU u 2 2 Gesammlisitzung vom 12. August 1880. 719 12. August. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Weierstra[s hatte die folgende Abhandlung eingesandt, welche von Hrn. Kronecker vorgetragen wurde. Zur Functionenlehre. Im Nachstehenden theile ich einige auf unendliche Reihen, deren Glieder rationale Functionen einer Veränderlichen sind, sich beziehende Untersuchungen mit, welche hauptsächlich den Zweck haben, gewisse, bisher — so viel ich weiss — nicht beachtete Eigenthümlichkeiten, die solche Reihen darbieten können und de- ren Kenntniss für die Functionenlehre von Wichtigkeit ist, klar zu stellen. 1. Es seien unendlich viele rationale Functionen einer Veränder- lichen x in bestimmter Aufeinanderfolge gegeben: OO Die Gesammtheit derjenigen Werthe von x, für welche die Reihe 134,6) einen endlichen Werth hat, nenne ich den Oonvergenzbereich dieser Reihe. Lässt sich ferner für eine bestimmte Stelle @ dieses Be- reichs eine positive Grösse og so annehmen, dass die Reihe für die der Bedingung le—el=: entsprechenden Werthe von x gleichmässig!) convergirt, so will 1) Eine unendliche Reihe = v9) v—=0 deren Glieder Functionen beliebig vieler Veränderlichen sind, convergirt in einem gegebenen Theile (B) ihres Convergenzbereichs gleichmässig, wenn sich nach Annahme einer beliebig kleinen positiven Grösse © stets eine ganze Zahl m so bestimmen lässt, dass der absolute Betrag der Summe oo uf, N I! M v 720 Gesammtsitzung ich sagen, die Reihe convergire gleichmässig in der Nähe der Stelle «a. Die Grösse od hat dann eine obere Grenze; ist diese R, so möge — in Beziehung auf die betrachtete Reihe — die Ge- sammtheit derjenigen Werthe von x, für welche le—a|l 1\ L p) ) y = Fa a Aa v—=0 v=0 anzuführen. Für die erstere bilden den Bereich A alle diejenigen Werthe von x, die ihrem absoluten Betrage nach kleiner als ı sind, für die andern ausser denselben Werthen auch alle diejeni- gen, die ihrem absoluten Betrage nach grösser als 1 sind; es be- steht also A in dem ersten Falle aus einem zusammenhangenden Stücke, in dem andern aus zwei solchen Stücken, die keine Stelle gemein haben. Beispiele von Reihen der hier betrachteten Art, für welche der Bereich A aus mehr als zwei Stücken besteht, wer- den später vorkommen. | Es ist ferner noch Folgendes nachzuweisen. Angenommen, es convergire die betrachtete Reihe gleichmäs- sig in der Nähe jeder Stelle, die im Innern oder an der Grenze eines gegebenen zusammenhangenden Bereichs (B) liegt, so con- vergirt sie auch in dem ganzen Bereich gleichmässig. Sind @,«a' irgend zwei Stellen des Bereichs A, von denen « in der Umgebung von «a liegt, und ist % der Halbmesser der letz- 722 Gresammltsitzung teren, D= |a—a| der Abstand der beiden Stellen, so folgt aus den gegebenen Definitionen unmittelbar, dass der Halbmesser (R') der Umgebung von «a' nicht kleiner als R—D sein kann. Ist D<{IR, so ist also >4HR, uud es liegt « in der Umgebung von a’; mithin muss RZ R'—D sein, R' also zwischen R—D und 2Z+D liegen. Wenn daher die Stelle « in A ihre Lage stetig ändert, so ändert sich auch der zugehörige Werth von R stetig. Daraus folgt weiter, dass die untere Grenze (R,) derjenigen Werthe von R, die diese Grösse im Bereiche B annehmen kann, mindestens an einer im Innern oder an der Grenze dieses Bereichs liegenden Stelle wirklich erreicht wird, und dass daher A, nicht gleich Null ist. Deshalb kann B in eine endliche Anzahl von Theilen derge- stalt zerlegt werden, dass in jedem einzelnen Theile der grösste Abstand zweier Stellen kleiner als R, ist. Jeder solcher Theil liegt dann ganz in der Umgebung einer in ihm willkürlich ange- nommenen Stelle; für die demselben angehörigen Werthe von x convergirt also die betrachtete Reihe gleichmässig, woraus nach dem oben Bemerkten die Richtigkeit des ausgesprochenen Satzes sich unmittelbar ergiebt. - Eine Reihe der in Rede stehenden Art kann so beschaffen sein, dass sie in der Nähe jeder im Innern ihres Convergenz- bereichs liegenden Stelle gleichmässig convergirt. Im Folgenden werde ich ausschliesslich Reihen von dieser Beschaffenheit unter- suchen. Wenn man nämlich von der Reihe ERS nur weiss, dass es im Gebiete der Veränderlichen x einen zusam- menhangenden Bereich giebt, in welchem die Reihe convergirt, so lässt sich daraus allein nicht einmal folgern, dass ihr Werth in demselben Bereich eine stetige Function von « sei. Macht man aber die angegebene Voraussetzung, so lässt sich zeigen, dass die Reihe in jedem der im Vorstehenden definirten Stücke (A,,...) ihres Convergenzbereichs im Allgemeinen einen eindeutigen Zweig einer monogenen analytischen Func- tion von x, und in besondern Fällen eine solche Func- tion vollständig darstellt. vom 12. August 1880. 723 P2 Hierzu ist ein Hülfssatz erforderlich, den ich zunächst an- führen und beweisen will. 2. „Es seien unendlich viele Potenzreihen einer Veränderlichen x, welche positive und negative Potenzen dieser Grösse in belie- biger Anzahl enthalten, in bestimmter Aufeinanderfolge gegeben: a) ale), 20) um; und es sei möglich, zwei reelle Grössen R,R', von denen RZ0, R'>R ist, so anzunehmen, dass für die der Bedingung R<]jle| P,(«) v—=0 convergirt, und zwar die letztere für alle diejenigen Werthe der Veränderlichen, die denselben absoluten Betrag haben, gleichmäs- sig. Dann hat, wenn Ab der Coöfficient von x* in P,(x) ist, die Summe = 40 M er v—=0O für jeden Werth von x einen bestimmten endlichen Werth, der mit A, bezeichnet werde, und es lässt sich zeigen, dass für jeden Werth von x, dessen absoluter Betrag grösser als R und kleiner als A’ ist, die Reihe A ur Mr eonvergirt, und die Gleichung 09 > P(a) = & Au." v0 ja besteht.“ | Es sei r irgend eine bestimmte, zwischen & und A’ enthaltene positive Grösse, und %k eine beliebige andere, so kann in Folge der hinsichtlich der Convergenz der Reihe [1880] an [S) 724 Gesammtsitzung I P,(«) v—=0 gemachten Voraussetzung eine ganze positive Zahl m so angenom- men werden, dass für jeden Werth von x, dessen absoluter Betrag gleich r ist, und für jede ganze Zahl n, die Z m, der absolute Betrag der Summe kleiner als 4%, und deshalb für jede Zahl n’, die Zn, IP | | AN, a" | P,(#) — 24,2" = 3P,(e) — 2 Ar” in [23 v—=N [27 und somit = 7 {R |27,() —34A,e*” | ++ > ) v—0_ R A ee Da man nun für jeden bestimmten Werth von x, dessen absoluter Betrag (r) zwischen R und R’ enthalten ist, zunächst r,,r, der ‚angegebenen Bedingung gemäss, und dann % so annehmen kann, dass kleiner ist als eine beliebige gegebene Grösse, so folgt, dass für jeden der Bedingung Bla fi<ız 126 Gesammtsitzung entsprechenden Werth von & nicht nur die Reihe IA 7 convergirt, sondern auch die Gleichung © I). > Aral 0 7 v= besteht; w. z. b. w. Es sei jetzt Fl) — 35,(@) irgend eine Reihe von der am Schlusse des $ 1 angegebenen Be- schaffenheit, und es werde mit A’ eins der Stücke bezeichnet, aus denen nach der vorangegangenen Auseinandersetzung der Conver- senzbereich der Reihe besteht. Nimmt man dann in A’ eine Stelle a, willkürlich an, und be- schränkt die Veränderliche x auf die Umgebung von a,, so lässt sich nicht nur jede der Functionen /,(x), sondern nach dem vor- hergehenden Satze auch die Summe derselben durch eine gewöhn- liche Potenzreihe von 2 — a, die mit Pole — a) bezeichnet werde, und die ich ein „Element“ der Function F(«) nenne, ausdrücken.!) Nimmt man ferner in der Umgebung von a, eine zweite Stelle (a,) an, und ist P,(x — a,) das zu dieser gehörige Element von !) Hierzu bemerke ich, dass nach dem Satze des v. $ der Coöfficient = E = p! da” (2=4y) v—0 von (2 — a,)” gleich ist. Die Function F'(x) hat also in A’ Ableitungen jeder Ordnung, und es ist A" E@) _ DS def,le) Be Ber v=0 Es ist ferner leicht zu zeigen,. dass auch die Reihe auf der rechten Seite dieser Gleichung in der Nähe jeder Stelle von A’ gleichmässig convergirt, und somit dieselbe Beschaffenheit wie die gegebene hat. vom 12. August 1880. 127 F(x), so hat man für diejenigen Werthe von x, die in der Umge- bung von a, sowohl als von a, liegen, Dıle—a) = Bli—a) , dla) = Era ET, wo A’P(x— a Pla) = en % Daraus folgt, dass der Coöfficient von (e— a,)* in P,(x—a,) mit dem entsprechenden Coöäfficienten der Entwicklung von P,(x — a,) nach Potenzen von (x — a,) übereinstimmen muss. Nun kann man, wenn a eine beliebige Stelle in A’ ist, zwi- schen a, und a eine Reihe von Stellen a ’ dig ’ ... Q, so einschalten, dass a, in der Umgebung von a, a, in der Um- gebung von a,, u.s. w. und schliesslich « in der Umgebung von a, liegt. Dann hat man, wenn Pie — a) ; Pla — a) , »- Pula —a,) ; Pla—a) die zu den Stellen a,,a,,..a,,a gehörigen Elemente der Func- tion F(x) sind, = NE de da) = EU) R=0O n! S Dean P,(2 — a;) — NY K2uuC? Be = rn! 122 =, Ur’S: Wr (x — a)" m! | oo Pe — a) E9Pr)(a — a,) p—0 Es besteht also in dem Bereich A’ zwischen den Elementen der betrachteten Function ein solcher Zusammenhang, dass aus einem beliebig angenommenen Elemente jedes andere durch ein bestimmtes Rechnungsverfahren abgeleitet werden kann. Für die dem genannten Bereich angehörigen Werthe von x ist also die Function völlig bestimmt, sobald irgend eines ihrer Elemente ge- geben ist. 128 Gesammtsitzung Möglicherweise erstreckt sich, wenn die Stelle « der Begren- zung von A’ hinlänglich nahe angenommen wird, der Convergenz- bezirk der Reihe P(x— a) über A’ hinaus. In diesem Falle (der sogar der gewöhnliche ist) existiren unendlich viele, aus P,(x — a) durch das beschriebene Verfahren ableitbare Potenzreihen P’(x — a’), deren Convergenzbezirke ganz oder theilweise ausserhalb 4’ liegen, und aus diesen können dann möglicherweise durch dasselbe Ver- fahren wieder andere sich ergeben, welche in ihrem Convergenz- bezirk auch Stellen von A’ enthalten, aber an diesen andere Wer- the wie F(x) haben. Alle diese Reihen stellen Fortsetzungen der durch die gegebene Reihe F(x) zunächst für die dem Bezirk A’ angehörigen Werthe von x definirten Function dar; sie sind, nach der in meinen Vorlesungen über die Anfangsgründe der allgemei- nen Functionenlehre eingeführten Terminologie, sämmtlich Elemente einer monogenen analytischen Function, die eindeutig oder mehr- deutig sein kann, aber als vollständig definirt zu betrachten ist, sobald irgend eines ihrer Elemente gegeben ist. Wenn der Öonvergenzbereich der Reihe P(@—a), wie man auch a annehmen möge, stets ganz in A’ enthalten ist, so kann die durch den Ausdruck F(x) für den Bereich A’ definirte Func- tion über die Grenzen dieses Bereichs nicht fortgesetzt werden. Es stellt also in diesem Falle — der wirklich vorkommt, wie wei- ter unten wird gezeigt werden — die Reihe, wenn die Veränderliche x auf den Bereich A’ beschränkt wird, eine eindeutige monogene Function von x vollständig dar. Hiernach lässt sich das im Vorstehenden Auseinandergesetzte kurz so, wie am Schlusse von $ 1 geschehen ist, zusammenfassen. Hieran knüpft sich nun eine für die Functionenlehre wichtige Frage. Angenommen, der Convergenzbereich der betrachteten Reihe bestehe aus mehreren Stücken (Aı, As, ...), so ist es möglich, dass sie in denselben Zweige einer und derselben monogenen Func- tion darstellt. Es fragt sich nun, ob sich dies in allen Fällen so verhält. Muss diese Frage verneint werden, wie dies wirklich der Fall ist, so ist damit bewiesen, dass der Begriff einer monogenen Function einer complexen Veränderlichen mit dem Begriff einer durch (arithmetische) Grössen- operationen ausdrückbaren Abhängigkeit sich nicht voll- | | | vom 12. August 1880. 729 ständig deckt.!) Daraus aber folgt dann, dass mehrere der wichtigsten Sätze der neuern Functionenlehre nicht ohne Weiteres auf Ausdrücke, welche im Sinne der ältern Analysten (Euler, Lagrange u. A.) Functionen einer complexen Veränderlichen sind, dürfen angewandt werden.?) Ich habe bereits vor Jahren gefunden — und in meinen Vor- lesungen mitgetheilt — dass die oben angeführte Reihe NE 2 v=0 R- u” deren Convergenzbereich aus zwei Stücken besteht, zwei verschie- den monogene Functionen, und zwar eine jede vollständig dar- stellt. Ist nämlich x, irgend ein Werth von x, der den absoluten Betrag 1 hat, so lässt sich — mit Hülfe von Sätzen, welche die Theorie der linearen Transformation der elliptischen S- Funetionen liefert — zeigen, dass sich sowohl unter denjenigen Werthen von Bedelz| << |, als auch unter denen, für die [|x|>ı, in jeder noch so kleinen Umgebung von x, solche finden, für die der 1) Das Gegentheil ist von Riemann ausgesprochen worden (Grund- lagen für .die allgemeine Theorie der Functionen einer complexen Grösse, $ 19, am Schluss), wobei ich bemerke, dass eine Function eines complexen Arguments, wie sie Riemann definirt, stets auch eine monogene Function ist. 2) Wenn z. B. zwei Ausdrücke oo co zn), 25%) v=0 v=0 der hier betrachteten Art gegeben sind, und es lässt sich zeigen, dass es in der Nähe einer bestimmten, im Innern des Convergenzbereichs sowohl des einen als des andern liegenden Stelle unendlich viele Werthe von x giebt, für welche die Ausdrücke gleiche Werthe haben, so ist damit festgestellt, dass innerhalb eines bestimmten zusammenhangenden Bereichs der Veränder- lichen x die Gleichung besteht; es lässt sich aber nicht behaupten, dass dieselbe an allen Stellen des gemeinschaftlichen Convergenzbereichs der beiden Reihen gelte, wofern nicht der Nachweis geführt werden kann, dass beide Ausdrücke in dem ge- nannten Bereich monogene Functionen sind. 730 Gesammtsitzung absolute Betrag von F(x) jede beliebig angenommene Grösse über- trifft. Daraus folgt sofort, dass die Reihe in jedem der beiden Stücke ihres Convergenzbereichs eine Function darstellt, die über die Begrenzung des Stückes hinaus nicht fortgesetzt werden kann. Es blieb indessen, obwohl dies eine Beispiel zur Erledigung der in Rede stehenden Frage ausreichte, noch ein Bedenken übrig. Die beiden durch die angeführte Reihe ausgedrückten Func- tionen stehen in einer sehr einfachen Beziehung zu einander, indem F(a”) = F(«) ist. Es war daher der Gedanke nicht abzuweisen, ob nicht über- haupt in dem Falle, wo ein arithmetischer Ausdruck (x) in ver- schiedenen Theilen seines Geltungsbereichs verschiedene monogene Functionen der complexen Veränderlichen x darstellt, unter diesen ein nothwendiger Zusammenhang bestehe, der bewirke, dass durch die Eigenschaften der einen auch die Eigenschaften der andern bestimmt seien. Wäre dies der Fall, so würde daraus folgen, dass. der Begriff der monogenen Function erweitert werden müsste. Um jeden Zweifel über diesen Punkt zu beseitigen, habe ich mir die Aufgabe gestellt, einen Ausdruck Fo) = 3 f,(e) von der hier angenommenen Beschaffenheit, der den folgenden Be- dingungen genüge, zu bilden: Der Convergenzbereich der Reihe soll aus n Stücken (A,, Ay, ... 4,), wie sie oben definirt worden sind, bestehen, und es soll F(x) in A, gleich F\(x), in 4, gleich tat in A, :gleich ,#, (2): sein, wo A,(e), la) ee willkürlich anzunehmende, für das ganze Gebiet der Verän- derlichen x, mit Ausnahme von einzelnen Stellen, definirte eindeu- tige und monogene Functionen bedeuten. Zur Lösung dieser Aufgabe stelle ich zunächst einen Aus- druck von der angegebenen Form her, welcher in der Nähe jeder Stelle, wo der reelle Theil von x nicht gleich Null ist, gleichmäs- sig convergirt und den Werth +1 oder — 1 hat, jenachdem der reelle Theil von x positiv oder negativ ist. Formeln, die in der Theorie der elliptischen Functionen vorkom- vom 12. August 1880. 731 men, führen zu einem solchen Ausdruck. Bei der nachstehenden Herleitung desselben habe ich jedoch absichtlich aus der genann- ten Theorie nichts vorausgesetzt. 4, Nimmt man zwei endliche und von Null verschiedene com- plexe Grössen (w, w) so an, dass der reelle Theil des Quotienten Wr nicht gleich Null ist, und versteht unter v,v’ unbeschränkt verän- derliche ganze Zahlen, so hat bekanntlich die Summe = | vw + 2vw E vv! einen endlichen Werth, wenn bei der Summation dasjenige Glied, in welchem v,v’ beide gleich Null sind, fortgelassen wird.!) Es stellt deshalb — wie in $”2 meiner Abhandlung über die eindeu- tigen Functionen gezeigt worden ist — die Reihe 1 IS 1 + 2 U a u — 2va — 2v'w' \2vw + 2v'w' ; welche bei jeder Anordnung ihrer Glieder denselben Werth hat, eine eindeutige analytische Function der Veränderlichen u — mit der einen wesentlichen singulären Stelle © — dar, die hier mit Yu WW, w') bezeichnet werden möge. Hit Hülfe der bekannten Gleichungen: !) Durch das dem 2 beigefügte Zeichen (’) soll hier und im Folgenden darauf hingewiesen werden, dass unter den Werthen, die der Ausdruck un- ter dem Summenzeichen annehmen kann, sich einer findet, der = © ist und bei der Summation fortgelassen werden muss. 752 Gesammtsitzung 1 Ay 1 negur = - + ALT Ba? v u 1 en rn (ctgun — cotgar) = > —— — —— ], wenn a keine ganze W—V. 4 —V Zahl ? 7 2 > 1 sinur) (u—v)? n” 4 Sm v” lässt sich der vorstehende Ausdruck von Y(w,w,w') folgender- maassen umgestalten. Es ist W (W; w, w') Er rar u— 2rw — 2vw' 2vw— 2v'w' (2vw + 2v'w")” ; Y,.Vv z Die Summe aller Glieder dieser Reihe, in denen v’ = 0, ist: 1 BEN, U 1 une * u y- TE t a m — )— I erE —, ) — = —ctg— + —U Din, \lal 2, U v ig 9. 72m, loc v Sa 2 u Ferner die Summe aller Glieder, in denen »”. einen bestimmten, von Null verschiedenen Werth hat: EN 1\ ii [77 1 ww u vw! 4w? >> vu! 2 ig), _— — y v — gr 2) w [63] W 1 N u — 2vw a! A zu == — C a SI —— er o IL, w 5 2 S 2 .°:,2 v'w' 4wsın ——T m) Man hat also vom 12. August 1880. a oder auch, wenn man unter n eine ganze positive Zahl versteht, und 7” g= h r = e — ı> Sam (r)) u nl setzt, vu 7 N u-2nw u+?nw Yılu,w,w) = a ru DE .) 10 Aus dieser Gleichung ergiebt sich: Y(u+2w,w,u) = Y@u,o,u) +2. Setzt man u = — w, und bemerkt, dass / (u,w,w') eine ungrade Function von u ist und für v= — w' nicht —= oo wird, so giebt die vorstehende Gleichung = ee und man erhält also aus der vorhergehenden Gleichung, wenn man ie Setzt, al (a ,w,W) — wi (w, w,w) Wr on (an —1)w n-1 .: (er. „ern! r). ww 2 Ww 2W Man hat aber, wenn m eine beliebige positive ganze Zahl ist, m on den (2n-+1)w (2n-+1)w' Eee A Be een. I 2, 2 z 2 z 2 w X 5 2w (2m + 1)w —7 2 2w 754 . Gesammtsitzung es ist also der Ausdruck auf der rechten Seite der vorhergehenden Gleichung gleich der Grenze, der sich (2m+1)w (m+1)w Wi Wi R nr (2m + 1)w' Br + e x mi — —- ctg lg m — 2 2 2 5 w (2m+1)w am+1)w 2 —-7 _ — 7 20 Er e ® e (0377 nähert, wenn m unendlich gross wird. Diese Grenze aber hat den Werth wi ri ederue 2 ' . - 42) . . . ® jenachdem der reelle Theil von — positiv oder negativ ist. wi Es geht ferner aus dem ursprünglichen Ausdruck von Yu, ww), da derselbe sich nicht ändert, wenn man gleichzeitig | v für v, und — v für. v’ setzt, die Gleichung Ylu,w,u0) = Llu, w, — w) hervor. Man hat also: mi al (u,u,0) — ul (W,w,— u) = # 2 wo das obere oder das untere Zeichen gilt, jenachdem der reelle u" Theil von —. positiv oder negativ ist. wi Es gilt ferner, wenn c eine beliebige Grösse ist, die Gleichung Ylu,o,w) = clh(eu,cn,cw), . 1: . woraus sich, wenn C = — gesetzt wird, j 2) ‚N uw" Y(u,u,o) = = (11,2) 142) ergiebt. Ebenso ist ıl w u (u, w, — u) Ze r(1:1,-%,) ’ # vom 12. August 1880. 735 und man hat also R h W W w% 0) er wir w 7) u 2 Setzt man nun —=%1, D w% so dass x eine complexe Grösse ist, welche jeden Werth, dessen reeller Theiler nicht gleich Null ist, annehmen kann, und 22 h 2 i ZZ lana)+ rlı,,) ? so ist X(z) ein in. der Form einer unendlichen Reihe: 2 — (x nn a) 7 a N) T x ” 7 2 (1 op — 20x )(@r +2 vi) an (1-2v- a) (2v+ au 0): : ’ deren Glieder sämmtlich rationale Functionen von « sind, dargestellter Ausdruck, und hat den Werth +1 oder —1, jenachdem der reelle Theil von x positiv oder negativ ist. Man nehme nun im Gebiet der Grösse © einen ganz im Endlichen liegenden Bereich (X) so an, dass weder im Innern noch an der Grenze desselben der reelle Theil von x gleich Null wird; so lässt sich leicht zeigen, dass die vorstehende Reihe innerhalb dieses Bereiches unbedingt und gleichmässig convergirt. Man setze w= dr -2rvgi, so dass 1 En, ai di > "dan vv! ist. Versteht man nun unter k den kleinsten Werth, den der ab- solute Betrag der Grösse e+e(E+ id 136 Gesammtsitzung für reelle Werthe der Veränderlichen e,.',E,E' unter der Bedin- gung, dass se+ted!—=1 sein und E+2 im Innern oder an der Grenze von X liegen soll, annehmen kann; so ist % nicht gleich Null, und man hat ka 9KkVvv + vv! 2 Tree für jeden nicht ausserhalb des Bereichs X liegenden Werth von a. Es ist aber für jede ganze Zahl v 2v—ı1) 2%, also (2v — 1), + 4v'v’ Z vv—+ vi, und somit eh = (vw + v'v') 2 4.k? j | { (1— w)w? Hiernach ist jedes Glied der Reihe, durch welche I (1,1, x:) dar- gestellt wird, seinem absoluten Betrage nach kleiner oder höchstens eben so gross als das entsprechende Glied der Reihe 3 (tr)? 2 1 m. Ben vv! welche bekanntlich eine endliche Summe hat. Damit ist bewiesen, dass die erstgenannte Reihe für die dem Bereiche X angehörigen Werthe von & unbedingt und gleichmässig convergirt. Es ist aber, wenn «in X angenommen wird, der Bereich der 2 1 : Grösse — ebenfalls so beschaffen, dass weder im Innern noch an X { der Grenze desselben der reelle Theil von 2 gleich Null wird. Da- . i .. . her eonvergirt auch der Ausdruck von Y (i ie .) für die dem & betrachteten Bereiche angehörigen Werthe von x unbedingt und gleichmässig. Dasselbe gilt also auch für die Reihe, durch welche A(x) dargestellt ist. yet vom 12. August 1880. 757 Es möge noch bemerkt werden, dass man in der Reihe Y(1,1,.:), weil dieselbe unbedingt convergent ist, je zwei Glie- ' aber entgegengesetzte Werthe hat, in eins zusammenziehen kann, wodurch man, wenn unter n eine ganze der, in denen v denselben, v positive Zahl verstanden wird, ! 1 (6v— 1)n’®® — (2v— 1)v? ea) 1 > 5 +33] = er) # = 4v°(1—2v) er (An’a?’+ (2v-1)? (n?x’+v?)? erhält. Die Glieder der so umgeformten Reihe sind rationale Func- tionen von x, welche rationale Co&fficienten haben, und nur für solehe Werthe von &, deren reeller Theil gleich Null ist, unend- lich gross werden. Als Summe von ebenso beschaffenen Gliedern lässt sich also auch X (x) ausdrücken. 3. Nun sei x' eine beliebige rationale Function von «, und es werde AG) — /(®) gesetzt, so dass A,(x) ebenfalls eine Summe von unendlich vielen rationalen Functionen der Veränderlichen x ist. In der Ebene der letzteren Grösse werden dann diejenigen Werthe derselben, für welche der reelle Theil von x’ verschwindet, durch eine reelle al- Sebraische Curve repräsentirt, welche die Ebene dergestalt in meh- rere Stücke zerlegt, dass der reelle Theil von « in einigen Stücken überall positiv, in den andern überall negativ ist. In den erstern hat also AX,(x) überall den Werth +1, in den andern überall den Werth —1. Nimmt man beispielsweise eh ec+ß DE a) an, wo 4, 2 ,y,6 Constanten bedeuten, deren Wahl keiner andern Beschränkung unterliegt, als dass «0& — By nicht gleich Null sein darf, so ist die genannte Curve bekanntlich ein Kreis!), und es 1) Dies gilt allgemein, wenn man eine unbegrenzte Gerade als einen Kreis mit unendlich grossem Radius betrachtet. 738 Gesammtsitzung können «,®,y,o so bestimmt werden, dass dieser Kreis ein ge- sebener wird und der reelle Theil von &' für einen gegebenen Punkt ein vorgeschriebenes Zeichen hat. Nun seien F,(x) , F3(x) irgend zwei eindeutige Functionen von x mit einer endlichen Anzahl wesentlicher singulärer Stellen. Dann lässt sich, wenn + ya 6 Be Al Ro+B@) .,,_B@)-RB@) a gan Ale Be dr) = gesetzt wird, der Ausdruck 82) + la) Aıl@) in eine unendliche Reihe, deren Glieder rationale Functionen von x sind, umformen, und diese stellt in dem einen der beiden Theile, in welche das Gebiet der Veränderlichen x durch den genannten Kreis zerlegt wird, die Function A, (x), in dem andern Theile da- gegen die Function F%,(«x) dar. Nimmt man ferner in der Ebene der Grösse « beliebig viele Kreise (oder unbegrenzte Geraden): 3 Er a willkürlich an, und bestimmt r lineare Functionen von « Ber Je ee 0) so, dass der reelle Theil von «® in der Linie X” verschwindet, ‚so wird die Ebene durch die genannten Linien in eine gewisse Anzahl von Stücken dergestalt zerlegt, dass der reelle Theil einer jeden Function x” innerhalb eines solchen Stückes überall dasselbe Zeichen hat. Sind dann ; (2) , d(%) 2 CH) eindeutige Funetionen von ® mit einer endlichen Anzahl wesent- licher singulären Stellen, und setzt man Na) = Aa); M=1,..r) so kann der Ausdruck Bolt) + Frl) Aa) + Bela) Ara) + + 8,0) A, AR. vom 12. August 1880. De) ebenfalls in eine unendliche Reihe, deren Glieder rationale Func- tionen von & sind, umgeformt werden, und diese Reihe hat dann die Eigenthümlichkeit, dass sie zwar innerhalb eines jeden der Stücke, in welche die Ebene zerlegt ist, einen Zweig einer bestimm- ten monogenen Function darstellt, in verschiedenen Stücken aber Zweige verschiedener Functionen. Sind z.B. K', K",... K”) Kreise, von denen keiner einen an- dern umschliesst, so wird durch dieselbe die Ebene in (r+1) Stücke zerlest; und wenn man die Function x” so bestimmt!), dass ihr reeller Theil im Mittelpunkt von K® positiv ist, so liefert der Ausdruck n En) +3E2014+40) (Bo) — Fu), A + der mit dem vorstehenden übereinstimmt, wenn unter M(x),Fy(«) , ... .,,(%) ebenfalls eindeutige Functionen mit einer endlichen An- zahl wesentlicher singulärer Stellen verstanden werden, eine Reihe von der in Rede stehenden Eigenthümlichkeit, indem dieselbe, wenn x innerhalb der von K® begrenzten Kreisfläche angenommen wird, gleich F, (x), und wenn x ausserhalb aller dieser Flächen liegt, gleich F,,.(x) ist, also innerhalb eines jeden der (r+1) Stücke, worin die Ebene zerlegt ist, einen Zweig einer willkürlich anzu- nehmenden Function von der hier vorausgesetzten Beschaffenheit darstellt. Ein anderes Beispiel erhält man, wenn die Kreise K', K", ..K" so angenommen werden, dass jeder der (r—1) ersten von dem folgenden umschlossen, und somit die Ebene durch sie gleichfalls in (r—+1) Stücke zerlegt wird. Dann hat nämlich der Ausdruck ig UF@+ Fu) +33 (Fa) — Pyı@a)A, Nil die Eigenschaft, dass er innerhalb eines jeden der genannten Stücke sleich einer der Functionen F,() , Fa) , ... ,.2ı(©) ist. (Ein be- sonderer Fall ist der, wo an die Stelle der r Kreise r einander !) Ist vr, der Radius des Kreises X, und a, der Werth von x im Mittelpunkt desselben, so kann man aa E 7, ta —& a») u setzen. [1880] 54 740 Gesammtsitzung parallele gerade Linien treten.) Scheidet man ferner aus dem Ge- biete der Veränderlichen x alle negativen Werthe (mit Einschluss von 0) aus, so existiren bekanntlich!) unendliche, aus rationalen Functionen von © zusammengesetzte Reihen, welche einwerthige Zweige gewisser mehrdeutiger Functionen, wie z. B. logx, x” (wo m eine beliebige Constante bedeutet) darstellen und in der Nähe jeder Stelle, die nicht zu den ausgeschlossenen gehört, gleichmäs- sig convergiren. Es können nun in dem Ausdruck 3) +) AR) + EA) ++ aA,“ 32) , Fıl2) » Falz) , ..: 9,(x) auch solche Reihen sein, und man erhält dann aus ihm eine gleichfalls aus rationalen Functionen ge- bildete Reihe, welche in jedem der Stücke, in die das Gebiet von x durch die Linien K”und die Strecke der negativen Werthe zer- legt wird, einen einwerthigen Zweig einer mehrdeutigen monogenen Function darstellt, in verschiedenen Stücken aber im Allgemeinen Zweige verschiedener Functionen. i ab, Aus diesen Beispielen erhellt zur Genüge, dass die am Schlusse des $ 3 aufgeworfene Frage folgendermaassen zu beantworten ist: Wenn der Convergenzbereich einer Reihe, deren Glieder rationale Functionen einer Veränderlichen x sind, in der Art in mehrere Stücke zerlegt wer- den kann, dass in der Nähe jeder im Innern eines solchen Stückes gelegenen Stelle die Reihe gleich- mässig convergirt; so stellt dieselbe in jedem ein- zelnen. Stücke .einen einwerthigen Zweig eimer monogenen Function von x dar, in verschiedenen Stücken aber nicht nothwendig Zweige einer und derselben Function. 6. Ich habe in meinen Vorlesungen über die Elemente der Fune- tionenlehre von Anfang an zwei mit den gewöhnlichen Ansichtem nicht übereinstimmende Sätze hervorgehoben, nämlich: I) S. die auf die Gauss’schen Kettenbrüche und die nach Kugelfunc- tionen fortschreitenden Reihen sich beziehenden Abhandlungen von Thome im 66sten und 67sten Bande des Borchardt’schen Journals. vom 12. August 1880. 741 1) Dass man bei einer Function eines reellen Arguments aus der Stetigkeit derselben nicht folgern könne, dass sie auch nur an einer einzigen Stelle einen bestimmten Dif- ferentialquotienten, geschweige denn eine — wenigstens in Intervallen — ebenfalls stetige Ableitung besitze; 2) Dass eine Function eines complexen Arguments, welche für einen beschränkten Bereich des letzteren definirt ist, sich nicht immer über die Grenzen dieses Bereichs hinaus fortsetzen lasse; mit andern Worten, dass monogene Func- tionen einer Veränderlichen existiren, welche die Eigen- thümlichkeit besitzen, dass in der Ebene der Veränder- lichen diejenigen Stellen, für welche die Function nicht definirbar ıst, nicht bloss einzelne Punkte sind, sondern auch Linien und Flächen bilden. Da im Vorhergehenden von Functionen einer complexen Ver- änderlichen, denen die unter (2) genannte Eigenthümlichkeit zu- kommt, die Rede gewesen ist, so will ich bei dieser Gelegenheit ein leicht zu behandelndes Beispiel einer solchen Function beibringen. Angenommen, der Halbmesser des Convergenzbezirks einer gewöhnlichen Potenzreihe x S >>. sei gleich 1, die Reihe convergire aber auch unbedingt und gleich- mässig für alle Werthe von x, deren absoluter Betrag gleich 1 ist, so dass, wenn unter 7 eine reelle Veränderliche verstanden wird, = A or v—=0 eine stetige Function von £ ist. Im Innern des Convergenzbezirks der Reihe nehme man eine Stelle x, beliebig an und forme die gegebene Reihe in eine Potenz- reihe P(x— «,) um. Ist vr, der absolute Betrag von x,, so kann der Halbmesser des Oonvergenzbezirks der Reihe P(x2— x,) nicht kleiner als 1— r,, wohl aber grösser sein. Ist das Letztere der Fall, so liegt eine Strecke der Begrenzung des Convergenzbezirks der gegebenen Reihe ganz im Convergenzbezirk von P (x — x), und es besteht, wenn are, and 2, &* 742 Gesammtsitzung gesetzt wird, für alle Werthe von t zwischen zwei bestimmten Grenzen (u—r,b-+-r) die Gleichung [0,0] A, ZN ae - v Nun hat aber P (x — x), als Function von x betrachtet, Ableitun- gen jeder Ordnung; dasselbe gilt also auch von P(x,— x), als Function von £ betrachtet, für die zwischen —r und 4 — r lie- genden Werthe dieser Grösse. Hieraus folgt nun: Wenn sich in einem bestimmten Falle beweisen lässt, dass die Function ZA ei v0” in keinem Intervalle der Veränderlichen t Ableitungen jeder Ord- nung besitzt, so ist daraus zu schliessen, dass der Convergenzbe- zirk der Reihe P (x — x), wie man auch x, annehmen möge, ganz in dem Convergenzbezirk der gegebenen Reihe enthalten ist, die Function also, welche durch diese letztere dargestellt wird, über deren Convergenzbezirk hinaus nicht fortgesetzt werden kann. Nun sei a eine ungerade positive ganze Zahl, b eine positive Grösse, die <1, und „= a’. Dann erfüllt die Reihe >, Dr „ov v=0 die oben für die betrachtete Reihe gestellten Bedingungen. Es ist aber von mir der Beweis!) geführt worden, dass die Function [0°] x b’cosa,t, v=0 sobald ab > 1-+37 ist, für keinen Werth von it einen bestimm- ten Differentialquotienten besitzt. Durch die Reihe [e,°) De v—=0 wird also, wenn ab > 1-27, eine Function definirt, die nicht über den Convergenzbereich der Reihe hinaus fortgesetzt werden kann, !) Dieser Beweis ist von Hrn. P. du Bois-Reymond, dem ich ihn brieflich mitgetheilt hatte, im 79sten Bande von Borchardt’s Journal S. 30 veröffentlicht. (Ich berichtige bei dieser Gelegenheit zwei a. a. O. sich fin- dende Druckfehler. Z. 10 v. 0. muss es x, st. a,, und Z.4 v. u. auch st. nicht heissen.) a De A vom 12. August 1880. 745 und also ausschliesslich für solche Werthe von x, deren absoluter Betrag die Einheit nicht überschreitet, existirt. Es ist leicht, unzählige andere Potenzreihen von derselben Beschaffenheit wie die vorstehende anzugeben, und selbst für einen beliebig begrenzten Bereich der Veränderlichen x die Existenz von Funetionen derselben, die über diesen Bereich hinaus nicht fortge- setzt werden können, nachzuweisen; worauf ich jedoch hier nicht eingehe. Schliesslich möge noch bemerkt werden, dass sich auch in Beziehung auf zusammengesetztere arithmetische Formen, welche eindeutige monogene Functionen einer und mehrerer Veränderlichen oder einwerthige Zweige solcher Functionen auszudrücken geeignet sind, Untersuchungen anstellen lassen, welche der hier für eine der einfachsten Formen durchgeführten analog sind und zu ähn- lichen Resultaten führen. Hr. Jean-Baptiste Dumas in Paris wurde zum auswärtigen Mitgliede der Akademie gewählt und erfolgte die Königl. Bestäti- gung am 16. August. Anhang. Über die Anlage von Blitzableitern. Die Akademie ist mehrfach zur Abgabe von Gutachten über die Anlage von Blitzableitern veranlasst worden. Eine neuerdings häufig eingetretene Wiederholung von Anfragen über diesen Gegen- stand bei der Akademie und einzelnen ihrer Mitglieder hat es wün- schenswerth erscheinen lassen, diese Gutachten allgemein zugäng- lich zu machen. Das erste derselben ist bereits im Monatsbericht 1876 S. 917—919 abgedruckt und hat zu einigen weiteren Erörte- rungen Anlass gegeben, über welche im Monatsbericht 1877 S. 8— 10 und 820 — 825 berichtet ist. Die späteren Gutachten sind im Folgenden abgedruckt, und es ist gleichzeitig eine durch den Buch- handel zu beziehende Separatausgabe sämmtlicher Gutachten veran- staltet worden. Gutachten vom 12. Juni 1879. Auf Veranlassung des vorgeordneten Königl. Ministeriums erstattet. Die unterzeichneten Verfasser des akademischen Gutachtens vom 14. Dec. 1876 über den Blitzschlag, durch den am 20. April 1876 das Sandberger Schulhaus zu Elmshorn getroffen wurde, sind in der Überzeugung, welche sie bei der Abfassung desselben geleitet hat, durch die von Hrn. Riess dagegen erhobenen Beden- ken nicht wankend gemacht. Der Gegensatz der auf beiden Seiten verfochtenen Ansichten liegt darin, dass, während das akademische Gutachten die zu kleine Grösse der in den Brunnen getauchten Platte als den hauptsäch- lichsten Grund für die Beschädigungen angiebt, die der Blitzschlag E | \ | Anhang. 745 ‚angerichtet hat, Hr. Riess dieselben als ausschliesslich durch die ungenügende und ungleiche Dicke der überirdischen Leitung hervor- gerufen erklärt. Hr. Riess glaubt das akademische Gutachten zu widerlegen: 1) durch Aufdeckung eines Fehlers der dort angedeuteten theo- retischen Betrachtung, und 2) durch Anführung mehrerer Blitzschläge, die, ohne schwere Beschädigungen herbeizuführen, Blitzableiter getroffen haben, welche mit noch unvollkommneren Ableitungen zur Erde versehen waren als der Blitzableiter zu Elmshorn. Jener Fehler soll in der Anwendung von Gesetzen, die für schwache Ströme von künstlicher Elektrieität gefunden sind, auf den Blitz bestehen; die Unzulässigkeit dieser Anwendung soll aus Versuchen mit Maschinen-Elektricität folgen, die Hr. Riess selbst vor 21 Jahren bekannt gemacht hat; aus diesen Versuchen soll hervorgehen, dass der Widerstand des Wassers im Brunnen viel zu hoch angesetzt ist, dass nämlich der Widerstand des Wassers für den Blitz viel kleiner ist als der Widerstand desselben für schwache elektrische Ströme. | Durch die genannten Versuche ist gezeigt, dass die Entladung einer Leydener Batterie durch Wasser auf zwei wesentlich ver- schiedene Arten geschehen kann, continuirlich oder discontinuirlich; bei der ersten Art ist der Widerstand des Wassers sehr viel grösser als bei der zweiten; die erste Art der Entladung findet bei hinreichend schwachen Strömen statt; verstärkt man dieselben, so tritt die zweite ein, die bei hinreichender Stromstärke mit einem leuchtenden und schallenden Funken im Wasser verbunden ist. Hr. Riess hat weiter gezeigt, dass die continuirliche Entladung um so schwerer sich bildet, je besser leitend das Wasser gemacht ist; sie bildet sich auch um so schwerer, je grösser die Elektroden sind. Hr. Riess will nur den Widerstand des Wassers im Brunnen für die discontinuirliche Entladung der Elektrieität in Rechnung gezogen wissen, während das akademische Gutachten den Wider- stand für die continuirliche Entladung in Rechnung gebracht hat. Die Verfasser des Gutachtens sind dabei von der Ansicht ausgegangen, dass es gerade die Aufgabe bei der Anlage eines Blitzableiters ist, in allen Theilen desselben der Elektricität eine eontinuirliche Leitung zu ermöglichen. Sie haben Erdplatten von grösseren Dimensionen, als sie üblich sind, anzuwenden empfohlen, 746 Anhang. damit nicht eine discontinuirliche Entladung im Erdboden oder in dem Brunnen, in den die Platte versenkt ist, stattfinde. Wird dieser Zweck erreicht, so treten auch die Gesetze der continuirlichen Leitung der Elektrieität in Geltung. Ist er verfehlt, so sind in der Nähe des Ortes, wo die discontinuirliche Entladung eintritt, Zerstörungen zu erwarten und mehr noch zu fürchten ist die starke Anstauung der Elektrieität an dem Ende des metallenen Leiters, die einer solchen Entladung vorangehen muss und in Folge deren ein Abspringen des Blitzes nach benachbarten Gegenständen statt- finden kann. Zwei Blitzschläge, welche Hr. Riess in seinen kri-. tischen Bemerkungen erwähnt, und welche Ableiter trafen, deren Enden ohne Platten in Brunnen versenkt waren, können als Belege hierfür dienen. Bei dem einen wurden zwei Holzplatten von dem Boden des Brunnens in die Höhe geschleudert; bei dem andern sprang ein Theil des Blitzes zu einer 70 Fuss entfernten Kaserne über. Diese beiden Blitzschläge führt Hr. Riess mit unter denen auf, welche zeigen sollen, dass die Kleinheit der Berührungsfläche des metallenen Leiters mit dem Wasser die Wirksamkeit des Blitz- ableiters nicht beeinträchtigt. Mit besserm Rechte glauben wir sie zum Beweise des Gegentheils angezogen zu haben; denn der Umstand, auf den Hr. Riess sich stützt, der Umstand, dass der Schaden, den.sie anrichteten, nicht gross war, ist ein rein zu- fälliger, der bei der Beurtheilung der Frage, ob die Blitzableiter ihrem Zwecke entsprochen haben, gar nicht in Betracht kommt. Ohne Zweifel lässt der zuletzt erwähnte Blitzschlag, bei dem ein Abspringen der Elektricität nach einem 70 Schritt entfernten Ge- bäude stattfand, nur das eine Urtheil zu, dass der betreffende“ Blitzableiter ungenügend war. Neben diesen zwei Blitzschlägen eitirt Hr. Riess zur Stütze seiner Behauptung noch drei andere, bei denen gar keine Beschädigungen vorgekommen sind. Vielleicht waren diese Blitze nur schwach; vielleicht waren hier in der Nähe der Ableiter keine Gegenstände, welche den Blitz anziehen konn- ten; wie dem auch sei, das negative Ergebniss dieser drei Fälle kann nicht ins Gewicht fallen gegenüber dem positiven eines ein- zigen Falles. Bei diesen Erwägungen konnten uns die kritischen Bemer- kungen des Hrn. Riess nicht veranlassen, von der in dem Gut- achten ausgesprochenen Meinung abzugehen, dass bei dem Blitzab- Anhang. 747 leiter in Elmshorn die zu kleine Endplatte ein wesentlicher Fehler war, und dass überhaupt bei der Anlegung von Blitzableitern der Widerstand der Erdleitung mehr, als es jetzt zu geschehen pflegt, verkleinert werden sollte. Wir glauben hier eine kürzlich erschienene, von Hrn. Kar- sten veröffentlichte Schrift über Blitzableiter nicht unber ücksichtigt lassen zu dürfen, da sie auch die Ansicht des Hrn. Riess vertritt und zu dem Schlusse kommt, „dass die Grösse der Berührungs- fläche der metallischen Ableiterendigung mit einer im Boden vor- handenen ausgedehnten Wasserschicht sehr wenig in Betracht kommt“. Hr. Karsten beklagt die seiner Meinung nach übermässigen Dimensionen, die in dem akademischen Gutachten für die Boden- ableitungen verlangt worden sind, weil sie Viele, die sich Blitz- ableiter anlegen wollten, hiervon zurückgehalten haben. Er hält die Rechnung für falsch, auf Grund deren diess Verlangen gestellt ist; die Anwendung der Leitungsgesetze für den galvanischen Strom auf die Elektrieität des Blitzes, die in dem Gutachten zu machen versucht ist, würde nach ihm, folgerichtig durchgeführt, zu noch unvergleichlich höheren Forderungen führen und damit allen Erfahrungen widersprechen. Hr. Karsten schliesst hieraus, dass die Anwendung jener Gesetze auf die Elektrieität des Blitzes nicht zulässig ist, und dass die Dimensionen, welche der Boden- leitung zu geben sind, nicht nach theoretischen Betrachtungen, sondern allein nach den Erfahrungen beurtheilt werden können, die an Blitzableitern gemacht worden sind. Da nun Blitzableiter mit kleinen Bodenplatten in vielen Fällen Schutz gewährt haben, so erklärt er die Vergrösserung dieser für unnütz. In dem akademischen Gutachten ist angegeben, dass. eine Bodenplatte von 1 Quadratmeter Fläche, die in Brunnenwasser von mittlerer Leitungsfähigkeit taucht, einen Widerstand des Erdbodens gibt, der 20mal so gross ist, als der Widerstand des metallenen _ Theiles des Blitzableiters in Elmshorn. Diese Zahl hält Hr. Kar- sten für falsch. Ihre Berechnung stützt sich, wie es nicht anders sein kann, auf die Gesetze der Verbreitung galvanischer Ströme in nicht cylindrischen Leitern, und diese Gesetze hat Hr. Karsten ausser Acht gelassen. Er sucht ein Urtheil über den Widerstand des Erdbodens zu gewinnen aus dem Satze, dass der Widerstand eines cylindrischen Leiters gleich ist der Länge dividirt durch 748 Anhang. den Querschnitt und die Leitungsfähigkeit. Als Querschnitt des Erdbodens rechnet er die Oberfläche der Bodenplatte; da die Länge desselben aber nicht angegeben werden kann, so verzichtet er dar- auf, den Widerstand des ganzen Erdbodens zu ermitteln, und ver- gleicht den Widerstand eines Cylinders aus Erdmasse von jenem Querschnitt und beliebiger Länge mit dem Widerstande eines gleich langen Theiles der metallenen Leitung. Das Verhältniss dieser ist aber von ganz anderer Grössenordnung als das Verhält- niss der Widerstände der ganzen Metallleitung und der ganzen Erde, auf das es ankommt. Um Zahlen zu erhalten von noch ab- schreckenderer Grösse, als sie diese Rechnung schon gibt, führt Hr. Karsten noch statt der Leitungsfähigkeit des Brunnenwassers die unvergleichlich kleinere des reinen Wassers ein, und kommt so zu dem Schlusse, dass, um die Bodenleitung so gut wie die metallenen Theile des Blitzableiters zu machen, man Erdplatten von 56000 Quadratmeter bis 52 Quadratmeilen Fläche anwenden müsste. „Diess würde,“ fährt er fort, „die richtige Folgerung sein, welche. weil sie jeder Erfahrung an vorhandenen Blitzableitern widerspricht, den Beweis liefert, dass die Hypothese von der Lei- tung der Flüssigkeiten für den galvanischen Strom keinesfalls auf die Gewitterelektricität angewendet werden darf.“ (Dass es an der citirten Stelle heisst, „die Hypothese von der Leitung der Flüssigkeiten durch den galvanischen Strom“, ist wohl ein Druckfehler.) Wir können diesen Beweis nicht anerkennen. Wir geben zu, dass die jetzt bekannten Gesetze der Bewegung der Elektricität nicht ausreichen, vollständig und sicher die Regeln für die Construction der Blitzableiter aufzustellen, aber ohne Zweifel bieten sie, richtig angewendet, werthvolle Fingerzeige dafür. Die : Anwendung, die wir von ihnen gemacht haben, ist nicht im Widerspruch mit der Erfahrung. Dass in vielen Fällen Blitzab- leiter mit Bodenplatten, die erheblich kleiner waren, als sie nach unserer Vorschrift hätten sein sollen, Schutz gewährt haben, wider- legt nicht die Behauptung, dass eine Vergrösserung derselben in praktisch möglichen Grenzen vom wesentlichsten Nutzen sein würde. Jenen Fällen stehen andere gegenüber, in denen der Schutz ver- sagt ist, und in vielen, vielleicht in der Mehrzahl von diesen trug nach unserer Ansicht gerade die ungenügende Bodenableitung die Schuld. | In dem akademischen Gutachten ist eine Erdplatte von min- a ec = u ulm u as ae ee Anhang. MEI destens 5 Quadratmeter Fläche empfohlen. Es lässt sich nicht läugnen, dass dieses Maass innerhalb gewisser Grenzen willkürlich gegriffen ist, und dass unter sonst günstigen Umständen ohne Ge- fahr etwas von demselben wird nachgelassen werden können, wenn die Rücksicht auf die Kosten der Anlage es gebietet. Es gibt aber auch Wege, diese Kosten zu vermindern, ohne den Widerstand des Erdbodens zu vergrössern. In Beziehung auf diesen Wider- stand wirkt ein metallisches Netzwerk als Bodenplatte nahezu wie eine massive Platte von gleicher Grösse; es kann ferner eine Platte von der Fläche 1 ohne Schaden ersetzt werden durch 2 Platten von der Fläche 4, oder durch 3 von der Fläche 4, wenn diese nur in genügender Entfernung von einander in den Erdboden versenkt werden; auch kann statt der Platte ein System von Stäben oder Streifen angewendet werden, die im Erdboden möglichst weit von einander sich entfernen. Es möge schliesslich ein von Hrn. Siemens ausgeführter Ver- such erwähnt werden, welcher sehr deutlich den Einfluss gezeigt hat, den die Grösse der Erdplatte eines Blitzableiters auf den Schutz, den dieser gewährt, haben muss. Der Boden eines cylin- drischen, mit Brunnenwasser gefüllten Glassgefässes war mit einer (etwa 1 Quadratdeeimeter grossen) zur Erde abgeleiteten Metall- platte bedeckt. Eine gleiche Platte oder eine kleine Metallkugel konnte von oben her in das Wasser gehängt und vermöge dersel- ben durch dieses der Entladungsschlag einer Leydener Flasche, deren äussere Belegung auch zur Erde abgeleitet war, geführt werden. Von dem zur oberen Elektrode führenden Leitungsdrahte gieng ein Astdraht zu der einen Kugel eines Funkenmikrometers, dessen andere Kugel mit der Erde gleichfalls in gut leitender Ver- bindung stand. "Bei der Entladung der Leydener Flasche gieng ein Funken zwischen den Kugeln des Funkenmikrometers über, wenn ‘ der Abstand derselben klein genug war. Dieser Abstand musste, wenn der Funken sich bilden sollte, viel kleiner sein, wenn die Platte als obere Elektrode im Wasser diente, als wenn die Ku- gel an die Stelle dieser gebracht war. Gerade so wird ein Ab- springen der Elektrieität von einem Blitzableiter viel schwerer ein- treten, wenn dieser in einer grossen, als wenn er in einer kleinen Bodenplatte endigt. Helmholtz. G. Kirchhoff. Siemens. 0 Anhang. Gutachten vom 27. Mai 1880. Erstattet auf Veranlassung des Magistrats zu Landsberg a. W. Obgleich die Akademie nur Gutachten über Vorlagen, die ihr Seitens des vorgeordneten Ministeriums gemacht werden, abzugeben pflegt, so hat sie in Berücksichtigung des öffentlichen Interesses, welches sich an die Anwendung richtiger Prineipien bei der Anlage von Blitzableitern knüpft, und der Dringlichkeit der schnellen Beantwortung der ihr von dem geehrten Magistrat vorgelegten Fragen, ihre Commission mit schleuniger Berichterstattung über die Vorlage beauftragt und spricht sich in Übereinstimmung mit der- selben dahin aus: „dass richtig angelegte Blitzableiter die Sicherheit vor Blitzschaden ganz unzweifelhaft und in sehr beträchtlichem Maasse erhöhen, und dass die Unterlassung einer Blitz- ableiter-Anlage bei grossen Gebäuden mit bedeutenden Höhenunterschieden, wie bei Kirchen mit hohen Thürmen, sich in der That kaum verantworten lässt.“ Den vorliegenden sehr lehrreichen Fall betreffend bedauert die Akademie, dass der ihr mitgetheilte Bericht nicht die factisch vorhandene Erdleitung umfasst, von deren Construction die Wirk- samkeit eines Blitzableiters in hohem Grade abhängig ist. Nach dem Verlaufe des Blitzes ist es allerdings in hohem Grade wahr- scheinlich, dass die leitende Verbindung der Blitzableitung mit dem Erdboden eine durchaus ungenügende gewesen ist. Aus die- sem Grunde wird der Blitz sich in der Nähe des Erdbodens ge- spalten haben, da die feuchte Kirchenmauer ihm einen zweiten und vielleicht nicht viel mehr Widerstand darbietenden Weg zur Aus- breitung im Erdboden darbot. Wäre die Blitzableitung bis in den benachbarten Brunnen fortgeführt, und wäre in diesem eine hin- reichend grosse Aussenfläche der Ableitung mit dem Brunnen- wasser in Berührung gewesen; so würde der ganze Blitz unver- zweigt in den Brunnen gefahren sein. Die Grösse der Berührungs- fläche zwischen Ableitung und Wasser oder feuchtem Erdreich kann niemals zu gross gemacht werden, sollte aber niemals klei- ner als ein Quadratmeter sein, wenn Endplatten benutzt werden. Werden anstatt der Endplatten lang ausgestreckte Stangen ver- wendet, so genügt eine geringere Berührungsfläche. Mit Gas- und Wasserleitungen sollte man Blitzableiter' nur dann verbinden, wenn in Anhang. 751 gusseiserne Hauptleitungen in der Nähe sind, welche mit Metall gedichtet sind. Wie die Erfahrung auch gezeigt hat, genügt die Verbindung der Blitzableitung mit der metallenen Fahnenstange. Doch ist die Leitungsfähigkeit der Metallmasse des Kreuzes selbst entweder zu gering oder die leitende Verbindung desselben mit der Helmstange unvollständig gewesen, wie aus der Verbiegung des Kreuzes durch den Blitzschlag hervorgeht. Eine Verlängerung der Helmstange durch das ganze Kreuz hindurch würde diesem Übelstande sicher abhelfen. Für eine gute leitende Verbindung der Ableitung mit allen Theilen der Zinkbedachung ist jedenfalls zu sorgen. Ob je- doch durch eine solche Verbindung die gleichzeitige Entladung, welche durch die zum Läuten dienende Kette von der Thürmer- stube zur Erde gegangen ist, verhütet worden wäre, lässt sich nicht mit Sicherheit behaupten. Die Kette bildete selbst einen — wenn auch mangelhaften — Blitzableiter, der entweder eine Ver- zweigung des in das Kreuz eingefallenen Blitzschlages hervorrufen konnte, was durch mangelhafte Erdverbindung begünstigt wurde — oder der die im oberen Theile des Thurmes durch Vertheilung Seitens der geladenen Wolke angesämmelten Elektrieität nach Entladung der Wolke durch den Blitzschlag der Erde zuführte. Letzteres ist wahrscheinlicher, da dieser Blitzschlag verhältniss- mässig schwach war, und keine Spuren des Einschlagens in die Thürmerstube zu entdecken war. Um derartige secundäre Blitz- schläge zu vermeiden, ist es zweckmässig, solche metallene unvoll- kommene Ableiter wie die Läutekette zu vermeiden und die Blitz- ableitung selbst in verschiedenen Höhen mit den Thurm umfassenden Zweigleitungen zu versehen. Es wird jedenfalls zweckmässig sein auch das Ende des Kir- chendaches mit einem Blitzableiter mit Auffangstange zu versehen. Auf die Form und das Material der Spitze dieser Auffangstange kommt es wenig an. Auf der First des Kirchendaches eine Ab- leitungstange anzubringen, ist zwar als zweckmässig, aber bei der Höhe des benachbarten Thurmes nicht als nothwendig zu bezeich- nen. Die Arbeiten djrften von jedem tüchtigen Schlosser aus- führbar sein. Es ist bei der Erdleitung aber darauf zu achten, dass das Eisen an der Grenze zwischen Luft und Wasser resp. feuchtem Boden gegen Rost zu schützen ist. 759 Anhang. Gutachten vom 5. August 1880. Auf Veranlassung des vorgeordneten Königl. Ministeriums erstattet. Die unterzeichnete Commission muss sich dem Antrage des Herrn A. Stolley, dahin gehend: „dass baldthunlichst die zum Schutze der Schulgebäude in Schleswig-Holstein gegen Blitzschläge nothwendigen Maassregeln angeordnet würden* — unbedingt an- schliessen, möchte ihn aber dahin ausdehnen, dass im Allgemeinen die Anlage von Blitzableitern zum Schutze von Gebäuden, nament- lich solchen, die durch Construction und Lage als besonders ge- fährdet erscheinen, thunlichst gefördert werde. Dass rationell angelegte Blitzableiter, wenn auch nicht ganz unbedingt, so doch in sehr hohem Maasse die Blitzgefahr für die mit ihnen versehenen Baulichkeiten beseitigen, ist eine durch die Erfahrung eines ganzen Jahrhunderts feststehende Thatsache, die kaum noch einer weiteren Begründung bedarf. Dass häufig auch Gebäude, die mit Blitzableitern versehen waren, Blitzschaden er- litten haben, ändert an dieser Thatsache nichts, da in fast allen solchen Fällen die Anlagen mit Fehlern behaftet waren, die zu vermeiden waren, und da auch solche mangelhaft angelegte Blitz- ableiter fast immer noch die Gefährlichkeit des das Gebäude be- treffenden Blitzschlages durch partielle Entladung vermindern. Dass die Ansichten darüber, „wie weit durch Anlage von Blitzableitern ein wirksamer Schutz des Gebäudes gegen Blitzschläge erreicht _ werden kann, noch sehr schwankend seien“ — wie ein Gutachten der technischen Deputation für das Bauwesen behauptet hat, muss entschieden in Abrede gestellt werden. Über die Frage, welches die beste und welches eine noch ausreichend sichernde Blitzab- leiter-Anlage ist, können zwar abweichende Anschauungen geltend gemacht werden und es werden absolut gültige Bestimmungen dar- über auch kaum zu treffen sein, namentlich deshalb, weil wir bis- her keine ausreichende Kenntniss über die Quantität und Spannung der durch die Blitze abfliessenden Elektrieitätsmengen haben, doch liegt die wissenschaftliche Grundlage der Blitzableiter-Construction klar vor Augen und es wäre durchaus unberechtigt, darum auf den notorischen Schutz durch Blitzableiter zu verzichten, weil noch Zweifel über die besten Constructions-Details herrschen. Der An- trag des Hrn. Stolley, gerade sämmtliche Schulhäuser der Pro- vinz Schleswig-Holstein mit Blitzableitern zu versehen, scheint uns | } 3 Anhang. | 155 jedoch nicht motivirt. Liegen die Schulhäuser isolirt auf freien Plätzen oder erscheinen sie durch ihre Bauart oder Form der Blitzgefahr in besonderm Maasse ausgesetzt, so wird die Blitz- ableiter- Anlage geboten sein. Andernfalls wird die Lebensgefahr für die Kinder nicht grösser sein, wenn sie vereinigt, als wenn sie vertheilt sind. Es sollten aber wo möglich alle besonders hohen oder durch ihre Lage besonders gefährdeten öffentlichen Gebäude mit Blitzableitern versehen werden, theils um die Gefahr für die- selben zu beseitigen, theils um der Bevölkerung als gutes Beispiel für allgemeine Anbringung von Blitzableitern zu dienen. In dem Berichte der Königl. Regierung für Schleswig-Holstein ist mit vollem Rechte hervorgehoben, dass es sehr schwer sein würde, maass- sebende Instruetionen dafür zu geben, in welchen Fällen ein Ge- bäude als besonders gefährdet durch seine Oonstruction und Lage anzusehen und daher mit Blitzableitern zu versehen wäre, und es ist dabei die Frage aufgeworfen, ob der relative Stand des Grund- wassers dabei in Betracht zu ziehen sei oder nicht. Den letzten Punkt anlangend, wird der Blitz von zwei sich ihm unter sonst oleichen Bedingungen darbietenden Objeeten immer dasjenige vor- ziehen, welches der Vertheilung der Elektricität im Erdboden den geringsten Widerstand darbietet. Da nun das mit Grundwasser gesättigte Erdreich dem Durchgange der Elektrieität einen geringern Widerstand entgegensetzt als nur feuchte Erde, so wird ein Ge- bäude um so mehr gefährdet sein, je näher sein Fundament dem Grundwasserstande ist. Im Übrigen wird die Frage der grösseren oder geringeren Gefährdung von Gebäuden wohl schwerlich durch Reglements präcisirt werden können. Ein physikalisch vollständig gebildeter Sachverständiger, welcher die Blitzableiter-Frage zu sei- nem Speeialstudium gemacht hat, wird aber unter Beihülfe einer geordneten Blitzschaden-Statistik die Frage in jedem vorliegenden Falle beantworten können. Wird solchen Beamten gleichzeitig die Controle der guten Anlage und der Erhaltung der Blitzableiter in gutem Zustande übertragen, so würde diess sicher eine sehr wesent- liche Verminderung der Verluste an Leben und Eigenthum durch Blitzschläge zur Folge haben. Die weiter angeregte Frage, ob die Provinz Schleswig-Holstein durch ihre Lage zwischen zwei Meeren und ihre sonstigen Eigen- thümlichkeiten in besonderm Grade der Blitzgefahr ausgesetzt sei, ist mit Sicherheit nur durch statistische Erhebungen zu entschei- 754 Anhang. den; doch ist anzuerkennen, dass physikalische Betrachtungen es in der That wahrscheinlich machen. Besonders wäre es zur Beur- theilung dieser Frage von grosser Wichtigkeit, wenn umfassendes statistisches Material über die Häufigkeit der Blitzschläge, welche mit Stroh und mit Stein gedeckte Häuser treffen, gesammelt würde, da es nicht unwahrscheinlich ist, dass die verhältnissmässig gut leitende Oberfläche der viel Regenwasser zurückhaltenden Stroh- bedachung den Blitz mehr anzieht als das besser isolirte Stein- dach. Was schliesslich die uns zur Beurtheilung überwiesene Schrift des Hrn. Professor Dr. Karsten in Kiel betrifft, so hat dieselbe die Akademie schon in dem an das Königl. Ministerium erstatteten Berichte vom 12. Juni 1879 beschäftigt, von welchem wir eine Ab- schrift beilegen. Abgesehen von einigen damals hervorgehobenen wissenschaftlichen Irrthümern ist die Schrift als eine gute Anwei- sung zur Anlage von Blitzableitern zu betrachten. Nicht einver- standen sind wir mit dem Verfasser der Schrift namentlich in den folgenden Punkten. 1) Er scheint uns zu grosses Gewicht auf die Spitzenwirkung zu legen. Dass durch Spitzen, wie die der Blitzableiter, im Laufe einer oder mehrerer Viertelstunden Mengen Elektricität aus der Luft entladen werden können, die im Verhältniss zur Leistung unserer Elektrisirmaschinen sehr gross erscheinen, ist genügend constatirt; ob diese Mengen aber gegen die colossalen in den Wolken aufge- speicherten Quantitäten in Betracht kommen, ob überhaupt die von der Spitze aus entgegengesetzt geladene Luft schnell zur Wolke hinaufgezogen wird oder die empfangene Elektrieität schnell zur Wolke ableiten kann, erscheint höchst zweifelhaft. Die Gefahr der explosiven Entladungen wird durch einige oder wenige Metallspitzen bei schnell ziehenden und kurz dauern- den Gewittern schwerlich erheblich gemindert. Den Blitzschlägen folgt meist unmittelbar eine starke Steigerung des Regens, d.h. jene entstehen wahrscheinlich durch den Umstand, dass in der Höhe durch Mischung verschieden warmer und feuchter, durch einander gewirbelter Luftmassen eine starke Condensation von Dämpfen ein- getreten ist, und in dem herabfallenden Regenschauer die Blektri- eität der Dämpfe condensirt ist. Ehe das herabfallende Wasser noch die Erde erreicht, entladet es seine Elektricität in den Erd- boden, und trifft deshalb selbst erst einige Momente später unten Anhang. 755 ein. Während dieses schnellen Absteigens die ungeheuere Elektri- citätsmenge der Wassermasse durch eine Spitze zu entladen, ist wohl wenig Aussicht. Wir können deshalb die früher ausgesprochene Ansicht über die verhältnissmässig unbedeutende Wirkung der Spitzen nicht zu- rücknehmen, und glauben das hier hervorheben zu müssen, damit nicht die hohen Preise der Platinspitzen, oder der nach der Theorie der Schutzkreise hoch hinauszuführenden schwer zu befestigenden eisernen Träger derselben der Anwendung von Blitzableitern hem- mend in den Weg treten. 2) Was die auf S. 26 bis 50 besprochene Wahl zwischen kupferner und eiserner Leitung betrifft, so müssen wir die in dem frühern Gutachten vom 14. Decbr. 1876 gegebenen Bestimmungen -festhalten. Es kommt nicht bloss darauf an, wie Hr. Karsten annimmt, dass in den Leitungen durch eine Blitzentladung die gleiche Wärmemenge entwickelt werde, sondern es kommt auf die Temperatur an, die dadurch in dem Metalle entsteht, und darauf, wie nahe diese dem Schmelzpunkt des Metalls kommt. Damit die Wärmemengen gleich sind, die derselbe elektrische Strom in einer Kupferleitung und einer Eisenleitung von gleicher Länge er- zeugt, muss der Querschnitt des Kupfers etwa ein Siebentel von dem des Eisens sein. Sollen die Temperatur-Erhöhungen in beiden gleich sein, so muss aber das Kupfer einen Querschnitt haben, der etwa der 23 Theil von dem des Eisens ist; und bei diesem Ver- hältniss der Querschnitte ist die Gefahr, dass eine Schmelzung ein- tritt, beim Kupfer immer noch grösser als beim Eisen, weil der Schmelzpunkt des Kupfers niedriger als der des Eisens ist. 3) Die von dem Autor auf S. 29 gegebene Vorschrift, dass höhere Gebäude dickere Ableitungen erhalten müssten, scheint uns auf irrigen Voraussetzungen zu beruhen. Nach den sehr ausführ- liehen und gut übereinstimmenden Versuchen von Hrn. P. Riess ist im Gegentheil jeder einzelne Draht einer Leitung bei einer Batterieentladung desto mehr gefährdet, je kürzer die ganze Lei- tung ist. Da bei Blitzableitern der grösste Theil des Widerstandes meist in die Erde fallen wird, wird es der Regel nach genügen, wenn man kürzere verticale Leitungen ebenso stark macht, als längere. 4) Über die Irrthümer, welche Hrn. Karsten’s Berechnung des Erdwiderstandes zu Grunde liegen, haben wir uns schon in [1880] 85 756 Anhang. dem Gutachten vom 12. Juni 1879 ausgesprochen. Für den prak- tischen Zweck der Blitzableiter kommt es nicht darauf an, dass sie ein gewisses ideales Maass von Leistungsfähigkeit erreichen, sondern darauf, dass sie besser leiten, als jede andere durch über- springende Funken zu erreichende Leitung zum Erdboden. Hat man im Gebäude nur trocknes altes Mauerwerk und Holz, so wird bei einem nicht zu starken Blitzschlage eine in die feuchte Erde gesteckte eiserne Stange genügen können. Sind dagegen die Mauern feucht, und sind in sie längere eiserne Anker eingeschlossen, welche die Elektricität an die Feuchtigkeit überleiten können, so wird man dafür sorgen müssen, dass die Überleitung von der Erdplatte an das feuchte Erdreich derjenigen von einem solchen Anker an die feuchte Mauer bei weitem überlegen sei. Die grösste Gefahr durch eine sehr überlegene Erdleitung bringen im Allgemeinen metallene Gas- und Wasserleitungs-Röhren. In diesen Fällen würden in der That colossal grosse Erdplatten nöthig sein, wenn man den Blitz ver- hindern wollte auf jene Röhrensysteme überzugehen, und Sicherung des Gebäudes, wie jener Röhrensysteme wird dann nur durch metallische Verbindung derselben mit den Blitzableitern zu errei- chen sein. H Schliesslich sei noch bemerkt, dass die mehrfach als ein Hin- derniss der allgemeinen Anbringung von Blitzableitern hervorge- hobenen Anlagekosten sich bedeutend vermindern lassen, wenn man den herkömmlichen, aber nicht nothwendigen Luxus kupferner Lei- tungen, kostspieliger Spitzen etc. vermeidet. Eine oben zugespitzte Auffang-Stange aus verzinktem Eisen mit einer ca. 1Oem jm Quer- schnitt haltenden, ebenfalls verzinkten Leitung aus gewalztem Eisen oder einem Drahtseile bestehend, die mit einer bis zum Grund- wasser geführten mindestens 1Om grossen aus Gusseisen oder ver- zinktem Schmiedeeisen hergestellten Platte oder mit einer in das Grundwasser eingesenkten horizontalen eisernen verzinkten geraden Stange von dem genannten Querschnitt und 5” Länge gut verbun- den ist — wird den Zweck fast immer erfüllen und ohne’ grosse Kosten herzustellen sein. Helmholtz. G. Kirchhoff. Siemens. De. Verzeichniss der im Monat August 1880 eingegangenen Schriften. Leopoldina. Amtliches Organ der kaiserl. Leop.-Carol. deutschen Akademie der Naturforscher. Heft XVI. N. 13.14. Halle 1880. 4. *Fauna und Flora des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeres- Ab- schnitte. Herausgegeben von der Zoologischen Station zu Neapel. I. Mo- nographie: Ütenophorae von Dr. Carl Chun. Leipzig 1880. 4. 2 Ex. J. W. Spengel, Beiträge zur Kenntniss der Gephyreen. Göttingen 1880. 8. G. vom Rath, Naturwissenschaftliche Studien. Erinnerungen an die Pariser Weltausstellung 1878 (Sections etrangeres).. Bonn 1879. 8. R. Röttger, Der Schluss der Kette. Eine Denkschrift. Mainz 1880. 8. Verhandlungen und Mittheilungen des Siebenbürgischen Vereins für Naturwis- senschaften in Hermannstadt. Jahrg. XXX. Hermannstadt 1880. Proceedings of the R. Geographical Society. Vol. II. N. 8. London 1880. 8. Scientific Results of the second Yarkand Mission. — Hymenoptera. By Fr. Smith. — Neuroptera.. By R. Mc. Lachlan. — Ichthyology. By Fr. Day. — Reptilia and Amphibie. By W. T. Blanford. — (Geology. By W. T. Blanford. — Mollusca. By G. Neville. — Rhynchota. By W. L. Distant. — Syringosphaeridae. By M. Duncan. — Lepi- doptera. By Fr. Moore. — Mammalia. By W. T. Blanford. Cal- eutta 1878. 1879. 4. Comptes rendus hebdomadaires des seances de l’ Academie des Sciences de U’ In- stitut de France. T. XCI. Sem. 2. N. 3. 4. Paris 1880. 4. 758 Eingegangene Druckschriften. August 1880. Bulletin de la Societe de Geographie. Avril 1880. Paris 1880. 8. Bulletin de U’ Academie de Medecine. Ser. II. T. IX. N. 30. 31. Paris 1880. 8. Annales des Mines. Ser. VII. T. XVI. Livr. 6 de 1879. T.XVI. Livr. 1 de 1880. Paris 1879. 1880. 4. Memoires de la Societe des Sciences, de l’ Agriculture et des Arts de Lille. Serie IV. T. VII. VIII. Lille 1880. 8. Revue scientifique de la France et de l’etranger. Annee X. Ser. 2. N. 5.6. Paris 1880. 4. Atti della R. Accademia dei Lincei. Anno CCLXXVI. 1879—80. Ser. III. Transunti Fasc. 7. Giugno 1880. Vol. IV. Roma 1880. 4. L. Agrelli di Camillo, Onoranza a Gaetano Filangieri. Napoli 1880. 8. P. Bortolotti, Del primitivo cubito egizio e de' suoi geometrici rapporti colle altre unita di misura e di peso .egiziane e straniere. Fasc. II. Modena 1879. 4. Extr. D. Tommasi, Ossicloruri alluminiei. — Osservazioni sull' attuale peso ato- mico dell’ Alluminio. Firenze 1880. 8. Extr. A. Tolomei, La Chiesa Giotto nell’ Arena di Padova. Padova 1880. 8. Regenwaarnemingen in Nederlandsch-Indie. Jaargang 1. 1879 door Dr. P. A. Bergsma. Batavia 1880. 8. Leve geologique des planchettes XVII2,3,9,6 et XXIII]5,4 de la Carte topo- graphique de la Belgique. Par M. le Baron O. van Ertb orn, avec la collaboration de M. P. Cogels. Böom. Hoboken. Feuille XXIII. Plan- chette N. 3. 1 Bl. fol. Texte explicatif du Leve geologique de la planchette de Boom, par le Baron OÖ. van Ertborn. Bruxelles 1880. 8. Exposition Nationale de 1880. — Description des produits exposes par M. Gerard & Liege. Liege 1880. 8. 2 Ex. Beiträge zu einer geologischen Karte der Schweiz. Bl. IV. V. Bern 1880. 1 Bl. £ol. Revista Euskara. Ano III. N. 28. Julio de 1880. Pamplona 1880. 8. Memorias del General O’Leary publicadas por su hijo Simon B. O’Leary. T. TIL. Caracas 1880. 8. Mit 3 Tafeln. en A ERNER nn Et 1983 BER x a 23 m ER BERLIN 18: sl ER x VERLAG DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Er RESGRSON IN FERD. DÜMMLER’ S VERLAGS -BUCHHANDLUNG "= HARRWITZ UND GOSSMANN. un NATSBERICHT MD DER ee PREUSSISCHEN DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. September « & October 1880. 2 ne der philosopisch- -historischen B Klasse. - las über das Saptacatakam des Häla. legte den im Drucke erschienenen Bericht über die ı von Pergamon vor und machte Snuleilezen über ng derselben. 56 760 Gesammtsitzung 14. October. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Weber las über iranische Sternbilder und Himmelstheilung. Hr. Dillmann legte folgende Abhandlung des Hrn. Th. Nöl- deke vor: Über den Gottesnamen EI (>s). Die älteste Urkunde, welche uns die Aussprache des Gottes- namens > ganz deutlich zu erkennen giebt, ist meines Wissens die von E. Miller in der Rev. arch. 1870 (S. 109 ff. 170 ff.) her- ausgegebene und erklärte griechisch-ägyptische Weihinschrift aus der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. Sie enthält neben einer überwiegenden Menge griechischer und einem römischen (Deios) viele semitische Namen!). Dieselben sind sicher weder jü- disch noch phönieisch. Einige sehen ganz arabisch aus, z. B. > 5. Acados?) —= Anl. Im anderen zeigt sich aber eine Hinneigung zum Hebräischen. Namentlich ist hier zu beachten Kosvaravos d.i. „Kos hat gegeben“ mit dem unarabischen “r2. Die mehrfache An- 1) Miller hält einige Namen für griechisch, die mir semitisch zu sein scheinen, z. B. AXıos = Lois Er weist schon darauf hin, dass hier nie der Sohn eines Vaters mit griechischem Namen einen ungriechischen trägt, während das Umgekehrte oft stattfindet und sich einigemal noch Sohn und Vater ungriechisch benennen. Man sieht, war die Tradition der heimischen Namen einmal durchbro- chen, so wurde sie nicht wieder aufgenommen. Die Muttersprache der Weihenden war gewiss schon griechisch, ganz wie die der ägyp- tischen Juden. | 2) Ich lasse bei diesen Namen nicht bloss die Accente, son- dern auch die Hauchzeichen weg, da es sehr fraglich ist, ob die übliche Weise, diese zu ergänzen, die wirkliche Aussprache der Zeitgenossen auch nur im Allgemeinen richtig wiedergiebt. Und wer or y P will entscheiden, ob z. B. 17:0 Azw durch Y«öos oder durch I&dos genauer ausgedrückt wird? vom 14. October 1880. 761 wendung des als edomitisch bekannten Gottesnamens Kor!) weist uns vielleicht darauf hin, dass diese Leute ihrer Herkunft nach Edomiter waren, denen man eine solche sprachliche Mittelstellung zutrauen könnte. Doch mögen es immerhin Nabatäer oder andere arabische Nachbarn Ägyptens gewesen sein. Von den mit dx zu- Sammengesetzten Namen tragen besonders AudyAos und AvdnAos . D) Pr} . „er = ein arabisches Gepräge. Jenes ist EN + se „Zuflucht zu EI“ . 0. 90. (vrel. Slia Öse und das abgekürzte "71% [sinaitisch], Öse, fem. N . . 7 Si . n Auön Waddington 2206). AvprAos ist SN-+- es „Augurium El’s“; das gemeinsemitische auf „Vogel“ hat nur im Arabischen die Be- - . [5 0» deutung „augurium“ (vrel. Namen wie His Azw, WU Az „Glücksconstellation Manät’s“ u. s. w.; abgekürzt zu si Yados 50. Azu „ua [Assem. I, 394 ao 315], wie für die Zusammensetzun- S0- gen mit _ö.= später das nackte _ds= üblich ist). AdöyAos wird man mit Aödos Waddington 2244 und sonst, fem. Addy eb. 2226, zusammenstellen, worin Wetzstein (Ausgewählte griech. und lat. Inschriften, gesammelt ... in den Trachonen ...) 8. 339 Az erkennt; AS} erscheint als Eigenname Ibn Doraid 322, 16, wie auch noch andre Ableitungen dieser Wurzel zur Namenbildung dienen. Was diese „Schärfe, Schneide* in Verbindung mit einem Gottesnamen bedeuten sollte, ist nicht klar. Bei der ganz kurzen Andeutung eines Gedankens, welche in den Eigennamen ursprünglich immer liest, wird es uns ja überhaupt oft unmöglich, jenen Gedanken mit einiger Sicherheit zu fassen; dazu kommt die Vieldeutigkeit des Genitivverhältnisses und endlich, dass in diesen alten Namen 1) Ausser dem genannten haben wir hier noch mehrere Kosuarey,os (wie schon auf einer assyr. Inschrift ein Kausmalaka vorkommen soll, Schrader AT. und KSchr. 57), mehrere Kosr«- Öapos, Korßavos, Tosynaos. Auch auf der Inschrift ©. I. 4573e ist wohl Kosr@ageyos zu lesen, und Miller verweist äuf Konßagexos C.T. 5149 (Cyrene). — Dieser Gottesname Kos, den man weder mit -$ noch mit "sp gleichstellen kann, ist sehr dunkel. >z7p auf dem palmyrenischen Täfelchen de Vogüe£ nr. 131 gehört kaum hier- her; auch ist die Lesung nicht sicher genug. 56* 762 Gesammtsitzung der eine Theil oft verbal gewesen sein mag, eine den übrigen Se- miten’ ganz geläufige Bildungsweise (nm, mens; louiloou u. Ss. w.), die aber bei den späteren Arabern nur noch in einzelnen Bei- .w2 0%. ...r namen 0% Dub, 5,= se) vorkommt. Bei P«@@yAos läge es nahe, an >= =4 zu denken; da aber AddyAos zeigt, dass das Tasdıd auch in der griechischen Umschrift wiedergegeben wird, und da wir bei den Arabern nicht 55, sondern Syn erwarten müssen, das denn auch wirklich in dieser Inschrift in Bas«Baros erscheint (\x; a, wie der Edomiter Basanros >N er? „Baal erlöst*;. - hier wie hebr. 7x5), so ist der Name >82 zu erklären, d. h. „Herr Be ._ ist EI“ (>, ist „Herr“, nicht „gross“). Diese Deutung wird da- durch zur eg dass Ön=> als Königsname auf nabatäischen Münzen (ZDMG. XIV, tab. I)!) und sonst noch auf Inschriften von Arabern vorkommt (s. unten $. 763). Wir haben hier also bei ganzen oder halben Arabern den Gottesnamen = in der Aussprache €. Denn dass „ damals nur €E war, bezweifelt wohl kein Sachverständiger. EA erscheint dage- gen in EAuarey,os „EI (ist) König“, oder „El herrscht“; «xl» (wie 5 - S 0 oben in Kosuarayos) mag eine Nebenform zu Sr, wir oder aber Verbalform ui» sein. Die Verkürzung ist ganz wie im hebr. mıpen, >sebn. Dass in Eigennamen ganz ungewöhnliche Verkür- zungen und Verstümmlungen vorkommen, wird auch der stärkste Anhänger des Dogma’s von der „Unverletzbarkeit der Lautgesetze* zugeben. Ob Kwoavsdos auf einer ägyptischen Inschrift (Miller, Rev. arch. 1870, S. 181) hierher gehört, steht dahin. Ferner haben wir eine lange Reihe von Namen mit „X auf den griech. Inschriften des Haurän’s und der Nachbargebiete aus den ersten christlichen Jahrhunderten. Auch diese Inschriften un- terscheiden durchgängig noch streng y=evon„a=t und las- 1) Diese Lesung hat zuerst Blau ZDMG. XVI, 366 gefun- den, der auch die Identität des Mannes mit dem ‘P&ßıros des Ura- nius (bei Steph. Byz. s. v.MwSw) erkannte. Vorher las man Ess, das man mit Z«@yAos des Joseph. (Antig. 13, 4, 8) identificirte; dies war um so weniger erlaubt, als die richtige Form dieses Na- mens Za/d:yA ist 1. Macc. 11, 17, welches nur 5457 oder 50751 ge- schrieben werden konnte. vom 14. October 1880. | 7163 : sen es nur selten mit &, e = ä!) wechseln, während v und e:, cı und = in griech. wie in fremden Wörtern unzähligemal vertauscht werden. Bei Weitem die meisten der Namen auf diesen Inschrif- ten sind deutlich arabisch; doch finden sich neben einigen griechi- schen und römischen auch aramäische darunter. Von den mit 5x gebildeten sind am zweifellosesten arabisch die mit w anlautenden, da ja das Hebräische und Aramäische diesen Anlaut meidet. So Ovaßnros Waddingston 2452 (und vielleicht Wtz. 112, wo Wad- dington 24632) Oörrevos liest), in semitischer Schrift aus der- selben Gegend >= de Vogüe Syrie centrale, Inser. sem. tab. XIV, 3.13 — \u9s (8. u. 8. 768) „Gabe El’s“, und Ovadöndos, OvadnAos 2372 (vom Jahre 151 n. Chr.) „Liebe El’s“ (vrel. arab. &,, 79°, 4728). Dazu noch folgende Namen: Pax@Rnros 2152 (— Witz. 135). 2298. Wtz. 157, wofür lo 2189 (— Witz. 150); semitisch geschrieben »n=4 de Vogü& XIV, 7 und auf einer neuentdeckten palmyren. Inschrift (Wright im Trans- actions of the Soc. of Bibl. Arch. VII, 1 [1880]. Siehe oben S. 762 und unten S. 769. — Davon ist zu trennen Paßı@yros 2210 — ” 3 - A ZN Dun), „von El auferzogen“; denn da Waddington ausdrücklich bezeugt, dass die Inschrift wohl erhalten sei, ist die Richtigkeit des : darin nicht wohl anzuzweifeln. Agapnros 2102 würde man für hebräisch oder phönicisch halten, wenn Namen aus dieser Sprache hier überhaupt anzunehmen wären. Nun ist ja aber ge = "19 (nicht ‚As, wie man nach > erwar- ten sollte) auch arabisch; also „Hülfe Bvs “ oder „El hilft“; vrgl. ar = Ibn Dor. 193,,1 0. „> deuten, vrgl. A:pnros möchte man zunächst mit Blau > r 1) Der spätere Übergang von 7 in & erklärt sich am leichte- sten, wenn es damals ein reines € war. Da die Quantität der Vocale in der lebenden Sprache vielfach gewechselt hatte, so steht a: auch wohl für kurzes, = für langes a. 2) Bei Citaten aus Waddington’s Inschriftenwerken gebe ich fortan nur die Nummer. Wtz = Wetzstein, Ausgew. Inschrif- ten u. 8. w. — Ich verwandle die Genetivform auf ov durchweg in die Nominativform auf os, das hier allein in Frage kommt, 764 | Gesammtsitzung das moderne a pe Doch ist hier das grosse Bedenken, dass Su- R> sonst eh Xaıgos, Xegos wiedergegeben wird 2093..2920. 2374, wie denn „ schon auf jener ägyptisch-griech. Inschrift in Xarebayos, Xarabavos (zu _&l>) als %, erscheint. Hiess bei die- sen Arabern Yer> vielleicht wie im Aram. „17 noch „blicken“ Sal PERNER wie es im class. Arabisch „ängstlich blicken, verwirrt sein“ (har) Aldı Ay Rd EN &) >) heisst? Das pal- myrenische vornehme 77 Argevns wird doch auch nicht wie Bi „verwirrt“ bedeuten sollen! In Palmyra haben wir noch aram. non 24, vrgl. das hebr.-phönie. an, mm. Oenaas 2054 (a0 364) = >s „45 „Knecht EPs“, wie MU} a3 u.a.m. mn „as Ocımnos, Osuos ist bei älteren wie neueren Ara- bern in der Namenbildung sehr beliebt. Es ist specifisch ara- bisch. Nauyay aus Petra 2143 (heidnisch) ist sicher du z$), was als „Güte, Gnade E/s“, aber auch anders aufgefasst werden kann. Die yos3 wird von verschiedenen Semiten, so auch von den späte- ren Arabern in Namen viel verwandt.!) AvvrAos 2320 auf der Inschrift, welche der beste Kenner, Wad- dington, für eine der ältesten oder gar die älteste aller dieser griechischen hält und in’s 1. vor- oder nachchristliche Jahrhundert setzt, hat in dem begleitenden aramäischen Text 5>x:7 neben sich. Die im Hebr. und Phön. in der Namenbildung viel verwandte Yan S De } ist auch von den spätern Arabern so gebraucht; wir haben >> n- 30-9 \ >, Am, xili>. Die Bedeutung ist im classischen Arabisch übrigens mehr „sich sehnen“, seltener „sich erbarmen“?), während Sur) Su. 2) PaXs kann übrigens nicht etwa als Dim. von ex) einer etwaigen Verkürzung von 5x 2#2, angesehen werden, denn es ist das P) .. kurze Dim. von al (s. meine Tabari-Übersetzung $. 331, wo ©.) im Original „us5). z) 2) „U> „Erbarmen, Gnadenerweis“ ist wohl aram. Lehnwort vom 14. October 1880. 765 doch &x34 heissen wird „El erbarmt sich“. AvvyAos ausserdem noch Wtz. 183 (heidnisch). 2437 (3. Jahr des Kaisers Antoninus, wahrscheinlich Pius — 14%). Dafür ’Avydos 2101 (alt). Agaımros 2246 (jedenfalls 2. Jahrh. n. Chr.) ist © = oder EN Al, > „Heiligthum El’s“, oder dgl. Vergl. den Namen a sowie 4 B\ 4 v= . (Qam.). A) > as hiess u. A. ein Zweig der ganz nahe bei unserm Gebiete sehen Gudhäm!) Ibn. Dor. 154. 187. 224. Unter den Bali (in der Gegend von Medina) gab es einen e1,, AL Muhammed Ben Habib S. 12. Tegy2os, DeıonAos 2105. 2344; Burton and Drake, Unexplored Syria II, nr. 84 (wo die Vergleichung mit Waddington 2544 die - Verbesserung TEPHAOY sichert) — 5x "ı „Client El’s“. Das clas- sische Arabisch hat Sl doch brauchen wir vor der Annahme nicht zurückzuschrecken, dass diese Araber eine dem hebr. A näher stehende Aussprache hatten. Das uns bekannte Aramäische hat grade diese Form nicht, sondern sagt x} „Proselyt“ ?). Neregnros 2351 wird durch So auf zwei nabatäischen In- schriften (de Vogüe Tab. 14, 4; 2mal, um’s Jahr 50 v. Chr.) und ZDMG. XIV tab. 1 gesichert. Es läge nahe, den Namen für ara- mäisch zu halten, da die Bedeutung doch wohl sein muss „El be- wahrt“ (= 'nm2%) und zwar ‚1 „bewahren“, b5 aber mehr „beobachten, ansehn“ ist. Doch mögen diese Araber immerhin ne auch in der ersteren Bedeutung gehabt haben, zumal der Name er,. Aber = „sich gnädig erweisen“ scheint ächt arabisch zu sein. 1) Der Gedanke, dass dies ein Schimpfname sei, der an ihnen haften geblieben, ist wohl nicht statthaft, wenn anders > en) == n,> überhaupt altarabisch ist. 2) In’s Syrische (Edessenische) aus dem jüdischen Sprach- gebrauch aufgenommen. 766 Gesammtsitzung a (Qam.; Wüstenfeld Stammt. 13, 32. H 21) doch auch wohl „(von dem Gotte NN) Bewahrt“ bedeuten soll!). Zoay,gnr%os 233 wird sein EN nn. Be: kommt als Name vor Ibn Dor. 105. Die Bedeutung ist wohl nicht „Dank gegen EI“ (sl B2: ist islämisch gedacht), sondern „Lohn (=>) von Seiten EVs«. E bedeutet a. ©. „die (gute oder schlechte) Pflege loh- nen, gedeihen“; es steht von den strotzenden Eutern des Kameels u. 5. w. (die Namen sL%, an heissen also wohl bloss „gedei- hend*). Nichts zu machen wage ich mit TavyAos 2169, wofür 2213 (ao 189) durch Versehen des Steinmetzes TNNHAOY steht, welches Wad- dington ausdrücklich constatirt. Dafür steht 2240 TAHNAHAOY. Ist diese Lesart richtig, so ist wohl auch Wtz. 35 so herzustel- len, wo sonst TANAHAOY näher läge; ist aber dieses correct, so hat man dort TANNAHAOY zu verbessern. Nichts entscheidet TA.ANOY:2219. An + „El eifert* zu denken, ist schon des- halb misslich, weil dieser Gedanke specifisch israelitisch aussähe.?) Bedenklich erscheint es, Ia@vyAos, wie mit Blau ziemlich sicher ©. I. 4578c (nach Buckingham) für IABNHAOZ zu lesen m re El baut“ als arabisch anzusprechen; sicher arabi- sche Eigennamen, in denen das Impf. mit einem Nomen zusam- mengesetzt ist, sind sonst nicht bekannt; auch erwartete man ara- bisch eher Jabni el. Also wohl aramäisch. Über Arapaydos S. unten S. 769 £. Unsicher ist NAEAHAOY Witz. 91, was Waddington Nacray- Aov lesen möchte. Vielleicht NasAyAov?3) Nacios kommt vor 2062 2 ai „bewachen“ ist aram. Lehnwort, wie das schon sehr früh in’s Hebr. eingedrungene -2 (echthebräisch -x:). 2) Dieser Einwand fiele weg, wenn das palm. °*=:» Mordt- mann nr. 16 sicher stände. Te«vvos allein 2494, 3) E und Z sind einander auf diesen Inschriften so ähnlich wie A und A. vom 14. October 1880. 767 (Wetzstein denkt an ei „Spitze“, im Haurän jetzt „Pflug- schaar“).!) EX steht für >x wahrscheinlich in dem seltsamen, aber seiner Lesung nach sicheren NarausAos 2127 = Wtz. 152, welches Blau (ZDMG. XV, 448) En Rar% „Ordnung Gottes“ erklärt; einstweilen muss man sich wohl damit begnügen. Ferner in Badaıeros 2233 (neben ZaxgyAos) — N sA5 (= Para des A. T., vergl. "nunhz, 4772) und Sasaıry 2445 (um 220) = Basyern 1928 en, dem Fem. zu dem aus Josephus bekannten Barayros, das ist EN ws} (8. 0.). Das ae, € in diesen Namen entspricht wohl der Imäla, welche auch die Schreibweise „a3, sA5 ausdrückt. Ob das palmyr. Peberov Wood nr. 5 (ad 142) hieher gehört, ist zweifelhaft. Es wird in dem Falle eher x 8, „Erhebung El’s“, als Ox5N sein; doch kann man auch an I) „lang sein* denken.?) Ganz unsicher ist Lesung und Deutung von NONHPOEN 2047. Oraıercs nn ist wohl ein Diminutiv; man kann mit Wetz- We stein an IWe denken; «ıe = „. so auch in Mo«wısoos 1980 und ende Vogt XI, — man. 80 OnıSeroe 9982, das - Blau ZDMG. XV, 446 gut als Kiss) deutet und zu lit, zieht. Diminutiva sind auch ZOPAINOY 2182, wofür ich ZOPAIXOY = 30.93 eX>,% lesen möchte (Bopaıxos, Zwgary,os öfter; palmyrenisch N; lateinisch einmal Suricus wiedergegeben ZDMG. XII zu S. 212) und OPAIAOY Witz. 15, was Wetzstein in OPAIAOY zu verbes- oo» sern vorschlägt, als Dim. zu Agdos 2457 — = oder S,e. Es könnte auch Ei, Dim. von I sein (dessen Plural 3 | als Orts- name in Arabien vorkommt). So gut wie Kur war ja auch wohl die grosse Eidechse waral zur Namengebung verwendbar. 1) Wir übergehen das christliche Eruanros 2247 — Fnrnw”. ” . [} “ 90.2 Das palmyr. Oyr%os 7>°32 ist natürlich Dim. = “=. ?) Bei dem Namen JS, kommt man allerdings auf den Ge- danken, dass es ein Diminit zu einer arabisirten Form des christ- lichen =ss> sei. 768 Gesammtsitzung Ein il für 5!) haben wir wahrscheinlich nur in Anası&os 1907 — Witz. 80 (2. Jahrh.); Außgıcs 1999 (ao 345). 2485 (spät). Da auch s[tn]eyan Palm. 2. durch Angoousou wiedergegeben wird 2587, vgl. das undeutliche Seraon Mordtmann [Münchner Sitzungs- berichte 1875] nr. 27, so müssen wir annehmen, dass jene Araber SR Amri gesprochen haben; ein solches amriel konnte leicht in amril zusammengezogen werden. Immerhin macht aber die En- dung :os die Zusammensetzung mit > noch etwas fraglich; denn die Graecisirung erfolgt hier sonst immer durch einfaches os. Schliesslich erwähnen wir noch :x2'% de Vogüe XUL, 6 = 5 PP A EN g>D „Gehorsam gegen El“. Auf alle Fälle steht fest, dass die Araber, welche am west- lichen Rand der syrischen Wüste angesiedelt waren, den Gottes- namen > ziemlich viel gebrauchten und € sprachen. Aber auch den Bewohnern des eigentlichen Arabiens war die- ser Name nicht ganz fremd, wie schon vor 20 Jahren Blau nach- gewiesen hat.?) Der Name >37 Ova@@4%os, den wir oben $.763 hatten, findet sich als us, (Jäqüt I, 526) bei den Nacha’ (Qam.; Wüstenfeld 8,18), welche südlich von Mekka wohnten, und damit müssen wir doch b) wohl den Ortsnamen 8:2 | Tamim in der Dahnä?) (auf dem ersten Theil des Weges von Basra nach Mekka) lag, Jaq. II, 451; Bekri 848 und öfter. Die Endung in ist wohl eine Umbildung von i, das den Späteren fremdartig klang. 1) Der Name Avcsır — Ss we, den Blau auf einer von Porter copirten Inschrift zu erkennen glaubte, fällt nach der 35 nauen Abzeichnung Waddington’s 2130 weg. 2) Der Name Bahrawil, den Blau aus Reiske, Primae lineae 53 genommen hat, ist zu streichen; er beruht nur auf falscher Lesung dessen, was Ibn @ot. 51,14 steht. 3) Die Lage dieses Gebiets sieht man am besten aus Kie- pert’s Karte zu Wüstenfeld’s Abhandlung: Die Strassen von Bacra nach Mekka (Abhh. der Gött. Ges. der Wiss.) 1871. — Die Be- o- y > +49, identifieiren, welcher im Gebiete der ä nn u. vom 14. October 1880. 769 Der Name us; — byan Paß@yRos (S.762£.) findet sich unter den Jjäd, welche aus der Gegend von Täif nach der Nähe des Iräq gewan- dert waren, und unter den Gudhäm im alten Nabatäerlande Muh. Ben Habib 50, und so heisst noch ein Mann von den Asad (also aus dem Herzen Arabiens), welcher sich bei Qädisija auszeichnete, Tabarı ed. Kosegarten III, 36,1. Die Aussprache Ds (Qam.) beruht auf der Vorschrift der Grammatiker, \us5, Jalas statt Ms, zu sprechen, einer Vorschrift, welche in Wirklichkeit immer nur partiell gehalten ist. Dies hat man auch bei den fol- genden Namen zu beachten. es findet sich bei den Bali, von denen noch heute Einige nicht weit von Medina wohnen, Wüstenfeld 1, 16. Der Name mag „Antheil El’s“ bedeuten, oder auch „Orakel, Zauberspruch E/’s“ (Edp, 0,5; vrgl. m „Eid“). Magi bei den über das ganze Arabergebiet zerstreuten Azd (Ghassän) Ibn Dor. 283; Wüstenfeld 11, 20. Das einfachs 104 kommt auch als Eigenname vor (Qam.); die Bedeutung ist nicht sicher (vrgl. u. A. Hamäsa 383. 699. 781). In ae un „Knecht El’s“ hat schon Ibn Doraid 283 wie in rg Ss erkannt. Wo dieser Name heimisch ist, kann ich nicht finden. Der Name Aaslız „Auge El’s“ kommt vor beim Stamme A$ar Qam.; Wüstenfeld 8, 14. ar ist als himjarischer Name sm» schon erwiesen von Osiander, ZDMG X, 54. Derselbe Name findet sich auf der ältesten arabischen Inschrift vom Jahre 568, wo er (mit Auslas- sung des } für d, wie noch in den ältesten arab. Handschriften) legstelle aus Dhürumma darf nicht verleiten, den Ort bei Hatra zu suchen, selbst wenn var die richtige Lesart wäre. 770 Gresammtsitzung JM. geschrieben wird. Der griech. Text hat dafür bei Wad- dington 2464 Acagan?.os; bei Wtz. 110 stehen für den ersten Buchstaben nur ein paar Striche; vielleicht ist also doch bloss NaoonAos zu lesen. Dieser Name kommt noch mehrfach sonst bei den Arabern vor; so heisst u. A. ein Kelbit (syr. Wüste), s. meine Tabari-Übersetzung $. 81, und ein Mann von den Dhuhl b. Saibän (nahe am “Iräg), ein Ahn des berühmten Ma’n bei Zäida, welcher so wieder einen seiner Söhne Sarähil nannte, Wüstenfeld B. 21° 30; ferner eine Abtheilung der a südlich von Mekka Ibn Dor. 243, 3, und ein u>1. +, „as, ‚3 Qam. sr. > führt uns wieder in’s eigentliche Eee Die Bedeutung mag etwa sein „Eröffnung, Erleuchtung durch El“, vrel. mnm2. Himjarisch ist auch schon >ssrnb Osiander a. a.0. X, 51, vo.) welches als \uu>.ü bei den Arabern nicht selten ist; die Bedeu- a | tung von ı>.% ist nicht gewiss. Nach @Qam. kommt auch das . 2) & IE Pr d einfache _ı>.% als Eigenname vor. - = Mehrere dieser Namen scheinen also bei den Himjariten hei- misch zu sein. Die Verbreitung von \uu>,% auch bei andern Arabern erklärt sich vielleicht daraus, dass so verschiedene Glie- der der aus dem Süden stammenden, aber allmählich weit nach Norden ausgebreiteten Phylarchenfamilie der Kinda heissen, Wüsten- feld 4. Fürstliche Namen kommen ja überall leicht in Aufnahme. Ähnlich mag der Name Ju>i, verbreitet worden sein. Aber es ist doch immerhin bedenklich, alle diese Namen auf solche Weise vom Himjaritengebiet ausgehen zu lassen. Darauf, dass die Mehr- zahl der Geschlechter und Stämme, welche Namen auf \„. tragen, zu den Ss. g. jemenischen Stämmen gehört, möchte ich kein gros- ses Gewicht legen; denn so sicher die Bewohner des tiefen Sü- dens von den andern Arabern sprachlich scharf geschieden waren, so wenig kann man die Beduinenstämme, welche in historischer Zeit vom Süden her nach Norden gewandert waren und daher als Jemenier bezeichnet werden, schon deshalb als eine von den übrigen Arabern ethnologisch und sprachlich getrennte einheitliche Gruppe ansehen. Viel eher darf man das thun bei den von Alters her in der Nachbarschaft Palästina’s angesiedelten Arabern wie den Na- batäern u. s. w., also den Völkern, deren wichtigste wenigstens das vom 14. October 1880. Pera A. T. unter dem Namen I/smael zusammenfasst; das sind aber grade die Araber, welche uns oben besonders beschäftigt haben. Dass uns nun der Gottesname >x bei den sonstigen Arabern nur ziemlich selten begegnet, mag daher rühren, dass sie ihn schon seit uralter Zeit vergessen hatten, in welchem Falle die damit zu- sammengesetzten Personennamen entlehnt sein müssten. Vielleicht hat es aber’ auch bei ihnen früher und wohl noch zu der Zeit, aus welcher die Masse der hauränischen griech. Inschriften stammt, viel mehr solche Namen gegeben, und ist die Seltenheit solcher wesentlich mit dadurch bedingt, dass zusammengesetzte Namen im Arabischen überhaupt immer mehr den einfachen wichen. Zur Zeit Muhammed’s war allerdings \.) nicht mehr bekannt; schon einer der Väter der Korän-Exegese, 'Ikrima erklärt es für einen syrischen Gottesnamen (Baghawi zu Sura 2, 91 [Ed. Bombay von 1276 S. 40]). Auf alle Fälle ist aber zu beachten, dass Namen wie Ss, use u. Ss. w. ausnahmelos vor Z einen langen Vocal zeigen. Den Vocal € kann die arabische Schrift natürlich nicht ausdrücken; auch wird die gewöhnliche Aussprache il gehabt haben. Das die Himjariten diesen Gottesnamen kannten, steht seit Osiander fest. Die Aussprache kennen wir nicht. Aus "A&c«gos Strabo 782 = won), arabisch „Js Ibn Doraid 308, 6 (bei Qazwini II, 33 ) geschrieben, d. i. das umgekehrte dnmw M>i,%, auf die Aussprache il zu schliessen, ist: schon wegen der Unsicherheit der handschriftlichen Überlieferung bedenklich, abge- sehen davon, dass Strabo oder seine Gewährsmänner die Laute ungenau könnten anfgefasst haben. Steht dieser Schreibung doch "Erysagwv (Var. "Arıcagwv) Ptol. 6, 7 gegenüber; ferner ’EAe«dov Periplus (Müller I, 277) und Xagaßayr eb. 274.276 — himjar. Sx==>s, worin wir doch bei einer Schrift aus dem 1. Jahrh. n. Chr. das „ zunächst wenigstens als d in Anspruch nehmen dürfen. Und wenn selbst > bei den Himjariten il oder gar il gesprochen ward, so folgt daraus noch nichts für die ursprüngliche Form des Wor- tes: was können wir denn von den Vocalveränderungen im Him- jaritischen wissen? Ähnlich steht es auch wohl wenigstens einstweilen mit dem 1) Alle diese Identifieirungen rühren schon von Osiander ZDMG. X, 54 f. und XX, 237 her. Weitere Untersuchungen habe ich auf diesem Gebiete nicht gemacht. 772 Gesammtsitzung Assyrischen. Wenn man da den Gottesnamen jetzt zlu, il liest, so ist erstlich die Frage, ob die Assyrer, deren Schrift die Laute so vielfach unvollkommen unterschied, hier nothwendig ein reines & ausdrücken wollten, und zweitens, ob, wenn wirklich ;l oder il zu lesen, dies auch die Urform ist. Unter den oben behandelten Namen waren nur einer oder zwei, die mit Wahrscheinlichkeit als aramäisch angesehen werden durf- ten. Dazu kommt nn „El lebt“ auf zwei palmyrenischen In- ° schriften, nr.99 (wo Mordtmann das >x°=0 de Vogüe’s berichtigt) und Wright’s neue (s. o. S. 763). Auf uralte Namen wie 5x'n2 und Ssınp „den Vater Aram’s“ wollen wir keine Rücksicht nehmen. Der Damascener Inn könnte allenfalls kanaanitischer Herkunft gewesen oder nach einem fremden Gott benannt sein. Dagegen wird sich dem >s5-> auf der aramäischen Gemmeninschrift Levy, Siegel und Gemmen I, 2 = de Vogüe, Mel. arch. VI, 25 wohl kaum die aramäische Nationalität abstreiten lassen. Dazu kommt, dass auf solehen Gemmen Namen mit x, welche entweder Phö- niciern oder Aramäern angehören müssen, verhältnissmässig oft vorkommen, während auf sicher phönieischen Denkmälern > nicht all zu häufig ist; also dürften davon einige Aramäer bezeichnen. Endlich erfahren wir, dass ein Götze in Nisibis im 4. Jahrhundert n. Chr. N\ı>]| hiess (Efr. III, xxım sg. = Assem. I, 27), wo- rin jeder sofort Ex “ax „Stein El’s“ erkennt. So fabelhaft die Vita Ephraim’s, worin dies berichtet wird, auch ist, so dürfen wir die Echtheit dieses Götzen doch um so weniger bestreiten, als {1>| „Stein“ im Syrischen sonst obsolet geworden und durch (o»[.> ver- drängt ist. Viel weniger gebe ich auf die unter dem Namen der babylonischen Märtyrer vom Jahre 375 erscheinenden _osuN und Nwocı.] (Martyr. I, 144 = Assem. I, 192); hier könnte El erst eine neue christliche Zusammensetzung mit dem aus der Bibel wieder bekannt gewordenen >x sein, wie ja die Pesh. Ex. 31, 6 su für wenn setzt. Die alte Aussprache dieser Namen wird Eilihabh und Ihabhel sein; die Defectivschreibung in offener, Ple- narschreibung in geschlossener Silbe, spricht für den Vocal €. Ganz sichere Belege für diese Aussprache von 5x im Aramäischen haben wir allerdings nicht, aber es spricht auch nichts dagegen, dass er im Aram. wie im Hebr. €l lautete, was dann in der spä- teren westsyrischen Aussprache allerdings ©/ hätte werden müssen. Im eigentlich Syrischen (Edessenischen) wie im Mandäischen war N er vom 14. October 1880. 118 freilich S| ein Fremdwort, wie schon Gesenius sah, aber dass es in anderen Zeiten und Gegenden auch Aramäern nicht unbekannt war, zeigen die obigen Belege. _ Das Vorhandensein von 5x im Phönicischen und Hebräischen bedarf keines Erweises. Sehr häufig ist es aber, wie schon ange- deutet, in phön. Eigennamen nicht. Die Aussprache von > bei den Phöniciern steht nicht fest, da die handschriftliche Überliefe- rung der griech. Schriftsteller bei den betreffenden Namen, wenig- stens nach unsern Ausgaben, zu unsicher und schwankend ist. Aus "IAos Euseb. Praep. 1,10 (Philon von Byblos) — En; "EvuAos Arrian 2, 20, 1 für den Mann, der sich auf seinen Münzen 5x» schreibt (s. Six im Numism. Chronicle XVII, 181 sq.); Barvrı« und B£ruros Euseb. 1. c. —= > ms und ’Aßdyrsuos Joseph. c. Ap. 1, 21 (Menander von ee — :5x728 (Umm el 'awämid 1, 1. 2) lässt sich keine Gewissheit für die Vocalaussprache. gewinnen! Für’s Hebräische steht &s als überlieferte Aussprache fest. Dazu stimmt die griechische und lateinische Tradition, wo- rin 7A, el für das hebräische >x so vorherrscht, dass man es als althergebracht ansehen kann. Die Punctation scheint das £ des Wortes als ursprüngliche Länge zu behandeln. Hierfür spricht vielleicht &7°>s Ez. 31, 14 im tiber. wie im babylon. Text, das sie, wie u. A. Stade Hebräische Grammatik S. 223 annimmt, wohl von >x ableitete, obgleich freilich LXX, Targ, Pesh., Hieron. das Wort als SER nehmen. Dass >x auch vor Makkef -Sx bleibt Ps. 86, 15, ist kein sicheres Zeichen dafür, dass der Vo- cal als ursprünglich lang aufgefasst wurde, da sich auch -zö und == findet. In Wirklichkeit ist die Ursprünglichkeit der Länge durch die arabischen Formen auf 7A \x., sowie durch N,ı >| ge- sichert, denn hier kann nicht von einer Tondehnung die Rede sein, wie im Hebräischen. Die Verkürzung 7: DEN u. s. w. erklärt sich, wie gesagt, aus der auch sonst bemerkbaren Behandlung längerer Eigennamen; dahin gehören auch Namen wie NOTEN, EBEN U. 8.W, welchel zu deuten sind „mein Gott ist Er“, „mein Gott ist Kö- nig“ u. 8. w. Ist nun >x die letzterreichbare Form, so müssen wir es zu den Mand. Gramm. $. 108 f. behandelten, wie > (gerecht) {31.; => lols; 78 Ila u. s. w. stellen.!) Diese Wörter gehören zum ‘) Das | ist in diesen syr. Wörtern Vocalbuchstab, und sie 774 Gesammtsitzung grössten Theil zu Wurzeln "ıs oder 'ss; grade bei ihnen haben wir einigemal ein Schwanken zwischen diesen beiden Gestaltungen zweiradicaliger Urwurzeln. Es steht na (syr. A,so) neben nın, “3 (syr. „...) neben 49, v2 neben vn, => neben =, “a neben "3%, 1, neben 7 m..8.,.8. — 172 uoleder —hD, (Hilo) neben “> und »>>, el 1) neben ger und am, E35 lels. neben nE> und n5 — —- „stammelnd“ neben cas 85 „schwatzen“ („lallen“) 2), TU Ile neben 77% (74% nicht sicher)?). Nur ein aramäisches Wort die: ser Art steht neben einer yY'-» (oder eigentlich Y'»), nämlich {of „falsch“ neben 97 ae (wie auch Nula „geborgt“ oft „falsch“ ist), und eins neben einer Y'»>5, nämlich |jlo neben 5°). Man sieht, zunächst sind, namentlich bei den hebräischen Wörtern, die '» in Anspruch zu nehmen. ° Nun hat es freilich — das ist auch meine Ansicht — seine grosse und gar oft unüberwind- liche Schwierigkeit, der Grundbedeutung einer semitischen Wurzel nahe zu kommen. Aber in unserm Falle liegt doch kaum eine genügende Ursache vor, von der Meinung abzugehen, dass >s, ‚soweit >s damit zusammenhängt, zunächst „vorne sein“, dann „Herr sein“ heisse (s. Gesenius Ss. v.). So erklärt sich das tar- ” D . . 4 55 Je gümische n>71n (Vocalisation unsicher) etwa „Voransein“, Js} für 2 ._ I. cE = 2 Je) (rl, also in der Bildung von jenem >71 verschieden), bar „Vorhof“, ss „der Führer der Heerde® (Od. IX, 449), |} „re- giren* (wovon xL}).?) So wird 5x — man beachte, dass es eine sind natürlich durchaus zu scheiden von den ebenso lautenden mit radicalem | wie bio, La; oder [a las; u. 8. w. 1) „Gewaltsamkeit“, eigentlich „Schneide, Schärfe * (>) vom „Reiben“. 2) So schon J. D. Michaelis. ®) Dies Verzeichniss ist durchaus nicht vollständig. 4) 555 gehört nicht hieher; sein St. estr. 55 erweist es als regelrechte Bildung von >> für >>. Formen wie 2°°73 nach Ana- logie der starken Wurzeln sind weniger ursprünglich. °) Natürlich will ich es aber nicht unternehmen, alle in se- mitischen Lexiken unter 54 aufgeführten Wörter aus dieser Wur- zel zu erklären. >> mag ursprünglich den männlichen „Führer“ vom 14. October 1880. r 775 Bildung wie 7& ist — auch den „Führer, Herrn“ bedeuten, also ‚ungefähr gleich andern, von den Semiten auf Götternamen angewand- ten Wörtern wie jı7x, >9=, 7°n sein. Es ist eigentlich ein Appel- lativ, wie schon sein Gebrauch im A. T. ergiebt, vrgl. "5x „mein Gott“ wie "N, nos=, Magwas (s37n)t); dazu kommt der im Phö-. nieischen übliche Plural => „Götter“, auf den schon Gesenius hinwies, der doch nur erst den Eigennamen "AßdyAsuos kannte und noch nicht die Namen z>x2>>, o&nsnn und das Appellativ cbx (in den beiden Opfertafeln). Die Fixirung als Eigenname eines be- stimmten Gottes, die wir natürlich auch in 5x2», Onarı u. Ss. w. anzunehmen haben, ist also später. Auch die Redensart, „es ist 7» 5x5“ lässt sich wohl von 58 Sworansein* herleiten. Der Zusammenhang mit ms ist dagegen nicht sicher, aber bei der Gleichheit der Bedeutung und bei der proteusartigen Natur der schwachen Wurzeln ist er doch recht wahrscheinlich. Auch is (S>s47) scheint nur eine andre Form der Wurzel zu sein. Durch diese Darlegungen, welche wenig Anspruch auf Origi- nalität machen, scheint mir Allerlei in der kürzlich erschienenen Behandlung des Wortes >x von de Lagarde (Orientalia II, 3 ff.) theils bestätigt, theils widerlegt zu sein. Jedenfalls können sie des Rudels (schwerlich „der Hirsche“ s. Hommel, Säugethiere 4 S.279f.) bedeuten. Sf ist „hingerathen“ (die Erklärung durch = darf nicht misverstanden werden), was auch vom „vorwärtsgehen“ herkommen wird. Aber bei andern Wörtern ist wenigstens kein deutlicher Zusammenhang. Für die Bedeutung „Stärke“, welche man der Wurzel wohl beigelegt hat, kann wenigstens EN „Zelt- pfähle* nicht direct herangezogen werden, denn so heisst das Wort nur in einem speciellen Zusammenhange, da es „Geräthe* schlecht- weg bezeichnet. 1) Auch wohl »7%w, dessen Aussprache "SW — izavos, als wäre es 74%, gewiss erkünstelt ist. Vermuthlich "SU oder 7% (pl.), woran man später Anstoss nahm, da man ö nur noch als „Ab- gott* kannte. Es ist mir, als hätte schon sonst jemand diese An- sicht aufgestellt. — Ferner ist der heidnisch -Edessenische Name DOLu;SD Assem. 1,393 doch wohl in DU ud aufzulösen, also auch 0 als alter Gottesname anzusehen. [1880] 57 776 Gesammtsitzung vom 14. October 1880. dazu dienen, die Erkenntniss zu fördern, dass auch ein Gelehrter, welcher die weitest gehenden wissenschaftlichen Forderungen stellt, leicht einmal nahe liegende Thatsachen übersieht. Zum Schluss kann ich es nicht unterlassen, auszusprechen, welche Befriedigung mir auch bei dieser Untersuchung wieder die lexicalischen Arbeiten von Gesenius gewährt haben. Ich glaube fast, sein Thesaurus wird auch dann noch mit Nutzen und Dank gebraucht werden, wenn wenigstens ein Theil der für unentbehr- lich erklärten Vorarbeiten zu einem idealen Lexicon fertig sein wird, was ja möglicherweise zur Zeit unserer Urenkel der Fall sein Kann. Sitzung der phys.-math. Klasse vom 18. October 1880. 777 18. October. Sitzung der physikalisch -mathema- tischen Klasse. Hr. Rammelsberg las: Über einige neue Producte der Sodafabrikation. I. .Vanadinhaltiges Natriumfluophosphat. In der Klassensitzung vom 12. December 1864 gab ich Nach- richt von einem neuen Natronphosphat und dem Vorkommen von Vanadin in Sodalaugen.!) Ich hatte nämlich in der Schöninger Fabrik auf Sodakrystallen aus Laugen von der Darstellung der kaustischen Soda kleine gelbe und rothe Krystalle, okta@drische Aggregate aus kleineren Oktaödern, beobachtet, in welchen Herr Schöne, mein damaliger Assistent, Vanadin fand. Ausserdem aber fand ich in ihnen viel phosphorsaures Natron, besass aber nicht Material genug, um sie von ihrer Unterlage zu trennen. Wurde das Gemenge mit Wasser behandelt, so gab die Lösung schöne grosse farblose Oktaöder, deren Messung und optisches Verhalten sie als reguläre erwies. Nach der Analyse war das Salz Na’PO*+-10ag, enthielt also 2 Mol. Wasser weniger als das von Graham untersuchte Trinatriumphosphat, dessen Krystallform auch eine ganz andere ist, und von dessen Zusammensetzung ich mich bei diesem Anlass ebenfalls überzeugte. Ein geringer Vanadinge- halt liess sich in dem Salze immer nachweisen. Bald nachher schrieb Baumgarten seine Dissertation: „Über das Vorkommen des Vanadiums in dem Ätznatron des Handels“?). Er untersuchte ebenfalls jene rothen Krystalle und die Produkte ihres Umkrystallisirens, scheint aber meine Versuche nicht gekannt zu haben, da er ihrer nicht erwähnt, und der Meinung ist, er habe das Vanadin und das Phosphat der Sodalaugen zuerst nachgewie- sen. Aber er hat das Verdienst, in dem Natronphosphat einen Fluorgehalt erkannt zu haben, der freilich wenig mehr als 2 p.C. beträgt, den ich aber übersehen hatte. In Folge dessen habe ich die betreffenden Versuche wiederholt und dabei den Fluorgehalt constatirt?). 1) Monatsber. d. Akad. 1864, 680. 2) Göttingen 1865. 3) Pogg. Ann. 147, 158 (1866). ra) 178 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Baumgarten hat dem Fluophosphat die Formel (NaFl+2Na’PO*) + 19aq zugetheilt, welche verlangt: Kluor 207 Phosphorsäure 20,00 Natron 30,48 Wasser 48,02 101,17 Zugleich hat er dasselbe aus gewöhnlichem Natriumphosphat, Ätz- natron und Fluornatrium dargestellt. Seine Analysen gaben im Mittel: 1) für das Salz aus den rothen Krystallen, 2) für das direkt dargestellte. 1 2 Fluor 2.22 2,47 Phosphorsäure 20,071) 19,42 Natron 30,04 30,46 Wasser 47,97 48,00 100,30 100,35 Nun hat Briegleb schon früher ein in regulären Okta&dern krystallisirendes Fluophosphat von Natron beschrieben?), welches 102,81 101,88 1) 0,54 As?O° und 1,01 V?O° als 1,11 P?O5 berechnet. 2) Ann.’ Chem. Pharm. 97,25 (1856). | jedoch doppelt so viel Fluornatrium und 12 Mol. Wasser enthält, (NaFl-+ Na’PO%) + 12aq | gefunden berechnet | Fluor 115 4,50 | Phosphorsäure 17,29 16,82 | | Natron 29,02 29,38 | Wasser DE | | | vom 18. October 1880. 779 Mein Interesse an den vanadinhaltigen Natronphosphaten der Sodalaugen wurde neuerlich durch eine Sendung derselben wieder erregt, welche Hr. Dr. Reidemeister, der technische Dirigent der Schönebecker Fabrik, mir übermittelte.1) | Zunächst habe ich die farblosen Okta@der untersucht, welche a) durch Umkrystallisiren der gelben und rothen sich bilden, b) durch Behandlung von Dinatriumphosphat und Ätznatron mit Fluornatrium entstehen. a. a. a. b. b. früher später zuletzt Fluor 00 9012,00 220095 Phosphorsäure 20,36 19,386 20,00 20,00 20,07 Wasser 49,15. 47,97 47,93 48.07 In der Säure von a stecken sehr geringe Mengen Vanadinsäure. Alle diese Proben sind mithin NaFl + 2Na’P O%, aber der Wassergehalt könnte sein 18aq 19aq 20agq Berechnet Fluor 2,74 2,67 2,60 Phosphorsäure 20,46 20,00 19,49 Natron 31,27 50,49 29,72 Wasser 46,69 43.02 209,31 701.16 101,12014.201,08 In den Zahlen für Fl,P und Na ist wohl keine Entscheidung zu suchen, und der gefundene Wassergehalt stimmt am besten mit 19aq.?) | . Indem ich versuchte, ein noch fluorreicheres Salz als das von Briegleb erhaltene mittelst eines grösseren Zusatzes von Fluor- natrium zu gewinnen, bekam ich ebenfalls deutliche, jedoch nicht 1) Diese Krystalle stammen aus sogenannter rother Lauge, d. h. solcher, welche nach dem Auskochen des kohlensauren Natrons aus Rohlauge als Endlauge bleibt. ?) Nach den weiterhin anzuführenden Versuchen sind 18aq vorzuziehen. 780 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse so ansehnliche Oktaöder, welche 5,74 Fluor, 13,36 Phosphorsäure und 58,44 Wasser gaben. Doch wurde das Umkrystallisiren we- gen möglicher Zersetzung vermieden, daher es nicht als sicher gel- ten darf, für dieses Salz die Formel (3NaFl-+ 2Na’PO°) + 36aq anzunehmen, welche 5,17 Fluor, 12,88 Phosphorsäure und 58,80. Wasser verlangt. Ich komme nun zu den gelben und rothen vanadinhaltigen Oktaödern, durch deren Umkrystallisiren das farblose Doppelsalz (NaFl-+2Na’PO') + 13aq erhalten war. A. Rothe Krystalle. Sie lösen sich in Wasser mit Zurück- lassung von etwas Schwefeleisen farblos auf. Die Lösung giebt mit Silbersalzen einen gelben P und V haltigen Niederschlag, wel- cher zugleich geringe Mengen Chlor und Schwefel enthält. Auch ein wenig Kohlensäure lässt sich nachweisen. Schon bei gelindem Erhitzen verlieren sie ihre Farbe und werden weiss. Aber sie enthalten auch etwas Kieselsäure, deren Nachweis jedoch erst nach Abscheidung des Fluors gelingt. B. Gelbe und orangefarbige Krystalle. Sie verhalten sich wie die rothen, hinterlassen nur noch weniger Rückstand und enthalten überdies ein wenig Schwefelsäure. Ergebniss der Analysen: A B: - Chlor 1,46 0,44 Fluor 2,96 2,94 Schwefel 0,76 0,23 h Schwefelsäure — 0,41 Kohlensäure 0,66 — Kieselsäure 2,81 2,50 Phosphorsäure 18,45 11.99 Vanadinsäure 1,20 1,28 Natron 29,25 2.99 Wasser 45,25 47,66 1a 2 ee N hen vom 18. October 1880. 781 Nach Abzug von Chlor, Schwefel, Schwefelsäure und Kohlen- säure als Natriumverbindungen A B A | (Baumg.) Fluor 3,14 3,00 2,33 Natrium 3,80 3,66 2,82 Kieselsäure 3,05 2,95 3,02 Phosphorsäure 19,99 17.98 16,98 Vanadinsäure 1,27 1,30 1,96 Natron 22,04 23,87 26,79 Wasser 47,11 47,67 46,16 100 100 100,76 Fasst man als P?O° auch die V?O? auf, so ist das Mol.-Ver- hältniss von 510°: PD’: Na?0:: NaFl:H?O Bee el 212,345 — re 1er B. Nas det IHRE ES A an a 6 — re ra WE A) et EI: Tote ndrlatan AO — isses u Offenbar macht die Kieselsäure für die Deutung der Natur der Krystalle die grösste Schwierigkeit; ihre Menge ist grösser, als sie sein könnte, wenn sie (oder Natronsilikat) beigemengt wäre, und das Beispiel der Kieselwolframsäuren lässt die Existenz einer Kieselphosphorsäure oder Kieselvanadinsäure als möglich erschei- nen. Andererseits ist die Analyse solcher Substanzen von gewis- sen Schwierigkeiten umgeben, so dass die Differenzen der Analy- sen wohl diesen zuzuschreiben sind. Auch hat Berzelius schon eine feinschuppige Verbindung beschrieben, welche 19,5 p. ©. Kie- selsäure enthielt und der Formel 2720: 4 2920? 3810? +-6H?O entspricht. So viel steht fest, dass die Kieselsäure der gefärbten Krystalle beim Umkrystallisiren nicht in die farblosen Krystalle übergeht, und so mag vorläufig 782 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse (NaFl + 2Na’PO°) + 18aq auch für jene angenommen werden. Ihre Farbe verdanken sie aber nicht dem Vanadin, sondern der kleinen Menge Schwefeleisen- Schwefelnatrium, und schon bei gelindem Erhitzen werden sie weiss. Vergeblich habe ich versucht, durch Zusatz von kieselsaurem ° Natron zu dem Fluophosphat Krystalle mit Kieselsäure zu erhal- ten, die oben mitgetheilten Analysen b rühren von solchen Opera- tionen her. | Es ist von Interesse, dass die Salze (NaFl+ 2Na?PO*) + 18aq und (NaFl+ Na?PO*) + 12aq und vielleicht auch solche, welche ein anderes Verhältniss des Fluorids und Phosphats enthalten, sämmtlich in derselben Form krystallisiren, und dass dies die Form des Fluornatriums ist. Um ein solches vanadinhaltiges Fluophosphat darzustellen, wurde 1 Th. wasserfreies kohlensaures Natron in Lösung mit Fluor- wasserstoffsäure neutralisirt, dazu 6 Th. Na’V?’O’+18aq und 6 Th. HNa’PO* + 12aq gesetzt und das Ganze mit HNaO stark alka- lisch gemacht. Aus der Lösung schieden sich farblose durchsich- tige Oktaöder ab, in welchen Fluor, Vanadin, Phosphor und Was- ser bestimmt wurden. | Gefunden Berechnet Fluor 3,17 2,12 Natrium (3,84) ‚3,29 Phosphorsäure 17,40 17,39 Vanadinsäure 3,99 3,12 Natron (26,24) 26,08 Wasser 45,96 46,30 100 100 Berechnet nach 6(NaFl+2Na’PO’) + 18aq (NaFl+2Na’V O*) + 18aq In der Lösung war P:V = 1:1, in diesen Krystallen sind sie —, 9: vom 18. October 1880. 183 Die Analyse macht auch für die früher untersuchten Krystalle '18aq wahrscheinlich. Es drängt sich die Frage auf: woher stammt der Phosphor- und Vanadingehalt sowie das Fluor der Sodalaugen? j Das Vanadin gehört sicherlich auch zu denjenigen Elementen, welche so lange als seltene gelten, als man sie nicht aufsucht oder der Hülfsmittel zu ihrer Entdeckung entbehrt. Phosphor und Va- nadin begleiten einander in ihren natürlichen Verbindungen gerade ebenso wie in den zuvor beschriebenen Krystallen. Von den Roh- materialien der Sodafabrikation können Kochsalz und Schwefel- säure nicht die Quelle des Phosphors und Vanadins in den Lau- gen sein; es bleibt nur der Kalkstein, von dem wir wissen, dass er sehr häufig phosphorsauren Kalk enthält, sodann die Steinkohle, deren Asche Phosphor enthält und mit der Beschickung zusammen- schmilzt; endlich der Thon der Steine, welche das Material für die Öfen liefern. Dass auch im Thon Phosphorsäure enthalten sein kann, ist schon an und für sich wahrscheinlich und wird durch mehr als eine Analyse bewiesen. Aber auch ein Vanadingehalt ist dem Thon nicht fremd, denn Hr. Dr. Seger, einer meiner frü- heren Schüler, hat gefunden, dass Ziegelsteine mit grünen Flecken Vanadin enthalten und mir eine Anzahl von daraus dargestellten Vanadinpräparaten mitgetheilt. Weniger glaubhaft erscheint die Annahme, das Vanadin stamme aus den bei der Sodafabrikation benutzten eisernen Geräthen. Über die Quelle des Fluors bleiben wir so lange im Dunklen, bis die Steinkohlenasche und der Kalkstein auf dieses Element ge- prüft sind. IT. Künstlicher Gay- Lussit. | Eine Verbindung je eines Mol. Natroncarbonat und Kalkcar- bonat mit 5 Mol. Wasser findet sich als Gay-Lussit in zwei- und eingliedrigen Krystallen in der Natur, wie z. B. bei Lagunilla un- fern Merida (Maracaibo) auf dem Boden eines kleinen Sees, in Thon eingebettet, über einer Lage von Natronsesquicarbonat (Urao); ähnlich in Nevada. 784 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Bereits vor 50 Jahren beobachtete Bauer!), dass sich aus einer Lösung von kohlensaurem Natron bei einer dem Gefrierpunkt nahen Temperatur Krystalle dieser Verbindung absetzten, was den Beweis liefert, dass kohlensaurer Kalk unter Umständen in kohlen- saurem Natron löslich ist. Indessen scheint es nicht bekannt zu sein, dass dieses Kalk- Natroncarbonat bei der Verarbeitung von Sodalaugen in den Fa- briken in beträchtlicher Menge sich bilde. Nach den mir gewor- denen Mittheilungen aus der Schönebecker Fabrik haben sich die Krystalle, welche ich bei der Prüfung als Gay-Lussit erkannte, aus geklärten Sodarohlaugen abgesetzt. Bei einer T. von etwa 40° bilden sich am Boden der Gefässe Krystalle auf einer Unterlage von Eisenoxyd, Schwefeleisen, kohlensaurem Kalk, Kieselsäure und Thonerde; durch Beimengung dieser braunen und schwarzen Mas- sen sind sie selbst gefärbt, aber gut ausgebildet; ihre wässerige Lösung ist öfter gelblich gefärbt, enthält etwas Schwefelnatrium und unterschwefligsaures Natron. Kleinere, aber weisse Krystalle finden sich im Carbonisationsthurm, wo heisse Kohlensäure durch die Laugen geleitet wird, d. h. die Feuergase von Kokes, ein Pro- zess, dazu bestimmt, das vorhandene Ätznatron in Soda zu ver- wandeln und durch den Luftüberschuss das Schwefelnatrium zu oxydiren. Die Krystalle wurden vielleicht schon anderweitig beobachtet, aber für kohlensauren Kalk gehalten, obwohl schon Scheurer- Kestner vermuthete, eine solche Verbindung, wie ich jetzt nach- weisen kann, möchte die Ursache von Natronverlusten bei der Sodafabrikation sein. Hr. Dr. Arzruni hat sich der Mühe unterzogen, die krystal- lographischen und optischen Constanten der Krystalle zu ermitteln, und theile ich die Resultate seiner -Beobachtungen im Nachfolgen- den mit. !) Pogg. Ann. 24, 368 (1832). vom 18. October 1880. 185 Zwei- und eingliedriges System. eb: ce — 1.4918: 1.: 1,4471 OR 7210. I. Aus carbonisirter Lauge. II. Aus geklärter Sodarohlauge. Des Cloizeaux beobachtet berechnet berechnet I. IL. @L1: 712 277243’ 28°17’ 27 °454' 27°44' BE1=110 "49.25 A, el, 2 235 42 21 142: 110 69 394 _ 70 104 21055 312,::110 32 54 414 53 04 53 10 #12: 1192 69 542 — 69 504 69 28 001: 011 54 24 Bar 54 50 54 45 001: 112 42 544 43 214 43 20 43 20 001: 110 82 56 84 195 83 394 83 30 Beer 10940 110 8 109 40 109 50 Ber, "111 18 _ 111718 111 10 I. Der Habitus der Krystalle ist bedingt durch die ziemlich im Gleichgewicht auftretenden Flächen 112, 011 und 110. Die Fläche 001 kommt recht selten, und dann immer als ganz schmale Abstumpfung der Kante 011.011 vor. Die drei den Habitus der Krystalle charakterisirenden Formen besitzen gleichen Glanz. Ob- wohl die Krystalle durch Einschlüsse von Verunreinigungen zu wenig durchsichtig waren, um zu einer optischen Untersuchung zu dienen, so zeigten doch mehrere annähernd nach 010 gemachte Schliffe übereinstimmend mit einander und mit Des Cloizeaux’s Angaben, dass die Ebene der optischen Axen normal zur Symme- trieebene steht, und im weissen Licht unter etwa 21° zur Normale von 001 im stumpfen Winkel & geneigt ist. II. Die vorherrschenden Formen sind 110, Oll und 001, letztere manchmal recht schmal; auch 112 ist stets sehr klein. Diese Krystalle zeigen besonders auf 110 eine Streifung parallel den Kanten 110, Oll und 112; die Basis 001 ist meist glatt. Die Unebenheit aller Flächen (bis auf die letztgenannte) bedingt 786 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse die mangelhafte Übereinstimmung der Messungen unter sich. Die etwas bessere an den Krystallen I mit den berechneten Werthen ist zwar keine befriedigende, dennoch ist die Richtigkeit der Deu- tung der einzelnen Formen als zweifellos zu betrachten. . Die Analyse der Krystalle hatte schon vorher ihre Natur klar- gestellt, allein die soeben mitgetheilten Beobachtungen des Hrn. Dr. Arzruni sind deshalb von entscheidendem Werth, weil die Krystalle theils mechanisch beigemengte Verunreinigungen enthal- ten, welche die Resultate der Analyse modificiren. Proben der reinsten Krystalle gaben 32,2 — 34,2 — 35,1 koh- lensaures Natron, während die Verbindung (Na’CO°’—+ CaCO?) + daq 33,8 CaCO?, 35,8 Na’CO? und 30,4 H’O erfordert. Aber nicht blos hinterlassen die meisten Krystalle, deren un- terer Theil grau gefärbt ist, beim Lösen in Säuren einen kiesel- säurehaltigen Rückstand, sondern die Lösung giebt mit Ammoniak einen gelatinösen (Phosphorsäurefreien) Niederschlag von Thonerde und Kalk. Ausserdem hängt ihnen stets kohlensaures Natron an, welches durch kaltes Wasser entfernt werden muss. In den dun- kelgefärbten, auf Sodarückstand aufgewachsenen Krystallen sind ausserdem variable Mengen Eisenoxyd, Schwefeleisen etc. enthalten. Wie schon angeführt, hat die Praxis einen Natronverlust bei der Sodafabrikation durch Bildung unlöslicher Verbindungen längst festgestellt, und es ist bekannt, dass man um so weniger Soda er- hält, je mehr Asche die benutzte Kohle (Steinkohle) liefert. Da diese Asche hauptsächlich Kieselsäure, Thonerde und Kalk ent- hält, so muss im Sodaofen die Bildung von Thonerde-Kalk-Natron- silikaten vor sich gehen, welche in den Rückständen bleiben. Scheurer-Kestner andererseits glaubt gefunden zu haben, dass die Rückstände um so mehr Natron enthalten, je mehr Kalk bei der Sodafabrikation angewendet wird, und er meint, es bilde sich wohl ein Kalk-Natroncarbonat. Die wirkliche Existenz eines solchen, und zwar schon in den Sodalaugen, ist durch vorstehende Untersuchung jetzt nachge- wiesen. vom 18. October 1880. 787 Hr. Rammelsberg las ferner: Über die Reduktion der Vanadinsäure auf nassem | Wege. Eine saure Auflösung von Vanadinsäure wird bekanntlich durch schweflige Säure, Schwefelwasserstoff und durch Metalle d. h. durch Wasserstoff redueirt, und die hierbei entstehenden nie- deren Oxyde zeichnen sich durch eine hell- oder dunkelblaue oder grüne Farbe ihrer Lösungen aus. Vor 17 Jahren schon suchte Czudnowicz!) die Zusammen- setzung der durch Reduktion entstandenen niederen Oxyde zu be- stimmen, indem er eine titrirte Lösung von übermangansaurem Kali benutzte, um diese Oxyde wieder in Vanadinsäure zu ver- wandeln. Trotz der damaligen falschen Annahmen, bezüglich des Atg. des Vanadins und der Sauerstoffmultipeln seiner Oxyde las- sen sich diese älteren Versuche doch leicht auf ihren wahren Werth zurückführen. Allein erst durch die schönen Untersuchungen von Roscoe ist dieser Theil der Kenntniss von den Vanadinoxyden genauer festgestellt, denn Roscoe hat gezeigt, dass die Vanadinsäure auf nassem Wege zu Dioxyd VO°’, zu Sesquioxyd V?’O?, selbst zu Mo- noxyd VO (oder Vanadyl = V”’O?) reducirt werden kann. Zur Bestimmung des Sauerstoffs bediente er sich derselben Methode, wie sein Vorgänger, nämlich des übermangansauren Kalis. Mit analytischen Untersuchungen über gewisse Verbindungen des Vanadins beschäftigt, sah ich mich veranlasst, die Reduktion der Säure auch meinerseite zu studiren, da zwischen den Resulta- ten von Czudnovicz und denen von Roscoe sehr wesentliche Differenzen bestehen. Eine gewogene Menge V?’O?, aus dem Am- moniumsalze dargestellt und geschmolzen, wurde mit kohlensaurem Natron geglüht, die Masse gelöst und die Lösung mit Schwefel- säure übersättigt. Zur volumetrischen Prüfung diente eine Lösung des Permanganats, von welcher 100 cc. 0,11645 grm. Sauerstoff anzeigten. Die Vanadinlösung war in allen Fällen stark verdünnt; dabei zeigte sich, dass wenn die Flüssigkeit zuletzt durch vorsich- tiges Zutröpfeln des Permanganats blass roth erschien, die Farbe 1) Pogg. Ann. 120, 17 (1863). 783 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse nach einigen Minuten wieder verschwand, und erst durch einen angemessenen, jedoch immer nur geringen neuen Zusatz bleibend wurde. I. Reduktion durch schweflige Säure. 0,864 V?O? lieferten eine blaue Flüssigkeit, welehe durch Ko- chen von jeder Spur freier schwefliger S. befreit wurde, und nun 63,4 cc. erforderte, entsprechend 0,073829 Sauerstoff, wobei die Farbe zuerst in grün, daun gelb überging. Hiernach nahmen 100 Th. V?’O° nach der Reduktion 8,55 p. C. Sauerstoff auf. Roscoe erhielt im Mittel (bei seinen Versuchen mit SO? und 1°5) 903 P.C. Da 100 V?O° — 54,76 Sauerstoff, so verhalten sich der Sauer- stoff des blauen Oxyds und der zur Oxydation desselben erforder- liche bei"mir'=-14.057113 bei Roscoe —= 3,85 ::1. also = 4:1, so dass das blaue Oxyd — Dioxyd VO? ist und der Rechnung nach 8,75 pC. Sauerstoff der Säure hätten ersetzt werden müssen. II. Reduktion durch Schwefelwasserstof. 0,657 V?O°, in ähnlicher Art behandelt, erforderten zur Wie- deroxydation 50 cc. Chamäleonlösung — 0,058225 Sauerstoff oder 8,86 p. C. | Also auch hier war in Übereinstimmung mit Roscoe VO? entstanden. | Danach sind die Angaben von Czudnowicz ganz unrichtig, denn nach ihm hätten 100 V?O? nach der Reduktion 16,95 Sauer- stoff wieder aufgenommen. Da sich 43,76 — 16,95 — 26,81:16,95 — 1,58:1 verhält, so müsste die Säure zu Sesquioxyd V?O? redu- cirt sein, weil 2%. 43,76 = 17,5 ist. Fast möchte man glauben, Czudnovicz habe den Sauerstoff seines Permanganats irrthümlich 16,95 2 doppelt berechnet, da — 8,47 der Wahrheit nahe kommt. III. Reduktion durch Magnesium. Bei Anwendung von Magnesium wird die gelbe Lösung der Vanadinsäure erst blau und dann grün und behält diese Farbe vom 18. October 1880. 789 auch bei fortgesetzter Einwirkung des Magnesiums und lebhafter Wasserstoffentwicklung. 0,321 V?O° erforderten nach der Reduktion 48 cc. Permanga- nat —= 0,055896 Sauerstoff oder 17,41 p. C. Da 45,76 — 17,41 = 26,55: 17,41 = 1,5:1=3:2, so ent- hält die grüne Flüssigkeit Vanadinsesquioxyd V?O., Es hätten der Rechnung nach 17,504 Sauerstoff gefunden wer- den müssen. Roscoe erhielt 17,6 p.C. IV. Reduktion durch Zink. In diesem Fall färbt sich die gelbe Flüssigkeit zuerst blau, dann grün, und zuletzt blassblau, ‘wozu indessen eine hinreichend lange fortgesetzte Digestion erforderlich ist. a) 0,864 V’O? erforderten nach vollendeter Reduktion 168,5 cc. Permanganat = 0,196218 Sauerstoff = 22,30 p.C. b) 0,631 bedurften 127,5 cc. = 0,14847 Sauerstoff — 23,52 BC, Des Zerforderten, 113,3 cc. —= 0,18176 = 22,77 2.C. Sauerstoff. Hiernach verhält sich der Sauerstoff des niederen Oxyds zu dem zur Bildung der Säure erforderlichen in a = 21,46 : 22,30 = 1: 1,04 De-120,2495,.52 =11:1;16 e=>,2100:22,77—= 121,08 Also entweder = 1:1 oder die zweite Zahl ist etwas grösser. Im ersten Fall ist das niedere Oxyd —= V'O’, d.h. vielleicht — V?’O?’+-V?’O’; dann mussten 21,88 p. ©. Sauerstoff gefunden wer- den. Da die Zahlen jedoch etwas grösser sind, so kann man 2 10.120: — 22.75 p.C. 0 V60’ = 4VO+V?0?— 2334 „ eo o- 6 5, für wahrscheinlich halten. 790 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Diese Resultate stehen mit denen Roscoe’s nicht ganz im Einklang, insofern derselbe 26,53 p. ©. Sauerstoff erhielt, so dass die Reduktion bis zur Bildung von VO (VO?) vorgeschritten war. In diesem Fall verhält sich der Sauerstoff des Oxyds zu ‚dem er- setzten — 2:35 und der ersetzte Sauerstoff muss 26,3 p. C. be- | tragen. Ich habe bei meinen Versuchen Zink und Schwefelsäure im Überschuss angewandt, die Flüssigkeit nach mehrtägiger Einwir- kung fast zum Sieden erhitzt, und nach dem Verdünnen mit luft- freiem Wasser sofort der volumetrischen Probe unterworfen. Bei der ausserordentlichen Kraft jedoch, mit welcher die Lösung von VO Sauerstoff anzieht, möchte ich, trotz der Übereinstimmung meiner Resultate, glauben, dass auch sie bei vollem Ausschluss der Luft zu VO geführt haben würden. Czudnowiez will bei der Reduktion der Vanadinsäure durch Zink eine grüne Lösung erhalten haben, welche zu ihrer Oxydation im Mittel 13,1 p. C. Sauerstoff bedurfte. Wäre dies richtig, so müsste das Sauerstoff- stoffverhältniss —= 30,66:13,1 = 2,34:1 sein. Nimmt man 24: 1= 17:3 an, so hätte er ein Oxyd — V’O” gehabt, welches 13,13 Sauerstoff verlangt. Höchst wahrscheinlich war jedoch die reduci- rende Wirkung des Zinks nicht einmal ganz bis V”O? fortgeschrit- ten, welches zu 17,5 Sauerstoff erfordert hätte!). Es ist für jetzt‘ nicht zu erklären, warum Magnesium und Zink (gleichwie Cd oder Na) eine so verschiedene reducirende Wirkung auf Vanadinsäure ausüben, da doch in beiden Fällen die Reduktion vom Wasserstoff herrührt. Schliesslich bedarf es kaum der Erwähnung, dass die vorstehenden Versuche jeden Zweifel an Roscoe’s Angaben beseitigen. 1) Die doppelte Menge Sauerstoff — 26,2 p. C. entspräche der Re- duktion zu VO. r PETE RR 7 ae ei ; . vom 18. October 1880. 791 Hr. Helmholtz legte folgende Mittheilung des Hrn. C. Wesen- donck vor: Über Spektra der Kohlenstoffverbindungen. (Eingegangen am 20. August 1880.) In dem Folgenden erlaube ich .mir eine gedrängte Mittheilung ‚über einige spektroskopische Beobachtungen an den Dämpfen einer Anzahl flüssiger Kohlenstoffverbindungen, welche für die Erklärung der Spektra verschiedener Ordnung vielleicht von einiger Bedeutung sein dürften. . Gemäss den Anschauungen, welche die Hrn. Zöllner und Wüllner entwickelt haben, entsteht ein Linienspektrum (Spektrum zweiter Ordnung nach Plücker) stets dann, wenn die elektrische Entladung eine Molekülreihe von sehr geringem Querdurchmesser affieirt, während die Erregung ausgedehnterer Massen ein soge- nanntes Bandenspektrum (Spektrum erster Ordnung) zur Folge hat. Das Auftreten eines Funkens sollte daher, ausgenommen den Fall, dass die Dichte des durchsetzten Gases relativ schr bedeutend ist, immer von einem Spektrum zweiter Ordnung begleitet sein, wäh- rend umgekehrt das Büschellicht, hier mit Ausnahme sehr grosser Verdünnungen und sehr enger Capillaren, ein Spektrum erster Ordnung hervorrufen sollte. Hr. Wüllner hat diese Theorie ver- schiedenen Anfechtungen gegenüber bis in die neueste Zeit auf- recht erhalten, und haben deren Grundlagen speciell ihre ex- perimentelle Bestätigung durch neuere Untersuchungen besonders von Liveing und Deware erhalten. Indessen wird von einer Anzahl hervorragender Forscher eine andere Ansicht vertreten, wo- nach die Linienspektra Atomspektra, die Bandenspektra dagegen Molekül- oder Atomgruppenspektra Sind, und dem Funken nur des- halb zumeist ein Linienspektrum entspricht, weil derselbe die von ihm durchsetzten Substanzen in ihre elementaren Bestandtheile zu zerlegen pflegt. Nach bekannten und oft angestellten Beobachtungen zeigen nun aber die Dämpfe flüssiger K.ohlenwasserstoffverbindungen, wenn sie von elektrischen Funken durchsetzt werden, ein Bandenspektrum, von dem jedoch bisher meines Wissens nicht entschieden war, ob es Wüllner’s Auffassung gemäss nur aus verbreiterten Linien be- steht, oder ob der Funke ein Spektrum zweiter Ordnung in unserem Falle hervorzurufen überhaupt nicht im Stande ist. Um hierüber [1880] 58 792 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse entscheiden und auch das Büschellicht näher untersuchen zu können, sann ich auf eine Methode, welche gestattete die Dichte der Dämpfe in ähnlicher Weise zu variiren, wie dies bei Gasen vermittelst der Luftpumpe zu geschehen vermag. Flüssige Kohlenstoffverbin- dungen wurden in kleine Glaskügelchen eingeschmolzen, diese in Spektralröhren gebracht, die mittelst einer Geissler’schen Queck- silberpumpe möglichst evacuirt und dann von der Pumpe wieder abgeschmolzen wurden. Durch Zerbrechen oder Zersprengen des Kügelchens befreite man die Flüssigkeit nunmehr und stellte die betreffenden Spektralröhren entweder in Kältemischung oder in Was- ser, das auf verschiedene Temperaturen gebracht werden konnte, um so dieselben mit Dampf verschiedenster Dichte erfüllen zu können. Zu dem Zwecke des Eintauchens waren die äusseren Enden der Platinelektroden mit an die Spektralröhren seitlich an- geschmolzenen Glasröhren umgeben, die aus dem Wasser heraus- ragten und zur Aufnahme der Poldrähte mit Quecksilber gefüllt wurden. Gingen nun die Entladungen eines grösseren Ruhm- korff’schen Funkeninductors durch die Röhre, so zeigte in der- selben die Entladung bei Variation der Dampfdensität dieselben Änderungen, welche bei den Gasen vielfach beobachtet sind. Bei grösseren Dichten erschienen Funken, bei geringeren trat das Büschellicht auf, anfangs als feiner Lichtfaden, der sich mit zu- nehmender Verdünnung immer mehr ausbreitete, schliesslich die sanze Röhre erfüllte und innerhalb wie ausserhalb einer etwa vor- handenen Capillare die Bildung feiner Schichten zeigte. Um den negativen Pol herum zeigte sich blaues Glimmlicht, von der posi- tiven Lichterscheinung durch einen dunkeln Raum getrennt. In- dessen konnte ich das Auftreten dieses Glimmlichtes an beiden Elektroden nicht beobachten. Alkohol, Äther, Methylalkohol, Ben- zin, Anilin, Nitrobenzol, Diäthylamin, Terpentinöl zeigten, wie nach früheren Beobachtungen von vorneherein zu erwarten war, voll- ständig übereinstimmende Spektralerscheinungen, welche sich aller- dings nicht bei allen Substanzen gleich brillant darstellten. Anilin und Terpentinöl gaben die schönsten Erscheinungen. Dem Auf- treten eines Funkens innerhalb der Spektralröhre entsprach stets ein Bandenspektrum, welches dem bereits von Swan beobachteten Flammenspektrum sehr ähnlich war, und auch die in letzterem auftretenden Linien sehr schön zeigte. Ich will dieses Spektrum‘ kurzweg das Funkenspektrum nennen. Mit zunehmender Dichte / vom 18. October 1880. 793 verbreiterten sich die Banden und wurde das Spektrum schliesslich eontinuirlich bis auf die hellste der Swan’schen Linien, welche allerdings verbreitert sich stets von dem Hintergrunde deutlich ab- hob. Ein eigentliches Linienspektrum trat unter keinen Umständen auf, der Funken zeigte stets das Bestreben helle Felder zu erzeu- sen, ‚möglichst ausgedehnte Theile des Gesichtsfeldes zu erhellen. Bei geringen Dichten und nicht zu grossen Quantitäten entladener Elektrieität waren die Wasserstofflinien nicht oder kaum sichtbar, ein Zeichen, dass wir es mit einem Verbindungsspektrum zu thun haben. Wurde eine Flasche in Nebenschliessung eingeschaltet, so trat schon bei viel geringeren Dichten, als dies ohne Flasche der Fall gewesen wäre, innerhalb der Spektralröhre die Funkenent- ladung auf, indessen änderte dies nichts an dem Aussehen des Spektrums. Dem gegenüber zeigte das Büschellicht ein total ent- gegengesetztes Verhalten. Bei geringen Dichten und in weiten Röhren, welche alsdann von dem Büschellichte ausgefüllt wurden, bestand das Spektrum aus vier hellen Linien, die an der dem blauen Ende zugewandten Seite zwar etwas verwaschen erschienen, aber in keiner Weise als Banden angesehen werden konnten. Mit zunehmender Dichte verbreiterten sich diese Linien, wobei das Büschellicht sich immer mehr zusammenzog, und als es endlich nur noch einen dünnen Faden bildete, war das Spektrum fast con- tinuirlich geworden, wieder mit Ausnahme der hellsten Swan’schen Linie, die bei zunehmender Dichte auch von dem Büschellichte her- vorgerufen wird. War dieses Stadium erreicht, so brach sich sehr bald die Funkenentladung Bahn durch den Dampf, und das der- selben entsprechende Spektrum machte sich alsdann geltend. Ver- engert man die Spektralröhre oder vermehrt man die entladenen Elektrieitätsmengen, so erhellen sich die Partien zwischen den vier oben genannten Linien und lassen immer mehr Einzelheiten er- kennen, während jene immer verwaschen erscheinen, so dass in einer engen Capillare schliesslich ein wirkliches Bandenspektrum zum Vorschein kommt, in dem aber die vier Linien ihre Stellung als ausgezeichnete, scharf begrenzte Lichtmaxima aufrecht erhalten. Dabei treten die Wasserstofflinien, welche anfangs fehlen, nach und nach immer mehr hervor, ebenso die hellste der Swan’schen Linien. Dagegen vermochte ich von einem Stickstoff- oder Sauerstoffspektrum bei den Verbindungen, welche diese Elemente enthalten, nichts zu bemerken. Nimmt man eine Leydener Flasche in Nebenschliessung 98" 194 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse zu Hilfe, so kann man in der Capillare leicht ein Gemisch des Funken- und Büschellichtspektrums erhalten, oder bei etwas .grös-. serer Dichte das reine Funkenspektrum, während in den weiten Theilen der Spektralröhre nur die vier Linien auftreten. Steht die Flasche in der Hauptschliessung, so sieht man oft abwechselnd Büschellicht- und Funkenentladungen sich bilden, und dem ent- sprechend bald die vier Linien, bald die Banden des Funken- spektrums aufblitzen. Bei Anwendung einer Flasche in Neben- schliessung trat übrigens das Funkenspektrum bereits auf, bevor noch die eigentliche Funkenentladung eingetreten war. Das Büschel- licht bildete alsdann einen sehr hell leuchtenden Strahl zwischen den beiden Elektroden. Wie man sieht, ist das Verhalten der von mir untersuchten Dämpfe der Zöllner-Wüllner’schen Theorie so widersprechend wie nur möglich, höchstens einige der untergeordneten Verände- rungen der Spektra dürften sich aus ihr erklären lassen; zur Her- leitung der nothwendigen Bedingungen für das Auftreten der Spektra verschiedener Ordnung ist sie in unserem Falle auf keine Weise ausreichend. Ganz ähnliche Resultate erhielt ich auch bei der Koh- lensäure, dem einzigen bis jetzt von mir untersuchten Gase. Noch will ich mir zum Schlusse erlauben, auf einige Beob- achtungen hinzuweisen. Kohlenstofftetrochlorid zeigte von kräftigen Funken durchsetzt ein prachtvolles Linienspektrum. Die meisten der auftretenden Linien erwiesen sich als dem Chlor angehörig, daneben erschienen die Swan’schen Linien, wie sie das Funken- spektrum der früher erwähnten Substanzen zeigt. Offenbar haben wir es hier mit einem richtigen Zersetzungsspektrum zu thun, und dürften die betreffenden Linien wohl als dem Kohlenstoff selbst angehörig zu betrachten sein. Das Büschellicht zeigte ein Banden- spektrum, das sich als identisch erwies mit den zu Banden ver- breiterten vier Linien, die sich bei den früher erwähnten Stoffen bei gewissen grösseren Dichten zeigten. Mit zunehmender Dichte machten sich auf denselben die Chlorlinien bemerkbar. Ganz ähn- lich verhält sich Chloroform und Bromoform, nur zeigten sich bei letzterem die Swan’schen Linien nicht. Schwefelkohlenstoff zeigte im Büschellichte das continuirliche Schwefelspektrum, im Funken das Linienspektrum des Schwefels. Die Kohlenlinie konnte _ ich dabei nicht bemerken. a 1 Be Zn a a Fe | | Ei | | 1 1 vom 18. October 1880. 795 | Hr. W. Peters legte vor eine neue Gattung von Gecko- nen, Scalabotes thomensis, welche Hr. Professor Dr, Greeff in Marburg auf der westafrikanischen Insel St. Thome entdeckt hat, und sprach über die Stellung von Elaps Sundevallüi Smith, eine von Wahlberg im Kafferlande gefundene Art von Schlangen. Scalabotes nov. gen.!) Squamae notaei granulatae; pupilla orbicularis, digiti unguiculati; primus muticus tenuis, reliqui phalange antepenultima serie lamella- rum transversalium duplici dilatata. Diese sehr ausgezeichnete neue Gattung der Geckonen schliesst sich zunächst den Hemidactylus an, von denen sie dadurch verschie- den ist, dass die drei letzten Zehen sowohl an der vorderen als an der hinteren Extremität schmal und nur am drittletzten Gliede durch eine doppelte Reihe von plantaren Querlamellen verbreitert sind. Die erste Zehe ist verkümmert, schmal und mit äusserst kleiner un- terer Kralle versehen, die zweite ist kurz und, mit Ausnahme der beiden letzten Glieder, durch zwei Reihen von Querlamellen fast bis zur Basis verbreitert, wie bei emidactylus. Die vierte Zehe ist auffallend verlängert. Der Körper ist oben und an den Seiten mit kleinen kornförmigen Schuppen bedeckt, während die des Schwanzes ein wenig grösser erscheinen. Wir verdanken diese neue Form Hrn. Professor Dr. Greeff in Marburg, welcher sie nicht selten auf der westafrikanischen Insel St. Thome fand. Scalabotes thomensis nov. sp. (Taf. Fig. 1). Sc. supra olivaceus nigro maculatus, cauda olivaceofusco viridique fasciata, subtus ex viridi flavescens, ingluvie nigra flavidolineata. Vom Habitus einer kleinen schlanken Lacerta, im allgemei- nen etwas abgeplattet. Schnauze abgerundet zugespitzt, mit abge- rundeten Canthi rostrales und etwas vertiefter Frenalgegend, mit eonvexen Schüppchen bekleidet, welche grösser als die des Hinterhauptes sind. Rostrale gross, oben umgebogen nach einer mittleren Längsfurche des Schnauzenendes, welche jederseits von zwei grösseren Schildern begrenzt wird. Das vordere derselben be- 1) oxaraßurns. _ 080 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse grenzt das halbmondförmige Nasloch von oben, während dasselbe vorn von dem Rostrale, unten von diesem und dem ersten Supra- labiale, hinten von einer kleinen Schuppe begrenzt wird, Neun Supralabialia, von denen die beiden letzten sehr klein sind, und acht Infralabialia, von denen das letzte sehr klein ist. Das Mentale ist gross und dreieckig und stösst an zwei polygonale abgerundete Sub- mentalia, auf welche convexe Schuppen folgen, welche allmählig in die kleineren Kehlschuppen übergehen und an Grösse den Ventral- schuppen kaum nachstehen. Die Augen zeigen eine weite runde Pupille, die bei der Oontraction vielleicht mehr senkrecht gespalten erscheint; sie werden von sehr kleinen Schuppen kreisförmig um- geben. Die kleine Ohröffnung erscheint senkrecht oval. Der Körper ist mit kleinen körnerförmigen Schüppchen be- deckt, welche an der Bauchseite in grössere glatte, dachziegel- förmig gelagerte Schuppen übergehen. Der Rand der Präanalklappe ist mit ganz kleinen Schüppchen bedeckt. Die vordere Extremität ragt, nach vorn gelegt, bis zu dem Schnauzenende, die hintere über drei Viertel der Entfernung von jener hinaus. Die vordere Extremität ist ringsum mit granulirten Schüppcehen bekleidet. Die hintere Extremität ist an der Aussen- seite granulirt, an der vorderen Hälfte der Innenseite mit grösse- ren glatten Schuppen, an der hinteren mit äusserst feinen Granu- lationen bedeckt. Hände und Füsse sind einander ähnlich gebaut, abgesehen davon, dass die hintere Extremität länger und grösser, als die vordere ist. Der Daumen und die erste Zehe sind kurz, schmal, scheinbar unbewehrt, aber mit einer äusserst kleinen un- teren Kralle versehen. Der zweite Finger und die zweite Zehe haben eine scharfe längere Kralle, die beiden Endglieder schmal, den übri- gen Theil aber durch zwei Reihen von Querlamellen verbreitert. Die übrigen Finger und Zehen haben nicht allein die beiden End- glieder, sondern auch die Basalglieder schmal und nur das dritt- letzte Glied durch zwei Reihen von Querlamellen verbreitert, wäh- rend die Basalglieder durch eine mittlere Reihe breiterer Schuppen ausgezeichnet sind. Der vierte Finger und die vierte Zehe sind auffallend verlängert und unter dem drittletzten Glied mit fünf doppelten Querlamellen versehen. Der Schwanz ist glatt, an den Seiten abgerundet, oben und an den Seiten mit kleinen Schuppen bekleidet, welche merklich i \ - r TE re A ll re m u a Te a nn un) a a ne nn u ae u — u vom 18. October 1880. 797 grösser sind als die des Körperrückens, und längs der Mitte der Unterseite sieht man eine Reihe sehr breiter grosser Schuppen. Die Farbe ist oben olivenbraun, nach den Seiten hin mehr in’s Grüne übergehend, mit kleinen dunkelbraunen Flecken, welche am Halse und Kopfe mehr zu Linien zusammenfliessen, worunter eine Querlinie zwischen den vorderen Enden der Augen und jeder- seits eine von der Seite des Rostrale ausgehende, durch das Auge nach den Schläfen verlaufende Längslinie bemerkbar ist. Der Schwanz zeigt abwechselnd braune und grünliche Querbinden, wäh- rend die Gliedmaassen an der Aussenseite des Oberarms und Ober- schenkels auf dunkelm Grunde hellere Flecke, auf dem Vorderarm und Unterschenkel mehr braune Querbinden auf grünlichem Grunde zeigen. Die Unterseite ist grünlich gelb, an dem Bauch und unter dem Schwanze mit braun besprengt. Die Lippenränder zeigen auf braunem Grunde hellere Flecke. Die Submentalgegend ist schwarz- braun, mit zwei unregelmässig Vförmigen gelben Zeichnungen. Totallänge 69"; bis zu der Analöffnung 31%”; Kopf bis zu der Ohröffnung 8,5”%; vordere Extremität 12"%; Hand 4”%%; hin- tere Extremität 14”"; Fuss 6°", Elaps Sundevallü A. Smith. Unter den mir unbekannten Reptilien war mir immer die von A. Smith in seinen „Illustrations of South Africa, Reptilia, Taf. 66“ gegebene Abbildung von Klaps Sundevallii eine der auffallendsten wegen der Pholidosis ihres Kopfes und Körpers, welche letztere von den bisher bekannten Elaps Afrikas durch die geringere Zahl der Schuppenreihen, dreizehn, abwich, und eben dadurch mit den Callophis Ostindiens übereinstimmte. Durch die Güte des Directors des Stockholmer Museums, Hrn. Prof. Dr. Smitt, ist mir Gelegenheit gegeben, nicht allein das Originalexemplar dieser Art, sondern auch noch ein zweites Jüngeres Exemplar derselben zu untersuchen, welches sich sowohl durch die gerihgere Entwickelung des Rostralschildes, als durch eine geringere Zahl der Querbinden von jenem unterscheidet. Sonst stimmen sie aber im Wesentlichen mit einander überein. Zu bemerken ist noch, dass die Färbung der breiten Querbinden mehr mit Smith’s Be- schreibung „chocoladenroth“, als mit der von ihm gegebenen Abbildung, worin sie sch warz erscheint, übereinstimmt. Ich würde sie jetzt mehr als rostbraun bezeichnen. 798 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Das Originalexemplar stimmt in der Zeichnung sonst ganz mit der wohlgelungenen Abbildung überein und zeigt die von ihm an- gegebene Zahl, zwanzig, von „ochergelben“ schmäleren Querbinden. Das jüngere Exemplar zeigt dagegen nur sechzehn schmale gelbe Querbinden. Die Untersuchung des Gebisses zeigt aber, dass der Ober- kiefer nicht allein am vorderen Ende mit einem Giftzahn versehen ist, sondern hinten noch 3 bis 4 solide Zähne trägt. Hierdurch, so- wie äusserlich durch die zwischen zwei Schildern liegenden Nas- löcher, den Mangel eines Frenalschildes und die Anwesenheit von nur dreizehn Längsreihen von Körperschuppen, gehört diese Art zu der von Hrn. Barboza de Bocage (Jorn. Science. mathem. phys. e natur. 1866 I. p.70) aufgestellten Gattung Plapsoidea, die vielleicht mit meiner Gattung Hemibungarus (Monatsbericht Berl. Akad. 1862 S. 637) zu vereinigen ist, was aber erst durch die Untersuchung des Schädels zu entscheiden wäre. Jedenfalls ist aber die vor- stehende Art von Elaps zu entfernen und zunächst Elapsoidea Sun- devallii zu benennen. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Scalabotes thomensis Ptrs. in natürlicher Grösse; la. Kopf im Profil; lb. derselbe von oben; 1c. derselbe von unten; ld. vordere Extre- mität von oben; le. dieselbe von unten; 1f. hintere Extremität von oben; 1g. dieselbe von unten; 1h. vierte Zehe von der Seite. Fig. 2. Kopf der Elapsoidea Sundevallii (Smith) jung, in dem Museum zu Stockholm, von der Seite; 2a. derselbe von oben; 2b. derselbe von unten; 2c. Analgegend.. Sämmtliche Figuren vergrössert. Fig. 3. Geckolepis maculata Ptrs. (Monatsb. d. Ak. 1880. p. 509) in natürl. Grösse; 3a. Kopf von der Seite; 3b. derselbe von unten; 3e. Hinter- fuss von unten; dd. Hinterzehe von der Seite. 1 Scalabofes thomensis Pirs _2 Elapsoidea Sundevallıi (Smith). 3 Geckolepis maculata Pirs N ”) AM x Kunstanstaltv.0.Böhm Be Be MR vom 18. October 1880. 799 Hr. Websky las: = Über die Krystallform des Vanadinits von Cördoba. Anschliessend an meinen Bericht über die Krystallform des Descloizit von Cordoba, La Plata, (Monatsberichte dieses Jahres d. d. 22. Juli) habe ich einige Beobachtungen über die Krystalle des mit dem Descloizit vorkommenden Vanadinits vorzulegen. Diese letzteren gleichen im Grossen und Ganzen denen des Vanadinits vom Berge Obir in Kärnthen, sind jedoch durchschnittlich unvoll- kommen ausgebildet und heller von Farbe, blass lederbraun oder bräunlich gelb; es sind kurze hexagonale Säulen der ersten Ord- nung, a —= (1.0.1.0) = »oP (vergleiche Vrba, Groth’s Zeitschrift für Krystallographie, IV. 353), geendet durch die erste hexagonale Eee (1.0.1.1) — P und die Basis ce — (0.0.0.1) = oP; letztere beiden Flächen zuweilen sauber ausgebildet; seltener tritt klein die Pyramide der zweiten Ordnung s = (1.1.2.1) = 2P2 auf, und zwar fast immer in Begleitung einer pyramidal-hemiedri- schen Form. Im Innern eines grösseren körnigen Aggregates, dessen Ge- füge hier locker wurde und sich zu kleinen Drusen öffnete, traf ich ziemlich gut ausgebildete 1 — 2””® lange, 0,5 — 0,3 dicke Säu- len, deren Endigung vorherrschend durch die Flächen des Hemidi- dihexaöders u — (2.1.3.1) = 3P} gebildet wird; ferner tritt das zweite Prisma 5b — (1.1.2.0) = oP2 hinzu; es entsteht auf diese Weise nachfolgende Gestaltung: Ss00 Sitzung der phys.-math. Klasse vom 18. October 1880. Die Flächen der Formen x und % sind glänzend und geben normale Reflexe; s erscheint nur als schmale Fläche zwischen x und u, so dass bei der Kleinheit ihrer Dimension ihr Reflex nur bemerklich wird, wenn sie sich mit ihrer längeren Ausdehnung in die Richtung der eingestellten Zone legt; die Säulenflächen glänzen auch, haben aber bis 30 Minuten gehende Unregelmässigkeiten; die Neigungen der Polflächen stimmen gut mit den von Vrba an- genommenen Elementen, a:c = 1:0712177; berechnet gemessen a=1.0.10|u= 2.1.3.1 = 30°49'38" 30°44'94" v= 2.1.3.1|2= 0.1.1.1 = 40°%39'22" 40°37'40" z= 0.1.11 | 1.1.01 sea e Sean »=1.1.0.1|s= 3.1.1.1 = 26°37'51". 96°35’45" s=23.1.1.1|@a = 1.0.1.0 = 44°51' 9" 44°40'30" 180° 0" 07 1772 Gesammisilzung vom 21. October 1880. 801 21. October. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Mommsen legte ein neu gefundenes Bruchstück eines römischen Volksbeschlusses aus Ateste vor und erläuterte dessen Inhalt. Hr. Auwers legte folgende Mittheilung vor: Resultate spectralphotometrischer Untersuchungen, auf dem Kgl. Astrophysikalischen Observatorium zu Potsdam ausgeführt von Prof. H. C. Vogel. Im Jahre 1877 ist der Königl. Akademie eine Reihe spectral- photometrischer Untersuchungen!) vorgelegt worden, die ich insbe- sondere zu dem Zwecke angestellt hatte, die Absorption der die Sonne umgebenden Gashülle zu ermitteln und eine Vervollständigung !) Sitzungsberichte vom März 1877. Zu den damals gemachten Anga- ben über das Intensitäts-Verhältniss der Farben in den Spectren der gebräuch- lichen Lichtquellen füge ich bei dieser Gelegenheit noch eine Ergänzung durch Mittheilung der Resultate einer Beobachtungsreihe hinzu, welche sich auf das aus Paraffinöl bereitete Gas bezieht. Derartiges Leuchtgas, welches auf dem Observatorium bereitet wird, ist mit Petroleum verglichen und im Mittel aus 15 Doppeleinstellungen von mir, Dr. Müller und Dr. Kempf ge- funden: Wellenlänge Petroleum Mill. Millim. Ölgas a BR BEN Ks gr 673 86 633 91 600 95 955 100 917 104 486 106 464 107 444 106 426 105 Es geht hieraus hervor, dass dieses Gas in den brechbareren 'Theilen des Spectrums an Intensität hinter Petroleumlicht zurücksteht, sich in die- 802 Gesammtsitzung der früher von mir und Anderen über diesen Gegenstand angestell- ten Untersuchungen zu geben. Heute erlaube ich mir weitere spectralphotometrische Beobachtungen mitzutheilen, die besonders in Bezug auf die Intensitätsverhältnisse der Farben in den Spec- tren einiger Fixsterne Neues bieten dürften. Ich beschränke mich hier lediglich auf eine Mittheilung der Resultate, da die Details der Beobachtungen später in den Publicationen des Astrophysika- lischen Observatoriums veröffentlicht werden sollen. Das auf dem Prineip, messbare Veränderungen der Lichtin- tensität durch Polarisation hervorzubringen, basirte Photometer, welches zu den Versuchen diente, ist eine Modification der Appa- rate von Bohn, Wild und Glan, und unterscheidet sich von die- sen hauptsächlich dadurch, dass sich der Apparat leicht, mit einem grösseren Fernrohr verbunden, zu astronomischen Zwecken ver- wenden lässt. Der ausführlichen Beschreibung, die ich in der frü- heren Mittheilung gegeben habe, ist nur noch hinzuzufügen, dass mit dem Apparate bleibend eine Petroleumlampe in Verbindung gebracht worden ist, die um zwei senkrecht aufeinander stehende Axen beweglich, mittelst einer Wasserwage eingestellt werden kann. Die Flamme bleibt so von dem Spalt des Spectroskops, auf wel- che das von ihr ausgehende Licht durch ein totalreflectirendes Prisma geworfen wird, in constanter Entfernung. Der Cylinder der Lampe ist aus schwarzem Eisenblech gefertigt und mit zwei durch Glasplatten verschlossenen Öffnungen versehen, um das Licht der Flamme nach dem Apparate gelangen zu lassen und um mit- telst eines kleinen Kathetometers, wie beim Zöllner’schen Pho- tometer, die Höhe der Flamme zu beobachten und zu reguliren. Durch diese constante Verbindung der Lampe mit dem Appa- rate hat derselbe ausserordentlich an Vielseitigkeit der Anwendbar- keit gewonnen. Es hat sich durch Versuche mit verschiedenen Petroleumlampen herausgestellt, dass bei einiger Vorsicht, die sich besonders auf Reinigung der Lampe vor dem Gebrauch und stets frische Füllung bezieht, die Intensitätsverhältnisse der Farben in ser Hinsicht also umgekehrt verhält wie gewöhnliches aus Sleinkohlen be- reitetes Leuchtgas. Dies ist in Übereinstimmung mit der bekannten That- sache, dass die Hitze der Flamme von sogenanntem Fettgas, in Folge des verhältnissmässig geringen Wasserstoffgehalts, geringer ist als die des wasser- stoffreichen aus Steinkohlen bereiteten Gases. vom 21. October 1880. 803 dem Spectrum des Petroleumlichtes nur sehr geringen Schwankun- gen unterworfen sind, und daher Beobachtungen, die an verschie- denen Tagen angestellt sind, mit einander verglichen werden kön- nen!). Die Constanz des Petroleumlichts macht es sogar möglich, auch mit verschiedenen Apparaten ausgeführte Beobachtungen mit einander zu vergleichen. Es ist dabei nicht zu vergessen, dass die Beobachtungen, wie aus den früheren Mittheilungen ersichtlich ist, stets so angestellt werden, dass nicht absolute Intensitäten bestimmt werden, sondern immer nur das Verhältniss der Intensität einer Farbe von bestimmter Wellenlänge in einer Lichtquelle zu dersel- ben Farbe in dem Petroleum-Licht. Mit der Substanz des Prismas ändert sich auch die Dispersion und damit die absolute Intensität einer jeden Farbe. Vergleichbare Resultate über absolute In- tensitäten würde man nur dann erhalten, wenn man die bei jedem Apparate gegebenen Dispersions-Verhältnisse reduciren würde auf die des Diffractions-Spectrums, wie es auch Vierordt ganz rich- tig gethan hat bei der Wiederholung der Fraunhofer’schen Un- tersuchungen über die Intensitäten der Farben?). | 1) Es empfiehlt sich, die Lampe einige Zeit brennen zu lassen, ehe man mit den Beobachtungen beginnt und dann die Beobachtungen so anzuordnen, dass man erst von einem Ende des Spectrums zum andern und dann in um- gekehrter Reihenfolge zurück geht, um den Einfluss einer etwaigen Verände- rung der Lampe zu eliminiren. 2) Vor Kurzem ist von J. W. Draper (Am. Journ. 1879, Vol. 18 No. 103, p. 30) eine Notiz veröffentlicht worden, wonach im Diffractions- speetrum die Intensitäten aller Farben einander gleich sein sollen. Die ro- hen, auf der ungenausten photometrischen Methode, nämlich der des Ver- schwindens auf hellem Grunde, basirten Beobachtungen, widersprechen den bisher bekannten Wahrnehmungen. Wohl ist es denkbar, dass bei einer be- stimmten Dispersion die von einer Lichtquelle ausgehenden Strahlen verschie- dener Brechbarkeit gleiche absolute Intensität besitzen, bei derselben Disper- sion wird aber eine andere Lichtquelle von erheblich verschiedener Tempe- ratur eine Gleichheit der Intensität der Farben nicht zeigen können, wie das einfach daraus folgt, dass Lichtquellen verschiedener Temperatur, bei welchen man die Intensitätsverhältnisse der Farbe relativ zu ein und derselben Licht- quelle bestimmt, die grössten Verschiedenheiten zeigen und bei einer derarti- gen Vergleichung weder die besonderen Dispersionsverhältnisse, noch Ab- sorption und individuelle Verschiedenheit der Augen in Betracht kommen. 504 Gesammtsitzung I. a Bei den photometrischen Beobachtungen der Fixsternspectra, zu deren Mittheilung ich nun übergehe, bin ich auf sehr grosse Schwierigkeiten gestossen. Zunächst waren es experimentelle Schwierigkeiten, die zu überwinden waren. Weder das Sternspec- trum mittelst Cylinderlinse in ein breites Band auszuziehen, noch die Beobachtungen anzustellen, wenn das Spectrum, ohne Anwen- dung von Oylinderlinse, nahezu linear erschien, stellte sich als vortheilhaft heraus. Im ersten Falle war das Spectrum zu schwach, im andern Falle zeigte es auffällige Intensitätsschwankungen bei der geringsten Veränderung in der Focaleinstellung. Die besten Resultate wurden erhalten, als der Spalt des Spectroskops sich etwas ausserhalb des Focus der Objectivlinse des Fernrohrs befand. Bei dieser Stellung konnte aber eine Vergleichung der Intensitäten der Farben mit der Intensität der entsprechenden Farbe im Petro- leumlichte nicht ohne Weiteres ausgeführt werden, sondern es musste noch die mit der Farbe sich verändernde Breite des Sternspeetrums in Rechnung gezogen werden. Die Bestimmung dieser Breite in den verschiedenen Farben gelang vollständig befriedigend nicht auf directem Wege, sondern erst vermittelst des in diesen Berichten kürzlich von mir beschriebenen und bei Gelegenheit eben dieser Beobachtungen aufgefundenen Verfahrens, indem die Vereinigungs- punkte für die Strahlen der verschiedenen Farben bestimmt und dann durch Rechnung die Breite der betretfenden Stellen des Spec- trums für die abweichende Spaltstellung ermittelt wurde. Die eben besprochene Schwierigkeit würde bei Anwendung eines Spiegelteleskops nicht vorhanden sein, da beim Spiegel alle farbigen Strahlen in einem Punkte vereinigt werden, und das Spectrum eines Sterns immer durch parallele gerade Li- nien begrenzt sein wird. Die anderen Schwierigkeiten liegen in der Beobachtung selbst und können nicht gehoben wer- den. Zunächst ist es die Unruhe der Luft, welche dem. Stern- spectrum ein anderes Aussehen verleiht als dem Vergleichsspeetrum des Petroleums. Das unruhige, von unzähligen hin- und hersprin- genden dunklen Längslinien durchzogene Sternspectrum ist beson- _ ders im Gelb äusserst schwer mit dem entsprechenden Theile des Petroleumspectrums zu vergleichen. Auch wird durch das Auf- und Niederspringen des Sternbildes in dem weitgeöffneten Spalt bewirkt, dass Theile des Specetrums zur Beobachtung kommen, wel- vom 21. October 1880. 805 che von dem Vergleichsspecetrum verschieden sind. Der Spalt des Spectroskops muss aber verbältnissmässig weit geöffnet werden, damit die Fraunhofer’schen Linien nicht stören. Das hat ferner zur Folge, dass die Farben weniger rein werden und sich schwie- riger vergleichen lassen. Bei den vorliegenden Beobachtungen hat endlich unregelmässiger Gang des Uhrwerks oft recht störend und erschwerend gewirkt. Unter diesen Umständen konnte ich mich des Gefühls der Unsicherheit nicht erwehren; jedoch haben die Be- obachtungen einiger Sterne eine über Erwarten gute Übereinstim- mung gezeigt, auch sind die Unterschiede in den Intensitätsver- hältnissen bei den verschiedenen Sternen so beträchtlich, dass diese sich unzweifelhaft und deutlich aussprechen. Die Beobachtungen sind öfters wiederholt und von mir und Hrn. Dr. G. Müller, welcher sich viel mit photometrischen Beobach- tungen beschäftigt, sich schon an den früheren spectralphotometri- schen Untersuchungen betheiligte, und ein besonders feines Auffas- sungsvermögen für kleine Helligkeitsunterschiede besitzt, ausgeführt worden. Gewöhnlich wurden die Beobachtungen so angestellt, dass abwechselnd einer von uns die Einstellungen machte, während der andere den Kreis ablas, wodurch ausser der Annehmlichkeit, dass das Auge des Beobachters nicht durch grelles Licht geblen- det wurde, noch eine Präoccupation möglichst vermieden werden konnte. Die Beobachtungen sind graphisch ausgeglichen worden und sind die hier mitgetheilten Zahlen aus den Curven abgeleitete - Mittelwerthe. Wellen- Intensität länge MilL.Mil- Petroleum Petroleum Petroleum Petroleum Petroleum Petroleum limeter Sirius Wega Capella Arctur Aldebaran Beteigeuze 633 285 270 232 200 218 202 600 200 193 173 153 | 159 153 555 100 100 100 100 ‚100 100 517 49 50 46 71 70 61 486 24 27 20 57 593 47 464 14 16 14 50 48 39 444 11 9 12 46 41 32 In Bezug auf die Genauigkeit dieser Beobachtungen sei er- wähnt, dass bei Sirius die Abweichungen der einzelnen Beobach- 806 Gesammtsitzung tungen von der Curve im Mittel 9% betragen, bei Wega 11%, bei Capella schliessen sich alle Beobachtungen auf das Genaueste einer gleichmässig verlaufenden Curve an. Von den rothen Sternen sind die Beobachtungen bei Arctur am unsichersten, die Abweichungen von der Curve betragen im Mittel 13%, bei Aldebaran 82, bei Be- teigeuze 9%. Die Curvenpunkte selbst besitzen eine Genauigkeit von etwa 5%. 1. Ich füge diesen Beobachtungen noch solche über die Sonne und über das elektrische Licht!) bei, von denen die ersteren, we- | gen der viel günstigeren Verhältnisse, unter denen die Beobach- tungen angestellt werden können, eine grosse Sicherheit besitzen, die letzteren dagegen, wegen der Inconstanz des elektrischen Lich- tes, wohl nie einen hohen Grad von Genauigkeit erreichen können. An diesen Beobachtungen hat sich ausser mir und Hrn. Dr. Mül- ler noch Hr. Dr. Kempf betheiligt. Wellenlänge Intensität Mill, Millim. = m Sonne Elektrisches Licht 633 232: 190 600 175 149 555 100 100 517 52 64 486 27 43 464 18 99 444 11 5: 426 10 90 Abweichungen der Beobachtungen von der Curve bei der Sonne im Mittel 62, bei dem elektrischen Licht 16%. Die Curvenpunkte ha- ben eine Genauigkeit von etwa 4% resp. 84. | Aus den mitgetheilten Zahlenwerthen lässt sich leicht eine Ver- wandtschaft der Sterne mit nahezu gleichem Spectrum, Sirius und Wega einerseits, Capella und Sonne andererseits, erkennen, auch i) Das elektrische Licht wurde durch eine kräftige dynamoelektrische Maschine, welche von einer 6-pferdigen Gasmaschine in Bewegung gesetzt wurde, erzeugt. vom 21. October 1880. 807 zeigen die rothen Sterne unter sich nahezu gleiche Intensitätsver- hältnisse. Bei den weissen Sternen Sirius und Wega ist deutlich ausgesprochen, dass die brechbareren Theile des Spectrums eine viel grössere Intensität besitzen, als bei den gelblichen Sternen Ca- pella und Sonne und bei den rothen Sternen Arctur, Aldebaran und Beteigeuze. Es ist ferner nicht ohne Interesse, dass die In- tensitätsverhältnisse des elektrischen Lichtes im Vergleich zu Pe- troleum von dem der rothen Sterne wenig abweichen. Wenngleich eine direete Vergleichung nicht statthaft sein dürfte, da das von den Sternen zu uns gelangende Licht in unserer Atmosphäre eine Absorption erlitten hat, die sich vorzugsweise auf die blauen Strah- len erstreckt, und daher sämmtliche Curven für die Sonne und die Sterne ein stärkeres Anwachsen mit abnehmender Wellenlänge zeigen würden, wenn wir den Einfluss der Atmosphäre eliminiren könnten, so lässt sich doch so viel erkennen, dass die rothen Sterne in einem Glühzustand befindlich sind, der sich einigermaassen mit der Temperatur des elektrischen Flammenbogens vergleichen lässt. Wenn bei der Beobachtung des Specetrums schon der blosse Augenschein die verhältnissmässig grosse Intensität der brechbare- ren Theile des Spectrums weisser Sterne ergeben hat, so fehlte doch bislang jeder Anhalt über die Grösse der Unterschiede, auch war nicht ohne Weiteres zu entscheiden, in welchem Verhältniss der Glühzustand der Sterne zu dem unserer Sonne stand. Aus den mitgetheilten Beobachtungen geht nun mit Sicherheit hervor, dass die weissen Sterne in einem bedeutend höheren Glühzustande sich befinden müssen als die Sonne, dass die gelben Sterne, mit nahezu gleichem Spectrum wie die Sonne, sich auch in ganz ähnlichem Glühzustande befinden, endlich, dass die Temperatur der rothen Sterne weit unter der Temperatur unserer Sonne gelegen ist. Mittelst der Kirchhoff’schen Function dürfte es dereinst gelingen, aus den Beobachtungen der Intensitätsverhältnisse in den Sternspectren, die wirklichen Temperaturunterschiede der Himmelskörper abzuleiten. Die mitgetheilten Beobachtungen geben ferner eine Bestätigung der Ansicht, dass sich in den Spectren das Entwickelungs- (Ab- kühlungs-) Stadium der Sterne abspiegelt, welche Ansicht mich be- kanntlich veranlasst hatte, eine etwas andere Ulassification der Sterne nach ihren Spectren vorzunehmen, als es von Secchi vor- geschlagen worden war (Astron. Nachr. Nr. 2000); auch gewinnt die Annahme, dass ein Theil der Streifen und Bänder, welche wir [1880] y 59 808 Gesammtsitzung in den Spectren rother Sterne beobachten, chemischen Verbindungen in den sie umgebenden Atmosphären zuzuschreiben sind, sehr an Wahrscheinlichkeit, da bei Temperaturen, welche die des elektri- schen Flammenbogens nicht sehr wesentlich überschreiten, sehr wohl chemische Verbindungen denkbar sind. Über die Intensitätsverhältnisse im Spectrum des elektrischen Lichtes liegen auch von anderen Beobachtern Resultate vor, so aus jüngster Zeit von O. E. Meyer (Zeitschr. f. angew. Electr. v. Carl). Sie lassen aber keinen directen Vergleich mit unseren Beobachtungen zu, da die genaueren Angaben über die untersuchten Stellen des Spec- trums fehlen, und nur die allgemeinen Bezeichnungen, Roth, Gelb u. Ss. w., angegeben sind. Eine directe Vergleichung des Sonkenstedirenie mit dem elek- trischen Lichte ist noch von Hrn. Dr. Müller ausgeführt worden. Die mit dem Apparate verbundene Lampe wurde zu dem Zwecke entfernt, und Sonnenlicht, durch weisses Papier abgeschwächt, auf die eine Hälfte des Spaltes geworfen, während das elektrische Licht, von einer weissen Porzellanschaale reflectirt, auf die andere Hälfte des Spaltes gelangte. Um die Veränderung des Sonnenlichtes beim Durchgang durch weisses Papier zu eliminiren, wurde nachher folgende Beobachtung angestellt. Die eine Hälfte des Spaltes wurde wie vorher durch Sonnenlicht, welches durch dasselbe weisse Pa- pier gegangen war, erhellt, während die andere Hälfte von der matten weissen Schaale reflectirtes Sonnenlicht erhielt. Die graphisch ausgeglichenen Beobachtungen ergaben: Wellenlänge Sonne Mill. Millim. Elektr. Licht Licht 633 80 600 83 959 100 517 125 486 159 464 189 444 224 Aus den Vergleichungen beider Lichtquellen mit der Petroleum- flamme würde man, in Anbetracht der schon erwähnten grossen vom 21. October 1880. 809 Schwierigkeit der Beobachtung des elektrischen Lichtes in recht befriedigender Übereinstimmung mit diesen Zahlen, erhalten: Wellenlänge Sonne Mill. Millim. Elektr. Licht 633 82 600 85 555 100 517 121 486 159 464 178 444 227 Die Behauptung von O.E. Meyer (a. a. O. p. 325), dass das Sonnenlicht in den mittleren Theilen des Spectrums beträchtlich heller leuchte als elektrisches Licht, während das letztere im Roth und Violett überwiege, haben wir nicht bestätigt gefunden. Es ist unzweifelhaft immer eine stete Zunahme der Intensität des Sonnenlichtes nach Blau gegen das elektrische Licht beobachtet worden, nicht nur durch die Messungen selbst, sondern auch durch den blossen Augenschein, wenn beide Spectra im Roth oder Gelb gleich intensiv gemacht wurden und in der ganzen Ausdehnung nach Blau hin zu übersehen waren. II. Speetralphotometrische Beobachtungen am Mond von mir und Hrn. Dr. Müller haben folgende Resultate gegeben: Wellenlänge Petroleum Mill. Millim. Mond 633 220 600 164 995 100 917 62 486 40 464 29 444 22 426 18 29° 810 Gesammtsitzung Abweichungen der einzelnen Beobachtungen von der Cürve im Mittel 6%. Die Genauigkeit der Curvenpunkte ist zu 49% anzu- nehmen. Es schien mir nicht uninterressant, zum Vergleich das Ver- halten einer Reihe von irdischen Stoffen, welche von der Sonne un- ter nahezu senkrechter Incidenz beleuchtet wurden, zu untersuchen. Hierbei haben sich folgende Resultate ergeben: Wellenlänge Rother Gelber Gelber A } s Dolerit Mill. Millim. Ziegelstein Lehm Sand 633 90 235 175 175 600 76 173 145 145 999 100 100 100 100 5817 69 58 68 DR) 486 99 0 0 32 464 48 22 40 23 444 35 20 36 21 Wellenlänge Gemisch von Erde, Gelblich grauer 1 ee Ackererde k Mill. Millim. Sand und Lehm Sandstein 633 210 178 210 600 159 144 160 909 100 100 100 517 67 67 60 486 49 49 37 464 40 37 24 444 5%) 30 19 Abweichangen der einzelnen Beobachtungen von der Curve durch- schnittlich 72. Die Sicherheit der Curvenpunkte ist zu 5% anzu- nehmen. Nur bei dem rothen Dachziegel wird das Intensitätsverhältniss durch eine sehr 'unregelmässige Ourve, in Folge electiver Verände- rung der Reflexion, dargestellt, bei den anderen weniger auffallend gefärbten Substanzen verläuft die Ourve ganz gleichmässig, ent- sprechend einer mehr allgemeinen, über grössere Strecken des Spec- trums sich erstreckenden Absorption. Aus den Beobachtungen geht so viel hervor, dass die Ober- fläche des Mondes nur eine schwache Färbung besitzt und sehr vom 21. October 1880. sıl wohl aus solchen Substanzen gebildet sein kann, welche auf un- serer Erdoberfläche sich vorfinden. Die beste Übereinstimmung zeigt gelblich grauer Sandstein. IV. Schliesslich lasse ich noch Beobachtungen über die Intensitäts- verhältnisse im Spectrum des diffusen Himmelslichtes bei blauem Himmel und bei völlig bedecktem Himmel im Vergleich zum Spec- trum der Petroleumflamme folgen, welche die Mittelwerthe aus zahlreichen Beobachtungen von mir und Dr. Müller sind und grosse Sicherheit besitzen (Abweichungen der einzelnen Beobach- tungen von der Curve 69, die Curvenpunkte sind bis auf etwa 34 sicher). Wellenlänge Trüber Himmel Klarer Himmel Mill. Millim. Bu Petroleum diff. Tageslicht diff. Tageslicht 673 — 267 633 340 398 600 212 252 555 100 100 917 47 40 486 23 19 464 18 9 444 10 426 9 9 Nicht uninteressant wäre es, derartige Beobachtungen in grös- seren Höhen und in südlichen Gegenden zu wiederholen, auch glaube ich, dass ähnliche Beobachtungen für die Meteorologie von Wichtigkeit werden könnten, da die Bläue des Himmels vom Ge- halte der Atmosphäre an Wasserdampf abhängig ist. 812 Gesammtsitzung Darauf legte Hr. Helmholtz eine Abhandlung des Hrn. Prof. Kundt in Strassburg, vom October 1880, vor: Über den Einfluss des Druckes auf die Oberflächen- spannung an der gemeinschaftlichen Trennungsfläche von Flüssigkeiten und Gasen und über die Beziehung dieses Einflusses zum Cagniard de la Tour’schen Zustand der Flüssigkeiten. Da wir nicht im Stande sind, ein Stück der Oberfläche einer Flüssigkeit in Berührung mit dem leeren Raum zu bringen, weil dieser Raum sich sofort mit dem Dampf der betreffenden Flüssig- keit sättigen würde, so ist es experimentell auch nicht möglich, die Spannung (Capillarconstante) der „freien“, d.h. vom luftleeren Raum begränzten Oberfläche einer Flüssigkeit zu bestimmen. Was wir bestimmen können, ist immer nur die Oberflächenspannung an der gemeinschaftlichen Gränzfläche zwischen der Flüssigkeit und ihrem Dampf. Bei den Bestimmungen der Capillarconstante der Flüssigkeiten, wie sie gewöhnlich angestellt werden — (Steighöhen in Röhren oder Tropfen auf flachen Unterlagen) — befindet sich meistens über der Oberfläche der Flüssigkeiten nicht blos der Dampf derselben, sondern noch Luft oder ein anderes Gas. Die Erfahrung hat in- dess gezeigt, dass die Oberflächenspannung zwischen einer Flüssig- keit und ihrem Dampf durch das Hinzutreten von Luft oder von einem andern Gas bei Atmosphärendruck nicht merklich verändert wird, so lange keine erhebliche Absorption des Gases, wie etwa bei Ammoniak oder Salzsäure, eintritt. Versuche darüber, ob und wie sich die gemeinschaftliche Ca- pillarconstante einer Flüssigkeit und eines Gases ändert, wenn der Druck des Gases erheblich wächst, scheinen nicht vorzuliegen, wenigstens konnte ich in der mir zugänglichen Literatur keine solche auffinden 1). Da wir wissen, dass, wenn eine Flüssigkeit ein Gas in schr grosser Menge absorbirt, wie z. B. Wasser Salzsäuregas oder Am- moniakgas, eine Erniedrigung der Capillarconstante eintritt, andrer- 1) Bezüglich der Änderung des sogenannten Randwinkels einer Flüssig- keit durch Druck eines Gases findet sich eine gelegentliche Angabe von Hrn. Quincke, Poggend. Annalen Bd. 160, S. 119. vom 21. October 1880. 813 seits alle Flüssigkeiten in geringerem oder stärkerem Maasse Gas absorbiren, so wird man von vornherein schliessen können, dass bei hinreichend beträchtlichen Gasdrucken Änderungen in der Ca- pillarconstante bei allen Flüssigkeiten eintreten. Zu dem gleichen ‚Schluss und dem weiteren, dass mit immer mehr wachsendem Gas- drucke die gemeinschaftliche Capillarconstante immer mehr ab- nehmen muss, um schliesslich bei einem bestimmten Druck Null zu werden, kann man aber, ohne auf die Frage nach den zwischen Flüssigkeiten und Gasen etwa vorhandenen Molekular- kräften und ihrer Wirkungsweise einzugehen, noch auf anderem - Wege kommen. \ Seit den Versuchen Cagniard de la Tour’s weiss man, dass eine Flüssigkeit, die mit ihrem Dampf in einem geschlossenen Ge- fäss erhitzt wird, bei einer ganz bestimmten Temperatur (der kri- tischen Temperatur Andrews’) mit ihrem Dampf ein physikalisch 'homogenes Medium bildet. Während man allmählig die Temperatur steigert, nimmt, wie die directe Beobachtung des Flüssigkeitsme- niskus zeigt, die gemeinschaftliche Capillarconstante zwischen der Flüssigkeit und ihrem Dampf immer mehr ab und ist schliesslich bei der kritischen Temperatur Null; d.h. Flüssigkeit und Dampf sind, wenn man sich so ausdrücken will, vollständig mit einander gemischt. Zu dieser von Cagniard de la Tour gefundenen Erfahrungs- thatsache hat Andrews bei seinen bekannten Untersuchungen über die Kohlensäure eine weitere wichtige hinzugefügt. Andrews hat gefunden, dass, wenn man ein Gemisch von Luft und Kohlensäure comprimirt, die letztere bei Drucken, bei denen sie für sich lange flüssig sein würde, in Gegenwart der Luft noch gasförmig bleibt!). Ein Gemenge von 3 Volumen CO, und 4 Vol. N, konnte bei 7°6C. bis zu 283.9 Atmosphären comprimirt werden, ohne dass die Kohlensäure sich condensirte. Das Haupt- resultat der Versuche über Compression von Gasgemischen fasst er in die Worte zusammen: | The most important of these results is the lowering of the eritical point by admixture with a non condensable gas. Als nicht eondensirbares Gas ist hier ein solches anzusehen, 1) Phil. Mag. (5) I, 8. 78. 814 Gesammtsitzung welches sich bei der in Betracht kommenden Temperatur über seiner eigenen kritischen Temperatur befindet. Die Versuche von Andrews über Compression von Gasge- mischen sind neuerdings von Cailletet!) wiederholt und erweitert worden. Cailletet hat Gemische von Kohlensäure oder Stick- oxydul mit Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff untersucht und an ihnen die Erniedrigung der kritischen Temperatur gezeigt, und beobachtet, dass die verschiedenen Gase in verschiedenem Maasse die Condensation der Kohlensäure verhindern. Sodann beschreibt er folgenden wichtigen Versuch, dessen Gelingen sich übrigens schon aus den Angaben von Andrews erschliessen lässt. Beim Comprimiren eines Gemisches von 5 Vol. CO, und 1Vol. Luft wird ‚bei Temperaturen unter 26° C. die Kohlensäure leicht condensirt; comprimirt man dann aber weiter auf 150—200 Atmo- sphären, so wird der Meniscus der Kohlensäure immer flacher, bis derselbe bei zunehmendem Drucke verschwindet, und mit ihm zu- gleich die Flüssigkeit verschwunden ist. Die Flüssigkeit ist mithin durch blosse Druckzunahme in den Cagniard de la Tour’schen Zustand übergegangen, ist ein Gas geworden oder hat sich, wie Cailletet sich ausdrückt, in dem Gas aufgelöst. | Nimmt man an, dass das, was von Oailletet für CO, und N,;O beobachtet ist, für alle Flüssigkeiten gilt, so muss jede Flüssig- keit bei gewöhnlicher Temperatur durch blosses Hinzupumpen eines Gases, welches sich über seiner kritischen Temperatur befindet, bei einem hinreichend hohen Druck selbst über die kritische Temperatur gebracht werden können, d. h. gasförmig werden. Dabei muss die gemeinschaftliche Oberflächenspannung zwischen Flüssigkeit und Gas von dem ursprünglichen Werth bei zunehmen- dem Druck des Gases immer mehr abnehmen, bis sie schliesslich Null wird. Bei Flüssigkeiten, deren kritische Temperatur für sich sehr hoch liegt, wird man voraussichtlich enorme Gasdrucke anwenden müssen, um dieselben bei gewöhnlicher Temperatur in Gaszustand überzuführen; jedenfalls wird man aber schon mit schwächeren Gasdrucken den Beginn der Erscheinung, gewissermassen die Ten- denz zur Vergasung der Flüssigkeiten, durch eine Abnahme der ) C.R.T.XC. p. 210 (1880) und J. de Physique T. IX p. 192 (1880) 1. vom 21. October 1880. 815 gemeinschaftlichen Oberflächenspannung zwischen Flüssigkeit und ‚Gas nachweisen können. Da ich, wie bereits bemerkt, in der Literatur keine Beobach- tungen der Capillaritätsconstanten von Flüssigkeiten bei höheren Gasdrucken auffinden konnte, habe ich selbst eine Reihe derartiger Beobachtungen ausgeführt. Die ursprüngliche Veranlassung zu den- selben gaben Überlegungen, die sich nur auf die älteren Versuche Cagniard de la Tour’s und die neueren Andrews’ stützten. Meine Versuche waren bereits beendet, als ich Kenntniss erhielt von dem wichtigen und schönen, oben angegebenen Versuch Cailletet’s. ni Die Versuche wurden in folgender Weise ausgeführt: Ein Glasrohr von circa 10”% äusserem und etwa 1,8 "m innerem Durchmesser, unten zugeschmolzen, war mit dem etwas verdickten oberen Ende mit Kautschuk in ein ausgebohrtes Eisen- stück luftdicht eingesetzt. Dieses Eisenstück wurde mittelst vier Schrauben an ein mit Flansche versehenes Kupferrohr ange- schraubt, welches seinerseits zu den Gascompressions- Apparaten führte. In das Glasrohr wurde ein wenig von der Flüssigkeit ge- bracht, deren Capillarconstante bestimmt werden sollte, etwa so viel, dass dieselbe 2°% hoch in dem Rohr stand, und in diese Flüssigkeit wurde ein enges Üapillarrohr gestellt, in dem die Flüssigkeit aufstieg. Diese Capillarröhren waren aus sorgfältig gereinigten Glasröhren jedesmal frisch vor der Gebläselampe ge- zogen. Mit einem Kathetometer wurden die Steighöhen der Flüs- sigkeiten in den Oapillaren gemessen. Die Apparate zur Üom- pression der Gase bestanden, wie bei den Versuchen über elektro- magnetische Drehung des Lichtes, die Hr. Röntgen und ich zu- sammen ausgeführt haben !), aus einer Gascompressionspumpe, einem cylindrischen Eisenrohr und einer hydraulischen Presse. Zu- nächst wurde der Apparat nebst dem Eisenrohr mittelst der Com- pressionspumpe bis zu einem Druck von etwa 20—40 Atmosphären gefüllt, und dann die Erhöhung des Druckes dadurch erzielt, dass in das Eisenrohr mittelst der hydraulischen Presse Glycerin einge- presst wurde. Zur Messung des Druckes war ein Federmanometer eingeschaltet, welches den Druck in Kilogrammen auf das Quadrat- centimeter angiebt. 1) Wiedem, Ann. Bd. VII, $. 286. 816 | . Gesammtsitzung Nachdem der für eine Beobachtung gewünschte Druck herge- stellt war, wurde während der Messung der Steighöhe in den Oa- pillaren stets der Apparat mit sammt dem Manometer von den Compressionsvorrichtungen durch einen Hahn abgesperrt. konnte ich nur selten höhere Drucke anwenden, als etwa 150 da die benutzten Glasröhren bei höheren ı fast immer sprangen. Auch schon bei Drucken unter 150 —., nn sind mir einige Dutzend Glasröhren zersprungen, und wurde es mir hierdurch sehr er- schwert, vollständige Beobachtungsreihen, aus denen Capillarcon- stanten berechnet werden konnten, zu erhalten. Die Dimensionen der Capillaren konnten nämlich, um letztere nicht zu verunreinigen, erst nach dem Versuch bestimmt werden; mit dem Zerspringen des äusseren Glasrohres wurde aber auch jedesmal die Capillare zer- trümmert. Der innere, wie äussere Durchmesser der Oapillare wurde mit einem mit Ocularmikrometer versehenen Mikroskop er- mittelt. Bedeutet: r, den inneren, 7; den äusseren Radius der Capillarröhre, r;, den inneren Radius des umschliessenden Rohres, H die Steighöhe der Flüssigkeit im Capillarrohr, d die Dichte der Flüssigkeit, d' die Dichte des Gases in dem Apparat, so ist: wo « die Oberflächenspannung und » den Randwinkel bedeutet. Bei den zunächst benutzten Flüssigkeiten Alkohol und Äther ist w, wenigstens soweit es sich bei mikroskopischer Beobachtung beurtheilen liess, auch für hohe Drucke der Gase jedenfalls sehr nahe —= 0, so dass für diese Flüssigkeiten: H(d—.d') Die Versuche wurden fast durchgehends bei einer Temperatur von ungefähr 21° C. ausgeführt und dem entsprechend die Dichte | | ee ec De Ne vom 21. October 1880. 817 der Gase für den Druck von 1 Kilogramm auf das Quadratcenti- meter genommen für kulinisozm..... :0:.001 162 Wasserstoff . 0.0000805. Die Dichten wurden den Drucken proportional gesetzt, was für Wasserstoff keinen merklichen Fehler in den berechneten Ca- pillarconstanten giebt, und für Luft gleichfalls nur einen kleinen Fehler, da die Abweichungen vom Mariotte’schen Gesetz bis zu 150 Atmosphären nicht so sehr beträchtlich sind, und nicht die Dichte des Gases selbst in die Formel eingeht, sondern nur die Differenzen der Dichten der Flüssigkeiten und der Gase. Wird Gas über der Flüssigkeit comprimirt, so ändert sich, da Gas absorbirt wird, auch die Dichte der Flüssigkeit, doch ist diese Änderung jedenfalls so gering, dass dieselbe für die hier vorliegen- den Versuche, bei denen es wesentlich darauf ankam, die Erschei- nung zunächst im Allgemeinen zu verfolgen, zu vernachlässigen ist. Die folgenden Tabellen enthalten einige vollständige Beobach- tungsreihen mit Äther, Alkohol und einer alkoholischen Chlor- caleciumlösung als Flüssigkeiten und Wasserstoff und atmosphärischer Luft als Gasen. _ Die Messungen der Steighöhen wurden meistens gemacht, in- dem man von den niederen Drucken zu höheren überging und dann wieder von den höheren zu niederen abstieg. Daher finden sich in den Tabellen oft Bestimmungen bei nahe an einander liegenden Drucken; von diesen ist meist die eine bei aufsteigendem, die an- dere bei abnehmendem Drucke gemacht. Geht man von höheren Drucken zu niederen über, so muss man sich sehr sorgfältig über- zeugen, dass nicht von dem in der Flüssigkeit absorbirt gewesenen Gas etwas in der Capillare frei geworden und mithin die Flüssig- keitssäule in der Capillare unterbrochen ist. Bemerken will ich noch, dass das Sinken der Flüssigkeit in der Capillare mit zunehmendem Gasdruck gewöhnlich schon in we- niger als einer Minute erfolgt, so dass alsbald nach der Com- pression die Steighöhe gemessen werden kann. In den Tabellen haben die r die oben $. 816 angegebene Be- deutung und sind in Millimetern angegeben; d ist die Dichte der benutzten Flüssigkeit bei etwa 21°. Unter p ist der Druck des Gases in Kilogrammen auf das Quadratcentimenter gegeben, unter Z die beobachtete Steighöhe in 818 Gesammtsitzung Millimetern; die Columnen unter « geben die berechneten Capillar- constanten und die Zahlen unter d8 die Abnahmen dieser Constanten . für die Druckzunahmen von | Em berechnet aus zwei auf einander folgenden Bestimmungen. Da die r und HZ in Millimetern gegeben sind, so hat dem entsprechend « die Dimension an Meist sind für Flüssigkeiten und ein Gas zwei Beobachtungsreihen mit zwei verschiedenen Capillaren gegeben, deren Resultate fast überall innerhalb der möglichen Beobachtungsfehler hinreichend überein- stimmen. Wenn die in den Tabellen gegebenen Werthe von «, absolut genommen, in Folge ungenauer Bestimmung der Durchmesser der Röhren auch mit Fehlern behaftet sein können, die sich bis auf die erste Decimale erstrecken, so sind doch die Werthe bis auf drei Deeimalen gegeben, da es wesentlich auf die Änderung von « in einer Beobachtungsreihe ankam, und diese unabhängig ist von der Bestimmung der Röhrendurchmesser. Das benutzte Manometer habe ich bisher nicht auf seine Genauigkeit prüfen können; es ist also möglich, dass die angegebenen Drucke dem absoluten Betrage nach um etwas falsch sind. (Tab. I.] 1 Ather-Wasserstoff. d=0T. Versuch I. Versuch II. = 0.0813; = 0.232; ,—=0.8” 7, = 0.196, 7, — 0262. 02 7003 p Ei & ö p H & ö [>] 1.110288 11:11:89:8% - 1974 Kae: ST nA ROTE re, Bis. 968 ni | 1 f (9) Be 269 78 43.6 1.758 0.0094 9 36. 1.808 0.0099 111. 1, 41.8 2 wor ein 100 ı 37 He 1 41.6 .670 102 3.7 1.679 119 1.67 33 6 aaae 192 31.0, 2 l.obt vom 21. October 1880. 819 Alkohol-Wasserstoff. MI. Versuch I. IT 7, = 0.181; r,= 0.8 p H ce Versuch I. r] = 0.0852; r, en 0.226; LE 0.8 p H & Ö i! 693.7 2.444 0.0098 ol 60.3 2.302 53 602 2 ı 102 97.4 2.180 103.73 a 0.0022 155 54.6 2.064 Alkoholische Lösung von Chlorcalcium- Wasserstoff. ed — 0.867, 0.09 IT ;-r, —= 0,257; 75, —=.0,8 p (Tab. II] Versuch I. = 0.0628; 7, — 0.226; ,— 0.8 p H & 1 19.4: 1.948 32 66.8 1.634 65 60.8 1.403 104 54.3 1.166 141 48.3 . 0.965 0-1 99.2 50.6 90.3 48.0 46.5 [04 Ö 2.582 0.0028 a en 0.0025 0.0016 2.228 Äther-Luft. e==.0.130: Ö 0.0101 0.0070 0.0061 0.0054 Versuch I. #7 =2:.0.0159; 5 0240,03 p H & ) 1 61.3 1.965 öl 51.5 1.517 103 44.0 1.180 820 Gesammtsitzung Alkohol-Luft. 0.795: r,—= 0.0680; r, = 0.226; 7; = 0.8 p 2 er ö 1 829 2.542 4 10 20 ODE 83: 772.97 7715969 a 156.20764:9.1°.1:.999 { 2 0.0038 212 6%2 1.384 Alkoholische Lösung von Chlorcaleium- Luft. d = 0.816: Versuch 1. Versuch I. n= 0.0459; = 0.19%; ,=0.8 n= 0.0548; ,— 0.238; r,— 0.8 p H [6 Ö p MH @ Ö l.. 2190°. 3560 ne 1.981 578 bioneR Fluges 1: Kaas > ur SOORE 52. 047 2048 a 102° 104.57 71.944 an 100 875: 193 sn 153. 10%6.0, 12788 h 51 87.901843 ! Ausser den vorstehenden habe ich noch eine grosse Anzahl von Versuchen angestellt, die aber meist wegen Zerplatzens des Apparates unvollständig blieben. Die folgende Tabelle enthält einige derselben. Auch für die folgenden Flüssigkeiten ist w gleich Null gesetzt. [Tab. I.] Schwefelkohlenstoff-Luft. d.— 1.260. Versuch 1. Versuch II. rn, = 0.0845; r,— 0.179; —=0.8 rn = 0.0567; r, = 0.259; 7, — 0.8 Da & 0) p ak 0 1%) 2 1. 580 2201 Rokz 13,4 813° 3205 onen 49... 50.0.: 2.943 one 53 75.9 2.884 oe 106 46.7 2.598 ; 102 692779503 : 156° 48,2. 2281 152 64.9 2.228 u er 5 a dl A a u a ne a me vom 21. October 1880. 821 Chloroform- Luft. d= 1.480. » En ae! ö' SE eh 51.3 50.3..2.0.830 as 202. 44.5: 70.104 h 0.0020 Äther-Kohlensäure. d = 0.730. Versuch 1]. Versuch I. u 640.202; 7,— 0.8 p H or Ö p H ae 1 69.9 1.874 0.096 1 49.4 1 24 50.7 1.280 27 39.2 0.742 Bei dem Versuch mit Chloroform konnten nur relative Werthe von « berechnet werden, da die Röhren beim Versuch sprangen. Der Werth der Capillarconstante beim Druck 1 ae («') ist gleich Eins gesetzt. Ebenso konnten beim Versuch 2 für Kohlensäure nur relative Werthe der Constante berechnet werden. Auch mit Wasser und Luft wurden eine Anzahl Bestimmungen gemacht. Dieselben stimmten nicht sehr gut unter einander. Aus den zuverlässigsten derselben ergab sich als mittlere Abnahme der Capillarconstante für die Druckzunahme von 1 ne zwischen den Drucken 1 und 150 & Ucm A 2.009. Bei Quecksilber schien gleichfalls eine kleine Veränderung von « bis zu Drucken von 200 un einzutreten, doch bedarf es zur Ermittelung der Grösse derselben einer eingehenderen Untersuchung. 322 Gesammtsitzung Aus der Gesammtheit der vorstehenden Versuche ergiebt sich: 1) Die gemeinschaftliche Oberflächenspannung zwischen Flüssig- keit und Gas nimmt für Alkohol, Äther, alkoholische Lösung von Chlorcaleium, Schwefelkohlenstoff, Chloroform und Wasser erheblich mit zunehmendem Drucke des Gases ab; 2) diese Abnahme ist bei niederen Drucken grösser als bei höheren; 3) dieselbe ändert sich für eine a dieselbe Flüssigkeit mit der Natur des Gases, welches mit der Flüssigkeit comprimirt wird. Bei Alkohol, Äther, alkoholischer Chlorcaleiumlösung bedingt Luft eine grössere Verminderung der Capillarconstante, als Wasserstoff. Dies tritt am deutlichsten hervor, wenn man aus obigen Tabellen die mittlere N der Capillarconstante (dj00) für eine Druck- zunahme von 1 auf 100 -&- berechnet, wie aus folgender Zusammen- stellung ersichtlich ist. Äther - Wasserstofl. e Äther - Luft. 00 = 0.0028 d40 =.0.0077 ö10 = 0.0030 On, = DNUTE Alkohol- Wasserstoff. Alkohol- Luft. Oma = 0. 0027 Oyoo = 0.0066 ö400.=.0.0027 Chlorcalciumlösung- Wasserstoff. Chlorcaleiumlösung - Luft. DR = 0.0028 Om = 0. 0061 O0 = 0.0059 Ob allgemein die Gase, welche die Constante « stärker beein- flussen, von den Flüssigkeiten auch stärker absorbirt werden, wird sich wohl erst auf Grundlage eines reichhaltigeren Beobachtungs- materials entscheiden lassen. 4) Die Abnahme der Capillarconstante ist für einige der unter- suchten Flüssigkeiten so erheblich (bei Äther und Luft ist « schon bei einem Druck von 140 ee. auf die Hälfte gesunken), dass ver- muthlich schon mit Gasdrucken, die wir ohne zu grosse Schwierigkeiten erreichen können, die Oberflächen- spannung Null wird, mithin die Flüssigkeiten bei ge:- wöhnlicher Temperatur in den Cagniard de la Tour’schen Zustand übergehen können. vom 21. October 1880. 823 Bei etwas höherer Temperatur wird voraussichtlich die Ca- Pillareonstante mit dem Gasdruck schneller sinken und mithin jener Zustand eher erreicht werden. Ist einmal die Möglichkeit gegeben, Flüssigkeiten durch Hin- zupumpen von Gasen, die sich über ihrer kritischen Temperatur befinden, in Gasform überzuführen, so muss auch die Möglichkeit zugegeben werden, diejenigen festen Körper, welche ihren Schmelz- punkt mit dem Druck erniedrigen, durch blossen Druck eines in- differenten Gases gasförmig zu machen. Nimmt man ferner als durch die Versuche der Herren Hannay und Hogarth!) erwiesen an, dass Substanzen, die in einer Flüssig- keit gelöst sind, beim Übergang der Flüssigkeit in den Cagniard de la Tour’schen Zustand durch Temperaturerhöhung mit in diesen Zustand übergeführt werden, so wird man schliessen, dass auch die Möglichkeit vorliegt, Körper wie Salze oder dergl., die in Flüssig- keiten gelöst sind, bei gewöhnlicher Temperatur durch Gasdruck mit der Flüssigkeit gasförmig zu machen. Ob es aber je gelingen wird, Gasdrucke herzustellen, die er- lauben, diese Schlussfolgerungen experimentell zu prüfen, muss dahin gestellt bleiben. Schliesslich möge noch erwähnt werden, dass ebenso wie die Capillarconstante einer Flüssigkeit mit zunehmendem Gasdrucke abnimmt, eine andere physikalische Constante der Flüssigkeiten mit wachsendem Drucke abnehmen muss, nämlich die latente Ver- dampfungswärme. Es ist erfahrungsmässig festgestellt, dass die Verdampfungs- wärme der Flüssigkeiten mit der Temperatur abnimmt. Bei der kritischen Temperatur muss dieselbe Null sein. Hr. Avenarius?) hat bereits vor längerer Zeit aus den Reg- nault’schen Beobachtungen über Abnahme der Verdampfungswärme mit der Temperatur die kritische Temperatur einiger Flüssigkeiten berechnet. Da die kritische Temperatur durch Hinzutreten eines nicht condensirbaren Gases sinkt, wird bei höheren Gasdrucken die la- 1) Proceed. Roy. Soc. 30. p. 178 —188. 2) Poggend. Ann. Bd. 151, S. 303. [1880] 60 824 Gesammtsitzung tente Wärme einer Flüssigkeit schon bei niederer Temperatur Null, mithin muss dieselbe allgemein mit zunehmendem Gasdruck ab- nehmen. Bei hinreichend hohem Gasdruck muss man daher eine Flüssigkeit durch Zuführen einer beliebig kleinen Wärmemenge verdampfen können. Darauf legte Hr. Zeller folgende Mittheilung des Hrn. Prof. Gerhardt in Eisleben, zwei von ihm neu aufgefundene Leibnizische Manuscripte betreffend, vor: Während der Sommerferien war ich drei Tage in Hannover, um an Ort und Stelle in den Leibnizischen Manuseripten zu arbeiten. Als nächsten Zweck verfolgte ich hierbei, ob es möglich sei, die bisher vorhandene Lücke in der Ausbildung der Leibnizischen‘ Metaphysik von den Briefen an den Herzog Johann Friedrich von Braun- schweig - Lüneburg aus den Jahren 1671 bis 1673 bis zu dem „petit discours de metaphysique“, den Leibniz im Jahre 1686 an Antoine Arnauld schickte, auszufüllen. Es gelang mir, die bei- den folgenden Manuscripte zu finden, die zwar nicht datirt, sicher- lich aber in den ersten Jahren von Leibnizens Aufenthalt in Han- nover, vielleicht um das Jahr 1680 geschrieben sind. In Betreff der mit I. bezeichneten Abhandlung ist es nöthig, einen Blick auf die Lage zu werfen, in welcher sich Leibniz be- fand, als er am Ende des Jahres 1676 in Hannover eintraf. Der Herzog Johann Friedrich war von der protestantischen zur ka- tholischen Religion übergetreten, ohne jedoch den Fanatismus kund- zugeben, der die Convertiten meistens charakterisirt. Eine zahl- reiche katholische Geistlichkeit, unter der sich viele Ausländer be- fanden, umgab ihn. Auf der anderen Seite war fast unmittelbar nach Leibnizens Ankunft in Hannover, seit 1677, einer der aus- gezeichnetsten protestantischen Theologen damaliger Zeit, Molanus Abt von Loceum, von dem Herzog Johann Friedrich zum Prä- sidenten des Consistoriums in Hannover ernannt worden. Es konnte nicht fehlen, dass unter solchen Verhältnissen es nicht sel- ten Veranlassung zu ÜControversen über Religion gab. Leibniz befand sich demnach damals in Hannover in einer ähnlichen Si- vom 21. October 1880. 825 tuation, wie in den Jahren 1667 bis 1672 am churfürstlichen Hofe in Mainz, wo seine Aufmerksamkeit durch seinen Gönner, den ka- tholisch gewordenen Freiherrn von Boineburg, ebenfalls auf re- ligiöse Fragen gelenkt wurde. Aber Leibniz stand, wie er auch im Eingang zu dieser Abhandlung hervorhebt, in Hannover auf ganz anderer Grundlage, als in Mainz; er hatte während seines Pariser Aufenthalts in den Jahren 1672 bis 1676 vorzugsweise mathematische Studien getrieben und auf dem Gebiete der Mathe- matik die glänzendsten Entdeckungen gemacht. Er war Meister der mathematischen Methode geworden, und hatte die Überzeugung, dass, wenn diese mathematische Methode auch auf andere wissen- schaftliche Gebiete, wie in der Theologie und Philosophie, zur An- wendung gebracht würde, diese ebenso fest begründet werden wür- den, wie die Mathematik. Leibniz setzt weiter hinzu: Agnovimus, Quantopere generis humani interlit, naturam ipfam confuli, leges- que figurarum ac motuum constitui quibus nostrae vires augeantur. Sed ut in Republica plerique aliis laboramus, pauei nobis, ita con- quifitis experimentis tantum posteritati materiam colligimus, unde multa post secula veritatis aedifieium excitari poffit. Et video magnos Viros, cum juventutem in mathematicis aut humaniori lite- ratura poluilfent, aetatem experimentis naturae aut negotiis im- pendilfent, in flexu vitae jam inclinantis ad scientiam Mentis ex- colendam rediilfe, qua propriae felicitati confulitur. Sapienter dietum est a Viro egregio Franeisco Bacono, Philosophiam obiter libatam a DEO abducere, profundius haustam reddere Creatori. Idem seculo auguror fore ut pretium sanctioris philosophiae re- deuntibus ad se hominibus agnoscatur, et mathematica studia tum ad severioris judicii exemplum tum ad cognoscendam harmoniae ac pulchritudinis velut ideam, naturae vero experimenta ad autoris qui imaginem idealis mundi in senfibili expreflit admirationem, studia denique omnia ad felicitatem dirigantur. — Leibniz knüpft so an das Frühere an; er erwähnt, dass alles in der Körperwelt, wie es schon von Aristoteles erkannt: sei, durch Grösse, Gestalt und Be- wegung erklärt werden müsse. Während die Lehre von der Grösse und Gestalt bereits aufs trefflichste angebaut sei, harren noch die Grundgesetze der Bewegung der Aufklärung, namentlich wegen mangelhafter Ausbildung der Metaphysik (negleetu primae philo- sophiae). Weil das Wesen der Bewegung noch nicht begriffen sei, sei es gekommen, dass bedeutende Philosophen behauptet, das 60* 826 G@esammtsitzung Wesen der Materie bestehe lediglich in der Ausdehnung, wodurch es geschehen, dass der Begriff des Körpers weder den Erscheinungen der Natur noch den Mysterien des Glaubens genüge. Es muss vielmehr zur Ausdehnung des Körpers noch etwas Anderes hinzu- kommen; die Undurchdringlichkeit und die Masse reichen nicht aus; um die Idee des Körpers zu vervollständigen, ist ein positiver Be- griff nothwendig, Quid ergo tandem, fährt Leibniz fort, exten- fioni nos addemus ad absolvendam corporis notionem? quid, nifi quae senfus ipfe testetur. Nimirum tria ille simul renuntiat, et nos sentire, et corpora sentiri, et quod sentitur varium effe com- pofitumque sive extenfum. Notioni ergo extenlionis sive varietatis addenda actio est. Corpus ergo est Agens extenlum ...... Satis autem, setzt er hinzu, ex interioribus metaphylicae principiis ostendi potest, quod non agit, nec existere, nam potentia agendi sine ullo actus initio nulla est. Dadurch wird nicht nur die natürliche Theo- logie aufgehellt und die Dunkelheit in Betreff der Mysterien des Glaubens zerstreut, sondern auch die Verbindung zwischen Geist und Materie hergestellt. — Leibniz begründet hier den Begriff der Substanz, wie er ihn später festgestellt hat. Die Abhandlung II. handelt vornehmlich über die Methode und die Prineipien, die Leibniz in der Begründung der Philosophie befolgte. Leibniz geht davon aus, dass nicht alles bewiesen wer- den kann, vielmehr sind, wie in der Mathematik, Axiome anzu- nehmen, die keines Beweises bedürfen, z. B. das Princip des Wider- spruchs (prineipium contradietionis), oder dass jeder Satz entweder wahr oder falsch sei. Zu den Sätzen, die wahr sind, gehören zu- erst die identischen, die an sich wahr sind und keines Beweises bedürfen, ferner diejenigen, die sich auf identische zurückführen lassen, allgemein jeder wahre Satz, der mit Hülfe von Axiomen und an sich wahren Sätzen und mit Hülfe von Definitionen be- wiesen werden kann. Constat ergo, setzt Leibniz hinzu, omnes veritates etiam maxime contingentes probationem a priori seu ra- tionem aliquam cur sint potius quam non sint habere. Atque hoc ipfum est quod vulgo dicunt, nihil fieri sine caufa, seu nihil effe. sine ratione. Dieses Axiom, fährt Leibniz fort, dass nichts ohne Grund ist (Nihil est sine ratione), ist eines der grössten und frucht- barsten aller menschlichen Erkenntniss, und es bildet für einen grossen Theil der Metaphysik die Grundlage. vom 21. October 1880. 827 I; Cum a sacrorum Canonum et divini humanique juris severiori- bus studiis ad mathematicas disciplinas animi caula divertilfem, gustata semel dulcedine doctrinae pellacis prope ad Sirenum sco- pulos obhaef. Nam et mira quaedam theoremata se offerebant quae alios fugerant, et aditum videbam dari ad plura et majora, et machinamenta quaedam ludentis animi sub manu nata etiam fruetum promittere videbantur. Quanta autem voluptate afficiat theorema pulchrum‘, illi demum judicant qui harmoniam illam in- teriorem purgata mente capere poffunt. Saepe tamen solieitabat animum memoria scientiae divinioris, cui parem claritatem atque ordinem deelfe ingemiscebam. Videbam summos Viros, D. Thomam et S. Bonaventuram et Guilielmum Durandum et Gregorium Ariminenfem et tot alios eo- rum temporum scriptores non paucas dediffe primae philosophiae propolitiones admirandae subtilitatis, quae severilfime demonstrari possent: agnoscebam Theologiam Naturalem ab illis praeclare ex- cultam caligine barbariei opprimi et confufo vocabulorum ufu inter distinetionum incerta natare, invitatusque novitate nonnunquam in ipfa Theologia Mathematicum agebam, condebam definitiones atque inde ducere tentabam Elementa quaedam nihilo claritate inferiora Euclideis, magnitudine vero fructus etiam superiora. Ita enim me- cum ratiocinabar Geometriam figuras ac motus explicare, inde de- scriptionem terrarum et [iderum vias haberi, et superandis pon- deribus machinas natas, unde vitae cultus et gentium moratarum a barbaris diserimen: sed scientiam qua probus improbo distinguatur, qua mentium arcani sinus explicentur, et via ad felicitatem aperia- tur, negligi: de Circulo haberi demonstrationes, de animo conjec- turas: elfe qui motus Leges severitate mathematica scribant, qui parem ad cogitationis arcana scrutanda diligentiam adhibeat, non elfe. Hunc effe fontem miseriae humanae, quod de quovis potius quam de summa vitae cogitemus, quemadmodum mercator negligens, qui prineipio dormitans, crescente jam libro rationum ordinem lu- cemque horret, nec omnes accepti expenlique tabulas a primis initiis resumere sustinet. Hinc secretum quendam in hominibus Atheismum et horrorem mortis et de animi natura dubitationes et pessimas de DEO sententias aut certe fluctuantes, multosque con- suetudine potius aut necessitate quam judicio honestos elle. Videbam novos quosdam philosophos ingentibus pollieitis ex- 828 G@esammtsitzung cidiffe, quod vel praeoccupata mente scripfiffent vel sermone a ma- thematica severitate, quam ipfi alibi sequebantur, ad popularem di- cendi facilitatem traducto applaufum potius quam affenfum obti- nuiffen. Nam ut unius tantum exemplum adducam, si Eximius certe Vir Renatus Cartefius vel semel sui ipfius caula meditationes in propofitiones, dilfertationes in demonstrationes convertere conatus fuiffet, vidilfet ipfe pleraque hiare. Patuit hoc, cum amiei precibus ac tantum non conviciis demonstrationem de existentia DEI mathe-. matico habitu vestitam ei extorfere. Quam [fi ab ipfo pro demon- stratione habitam putem, injuriam ejus ingenio me facere autumem. Sunt qui mathematicum rigorem extra ipfas scientias quas vulgo mathematicas appellamus locum habere non putant. Sed illi ignorant, idem effe mathematice scribere, quod in forma, ut Logiei vocant, ratiocinari, et praeterea distinctionum captiunculas, quibus alioquin tempus teritur, una definitione praevenire. Hoc enim Scho- lastici vitio laboravere, quod cum plerumque ordinate satis et ut sic dicam ' mathematice ratiocinentur, vocabulorum ufum reliquere in incerto. Unde pro definitione unica multae distinetiones, pro demonstratione irrefragabili multae in utramque partem argutationes natae, quibus divina eorum dogmata et admirandae non raro con- templationes ab homine mathematice docto non diffieulter purgentur. Utilem autem hanc operam eo magis putabam, quod gliscere viderem in animis hominum sententias periculofas a falfae philo- sophiae mathematica quadam larva natas, et omnem scholae doctri- nam pro nugis explodi. (@uotusquisque enim eorum qui ad seculi morem docti sunt, has ut vocant tricas lectu dignas arbitratur? Ego juventuti meae gratulor, quae occafionem dedit, haec quoque studia cognoscendi, antequam mens imbuta mathematicis, alia fastidiofe sper- nere allueviffet. Sunt quaedam velut periodi studiorum; erat tempus cum scholastica Theologia sola principatum obtinebat, cujus hodie vix in religioforum conventibus reliquiae situ marcentes: conservan- tur. Accenfa humaniorum literarum luce itum in contraria est, et de syllaba quadam Plauti et Apuleji non minore quam de ÜUniver- falibus aut modali distinctione tumultu certatum. Nune ab hoc quoque morbo sanati sumus periculo majoris: Coepimus Viri effe, et maturescente judicio crepundia pofuimus cum praetexta: perinde ac fi mundus ex quo a barbarie revixit, paulatim annis sapientia- que crevilfet. Agnovimus quantopere generis humani interlit, na- turam iplam confuli, legesque figurarum ac motuum constitui quibus vom 21. October 1880, | 829 nostrae vires augeantur. Sed ut in Republica plerique aliis labo- ramus, pauci nobis, ita conquilitis experimentis tantum posteritati materiam eolligimus, unde multa post secula veritatis aedifieium excitari polfit. Et video magnos Viros, cum juventutem in mathe- maticis aut humaniori literatura poluiffent, aetatem experimentis naturae aut negotiis impendiffent, in flexu vitae jam inclinantis ad scientiam Mentis excolendam rediiffe, qua propriae felieitati con- fulitur. Sapienter dietum est a Viro egregio Francisco Bacono, Philosophiam obiter libatam a DEO abducere, profundius haustam reddere Oreatori. Idem seculo auguror fore ut pretium sanctioris philosophiae redeuntibus ad se hominibus agnoscatur, et mathema- tica studia tum ad severioris judicii exemplum tum ad cognoscen- dam harmoniae ac pulchritudinis velut ideam, naturae vero experi- menta ad autoris qui imaginem idealis mundi in senfibili expreffit admirationem, studia denique omnia ad felicitatem dirigantur. Interea per anticipationem id agamus, ut animi eorum sanen- tur, quos blandientis cujusdam philosophiae novitas, mathematicum quiddam ementita, corrupit periculo divinae veritatis. Indubitata res est et Aristoteli quoque agnita, omnia in natura corporea a magnitudine, figura et motu repeti debere. Doctrina de magnitudine et figura egregie exculta est, intima motus nondum patent neglectu primae philosophiae, unde repetenda sunt. Est enim Metaphylicae tractare de mutatione, tempore, continuo, in univerfum. Motus enim species tantum mutationis. Non intellecta motus natura fecit ut infignes philosophi naturam materiae sola extenlione circum- scriplerint, unde nata est corporis antea inaudita notio non magis naturae phaenomenis quam fidei mysteriis conciliabilis. Nimirum demonstrari potest, exten[um, nulla alia accedente qualitate, agendi patiendique incapax elle; omnia summe fluida id est vacua fore; unionem corporum et quam in iis sentimus firmitatem explicari non poffe; denique leges motuum ab experientia alienas constitui de- bere. @Quae omnia in Cartefii prineipiis manifeste apparent, nam et motum fecit pure relativum, et corporis speciem commentus est nihil ab inani differentem, et unionem firmitatemque ex sola quiete petiit, quafi quae semel in contactu mutuo quievere, postea nulla vi separari pollint, et decreta eirca motus concurfusque corporum promulgavit, certilfimis experimentis nunc antiquata; fidei autem mysteria artificiofe declinavit, philosophari scilicet sibi, non theo- logari propolitum effe, quali philosophia admittenda fit inconeilia- - 830 | G@esammltsitzung | bilis religioni aut quasi religio vera elle poflit, quae ‚demonstratis alibi veritatibus pugnet. Coactus tamen aliquando de Eucharistia loqui, pro speciebus realibus apparentes introduxit, revocata sen- tentia, theologorum omnium confenfu explofa. Sed hoe parum erat, fi existentiam ejusdem corporis in pluribus locis philosophia ejus ferre poffet. Nam si corpus et spatium eadem, quis ex diverfis spatiis sive locis diverfa sequi corpora neget? Qui ad formandam corporis naturam extenfioni resistentiam quandam sive impenetrabilitatem aut ut ipli loquuntur Aurırumiav molemve addidere, ut Gaffendus aliique docti viri, rectius paulo philosophati sunt, sed non exhaufere difficultates. Primum enim ad ideam corporis absolvendam opus est notione quadam politiva, qualis non est impenetrabilitas; deinde nondum evictum est pene- trationem corporum abef[e a natura, argumento est condenfatio quae ex quorundam sententia fit penetratione, tametfi aliter explicari poffe non diffitear; denique impenetrabilitas abloluta corporum non minus fidei nostrae decretis pugnat quam woAvrozie, idem- que corpus effe in pluribus locis, aut plura in eodem, aeque diffi- cile est. | Quid ergo tandem extenlioni nos addemus ad absolvendam corporis notionem? quid, nili quae senfus ipfe testetur. Nimirum tria ille simul renuntiat, et nos sentire, et corpora sentiri, et quod Sentitur varium elle compofitumque sive extenfum. Notioni ergo extenfionis sive varietatis addenda actio est. Corpus ergo est Agens extenfum: dici poterit, e[fe substantiam extenfam, modo teneatur omnem substantiam agere, et omne agens substantiam appellari. Satis autem ex interioribus metaphylicae prineipiis ostendi potest, quod non agit, nec existere, nam potentia agendi sine ullo actus initio nulla est. Arcus tenfi non modica potentia est: at non agit, inquies. Imo vero agit, inguam, etiam ante displofionem, conatur enim: omnis autem conatus actio. Caeterum de natura conatus et agentis prin- cipii, sive ut Scholastiei vocavere, substantialis formae, multa diei pollunt egregia et certa, unde magna etiam naturali theologiae lux accendatur, et discutiantur tenebrae mysteriis fidei a philosophorum objectionibus offulae. Patebit, non tantum mentes, sed ut substan- tias omnes in loco non nifi per operationem effe, mentes nulla cor- porum vi destrui polfe: omnem agendi vim effe a summa mente, eujus voluntas fit ultima ratio rerum; caufa volendi, harmonia univerlalis: Deum creaturae, mentem materiae uniri polfe; imo vom 21. October 1880. 831 mentem finitam omnem elle incorporatam, ne angelis quidem ex- ceptis, quae sanctorum patrum sententia verae philosophiae con- fentanea est. Denique species a substantia differre: roruromiav nihil repugnans habere, imo nee neroussesuov. Nam quod mirum videri poffit, consubstantiationem corporum resolvi in transsub- stantiationem, et qui corpus sub pane effe ajunt, destructam panis substantiam relietis speciebus afferere nescientes. Quod illi fate- buntur, qui veram et inevitabilem substantiae notionem aliquando intelligent. Quanti autem momenti sint haec T'heoremata ad solida pietatis constituenda fundamenta ad tranquillitatem animi, ad Ec- - elefiae pacem, intelligentes aestimabunt. 1l. Cum animadverterem plerosque omnes de prineipiis meditantes aliorum potius exempla quam rerum naturam sequi, et praejudicia etiam cum id maxime profitentur, non satis evitare, de meo ten- tandum aliquid altiusque ordiendum putavi. | Quoniam autem probando in infinitum iri non potest, conse- * quens est aliqua sine probatione efle alfumenda, non quidem tacita quadam obreptione, diffimulando hanc indigentiam nostram, quem- admodum fere solent philosophi, sed diferte admonendo quibusnam velut Affertionibus primis utamur, exemplo Geometrarum, qui ut suam bonam fidem testentur, statim ab initio profitentur, quibusnam Axiomatibus allumtis sint uluri, ut sciant omnes sequentia saltem ex his pofitis hypothetice elfe demonstrata. Ante omnia alfumo Enuntiationem omnem (hoc est affirmatio- nem aut negationem) aut veram aut fallam effe, et quidem [i vera sit affırmatio, fallam effe negationem; fi vera sit negatio, fallam elle affırmationem. Quod verum ef[fe negetur, (vere scilitet) fallum effe; et quod fallum effe negetur, verum effe. Quod negetur affır- mari aut affırmetur negari, id negari; quod affirmari affirmetur et quod negari negetur, id affırmari. Similiter quod falfum effe verum fit, aut verum effe fallum fit, id falfam efle; quod verum ef[fe verum fit, et quod fallum effe falfum fit, verum effe. Quae omnia sub uno nomine Prineipü contradictionis comprehendi solent. Videndum jam est, quaenam illa sint quae vere affirmari ne- garique polfint, unde et contradictoria eorum falla effe intelligatur. 832 Gesammtsitzung Sunt autem verarum propofitionum primae quae vulgo dieuntur identicae, ut A est A; non A eat non A; si vera est propolitio L, sequitur quod vera est propofitio L. Kt quamvis coceysmus inutilis in his enuntiationibus elle videatur, levi tamen mutatione utilia inde Axiomata nascuntur, Sie ex eo quod A est A, sen quod tripedale verbi gratia est tripedale, manifestum est unumquodque tantum (nune) effe quantum est, seu effe sibi ipfi aequale, Unde (ut ex- emplo ufum ostendam identiearum) demonstratum est jam dudum a philosophis, partem effe Minorem "Toto, pofita hac definitione: Minus est quod parti alterius (majoris) aequale est. Demonstratio ita absolvitur: Pars est aequalis parti totius (nempe sibi, per axioma identicum); quod parti totius aequale est, id t0t0o minus est (per definitionem minoris); ergo pars toto minor est. (Juod erat de- monstrandum, Similiter ope propolfitionis identicae demonstratur subalternatio seu collectio partieularis ex univerfali. Omne A est B, ergo quoddam A est B, suppolito »yllogismo primae figurae, Collectio talis est: Omne A est B (ex hypothefi), quoddam A est A (per identieam); lirgo quoddam A est B. Quae etli non sint hujus loei, tamen exempli caufa affero, ut appareat, identieas quoque sunm ufum habere, nullamque veritatem, utcungque tenuis elfe videatur, plane sterilem effe; imo fundamenta caeterarum in his contineri mox apparebit, Nimirum ut Identicae propolitiones omnium primae sunt, om- nisque probationis incapaces atque adeo per le verae, nihil enim utique reperiri potest, quod medii instar aliquid secum ipfo con- nectat; ita per confequentiam verae sunt virtualiter identicae, quae scilicet per analyfin terminorum (si pro primo termino notio vel nequivalens vel inelufa substituatur) ad identieas formales sive ex- prelfas reducuntur, Manifestumque est omnes propolitiones ne- ceffarias sive aeternae veritatis elle virtualiter identicas, quippe quae ex solis ideis sive »definitionibus (hoc est terminorum refolutione) demonstrari seu ad primas veritates revocari poffunt, ita ut appa- reat, oppolitum implicare contradietionem, et cum identica aliqum sive prima veritate pugnare. Unde et Scholastiei notarunt veri- taten quae sunt abfolutae seu metaphylieae necellitatis, ex terminis poffe demonstrari, oppofito quippe eontradietionem involvente, Generaliter omnis propofitio vera (quae identica sive per le vera non est) potest probari a priori ope Axiomatum seu pPropo- fitionum per ge verarum, et ope definitionum sen idearum. (Juoties- Se vom 21. October 1880, 833 cunque enim praedicatum vere affirmatur de subjecto, utique cen- fetur aliqua elfe connexio realis inter praedicatum et subjectum, ita ut in propolitione quacunque A est B (seu B vere praedicatur de A): utique B infit ipfi A, seu notio ejus in notione ipfius B aliquo modo contineatur, idque vel absoluta neceflitate in propofitionibus aeternae veritatis vel certitudine quadam ex suppofito decreto substantiae libe- rae pendente in contingentibus, quod decretum nunquam omnimode arbitrarium et fundamenti expers est, sed semper aliqua ejus ratio (inelinans tamen, non vero necelfitans) reddi potest, quae ipla ex notionum analyli (si ea semper in humana potestate elfet) deduei polfet, et substantiam certe omnisciam omniaque a priori ex ipfis ideis suisque decretis videntem non fugit. Constat ergo omnes veri- tates etiam maxime contingentes probationem a priori seu rationem aligquam cur sint potius quam non sint habere. Atque hoc ipfum est quod vulgo dieunt, nihil fieri sine caula, seu nihil elfe sine ratione. Haee tamen ratio utcunque fortis (quanguam qualiscun- que suffieiat ad majorem in alterutram partem inclinationem) etfi certitudinem in praesciente constituat, necelfitatem tamen in re non ponit, neque contingentiam tollit, quia contrarium nihilominus per se pollibile permanet, nullamque implicat contradietionem, alioqui quod contingens elfe suppoluimus, necellfarium potius seu aeternae veritatis foret. Hoc autem Axioma, quod Nihil est sine ratione, inter maxima et foecundilfima cenfendum est totins humanae cognitionis, eique magna pars Metaphylicae, Phyficae ac moralis Scientiae inaedifi- catur, quin et sine ipfo nec existentia DEI ex creaturis demon- strari neque a caulis ad effecta vel ab effectis ad caulas argumen- tatio institui, neque in rebus eivilibus quiegquam concludi potest. Adeo ut quiequid non mathematicae necellitatis est (quemadmodum formae Logicae et veritates numerorum), id omnino hinc sit peten- dum. Exempli caufa Archimedes vel quisquis est autor libri de aequiponderantibus allumit, duo pondera aequalia eodem modo in libra respectu centri vel axis sita effe in aequilibrio. @Quod co- rollarium est tantum hujus nostri Axiomatis, cum enim omnia utringue eodem modo se habere ponantur, nulla ratio fingi potest, cur in alterutram potius partem libra inclinetur. Hoc affumto cae- tera jam mathematica neceflitate ab Archimede demonstrantur. 834 @esammitsitzung 98. October. Gesammtsitzung der Akademie. Hr.A. Kirchhoff las: | Über die von Thukydides benutzten Urkunden, I. Es ist meine Absicht, im Folgenden die dem Geschichtswerke des Thukydides einverleibten Urkunden einer Prüfung zu unter- werfen, und den Versuch zu machen, festzustellen, wann und auf welchem Wege der Verfasser in den Besitz derselben gelangt ist und in welcher Weise sie von ihm für die Zwecke seiner geschicht- lichen Darstellung verwendet worden sind. Die Stücke, um die es sich hier handeln wird, sind die fol- genden: 1. Das Waffenstillstandsinstrument vom Frühjahr Ol. 89, 1 (4, 118.119): 2. Die Friedensurkunde vom Frühjahr Ol. 89,3 (5,13. 19). 3. Der Bundesvertrag zwischen Sparta und Athen von dem- selben Jahre (5, 23. 24). | 4. Der Friedens- und Bundesvertrag zwischen Argos, Man- tinea, Elis und Athen aus dem Ende des Jahres Ol. 89, 4 (5, 47). | 5. Die Friedenspropositionen der Lakedaemonier an Argos vom Jahre Ol. 90,3 (5,77). 6. Der Friedens- und Bundesvertrag zwischen Sparta und Argos von demselben Jahre (5,79). 7—9. Die drei Bundesverträge der Spartaner mit Persien aus dem Jahre Ol. 92,1 (8,18. 37. 58). Ich bespreche sie in der chronologischen Reihenfolge, in der sie dem Geschichtswerke einverleibt sind, und wende mich zunächst zur Betrachtung von Nr. 1. Diese Urkunde besteht aus zwei sich deutlich von einander absondernden Theilen, deren erster, wenn wir ihn seinem Inhalte nach zunächst ganz im Allgemeinen charakterisiren sollen, eine Formulirung der Bedingungen enthält, unter denen die Lakedae- monier und ihre Bundesgenossen sich bereit erklären, auf den Ab- schluss eines einjährigen Waffenstillstandes mit Athen einzugehen, um die Verhandlungen über einen demnächst zu schliessenden de- vom 28. October 1880. 835 finitiven Frieden anzubahnen und zu erleichtern. Den zweiten Theil bildet ein auf Grund jener Propositionen gefasster Beschluss des Demos von Athen nebst einem actenmässigen, auf die Ausführung desselben bezüglichen Anhange. Was den ersten Theil betrifft, so muss er von Seiten seiner Form betrachtet als ein Schriftstück bezeichnet werden, welches unter den uns bekannten Urkunden ähnlichen Inhaltes geradezu einzig dasteht. Zwar fehlt eine einleitende Formel, welche un- mittelbar erkennen liesse, wie die Urkunde zu Stande gekommen ist und als was sie zu gelten hat: indessen scheinen mir die vom Coneipienten gewählten Ausdrucksformen so beschaffen zu sein, dass ein Zweifel in Betreff dieser Punkte trotzdem nicht wohl möglich ist. Diejenigen Personen nämlich, welche die in der Ur- kunde enthaltenen Erklärungen als solche der souveränen Gewalt des Staates der Lakedaemonier und ihrer Bundesgenossen abgeben, sprechen vorwiegend in der ersten Person des Plural und von den Athenern nicht in der dritten, sondern zu ihnen in der Anredeform . EN) “ > , \ e m der zweiten Person: doze Yulv; omws — eGevgyromev; za Naets Y m m 3 7 nm J m za Umets; amep vÜv Ey,omev; MNTEe YMasS — TE — eos ym&s; MNrE HuRS umre Unds; Unas re ymlv zur mas vmiv; ei de rı Univ — dor —, dıdaszers; 00 av Ola Aeyyre; Yarep za Ömels u@s zerieVere. Kaum minder häufig lässt aber der Coneipient dieselben Personen von den Lakedaemoniern und im Zusammen- hang damit auch von den Athenern in der dritten Person sprechen, mitunter auch von der einen in die andere Ausdrucksform unmittel- bar übergehen: ro?s nv Aazedaımovioıs raüre dor! — Bowrous de zur Buxus meirsw beariv; megi IEv 00V Tour edo&e Aazsdaı- Movioıs —, rads de eöoEs Aarsdaımovioıs —, Eav omovdas moLWv- rar oi A9yvaloı, Em 7yS aurWv eva Eneregoug EY,OvTaS emeg vu Ey,oMeEv; Tyv varov, Aveo eraßon oi Ayyvadoı; EuveSevro mo0S ’ASyvalovs; Auzsdaımovioug mAew; roig InEv Aazesdarmoviors — raüre Öoxel; oldevos yap damorrnrovran — oi Anzedaımovior. Es folgt hieraus, dass die Declaranten nicht identisch mit den Lake- daemoniern sein können, ebenmässig aber auch, dass wir in ihnen legitimirte und zur Abgabe dieser Erklärungen bevollmächtigte Ver- treter des Staates von Lakedaemon zu sehen haben. Da ferner die Erklärungen wenigstens zum Theil die Form einer Apostrophe an die Athener oder die den souveränen Demos von Athen ver- tretenden Personen haben,‘ dabei aber durchweg in attischer Mund- 836 Gesammtsitzung art gehalten sind, deren sich Lakedaemonische Männer sicher nicht bedient haben, so müssen wir schliessen, dass sie von Lakedae- moniern und zwar mündlich in Athen abgegeben, aber von einem Athener protocollirt worden sind. Die Declaranten sind eben Lake- daemonische Gesandte, der Coneipient dagegen ist wahrscheinlich, da Verhandlungen mit den Gesandten auswärtiger Mächte ver- fassungsmässig zunächst vom Rathe zu führen waren, der Schrei- ber des Rathes. Näher erläutert sich dies durch einen Passus der Urkunde, welcher gleich zu Anfang begegnet: rois mev Auzedmmoviors TaÜra dorel zaı reis Evumay,aıs rois magovcıv, welch letzteres nur heissen kann “und die Bundesgenossen, welche durch die (in Athen und der Rathsitzung) anwesenden Gesandten vertreten sind’. Aus dem weiter unten folgenden Attischen Volksbeschlusse und dessen Anhang wissen wir nämlich, wie sich sogleich herausstellen wird, dass in der Volksversammlung, welche auf Grund der im ersten Theile enthaltenen Declaration Beschluss fasste, Gesandte von Ko- rinth, Sikyon, Megara und Epidauros, also keineswegs aller Bun- desgenossen der Lakedaemonier, zugegen waren und nach gefasstem Beschluss noch an demselben Tage den Waffenstillstandsvertrag durch Vollziehung der gebräuchlichen Formalitäten als Bevollmäch- tigte ihrer Auftraggeber ratificirten. Dieselben Gesandten waren es offenbar, welche in einer vorhergehenden Sitzung des Rathes jene Deelaration abgaben, die, von dessen Schreiber protocollirt, sodann die Grundlage der Verhandlungen in der Volksversammlung, bildete: die Lakedaemonischen Gesandten als die des Vorortes führten durch ihren Sprecher das Wort, die übrigen assistirten. Nach Feststellung dieser die Form der Urkunde betreffenden und dieselbe erläuternden Thatsachen kann ich zur Beirachiiee ihres Inhaltes übergehen. Die im Rathe geführten Verhandlungen über die Bedingungen des Waffenstillstandes, zu dessen Abschluss auf beiden Seiten prin- cipielle Geneigtheit vorhanden war, bezogen sich zunächst auf die Sicherung des freien Verkehres mit dem Delphischen Heiligthum für Athen, nicht für Sparta und seine Bundesgenossen, denen er der Lage der Dinge nach immer offen gestanden hatte und auch während des Waffenstillstandes ohne besondere Stipulation offen bleiben musste. Dagegen hatte der Kriegszustand Athen factisch von jeder Verbindung mit dem Heiligthume abgeschnitten, da das- selbe auf feindlichem Gebiete lag und auch die dorthin führenden vom 28. October 1880. 837 Strassen ausschliesslich durch feindliches Land, Phokis und Boeo- tien, führten; auch ein Waffenstillstand würde an sich in diesen Verhältnissen nichts geändert haben, da dem Herkommen gemäss während eines solchen der Verkehr nicht frei gegeben zu werden pflegte und, wie die folgenden Stipulationen beweisen, von dem- selben abzuweichen in dem vorliegenden Falle nicht beabsichtigt wurde; eine Pythienfeier mit ihrem Gottesfrieden fiel aber nicht in dieses, sondern erst in das übernächste Jahr. Es war also eine besondere Stipulation nöthig, um Athen in dieser Beziehung den Anderen gleichzustellen, und die Lakedaemonischen Gesandten gaben daher in erster Linie die Erklärung ab: regt JaEv Foü Legou za ToU Mavrsiov Tod AmoAAwvos roü HuSov dozer uw Yoraaı z0v Povrousvov adoAwg za adewg Hara TOUG maTgIoUS vomous. Dass diese Erklärung, abgesehen von der Mundart, genau in der Form protocollirt worden ist, in der sie abgegeben wurde, be- weist ihre zweideutige Fassung, im Besonderen das hinterhaltige yatv, in Verbindung mit dem Umstande, dass, wie der gleich fol- sende Zusatz lehrt, von Athenischer Seite eine genauere Präcisirung sofort verlangt wurde. Waren nämlich unter den ‘wir’ nur die durch ihre Gesandten vertretenen Staaten verstanden, so konnte die gegebene Zusicherung den Athenern nichts helfen, da gerade Pho- kis und Boeotien unter ihnen sich nicht befanden. Es wurde also ganz sachgemäss auf Präcisirung gedrungen und die Frage gestellt, ob die vernommene Zusicherung auch im Namen der Phokier und Boeoter abgegeben zu betrachten sei oder nicht. Die Antwort war, dass allerdings nur die durch ihre Gesandten vertretenen Staaten gemeint gewesen seien und die Zustimmung der Phokier und Boeoter noch nicht gesichert sei, dass man aber alles Mögliche thun wolle, sie wenigstens für diesen Punkt zu beschaffen, und zu diesem Zwecke einen Unterhändler von Athen aus an sie zu schicken be- reit sei. Dies Erbieten wurde vom Rathe für genügend erachtet, und der Schreiber desselben protocollirte demgemäss das Ergebniss der gepflogenen Erörterungen in folgender Weise: rois nev Auzedarmovios ralra Öoxel zur Fois Evmmag,os Tois mapoüsw" Bowrovs be za Bwaeas meirew bavı &s Öuvanır MOOTHNUREUOLEVOL. Ich bemerke hierzu nur, dass die Wahl des Ausdruckes, die ausdrückliche Hinzufügung nämlich des MOOSANgUREUOWEVO, keinen 8338 Gesammtsitzung Zweifel daran lässt, dass der Sinn dieser Worte der oben ange- deutete ist. Für Unterhändler, welche von den Lakedaemonischen Behörden von Sparta aus direet zu den verbündeten Boeotern und Phokiern gesendet wurden, war die Begleitung durch einen Herold nicht nöthig, da der Weg dahin offen stand, unentbehrlich dagegen für einen Boten, der im Auftrage der Gesandten der in Athen ver- tretenen Staaten von Athen aus auf directem Wege sich nach Boeotien und Phokis begab, nicht nur so lange er Attisches Gebiet zu passi- ren hatte, sondern auch bei seinem Austritt aus den Attischen Linien. Nachdem somit dieser Punkt in einer den Attischen Interessen und Forderungen nach Lage der Umstände Rechnung tragenden Weise erledigt worden war, stellten die Lakedaemonischen Gesandten die Forderung, dass im Interesse der Sicherstellung des Eigenthums des Delphischen Tempels sämmtliche Paciscenten sich verpflichten sollten, während der Waffenruhe Personen, welche dieses Eigenthum geschädigt hätten oder schädigen würden, natürlich jeder innerhalh seiner Competenz, sofern diese Personen sich auf seinem Gebiete aufhalten sollten, ausfindig zu machen und aufzuspüren, damit sie zur Verantwortung gezogen werden könnten; den an den gegen- wärtigen Stipulationen nicht Betheiligten solle anheimgestellt blei- ben, inwiefern sie freiwillig zur Ausführung dieser Maassregel an ihrem Theile die Hand bieten wollten. Von Athenischer Seite fand man dagegen nichts zu erinnern, und es wurde demnach die fol- gende Bestimmung in das Protocoll aufgenommen: \ m J Er m = mwegL de Two Konmarwv Tou SeoV0 Emmererdn Omws ToUs adı- e £ r e) S5 \ S J Un ’ ’ HOUVTaAG ETEVENTOMEV 02 WG Hat IRAWGS TOLIG MarTgtoıs vVolkols 1 \ © IS \ ce m \ Er „ c Y KOWMEvor za NMEIS Aa VMEIS, Aa Tuv AAAUV ol BovAonevor, m J U , ’ FOIS MATELOIS VOROLG YoWMEVOoL TEVTES, Der Ausdruck ist so gestellt, dass es zweifelhaft erscheinen kann, ob die Bestimmung sich auf eine thatsächlich erfolgte Schä- digung des Tempeleigenthums bezieht, oder nur im Sinne einer Präventivmaassregel für in Zukunft etwa vorkommende Fälle dieser Art zu verstehen: ist. Indessen halte ich das Erstere für das bei Weitem Wahrscheinlichere, da meines Erachtens im anderen Falle nicht roüs «dızoüvras, sondern etwa Zadv rıves AdızWcı zu sagen ge- wesen sein würde. Die mehr allgemeine und nur andeutungs- weise Form, in der der bestimmte Fall alsdann bezeichnet wäre, vom 28. October 1880. 839 würde seine genügende Erklärung in der Voraussetzung finden, dass er allgemein bekannt und gewissermaassen notorisch war. Nach Erledigung dieser amphietionischen Angelegenheiten trat man dem eigentlichen Gegenstande dieser Verhandlungen näher. Die Übergangsformel des Protocolls megı Ev oVv Tourwv Eloce Amzedmmovios m Tois @AAoıS Eummorx,os Kara raUüre' Trade de edo&s Aazsdamoviors zo Tois aAdoıs Evnnay,ors av omovöns morwvrar ol Adyvaloı — verräth ungewöhnliche Vorsicht in der Fassung durch die zwei- malige Hinzufügung eines «Aroıs zu Evnnaxoıs, was offenbar durch den oben besprochenen Zwischenfall veranlasst worden ist. Denn es scheint mir nicht zweifelhaft, dass diese Hinzufügung in der Absicht geschehen ist, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass wie die vorhergehenden, so auch die folgenden Abmachungen als ledig- lich zwischen den in Athen vertretenen Staaten vereinbart zu be- trachten und Phokier und Boeoter an ihnen nicht betheiligt seien. Allerdings waren selbst von den Gliedern des Peloponnesischen Bundes, den Bundesgenossen der Lakedaemonier im engeren Sinne, eine ganze Anzahl nicht vertreten: so fehlten Elis, die Arkadischen Städte, Phlius, Pellene, Troezen, Hermione. Was Troezen betrifft, so hatte dies, wie wir aus den folgenden Bestimmungen über die Demarcationslinie entnehmen, seinen Grund darin, dass diese Stadt mit Athen bereits auf eigene Hand einen Separatwaffenstillstand geschlossen hatte, dessen Stipulationen einfach zu bestätigen waren; in Bezug auf die übrigen Staaten sind wir über die Gründe nicht unterrichtet, welche ihr Fehlen veranlasst haben mögen, und für eine Erklärung auf blosse Vermuthungen angewiesen. Indessen, wie es sich auch damit verhalten möge, für die Athener lag keine Veranlassung vor, diesen Punkt zu urgiren und die Legitimation der Lakedaemonier, im Namen auch dieser nicht vertretenen Staaten abzuschliessen, zu beanstanden, da letztere sämmtlich vermöge ihrer geographischen Lage ohnehin in die zu vereinbarende Demarcations- linie eingeschlossen wurden, und der Waffenstillstand thatsächlich in jedem Falle auch für sie wirksam werden musste, sie mochten nun zustimmen oder nicht. Was nun die eigentlichen Waffenstillstandsbedingungen betrifft, so schlugen die Lakedaemonier vor und wurde von Athenischer Seite acceptirt, dass der Waffenstillstand auf Grund des militärischen Status quo abgeschlossen werde und beide Parteien sich während [1880] 61 840 | Gesammtsitzung f der Waffenruhe innerhalb der durch denselben bedingten Gränzen zu halten hätten: Emı TnS aurWv evew Eraregous EXOVFES mE vÜu ExX,oleV. Da nun die Athener augenblicklich auf Peloponnesischem Ge- biet ausser der Insel Kythera den Landvorsprung von Pylos, den Hafen von Megara nebst der vorliegenden Insel Minoa und die Halbinsel Methana gegen Troezen besetzt hielten, so war die noth- wendige Demarcationslinie auf dem Lande nicht einfach durch die Gränze von Megara gegen Attika gegeben, sondern es bedurfte in Bezug auf die bezeichneten Punkte genauerer, besonders zu verein- barender Bestimmungen, welche denn auch im Folgenden gegeben werden. Wenn dabei mit Rücksicht auf die Athenische Stellung auf Methana gegen das Gebiet von Troezen von der Ziehung einer besonderen Demarcationslinie Abstand genommen und dafür die folgende Bestimmung aufgenommen ist: za To Ev TooıSnv:; Onomeg vöv Eypusı zur oe EuveSevro meos ’ASyvaroug, so ist der Wortlaut derselben zwar ohne Zweifel verdorben und lückenhaft, auch mit Sicherheit nicht wiederherzustellen 1); indessen erhellt aus der verderbten Überlieferung wenigstens so viel zur Evi- denz, dass hier eine Demarcationslinie auf Grund einer besonderen Vereinbarung zwischen Athen und Troezen bereits gezogen war und beide Staaten zur Zeit der Eröffnung der gegenwärtigen Ver- handlungen schon einen Separatwaffenstillstand abgeschlossen hatten, auf dessen Bestimmungen Bezug genommen wird. Einfacher lagen die Sachen zur See, welche die Athener mit ihrer Flotte beherrschten und gewissermaassen als ihre Domäne zu betrachten berechtigt wa- ren; die Lakedaemonier trugen dieser factischen Sachlage Rechnung und bequemten sich zu, der folgenden weitgehenden Concession: za en Seararry YEWILEVOUS, oa av Hard Trv Eaurtov zu Zar. Tyv Eunnaxian, Aursdamovioug za ToUg Evmmax,ous rev N Rl3 uni, ar w DE zumngeL mAoiw, is mevrangcıan TaAavra ayovrı nerger. { i Nachdem man sich hierüber geeinigt, blieben nur noch Punkte von nntergeordneter Bedeutung zu erledigen, welche keine Schwie- rigkeiten machen konnten. Da der Verkehr über die Demareations- 1) Sicher ist meines Erachtens nur, dass xal oia aus xa$’ & verdorben und letzteres dafür herzustellen ist (KAOA für KAIOIA). vom 28. October 1880. 841 linien für die Dauer der Waffenruhe nicht frei gegeben war, man den Waffenstillstand aber schloss, um ungestört den Friedensver- handlungen obliegen zu können, welche das Hin- und Herpassiren von Gesandtschaften zur Folge haben mussten, so wurde zur Er- leichterung dieses officiellen Verkehres die folgende Vereinbarung getroffen: mgumı de zu mosoQeie za aroAoUFos, 6morcıs cv dom, megı zarakvoews ToÜ moremov zur dızmv Es DeAorovuncov zur "AM - vage arovdas eivaı lovcı za Amioünı, za ara yyv au zarte SeaAarrav. Ferner kam man, dem Herkommen gemäss, auf Vorschlag der Lakedaemonier überein, während der Waffenruhe Überläufern den Zutritt zu versagen und etwaige Streitigkeiten auf gütlichem Wege auszutragen: | rous Ö8 MÜrOMOAOUG 72) deysorIaı Ev Touru rw Yodvw, MMrE 29.2uSegov umre Öo0Rov, uyre Yuds uyre ünds. Oiras re dıdovaı UMds Te yuw zu NURS UMiv Zara Ta maroıe, T® ambıroya dien ÖeAvovras avev morsuov. } Schliesslich erklärten die Lakedaemonischen Gesandten, dass sie ermächtigt und bereit seien, auf diese Bedingungen den Waffen- stillstand abzuschliessen; weiter aber reiche ihre Vollmacht nicht, und wenn von Athenischer Seite mehr verlangt werde, so sei dar- über in Sparta weiter zu verhandeln, und möchten die Athener in diesem Falle eine Gesandtschaft dorthin abordnen; die Geneigtheit auf billige Forderungen einzugehen, sei bei den Lakedaemoniern und ihren Bundesgenossen vorhanden; doch müsse die Bedingung gestellt werden, dass die Gesandten für den Fall, dass man sich einige, mit Vollmacht zum definitiven Abschluss des Waffenstill- standes versehen seien. Der Rath glaubte seinerseits das Athenische Interesse durch die vereinbarten Bedingungen hinreichend gewahrt, liess aber für den möglichen Fall, dass in der Volksversammlung, in deren Händen die endgültige Entscheidung lag, weitergehende Ansprüche erhoben werden sollten, von dieser Erklärung durch den protocollirenden Schreiber Act nehmen: Fels uev Auzedaımovios zu Fois Evnnay,aıs ralrta doxel" ei de Tı Umiv eire 2arAıov eire Ö1zaıoregov Tourwv dos eivaı, lovreg £G Auzedamnove dldasners” 0VÖEVOog a9 dmoormeovrat, dv av Orr Aeynre, oUre oi Auzedamgvioı oüre ol Evumay,oı' oi de Bw) } „ ’ ä u A, A ’ lorseg TE).oS EY,OVFES lovruv, NmEp Aa DMEIS MARS HENEVETE,. 61* 842 Gesammtsitzung Das letzte Wort kann nicht richtig überliefert sein. Die an- wesenden Gesandten der Peloponnesischen Staaten waren, wie nicht nur aus dem Gange der Verhandlungen, sondern namentlich aus dem Umstande deutlich hervorgeht, dass sie später unmittelbar nach Annahme ihrer durch den Rath gebilligten Propositionen durch die Volksversammlung die feierliche Handlung der ozovdy vollziehen, und damit den Vertrag in aller für ihre Auftraggeber bindenden Form vollziehen, mit Vollmacht zum Abschlusse desselben versehen nach Athen gekommen; unmöglich also konnte ihnen gegenüber bei Gelegenheit der Besprechungen im Rathe von Athenischer Seite ein Verlangen gestellt werden, dem bereits entsprochen worden war. War ein solches Verlangen wirklich gestellt worden, so konnte dies nur in einem früheren Stadium der Verhandlungen geschehen sein, welches ihrer Abordnung nach Athen vorangegangen war. Offenbar ist &zeAevere herzustellen und der Sachverhalt der, dass zunächst die Lakedaemonier in Athen sondirt hatten, ob Geneigt- heit zum Abschlusse einer Waffenruhe vorhanden sei, dass sie eine. entgegenkommende Antwort begleitet von der Aufforderung erhalten hatten, bevollmächtigte Unterhändler nach Athen zu senden, und dieser Aufforderung von ihnen durch Absendung der gegenwärtigen, mit Vollmacht versehenen Gesandtschaft entsprochen worden war. Dass sie nunmehr durch ihre Gesandten eventuell die gleiche Be- dingung stellen lassen, ist durchaus erklärlich. Da der Rath sich mit den gemachten Propositionen einver- standen erklärte und eine Fortsetzung der Unterhandlungen in. Sparta für unnöthig erachtete, die Annahme der von ihm empfoh- lenen Vorschläge durch die Volksversammlung aber kaum einem Zweifel unterliegen konnte, so erübrigte nur noch, die Dauer der abzuschliessenden Waffenruhe zu bestimmen; man einigte sich da- hin, dass sie sich auf den Zeitraum eines Jahres erstrecken solle, und der Rathschreiber protocollirte demzufolge zum Schlusse: ai de amovdar Eviaurov Erovran. Dem Protocolle, dessen Text im Vorstehenden analysirt wor- den ist, ohne weitere Vermittelung angestossen, folgt im letzten Theile des 118. Capitels ein Psephisma des Demos von Athen, dessen Praescripte: dogs rw Inuw' "Aramavrıs Empuravevs, Baivımmos Eypanuer- raus, Nixiaöyg Emerrareı die den bekannten Volksbeschlüssen des fünften Jahrhunderts eigen- vom 28. October 1880. 843 thümliche Fassung zeigen, nur dass an Stelle der gewöhnlichen Einleitungsformel Edogev N Bovry zen rw Onmur, welche diese zu zeigen pflegen, sich die kürzere &do£e ru dyuw angewendet findet, welche sonst durch kein anderes Beispiel aus dieser Zeit belegt werden kann. Dass indessen diese Fassung nicht etwa auf eine Verderbniss der Überlieferung zurückzuführen ist, sondern durch die besonderen Umstände veranlasst worden, unter denen in diesem Falle der Beschluss der Volksversammlung zu Stande kam, lehrt der Inhalt des letzteren zur Evidenz. Gleich der erste Para- graph nämlich des von Laches gestellten und von der Volksver- sammlung angenommenen Antrages: Aayıns eime‘ zuyn ayayı 7 A9yvalu, mossIa rrV Ere- eıglav, 209” & Evyywoodei Aazsdaımovio zur ol Evumay,oı RÜTWV Ho WMoAo yroaV ev TW On lässt keinen Zweifel daran, dass seine Formulirung erst während der Verhandlungen in der Volksversammlung selbst erfolgt sein kann, insofern diese Fassung voraussetzt, dass das vorangestellte Pro- tocoll von den Prytanen im Auftrage des Rathes der Volksversamm- lung bereits mitgetheilt worden war und die ebenfalls auf Anwei- sung des Rathes der letzteren vorgestellten Gesandten der feind- lichen Staaten vor versammeltem Volke sich ausdrücklich mündlich zu dem Inhalte des verlesenen Protocolles bekannt hatten. Nicht minder deutlich weist auf denselben Zeitpunkt als den der Formu- lirung des Beschlusses der folgende Paragraph hin, welcher die durch das Protocoll offen gelassene Frage erledigt, von welchem Tage an die Waffenruhe in Kraft treten und das Jahr ihrer Dauer berechnet werden solle: Fnv del) ErEy gıptov eivaı Eviaurov, Eos ÖE ryvde ryv Yue- gav, Teroader em Öera vol "Erachnldorıwvos mmvos: Denn der “heutige Tag’ ist offenbar der der Volksversamm- lung, in welcher der Beschluss gefasst wurde, diese selbst aber und die Verhandlungen mit den Gesandten im Rathe haben schwer- lich im Laufe eines und desselben Tages Statt gefunden: zwischen beiden Acten lagen vielmehr die Festtage der grossen Dionysien in der Mitte, und der Rath hatte, da die Sache vor dem Beginn !) Diese Partikel fehlt zwar in den Handschriften, ihre Hinzufügung aber erscheint so nothwendig, dass ich es mir ersparen zu können glaube, sie ausführlich zu rechtfertigen. 844 Gesammtsitzung des Festes (8. oder 9. Elaphebolion) nicht mehr zur Entscheidung zu bringen war, letztere auf den frühesten unter diesen Umständen zulässigen Termin anberaumt. Die Urkunde des Volksbeschlusses besteht also in unserem Falle nicht, wie gewöhnlich sonst, aus dem Texte des zum Beschlusse erhobenen Probuleuma des Rathes mit oder ohne in der Volksversammlung beliebte Zusätze, und hat da- her auch nicht die nur unter dieser Voraussetzung erklärliche und nothwendige Formel !öo&ev sy Bovrf za rw Iyuw an der Spitze der Praescripte vorgesetzt erhalten, sondern aus dem Texte eines erst in der Volksversammlung selbständig formulirten Antrages, eine Thatsache, die in den Praescripten durch die Anwendung der kür- zeren Formel 2do&sv rw dyuw in unzweideutiger und ganz correcter Weise zum Ausdruck gebracht worden ist. Selbstverständlich war das Psephisma darum noch nicht ein argoßovAeurov; das verfassungs- mässig erforderliche Probuleuma des Rathes ist vielmehr thatsächlich durch die vorangestellten, mit dem Rathe vereinbarten und durch ihn der Volksversammlung zur Beschlussfassnng überwiesenen Pro- positionen der Peloponnesischen Gesandten vertreten; der Raths- beschluss aber selbst, welcher den Prytanen aufgab, die Angelegen- heit in einer Volksversammlung zur Verhandlung zu stellen, ist nicht aufgenommen worden, weil seine Bedeutung eine lediglich formale war. Der folgende Paragraph: tv rourw ru Kgovw lovras WS aAAMAoUG mesoQeıs za AngURaS musoDaı ToUg Aoyovs, 209 0 Tı Eoraı y HaraAucıs ToU To- Aemou ist offenbar hinzugefügt, um ausdrücklich zu constatiren, dass der Abschluss des Waffenstillstandes lediglich zu dem Zwecke erfolge, um während desselben über den Frieden zu verhandeln. Daran schliesst sich im Folgenden eine Anweisung an Prytanen und Stra- tegen, in einer demnächst anzuberaumenden Versammlung zunächst die Angelegenheit des abzuschliessenden Friedens und die Modali- täten der zu diesem Zwecke nach Sparta abzuordnenden Gesandt- schaft auf die Tagesordnung der Berathung zu bringen: ErRANTIaV ds TOmTavras Toug Sroaryyous PN Toug meuravsıs moWToV megL ns eioyuns Bovrsusarsor "’AIyvaious za” 6 vu cev com meso Rei megt TNS HaTaAUcEws Tol morzuov. Diese Worte sind leider augenscheinlich arg verdorben. Wir kennen den Stil der Attischen Urkunden des fünften Jahrhunderts vom 28. October 1880. 845 [2 hinreichend genau, um sagen zu können, dass eine Construction, wie rous Frouryyous za ToUg meuraveıs — BovrsvoensSai "AInverous, in einer solehen ganz unmöglich ist; ‘überdem ist zwar das ßov- AsvsesSaı Sache der versammelten Athener, nicht aber der Stra- tegen und Prytanen: diesen kommt vielmehr das yenmerira: zu. Ich muss daher behaupten, dass der überlieferte Text eine Ver- stümmelung erfahren hat, in Folge deren das zuletzt genannte Ver- bum und die nothwendige Verbindungspartikel verloren gegangen sind; wo aber das Verbum seinen Platz gehabt, vor oder hinter dem wowrov weg: eigyuns, lässt sich meines Erachtens mit Sicherheit nieht mehr ausmachen. An einem anderweitigen, aber nicht minder schlimmen Verderbniss leidet ferner die Fassung des Satzes, in welchem der Gegenstand der zu pflegenden Berathungen näher be- stimmt wird. Wie er überliefert ist, gibt er überhaupt keinen Sinn. Der Sprachgebrauch verlangt eine Verbalform im Futur, und der Artikel vor wgesßeie lehrt, dass eine Gesandtschaft gemeint sein müsse, welche im Vorhergehenden entweder bereits erwähnt oder - dureh den Inhalt des Vorhergehenden als nothwendig und darum selbstverständlich vorausgesetzt ist, also eine von den Athenern nach Sparta zur Eröffnung oder weiteren Führung der beabsich- tigten Friedensverhandlungen zu entsendende Gesandtschaft. Ich glaube daher die Partikel &v für interpolirt betrachten zu müssen, und gewinne alsdann durch die unbedeutende Änderung des über- lieferten EICIHI in EICIN die den bezeichneten Voraussetzungen ent- sprechende Lesung: #89” orı eisw % mgerheie weg rnS Hararvreus 700 zoreuov, wonach die in Aussicht genommene Berathung die näheren Modalitäten jener Abordnung, Zusammensetzung und In- struirung der Gesandtschaft und Wahl ihrer Mitglieder, zum Gegen- stande haben sollte. Im Schlussparagraphen endlich: sneirarSan de auriza nad Tas meesQeias ev TWw dHuw Tas magoVUs«s N mv Zinmeveiv Ev Tas smovönts Tov EZviaurov wird das Verlangen gestellt, es möge unmittelbar nachdem der vor- stehende Antrag durch Abstimmung zum Beschluss erhoben worden, sofort noch in derselben Volksversammlung (dies nämlich ist nach dem constanten Sprachgebrauch der Urkunden der ganz bestimmte Sinn jenes «ürz« are) der Vertrag von den Gesandten der Pelopon- nesier durch Vornahme der durch das Herkommen vorgeschriebenen Formalitäten (der ozovd«:) in feierlicher und bindender Weise voll- 846 Gesammtsitzung zogen werden. Der Erfüllung dieses Verlangens stand nichts im Wege, da die Gesandten der Peloponnesier, wie bereits bemerkt worden, in der Versammlung zugegen und mit den nöthigen Voll- machten versehen waren. Auch die in Athen anwesenden Atti- schen Strategen, welche in dieser Zeit herkömmlich bei solchen Anlässen den Demos von Athen zu vertreten und zu repräsentiren hatten, waren zur Stelle, da sie verfassungsmässig allen Verhand- lungen über militärische Angelegenheiten, im Besonderen denen über Krieg und Frieden, beizuwohnen berechtigt und verpflichtet waren. Es kann unter diesen Umständen keinem Zweifel unter- liegen, dass der Bestimmung des Volksbeschlusses gemäss ver- fahren und der Vertrag noch an demselben Tage in Gegenwart der Versammlung perfect geworden ist. | Auf den Text des Psephisma folgt im 119. Capitel derjenige des Protocolls, welches vom Rathschreiber über die Hergänge auf- genommen worden ist, welche in derselben Volksversammlung un- mittelbar, nachdem der Beschluss gefasst worden war, in Ausfüh- rung desselben Statt gefunden haben. Zwar betrachten die neue- ren Herausgeber, selbst Bekker, mit seltner Einmüthigkeit den Inhalt dieses Capitels als Worte des Thukydides und deuten dies äusserlich dadurch an, dass sie nur das 118. Capitel in Anführungs- zeichen einschliessen; nichts ist indessen gewisser, als dass erst mit dem letzten Absatze des 119. Capitels: # uev d4 Zxexgsigin aurm Eyevero, Hat Euvficav ev even eg TWwv Meılovwv omovowWv dıe TraVrOG !s Aoyous die Erzählung des Geschichtsschreibers von Neuem an- hebt, alles Vorhergehende dagegen noch dem Bereiche der urkund- lichen Beilage angehört. Zur Rechtfertigung dieser Auffassung wird es meines Erachtens genügen, wenn ich sie durch die ganz analoge Fassung einer anderen uns erhaltenen Urkunde derselben Zeit erläutere. Ich meine den ersten der bekannten Volksbeschlüsse für Methone, C. 1. A. I. n. 40. Der Antrag des Diopeithes, wel- cher als Probuleuma des Rathes an die Volksversammlung gelangt und von dieser zum Beschluss erhoben worden war, ein Hergang, der in üblicher Weise zu Anfang der Praescripte durch die For- mel 2do&ev ry Bovay zu rw Oyum beurkundet ist, verordnet in sei- nem ersten Absatze: Öla]xeıgorowgsaı rov Öyuov avrie[e mare M]e- Iwveio(ı)s zire bogov doxel rarreıv rov Önuco[v avriz]a para 9 EEag- #eiv aUrols rereiv OTov ru Ielw amo rloü bogev Zyiy[v]ero, ov rois N Y wm 4 moorsoors HarfaSnvaios] Ersrayaro beosw, ToÜ de arAov arsrsie eivale], gorEo N % = vom 28. October 1880, 847 worauf eine Reihe anderer Bestimmungen folgt, welche für unseren Zweck nicht in Betracht kommen. Nachdem nun der Antrag in allen seinen Theilen unverändert zur Annahme gelangt war, war sofort noch in derselben Versammlung jene im ersten Absatze ver- langte Diacheirotonie vorzunehmen und es bedurfte zur Vervoll- ständigung der Urkunde eines Vermerkes darüber, dass jene Ab- stimmung Statt gefunden und welches Resultat sie gehabt habe, da erst durch sie die ganze Angelegenheit endgiltig erledigt wurde. So folgt denn noch auf den Text des Volksbeschlusses der proto- eollarische Vermerk, den wir erwarten: exeıgorovnsev 5 Önuos [Me- Swvatou]s rereiv Toro] f Sew ano roV begou Zyiyvelro, ov roils m[elorzge[:s] HovaSyvaicıs ererayaro Dleoew, roü de a]Arov are[deis silye.. Ganz ähnlich lagen die Dinge auch in unserem Falle. Der zum Beschluss erhobene Antrag forderte die sofortige Voll- ziehung des Vertrages in der üblichen Form; die Ceremonie wurde denn auch unmittelbar nach geschehener Abstimmung vor versam- meltem Volke vorgenommen, das Factum protocollirt und das Pro- tocoll selbst der Urkunde als Anhang hinzugefügt. Nichts anderes als eben dieses Protocoll sind im 119. Capitel die Worte: Euwver:- Sevro de za Eomevdovro Anzsdamoviw ev ode (drei Namen), KoguwStwv de (zwei Namen), Zızuwviwv de (zwei Namen), Meya- gewv de (zwei Namen), "Emdavpiv de (ein Name): ’ASIyvaiwv de oi sroaryyor (Namen der drei damals in Athen und der Versammlung anwesenden Mitglieder des Strategencollegiums). Was diesen zu Anfang des Capitels vorangeht, ist gleichfalls ein protocollarischer Vermerk, welcher durch besondere Umstände veranlasst wurde. Der Volksbeschluss hatte, was nothwendig war, aber bisher aus begreiflichen Gründen nicht hatte geschehen können, das Datum des Anfanges der vereinbarten Waffenruhe fixirt und als solches den 14. des Attischen Monats Elaphebolion bestimmt, als den Tag, an welchem der Beschluss gefasst und der Vertrag vollzogen wor- den war. Hierzu hatten die Peloponnesischen Gesandten nach- träglich ihre Zustimmung zu erklären und es war ausserdem noth- wendig, dass, um jeden Zweifel und daraus sich später etwa er- gebende Weiterungen im Voraus unmöglich zu machen, das Atti- sche Datum auf den in Sparta geltenden Calender in ausdrück- licher und officieller Weise reducirt werde. Dass und wie dies geschehen, war protocollarisch fest zustellen, und so entstand jener erste Absatz des Zusatzprotocolles, freilich nicht in der Fassung, 348 ... Gesammtsüzung in der er. uns jetzt vorliegt; vielmehr hat diese im Laufe der Überlieferung eine Alteration erfahren, welche eine falsche Vor- stellung von Einzelheiten des thatsächlichen Herganges hervorzu- rufen geeignet ist. | Der Text des Absatzes lautet nämlich bei den verschiedenen Herausgebern sehr verschieden; Bekker hat folgende Fassung auf- genommen: TaUT« EuveSevro Aazedeimovioı, zo WMOAOYATEV za 0i Evnmax,or ’ASyvaloıs za Tois Evmmay,oıs nnvos &v Auzedaımovı Veoe- oriov Owdszern. Esist dies die Lesung der Handschriften AE; die diesen sonst sehr nahe stehende F lässt zwar das za: wmoAoyyaav fort, allein es ist wohl nicht zu bezweifeln, dass diese Worte und zwar in derselben Fassung wenigstens in der Vorlage von F eben- falls standen und nur durch ein Versehen des Schreibers aus- gelassen worden sind, dessen Augen vom ersten z«! zum gleich darauf folgenden abirrten. Wie immer, hat Bekker hier richtigen Tact bewährt; denn in der von ihm aufgenommenen Lesung be- reiten die Worte wenigstens sachlich keine Schwierigkeit, wenn auch immer der Ausdruck seltsam gewunden erscheint. Allein die übrigen Handschriften BCGM schreiben za wnorev für za Wmoro- . ynrav und GM lassen darauf noch ein zweites Agzedamovo: folgen. Dies ist für andere Herausgeber Veranlassung gewesen zu wWnorav aufzunehmen und die dann sich ergebenden formalen Schwierig- keiten durch Umstellungen in der verschiedensten Weise möglichst aus dem Wege zu räumen. Dabei ist aber die viel grössere sach- liche Schwierigkeit übersehen worden, welche die Lesung za: Wwo- cav bereitet und die beweist, dass letztere unmöglich richtig sein kann. Unser Waffenstillstandsvertrag ist nämlich ganz augenschein- lich nicht, wie dies bei eigentlichen Friedens- und Bundesverträgen allerdings regelmässig zu geschehen pflegte, von Vertretern der contrahirenden Parteien feierlich beschworen, sondern lediglich durch gemeinschaftliche Vollziehung eines Trankopfers (szovöy) bekräf- tigt worden; das lehren zur Evidenz die Ausdrücke, deren sich sowohl der Volksbeschluss als auch das Protocoll über dessen Vollziehung übereinstimmend bedienen. Der Volksbeschluss ver- langt nämlich ereiras$aı airizae mare Tas meerQeies Tas magoUT«sS und das Protocoll bekundet einfach EuveriSevro be zul Eomevdovro Auzedarmovimv nv — A9yvaiov de u. Ss. w. Von einer Eidesleistung ist nirgend die Rede. Conservativen Herausgebern kann ich daher nur empfehlen, zu der von Bekker aufgenommenen Fassung zurückzu- vom 28. October 1880, 849 kehren, welche sachlich nicht anstössig und in formaler Hinsicht wenigstens erträglich ist; ich selbst halte auch sie nicht für das Richtige, sondern glaube die Worte zu wmoroyncav, woraus die andere Lesart erst durch absichtliche oder unabsichtliche Verder- bung entstanden sein kann, für den erklärenden Zusatz eines Unberufenen nehmen zu müssen, welcher durch flüchtige Auffassung ‚des im Psephisma begegenden Ausdruckes za9° & Euyywooürı Ae- KEedamovıoı ze ci Evmmey,oı KurWv za Smoroynrav ev Tu on hervorgerufen worden ist, und meine, dass die ächte Fassung der Urkunde einfach die folgende gewesen ist: raur« EuveSevro Ac- asdmovioı a1 oi Evmmayg,oı "Adyveloıs za rois Evmmayoıs U. 8. W. Selbstverständlich konnte eine Attische Urkunde von der nach- gewiesenen Beschaffenheit der vorliegenden nur in Athen selbst und an keinem anderen Orte zugänglich sein, und da der Volksbe- schluss die Publication eines Steinexemplares nicht ausdrücklich ver- ordnet, wie dies, wenn eine solche stattfinden sollte, regelmässig zu geschehen pflegte, wir also folgerichtig anzunehmen haben, dass sie in diesem Falle thatsächlich nicht erfolgt ist, so kann eine Ab- schrift von der Urkunde sich zu verschaffen nur Jemand in der Lage gewesen sein, dem der Zugang zum Attischen Staatsarchive im Metroon in irgend einer Weise ermöglicht war. Zur Zeit aber, als der Vertrag abgeschlossen wurde, Frühjahr 423, befand sich Thukydides, der während der letzten Monate des vorhergehenden Jahres 424 als Stratege an der Thrakischen Küste thätig gewesen und wegen seines Verhaltens in dieser Stellung nach dem Ver- luste von Amphipolis zur Verantwortung gezogen worden war, wahrscheinlich nicht mehr in Athen, und selbst wenn dies der Fall war und die Entscheidung seines Processes sich bis in den April 423 hereingezogen hatte, jedenfalls nicht in der Lage und auch nicht in der Stimmung neben anderen für ihn damals weit wiehtigeren Dingen archivalischen Studien obzuliegen, um Materia- lien für seine Geschichtsdarstellung in die Verbannung mitnehmen zu können. Nicht unmöglich ist dagegen, dass er auch in der Fremde während der zwanzig Jahre seines Exils Gelegenheit fand, durch Vermittelung dritter Personen eine Abschrift der Urkunde von Athen zu erhalten, und ebenso möglich, dass er erst weit später, ‚nachdem er in Folge seiner Restitution, wie ich glaube annehmen zu müssen, im Jahre 403 in seine Vaterstadt zurückgekehrt war, Kenntniss von der Urkunde erhielt, welche ihm nunmehr direct 850 Gesammtsitzung zugänglich wurde. Die Entscheidung ist abhängig von der Be- antwortung der Frage, ob und in welcher Weise Thukydides das seinem Wortlaute nach mitgetheilte Actenstück für die Darstellung der Ereignisse als Quelle benutzt hat, oder mit andern Worten, ob letztere die Kenntniss des Inhaltes der Urkunde zur nothwen- digen Voraussetzung hat oder nicht. Jeder der sich die Aufgabe stellen will, auf Grund der mit- getheilten Urkunde eine Darstellung der Verhandlungen, welche zum Abschluss des Waffenstillstandes führten, zu entwerfen, wird es nicht schwer finden folgende Thatsachen in ihrem Zusammen- hange festzustellen: Nach der Einnahme von Amphipolis und der Niederlage der Athener bei Delion wurden von Seiten der Lake- daemonier die früher bereits angeknüpften, aber zunächst erfolglos gebliebenen Friedensverhandlungen wieder aufgenommen. In Athen zeigte man sich jetzt geneigt der veränderten Sachlage Rechnung zu tragen und auf Friedensverhandlungen einzugehen; namentlich war man damit einverstanden, dass zur Erleichterung dieser Ver- handlungen eine vorläufige Waffenruhe eintreten solle, und forderte die Lakedaemonier auf, eine mit den nöthigen Vollmachten ver- sehene Gesandschaft abzuordnen, mit der über die Bedingungen des abzuschliessenden Weaffenstillstandes verhandelt werden könne. Die Lakedaemonier beriethen sich hierauf zunächst mitihren Bundes- genossen. Von diesen hatte Troezen bereits einen Separatwaffen- stillstand mit Athen abgeschlossen und um so weniger Anlass Ein- rede zu erheben. Dagegen machten die mittelgriechischen Staaten, im Besondern die Phokier und der Böotische Bund Schwierigkeiten auf einen Waffenstillstand einzugehn, und auch von den Mitglie- dern des Peloponnesischen Bundes blieben aus nicht näher be- kannten Gründen die Eleer, Arkader, Pellene und Hermione den weiteren Verhandlungen fern. Die übrigen stimmten indessen zu und die Lakedaemonier entschlossen sich im Verein mit diesen ohne weitere Rücksicht auf die anderen mit Athen abzuschliessen, wenn dieses dazu geneigt sein sollte. So gieng denn eine mit In- struction und Vollmacht zum Abschluss einer Waffenruhe versehene Gesandtschaft nach Athen ab, in der ausser Sparta Korinth, Si- kyon, Megara und Epidauros vertreten waren, und traf dort etwa um den Anfang des Monates Elaphebolion ein. Die Verhandlun- gen im Rathe führten bis zum 8. des Monates zu einer Verein- barung, Inhalts deren zum Zwecke zu eröffnender und zu führen- u a ee nn 3 BE a u en vom 28. October 1880. 85l der Friedensverhandlungen eine Waffenruhe von einem Jahre auf Grundlage des militärischen Status quo geschlossen werden sollte und zugleich die Demarcationslinien zu Wasser und zu Lande be- stimmt wurden, innerhalb deren sich die Oontrahirenden während der Dauer desselben halten und die sie nicht überschreiten sollten. Das einfallende Fest der grossen Dionysien unterbrach den Fort- gang der Verhandlungen und erst nach Beendigung desselben konnte am 14. Elaphebolion jene Vereinbarung der Volksversamm- lung zur verfassungsmässigen Genehmigung vom Rathe vorgelegt werden. Die Volksversammlung erklärte sich einverstanden und der Vertrag wurde unmittelbar darauf noch an demselben Tage durch die Gesandten der Peloponnesier und die anwesenden Athe- nischen Strategen unter Vornahme der herkömmlichen Förmlich- keiten vollzogen. Zugleich ward bestimmt, dass dieser Tag, 14. Ela- phebolion, 12. Gerastios des Spartanischen Calenders, als derjenige zu gelten habe, von welchem an die auf ein Jahr normirte Dauer der Waffenruhe zu berechnen sei. Sehen wir nun, wie Thukydides die Sache darstellt, so finden wir, dass er, nachdem er im 116. Capitel die Erzählung der Ereig- nisse des Winters 424/23 mit der geläufigen Formel zu: ro0 xsıns- vos der Iovros oydoov Eros Ersisure rw moAeuw zu Ende geführt, un- mittelbar darauf im 117. Capitel einfach berichtet Aazsdanoro: de za ASyvaloı ao net FoÜ Emiyiyvorsevou Segovs zu JUg EHE gıglov romeevro Zviavoıvt), woran sich in der Form voniravres "ASy- zatoı nv — Aazedaovior de — eine Darlegung der Beweggründe schliesst, welche seiner Ansicht nach die contrahirenden Parteien zu diesem Vorgehen veranlassten. Das ist aber auch Alles; denn der Schlussatz des Capitels yiyveraı oUv Zreyaıgia aurois re na Tols Evunay,oıs 7de dient lediglich zur formalen Einführung der nun fol- genden Einlage von 118. 119 und bringt über den Verlauf der Ver- handlungen ebensowenig etwas Neues bei, als der entsprechende Schlusssatz des 119. Capitels, der vom Texte der Urkunde zur Fortsetzung der Erzählung hinüberleitet. Was in diesen Angaben Thatsächliches enthalten ist, nämlich dass ein Waffenstillstand abgeschlossen wurde, dass dies um den 1) Vgl. 5, 15. obarivrwv de avıav ini Tu Anklw napaxpiua ol Auxe- Suımovioı — nololvraı znv dviaucıov dxeyeiplav, dv 1 2deı Euviovrag xal mepl Toü M en v Exexeipiav, &v m € Euviovrag x pi Tou ’ mAelovos Xpovov PouAsvsodau. 852 Gesammtsitzung Beginn des Frühjahres 423 geschah und dass die Waffenruhe ein Jahr dauerte, ist so beschaffen, dass Thukydides es wissen konnte und musste, auch wenn er die Urkunde, die er mittheilt, nie ein- gesehen hätte: die Mittheilung dieser Thatsachen verräth folglich keine Benutzung der Urkunde. Was dagegen aus dieser darüber hinaus die Vorgeschichte des Waffenstillstandsabschlusses betreffend zu lernen war, ist für die Darstellung selbst nicht verwerthet, son- dern dem Leser aus dem Inhalte des mitgetheilten Actenstückes zu combiniren oder auch nicht zu combiniren überlassen worden. Ein solches Verfahren mag sich für einen Urkundensammler schicken, ein Geschichtsschreiber darf sich dergleichen nicht er- lauben, und obwohl es in dem vorliegenden Falle nicht nur zu- lässig, sondern durchaus zwecekmässig war, über die Bedingungen des abgeschlossenen Waffenstillstandes die Leser durch einfache Mittheilung des Vertragsinstrumentes zu verständigen, weil diese Bedingungen aus der Urkunde direct und in authentischer Form zu entnehmen sind, so durfte doch der Geschichtsschreiber, wenn er seiner Aufgabe gerecht werden wollte, sich der Mühwaltung auf kei- nen Fall entziehen, Alles was allein auf indirectem Wege aus den Angaben der benutzten Urkunde durch Schluss und Combination in zuverlässiger Weise zu ermitteln war, auch wirklich selbst abzulei- ten und für seine Darstellung zu verwerthen. Dies ist, wie gesagt, nicht geschehen, ja die Nachlässigkeit geht in dieser Richtung so weit, dass selbst eine T'hatsache der Kriegsgeschichte aus der Zeit vor dem Abschlusse des Vertrages, welche, wenn sie ihm sonst un- bekannt war, aus dem Zeugniss der Urkunde mit Leichtigkeit zu ge- winnen war, die nämlich, dass schon vor dem Frühjahr 423 zwi- schen Athen und Troezen eine Separatwaffenruhe verabredet worden war und in Wirklichkeit bestand, in der vorhergehenden Darstellung keine Berücksichtigung gefunden hat. Thukydides berichtet zwar 4,45 die im Sommer 425 erfolgte Festsetzung der Athener auf Methana und die von dieser Stellung aus in der Folgezeit (rov Emsıra %govov) ausgeführten Beunruhigungen des Troezenischen Ge- bietes, erwähnt aber im Verlaufe der Darstellung vom 46. Capitel bis zum 116. mit keiner Silbe der Einstellung der Feindseligkeiten auf Grund eines vertragsmässigen Abkommens der Athener mit Troezen. | Wer also von der Voraussetzung ausgeht, dass T'hukydides, als er die Darstellung der Ereignisse dieses und des unmittelbar vom 28. October 1880. 853 vorhergehenden Kriegsjahres niederschrieb, die besprochene Urkunde bereits bekannt war und zur Verfügung stand, der wird diese Vor- aussetzung gegenüber den hervorgehobenen Umständen nur aufrecht erhalten können um den Preis des Zugeständnisses, dass der Ge- schichtschreiber sein Quellenmaterial in höchst ungenügender und oberflächlicher Weise ausgenutzt hat. Wem dagegen, wie mir, das Letztere unglaublich dünkt, der wird unbedenklich eine Voraus- setzung, die zu solchen Consequenzen nöthigt, als irrig aufzugeben geneigt sein und sich zu folgender Auffassung des Sachverhaltes bequemen, welche allein geeignet ist, den vorliegenden Thatbestand in befriedigender Weise genetisch zu erklären: Als Thukydides in den Jahren zunächst nach seiner Exilirung fern von der Heimath die Geschichte der ersten zehn Kriegsjahre bis zum Frieden des Jahres 421 in einem ersten Entwurfe nieder- schrieb, war ihm der Text der Waffenstillstandsurkunde noch nicht zugänglich, und er berichtete daher von dem Abschlusse der Waffen- ruhe in der summarischen, jedes Details ermangelnden Weise, welche die ungenügende Beschaffenheit seiner damaligen Informationen allein möglich machte. Erst sehr viel später, nach seiner Rück- kehr in die Heimath, gelangte die Urkunde zu seiner Kenntniss, und als er nun in den Jahren unmittelbar nach 403 daran gieng, die Geschichte des Krieges nach einem erweiterten Plane fortzu- setzen und bis zur Oapitulation von Athen herabzuführen, und bei dieser Gelegenheit und zu diesem Zwecke die ältere Darstellung der zehn ersten Kriegsjahre einer Umarbeitung unterwarf, legte er die ihm mittlerweile bekannt gewordene Urkunde an der betreffen- den Stelle ein. Wenn dies in einer rein äusserlichen Weise ge- schehen ist und ohne dass das neugewonnene Material gehörig ausgenutzt wurde, so beweist dies eben nur, worauf auch zahlreiche andere Indicien hinführen, dass der Geschichtschreiber mit seiner Arbeit auch nach dieser Richtung nicht eigentlich fertig geworden ist. Anstössig und tadelnswerth kann dergleichen nur Jemandem erscheinen, der sich von der falschen Vorstellung beherrschen lässt, es habe der Torso des Thukydideischen Geschichtswerkes als eine im Sinne seines Urhebers in materieller und formeller Hinsicht vollendete Arbeit zu gelten; verstehen aber kann Thukydides nur und ihm gerecht werden als Historiker wie als Stilist allein, wer begriffen hat, dass die Mängel seines Werkes zum allergrössten Theile nicht auf Rechnung seines Könnens oder Wollens, sondern 854 | Gesammtsitzung lediglich des Umstandes zu bringen sind, dass das Verhängniss, zum Unglück für ihn und uns, ihn verhindert hat, seinem Werke diejenige Vollendung zu geben, welche wir ihm wünschen möchten und die ihm zu geben sicherlich in seiner Absicht und nicht ausser- halb der Gränzen seines Könnens gelegen hat. Hr. Kronecker knüpfte an seine Mittheilung vom 29. Juli d. J. folgende Bemerkungen: I. Die Cauchy’sche Auffassung der Gaufs’schen Reihen als Grenzwerthe der 8-Reihen zeigt sich als naturgemäss und be- deutungsvoll namentlich darin, dass sich hierbei grade jene wichtige Vorzeichenbestimmung, bei welcher Gaufs „auf ganz unerwartete Schwierigkeiten traf“ (vgl. Gau[s’ Werke Bd. II, p. 156), ganz un- mittelbar ergiebt, ja — so zu sagen — in Evidenz tritt. Setzt man nämlich den absoluten Werth der Summen der Gau[s’schen Reihen als bekannt voraus, so gilt für jeden rationalen, rein imaginären Werth von o die Relation GORE (VIa) A rap ze °(,) welche nichts Anderes ist als die quadrirte Relation (VI). Hieraus folgt nun das Bestehen der quadrirten Gleichung (IV), nämlich 1 (3a)? (IVa) log. 3) if auf Grund eben jener Betrachtungen, welche die Gleichung (IV) selbst als eine Folge der Gleichung (VI) erkennen liessen, und welche nur noch durch die Bemerkung vervollständigt werden mö- sen, dass aus dem Verhalten der Function ®(x) in der Nähe von x = 0 auch deren Eindeutigkeit hervorgeht; denn die verschiede- nen Werthe von logx können keine Werthänderung der Function P(x) zur Folge haben, da ®(x) bei jeder beliebigen Art der An- näherung an 2 = 0 gegen einen und denselben festen Werth con- vergirt. Es ist ferner hervorzuheben, dass die eingeklammerte Quadratwurzel eindeutig bestimmt ist und auch in eindeutiger Form dargestellt werden kann, indem offenbar Fu 2 (Ya) — fi a "du —in = ee A er vom 28. October 1880. 355 ist, wenn a eine complexe Grösse bedeutet, deren reeller Theil positiv ist. — Die eindeutige Function von x, welche die linke Seite der Gleichung (IVa) bildet, ist das Quadrat von ®(x); die Function ®(x) selbst kann daher nur den Werth +1 oder —1 haben, und von diesen beiden Alternativen wird die letztere dadurch ausgeschlossen, dass ®(x) für «= 0 sich dem reciproken Werthe des von — oo bis + oo erstreckten Integrals Ser du, also einer offenbar positiven Grösse nähert. Hieraus folgt aber, dass auch der Grenzwerth, dem sich 8 (ew-r) für w'—= 0 nähert, d.h. der Werth von | al "O gleich +1 ist, dass also die mit (VI) bezeichnete Gleichung be- steht, welche die vollständige Werthbestimmung der Gaufs’schen Reihen in sich schliesst. Diese Deduction führt also, nur von dem absoluten Werthe der Summen der Gaufs’schen Reihen ausgehend, zur Transformation der #-Reihen und mit Hülfe derselben alsdann auch zur Bestimmung des Vorzeichens der Quadratwurzel, welche bei der Summation der Gaufs’schen Reihen erscheint. Die dabei benutzte Schlussweise lässt sich ganz übersichtlich darstellen, wenn man, wie oben, den Ausdruck (yi 3 Eamr in welchem log.x.logy = 1 ist, mit ®(x) bezeichnet, so dass ne v—0 G () [1 2 wird. Dann ist nämlich die Voraussetzung, von welcher ausge- gangen wird, in der Gleichung * . lim. & (e%?-e) ern v0 enthalten, und aus dieser folgt mit Hülfe der Cauchy’schen Prin- cipien, dass (®(z)” = 1, also (a) = +1 oder Pa) = —1 sein muss. Da aber lim.®(x) > 0 ist, so resultirt die Gleichung z=0 Ha) = L, welche die Transformation der #-Reihen enthält, und hieraus er- [1880] 62 856 Gesammtsitzung giebt sich schliesslich die Vorzeichenbestimmung in der Geige welche den Ausgangspunkt bildete, nämlich lim.® (ee) — +1, v0 und eben damit auch die Vorzeichenbestimmung für die Werthe der Gaufls’schen Reihen. II. Der absolute Werth der Gaufs’schen Reihen, welcher bei vorstehender Deduction zu Grunde gelegt worden, lässt sich ermitteln, ohne die Existenz der primitiven Congruenzwurzeln zu Hülfe zu nehmen, also ohne über die Sphäre der quadratischen Reste hinauszugehen. Zuvörderst sind nämlich mittels der Glei- chung (vgl. S. 694) | ee Av 4 v in welcher A, »,v als zu einander prim vorausgesetzt sind, alle Gaufls’schen Reihen auf diejenigen zurückzuführen, in welchen der Nenner eine Primzahlpotenz p” ist. Wenn nun ferner v=p und in der Gaufs’schen Reihe [04 a1 k = mp*”"-+n genommen wird, so wird hierdurch der Werth der Gauls’schen Reihe für x» = p* ganz unmittelbar auf den Werth der Gaufs’schen Reihe für u = p*”” zurückgeführt. Ist endlich » eine ungrade Primzahl p, und bezeichnet man mit @ die quadra- tischen Reste von p und mit 5 die Nichtreste, so ist P rn, RE ArATi RE en Em GI—-1=ß e — .1+23e p = (”) u (2) «() \ De 14 p wo (2) das Legendre’sche Zeichen d. h. gleich +1 oder — 1 ist, je nachdem r zu den Zahlen «a oder 5b gehört. Da nun ferner W N) a 2, Ari 0 (=) (=) = x3° a, p h n = o De B vom 28. October 1880. 857 ist, wo für die Summationsbuchstaben Ah, k, r, s alle Werthe von 0 bis p—1 zu nehmen sind, so resultirt die Gleichung Beer mit Hülfe deren die Bestimmung des absoluten Werthes der Gaufs- schen Reihen vollendet wird. III. Die Herleitung der Produetentwickelung der 9-Reihen, welche oben S. 696 erwähnt worden ist, geschieht durch den Nach- weis, dass der Quotient jener für g=ei, ee mit S(2,r) übereinstimmenden Reihe Ne zZ’ ses) 29° (iz) v und des Products 1 Nn=x gez )u (1 g")a— 472) — Mur), gleich Eins ist. Es ist nämlich zuvörderst klar, dass dieser Quo- tient für alle, auch für unendlich grosse Werthe von 2 stets end- lich bleibt und also von 2 unabhängig sein muss. Es ist ferner zu sehen, dass dieser Quotient ungeändert bleibt, wenn g* für q gesetzt wird, indem sowohl für die Reihe als: auch für das Pro- duct die Relation (IX) ER fast unmittelbar erhellt. Der Quotient hat also für jedes q denje- nigen Werth, welchen er für unendlich kleine Grössen q erhält, d. h. eben den Werth Eins. — Ganz ebenso ist auch die auf S. 691 mit (III) bezeichnete Transformationsgleichung zu verifici- ren. Denn die auf der linken Seite stehende Function von « und 2 muss — wie schon oben $. 697 ausgeführt ist — von z unab- hängig sein, oder, was damit übereinkommt, es muss der Quotient 2 ;, SR, ?) von 2 unabhängig sein. Setzt man hierin 858 | Gesammisitzung 1 erstens (= -—; 27 5 1 zweitens 4r an Stelle von » und dann = — ae i T so ist leicht zu zeigen, dass die beiden resultirenden Werthe jenes Quotienten mit einander übereinstimmen. In der That bedarf es dazu ausser der Gleichung (IX) nur noch der ebenso unmittelbar sowohl aus der Reihenform als auch aus der Productentwickelung von I hervorgehenden Relation 1dr—1)zi Be ) mi (X) 9(@r,4r) = S(d-+14r, 7), . welche gewissermassen die „transformirte“ der Relation (IX) ist. Da nun jener Quotient seinen Werth nicht ändert, wenn r in 4r verwandelt wird, so ist der Werth constant, nämlich derjenige, der für r= oo oder g=0 eintritt, und dieser constante Werth er- giebt sich unmittelbar gleich Eins, wenn r=i und $=4(1-+i) genommen wird. Ich bemerke noch, dass ebenso wie die Gleichung (IX) auch andere Transformations-Relationen der ö-Reihen benutzt werden können, und dass Hr. Rausenberger in einer mir neulich als Beitrag zum Journal für Mathematik eingesandten Arbeit, von den Productentwickelungen ausgehend, eine Herleitung der einfachen linearen Transformation mittels Functional-Gleichungen, die der Transformation 2ter und Ster Ordnung entstammen, gegeben hat. IV. Die allgemeinste lineare Transformation der #-Reihen kann, wie schon auf S. 697 angedeutet worden, genau in derselben Weise wie die speciellere, die durch die Gleichung (III) ausge- drückt ist, oder auch mit Hülfe dieser Gleichung aus der Ent- wickelung von | TR nach Potenzen von e°”’ hergeleitet werden. Die Transformations- gleichung erscheint alsdann in folgender Gestalt: or GE aD ey ne) ee) SE, | yi yi und es bedeuten hier &, &, y, 8 beliebige ganze Zahlen, welche die Bedingung &ö& — Ay=1 erfüllen, es ist ferner R vom 28. October 1880. 859 : ar+ß f g z — = —— Ein ö — I(ad — y)(1 —ö)+ 108 - 4ay(1—6)° und & n=Y a (a) Er = +. Die Constante © in der Gleichung (VIII) bestimmt sich demge- mäss durch die Bedingung OVyi) = ef”ig,, (5) Geht man zu einem rationalen Grenzwerthe von r über, so nimmt auch r’ einen rationalen Grenzwerth an, und wenn der erstere in ! ; A f redueirter Form mit —-, der letztere mit — — bezeichnet wird, 4 [4 so ist N—ar— ou, mW" = —yAtsn. Es ist nun in diesem Falle auch für 2? ein rationaler Bruch mit dem Nenner » zu nehmen, weil für alle andern Werthe von 2£ der Grenzwerth von A VERS (wi *) 9 für w = 0 verschwindet. Demgemäss seien p,g beliebige ganze Zahlen, und es sei -p+i+aHN), , = pH14+ +0, p+1=ace(p+)+L@-+1) , !+H1= En); Ai es bedeute ferner G,,, (=) den Ausdruck 14 2 n—=21 (n— yam 1;-pg(ga+D) $ n 20 7? pqa\q ar 1) Pe Alsdann geht die Transformationsformel (XI) in folgende über: ri ( :) Gyr, g’ BE ® (XII) -(Y) errigh, (;) ei, ) ‘) ryi yi 860 Gesammtsitzung wo n,& die oben angegebene Bedeutung haben, während z und ?' der Abkürzung halber für die Grössen Ip? +4 p—1)(g+1) , 4p'g’+4(p'—1) (+1) gesetzt sind. Für ungrade Werthe von p und q wird G,, gleich Null und für beliebige ganze Zahlen A,k wird Gpten,grer = Opa > so dass in Wahrheit nur die drei verschiedenen Reihen Goo ’ Gi ’ Go zu betrachten sind, von denen die erste mit derjenigen überein- stimmt, welche oben mit @ ohne Indices bezeichnet worden ist. Die Formel (XII) liefert die Werthe der Reihen @ sowie die all- gemeinste Reciprocitäts- Beziehung zwischen Legendre’schen Zei- 2 7 ; chen (2) und (5). von denen das eine durch lineare Trans- [4 [4 formation aus dem andern entstanden ist. Für den speciellen Fall ce=d=0. und P=—y=1 kommt analog der obigen Glei- chung (VI) | VE) = Fan (2) | Ai wenn oe = = ist, und auch aus dieser specielleren Gleichung al- 14 lein folgen schon die Werthe der Reihen @. Ich bemerke schliesslich, dass ich die auf 8. 690 bis 695 ge- gebene Ausführung Cauchy’scher Betrachtungen bereits im Februar 1868 in der Akademie, und schon im December 1867 sowie von da ab regelmässig in meinen Universitäts-Vorlesungen vorgetragen habe. Die weitere auf S. 696 und 697 angeschlossene Entwicke- lung habe ich zuerst im Februar d. J. in meinen Universitäts-Vor- lesungen mitgetheilt. Berichtigung. Auf S. 691 Zeile 3 von unten soll es heissen: —4ir en ee Serzi man) 2 = du 7,4 a, vom 28. October 1880. 861 Hr. W. Peters legte vor: . 2 _ Übersicht über die während der Reise $. M. S. Corvette Gazelle um die Erde 1574—76 gesammelten Echinoiden von Dr. Th. Studer, Professor in Bern. Die Ausbeute, welche die Reise der Gazelle an Echinoiden geliefert hat, ist nicht eine sehr grosse, es sind im Ganzen 41 Arten, worunter 7 für die Wissenschaft neu sind. Davon sind einige antarktische Arten, sowie die Gattung Schleinitzia mit Schlei- nitzia crenularis und Astropyga elastica schon früher, 1876, vom Verfasser kurz charakterisirt worden, sie werden hier ausführlicher beschrieben und abgebildet. Für die übrigen Arten sind zum Theil neue, genaue Fundorte bekannt geworden, wovon namentlich die in der Gegend des Neu-Britannischen Archipels gelegenen Interesse verdienen, als Zwischenstationen für die zugleich im indischen und stillen Oceane vorkommenden Arten, zugleich war es möglich aus der Beobachtung einige biologische Notizen beizufügen. Tief- seeformen wurden nur sehr wenige erlangt. Einer der interessan- testen Funde ist derjenige eines lebenden Vertreters der sonst nur aus der Secundärzeit bekannten Gattung Catopygus, der zweiten lebenden Art, die im Laufe eines Jahres bekannt wird, die erste wurde von Agassiz aus dem reichen vom Challenger mitgebrach- ten Material beschrieben. Dem Direktor der zoologischen Sammlung des Königlichen Museums in Berlin, Hrn. Professor Peters, den HHrn. Professo- ren Dr. von Martens und Dr. Dames spreche ich hier meinen Dank aus für die mannigfache Unterstützung, mit welcher sie meine Arbeit fördern halfen. I. Desmosticna (Haeckel). Agass. Revis. of the Echin. A. Cidaridae Müll. 1854. Goniocidaridae Haeckel. Oidaris L. 1. ©. metularia Lmk. Wurde bei Mauritius aus 28 Faden lebend gefischt. Der Grund bestand aus weissem Kalksande und Knollen von rothen Korallinen. Die Art scheint häufig bei Mauritius in seichtem 862 Gesammtsitzung Wasser ausserhalb des Korallenriffs zu leben. Ich erhielt sie ebendaher von Robillard. Die Art hat eine weite Verbreitung im indischen Ocean. Peters fand sie bei Mossambique, Hem- prich und Ehrenberg im rothen Meer, v. Martens bei Amboina und in der südchinesischen See, an letzterem Ort in 40 Faden. 2. C. tribuloides (Lam.) Blainv. Von dieser Art, welche sich .durch die sehr breiten mit Miliar- tuberkeln besetzten Felder zwischen den Interambulacraltuberkeln auszeichnet, fanden sich zwei todte Schalen bei Ascension in 60 “Faden Tiefe. Es wird hierdurch ein neuer Fundort dieser über den atlantischen Ocean so weit verbreiteten Art bekannt. Nach A. Agassiz kommt sie in West-Indien in Tiefen von 80 — 120 Faden vor. Ausserdem auch an den Cap Verdischen Inseln nach Exemplaren in der Pariser Sammlung. Rathbun führt die Art von Bahia, Rio de Janeiro, Fernando Noronha und S. Carolina an. 3. CO. membranipora Stud. Goniocidaris membranipora Stud. S. Monatsber. d. K. Akad. d. W. Berlin. Juli 1876. Cidaris nutrie W. Thomson. The Atlantic 2. Bd. | Bei Kerguelen in 80 Faden Tiefe in grosser Anzahl gefischt. Über die eigenthümliche Brutpflege dieser Art s. Wyv. Thom- son |. c., ferner zoolog. Anzeiger 18380 Nr. 67. 68, wo ich den eigenthümlichen Geschlechtsdimorphismus dieser Art darstellte. Dorocidaris Ag. 4. D. papillata Leske. Von B.4°4'N. L.9°16’O. Cap Verdische Inseln. Die Structur ist von der der Mittel- meerform nicht verschieden. Die Färbung der Schale ist weisslich, die der Ambulacren und Scrobicularspinen purpurroth. Schleinitzia Studer. S. Monatsb. d. K. Ak.d. W. Berlin. Juli 1876. S. 463. Als ich im Jahre 1876 diese Gattung auf das Vorhandensein von crenulirten Stachelwarzen, welche sie mit der fossilen Gattung Rhabdocidaris Desor gemeinsam hat, begründete, war mir noch kein lebender Cidaride mit crenulirten Warzen bekannt.!) Ich 1) Die Arbeit von Loriol Mem. Soc. Se. nat. de Neuchätel T. V Mai 1873, worin er zwei Öidarisarten mit theilweiser Crenulirung der Stachel- warzen beschreibt, war mir damals nicht bekannt. vom 28. October 1880. 863 glaubte die Art nicht der Gattung Rhabdocidaris Des. einreihen zu dürfen, weil die Stacheln nicht die Entfaltung der fossilen Ar- ten dieser Gattung erlangen und der Apicalapparat abweichend von dem der übrigen in die Gruppe der Leiocidaris und Rhabdocidaris!)) gehörenden Cidariden angeordnet ist. Seither wurde von Tro- schel Arch. f. Naturg. 1877. 2. Hft. S. 127 ein fernerer Cidaride mit erenulirten Stachelwarzen als Rhabdocidaris recens Troschel beschrieben. Später veröffentlichte Troschel in den Sitzungsbe- richten der Niederrhein. Gesellschaft vom 10. December 1877 einen Fall von crenulirten Stachelhöckern bei Cidaris baculosa Lam. und erkannte die Identität seiner Rhabdocidaris recens mit der schon von Lamarck aufgestellten kurz charakterisirten Cidaris bispinosa, welche dann Loriol in den Memoires de la soc. des Se. nat. de Neuchätel T. V. 1875 ausführlich beschrieben hat. Zugleich theilte Troschel eine briefliche Mittheilung von de Loriol mit, wonach derselbe crenulirte Stachelwarzen bei Ci- daris annulifera Ltk., Lütkeni de Loriol, und Dorocidaris papil- lata L. beobachtet hat. Im Königl. Museum zu Berlin befindet sich endlich die von Stacheln entblösste Schale einer Goniocidaris-Art, wahrscheinlich G. tubaria, an welcher ich einzelne Stachelwarzen mit radiärer Crenulirung fand. Aus allen diesen Beobachtungen geht hervor, dass die Crenu- lirung auch bei den jetzt lebenden Seeigeln entweder constant oder individuell vorkommen kann, und zwar bei durch alle anderen Charaktere von einander generisch zu trennenden Arten. Es möchte daher auch dieser Charakter als Gattungskennzeichen kaum zu ver- werthen sein. Betrachten wir die Verhältnisse der Arten mit crenulirten Stachelwarzen genauer, so sehen wir, dass die Orenulirung überall da vorkommt, wo die Stacheln eine bedeutende Entwickelung zei- gen und einen gewichtigen Anhang an dem Körper darstellen. Die Stacheln werden nur durch eine Art Kapselband, welches vom Rande des Warzenhofes entspringend das Gelenk und den Stachel- !) S. über diese Beibehaltung der Gattung Leiocidaris Dames Echin. Palaeontogr. XXV 3. Folge Bd. I., dessen darüber ausgesprochene Ansichten ich vollkommen theile, 864 s Gesammtsitzung hals umfasst, gehalten und durch radiäre Muskelbündel, die sich an der Basis des Stachels festsetzen, bewegt. Je schwerer nun der Stachel ist, um so kräftiger müssen die Muskeln, die ihn bewegen, sein, und diese Muskeln bewirken durch ihre grössere Entwicke- lung eine kräftigere Entwickelung der Ansatzstellen, welche dann als Muskelleisten an dem betreffenden Skelettstück hervortreten. So sehen wir bei Wirbelthieren die Entwickelung der Muskelleisten im geraden Verhältniss zu der Stärke des Muskels stehen, der sich an sie ansetzt. Die radiären Muskeln der Stacheln werden auch ra- diäre Vorsprünge veranlassen. Bei den lebenden Cidariden, wo die Crenulirung vorkommt, sehen wir diese meist unsymmetrisch nur am abactinalen Rande der Warze auftreten. Dieses kommt daher, dass diejenigen Muskelbündel, welche der natürlichen Schwere des Stachels entgegenwirken müssen, am meisten entwickelt sind. Ge- ben wir nun nach dem Gesagten zu, dass die Urenulirung nur der stärkeren Entwickelung der Stacheln, resp. der sie bewegenden Muskulatur ihre Entstehung verdankt, so muss dieser Charakter der Ausdruck sein für diese Stacheln selbst. Auf diese aber Gat- tungen zu begründen, würde zu einem längst aufgegebenen künst- lichen Systeme führen. Desor trennte 1858 diejenigen Cidaris-Arten, deren Poren- paare durch Furchen mit einander verbunden sind, von denjenigen ab, bei welchen die Porenpaare nicht ganz parallel liegen und der Verbindungsfurcheu entbehren. Zu letzteren gehören die Gattungen Cidaris, Goniocidaris, Dorocidaris u. a., zu letzteren Leiocidaris Des. und Rhabdocidaris Des., von denen sich letztere Gattung durch die crenulirten Stachelwarzen von ersterer unterscheidet. Diese beiden Gattungen sind in ihrem geologischen Horizonte wohl geschieden, und ich möchte schon aus praktischen Gründen und ohne genaue Revision der fossilen Arten keine Verschmelzung der beiden Gat- tungen beantragen. Anders ist es mit ‘den lebenden Arten, welche de Loriol und Troschel unter Rhabdocidaris stellen möchten. Bei diesen ist die Entfaltung der Stacheln nicht eine so ausgeprägt charakteristische, wie bei den jurassischen Rhabdocidaris. Die Cre- nulirung beschränkt sich nur auf einzelne Stachelwarzen und be- trifft nur einen Theil der Stachelbasis, dagegen hat Rhabdocidaris bispinosa Lmk. mit meiner neu aufgestellten Schleinitzia crenularis den Charakter gemeinsam, dass das Abactinalfeld sehr gross ist. Die Genital- und Ocellartäfelchen sind zusammen im einer Reihe vom 28. October 1880. 865 angeordnet, so dass die Genitaltäfelchen bis zu ihrer Basis durch die Ocellartäfelchen getrennt sind. Das Afterfeld ist sehr gross und mit kleinen warzenbedeckten Tafeln besetzt, welche, wenigstens bei Schleinitzia erenularis, gegen einander beweglich sind. Der After liegt etwas excentrisch. Für diese Formen möchte ich die Gattung Schleinitzia zu Ehren des um die Wissenschaft so verdienten Commandanten der deutschen Corvette „Gazelle“, Capitän z. S. Freiherrn v. Schleinitz, beizu- behalten vorschlagen. 5. Sch. crenularis Stud. Taf.I. Fig. 1—1g. Die Schale ist rund, an beiden Polen abgeplattet, nur das Periproct etwas erhaben; die Ambulacralfelder sind schmal, wenig wellig, das Mittelfeld mit zwei Aussenreihen von grösseren Tuber- keln, die kleine Höfe‘ haben, versehen, dann folgen zwei Reihen kleinerer Wärzchen, dazwischen Miliartuberkel an zwei. unregel- mässig alternirenden Reihen. Porenzone fast so breit wie die Am- bulacralzone, die Poren durch deutliche Furchen verbunden, diese selbst durch scharfe, niedere Rippen von einander getrennt. Interambulacralfelder mit zwei Reihen von Warzen, die in der Zahl von 8 eine meridianale Reihe bilden. Die Warzenhöcker sind vorspringend, die Basis an mehreren Warzen, namentlich in denen der zweiten und dritten Reihe crenulirt. Die Orenulirung betrifft gewöhnlich nur die obere Peripherie der Warzenbasis, selten geht sie um die ganze Basis rings herum, in welchem Falle immer die Crenulirung der oberen Hälfte stärker ist. Die Warzenhöfe sind quer oval, wenig vertieft, der Rand von einem Kranze grösserer Tuberkel umgeben. Der übrige Theil der Interambulacralplatten ist mit sehr feinen Körnchen bedeckt. Die Platten sind durch feine Furchen von einander abgesetzt. Der Apicalapparat ist breit, fast kreisförmig; sein Durchmesser verhält sich zu dem der Schale wie 1:2,5 und ist grösser, als der der Buccalöffnung. Die Genitaltäfelchen sind schildförmig, ‚stumpf fünfeckig, und bilden mit den dreieckigen Ocellarplatten einen Kranz um das breite fünfeckige Analfeld. Die Genital- und Ocellartafeln sind mit gleichmässigen Körnern besetzt, die nur eine glatte Randzone frei lassen. Die Afterplatten sind klein, polygonal, mit grösseren Wärzchen besetzt und gegen einander wenig ver- schiebbar. Der After ist wenig excentrischh Die Stacheln der 866 | Gesammtsitzung Interambulacralzonen sind sehr verschieden gestaltet: die obersten sind in der Regel stabförmig, nach dem Ende sich etwas zuspitzend, mit kurzem glattem Halstheil (Fig. 1d). In ihrer Längsrichtung verlaufen Reihen von dornigen Wärzchen. Ihre Länge erreicht nicht die des Querdurchmessers der Schale. Die Stacheln der mittleren Warzen sind lang, über doppelt so lang, als der Durchmesser der Schale, 80—90””, und entspringen mit breitem Gelenktheil, der sich ohne halsartige Partie unmittel- bar in dem langen Stabtheil fortsetzt (Fig. lc). Am Ende sind sie entweder einfach abgestumpft oder laufen in zwei bis drei spitze Stacheln aus. Sie zeigen Reihen von scharfen Kerben. Nach dem unteren Pole zu werden die Stacheln wieder kürzer, eylindrisch mit etwas verdicktem Ende, dessen Ränder röhrig vorgegangen sind (Fig. 1f). Um die Mundhaut sind die Stacheln platt, spatelförmig an den scharfen Rändern mit stumpfen Zähnchen versehen (Fig. 1g). Die kleinen Stacheln, welche die Warzenhöfe umgeben, sind platt lanzettförmig, die des Afterfeldes feine platte, nach innen gerichtete Stachelchen. Von Pedicellarien beobachtete ich in den Ambulacralreihen nur eine Form, welche zu den Pedicellaires armes von Perrier gehören. (S. Perrier, Recherches sur les Pedicellaires et Ambu- lacres des Asterides et Oursins 2 part. Echinides Ann. Se. nat. 5 Serie, Zoologie 4. 13. 1870.) Sie gleichen am meisten den von Perrier abgebildeten Pedi- cellarien von Cidaris baculosa Lam., nur erscheinen die Köpfe noch schlanker (Fig. lc). Die Köpfchen sind lang gestielt, die Klappen wenig perforirt, ihr freier Rand ist geradlinig von unten bis oben fein gezähnt, die Spitze in einen starken Haken gebogen, davor ein Ausschnitt, vor dem zwei bis drei etwas längere, scharfe Zähne stehen. Die Farbe der Schale ist im Leben hellroth, die der Ambu- lacren purpurn. Die kleinen Stacheln, welche die interambulacralen Warzenhöfe umgeben, sind Ba Bun die Stacheln KO mit violetten Ringen. Die Art unterscheidet sich von Sch. bispinosa Lmk. durch die Farbe, die Form der Stacheln und die Ambulacralwarzen. Fand sich in drei Exemplaren am Eingang des Mc. Cluergolfes, West- Neuguinea in 28 Faden Tiefe auf Grund von grauem Sand, mit Muschelfragmenten. vom 28. October 1880. 867 Goniocidaris. 6. @. canaliculata Ag. G. vivipara Stud. Antarct. Echinod. Eine genauere Vergleichung meiner Exemplare mit @. canali- culata Ag., welche sich im Berliner Museum befindet, zeigte, dass @. vivipara als eigene Art nicht unterschieden werden kann. Über die Brutpflege dieser Art s. W. Thomson, The Atlantic Bd. 2; über diese wie den Geschlechtsdimorphismus s. Zoolog. An- zeiger, wo ich die bei Männchen und Weibchen verschiedenen Ge- nitalplatten abgebildet habe. | B. Arbaciadae Gray 1855. Arbacia Gray. %. A, Duüjresni. Bl. . If. I; Fig. 2, Zahlreiche Exemplare aus 30 und 60 Faden Tiefe von der Ostküste Patagoniens. (S. antarkt. Echinodermen 1. c.) Philippi führt diese Art von Chili an, Cunningham von der Magellans- strasse, die Angabe, dass diese Art auch an der Westküste Afri- kas vorkomme, möchte auf Verwechslung beruhen. Die Pedicella- rien dieser Art stehen als langgestielte dreiklappige Zangen zahl- reich auf den Ambulacren, gleichgebildete Zangen auf kurzen, . muskulösen Stielen stehen in der Umgebung des Mundes. Die Klappen der Zangen sind löffelförmig, an den Rändern tief einge- buchtet, am Ende erweitert und abgerundet. Die Ränder tragen feine Zähnchen, das Ende der Klappen ist hackenförmig eingebo- gen. Fig. 2. 8. A. alternans Troschel. (Famil. der Echinocidariden, Archiv f. Naturg. XXXVII 1873 und XXXIX 1874.) Taf. I. Fig. 3. In der Magellansstrasse, Tuesday-Bay. Den getrockneten Originalexemplaren der Berliner Sammlung, auf welche Troschel ‚ diese Art begründete, fehlen die Stacheln. Die Schale selbst gleicht sehr der der vorigen Art, mit welcher sie die grüne Farbe gemein hat, auch die Stacheln sind gleich gefärbt, sind aber bedeutend schlanker. Die Stacheln von A. Dufresni zeigen ganz die Verhältnisse derer von A. punctulata Lam. Die Länge des allmählig spitz zu- laufenden, am Ende etwas abgeplatteten Stachels in der Peripherie verhält sich zur Länge der Schale wie 0,75:1, ihre Dicke an der Basis beträgt 1,5%”, Die Stacheln von A. alternans sind spitzer, 868 | Gesammtsitzung Die Dicke beträgt an der Basis kaum 1", die Länge zum Durch- messer der Schale 0,65 :1, die nackten Platten des Sterns zeigen eine feine Skulptur und am unteren Rande häufig kleine Miliartu- berkel. Auf diesen stehen gestielte Pedicellarien, welche reihen- weise in Abständen auf dem Stern angeordnet sind. Ähnliche feh- len bei A. Dufresni. Die Pedicellarien sind von denen der A. Du- fresni sehr verschieden gestaltet (Fig. 3.). Die Klappen der Zan- gen sind länglich dreieckig, an den Rändern kaum ausgebuchtet, am Ende nicht verbreitert. Die freien Ränder sind nur schwach gezähnt, die Spitze wenig umgebogen. Die Zangenklappen, der Mund, Ambulacral und Interambula- cralpedicellarien sind gleich gestaltet. Beim Eierlegen beobachtete ich, dass die winzigen Eier, welche in continuirlichen Massen den Genitalporen entströmten, zunächst auf die nackten Interambula- cralplatten gelangten und dort sich vertheilten. Sie blieben hier auf der Schalenoberfläche an der Sculptur der Schalen haften. Wahrscheinlich dienen die Pedicellarien dazu, die Umgebung des Eierlagers rein zu erhalten. C. Diadematidae Peters. Diadema Gray. 9. D. setosum Gray. Von dieser weitverbreiteten Art, deren Verbreitung als äqua- toriale bezeichnet werden darf, wurden Exemplare gefunden bei Amboina, Carteret Harbour, Neu-Irland, Neu-Britannien. Sie kam nicht auf Korallen vor, sondern meist in seichtem Wasser auf Sandgrund innerhalb von Riffen oder am Pfahlwerk. von Hafenbauten wie in Amboina. Die Exemplare von Amboina zeigen gelblich rothe Ambulacralzonen von ebenderselben Farbe, auch die Ambulacralstacheln, das übrige dunkelviolett, die Exem- plare von anderen Fundorten sind dunkelviolett. Echinothrix Peters. 10. E. calamaris Pall. Kam in Amboina neben der vorigen vor. Ein Exemplar hat hellrothe nicht mit farbigen Ringen versehene Stacheln. vom 28. October 1880. | 869 Astropyga Peters. 11. A. elastica Studer. Taf. I. Fig. 4. Monatsb. d. K. Ak. d. W. z. Berlin. Juli 1876. Die Hauptunterschiede der mit A. radiata nahe verwandten Art bestehen in der Kürze der Stacheln (dieselben verhalten sich zum Durchmesser der Schale fast wie 1:6), die fein, nadelartig sind, der lang dreieckigen Form der Genitalschilder und der An- ordnung der Afterplatten. Das Afterfeld ist umgeben von drei unregelmässig angeordneten Reihen kleiner dreieckiger bis polygo- naler Platten, deren äusserste Reihe die grössten trägt. Die Plat- ten sind von einander getrennt durch Zwischenräume, die aus einer weichen Haut gebildet werden. Einige Platten tragen Wärzchen. Bei A. radiata finde ich nur einen unregelmässigen Kranz von Platten um das Afterfeld. Die übrigen Platten der Schale sind gegeneinander verschiebbar. Bei dem frischen Exemplar war die- ses so weit der Fall, dass ein Druck auf eine Seite genügte um die in der Leibeshöhle befindliche Flüssigkeit in die andere Seite zu treiben und diese blasenartig aufschwellen zu lassen, wobei die Kalkplatten weit auseinander treten. Die ganze Schale war mit einer dicken gallertigen Epidermis überzogen, Durchmesser der Schale 180"%. Fand sich bei Neu-Britannien in 1 Faden Tiefe auf Sand. | D. Echinomeiradae. Podophora Ag. Colobocentrotus Brdt. 12. P. atrata L. Fand sich auf den Riffen von Mauritius und an anderen Punk- ten im indischen Ocean. Sie bohrt nicht in Felsen, wie das Cail- laud (Observat. sur les oursins perforants de la Bretagne) vermuthet, sondern sitzt frei, meist ziemlich hoch, am Aussenrande des Riffes. Die grosse Entwicklung der mit breiten Saugscheiben versehenen Füsschen am Actinalpol lässt sie Widerstand finden gegen die an- stürmenden Wellen. Acrocladia Ag. Heterocentrotus Brdt. Die Acrocladien theilen das Vorkommen mit Podophora. Man trifft sie gewöhnlich am Aussenriff, wo sie mit ihrer ausgedehnten Actinalfläche angeheftet sind. Auch diese Seeigel sah ich nie in 870 Gesammltsitzung Fels bohrend. Beide Arten scheinen im ganzen äquatorialen Theil des indischen und stillen Oceans vorzukommen, soweit die Koral- lenriffe reichen. 13. A. trigonaria Klein. Im Me. Oluer-Golf, West-Neu- Guinea, an den Lucipara-Inseln, Neu-Irland, Ana- choreten. 14. A. mamillata Lam. Mauritius, Lucipara, Anachoreten- inseln, Neu-Hannover, Neu-Irland. Auch diese beiden Arten, auf welche von A. Agassiz sämmt- liche unter verschiedenen Namen beschriebenen Formen reducirt werden, zeigen Zwischenformen, welche beide verbinden. So fan- ‘ den sich auf den Anachoreteninseln Formen mit den Primär- stacheln der A. mamillata, bei welchen mehrere Secundärstacheln - statt der plattenartigen eine mehr gestreckte und zugespitzte Form zeigen. Echinometra Breyn. Die zahlreichen Arten, welche in dieser Gattung aufgestellt worden sind, sind von A. Agassiz mit Recht auf wenige redueirt worden. Bei einer grossen Individuenreihe sieht man, dass die zahlreichen verschiedenen Formen, die in Bezug auf die Form der Stacheln und der Schale sich unterscheiden lassen, durch Über- gangsglieder mit einander verbunden sind, schliesslich bleiben nur wenige Formenreihen übrig, welche constante gemeinsame Merkmale zeigen. | Es sind dieses zwei Arten, welche dem äquatorialen Theil des atlantischen Oceans eigenthümlich sind, zwei, vielleicht drei Arten, die der indopacifischen Region angehören und eine von der West- küste Amerikas. Die grosse Variabilität innerhalb einer Art erklärt sich einestheils aus der ausserordentlichen Vermehrung, welche eine srosse Individuenzahl bedingt, andererseits aus der eigenthümlichen Lebensweise. Bezüglich dieser finde ich eine genauere Angabe nur bei Rath- bun (List of Brasilian echinoderms, Trans. Conn. Acad. V. v. 1879), welcher eine Angabe von Hartt über die Echinometra subangularis von der brasilianischen Küste wiedergiebt. Derselbe sagt, „dieser Seeigel bohrt in verschiedene Arten von Felsen, welche oft so durchbohrt sind, dass sie der Gewalt der Wogen nicht mehr widerstehen können“. vom. 28. October 1880. 871 Eine fernere darauf bezügliche Notiz bringt Verrill (in. Notes on Radiata 1867. Echinod. of Panama and W. Coast of America). Er berichtet von seiner FE. rupicola, nach Agassiz, E. van Brunti Ag., sie pflege tiefe Höhlungen in Felsen zu graben, auf ähnliche Weise wie Echinus lividus. Dieselbe Fähigkeit beobachtete ich an E. subangularis an der Insel Ascension und an E. lucunter im indischen Ocean. In den Felsen, welche den Landungsplatz von George Town umsäumen, waren in der Wasserlinie ovale Löcher eingebohrt, gerade tief genug, um eine Fchinometra zu bergen, welche im Grunde des Loches mit den Stacheln sich anstemmte und nur dadurch erlangt werden konnte, däss man den Fels mit dem Hammer zertrümmerte. Das Gestein ist eine harte Augitlava. Nach den Beobachtungen von Caillaud über die Fähigkeit des Strongylocentrotus lividus Ag. in Kalk, Sandstein und Granit zu bohren (Observat. sur les oursins perforants de la Bretagne), ist es wahrscheinlich, dass die Löcher von dem Thiere selbst gegraben werden. Den direeten Beweis, dass die Eehinometren im Gestein bohren, erhielt ich auf den Ko- rallenriffen im indischen Ocean. Es zeigten sich hier in Blöcken von Korallenkalk, häufig in dem compacten Kalk, welcher den Aussenwall des Riffes bildet, Gänge von 35— 40°“ Länge, in deren Grund der Seeigel, die Actinalseite nach dem blinden Ende des Ganges richtend und die Stacheln an die Wände stemmend, sass. Das Thier arbeitet den Gang mit seinen Zähnen aus, die weite nackte Mundhaut ist so beweglich, dass der Zahnapparat weit vor- Sezogen werden kann und im Stande ist, in der ganzen Peripherie des Körpers zu arbeiten. Ich schlug einen Gang, welcher den Seeigel enthielt, mit dem Hammer von dem Felsen los, so dass das blinde Ende an dem Felsen blieb und ich so den offenen Gang mit dem Seeigel hatte. Sogleich drehte sich das Thier, das mit seiner Hauptachse parallel der Achse des Ganges lag, in einem rechten Winkel und fing an, an der Wand des Ganges mit seinen Zähnen zu arbeiten. Man sah die Kiefer sich öffnen und den Kalk angreifen. Junge Thiere sind entweder noch nicht eingebohrt oder man trifft sie auch wohl in älteren, weiteren Gängen. Grössere Thiere haben meist kürzere und dickere Stacheln; einmal in den Gang eingebohrt, werden sich die Stacheln wenig mehr in der Längsrichtung entwickeln. Die in der Lava bohrenden Echino- metren zeichnen sich durch kräftigere Stacheln aus, als ihre ameri- [1880] 63 872 Gesammtsitzung kanischen Verwandten, welche wohl meist im Corallenkalk bohren; auch sind ihre Stacheln am Ende abgestumpft und wie abge- scheuert. 15. E. subangularis Desh. Ich erhielt diese Art von S. Jago auf den Cap Verdischen Inseln und von Ascension. Die ersteren haben dieselbe Lebens- weise, wie sie von Ascension geschildert wurde. Auch hier ist das Gestein eine Augitlava. Bei beiden ist die Farbe der Stacheln ein dunkles Violett, ohne hellere Ringe. Es scheint hier eine Art Mimicery vorzukommen, indem die Farbe mehr dem dunklen Gestein angepasst ist. 2 16. E. lucunter Lmk. Diese Art wurde in allen möglichen Varietäten an den Öo- rallenriffen des indischen Oceans gefunden, so bei Mauritius, den Riffen von Atapupu in Timor, Neu-Hannover, Bougain- ville im Salomons-Archipel, Matuka auf Fidji. " Eine constante Varietät dieser Art, mit fleischfarbenen, ziem- lich dieken, in der Mitte etwas angeschwollenen Stacheln und einer tiefvioletten Schale glaubte ich auf die E. oblonga Blv. zurück- führen zu können. Bei genauerer Vergleichung mit Exemplaren dieser Art aus der Südsee, welche sich im Berliner Museum befin- den, und einer reichen Suite der &. lucunter, welche durch E. v. Mar- tens gesammelt wurde, zeigte sich aber, dass es sich nur um eine Varietät der E. lucunter-handle, von deren typischen Exemplaren Übergänge existiren. Vorwiegend diese Varietät war es, welche sich tief eingebohrt fand; es ist wahrscheinlich, dass bei dieser Lebens- weise die Stacheln in ihrem Längenwachsthum gestört werden und dafür an Dicke zunehmen. Es fand sich diese Varietät in Neu-Irland, den Anachoreten- Inseln, im Naturaliste Channel an der Westküste von Austra- lien, im Museum von Berlin sind Exemplare von Nord-Celebes, Batjan, den Philippinen, Timor. 17. E.molare A. Ag. Ein Exemplar von Atapupu, Timor; es fand sich am Co- rallenrif. A. Agassiz (Revis. Echin.) bezieht auf diese Art die Fig.5 Taf. XIII. inRumph, Amboin. Rarität.-Kammer, welche von Rumph als Echinometra setosa bezeichnet wird. Die Abbildung von Rumph ist ziemlich unklar; im Text wird gesagt, dass stricknadel- vom 28. October 1880. 873 dieke und daneben haarförmige Stacheln vorkommen. Es scheint sich daher hier eher um eine Echinothrix zu handeln, deren Art nach der gegebenen Figur schwerlich je wird bestimmt werden können. E. Echinidae Agass. Temnopleuridae Des. Salmacis Agass. 18. S. rarispina Ag. Moretonbay, Ost-Australien. In flachem Wasser auf Sand. Die Schalen fanden sich am Strande ausgeworfen. Die Höhe der Schalen scheint zu variiren. Bei der Dünne der Schale scheinen häufig Verletzungen vorzu- kommen, die ausgebessert werden, aber der Schale dann ein un- symmetrisches Aussehen geben. 13. S. sulcata Ag. In der Mermaidstreet, West-Australien. Aus 24 Faden in Sandgrund. Die Schale grünlich, die Sta- cheln weisslich mit breiten, braunrothen Ringen, die der Abactinal- fläche am Ende abgeplattet. Im Museum von Berlin befinden sich zwei Salmacis von ko- nischer Gestalt, wie S. rarispina, aber in der Vertheilung und Grösse der Stachelwarzen mit S. sulcata verwandt. Troschel bestimmte sie als S. conica, unter welchem Namen sie von von Martens (Ostas. Echinodermen) beschrieben wurden. Agassiz hält die Art für identisch mit S. sulcata. Es möchte vorläufig noch gerathen erscheinen, die S. conica Trschl. als eigene Art aufrecht zu er- halten, bis Zwischenglieder zwischen der mehr deprimirten Form von sulcata und der konischen von conica sich nachweisen lassen. Amblypneustes. 20. A. grossularia n. sp. Taf.I. Fig. 5. Das geringe Material, über welches man gegenwärtig noch be- treffs dieser Gattung verfügt, giebt noch keine genügende Übersicht über die Formenreihen, welche innerhalb einer Art vorkommen; man wird daher genöthigt sein, von den vorhandenen Artbeschrei- bungen abweichende Formen noch als eigene Species zu beschreiben. Die vorliegende Art aus Neuseeland, nördlich den Three King Islands, in 95 Faden Tiefe gefischt, passt auf keine der von. Agassiz festgestellten und in neuerer Zeit von Bell weiter cha- rakterisirten Arten. Das einzige Exemplar wird hier unter eigenem 63* 874 Gesammtsitzung Namen beschrieben, trotzdem ich die Möglichkeit offen behalte, dass sie. nur den Jugendzustand einer schon bekannten Form reprä- sentirt. | | | Schale dünn, annähernd sphärisch, der grösste Durchmesser etwas unter dem Äquator (sit venia verbo). Das Actinostom wenig vertieft, klein, der Apicalapparat etwas erhaben. Die Ambulacral- felder schmal. Die Tuberkel sind fast nur grössere Primär-Tuber- kel und lassen in der oberen Hälfte der Schale ein Mittelfeld in jedem Raume frei. Die Interambulacral-Tuberkel sind kaum etwas grösser, als die der Ambulacralfelder. Im Interambulacralraum trägt jede Platte drei parallel stehende Primär-Tuberkel, so dass sechs eine Quer- reihe bilden; nach oben verschwinden die inneren und äusseren Tuberkel. so dass auf jeder Platte schliesslich nur zwei Längsreihen übrig bleiben, welche einen nackten Raum zwischen sich lassen bis zum Apicalapparat. Zwischen den Primär-Tuberkeln stehen auf der Unterseite nur wenige Secundärwarzen. Im Ambulacralfeld. stehen in der unteren Hälfte nur drei Tuberkel in einer Reihe, von denen nach .oben der mittlere schwindet. Die Suturalporen sind nur in der Ambulacralzone deutlich und an der Plattennaht in der Zahl von 4 vorhanden; von ihnen aus gehen seichte Furchen in die Platten, sonst ist die Oberfläche der Platten ganz nackt, ohne jede Skulptur. Von Ambulacralporen kommen auf jede Platte vier Paare, wovon die drei ersten eine, die vierte die zweite Reihe bil- det. Der Apicalapparat besteht aus einem Kranze von Genital- und Ocellarplatten, die Madreporenplatte ist doppelt so gross, wie die übrigen Genitalplatten. Das Afterfeld ist mit unregelmässigen Schuppen bedeckt, der After excentrisch. Die Spinen sind klein und spitz, ähnlich wie bei Salenia. Farbe der Schale weiss, die Warzenhöcker roth, ebenso die Basis der Stacheln, die auf der Unterseite im oberen Theile weiss, auf der Oberseite grünlich sind. Vielleicht ist diese Art identisch mit der von Hutton (Trans. N. Z. Inst. Vol. XI, 1878 p. 306) angeführten Arbacia globator, von welcher Hutton genau die gleiche Färbung angiebt, welche von der der supponirten Art bedeutend abweicht. Diam. Höhe Abactinalsystem Actinalsystem Poriferenzone. 20. 18. 4. Ti 1. Spinen Üoronalplatten d. 18. vom 28. October 1880. 875 Triplechinidae A. Ag. Echinus Rond. L. 21. E. magellanicus Ag. | Fand sich reichlich bei Punta Arenas in der Magellans- strasse an Tang. om margaritaceus Blv. Tf. I. Fig. 6. An der Küste von Ostpatagonien in 60 Faden Tiefe und 30 Faden auf Sand; an letzterem Ort jung in grosser Menge, 25. E.diadema Stud. Taf. I. Fig. 7. S. Antarkt. Echinodermen |. ce. So ähnlich die beiden Arten E. margaritaceus und diadema in ihrem äusseren Ansehen sind, so lassen sich doch ausser den schon früher hervorgehobenen Unterschieden noch die Arten an der Form der Pedicellarien unterscheiden. Die Mundpedicellarien zeigen bei E. diadema breite Klappen, die. durchlöchert sind. Die Ränder sind gegen die Basis eingebuchtet, am Rande sehr fein gesägt, die Spitze nach innen hackig umgebogen, vor der Spitze ein dreiecki- ger fein gesägter Lappen. (Fig. 7.) Bei E. margaritaceus sind die Klappen schmaler, wenig eingebuchtet. Die Zähnelung des Randes ist gröber, der Lappen vor der Spitze doppelt. (Fig. 6.) 24. E. miliaris Blv.? Die Schale eines jungen Thiers, wahrscheinlich zu dieser Art sehörend, fand sich bei den Cap Verdischen Inseln in 35 Faden Tiefe, 25. E. elegans Dub. Kor.? An demselben Orte die Schale eines ganz jungen Thiers, mit rothen meridionalen Streifen in der Ambulacralzone. Die Inter- ambulacralzone gelb. 26. E. ? jung. Ein junger Echinuüs von blassgrüner Farbe mit spärlichen fei- nen Stacheln wurde östlich von Neuseeland in 597 Faden gefischt. Die spärlichen Aftertäfelchen, die gerade Anordnung der Ambula- eralporen, die wenig zahlreichen Warzenhöcker, von denen zwei Reihen in der schmälern Ambulacralzone und zwei in der Inter- ambulacralzone stehen, deuten auf ein junges Thier. Die Warzen des Interambulacralfeldes sind grösser, vielleicht ist es ein junger Evechinus. 876 Gesammtsitzung Hipponoe Gray. 27. H. variegata Leske. Überall häufig auf den Korallenriffen des indischen Ge Sie fand sich in der Regel in seichtem Wasser auf sandigem Bo- den innerhalb des Riffes, bald in der dunklen Varietät, häufiger mit rothen Ambulacral- und dunkel violetten Interambulacralfeldern, so namentlich auf den Anachoreteninseln. Häufig sieht man sie Blätter von Seegräsern oder Tang auf ihren abactinalen Sta- cheln tragen, eine Gewohnheit, welche auch bei unseren nordischen Echiniden, namentlich bei Echinus esculentus und Strongylocentrotus lividus, beobachtet wird. II. CLYPEASTRIDAE (Haeckel). A. Euclypeastridae Haeckel. Echinocyamus Van Phel. 28. E. pusillus Müll. Bei Madeira in 60 Faden Tiefe, ferner an den Cap Verdi- schen Inseln, wo in der Tiefe von 47 Faden der Sand zum Theil aus seinen leeren Schalen bestand. Olypeaster Lam. 29. C. scutiformis Gmel. Von Corallenriffen, so von Atapupu bei Timor, wo er lebend in etwas schlammigem Grund innerhalb eines Corallenriffes vorkam und auf den Anachoreten-Inseln, wo die Schalen hänfig im Sande angeschwemmt sich fanden. B. Scutellidae Ag. Rotula Klein. 80. R. Augusti Klein. Diese Art wurde in grosser Menge lebend bei Monrovia (Liberia) im Sande aus 6—10 Faden erlangt. Das ganze Netz war davon erfüllt. Alle Exemplare scheinen noch jung zu sein, keines erreicht die von Agassiz in der Revis. of Echin. darge- stellten Maasse. Das grösste der gesammelten Exemplare erreicht kaum 30%®% im Durchmesser. Dagegen zeigen die kleinen Exem- plare die Entwicklung der Form, wie sie Agassiz geschildert hat. vom 28. October 1880. 877 Das kleinste Exemplar hat einen Durchmesser von vorn nach hin- sen von 16". Die beiden hinteren Loben sind vorhanden, ihr Rand zeigt je 3 seichte Einschnitte, wodurch er in vier stumpfe Lappen zer- fällt. In den vorderen Interradialräumen sind noch keine Längs- spalten zu erkennen, dagegen zeigt der ventrale Theil der Schale an der betreffenden Stelle zwei längliche Vertiefungen, welche aber die Schale noch nicht durchdringen. Ein Individuum von 18"m zeigt schon zwei feine, beide Schalen durchsetzende Spalten, die sich bei grösseren Individuen dann mehr verlängern und etwas verbreitern. Die Farbe der lebenden Thiere mit den Stacheln war grün. Die Stacheln sind auf beiden Seiten feine haarartige Borsten, die fein geringelt erscheinen. Die der Unterseite sind etwas länger und stärker. An den vorderen Spalten legen sich die Stacheln, sich gegenseitig kreuzend, quer über die Öffnungen. Ill. PeraLosticha Haeckel. A. Cassidulidae Ag. Echinoneus Leske. 31. E. cyclostomus Leske. Nach den im Berliner Museum unter verschiedenen Namen aufbewahrten Exemplaren, die nach A. Agassiz, welcher dieselben selbst durchsah, alle der obengenannten Art angehören, zeigt diese zahlreiche Formvarietäten von flach deprimirten zu schmalen seit- lich eomprimirten. Die Form, welche im Berliner Museum als E. minor Leske bezeichnet ist, erhielt ich lebend bei Timor. Das Thier mit den Stacheln ist hellbraun, auf der Unterseite dunkler, die Füsschen in der Umgebung des Mundes dunkelroth. Die Buc- calhaut ist mit kleinen Kalktäfelchen besetzt, als Mund dient eine kleine Öffnung in der Mitte derselben, von einem wulstigen Rand umgeben. Das Afterfeld weicht etwas ab von der Schilderung, _ welche Agassiz für diese Art gegeben hat. Der After ist fast in der Mitte der Aftermembran, hinter der Afteröffnung liegen 6 grössere Kalkplatten, die die Ränder der Afterhaut bis zur Mitte einnehmen und sich in der Mittellinie hinter dem After berühren; sie tragen kleine Stacheln. Vor dem After liegen in 3 Reihen grössere rhombische Schildchen. Die Art fand sich auch am Strande in Neu-Hannover., 878 Gesammtsitzung B. Nucleolidae Agass. Catopygus Ag. 32. C. Loveni n.sp. Taf. II. Fig. 1—1d. Bis vor kurzem erschien noch die Gattung Catopygus auf die | Kreideformation beschränkt, bis A. Agassiz eine Art dieser Gat- tung aus der Tiefsee beschrieb (Prelim. Report on the Echini of the Challenger. Proc. Amer. Academy May 1879), welche von der Expedition des Challenger bei Australien in 129 Faden er- langt worden war. Eine zweite lebende Art der Gattung fand ich unter den Thieren, welche von der Gazelle südlich vom Cap der guten Hoffnung mit dem Schleppnetz aus 117 Faden gefischt wor- den waren. Es sind zwei Exemplare, beide todt, doch die Schale ist zum Theil noch mit kleinen Stacheln besetzt und die Mund- und die Afterhaut vorhanden. Beide sind bloss 6" Jang und wahrscheinlich junge Thiere, welche aber die Gattungs - Charaktere unverkennbar zur Schau tragen. Die Schale ist hoch konisch, ihre Peripherie birnförmig, nach vorn abgerundet, nach hinten etwas verlängert und verschmälert. Die Länge zur Breite ist wie 6:5, die Höhe 10”®, Die Gestalt erinnert an Galerites und Echinoconus. Der Genitalapparat liegt etwas vor dem höchsten Theil der Schale und besteht aus 5 Genitaltäfelchen, welche vor und seitwärts von der mit feinen Granulationen bedeckten Madreporenplatte liegen. 4 Genitalporen, von denen der linke vordere sehr fein, fast oblite- rirt ist. Hinter dem Genitalapparat ist eine längliche seichte Grube, welche von quer darüber sich legenden kurzen Stacheln bedeckt wird. Die Ambulacren sind auf der Abactinalseite sehr eng und schwer zu erkennen. Sie laufen vom Scheitel bis zum Rande und zeigen über dem Rand nach einer schwachen Erweiterung nur eine schwache Einschnürung. Die ganze Oberseite ist mit sehr feinen Granulationen bedeckt. Die Unterseite zeigt einen wulstigen Rand, ein stumpfer Kiel läuft vom After zum Actinostom; das Actinostom ist fünfeckig, etwas in die Breite verzogen und wenig vor der Mitte; es ist mit einer nackten Membrane ausgefüllt, in deren Mitte eine runde Öffnung. Der Rahmen, welcher den Actinostomrand umsgiebt, zeigt an jeder Leiste zwei Höcker; aus dem Zwischenraum von je zwei solchen Höckern (Fig. 1e) entspringt ein Stachel, der sich radiär über die Mundhaut legt. Vom Actinostom strahlt eine deut- liche Floscelle bis nahe an den Ambitus mit zwei Reihen deutlich conjugirter ovaler Poren. Das Periproct liegt über dem Rande an vom 28. October 1880. 879 ‚dem etwas ausgezogenen Hinterende. Die Aftermembran, aus deren Mitte der röhrenförmige After hervorragt, zeigt am Rande einen Kranz von: grösseren polygonal länglichen Platten, woalche ein kör- niges Feld umgeben, in welchem der röhrenförmige After entspringt (Fig. 1d). Diese Art halte ich für specifisch verschieden von dem durch eine kurze Beschreibung charakterisirten Calopygus recens Ag. Letzterer hat nur drei Genitalporen, und die Gegenwart der Grube hinter dem Apicalapparat wäre von Agassiz unzweifelhaft hervor- gehoben worden. C. Spatangidae. Spatangina Gray. Spatangus Klein. Sbg. Loncophorus Laube. (Beitrag z. Kenntn. d. Echinoderm. des vicent. Tertiärgebietes. Abh. d. K. Ak. d. W. Wien 1868). Auf Spatangus loncophorus Menegh. einer Spatangide aus dem Tertiär von Verona gründete Laube die Gattung Loncophorus; ich betrachte Concophorus, wie Laube schreibt, als einen Druckfehler. (S. darüber Dames, Echin. d. vicent. u. veron. Tertiärablagerungen. Palaeontographica XXV. 3. Folge. Bd.I.) Es zeichnet sich dieser Spatangide aus durch die feine Granulation, mit der das Abactinal- feld an der Stelle der grossen Tuberkel bei den anderen Spatangus- arten bedeckt ist. Diesen Charakter zeigt in ganz analoger Weise eine lebende Art, welche ich aus 30 Faden Tiefe an der Küste Westaustraliens erhielt. Auf den Charakter der blossen feinen Granulirung der Oberseite der Schale, welche bei dem Original- Exemplar des Spatangus loncophorus allein erhalten erscheint, eine neue Gattung zu gründen, hätte ich für überflüssig gehalten, wie auch Dames die Art einfach bei Spatangus liess, wenn nicht bei der lebenden Art noch andere Charaktere vorhanden wären, welche die Aufstellung wenigstens eines Subgenus rechtfertigen. Dieser Charakter besteht in dem Vorhandensein von Poren am Rande des von der Fasciole eingeschlossenen Subanalfeldes, von welchen Fur- chen nach der Mittellinie des Feldes hinlaufen, so dass das Sub- analfeld ganz den Charakter des entsprechenden Feldes bei dem zu Brissus gehörenden Subg. Metalia hat. Ob die fossile Art diesen Charakter ebenfalls besitzt, müssen fernere Funde zeigen. Die 830 Gesammtsitzung Übereinstimmung der Oberseite beider Formen berechtigt vorläufig, durch Zusammenstellung in eine Untergattung, ihre nahe Verwandt- schaft anzudeuten. Nahe verwandt mit den beiden Vertretern der Untergattung, doch mit ganz verstrichener unpaariger Ambulacralfurche und ohne die Poren auf dem subanalen Felde, scheint die Maretia elliptica Bolau (Neue Spatangiden des Hamburger Museums. A. f. Naturg. XXXX. Jahrg. I. Bd. S. 175) zu sein. | .83. L. interruptus n. sp. Taf. II, Fig. 2—2b. Die Schale ist flach, ähnlich der von Maretia, die Peripherie länglich oval, ein vorderer Einschnitt nur schwach entwickelt. Die grösste Breite ist in der Gegend des Scheitels, welcher wenig vor die Mitte fällt. Vom Scheitel läuft eine stumpfe, kielartige Erhaben- heit bis zum Periproct. Die vordere Ambulacralfurche stellt nur eine relativ breite, flache Vertiefung dar, welche bis zum Rande sich erstreckt. Von den beiden paarigen Ambulacren ist das vor- dere Paar etwas kürzer, als das hintere, und mehr divergirend; das hintere ist lanzettförmig mit wenig welligen Rändern, das vor- dere läuft vom Apex zum Rande spitz zu; seine grösste Breite ist gegen den Apex zu. Die Porenzonen sind wenig vertieft, die Zwischenporenfelder breit, so hoch wie das Niveau der Interambu- lacralfelder. Die Poren sind oval, je zwei conjugirt. Am Ende erscheinen die Ambulacren nicht ganz geschlossen. Die Porenreihen beider Ambulacren laufen nicht bis zum Apex, sondern verschwin- den 2—4"" vom Apicalapparat, am vorderen Ambulacrum ver- schwindet die vordere Porenreihe noch früher, 6%% vom Apical- apparat, so dass die vorderen paarigen Ambulacren unvollständig erscheinen. Eine Vorstufe zu den Verhältnissen, wie sie Nacopa- tangus Ag. zeigt. In ähnlicher Weise, wenn auch weniger auf- fallend, verhalten sich schon die Ambulacren bei Spatangus pur- pureus Müll. Der Apicalapparat zeigt nur drei Genitalporen; der rechte vordere ist obliterir. Die ganze Abactinalfläche ist mit feinen Miliarwärzchen in den Ambulacral- und Interambulacralzonen be- deckt, nur am Rande der Furche für das unpaarige Ambulacrum sind grössere Wärzchen, die perforirt sind und einen kleinen Hof besitzen. Die Actinalseite ist flach, bis auf das Actinalschild (Actinal- vom 28. October 1880. 881 plastron Ag.), welches leistenartig vorspringt. Seine Form ist ein langes spitzwinkliges Dreieck, mit der Spitze vor der Mundlippe aufhörend, Es verhält sich ähnlich wie bei typischen Spatangen. Die Ambulacralfelder verlaufen als rechtseitige Zonen convergirend zum Actinostom. Die Subanalfasciole umschliesst einen breit herz- förmigen Schild, dessen Mittellinie stumpf kielartig vorspringt; von diesem aus divergiren nach den Rändern je 4 Furchen, die an der Fasciole in kleinen Poren endigen. Das Periproct ist gross quer- oval, von dem lippenartigen Oberrande der Schale überragt, wie bei Spatangus. Die Mundlippe liegt im Niveau der unteren Schalen- fläche und ist halbmondförmig. Die Interambulacralfelder und das mittlere Actinalfeld sind mit grösseren, von Höfen umgebenen, Stachelwarzen bedeckt, welche von kleinen Miliaren umgeben sind; ebenso trägt das Subanalfeld Miliaren. Die Stacheln sind auf der Abactinalseite kurze haarartige Borsten, etwas gebogen, gleichför- mig, und nur auf der unpaaren Ambulacralfurche etwas kräftiger, auf der Unterseite kräftiger, gebogen, und am Ende wenig verdickt. Farbe braun, Stacheln der Oberseite graulich weiss, glänzend. Länge 30%", Breite 25%®, Höhe 14m, | Lovenia Des. 34. L. elongata Gray. Aus der Mermaidstreet, Nordwest-Australien, lebend im Sande in 74 Faden. In dem ungemein vertieften Warzenhof der Primärtuberkel, welcher nach innen der Schale zu die sogenannten Ampullen bildet, heften sich die kräftigen Radiärmuskeln an, welche die Stacheln bewegen. Breynia Des. 35. B. Australasiae Leach. Fand sich ungemein häufig in der Mermaidstreet, Nord- west-Australien im Sande, 1—3 Faden tief. Brissina. Hemiaster Des. | 36. H. cavernosus Phil. (Abatus cordatus Verr., Tripylus caver- nosus Phil., australis Phil.) Bei Kerguelensland sehr häufig von 5 Faden bis 60 Faden. Nach Agassiz kommt er bis 400 Faden Tiefe vor. An der Ost- küste Patagoniens in 63 Faden. 882 | Gesammtsitzung Über die Geschlechtsdifferenzen und Brutpflege s. Zool. An- zeiger. 1880. | 37. H. florigerus n. sp. Taf. Il, Fig. 5—3e. Diese Art zeigt in der äusseren Form, der Beschaffenheit der Ambulacren und der Peripetalfasciole die nächste Beziehung zu Brissopsis, nur entbehrt sie der Subanalfasciole. Sie zeigt damit wieder die von Agassiz hervorgehobene nahe Verwandtschaft der beiden Formenreihen. Die Schale ist sehr dünn und zerbrechlich; ihre Form, von oben gesehen, ist länglich oval. Die grösste Breite ist in der Mitte der Peripherie, welche in die Linie des Apicalapparates fällt. Der vordere Ausschnitt ist kaum angedeutet. Das von der Peripetal- fasciole umschlossene Feld ist nahezu eben, von da wölbt sich die Schale gleichmässig dem Rande zu, nur nach hinten ist sie Sschär- fer abgestutzt. | Das vordere unpaarige Ambulacrum liegt in einer breiten, seichten Furche, welche sich über den Ambitus bis zum Actinostom erstreckt. Die paarigen Ambulacra sind schwach vertieft, lanzett- förmig. Die grösste Breite actinalwärts von der Mitte. Die vor- deren Ambulacra sind kürzer, wenig divergirend, die hinteren bilden einen spitzeren Winkel, als die vorderen. Die Porenzonen sind breit, je ein Paar durch breite Furchen verbunden; die Poren selbst stellen länglich ovale Öffnungen dar. Das vordere unpaarige Am- bulacrum besitzt zwei Reihen Poren, durch welche sehr grosse Füsschen treten, welche sich am Ende in strahlenförmige Lappen zertheilen, wie bei anderen Spatangen die Mundkiemen. Diese Füsschen sind fleischroth gefärbt und breiten sich im Leben blüthen- artig auf dem vorderen Theile des Thieres aus. Die Peripetal- fasciole, von dunkelrother Farbe, verhält sich ganz wie bei Bris- sopsis Iyrifera, sie umschreibt ein stumpf sechseckiges Feld, dessen Ränder in den Interambulacralräumen etwas eingezogen sind. Der Apicalapparat ist compact; 4 Genitalporen, von denen die beiden hinteren etwas grösser sind. (Fig. 3d.) In sie münden die kurzen Ausführungsgänge von zwei grossen Ovarien, deren Schläuche di- rect unter dem Apicalapparat liegen. In die kleinen Poren münden zwei Geschlechtsausführungsgänge, die von zwei kleineren Drüsen kommen, welche am vorderen unpaarigen Ambulacrum in der Hälfte seiner Erstreckung liegen. (Fig. 3c.) Die ganze Oberseite ist mit vom 28. Ociober 1880. 883 kleinen Miliaren bedeckt, welche erst gegen den Ambitus etwas grösser werden und, von einem kleinen Hof umgeben, durchbohrt sind. Die Actinalseite ist in der Mitte etwas eingezogen, gegen das Periproct springt das Mittelfeld als erhabenes Plastron vor. Das Sternum ist dreieckig, mit der Spitze nach dem Actinostom gerich- tet, mit der Basis nach dem Hinterrande des Ambitus; es ist mit grösseren, von Höfen umgebenen, durchbohrten Warzen besetzt, wie auch die actinalen Interanalfelder. Die nackten Radialfelder sind schmal, mit parallelen Rändern. Das Actinostom ist ziemlich weit vorgerückt, von einer wenig vorspringenden Lippe bedeckt. Das Periproet liegt am oberen Rande des abgestutzten Hinterrandes. Es trägt eine Afterhaut, welche mit drei concentrischen unregel- mässigen Reihen von polygonalen wärzchentragenden Plättchen be- setzt ist. Der After liegt etwas über der Mitte des Feldes und springt röhrenförmig vor. Die Stacheln auf der Oberseite sind feine borstenartige Gebilde, am Rande und auf der Unterseite sind sie grösser, am Ende etwas verbreitert. (Fig. 3e). Farbe der Schale und Stacheln weiss, durchscheinend, die Füsschen fleischroth, die Fasciole dunkelroth. est Länge 24"®, Breite 21%”, Höhe 13"", Brissus Klein. Subg. Metalia Gray. 38. M. africana Verrill. Die Schale eines noch jungen Thieres von 31”® Länge, das unzweifelhaft zu dieser Art gehört, fand sich bei Monrovia an der Küste von Liberia in 3 Faden Tiefe. Die von Verrill gegenüber der M. pectoralis Ag. hervorgehobenen Unterschiede lassen sich bei dem jungen Exemplar leicht erkennen. Die Schale ist weniger abgeplattet, der Ambitus mehr gerundet, als bei der amerikanischen Art. Die Am- bulacralfasciole ist weniger eckig, sondern mehr oval; ferner zeigt sie die von Verrill hervorgehobene Knickung des die vorderen Interambu- lacralfelder begrenzenden Theiles. Die vorderen Ambulacren zeigen eine grössere Divergenz, als bei der amerikanischen Art. Das Anal- _ feld zeigt in der von Verrill angegebenen Weise 3—4 Kreise von kleinen polygonalen Täfelchen. Die grossen Tuberkel in der abacti- nalen Interambulacralzone, so weit diese von der Fasciole einge- schlossen wird, sind wohl entwickelt, nur in geringerer Zahl vor- handen als beim erwachsenen Thier und unregelmässig angeordnet, 384 . Gesammtsitzung Schizaster Ag. 39. Sch. Philippi Gray. | Zwei grosse Exemplare von 78” Länge und 60” Breite wurden in 47° S. an der Ostküste Patagoniens aus 60 Faden lebend gefischt. Die Farbe ist dunkelbraun, mit dunkelpurpurnen Fasciolen. 40. Sch. capensis n. sp. Taf. II. Fig. 4. Diese Art, von der leider nur ein Exemplar südlich vom Cap d. g. H. in 34° S. B. aus 117 Faden gedredgt wurde, gehört in die Gruppe der Sch. Philippi und fragilis, und zwar stellt sie ge- wissermassen eine Zwischenform von beiden dar. Der äussere Habitus stimmt am meisten mit Sch. Philippü Gr. überein, nur erscheint der Körper mehr deprimirt und der Quere nach verbreitert. Die Bildung der Ambulacren, namentlich die stärkere Verkürzung der hinteren Ambulacrenpaare erinnert mehr an Sch. fragilis. Der Umriss des Körpers ist breit herzförmig, vorn tief aus- geschnitten, breiter als lang. Die grösste Breite in der Linie des Apicalapparates nahe der Mitte. Die Seiteninterambulacralfelder wenig gewölbt, nur das hintere unpaare zeigt in der Mitte eine stumpfe, kielartige Erhabenheit, die bis zum oberen Rand des Peri- procts verläuft. Der Apicalapparat klein, gedrungen; drei Genital- poren. Der rechte vordere obliterirt, die beiden linken sind so nahe aneinander gerückt, dass die Ränder beider verschmelzen. Nur zwei Ovarien. Die vordere Ambulacralfurche breit und tief, von fast rechtwinkligem Querschnitt, wie bei Sch. fragilis. Die vorderen paarigen Ambulacra lang, bis nahe zum Ambitus spitz lanzettförmig mit geraden Rändern, die hinteren kurz, am Ende zugerundet, halb so lang, wie die vorderen, aber nicht so stark - verbreitert wie bei Sch. fragilis. Die Unterseite weicht nicht ab von den genannten Formen, nur erscheint das Actinostom weiter nach vorn gerückt, als bei den beiden genannten Arten. Das Pe- riproet am abgestutzten Hinterende. Die Membran mit polygona- len Plättchen besetzt, welche ziemlich die gleiche Grösse haben, während bei Sch. Philippi ein äusserer grösserer Kranz erscheint. Die Oberseite ist mit feinen, dicht stehenden Miliaren bedeckt, die nur an den Rändern der Ambulacralfurchen etwas grösser sind, auf der Unterseite sind grössere Tuberkel. Die Stacheln auf der Oberseite fast haarartig fein, auf der Unterseite gröber. Te: Monatsbr.Berl.Ak Wissensch. 1880 p. 885. bi ar 1-19 Schleinitzia erenularis Stud. _ 2.Arbacıa DufresmiBl 3.A. alternaus Tr._4 Astropyga elasfica Stud. _ 5. Amblypneustes grossularia Stud 6 Echinus margaritaceus Bl _T. FE. diadema Stud & Monatsbr. Berl AkWissensch.1880 p. 885 = 1 Catopygus Loveni Stud _ 2- 3-3° Hemiaster florigerus Stud Bugen Duval ad nat. del et lirh De N Lonchophorus interruptus Stud 4 Schizaster Capensis Stud Ka rg Hi, vom 28. October 1880. 885 Farbe hellgelblich. Die Mundkiemen und Fasciolen purpurn. L. 43um, B, 45mm, 38.1. Far. 2: Fig. u ori Erklärung der Abbildungen. . Schleinitzia crenularis Stud., natürl. Grösse, la. eine Stachel- warze derselben, vergrössert; 1b. Analgegend, mit Umgebung von derselben natürl. Grösse; 1c. Pedicellarie derselben, vergr.; 1d—1g. Stacheln derselben, nat. Grösse. . Arbacia Dufresnü Bl., Mundpedicellarie, vergrössert. . . Arbacia alternans Troschel, .Mundpedicellarie, vergr. . Astropyga elastica Stud., Analgegend mit Umgebung, % nat. Grösse. . Amblypneustes grossularia Stud., nat. Gr. . Echinus margaritaceus Lesson, Pedicellarie, vergr. . Echinus diadema Stud., dieselbe. . Catopygus Loveni Stud., von der Seite; la. derselbe von oben; 1b. derselbe von unten; Ic. Mundgegend desselben; 1d. Analgegend desselben. Fig. 1—1b 4mal, lic u. d 10mal vergrössert. . 2— 2b. Loncophorus interruptus Stud., nat. Gr. ig. 3. o Hemiaster florigerus Stud., von der Seite, 3a. von oben, 3b. von unten; 3c. Eierstöcke desselben; 3d. Genital- und Ocellarplatten desselben; 3e. Stachel: desselben, . Schizaster capensis Stud., von oben. Verzeichniss der im Monat September und October 1880 eingegangenen Schriften. Leopoldina. Amtliches Organ der kaiserl. Leop.-Carol. deutschen Akademie der Naturforscher. Heft XVI. N. 15. 16. 17. 18. Halle 1880. 4. Sitzungsberichte der philos., philolog. und histor. Olasse der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München. Jahrg. 1880. Heft IT. III. München 1880. 8. | Sitzungs-Berichte der math.-phys. Classe der k. b. Akademie der Wissenschaf- ten zu München. Jahrg. 1879. Heft IV. München 1880. 8. | Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Bd. XXXII. Heft 2. Ber- Im. 1880. . 8. Elektrotechnische Zeitschrift. Herausgegeben vom Elektrotechnischen Verein. Jahrg. I. 1880. Heft 8. 9. 10. Berlin 1880. 4. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XIII. N. 14. Berlin 1880. 8: Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. Jahrg. 15. Heft 3. Leip- zie 1880. 8. Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, herausgegeben von der Deut- schen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. VII. N. 3. Leipzig 1880. 8. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. 34. Heft II. Leipzig 1880. 8. | Jahrbücher der K. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. Neue Folge. HeftX. Erfurt 1880. 8. Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde. Bd. VI. Heft 1. Hannover 18802 2. Jahresbericht des Vereins für Naturwissenschaften zu Braunschweig für das Geschäftsjahr 1879/80. Braunschweig 1880. 8. Eingegangene Druckschriften. September & October 1880. 887 Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt am Main für das Rech- nungsjahr 1878 —1879. Frankfurt a. M. 1880. 8. 4ter Jahresbericht des Naturwissenschaftlichen Vereins zu Osnabrück. Für die Jahre 1876 — 1880. Osnabrück 1880. 8. Verhandlungen des historischen Vereines von Oberpfalz und Regensburg. Bd. 34. Stadtamhof 1879. 8. 19ter Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Gies- sen 1880. 8. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen-Wesen im Preuss. Staate. Bd. XXVI. 1. statist. Heft. Berlin 1880. 4. Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. IX (1880). Heft 4. 5. Supplem. Berlin 1880. 8. Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den Deutschen Küsten über die physi- kalischen Eigenschaften der Ostsee und Nordsee und die Fischerei. Jahrg. 1880. Heft III. IV. Berlin 1880. 4. Zeitschrift des K. Preussischen Statistischen Büreaus. Jahrg. XX. 1880. Heft I. U. Berlin 1880. 4. Preussische Statistik. Herausgegeben in zwanglosen Heften vom K. sStatisti- schen Büreau in Berlin. Heft 41. 53. 54. 55. Berlin 1880. 4. ESEL, Verhandlungen der vom 16. bis 20. September 1879 in Genf vereinigten Per- manenten Commission der Europäischen Gradmessung und Jahresbericht für 1879. Berlin 1880. 4. Publication des K. Preuss. Geodätischen Instituts. C. A. F. Peters, Bestim- mung des Längenunterschiedes zwischen den Sternwarten von Göttingen und Altona. Kiel 1880. 4. —. A. Westphal, Winkel- und Seitengleichungen. — W. Werner, Über _ die Beziehung der bei der Stations- Ausgleichung gewählten Nullrichtung. — Berlin 1880. 4. Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Östasiens. Heft 20. Juni 1880. Berlin. 4. Geologische Karte der Provinz Preussen. Sect. 14. Heiligenbeil. Berlin. 1 Bl. fol. *w.Holtz, Über die Zunahme der Blitzgefahr uud ihre vermuthlichen Ur- sachen. Greifswald 1880. 8. Die Baudenkmäler im Regierungsbezirk Wiesbaden. Bearbeitet von Dr. W. Lotz. Herausgegeben von Fr. Schneider. Berlin 1880. 8. R. Clausius, Über die Anwendung des electrodynamisehen Potentials zur Be- stimmung der ponderomotorischen und electromotorischen Kräfte. Bonn 1880. 8. Sep.-Abdr. 1. Mineralogische Mittheilungen. (Neue Folge.) Von G.vom Rath. — 2. Über den Kentrolith, eine neue Mineralspecies. Von A. Damour und G. vom Rath. Leipzig 1880. 8. Sep.-Abdr. [1880] 64 888 Eingegangene Druckschriften. G. vom Rath, Vorträge und Mittheilungen. Bonn 1880. 8. (Sep.- Abdruck aus den Sitzungsberichten der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Bonn.) Danzig in naturwissenschaftlicher und medizinischer Beziehung. Danzig 1880. 8. Das Haus Wittelsbach und seine Bedeutung in der Deutschen Geschichte. Festrede zur Feier des Wittelsbach’ schen Jubiläums, gehalten von J. v. Döl- finger. München 1880. 4. Die Pflege der Geschichte durch die Wittelsbacher. Akademische Festschrift zur Feier des Wittelsbacher Jubiläums. Verf. von Dr. L. Rockinger. München. 4. A. Kölliker, Die Entwicklung der Keimblätter des Kaninchens. Würzburg 1880. 8. Sep.-Abdr. L. Dieffenbach, Völkerkunde Osteuropas. 2. Bd. 1. Halbband. Darmstadt 1880. 8. Jahrbuch der K. K. geologischen Reichsanstalt. Jahrg. 1880. Bd. 30. N. 2. 3. Wien 1880. 8. Verhandlungen der K. K. geologischen Reichsanstalt. N. 15. 1879. N. 6-11. Wien 1880. 8. Jahrbücher der K. K. Central- Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Jahrg. 1878. N. F. Bd. XV. Theil I. Jahrg. 1879. N. F. Bd. XVI. Th.1. Wien 1880. 4. Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1880. Bd.X. N. 1—4.5—7. Wien 1880. 8. Berichte des naturwissenschaftlich - medizinischen Vereines in Innsbruck. X. Jahrg. 1879. Innsbruck 1880. 8. Acta Imperü inedita Seculi XIII. — Urkunden und Briefe zur Geschichte des Kaiserreichs und des Königreichs Sicilien in den Jahren 1198 bis 1273. Herausgegeben von E. Winkelmann. Innsbruck 1880. 8. Mittheilungen der K. K. COentral-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und histor. Denkmale. Neue Folge. Bd. VI. Heft 3. Wien 1880. 4. Öffentliche Vorlesungen an der K. K. Universität zu Wien im Winter - Seme- 1880/81. Wien 1880. 4. ; Archiv des Vereines für siebenbürgische Landeskunde. Neue Folge. Bd. XIV. Heft 3. Bd. XV. Heft 1. 2.3. Hermannstadt 1878 —1880. 8. Jahresbericht des Vereines für siebenbürgische Landeskunde für das Vereins- jahr 1877/78 und 1878/79. Hermannstadt. 8. | Programm des Evangelischen Gymnasiums A. B. etc. zu Hermanstadt für das Schuljahr 1877[78 und 1878]79. Hermannstadt 1878/79. 4. September d: October 1880. 889 Der Hermannstädter Musikverein. Zusammengestellt von W. Weiss. Her- mannstadt 1877. 8. Erdelyi Muzeum. 8. sz. VII. evtolyam. 1880. Budapest 1880. 8. Rad Jugoslavenske Akademije znanosti « umjetnozti. Knjiga LI. LII. LIIIL Zagrebu 1879. 1880. 8. Bullettino di Archeologia e Storia Dalmata. Anno Il. N. 9—12. 1879, Anno III. N. 1— 8. 1880. Spalato. 8. Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Vol. 170. P. I. II. Vol. 171. P.I. London 1879/80. 4. The Royal Society, 1st December 1879. 4. Proceedings of the Royal Society. Vol. XXIX. N. 197. 198. 199. Vol. XXX. N. 200— 205. London. 8. Proceedings of the R. Geographical Society. Vol. IL. N. 9. 10. London 1880. 8. Proceedings of the London Mathematical Society. N. 161. 162. London 1380. 8. Monthly Notices of the R. Astronomical Society. Vol. XL. N. 8. London 1880, 8. : Journal of the R. Microscopical Society. Vol. III. N. 4. 5. London 1880, 8. The Quarterly Journal of the Geological Society. Vol. XXXVI. P. 2. N. 143. London 1880. 8. Journal of the Chemical Society. N. CCXIII. CCXIV. CCXV. London 1880. 8. Transactions of the Zoological Society of London. Vol. XI. P. II. London 1880. 4. Proceedings of the scientific meeting of the Zoological Society of London for the year 1880. P.II. London 1880. 8. | The Transactions of the Linnean Society of London. Ser. II. Botany. Vol.l. P. VII. VIII. IX. London 1880. Ser. II. Zoology. Vol. II. P.I. Lon- don 1879. 4. The Journal of the Linnean Society. Vol. XVII. N. 1083—105. Vol. XVIII. N. 106— 107. Botany. London 1879/80. 8. Vol. XIV. XV. N. 80— 83. Zoology. London 1879/80. 8. List of the Linnean Society of London. November Ist. 1879. 8. 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XXVII. Cah. 46. Paris 1879. 4. Annales des Ponts et Ohaussees. Memoires et Documents. . Serie V. Annee X. Cah. 3. 9. Paris 1880. 8. Memoires de la Societe des Sciences physiques et naturelles de Bordeaux. Ser. II. T.IV. Cah. I. Paris & Bordeaux 1880. 8. - Bulletin de la Societe de Geographie commerciale de Bordeaux. Ser. II. Annee III. N. 15. 16. 17. 18. 19. 20. Bordeaux 1880. 8. Memoires de l’ Academie de Stanislas. 1879. Annee. CXXX. Serie IV. T. XII. Nancy 1880. 8. Revue scientifique de la France et de l’etranger. N. 7.8.9. 10. 11.12.15. 16.17. Paris 1880. 4. September & October 1880. 891 Polybiblion. Revue bibliogr. univ. Part. litt. Ser. I. T. XII. Livr. 2.3. 4. Part. techn. Ser. II. T. VI. Livr. 8. 9. 10. Paris 1880. 8. A. Lavallee, Arboretum Segresianum. Icones selectae Arborum et Fruticum in Hortis Segrezianis collectorum. Livr. 1. Parie 1880. fol. J. Lawrence Smith, Note sur un remarquable specimen de siliciure de fer. Paris 1880. 4. 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Eipnvns Zeßaotonparopioong avixdorov molnua (1143) (tx xeıpoypabou wis &v Iluruw BıßAuoSyans) Erdıdovrog Mavoun‘ I. Tedewv. ASyuneı auoS? 1880. 8. Proceedings of the American Philosophical Society. Vol. XVII. N. 104. 105. Philadelphia 1879. 8. Proceedings of the American Academy of Arts and Sciences. New Series. Vol. VO. P. 2. Boston 1880. 8. Bulletin of the Philosophical Society of Washington. Vol. 1. Il. III. Wash- ington 1874. 1875 —1880. 1878 —1880. 8. | Proceedings of the Acatlemy of Natural Sciences of Philadelphia. 1879. P. I. II. II. Philadelphia 1880. 8. Occasional Papers of the Bosten Society of Natural History. III. Contribu- tions to the Geology of Eastern Massachusetts by W. OÖ. Crosby. Boston 1880. &% Proceedings of the Boston on of Natural History. Vol. XX. P. I Il. II. Boston’ 1879/80. 8. Memoirs of the Boston Society of Natural History. — W. T. Brigham, Hi- storical Notes on the Earthquakes of New England. 1836—1869. Boston or ‘ Memoirs of the Boston Society of Natural History. Vol. II. P. I. N. II. Boston 1879. 4. The Transactions of the Academy of Science ” St. Louis.‘ Vol, IV Nee St. Louis 1880. 8. Publications Missouri Historical Society, St. Louis. N. I. I. III. IV. St. Louis 1880. 8. The Journal of the Cincinnati Society of Natural History. Vol. III. N. 3. Oc- tober 1880. Cincinnati 1880. 8. The American Journal of Science and Arts. Ser. III. Vol. XX. N. 116. 117. 118. New Haven 1880. 8. Annual Report of the Board of Regents of the Smithsonian Institution for 1878. Washington 1879. 8. Smithsonian Contributions to Knowledge. Vol. XXII. Washington 1880. 4. Smithsonian Miscellaneous Collections. Vol. XVI. XVII. Washington 1880. 8. eg. September & October 1880. 895 Report of the Superintendent of the United States Coast Survey showing the progress of the work for the fiscal year ending with June, 1876. Woash- inston 1879. 2 Voll. 4. Astronomical Observations made at the U. S. 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N. 16, 17 doppelt. [1880] 65 Memorias del General HR ’ a ; , ren a .H i T% IV. WAVE WAR aracas ? “ h N . Y ‚ La Republica de Venezuela b Bu: PREUSSISCHEN N November 1880. BERLIN 1881. ' DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. {MISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS - Be hr R ER HARRWITZ UND GOSSMANN. 4 MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. November 1880. Vorsitzender Secretar: Hr. du Bois-Reymond. 4. November. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Olshausen legte vor: Erläuterungen zur Geschichte der Pahlavi-Schrift. Zuerst wurde an die Verschiedenheit des aramaeischen Schrift- charakters erinnert, die sich in den Parallel-Inschriften der ersten Säsäniden zeigt. Eine Varietät jener Schrift scheint von Babylon und Ktesiphon aus nach Medien übergegangen zu sein, die andere von Susiana her nach der Persis. In ganz ähnlicher Weise herscht denn auch in beiden keine Übereinstimmung hinsichtlich der Ver- wendung aramaeischer Ausdrücke für einen und denselben Gegen- stand. So wird in der persischen Varietät der Pfeil durch das aramaeische Wort 'hatjä ausgedrückt, in der medischen durch ein anderes, ebenfalls ohne Zweifel aramaeisches Wort, das man 'ha- rarjd zu lesen pflegt. Den Sinn der Präposition. vor drückt die persische Varietät durch 225 vor den Augen aus, die medische durch „na7>. Eine der €ränischen Adelsclassen wird in jener mit ihrem eränischen Namen vazarkän bezeichnet, in dieser mit dessen aramaeischem Äquivalent rabbän, die Grossen. Es geht hieraus deutlich hervor, dass wie der Schriftcharakter, so auch der Sprach- gebrauch in den verschiedenen Gegenden, aus welchen aramaeische Elemente für die Schrift in Erän entlehnt wurden, ein verschiede- [1880] 66 898 Gesammtsitzung ner war. Nähere Auskunft über die Unterschiede. im Sprachge- brauche innerhalb des aramaeischen Sprachgebiets zu geben, sind wir leider nicht mehr im Stande. Die eränische Sprache aber wurde von solchen Divergenzen überhaupt nicht berührt, da die Eränier, — wie jetzt wohl allgemein anerkannt wird, —- die fremden Wör- ter beim Lesen gar nicht aussprachen, sondern sie durch Eränische ersetzten. Dieselben waren für sie rein ideographische Zeichen geworden. Um die seltsame Erscheinung zu erklären, dass man in Erän mit der fremden Lautschrift zugleich eine Menge fremder Wörter, bloss für den schriftlichen Gebrauch, übernahm, wurde an der An- sicht festgehalten, dass dies nur die Folge eines regen und dauern- den Verkehrs sein könne, zwischen einer mit dieser Schrift seit lange vertrauten Bevölkerung und einer solchen, die bis da einer analogen Lautschrift entbehrte und sich erst allmählich an den Ge- brauch jener gewöhnte. Ein Verkehr dieser Art war aber zwischen Aramaeern und Eräniern unvermeidlich, da beide der staatlichen Verhältnisse und der Handelsinteressen halber vielfach in engster Vermischung mit einander zu wohnen genöthigt waren, und zwar auf dem eränischen Hochlande sowohl, als im aramaeischen Tief- lande. — Bei dieser Gelegenheit wurde auch auf den Namen hin- gewiesen, den. Ptolemaeus VI, 2,6 dem südlichsten, an die ss; an- grenzenden Theil Mediens beilegt: 4 Zugonydie. Entschiedene Einsprache wurde gegen die Mathmaassung eini- ger Gelehrten erhoben, die wunderliche Einmischung vieler semiti- scher Wörter in eränische Schriftstücke möge ursprünglich zur Bil- ‘ dung einer Art Geheimschrift der zoroastrischen Priester gedient haben. Nichts in der zoroastrischen Religion deutet auf -ein Be- dürfniss der Geheimhaltung hin; im Gegentheil verlangt sie ihrem ganzen Charakter nach, dass die Kenntniss ihres gesammten In- halts unter ihren Bekennern eine möglichst weite Verbreitung finde, und diesem Bedürfnisse gerecht zu werden, war man jederzeit be- strebt. Die Priesterschaft hatte über die Ausführung des Gesetzes nur als Vertreterin des eränischen Staates zu wachen, und sie in der Vollziehung der gottesdienstlichen Handlungen irgendwie stören zu wollen konnte niemandem in den Sinn kommen. Von Anfang an begegnen wir auch der Thatsache jener eigen- thümlichen Vermischung in eränischen Schriftstücken, die ihrer Natur nach mit dem Priesterthum nichts zu thun haben, sondern ne vom 4. November 1880. 899 nur von der obersten Staatsgewalt, von den Grosskönigen, aus- gehen konnten und für die Öffentlichkeit bestimmt waren, — auf Münzen, die dem täglichen Verkehr dienen, und auf Steindenk- mälern, die an denkwürdigen Punkten, jedermanns Augen zugäng- lich, von jedem des Lesens Kundigen auch wirklich gelesen werden sollten. In eränischer Landessprache abgefasst, wurden sie aus- geführt in Schriftzügen verschiedener Art, in specieller Berücksich- tigung des Bedürfnisses der Bevölkerung verschiedener Landestheile, anders für die aus Medien, anders für die aus der Persis stam- mende. Wurden doch unter den ersten Säsäniden bekanntlich selbst für die in Erän noch zurückgebliebenen Griechen griechische Par- allel- Inschriften beigefügt. Auch aus der gesammten, uns erhaltenen Pahlavi-Litteratur geht hervor, dass der in die Schrift aufgenommene Bestand an aramaeischen Wörtern überaus Weniges befasst, das sich auf Re- ligion und Priesterthum bezieht, während die Gegenstände des Interesses der ganzen Bevölkerung Eräns in ihren Wohnsitzen und Beschäftigungen nach allen Richtungen hin vertreten sind. Ebenso verhält es sich insbesondere auch mit den Pahlavi-Glossaren, die uns durch die Parsen in Indien bekannt geworden, aber keineswegs erst dort entstanden sind. Von aramaeischem Sprachgut wird darin so gut wie nichts aufgeführt und erklärt, das mit der Religion zu thun hätte, wohl aber in reichem Maasse Gegenstände der sicht- baren Welt jeglicher Art, Menschen und Thiere sammt deren ein- zelnen Gliedern, Pflanzen und Früchte, Geld und Metalle, Kleidung, Kriegs- und Schreibgeräth, die verschiedenen Zustände und Hand- lungen, häusliche Verrichtungen, Jagd, Ackerbau. — Das Alles möchte doch wohl zwingen, von einer Bestimmung des sonderbaren Wörtergemisches für eine priesterliche Geheimschrift ein- für alle- mal abzusehen, wenn sich auch das, was uns aus der Pahlavi- Litteratur bekannt geworden ist, fast ausschliesslich an das Avesta und dessen Inhalt anlehnt; denn leider ist ja, was sonst von der Litteratur des eränischen Mittelalters existierte, bis auf geringe Über- reste für uns verloren gegangen und nur noch seinem Inhalte nach zum kleinsten Theile aus secundären Quellen erkennbar. Die Entstehung einer umfangreichen mitteleränischen Litteratur war unzweifelhaft bedingt durch die Existenz eines bequemeren Schriftcharakters, als die älteren Schriftvarietäten darboten. Es be- durfte dazu einer Oursivschrift, wie eine solche sieh in den Zeiten 66“ 900 Gesdmmtsitzung der letzten Säsäniden ausgebildet hat und uns jetzt in allen Schrift- werken der Parsen-Litteratur vorliegt. Wenn aber auch die Schrift durch die Umwandlung für den Schreibenden ungleich bequemer geworden ist, für den Lesenden wurde sie leider nicht deutlicher. Im Gegentheil wurde das Lesen durch das Zusammenschrumpfen einer erheblichen Anzahl ganz verschiedener Schriftzüge zu einem einzigen, nunmehr vieldeutigen Zeichen, und überdies durch die Einführung zahlreicher Ligaturen in dem Maasse erschwert, dass man mancher Schriftgruppe rathlos gegenüber stehen würde, wenn nicht in der Tradition der Parsen wenigstens einiger Anhalt zu finden wäre, obgleich kein zuverlässiger. Denn auch dieser Leit- faden führt nur zu oft irre, und es bedarf in jedem einzelnen Falle einer sorgfältigen Erwägung aller in Betracht kommenden Umstände, um sich klar zu machen, welchen Grad des Vertrauens man der Überlieferung schenken dürfe. Dass die Zuverlässigkeit derselben sich im Laufe der Jahrhunderte verringert hat, ist ja leicht be- sreiflich, auffällig aber das Verschwinden eines richtigen Verständ- nisses der älteren Schriftvarietäten schon zur Zeit der allmählichen Ausbildung der Cursivschrift, wie sich solches mit Sicherheit nach- weisen lässt. Der Gegenstand ist für die Benutzung und Beurthei- lung der Cursivschrift von grosser Bedeutung, und es sollen deshalb hier einige besonders interessante und wichtige Punkte näher be- sprochen werden, bei denen uralte Missdeutungen und Verwechse- lungen das Verständniss der Cursivschrift auf das Schwerste beein- trächtigt haben. 3 Schon bei der ersten Verwendung semitischer Schrift für den Ausdruck &ränischen Sprachguts mussten die Eränier den Mangel einer eigenen Bezeichnung der Vocale in derselben schwer empfin- den. Zwar konnte man sich in Betreff der Laute © und u ebenso helfen, wie es die Semiten ihrerseits nach Bedürfniss thaten, und die Zeichen für die Consonanten j und v zugleich für © und u ver- wenden. Anders aber verhielt es sich mit dem wichtigsten aller Vocale, dem a, welchem in analoger Weise ein verwandter Con- sonant auch bei den Semiten nicht zur Seite stand. Man that da- her, was nöthig war, und bestimmte für diesen Vocal ein, wie es scheint, aus einer Form des semitischen x entstandenes und zu- gleich zur Wiedergabe eines schwächeren Hauchlautes geeignetes Zeichen, das Zeichen -» oder u. Unentbehrlich war dasselbe für das Schreiben eränischer, mit @ anlautender Wörter; desgleichen zur ne .4. November 1880. 901 Bezeichnung diphthongischer Laute, wie ai (&) und au (6). Ge- eignet schien das Zeichen zum Ausdruck des langen « auch im In- und Auslaute, und so begegnet man demselben in unzähligen eränischen Wörtern. Beim Schreiben semitischer Wörter fand das Zeichen ebenfalls Verwendung, theils wo man den mit x bezeich- neten Anlaut als « auffasste, theils, wenn auch in beschränktem Maasse, zum Ausdruck des langen a im Auslaute. So finden wir das bekannte malk@ beständig geschrieben; so in der persischen Varietät der Inschrift von ‘Hägi-äbäd “hatjd, der Pfeil, bard, draussen, hinaus; in der medischen alahd, der Gott, 'hararjd, der Pfeil, le- bard, hinaus, j°daä, die Hand. Vereinzelt erscheint es auch im In- laut, wie in hakaimut. Allein neben diesem gewöhnlichen Zeichen für a zeigt sich in jeder der beiden Parallel-Inschriften eine andere Form, die das lange o im Auslaute ausdrückt; so besonders in den mit der Determinativ- Endung versehenen aramaeischen Nenn- und Fürwörtern. Die in der persischen Varietät übliche Form «7 ist wesentlich identisch mit dem N der Estrangeloschrift und ihrer nächsten Verwandten, wie — so- viel bekannt — zuerst von dem Dr. Andreas bemerkt wurde. Die Entlehnung von dort scheint kaum einem Zweifel begegnen zu kön- nen. In der medischen Varietät tritt an die Stelle dieses Zeichens ein anderes, — 01 —, das nur eine entfernte Ähnlichkeit mit jenem ‚hat, dagegen mit dem bei den Nestorianern üblichen für 7 durch- aus übereinstimmt; beide hat auch schon M. A. Levy in seinen Beiträgen zur aramaeischen Münzkunde Eräns, ZDMG.XXI Taf. III, zusammengestellt. Auch Dr. Andreas erkannte bei mündlicher Be- sprechung des Gegenstandes die Ähnlichkeit wohl an, zog es jedoch vor, sowohl die medische, als die persische Form von semitischem 8 abzuleiten, während umgekehrt der kundige Palaeograph Euting in seiner semitischen Schrifttafel beide dem ;7 gleich stellt. Keiner von beiden Gelehrten möchte wohl ganz Recht haben, sondern viel- mehr die persische Form vom sn, die medische vom 7 entlehnt sein. Die Annahme scheint nicht fern zu liegen, dass ein Theil der se- mitischen Population des Tieflandes auslautendes & durch u, ein anderer — einst wenigstens — in Übereinstimmung mit dem Ge- brauche in der hebräischen Schrift in ähnlichen Fällen durch 7 aus- drückte. Wie dem aber auch sei, die gleiche Bestimmung beider Zei- chen, auslautendes @ in aramaeischen Wörtern zu bezeichnen, kann 902 Gesammtsitzung nicht zweifelhaft sein. Beide finden sich in den Parallel-Inschriften von Hägi-äbäd in dem Pronomen z°nd = aram. x)7 oder 7:7; ausser- dem in der persischen Varietät in den Wörtern sy2 der Sohn, n53y der Fuss, x7» die Hand, wofür, wie schon bemerkt wurde, der me- dische Text jedd mit dem gemein üblichen Zeichen für a darbietet; ferner in dem Pronominalsuffix von n3>, statt dessen die medische Schriftart die abgekürzte Form > wiedergiebt. Letztere liefert uns noch sans der Ort. Ausser diesen in regelrechter aramaeischer Schreibweise auf ausgehenden Beispielen lesen wir in beiden Parallel-Inschriften noch das Adverb tamma, welches im Biblischen Aramaeisch am geschrieben wird, sonst aber im Aramaeischen durch die Form an vertreten ist. Wenn es sich in allen hier aufgeführten Fällen um die An- deutung eines auslautenden @ handelte, so zeigt sich doch in einem andern Beispiele, dass wenigstens das in der persischen Varietät gebrauchte Zeighen als Äquivalent von x auch da dienen konnte, wo ein solches & gar nicht vorhanden war. Wie sich im Aramaei- schen und Hebräischen das Pronomen "7 eignet, im Satze unter Umständen die sog. Copula zu vertreten, so wird dasselbe auch in gleicher Weise in Pahlavi-Schriftstücken häufig verwendet und dann in dem persischen Texte mit dem diesem eigenthümlichen Zeichen geschrieben, welches also hier unzweifelhaft nicht den Vo-. cal d andeutet, sondern das in dem % ruhende x wiedergiebt. — Nicht ganz klar ist es dagegen, weshalb der in dem medischen Texte vorkommenden Präposition nayp vor ein angehängt wurde, obgleich es unzweifelhaft ist, dass auch hier ein vocalischer Aus- laut — etwa E — durch das n ausgedrückt werden sollte. Ebenso verhält es sich mit der in anderen Pahlavi-Schriftstücken gebrauch- ten Präposition 7mn> bei, hinzu, — aram. mı>. Ein räthselhafteres Problem liegt noch in einem Pronomen vor, das in Pahlavi-Schrif- ten häufig vorkommt und in dem persischen Texte von "Hägi-äbäd x) oder n>4 geschrieben wird. So auffallend nun auch der gleichzeitige Gebrauch der Haie älteren Zeichen neben dem gewöhnlichen a der Pahlavi-Schrift sein mag, scheint doch die feststehende Thatsache keineswegs unerklär- lich. Es möchte sich damit so verhalten. Bei der Wiedergabe sol- cher aramaeischer Wörter, deren Beibehaltung in der Schrift nöthig war oder angemessen schien, liegen ohne Zweifel Quellen zweierlei Art zum Grunde. Vermuthlich kamen meistens ganz naturgemäss a, “ D < u u ee Dei Me BE En ee 2 it en dr be Be De ER) VEBENE vom 4. November 1880. 903 solehe Wortformen zum Ausdruck, die man durch das Ohr ver- nahm; auf Grund mündlicher Mittheilung durch Semiten wurden sie niedergeschrieben. Dabei kam für das « jenes gewöhnliche Zeichen zur Anwendung, dessen Unentbehrlichkeit für die Eränier vorhin nachgewiesen wurde. In anderen Fällen stützte man sich nicht ausschliesslich auf das Gehör, sondern benutzte schriftliche Vor- lagen, in denen die Eigenthümlichkeiten der älteren Schriftarten berücksichtigt wurden. Wahrscheinlich ohne zu ahnen, dass die erwähnten beiden Zeichen der älteren Schrift in der Regel das- selbe «@ andeuten, welches in der neueren bereits durch ein anderes Zeichen vertreten war, begnügte man sich damit, für die veralteten Formen Äquivalente einzuführen, die sich den aramaeischen Formen für s und 7 eng anschlossen. Dass diese Äquivalente im Verlaufe der Zeit nicht unverändert geblieben sind, und dass sich namentlich aus der Form des x in der persischen Schriftvarietät, welche unter den Säsäniden ein entschiedenes Übergewicht über die medische gewann, eine neue Form entwickelt hat, ist bei fortschreitender Entfremdung zwischen Eräniern und Semiten für das Verständniss der Pahlavi-Schrift verhängnissvoll geworden. Die für eine Cursivschrift an sich wenig geeignete Form des x, welche uns die persische Varietät kennen lehrt, wurde in der Art verändert, dass das rechte Bein oder fulcrum mit einiger Ab- rundung erst abwärts, dann rechts herum wieder aufwärts geführt wurde, so dass sich der einzelne Strich in eine Schleife verwan- delte, mittels welcher eine bequeme Verbindung mit dem oberen Ende des linken fulerum gewonnen war. So entstand die Form %, welche wohl nirgend treuer und deutlicher wiedergegeben ist, als in der geschickt ausgeführten Abbildung der Münzen von Tapüristän auf der Tafel zu Olshausen’s Pahlavi-Legenden, sub no. 2—4, auf dem Avers am Rande hinter dem Kopfe der muslimischen Statthalter aus dem zweiten Jahrhundert der Flucht. Durch die Bildung jener Schleife erhielt das rechte fulerum eine Form, die der des m in der Öursivschrift sehr ähnlich war, und sobald das linke fulerum einen Zug von nur geringer Schwenkung nach links bildete, wie in dem Zeichen ® in no. 1 der erwähnten Tafel, konnte dieser Zug leicht mit dem einfachen Verticalstriche verwechselt werden, der in der Cursivschrift das n bezeichnet. Ohne Zweifel ist es diese zwiefache Ähnlichkeit, welche veran- lasste, dass die späteren Parsen in dem ursprünglichen n am Ende 904 | Gesammtsitzung vieler Wörter die Gruppe 5 mn zu erkennen glaubten, welche jetzt so häufig an Stelle des x steht und man gelesen wird. Weder mit der Form, noch mit der Bedeutung der aramaeischen Wörter, denen sie angehängt wird, hat diese Sylbe das Geringste A zu thun; sie ist in der Regel durch den Laut & zu ersetzen, mit Ausnahme der wenigen, vorhin erwähnten Fälle, in denen ein Aus- laut anderer Art zum Ausdruck kommen müsste. Natürlich ist die unrichtige Schreibart und Lesung auch in die Pahlavi - Glossare übergegangen, soweit für diese ältere Aufzeichnungen benutzt wur- den. Der bei weitem grösste Theil der aramaeischen Nomina ist indessen in dieser Beziehung nach richtiger mündlicher Überliefe- rung gestaltet und zeigt die Endung & mit dem auch sonst ge- wöhnlichen Schriftzeichen. Höchstens ein Siebentel jener Nomina erscheint in der falschen Schreibung, und niemals finden sich bei einem und demselben Worte beide Schreibweisen neben einander; die eine schliesst eben die andere aus. Grosse Unklarheit ist in die Cursivschrift durch zwei andere Übelstände gebracht: die wesentliche Gleichheit der Zeichen für r und /, und die völlige Gleichheit desjenigen für n und v,' welches letztere zugleich den Vocal u zu vertreten dient. An diesen Punkten lässt sich durch genaue Beachtung der geschichtlichen Entwickelung der Pahlavi-Schrift noch Manches aufhellen, das bisher dunkel ge- blieben ist, obgleich der eine, wie der andere Punkt bei den For- schern keineswegs ganz unbeachtet gelassen war. Das Einzelne, was hier besonders in Betracht kommt, ist dieses. Die eränische Sprache entbehrte ursprünglich, wenn nicht in allen ihren Zweigen, so doch sicher in den meisten derselben, des Sprachlautes Z gänzlich. Als die Eränier mit ihren aramaeischen Nachbaren in Verkehr traten, waren sie unfähig, die bei diesen hinreichend unterschiedenen Laute des r und des / auch ihrerseits deutlich zu unterscheiden, und verwechselten sie in Folge dessen unaufhörlich mit einander. Dies möchte wohl niemandem unbe- greiflich scheinen, der Gelegenheit gehabt hat zu bemerken, wie oft die Franzosen, welche gewohnt sind das r mit einer energischen Vibration auszusprechen, die in der Regel ungleich weichere, schlaffere Aussprache des r im Munde der Deutschen als ein auf- fassen. Nun hatten die Semiten natürlich für jeden der beiden Laute ein eignes Zeichen; sobald aber die Eränier die semitische Schrift auch ihrerseits anzuwenden begannen, liefen ihnen nur zu vom 4. November 1880. 905 leicht die Schriftzeichen ebenso zusammen, wie die Sprachlaute, und beide wurden als gleichwerthig gebraucht. So sehen wir schon in der persischen Varietät der Inschrift von “Hägi-äbäd, dass bei semitischen Wörtern das Zeichen für Z meistens auch semitischem entspricht, in einigen Fällen jedoch die Stelle eines semitischen r einnimmt. So in dem Worte bard, draussen, hinaus, und in dem Verbum r“ma@, sowie in dem Anlaute des Wortes ragld, der Fuss, welches dadurch das Aussehen von lagld erhält. Sonst pflegt se- mitischem r auch das semitische Zeichen für r zu entsprechen, das in einem oben nach links gekrümmten Häkchen besteht. So in bar, berdä, Sohn, und in achar, nachher, nachdem. Endlich aber begesnen wir dem semitischen Zeichen für ! anstatt des r auch in eränischen Wörtern, in denen sicherlich niemals ein Z gesprochen ist; so in schatrdaran, die Landesverwalter, Provinzialverwalter, — zweimal (in beiden Sylben) — und in beräni, ausserhalb. — Anders freilich ist das Verfahren in der medischen Varietät der Inschrift von Hägt-äbäd. Eränisches r ist hier niemals durch das semitische Zeichen für ! ausgedrückt, und auch in aramaeischen Wörtern wird dieses regelmässig nur für den Laut des ! verwendet; dagegen wird hier in einem einzigen Beispiele, nemlich in dem Worte raglen, einer Dualform von ragla, das anlautende r durch ein n ersetzt, so dass das Wort in der Form von naglen erscheint. Die Umwand- lung des Anlauts kann in diesem Falle wohl nur von einer Cor- ruption der Aussprache in einem der aramaeischen Dialecte her- rühren. Im übrigen lässt die Verschiedenheit des Verhaltens der beiden Parallel-Inschriften hinsichtlich der Zeichen für Z! und r, wie mir scheint, vermuthen, dass die später allgemein gewordene Confusion beider Schriftzüge vom Süden ausgegangen ist, als die persische Varietät durch die Säsäniden das Übergewicht über die medische gewann. Man kann leicht auf den Gedanken kommen, dass die Ver- mischung des Werthes jener beiden Zeichen überhaupt wesentlich auf dialeetischen Verschiedenheiten in der Aussprache aramaeischer Wörter beruhe, dass man also z.B. das gewöhnliche ragla in ge- wissen Gegenden in lagrä verwandelt habe, grade so wie im Spa- nischen miraculum zu milagro geworden ist, periculum zu peligro, parabola zu palabra. Solche Veränderungen können allerdings sehr wohl vorgekommen sein, zumal wo r und / in einem Worte zu- sammentrafen; allein für die Eränier war dergleichen völlig gleich- 906 Gesammtsitzung gültig, da sie die aramaeischen Wörter gar nicht aussprachen, Son- dern sie durch £ränische ersetzten, und für die Wissenschaft kann die Sache nur Bedeutung haben, falls sich anderweit sichere Bei- spiele von dialectischen Verschiedenheiten dieser Art finden. So- weit dies nicht der Fall ist, wird man wohl thun, ausschliesslich die bekannten, wohl beglaubigten Formen fest zu halten, und nicht etwa auf Grund unzuverlässiger Pahlavi-Schriftstücke bald ragla zu schreiben, bald lagrd, oder gar lagld&. Will man durchaus auch den Unterschied in der Schrift bemerklich machen, so lassen sich für diesen Zweck ausreichende Kennzeichen ja leicht anbringen, im Druck z. B. die Oursivschrift inmitten des sonst gebrauchten Schrifttypus verwenden. Während nun einerseits die Verwendung des semitischen Zei- chens für Z bei den Eräniern auch für die Bezeichnung des Sprach- lautes r in Gebrauch kam, zeigte sich andrerseits bei weiterem Ein- dringen des Sprachlautes Z in das Eränische auch wieder das Be- dürfniss, jenes Zeichen, je nachdem es diesen oder jenen Werth ausdrücken sollte, zu unterscheiden. Man machte zu dem Ende den Laut des Z! durch Hinzufügung eines kleinen Merkmals an dem oberen Theile des langgestreckten Schriftzeichens kenntlich, ent- weder eines nach links hin abwärts gewendeten Strichleins, oder eines an der rechten Seite angeknüpften schleifenartigen Züges.- Diese dem Zwecke recht wohl entsprechende Modification ist in- dessen uicht in der Ausdehnung und ÜÖonsequenz angewendet wor- den, die wünschenswerth gewesen wäre und es hätte unbedenklich erscheinen lassen können, das alte Zeichen gar nicht mehr zum Ausdruck des Lautes r zu gebrauchen, wie das schliesslich in der Cursivschrift wirklich der Fall gewesen ist. Das alte Zeichen für r gänzlich zu verdrängen, wirkte wesent- lich ein anderer Umstand mit, der die Deutlichkeit der Schrift allerdings in hohem Grade beeinträchtigte: eine durch eine zwie- fache Veränderung herbeigeführte Identität des Zeichens für r und desjenigen für v, welches zugleich für das vu diente. In anderen aramaeischen Schriftarten sind r und v® hinreichend deutlich unter- schieden und auch in der medischen Varietät der Pahlavi-Schrift nicht mit einander zu verwechseln. Das v bezeichnet in derselben ein Verticalstrich, der oben stets mit einer kurzen Rundung nach links umgebogen ist. Die Abrundung ist dabei ein so wesentliches Element, dass von dem Schaft oft nur der kleinere obere Theil vom 4. November 1880. | 907 vorhanden ist und das Ganze mehr einem nach unten geöffneten Halbkreise ähnlich wird. Bei dem r dagegen fehlt der Vertical- strich nie, und an dessen oberem Ende wendet sich mit einer we- nig abgerundeten Ecke ein längerer Horizontalstrich nach links. Anders ist aber das Verhalten in der persischen Varietät, welche wie gesagt unter den Säsäniden einen überwiegenden Einfluss auf die weitere Entwickelung der Pahlavi-Schrift überhaupt gewonnen hat. Hier gleichen die Zeichen für r und v einander vollständig. Sie erscheinen in einer Form, die unserem heute üblichen Zahl- zeichen für zwei überaus ähnlich ist, indem bei beiden dem Verti- calstriche unten nach rechts hin ein kurzer grader Horizontalstrich angefügt, bei dem r aber der obere Theil zugleich aus einem Hori- zontalstrich in einen kurzen gerundeten Haken verwandelt ist, grade so, wie ihn das v zeigt. Diese ungeschickte zwiefache Neuerung ist wieder für die rich- tige Erkenntniss der &ränischen Lautverhältnisse im Mittelalter ver- hängnissvoll geworden, indem sie später, insbesondere in der Zeit, wo bei Anwendung der Oursivschrift die genauere Kenntniss der älteren Pahlavi - Schriftarten mehr und mehr verschwunden war, überaus häufig zur Verwechselung der beiden Werthe des jetzt für r und v gemeinsamen Zeichens Anlass gab. In der Oursivschrift wurde nun, wo man schriftlichen Vorlagen folgte, in denen die Vermischung der Zeichen bereits durchgeführt war, an die Stelle desselben, es mochte r oder v auszudrücken bestimmt sein, ein an- deres, sehr vereinfachtes gesetzt, das aus einem einzigen Vertical- strich besteht. Dadurch wäre an der bereits bestehenden Unzu- träglichkeit an sich nichts geändert worden; sie wäre geblieben, aber nicht verschlimmert, wenn nicht unglücklicher Weise das neue Zeichen wieder zu neuen Verwechselungen hätte Anlass geben müssen. Dieses aber war in der That der Fall; denn in der Our- sivschrift wurde jener grade Verticalstrich in Folge der Umwand- lung eines anderen Schriftzeichens älterer Pahlavi-Schrift auch noch anderweitig, und zwar für den Sprachlaut n, verwendet und dadurch die Unklarheit der Lautbezeichnung noch um Vieles ver- grössert. Bei der Veränderung dieses anderen Schriftzuges ist, wie es scheint, wiederum nicht an die medische Varietät angeknüpft; denn obwohl in dieser der grade Strich vorkommt, — und zwar mit dem doppelten Werthe eines 7 und eines », — ist doch das Zeichen für dieselben Laute gar nicht in die Cursivschrift über- 908 | Gesammtsitzung nommen, sondern durch zwei verschiedene Zeichen ersetzt, welche eine Verwechselung weder unter einander, noch mit der neuen Be- zeichnung für das ältere r und vo, veranlassen können. Möglich bleibt es indessen, dass das Zeichen der medischen Varietät für n, — ein grader Verticalstrich mit einer schlanken Fortsetzung unten nach links hin, — durch Abschneidung dieser letzteren zu der Neugestaltung des n in der Öursivschrift führte; nur ist es mit Rücksicht auf den ganzen Verlauf jener Schriftveränderungen wahrscheinlicher, dass die neue Form auch in diesem Falle von der persischen Varietät ausging. In dieser kommt der einfache Strich ebenfalls vor, aber als Zeichen für », und da an dessen Statt in. der Cursivschrift ein ganz anderes getreten ist, so kann von einer directen Herübernahme behufs der Bezeichnung des n nicht die Rede sein. Dagegen konnte das n selbst, welches in der persischen Varietät für ein rasches Schreiben weniger bequem war, leicht auf einen graden Verticalstrich reducirt werden. Es zeigt dort einen schmalen, länglichen Schriftzug in der Richtung von oben nach unten, welcher einigermaassen einem compress geschrie- benen grossen lateinischen £, wie wir dasselbe zu bilden pflegen, ähnlich ist. Beide Enden sind unter Abrundung der Ecken nach rechts hin kurz umgebogen und in der Mitte des Schriftzuges findet sich eine sanfte Einbucht nach rechts. Die ganze schmale Figur konnte gewiss bei raschem Schreiben leicht in einen einfachen graden Strich übergehen. So war also in der Oursivschrift ein und dasselbe Zeichen an die Stelle der schon in der älteren persischen Varietät mehr- deutigen Bezeichnung von r und v getreten und zugleich den Laut des n auszudrücken bestimmt. Alle diese Laute kommen in der eränischen Sprache, wie in der aramaeischen häufig vor, und es ist klar, dass es umfassender und genauer Sprachkenntniss bedurfte, um eine so geartete Schrift richtig zu lesen und zu verstehen; aber den Parsen sind solche Kenntnisse schon längst und in dem Maasse abhanden gekommen, dass ihnen von der ursprünglichen Geltung des in Rede stehenden Zeichens für den Laut des r gar keine Er- innerung geblieben ist, und dass sie statt dessen entweder vo oder n lesen, je nachdem sie eine unzuverlässige Tradition das eine oder das andere wählen lässt. Für das r blieb ihnen nur das aus dem semitischen > entstandene Zeichen; da indessen dieses auch für die Bezeichnung des semitischen / zu dienen fortfuhr, so bestand bei { ; | | i vom 4. November 1880. 909 aramaeischen Wörtern immer noch die Möglichkeit einer doppelten Auffassung, die jedoch nur für die Schrift von Bedeutung war. Zur Erläuterung diene ein Beispiel. Das aram. sy27 = hebr. „Yan, arab. „u>, wurde — ohne eine im Aramaeischen überflüssige Andeutung des naturlangen Vocals der vorletzten Sylbe — einfach mit vier Zeichen der Pahlavi-Schrift wiedergegeben, einem x im Anlaut, abgeschwächt aus dem harten =, dann m, r und wieder n im Auslaut zur Andeutung des langen 4. Wurden nun diese Buchstaben nach medischem Muster mit dem aus > entstandenen r gestrichen, so konnte dieses auch / ausdrücken, und man schrieb, diese Lesung zuweilen durch ein Merkzeichen verdeutlichend, amla; lag dagegen ein Muster der persischen Varietät vor, so wurde deren r irrig als n aufgefasst, und man schrieb amnd. Keines von beiden ist, soviel wir wissen, jemals von Aramaeern gesprochen, die Fränier aber sprachen dafür das richtige entsprechende Eränische Wort > Esel. War hier richtiges r in ! und n entstellt, so sehen wir anderswo richtiges aram. ! durch Missdeutung als r aufgefasst und dieses auf Grund einer Vorlage in persischer Schriftart in n verwandelt. So z.B. in >21 Kamel, jetzt in den Glossaren gamnd, mit Erweichung des g in g. In den zahlreichen Fällen, wo Erscheinungen dieser Art wiederkehren, darf an eine wirkliche Veränderung der Sprach- laute nicht gedacht und ein Anzeichen von dialectischen Verschieden- heiten innerhalb der aramaeischen Sprache nicht gefunden werden; die Wissenschaft kann sich nur an die wohlbeglaubigten aramaei- schen Sprachformen halten. In besonders auffälliger Weise zeigt sich die Unkunde und Urtheilslosigkeit der Parsen im Lesen der Cursivschrift bei man- chen Wörtern, die ihrer eignen Sprache angehören und jedem von ihnen geläufig sind, wie z.B. pursidan, fragen, chursand, zufrieden, u.8s.w. Unglücklicher Weise fanden sie nun das r auf Grund der erwähnten Veränderungen der Schrift oftmals durch jenes Zeichen ausgedrückt, welches auch für das n gilt, lasen darnach dieses an- statt des ” und transscribierten demgemäss punsidan, chunsand, u.s.w. Mit der Geschichte der Schrift seit Jahrhunderten unbekannt, hiel- ten sie solche Formen für verschollene Wörter aus dem Alteräni- schen; sie nahmen sie als einer Erklärung (Uzväresch) bedürftig in ihre Glossare auf und empfahlen, an ihrer Statt das zu lesen, was ohnehin ursprünglich gemeint war. Ebenso machten sie es 910 Gesammitsitzung mit Eigennamen, deren allein richtige Gestalt nicht dem geringsten Zweifel unterliegt, wie denn z. B. der Name Artaxerxes, altpersisch Artachsatrd, im Dinkard Antachsatar gelesen wird. Ja, sogar die ihnen theuern und jedem geläufigen Namen von Wesen höherer Art, ihren hochverehrten Genien, werden beim Lesen der Cursivschrift auf die abscheulichste Weise entstellt. So wird das Feuer und sein Genius, im Avesta dtar, neupersisch ddar und ddur, in der Pah- lavi-Schrift dtün gelesen, und darnach die Feuerstätte dtüngah, das Land Ädarbdigan dem entsprechend Ätünpdtakän. Mithra, einst vielleicht Mathra, erscheint hier als Matün, Schahrevar als Schatvin, u.s. w. Solche Monstra sind natürlich in der lebenden Sprache der Eränier aller Zeiten und Provinzen unerhört gewesen und hätten einer Anweisung, wie man dafür auszusprechen habe, nie- mals bedürfen sollen. Ist doch selbst der Name des Ormuzd nicht | verschont geblieben und eine sehr gewöhnliche abgekürzte Schreib- art desselben von den Parsen anhumd gelesen, statt öharmazd = dem ahura mazddo des Avesta. Es braucht kaum bemerkt zu werden, dass über verschiedene der hier erörterten Punkte schon von anderen Forschern Ansichten ausgesprochen wurden, die mit vorstehender Darlegung mehr oder weniger übereinstimmen. Das specielle Verdienst eines jeden von ihnen konnte an dieser Stelle nicht ausdrücklich hervorgehoben werden; geschmälert sollte und konnte dasselbe dadurch nicht werden. | Hr. G. Kirchhoff legte vor: Neue Untersuchungen über Newton’sche Ringe von L. Sohncke und A. Wangerin. Vor vierzehn Jahren hatte der eine von uns die Theorie der Newton’schen Ringe zu vervollständigen gesucht und war dabei zu der Folgerung geführt worden, dass die Ringe eine excentrische Lage hätten!). Doch waren die damals von ihm angestellten 1) Wangerin: „Die Theorie der Newton schen Farbenringe.*“ Pogg. Ann. Bd. 131, S. 497— 593. vom 4. November 1880. 911 Messungen nicht ausreichend, um die angebliche, sehr geringe, Ex- centrieität ausser Zweifel zu setzen. Diese Lücke versuchte der andre von uns im December 1879 auszufüllen, erkannte dabei aber bald, dass die Erscheinung in manchen Beziehungen eine wesentlich andre ist, als man bisher gemeint hatte, namentlich dass die bis- herige Vorstellung über den Ort, an welchem die Interferenz zu Stande kommt, der Natur nicht entspricht. Indem er nämlich die Newton’schen Ringe, die vermittelst einer convexen Linse und einer horizontal daraufliegenden planparallelen Glasplatte im gelben Natriumlicht erzeugt waren, durch ein Mikroskop beobachtete, wel- ches eine gewisse Neigung gegen den Horizont hatte, überzeugte er sich von folgender Thatsache: Das Mikroskop sei so gestellt, dass irgend ein Theil eines der schwarzen Ringe so scharf als möglich gesehen wird; will man nun auch die andern Ringe, oder selbst nur andre Theile desselben Ringes, bei derselben Mikroskop- neigung deutlich sehen, so genügt es nicht, das Mikroskop parallel mit sich in unveränderter Höhe über die horizontal liegende Platte hinzuführen, sondern man muss es an gewissen Stellen tiefer sen- ken, an andern höher erheben, um die Interferenzerscheinung wie- der in möglichster Schärfe zu sehen. Daraus folgt, dass die Ringe nicht in einer horizontalen Ebene (etwa in der oberen Grenzfläche der erzeugenden Luftlamelle) liegen, sondern dass sie eine gewisse andre Lage im Raume haben. Die eben mitgetheilte Beobachtung veranlasste uns, das Phä- nomen der Newton’schen Ringe sowohl in experimenteller, als in theoretischer Hinsicht von Neuem eingehend zu untersuchen. In diese Untersuchung theilten wir uns in der Weise, dass Sohncke den experimentellen Theil, Wangerin den theoretischen bearbeitete. Dabei arbeiteten wir zunächst unabhängig von einander, so dass die meisten Beobachtungen schon vor Aufstellung der Theorie und nicht etwa nur zur Bestätigung der von der Theorie gefundenen Resultate angestellt wurden. Erst nach dem Abschluss der beiden getrennt geführten Untersuchungen wurde eine eingehende Verglei- chung von Theorie und Beobachtung gemeinsam durchgeführt, und diese ergab, dass die Erscheinungen durch die Theorie nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ in durchaus befriedigender Weise dargestellt wurden. Die Resultate unsrer gemeinsamen Arbeit er- lauben wir uns im Folgenden mitzutheilen. 912 | Gesammisitzung T: Die experimentelle Untersuchung der Lage der Ringe geschah mittelst einer Vorrichtung, durch welche das Mikroskop bei con- stanter (übrigens beliebig zu wählender) Neigung horizontal nach allen Richtungen verschoben, sowie längs seiner Axe vor- und zu- rückgezogen werden konnte, und welche zugleich die Grösse aller dieser Bewegungen zu messen gestattete. Zur Ausführung und Mes- sung der horizontalen Verschiebung des Mikroskops dienten zwei Mi- krometerschrauben, deren Axen zu einander senkrecht standen. Die dritte Verschiebung, längs der Mikroskopaxe, geschah dadurch, dass das Instrument in seiner Hülse hin- und hergeschoben und der jedes- malige Stand an einer auf dem cylindrischen Mikroskoprohre an- gebrachten Theilung mittelst einer Lupe abgelesen wurde; dabei konnten noch Zehntel eines Millimeters geschätzt werden. Objectiv und Ocular des Mikroskops, dessen Vergrösserung eine 25 -fache war, blieben stets in derselben Entfernung von einander. Um die Aufmerksamkeit auf die Mitte des Gesichtsfeldes zu concentriren, wurde das letztere durch ein am Orte des Fadenkreuzes angebrach- tes Diaphragma auf ein schmales, liegendes Rechteck beschränkt. Zur Hervorbringung der Ringe diente eine planconvexe Linse, auf deren convexer Fläche eine planparallele Glasplatte lag; die obere Fläche der letzteren wurde genau parallel zu den Axen der oben genannten beiden Schrauben gestellt. Auf diese Gläser- combination fiel gelbes Natriumlicht, das durch eine Linse (nahezu) | parallel gemacht war. Die Axe des auffallenden Bündels von Parallel- strahlen hatte dieselbe Neigung gegen den Horizont, wie die Mikro- skopaxe; auch ging diese Axe ungefähr durch den Berührungspunkt von Linse und Platte, und dıe Einfallsebene war der einen Schrau- benaxe parallel. Das an der oberen Fläche der planparallelen Platte reflectirte Licht, das zur Erzeugung der Ringe nichts beiträgt, wurde immer durch ein passend aufgestelltes, verticales, undurch- sichtiges Blättehen mit horizontaler Unterkante abgeblendet. Beob- achtet wurde in folgender Art: Das Mikroskop wurde so eingestellt, dass ein Punkt eines dunklen Ringes in der Mitte des Gesichtsfeldes möglichst deutlich war; dann wurde das Mikroskop horizontal ver- schoben, so dass ein andrer Punkt (desselben oder eines andern Ringes) in die Mitte des Gesichtsfeldes trat. Damit dieser mög- lichst deutlich gesehen würde, musste das Mikroskop in seiner Hülse verschoben werden. Diese Verschiebung wurde abgelesen und er- vom 4. November 1880. 913 gab, um wie viel der zweite betrachtete Punkt in der Richtung der Mikroskopaxe höher oder tiefer zu liegen schien, als der zuerst beobachtete. So wurden also die Coordinaten der Orte, an denen die verschiedenen Ringpunkte sich zu befinden schienen, bestimmt in einem Coordinatensystem, von dem zwei Axen horizontal und parallel den oben genannten Schraubenaxen waren, die dritte Axe parallel der Mikroskopaxe, also gegen den Horizont geneigt. Für sämmtliche Punkte aller Ringe ergaben sich bestimmte Orte, an denen die Interferenz stattzufinden schien. Nur für den schwarzen Fleck in der Mitte war keine bestimmte Einstellung des Mikroskops möglich; auch bei den ersten Ringen war für die scharfe Einstellung ein etwas grösserer Spielraum vorhanden. Aus den eben beschriebenen Messungen liessen sich nun fol- gende Schlüsse ziehen: | 1) In der durch das Centrum der Ringe gehenden Einfalls- ebene (der centralen Einfallsebene) liegen die scheinbaren Inter- ferenzorte auf einer geraden Linie, die nach der Seite hin ansteigt, von wo das Licht kommt. Sie heisse die Hauptgerade. Ihre Nei- gung w gegen die Horizontale hängt vom Einfallswinkel S ab. Für w wurden folgende Werthe ermittelt: SS 282° I = 45° S; 943° le w —= 13°28' | „= 1$8°18' | » = 19°28’ w— 14°41'. | Die Neigung der Hauptgeraden nimmt also mit zunehmendem Ein- fallswinkel anfänglich zu, jenseits < — 543° aber wieder ab. Dass das einfallende Licht nahezu parallel gemacht war, hatte auf die Erscheinung in der centralen Einfallsebene keinen Einfluss. Bei freier Flamme war die Erscheinung dieselbe. Die obigen Resultate waren sämmtlich mit derselben Linse und derselben planparallelen Glasplatte erhalten. Für den Einfalls- winkel S — 543° wurden noch Beobachtungen mit zwei andern Linsen und andern Glasplatten angestellt; diese ergaben für » den- selben Werth, so dass sich die Neigung der Hauptgeraden als un- abhängig von dem Radius der Linse und der Dicke der plan- parallelen Platte erwies. 2) Da der Mittelpunkt der Ringe innerhalb der planparallelen Platte erscheint, und da die Hauptgerade von diesem Punkte an auf der dem Lichte zugewandten Seite steigt, so muss in der cen- tralen Einfallsebene ein gewisser Ring gleichzeitig mit der Oberseite [1880] 67 914 Gesammtsitzung der Glasplatte deutlich gesehen werden. Um letztere scharf ein- stellen zu können, wurde die Platte schwach mit Lycopodium be- streut. Für die Nummer h dieses Ringes ergaben sich im Mittel folgende Werthe: I = 282° Su 4b = 542° — 101 | Para a: Der Kugelradius r war dabei 2100””, die Dicke d der Glasplaie 5mm, ihr Brechungsindex n = 1,54. 3) Verschiebt man das Mikroskop in einer Ebene, die auf der Einfallsebene senkrecht steht und durch den Mittelpunkt der Ringe geht, nachdem man das Instrument zuvor auf einen Ring scharf eingestellt hat, so bedarf es zum deutlichen Sehen der neu erscheinenden Ringe keiner Verschiebung des Mikroskops in seiner Hülse. Also liegen in dieser Ebene, welche die centrale Querebene heissen soll, alle Interferenzorte in gleicher Tiefe; sie besetzen eine horizontale Gerade, die Quergerade. Diese geht ohne Schnitt unter der Hauptgeraden vorbei. Der in Richtung der Mikroskopaxe ge- messene Abstand beider wächst mit wachsendem Einfallswinkel. Dieser Abstand war bei I = 282° nur 0,1 bis 0,2"%, bei I = 543° gegen 2°, bei 9 = 754° aber 3,78", wobei n, d, r diesel- ben Werthe, wie in 2) hatten. Übrigens werden in der Querrichtung die Ringe bald undeut- lich, um so mehr, je grösser der Einfallswinkel ist, und bei freier . Flamme mehr, als bei nahezu parallelem Lichte. In der Querrich- tung sind stets weniger Ringe deutlich sichtbar, als in der centralen Einfallsebene. 4) Was die Lage der Ringe ausserhalb der genannten beiden Geraden (Hauptgerade und Quergerade) betrifft, so wurden zunächst die Coordinaten der Interferenzorte ohne Rücksicht auf die Ring- zahl gemessen. Daraus ergab sich, wenn man Hauptebene die- jenige Ebene nennt, die durch die Hauptgerade senkrecht zur cen- tralen Einfallsebene sich legen lässt, folgendes Resultat: Die Ge- sammtheit der scheinbaren Interferenzorte befindet sich auf einer gewissen Oberfläche, welche die Interferenzfläche heissen soll. Die- selbe wird von der centralen Einfallsebene in der obigen Haupt- geraden geschnitten und von der centralen Querebene in einer unter der Hauptgeraden hindurchgehenden geraden Linie, der Quergeraden. Abgesehen von der Hauptgeraden liegt der lichtferne Theil der vom 4. November 1880. 915 Interferenzfläche unterhalb der Hauptebene, der lichtnahe Theil nur in der Nachbarschaft der Quergeraden unterhalb, sonst aber ober- halb der Hauptebene.e. Die Abweichung der Interferenzfläche von der Hauptebene ist, soweit die Interferenzen überhaupt noch leid- lich sichtbar sind, im lichtfernen Theile grösser, als im lichtnahen. Durch eine zur centralen Querebene parallele Ebene wird die Inter- ferenzfläche in einer Curve geschnitten, welche, wenn sie der licht- fernen Hälfte angehört, mit zunehmender Entfernung immer tiefer unter die Hauptebene sinkt (am tiefsten nahe bei der Quergeraden), wenn sie aber der lichtnahen Hälfte angehört, immer höher über die Hauptebene steigt. Durch eine seitliche Einfallsebene wird die Interferenzfläche in einer Curve geschnitten, welche, von der Licht- ferne zur Lichtnähe hin verfolgt, zunächst immer tiefer unter die Hauptebene sinkt, bis sie dies- oder jenseits der Quergeraden wie- der steigt und sich schliesslich über die Hauptebene erhebt. Die Grössen der Senkungen und Hebungen betragen bei grösseren Ein- fallswinkeln mehrere Millimeter. In voller Schärfe zeigt sich die Interferenzerscheinung nur in der centralen Einfallsebene; sie wird um so verschwommener, je weiter man sich von dieser Ebene entfernt; die lichtnahe Hälfte der Erscheinung ist nicht so deutlich, als die lichtferne. Aus der Gestalt der Interferenzfläche folgt, dass der einzelne schwarze Ring eine Curve doppelter Krümmung ist. Dieser Schluss findet seine Bestätigung durch directe Messung der Hebungen oder Senkungen für verschiedene Punkte desselben Ringes. Die licht- ferne Ringhälfte liegt stets ganz unterhalb der Hauptebene, am tief- sten in der Nähe der Quergeraden. Für kleinere Einfallswinkel kann auch der ganze Ring unterhalb der Hauptebene liegen. Für © — 282° findet dies noch für den 40ten Ring statt. 5) Über die Maassverhältnisse der Ringe ergab sich Folgen- des: Die Hauptdurchmesser aller Ringe (d. h. die auf der Haupt- geraden liegenden Durchmesser) haben ihren Halbirungspunkt im Centrum des schwarzen Flecks, sind also concentrisch, nicht ex- centrisch, Dasselbe gilt von den Querdurchmessern. Die Mittel- punkte der Hauptdurchmesser und Querdurchmesser fallen aber nicht zusammen, da die beiden Linien, auf denen die einen und die an- dern liegen, sich nicht schneiden. Projieirt man irgend einen Hauptdurchmesser durch Parallele 67* 916 Gesammisitzung zur Mikroskopaxe auf eine Horizontale, so ist die Länge der Pro- jection gleich dem Querdurchmesser desselben Ringes. Die Querdurchmesser der dunklen Ringe verhalten sich, wie bekanntlich alle früheren Messungen ergeben haben, wie die Qua- dratwurzeln der ganzen Zahlen. Dasselbe gilt daher auch für die Hauptdurchmesser. Für die letzteren folgt dasselbe Resultat übri- gens auch direct aus den beobachteten Zahlen; und diese Beobach- tung ist deshalb von Interesse, weil man in der Hauptgeraden viel mehr Ringe sieht, als in der Querrichtung. Il. Zur Erklärung der im vorigen Abschnitt gefundenen Thatsachen muss man die bisherige Theorie der Newton’schen Ringe dahin erweitern, dass man auf die Ausdehnung der Lichtquelle Rücksicht nimmt, dass man also das auffallende Licht nicht mehr als von einem Punkte herrührend ansieht. Auch das durch eine Linse nahezu parallel gemachte Licht enthält nicht rein parallele Strah- len. Nur der im Brennpunkt der Linse liegende leuchtende Punkt giebt Strahlen, die zur Axe der Linse parallel sind. Die be- nachbarten leuchtenden Punkte ergeben Strahlenbündel von allen möglichen der Axe sehr nahen Richtungen. Diesen Umstand hat schon Hr. Feussner!) bei Betrachtung der an einem keilförmigen Blättchen entstehenden Interferenzstreifen in Rechnung zu stellen gesucht. Aber abgesehen davon, dass von den Erscheinungen an einem keilförmigen Blättchen kein directer Schluss gezogen werden kann auf die complicirtere Erscheinung der Newton’schen Ringe, muss man, um hier zum Ziele zu gelangen, für das Zusammen- wirken aller interferirenden Strahlen ein ganz andres Princip zu Grunde legen, als es Hr. Feussner thut. Der Gedankengang unsrer Entwickelung ist folgender: Die La- melle sei dadurch gebildet, dass eine planparallele Platte auf einer Linse liegt. Es werde nun zunächst angenommen, dass rein par- alleles Licht auf die Lamelle fällt. Dann haben wir zwei Strahlen- systeme zu betrachten, 1) die an der Vorderseite der Lamelle (der Unterfläche der planparallelen Platte) reflectirten Strahlen, die unter 1) Sitzungsberichte der Ges. z. Beförd. d. ges. Naturw. zu Marburg; 1880. Nr.1 8.1— 22. vom 4. November 1880. 917 einander parallel sind, 2) die nach einmaliger Reflexion an der Kugelfläche aus der Lamelle ausgetretenen Strahlen, die unter ein- ander und mit den vorigen kleine Winkel bilden. Beide Systeme betrachten wir nach der Brechung an der oberen Fläche der plan- parallelen Platte. Durch jeden Punkt des Raumes geht dann, nö- thigenfalls rückwärts verlängert, je ein Strahl eines der beiden Sy- steme. Denken wir nun das Mikroskop auf einen bestimmten Punkt eingestellt, so vereinigen sich die beiden durch jenen Punkt gehen- gen Strahlen auf der Netzhaut mit derselben Wegdifferenz, die sie in dem betrachteten Punkte hatten. Der Punkt erscheint also dun- kel, wenn jene beiden Strahlen eine Wegdifferenz von einer ganzen Zahl von Wellenlängen hatten. Dies kann man erreichen, in wel- cher Entfernung von der Lamelle man auch den betrachteten Punkt annimmt. Man müsste daher die Ringe bei jeder Einstellung des Mikroskops sehen können. Das ist aber nicht der Fall, sondern nur bei einer bestimmten Einstellung sieht man die Ringe deutlich. Es erklärt sich dies, wenn man nicht blos eine einfallende Wellen- ebene, sondern unzählig viele von allen möglichen nahen Richtungen in Betracht zieht; und die Berechtigung dazu ist oben gezeigt. Man muss aber festhalten, dass nur solche Strahlen interferiren, die aus derselben Wellenebene entstanden sind. Durch jeden Punkt des Raumes gehen daher jetzt unzählig viel Paare von interferiren- den Strahlen. Im Allgemeinen haben diese Paare ungleiche Weg- differenzen; wenn auch ein Paar ein Minimum der Intensität er- giebt, wird dies bei den andern Paaren nicht der Fall sein. Die Interferenz wird daber im Allgemeinen undeutlich erscheinen. Um nun zu bestimmen, für welche Punkte die Interferenz am deutlich- sten ist, muss man beachten, dass alle in’s Auge fallenden Strahlen symmetrisch um die Mikroskopaxe vertheilt sind, dass daher vor Allem diese Axe in Betrachtung zu ziehen ist. Längs der Axe aber gelangen zwei Strahlen in’s Auge, die nicht mit einander in- terferiren, sondern die zwei verschiedenen Paaren angehören, den Hauptpaaren. Diese müssen vor Allem, und zwar beide in gleicher Weise, berücksichtigt werden. Daraus ergiebt sich als natürlichste Annahme über das Zusammenwirken aller interferirenden Paare die folgende: Die dunklen Ringe sind am deutlichsten bei der Einstellung auf diejenigen Punkte, für welche die Weg- differenz jedes einzelnen der beiden Hauptpaare eine ganze Anzahl von Wellenlängen beträgt. Berechnet man Sa Gesammtsitzung diese Wegdifferenzen, ausgedrückt durch die Coordinaten des :be- trachteten Punktes, so stimmen beide nur überein in den Gliedern, welche die gewöhnliche, angenäherte Theorie angiebt. Die Glieder der nächsten Ordnung dagegen haben entgegengesetztes Zeichen. Soll daher jede der beiden Wegdifferenzen gleich einer ganzen Zahl von Wellenlängen sein, so sind zwei Gleichungen zu erfüllen. Die erste derselben ist im Wesentlichen die der gewöhnlichen Theorie; die zweite giebt an, wie weit von der Lamelle derjenige Punkt entfernt ist, auf den man einstellen muss, um irgend einen Ringpunkt mög- lichst deutlich zu sehen. Es lässt sich endlich beweisen, dass die so erhaltenen Gleichungen durch Berücksichtigung der wiederholten Reflexionen innerhalb der Lamelle nicht geändert werden. Die Discussion der Gleichungen, deren Ableitung eben ange- geben ist, liefert nun folgende Resultate, die mit den Beobachtungen völlig übereinstimmen. 1) Für senkrechte Incidenz ist die bisherige Theorie der New- ton’schen Ringe in aller Strenge richtig, die scheinbaren Inter- ferenzorte liegen in der Oberfläche der Lamelle; für andere Ein- fallswinkel (Mikroskopstellungen) bildet jene Theorie nur eine erste Näherung. 2) Für den Einfallswinkel $ bilden die Interferenzorte in der durch den Berührungspunkt von Kugel und Glasplatte gelegten (der centralen) Einfallsebene eine gerade Linie, die zum Lichte hin an- ‘ steigt, und deren Neigungswinkel gegen die Horizontale (w) durch die Gleichung bestimmt ist: sinS - C08Y% { ze en 9 ne re co Es ist dies die schon im ersten Abschnitt gefundene Hauptge- rade. Ihre Neigung, die für 9 —= 54°44' ein Maximum hat, ist unabhängig vom Kugelradius und von der Beschaffenheit der plan- parallelen Platte. Aus der Gleichung für tg w folgen die Zahlen- werthe: S 282° I —= 45° 3 = 54°45' 3 —= 732° wu —= 13°25' w— 18°28' w— 19°28’ w—= 15°1. | | Die Differenzen zwischen den berechneten und beobachteten (ef. Abschn. I Nr.1) Werthen von w betragen nur einige Minuten, für den letzten Werth 20 Minuten. vom 4. November 1880. 919 3) Die in der centralen Einfallsebene, also auf der Haupt- geraden, gelegenen Ringdurchmesser haben alle denselben Mittel- punkt P. Projieirt man diese Durchmesser auf die Horizontalebene durch Parallele zur Mikroskopaxe, so ist die Projection des Akten Durchmessers (? Wellenlänge, r Kugelradius). 4) In der Oberfläche der planparallelen Platte liegt der in der centralen Einfallsebene befindliche Punkt desjenigen Ringes, dessen Ordnungszahl er Ad cos’Y ir n’sin’>cos®S, ist. Darin ist d die Dicke der planparallelen Platte, n ihr Brechungs- index, 2, der zum Einfallswinkel I gehörige Brechungswinkel in der Platte. Die Formel liefert für die bei den Beobachtungen be- nutzten Werthe von r, d etc. folgende Zahlen, die mit den directen Messungen gut übereinstimmen (cf. Abschn. I Nr. 2): I — 284° | Sal | I = 542° er 103,9 h —= 24,5 = nel: 5) Hat man das Mikroskop auf den in 3) genannten Punkt P eingestellt, schiebt es dann längs seiner Axe um das Stück | (M"—1)tgS, .d NCosY, a tiefer, legt ferner durch den so erhaltenen Punkt Q eine Senkrechte zur Einfallsebene, so trifft diese alle Ringe Es ist die Quer- gerade des Abschnitts I. Die auf der Quergeraden liegenden Querdurchmesser haben alle @ zum Mittelpunkt und sind gleich den projicirten Hauptdurchmessern D, (Nr. 5). Die obige Formel liefert für PQ folgende Werthe: | I — 283° S— 544° | De er Rare | PO— nun. und diese Zahlen stimmen gut überein mit den im Abschnitt I unter 3) mitgetheilten Zahlen. 6) Die beiden in Rede stehenden Punkte P und @ haben fol- gende physikalische Bedeutung. Die von dem Berührungspunkt der 920 Gesammtsitzung Kugel und der planparallelen Platte ausgehenden, der Mikroskopaxe sehr nahen Strahlen schneiden sich nach der Brechung an der Ober- seite der planparallelen Platte nicht mehr in einem Punkte, sondern bilden zwei sehr kleine Brennlinien; von diesen geht die verticale durch @ (welcher Punkt senkrecht über dem Berührungspunkt liegt), die horizontale, zur Einfallsebene senkrechte, durch P£. 7) Während man, um irgend einen Ring in der Einfallsebene deutlich zu sehen, auf einen bestimmten Punkt einstellen muss, ist ein Gleiches für das dunkle Centrum nicht nöthig. Auf welchen Punkt der Linie PQ man auch einstellen mag, die Intensität ist stets ein Minimum. 8) Projieirt man die Ringe durch Parallele zur Mikroskopaxe auf eine horizontale Ebene, so erhält man concentrische Kreise. In Wirklichkeit bildet aber jeder einzelne Ring eine Curve doppelter Krümmung. Alle Ringe liegen auf der Fläche: 2 (8 + y?) sin$ — 22 (® + y’ cos’) — 22° co? I —0. Das hierbei zu Grunde gelegte Coordinatensystem hat den obigen Punkt P zum Anfangspunkt, x und y sind horizontal, und zwar & in der Einfallsebene, 2 ist parallel der Mikroskopaxe, 2, ist schon oben in 5) bestimmt. Die Fläche ist eine Regelfläche dritter Ord- nung und hat die begrenzte Linie PQ zur Doppellinie. Durch jeden Punkt von PQ gehen zwei der erzeugenden Geraden, zu denen auch die Hauptgerade und die Quergerade gehören. Ausser diesem Sy- stem von Geraden enthält die Fläche noch eine weitere gerade Linie, welche der Quergeraden parallel ist und auf der dem Lichte zugewandten Seite der Fläche liegt. Mit Hülfe dieser letzten Linie ergiebt sich eine leichte Construction der Fläche. Die Discussion der Gestalt dieser Fläche giebt für die Er- hebung der Punkte, auf welche man das Mikroskop einstellen muss, Resultate, die mit den im ersten Abschnitt unter Nr. 4 mitgetheil- ten Beobachtungen völlig übereinstimmen; und diese Übereinstim- mung erstreckt sich nicht nur auf den allgemeinen Charakter der Erscheinung, sondern die aus der Flächengleichung berechneten Werthe von z stimmen auch numerisch so gut mit den gemessenen überein, wie die Messungsmethode es nur irgend erwarten lässt. 9) Die Theorie vermag noch von einer weiteren Thatsache Rechenschaft zu geben, davon nämlich, dass die verschiedenen Punkte eines und desselben Ringes nicht gleich deutlich erscheinen. vom 4. November 1880. 921 Die Undeutlichkeit der Interferenz entsteht durch diejenigen Paare interferirender Strahlen, die ausser den Hauptpaaren in das Mikro- skop gelangen. Es lässt sich nun beweisen, dass diese anderen Paare die Erscheinung in keiner Weise beeinträchtigen, wenn das Mikroskop auf Punkte der centralen Einfallsebene eingestellt ist. Für Punkte ausserhalb dieser Ebene dagegen machen jene Paare die Erscheinung mehr oder weniger undeutlich; namentlich gilt dies auch für Punkte der Quergeraden. Für die Beurtheilung der Un- deutlichkeit lässt sich ein mathematischer Ausdruck aufstellen, dessen Folgerungen den Beobachtungen vollkommen entsprechen. Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über die von der chinesischen Regierung zu der internationalen Fischerei- Ausstellung gesandte Fischsammlung aus Ningpo. Die für die internationale Fischerei-Ausstellung d. Js. von der chinesischen Regierung übersandten Fische wurden dem deutschen Fischerei-Verein übergeben, welcher letztere dieselben dem zoologi- schen Museum überliess, von dem die Aufstellung und vorläufige Ordnung mit Aufwendung nicht unerheblicher Kosten gemacht worden war. Eine genaue wissenschaftliche Bestimmung war we- gen der Kürze der Zeit vor der Ausstellung nicht ausführbar und ist erst jetzt möglich gewesen. un . Percalabrax japonicus Cuv. Val. . Niphon spinosus Cuv. Val. Serranus moara Schlegel. . Priacanthus japonicus Langsdorff. . Hapalogenys nigripinnis Schlegel. Silberig, Kopf und Binden dunkel, von letzteren eine vor der Rückenflosse hinter den Brustflossen herabsteigend und an der Bauchseite sich verlierend, eine andere von dem 4. bis 8. Rücken- stachel ausgehend sich bogenförmig nach hinten wendend und auf der oberen Hälfte des Schwanzes verlaufend. 6. Hapalogenys mucronatus Eydoux et Souleyet. Tag Cr ot 922 Gesammtsitzung Wie die Figur von Richardson (Voy. Sulphur Fish. Tf. 43 Fig. 3) zeigt, mit fünf dunkeln Querbinden, eine vor der Rücken- flosse, zwei vor dem Stacheltheile, eine vor dem Weichtheile der- selben, und eine hinter derselben. 7. Synagris sinensis Lacepede. 8. Pagrus tumifrons Schlegel. 9. Pagrus cardinalis Lacepede. 10. Centridermichthis fasciatus Heckel. 11. Platycephalus punctatus Cuv. Val. 12. Platycephalus insidiator Forskaäl. 13. Trigla kumu Lesson. 14. Latilus argentatus Cuv. Val. 15. Pseudosciaena amblyceps Bleeker. 16. Corvina semiluctuosa Cuv. Val. 17. Otolithus Fauvelii n. sp. D. 9—1, 29; A. 2,7. Lin. lat. 50. Kopflänge zu der Körperlänge wie 1:32, zu der Körperhöhe wie 14:1; Augendurchmesser etwas kleiner als die Schnauzen- länge, ö4mal in der Kopflänge enthalten. Oberkiefer ragt nach hinten über das Auge hinaus. In jeder Seite des Zwischenkiefers eine äussere Reihe längerer Zähne, welcher eine Reihe etwas klei- nerer des Unterkiefers entspricht, die aber nach innen von einer Reihe kurzer Zähnchen steht. In der Seitenlinie 80 Schuppen mit verzweigten erhabenen Linien; über derselben ungefähr 96, unter derselben 85 Querreihen von Schuppen. Silberig., Rückenflosse mit Längsreihen schwarzer Flecke. 18. Collichthys lueidus Riehardson. 19. Trichiurus japonicus Schlegel. 20. Auxis Rochei Risso. 21. Cybium niphonium Cuv. Val. 22. Stromateus argenteus Bloch. 23. Trachurus trachurus Lacepede. 24. Caranz maruadsi Schlegel. 25. Seriola Dumerilii Risso, var. rubescens Schlegel. 26. Gobius ommaturus Richardson. 27. Triaenophorichthys barbatus Günther. 28. Boleophthalmus pectinirostris Gmelin. 29. Eleoiris (Philypnus) sinensis Lacepede. in a Bee ee ee re vom 4. November 1880. 023 30. Bleotris obscura Schlegel. Vier Exemplare, welche in den Proportionen und in der Zeich- nung ganz mit einem Exemplar aus Japan (Yokuhama) überein- stimmen. Alle, auch die aus Japan, haben in der ersten Rücken- flosse 8 Stacheln, in der zweiten Rückenflosse dagegen haben sie 1, 10 (11), in der Analflosse 1, 7 (8) Strahlen, während das aus Yokuhama in der Rückenflosse 1, 8 (9), in der Analflosse 1, 6 (7) Strahlen hat. In der Seitenlinie zähle ich 38 bis 42, zwischen der zweiten Rückenflosse und der Analflosse 12 bis 13 Schuppen. Es finden sich übrigens auch an der Basis der Brustflosse ein Paar brauner oder schwarzer Flecke, von aussen und innen sichtbar, wie Günther dieses (Cat. Fish. III. p. 558) von seiner Bleotris potamo- phila angibt. Ausserdem muss ich bemerken, dass eins der beiden von Hrn. v. Martens aus Shanghai erhaltenen Exemplare 8, das andere aber nur 6 Stachelstrahlen in der ersten Rückenflosse zeigt. Es ist mir daher nicht unwahrscheinlich, dass auch diese Art mit E. obscura zu vereinigen ist. 31. Amblyopus hermannianus Lacepede. 32. Trypauchen vagina Schneider. 33. Lophius setigerus Vahl. 34. Mugil haematochilus Schlegel (non Gthr. M. Joyneri Gthr.?). Auge ohne Fetthaut. 35. Mugil cephalotus Cuv. Val. Auge mit Fetthaut. 36. Polyacanthus opercularis Linne. 37. Ophiocephalus argus Cantor. 38. Pseudorhombus olivaceus Schlegel. 39. Cynoglossus abbreviatus Gray. 2. 1147 A292. Lin. lat. 140,ad 150. Bei den vorliegenden Exemplaren ist der Interorbitalraum zwischen den Augen bei den kleineren Exemplaren mehr als ein, bei den grösseren gleich drei Augendurchmessern. Die Zahl der Längs- schuppenreihen zwischen der oberen und mittleren Seitenlinie in der Postabdominalgegend variirt von 20 bis 24, zwischen der un- teren und mittleren Seitenlinie von 25 bis 31. Da die Gestalt, auch die weisse Säumung der dunkeln senkrechten Flossen zu C. abbreviatus passt, ziehe ich sie zu dieser Art, mit welcher der C. trigrammus Gthr. zu vereinigen sein dürfte. 40. Silurus asotus Linne. 924 Gesammtsitzung 41. Macrones (Pseudobagrus) Vachellii (Richardson). 42. Macrones (Pseudobagrus) fulwvidraco (Richardson). 43. Macrones (Liocassis) longirostris Günther. 44. Arius falcarius Richardson. 45. Saurida argyrophanes Richardson. 46. Harpodon nehereus Hamilton-Buchanan. 47. Cyprinus carpio Linne. 48. Carassius auratus Linne. Distoechodon nov. gen.!) Schlundzähne 7.3-3.7, messerförmig. Schuppen mäs- sig gross, Seitenlinie unter der Mittellinie verlaufend. Rückenflosse kurz mit einem glatten Knochenstachel und wenigen (7) verzweigten Strahlen, den Bauchflossen gegenüber beginnend; Analflosse kurz. Schnauze wulstig vorspringend, Oberkiefer versteckt, die davon ausgehende lappenförmige Haut die von den Zwischenkiefern ausge- hende vorstreckbare scharfrandige, in der Mitte winklig eingebuchtete Oberlippe deckend. Unterlippe mit einer schmalen scharfen Kante sich an den Rand der Oberlippe legend. Mundöffnung ganz an der Unterseite, quer. Keine Bartfäden. Vier Kiemen; freie kammförmige Pseudobran- chien; Rechenzähne zahlreich, kurzv/und' zugesprtzt. Durch die Bildung und Stellung der Rücken- und. Analflosse schliesst sich diese Gattung an Xenocypris, durch den Habitus, die Schnauzen- und Mundbildung mehr an ÖOreinus an, während die Zähne in der Form denen von Rhodeus ähnlich sind, aber in zwei Reihen stehen. HL 4 \ 2 INT, v m on 07 \ \ u N N N) 1) Ilatoıx og, 0dwv. | | | vom 4. November 1880. 925 49. Distoechodon tumirostris n. sp. D.2,7; A.2,9. Lin. lat. 75—80; tr. 12/9 — 13/10. Körperhöhe zur Länge wie 1:4}. Kopf kaum länger als die Körperhöhe.e Augendurchmesser l15mal in der Schnauzenlänge, 44 mal in der Kopflänge enthalten. Oberkiefer ganz versteckt, bis unter das hintere Nasloch reichend. Körperschuppen mittelgross, Seitenlinie über dem untersten Körperdrittel, durch 6 Schuppen von der Bauchflosse, 12 bis 13 von der Rückenflosse getrennt, am Schwanze in der Mitte verlaufend. Der Anfang der Rückenflosse in der Mitte zwischen Schnau- zenende und Schwanzflosse und gegenüber dem Anfang der Bauch- flossen. Der Anfang der Analflosse in der Mitte zwischen den Bauchflossen und der Schwanzflosse, mit mehr Strahlen, aber nicht längerer Basis als die Rückenflosse. Silberig, nach dem Rücken hin schwärzlich. Rückenflosse, Ende der spitzen Brustflosse und der gabelförmigen Schwanzflosse schwärzlich, Bauch- und Analflosse gelblich. 50. Sarcochilichthys sinensis Bleeker. 51. Pseudorasbora parva Schlegel. Mylopharyngodon nov. gen.) Die in einer einzigen Reihe stehenden grossen abge- rundeten Backzähne, 4-4, sind von einer so eigenthüm- lichen, von denen des Leueciscus verschiedenen Gestalt» 1) murog, dapuyE, odw. 926 Gesammtsitzung dass es nicht gerechtfertigt erscheint, die hierher gehö- rige Art mit ihnen zusammenzulassen. 52. Mylopharyngodon aethiops (Basilewsky). 1855. Leuciscus aethiops, Basilewsky, Nouv. Mem. Soc. Moscou. X. P- 290. Tat. 6.2 Rig. Ik 1871. Leucissus aethiops, Bleeker, Mem. sur les Cyprinoides de Chine. p- 45. Taf. 14. Fig. 1. 53. Ctenopharyngodon idellus (Cuv. Val.) 54. Achilognathus (Parachilognathus) imberbis Günther. 1868. Achilognathus imberbis, Günther, Cat. Fish. Brit. Mus. VII. p- 278. 1871. Parachilognathus imberbis, Bleeker, 1. c. p. 37. Taf. 4. Fig. 1. Hr. Dr. Günther giebt D. 12; A. 12 an, während ich, wie Bleeker, in der Dorsale 2,12 bis 2,13, in der Anale 2, 9 bis 2, 10 Strahlen finde. 95. Hypophthalmichthys nobilis (Richardson). 86. Plopichthys bambusa (Richardson). 57. Parabramis bramula (Cuv. Val.). 58. Culter ilishaeformis Bleeker. 59. Misgurnus anguillicaudatus Cantor. 60. Coilia nasus Schlegel. 61. Clupea Reevesiü Richardson. 62. Pellona elongata Bennett. 63. Monopterus javanensis Lacepede. 64. Anguilla japonica Schlegel. 65. Conger vulgaris QCuvier. 66. Muraenesox cinereus Forskäl. 67. Triacanthus brevirosiris Schlegel. 68. Monacanthus monoceros Osbeck. 69. Tetrodon ocellatus Osbeck. 10. Tetrodon rubripes Schlegel. 71. Polyodon gladius Martens. 72. Carcharias gangeticus Müller et Henle. 73. Sphyrna zygaena (Linne). 74. Mustelus manazo Bleeker. 75. Odontaspis americanus (Mitchell). 76. Notidanus (Heptanchus) indicus Cuvier. 928 Sitzung der phil.-hist. Klasse vom 8. November 1880. 8. November. Sitzung der philosopisch -historischen | Klasse. Hr. Weber legte eine Abandlung des Hin. Kuhn über Spu- ren des periodischen Mondmonats aus indogermanischer Zeit vor. Hr. Kiepert legte eine Abhandlung des Hrn. Sachau vor: über die Lage von Tigranocerta. Hr. Conze berichtete über die neusten Ausgrabungen in Per- gamon. Gesammtsitzung der Akademie. #453 4 rt las: Zur vergleichenden Anatomie des Schä- mit Beziehung auf normale und anomale Hör- 2 Anis ur 4 \ — N Bi DER FR > a TRRRnS ua u Bu Bi Bi a 7 1} Rio IP rn 6“ ® "i 68 " 930 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Er 15. November. Sitzung der physikalisch-mathe- matischen Klasse. Hr. Kummer lJas: Über die cubischen und biquadratischen Gleichungen, für welche die zu ihrer Auflösung nöthigen Quadrat- und Cubikwurzelausziehungen alle rational auszuführen sind. Wenn man eine cubische Gleichung mit rationalen Coefficien- ten, welche eine rationale Wurzel hat, nach der ÜCardanischen Formel auflöst, um diese rationale Wurzel zu finden, so können zwei verschiedene Fälle eintreten, nämlich entweder lassen sich die zur Auflösung nöthigen Wurzelausziehungen (einer Quadrat- wurzel und zweier Cubikwurzeln) alle für sich rational ausführen, so dass man die gesuchte Wurzel unmittelbar als rationale Zahl erhält, oder diese Wurzelausziehungen lassen sich nicht in ratio- naler Form ausführen, so dass man die gesuchte rationale Wurzel nur durch irrationale Wurzelgrössen ausgedrückt erhält. Es han- delt sich nun darum, genau unterscheiden zu können, wie die cu- bische Gleichung beschaffen sein muss, damit der eine oder der andere Fall Statt habe. Es sei « die rationale Wurzel der cubischen Gleichung, so müssen, damit die cubische Gleichung durch die Cardanische For- mel in realer Form auflösbar sei, die beiden anderen Wurzeln con- jugirt imaginär sein, also von der Form m + ni und m—.ni. Die drei Ooefficienten der cubischen Gleichung sind demnach c+2m , m®-+2am--n?, «(m?’-+-n?) Da dieselben nach der Voraussetzung rational sein sollen, so folgt zunächst aus dem ersten Üoefficienten, dass ausser x auch m ratio- nal sein muss, und sodann aus dem zweiten, dass auch n? rational sein muss. Betrachtet man nun zunächst die Quadratwurzel, welche in der Cardanischen Formel unter den beiden Cubikwurzeln steht, so hat dieselbe, wenn die drei Wurzeln der cubischen Gleichung mit a, b und ce bezeichnet werden, den Werth 3y—3 ee 2 2 (a—b)(a— c)(b— ec) a De A a ne da, vom 15. November 1880. 931 (m. s. die Abhandlung von ©. G. J. Jacobi: Observatiunculae ad theoriam aequationum pertinentes. Crelle’s Journal Bd.13 8. 341). Füra=,b=m-+ni c=m-—.ni hat man daher Yo = 3y3 ((a+m’+n’)n. . Damit diese Wurzel rational sei, muss ny3 rational sein, also wenn n—=yy3 gesetzt wird, muss y rational sein; schreibt man nun noch für das rationale m das Zeichen ß, so erhält man für die drei Wurzeln a, db, c die Ausdrücke a=a,b=A+yV—-3,c=-ß—yV—3, wo «, ß, y rationale Grössen sind, und demgemäss wird Y» = 9 (la — BO” +3 Y)y. Wenn nun in dieser Weise die innere Quadratwurzel Yw ra- tional gemacht ist, so ist die Bedingung, dass auch die beiden Cubikwurzeln sich rational ausziehen lassen, von selbst erfüllt. Bezeichnet man nämlich diese beiden Oubikwurzeln mit | Ina WE se Vo Vo, v=102a—b—c) (2b — c—a)(2c—a—b) so ist und für die obigen Werthe der drei Wurzeln = («— B)’+27(«—P)y? u VW — (e— LE I(a— By an («&—L)y 27,° v=E Yu —=(«—B=3y)} also 8 _— Vo-+ Yo — a —ß+3y 3 V»- vo = 02 —ß—3y. Demgemäss hat man den Satz: Alle eubischen Gleichungen mit rationalen Coefficienten, welche eine rationale Wurzel haben, die nach der Cardani- schen Formel sich so finden lässt, dass alle nöthigen Wurzelausziehungen rational ausgeführt werden, haben die drei Wurzeln von der Form 68* 932 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse & - a , ee und sind demnach alle in der Form 2? — (« +20) + (2eß +? +34) — «(®? +32) u enthalten, wo «, £, y rationale Grössen sind. Die hier für die cubischen Gleichungen gelöste Aufgabe lässt sich in ähnlicher Weise auch für die biquadratischen Gleichungen stellen und lösen. Zu diesem Zwecke ist zunächst zu zeigen, dass, wenn eine Gleichung vierten Grades eine rationale Wurzel hat, welche nach den bekannten Methoden der Auflösung der Gleichun- sen vierten Grades sich so finden lässt, dass alle dazu nöthigen Quadrat- und Cubikwurzelausziehungen sich rational ausführen lassen: dieselbe nothwendig noch eine zweite rationale Wurzel haben muss. Die Auflösung der cubischen Hülfsgleichung ist für die allgemeine Auflösung der Gleichungen vierten Grades unentbehrlich, darum müssen alle Wurzelausziehungen, welche in derselben vorkommen, sich rational ausführen lassen, und sie muss eine rationale Wurzel r haben. Aus dieser rationalen Wurzel muss sich auch die Quadrat- wurzel rational ausziehen lassen; denn diese kommt in der Dar- stellung der Wurzel einer biquadratischen Gleichung nothwendig vor. Vermittelst dieser Quadratwurzel aus r, welche rational ist, kann man aber die biquadratische Gleichung in zwei Factoren zweiten Grades zerlegen, deren Coefficienten rational sind. Der eine dieser beiden Factoren muss die eine nach der Voraussetzung rationale Wurzel der Gleichung vierten Grades enthalten, welche mit « be- zeichnet werden soll, die andere Wurzel dieser Gleichung zweiten Grades, deren Coefficienten rational sind, welche mit & bezeichnet werden soll, muss darum ebenfalls rational sein. Die biquadrati- sche Gleichung muss also nothwendig zwei rationale Wurzeln, « und £, haben. Ich setze nun die beiden anderen Wurzeln vorläufig gleich m-+n und m-—n, so ist die Summe der vier Wurzeln gleich «++ 2m, woraus folgt, dass m = y rational sein muss. Fer- ner ist der Coefficient des zweiten Gliedes, die Summe der Pro- ducte je zweier Wurzeln, gleich «@d + 2(e + B)m + m’ —n? ra- tional, woraus weiter folgt, dass n’ rational sein muss; man hat also, wenn die vier Wurzeln der biquadratischen Gleichung mit «a, b, c, d bezeichnet werden vom 15. November 1880. 933 a=ae,b=ß,c=y+n,d=y-—n. Die innere Quadratwurzel Yw, welche unter den beiden Cubik- wurzelzeichen steht und nach den Bedingungen der Aufgabe ratio- nal sein muss, hat aber den Werth Yu = %8.V—3(a—b)(a—c)(a—d)(b—c)(b—d)(c— d) (m. s. die genannte Abhandlung von Jacobi S. 343); derselbe giebt für die angegebenen Werthe von a, b, c, d Yo = #V—3 (a—B)2n(® —2ya+y— nm) (®—2yB-+y?’—n) und weil in diesem Ausdrucke alles ausser V—3.n rational ist, so muss diese Grösse auch rational sein, also n von der Form n=dV—3, wo Ö rational ist. Man hat daher für die gesuchte biquadratische Gleichung die nothwendige Bedingung, dass ihre vier Wurzeln von der Form a=a,b=ß,c=y+öV-3,d=y—dV—3 sein müssen, wo «, &, y, d rationale Grössen sind. Die nothwendige Bedingung für die Lösung der gestellten Auf- gabe, dass die vier Wurzeln der biquadratischen Gleichung diese Formen haben müssen, ist somit gefunden, und es bleibt nur noch zu zeigen, dass diese Bedingung auch die hinreichende ist, oder dass für diese Formen der Wurzeln alle in der allgemeinen Auf- lösung der Gleichungen vierten Grades vorkommenden, zur Auffin- dung der beiden rationalen Wurzeln « und £ nöthigen Quadrat- und Cubikwurzeln sich rational ausziehen lassen. Diese sind erstens die beiden Cubikwurzeln von der Form 3 Vr# ya in welchen | Yu = 64.I(e— B)dIlke— +3) —y’+3%) und v— 32.(2lab+cd) — (ac+bd) — (ad-+be)) .(2(ac+bd) — (ad-+bc) — (ab-+-cd)) .(2(ad+be) — (ab + cd) — (ac+bd)) (m. s. Jacobi’s Abhandlung, Crelle’s Journal 5. 343, wo diese Formel, mit einem leicht zu verbessernden Druckfehler behaftet, 954 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse aufgestellt ist). Für die gegebenen Werthe von a, b, 6, d erhält man v= 64[K’+ 27 (a — BY’ ÖK) wo Kürze halber gesetzt ist K=(e—y)B—y)+3%; durch diese Grösse K lässt sich aber der oben gefundene Ausdruck des Yw auch so darstellen: Yo = 64 [9(a — B)EK? + 27 (a — BJ’. Man ersieht hieraus unmittelbar, dass v+ Yw und v — Yu voll- ständige Cuben sind, und dass a | Ve=#Veo) = 4[K + 3(@ — ß)8} ist. Es sind nun zur vollständigen Auflösung der biquadratischen Gleichung noch drei Quadratwurzeln auszuziehen, welche in der Form V: + hYv+ Yu + Yo — Yu Hilg en fe u enthalten sind, frrh=1, h= FEAT ee | welche ich kurz mit YA, YyB, YC bezeichnen will, worin s= (a+b—c—d)” + (a—b+c—d)” + (a—b—c+d), (m. s. die Abhandlung von Jacobi, wo jedoch zwei Druckfehler in den Vorzeichen zu verbessern sind); also für die gegebenen Werthe von a,b, c,d s = 30’ + 30? — 2#ß — 4ay — 4ly + 4y? — 248° demnach erhält man für h;=1 v4 — a+ß—2y, also rational, die beiden anderen Wurzeln YB und YC lassen sich zwar nicht rational ausziehen, weil B und C selbst die irrationale Grösse V— 3 enthalten, aber diese beiden Wurzeln sind auch nicht nothwendige Bestandtheile des Ausdrucks der Wurzeln der biqua- vom 15. November 1880. 955 dratischen Gleichung. In den Ausdrücken der vier Wurzeln, wie sie Jacobi in der genannten Abhandlung gegeben hat, enthalten die beiden ersten Wurzeln « und 5b nur die Summe YyB-+YyC, welche man auch so darstellen kann: yvB+yVC= VB+0C+2VBC in welchem Ausdrucke beide Quadratwurzelausziehungen sich ratio- nal ausführen lassen, denn man erhält VBC = («— PB) -+ 12%, und B+C = 2(« — P)? — 24%, also VB+0+2VBC = 2(@—B). Es lassen sich also auch die zur Auffindung der beiden ersten Wurzeln der biquadratischen Gleichung nothwendigen Wurzelaus- ziehungen vollkommen rational ausführen. Ich bemerke hierbei, dass auch die Quadratwurzeln YB und yYC einzeln sich so dar- stellen lassen, dass sie keine andere Irrationalität enthalten, als —3, denn man erhält vB=a«a—ß-+28V—3 vo=a—ß-28V—3 Da nun alle zur Auffindung der beiden rationalen Wurzeln nöthigen Wurzelausziehungen rational ausgeführt sind, so hat man den Satz: Alle biquadratischen Gleichungen mit rationalen Coeffi- cienten, welche eine rationale Wurzel haben, die nach der allgemeinen Methode der Auflösung der Gleichungen vier- ten Grades sich so finden lässt, dass alle nöthigen Wurzel- ausziehungen rational ausgeführt werden können, haben ausser dieser einen noch eine zweite rationale Wurzel, und erfüllen die nothwendige und hinreichende Bedingung, dass ihre vier Wurzeln von der Form EL, pin He 3 936 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse sind, wo «&, ß, y, d rationale Grössen bezeichnen; sie sind demnach alle in der Form #— (e+B+2y)® + (aß+2ay+2Py+y+309°)x — («+0 y-+39) + 2aßy)a + aßy +30) = 0 enthalten. Hr. Kronecker machte folgende Mittheilung „über die sym- metrischen Functionen*: Bei meinen Universitäts-Vorlesungen über die Theorie der algebraischen Gleichungen bin ich darauf geführt worden, eine er- zeugende Function für die ganzen symmetrischen Functionen von n Veränderlichen zu bilden, welche vor jener von Borchardt im Monatsbericht vom März 1855 aufgestellten Function nicht nur die weit grössere Einfachheit sowie das voraus hat, dass die dem Gegenstande ferne Determinanten -Theorie nicht mit hereingezogen wird, sondern überdies den wesentlicheren Vorzug besitzt, dass die einzelnen symmetrischen Functionen ohne Zahlenfactoren als Ent- wickelungsco£fficienten auftreten. Denn dass bei dem a. a. O. mit # bezeichneten Ausdrucke die symmetrischen Functionen, mit über- flüssigen Zahlenfactoren behaftet, als Entwickelungsco£fficienten er- scheinen, macht sich in der angeführten Notiz selbst als ein Übelstand geltend, indem beinahe die Hälfte derselben dem Nach- weise gewidmet ist, dass jene Zahlenfactoren in den Entwickelungs- coöfficienten der erzeugenden Function als Theiler enthalten sind. I. Bedeuten fı ,12; -.. f„ die durch die Gleichung \ i=m Km + H am 2 I ne —= ]JI ( =n %;) | definirten „elementaren“ symmetrischen Functionen von & ,%2 5... I, und 1,92 5.. 9, die elementaren symmetrischen Functionen von Yı > Y2 3 + Ym , 80 18t i=m k=n u + ya By + nr) el AH + GR. g,02), da das eine wie das andere dieser beiden Producte aus der Ent- wickelung des Doppelproducts vom 15. November 1880. 937 IN(1+%;%%) G=1,2,..m;k=1,2,..n) hk hervorgeht, je nachdem die Multiplication in Beziehung auf oder in Beziehung auf k ausgeführt wird. Bei der Entwickelung des Products auf der linken Seite der Gleichung (A) treten alle jene einfachsten Typen symmetrischer Funetionen von Grössen y, aus denen sich alle symmetrischen Funetionen additiv zusammensetzen lassen, als Factoren der ver- schiedenen Glieder ET (aYas+-Y,n in dem Sinne, dass jene einfachsten Typen symme- trischer Functionen der Grössen y, welche oben mit 0,0; 3) BEA. “ bezeichnet worden sind, durch die elementaren symmetrischen Functionen 9 ausgedrückt, als Coöäfficienten der Entwickelung nach denjenigen ganzen Functionen von v erscheinen, welche aus er durch die Substitution x; = ve hervorgehen. 940 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Der Exponent der niedrigsten Potenz von v in fifrf?.... ist u g—1 sg ea und der Coöfficient dieser Potenz von v ist gleich Eins. Diese aD. Exponenten sind für verschiedene Systeme 6 ) von einan- My %Yy der verschieden, und man kann daher die Functionen ENONCH Slaus,.) nach der Grösse dieser Exponenten geordnet annehmen. Nun hat, wenn das Product (B) nach Potenzen von v» entwickelt wird, eben jene Potenz, deren Exponent 1 est Age orten ale al ist, als Factor eine ganze lineare ganzzahlige Function von Func- . tionen ©, in welcher Sl selbst den Coöfficienten Eins hat, und im Übrigen nur solche Funetionen vorkommen, welche bei der angenommenen Reihenfolge d 0,050 DyY- der Function s( ) vorangehen. Wird dieser Factor mit @.0,.0,%: Sei. bezeichnet, so bilden die Functionen S offenbar eine Reihe von symmetrischen Functionen der Grössen y, welche die Reihe der Functionen © vollständig zu ersetzen geeignet ist, da jede ganze ganzzahlige symmetrische Function der Grössen y als ganze ganzzahlige lineare Function der Functionen S dargestellt wer- den kann. Das unendliche Product (B) erweist sich daher schliess- lich auch in dem gewöhnlichen Sinne des Wortes als eine „erzeu- sende Function“ der symmetrischen Functionen, indem bei der Entwickelung nach Potenzen von v die sämmtlichen zur linearen Darstellung aller symmetrischen Functionen erforderlichen und ausreichenden Functionen S als Factoren bestimmter Potenzen von v auftreten. Das angegebene Resultat gewinnt an Übersichtlichkeit, wenn 0,0 ,0,«. Ye man das Glied von S( ) aus welchem die übrigen durch vom 15. November 1880. 941 Permutation entstehen, mit y!y2..y Bez I, 2.0 Im © ER) Fer Yi, Yiz a Jin wird, WO id 58a, ... i, irgend eine Permutation der Zahlen 1,2..n bedeutet und die Summation auf alle diejenigen Permutationen (i) zu erstrecken ist, bei welchen die zu summirenden Glieder von ein- ander verschieden sind. Die Beziehung zwischen den Bezeichnungs- weisen auf den beiden Seiten der Gleichung ist die, dass n— «a — ß— y—.... Exponenten q den Werth Null, « Exponen- ten g den Werth a, ferner £ den Werth 5 haben u. 8. f. Setzt man nun formaler Vereinfachung wegen ,* bezeichnet, so dass einfach —_ 19-1 0 — U) , so sind bei der Entwickelung des Products (B) die symmetrischen Functionen 9, 92 gm = Yı Yin mr dag % und zwar als ganze Functionen von $ı, 62; ... 9, ausgedrückt, mit ganzen Functionen von u multiplieirt, die nach steigenden Poten- zen geordnet mit dem Grliede umt+g21+ 922+...+g9n anfangen. Eben diese Potenzen von u sind es ferner, welche, wenn das Product (B) nach steigenden Potenzen von u entwickelt wird, mit symmetrischen Functionen von der Form ee cı> an my ONE Ay fü Yı, -Y, + r YyYa nr =, Y Ya Yn Fr multiplieirt erscheinen, wo die Coöfficienten C’, C" ,... ganze Zahlen sind und bei der durch die Grösse der Zahlen ee gia bestimmten Reihenfolge die Exponentensysteme (g’),(g"),... dem Exponentensystem (g) vorangehen. Genau dieselbe Reihenfolge der Exponentensysteme wird durch die Folge der Zahlen + gGh+ gl’ + q,h”T bestimmt, wenn die einzelnen Exponenten qg so geordnet sind, dass stets g,Z 9x4 ist, und wenn h grösser als der grösste in den zu vergleichenden Systemen vorkommende Exponenten-Werth ange- nommen wird. 942 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Die Entwickelung des unendlichen Products (B) ergiebt die”... Reihe 2 N Votv +V te. j NEUN. DE... nz vg Yı vg ee tr) ’ wo jede der unendlich vielen Summationen auf die Werthe 1=0,1,2,..n zu erstrecken und 9=1 zu Setzen ist. Nimmt man die Grösse g gleich n + 1, so repräsentirt der Ausdruck vo + vıg — v9g° — .. alle ganzen Zahlen 0,1,2,3,.. in dem Zahlensystem mit der Grundzahl (n+ 1) d. h. also in dem Zahlensystem, wo 10 die Zahl 1 -+n bedeutet, und die Zahlen ",vı,v2,... bilden die ein- zelnen Ziffern der dargestellten Zahl. Hiernach ist der Factor jeder einzelnen Potenz von ® in der Entwickelung des Products (B) einfach durch die Ziffern zu bestimmen, aus denen der Ex- ponent, wenn er in dem System (10 =1--n) dargestellt wird, be- steht. Sind nämlich o Ziffern gleich r, ferner Ziffern gleich s, ferner r Ziffern gleich ? u. s. f., so ist jener Factor de» Wenn andrerseits das Product (B) nach den verschiedenen Functionen d, dv, Or, Kor entwickelt wird, so ist jede derselben mit einer Reihe von allen denjenigen Potenzen von v multiplieirt, deren Exponenten, in dem Zahlensystem (10 =1-+-.n) dargestellt, aus genau denselben Zif- fern bestehen. Der kleinste dieser Exponenten ist derjenige Aus- druck | Pag ag ic in welchem wZ»v, 2132... ist. Bestimmt man diesen Bedingungen genügende Zahlen v so, dass (a (Gr 5 095 day ame) 2 nen einfach als die lexikographische oder alphabetische charakterisiren. Wenn aber jede der m Reihen aus den g ganzen Zahlen 0 ,1,2,..9—1 besteht, so erscheinen die Systeme von m Zahlen (a ... 2.) org rn FI; 1, gl) bei jener Anordnung nach der Grösse der Werthe von Tu enger BER oder von Bde ag tag nr geordnet, also nach der Grösse der in dem Zahlensystem mit der Grundzahl g durch die Ziffern (r,rz... r„) repräsentirten Zahlen. IV. Geht bei der dargelegten Anordnung ein System ganzer nicht negativer Zahlen (r, rz.... r„,) einem andern Systeme (Ss, 82... $,,) voran, so kann füglich der erstere der beiden Ausdrücke _ rı _r2 Im s1 _82 Sm | 12) ... Im ’ | dog ... In als der von niederer Ordnung, der letztere als der von höherer Ordnung gelten. Die Ordnung einer beliebigen ganzen Function von & 5%... %m d. h. also eines Aggregates von einzelnen Gliedern a kn 2 Lo au dm | vom 15. November 1880. 945 möge durch diejenige des Gliedes höchster Ordnung und demnach durch dessen Exponenten-System bestimmt sein. Dann sind die Ordnungen symmetrischer Functionen durch Exponenten-Systeme Ge, bestimmt, bei denen h 2,212 .-Z1,, ist. Ist irgend eine ganze Function f (2, ,%z,... &„) von der Ord- nung (tk, ty... t,,), und wird die ganze Zahl 9 so gross gewählt, dass die Function f in Bezug auf jede der Variabeln x von niederem Grade als g ist, so geht bei der Substitution m—h F(& 5% 5... %,) in eine ganze Function von v vom Grade N be über, und die verschiedenen einzelnen Glieder kı „ka Km 4] do ... Im 3 aus denen / (X ,& , .. 2,,) zusammengesetzt ist, liefern ebenso viel verschiedene Potenzen von v, da für je zwei verschiedene Systeme (r „Tzy ee ER) DOwor a Sm) auch die Zahlen ee a u m von einander verschieden sind. V. Sind Y,,Y;,..%, ganze ganzzahlige Functionen von v Elementen 9, ,93,...@,, so kann man die beiden Elementen-Systeme als äquivalent bezeichnen, wenn die Substitutions- Determinante gleich Eins ist, und also auch die Elemente p als ganze ganz- zahlige lineare Functionen der v Elemente / darzustellen sind. Ist im Besonderen Di —u N A m = C«B PB (a=1,2,..v5Bß=1,2,.. 0-1), und sind die Coöfficienten ce ganz, so erhellt unmittelbar, dass die Elemente p als ganze ganzzahlige lineare Functionen von Y,,%3,..,, darstellbar sind. Nimmt man nun für die Elemente p die verschiedenen einzelnen Glieder x,' x9... x,”, welche in einer bestimmten ganzen ganzzahligen Function f(&, %; ..%,) vor kommen, so sind die Elemente \) des andern Systems als eben- soviel ganze ganzzahlige Functionen der verschiedenen Ordnungen [1880] 69 946 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse (k,kz..k,„) zu charakterisiren, in denen das Glied der höchsten Ordnung d. h. das für die Ordnung massgebende Glied den Coäffi- cienten Eins hat. Wenn ferner eh IV Sn lauter Systeme von Zahlen bedeuten, für welche l,Zk,Zk,Z.. ist, und zwar sowohl ein bestimmtes solches System tı e) tz 2 I als auch die sämmtlichen Systeme, welche diesem vorangehen, so sind die beideu Systeme symmetrischer Functionen kı k R ky—Rg gho—k k = 1 2 Mm sl 12 2 3 Mm Sa,0,. 0 und fi ib er, einander äquivalent und beziehungsweise für die Systeme p und / zu nehmen, vorausgesetzt, dass die Summation nur auf alle die- jenigen Permutationen (i) der Zahlen 1,2,..m erstreckt wird, für welche die einzelnen Glieder von einander verschieden sind. Für jedes bestimmte Exponenten-System (k, ,ky,.. %„) ist nämlich die Differenz kı 7 kg kg = ka km < kı kg kn hı P lm 5 Di Bin ( eine ganze ganzzahlige symmetrische Function niedrigerer Ordnung, also eine ganze ganzzahlige lineare Function von Ausdrücken deren Exponenten-Systeme (Ah, ,?g,...%,) dem Systeme (k,,Ka,...%,) vorangehen. Dies ist die oben erwähnte Gauss’sche Deduction, und die Reihenfolge der symmetrischen Functionen = Bali, un, auf der sie beruht, kann nach den im Il. Abschnitt enthaltenen Ausführungen auch durch die Grössenfolge der Werthe von pe nd ge u gim charakterisirt werden, wenn 9g> m genommen wird. Die Deduc- tion selbst lässt sich aber einfach dahin zusammenfassen, dass durch it... symmetrische Functionen aller Ordnungen von %#,,4z,.. 4,, im denen der Coöfficient des Gliedes höchster Ordnung gleich Eins ER a NE vom 15. November 1880. 947 ist, dargestellt werden, dass also die Reihe dieser symmetrischen Functionen zu der Reihe der Functionen in der Beziehung der Äquivalenz steht, und zwar in derjenigen, welche oben für die Reihe der Functionen Y und @ im Besonderen hervorgehoben worden ist. Für die wirkliche Darstellung symmetrischer Functionen von E52; 2m als Aggregate von Gliedern kı=kg ae kn 1 2 SSonlinep) sei noch bemerkt, dass wenn die darzustellende Function homogen ist, für alle Systeme k,,k,,... %,, die Summe gleich der Dimension sein muss. Es kommen also, wenn die Ordnung der darzustellen- den Function durch (t, ‚tz, ... £,,) bestimmt ist, nur solche Glieder vor, bei denen die Zahlen k, welche für die Ordnung bezeichnend sind, den Bedingungen er he HET PH lm +++, =btbt tt, FE < << EN ek genügen, d. h. nur solche Glieder, bei denen die mit der Grund- zahl g gebildeten Ordnungszahlen nicht grösser sind als diejenige für die darzustellende Function, während deren Ziffern ihrer Grösse nach auf einander folgen und dieselbe Summe haben. So können z. B. bei der Darstellung der Function (2 — 23)’ (9 — 33) (3 — 1)’, welche die Dimension 6 und, wenn g = 10 genommen wird, die Ordnung 420 hat, nur Glieder mit den Zahlen | 420, 411, 330, 321, 222 vorkommen, da die vier letzteren Zahlen die einzigen unter 420 sind, deren Ziffern der Grösse nach auf einander folgen und die Summe 6 haben. Die zugehörigen Glieder selbst sind hr ’ hf 9 R 9 hfels ’ RB > und die numerischen Coöäfficienten bei der Darstellung jenes qua- dratischen Differenzen-Products lassen sich einfach durch Annahme specieller Werthsysteme für x, ,&,, <, ermitteln, Sn 69 “r 948 Sitzung der phys.-math. Klasse vom 15. November 1880. VI. Die im I. Abschnitte benutzte Eigenschaft der elemen- taren symmetrischen Functionen f, dass zwischen den verschiede- nen Gliedern ffff?... keine lineare Relation besteht, kann na- türlich auch daraus erschlossen werden, dass die Functionaldeter- minante der m Functionen f von Null verschieden ist. Setzt man h=m y la) = hat ha! + — .- En = Bus — &}) und differentiirt nach &,, so kommt, wenn die Ableitung von f, nach x, mit f,, bezeichnet und fo, = 0 genommen wird: h=m a le) SUNG MR IN (9) Sal, are 2,—. so dass fr hat He Eh oder! auch (== 1), = a — In re Eee wird. Setzt man in der Gleichung (C) für x den Werth x,, so kommt: 3 ( 19% IR = Or u (2) 9 (h,r,s= 1,2, ...m) } wo 6. =1, für r>s aber Ö,, = 0 ist, und hieraus folgt die cor- respondirende Gleichung (Der >> ee = On (h,k,r,s— 1,2, ...M), welche auch die Euler’schen Formeln enthält, sowie die Determi- nanten-Gleichung: IP = US) (n,k=1,2,..m). Dabei ist zu bemerken, dass die Grössen f,, wie die beiden ver- schiedenen Ausdrücke derselben zeigen, ganze algebraische Func- tionen von fo, fi> ++ fm, Sind, und dass also das Quadrat der De- terminante | f,, |, da die sämmtlichen Glieder der ersten Vertical- reihe f, sind, eine durch {5 theilbare ganze ganzzahlige Function von fo, fıs +. f„ Sein muss. * Gesammitsitzung vom 18. November 1880. 949 18. November. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Siemens las: Die dynamoelektrische Maschine. Mit dem Namen „dynamoelektrische Maschine“ bezeichnete ich in einer Mittheilung, welche der Akademie von meinem verehrten Lehrer und Freunde Martin Magnus am 17. Januar 1867 ge- macht wurde, ein Maschinensystem, bei welchem die bis dahin bei Induetionsmaschinen zur Erzeugung elektrischer Ströme verwende- ten Stahl- oder dauernd magnetisirten Elektromagnete durch solche Elektromagnete ersetzt waren, deren Drahtwindungen einen Theil des Stromlaufes der inducirten Drahtspiralen bildeten. Ich wies in dieser Mittheilung nach, dass bei jeder elektromagnetischen Kraft- maschine, wenn sie durch äussere Kräfte in entgegengesetztem Sinne gedreht wird, als der, in welchem sie sich durch eine in ihren, Stromkreis eingeschaltete galvanische Kette bewegt, eine fortlau- fende Verstärkung des in ihren Windungen circulirenden Stromes eintreten muss. Ich zeigte ferner, dass bei zweckentsprechender Construction der Maschine der im Eisen zurückbleibende Magnetis- mus ausreicht, um bei hinlänglich schneller Drehung diesen Steige- rungsprocess einzuleiten, so dass eine einmal thätig gewesene Ma- schine für immer die Eigenschaft gewonnen hat, elektrische Ströme zu erzeugen, deren Stärke eine Function der Drehungsgeschwindig- keit ist. Endlich wies ich schon in dieser Mittheilung darauf hin, dass durch diese Combination das bisher bestandene Hinderniss der Erzeugung sehr starker Ströme durch Aufwendung von Arbeitskraft hinweggeräumt sei, und sprach die Erwartung aus, dass viele Ge- biete der Technik durch die ihr von nun an zu Gebote stehenden, leicht und billig zu erzeugenden, starken Ströme einen wichtigen Antrieb zu weiterer Entwickelung finden würden. Es bedurfte eines Zeitraumes von vierzehn Jahren, bis die letztere Erwartung ersichtlich in Erfüllung ging. Gegenwärtig be- nutzt die Hüttenindustrie bereits dynamoelektrische Maschinen, wel- che täglich Tonnen Kupfers galvanisch in chemisch reinem Zustande niederschlagen und es dabei von den Edelmetallen, die es ent- hielt, trennen. Durch dynamoelektrische Maschinen erzeugte Ströme speisen bereits hunderttausende von elektrischen Lichtern, und diese * 950 Gesammtsitzung beginnen schon in vielen Fällen die älteren Beleuchtungsarten zu verdrängen. Eine kaum übersehbare Tragweite scheint aber in neuerer Zeit die Übertragung und Vertheilung von Arbeitskraft durch dynamoelektrische Maschinen und namentlich die Fortbewe- gung von Personen und Lasten durch den elektrischen Strom zu gewinnen. Obgleich ich an dieser Entwickelung der dynamoelektrischen Maschine und ihrer Anwendung stets thätigen Antheil genommen habe, fand ich doch keine Veranlassung, der Akademie über diese Arbeiten zu berichten, da es weniger wissenschaftliche als tech- nische Aufgaben waren, die gelöst werden mussten, um die Ma- schine selbst und die Hülfsorgane derselben für ihre technische Verwendung zweckentsprechend auszubilden. | Nachdem jedoch gegenwärtig hierin ein gewisser Abschnitt er- reicht ist, bitte ich die Akademie, mir zu gestatten, ihr zunächst eine Übersicht des Ganges dieser Entwickelung und der Richtungen, in welchen weitere Verbesserungen anzustreben sind, und demnächst eine Arbeit des Dr. Frölich vorzulegen, in welcher derselbe die zahlreichen von mir veranlassten Versuche mit dynamoelektrischen Maschinen zusammengestellt und eine Theorie ihrer Wirkung und ihrer Benutzung zur Kraftübertragung entwickelt hat. Bei der ursprünglich von mir construirten dynamoelektrischen Maschine bestand der bewegliche Theil aus meinem rotirenden Cy- lindermagnete, dessen Oonstruction im Jahre 1857 von mir publi- cirt wurde !). Die Wechselströme, welche in den Leitungsdrähten dieses Oylindermagnetes bei seiner Rotation zwischen den ausge- höhlten Polen eines starken Elektromagnetes auftreten, wurden durch einen Commutator mit Schleiffedern gleich gerichtet und durchliefen dann die Windungen des fest stehenden Elektromagnetes. Es stellte sich bei dieser Maschine der unerwartete Umstand ein, dass die Erwärmung des rotirenden Ankers eine viel grössere war, als die Rechnung ergab, wenn man nur den Leitungswiderstand des Umwindungsdrahtes nnd die Stromstärke in Betracht zog. Als Ursache dieser grösseren Wärmeentwickelung ergab sich bald, dass das Eisen des Ankers selbst sich bedeutend erwärmte. Zum Theil war diese Erwärmung den Strömen zuzuschreiben, welche der Ma- Snetismus des festen Magnetes im Eisen des rotirenden Ankers erzeu- ı)' Poggend. Ann. Bd. 101.9.271. vom 18. November 1880. 951 gen musste (den sogen. Foucault’schen Strömen); doch sie blieb auch zum grössten Theile noch bestehen, als der Anker aus dünnen Eisenblechen mit isolirenden Zwischenlagen, die den Foucault- schen Strömen den Weg versperrten, hergestellt war. Es musste daher eine andere Ursache der Wärmeentwickelung im Eisen wirksam sein. Eine nähere Untersuchung der Erscheinung ergab in der That, dass das Eisen bei sehr schnellem und plötzlichem Wechsel seiner magnetischen Polarität sich erhitzt, wenn die Magnetisirung sich dem Maximum der magnetischen Capacität des Eisens nähert. Dieser Übelstand der Erhitzung des rotirenden Ankers machte es nothwendig, denselben bei längerem Gebrauche der Maschine durch einen Wasserstrom zu kühlen, um die Verbrennung der Umspinnung der Drähte und anderer durch Erhitzung zerstörbarer Theile der- selben zu verhindern. Die Unbequemlichkeit dieser Kühlung und der durch die Umwandelung von Arbeit in Wärme bedingte beträchtliche Arbeitsverlust bildeten jedoch ein grosses Hinderniss der Anwendung der dynamoelektrischen Maschine. Die Beseitigung desselben wurde angebahnt durch den magnetelektrischen Stromgeber, welchen Pacinotti im Nuovo Cimento 1863 publicirte. Derselbe bestand aus einem Eisenringe, welcher seiner ganzen Länge nach mit einer Drahtspirale umwunden war und der zwischen den ausgehöhlten Polen eines permanenten Magnetes rotirte. Durch magnetische Ver- theilung bildeten sich in diesem Eisenringe Magnetpole, welche den entgegengesetzten Polen des festen Magnetes gegenüberstan- den und ihre Lage auch dann beibehielten, wenn der Eisenring rotirte. Da hierbei die äusseren Theile der Drahtwindungen des Ringes continuirlich die beiden feststehenden magnetischen Felder zwischen den Magnetpolen und dem Eisenringe durchliefen, so mussten in dem in sich geschlossenen Umwindungsdrahte entgegen- gesetzt gerichtete elektromotorische Kräfte auftreten, die keinen Strom erzeugen konnten, weil sie gleich gross waren. Verband man aber die einzelnen Drahtwindungen oder gleichmässig auf der Ringoberfläche vertheilte Gruppen dieser Windungen leitend mit Metallstücken, die concentrisch um die Rotationsaxe des Ringes gruppirt waren, und liess man diese unter zwei feststehenden Schleiffedern fortgehen, welche sich in gleichem Abstande von bei- den Magnetpolen gegenüberstanden, so vereinigten sich die beiden entgegengesetzten Ströme der Drahtwindungen, welche nun eine Ableitung fanden, zu einem einzigen continuirlichen Strome durch 952 . @esammtsitzung den die Schleiffedern verbindenden Stromleiter. Ich hatte zwar schon viel früher eine ähnliche Combination benutzt, um continuir- liche Ströme mit Hülfe einer in sich geschlossenen Inductionsspi- rale zu erzeugen!), der Pacinotti’sche Ring hat aber vor dieser den Vorzug grösserer Einfachheit, und dass der allmählig vor sich gehende Polwechsel im Eisen weniger Wärme entwickelt. Dem Anschein nach hat Pacinotti seine Ringmaschine nur zur. Herstellung kleiner magnet-elektrischer Stromerzeuger und kleiner elektromagnetischer Maschinen verwendet. Gramme in Paris hatte zuerst, im Jahre 1868, den glücklichen Gedanken, dynamoelek- trische Maschinen mit Hülfe des Pacinotti’schen Ringes auszu- führen und dadurch die lästige Erhitzung des Eisens der rotirenden Cylindermagnete zu beseitigen. Der Gramme’schen dynamoelektrischen Maschine haftet aber noch der Mangel an, dass nur die die magnetischen Felder durch- laufenden äusseren Theile der Drahtwindungen der inducirenden Wirkung unterliegen, während die innere Hälfte derselben ohne 1) Eine derartige Maschine zur Hervorbringung continuirlicher hochge- spannter Ströme für telegraphische Zwecke war von Siemens & Halske in der Londoner Industrieausstellung von 1855 ausgestellt und befindet sich gegenwärtig im hiesigen Postmuseum. Sie besteht aus einem flachen Conus oder Teller, welcher auf einer ebenen Fläche sich abrollt. War der Rand der Mantelfläche des Conus mit kleinen Elektromagneten besetzt, deren Win- dungen einen in sich geschlossenen Leitungskreis bildeten, während die ebene Fläche mit Stahlmagneten armirt war, so näherte sich bei dem Fortrollen des Tellers die Hälfte der Elektromagnetpole den Polen der Stahlmagnete, während sich die andere Hälfte von denselben entfernte. Der gemeinsame Umwindungsdraht communicirte zwischen je zwei der Hufeisen - Elektroma- gnete, die sich in radialer Lage befanden, mit Contactstücken, die im Kreise um die Welle angebracht waren, welche den Teller drehte, d.i. rollen liess. Zwei mit der Welle verbundene isolirte Schleiffedern waren so eingestellt, dass sie stets die Contactstellen berührten, welche zu dem den Stahlmagneten nächsten und zu dem ihnen fernsten Elektromagnete führten. Da bei der Annäherung und Entfernung der Elektromagnete von den permanenten Magne- ten Ströme entgegengesetzter Richtung in den Windungen der ersteren indu- cirt werden, so vereinigen sich dieselben in den Schleiffedern zu einem con- tinuirlichen, bei gleichmässiger Drehung constanten Strome. Sollte die Ma- schine als elektromagnetische Kraftmaschine benutzt werden, so wurde ein eiserner Conus verwendet und die Elektromagnete in die ebene Fläche gesetzt. vom 18. November 1880. 953 wesentliche Wirkung bleibt und den Widerstand der Strombahn nur nutzlos erhöht. v. Hefner-Alteneck beseitigte denselben bei der nach ihm benannten dynamoelektrischen Maschine zum grossen Theile dadurch, dass er den rotirenden Ring oder auch einen mas- siven Eisencylinder nur an der Aussenseite mit Windungen versah, welche gruppenweise, wie bei der Gramme’schen Maschine, mit Contaetstücken und Schleiffedern oder Drahtbürsten ecommunieirten. Die Gramme’sche und die v. Hefner’sche Maschine sind vielfach in wissenschaftlichen und technischen Schriften dargestellt und er- örtert worden, ich werde daher hier auf eine specielle Beschreibung derselben nicht eingehen. Sie bilden gegenwärtig die typischen Grundformen für Maschinen zur Erzeugung starker elektrischer Ströme für technische Zwecke und werden diesen entsprechend in den verschiedensten Formen und Grössen ausgeführt. So besitzen z.B. die Maschinen v. Hefner’scher Construction, welche zur Kupfer- raffinirung in der Kupferhütte zu Oker benutzt werden und von denen eine jede täglich in zwölf hinter einander geschalteten Zellen ca. 300% Rohkupfer auflöst und galvanisch in Plattenform wieder niederschlägt, Umwindungsdrähte von 13 0°® Querschnitt, während Maschinen zur Erzeugung vieler elektrischer Lichter und zur Kraft- übertragung Umwindungsdrähte vom Gewichte mehrerer Centner haben. Diese in Vergleich mit früheren elektrischen Apparaten colos- salen Leistungen und Dimensionen werden jedoch noch bedeutend überschritten werden, wenn die neuerdings angebahnte Anwendung der dynamoelektrischen Maschine zur Kraftübertragung allgemeiner geworden ist. Wenn man zwei dynamoelektrische Maschinen in denselben Kreislauf bringt und die eine mit constanter Geschwindigkeit dreht, so muss die andere sich als elektromagnetische Maschine in um- gekehrter Richtung drehen, wie schon aus der Betrachtung folgt, dass eine dynamoelektrische Maschine eine in umgekehrter Rich- tung gedrehte elektromagnetische Maschine ist. Der Gegenstrom, den diese durch den Strom rotirende Maschine erzeugt, schwächt nun den durch die primäre dynamoelektrische Maschine erzeugten Strom und vermindert dadurch zugleich auch die Arbeit, welche zur Drehung der letzteren erforderlich ist. Hätte die secundäre Maschine weder innere noch äussere Arbeit zu verrichten, so würde sich ihre Geschwindigkeit so weit steigern, bis ihre elektromotori- 954 Gesammtsitzung sche Gegenkraft der der primären Maschine das Gleichgewicht hielte. Es würde dann kein Strom mehr durch die Leitung gehen, aber auch weder Arbeit consumirt noch geleistet. Vollständig kann dieser Gleichgewichtszustand natürlich niemals erreicht werden, weil die seeundäre Maschine innere Widerstände zu überwinden hat und weil die primäre Maschine eine von ihrer Construction ab- hängende Geschwindigkeit erreichen muss, bevor der dynamoelek- trische Verstärkungsprocess des Stromes seinen Anfang nimmt. Wird der secundären Maschine nun eine Arbeitsleistung aufgebür- det, so vermindert sich dadurch ihre Geschwindigkeit. Mit dieser vermindert sich die von der Rotationsgeschwindigkeit abhängige Gegenkraft, und es durchläuft nun beide Maschinen ein der Diffe- renz ihrer elektrischen Kräfte entsprechender Strom, dessen Er- zeugung Kraft verbraucht und der seinerseits in der secundären Maschine die ihr auferlegte Arbeit leistet. Ich habe bereits an anderen Orten!) darauf hingewiesen, dass der bei dieser Kraft- übertragung erzielte Nutzeffeet keine constante Grösse ist, sondern von dem Verhältnisse der Geschwindigkeit beider Maschinen ab- hängt und dass er mit der Rotationsgeschwindigkeit derselben wächst. Durch die nachfolgend beschriebene Untersuchung hat sich dies innerhalb gewisser Grenzen bestätigt. Praktisch ist bisher ein Nutzeffect bis zu 60 Procent der aufgewendeten Arbeit erzielt worden, und es sind mit den grössten zur Verwendung gekommenen Maschinen, — die allerdings nicht speciell für Kraftübertragung, sondern für Beleuchtungszwecke construirt waren, — bis zu 10 mit dem Prony’schen Zaume gemessene Pferdekräfte übertragen worden, mit einem Nutzeffecte von durchschnittlich 50 Procent. Es wird hiernach bei der elektrischen Kraftübertragung bisher nur etwa die Hälfte der aufgewendeten Arbeit als Nutzarbeit wieder gewonnen, während die Hälfte zur Überwindung der Maschinen- und Leitungs- widerstände verbraucht und in Wärme umgewandelt wird. Die Grösse dieses Kraftverlustes ist offenbar von der Construction der Maschine abhängig. Wäre keine Aussicht vorhanden, durch Ver- besserung dieser Constructionen eine wesentliche Verminderung des- selben herbeizuführen, so würde die technische Verwendung der elektrischen Kraftübertragung eine einigermassen beschränkte blei- ben. Es ist daher von Wichtigkeit, die in der Maschinenconstruction !) Zeitschrift des elektrotechnischen Vereins. Februarheft 1879. ee ee ee ee vom 18. November 1880. 955 liegenden Ursachen des Kraftverlustes festzustellen und dann in Betracht zu ziehen, ob und auf welchem Wege eine gänzliche oder theilweise Beseitigung dieser Verlustquellen anzubahnen ist. Es könuen hierbei die rein mechanischen Kraftverluste durch Reibun- gen, Luftwiderstände, Stösse etc. in den Maschinen ausser Betracht gelassen werden. Sie bilden nur einen kleinen Theil des Verlustes, und ihre möglichste Verminderung ist durch Anwendung bekannter Constructionsgrundsätze herbeizuführen. Die wesentliche und niemals ganz zu beseitigende physikalische Ursache des Kraftverlustes ist die Erwärmung der Leiter durch den elektrischen Strom. Da bei den Maschinen, bei welchen kein plötzlicher Wechsel des Magnetismus stattfindet, auch keine merk- liche unmittelbare Erwärmung des Eisens der Elektromagnete ein- tritt, so braucht bei diesen überhaupt nur diese Erwärmung der Leiter durch die sie durchlaufenden Ströme in Betracht gezogen zu werden. Diese Leiter sind hier nicht nur die Leitungsdrähte der Maschinen und die leitende Verbindung derselben, sondern auch die bewegten Metallmassen der Maschinen, in welchen Ströme inducirt werden, die sie erwärmen (die sogenannten Foucault’schen Ströme). Als wesentlicher Grundsatz für die Construction der dynamoelektri- schen Maschinen ergiebt sich hiernach, dass 1. alle ausserwesentlichen Widerstände der Maschine, d.i. hier alle diejenigen Leitungsdrähte, welche nicht elektro- motorisch wirken, möglichst beseitigt oder doch vermin- dert werden. 2. Dass die Leitungsfähigkeit aller Leiter, auch der elek- tromotorisch wirksamen, möglichst gross gemacht wird. 3. Dass durch die Anordnung der Metallmassen, in wel- chen durch bewegte Stromleiter oder Magnete Fou- cault’sche Ströme erzeugt werden können, diesen die Strombahn möglichst abgeschnitten wird. 4. Dass der in den Elektromagneten erzeugte Magnetismus möglichst vollständig und direct zur Wirkung kommt. 9. Dass die Abtheilungen der Windungen des inducirten Drahtes, welche von Strömen wechselnder Richtung durchströmt werden, möglichst klein, die Zahl der Ab- theilungen mithin möglichst gross gemacht wird, damit der beim Stromwechsel eintretende Extracurrent mög- lichst klein wird. 956 Gesammtsitzung Betrachten wir die beiden diesen Betrachtungen zu Grunde liegenden Maschinensysteme, das Gramme’sche und das v. Hef- ner’sche, vom Standpunkte dieser Constructionsbedingungen aus, so finden wir, dass dieselben bei beiden nur in unvollkommener Weise erfüllt werden. Bei beiden Maschinen wirkt der Magnetismus nicht direct in- dueirend auf die bewegten Drähte des Ankers, sondern es geschieht dies im Wesentlichen erst indirect durch den im Gramme’schen Ringe oder dem v. Hefner’schen äusserlich umwickelten Eisen- cylinder durch die ausgehöhlten Magnetpole der festen Magnete erregten Magnetismus. Dass die directe indueirende Wirkung der ausgehöhlten Magnetpole auf die rotirenden Drähte nur gering ist, ergiebt das Experiment, wenn man bei der v. Hefner’schen Ma- schine den Eisencylinder durch einen Cylinder aus nicht magneti- schem Material ersetzt. Es folgt dies aber auch schon aus der Betrachtung, dass auf einen bewegten Draht nur diejenigen Theile des ausgehöhlten Magnetpoles in gleichem Sinne wie der Magnetis- mus des inneren Oylinders inducirend einwirken, welche ausserhalb der der Drehungsaxe parallelen, durch den rotirenden Draht ge- legten Ebene liegen, die senkrecht auf dem Drehungsradius des Drahtes steht, während die innerhalb dieser Ebene liegenden Theile der ausgehöhlten Pole eine entgegengesetzte Wirkung ausüben. Es muss daher bei beiden Maschinen zur Herbeiführung einer bestimm- ten Inductionswirkung ein weit stärkerer Elektromagnet zur Wir- kung kommen, wie unter günstigeren Bedingungen erforderlich wäre. Um diesen stärkeren Magnetismus zu erzeugen, muss ein grösserer Theil des zur Maschine verwendeten Leitungsdrahtes auf Kosten der Länge des inducirten Drahtes zur Magnetisirung des festen Ma- gnetes verwendet werden. Zur Beseitigung der Foucault’schen Ströme im rotirenden Eisenringe wird letzterer sowohl bei der Gramme’schen wie bei der v. Hefner’schen Maschine aus übersponnenen oder lackirten Eisendrähten gewickelt. Der Kreislauf dieser Ströme wird hier- durch auf den Umfang der Eisendrähte eingeschränkt, mithin auch der Wärmeverlust durch dieselben sehr klein gemacht. Dagegen bieten die ausgehöhlten Magnetpole diesen Strömen noch grössere seschlossene Strombahnen dar, welche Wärmeverluste bedingen. Bei dem Pacinotti’schen Ringe der Gramme’schen Ma- schine liegt, wie schon hervorgehoben, ein grosser Kraftverlust, vom 18. November 1880. 957 durch nutzlose Verlängerung des Umwindungsdrahtes, in dem Um- stande, dass nur die äusseren Theile des Umwindungsdrahtes elek- tromotorisch wirken, während die im Inneren des Ringes liegenden Theile desselben nur als Leiter auftreten und nutzlos erwärmt werden müssen. Bei dem nur äusserlich umwickelten v. Hefner- schen Eiseneylinder ist dies Verhältniss wesentlich günstiger, doch bilden auch bei diesem die die Stirnflächen der Cylinder bedecken- den Drahtstücke todte Widerstände. Ist die Länge des Cylinders, wie gewöhnlich der Fall, ein Vielfaches des Durchmessers, so ist der durch die nicht inducirend wirksamen Drähte erzeugte Verlust an Leitungsfähigkeit allerdings weit geringer, wie bei der Gramme- schen Maschine. Dagegen hat diese aber den Vorzug einer ein- facheren Drahtführung, welche die Möglichkeit gewährt, eine grös- sere Zahl kleinerer Windungsabtheilungen einzuführen, wodurch der Kraftverlust durch den beim Wechsel der Stromrichtung eintreten- den Extracurrent und die zum Theil von diesem abhängige lästige Funkenbildung vermindert wird. Von noch grösserer Bedeutung, wie diese Verlustquellen, wel- che alle auf unnütze Vergrösserung der zur Erzielung eines be- stimmten Effectes erforderlichen Maschine und ihres Leitungswider- standes hinführen, ist aber, wie aus der Zusammenstellung unserer Versuche durch Dr. Frölich hervorgeht, der rückwirkende Ein- fluss der die Drähte der Maschine durchlaufenden indueirten Ströme selbst. Dieser Einfluss ist bei beiden hier betrachteten Maschinen- systemen ein doppelter, nämlich einmal die Verschiebung der Lage der magnetischen Pole des Pacinotti’schen Ringes, resp. des v. Hefner’schen Cylinders, und zweitens die Herabdrückung des magnetischen Maximums, sowohl der festen Magnetpole, wie des Ringes, durch Magnetisirung des Eisens im Sinne der indueirten Ströme, mithin senkrecht auf die Richtung des wirksamen Magne- tismus. Die inducirten Ströme suchen den Ring, resp. den Cylin- der, derart zu magnetisiren, dass die Polebene senkrecht auf der Polebene der festen Magnete steht, es muss die wirkliche Polebene daher die Resultante der beiden, senkrecht auf einander stehenden, magnetisirenden Einflüsse sein. Es ergiebt sich dies auch daraus, dass man die Schleiffedern beim Gange der Maschine um einen von der Stärke des inducirenden Stromes abhängigen Betrag nachstellen muss, um das Maximum der Wirkung zu erhalten. Durch diese Magnetisirung in einer zur Richtung des inducirenden Magnetismus 958 Gesammtsitzung senkrechten Richtung wird nun ein Theil der hypothetischen ma- gnetischen Eisenmoleküle in Anspruch genommen; es muss daher die Magnetisirung des Ringes durch den festen Magnet entsprechend kleiner werden. Aus dem Umstande, dass man die Contactfedern oder Bürsten bei schnellerer Rotation des Cylinders mehr wie bei langsamerem Gange nachstellen muss, auch wenn durch äussere eingeschaltete Widerstände die Stromstärke constant erhalten wird, ergiebt sich ferner, dass entweder ein Mitführen des im Ringe oder: Cylinder durch die feststehenden Magnetpole erzeugten Magnetismus durch das rotirende Eisen stattfindet, oder dass Zeit zur Ausfüh- rung der Magnetisirung erforderlich ist, die Ringmagnetisirung mit- hin um so kleiner wird, je grösser die Rotationsgeschwindigkeit des Ringes ist. Diesen Ursachen ist auch die auffallende Erscheinung zuzu- schreiben, dass die Stromstärke der in sich geschlossenen Dynamo- maschine nach Beendigung des Steigerungsprocesses der Drehungs- geschwindigkeit nahe proportional ist, während das dynamoelektri- sche Prineip an sich (d.h. ohne Berücksichtigung der Erwärmung der Drähte, der secundären Wirkung der inducirten Ströme u.s.w.) bei jeder Drehungsgeschwindigkeit ein Ansteigen des Stromes bis zu derselben unendlichen Höhe bedingt, wenn der Magnetismus der Stromstärke proportional ist. Ob und in wie weit eine Vervollkommnung der Construction der dynamoelektrischen Maschinen die geschilderten Mängel dersel- ben zu beseitigen im Stande ist, lässt sich theoretisch nicht fest- stellen. Auf die Pläne, durch welche eine solche Vervollkommnung angestrebt wird, hier einzugehen, würde zwecklos sein. Um jedoch das Bild der gegenwärtigen Sachlage zu vervollständigen, will ich noch einige meiner Versuchsconstructionen beschreiben, welche den Ausgangspunkt zu diesen Bestrebungen bilden. Dieselben hatten den directen Zweck, Maschinen für chemische Zwecke herzustellen, bei welchen geringe elektromotorische Kraft ausreichend, aber sehr geringer innerer Widerstand erforderlich ist. Die eine dieser Versuchsconstructionen, die sogenannte Topf- maschine, hat als Grundlage meinen schon früher beschriebenen Oy- lindermagnet oder Doppel-T-Anker (Siemens armature). Wenn man einen solchen transversal umwickelten Magnet, dessen Polflächen Theile eines Cylindermantels sind, mit parallelen Leitern umgiebt, die an einem Ende sämmtlich mit einander leitend verbunden sind, - } | Ka De eu ch 2 vom 18. November 1880. 959 _ und dieselben um den Cylindermagnet rotiren lässt, so werden in denjenigen Drähten, welche sich gerade über der einen Polfläche befinden, positive, in den über der anderen befindlichen negative Ströme indueirt, welche sich durch passend angebrachte Schleif- contacte, welche alle in gleichem Sinne inducirten Drähte oder Kupferstäbe leitend mit einander verbinden, zu Strömen grosser Stärke vereinigeu, da der Widerstand der Maschine ein ausser- ordentlich geringer ist. Die Potentialdifferenz der beiden Schleifeontacte konnte der Kürze der indueirten Leiter wegen selbstverständlich nur eine ge- ringe sein. Sie erreichte bei der grössten zulässigen Rotations- geschwindigkeit noch nicht ein Daniell, was aber ausreichend für galvanoplastische Zwecke ist. Durch Anbringung eines Mantels aus isolirten Eisendrähten lässt sich die Stärke der magnetischen Felder und damit die elek- tromotorische Kraft des Stromes noch beträchtlich verstärken. Bei dieser Construction der dynamoelektrischen Maschine wirkt der Magnetismus direet induceirend; es fällt daher bei ihr eine Reihe der oben erörterten Constructionsfehler fort. Sie bildet daher den Ausgangspunkt für verbesserte Constructionen von dynamoelektri- schen Maschinen, über welche ich mir weitere Mittheilungen vor- behalte. Eine zweite Construction ruht auf einer ganz abweichenden Grundlage, nämlich auf der sogenannten unipolaren Induction. Bekanntlich entsteht in einem Hohleylinder, welchen man um das Nord- oder Südende eines Magnetstabes rotiren lässt, ein Stromimpuls, der sich durch einen Strom in der leitenden Verbin- dung von Schleiffedern an den beiden Enden des rotirenden Oylin- ders kundgiebt. Es wurde nun ein Hufeisen mit langen cylindri- schen Schenkeln so placirt, dass die Polenden nach oben gerich- tet waren. Das untere Drittheil der Schenkel wurde mit Draht- windungen von sehr grossem Querschnitt (etwa 20 0°%) umgeben. Um die oberen zwei Drittel der Länge der Schenkel rotirten zwei Hohleylinder aus Kupfer, deren untere Enden mit den oberen Anfängen der unter sich verbundenen Spiralen durch ein System von Schleiffedern communieirten, während die an dem oberen Ende derselben angebrachten Schleiffedern isolirt waren. Die rotirenden Cylinder waren mit einem eisernen Mantel umgeben, welcher den Zweck hatte, den Magnetismus des Elektromagnetes, 960 Gesammtsitzung resp. die Stärke der eylindrischen magnetischen Felder, in denen die Kupfercylinder arbeiteten, zu vergrössern. Es gelang bei den allerdings bedeutenden Dimensionen dieser Maschine, durch uni- polare Induction einen Strom zu erzeugen, welcher in einem äusserst geringen Widerstande thätig war und eine elektromotorische Kraft von ca. 1 Daniell besass. Trotz dieser verhältnissmässig bedeuten- den Leistungen war der Nutzeffect dieser Maschine nicht befriedi- send, da die Reibung der Schleiffedern zu gross war und die Lei- stung der Grösse der Maschine nicht entsprach. Ich will hier noch bemerken, dass mein Freund G. Kirch- hoff mir einen beachtenswerthen Vorschlag machte, um die elektro- motorische Kraft dieser Maschine durch Vergrösserung der Länge des inducirten Leiters zu vermehren. Er schlug vor, die Wände der rotirenden Hohlcylinder durch Längsschnitte zu trennen und sie dann mit isolirenden Zwischenlagen wieder zu einem Hohlcylinder zusammenzufügen. Jedes Ende eines der so gebildeten isolirten Stäbe sollte mit einem isolirten Schleifringe leitend verbunden werden. Durch die im Kreise anzuordnenden Schleit- federn konnten dann die Enden der Stäbe beider Cylinder derartig verbunden werden, dass sie in demselben Sinne elektromotorisch wirkten. Technische Schwierigkeiten haben die Durchführung die- ses beachtenswerthen Vorschlages bisher verhindert, es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass dieselben zu überwinden sind. Auf- fallend ist bei dieser Maschine, dass der Magnetismus des grossen Hufeisenmagnetes viel früher von der Proportionalität mit dem (primären) Strom abweicht, als zu erwarten war. In der nach- folgenden Tabelle enthält die erste Colonne die Stärke des magne- tisirenden Stromes in Stromeinheiten, die zweite die Spannungs- differenz an den Schleiffedern in Daniells, die dritte die Umdrehungs- zahl der Kupfercylinder. Wäre der Magnetismus der Stärke des primären Stromes proportional, so müssten die Zahlen der vierten Colonne denen der ersten proportional sein, — was ersichtlich nicht der Fall ist. Ebenso wenig ist bei dem durch einen Widerstand geschlossenen Leitungskreise die in der letzten Colonne angegebene Stromstärke in demselben dem Producte aus Stromstärke des pri- mären Kreises in die Tourenzahl, dividirt durch den eingeschalteten Widerstand, proportional. vom 18. November 1880. 961 Unipolare Maschine Primärer Äusserer . | Stromstärke ; S-Spannung h ] a an den Polen |» - Touren in 100 el in Dan. i ® SANT: Dan. in Dan. in ——— S. E. Mill. S. E. 119 0.74 760 0.0974 oo 0 113 .73 810 .0901 h x 102 70 810 .0864 5 Bi 91 .69 825 .0836 ie f 83 .68 830 .0819 E N 74 .68 840 .0810 % 4 68 .67 840 .0798 e R 57 .66 850 .0776 L e? 43 .63 810 .0778 e M 0 .10 820 0012, \ he x ‚42 .040 700 18 2.3 65 .036 660 18 2.1 90 .047 680 18 DIR. 105 052 680 18 3.0 124 .052 720 18 3.6 95 ‚128 670 160 0.8 Dass die Magnetschenkel, die aus Eisenröhren von 16% äusserem, 9% innerem Durchmesser und 116°"% Länge bestanden, schon bis zum Maximum magnetisirt gewesen waren, ist schon aus dem Grunde nicht anzunehmen, weil der schwache rückbleibende Ma- Snetismus bereits etwa ein Achtel der stärksten Spannung gab, wie aus der 10. Versuchsreihe hervorgeht. Es ist aber möglich, dass der Magnetismus nicht gleichmässig auf der Peripherie der fest- stehenden Magnetschenkel vertheilt war, und dass daher die augen- blicklich in schwächeren magnetischen Feldern befindlichen Theile der rotirenden Oylinder eine Nebenschliessung für die in stärke- ren Feldern inducirten Ströme bildeten. Bei Durchführung des Kirchhoff’schen Vorschlages würde dies fortfallen. [1880] 70 962 Gesammtsitzung Hr. Siemens legte ferner vor: Beschreibung der Versuche des Etablissements von Siemens & Halske über dynamoelektrische Maschinen und elektrische Kraftübertragung und theoretische Folgerungen aus denselben von OÖ. Frölich. Den Anlass zu den im Nachfolgenden beschriebenen Versuchen und theoretischen Betrachtungen gab die im Etablissement von Sie- mens & Halske immer dringender auftretende Nothwendigkeit, über die elektrische Kraftübertragung eine ausgedehnte Reihe von ° Versuchen anzustellen, welche durch das beinahe vollständige Feh- len von Versuchsmaterial und die Unsicherheit der bisher aufge- stellten theoretischen Betrachtungen begründet war. Im Verlauf der Versuche nun, die über elektrische Kraftübertragung angestellt wur- den, stellte es sich bald heraus, dass die Anzahl von Umständen, welche auf diese Übertragung von wesentlichem Einflusse sind, eine bedeutende ist, und dass in Folge dessen die Versuche in sehr srossem Umfange angestellt werden müssten, wenn es nicht ge- länge, eine einfache Theorie zusammenzustellen, welche die Vor- gänge im Wesentlichen wiedergibt, und mittelst welcher dann auch auf Fälle geschlossen werden könnte, welche nicht im Bereich der angestellten Versuche liegen. Die Aufstellung einer solchen Theorie bedingte wiederum genaue Kenntniss der bei der einfachen dynamo-elektrischen Maschine auftretenden Vorgänge und ihrer Ur- sachen; kurz, es erwies sich bald als Bedürfniss, das ganze Ge- biet dieser Vorgänge systematisch durchzuarbeiten, um die Fragen des Technikers mit einer für die Praxis genügenden Schärfe zu beantworten. Das Nachstehende gibt in gedrängter Darstellung die Resul- tate dieser Versuche: Die bis dahin publieirten Versuche über dynamo- elektrische Maschinen sind zwar ziemlich zahlreich (bez. Literatur s. Meyer und Auerbach Wied. Ann. Bd. 8 S. 494) und theilweise mit grossem Fleisse und Sorgfalt durchgeführt; wir konnten jedoch nur wenig Nutzen aus denselben ziehen, da die bezüglichen Verfasser sich meist darauf beschränkten, für eine specielle Maschine Strom- curven zu ermitteln, ohne das derselben anhaftende Individuelle und das sämmtlichen dynamo-elektrischen Maschinen zukommende >. Alp. Ochrrkze ih, Imshkiiwe me Berkiu- Monatsber: d.K.dkad. d. Wiss. 7580. Alb. Schutze, ir. Imwitiime mn Kerl vom 18. November 1880. 963 Allgemeine zu trennen, und ohne die verschiedenen Ursachen des Stromes zu zergliedern. In Bezug auf Eine Frage, welche wir im Nachfolgenden nicht berühren, welche bereits Herwig, Wied. Ann. Bd.7 8.193, be- handelt hat, besitzen wir ebenfalls Versuche und Theorie, nämlich diejenige des „Angehens“ von Maschinen; wir behalten uns die Beschreibung der bez. Resultate auf eine spätere Gelegenheit vor. I. Der Strom der dynamoelektrischen Maschine. a) Gleichung des dynamoelektrischen Gleichgewichts. Wenn man das Ohm’sche Gesetz auf den Strom einer mit äusserem Widerstand verbundenen Magnetmaschine (Maschine mit permanenten Magneten) anwendet, so erhält man nMv J= pp . . . . . . . 1) hier ist J der Strom, v die Tourenzahl, W der Gesammtwiderstand des Kreises, n die Anzahl der Windungen auf dem Anker und M eine Grösse, welche wir als das Verhältniss der elektromotorischen Kraft zur Tourenzahl definiren und als den „wirksamen Magne- tismus“* bezeichnen. Diese letztere Grösse ist die Summe der elektromotorischen Kräfte, welche die permanenten Magnete und das Eisen des Ankers auf Eine Windung des Ankers bei der Touren- zahl Eins ausüben. Dieselbe Gleichung gilt auch für die dynamoelektrische Maschine; nur tritt bei dieser die Beziehung hinzu, dass dieselbe ihre Magnete selbst erzeugt, oder dass Bears. un ae re während bei der Magnetmaschine M eine beinahe constante Grösse ist. Die Gleichung 1) ist zugleich diejenige des dynamoelektrischen Gleichgewichts; denn beim „Angehen“ der Maschine, d. h. beim Ansteigen des Stroms vor der Erreichung des stationären Zustan- des, ist der vom augenblicklich vorhandenen Magnetismus erzeugte 20: 964 Gesammtsitzung Strom nn stets grösser, als der zum Aufrechterhalten jenes Mag- netismus nöthige Strom, und beide Stromgrössen werden erst gleich im stationären Zustand oder im dynamoelektrischen Gleichgewicht. Die Gleichung 1) in der Form geschrieben: RT EN ® Fe KO) enthält den wichtigen Satz, dass die Stromstärke nur eine Funktion des Verhältnisses der Tourenzahl zum Gesammt- widerstand ist. Dieser Satz gilt für sämmtliche dynamo- elektrische Maschinen und für beliebige Stellung des Com- mutators, und bildet daher die Grundgleichung dieser Maschinen. Die Gleichung 1) gibt auch Aufschluss über die inviduelle Leistungsfähigkeit der einzelnen Maschine. Die einzige Grösse, welche die Individualität einer Maschine kennzeichnet und welche zu deren Kennzeichung auch ausreicht, ist das Product des wirksamen Magnetismus M mit der Windungs- zahl n des Ankers. Ist diese letztere Zahl gegeben und der wirksame Magnetismus als Function der Stromstärke für eine be- stimmte Maschine und bestimmte Commutatorstellungen bekannt, so lässt sich stets die Stromstärke aus Tourenzahl und Gesammt- widerstand berechnen. Gleichung 1) zeigt aber auch, welche Form diese Function haben muss, um die Maschine möglichst leistungsfähig zu machen. Wäre der wirksame Magnetismus einfach proportional der Stromstärke, so hätte Gleichung 1) keinen Sinn mehr; es gibt in diesem Falle im Allgemeinen keinen stationären Zustand mehr, der Strom würde ins Unendliche anwachsen. Es tritt also nur dynamoelektrisches Gleichgewicht ein, wenn der Magnetismus von der Proportionalität mit der Stromstärke abweicht, was in Wirk- lichkeit stets der Fall ist. Setzen wir nM=cJ—gp(J), wo A diese Abs Bun vorstellt, so gibt Gleichung 1): ® 1 — wn.,Ls’ J hieraus folgt, dass für eine bestimmte Stromstärke die Tourenzahl um so kleiner ist, je kleiner die Abweichung des Magnetismus von > 26 Aa u A ee De Br ee Me ee vom 18. November 1880. 965 der Proportionalität ist. Eine dynamoelektrische Maschine ist also um so vollkommener, je näher der wirksame Magnetis- mus der Proportionalität mit der Stromstärke kommt. b) Prüfung der Gleichgewichtsgleichung. An einer dynamoelektrischen Maschine der grössten Sorte von Siemens & Halske (Modellbezeichnung D,) wurden ausgedehnte Versuche über die Gültigkeit der Hauptgleichung angestellt, indem Tourenzahl und Widerstand in möglichst weiten Grenzen variirt und die zugehörigen Stromstärken gemessen wurden. Die Strommessung geschah an einem Elektrodynamometer, wie es in meinem Buch über Elektricität und Magnetismus S. 402 be- schrieben ist; die Constante desselben war durch Kupfernieder- schläge bestimmt. Die Strommessungen sind in der Einheit Daniell Siemens Einheit als diejenige elektromotorische Kraft definirt wird, welche in 1 Siem. Einh. einen Strom erzeugt, der in der Stunde 1.38 Gramm Kupfer niederschlägt. Die Maschine wurde nach einander in drei verschiedenen Wickelungen geprüft, deren Daten nachstehend folgen: ausgedrückt, indem das Daniell mit Kohlrausch Schenkel Anker Mittlerer | Mndkind Anzahl Anzahl Gesammt- d 5 der Wider- der Wider- wider- er Win- d ı Windun- stand Windun- stand stand der ungen s a Eisen) „8 gen Maschine Wickelung: r m s n I a+s mm E E E I 10.5 456 0.290 288 0.145 0.435 II 21 856 0.580 288 | 0.145 0,225 II 14 I Al | 1996.18500 | 71a 966 Gesammisitzung Der äussere Widerstand bestand aus einem mit Unterabtheilun- gen versehenen System von Flacheisen, welches frei in der Luft aus- gespannt war und auch durch die hier auftretenden starken Ströme verhältnissmässig wenig erwärmt wurde; der jeweilen eingeschaltete äussere Widerstand wurde nach jeder einzelnen Messung bestimmt. Die Stellung der Bürsten am Commutator konnte beliebig verändert werden; sie wurde bei jedem Versuch so gewählt, dass der Strom eın Maximum war. Nachstehende Tabellen I, II, III enthalten die Versuchsresultate für die Wickelungen TI, IH, III. Die Tabellen enthalten: die Touren- zahl per Minute v, den Gesammtwiderstand W in S.E., die Strom- Dan. stärke J in Er das Verhältniss nn und den wirksamen Magne- JW | tismus;M = ——., nv Die Figur 1 enthält dieselben Versuche aufgetragen (J als ® \ - url . & Function von y’ die punctirten Linien stellen die weiter unten zu besprechenden Interpolationsformeln vor. In Curve III sind die OR eo Werthe von pn zehnfach grösserem Malsstab aufgetragen. vom 18. November 1880. 967 Tabelle T. Wickelung 1. 0) | W. J D) IM | Gesammt- —— M = Touren | | Widerstand ee | W | N® 806 2.32 30.1 179 0.000583 608 2.91 39.3 209 587 712 2.98 41.5 | 239 604 791 |: 3.03 45.6 261 611 902 3.11 49.2 290 590 1017 3.17 54.7 322 590 112 2.77 0.30 40.4 0.000026 203 2.78 0.58 73.0 28 30l 2.79 7.18 108 0.000233 400 2.81 19.9 | 143 486 390 2.83 19.9 | 138 500 510 2.70 220 | 189 587 610 2.69 | 40.2 | 227 | 615 709 2.74 44.7 259 601 812 2.80 580.4 290 604 919 2. 95.7 339 569 105 2.47 0.29 42.5 0.000024 194 2451 1.20 113 54 307 2.52 15.5 122 0.000441 399 2.54 25.9 157 573 105 1.95 0.38 99.9 0.000024 2053 2.01 1.88 101 65 300 2.02 23.7 148 0.000556 401 2.04 33.9 19% 601 501 2.14 41.5 234 615 608 2.18 48.6 ; 279 604 704 2.22 93.4 317 583 822 2.22 59.9 370 563 968 ... Gesammtsilzung Ww ® J u JW Gesammt- en M= —— Touren | Widerstand | Stromstärke W NV 111 1.47 h 0.88 755 0.000042 198 1.57 14.7 126 000403 301 1.58 EEPNTE 194 0.000601 401 1.57 45.9 255 | 625 498 1.65 52.0 302 597 601 1.70 98.8 354 .. 576 728 1.74 67.6 418 559 109 1.25 1.06 87.2 0.000042 212 1.38 27.5 162 0.000590 309 1.33 41.5 229 629 413 1.37 83.4 302 615 592 1.43 65.6 414 549 493 1.46 58.5 338 601 114 0.92 6.9 124 194 207 0.94 39.5 220 622 813 0.97 58.4 323 629 415 1.01 711 411 601 497 1.02 79.8 487 569 109 0.65 27.5 168 566 194 0.72 50.90 269 656 293 0.73 71.3 401 618 424 0.73 SR) 581 569 ® 105 0.48 38.8 219 615 194 0.56 63.0 346 632 294 0.56 88.2 525 583 ee vom 18. November 1880. 969 Tabelle I1. Wickelung II. Be.) W J v IW Gesammt- 2 M= Touren | land Stromstärke W NV 201 | 3.10 10.4 64.8 0.000556 415 3.14 24.0 132 646 609 3.24 33.9 188 625 812 3 46.4 245 656 206 2.12 18.4 22 656 408 2.12 40.9 192 736 607 2.08 62.9 . 292 750 195 1.27 321 154 726 399 1.29 67.7 309 760 207 3.24 10.4 63.9 566 Tabelle III. Wickelung III. v Ww E Re, JW Gesammt- =— M —, Touren end Stromstärke W NV 202 19.0 | 1.95 10.6 0.000577 a ug. leo 15.9 612 199 | 22.7 5.95 BT: 524 301 | 23.0 2 601 405 23.3 13.6 17.4 604 I70 Gesammtsitzung Aus den Versuchen ergibt sich, dass im Wesentlichen die v W Gl. 2) der Fall sein soll; wären » und W Variabeln, welche beide unabhängig von einander die Stromstärke beeinflussen, so liessen sich die Stromstärken nicht mehr durch eine einzelne Curve dar- stellen; die Darstellung durch eine einzelne Curve genügt aber Stromstärke nur eine Function des Verhältnisses ist, wie es nach offenbar den Beobachtungen, und die Abweichungen derselben von dieser Curve tragen den Charakter von Versuchsfehlern. Streng richtig ist dies jedoch nicht. Wäre J nur eine Function © r r - ‚ von w’ so müsste, wenn für eine bestimmte Commutatorstellung und bestimmte Werthe von v und W eine bestimmte Stromtärke auftritt, die- selbe sich nicht verändern, wenn Tourenzahl und Gesammtwiderstand in demselben Verhältniss verändert werden. Dies ist nicht genau der Fall, sondern man muss, wenn v und W beide gleichmässig vergrössert werden, den Commutator ein wenig im Sinne der Drehung des Ankers drehen, um dieselbe Stromstärke zu erhalten, wie vorher. Diese Erscheinung jedoch, welche auf eine Verschleppung des Ma- gnetismus des Ankers durch die Drehung deutet, ist praktisch von wenig erheblichem Einfluss; wir lassen dieselbe daher im Folgen- den unberücksichtigt, obschon bei der Einstellung des Commutators stets darauf Rücksicht genommen wurde. Es bleibt noch zu erörtern, ob die Versuchsreihe von Meyer und Auerbach, welche an einer Gramme’schen Maschine an- gestellt wurde und die ausgedehnteste der bisher veröffentlichten ist, mit der Grundgleichung stimmt. Meyer und Auerbach haben allerdings die Gl. 1) aufgestellt, scheinen dieselbe jedoch nicht auf allgemeine Gültigkeit geprüft zu haben. Stellt man nach der von M. und A. gegebenen Schluss- v w Dieselbe zeigt allerdings, dass die Abweichungen der Beobachtun- gen von der resultirenden Curve grösser sind, als nach der Ge- tabelle J als Function von dar, so erhält man Curve IV Fig. 21). !) Die Versuche mit ganz geringer Stromstärke sind weggelassen, weil in denselben die Maschine offenbar noch als Magnetmaschine mit dem - remanenten Magnetismus, noch nicht als dynamo- elektrische Maschine ar- beitete. vom 18. November 1880. Sal nauigkeit der Beobachtungen erwartet werden sollte; die Erklärung dieser Abweichung dürfte jedoch darin liegen, dass bei diesen Ver- suchen der Commutator stets dieselbe Stellung einnahm. Im We- sentlichen zeigt sich auch hier die Stromstärke nur als eine Function : 0) des Verhältnisses w' Die Art der Abhängigkeit der Stromstärke von dem Verhältniss der Tourenzahl zum Widerstand geht aus der Fig. 1) deutlich hervor; dieselbe ist natürlich nur ein indivi- duelles Merkmal der untersuchten Maschinen, das von der Oon- struction, der Wickelung u. s. w. abhängt. Die bei der ersten, verhältnissmässig schwachen Wickelung der Schenkel erhaltene Curve I stimmt in ihrer Form mit der von Meyer und Auerbach und Anderen gefundenen Curven überein: einem anfänglichen, ziemlich plötzlichen Steigen folgt bald eine längere Periode, in welcher die Curve beinahe genau geradlinig verläuft, während sie später sich von dieser Geraden allmählich entfernt. Die bei der zweiten, beinahe doppelt so starken Wickelung erhaltene Curve II dagegen, die allerdings auf viel weniger und schlechteren Beobachtungen beruht, ergibt im Wesentlichen eine Gerade, ebenso Curve Ill. Nun erstreckt sich aber der Bereich der für diese Maschine beim praktischen Gebrauch vorkommenden Stromstärken höchstens Dan. S.E. Bereiches lässt sich auch der Ourve I eine Gerade unterschieben; wir gehen also nicht zu weit, wenn wir behaupten, dass für die Praxis die Stromstärke als lineare Function des Verhält- nisses Tourenzahl / Widerstand anzusehen ist. Dieses Resultat, welches im Wesentlichen für alle Maschinen des Systems v. Hefner-Alteneck und auch für die von Meyer und Auerbach untersuchte Gramme’sche Maschine gilt, und wel- ches alle auf diese Maschinen bezüglichen Fragen wesentlich ver- einfacht, setzt die Dynamomaschine in eine eigenthümliche Parallele zu der Magnetmaschine. Trotzdem der wirksame Magnetismus der ersteren mit dem Strome fortwährend wächst (in den Grenzen der Praxis), während derjenige der letzteren beinahe constant bleibt, ist bei beiden Maschinen das Wachsthum der Stromstärke propor- von 20—50 bei den Wickeluugen I u. Il; innerhalb dieses 972 Gesammtsitzung tional dem Wachsthum des Verhältuisses Tourenzahl / Widerstand. Es herrscht nur der wichtige Unterschied zwischen beiden Ma- schinen, dass die Magnetmaschine auch bei der langsamsten Dre- hung Strom gibt, während die Dynamomaschine erst von einem bestimmten Werth des Verhältnisses 7 an, welchen wir im Folgen- den die „todten Touren“ nennen, Strom gibt. . Der Fehler, den wir durch diese Darstellung gegenüber der Wirklichkeit begehen, lässt sich an der Hand der beschriebenen Curven beurtheilen; derselbe ist für die praktischen Verhältnisse ohne Einfluss. c) Der wirksame Magnetismus. Die Abhängigkeit des wirksamen Magnetismus von der Stromstärke wird durch die Curven V, VI, VII. Fig. 3, bez. für die Wickelungen I, II, III nach den Tabellen I, II, III darge- stellt (w. Magnetismus Ordinate, Stromstärke Abseisse); Curve VII. Fig. 4 zeigt den Verlauf des aus den Versuchen von Meyer und Auerbach berechneten wirksamen Magnetismus, welcher durchaus demjenigen der obigen Curven ähnlich ist. Diese Abhängigkeit ist bei den oben genannten Maschinen im Allgemeinen dadurch cha- rakterisirt, dass zu Anfang der wirksame Magnetismus proportio- nal der Stromstärke ist, dann aber immer mehr von der Proportio- nalität abweicht und asymptotisch in ein Maximum übergeht. Für noch stärkere Ströme muss der Magnetismus sogar allmählich ven diesem Maximum herabsinken; denn, wenn die Schenkel bis zum Maximum magnetisirt sind, muss die Einwirkung des Stromes auf den Magnetismus des Ankers, welche in Verdrehung und Schwächung besteht, immer noch zunehmen, der ganze „wirksame Magnetismus“ also abnehmen; indessen findet dies nur für Stromstärken (statt, welche die in der Praxis vorkommenden weit übersteigen. Wenn wir uns daher auf die Darstellung der praktischenVerhältnisse be- schränken, können wir annehmen, dass der wirksame Magnetismus schliesslich ein constantes Maximum erreicht. | Die beiden Merkmale der anfänglich auftretenden Proportio- nalität und des schliesslich erreichten Maximums sind die Ursache vom 18. Nova 1880. 973 davon, dass die Stromstärke eine lineare Function von Ww ist. Denn, umgekehrt, setzen wir also 10 1=,(7-.). SEO TERTE 3) 1 wo a die todten Touren und 7 der Proportionalitätsfaktor, so folgt für M ei ee N) ® “ 1 .. . . . . hier ist — der Faktor der anfänglichen Proportionalität zwischen a 1 : 5 M und J, und 7 der Maximumswerth des w. Magnetismus. Die oben gegebenen, für den w. Magnetismus gefundenen Cur- ven zeigen nun, dass das für die Leistungsfähigkeit der Maschinen so schädliche Maximum bei den oben genannten ÖOonstruktionen doch verhältnissmässig früh eintritt, und es handelte sich darum, die Ursache dieses frühen Eintrittes klarzulegen. Es war zu vermuthen, dass diese Ursache namentlich in der magsnetisirenden Einwirkung des Stromes in den Ankerdrähten liege. Denn diese Einwirkung wirkt der von den Schenkeln ausgehenden magnetisirenden Kraft entgegen, und es wird in Folge dessen so- wohl die magnetische Axe des Ankers gedreht, als die stromerzeu- sende Kraft desselben geschwächt, im Ganzen also der wirksame Magnetismus verringert; es muss daher das Maximum dieses letz- teren früher eintreten, als es ohne diese Einwirkung der Fall wäre. Um die beiden gegen einander wirkenden Ursachen des wirk- samen Magnetismus, die magnetisirende Kraft der Schenkelwicke- lung und diejenige der Ankerdrähte, zu trennen, wurde der Strom einer zweiten Dynamomaschine durch die Schenkelwickelung ge- schickt, der durch hohen Widerstand geschlossene Anker gedreht und die an seinen Polen auftretende Potentialdifferenz mittelst des sog. Torsionsgalvanometers (s. elektrotechn. Zeitschrift 974 Gesammtsitzung 1880 Juni) gemessen. Der Commutator wurde wieder auf das Maximum der Spannungsdifferenz eingestellt und gelangte dadurch beinahe in die demselben zukommende natürliche Lage, d. h. in die Ebene, welche durch die beiden, in keinem magnetischen Feld be- findlichen Stellen des Ankers geht. Den wirksamen Magnetismus erhielt man, indem man die elektromotorische Kraft oder Potential- differenz an den Polen durch die Tourenzahl und die Windungs- zahl des Ankers dividirte. Diese Versuche, für alle Wickelungen der Schenkel durchge- führt, ergeben die in den Tabellen IV, V, VI und den Curven IX, X, IX (Fig. 5) enthaltenen Resultate. Tabelle IV. | Wickelung 1. E v | J E | M= — nv Touren Primärer | Elektromoto- | Wirksamer Strom rische Kraft | Magnetismus 164 4.91 | 11.8 | 0.000243 200 10.3 19.3 333 202 8.78 | 18.8 | 323 305 13.7 | 41.9 | 483 296 16.8 44.6 524 288 | 18.8 | 47.3 | 569 405 2841 77.9 667 - 490 26.0 78:5 649 ? 430 24.4 78.5 635 415 21.2 71.8 601 440 12.8 56.4 444 506 15.5 72.5 497 503 17.6 77.9 538 494 21.2 83.9 590 485 24.8 88.4 632 498 28.7 95.3 663 486 33.8 9703 694 488 33.6 98.7 701 486 33.3 94.0 670 492 34.1 95.3 674 - Primärer Strom E e Elektromoto- rische Kraft 114 122 121 115 121 122 119 939.3 127 130 134 144 we N © Wirksamer ' Magnetismus 0.000719 122 740 656 976 G@esammisitzung Tabelle V. Wickelung II. H ® I E | M= —. NV Touren Primärer Elektromoto- | Wirksamer Strom rische Kraft | Magnetismus 205 13.4 32.0 0.000542 193 19.0 36.0 649 192 DI 40.0 722 202 30.8 45.0 774 403 13.8 70.4 608 400 18.9 78.0 677 399 27.6 86.0 750 399 30.8 88.6 771 823 138 151.2 635 816 18.9 158.0 674 Tabelle VI. Wickelung III. E v I E | M=-- NV Touren Primärer Elektromoto- | Wirksamer Strom rische Kraft | Magnetismus 246 12.6 230 0.000721 ' 237 11.0 215 700 ’ 240 9.00 209 672 236 7.50 193 631 22 5.30 163 542 265 3.95 159 463 256 2.40 105 316 254 1.75 66.7 203 Diese Resultate lassen sich durch die Interpolationsformel 4) mit durchaus genügender Genauigkeit darstellen. Wir stellen nun die Interpolationsformeln zusammen, indem wir den wirksamen Magnetismus mit Strom im Anker mit M, den- jenigen ohne Strom im Anker mit M’ bezeichnen. vom 18. November 1880. 977 Bei Wickelung I ist für M zuerst eine Interpolationsformel gegeben, welche den w. Magnetismus im ganzen Verlauf richtig darstellt mit Ausnahme des Anfangs, der für praktische Zwecke nicht in Betracht kommt. ’ N 2 S — ap) IS us! i 5 mn ® = Rn S > 8 =D + > = |+ oO 3 arts S 5 P R S are S m oO, Ye) I > | | | | BN HM SZ “ 5 S dralage a a © o = — = leg - a — = Ye an © —i 5 Daun | 5 r ın = en OS = RE ES 4 je M ii E ER, NS Sch ai un -— un N a & = DS o = o & nn »>|ıs5 V = SQ 5 nm esgakgen GE 3 + N 4 m DS E= de) FA = V = oO = oO So SS =) o =) = =) S el a 5 a = [e ©) oO _— = | | in | | I | r eu F) = 23 RE ARE WA en 3 [1880] 71 978 Gesammtsitzung Hieraus geht deutlich hervor, wie stark die Einwirkung des Stromes im Anker das Maximum herabdrückt, nämlich bei allen Wickelungen um etwa 4 des Werthes. Die das Maximum bestim- menden Coäfficienten b bei den verschiedenen Wickelungen sind wenig verschieden (diejenigen für den Magnetismus ohne Strom ım Anker müssen streng genommen gleich sein); die Co£fficienten a dagegen, deren reziproke Werthe einen Ausdruck für die „Kraft der Wickelung“ bilden, zeigen bedeutende Unterschiede. Diese Resultate lassen sich auch benutzen, um die Einwir- kung des Stromes im Anker auf den Magnetismus gesetz- mässig festzustellen, wenigstens in erster Annäherung. Diese Ein- wirkung ist gleich der Differenz M'— M; dieselbe ist proportional der Anzahl n der Windungen auf dem Anker, nimmt mit zuneh- mender Stromstärke zu, dagegen mit zunehmendem Magnetismus MM sab. Wir: setzen 2 Ra ae Li, M—M-ny5; da nun für M' zu setzen ist: Pi NEE IR N DEN 3 so wird M—-M= ny(a'+b'J) und — nr —nyl@+bJ) ı 2.0.05) Wir haben diese Formeln mit den oben gegebenen Interpola- tionsformeln und mit andern Versuchen verglichen, in welchen die Schenkel einfach parallel geschaltet waren, also der Strom im An- ker doppelt so stark war als in den Schenkeln, und fanden genü- gende Übereinstimmung; der Werth von y beträgt im vorliegenden Kalle 2 << 109%. Die beschriebenen Versuche geben auch die Mittel an die Hand, um den Einfluss der Schenkelwickelung auf den w. Magnetismus zu untersuchen. Von den beiden Coöfficienten unserer Interpolationsformel für M' ist der eine, b’, unabhängig von der Schenkelwickelung;, da 7 das Maximum des Magnetismus bedeutet, welches bei jeder Wicke- lung schliesslich eintreten muss; der andere dagegen, a’, der reziproke ® El ER en Ko — en Sa, vom 18. November 1880. 979 Faktor der anfänglichen Proportionalität zwischen Strom und Ma- gnetismus, ist wesentlich abhängig von der Wickelung, sowohl von der Anzahl der Windungen als von ihrer Entfernung vom Eisen- kern. Aus den Versuchen mit den drei verschiedenen Wickelungen * . . 1 ® ® ergibt sich nun, dass a’, dessen reziproken Werth — wir „die a Kraft der Wickelung“* nennen möchten, nur abhängig ist von der Anzahl der Windungen, nicht von dem Durchmesser des Drahtes oder dem Abstand der Windungen vom Eisenkern; natürlich gilt dies vorläufig nur für die Eisenconstruction der v. Hefner’schen Maschine. Es zeigt sich nämlich, dass ! & = wo m die Anzahl der Windungen auf den Schenkeln, « und q Co&fficienten. Aus den Versuchen ergeben sich die Werthe: 5126000 35 a = 0.429. Hieraus erhalten wir als Schlussresultat für den wirksamen Magne- ’tismus unserer Maschine: J Re = ——ny (+97). m, Ne Diese Formel gestattet, für jede beliebige Wickelung der hier behandelten Maschine den wirksamen Magnetismus zum Voraus zu berechnen. d) Die Arbeitskraft der dynamoelektrischen Maschine. Nach dem Joule’schen Gesetz ist die von der Maschine in der Sekunde verbrauchte Arbeit A= cI°W = cJE, wo c=0.00181 nach Kohlrausch (Leitf. d. pr. Ph. S. 199 und 215), wenn die Arbeitskraft in Pferdekräften, die elektromotorische Kraft in Daniell, die Widerstände in Siem. E., die Stromstärken in ii be 980 Gesammtsitzung ausgedrückt werden. Die Tabelle VII enthält eine Reihe an. S. E. von Versuchen, in welchen die Arbeitskraft mittelst eines Arbeits- messers von v. Hefner-Alteneck direkt gemessen wurde; (die Arbeit des Leergangs ist in Abrechnung gebracht.) Tabelle VI1. Wickelung 7. v W a Be ce. IE ke I Touren | Gesammt- | Strom- Elektro- Arbeits- Wider- stärke | motorische | kraft + pE? stand Kraft (beob.) 129 ö 14.5 13.6 0.21 0.357 0.34 141 “ 20.5 18.2 0.62 0.675 0.64 167 r 29.4 24.9 1.27 1.32 1.25 180 5 32.5 28.7 1.60 1.69 1.59 200 -, 37.7 34.8 2. 2.37 9.25 250 5 46.4 42.1 3.57 3.54 3.34 298 e 53.7 47.7 4.74 4.64 4.39 350 £ 59.9 53.3 - 6.09 5.78 9.46 393 R 65.6 62.3 7.36 7.40 7.01 401 5 66.8 62.4 7.65 7.54 7.14 450 5 72.8 69.2 9.26 9.12 8.64 489 = 74.4 7.188 10.42 9.67 IR 168 1.35 17.3 22.4 0.63 0.70 0.74 216 " 23.5 a 1.33 1.32 1.40 247 r 27.9 36.9 1.39 1.86 1.97 “2 302 x 36.5 49.3 3.21 3.26 3.44 ; 351 } 42.8 58.1 4.37 4.50 4.76 | 401 5 48.0 66.3 5.58, Due 6.11 ’ 449 \ 52.3 73.4 6.32 6.95 7.37 | 508 5 57.3 82.3 _ 8.39 8.52 9.35 A RE > Die beiden letzten Spalten enthalten die theoretisch berechne- ten Arbeitswerthe und zwar die vorletzte die Berechnung nach dem Joule’schen Gesetz, die letzte mit Hinzufügung einer Correction, welche von den sog. Foucault’schen oder den im Eisenkern des Ankers indueirten Strömen herrührt. Berücksichtigt man nämlich diese Ströme, so erhält man vom 18. November 1880. 981 Apr NR) und die Versuche über Kraftübertragung zeigen, dass für den vor- liegenden Fall » den Werth 0.0009 habe, und ferner, dass es, um diese Versuche gut darzustellen, nöthig ist, den Werth von c von 0.00181 auf 0.00163 = c' herabzusetzen. Wenngleich die in der vorletzten Spalte berechneten Arbeits- werthe besser mit den beobachteten übereinstimmen als diejenigen der letzten Spalte, so halten wir doch die letztere Berechnungs- weise für richtiger, weil die viel zahlreicheren und meistens sorg- fältigeren Beobachtungen über Kraftübertragung für dieselbe sprechen. II. Die elektrische Kraftübertragung. Elektrische Kraftübertragung entsteht, wenn der Strom einer dynamoelektrischen Maschine, der primären, in eine zweite dynamo- elektrische Maschine, die secundäre, geleitet wird; der Anker dieser letzteren wird alsdann in entgegengesetztem Sinn in Drehung gesetzt und leistet eine Arbeit. Nimmt man an, dass der Kommutator in beiden Maschinen gleich stehe, so muss, da in beiden dieselbe Stromstärke herrscht, der wirksame Magnetismus in beiden gleich stark sein. Unter dieser Voraussetzung erhält man folgende Formeln (der Index 1 bezieht sich auf die primäre, 2 auf die secundäre Maschine, FE be- _ deutet die elektromotorische Kraft, J die Stromstärke, W den Ge- sammtwiderstand, M den wirksamen Magnetismus, ® die Touren- zahl, n die Windungszahl des Ankers, A die Arbeitskraft, S die vom Strom im ganzen Kreis erzeugte Wärme, N den Nutzeffekt): mM, = nMv; - Az Om V8 — M W Ws ’ U ’ ©, Aı = cHJ = ePW —— , 4, — cB,J = eJ’W ı Sad 0% %z 932 Gesammtsitzung S=.cJ’W, A=S+4, en Ser v, E, Vergleicht man diese Formeln mit den Beobachtungen, so er- gibt sich eine entschiedene Nichtübereinstimmung, Dies fällt namentlich auf beim Nutzeffekt N. Nach der oben- stehenden Formel müsste derselbe sehr hohe Werthe erlangen, etwa 90 pCt.; denn nach derselben wäre der Nutzeffekt gleich dem Verhältniss der Geschwindigkeiten, und die Geschwindigkeit der secundären Maschine kann ansteigen bis zu der Differenz der Ge- schwindigkeit der primären Maschine und den (für den betr. Wi- derstand geltenden) todten Touren, : welche letzteren .bei höheren Geschwindigkeiten nur einen kleinen Theil der ersteren ausmachen. In Wirklichkeit beträgt aber der Nutzeffekt 40—60 pCt. und zeigt bei constantem v, stets ein Maximum für einen bestimmten Werth von ®,, was nicht mit obiger Formel übereinstimmt. Man findet ferner, dass namentlich die geleistete Arbeit A, in Wirklichkeit kleiner, dagegen die secundäre elektromoto- rische Kraft E, grösser ist als nach obiger Theorie; und dies findet um so mehr statt, je kleiner die geleistete Arbeit ist. Die Erklärung dieser Abweichungen liegt in den sog. Fou- cault’schen Strömen, d. h. den Inductionsströmen, welche im Eisen des Ankers entstehen. r Die Hauptursache dieser Ströme liegt in der Wirkung, welche der Magnetismus des Schenkels auf das rotirende Eisen des Ankers ausübt; es müssen in Folge dessen in diesem Eisen Ströme in ähnlicher Weise entstehen, wie in den Ankerdrähten. Diese Ströme sind nun bei der primären Maschine den Strömen in den Ankerdrähten gleichgerichtet, dieselben schwä- chen daher, wie jene, den wirksamen Magnetismus und die elektromotorische Kraft E, und vermehren die gebrauchte Arbeit A.. | In der secundären Maschine, deren Anker sich in umge- kehrter Richtung dreht, sind diese Ströme denjenigen in den An- kerdrähten entgegengesetzt gerichtet; dieselben verstärken daher den wirksamen Magnetismus und die elektromoto- rische Kraft E, und verringern die geleistete Arbeit A,. vom 18. November 1880. 983 Wir nehmen zunächst an, dass der Commutator in beiden Maschinen gleich stehe. Dann hat man, wenn i, ,% die in dem Eisen der bez. Anker inducirten Ströme, u der Widerstand, in wel- chem jeder derselben kreist, M,, M, die bez. w. Magnetismen, so ist in erster Annäherung: m ur, m Mes, hier bedeutet M den wirksamen Magnetismus, welcher bei Abwe- senheit der Ströme im Eisen herrschen würde, = einen nur von der Eisenconstruction abhängigen Co£fficient. € Setzt; man — = 4, So wird u Be Mi 0). MM Mlı mn). - ... ,9 ferner E, = nM,v, = nM(1—-nv,)v,, = nM;u = nM(1+n%)v, 10) Fr Eı— EB; R nM W Tal _y-nW tn). nl Für die Arbeitsgrössen hat man “ A, = cnJM,v, —- ci, M,v, ) A, = cnJM,v, —— Ci, M,v, D Egg oder, wenn wir — =» setzen, | nu A,=«cJE-+pE , %=cJE—pE amd E, p een) S= cJ(E\,— E,) ’ F=pE ’ R=pE;, A=4+S+Mh+B; 12) ee msmmrmu eng a 2 mean u hier bedeutet S die Stromwärme, F,,F, bez. die Arbeit der sog. Foucault’schen Ströme. Drücken wir sämmtliche Grössen durch J, W, v,, v, aus, SO kommt: 984 Gesammitsitzung A, = ce? W— len N een %— dy ER: op) C %1— ®g A, = cJ?W — 0 a - up DW Er 1 FM = Er RE ee %ı (nah) ® N" ltr) — 1 rel SCHE a 07 5) C Oi 05 © ® S= cJ’W; B=pJ'W°’- a ‚ F,= le = 1 Praktisch besonders wichtig sind die Formeln 12.); dieselben gestatten, aus den leicht bestimmbaren elektrischen Grössen E,,E,,J die Arbeitsgrössen mit Sicherheit zu berechnen; dieselben gelten für jede Stellung des Commutators und jede Grösse und Construction der Maschinen, wie man sich leicht überzeugen kann, wenn man die vorstehende Betrach- tung wiederholt, die Stellung der beiden Commutatoren aber belie- big annimmt. Nach den Formeln 15.) lassen sich die Arbeitsgrössen aus Strom, Widerstand und den Tourenzahlen berechnen, aber nur, wenn die Commutatoren gleich stehen. Die nachstehend in Tab. VII enthaltenen Versuche, welche in grosser Ausdehnung unternommen wurden, sind mit zwei Maschinen D, (mit Wickelung I) ausgeführt. Die Arbeitsmessungen geschahen an der primären Maschine vermittelst eines von Hefner’schen Arbeitsmessers, an der secun- dären vermittelst eines Prony’schen Zaumes. Von elektrischen Grössen wurden gemessen: die Stromstärke durch ein Elektro- dynamometer, und die Spannungsdifferenzen an den Polen der beiden Maschinen durch das Torsionsgalvanometer; von diesen drei Grössen ist eine die Folge der beiden anderen, eine Kontrolle, welche die Güte der Messung beurtheilen lässt. Aus der Span- nungsdifferenz an den Polen lässt sich vermittelst einer Oorrection leicht die bez. elektromotorische Kraft der Maschine berechnen. Die genannte Oontrolle erhält man am zweckmässigsten, wenn man vermittelst der aus den Spannungsdifferenzen berechneten Kı— E W elektromotorischen Kräfte die Grösse berechnet und - Eu Fe - x 77 ” i = E Z r- = = se - 7 =. E s E E ET en 1 Ir == D 2 2 2 a er } i == _ Re n ET U EEE UN 0. EEE N nen le ee ü u BE * I £ © 5 - 2 3 3 - ass n ? i x t 3 N i { ® € . 4 = $ { - av — 5 > < s £ % ._ 4 &: a 2 4 Pe 0 dig EFT - u = L 2. x I in 3 . f i- } Der nz Pre = NS & e 5 es e R , 2 cn . 5 . n. > £ Zi b 5 ! 3 h & ee { . ; q “ 3 d 3 "= i i f - ar =e een 2 ; z : - > 3 { 5 S N Se eh a 23 $ ge . \ 2 ER; < & ? \ E FE 1 x . 2 E E ß “ 4 a F \ I x ne 5 Se et z re ” Be g > : Ware . T * wine . = Be »z 2 > g= er a 5 EN X sh ee ‚ch z ee = x 4 > j Er ER Ze > 5 FRE RR - < ! = \ . = ia f E h u u Fe - = nee 6 5 u F . > : v4 ni 6 9 ” T R ar R B, ’ zu Er B R ® x A u e x Rn 3 . - E F - .. 2 ö Pr 5 %: ; Fon er - . f ı > y 4 Fr > De 3 H ? S . e 5, Fl 3 R j a : l n S = ar 3 z 2 Be ; « . i a = i ® j ? . ü ; di Br) ' - er‘ h 2 3 + er _ u = 2 t Ä t E 7 T = Te e 2 z \ h B E ji = ’ RE FERNE R. 2 De e: : RE i = ae: f \ Re eb -- — we, Er SE * E: I 7 € ı f . g .. [4 z z DE Par: „ + i 5 N # 4 M ö e h i Be; ” als a . zer Be] PR ’ Pe Pe Pr se g Pre# P>"\ Br $ . y . ex: r 17 ” % e ns “ jr s \ - u TE | - £ ER 2 “ ae re Dee ee | = i 5. B ie; : = € 3 3 f $ ' 4 1 Zu Ye z Ei x 3 x 5: H ® a Y > ? ” 4 = 4 -* y 5 h' re # Z u“ F e H e ie 2 \ Fr F a v ge = } _. | 5 £ BEZ * 4 $ Da 5 ı ee 2 oe Se: ne = z = p* & . ER K. E x , Mn y 5 . 19 a e: 1 na x & : i i i > - * } R g n ı * a nn nn nt hs rn ne sinn tele | | . 4 | | | | | er ı a a Tab. Aı A, N ber. aus ber. aus ber. aus) W Bı,22.J E,22,J B.22,J HP HP E 2.56 1.34 su | 00 3.37 1.76 2 „ 4.27 2.21 52 » 4.99 2.50 50 n 5,54 2.63 45 En 3.95 2.38 ZUR ” 9.0 0 0 | » 2,92 1.60 55 E 4 2.38 33 & 3.37 2,87 54 n 6.01 3.23 34 2 9.38 4,98 & 3 11.4 6.00 53 = 12.4 6.32 51 5 14.6 7.77 53 £ 15.1 7.61 50 a 15.2 7.71 51 n 13.7 7.02 51 : 14.6 7.61 2 * 16.3 8.15 50 R 17.3 8.51 51 g 17.9 9.20 31 = A, ber. aus E,2,,J 2 3 22 a = = N”. D ar r E * a ee Be nA hen Zu Be > Be en une 2.8 == ne et ana a a ee Pi Der u * 1:8 De da ae Ei i ER ae i a 7 | [n3 “Ne ME BE ER REN gr „CH *%y „ er KR Aa Var x ia NE ug Kor: GE, hi y { ee Be en a vr Ba a | \ er Pr N 7 ee ER EN ck 2 U vom 18. November 1880. 985 dieselbe mit der beobachteten Stromstärke J vergleicht (s. Spalte 6 der Tabelle). Der Commutator an beiden Maschinen wurde so gestellt, dass die bez. elektromotorischen Kräfte im Maximum waren; durch eine besondere Versuchsreihe war nämlich festgestellt worden, dass in diesem Fall auch der grösste Nutzeffekt erreicht wurde. Jeder der angestellten Versuche ist ein Mittel aus wenigstens 2 Einzelversuchen; die zu einem Versuch gehörigen Messungen wurden gleichzeitig angestellt, wozu 6 verschiedene Beobachter nöthig waren. Die von den sog. Foucault’schen Strömen abhängigen Con- stanten „ und p sind aus denjenigen Versuchen berechnet, in welchen sämmtliche Grössen gemessen wurden, was bei den Versuchen mit höherer Tourenzahl nicht der Fall ist, da in diesen die primäre Arbeit nicht mehr gemessen werden konnte; und zwar wurde 7 aus den elektromotorischen Kräften, p aus den Arbeitsgrössen be- stimmt. Die für „ und p gefundenen Werthe sind: Rd ’ p n2 = 0.009014 Es fand sich ausserdem, dass der von Kohlrausch gegebene Werth von c (0.00181) herabgesetzt werden muss, um die Beob- achtungen möglichst gut darzustellen; wir haben desshalb den Werth c'= 0.00163 benutzt. Hiemit ist durchaus nicht ausge- sprochen, dass jener Werth theoretisch unrichtig sei, sondern es kann dies seinen Grund auch in einer noch nicht berücksichtigten, seeundären Erscheinung haben. Die Berechnung der Arbeitsgrös- sen aus den elektrischen Grössen geschah nach den Formeln 12). Die Übereinstimmung zwischen den Versuchen und der Theo- rie ist eine befriedigende. 986 Gesammtsitzung vom 25. November 1880. 25. November. Gesammtsitzung der Akademie Hr. Müllenhoff las über die älteste Verbreitung und Stellung der Finnen im nördlichen und nordöstlichen Europa. Als Verfasser der mit dem Motto: „IJuvat integros accedere fontes“ bezeichneten, in Beantwortung der von der Akademie ge- stellten Preisaufgabe: | eine in’s Einzelne eingehende Untersuchung über den Ein- fluss, welchen die englische Philosophie auf die deutsche Philosophie des 18ten Jahrhunderts geübt hat, und über die Benützung der Werke englischer Philosophen durch die deutschen Philosophen dieses Zeitraums anzustellen eingegangenen Preisschrift (Monatsbericht 1880 Juli S. 636. 637), welchem durch die Verkündigung in der Sitzung vom 8. Juli d. J. ein Theil der dafür festgesetzt gewesenen Summe zuerkannt wor- den ist, hat sich Hr. Dr. G. Zart, Gymnasiallehrer in Fürsten- walde, genannt. / Verzeichniss der im Monat November 1880 eingegangenen Schriften. Leopoldina. Amtliches Organ der kaiserl. Leop.-Carol. deutschen Akademie der Naturforscher. Heft XVI. N. 19. 20. Halle a. S. 1880. 4. Abhandlungen der historischen Classes der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. XV. Abth. II. München 1880. 4. L. Rockinger, Die Pflege der Geschichte durch die Wittelsbacher. Akade- mische Festschrift. München. 4. 2 Ex. J. v. Döllinger, Das Haus Wittelsbach und seine Bedeutung in der Deut- schen Geschichte. Festrede. München 1880. 4. 2 Ex. K. A. Zittel, Über den geologischen Bau der libyschen Wüste. Festrede. München. 4. 2 Ex. Jahrbuch über die Fortschritte der- Mathematik. Bd. X. Jahrg. 1878. Heft 2. Berlin 1880. 8. Blektrotechnische Zeitschrift. Herausgegeben vom Elektrotechnischen Verein. Jahrg. I. 1880. Heft 11. November. Berlin 1880. 8. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XIII. N. 15. 16. 17. Berlin 1880. 8. Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der preussischen Rheinlande und Westfalens. Jahrg. 37. Hälfte 1.2. Bonn 1880. 8. Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Alterthums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaf- ten. Bd. V. Heft 2. Freiburg i. B. 1880. 8. Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den Deutschen Küsten über die physi- kalischen Eigenschaften der Ostsee und Nordsee und die Fischerei. Jahrg. 1880. Heft V. Mai. Berlin 1880. 4. 988 Eingegangene Druckschriften. Mittheilungen aus der Zoologischen Station zu Neapel. Bd. II. Heft II. Leip- zie 1880. 8. | Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens. August 1880. Berlin-Yokohama 1880. 4. Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit. Bd. 18. Abth. 1. R. Stintzing, Geschichte der Deutschen Rechtswissenschaft. Abth. I. München & Leipzig 1880. 8. Symbolae Joachimicae. — Festschrift des K. Joachimsthalschen Gymnasiums. Ah, a. Berlin 1880. 78. A. Reumont, Nascita e Patria di Margherita d’ Austria. Aquisgrana 1880. 8. . Extr. | J. Thomsen, Chemische Energie und electromotorische Kraft verschiedener galvanischer Combinationen. Leipzig 1880. 8. Sep.-Abdr. — —, Die Constitution des Benzols. Leipzig 1880. 8. Sep.-Abdr. — —, Thermochemische Untersuchungen über die Theorie der Kohlenstoffver- bindungen. Berlin 1880. 8. Sep.-Abdr. t 2 Über Constitution isomerer Kohlenwasserstoffe. Berlin 1880. 8. Sep.-Abdr. R. Sturm, Über die ebenen Curven dritter Ordnung. 4. Sep.-Abdr. Sitzungsberichte der math.-naturw. Olasse der K. Akademie der Wissenschaf- ten in Wien. Jahrg. 1880. N. XX. XXI. XXIL. Wien. 8, | Jahrbuch des naturhistorischen Landes- Museums von Kärnten. Heft XIV. Klagenfurt 1880. 8. 2 Bericht über das naturhistorische Landes-Museum. 1878. 1879. Sep.-Abdr. 8. Erdelyi Muzeum. 9. sz. VII. evtolyam. 1880. Budapest. 8. | H. Payer, Bibliotheca Carpatica. Iglö 1880. 8. Viestnik hrvatskoga arkeologickoga Druitva. Godina II. Br. 4. Zagrebu 1880. 8, Proceedings of the scientific meetings of the Zoological Society of London for the year 1880. P. III. May & June. London. 8. ) Journal of the Chemical Society. N. CCXVI. Nov. 1880. London. 8. Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Vol. XL. N. 9. London 1880. 8. Proceedings of the Royal Geographical Society. Vol. II. N. 11. November 1880. London. 8. | Proceedings of the Royal Irish Academy. Vol. I. Ser. TH. N.1. Vol. II. Ser... N.4. Dublin 1879. 1880. 8. November 1880. 989 The Transactions of the Royal Irish Academy. Vol. XXVI. Science. Dublin 1879. 4. — Irish Manuscript Series. Vol. I. P.I. Dublin 1880. 4. The Scientific Proceedings of the Royal Dublin Society. Vol. I. P.IL. DO. HI. Vol. IH. P. I—VI. Dublin 1877—1880. 8. The Journal of the Royal Dublin Society. N. XLV. Vol. VII. Dublin 1878. 8. The Seientifie Transactions of the Royal Dublin Society. Vol. I. (New Series.) N. I— XI. Vol. II. (New Series.) N. 1. (2 Hefte.) Dublin 1877 — 1880. 4. Astronomical and Magnetical and Meteorological Observations made at the Royal Observatory, Greenwich, in the year 1878. London 1880. 4. Aeneidea, or critical, exegetical, and aesthetical remarks on the Aeneis by J. Henry. Vol. II. (Continued.) Dublin 1879. 8. Schliemann, /%os. London 1881. 8. | Räjendraläla Mitra, The Antiquities of Orissa. Vol. II. Calcutta 1880. fol: .- 1880. — Victoria. — Reports of the Mining Surveyors and Registrars. — Quarter ended 30th June 1880. Melbourne. fol. Comptes rendus hebdomadaires des seances de 1’ Academie des Sciences de !’In- stitut de France. T. XCI. 1880. Sem. II. N. 17. 18. 19. Paris 1880. 4. Bulletin de 1’ Academie de Medecine. Ser. II. T. IX. N. 44. 45. Paris 1880. 8. Bulletin de la Societe Geologique de France. Ser. III. T. 6. 1378. N. 9.10. BEER 718794 N6. ; Paris; 1880., 8: Bulletin de la Societe de Geographie. Juillet, Aoüt 1880. Paris 1880. 8. Academie des Sciences et Lettres de Montpellier. Memoires de la Section des Sciences. T. IX. Fasc. III. Annde 1879. — Memoires de la Section des Lettres. T. VI. Fasc. IV. Annees 1878 —1879. — Memoires de la Section de Medecine. T. V. Fasc. II. Anndes 1877 — 1879. Montpellier 1879. 1880. 4. Bulletin de la Societe de Geographie commerciale de Bordeaux. Ser. II. N. 2%. 22. Bordeaux 1880. 8. Annales des Ponts et Chaussees. Memoires et Documents. Serie V. Annee X. Cah. 10. Paris 1880. 8. Journal de l’Ecole Polytechnique. 'T. XXVIII. Cah. 47. Paris 1880. 4. Revue scientifique de la France et de l’etranger. N. 18. 19. 20. Paris 1880. 4. Polybiblion. — Revue bibliographique univ. — Partie litt. Serie II. T. XI. Livr. 5. — Partie techn. Ser. I. T. VI. Livr. 11. Paris 1880. 8. 990 Eingegangene Druckschriften. H. d’Arbois de Jubainville, Les assemblees publiques de U'Irlande. Pa- rt. 188021 & — — —, La versyfication irlandaise. Extr. 8. R. Istituto Lombardo di Scienze e Lettere. Rendiconti. Ser. 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St. Petersbourg 1880. 4. Melanges Greco- Romains tires du Bulletin de 1’ Academie Imp. des Sciences de St. Petersbourg. T. IV. Livr. 4. St. Petersbourg 1880. 8. Bulletin de la Societe Imp. des Naturalistes de Moscou. Annee 1880. N. 1. Moscou 1880. 8. Acta Societatis Scientiarum Fennicae. T.XI. Helsingforsiae 1880. 4. Observations meteorologiques publiees par la Societe des Sciences de Finlande. Annee 1878. Helsingfors 1880. 8. h Bidrag till Kännedom af Finlands Natur och Folk utgifna af Finska Veten- skaps-Societeten. Häftet 32. Helsingfors 1879. 8. XXVe Anniversaire de la Societe entomologique de Belgique. — Assemblee generale extraordinaire comvoquee pour la commemoration de la fondation de la Societe — 16 Octobre 1880. Bruxelles 1880. 8. w a be a an November 1880. 991 M. J. Plateau, Une application des images accidentelles. Bruxelles 1880. 8. Extr. Bulletin de la Societe des Sciences naturelles de Neuchätel. T. XII. Cah. 1. Neuchätel 1880. 8. Verzeichniss der Incunablen der Stiftsbibliothek von St. Gallen. Herausgege- ben auf Veranstaltung des katholischen Administrationsrathes des Kantons St. Gallen. St. Gallen 1880. 8. Schweizerische meteorologische Beobachtungen. Jahrg. XIV. 1877. Lief. 7 nebst Titel und Beilagen. Jahrg. XV. 1878. Lief. 5. Jahrg. XVI. 1879. Lief. 4. Zürich. 4. Revista Euskara. Ano Tercero. N. 30. Octubre de 1880. Pamplona 1880. 8. J. F. J. Biker, Supplemento a Collece@o dos Trotados e Actos publicos cele- brados entre a Coröa de Portugal e as mais potencias. (T. XI de suppl.) T. XIX. Lisboa 1880. 8. The American Journal of Science. Ser. II. Vol. XX. N. 119. New Haven 1880. 8. The American Journal of Otology. Vol. II. N. IV. New York 1880. 8. U. $. Geological and Geographical Survey of the Territories. — Miscella- neous Publications. N. 12. J. A. Allen, History of North American Pin- nipeds. Washington 1880. 8. lowa Weather Service. Press Bulletin, N. 86. 87. 4. Boletin de la Sociedad de Geografia y Estadistica de la Republica Mexicana. Epoca III. T. V. Num. 4. 5.6. Mexico 1880. 8. 1) ED Zabel» elle Ba u. u re Be ae 702 IE RN wi en io wer: er a 22 ei aid, oe a I Peer N ee Hantah"“ BRETTEN TEE A RR | EL FINE 8 Sach RER NR ia BE NE" hin DR a en 4 E r % ih 20 4 er y 2 (ir = EM ww f re AAN Snichy S ae MEN an u BIutsE ya Ber AR rate (ans ah Di Pia Malen He es | Sa ei 9 ! E A TE Eu eRr Ami wa ZA RN RAR Wir. on ol an: ah | ei ne | Fan) 2 MN CAR VN pp Ber: vr ah DR BR Set Ey" aa at Ne N A IR BR sh DR RER Bi a y A SH, u / R e ; Mm h 20, Sept- or 4 MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. December 1880. u Vorsitzender Secretar: Hr. du Bois-Reymond. 2. December. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Curtius las über die Altäre von Olympia. 6. December. Sitzung der philosopisch -historischen Klasse. Hr. Zeller las über die äussere Bezeugung einiger platoni- scher und aristotelischer Schriften. [1880] 79 994 Gesammisitzung vom 9. December 1880. 9. December. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Auwers las über südliche Stern- Oataloge. Am 10. December starb Hr. Carl Georg Bruns, ordentliches Mitglied der philosophisch -historischen Klasse. EEE RER TEEN EIERN Sitzung der phys.-math. Klasse vom 13. December 1880. 995 13. December. Sitzung der physikalisch-mathema- tischen Klasse. > Hr. Weierstrafs las über die Zerlegung algebraischer Func- tionen. Hr. Virchow las: Über die Sakalaven. Unter den sehr mannichfaltigen Sendungen, welche Hr. J.M. Hildebrandt von Madagaskar geschickt hat, befinden sich sieben Schädel von Sakalaven. Die Besprechung und Beschreibung der- selben dürfte um so mehr angezeigt sein, als die Zahl der aus Madagaskar bekannten Schädel überhaupt eine sehr kleine ist, und als die Frage von der Herkunft und Verwandtschaft der madegas- sischen Stämme wegen der mannichfaltigen Beziehungen der Be- völkerung dieser grossen Insel zu einer ganzen Reihe sehr ver- schiedenartiger Rassen eine besonders verwickelte ist. Schon seit langer Zeit besteht die Meinung, dass durch eine Succession von Einwanderungen, welche von sehr verschiedenen Ge- genden her erfolgt seien, die ursprüngliche Bevölkerung der Insel ent- weder auf wenige Punkte zurückgedrängt, oder vielleicht überhaupt aufgerieben worden sei. Als Reste des eigentlichen Urvolkes sind von mehreren Reisenden die Vazimbas angegeben. Daneben wird eine zwerghafte Bevölkerung, die Kimos, erwähnt (Prichard Researches into the physical history of mankind. London 1847. Vol. V. p.196.). In wie weit beide Bezeichnungen sich auf die- selbe Urbevölkerung beziehen, ist zweifelhaft. Hr. Bordier (Mem. de la soc. d’anthropologie de Paris. 1378. Ser. II. T.I. p. 477.) glaubt freilich, auf Grund der vorhandenen Nachrichten, eine Ver- wandtschaft der Urbevölkerung mit den Buschmännern und anderen Zwergrassen des afrikanischen Festlandes annehmen zu können, indess scheint mir noch Vieles an einem solchen Nachweise zu fehlen. Derselbe würde erst dadurch zu geben sein, dass eine Unter- suchung der noch zahlreich auf der Insel, namentlich in Imerina, vorhandenen, unter dem Namen der Vazimbas-Gräber bekannten Steinkegel ein entsprechendes Resultat ergäbe, oder dass lebende Reste der Vazimbas noch irgendwo aufgefunden würden. Letzteres 19° 996 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse liegt nach einer Angabe des Rev. Sibree (Journ. of the anthropol. Institute of Great Britain and Ireland. 1879. Vol. IX. p. 49) nicht ausserhalb der Möglichkeit: dieser Missionär spricht davon, dass Überreste des Stammes noch in den Südwest-Provinzen vorhan- den sein sollten. Nach den ihm gewordenen Mittheilungen seien die Vazimbas von kleinerem Wuchs, als die anderen Rassen, gewesen, hätten abgeplattete, lange und schmale Köpfe gehabt und den Ge- brauch des Eisens nicht gekannt. Allein alle diese Angaben erheben sich nicht über blosse Möglichkeiten. Hr. Grandidier, der neuerlichst die Insel am genauesten durchforscht hat, betrachtet die Urbevölkerung als einen Bestand- theil der grossen Gruppe negroider Bevölkerungen Oceaniens (Re- vue scientifique 1872. Ser. II. T. II. p. 1085). Obwohl er kein Präjudiz über die Art ihrer Verbreitung aussprechen wolle, so hält er doch dafür, dass gewisse Merkmale, namentlich Gesichtszüge, Sitten und Sprache, diese Auffassung rechtfertigten. Er sagt: Tete grosse, cheveux en t£te de vadrouille, figure plate et ronde, levres epaisses, nez aplati a la naissance, tout rappelle ces negres ocea- niens qui peuvent £tre consideres comme issus du melange de la race ethiopienne avec la race mongole. Abgesehen von dieser Mischung, aus welcher die Urbevölkerung entstanden sei, hält Hr. Grandidier für unzweifelhaft, dass seit den entferntesten Zeiten, sehr lange vor der christlichen Zeitrechnung, Chinesen, wie nach Afrika, namentlich zu der Sofala-Küste, so zu einigen Häfen im Süden und Südwesten von Madagaskar gekommen seien. Noch jetzt könne man bei den Antandruis und den Mahafalen im südlichen Theil der Insel, ebenso wie bei gewissen ostafrikanischen Stämmen, die Spuren einer Mischung zwischen Autochthonen und Chinesen deutlich erkennen (Ebendas. p. 1077). Es mag sein, dass diese Auffassung sich auf wohl beobachtete Eigenthümlichkeiten stützt; trotzdem möchte ich glauben, dass es geboten sei, erst weitere und genauere Thatsachen abzuwarten, ehe man ein solches, immerhin gewagtes System der Interpretation annimmt. | Unter den besser begründeten Einwanderungen ist, wenn man die mehr vereinzelten Zugänge von Europäern, Arabern, Afrika- nern aus neuester Zeit abrechnet, die sicherste die des jetzigen Herrscherstammes, der Hovas, welche hauptsächlich das centrale Gebirgsland bewohnen. Nach der allgemeinen Annahme sind sie malayischen Ursprunges. Bekanntlich gilt schon seit Wilhelm v. vom 13. December 1880. 997 Humboldt die Zugehörigkeit der madegassischen Sprache zu dem malayischen Sprachstamme als ausgemacht. Aber man weiss weder, zu welcher Zeit, noch von wo sie eingeführt worden ist. Die Hovas haben erst seit Anfang dieses Jahrhunderts in lang- samem Fortschritt ihre dominirende Stellung gewonnen; wie es scheint, haben sie sich vom südöstlichen Theil der Insel aus nach und nach gegen Westen und Norden vorgeschoben (Prichard |. c. p. 200). Allein diese ganz moderne politische Entwickelung hindert in keiner Weise, ihre erste Einwanderung in eine sehr frühe Zeit zurückzuverlegen. Dass dieselbe aus einem malayischen Lande erfolgt sei, bezweifelt niemand. Man streitet nur darüber, ob sie von Java oder einer der Sunda-Inseln, oder von den Philippinen, oder von dem Festlande ausgegangen sei. Jedenfalls scheint es nach den von Waitz (Anthropologie der Naturvölker. 1860. II. 8.431) zusammen- gestellten historischen Thatsachen, dass Malayen (oder, wie Ibn Said sagte, „Brüder der Chinesen*) schon zu Anfang des 12. Jahr- hunderts angesiedelt waren. Ob diese Malayen aber die Vorfahren der Hovas waren, ist keineswegs ausgemacht. Hr. Grandidier nimmt neben dieser altmalayischen Besiede- - lung eine jüngere Einwanderung aus Indien an, welche von der Ostküste her in Madagaskar eingedrungen sei und welche ausser der Kunst des Schmiedens und der Bearbeitung des Eisens den Gebrauch der Astrologie, des Sikidy-Spieles und zahlreicher Talis- mane eingeführt habe. In Bezug auf diese Einwanderung wirft er folgende Frage auf (l.c. p. 1085): Ces Indiens, dont descendent les rois Marouserananes et Andrevoules qui regnent sur toute la region oceidentale, ainsi que les Louha Vouhitses ou notables Maha- fales, Antifeherenanes et Sakalaves, sont-ils venus & la suite des premiers Arabes qui ont fond& des colonies sur la cöte sud-est, ou bien au contraire les ont-ils precedes et ont-ils dü abandonner leurs etablissements primitifs devant linvasion de nouveaux arrivants? Diese Alternative sei schwer zu entscheiden. Als sicher betrachtet er mit Flacourt, dass zwei auf einander folgende, aber durch einen Zwischenraum von Jahrhunderten getrennte Einwanderungen 1) Der Rev. Sibree hält dafür, dass das malayische Element in der Sprache das dominirende sei; ihm seien viele rein arabische (nicht Suaheli) Worte beigemengt, aber es gebe noch ein drittes, weder malayisches, noch afrikanisches Element darin. 998 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse von Arabern in Madagaskar stattgefunden hätten, eine von der Küste Malabar, eine zweite von der Westküste von Afrika, wo sie eine gewisse Zeit verweilt habe. Letztere sei wahrscheinlich gegen das 15. Jahrhundert angelangt; ihre Nachkommen seien die Antei- muren, welche in Matetanane wohnen. Die erstere dagegen, von wel- cher die Zafi-Raminia abstammten, setzt er in die Zeit nach dem Auf- treten Mahomed’s und der dadurch herbeigeführten Umwälzungen, welche einen Theil der Bevölkerung Arabiens nach Indien trieb; von da sei wahrscheinlich später ein Rückfluss nach Ost- Mada- gaskar erfolgt, der zugleich Indier mit sich zog. Letztere hätten dort ein kleines Reich gegründet. Ihre Nachkommen hiessen jetzt ' Anteisakas (Bewohner von Klein-Saka). Sie hätten sich später, wahrscheinlich in Folge der zweiten arabischen Einwanderung, in zwei Theile getrennt, von denen der eine seine Sitze am Menanara behalten habe, während der andere quer durch die Insel nach der Westküste ausgewandert sei und dort das Reich Sakalava (langes Saka) gegründet habe. Diese Auffassung differirt in vielen Stücken von dem, was sonst angenommen wird. Jedenfalls waren die Sakalaven (Se- klaven) bis zu der Zeit, wo der Primat der Hovas begründet wurde, das herrschende Volk der Westküste, welche sie von der Nordspitze bis zur St. Augustin-Bucht einnahmen. Sie sind noch jetzt die Hauptrepräsentanten der schwarzen Rasse auf der Insel, und wenn- gleich viele Autoren ihnen malayische und arabische Beimischungen zuschreiben, so geht doch die Meinung überwiegend dahin, sie in eine nähere Beziehung zu den Schwarzen des gegenüberliegenden Festlandes, sei es zu den Kaffern oder anderen Völkern des Bantu- Stammes, sei es zu weiter nördlicher wohnenden Völkern der Ost- küste oder von Zanzibar zu bringen. Hr. Hildebrandt, ein guter Kenner der Ostafrikaner, hat sich dieser Meinung angeschlossen (Zeitschr. d. Gesellsch. f. Erdkunde. _ 1880. Bd. XV. 8.105). Er sagt, die Sakalaven glichen in ihrem physischen Äussern und in vielen ihren Sitten den „Kaffern“, und er fügt ausdrücklich hinzu: „Ich gestehe offen, dass ich keinen durchgreifenden Unterschied zwischen einem Vertreter solcher Stämme _ (d. h. der ostafrikanischen Nomadenstämme) und einem Sakalava zu machen weiss.“ Er beschreibt die erste Gruppe von Sakalava- Kriegern, auf welche er stiess, als Leute von meist schlanken, sehnig - kraftvollen, durchschnittlich übermittelgrossen, tiefbraunen vom 13. December 1880. 999 Körperformen. Mitleidig würde ein solcher Mann den weissen Ge- lehrten anschauen, der seine Nation eine Pygmäen-Rasse genannt habe. Damit stimmt die Beschreibung von Ellis (bei Prichard |.c. p-. 202): Physically considered they (the Sakalavas) are the finest race in Madagascar. In person they are tall and robust, but not corpulent; their limbs are well-formed, muscular and strong. On them a torrid sun has burnt its deepest hue, their complexion being darker than that of any others in the island. Their features are regular, and occasionally prominent; their countenance open and prepossessing; their eyes dark and their glances keen and piercing; their hair black and shining, often long, though the crisped or curly hair oceurs more frequently among them than the inhabi- tants of other provinces. Their aspest is bold and imposing, their step firm though quick, and their adress and movements often grace- ful and always unembarrassed. Auch die von Prichard ange- führten Schilderungen von Le Gentil und de Pages lassen afti- kanische Züge hervortreten. Ganz besonders bemerkenswerth ist das Zeugniss von Picke- ring. Er erzählt (United States exploring expedition during the years 1858 — 1842. Philad. 1848. Vol. IX. p.181), er habe bei der Ankunft in St. Helena sich unter Lascars, mehr oder weniger mit Negern gemischt, zu befinden geglaubt, sei aber höchlichst erstaunt gewesen zu erfahren, dass alle diese Leute vor Jahren von Mada- gaskar gebracht seien. Andererseits habe er nicht eine Spur einer Beimischung von Telinga-Blut unter einer grösseren Zahl von Ma- degassen, die er in Zanzibar sah, wahrnehmen können; dieses seien aber ausschliesslich Leute aus dem Lande Sakalava gewesen. Er bezieht daher seine Erfahrung von St. Helena wesentlich auf die östlichen Stämme der Insel. Die Angaben eines so geübten Beob- achters verdienen jedenfalls besondere Berücksichtigung. Es ist selbstverständlich, dass die modernen Beimischungen, wie sie durch den schr entwickelten Handelsverkehr gerade an der Westküste herbeigeführt werden müssen, für die Untersuchung über die Herkunft der Sakalaven nicht in Betracht kommen. Hr. Hil- debrandt traf Suaheli-Leute an vielen Punkten der Küste. Es ist daher sehr natürlich, wenn gegenwärtig mehr und mehr ostafrika- nische Charaktere in der Bevölkerung hervortreten. Für die Fest- stellung der eigentlichen Stammes -Eigenthümlichkeiten. können je- 1000 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse doch nur weit zurück liegende Einflüsse in’s Auge gefasst werden. Dabei scheint mir in erster Linie die Sprache von Wichtigkeit zu sein. Hat diese auch bei den Sakalaven, wie ich nach den vor- liegenden Berichten annehmen muss, wesentlich malayische Grund- lagen, so wird man kaum zugestehen können, dass die Sakalaven, wie Hr. Grandidier will, indischen Ursprunges, und zwar von verhältnissmässig junger Herkunft seien; man wird vielmehr nicht umhin können, sie entweder als ein malayisches Volk zu neh- men, oder mit Waitz u. A. als ein Mischvolk von Malayen mit Schwarzen anzusehen. Da der dominirende Einfluss der Ho- vas, namentlich auf der Westküste, ganz neu ist, so kann die Ein- führung der malayischen Sprache daselbst nicht ihnen zugeschrieben werden. Vielmehr scheint mir nichts übrig zu bleiben, als die Annahme einer starken malayischen Einwanderung schon in älte- rer Zeit auch für die Westküste. Neben einer solchen Einwanderung wird aber auch ein zweites Element für den Aufbau des Volkes nicht entbehrt werden können. Alle Beobachter stimmen darin überein, dass die Sakalaven wahre Schwarze seien, sowohl der Hautfarbe, als den Haaren nach. Frei- lich kommen vielfache Variationen vor. Le Gentil nennt die Rasse tres-noire; sie habe de la laine a la tete, comme on dit; e’est-ä- dire des cheveux courts et tres crepus. Nach de Pag£&s haben sie crisped locks; ihre Hautfarbe sei fast schwarz, wenig verschieden von derjenigen der Eingebornen der Malabar-Küste. Ellis erklärt sie, wie schon angeführt, für das dunkelste Volk der Insel; ihr glänzendes schwarzes Haar sei oft lang, jedoch komme krauses (crisped) oder welliges (curly) Haar öfter unter ihnen vor, als bei den Bewohnern der anderen Bezirke. | Hr. Hildebrandt selbst nennt die Hautfarbe tiefbraun. In seiner, schon früher (Monatsberichte 1879. Juli. S. 550) der Aka- demie vorgelegten Liste über die physischen Eigenthümlichkeiten von 6 Sakalaven giebt er 3mal die Nummer 28 der Pariser Farben- tafel, 2mal die Nummern 28 und 29, Imal die Nummern 28 und 43 an. Keine dieser Nummern enthält wahres Schwarz oder auch nur die dunkelste Nuance der betreffenden Farbenreihe; im Allge- meinen sind es rothbraune oder schwarzbraune Nuancen. Dass die Farbe nicht immer schwärzer ist, als sie auch sonst auf der Insel. vor- kommt, geht daraus hervor, dass Hr. Hildebrandt dieselbe Farbe auch von einem Betsimisaraka und einem Antankä angiebt. Trotz- vom 13. December 1880. 1001 dem mag es richtig sein, dass die Sakalaven häufiger oder regel- mässiger eine dunklere Farbe besitzen, als die anderen Made- gassen. In Bezug auf die Haare führe ich eine Angabe des Hrn. Aurel Schulz (Zeitschr. für Ethnologie. 1880. Verhandl. der anthropol. Gesellsch. S. 190) an, welche mir besonders deshalb werthvoll er- scheint, weil Hr. Schulz in Port Natal geboren ist und einen grossen Theil von Südafrika durchstreift hat. Er sagt von den Sakalaven, welche er am St. Augustin-Fluss (Ong Läh£), also an ihrer Südgrenze kennen lernte, ihre Haare seien zum Unterschiede von allen Afrikanern wellenförmig-kraus. In jedem Falle, wo er spiralkrauses Haar in Madagaskar sah, habe er sich überzeugen können, dass der Träger afrikanischen Ursprunges war. Es würden von der Ostküste Afrikas viele Sklaven (Mokua) nach Madagaskar verkauft. Glücklicherweise hat Hr. Schulz von seiner Expedition auch Haarproben mitgebracht, und zwar acht von Sakalaven verschiede- nen Alters, eine von einem Mahafali-Mädchen. Von Hrn. Hilde- brandt selbst ist bis jetzt nur eine einzige Haarprobe eingegangen, und zwar von dem in seiner früheren Mittheilung (Monatsberichte 1879. S. 547) unter Nr. 8 aufgeführten Sakalaven, dem einzigen, von dem ich schon damals vermuthete, dass er von mehr gemisch- ter Rasse gewesen sei, da er allein unter den gemessenen Personen dolichocephal war und sich durch ein mehr gerades Gesichtsprofil und eine wenig breite Nase auszeichnete. Zur Vergleichung stehen mir sieben, gleichfalls von Hrn. Schulz mitgebrachte Proben des Kopfhaares von Zulus, sowie ein theil- weise noch mit Haar bedeckter Schädel eines in dem letzten Kriege mit Ketschwayo getödteten Zulu-Kriegers zur Verfügung. Ebenso acht verschiedene, schon früher von Hrn. Hildebrandt geschickte Haarproben von Somals. Diese Proben bestätigen vollständig die von Hrn. Schulz an- gegebenen Unterschiede des Sakalaven-Haars gegenüber dem Zulu- Haar. Schon die Gesammtanordnung ist ganz verschieden. Das Zulu-Haar ist ausgemachtes Wollhaar!): es besteht aus klei- !) Nach den Angaben des Hrn. G. Fritsch (Die Eingebornen Süd- Afrika’s. Breslau 1872. S. 126) kommt es freilich auch bei jungen Zulu- Burschen vor, dass ihr Haar „wild um den Kopf in dünnen verfilzten Sträh- nen liegt“. Unter den mir vorliegenden Proben findet sich keine der Art. 1002 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse nen, niedrigen, dicht an einander stehenden Röllchen von Büscheln eng aufgerollter, ver- hältnissmässig feiner und kurzer Haare. Auch die kleinsten Abschnitte der letzteren (Fig. 1) bilden enge Ringe oder offene Curven. Ganz anders das Sakalaven-Haar, welches lang und etwas stärker ist und im Grossen wellig erscheint. Freilich ist dasselbe vielfach - verfilzt und verwirrt, aber nirgends zeigt es auch nur die geringste Neigung zur Rollenbildung. Die einzelnen, bis zu 20°“ (Fig. 2) langen Büschel, um nicht zu sa- gen, Locken lassen sich leicht strecken; ja ia einem Falle, bei einem 8jährigen Knaben, ist das Haar fast gerade und nur ganz leicht gebogen (Fig. 3). Das Sa- kalaven-Haar hat unverkennbar eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Australier-Haar, dessen wellige und meist verzottelte Beschaffen- heit so viele Streitigkeiten darüber hervorgerufen hat, ob es kraus oder blos lockig oder gar glatt sei. Auch das Sakalaven - Haar ist mehr zottelig und wellig, als im engeren Sinne kraus. Nur die von Hrn. Hildebrandt einge- sendete Probe, welche von der rechten Kopfseite eines Mannes entnommen ist, zeigt eine gewisse. Annäherung an Wollröllchen; es ist sehr dunkel und besitzt en- gere und häufigere Windungen, als alle anderen Proben. Nichts desto weniger sind weder die ein- zelnen Haare so fein, noch die Röllchen so dicht und vollkom- men geringelt, wie an dem Zulu- Haar. Natürlich wird es weiterer Proben bedürfen, um zu ent- vom 13. December 1880. 1003 scheiden, wie es sich mit dem Haar der nördlichen Sakalaven ver- hält. Möglicherweise besteht eine wirkliche Verschiedenheit des- selben von dem Haar der südlichen Sakalaven, für dessen Beur- theilung die jetzt vorliegenden Proben ein meiner Meinung nach ganz ausreichendes Material darbieten. Das Somal-Haar steht einigermaassen in der Mitte zwischen dem Zulu und Sakalaven-Haar: es ist stärker ge- dreht, oft geradezu spiralig, aber zugleich lang, und es hat nicht das Mindeste vom eigentlichen Wollhaar an sich. Man kann es eben höchstens kraus nennen; einzelne Proben lassen sogar nur die Be- zeichnung „lockig* zu. Schraubenförmige Windungen zeigt nur das Haar eines 25jährigen Somali (Fig. 4). Im Ganzen steht daher das Somal-Haar dem sakala- vischen näher, als dem Zulu-Haar. Von einem 20jährigen Mahafali-Mädchen liegt eine aus schwarzem, kräftigem, krausem Haar be- stehende Locke von 21°®% Länge vor, welche von ein- zelnen Locken der Sakalava-Mädchen sich nur durch ihre etwas glattere Beschaffenheit und ihre schwär- zere Färbung unterscheidet. In Bezug auf die Farbe steht das Saka- laven-Haar zwischen dem Somal- und Zulu- Haar. Während das Somal-Haar für das blosse Auge ein reines, nur in zwei Proben ganz schwach gebräuntes Schwarz zeigt, welches schon bei l5jährigen Burschen stark entwickelt ist, erscheint das Zulu-Haar durchweg nicht rein schwarz, sondern mehr schwarzbraun, oder, vielleicht besser aus- gedrückt, dunkelbraunschwarz. Allerdings wird diese Schattirung, namentlich bei verheiratheten Frauen, sehr verstärkt durch die Ge- wohnheit, eine fettige, mit rothem Thon vermischte Schmiere in grosser Menge in die Haare einzureiben. Aber auch schon bei ganz zarten Kindern findet sich dieselbe Schattirung. Ich besitze Kopfhaar von einem einjährigen Zulu-Mädchen und von 5- und 7- jährigen Kindern: bei allen ist das Haar wollig, ganz dicht und kurz, und von braunschwarzer Farbe. Mit zunehmendem Alter steigt die Dichtigkeit der Färbung und damit das „Schwarz“, Bei den Sakalaven ist der Gesammteindruck etwas dunkler zuweilen fast rein schwarz. Aber die Mehrzahl der Proben zeigt bei genauerer Betrachtung ein mehr braunschwarzes Aussehen, und 1004 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse bei einigen haben die Spitzen geradezu eine braunröthliche oder noch hellere Färbung. Dies gilt namentlich von einem 10 jährigen Knaben, dessen Locke über 9°® lang ist und bei dem sich die Lichtung bis über die Hälfte der Längenausdehnung des Haares erstreckt. Auch bei einem 12jährigen Mädchen ist die braune Farbe der Spitzen sehr auffällig. Ob dies die Wirkung der Luft und des Lichtes ist, wie so oft bei unseren Kindern, oder ob eine künstliche Ätzung, wie sie bei vielen Naturvölkern Sitte ist, statt- gefunden hat, wage ich nicht zu entscheiden. Indess bin ich um so weniger geneigt, die zweite Alternative für wahrscheinlich zu halten, als die lichtere Färbung sich nur auf die Spitzen der ver- hältnissmässig langen Haare beschränkt. Übrigens finden sich bei der mikroskopischen Untersuchung auch unter den dunklen Haaren der Erwachsenen, z.B. denen eines 34jährigen Mannes, hellere, ja geradezu gelbliche Exemplare. Die Farbe des Sakalaven-Haares variirt aber in gewissen Grenzen. So besitze ich eine besonders schöne, wellige, (gestreckt) 19°" lange Locke eines 22jährigen Mannes, die rein schwarz erscheint, während die gleichfalls 13°” lange Locke eines 29 jährigen Mannes mehr braunschwarz aussieht. Die mikroskopische Untersuchung bestätigt diese Thatsache, nicht nur insofern, als, wie schon erwähnt, zerstreut lichtere Haare unter den dunkleren vorkommen, sondern auch insofern, als in den- jenigen schwarzen Haaren, welche nicht ganz undurchsichtig sind, zwischen den schwarzkörnigen Stellen ein brauner Ton hervor- schimmert. Diejenigen Haare, welche stark abgeplattet sind, sehen schwarz oder braunschwarz aus, wenn sie auf der Kante stehen, dagegen rein braun oder hellbraun, wenn sie auf der breiten Fläche liegen. Auf Querschnitten sieht man jedesmal das körnige Pigment in den Rindentheilen dichter gehäuft; es bildet daher einen Ring, innerhalb dessen bei nicht zu dünnen Schnitten das hellere Centrum als ein durch feinere Körnchen gleichfalls bräunlich oder gelblich gefärbter Raum erscheint. Die Pigmentkörnchen sind demnach mehr vertheilt im Querschnitt, in der Peripherie etwas weniger reichlich, als bei manchen anderen dunklen Haaren, in der Mitte dagegen reichlicher. Zuweilen sieht auch der peripherische Ring gelbbraun aus. Ein Markraum ist nur zuweilen vorhanden; wo er sich findet, ist er häufig discontinuirlich. Das Mark selbst ist vom 13. December 1880. 1005 manchmal schwarz, manchmal — in lichten Haaren — ganz farb- los oder gelbbraun. Auch bei dem Mahafali-Mädchen kommen braune Färbungen vor, jedoch sind sie stets sehr dunkel. Der corticale Pigmentring ist sehr dick, das farblose Centrum verhältnissmässig eng. Bei den Somals sind die Haare in der Regel ganz schwarz und undurchsichtig; nur bei wenigen Personen finden sich einzelne bräunlich durchschimmernde. Auf Querschnitten ist die Pigmenti- rung allerdings auch hier in der Peripherie stärker, aber auch das Centrum ist gewöhnlich nicht frei, sondern mit einzelnen Körnern durchsetzt. Die Grundsubstanz erscheint farblos. Das Pigment ist in der Regel schwarz, in nicht wenigen Fällen aber auch braun, zuweilen selbst gelbbraun. Ein Markkanal ist in der Seitenansicht selten wahrzunehmen; in Durchschnitten zeigt er sich in nicht sel- tenen Fällen als ein stark pigmentirter, aber sehr feiner Fleck. Endlich das Zulu-Haar erscheint vielfach gemischt. Bei Kin- dern sind die Haare schmal, theils hell, theils dunkel, manchmal mit unterbrochenen, jedoch schwarzen Markstreifen; bei Erwachsenen zeigt zuweilen dasselbe Haar, welches im Ganzen dichtschwarz und undurchsichtig ist, lichtere, mehr braune Stellen. Auf feinen Querschnitten ist die Grundsubstanz farblos; die Pigmentkörner, welche allerdings am Rande in dichterer Anhäufung sich befinden, sind doch im Ganzen mehr zerstreut durch die ganze Substanz, so dass kein eigentlich freier Raum vorhanden zu sein pflegt. Ihre Farbe ist vielfach schwarz, aber in nicht wenigen Fällen roth- oder gelbbraun. Es ist schliesslich über die Form des mikroskopischen Querschnittes zu sprechen. Derselbe ist bei allen diesen Völkern queroval oder abgeplattet, so jedoch, dass merkbare Unterschiede in der Häufigkeit und Stärke dieser Eigenschaft hervortreten. Unterschiede kommen übrigens auch in den einzelnen Volksstämmen vor. Bei den Sakalaven finden sich, z. B. bei dem jährigen Mädchen, ganz abgeplattete, schmale Haare, während sie bei einem anderen Mäd- chen dicker, unregelmässig viereckig (trapezoid) sind. Ein 29- jähriger Mann zeigt mehr rundlich eckige Querschnitte, ein 34jäh- riger fast bohnenförmige, wobei die convexe Seite stärker pigmen- tirt ist, als die concave. Im Ganzen ist das Sakalaven - Haar stärker und weniger bandartig, als das Neger-Haar. Auch bei dem 1006 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Mahafali-Haar wechseln länglich abgeplattete und rundlich eckige Formen. Bei den Zulus sind die Querschnitte viel constanter abgeplattet, und zwar zuweilen so regelmässig von beiden Seiten her, dass das Haar bandförmig wird. Häufig ist jedoch auch hier die eine Seite mehr platt, die andere schwach gewölbt. Gerundete Formen, über- haupt dickere Haare zeigen sich nur ganz vereinzelt. Auch hat die Mehrzahl der Durchschnitte geringere Durchmesser. Bei den Somals sind gleichfalls abgeplattete Querschnitte vor- wiegend, jedoch 'ist die Abflachung geringer, und die Breitseite hat fast immer eine gewisse Wölbung, so dass der reine Querschnitt linsenförmig aussieht. Rundliche oder eckige Formen sind seltener, kommen aber doch bis zu ähnlicher Dicke vor, wie bei den Saka- laven. Alles zusammengerechnet, wird man daher nicht umhin können zuzugestehen, dass das Sakalaven-Haar afrikanische Eigenthüm- lichkeiten an sich hat, jedoch weniger die der Zulu-Kaffern und der Bantu-Stämme, als vielmehr die der Nordost-Afrikaner. Ob man dies durch blosse Sklaven-Einfuhr erklären darf, möchte bezweifelt werden. Eine solche, und zwar durch Araber, ist auch schon von Le- guevel de Lacombe angegeben, aber schwerlich ist sie jemals so stark gewesen, um die ganze Rasse zu beeinflussen. Auch hat Waitz (a.a.0. 8. 428) mit Recht darauf hingewiesen, dass die Kaffern aller Schifffahrt und selbst des Schwimmens unkundig sind, also schwerlich auf eigene Hand ausgewandert sein würden. Man darf daher die Kaffern und die Bantu-Stämme in Zukunft von der Erörterung ausschliessen, und es würde nur die Frage bleiben, ob nicht Ostafrikaner von der äthiopischen Gruppe in grösserer Zahl eingewandert sind. An diese erinnern die Haarbeschreibungen von Ellis und Schulz in hohem Maasse. Dagegen wird es kaum möglich sein, das „wellenförmig-krause* Haar als eine malayische Erbschaft anzusehen. Aber bei der An- nahme einer malayischen Beimischung zu einer afrikanischen Rasse erklärt sich nicht nur die allgemeine Stammes-Eigenschaft, sondern auch die individuelle und vielleicht locale Variation am leichtesten. Waren die Malayen, wie noch heute (auch nach Hrn. Hildebrandt) die Hova!), straffhaarig und verhältnissmässig hell, so müssen sie 1) Hr. Grandidier (l.c. p. 1085) beschreibt sie folgendermaassen: des vom 13. December 1880. 1007 Elemente einer dunkleren kraushaarigen Rasse in sich aufgenommen oder sich denselben beigemischt haben. Dies konnte eine schon vorhandene, eigenthümliche Urbevölkerung sein; es konnten aber auch Afrikaner, ja möglicherweise auch Südaraber (Himyariten) sein. Denn es ist bekannt, dass diese nicht blos „wellig- krause“ Haare, sondern auch eine recht dunkle Haut besitzen. Ja, es lässt sich nicht leugnen, dass alle diese Elemente neben oder nach ein- ander in die Mischung eintreten konnten, und die Aufgabe der weiteren Forschung würde es Sein, nicht blos diese verschiedenen Elemente auseinanderzulösen, sondern auch die Stärke ihrer Bei- mischung zu bestimmen. Hier möchte ich zunächst bemerken, dass scheinbar gar kein Grund vorliegt, die Beimischung einer Zwergrasse bei den Saka- laven anzunehmen oder diese Leute mit Hrn. Bordier für klein zu erklären. Alle die angeführten Beschreibungen sprechen dagegen, und die von Hrn. Hildebrandt genommenen Körpermaasse haben für 6 Männer ein Mittel der Körperhöhe von 1654" (in maximo 1760, in minimo 1555”) ergeben, — freilich kein besonders hohes Maass, aber doch genügend, um jeden Gedanken an Pygmäen aus- zuschliessen. Nimmt man zu dem, was Hr. Schulz anführt, dass sie besonders breite Schultern haben !), die andere Thatsache, welche aus der Hildebrandt’schen Tabelle hervorgeht, dass unter 6 Sa- kalaven 4 gut entwickelte Waden hatten, so gewährt das sicherlich das Bild kräftig entwickelter Leute von mittlerer Grösse. Damit stimmen auch die Schädel überein. Bevor ich auf die Beschreibung derselben übergehe, will ich erwähnen, dass meines Wissens nur in Paris noch Sakalaven-Schädel existiren. Hr. Pru- ner-Bey (Mem. de la soc. d’anthrop. de Paris. 1865. T. II. p. 432) hat in einer Tabelle die gemittelten Maasse von 5 solchen Schädeln (ausser den Schädeln von 2 Frauen von Madagaskar und 3 Hovas) gegeben. Die sonst sehr detaillirten Angaben des Hrn. Bordier (l. ec. p. 439) enthalten leider keine Mittheilung über die specielle Herkunft der von ihm gemessenen madegassischen Schädel. Dagegen yeux allonges, des pommettes saillantes, des cheveux lisses et roides, un teint jaune, ne permettent pas le moindre doute sur leur origine asiatique. 1) Aus der Tabelle von Hrn. Hildebrandt berechnet sich eine Schul- terbreite von 445 "m jm Mittel, wobei freilich dreimal Zahlen von 422, 422 und 427®m vorkommen. 1008 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse haben die HHrn. de Quatrefages und Hamy (Crania ethniea. Paris 1878—1879. Liv. IX. p. 384, 386) wiederum die gemittelten Maasse der 5 Schädel von männlichen Sakalaven veröffentlicht. Sie führen an, dass einer dieser Schädel den wahren Bantu-Typus zeige, zwei andere sich der Hova-Form annähern. Leider haben sie nicht die einzelnen Messungen, sondern nur die Mittel gegeben, und zwar auch diese nicht rein, vielmehr unter Hinzunahme eines Schädels von einem Antschianaka. Sie führen dabei an, dass letzterer Stamm nördlich von den Hovas im Innern der Insel lebe und den Sakalaven (nach Mac&-Descartes) sehr ähnlich sei. Sowohl die Messungen, als die Abbildungen (Pl. XL. Fig. 3, 4) zeigen jedoch, dass dieser Schädel ungewöhnlich dolichocephal ist; sein Index wird zu 71,4 angegeben. Ich kann daher nicht umhin zu sagen, dass durch diese Zusammen- rechnung die erlangten Mittelzahlen stark beeinflusst sein müssen und dass dadurch der Werth dieser Mittelzahlen ein sehr proble- matischer wird. Von den sieben, durch Hrn. Hildebrandt übersendeten Schä- deln sind Nr. 1—3 schon in einem früheren Berichte desselben (Monatsberichte 1880. Febr. S. 214) erwähnt worden. Sie wur- den von ihm im December 1879 einer Gräberhöhle der zwischen Nosibe und dem Festlande, mehr gegen das Nordostende Mada- gaskar’s gelegenen Felseninsel Nosi-Komba entnommen. Diese Höhle befindet sich in den Strandfelsen dicht oberhalb der Brandung an einer möglichst unzugänglichen Stelle. Jedes Skelet war mit der Hälfte einer in der Mitte durchschnittenen Lakka (eines Baum- kahnes) bedeckt, deren Durchschnitt durch einen hölzernen Schieber verschlossen war. Nur eines war in eine Hülle aus brettartig ge- flachten Bambusstreifen, welche dem Königlichen Museum übergeben worden ist, eingelegt. Die anderen 4 Schädel (Nr. 5—7) stammen nach der Inschrift gleichfalls von Nosi-Komba, sind jedoch erst im Januar 1880 gehoben; aller Wahrscheinlichkeit nach sind sie aus derselben Höhle, da sich nach dem Berichte des Hrn. randt 20 Gerippe in derselben befanden. Einer dieser Schädel (Nr. 3), ein sehr jugendlicher, bei dem die Synchondrosis sphenooceipitalis noch ganz, die Synchon- droses condyloideae noch zum Theil offen sind, zeigt deutliche Einwirkungen einer occipitalen Abplattung und ist daher von einer Reihe vergleichender Betrachtungen auszuschliessen. Von den übrigen sind 4 (Nr.1, 5, 6,7) senil und zeigen zum Theil so be- vom 13. December 1880. 1009 trächtliche Veränderungen, namentlich eine so weit gehende Atrophie der Kieferknochen, dass die Gesichtsmaasse nur mit grosser Vor- ‚sicht zu benutzen sind. Die zwei übrigen (Nr. 2 und 4) haben, nach dem wenig abgenutzten Zustande ihrer Zähne zu urtheilen, Leuten aus jüngeren Jahren angehört, indess sind alle Synchon- drosen an ihnen geschlossen, und manche Erscheinungen, z. B. bei Nr. 2 eine Synostose der seitlichen Theile der Kranznaht, scheinen darauf hinzudeuten, dass die Leute älter waren, als man nach dem Zustande ihrer Zähne schliessen möchte. Zum mindesten dürften sie das Ende der zwanziger Jahre erreicht haben. Immerhin kann man sagen, dass Schädel von Leuten aus den mittleren Lebens- jahren überhaupt nicht darunter gefunden sind, und die Verwerthung der gefundenen Zahlen ist somit eine beschränkte. Künftige Beob- achtungen werden möglicherweise erhebliche Correcturen bringen. Meiner Auffassung nach sind zwei von diesen Schädeln (Nr.1 und 4) männliche, vier (Nr. 2, 5, 6,7) weibliche. Den deformirten jugendlichen wage ich nicht zu deuten. Immerhin ergiebt sich schon aus dieser Aufzählung, dass die gefundenen Maasse kleiner sein dürften, als sie dem Mittel der Bevölkerung entsprechen. Die Erhaltung der Schädel ist im Ganzen eine gute. Nur dem deformirten Schädel (Nr. 5) fehlt das ganze Gesicht. Alle ande- _ ren, mit Ausnahme von Nr. 1, haben keinen Unterkiefer, und da der einzige, scheinbar zu Nr. 1 gehörige Unterkiefer durch senilen Schwund auf das Äusserste verkleinert ist, so lässt sich über die Gesammterscheinung des Gesichtes wenig Genaues sagen. Ich be- merke nebenbei, dass im Innern mehrerer der Schädel sich eine grosse Menge dicht an einander gelegter und fest an die innere Schädelfläche angeklebter Eier befanden, welche nach der Meinung des Hrn. v. Martens entweder von Landschnecken oder von Gecko- nen herstammen müssen. Die Capaeität der sämmtlichen Schädel ist eine geringe, bei den weiblichen sogar zum Theil eine sehr kleine. Sie ergiebt im Mittel 1249 Cem., für die 2 männlichen 1327, für die 4 weiblichen 1202. Das Maximum, 1370 Cem., findet sich bei dem weiblichen Nr.7, das Minimum 1120 Cem., bei den beiden weiblichen Schä- deln Nr.5 und 6. Dem gegenüber fanden die HHrn. de Quatre- fages und Hamy für 6 männliche Schädel 1525 Cem., also ein so beträchtliches Maass, dass wir dadurch gehindert werden, die von mir gefundene Capaeität als zutreffenden Ausdruck der Rassen- [1880] 73 1010 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse eigenthümlichkeit anzusprechen. Rechnet man sämmtliche 13 Schä- del zusanımen, so würde die mittlere Capacität 1376 Ccm. betragen. Was dle Form angeht, so ergiebt sich zunächst ein Längen- breitenindex von Männer Weiber Mittel 79,3 75,0 76,4. Die Pariser Schädel lieferten einen gemittelten Index von 74,72, also nahezu 75. Sie hätten also als dolichocephal zu gelten, wenn nicht das vorher erörterte Bedenken bestände. Von meinen Schä- deln zeigt Nr.1 (8) das grösste Maass = 80,0, Nr.5 (9) das geringste — 72,0. Die Hälfte, nämlich ein männlicher und zwei weibliche, sind mesocephal, nur ein weiblicher ist dolicho- cephal, ein anderer weiblicher steht auf der oberen Grenze der Dolichocephalie, ein männlicher auf der unteren Grenze der Bra- chycephalie. Vergleichen wir damit die Messungen des Hrn. Hildebrandt an Lebenden, so sind dieselben der Annahme, dass die Sakalaven ein dolichocephaler Stamm seien, eben so wenig günstig. Nach seinen Zahlen berechnet sich im Mittel von 6 Männern ein Index von 82,2, also ein brachycephales Maass. Nur einer seiner Leute, und gerade derjenige, der auch sonst zu Zweifeln an seiner Reinheit Veranlassung bot (Nr. 8), war dolichocephal. Da über- dies drei von den Leuten am Kopf rasirt waren, so kann man kaum annehmen, dass ein erheblicher Irrthum untergelaufen ist; gerade diese rasirten Leute hatten Indices von 85,2, 81,2 und 83,9. Diesen Verhältnissen stehen die Indices der beiden männlichen Schädel von Nosi-Komba (80,0 und 78,6) ganz nahe. Erwägt man nun, dass wahrscheinlich das Mittel der Pariser Schädel durch den Index des einen, Bantu-ähnlichen und des hin- zugenommenen Antschianaka-Schädels sehr heruntergedrückt ist, so erscheint es correct, die Schädelform der Sakalaven als eine mehr mesocephale, vielleicht sogar zur Brachycephalie nei- sende anzunehmen. Ungleich mehr harmoniren die Höhenverhältnisse. Ich er- halte einen Längenhöhenindex von für Männer Weiber Mittel 76,8 73,9 74,8, während die HHrn. de Quatrefages und Hamy 75,27 angeben. vom 13. December 1880. 1011 Für die Vergleichung mit den Lebenden kann einigermaassen die auriculare Schädelhöhe (senkrechter Abstand des äusseren Ge- hörloches vom Scheitel) dienen. Ich erhalte einen Ohrhöhenindex von für Männer Weiber Mittel 65,5 64,0 64,5. Hr. Hildebrandt hat die auriculare Schädelhöhe in seiner Tabelle unter Nr. 14 gegeben. Darnach berechnet sich der Ohr- höhenindex für Ne. 1 alt 65,6 ” 2 ” 69,6 nd 730 ” d ” «1.0 n 7 „ 67,9 = & 2.4866,8 im Mittel auf 69,6. Diese Zahlen sind sicherlich zu gross, um mit denjenigen vereinigt werden zu können, welche am nackten Schädel gewonnen wurden. Immerhin sprechen sie gleichfalls für eine nicht geringe Schädel- höhe, und es ist sehr wahrscheinlich, dass man in diesem Sinne die Sakalaven-Schädel als orthocephal zu nehmen hat. Für den Breitenhöhenindex erhalte ich bei Männern Weibern im Mittel 99,4 98,4 98,7, jedoch mit nicht unbeträchtlichen Schwankungen. Die beiden männ- lichen Schädel ergeben 94,4 und 104,4, die 4 weiblichen schwan- ken zwischen 96,9 und 101,5. Für die Pariser Schädel ist die Zahl 100,73 angegeben. Dies sind sehr mässige Unterschiede. Wenn schon bei den Indices eine nicht geringe individuelle Variation bemerkbar wird, so ist dies noch viel mehr der Fall bei den Umfangsmaassen. Ich will in dieser Beziehung hauptsächlich auf die sagittalen Umfangsmaasse hinweisen. Hier zeigt sich eine so grosse Abwechselung in Betreff der einzelnen, das Schädel- dach zusammensetzenden Knochen, dass es kaum möglich ist, eine Regel aufzustellen. Bei dem deformirten Schädel Nr. 3 kommt noch der Umstand hinzu, dass er am Lambdawinkel ein grosses Os apieis besitzt, dass also die Länge der Pfeilnaht und der Um- 7937 1012 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse fang der Hinterhauptsschuppe überhaupt nicht als maassgebend be- zeichnet werden können. Berechnet man die Bruchtheile, mit denen die drei grossen Schädeldachabschnitte an der Bildung der Sagittal- eurve sich betheiligen, letztere — 100 gesetzt, so ergiebt sich fol- gende Tabelle: Scheitel- Hinter- bein haupt Nr. Alt 2 00 31,5 32;3 335. 2, 369.005 DU. 1 Bar — — LER. 35,7 29,4 35,0 32,4 32,4 34,8 BIST 27,6 35,8 » 3939 319 Mittel .> . Aalsa,s © .sa5. an Schädel Stirnbein I: na Daraus erhellt die Häufigkeit grosser Verschiebungen in dem Ver- hältniss von Scheitelbein und Hinterhauptsschuppe, während das Stirnbein ein relativ constantes Maass zeigt. Im Ganzen aber ist der Umfang der Hinterhauptsschuppe oder anders ausgedrückt, ihre Höhe durchschnittlich gross, dagegen der Mittelkopf verhältniss- mässig kurz. Offenbar ist dafür eine Compensation in der Breite eingetreten. Fast alle Breitendurchmesser des Schädels ergeben hohe Zahlen, am meisten die Tubera parietalia. Die grösste Breite liegt regel- mässig unterhalb der Tubera, jedoch nur dreimal an der Schläfen- schuppe (t). Der Frontaldurchmesser ist durchaus günstig und unter allen Maassen am meisten constant. Der Temporaldurch- messer erweist sich in merkbarer Weise bei den Männern grösser, als bei den Weibern. Dasselbe gilt von dem Aurieular- und dem oberen (an der Basis des Fortsatzes gemessenen) Mastoidealdurch- messer. Nur der anscheinend weibliche Schädel Nr. 7 kommt den männlichen in letzterer Beziehung gleich. Indem ich die übrigen Verhältnisse übergehe und deswegen auf die beifolgende Tabelle verweise, wende ich mich zu einer kurzen Besprechung der beiden, durch die Senescenz am wenigsten be- rührten Gesichtsregionen: der Nase und der Augenhöhlen. Was zunächst die Nase betrifft, so berechnet sich der Nasen- index | vom 13. December 1880. | 1015 für Männer Weiber Mittel auf 56,3 52,9 54,0, er ist demnach platyrrhin. Indess sind die Schwankungen sehr erheblich. In Wirklichkeit sind von den 6 Schädeln 4 mesorrhin, und nur 2 (Nr. 1 und 2) ausgesprochen platyrrhin, diese jedoch so stark, nämlich 60,7 und 55,8, dass dadurch das ganze Mittel hinaufgerückt wird. Es scheint mir, dass hier senile Einflüsse, namentlich am unteren Umfange der Apertur, mitgewirkt haben. Auch die HHrn. de Quatrefages und Hamy haben 52,94, also ein auf der Grenze zur Platyrrhinie stehendes Maass. Die Schädel von Nosi-Komba zeigen im Ganzen eine ziemlich übereinstimmende Nasenbildung. Nur einer (Nr. 2) macht eine er- hebliche Abweichung, die wohl individueller Natur ist, indem hier die Nasenbeine in hohem Maasse verkümmert sind (Taf. I. Fig. 1). Ich werde später die genauere Beschreibung geben. Bei den übrigen sind die Nasenbeine breit und kräftig; der Rücken ist mehr oder weniger, bei Nr. 1 stark, bei Nr. 4 nur wenig eingebogen und gegen das untere Ende hervorragend. Sehr charakteristisch ist der hohe Ansatz am Stirnbein; fast bei allen bildet die Sutura nasofrontalis einen über die Sutura maxillofrontalis hinauftretenden Vorsprung. Bei Nr. 7 ist diese Naht gebogen, bei Nr. 1 und 6 eben und breit. Hr. Hildebrandt beschreibt die Nase der Sakalaven im Nor- den in drei Fällen als platt und breit, in einem als breit und stumpf, in einem als stumpf und nur in einem als wenig breit. Nur bei diesem letzteren giebt er das Gesichtsprofil als gerade, bei allen anderen als negroid an. Hr. Schulz sagt von den Sakalaven des Südens, ihre Nase sei breit, aber prominirend; sie hätten nicht die flachen Nasen, wie man sie bei den Süd-Afrikanern finde. Auch seien ihre Lippen nicht so breit und wulstig, wie man es gewohnt sei, sie bei Kaffern zu sehen. Wenn auch hierin Hr. Hildebrandt scheinbar abweicht, indem er in allen sechs Fällen dicke Lippen und fünfmal einen grossen Mund verzeichnet, so ist dabei in Be- tracht zu ziehen, dass Hr. Schulz nicht die Dicke der Lippen an sich bestreitet, sondern sie nur für geringer hält, als bei den Kaffern. Immerhin wird man daher eine breite Nase und relative dicke Lippen als Eigenthümlichkeiten der Sakalaven annehmen dürfen. Damit nähern sie sich wenigstens einigermaassen den Afrikanern. Jedenfalls ist von einem stärkeren Prognathismus an den Schädeln von Nosi-Komba nichts zu bemerken. Da 1014 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse die Mehrzahl von ihnen senile sind und die Atrophie des Alveolar- fortsatzes am Oberkiefer auch die Gegend des Nasenstachels mit betroffen hat, so will ich auf den Gesichtswinkel (Ohrloch, Nasen- stachel, Nasenwurzel) kein zu grosses Gewicht legen. Derselbe ist durchweg ein spitzer, und gerade bei dem ganz normalen Schädel Nr. 4 erreicht er nur 70°. Hr. Hildebrandt giebt freilich durchweg eine prognathe Kieferstellung an, indess mag er ausser der Stellung der Knochen auch die der Lippen in Betracht gezogen haben. Die beiden einzigen Schädel, welche einen vollen Alveolarfortsatz besitzen, zeigen einen schwach vorspringenden Kieferrand (Taf. I und Il. Fig. 3); da der Alveolarfortsatz aber eine sehr mässige Höhe hat, nämlich nur 14"®, so zeigt die Seitenansicht durchaus nichts Negerartiges. Der Orbitalindex ergiebt in den Mittelzahlen sehr constante Resultate, nämlich für Männer Weiber Mittel 85,8 85,7 89,9, dagegen schwanken die Individualzahlen recht beträchtlich: bei den Männern zwischen 79,5 (bei Nr. 1) und 92,1 (bei Nr. 4), bei den Frauen zwischen 80 (bei Nr. 5) und 90 (bei Nr. 6). Die Pa- riser Zahl lautet 89,74, nähert sich also derjenigen meiner Schädel Nr. 4 und 6. Nach meiner Eintheilung würde der sakalavische Orbitalindex im Ganzen ein hypsikoncher sein. Dabei muss ich einer Eigenthümlichkeit gedenken, welche die Fissura orbitalis inferior (sphenomaxillaris) darbietet. Dieselbe ist bei der Mehrzahl der Schädel von ungewöhnlicher Grösse und Gestalt. Sie beginnt hinten schmal, erweitert sich dann, namentlich von der Einmündung des Infraorbitalkanals an, mehr und mehr, um schliesslich mit einer, bis zu 5 und 6" brei- ten, zuweilen noch wieder mit kleineren secundären Ausläufern versehenen Ausbuchtung nach vorn zu endigen. Dem entsprechend zeigt sowohl der Oberkiefer an seiner sphenomaxillaren Fläche, als auch das Wangenbein eine tiefe Einkerbung. Die äussere untere Wand der Augenhöhle gewährt in Folge davon einen sehr abwei- chenden, wie durchlöcherten Anblick, der durch eine stärkere Aus- biegung der Augenhöhle gegen das Wangenbein hin noch erhöht wird. Über die Gesiehtsform im Ganzen zu urtheilen, ist nach der Beschaffenheit der Schädel, namentlich bei dem Mangel guter vom 13. December 1880. 1015 Unterkiefer und bei der eminent senilen Veränderung der meisten Schädel, unmöglich. Beschränkt man sich auf die zwei Schädel von jüngeren Erwachsenen, so erhält man einen Mittelgesichts- index (Malarbreite = 100) für Nr. 2 von 70,4, für Nr. 4 von 68,0. Die Betrachtung der Vorderansicht (Taf. I und II. Fig. 1) lehrt, dass das Mittelgesicht (Nasenwurzel bis Alveolarrand) eine mässige Höhe und Breite hat. Die beträchtliche Schädelhöhe drückt das Gesicht entschieden, und da zugleich die hohen Augenhöhlen einen grossen Theil des Raumes wegnehmen, so bleibt für den ma- xillaren Antheil ein verhältnissmässig beschränkter Platz. Die Jochbogen stehen stark hervor und sind beträchtlich gebogen; die Seitentheile des Gesichtes werden dadurch um ein Beträchtliches verbreitert. Sehr charakteristisch scheint mir der harte Gaumen zu sein. Leider ist bei der Mehrzahl der Schädel von Nosi-Komba von einer Form des Gaumens nichts mehr zu erkennen, da der senile Schwund gerade diesen Theil in stärkster Weise getroffen und verändert hat. Die beiden gut erhaltenen Schädel (Nr. 2 und 4) geben einen Gau- menindex von 68,6 und 61,1, sind also leptostaphylin. Auch die Pariser Schädel lassen eine niedrige Zahl, 70,1, berechnen. Unser Schädel Nr. 7, obwohl in Folge der Altersveränderungen nicht un- beträchtlich verändert, und daher nicht zum Messen geeignet, lässt doch noch deutlich dieselbe lange, gestreckte Gestalt des Gaumens er- kennen. Die Gaumenplatte liegt tief zwischen den Zähnen. Letztere sind gross und sehr regelmässig. Sie bilden eine gestreckte Ourve, welche nach vorn regelmässig gewölbt ist, während ihre Schenkel lang und gestreckt sind. Bei Nr. 2 (Taf.I. Fig. 5) nähern sich die hinteren Enden der Schenkel einander ein wenig; bei Nr.4 (Taf. II. Fig. 5) verlaufen sie fast parallel. Durch diese Eigenthümlichkeit unterscheiden sich diese Schädel wesentlich von den australischen, nähern sich dagegen den afrikanischen. Beiläufig will ich hinzu- fügen, dass an den Flügelfortsätzen des Keilbeins die äussere La- melle meist stark ausgebildet ist. Bei Nr. 1 bildet sie auf der rechten Seite ein sogenanntes Foramen Civinini. Die Basis ceranii erscheint im Ganzen mehr breit, als lang. Namentlich ist das Hinterhaupt kurz und dick (Taf. I und II. Fig. 5); seine horizontale Länge beträgt bei 3 Schädeln mehr als ein Viertel der grössten Länge, bei drei anderen weniger, im Mittel 25,8 pCt.: 1016 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 24,4 Schädel Nr. 1 R „09 27,5 N sr alskry.ae aaa & Han al (UNE are B „6 29,4 » „7 22,7. Sonderbarer Weise sind die Maasse der männlichen Schädel (Nr.1 und 4) kleiner, als die der meisten weiblichen. Der hinten abge- plattete kindliche Schädel ergiebt nur 21,8 pCt. | Die vordere Länge der Basis (Foramen magnum bis Nasen- wurzel) ist merkwürdig constant. Bei 4 Schädeln misst sie 99, bei einem 97, bei einem 101 und bei einem 103"%®, Ihr Verhält- niss zur Gesammtlänge des Schädels beträgt im Mittel 56,6 pCt., also etwas mehr als die Hälfte. Die Einzelmaasse sind folgende: Schädel Nr. 1 55,0 & ee) 56,9 R en nn 3 x ee ee nee » „9 94,3 » „ 6 96,0 R ur 572. Schon aus der Vergleichung dieser Maasse mit den vorher auf- geführten oceipitalen folgt eine relative Länge des Foramen magnum. In der That ist dasselbe nicht blos bei den meisten Schädeln lang, sondern auch breit. Nur Nr. 6 macht eine Aus- nahme davon; es ist ungewöhnlich eng und sein Index erreicht die hohe Zahl von 96,9. Bei Nr. 2 und 4 (Taf. Iundll. Fig. 5) und bei Nr.5 hat das Loch hinter den Gelenkhöckern eine mehr gerundete, bei Nr. 1 und 7 eine ovale, ausgezogene Form. Namentlich bei Nr.7 ist das Loch ungemein lang gestreckt; sein Index beträgt nur 76,9. Der mittlere Index ist 85,8. Bei Quatrefages und Hamy be- rechnet sich derselbe auf 83,7. Dabei ist noch besonders zu erwähnen, dass die Gelenkhöcker des Hinterhauptes durchweg sehr kräftig entwickelt sind und be- deutend vortreten; sie sitzen bei allen weit nach vorn am Umfange des Hinterhauptsloches und haben grosse, stark gewölbte, besonders nach hinten sehr ausspringende Flächen. vom 13. December 1880. | 1017 Es würde vermessen sein, aus den mitgetheilten Thatsachen schon jetzt bestimmte Schlüsse in Bezug auf die Rassenangehörig- keit und die ethnologische Mischung der Sakalaven zu folgern. Die Zahl der Völker, welche in Betracht kommen, ist zu gross, um bei der mangelhaften Kenntniss über die physischen Merkmale mehrerer derselben diejenigen sicher zu bezeichnen, welche hauptsächlich in Vergleich zu ziehen wären. Das jedoch lässt sich bestimmt aussagen, dass die Sakalaven, vielleicht vereinzelte Fälle ausgenommen, trotz ihrer dunklen Hautfarbe keine nähere Verwandtschaft zu den Kaffern und den Bantu-Völkern überhaupt zeigen. Weder ihr Haar, noch ihr Schädel stimmt damit überein. Dasselbe gilt, soweit ich sehe, auch gegenüber den Makuas, deren Name sich nach der früher erwähnten Angabe des Hrn. Schulz an die importirten Sklaven knüpft. Nach den Mittheilungen der HHrn. de Quatrefages und Hamy (Crania ethnica. Liv. IX. p.381) befinden sich 5 Schädel von diesem Stamme, der in den Gebirgen nördlich vom Zambeze wohnt, in den Pariser Sammlungen. Einer derselben ist von ihnen abgebildet (Pl. XL. Fig. IHI—IV). Es ist ein langer Schädel, dessen Hinterhaupt ganz entschieden von dem unserer Sakalaven verschieden ist. Die grosse Breite der Stirn und der Nasenwurzel, die tiefe Stellung der Nasenbeine im Verhältniss zur Stirn, die Länge des Mittelhauptes sind weitere, recht auffällige Unter- scheidungsmerkmale. Die Pariser Gelehrten rechnen die Makuas zu den Bantu - Stämmen. Sie erkennen die Verschiedenheit der Sakalaven von den Stämmen jenseits des Kanals an: die Köpfe der ersteren seien etwas kürzer und breiter (un peu plus raccoureis et plus dilates), wenigstens in gewissen Punkten ihres Querumfanges; auch böten die Gesichtsknochen gewisse, wenngleich secundäre Unterschiede dar. Dagegen sind manche Anzeichen einer Verwandtschaft der Sa- kalaven mit den weiter nördlich wohnenden, ostafrikani- schen Stämmen zu verzeichnen gewesen. Haut, Haar und Kno- chenbau haben uns Anhaltspunkte für eine solche Auffassung ge- liefert. Wie viel arabische Beimischungen beigetragen haben, muss um so mehr dahingestellt bleiben, als derartige Beimischungen auch bei den Ostafrikanern nicht abgewiesen werden können, ohne dass es bis jetzt auch bei diesen gelungen wäre, die einzelnen Elemente aus einander zu lösen. Noch viel zweifelhafter ist die Frage über die Betheiligung 1018 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse malayischer Elemente. Es lässt sich nicht in Abrede stellen, dass der Einfluss einer glatthaarigen Rasse auf eine kraushaarige wesentlich dazu beigetragen haben mag, das Sakalaven-Haar zu strecken. Denn es ist eine Erfahrung, die mir Hr. Peters nach seinen Erfahrungen in Ostafrika namentlich für die Mischung von Indiern mit Negern bestätigt, dass die Mischlinge aus einer solchen Verbindung den indischen Einfluss viel stärker zeigen, als es bei Mischlingen aus der Verbindung von Europäern mit Negern in Be-. zug auf den europäischen Einfluss der Fall zu sein pflegt. Auch im Schädelbau nähert sich der Sakalave den malayischen Stämmen. Wenn ich daher die aus linguistischen Gründen so nahe liegende malayische Beimischung als möglich anerkenne, so möchte ich doch vorläufig über diese Möglichkeit nicht hinausgehen. Wüssten wir genau, wie sich die Verhältnisse bei den Hovas darstellen, so würde auch für die übrigen Stämme ein etwas siche- rerer Anhalt gewonnen sein. Indess fehlt es namentlich an Hova- Schädeln in empfindlichem Maasse. Nur in Paris giebt es 4 Stück davon; da jedoch einer derselben eine occipitale Abplattung besitzt, so beschränkt sich das messbare Material auf 3 (de Quatrefages et Hamy l.c. p. 385), nämlich auf 2 weibliche und einen männlichen. Bei beiden Geschlechtern ist der Längenbreiten- und Längenhöhen- index gleich, 76,74 für den männlichen, 78,08 für die weiblichen. Der Nasenindex beträgt 69,76 für den männlichen, 57,44 für die weib- lichen Schädel; der Orbitalindex 94,73 für den ersten, 89,18 für die weiblichen. Diese Zahlen stehen den von mir für die Sakalaven gefundenen sehr nahe; selbst der Umstand, dass auch unter den Schä- deln von Nosi-Komba einer mit starker oceipitaler Abplattung ver- sehen ist, trifft in auffälliger Weise zu. Wenn die HHrn. de Quatre- fages und Hamy dem gegenüber finden, dass die Betsimsarakas mehr Neger seien, als die Sakalaven, und ihnen Hypsistenocephalie, Verschmälerung der Stirn, relative Parietalweite zuschreiben, so muss _ ich vorläufig die Allgemeingültigkeit dieses Resultates beanstanden, weil die sexuellen Differenzen der fünf, in Paris befindlichen. Betsim- sarakas-Schädel zu grosse sind, um ein sicheres Mittel zu gewähren. Wo der weibliche Schädel im Mittel aus 2 Exemplaren 76,30, der männliche nach 2 Exemplaren 71,89 als Längenbreiten-, dagegen der erstere 71,67, der letztere 76,21 als Längenhöhenindex ergeben, da lässt sich über die typische Form nicht wohl ein Urtheil abgeben. Der einzige, in Paris befindliche Schädel eines Antanka (vom Nor- vom 13. December 1880. 1019 den der Insel), der einen Längenbreitenindex von 77,45, einen Längenhöhenindex von 73,98 besitzt, scheint mir, im Zusammenhalt mit den übrigen Thatsachen, nur zu beweisen, dass mesocephale Formen unter allen Stämmen Madagaskars reichlich ver- treten sind, und dass daher analoge Einflüsse sich auf sie alle, wenigstens soweit sie bis jetzt bekannt sind, erstreckt haben. Chinesische oder überhaupt mongolische Beimischungen habe ich nirgends zu erkennen vermocht. Auch indo-arische Ein- flüsse lassen sich nicht direct erkennen. Trotzdem möchte ich mir darüber das Urtheil vorbehalten; ich kann nicht leugnen, dass im Schädel- und Gesichtsbau Anklänge an indische Formen bemerk- bar sind. Neben solchen Anklängen noch weitere oceanische Elemente aufzusuchen, dürfte gewagt sein. Polynesische Formen kommen hier überhaupt nicht in Betracht, da sie der malayischen Rasse angehören und als besondere nicht erkannt werden würden. Es würden also nur melanesische oder Negritoformen zur Erörte- rung stehen. Darauf einzugehen, muss ich so lange verschieben, bis bestimmte Punkte bezeichnet sind, welche eine derartige Zu- mischung wahrscheinlich machen. Auf die Ähnlichkeit des Saka- laven-Haares mit dem australischen habe ich hingewiesen, aber ebenso bestimmt muss ich jede Vergleichung des Sakalaven - Schä- dels mit dem australischen von der Hand weisen. In Bezug auf die Negritos und ihre Anverwandten finde ich gar keine Verglei- chungspunkte. Was endlich die vermutheten Autochthonen anbetrifft, so wissen wir von ihren physischen Eigentbümlichkeiten trotz der sehr be- stimmten Behauptungen des Hrn. Grandidier noch gar nichts. Ein praktisches Bedürfniss, auf sie zurückzugehen, um die Beson- derheit der Sakalaven zu erklären, liegt nicht vor. Die angeführten Rassen genügen mehr als erforderlich, um aus ihnen einen Misch- typus dieser Art hervorgehen zu lassen, und es ist eine alte For- derung der Naturwissenschaft, über das Bedürfniss hinaus keine neuen Prämissen für die Interpretation aufzustellen. — Zum Schluss gebe ich noch eine kurze Beschreibung der bei- den, in den Abbildungen dargestellten Schädel: 1) Nr. 2 (Taf. I). Ein weiblicher, verhältnissmässig schwerer, recht wohl erhaltener Schädel ohne Unterkiefer, sonst bis auf den Mangel der Schneide- und einiger linker Backzähne vollständig un- 1020 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse versehrt. Seine Farbe ist weisslich, an der linken Seite fleckig bräunlich; am unteren Theile des linken Parietale, über dem Ohr, zeigt sich ein hellgrüner, rundlicher, diffuser Fleck, etwa 2,5°® im Durchmesser, offenbar von einem Kupfer- oder Messingzierrath herrührend. Die Zähne waren, einschliesslich der Weisheitszähne, vollständig; ihre Kronen sind so wenig angegriffen, dass man das Individuum für jünger halten müsste, wenn nicht die Synchondrosis sphenooceipitalis ganz geschlossen und ausserdem eine umfangreiche temporale Synostose ohne grössere Verengerung der Schläfen- gegend vorhanden wäre; letztere Synostose betrifft beiderseits die Sutura sphenofrontalis, den unteren Theil der Coronaria und die Sutura sphenoparietalis. Die einzige sonstige Abweichung dieser Region ist eine grubige Vertiefung, welche sich jederseits in der Gegend des obliterirten Augulus parietalis zeigt, — eine schwache Andeu- tung von Stenokrotaphie. Alle anderen Nähte sind intact und verhältnissmässig einfach; nur in der seitlichen hinteren Fontanell- gegend liegen jederseits einige, in die Hinterhauptschuppe eingrei- fende Schaltknochen. Das rechte Emissarium parietale fehlt, das linke ist erweitert und der Pfeilnaht genähert; dafür sind an der Squama oceipitalis anomale Emissarien, namentlich nahe dem Fo- ramen magnum und hinter dem linken Warzenfortsatz. Der Schädel hat kaum 1200 Cem. Inhalt, ist also kleiner, als er erscheint. Seiner Form nach ist er hypsi-mesocephal, wenn- gleich der Dolichocephalie nahe stehend. Sein Breitenindex beträgt 75,9, sein Höhenindex 77,0. Zieht man die starken tempo- ralen Synostosen in Betracht, so liegt die Vermuthung sehr nahe, dass er ohne dieselben dolichocephal geworden wäre. Auch andere Verhältnisse, namentlich des Gesichtes, deuten auf eine stärkere Dosis afrikanischer Beimischung hin. In der Oberansicht (Fig. 4) erscheint der Schädel lang oval, nach hinten etwas verjüngt, nur wenig phaenozyg. Die Seitenansicht (Fig. 3) zeigt eine nach vorn verlängerte, ziemlich flache Scheitel- curve. Die Vorderstirn ist niedrig und voll, ohne alle Glabellar- vertiefung und mit schwach: vortretenden Tubera; Supraorbital- wülste fehlen gänzlich, nur die Gegend über der Nase ist mehr gewölbt. Hier erkennt man Reste der alten Stirnnaht. Jenseits der Tuberallinie tritt eine schnelle Biegung der Curve ein, obwohl noch ein langes Stück Hinterstirn sich anschliesst. Ebenso schliesst nach hinten die parietale Tuberallinie; von da tritt ein schneller om. 13. Decembir. 1880. 1021 Abfall ein: das Hinterhaupt springt wenig vor, seine stärkste Aus- biegung liegt an der Spitze der Oberschuppe. Die Plana temporalia sind sehr ausgedehnt; die stark abgesetzte Schläfenlinie schneidet die Scheitelhöcker und erreicht die Lambdanaht. Trotzdem beträgt die Distanzcurve zwischen denjenigen Punkten der beiden Schläfen- linien, welche sich einander am meisten nähern, noch immer 130", Die Schläfenschuppen sind stark abgeplattet. In der Hinteransicht sieht der Schädel leicht fünfeckig aus. Die Tubera parietalia treten stark vor, das Schädeldach zwischen ihnen ist breit gewölbt, die Seitentheile unterhalb der Tubera ziem- lich gerade abfallend, nach unten schwach convergirend, die untere Linie fast horizontal. Die Oberschuppe tritt hoch herauf, obwohl der Lambdawinkel sehr stumpf, ja fast flach ist Eine eigentliche Protuberanz fehlt, dagegen sind die Lineae occip. super. et infer. sehr deutlich und namentlich der Raum zwischen ihnen stark vertieft. Einen Fingerbreit über der Gegend der Protuberanz liegt eine flache Grube, darüber eine Querfurche (Taf. I. Fig. 2). In der Unteransicht (Fig. 6) überwiegt der Eindruck der Kürze und Breite. Sämmtliche Fortsätze, namentlich Warzen-, Griffel- und Flügelfortsätze kräftig, letztere mit stark verlängerter äusserer Lamelle. Foramen magnum gross, nur durch die sehr stark vor- tretenden, weit nach vorn gelegenen Gelenkhöcker etwas verengt; sein hinterer Abschnitt breit und gerundet. Der Rand ist hinten stark hyperostotisch, vorn dagegen durch eine rundliche Furche verdünnt. Apophysis basilaris mehr flach gelegen, breit und abge- plattet. Sehr tiefe Gelenkgruben für den Unterkiefer. | Das Mittelgesicht (Fig. 1) ist eher kurz und schmal. Durch die Grösse der Augenhöhlen wird es noch mehr gedrückt. Die Joch- bogen treten wenig vor, dagegen erscheint in der Vorderansicht die (frontale) Scheiteleurve sehr hoch und dadurch der eigentliche Gehirn- antheil des Schädels gegen den Gesichtstheil sehr bevorzugt. Die Augen- höhlen sind gross, auch hoch, etwas schräg nach aussen und unten erweitert, hinter dem Eingang weiter, als in demselben. Die Incisura supraorbitalis fehlt beiderseits, dagegen ist eine Incisura infra- orbitalis, fast senkrecht über dem Foramen infraorbitale, im Rande des Oberkiefers vorhanden. Der Eingang zum Thränenkanal ist weit. Ebenso sind beide Fissuren sehr weit, namentlich die untere, welche sich nach vorn hin zu einer ganz breiten Spalte erweitert, 1022 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse die bis in das Wangenbein eindringt und hier mit einer secundären, nach oben und hinten gerichteten Spitze endigt. | Die Nase ist, wie schon erwähnt, ganz abnorm, wegen der defecten Beschaffenheit der Nasenbeine. Letztere sind oben am Frontalansatz, wo sich noch ein kleiner spitzer Schaltknochen ein- schiebt, zusammen nur 2" breit. Der Rücken ist ganz tief einge- bogen und erhebt sich erst gegen das Ende wieder. Die gerade Entfernung der Spitze von dem Ansatz misst nur 15", die gerade Breite am Ende 10”®, Dem entsprechend schiebt sich eine Aus- buchtung der Apertur noch eine ganze Strecke weit zwischen den Stirnfortsätzen des Oberkiefers hinauf (Fig. 1). Es handelt sich hier also um eine wirkliche Mikrorrhinie. Wäre die Nase nicht absolut zu niedrig, so würde bei der verhältnissmässigen Schmal- heit der Apertur keineswegs ein so platyrrhiner Nasenindex sich berechnen, als es hier der Fall ist, nämlich 55,8. Der Oberkiefer im Ganzen ist eher klein zu nennen. Nur seine Frontalfortsätze sind breit und greifen hoch in das Stirnbein ein. Sehr abweichend ist die hohe Lage der Foramina infra- orbitalia, welche ganz nahe unter dem Orbitalrande, und zwar unter der erwähnten Incisur, liegen. Die Fossae caninae sind tief, jedoch ganz ausserhalb des Bereiches der Foramina infraorbitalia. Der Alveolarfortsatz, obwohl kurz, tritt doch stark vor und zeigt sehr grosse Schneidezahn -Alveolen. Die Zähne überhaupt sind gross. Ihre Curve ist lang und leicht divergirend; nur in der Ge- gend der Weisheitszähne nähern sich die Schenkel einander wieder um ein Geringes. Die Gaumenplatte liegt tief und ist sehr uneben; ihre Form ist mehr lang und schmal. Das Wangenbein ist zierlich und tritt nur wenig vor. Das einzig Abweichende ist ein schmaler Fortsatz, der sich längs des unteren Orbitalrandes bis in die Nähe der erwähnten Ineisur vor- schiebt. 2) Der Schädel Nr. 4 (Taf. II) ist gleichfalls sehr weiss und schwer, und nur an der gewölbten Fläche mit braunen An- flügen bedeckt. Es ist ein offenbar männlicher Schädel von kräf- tiger Bildung, jedoch mässiger Capaeität (1305 Cem.), durchweg gut erhalten, nur sind die Schneidezähne nachträglich ausgefallen und der Unterkiefer fehlt. Die Zähne waren alle vorhanden, aber ihre Spitzen sind fast gar nicht abgenutzt. Die ganze muskelfreie Fläche des Schädeldaches ist mit weisser, porotischer Hyperostose über- be ne Be TE vom 13. December 1880. 1023 zogen; Zeichen derselben finden sich auch an den Stirnwülsten, den Jochbeinen u.s.w. Die Form des Schädels ist ausgemacht hypsi- mesocephal (Breitenindex 78,6, Höhenindex 82,1). Die Nähte sind durchweg erhalten, wenig gezackt, die Coro- naria etwas klaffend. Die Pfeilnaht kurz. An der Lambdaspitze ein kleiner dreieckiger Fontanellknochen. Nur das rechte Emissa- rium parietale vorhanden und der Naht sehr genähert, dagegen srosse Gefässlöcher hinter dem Foramen magnum und den Warzen- fortsätzen. In der Oberansicht (Fig. 4) erscheint der Schädel etwas schief, namentlich hinten und rechts etwas gedrückt. Er bildet ein stumpfes breites Oval und ist ausgemacht phaenozyg. In der Seitenansicht (Fig. 3) sieht der Schädel sehr hoch, da- gegen etwas kurz aus. Die Stirn etwas zurückgelehnt, aber hoch; die Vorderstirn breit und voll, ohne Glabellar -Vertiefung, mit schwachen Supraorbitalwülsten, dagegen flach vorgewölbtem Nasen- theil. Tubera frontalia mehr verstrichen. Hinterstirn lang und an- steigend, daher die Coronaria stark zurückgeschoben. Die Schläfen- theile des Stirnbeins etwas vorgewölbt. Die Scheitelcurve ist stark sewölbt; schon vor der parietalen Tuberallinie beginnt der Abfall zum Hinterhaupt, dessen stärkste Vorwölbung an der Spitze der Oberschuppe liegt. Die Plana temporalia sind sehr gross; die Li- nea semic. tempor. schneidet das Tuber pariet. und überschreitet die Lambdanaht. Die Schläfenschuppe ganz platt, die Ala tempo- ralis gross, namentlich breit. In der Hinteransicht (Fig. 2) ist die Höhe noch auffälliger. Der Durchschnittscontour ist leicht ogival: die Tubera parietalia treten deutlich vor, zwischen ihnen ist das Schädeldach jederseits etwas abgeflacht, unter ihnen liegen die ziemlich platten, leicht con- vergirenden Seitenflächen, welche nur gegen die Warzengegend hin sich etwas verdicken. Die Hinterhauptsschuppe ist hoch und breit, die Protuberanz schwach, die Linea semie. superior dagegen stark und auch die suprema erkennbar. Die Unteransicht (Fig. 5) lässt die Kürze und Breite der Bil- dung mehr hervortreten. Die Warzenfortsätze sind kräftig, die Ge- lenkhöcker gross, weit nach vorn angesetzt, mit ihren Gelenkflächen nach aussen und hinten gewendet. Das Foramen magnum ist gross und sein hinterer Abschnitt fast kreisförmig (Index 87,5). Apo- physis basilaris flach gestellt und abgeplattet, mit einer trichter- 1024 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse förmigen Öffnung in der Gegend der geschlossenen Synchondrosis sphenooceipitalis. An den kräftigen Flügelfortsätzen des Keilbeins sehr weit ausgelegte und mit grossen Haken versehene äussere Blätter. Tiefe Gelenkgruben für den Unterkiefer. In der Vorderansicht (Fig. 1) dominirt auch hier der Gehirn- antheil, der hoch und breit hervortritt. Die stark ausgebogenen Jochfortsätze geben zugleich dem Gesicht mehr Breite. Sonst ist ist das Mittelgesicht weder breit, noch ungewöhnlich hoch (Index 68); auch hier nehmen die sehr grossen, namentlich hohen Orbitae viel von dem Raume weg. Letztere haben einen Index von 92,1. Die Ineisura supraorbitalis ist jederseits, links sogar doppelt vor- handen, dagegen fehlt die bei Nr. 2 angetroffene Ineisura infraorbi- talis 1). Die Fissura sphenomaxillaris ist sehr weit, namentlich von der Abzweigung des Infraorbitalkanals an; ihr vorderes Ende bildet eine weite Bucht, welche bis in das Os zygomaticum eingreift. Die Nase ist gross, namentlich hoch (52"%®), die Nasenbeine sind breit und lang (22”" in gerader Richtung), der Rücken nur wenig eingebogen, am Ende vortretend, aber mehr gerundet. Die Sutura naso-frontalis breit und hoch, weit über die Sutura maxillo-frontalis hinaufreichend. Grosse, besonders hohe Apertur. Daher hat dieser Schädel den kleinsten Nasenindex (51,9) unter allen. Der Oberkiefer ist sehr kräftig und in allen Theilen stark aus- gebildet. Der Stirnfortsatz ist breit, die Fossa canina sehr voll. Die Ausmündung des Infraorbitalkanals ungewöhnlich in die Breite gezogen und ganz nahe unter dem unteren Orbitalrande. Der Al- veolartheil sehr kräftig und besonders in der Mitte, trotz sehr niedriger Höhe (14%”), stark vortretend. Der horizontale Umfang des Zahnrandes beträgt 155""®. Die Zähne sind gross, namentlich die Eckzähne. Von den Molaren ist I am grössten. Aussen sind die Zahnkronen mit einem dicken schwärzlich -braunen Anfluge versehen. Der Gaumen liegt sehr tief, er ist wesentlich lang, aber leptostaphylin (Index 61,1). Die Zahncurve ist sehr lang, vorn gut gewölbt, hinten mit ganz schwach divergirendem, fast parallelem Verlauf der Schenkel. 1) Dieselbe ist auch sonst bei keinem anderen der Sakalaven- Schädel vorhanden. 12) S “ zor « = 77 ol ol ERdT 174 JELS\E “nr « 90oL Br [7 OcL SICHT « 2 En e 6OL roIL Zorn « Gel GeI « 3 dossgwgpınpfendLndg 901 EZ: 7 Tot L&L 19SS9W 2 © oe ER, E ezI “ co a g J yoıanppegorreg (dfeıoyer]) {e) % [74 678 cc 66 6 77 +6 e h in stL dossowuyoanpferodwoL vrE ©.[ee cc c6 96 RENTE) s cc 028 pr “ 6FE ec uıosnpreguorg (91ajunm) 60I 0 sr ee 98 648 usdogfeyirses IOzurd [4 es “ Gl ee | IElae sor ill addnyos < 6 Frl ‘s GzT i 7 01T e a E -sydneyrojurm op « & x GL r 0% er » ITL Puragq Y 7 oTE er el cl & scı 177 Ya Zr -9MWS AOp « Q 33% “ 06% “c = ZTI SH@t su = S “ 16r “ 1g+ « Nas eos © g0g « up SS cc 7 : S “ III 2 e 067 e6rF 7 1ıF er 2 058 SugjuneytlIo A A9IONP) N [74 Or sıl “ 6 Zt 787 c0g = ’ a 98T “er «c I . sIL “ #1I “ SUR JE EDZEIDER ( 7 oT Le er As = GLl u e 2) 681 ( ) = I ze 7 OyOH-IenILmMVy an 2 o8I (32) “ TeT cc 5 TEIL ’ ac - = -wpT O8I "UN ELT En GET u © ger «zer R eyaH Iypaımy e "won OLEI | "WI 08 _ m &8LT | WM 69T “u . u in = N 08IL | "wg-0Z1If | w9 cogı | 'w ; WFLI um 081 odurrf 99ssgux yeypedey tuos 5 BUsE RG us 5 e) yoıppury =) 9 JITILIOFOP 6) TLuos Q2 ‘G 7 N [PpeyPg -usarjeye 5 z 1 1EeIrS uojyozssaew AYauıT I PagDL 74 [1880] 1026 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse En = a _— | — -— “ 08T | Wopyo woA souury sep . a DT _ SETOT | —_ re -— wnusew Io] WOA SIPUBLIBJOAAIV SOp “ — 2 91oT = “081 u STH — | popyg woA SOpuBLIe[oaA]Yy Sop 8 [74 28 [74 TG [77 6 [44 96 + [43 16 [44 cg wnusew “IoT woA sppypeIsusseN sep ® = 21 TOT or SE == 2901 “ 07T | Woyo woA R sppypeIsuaseN sap 5 or all “66 “108 “66 “ 66 166 umusew "10,7 WOA pzınaussen A9p * 708 “66 “701 Ardr “ €6 * or “ oT | Wopyo woA PzınMaussen 10p Suumipumg RT are “og ST ee: a & m sydney ie. -A9}urf] SOp due] OfeJuozLiop] oc g'zal RESPOT Her — are & Ter 1OSssoWyyInpTESNL SON: ©“ gor ge: to NE ro): a dossowyamprenoLmy 2 207 9 a: or “6 | “T6 “ 007 | ezydg 5 "um 8IT "um OTL "um sTI "uw 8T1 "um 90T | "um GIT "um LIT SIseg] “aossouysAmpepIoseN l muss 5 mues, 6 Iuos 6) 2 a, ö muss Q JITULIOFOP PPFUIS-u9AejeNeS 2 ‘9 °C r E 'z 1027 [44 08 "up 68 S Q \ o6L S S = S S S) ey um A ae el: & = SE S Re = 4 [44 LE Se i [73 gc ee: [44 ze "um gg a0 [44 38 NT eG er er re [43 06 [73 09 un [44 08 "um 98 ng “07 ey. 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XOpu1s4yoIsospamyLmn. ‘19 8‘89 1 8°69 1‘99 8'29 xopunuoyoyuyg 6°96 FFOL 10'216 c‘TOI 776 xOpuTuoggQyuogra.ugg 8°69 1'8 ı 182 0'LL G‘c) xopuruoyoyuagurrf 0°24 5:77 i g°08 662 0°08 xopuuoproaquodugrg BEER 0. 06, ı dm _ h u Te a en yorpurz TUo9S it Ö Q rn Q muss © | Iuu3 yqysS = u9AB[eNeS GC 7 ee " 1 "sSa9ıpuf 9l9uy9a4AaT IT oNlAgPL ITET He = \-ß a Wa @ 09 mal Oo prche del. DURRRE Dora Fat sn S. Area sang A u: Sa Auen a ? : 92% Le o un 7 nennen L—L——eeeeeeee au ee nee ee ein ee een ine Senne ar an een ere eren Taf ri a ER Suse De z Susk Anaz PRBeknr. @ B27 Auge ch 1) x a 2 ken rer een rn u een rin en Fr al dr a 2 ri ne mr rn Ft ea nr a Fr vom 13. December 1880. 1029 Erklärung der Abbildungen. Taf. I. Schädel (Nr. 2) einer Sakalavin aus der Höhle von Nosi-Komba, einer Felseninsel an der NW-Küste von Madagaskar. Taf. II. Männlicher Schädel (Nr. 4) von eben daher. Sämmtliche Abbildungen sind von Hrn. Emil Eyrich nach der geo- metrischen Methode gezeichnet, dann auf ein Drittel redueirt und, soweit thunlich, durch Schattirung etwas mehr plastisch ausgeführt. Hr. W. Peters las über eine Sammlung von Fischen, welche Hr. Dr. Gerlach in Hongkong gesandt hat. Hr. Dr. Gerlach zu Hongkong hatte dem Fischereiverein eine Sendung von Fischen gemacht, welche auf der internationalen Fischerei-Ausstellung gezeigt und schliesslich dem zoologischen Mu- seum übergeben wurden. Diese Sammlung enthält zwar nur vier- zehn Arten, ist aber sehr bemerkenswerth, da die Hälfte derselben wissenschaftlich noch nicht bekannt geworden zu sein scheint. Es sind meistens zu den Cyprinoiden gehörige Süsswasserfische, über deren genaues Vorkommen uns bisher keine Mittheilung zugekom- men ist. Wahrscheinlich stammen sie aber aus einem süssen Ge- wässer des Continents, da sie schwerlich sämmitlich auf der kleinen Insel Hongkong vorkommen werden. Es sind folgende Arten: 1. Echeneis remora Linne. 2. Oranoglanis sinensis n. gen. 3. Cyprinus carpio Linne. 4. Cirrhina chinensis Günther. 5. Labeo decorus n. Sp. 6. Semilabeo notabilis n. gen. 7. Barbus (Labeobarbus) brevifilis n. Sp. 8. Barbus Gerlachi n. sp. 9. Pseudogobio productus n. Sp. 10. Xenocypris argentea Günther. 11. Ochetobius elongatus Kner. 12. Hemiculter dispar n. sp. 13. Tetrodon Honkenii Bloch. 14. Carcharias melanopterus Quoy et Gaimard. 1030 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Cranoglanis n. gen.!) Oberseite des Kopfes gränulirt gepanzert. Kiemen- spalten gross, die Kiemenhaut nicht mit dem Isthmus verwachsen. Augenlid kreisförmig frei. Nasenlöcher weit von einander entfernt stehend, die hinteren mit einem Bartfaden, ausserdem zwei Maxillar- und vier Mandibularfäden. Sammetförmige Zähne an den Kie- fern, keine am Gaumen. Dorsale vor den Ventralia, kurz (mit 1 Stachel und 6 verzweigten Strahlen); Fettflosse kurz; Pectorale mit einem schwach gezäh-. nelten Stachel; Anale ziemlich lang; Ventralia mit 12 Strahlen; Schwanzflosse gabelförmig. Ein Achsel- porus. Schwimmblase nicht von Knochen umschlossen. Diese Gattung schliesst sich durch den zahnlosen Gaumen zunächst den amerikanischen Bagarinen an, ist aber durch die zahlreichen Strahlen der Ventrale, durch die kurze Fettflosse und die bepanzerte Ober- seite des Kopfes von Amiurus, Noturus u. a. unter- schieden. Cranoglanis sinensis n. sp. (Fig. 1). B.8;:D4 1516; P: 5:12; VW. 1251.A2136: | Kopflänge 3%, Körperhöhe 54 mal in der Totallänge (ohne die Schwanzflosse). Augendurchmesser 44 mal in der Kopflänge, 1# mal in der Schnauzenlänge. Interorbitalraum convex, zwei Augendurchmesser breit. Kopfbreite grösser als die Kopfhöhe, 12 mal in der Kopflänge. Zwischenkiefer überragt den Unterkiefer. Breite der Mundspalte etwas grösser als der Augendurchmesser. Oberkopf, Operkel und Humeralfortsatz rauh, Oceipitalfortsatz 24 mal länger als breit, mittlere Längsgrube fast bis zu der Vertical- linie des hinteren Opercularrandes reichend. Der Bartfaden des hinteren Nasenloches reicht bis zum hinteren Augenrande, der Ma- xillarfaden bis zu der Rückenflosse, der äussere Mandibularfaden bis zu der Basis der Brustflosse, während der innere von gleicher Länge des Nasalfadens ist. Stachel der Brustflosse so lang wie der der Rückenflosse und wie die Kopflänge von dem hinteren Nasenloch an; er reicht bis zur Verticallinie des hinteren Endes der 1) xpavos (Helm), yAdvıs (Wels). vom 13. December 1880, 1051 Rückenflosse, aber nicht bis zu der Bauchflosse. Beide Stacheln sind hinten mit wenigen, feinen Widerhaken bewaffnet. Anal- öffnung in der Mitte zwischen Anal- und Bauchflossen. Bauch- flossen mit 2 unverzweigten und 10 verzweigten Strahlen, reicht über den Anfang der Analflosse, welche 7 unverzweigte und 29 verzweigte Strahlen hat. Fettflosse so hoch wie lang, über dem vierten Fünftel der Analflosse. Caudalflosse gabelförmig, der obere Lappen der längere, so lang oder etwas länger als der Kopf, mit 15 verzweigten Strahlen. Körperseiten silberig, am Rücken grünlich. Brustflossen oben schwärzlich, Rücken-,‘ Anal- und Schwanzflosse am Rande dunkler. Ein Exemplar, 28°% lang. Labeo decorus n. sp. (Fig. 2). D445115,V 12,8; Ar 3,550; lat: 143 ,otr: 919; Körperhöhe zur Länge (ohne Schwanzflosse) wie 1:32, Kopf- länge zu derselben wie 1:44. Auge in der Mitte der Kopflänge, gleich 4 derselben. Maul breit, quer, unterhalb; Lippen dick, in- einander übergehend, die obere in der Mitte glatt, an den Seiten gefranzt, die Unterlippe gefranzt und warzig, mit einer sehr deut- lichen, inneren, am Rande knorpeligen Querfalte, Rechenzähne ziemlich kurz, spitz. Schlundzähne 5. 4. 2—2. 4. 5, von gewöhn- licher Gestalt, zwei Maxillarfäden. Körperschuppen im allgemeinen mässig .gross, zwischen der Seitenlinie und Rückenflosse 9, zwischen derselben und der Bauch- flosse 6 Schuppen; nur an der Brust sind sie sehr viel kleiner. Die Rückenflosse steht mit ihrem 3. verzweigten Strahl dem Anfang der Bauchflosse gegenüber; sie hat zwei kurze Dornen, zwei einfache gegliederte und 11 verzweigte Strahlen, von denen der letzte doppelt ist. Brustflosse zugespitzt, so lang wie der Kopf. Bauchflossen reichen bis zu der Analöffnung. Analflossen um die‘doppelte Länge ihrer Basis von der Schwanzflosse entfernt, mit 3 einfachen gegliederten und 5 verzweigten Strahlen, von welchen der letzte doppelt ist; ihr Rand ist, wie der der Rücken- flosse, concav. Die Schuppen erscheinen in der Mitte goldig, am Rande dunkel. Das einzige Exemplar hat eine Totallänge von 33%, 1052 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Semilabeo nov. gen. | | Schlundzähne 5. 4. 2—2.4.5, ähnlich wie bei Labeo, Mundränder grade, etwas verhärtet; Oberlippe sehr ent- wickelt, ähnlich wie bei Labeo, beide Mundränder deckend. ‚ Unterlippe fehlend. Die ganze Submentalgegend durch ein hinten dreieckiges, von der Postmentalgegend nicht abgesetztes Feld ausgezeichnet, welches ganz mit Fim- brien bedeckt ist. Analflosse sehr kurz, Rückenflosse ziemlich kurz (nur 8 verzweigte Strahlen) ohne starken Knochen- strahl, über den Bauchflossen stehend. Seitenlinie längs der Mitte verlaufend, Schuppen mässig gross. Die Lippenbildung der hierher gehörigen Art ist eigenthümlich, während sie sonst durch die meisten Merkmale mit Labeo, auf der anderen Seite durch die kürzere Rückenflosse mit Tylognathus und Discognathus übereinstimmt. Semilabeo notabilis n. sp. (Fig. 3). D.3,8; V.2,8; A.3, 5; L.lat. 46 ad 47, tr. 716. Körperhöhe gleich der Kopflänge, 43 Mal in der Körperlänge ohne Schwanzflosse enthalten. Auge in der hinteren Hälfte des Kopfes gelegen, sein Durchmesser 54 Mal in der Kopflänge ent- halten. Schnauzenende mit Wärzchen versehen, welche an der Spitze vertieft sind. An jeder Seite ein Bartfaden, der wenig kürzer ist, als der Augendurchmesser. Die quere Maulöffnung liegt ganz an der unteren Seite und ist doppelt so breit, wie der Augendurchmesser, an den Rändern knorpelartig zugeschärft, von der dicken oberen, zurückgeschlagenen Lippe ganz bedeckt, die jederseits in eine hohe, scharfrandige, seitliche Falte übergeht, welche in eine tiefe Grube zurückgezogen werden kann. Unterlippe feh- lend oder von der Submentalgegend nicht abgesetzt. Der ganze Rand der Oberlippe, die innere Wand der Seitenlappen und eine damit zusammenfliessende grosse, dreieckige Fläche des Kinns sind mit zusammengedrückten, papillenförmigen Blättchen bedeckt, welche mehr oder weniger zu Platten zusammentreten. Kiemen- öffnung bis unter die Mitte des Vordeckels und zu der Vertical- linie des hinteren Augenrandes gespalten. Pseudobranchien wohl vom 13. December 1880. 1033 entwickelt. Rechenzähne kurz, nicht gedrängt stehend. Schlund- zähne 5. 4. 2—2.4.5. / Körperschuppen ziemlich gross; Seitenlinie etwas unter der Körpermitte verlaufend, oberhalb derselben bis zu der Rücken- flosse 64, unterhalb bis zur Ventrale 34 Schuppen. Rückenflosse steht mit ihrem vierten verzweigten Strahl dem Anfang der Bauchflossen gegenüber und zur Hälfte vor derselben; der erste Strahl ist sehr kurz, der dritte einfache und der erste verzweigte Strahl sind viel länger als die Basis der Flosse, der letzte ist doppelt und ein wenig länger als die vorletzten, so dass der obere Flossenrand concav ist. Die viel kürzere Analflosse, deren letzter Strahl ebenfalls doppelt ist, liegt um zwei Fünftel weiter von den Bauchflossen als von der Schwanzflosse entfernt. Goldig mit etwa neun dunkeln, zwischen den Schuppen ver- laufenden Längslinien. Sämmtliche Flossen, mit Ausnahme der Analflosse, am Rande schwärzlich. Ein Exemplar, 34°” lang. "Barbus (Labeobarbus) brevifilis n. sp. (Fig. 4). D.4, 8; V.2,8; A.3, 5. Lin. lat. 45 — 46, tr. 5—6/5— 6. Höhe zu der Länge (ohne Schwanzflosse) wie 1:42; Kopf nicht ganz viermal in derselben enthalten. Augendurchmesser gleich 4 der Kopflänge, in der Mitte des letzteren gelegen. Oberkiefer, Zwischenkiefer und Unterkiefer mit wohl ent- wickelten Hautlappen; Bartfäden, namentlich der obere, sehr kurz. Zwischenkiefer den Unterkiefer überragend. Schlundzähne haken- förmig: 5.3.2 — 2.3.5. Körperschuppen mässig gross, in der Pectoralgegend klein; in der Seitenlinie 45 —46 Schuppen, zwischen ihr und der Rückenflosse 53, bis zu den Bauchflossen . 4 Schuppen. Die Rückenflosse steht mit ihrem zweiten verzweigten Strahl über dem Anfang der Bauchflossen, mit ihrem Anfang der Schnau- zenspitze viel näher, als der Schwanzflosse; sie hat zwei sehr kurze dornähnliche und dann zwei einfache gegliederte Strahlen, von denen der letzte hinten stark gezähnelt ist. Die Analflosse ist viel kürzer als die Rückenflosse und steht um die Hälfte weiter von den Bauch- flossen als von der Schwanzflosse entfernt. Silberig, am Rücken grünlich. Zwei Exemplare von 12°” Totallänge. 1034 Sitzung der. physikalisch-mathematischen Klasse Barbus Gerlachi n. sp. (Fig. 5). D.4,8; V.2,9; A.8,9. Lin. lat, 29,10. Höhe zur Länge wie 1:4; Kopflänge fünfmal in der Total- länge (ohne Schwanzflosse),. Auge so lang wie die Schnauze, ein wenig mehr von dem hinteren Opercularrande als von dem Schnau- zenende entfernt. Schnauze abgerundet, das Maul überragend. Maulspalte im geschlossenen Zustande ganz unten liegend, quer, an den Winkeln nach hinten gekrümmt. Keine Bartfäden. Kiemenöffnung bis zu dem hinteren Rande des Präoperculums ge- spalten. Rechenzähne kurz; Pseudobranchien wohl entwickelt. Schlundzähne 5.3.2 — 2.3.5, hakenförmig gekrümmt. Schuppen mässig gross, 48 bis 49 in der Seitenlinie, zwischen ihr und der Rückenflosse 64, bis zu der Bauchflosse 41 Schuppen; die Schuppen in der Brustgegend sind um die Hälfte kleiner. Der Anfang der Rückenflosse steht dem Schnauzenende um 4 näher, als der Schwanzflosse und ihr zweiter verzweigter Strahl steht über dem Anfange der Bauchflossen; sie hat zwei kurze dornför- mige Strahlen, den vierten dieken Knochenstrahl stark gezähnelt, und acht verzweigte Strahlen. Die Bauchflossen haben neun ver- zweigte Strahlen. Die Analflosse steht weiter von der Bauchflosse, als von der Schwanzflosse entfernt; die Distanz von der letzteren ist gleich ihrer doppelten Basallänge. Das einzige Exemplar hat in der Analflosse zwei kurze unverzweigte und sechs verzweigte Strahlen, indem abnormer Weise schon der dritte Strahl, aber we- niger als der folgende vierte, verzweigt ist. Silberig, am Rücken grünlich. Totallänge 165%", Xenocypris argentea Günther. D.23,.75:A. 8,10. Lan. lat. 99, te. 92.005. Die vor uns liegenden Exemplare stimmen ziemlich genau mit der von Hrn. Günther gegebenen Beschreibung überein, so dass sie zu der vorstehenden Art gehören dürften, obgleich die Zahl der Schlundzähne in der äussersten der drei Reihen nur 5 statt 6 ist. Pseudogobio Bleeker. Diese Gattung ist von Sarcochilichthus Blkr. nicht nur durch die nackte Brustgegend, die Anwesenheit von Bartfäden und das weiter vorn liegende Präorbitale, sondern auch in sehr bemerkens- werther Weise durch die Lage der Analöffnung nahe hinter der vom 13. December 1880. 1035 - Analflosse ausgezeichnet, und daher nicht, wie Hr. Günther gethan, damit zu vereinigen. Pseudogobio productus n. sp. (Fig. 6). Bere 2,7 A,S, Gamer 49 (50), tr. 12 (— 15). Sehr ähnlich dem Pseudogobio esocinus Schlegel, aber mehr ‚gestreckt. Körperhöhe zur Totallänge ohne Schwanzflosse wie 1:64, Kopflänge zu derselben wie 1:44. Augendurchmesser gleich einem Viertel der Kopflänge, etwas mehr als die Hälfte der Schnauzen- länge, welche spitzer und schmäler als bei Ps. esocinus erscheint. Zwei wohl entwickelte Bartfäden. Lippenbildung ähnlich wie bei Ps. esocinus, gefaltet und gefranzt, aber nicht so dick. Pseudo- branchien wohl entwickelt. Schlundzähne 5—5, hakenförmig ge- krümmt. Körperschuppen ziemlich gross, in der Seitenlinie 49 bis 50, zwischen ihr und der Rückenflosse 5l, bis zu der Ventralflosse 21 Schuppen. Pectoralgegend nackt, schuppenlos. Die Analöffnung liest, wie bei den anderen Arten dieser Gattung, gleich hinter der Bauchflosse und. weit entfernt von der Analflosse, was sehr be- merkenswerth ist. | Die Rückenflosse steht dem Schnauzenende um mehr als die Hälfte näher, als der Schwanzflosse, und zum grössten Theil vor der Ventralflosse. Sie hat einen kurzen Dorn, zwei dünne einfache gegliederte und acht verzweigte Strahlen. Die Analflosse ist nur halb so lang wie die Rückenflosse, mit ihrem Anfange weiter von der Bauchflosse als von der Schwanzflosse entfernt; sie hat drei rasch zunehmende unverzweigte und sechs verzweigte Strahlen. Die Brustflosse reicht bis zu der Mitte zwischen dem Anfange der Rücken- und der Bauchflosse. Einfach silberig oder goldig und die Flossen ungefleckt. Totallänge von zwei Exemplaren 175", Hemiculter dispar n. sp. (Fig. 7). DR MIA, 17% Ein lat 00, 1,9148. Körperform ganz ähnlich wie bei Hemiculter leueisculus Blkr. (Cyprin. de Chine, Taf. 2, Fig.1). Körperhöhe gleich der Kopflänge, 44 mal in der Totallänge (ohne Schwanzflosse) enthalten. Augen- durchmesser kürzer, als die Schnauze, 3% mal in der Kopflänge. Oberkiefer reicht bis hinter die Verticale des Naslochs. Kiemen- spalte nur bis zu dem Vordeckel reichend. Rechenzähne kurz; 1056 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Pseudobranchien frei, kammförmig. Schlundzähne 5.4.2 — 2.4.5, hakenförmig. | Kraesist Körperschuppen gross, 8 zwischen Linea lateralis und Rücken- flosse, eine zwischen ihr und der Bauchflosse. Die Seitenlinie steigt in einem Bogen nach unten und bildet noch vor dem Ende der Brustflosse einen Winkel, um dann grade fortzulaufen und gleich hinter der Analflosse in einem Bogen nach oben zu steigen, um in der Mitte des Schwanzes grade zum Ende zu gehen. Bauch hinter den Bauchflossen deutlich gekielt. Brustflossen zugespitzt, etwas kürzer als der Kopf. Anfang der Rückenflosse in der Mitte zwischen Schnauzenende und Schwanz- flosse, unmittelbar hinter der Basis der Bauchflossen; ihr zweiter starker Stachelstrahl ist glatt und so lang wie die Entfernung der Schnauzenspitze von dem hinteren Rande des Vordeckels. Die Ba- sis der Analflosse ist etwas kürzer, als ihre Entfernung von den Bauchflossen, ihr erster einfacher Strahl sehr kurz, der letzte ver- zweigte doppelt. Die Schwanzflosse ist gabelförmig und länger als der Kopf. Die vorstehende Art steht dem Culter leucisculus Kner und Hemiculter leucisculus Bleeker sehr nahe, unterscheidet sich aber sogleich durch die spitzere und längere Schnauze und die grössere Zahl der verzweigten Strahlen der Analflosse. Bleeker behauptet zwar, dass seine Art am Bauche abgerundet sei, während Kner ausdrücklich einen Kiel hinter den Bauchflossen angibt, wie auch ich denselben bei Exemplaren aus Shanghai finde, die ich für diese Art halte. Es ist jedoch zu bemerken, dass bei den beiden kleinen Exemplaren der Kiel nur mit einiger Aufmerksamkeit wahrzunehmen ist. Jedenfalls weicht sie durch diesen Kiel, den eigenthümlichen Verlauf der Seitenlinie, durch die engere Kiemenspalte und die ver- schiedene Zahnformel von Chanodichthys, mit der Günther jene Art vereinigt hat, sowie von Öulter durch die kurzen Rechenzähne und die gebogene und tief unten verlaufende Seitenlinie ab. Ich vereinige die vorstehende Art daher mit Hemiculter Bleeker um so mehr, da sich vermuthen lässt, dass an den beiden nur 136 — 145 mu langen Bleeker’schen Exemplaren der Bauchkiel nur undeutlich war. Man könnte auch an Kustira Günther denken, welche eine ähnliche Seitenlinie zu haben scheint, die Rückenflosse aber vor den Bauch- flossen stehen, die Rechenzähne lanzettförmig und die Wangen durch die Suborbitalknochen bedeckt hat. | _ UrNgog Wuyog JA HTersuelsuny “up re Top Jeupe jean.Jusbng aedsıp dopmonuoy ), & snponpoad orgobopnas| '9 mpeg G SITAIg sngaeg y "SiTqejou oogelunmgg N - Stuvdop 00ge’['g"SISUSUIS stuepbouvay ] II in N 1.Granoglanis sinensis._2.l.abeo decorus _ N 6. Pseudogobio produclus.— N N is sinensis Ptrs., z nat. Grösse ; la Bon im Profil, 1b der- = oben in nat. Grösse. x + orus Ptrs., Mund von unten. heo notabilis Ptrs., Kopf von der Seite; 3a derselbe von unten; ap brevifilis Ptrs. s Gerlachi Ptrs.; 5a Schlundzähne. dogobio productus Ptrs.; Kopf von der Seite. ulter dispar Ptrs.; natürliche Grösse. AH | Bale r R ’% ER, a y w > B - ‘P3 Yu A q LraNAa > 1038 Gesammtsitzung 16. December. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. A. W. Hofmann machte folgende Mittheilungen: i 1) Noch einige weitere Beobachtungen über das Amidophenyl- mercaptan; R 2) Zur Kenntniss des Amidonaphtylmercaptans und seiner Derivate; 3) Einwirkung des Schwefels auf das Toluylbenzamid; 4) Einwirkung des Ammoniaks auf den tertiären Sulfocyan- säure- Methyläther; ! 5) Apparat zur Veranschaulichung der Schwefelsäure - Fabri- cation. Sodann machte Hr. Schrader eine Mittheilung über eine angeblich antike Dariusstele aus Serpentinstein, 0,34 M. hoch, 0,27 M. breit und 0,04 M. dick, auf dem Avers wie auf dem Revers eine bildliche Darstellung in Re- lief enthaltend und neben einer hieroglyphischen Inschrift (Königs- schild) eine Keilinschrift in babylonischer Schrift und Sprache bietend. Dieselbe, vor Kurzem in Eisenach ans Licht getreten, erweist sich, unangesehen den Inhalt der Keilinschrift, aus archäolo- gischen gleicherweise wie aus paläographischen Gründen als eine dreiste Fälschung und zwar der allerjüngsten Zeit. Der Vortra- gende spricht die Vermuthung aus, dass das Fabrikat deutschen Ursprungs ist. vom 16. December 1880. 1093 Die HH. Ferd. Keller in Zürich, Franz Kielhorn in Poo- nah und Vatroslav Jagic in St. Petersburg wurden zu corre- spondirenden Mitgliedern der philosophisch-historischen Klasse ge- wählt. Hr. CarlJohann Malmsten, Staatsrath in Upsala, wurde zum Ehrenmitgliede gewählt, und erfolgte die Allerhöchste Bestäti- gung am 15. December 1880. EN sn ne un nn N Ben u une ee) Am 8. November starb Hr. Leonhard Spengel in München, correspondirendes Mitglied der philosophisch-histori- ‚schen Klasse. Am 18. December starb Hr. Michel Chasles in Paris, auswärtiges Mitglied der physikalisch -mathematischen Klasse. REEL TEE ENDE TRE DET UNE Verzeichniss der im Monat December 1880 eingegangenen Schriften. Leopoldina. Amtliches Organ der K. Leop. Carol, Deutschen Akademie der Naturforscher. Heft XVI. N. 21. 22. Halle a. S. 1880. 4. Abhandlungen der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Mathemat.- physik. Classe. Bd. XIII. Abth. 3. Philos.-philol. Classe. Bd. XV. Abth. 2. München 1880. 4. 2 Ex. | | Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XIU. N.18. Berlin 1880. 8. Schriften der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg. Jahrg. 18. 1877. Abth. 2. Jahrg. 19. 1878. Abth. 1. 2. Jahrg. 20. 1879. Abth. 1. 2. Königsberg 1878 — 80. 4. 37ster Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Breslau 1880. 8. Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde. Jahrg. XXXI. XXXLH. Wiesbaden 1878/89. 8. Verhandlungen des naturhistorisch-medieinischen Vereins zu Heidelberg. Neue Folge. Bd. II. Heft 5. Heidelberg 1880. 8. Jahresbericht des historischen Vereines von Unterfranken und Aschaffenburg für 1879. Würzburg 1880. 8. = Haupttitel und Inhaltsverzeichniss zum 23. Bande des Vereins- Archivs. Würz- burg 1806. 8. L. Fries, Die Geschichte des Bauernkrieges in Ostfranken. Lief. 4 Würz- burg 1880. 8. Tageblatt der 53. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Danzig vom 18. bis 24. September 1880. Danzig 1880. 4. Eingegangene Druckschriften. December 1880. 1041 Monumenta Germaniae historica. Sceriptores XXV. Hannoverae 1880. fol. Der deutsch-französische Krieg 1870—71. Redigirt von der kriegsgeschicht- lichen Abtheilung des Grossen Generalstabes. Th. II. Heft 18. Berlin 1880. 8. Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. IX. Heft 6. Berlin 1880. 8. Elektrotechnische Zeitschrift. Jahrg. I. Heft XII. Berlin 1880. 4. Mittheilungen des Deutschen Archäologischen Institutes in Athen. Jahrg. V. Heft 3. Athen 1880. 8. Archiv für Mittel- und Neugriechische Philologie. Herausgegeben von Dr. M. Deffner. Athen 1880. 8. *Möbius, K., Beiträge zur Meeresfauna der Insel Mauritius und der Sey- chellen. Berlin 1880. 4. 2 Ex. H. Schliemann, Ilos. Stadt und Land der Trojaner. Leipzig 1881. 8. - L. Diefenbach, Völkerkunde Osteuropas. 2. Bd. 2. Halbband (als Schluss). Darmstadt 1880. 8. F.R. Helmert, Die mathematischen und physikalischen Theorien der höheren Geodäsie. Einleitung und 1. Theil: Die mathematischen Theorien. Leipzig 1880. 8. A. Nehring, Übersicht über ‚vwierundzwanzig mitteleuropäische Quartär-Faunen. 1880. 8. Sep.-Abdr. | O. Finsch, Über die Bewohner von Ponape (östl. Carolinen). Nach eigenen Beobachtungen und Erkundigungen. Berlin 1880. 8. Sep.-Abdr. Sitzungsberichte der math.-naturw. Classe der K. Akademie der Wissenschaften in Wien. Jahrg. 1880. XIH. 8. Mittheilungen der K. K. Central-Commission zur Erforschung und. Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale. Bd.IV. Heft4 (Schluss). Wien 1880. 4, 38ster Bericht über das Museum F'rancisco-Carolinum. Linz 1880. 8. Quellen zur Geschichte Siebenbürgens aus Sächsischen Archiven. Bd. I. Abth. 1. Rechnungen 1. Hermannstadt 1880. 8. Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Vol. XLI N.1. Nov. 1880. London. 8. Proceedings of the London Mathematical Society. N. 163. 164. London 1880. 8. Proceedings of the Royal Geographical Society and Monthly Record of Geogra- phy. Vol. U. N. 12. Dec. 1880. London. 8. Journal of the Royal Microscopical Society. Vol. III. N. 6.6a. London 1880. 8. [1880] 75 1042 Eingegangene Druckschriften. The Quarterly Journal of the Geological Society. Vol. XXVI. P. 4. N. 144. London 1880. 8. List of the Geological Society of London. Nov. 1st. 1880. London 1880. Journal of the Ohemical Society. N. CCXVI. Dec. 1880. London. 8. The Annals and Magazine of Natural History. Vol. VI. N. 31—36. Lon- don 1880. 8. | The Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland. New Series. Vol. XII. Part. II. III. IV. April, July, October 1880. Lon- don. 8. | Kew Observatory 1880. — Report of the Kew Committee for the year ending Oct. 31, 1880. London 1880. 8. Extr. G. M. Whipple, On the rate at which Barometric changes traverse the Bri- tish Isle. London 1880. 8. Extr. — — —, Results of an inquiry into the Periodicity af Rainfall. London 1880282 Alte The Ourän. Translated by E. H. Palmer. P.I. II. Oxford 1880. 8. Comptes rendus hebdomadaires des Seances de l’ Academie des Sciences. T. X CH 1880. Second Semestre. N. 20. 21. 22. 23. 24. Paris 1880. 4. Bulletin de l’ Academie de Medecine. Ser. II. T. IX. N. 47. 48. 49. 50. Pa- ris 1880. 8. Bulletin de la Societe geologique de France. Ser. III. T. VII. 1879. N.7.8. Paris 1880. 8. Bulletin de la Societe de Geographie. Sept. 1880. Paris 1880. 8. Annales des Ponts et Chaussees. Memoires et Documents. Ser. V. Cah. 11. 1880. Novembre. Paris. 8. Precis analytique des travaux de l’Academie des Sciences, Belles-lettres et Arts de Rouen, pendant l’annee 1878—79. Rouen 1879. 8. Bulletin de la Societe de Geographie commerciale de Bordeaux. Ser. II. N. 23. 24. Bordeaux 1880. 8. u Revue scientifique de la France et. de l’etranger. Annee X. Ser. 2. N. 22. 23. 24. 25. 26. Paris 1880. 4. Polybiblion. — Revue bibliographique universelle. Part. litt. Ser. II. T. XI. Livr. 6. Paris 1880. 8. | sah | E. J. Maumene, Theorie generale de l’action chimique. Paris 1880. 8. L. Aucoc, Les tarifs des chemins de fer et l’autorite de l’etat. Paris 1880. 8. A. Preudhomme de Borre, Etude sur les especes de la Tribu des Fero- modes: 1879. &ı Ketr P. Hunfalvy, Le peuple roumain ou valaque. Tours 1879. 8. Extr. er en a nn December 1880. 5% 1043 Atti della R. Accademia dei Lincei. Anno CCLXXVI. (1880—81.) Ser. III. Transunti Vol. V. Fasc. 1. Roma 1881. 4. \ Atti dell’ Accademia Pontificia de' Nuovi Lincei. . Anno XXXII. Sessione V. Roma 1880. 4. Annali dell’ Ufficio centrale de Meteorologia Italiana. Ser. II. Vol. I. 1879. Roma 1880. 4. Pubblicazioni del R. Osservatorio di Brera in Milano. N. XV. — G.V.Schia- parelli, Sul!’ umidita atmosferica nel clima di Milano. Milano 1880. 4. B. Boncompagni, Bullettino. 'T. XIII. Gennaio-Febbrario 1880. Roma 1880. 4. | Il R. Liceo Pontano di Spoleto nell’ Anno scolastico 1878—79. Spoleto 1880. 3. A. Bajo, De’ momenti flettenti sopra i varıı appoggi di una orizzontale a sezione costante comunque caricata. 2e. Ediz. Napoli 1880. 8. M. Bellati, Proprieta termiche notevoli di alcuni joduri doppi. Venezia 1880. 8. Extr. L. Benvenuti, /! Museo Euganeo-Romano di Este. Bologna 1880. 8. G. Canestrini e A. Berlese, La stregghia degli Imenotteri. Padova 1880. 8. Annales de l’Observatoire de Moscou. Vol. VII. Livr. 1. Moscou 1880. 4. Liste des travaux de M. Brosset. St. Petersbourg 1880. 4. N.P. Angelin & G. Lingström, Frragmenta Silurica. Holmiae 1880. fol. Bulletin de l’ Academie R. des Sciences de Belgique. Annee 49. Ser. II. T. 50. 2101. Bruxelles 1880. 8. Annales de la Societe entomologique de Belgique. T. XXIV. Bruxelles 1880. 8. Coutumes des Pays et Comite de Flandre. — Coutumes du F'ranc de Bruges, par L. Gilliodts- van Severen. T. 3. Bruxelles 1880. 4. Leve geologique des planchettes XVI|5, XXIV/1,2,3,7 et XXXII/3 N.3.7 de la Carte topographique de la Belgique. Par M. le Baron OÖ. van Ertborn, avec la collaboration de M. P. Cogels: Boisschot. — d’ Aer- schot. Bruxelles 1880. 8. O.v. Ertborn, Texte explicatif du leve geologique des planchettes du Bois- schot et d’ Aerschot. Bruxelles 1880. 8. Revista Euskara. Ano tercero. N. 31. Noviembre de 1880. Pamplona 1880. 8. 232 1044 Eingegangene Druckschriften. December 1880. J. F.J. Biker, Supplemento & Collecgso dos Tratados etc. e Actos publicos celebrados entre a Coröa de Portugal e as mais potencias. T. XXVI (T. XVIII do Suppl.) T. XXVIIL (T. XX do Suppl.) .Lisboa 1880. 8. - The American Journal of Science. Vol. XX. N. 120. New Haven 1880. 8. Bulletin of the U. $. Geological and Geographical Survey of the Territories. Vol. V. N.4. Washington 1880. 8. Astronomical Papers prepared for the use of the American Ephemeris and Nautical Almanac. Vol. I. P. III. Velocity of light. Washington 1880. 4. Memorias del General O’Leary publicadas por su hijo Simon B. O’Leary. T. VII. VIII. IX. Caräcas 1880. 8. Nachtrag. 8. Juli 1880. Öffentliche Sitzung zur Feier des Leibnizischen Jahrestages. Der an diesem Tage vorsitzende Secretar Hr. du Bois-Rey- mond hielt folgende Festrede: Als ich vor acht Jahren übernommen hatte, in öffentlicher Sitzung der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte einen Vortrag zu halten, zögerte ich lange bis ich mich entschloss, die Grenzen des Naturerkennens zu meinem Gegenstande zu wählen. Die Un- möglichkeit, einerseits das Wesen von Materie und Kraft zu be- greifen, andererseits das Bewusstsein auch auf niederster Stufe mechanisch zu erklären, erschien mir eigentlich als triviale Wahr- heit. Dass man mit Atomistik, Dynamistik, stetiger Ausfüllung des Raumes in gleicher Weise in die Brüche gerathe, ist eine alte Erfahrung, an welcher keine Entdeckung der Naturwissenschaft etwas zu ändern vermochte. Dass durch keine Anordnung und Be- wegung von Materie auch nur die einfachste Sinnesempfindung ver- ständlich werde, haben längst vortreffliche Denker erkannt. Wohl wusste ich, dass über letzteren Punkt falsche Begriffe weit verbrei- tet seien; fast aber schämte ich mich, den deutschen Naturforschern so abgestandenen Trunk zu schenken, und nur durch die Neuheit meiner Beweisführung hoffte ich Interesse zu erwecken, 1046 Nachtrag. Der Empfang, der meiner Auseinandersetzung wurde, zeigte mir, dass ich mich in der Sachlage getäuscht hatte. Dem anfangs kühl aufgenommenen Vortrage widerfuhr bald die Ehre, Gegen- stand zahlreicher Besprechungen zu werden, in denen eine grosse Mannigfaltigkeit von Standpunkten sich kundgab. : Die Kritik schlug alle Töne vom freudig zustimmenden Lobe bis zum weg- werfendsten Tadel an, und das Wort “Ignorabimus’, in welchem meine Untersuchung gipfelte, ward förmlich zu einer Art von natur- philosophischem Schiboleth.! Die durch meinen Vortrag in der deutschen Welt hervorge- brachte Erregung lässt die philosophische Bildung der Nation, auf welche wir gewohnt sind, uns etwas zu gute zu thun, in keinem günstigen Licht erscheinen. So schmeichelhaft es mir war, meine Darlegung als Kant’sche That gepriesen zu sehen, ich muss diesen Ruhm zurückweisen. In dem, was ich sagte, war, wie schon bemerkt, Nichts enthalten, was bei einiger Belesenheit in älteren philosophischen Schriften nicht Jedem bekannt sein konnte, der sich darum kümmerte. Aber seit der Umgestaltung der Philo- sophie durch Kant hat diese Disciplin einen so esoterischen Cha- rakter angenommen; sie hat die Sprache des gemeinen Mutterwitzes und der verständigen Überlegung so verlernt; sie ist den Fragen, die den unbefangenen Jünger am tiefsten bewegen, so weit ausge- wichen, oder sie hat sie so sehr von oben herab als unberufene Zumuthungen behandelt; sie hat sich endlich der neben ihr empor- wachsenden neuen Weltmacht, der Naturwissenschaft, lange so feind- selig gegenübergestellt: dass nicht zu verwundern ist, wenn, na- mentlich unter Naturforschern, das Andenken selbst an ganz that- sächliche Ergebnisse aus früheren Tagen der Philosophie verloren ging. | Einen Theil der Schuld trägt wohl der Umstand, dass. die neuere Philosophie zur positiven Religion meist in einem negiren- den, mindestens in keinem klaren Verhältniss sich befand, und dass sie, bewusst oder unbewusst, vermied, sich über gewisse Fragen unumwunden auszusprechen, wie dies beispielsweise Leibniz konnte, welcher vor keinem Kirchentribunal etwas zu verbergen gehabt hätte. Die Philosophie soll dafür weder gelobt noch ge- tadelt werden; aber so kommt es, dass bei den Philosophen von der Mitte des vorigen Jahrhunderts an die packendsten Probleme der Metaphysik sich nicht unverholen, wenigstens nicht in einer Nachtrag. 1047 dem induetiven Naturforscher zusagenden Sprache, aufgestellt und erörtert finden. Auch das möchte einer der Gründe sein, warum die Philosophie so vielfach als gegenstandslos und unerspriesslich bei Seite geschoben wird, und warum jetzt, wo die Naturwissen- schaft selber an manchen Punkten beim Philosophiren angelangt ist, oft solch ein Mangel an Vorbegriffen, solche Unwissenheit im wirklich Geleisteten sich zeigt. Denn während von’ der einen Seite mein Verdienst weit über- schätzt wurde, rief man von der anderen Anathema über mich, weil ich dem menschlichen Erkenntnissvermögen unübersteigliche Grenzen zog. Man konnte nicht begreifen, warum nicht das Be- wusstsein in derselben Art verständlich sein sollte, wie Wärme- entwickelung bei chemischer Verbindung, oder Elektricitätserregung in der galvanischen Kette. Schuster verliessen ihren Leisten und rümpften die Nase über „das fast nach consistorialräthlicher Demuth „schmeckende Bekenntniss des ‘Ignorabimus’, wodurch das Nicht- „wissen in Permanenz erklärt werde“. Fanatiker dieser Richtung, die es besser wissen konnten, denuneirten mich als zur schwarzen Bande gehörig, und zeigten auf's Neue, wie nah bei einander Despotismus und äusserster Radicalismus wohnen.” Gemässigtere Köpfe verriethen doch bei dieser Gelegenheit, dass es mit ihrer Dialektik schwach bestellt sei. Sie vermochten nicht den Unter- schied zu erfassen zwischen der Behauptung, die ich widerlegte: Bewusstsein kann mechanisch erklärt werden, und der Behauptung, die ich nicht bezweifelt, ja durch neue Gründe gestützt hatte: Be- wusstsein ist an materielle Vorgänge gebunden. Schärfer sah David Friedrich Strauss. Der grosse Kri- tiker hatte spät die Wandlung durchgemacht, welche tiefer angelegte Naturen früher nicht selten in der Jugend rasch durchliefen, vom theo- logischen Studium zur Naturwissenschaft. Der Naturforscher von Fach mag von den Auseinandersetzungen zweiter Hand gering denken, in denen der Verfasser ‘des alten und des neuen Glaubens’ sich viel- leicht etwas zu sehr gefällt. Dem Ethiker, Juristen, Lehrer, Arzt mag die etwas gewaltsame Folgerichtigkeit bedenklich scheinen, mit welcher Strauss seine Weltanschauung in’s Leben einzuführen ver- sucht. Wenn ich selber einmal an dieser Stelle mich in diesem Sinn gegen ihn wandte,” so bewundere ich deshalb nicht minder die Geisteskraft und Charakterstärke, welche diesen zugleich künst- lerisch so begabten Meister des Gedankens in die Mitte der alten 1048 Nachtrag. ß Welträthsel trugen, die er freilich auch nicht lösen sollte, aber doch ohne jede irdische Scheu beim Namen zu nennen sich getraut. Strauss. entging es nicht, dass ich mich den geistigen Vor- gängen gegenüber durchaus auf den Standpunkt des inductiven Naturforschers gestellt hatte, der den Process nicht vom Substrat trennt, an welchem er den Process kennen lernte, und der an das Dasein des vom Substrat gelösten Processes ohne zureichenden Grund nicht glaubt. Etwas erfahrener in verschlungenen Gedanken- wegen, und an abstractere Ausdrucksweise gewöhnt, verstand er natürlich den Unterschied zwischen jenen beiden Behauptungen. Strauss und Lange, der zu früh der Wissenschaft entrissene Verfasser der ‘Geschichte des Materialismus’*, überhoben mich der Mühe, den Jubel derer, welche in mir einen Vorkämpfer des Dualismus erstanden wähnten, mit dem Spruche niederzu- schlagen: „Und wer mich nicht verstehen kann, der lerne besser lesen.“ Aber auch Strauss tadelte merkwürdigerweise meinen Satz von der Unbegreiflichkeit des Bewusstseins aus mechanischen Gründen. Er sagt: „Drei Punkte sind es bekanntlich in der „aufsteigenden Entwickelung der Natur, an denen vorzugsweise „der Schein des Unbegreiflichen haftet. Es sind die drei Fra- „gen: wie ist das Lebendige aus dem Leblosen, wie das Em- „pfindende aus dem Empfindungslosen, wie das Vernünftige aus „dem Vernunftlosen hervorgegangen? Der Verfasser der "Grenzen „des Naturerkennens’ hält das erste der drei Probleme, A, den „Hervorgang des Lebens, für lösbar. Die Lösung des dritten Pro- „blems, C, der Intelligenz und Willensfreiheit, bahnt er sich, wie „es scheint, dadurch an, dass er es im engsten Zusammenhange „mit dem zweiten, die Vernunft nur als höchste Stufe des schon „mit der Empfindung gegebenen Bewusstseins fasst. Das zweite „Problem, B, das der Empfindung, hält er dagegen für unlösbar. Ich „gestehe, mir könnte noch eher einleuchten, wenn mir einer sagte: „unerklärlich ist und bleibt A, nämlich das Leben; ist aber einmal „das gegeben, so folgt von selber, d. h. mittels natürlicher Entwicke- „lung, B und C, nämlich Empfinden und Denken. Oder meinet- „wegen auch umgekehrt: A und B lassen sich noch begreifen, aber „an C, am Selbstbewusstsein, reisst unser Verständniss ab. Beides, „wie gesagt, erschiene mir noch annehmlicher, als dass gerade die „mittlere Station allein die unpassirbare sein soll.“ 5 Nachtrag. 1049 So weit Strauss. Ich bedaure es aussprechen zu müssen, aber er hat den Nerven meiner Betrachtung nicht erfasst. Ich nannte astronomische Kenntniss eines materiellen Systemes solche Kenntniss, wie wir sie vom Planetensystem hätten, wenn alle Beobachtungen unbedingt richtig, alle Schwierigkeiten der Theorie völlig besiegt wären. Besässen wir astronomische Kenntniss dessen, was innerhalb eines noch so räthselhaften Organes des Thier- oder Pflanzenleibes vorgeht, so wäre in Bezug auf dies Organ unser Oausalitätsbedürfniss so befriedigt, wie in Bezug auf das Planetensystem, d. h., soweit es die Natur unseres Intellectes gestattet, welches von vorn herein am Begreifen von Materie und Kraft scheitert. Besässen wir da- gegen astronomische Kenntniss dessen, was innerhalb des Gehirnes vorgeht, so wären wir in Bezug auf das Zustandekommen des Bewusstseins nicht um ein Haar breit gefördert. Auch im Besitze der Weltformel jener dem unsrigen so unermesslich überlegene, aber doch ähnliche Laplace’sche oder vielmehr Leibnizische Geist wäre hierin nicht klüger als wir; ja nach Leibniz’ Fiction mit solcher Technik ausgerüstet, dass er Atom für Atom, Molekel für Molekel, einen Homunculus zusammensetzen könnte, würde er ihn zwar denkend machen, aber nicht begreifen, wie er dächte. ® Die erste Entstehung des Lebens hat an sich mit dem Bewusst- sein nichts zu schaffen. Es handelt sich dabei nur um Anordnung von Atomen und Molekeln, um Einleitung gewisser Bewegungen. Folglich ist nicht bloss astronomische Kenntniss dessen denkbar, was man Urzeugung, Generatio spontanea seu aequivoca, neuerlich Abiogenese oder Heterogenie nennt, sondern diese astronomische Kenntniss würde auch in Bezug auf erste Entstehung des Lebens unser Causalitätsbedürfniss ebenso befriedigen, wie in Bezug auf die Bewegungen der Himmelskörper. Das ist der Grund, weshalb, um mit Strauss zu reden, "in der aufsteigenden Entwickelung. der Natur’ der Hiat für unser Verständniss noch nicht am Punkt A eintrifft, sondern erst am Punkte B. Übrigens habe ich keinesweges behauptet, dass mit ge- ‘gebener Empfindung jede höhere Stufe geistiger Entwickelung ver- ständlich, das Problem C ohne Weiteres lösbar sei. Ich legte auf die mechanische Unbegreiflichkeit auch der einfachsten Sinnes- empfindung nur deshalb so grosses Gewicht, weil daraus die Un- begreiflichkeit aller höheren geistigen Processe erst recht, durch ein Argumentum a fortiori, folgt. 1050 Nachtrag. Zwar erscheint die erste Entstehung des Lebens jetzt in noch tieferes Dunkel gehüllt, als da man noch hoffen durfte, Lebendiges aus Todtem im Laboratorium, unter dem Mikroskop, hervorgehen zu sehen. In Hrn. Pasteur’s Versuchen ist die Heterogenie wohl für lange, wenn nicht für immer, der Panspermie unterlegen: wo man glaubte dass Leben entstehe, entwickelten sich schon vor- handene Lebenskeime. Und doch haben die Dinge so sich ge- wendet, dass, wer nicht auf ganz kindlichem Standpunkte verharrt, - logisch gezwungen werden kann, mechanische Entstehung des Lebens zuzugeben. Dem geologischen Actualismus und der De- scendenztheorie gegenüber wird sich kaum noch ein ernster Ver- fechter der Lehre von den Schöpfungsperioden finden, nach wel- cher die schaffende Allmacht stets von Neuem ihr Werk vernichten sollte, um es, gleich einem stümperhaften Künstler, stets von Neuem, in einem Punkte besser, in einem anderen schlechter, von vorn wieder anzufangen. Auch wer an Endursachen glaubt, wird eingestehen, dass solches Beginnen wenig würdig der schaffenden Allmacht erscheine. Ihr geziemt höchstens, durch supernaturalisti- schen Eingriff in die Weltmechanik einmal einfachste Lebenskeime in’s Dasein zu rufen, aber so ausgestattet, dass aus ihnen, ohne weitere Nachhülfe, die heutige organische Schöpfung werde. Wird dies zugestanden, so ist die weitere Frage erlaubt, ob es nun nicht wieder der schaffenden Allmacht würdiger sei, auch jenes einmaligen Eingriffes in gegebene Gesetze sich zu entschlagen, und die Materie gleich von vorn herein mit solchen Kräften auszurüsten, dass unter geeigneten Umständen auf Erden, auf anderen Himmels- körpern, Lebenskeime ohne weitere Nachhülfe entstehen mussten? Dies zu verneinen giebt es keinen Grund; damit ist aber auch zu- gestanden, dass rein mechanisch Leben entstehen könne, und nun wird es sich nur noch darum handeln, ob die Materie, die sich rein mechanisch zu Lebendigem zusammenfügen kann, stets da war, oder ob sie, wie Leibniz meinte, erst von Gott geschaffen ward. Dass astronomische Kenntniss des Gehirnes uns das Bewusst- sein aus mechanischen Gründen nicht verständlicher machen würde als heute, schloss ich daraus, dass es einer Anzahl von Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Stickstoff-, Sauerstoff- u. s. w. Atomen gleichgültig sein müsse, wie sie liegen und sich bewegen, es sei denn, dass sie schon einzeln Bewusstsein hätten, womit weder das Bewusst- s Zu ee ne di Nachtrag. | 1051 sein überhaupt, noch das einheitliche Bewusstsein des Gesammt- hirnes erklärt werde. Ich hielt diese Schlussfolgernng für völlig überzeugend; Da- vid Friedrich Strauss meint, am Ende könne doch nur die Zeit ‘darüber entscheiden, ob dies wirklich das letzte Wort in der Sache sei. Das ist es nun freilich insofern nicht geblieben, als Hr. Haeckel die von mir behufs der Reductio ad absurdum gemachte Annahme, dass die Atome einzeln Bewusstsein haben, umgekehrt als meta- physisches Axiom hingestellt hat. „Jedes Atom“, sagt er, „be- „sitzt eine inhärente Summe von Kraft, und ist in diesem Sinne „beseelt. Ohne die Annahme einer “‘Atom-Seele’ sind die ge- „wöhnlichsten und allgemeinsten Erscheinungen der Chemie uner- „klärlich. Lust und Unlust, ‚Begierde und Abneigung, Anziehung „und Abstossung müssen allen Massen- Atomen gemeinsam sein; „denn die Bewegungen der Atome, die bei Bildung und Auflösung „einer jeden chemischen Verbindung stattfinden müssen, sind nur ‚„erklärbar, wenn wir ihnen Empfindung und Willen beilegen ... „Wenn der ‘Wille’ des Menschen und der höheren Thiere frei er- „scheint im Gegensatz zu dem ‘festen’ Willen der Atome, so ist „das eine Täuschung, hervorgerufen durch die höchst verwickelte „Willensbewegung der ersteren im Gegensatze zu der höchst ein- „fachen Willensbewegung der letzteren.“ Und ganz im Geist der einst von derselben Stätte aus der deutschen Wissenschaft verderblich gewordenen falschen Naturphilosophie fährt Hr. Haeckel fort m Constructionen über das "unbewusste Gedächtniss’ gewisser von ihm als “Plastidule’ bezeichneter ‘belebter' Atomcomplexe.? So verschmäht er den uns von La Mettrie gewiesenen Weg des inductorischen Erforschens, unter welchen Bedingungen Bewusst- sein entstehe.° Er sündigt wider eine der ersten Regeln des Phi- losophirens: ‘“Entia non sunt creanda sine necessitate’, denn wozu Bewusstsein, wo Mechanik reicht? Und wenn Atome empfinden, wozu noch Sinnesorgane? Hr. Haeckel übergeht die doch ge- nügend von mir betonte Schwierigkeit zu begreifen, wie den zahllosen ‘Atom - Seelen’ das einheitliche Bewusstsein des Ge- sammthirnes entspringe. Übrigens gedenke ich seiner Aufstellung nur um daran die Frage zu knüpfen, warum er es für jesuitisch hält, die Möglichkeit der Erklärung des Bewusstseins aus An- ordnung und Bewegung von Atomen zu läugnen, wenn er selber 1052 Nachtrag. nicht daran denkt, das Bewusstsein so zu erklären, sondern es als nicht weiter zergliederbares Attribut der Atome postulirt? Einem mehr in Anschauung von Formen geübten Morphologen’ ist es zu verzeihen, wenn er Begriffe wie Wille und Kraft nicht auseinanderzuhalten vermag. Aber auch von besser geschulter Seite wurden ähnliche Missgriffe begangen. Anthropomorphische Träumereien aus der Kindheit der Wissenschaft erneuernd, erklär- ten Philosophen und Physiker die Fernwirkung von Körper auf _ Körper durch den vermeintlich leeren Raum aus einem den Atomen innewohnenden Willen. Ein wunderlicher Wille in der That, zu welchem immer Zwei gehören! Ein Wille, der, wie Adelheid’s im Götz, wollen soll, er mag wollen oder nicht, und das im geraden Verhältniss des Productes der Massen und im umgekehrten des Quadrates der Entfernungen! Ein Wille, der das geschleuderte Subjeet im Kegelschnitt bewegen ‚muss! Ein Wille fürwahr, der an jenen Glauben erinnert, welcher Berge versetzt, aber in der Me- chanik bisher als Bewegungsursache noch nicht verwerthet wurde. Zu solchem Widersinn gelangt, wer, anstatt in Demuth sich zu bescheiden, die Flagge an den Mast nagelt, und durch lärmende Phraseologie bei sich und Anderen den Rausch zu unterhalten sucht, ihm sei gelungen, woran Newton verzweifelte. In welchem Gegensatze zu solchem Unterfangen erscheint die weise Zurück- haltung des Meisters, der als Aufgabe der analytischen Mechanik hinstellt, die Bewegungen der Körper zu beschreiben.? Auf alle Fälle zeigt der heftige und weit verbreitete Wider- spruch gegen die von mir behauptete Unbegreiflichkeit des Be- wusstseins aus mechanischen Gründen, wie unrecht die neuere Philosophie daran thut, diese Unbegreiflichkeit als selbstverständ- lich vorauszusetzen. Mit Feststellung dieses Punktes, also mit irgend einer der meinigen entsprechenden Argumentation, scheint vielmehr alles Philosophiren über den Geist anfangen zu müssen; wäre Bewusstsein mechanisch begreifbar, so gäbe es genau ge- nommen keine Metaphysik. Wenn ich hier einen Versuch der Neuzeit anreihe, die an- dere Schranke des Naturerkennens weiter hinauszurücken, und Licht auf die Natur der Materie zu werfen, um auch ihn als un- befriedigend zu bezeichnen, so ist meine Meinung nicht, ihn mit der Beseelung der Atome gleich niedrig zu stellen. Dieser Versuch ging aus von der Schottischen mathematisch-physikalischen Schule, von Nachtrag. 1053 Sir William Thomson und jenem Hrn. Tait, dessen Chauvinismus den Streit über Leibniz’ Antheil an der Erfindung der Infinitesimal- Reehnung wieder anfachte, und der so weit geht, Leibniz einen Dieb zu schelten,!® daher die Ehre, heut in diesem Saale genannt zu werden, ihm eigentlich nicht gebührt. Sir William Thomson und Hr. Tait glauben, dass sich aus den merkwürdigen Eigenschaf- ten, welche Hr. Helmholtz an den Wirbelringen der Flüssigkeiten entdeckte, mehrere wichtige Eigenthümlichkeiten herleiten lassen, die wir den Atomen zuschreiben müssen. Man könne sich unter den Atomen ausserordentlich kleine, von Ewigkeit her fort und fort sich drehende, verschiedentlich geknotete Wirbelringe denken. !1 Nichts kann ungerechter sein, als, wie in Deutschland geschah, diese Theorie für eine Wiederbelebung der Oartesischen Wirbel auszugeben. Obwohl in den Wirbelringen die Materie nicht, wie in den die Eisentheilehen umgebenden Strömchen die Elektricität, in der zum Ringe gebogenen Axe, sondern um diese Axe kreist, fühlt man sich durch die Ampere’sche Theorie doch günstig für die Thomson’sche gestimmt. Aber so vorschnell es wäre, Sir William Thomson’s sinnreiche Speculation, weil sie in vielen Stücken zu kurz kommt, leichthin abweisen zu wollen, Eines kann man schon sicher be- haupten: dass sie, so wenig wie irgend eine frühere Vorstellung, die Widersprüche schlichtet, auf welche unser Intellect bei seinem Bestreben stösst, Materie und Kraft zu begreifen. Denn nichts verhindert mich den Thomson’schen Wirbelring, der einem Atom Wasserstoff entsprechen soll, mir so gross vorzustellen wie die Saturnsringe, und wie soll ich mir dann die darin wirbelnde Ma- terie denken? Übrigens anerkennt die Thomson’sche Theorie, indem sie die Wirbelbewegung von Ewigkeit her bestehen, oder durch super- naturalistischen Anstoss entstehen lässt, die zweite Schwierigkeit, welche dem Begreifen der Welt entgegensteht. Dieser Schwierigkeiten lassen sich im Ganzen sieben unter- scheiden. Transcendent nenne ich darunter die, welche mir auch dann unüberwindlich erscheinen, wenn ich mir die in der aufstei- genden Entwickelung ihnen voraufgehenden gelöst denke. Die erste Schwierigkeit ist das Wesen von Materie und Kraft. Als meine eine Grenze des Naturerkennens ist sie an sich transcendent. Die zweite Schwierigkeit ist der Ursprung der Bewegung. Wir sehen Bewegung entstehen und vergehen; wir können uns die 1054 Nachtrag. Materie in Ruhe vorstellen; die Bewegung erscheint uns an der Materie als etwas Zufälliges. Unser Oausalitätsbedürfniss fühlt sich nur befriedigt, wenn wir uns vor unendlicher Zeit die Materie ruhend und gleichmässig im unendlichen Raume vertheilt denken. Da ein supernaturalistischer Anstoss in unsere Begriffswelt nicht passt, fehlt es dann am zureichenden Grunde für die erste Bewegung. Oder wir stellen uns die Materie als von Ewigkeit bewegt vor. Dann verzichten wir von vorn herein auf Verständniss in diesem Punkt. Wie bemerkt, halte ich diese Schwierigkeit für trans- cendent. Die dritte Schwierigkeit ist die erste Entstehung des Lebens. Ich sagte schon öfter und erst eben wieder, dass ich, der herge- brachten Meinung entgegen, keinen Grund sehe, diese Schwierigkeit für transcendent zu halten. Hat einmal die Materie angefangen sich zu bewegen, so können Welten entstehen; unter geeigneten Be- dingungen, die wir so wenig nachahmen können, wie die unter welchen eine Menge unorganischer Vorgänge stattfinden, kann auch der eigenthümliche Zustand dynamischen Gleichgewichtes der Ma- terie, den wir Leben nennen, geworden sein. Ich wiederhole es und bestehe darauf: sollten wir einen supernaturalistischen Act zulassen, so genügte ein einziger solcher Act, der bewegte Materie schüfe: auf alle Fälle brauchten wir nur Einen Schöpfungstag. Die vierte Schwierigkeit wird dargeboten durch die anschei- nend absichtsvoll zweckmässige Einrichtung der Natur. Organische Bildungsgesetze können nicht zweckmässig wirken, wenn nicht die Materie zu Anfang zweckmässig geschaffen wurde; also sind sie mit der mechanischen Naturansicht unverträglich. Aber auch diese Schwierigkeit ist nicht unbedingt transcendent. Hr. Darwin zeigte in der natürlichen Zuchtwahl eine Möglich- keit, sie zu umgehen, und die innere Zweckmässigkeit der or- ganischen Schöpfung, ihre Anpassung an die unorganischen Be- dingungen, durch eine nach Art eines Mechanismus mit Naturnoth- wendigkeit wirkende Verkettung von Umständen zu erklären. Den Grad von Wahrscheinlichkeit, welcher der Selectionstheorie zu- kommt, erwog ich schon früher einmal bei gleicher Gelegenheit an dieser Stelle. „Mögen wir immerhin“, sagte ich, „indem wir an diese Lehre uns halten, die Empfindung des sonst rettungs- los Versinkenden haben, der an eine ihn nur eben über Wasser tragende Planke sich klammert. Bei der Wahl zwischen Planke und ‘Nachtrag. 1055 Untergang ist der Vortheil entschieden auf Seiten der Planke“.1? Dass ich die Selectionstheorie einer Planke verglich, an der ein Schiffbrüchiger Rettung sucht, erweckte im jenseitigen Lager solehe Genugthuung, dass man vor Vergnügen beim Weiter- erzählen aus der Planke einen Strohhalm machte. Zwischen Planke und Strohhalm aber ist ein grosser Unterschied. Der auf einen Strohhalm Angewiesene versinkt, eine ordentliche Planke rettete schon manches Menschenleben: und deshalb ist auch die vierte Schwierigkeit bis auf Weiteres nicht transcendent, wie za- gend ernstes und gewissenhaftes Nachdenken auch immer wieder davor stehe. | Erst die fünfte ist es wieder durchaus: meine andere Grenze des Naturerkennens, das Entstehen der einfachen Sinnesempfindung. So eben wurde daran erinnert, wie ich die hypermechanische Natur dieses Problems, folglich seine Transcendenz, bewies. Es ist nicht unnütz zu betrachten, wie dies Leibniz thut. An meh- reren Stellen seiner nicht systematischen Schriften findet sich die nackte Behauptung, dass durch keine Figuren und Bewegungen, in unserer heutigen Sprache, keine Anordnung und Bewegung von Materie, Bewusstsein entstehen könne.!? In den sonst gerade gegen den Essay on Human Understanding gerichteten Nouveaux Essais sur 1’Entendement humain lässt Leibniz den An- walt des Sensualismus, Philalethes, fast mit Locke’s Worten !* sagen: „Vielleicht wird es angemessen sein, etwas Nachdruck auf „die Frage zu legen, ob ein denkendes Wesen von einem nicht „denkenden Wesen ohne Empfindung und Bewusstsein, wie die Ma- „terie, herrühren könne. Es ist ziemlich klar, dass ein materielles „Theilchen nieht einmal vermag, irgend etwas durch sich. hervor- „zubringen und sich selber Bewegung zu ertheilen. Entweder also „muss seine Bewegung von Ewigkeit, oder sie muss ihm durch „ein mächtigeres Wesen eingeprägt sein. Aber auch wenn sie von „Ewigkeit wäre, könnte sie nicht Bewusstsein erzeugen. Theilt „die Materie, wie um sie zu vergeistigen, in beliebig kleine Theile; „gebt ihr was für Figuren und Bewegungen Ihr wollt; macht dar- „aus eine Kugel, einen Würfel, ein Prisma, einen Cylinder u. d. m., „deren Dimensionen nur ein Tausendmilliontel eines philosophischen „Fusses, d.h. des dritten Theiles des Secundenpendels unter 45° „Breite betragen. Wie klein auch dies Theilchen sei, es wird auf „Lheilchen gleicher Ordnung nicht anders wirken, als Körper von 1056 Nachtrag. „einem Zoll oder einem Fuss Durchmesser es untereinander thun. „Und man könnte mit demselben Recht hoffen, Empfindung, Ge- „danken, Bewusstsein durch Zusammenfügung grober Theile der „Materie von bestimmter Figur und Bewegung zu erzeugen, wie „mittels der kleinsten Theilchen in der Welt. Diese stossen, „schieben und widerstehen einander gerade wie die groben, und „weiter können sie nichts. Könnte aber Materie, unmittelbar und „ohne Maschine, oder ohne Hülfe von Figuren und Bewegungen, „Empfindung, Wahrnehmung und Bewusstsein aus sich selber „schöpfen: so müssten diese ein untrennbares Attribut der Materie „und aller ihrer Theile sein“. Darauf anwortet Theophil, der _ Vertreter des Leibnizischen Idealismus: „Ich finde diese Schluss- „folgerung so fest begründet wie nur möglich, und nicht bloss ge- „nau zutreffend, sondern auch tief, und ihres Urhebers würdig. „Ich bin ganz seiner Meinung, dass es keine Oombination oder „Modification der Theilchen der Materie giebt, wie klein sie auch „seien, welche Wahrnehmung erzeugen könnte; da, wie man klar „sieht, die groben Theile dies nicht vermöchten, und in den kleinen „Lheilen alle Vorgänge denen in den grossen proportional sind.“ 15 In der später für Prinz Eugen verfassten ‘Monadologie’ sagt Leibniz kürzer und mit ihm eigener, charakteristischer Wendung; „Man ist gezwungen zu gestehen, dass die Wahrnehmung, und „was davon abhängt, aus mechanischen Gründen, d.h. durch Fi- „guren und Bewegungen, unerklärlich ist. Stellt man sich eine „Maschine vor, deren Bau Denken, Fühlen, Wahrnehmen bewirke, „so wird man sie sich in denselben Verhältnissen vergrössert den- „ken können, so dass man hineintreten könnte, wie in eine „Mühle. Und dies vorausgesetzt wird man in ihrem Inneren nichts „antreffen als Theile, die einander stossen, und nie irgend etwas „woraus Wahrnehmung sich erklären liesse.* 16 So gelangt Leibniz zu demselben Ergebniss wie wir, doch ist dazu zweierlei zu bemerken. Erstens verlor Locke’s von Leibniz angenommene Beweisführung an Bündigkeit durch die Fortschritte der Naturwissenschaft. Denn vom heutigen Stand- punkt aus könnte eingewendet werden, dass bei immer feinerer Zertheilung der Materie allerdings ein Punkt kommt, wo sie neue Eigenschaften entfaltet: bei der Diffusion, den chemischen Vorgängen, der Krystallbildung, in den Organismen. Es fällt sogar sehr auf, dass weder Locke noch Leibniz daran dachten, Nachtrag. 1057 wie es keinesweges gleichgültig ist, ob fussgrosse Klumpen Kohle, Schwefel und Salpeter neben und aufeinander ruhen, oder ob diese Stoffe in bestimmtem Verhältniss zu einem Mischpulver verrieben, und zu Klümpchen von einer gewissen Feinheit gekörnt sind. Nicht einmal die mechanische Leistung einander ähnlicher Ma- schinen ist ihrer Grösse proportional. Wenn so die Materie nach dem Grad ihrer Zertheilung andere und andere Wirkungen äussert, warum sollte sie bei noch feinerer Zertheilung nicht auch denken? Um zu dieser nur scheinbar berechtigten, doch vielleicht Manche irreleitenden Frage nicht erst Gelegenheit zu geben, ist es besser, Locke’s fortschreitende Zerkleinerung der Materie, Leibniz’ Ge- dankenmühle aus dem Spiel zu lassen, und gleich von der in ihre physikalischen Atome zerlegten Materie auszusagen, dass durch keine Anordnung und Bewegung dieser Atome das Bewusstsein er klärt wird. Die zweite Bemerkung ist, dass wir zwar bis hierher mit Leibniz gehen, aber vorläufig nicht weiter. Aus der Unbe- greiflichkeit des Bewusstseins aus mechanischen Gründen schliesst er, dass es nicht durch materielle Vorgänge erzeugt werde. Wir begnügen uns damit, jene Unbegreiflichkeit anzuerkennen, der ich gern den drastischen Ausdruck gebe, dass es eben so unmöglich ist zu verstehen, warum Zwicken des N. trigeminus Höllenschmerz verursacht, wie warum die Erregung gewisser anderer Nerven wohl- thut. Leibniz verlegt das Bewusstsein in die dem Körper zuer- theilte Seelenmonade, und lässt durch Gottes Allmacht darin eine den Erlebnissen des Körpers entsprechende Reihe von Traumbildern ablaufen. Wir dagegen häufen Gründe dafür, dass das Bewusstsein an materielle Vorgänge gebunden sei. Nicht mit voller Überzeugung stelle ich als sechste Schwierig- keit das vernünftige Denken und den Ursprung der damit eng ver- bundenen Sprache auf. Zwischen einer Amoebe und einem Men- schen, zwischen Neugeborenem und Erwachsenem ist sicher eine gewaltige Kluft; sie lässt sich aber bis zu einem gewissen Grade durch Übergänge ausfüllen. Die Entwickelung des geistigen Ver- mögens in der Thierreihe leistet dies objeetiv bis zu den anthropo- morphen Affen; um beim Einzelwesen von der einfachen Empfin- dung zu den höheren Stufen geistiger Thätigkeit zu gelangen, bedarf die Erkenntnisstheorie wahrscheinlich nur des Gedächtnisses und [1880] 76 1058 Nachtrag. des Vermögens der Verallgemeinerung. Wie gross auch der zwischen den höchsten Thieren und den untersten Menschen übrig bleibende Sprung und wie schwer die hier zu lösenden Aufgaben seien, bei einmal gegebenem Bewusstsein ist deren Schwierigkeit ganz anderer Art als die, welche der mechanischen Erklärung des Bewusstseins überhaupt entgegensteht: diese und jene sind incommensurabel. Daher bei gelöstem Problem B, um wieder Strauss’ Notation anzuwenden, das Problem C mir nicht transcendent erscheint. Wie Strauss richtig bemerkt,1? hängt aber das Problem C eng zusammen mit einem anderen, welches in unserer Reihe als sie- bentes und letztes auftritt. Dies ist die Frage nach der Willens- freiheit. Zwar liegt es in der Natur der Dinge, dass alle hier aufge- zählten Probleme die Menschheit beschäftigt haben, so lange sie denkt. Über Constitution der Materie, Ursprung des Lebens und der Sprache ist jederzeit, bei allen Culturvölkern, gegrübelt wor- den. Doch waren es stets nur wenig erlesene Geister, die bis zu diesen Fragen vordrangen, und wenn auch gelegentlich scholasti- sches Gezänk um sie sich erhob, reichte doch der Hader kaum über akademische Hallen hinaus. Anders mit der Frage, ob der Mensch in seinem Handeln frei, oder durch unausweichlichen Zwang gebunden sei. Jeden berührend. scheinbar Jedem zugänglich, innig verflochten mit den Grundbedingungen der menschlichen Gesell- schaft, auf das Tiefste eingreifend in die religiösen Überzeugungen, hat diese Frage in der Geistes- und Culturgeschichte eine Rolle unermesslicher Wichtigkeit gespielt. und in ihrer Behandlung spie- geln sich die Entwickelungsstadien des Menschengeistes deutlich ab. Das classische Alterthum hat sich nicht sehr den Kopf über das Problem der Willensfreiheit zerbrochen. Da für die antike Weltanschauung im Allgemeinen weder der Begriff unverbrüchlich bindender Naturgesetze, noch der einer absoluten Weltregierung vor- handen war, so lag kein Grund vor zu einem Conflict zwischen Willensfreiheit und dem herrschenden Weltprinceip. Die Stoa glaubte an ein Fatum, und läugnete demgemäss die Willensfreiheit, die römischen Moralisten stellten diese aber aus ethischem Bedürfniss auf naiv subjectiver Grundlage wieder her. „sSentit animus se mo- veri:“ — heisst es in den Tusculanen!? — „quod quum sentit, illud una sentit se vi sua, non aliena moveri;“ und der stoische Fatalismus wurde durch Anekdoten verspottet, wie die von dem Sklaven des Nachtrag. 1059 Zenon von Kition, der den begangenen Diebstahl durch das Fa- tum entschuldigend zur Antwort erhält: Nun wohl, so war es auch dein Fatum geprügelt zu werden. Eine Geschichte, welche heute noch am Bosporus spielen könnte, wo das türkische Kismeth an Stelle der stoischen ‘Eweguzvn trat. Der christliche Dogmatismus (gleichviel wie viel semitische und wie viel hellenistische Elemente zu ihm verschmolzen) war es, der durch die Frage nach der Willensfreiheit in die dunkelsten, selbst- gegrabenen Irrwege gerieth. Von den Kirchenvätern und Schisma- tikern, von Augustinus und Pelagius, durch die Scholastiker Scotus Erigena und Anselm von Canterbury, bis zu den Re- formatoren Luther und Calvin und darüber hinaus, zieht sich der hoffnungslos verworrene Streit über Willensfreiheit und Prae- destination. Gott ist allmächtig und allwissend; nichts geschieht, was er nicht von Ewigkeit wollte und vorhersah. Also ist der Mensch unfrei; denn handelte er anders als Gott vorherbestimmt hatte, so wäre Gott nicht allmächtig und allwissend gewesen. Also liegt es nicht in des Menschen Willen, dass er das Gute thue oder sündige. Wie kann er dann für seine Thaten verantwortlich sein? Wie verträgt es sich mit Gottes Gerechtigkeit und Güte, dass er den Menschen straft oder belohnt für Handlungen, welche im Grunde Gottes eigene Handlungen sind? Das ist die Form, in welcher das Problem der Willensfreiheit dem durch heiligen Wahnsinn verfinsterten Menschengeiste sich dar- stellte. Die Lehre von der Erbsünde, die Fragen nach der Erlösung durch eigenes Verdienst oder durch das Blut des Heilandes, durch den Glauben oder durch die Werke, nach den verschiedenen Arten der Gnade, verwuchsen tausendfältig mit jenem an Spitzfindigkeiten schon hinlänglich fruchtbaren Dilemma, und vom vierten bis zum siebzehnten Jahrhundert wiederhallten durch die ganze Christenheit Klöster und Schulen von Disputationen über Determinismus und Indeterminismus. Vielleicht giebt es keinen Gegenstand menschli- chen Nachdenkens, über welchen längere Reihen nie mehr aufge- schlagener Folianten im Staube der Bibliotheken modern. Aber nicht immer blieb es beim Bücherstreit. Wüthende Verketzerung mit allen Greueln, die damals der herrschenden Religionspartei gegen Andersdenkende freistanden, hing sich an solche abstruse Controversen um so lieber, je weniger damit Vernunft und auf- richtiges Streben nach Wahrheit zu thun hatten. 76* 1060 Nachtrag. Wie anders fasst unsere Zeit das Problem der Willensfrebet auf. Die Erhaltung der Energie besagt, dass, so wenig wie Ma- terie, jemals Kraft entsteht oder vergeht. Der Zustand der ganzen Welt, auch eines menschlichen Gehirnes, in jedem Augenblick ist die unbedingte mechanische Wjrkung des Zustandes im vorhergehen- den Augenblick, und die’ unbedingte mechanische Ursache des Zu- standes im nächstfolgenden Augenblick. Dass in einem gegebenen Augenblick von zwei Dingen das eine oder das andere geschehe, ist undenkbar. Die Hirnmolekeln können stets nur auf bestimmte Weise fallen, so sicher wie Würfel, nachdem sie den Becher ver- liessen. Wiche ein Molecül ohne zureichenden Grund aus seiner Lage oder Bahn, so wäre das ein Wunder so gross als bräche der Jupiter aus seiner Ellipse und versetzte das Planetensystem in Aufruhr. Wenn nun, wie der Monismus es sich denkt, unsere Vorstellungen und Strebungen, also auch unsere Willensacte, zwar unbegreifliche, doch nothwendige und eindeutige Begleiterscheinungen der Bewegungen und Umlagerungen unserer Hirnmolekeln sind, so leuchtet ein, dass es keine Willensfreiheit giebt; dem Monismus ist die Welt ein Mechanismus, und in einem Mechanismus ist kein Platz für Willensfreiheit. Der Erste, dem die materielle Welt in solcher Gestalt vorschwebte, war Leibniz. Wie ich an dieser Stelle schon öfter bemerklich machte, war seine mechanische Weltanschauung durchaus dieselbe, wie die unsrige. Wenn er die Erhaltung der Energie auch noch nicht wie wir durch die verschiedenen Molecularvorgänge zu ver- folgen vermochte, er war von dieser Erhaltung überzeugt. Er be- fand sich sämmtlichen Molecularvorgängen gegenüber in der Lage, in welcher wir uns noch einzelnen gegenüber befinden. Da nun Leibniz ebenso fest an eine Geisterwelt glaubte, die ethische Natur des Menschen in den Kreis seiner Betrachtungen zog, ja sich mit der positiven Religion trefflich abfand, so lohnt sich zu fragen, was ‚er von der Willensfreiheit hielt, insbesondere wie er sie mit der mechanischen Weltansicht zu verbinden wusste. Leibniz war unbedingter Determinist, und musste es seiner ganzen Lehre nach sein.!? Ernahm zwei von Gott geschaffene Sub- stanzen an, die materielle Welt und die Welt seiner Monaden. Die eine kann nicht auf die andere wirken; in beiden laufen mit unab- änderlich vorherbestimmter Nöthigung, vollkommen unabhängig von einander, aber genau Schritt haltend, mit einander harmonirende ET re u a Im Nachtrag. 1061 Processe ab: das mathematisch vor- und rückwärts berechenbare Getriebe der Weltmaschine, und in den zu jedem beseelten Einzel- wesen gehörigen Seelenmonaden die Vorstellungen, welche den scheinbaren Sinneseindrücken, Willensacten und Vorstellungen des Wirthes der Monade entsprechen. Der blosse Name der praestabi- lirten Harmonie, den Leibniz seinem Systeme giebt, schliesst die Freiheit aus. Da die Vorstellungen der Monaden blosse Traumbilder ohne mechanische Ursache, ohne Zusammenhang mit der Körperwelt sind, so hat es Leibniz leicht, die subjective Überzeugung von der Freiheit unserer Handlungen zu erklären. Gott hat einfach den Fluss der Vorstellungen der Seelenmonade so angeordnet, dass sie frei zu handeln meint. Bei anderer Gelegenheit schliesst sich Leibniz mehr der ge- wöhnlichen Denkweise an, indem er dem Menschen einen Schein von Freiheit lässt, hinter welchem sich geheime zwingende An- triebe verbergen. Durch den Artikel 'Buridan’ in seinem Diction- naire historique et critique?® hatte Pierre Bayle wieder die Auf- merksamkeit auf das vielbesprochene, fälschlich jenem Scholastiker zugeschriebene, schon bei Dante,°! ja bei Aristoteles vorkom- mende Sophisma gelenkt von dem grauen Freunde, „Der zwischen zwei Gebündel Heu ..... elendiglich verhungert, da beiderseits Alles gleich ist, er aber als Thier das france arbitre entbehrt. „Es ist wahr,* sagt Leibniz in der Theo- dicee, „dass, wäre der Fall möglich, man urtheilen müsste, dass er sich „Hungers sterben lassen würde: aber im Grunde handelt es sich um „Unmögliches; es sei denn dass Gott die Sache absichtlich verwirk- „liche. Denn durch eine den Esel der Länge nach hälftende senk- „rechte Ebene könnte nicht auch das Weltall so gehälftet werden, „dass beiderseits Alles gleich wäre; wie eine Ellipse oder sonst „eine der von mir amphidexter genannten ebenen Figuren, welche „jede durch ihren Mittelpunkt gezogene Grade hälftet. Denn weder „die Theile des Weltalls noch die Eingeweide des Thieres sind auf „beiden Seiten jener senkrechten Ebene einander gleich und gleich „gelegen. Es würde also immer viel Dinge im Esel und ausser- „halb des Esels geben, welche, obschon wir sie nicht bemerken, „ihn bestimmen würden eher der einen als der anderen Seite sich „zuzuwenden. Und obschon der Mensch frei ist, was der Esel „nicht ist, erscheint doch auch im Menschen der Fall vollkomme- 1062 Nachtrag. „nen Gleichgewichtes der Bestimmungsgründe für zwei Entschlüsse „unmöglich, und ein Engel, oder wenigstens Gott, würde stets „einen Grund für den vom Menschen gefassten Entschluss angeben „können, wenn auch wegen der weit reichenden Verkettung der „Ursachen dieser Grund oft sehr zusammengesetzt und uns selber „unbegreiflich wäre.“ 22 Über die Frage, wo beim Determinismus die Verantwortlich- - keit des Menschen, die Gerechtigkeit und Güte Gottes bleiben, hilft sich Leibniz mit seinem Optimismus fort. Am Schluss der Theo- dicee, von der ein grosser Theil diesem Gegenstande gewidmet ist, führt er, eine Fietion des Laurentius Valla fortspinnend,?3 aus, wie es für den Sextus Tarquinius freilich schlimm war, Verbrechen begehen zu müssen, für welche ihm die Strafe nicht erspart wer- den konnte. Zahllose Welten waren möglich, in denen Tarquinius eine mehr oder minder achtungswerthe Rolle gespielt, mehr oder minder glücklich gelebt hätte, darunter solche sogar, wo er als tugendhafter Greis, von seinen Mitbürgern geehrt und beweint, hochbejahrt gestorben wäre: allein Gott musste vorziehen, diese Welt zu erschaffen, in welcher Sextus Tarquinius ein Bösewicht wurde, weil voraussichtlich sie die beste, in ihr das Gute im Grossen und Ganzen ein Maximum war. ?* Es braucht nicht gesagt zu werden, dass dem Monismus mit diesen immerhin in sich folgerichtigen, aber, um das Geringste zu sagen, höchst willkürlichen und das Gepräge des Unwirklichen tragenden Vorstellungen nicht gedient sein kann, und so muss er denn selber seine Stellung zum Problem der Willensfreiheit sich suchen. Sobald man sich entschliesst, das subjective Gefühl der Freiheit für Täuschung zu erklären, ist es auf monistischer Grund- lage so leicht, wie bei extremem Dualismus, die scheinbare Frei- heit mit der Nothwendigkeit zu versöhnen. Die Fatalisten aller Zei- ten, worin auch ihre Überzeugung wurzelte, Zenon, Augustinus und die Thomisten, Calvin, Leibniz, Laplace,?° — Jacques und seinen Hauptmann nicht zu vergessen — fanden darin keine Schwie- rigkeit. Mit mässiger dialektischer Gewandtheit lässt sich Einem jenes von Cicero beschriebene Gefühl wegdisputiren. Auch im Traume fühlen wir uns frei, da doch die Phantasmen unserer Sinnsubstanzen mit uns spielen. Von vielen scheinbar mit Überlegung ausgeführten, weil zweckmässigen Handlungen wissen wir jetzt, dass sie unwill- kürliche Wirkungen gewisser Einrichtungen unseres Nervensystemes | | nn en Nachtrag. 1063 sind, der Reflexmechanismen und der sogenannten automatischen Nervencentren. Wenn wir auf den Fluss unserer Gedanken achten, bemerken wir bald, wie unabhängig von unserem Wollen Einfälle kommen, Bilder aufleuchten und verlöschen. Sollten unsere ver- meintlichen Willensacte in der That viel willkürlicher sein? Sind überdies alle unsere Empfindungen, Strebungen, Vorstellungen nur das Erzeugniss gewisser materieller Vorgänge in unserem Gehirn, so entspricht der Molecularbewegung, mit der die Willensempfin- dung zum Heben des Armes verbunden ist, auch der materielle Anstoss, der die Hebung des Armes rein mechanisch bewirkt, und es bleibt also beim ersten Blick gar kein Dunkel zurück. Das Dunkel zeigt sich aber für die meisten Naturen, sobald man die physische Sphäre mit der ethischen vertauscht. Denn man giebt leicht zu, dass man nicht frei, sondern als Werkzeug ver- borgener Ursachen handelt, so lange die Handlung gleichgültig ist. Ob Caesar in Gedanken die rechte oder linke Caliga zuerst anlegt, bleibt sich gleich, in beiden Fällen tritt er gestiefelt aus dem Zelt. Ob er den Rubicon überschreitet oder nicht, davon hängt der Lauf der Weltgeschichte ab. So wenig frei sind wir in gewissen kleinen Entschliessungen, dass ein Kenner der mensch- liehen Natur mit überraschender Sicherheit vorhersagt, welche Karte von mehreren unter bestimmten Bedingungen hingelegten wir auf- nehmen werden. Aber auch der entschlossenste Monist vermag den ernsteren Forderungen des praktischen Lebens gegenüber die Vorstellung nur schwer festzuhalten, dass das ganze menschliche Dasein nichts sei als eine Fable convenue, in welcher mechanische Nothwendigkeit dem Cajus die Rolle des Verbrechers, dem Sem- pronius die des Richters ertheile, und deshalb Cajus zum Richtplatz geführt werde, während Sempronius frühstücken gehe. Wenn Hr. Stephan uns berichtet, dass auf hunderttausend Briefe Jahr aus Jahr ein so und so viel entfallen, welche ohne Adresse in den Kasten geworfen wurden, denken wir uns nichts Besonderes dabei. Aber dass nach Quetelet unter hunderttausend Einwohnern einer Stadt Jahr aus Jahr ein naturnothwendig so und so viel Diebe, Mörder und Brandstifter sind,?6 das empört unser sittliches Gefühl; denn es ist peinlich denken zu müssen, dass wir nur deshalb nicht Verbrecher wurden, weil Andere für uns die schwarzen Loose zogen, die auch unser Theil hätten werden können. Wer gleichsam schlafwandelnd durch das Leben geht, ob 1064 Nachtrag. er in seinem Traum die Welt regiere oder Holz hacke; wer als Historiker, Jurist, Po&t in einseitiger Beschaulichkeit mehr mit menschlichen Satzungen und Leidenschaften, oder wer naturfor- schend und -beherrschend ebenso beschränkten Blickes nur mit Naturgesetzen verkehrt: der vergisst jenes Dilemma, auf dessen Hörner gespiesst unser Verstand gleich der Beute des Neuntödters schmachtet; wie wir die Doppelbilder vergessen, welche Schwindel er- regend uns sonst überall verfolgen würden. In um so verzweifelteren Anstrengungen, solcher Qual sich zu entwinden, erschöpft sich die kleine Schaar derer, die mit dem Rabbi von Amsterdam das All sub specie aeternitatis anschauen: es sei denn, dass sie wie Leibniz getrost die Selbstbestimmung sich absprechen. Die Schriften der Metaphysiker bieten eine lange Reihe von Versuchen, Willensfreiheit und Sittengesetz mit mechanischer Weltordnung zu versöhnen. Wäre ihrer Einem, etwa Kant, diese Quadratur wirklich gelungen, so würde wohl die Reihe zu Ende sein. So unsterblich pflegen nur unbesiegbare Probleme zu sein. Minder bekannt als diese metaphysischen sind die neuerlich in Frankreich hervorgetretenen, auf dasselbe Ziel gerichteten mathe- matischen Bestrebungen. Sie knüpfen an Descartes’ verunglück- ten Versuch an, die Einwirkung der Seele auf den Leib, der geistigen Substanz auf die materielle zu erklären. Obschon näm- lich Descartes die Quantität der Bewegung in der Welt für con- stant hielt, und obschon er nicht glaubte, dass die Seele Bewegung erzeugen könne, meinte er doch, dass die Seele die Richtung zu bestimmen vermöge, in welcher Bewegung stattfinde. Leibniz zeigte, dass nicht die Summe der Bewegungen, sondern die der Bewegungskräfte constant ist, und dass auch die in der Welt vor- handene Summe der Richtkräfte oder des Fortschrittes nach irgend einer im Raum gezogenen Axe dieselbe bleibt. So nennt er die algebraische Summe der jener Axe parallelen Oomponenten aller mechanischen Momente. Nach letzterem, von Descartes übersehenen Satze könne auch die Richtung von Bewegungen nicht ohne ent- sprechenden Kraftaufwand bestimmt oder verändert werden. Wie klein man sich solchen Kraftaufwand auch denke, er mache einen Theil des Naturmechanismus aus, und könne nicht der geistigen Substanz zugeschrieben werden.?” Eine Einsicht, zu welcher es wohl kaum des von Leibniz herangezogenen Apparates bedurfte, da der Hinweis auf Galilei’s Bewegungsgesetze genüst. AN Nachtrag. 1065 Der verstorbene Mathematiker Cournot,?® der durch seine Arbeiten über Elastieität rühmlich bekannte Pariser Akademiker Hr. de Saint-Venant,°” und Hr. Boussinesq, Professor in Lille, haben sich die Aufgabe gestellt, die Bande des mechanischen Determinismus durch den Nachweis zu sprengen, dass, Leibniz’ Behauptung entgegen, ohne Kraftaufwand Bewegung erzeugt oder die Richtung der Bewegung geändert werden könne. Cournot und Hr. de Saint-Venant führen dazu den der deutschen phy- siologischen Schule längst geläufigen ?° Begriff der Auslösung (de- cerochement) ein. Sie glauben, dass die zur Auslösung der will- kürlichen Bewegung nöthige Kraft nicht bloss verhältnissmässig sehr klein, sondern gleich Null sein könne. Hr. Boussinesgq seinerseits weist auf gewisse Differentialgleichungen der Bewe- gung hin, deren Integrale singuläre Lösungen der Art zulassen, dass der Sinn der weiteren Bewegung zweideutig oder völlig unbestimmt wird.?! Schon Poisson hatte auf diese Lösungen als auf eine Art mechanischen Paradoxon’s aufmerksam ge- macht.3”? Solch ein Fall ist beispielsweise der, wo ein schwerer Punkt am Umfang eines vollkommen glatten Paraboloids mit senkrechter Axe und aufwärts gerichtetem Gipfel in einer durch die Axe gelegten Ebene die tangentiale Geschwindigkeit nach oben erhält, welche er vom Gipfel fallend an derselben Stelle erlangt. Er kommt dann mit der Geschwindigkeit Null auf dem Gipfel an, und bleibt liegen, bis es etwa einem dort hausenden “Principe di- recteur' gefällt, dem Punkt in beliebiger Richtung einen Anstoss zu ertheilen, der, obschon gleich Null, doch im Stande sein soll, ihn wieder am Paraboloid hinabgleiten zu lassen. Cournot glaubt der auslösenden Kraft gleich Null, Hr. Boussi- nesq der Integrale mit singulären Lösungen schon zu bedürfen, um dadurch, in Verbindung mit dem “lenkenden Principe‘, die Mannig- faltigkeit und Unbestimmbarkeit der organischen Vorgänge zu er- klären. Die deutsche physiologische Schule, längst gewöhnt, in den Organismen nichts zu sehen als eigenartige Mechanismen, wird sich mit dieser Auffassung schwerlich befreunden, und trotz den gegen- theiligen Versicherungen, trotz der Auetorität Cournot’s und Olaude Bernard’s,°??® hinter dem "lenkenden Prineipe’ die in Frankreich stets, unter der einen oder anderen Gestalt und Benennung, wieder auftauchende Lebenskraft fürchten. 1066 Nachtrag. Dabei sei bemerkt, dass Hr. Boussinesq mich missversteht, wenn er mich in den ‘Grenzen des Naturerkennens’ sagen lässt, ein Organismus unterscheide sich von einer Krystallbildung, etwa von Eisblumen oder dem Dianabaum, nur durch grössere Ver- wiekelung. Ich lege im Gegentheil Werth darauf, den Umstand genau bezeichnet zu haben, in welchem mir alle die sinnfälligen Unterschiede zu wurzeln scheinen, die jederzeit die Menschheit trieben, in der lebenden und der todten Natur zwei verschiedene Reiche zu erkennen, obschon, unserer jetzigen Überzeugung nach, in beiden dieselben Kräfte walten. Dieser Umstand ist der, dass in den unorganischen Individuen, den Krystallen, die Materie sich in stabilem Gleichgewicht befindet, während in den organischen Individuen mehr oder minder vollkommenes dynamisches Gleich- gewicht der Materie herrscht, bald mit positiver, bald mit negativer Bilanz. Während der das Thier durchrauschende Strom von Materie der Umwandlung potentieller in kinetische Energie dient, erklärt er zugleich die Abhängigkeit des Lebens von äusseren Bedingungen, den integrirenden Reizen der älteren Physiologie, und die Vergäng- lichkeit des Organismus gegenüber der Ewigkeit des bedürfnisslos in sich ruhenden Krystalls. ®* Unseres Bedünkens kann die Theorie des unbewussten Lebens ohne sich gabelnde Integrale und ohne "lenkendes Princip’ aus- kommen. Andererseits ist zu bezweifeln, dass mit diesen Hülfs- mitteln, oder mit der Auslösung, in dem Streit zwischen Willens- freiheit und Nothwendigkeit irgend etwas auszurichten sei. Hrn. Paul Janet’s empfehlender Bericht an die Academie des Sciences morales et politiques,?° dessen lichtvolle Schönheit ich höchlich be- wundere, lässt auf die Verantwortung der drei Mathematiker hin die Möglichkeit eines mechanischen Indeterminismus gelten. Indem aber diese Lehre von der Behauptung, die auslösende Kraft könne unendlich klein sein, übergeht zu der, sie könne auch wirklich Null sein, scheint sie von einem in der Infinitesimal-Rechnung unter sanz anderen Bedingungen üblichen Verfahren unstatthaften Ge- brauch zu machen. Erstere Behauptung will doch nur sagen, dass die auslösende Kraft im Vergleich zur ausgelösten Kraft ver- schwindend klein sein könne. So verschwindet die Kraft des Flügelschlages einer Krähe, welcher die Lauine zu Fall bringt, gegen die Kraft der schliesslich zu Thal stürzenden Schneemassen, d.h. wir können eine der ersteren gleiche Kraft bei Messung der Nachtrag. 1067 letzteren vernachlässigen, weil sie bei keiner ziffermässigen Erwägung merklichen Einfluss übt, auch weit innerhalb der Grenzen der Beob- achtungsfehler fällt. Aber wie winzig, vom Thal aus betrachtet, neben der rasenden Gewalt der Lauine der Flügelschlag hoch oben erscheint, in der Nähe bleibt er ein Flügelschlag, dem ein be- stimmtes Gewicht auf bestimmte Höhe gehoben entspricht. Im Wesen der Auslösung liegt, dass auslösende und ausgelöste Kraft von einander unabhängig, durch kein Gesetz verknüpft sind. Daher es ungenau ist zu sagen, „das Verhältniss der auslösenden zur aus- „gelösten Kraft strebe der Grenze Null zu“,3° ohne hinzuzufügen, dass dies nur auf einem im Sinne der auslösenden Kraft zufälligen Wachsen der ausgelösten Kraft beruhe, also in unserem Beispiel bei sich gleich bleibendem Flügelschlag auf immer grösserer Höhe, Steilheit, Glätte der Bergwand, immer mächtigerer Anhäufung von Schnee u. d.m. So wenig kann die auslösende Kraft an sich wahr- haft Null sein, dass, soll nicht die Auslösung versagen, sie nicht einmal unter einen gewissen, von den Umständen abhängigen “Schwellenwerth’ sinken darf; und somit ist nicht daran zu denken, mit Hülfe des Principes der Auslösung zu erklären, wie eine geistige Substanz materielle Änderungen bewirken könne. Was die von Hrn. Boussinesq vorgeschlagene Lösung be- trifft, so ist der schwere Punkt im Point d’arret einfach in labilem Gleichgewicht liegen geblieben, und, um die Folgen dieser Lage- rung zu erwägen, war nicht nöthig, ihn erst durch Integration hinauf zu befördern. In der That unterscheidet sich der Fall nur durch abstraete Ausdrucksweise und mathematische Einkleidung von dem Dante’s oder Buridan’s, der sich auch so fornuliren lässt, dass das hungernde Geschöpf sich „Intra duo cibi, distanti e moventi Di un oda“ in labilem Gleichgewicht befinde. Kein “lenkendes Princip’ imma- terieller Natur vermag den schweren Punkt auf dem Gipfel des Paraboloids um die kleinste Grösse zu verschieben; auch auf bis zur Reibungslosigkeit polirter Unterlage gehört dazu eine wenn auch noch so kleine mechanische Kraft. Könnte dies eine Kraft gleich Null, so verschwände zugleich unsere zweite transcendente Schwierigkeit, Entstehung der Bewegung bei gleichmässiger Ver- theilung der Materie im unendlichen Raum; da es an einem An- stoss gleich Null ja nirgend fehlt. 1068 | Nachtrag. Hr. Boussinesgq bringt auch die bekannte Frage zur Sprache, was die Folge der Umkehr aller Bewegungen in der Welt wäre. Denkt man sich den Weltmechanismus nur aus umkehrbaren Vor- gängen bestehend, und in einem gegebenen Augenblick die Bewe- gungen aller grossen und kleinen Theile der Materie mit gleicher Geschwindigkeit in gleicher Richtung umgekehrt, wie die eines zurückgeworfenen Balles, so müsste die Geschichte der materiellen Welt sich rückwärts wieder abspielen. Alles, was je sich er-. eignet, trüge sich in umgekehrter Ordnung nach gemessener Frist wieder zu, das Huhn würde wieder zum Ei, der Baum wüchse rückwärts zum Samen, und nach unendlicher Zeit löste der Kosmos wieder zum Chaos sich auf. Welche Empfindungen, Strebungen, Vorstellungen begleiteten nun wohl die verkehrten Bewegungen der Hirnmolekeln? Wären die geistigen Zustände nur an Stellungen von Atomen geknüpft, so würden mit denselben Stellungen dieselben Zustände wiederkehren, was zu wunderlichen Folgerungen, im All- gemeinen zu der führt, dass stets einen Augenblick ehe wir etwas beabsichtigten davon das Gegentheil geschähe. Wir können uns aber die Erwägung der hier denkbaren Möglichkeiten sparen. Nicht bloss, wie Hr. Boussinesq ausführt, wegen der in Punkten labilen Gleichgewichtes sich gabelnden oder völlig unbestimmt wer- denden Integrale, sondern auch sonst ist die Annahme falsch, dass so die Kurbel der Weltmaschine auf 'Rückwärts” gestellt werden könnte. Unter Anderem würde die durch Reibung in Wärme um- gewandelte Massenbewegung nicht wieder in denselben Betrag mit verändertem Vorzeichen gleichgerichteter Massenbewegung zurück- verwandelt werden. Die verkehrte Welt bleibt ein unmögliches me- chanisches Phantasiestück, aus welchem über Zustandekommen von Bewusstsein und über Willensfreiheit nichts sich folgern lässt. 37 Mit unserer siebenten Schwierigkeit also steht es so, dass sie keine ist, wofern man sich entschliesst, die Willensfreiheit zu läug- nen und das subjective Freiheitsgefühl für Täuschung zu erklären, dass sie aber anderenfalls für transcendent gelten muss; und es ist dem Monismus nur ein schlechter Trost, dass er den Dualismus in dem Maass hülfloser in das gleiche Netz verstrickt sieht, wie dieser mehr Gewicht auf das Ethische legt. In diesem Sinne schrieb ich einst, in der Vorrede zu meinen "Untersuchungen über tbierische Elektrieität’, die Worte, auf welche sich jetzt Strauss gegen mich berief:3® „Die analytische Mechanik reicht bis zum Pro- Nachtrag. 1069 blem der persönlichen Freiheit, dessen Erledigung Sache der Ab- stractionsgabe jedes Einzelnen bleiben muss.“?? Es kam aber später, ich mache daraus kein Hehl, für mich der Tag von Damaskus. Wie- derholtes Nachdenken zum Zweck meiner öffentlichen Vorlesungen “Über einige Ergebnisse der neueren Naturforschung’ führte mich zur Überzeugung, dass dem Problem der Willensfreiheit min- destens noch drei transcendente Probleme vorhergehen: nämlich ausser dem auch schon früher von mir unterschiedenen des We- sens von Materie und Kraft, das der ersten Bewegung und das der ersten Empfindung in der Welt. Dass die sieben Welträthsel hier wie in einem mathematischen Aufgabenbuch hergezählt und numerirt wurden, geschah wegen des wissenschaftlichen Divide et impera. Man kann sie auch zu einem einzigen Problem, dem Weltproblem, zusammenfassen. Der gewaltige Denker, dessen Gedächtniss wir heute feiern, - glaubte dies Problem gelöst zu haben: er hatte sich die Welt zu seiner Zufriedenheit zurechtgelegt. Könnte Leibniz, auf seinen eigenen Schultern stehend, heut unsere Erwägungen theilen, er sagte sicher mit uns: "Dubitemus. Anmerkungen. 1 Über die Grenzen des Naturerkennens. Ein Vortrag in der zweiten öffentlichen Sitzung der 46. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte zu Leipzig am 14. August 1872 gehalten von E. du Bois-Reymond. Leipzig 1872; — Zweite Auflage. Leipzig 1872; — Dritte Auflage. Leip- zig 1873; — Vierte, vermehrte und verbesserte Auflage. Leipzig 1876. 2 Ernst Haeckel, Anthropogenie oder Entwickelungsgeschichte des Menschen. Leipzig 1874. S. xıff. 3 Vergl. in diesen Berichten, 1875. S. 104. 105; — La Mettrie. Rede in der öffentlichen Sitzung der K. Preuss. Akademie der Wissenschaften zur Gedächtnissfeier Friedrich’s II. am 26. Januar 1875 gehalten von E. du Bois-Reymond, beständigem Secretar. Berlin. 1875. S. 29. % 1070 Nachtrag. 4 Friedr. Albert Lange, Geschichte des Materialismus und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart. Zweite Auflage. Zweites Buch. Iser- lohn 1873. S. 148 ff. 5 „Ein Nachwort als Vorwort zu den neuen Auflagen meiner Schrift: „„Der alte und der neue Glaube“.“ Gesammelte Schriften von David Fried- rich Strauss u.s. w. Eingeleitet u. s. w. von Eduard Zeller. 6. Band. Bonn 1971. ..261. 6 Vergl.: „Über die Grenzen des Naturerkennens u. s. w.“ ? Ernst Haeckel, Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellen- zeugung der Lebenstheilchen. Ein Versuch zur mechanischen Erklärung der elementaren Lebensvorgänge. Berlin 1876. S. 38. 39. 3 Diese Berichte, 1875. 'S.101.102; — La Mettrie. U.s.w. Berlin 1825. 8.28. 9 Gustav Kirchhoff, Vorlesungen über mathematische Physik. Mechanik. Leipzig 1876. S. ım. 1. 10 Nature: a weekly illustrated Journal of Science. vol. V. p. 81 (Nov. 30, 1871); — vol. XIX. p. 288 (Jan. 30, 1879). — Vergl. „Über das National- gefühl“. Rede zur Gedächtnissfeier des Kaisers in der Akademie der Wissen- schaften zu Berlin am 28. März 1878 gehalten von E. du Bois-Reymond. Diese Berichte, 1878. S. 241ff.; — Nord und Süd. U.s. w. 1878. Bd.V. S. 320. 321: — Besonders erschienen bei Dümmler. 1879. S. 27 ff. 11 P.G. Tait, Lectures on Some Recent Advances in Physical Science with a special Lecture on Force. Second Edition, revised. London 1876. p- 290 sqg- 12 Diese Berichte, 1876. S. 400; — Darwin versus Galiani. Rede in der öffentlichen Sitzung der K. Preuss. Akademie der Wissenschaften zur Feier des Leibnizischen Jahrestages am 6. Juli 1876 gehalten von E. du Bois- Reymond, beständigem Secretar. Berlin 1876. S. 23. 13 God. Guil. Leibnitii Opera philosophica. Ed. Erdmann. Bero- lini 1840. p. 203 (Replique aux reflexions ... de Mr. Bayle); — p. 463 (Commentatio de Anima Brutorum, $ IV). 14 'The Works of John Locke in ten volumes. Vol. II. London 1812. p. 55. 56. 15 Leibnitii Opera etc. L. c. p. 375. 376. — Cfr. Avant-propos, p. 203. 16 Leibnitii Opera etc. L. e. p. 706. — Leibniz konnte wohl bei dem Prinzen die Kenntniss keiner anderen grossen Maschine voraussetzen, als einer Mühle. Ihm selber war die Dampf- (Feuer-) Maschine eine ganz vertraute Vorstellung (Leibnizens und Huygens’ Briefwechsel mit Papin, nebst der Biographie Papin’s u.s. w. Bearbeitet und auf Kosten der K.. Preuss. Akademie der Wissenschaften herausgegeben von Dr. E. Gerland. Berlin 1881.) Nachtrag. 1071 17 A.a. ©. S. 267. 268. 18 M. Tullii Ciceronis Scripta quae manserunt omnia. Recognovit Reinholdus Klotz. Partis IV. vol. I. Lipsiae 1872. p. 261. 262 (Tus- culanarum Disputationum Lib. I. Cap. 23). 19 Vergl. unter anderen: Lettre a Mr. Bayle (1702) Opera etc. p. 191. „Pour ce qui est du france arbitre, je suis de l’avis des 'Thomistes et autres philosophes, qui croient que tout est predetermine.“ | 20 Dietionnaire historique et critique etc. Cinquieme Edition. A Amster- dam ete. 1740. Fol. t.I. p. 708 et suiv. 21 TI Paradiso. Canto quarto. V. 1 sqg. 22 Theodicee. Essais sur la Bonte de Dieu, la Libert€ de ’ Homme et l’Origine du Mal. Partie 1.49 (Opera etc. p. 517). — Buridan’s Esel kommt bei Leibniz noch vor: l.c. p. 225. 448. 449. 594. 23 Laurentii Vallae Opera etc. Basileae apud Henrichum Petrum, Mense Augusto, Anno MDXLIII. (Gr. 8°). p. 1005. (In der Schrift: De Libero Arbitrio ad Garsam Episcopum Illerdensem.) 24 L. c. p. 620. (Partie III. $ 405 sqgq.) 25 Essai philosophique sur les Probabilites. Seconde Ed. Paris 1814. p. 3. 26 Sur ’Homme et le Developpement de ses Facultes, ou Essai de Phy- sique sociale. Bruxelles 1836. t. II. p. 171 et suiv. | 27 Leibnitii Opera etc. p. 133: „..... il se conserve non seulement la m&me quantite de la force mouvante, mais encore la meme quantite de direction vers quel cote qwon le prenne dans le monde. C’est-ä-dire: me- nant une ligne droite telle qu'il vous plaira, et prenant encore des corps tels et tant qu'il vous plaira; vous trouverez, en considerant tous ces corps en- semble, sans omettre aucun de ceux qui agissent sur quelgu’un de ceux que vous avez pris, quil y aura toujours la m&me quantit& de progres du m&me cöte dans toutes les paralleles a la droite que vous avez prise: prenant garde qu'il faut estimer la somme du progres, en Ötant celui des corps qui vont en sens contraire de celui de ceux qui vont dans le sens qu’on a pris.* — fr. p- 108. 429. 430. 520. 645. 702. 711. 723. 285 Traite de l'’enchainement des idees fondamentales dans les Sciences et dans I’Histoire. 1861. t.I. p. 364. 370. 374. (Nach Boussinesgq [s. Anm. 31] angeführt.) ; 293 Accord des lois de la Mecanique avec la Liberte de ’homme dans son action sur la Matiere. Comptes rendus etc. 5 Mars 1877, t. LXXXIV. p- 419 et suiv. 30 Man sehe meine Auseinandersetzung in: Die Fortschritte der Physik im Jahre 1847. Dargestellt von der physikalischen Gesellschaft zu Berlin. Bd. III. Berlin 1850. S. 415. 1072 Nachtrag. 31 Conciliation du veritable Determinisme mecanique avec l’existence de la Vie et de la Liberte morale. (Extrait des Memoires de la Societe des Sciences, de l’Agriculture et des Arts de Lille, annde 1878, t. VI, 4® serie). Paris 1878. — S. auch Comptes rendus etc. 19 Fevrier 1877. t. LXXXIV. p- 362. 32 Journal de l’Reole Polytechnique. XIII® cahier. t. VI. 1806. p. 63. 106. 33 Claude Bernard, Rapport sur le marche et les progres de la phy- siologie generale en France. Paris 1867. p. 223. 34 „Über die Grenzen des Naturerkennens.“ In allen Auflagen. Vierte \ Auflage S. 17.18. 35 Comptes rendus de l’Academie des Sciences morales et politiques. 1878. t. IX. p. 696 et suiv.; — Abgedruckt bei Boussinesgq, L. c. p. 3 et suiv. 36 De Saint-Venant, ].c. p. 422: „Nous avons dit que la produc- tion des plus immenses effets n’exigeait qu’un &change adequat des deux especes d’energie“, — potentielle et actuelle ou cinetique — „et que la pro- portion du travail determinant le commencement de cet echange tendait vers une limite zero. Rien n’emp£che donc de supposer que l’union toute myste- rieuse du sujet a son organe ait ete etablie telle, qu'elle puisse, sans travail mecanique, y determiner le commencement de pareils echanges.“ Die cursiv gedruckten Worte habe ich hervorgehoben. 37 Hr. Boussinesg führt über diesen Gegenstand eine Schrift von dem Ingenieur en chef Philippe Breton an -unter dem Titel: La Reversion ou le monde & l’envers. Paris 1876, welche ich mir nicht verschaffen konnte. 33 A.a. O. S. 267. 39 A.a.0. Bd. I. Berlin 1848. S. xxxv. xxxvı. Namen -Register. Die mit * bezeichneten Vorträge sind nicht mitgetheilt. *Auwers, über südliche Sternkataloge, 994, Bernstein, J., Professor in Halle, über den zeitlichen Verlauf der elek- trotonischen Ströme des Nerven, 186 —192. *Beyrich, über die Gastropoden aus deutschen Tertiärbildungen in der Petrefactenkunde Schlotheim’s, 615. Borchardt, C. W., dessen Tod angezeigt, 592. Bruns, über die von Diogenes Laertius überlieferten Testamente der grie- chischen Philosophen Plato, Aristoteles u. s. w., 164. ‚ dessen Tod angezeigt, 994. Buschmann, J.K.E., dessen Tod angezeigt, 369. Chasles, M., dessen Tod angezeigt, 1039. Conze, Vortrag über Pergamon, 135 — 146. ‚ Übersicht der bei den Ausgrabungen von Pergamon gefundenen Inschriften, 310. hi , über die epigraphische Ausbeute der Ausgrabungen von Pergamon, 343. a ‚„ über die Gigantomachie- Reliefs des grossen pergamenischen Al- tars, 457. * ‚„ Bericht über die Ausgrabungen von Pergamon, 759. ‚ über die neusten Ausgrabungen in Pergamon, 928. Curtius, Festrede zur Feier des Jahrestags Friedrich’s IIL., 125 — 133. ‚ über die Altäre von Olympia, 993. ‚„ über ein Decret der Anisener zu Ehren des Apollonios, 646 — 651. Dedekind, R., in Braunschweig, zum correspondirenden Mitgliede ge- wählt, 309. *Dillmann, zur Geschichte des Axumitischen Reiches im 4. bis 6. Jahr- hundert, 342. [1880] IT 1074 Namen- Register. *Droysen, Friedrich’s II. Stellung nach dem Dresdener Frieden, 323. *_______, über Friedrich des Grossen Absicht seine Memoiren für die Jahre 1746 —1753 fortzusetzen, 718. ; *du Bois-Reymond, Beiträge zur Naturgeschichte des Zitteraals (Gym- notus electricus) nach des verstorbenen Dr. Carl Sachs’ Beobachtun- gen, 451. ‚„ Beantwortung der Antrittsreden der Herren Schwen- dener und Eichler, 625 — 628. er; ‚„ Antwort auf die Antrittsrede des Hrn. Munk, 631 — 633. ‚ Festrede zur öffentlichen Sitzung am Leibnizischen Jahrestage, 1045 — 1072. Dumas, Jean-Baptiste, zum auswärtigen Mitgliede gewählt, 743. *Duncker, über Napoleon’s beabsichtigten Übergang nach England, 26. Eichler, Aug. Wilh., zum ordentlichen Mitgliede gewählt, 342. ‚ Antrittsrede, 623 — 625. *Ewald, über die Grenzen des Magdeburgisch-Köthenschen Grauwackenge- birges, 645. * _____, weitere Beobachtungen über das Magdeburg-Köthener paläozoische Gebirge, 707. Frölich, Dr. O., Ingenieur in Berlin, Beschreibung der Versuche des Eta- blissements von Siemens & Halske über dynmamoelektrische Maschinen und elektrische Kraftübertragung und theoretische Folgerungen aus den- selben, 962 — 985. Gerhardt, zwei neu aufgefundene Leibnizische Manuscripte, 824 — 833. Goldstein, E., Dr. phil. in Berlin, über die Entladung der Elektricität in verdünnten Gasen, 82 — 106. ‚ über elektrische Lichterscheinungen in Gasen, 106 —124. *Hagen, über die Wasserstandsbeobachtungen an preussischen Flüssen in den Jahren 1845 — 1879, 451. Harms, Friedrich, dessen Tod angezeigt, 341. Harold, Frh. von, in Berlin, Beschreibung neuer von Hrn. Hildebrandt gesammelten Coleopteren, 260 — 270. Helmholtz, über Bewegungsströme am polarisirten Platina, 285 — 305. Hildebrandt, J. M., die Berginsel Nossi-Kömba und das Flussgebiet des Semberäno auf Madagascar, 213 — 217. Hilgendorf, über eine neue bemerkenswerthe Fischgattung Leucopsarion aus Japan, 339 — 341. Hofmann, über die Einwirkung des Schwefels auf Phenylbenzamid, 15—23. ‚ über eine Reihe aromatischer, den Senfölen und Sulfocyanaten isomerer Basen, 545 — 562. Namen-Register. 1075 Hofmann, zur Kenntniss des Amidophenylmercaptans oder Sulfhydranilins, 562 — 580. | ‚ über sechsfach methylirtes Benzol, 580 — 584. ‚ über Erkennung und Bestimmung kleiner Mengen von Schwefel- kohlenstoff, 584 — 590. ‚„ Umwandlungen des Schwefeleyanmethyls unter dem Einflusse erhöhter Temperatur, 616 — 620. ‚ noch einige weitere Beobachtungen über das Amidophenylmer- captans, 1038. ‚„ zur Kenntniss des Amidonaphtylmercaptans uud seiner Deri- vate, 1038. ‚„ Einwirkung des Schwefels auf das Toluylbenzamid, 1038. ‚„ Einwirkung des Ammoniaks auf den tertiären Sulfocyansäure- Methyläther, 1038. ‚ Apparat zur Veranschaulichung der Schwefelsäure - Fabrication, 1038. Jagic, V., in St. Petersburg, zum correspondirenden Mitgliede gewählt, 1039. Keller, Ferd., in Zürich, zum correspondirenden Mitgliede gewählt, 1039. Kielhorn, F., in Poonah, zum correspondirenden Mitgliede gewählt, 1039. *Kiepert, Beiträge zur antiken Topographie Makedoniens nach den Ergeb- nissen der neuesten Localuntersuchungen, vorzüglich der österreichischen Ingenieure, 199. z ,„ Entwurf einer neuen Karte von Kleinasien, 592. Kirchhoff, A., zwei neugefundene Fragmente der attischen Tributlisten, 453 — 456. — 7, über die von T'hukydides benutzten Urkunden, 834 — 854. Kirchhoff, G., Vorlegung eines von Hrn. Wild zu St. Petersburg heraus- gegebenen Atlas der Jahres- und der Monats-Isothermen des Russischen Reiches 592. —_— 7, über die Messung elektrischer Leitungsfähigkeiten, 601 — 613. | Kronecker, über die Irreductibilität von Gleichungen, 155 —162. R ‚„ zur Theorie der quadratischen Formen und der singulären Moduln der elliptischen Functionen, 200. — 2, über die Potenzreste gewisser complexer Zahlen, 404 — 407. ‚ über den vierten Gaufs’schen Beweis des Reeiprocitätsgesetzes für die quadratischen Reste, 686 — 698, % 77 1076 Namen-Register. Kronecker, Bemerkungen zu einer Mittheilung vom 29. Juli d. J., 854 — 860. —, über die symmetrischen Functionen, 936 — 948. Krüger, P., Professor in Königsberg, neue Bruchstücke aus Papiniani liber V responsorum, 363 — 369. 4 *Kuhn, über Spuren des periodischen Mondmonats aus indogermanischer Zeit, 928. Kummer, über die cubischen und biquadratischen Gleichungen, für welche‘ die zu ihrer Auflösung nöthigen Quadrat- und Cubikwurzelausziehungen alle rational auszuführen sind, 930 — 936. Kundt, über den Einfluss des Druckes auf die Oberflächenspannung an der gemeinschaftlichen Trennungsfläche von Flüssigkeiten und Gasen und über die Beziehung dieses Einflusses zum Cagniard de la Tour’schen Zustand der Flüssigkeiten, 812 — 824. Lingenthal, Zachariä von, Mittheilung über eine Handschrift, 79—81. Malmsten, C.J., in Upsala, zum Ehrenmitgliede gewählt, 1039. Miller, W. H., dessen Tod angezeigt, 452. *Mommsen, litterarisch-epigraphische Miscellen, 310. —, Festrede zur Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers und Königs, 311— 323. { *___ 2, Vorlegung einer Photographie von drei Bleitafeln aus England _ 1 und Abschrift einer Bleitafel mit Verwünschungen aus Minturnae, 456. | * 2, Vorlegung einer kleinen in Rom kürzlich gefundenen Vasen- Inschrift ältesten Lateins, 591. —, neu gefundenes Bruchstück eines römischen Volksbeschlusses aus Ateste und Erläuterung dessen Inhalts, 801. Morin, A.-J., dessen Tod angezeigt, 233. Moser, L., dessen Tod angezeigt, 233. *Müllenhoff, über die Scandinavier des Königs Rodwulf, 591. *———, über die älteste Verbreitung und Stellung der Finnen im DELL ED E nördlichen und nordöstlichen Europa, 986. Munk, H., zum ordentlichen Mitgliede gewählt, 342. ‚ über die Sehsphären der Grosshirnrinde, 485 — 507. ‚„ Antrittsrede, 628 — 631. Nitzsch, über niederdeutsche Kaufgilden, 370 — 403. — , dessen Tod angezeigt, 590. Nöldeke, über den Gottesnamen El (ON); 760 — 776. Olshausen, zur Erläuterung einiger Nachrichten über das Reich der Ar- saciden, 344 — 362. | ——— , Erläuterungen zur Geschichte der Pahlavi-Schrift, 897 — 910. een Namen-Register. 1077 “ Oppolzer, Th. von, Professor in Wien, über die Sonnenfinsterniss des Schuking, 166 —185. — , über die Bestimmung grosser wahrer Anomalien in _ parabolischen Bahnen, 511— 515. Peters, C. A. F., dessen Tod angezeigt, 451. Peters, W., Mittheilung über die von Hrn. Dr. F. Hilgendorf in Japan ge- sammelten Chiropteren, 23 — 25: —_ ____, über eine neue Art der Nagergattung Anomalurus von Zanzibar, 164 —165. , Mittheilung über neue oder weniger bekannte Amphibien des Ber- liner Zoologischen Museums, 217— 224. ‚ über neue Flederthiere (Vesperus, Vampyrops), 258 — 259. ‚ über die von Hrn. Gerhard Rohlfs und Dr. A. Stecker auf der Reise nach der Oase Kufra gesammelten Amphibien, 305 — 309. ‚ über die von Hrn. J. M. Hildebrandt auf Nossi-Be und Madaga- scar gesammelten Säugethiere und Amphibien, 508 — 511. > , Nachtrag zu seiner Abhandlung über die Ohrenrobben (Otaria), 544. ‚ eine neue Gattung von Geckonen, Scalabotes thomensis, welche Hr. Prof. Greeff auf der westafricanischen Insel St. Thome entdeckt hat, 795 — 198. _—___, über die von der chinesischen Regierung zu der internationalen Fischerei-Ausstellung gesandte Fischsammlung aus Ningpo, 921— 927. _—_ ____, über eine Sammlung von Fischen, welche Hr. Dr. Gerlach in Hongkong gesandt hat, 1029 —1037. Quincke, über elektrische Ausdehnung, 200 — 212. Rammelsberg, über moleculare Erscheinungen am Zinn und Zink, 225 — 233. ‚„ über die Zusammensetzung des Descloizits und der natür- lichen Vanadinverbindungen überhaupt, 652 — 669. , über die Zusammensetzung des Pollueits von Elba, 669— 671. —— , über einige neue Producte der Sodafabrication, 777—786. ee ‚ über die Reduction der Vanadinsäure auf nassem Wege, 787—790. *Reichert, zur vergleichenden Anatomie des Schädels der Säugethiere mit Beziehung auf normale und anomale Hörmnerbildung, 929. *Sachau, Professor in Berlin, über die Lage von Tigranocerta, 928. *Schott, Beiträge zur chinesischen Bücherkunde, 452. Schrader, über den Lautwerth der Zeichen I und SEIT im Assyri- schen, 271— 234. ‚ Mittheilung über eine angeblich antike Dariusstele, 1038. Schwendener, über Spiralstellungen bei Florideen, 327— 338, 1078 Namen-Begister. Schwendener, über die durch Wachsthum bedingte Verschiebung klein- ster Theilchen in trajectorischen Curven, 408 — 433. _—_, Antrittsrede, 621— 623. | Siemens, über die Abhängigkeit der elektrischen Leitungsfähigkeit der Kohle von der Temperatur, 1— 15. ‚ die dynamoelektrische Maschine, 949 — 961. Smith, Henry J. S., in Oxford, zum correspondirenden Mitgliede ge- wählt, 343. Sohnke, L., Professor am Polytechnicum in Karlsruhe, neue Untersuchun- gen über Newton’sche Ringe, 910 — 921. Spengel, L., dessen Tod angezeigt, 1039. Studer, Th., Professor in Bern, Übersicht über die während der Reise S. M. Corvette Gazelle um die Erde 1874—76 gesammelten Echinoi- den, 861— 885. *Vahlen, über ungedruckte Schriftstücke des Laurentius Valla, 163. *Virchow, über die anthropologischen Ergebnisse der seitherigen Ausgra- bungen in der Troas, 82. ‚ über anomale Bildungen der Schläfengegend und über partielle Microcephalie, besonders der Umgebung der sylvischen Grube, 155. ‚ über den Schädel des jungen Gorilla, 516 — 543. ‚ über die Sakalaven, 995 —1029. Vogel, H.C., Observator am Astrophys. Observatorium zu Potsdam, über eine einfache Methode zur Bestimmung der Brennpunkte und der Ab- weichungskreise eines Fernrohrobjectivs für Strahlen verschiedener Brech- barkeit, 433 — 441. ‚ Resultate spectralphotometrischer Untersuchungen, 801— 811. Vogel, H. W., Professor an der Gewerbeakademie in Berlin, über die neuen Wasserstofflinien, die Spectra der weissen Fixsterne und die Dissociation des Calciums, 192 —198. *Waitz, über die Gesta und die Historia gloriosa Ludovici VII, 26. ‚ Jahresbericht über die Monumenta Germaniae Historica, 639 — 644. Wangerin, A., Professor in Berlin, neue Untersuchungen über Newton- sche Ringe, 910 — 921. Weber, A., über zwei Parteischriften zu Gunsten der Maga, resp. Cakadvipiya Brähmana, 27—78. ‚ über das Saptacatakam des Hala, 759. * Fri ‚ über iranische Sternbilder und Himmelstheilung, 760. Weber, H.F., Professor in Zürich, die Beziehung zwischen dem Wärme- leitungsvermögen und dem elektrischen Leitungsvermögen der Metalle, 457— 478, Namen-Register. 1079 Websky, über die Berechnung der Elemente einer monoklinischen Krystall- Gattung, 239 — 257. : — — _, über die Krystallform des Descloizits, 672 — 685. — , über die Krystallform des Vanadinits von Cördoba, 799 — 800. Weierstrass, über einen functionentheoretischen Satz des Hrn. G. Mittag- Leffler, 707— 717. ‚„ zur Functionenlehre, 719 — 743. 3 —— , über die Zerlegung algebraischer Functionen, 995. Wesendonck, C., in Berlin, über Spectra der Kohlenstoffverbindungen, 791— 794. Zart, G., Gymnasiallehrer in Fürstenwalde, ist Verfasser einer eingegange- nen Preisbewerbungsschrift, 986. Zeller, Vorlegung des IV. Bandes der von Hrn. Gerhardt in Eisleben herausgegebenen philosophischen Schriften von Leibniz, 613. | e ‚ über die äussere Bezeugung einiger platonischer und aristotelischer Schriften, 993. Sach- Register. Acontias Hildebrandti n. sp., 510. Adoretus senatorius n. sp., 269. Alcides humerosus n. sp., 260. Amidophenylmercaptan oder Sulfhydranilin, zur Kenntniss desselben, von Hofmann, 562 — 880. Amphibien, über neue oder weniger bekannte des Berliner Zoologischen Museums, von W. Peters, 217— 224. ‚ über die von Hrn. Gerhard Rohlfs und Dr. A. Stecker auf der Reise nach der Oase Kufra gesammelten, von W. Peters, 305 — 309. Anatomie. — Virchow, über den Schädel des jungen Gorilla, 516 — 543. Anisener, über ein Decret derselben zu Ehren des Apollonios, von Cur- tius, 646 — 651. Anomalurus, Nagergattung, über eine neue Art derselben von Zanzibar, von W. Peters, 164 —165. Sr sortentalis sp-ns 164. Anthropologie. — Virchow, über die Sakalaven, 995 — 1037. Archäologie. — Conze, Vortrag über Pergamon, 135 —146. — Schrader, Mittheilung über eine angeblich antike Dariusstele, 1038. Arsaciden, zur Erläuterung einiger Nachrichten über das Reich derselben, von J. Ölshausen, 344 — 362. Assyrische Sprache, über den Lautwerth von Zeichen derselben, von Schrader, 271— 284. Astronomie. — Oppolzer, über die Sonnenfinsterniss des Schu-king = AR | N ’ 166 —185. — H. W. Vogel, über die neuen Wasserstofflinien, die Spec- tra der weissen Fixsterne und die Dissociation des Calciums, 192 —198. — H.C. Vogel, über eine einfache Methode zur Bestimmung der Brenn- punkte und der Abweichungskreise eines Fernrohrobjectivs für Strahlen verschiedener Brechbarkeit, 4335 — 441. — Oppolzer, über die Bestim- mung grosser wahrer Anomalien in parabolischen Bahnen, 511— 515. — j H. C. Vogel, Resultate spectralphotometrischer Untersuchungen, 801—811. Sach- Register. 1081 Ausdehnung, s. elektrische Ausdehnung. Barbus brevifilis n. sp., 1033. Barbus Gerlachi n. sp. 1034. E Basen, über eine Reihe aromatischer den Senfölen und Sulfocyanaten iso- merer, von Hofmann, 545 — 562. Benzol, über sechsfach methylirtes, von Hofmann, 580 — 584. Bericht des Curatoriums der Humboldtstiftung für das Jahr 1879, 133—135 — der Bopp-Stiftung, 639 — über die akademischen Preisfragen, 633— 638. 986 — über die Monumenta Germaniae Historica, 639 — 644. Berichtigungen, 699. 860. Bewegungsströme, über dieselben am polarisirten Platina, von Helmholtz, 285 — 305. Blitzableiter, drei Gutachten über die Anlage derselben, 744 — 756. Bopp-Stiftung, Bericht der vorberathenden Commission für das Jahr 1879, 639. Botanik. — Schwendener, über Spiralstellungen bei Florideen, 327— 338. — Derselbe, über die durch Wachsthum bedingte Verschiebung kleinster Theilchen in trajectorischen Curven, 408 — 433. Brennpuncte, Methode zur Bestimmung derselben und der Abweichungs- kreise eines Fernrohrobjectivs für Strahlen verschiedener Brechbarkeit, von H.C. Vogel, 433 — 441. Cagniard de la Tour’scher Zustand der Flüssigkeiten, 812. Cäkadvipiya Brähmana s. Maga Brähmana. Caleium, Dissociation desselben, 192. Calosoma procerum n. sp., 260. Candeza basalis n. sp., 269. Catharsius Brutus n. sp., 263. Ceratocrates dubius n. sp., 265. Ze rrHildebrandti'n. sp, 264. Chemie. — Hofmann, über die Einwirkung des Schwefels auf Phenylben- zamid, 15— 23. — H. W. Vogel, über die neuen Wasserstofflinien, die Spectra der weissen Fixsterne und die Dissociation des Calciums, 192 —198. — Hofmann, über eine Reihe aromatischer den Senfölen und Sulfoeyanaten isomerer Basen, 545 — 562. — Hofmann, zur Kennt- niss des Amidophenylmercaptans oder Sulfhydranilins, 962 — 580. — Hofmann, über sechsfach methylirtes Benzol, 580 — 584. — Hof- mann, über Erkennung und Bestimmung kleiner Mengen von Schwe- felkohlenstoff, 584— 590. — Hofmann, Umwandlungen des Schwefel- eyanmethyls unter dem Einflusse erhöhter Temperatur, 616 — 620. — Rammelsberg, über die Zusammensetzung des Descloizits und der natür- lichen Vanadinverbindungen überhaupt, 652 — 669. — Rammelsberg, 1082 Sach-Register. über die Zusammensetzung des Pollucits von Elba, 669 — 671. — Ram- melsberg, über einige neue Producte der Sodafabrication, 777—786. — Rammelsberg, über die Reduction der Vanadinsäure auf nassem Wege, 787—790. — Wesendonck, über Spectra der Kohlenstoffverbindungen, 791— 794. | Chiropteren, Mittheilung über die von Hrn. Dr. F. Hilgendorf in Japan gesammelten, von W. Peters, 23 — 25. | Chlaenius Hildebrandti n. sp., 261. _ 2. N 2 mpo bi ursin..sp., 1261: Maximiliani n. sp., 261. munter gsentellar 2sIn. sp, MC Chrysomela sansibarica n. sp., 269. Clytus Thomsoni n. sp., 266. Cochliopalpus suturalis n. sp., 266. Coleopteren, Beschreibung neuer, von Hrn. J. M. Hildebrandt auf seiner Reise in Ostafrica, vorzüglich in den Distrieten von Taita und Ukamba auf einer Tour von Mombassa nach dem Kenia gesammelter, von Frhrn. von Harold, 260 — 270. Cometenbahnen s. Parabolische Bahnen. Cranoglanis sinensis nov. gen. et n. sp., 1030. Cryptocephalus Hildebrandti n. sp., 268. ar 2 2er rer Sansiblarieuisim.,. sp.ar2ue. Dariusstele, Mittheilung über eine angeblich antike, von Schrader, 1038. Descloizit, über die Zusammensetzung desselben und der natürlichen Va- nadinverbindungen überhaupt, von Rammelsberg, 652 — 669. —_— 0, über die Krystallform desselben, von Websky, 672 — 685. Distoechodon n.g., 924. ‚ tumirostris.n. sp., 925. Dynamoelektrische Maschine, über dieselbe, von Siemens, 949—961. — Beschreibung der Versuche des Etablissements von Siemens & Halske über die dynamoelektrischen Maschinen und elektrische Kraftübertragung und theoretische Folgerungen aus denselben, von O. Frölich, 962—985. Echinoiden, Übersicht über die während der Reise S. M. S. Gazelle um die Erde 1874—76 gesammelten, von Th. Studer, 861— 885. El (on), über den Gottesnamen —, von Th. Nöldeke, 760 — 776. Elapomorphus erythronotus n. sp., 222. Elektricität, über die Entladung derselben in verdünnten Gasen, von E. Goldstein, 82 —106. bo Elektrische Ausdehnung, über dieselbe, von Quincke, 200 — 212. Elektrische Leitungsfähigkeit der Kohle, über die Abhängigkeit der- selben von der Temperatur, von Siemens, 1—15. a a ee ee Fr BT, ar A Sach-Register. 1083 Elektrische Leitungsfähigkeiten, über die Messung derselben, von G. Kirchhoff, 601— 613. Elektrische Lichterscheinungen in Gasen, über dieselben, von E. Goldstein, 106 — 124. Elektrisches Leitungsvermögen der Metalle und Beziehung des- selben zum Wärmeleitungsvermögen, von H. F. Weber, 457— 478. Elektrotonische Ströme des Nerven, über den zeitlichen Verlauf der- selben, von J. Bernstein, 186 —192. Embrithes suturalis n. sp., 264. Festreden. — Zur Gedächtnissfeier Friedrich’s II (Curtius), 125 —133. — Zur Feier des Geburtsfestes S. Majestät des Kaisers und Königs (Momm- sen), 311— 323. — Zur Feier des Leibnizischen Jahrestages (du Bois- Reymond), 1045 —1072. — Antrittsrede von Schwendener 621; von Eichler 623; Erwiderungen von du Bois- Reymond 625. — Antrittsrede von Munk 628; Erwiderung von du Bois-Reymond 631. Fischsammlung, über die von der chinesischen Regierung zu der inter- nationalen Fischerei- Ausstellung gesandte aus Ningpo, von W. Peters, 921— 927. Zr 7, über eine von Hrn. Dr. Gerlach im Hongkong gesandte, von W. Peters, 1029 — 1037. Fixsterne, Spectra derselben, 192. 801. Flederthiere, Mittheilung über neue — (Vesperus, Vampyrops), von W. Peters, 258 — 259. Florideen, Spiralstellungen bei denselben, von Schwendener, 327— 338. Funetionen, über die symmetrischen, von Kronecker, 936 — 948. Funetionenlehre, zu derselben, von Weierstrafs, 719 —743. Funetionentheoretischer Satz, über einen — des Herrn G. Mittag- Leffler, von Weierstrafs, 707—717. Galerucella geniculata n. sp., 270. | Gazelle, S. M. Corvette, auf ihrer Reise um die Erde in den Jahren 1874 —1876 gesammelte Echinoiden, 861. Geckolepis maculata n. sp., 509. Geckonen, über eine neue Gattung derselben, Scalabotes thomensis, welche Hr. Prof. Dr. Greeff auf der westafricanischen Insel St. Thome entdeckt hat, von W. Peters, 795 —798. Geographie. — J.M. Hildebrandt, die Berginsel Nossi-Kömba und das Flussgebiet des Semberano auf Madagascar, 213 — 217. Geschichte. — J. Olshausen, zur Erläuterung einiger Nachrichten über das Reich der Arsaciden, 344— 362. — Nitzsch, über niederdeutsche Kaufgilden, 370— 403. — A. Kirchhoff, zwei neugefundene Fragmente der attischen Tributlisten, 453—456. — Waitz, Jahresbericht über 1084 Sach-Register. die Monumenta Germaniae Historica, 639 — 644. — A. Kirchhoff, über die von Thukydides benutzten Urkunden, 834 — 854. Gleichungen, über die Irreductibilität derselben, von Kronecker, 155 — 162. — Über die cubischen und biquadratischen Gleichungen, für wel- che die zu ihrer Auflösung nöthigen Quadrat- und Cubikwurzelauszie- hungen alle rational auszuführen sind, von Kummer, 930 — 936. Gorilla, über den Schädel des jungen, von Virchow, 516 — 543. Gynandrophthalma ochropus n. sp., 268. Handschriften. — Zachariae von Lingenthal, Mittheilung über eine Hand- ö schrift, 79 — 81. — P. Krüger, neue Bruchstücke aus Papiniani liber V responsorum, 363— 8369. — Gerhardt, zwei neu aufgefundene Leibnizi- sche Manuscripte, 824 — 859. Harpyiocephalus Hilgendorfi n. sp., 24. Helymaeus albilateris n. sp., 2695. Hemiculter dispar n. sp., 1035. Humboldtstiftung, Bericht des Curatoriums für das Jahr 1879, 133— 135. Hylomantis n. gen., 223. fallax n. sp., 224. Hypocrites geniculatus n. sp., 266. limbalis n. sp., 266. longicollis n. sp., 266. Hypolithus lugubris n. sp., 260. Inschriften. — A. Kirchhoff, zwei neugefundene Fragmente der attischen Tributlisten, 453 — 456. — Curtius, über ein Decret der Anisener zu Ehren des Apollonios, 646 — 651. Irreductibilität der Gleichungen, über dieselbe, von Kronecker, 155162, Kaufgilden, über niederdeutstche, von Nitzsch, 370 — 408. Kohlenstoffverbindungen, über Spectra derselben, von ©. Wesendonck, 791— 1794. Krystallographie. — Websky, über die Berechnung der Elemente einer monoklinischen Krystall-Gattung, 239 — 257. — Derselbe, über die Kry- stallform des Descloizits, 672 — 685. — Derselbe, über die Krysall zz des Vanadinits von Cordoba, 799 — 800. Labeo decorus n. sp., 1031. Lautwerth, über den — der Zeichen Irtr und ==, im Assyrischen, von Schrader, 271— 2834. Leibnizische Manuscripte, zwei neu aufgefundene, von Gerhardt, 824 — 8008. Leitungsfähigkeit, s. elektrische Leitungsfähigkeit und Wärmeleitungs- fähigkeit. Leposoma dispar n. sp., 217. Sach-Register. 1085 Leptocalamus trilineatus n. sp., 221. Leucopsarion, neue Fischgattung aus Japan, 339— 341. Maga Brähmana, über zwei Parteischriften zu Gunsten derselben, resp. Cäkadvipiya Brähmana, von Weber, 27 — 78. Malacosoma unipunctata n. sp., 269. Mathematik. — Kronecker, über die Irreductiblität von Gleichungen, 155 —162. — Derselbe, über die Potenzreste gewisser complexer Zahlen, 404— 407. — Derselbe, über den vierten Gaufs’schen Beweis des Reci- procitätsgesetzes für die quadratischen Reste, 686 — 698. 854 — 860. — Weierstrals, über einen functionentheoretischen Satz des Hrn. G. Mit- tag -Leffler, 707— 717. — Derselbe, zur Functionenlehre 719 — 743. — Kummer, über die cubischen und biquadraätischen Gleichungen, für welche die zu ihrer Auflösung nöthigen Quadrat- und Cubikwurzelausziehungen alle rational auszuführen sind, 930—936. — Kronecker, über die sym- metrischen Functionen, 936 — 948. Melitonoma Hildebrandti n. sp., 267. inconspicuan.sp. 268. Metalle, über die Beziehung zwischen dem Wärmeleitungsvermögen und dem elektrischen Leitungsvermögen derselben, von H. F. Weber, 457 — 478. Metallurgie. — Rammelsberg, über moleculare Erscheinungen am Zinn und Zink, 225 — 233. Microcerus annuliger n. sp., 269. Mineralogie. — Rammelsberg, über moleculare Erscheinungen am Zinn und Zink, 225 — 233. — Derselbe, über die Zusammensetzung des Des- cloizits und der natürlichen Vanadinverbindungen überhaupt, 652 — 669. — Derselbe, über die Zusammensetzung des Pollucits von Elba, 669— 671. Vgl. auch Krystallographie. Miochira impressan. sp., 268. Moleculare Erscheinungen, über dieselben am Zinn und Zink, von Rammelsberg, 225 — 233. Monoklinische Krystall-Gattung, über die Berechnung der Elemente einer —, von Websky, 239 — 257. Monopeltis (Phractogonus) jugularis n. sp., 219. Monumenta Germaniae historica, Jahresbericht der Central-Direction, 639 — 644. Mylopharyngodon n.g., 925. Newton’sche Ringe, neue Untersuchungen über dieselben von L. Sohncke und Wangerin, 910 — 921. Nossi-Kömba, die Berginsel — und das Flussgebiet des Semberäno auf Madagascar, von J. M. Hildebrandt, 213 -— 217. 1086 ' Sach-Register. Nupserha globiceps n. sp., 267. Obera pagana n. sp., 267. sansibarica n. sp., 267. Oberflächenspannung, über den Einfluss des Druckes auf dieselbe an der gemeinschaftlichen Trennungsfläche von Flüssigkeiten und über die Beziehung dieses Einflusses zum Cagniard de la Tour’schen Zustand der Flüssigkeiten, von Kundt, 812 — 824. Otolithus Fauvelii n. sp., 922. Pahlavi-Schrift, Erläuterungen zur Geschichte derselben, von Olshausen, 897— 910. | Papinianus, neue Bruchstücke aus dessen liber V responsorum, von P. Krüger, 363 — 369. Parabolische Bahnen, über die Bestimmung grosser Anomalien in solchen, von Th. von Oppolzer, 511— 515. Passalus sansibaricus n. sp., 262. Pergamon, Vortrag über dasselbe, von Conze, 135 — 146. Personal-Mittheilungen, 133. 233. 341. 342. 369. 451. 452. 590. 592. 743. 994. 1039. Phenylbenzamid, über die Einwirkung des Schwefels auf dasselbe, von A. W. Hofmann, 15 — 23. Philologie, griechische. — Zachariae von Lingenthal, Mittheilung über eine Handschrift, 79 — 81. Philologie, lateinische. — P. Krüger, Neue Bruchstücke aus Papiniani liber V responsorum, 363 — 369. ‚ orientalische. — Weber, über zwei Parteischriften zu Gunsten der Maga, resp. Cäkadvipiya Brähmana, 27—78. — Th. Nöldeke, über den Gottesnamen El (on), 760— 776. — Schrader, über den Lautwerth der Zeichen Tr!r und = im Assyrischen, 271—284. — Ols- hausen, Erläuterungen zur Geschichte der Pahlavi- Schrift, 897 — 910. Philonthus calidus n. sp., 262. Philosophie. — Gerhardt, zwei neu aufgefundene Leibnizische Manuscripte, 824 — 833. Physik. — Siemens, über die Abhängigkeit der elektrischen Leistungsfähig- keit der Kohle von der Temperatur, 1—15. — E. Goldstein, über die Entladung der Elektrieität in verdünnten Gasen, 82—106. — Der- selbe, über elektrische Lichterscheinungen in Gasen, 106 — 124. — H. W. Vogel, über die neuen Wasserstofflinien, die Spectra der weissen Fixsterne und die Dissociation des Caleciums, 192—198. — Quincke, über elektrische Ausdehnung, 200—212. — Helmholtz, über Bewegungs- ströme am polarisirten Platina, 285— 305. — H. C. Vogel, über eine einfache Methode zur Bestimmung der Brennpunkte und der Abwei- nn a a een ni a ie Sach-Register. 1087 chungskreise eines Fernrohrobjectivs für Strahlen verschiedener Brech- barkeit, 433 — 441. — H. F. Weber, die Beziehung zwischen dem Wärmeleitungsvermögen und dem elektrischen Leitungsvermögen der Me- talle, 457—478. — G. Kirchhoff, über die Messung elektrischer Lei- tungsfähigkeiten, 601— 613. — Helmholtz, G@. Kirchhoff, Siemens, Gut- achten über die Anlage von Blitzableitern, 744— 756. — C. Wesen- donck, über Spectra der Kohlenstoffverbindungen, 791—794. — Kundt, über den Einfluss des Druckes auf die Oberflächenspannung an der ge- meinschaftlichen Trennungsfläche von Flüssigkeiten und Gasen und über die Beziehung dieses Einflusses zum Cagniard de la Tour’schen Zustand der Flüssigkeiten, 812 — 824. — L. Sohncke und Wangerin, neue Un- tersuchungen über Newton’sche Ringe, 910— 921. — Siemens, die dy- namoelektrische Maschine, 949 — 961. — O. Fröhlich, Beschreibung der Versuche des Etablissements von Siemens & Halske über dynamoelektri- sche Maschinen und elektrische Kraftübertragung und theoretische Folge- rungen aus denselben, 962 — 985. Physiologie. — J. Bernstein, über den zeitlichen Verlauf der elektrotoni- schen Ströme des Nerven, 186 —192. — Munk, über die Sehsphäre der Grosshirnrinde, 485 — 507. Poecilomorpha sobrina n. sp., 267. Pollucit von Elba, über dessen Zusammensetzung, von Rammelsberg, 669 — 671. Polyhirma chalcodera n. sp., 260. Polyhirma hamifera n. sp., 260. Potenzreste complexer Zahlen, über dieselben, von Kronecker, 404 — 407. Preisbewerbungsschrift, 635 — 637. 986. Preisfrage der phys.-math. Klasse aus der Steiner’schen Stiftung, 633 — 635; — der philos.-hist. Klasse aus dem Miloszewsky’schen Legate, 635 — 637; — der Charlotten-Stiftung für Philologie, 637 — 638. Pseudogobio productus n. sp., 1035. Pyenoschema scrofa n. sp., 269. Quadratische Reste, s. Reciprocitätsgesetz. Rechtskunde. — P. Krüger, neue Bruchstücke aus Papiniani liber V re- sponsorum, 363 — 369. — Nitzsch, über niederdeutsche Kaufgilden, 370 — 403. Reciprocitätsgesetz, über den vierten Gaufs’schen Beweis desselben für die quadratischen Reste, von Kronecker, 686 — 698. 854 — 860. Säugethiere und Amphibien, über die von Hrn. J. M. Hildebrandt auf Nossi-Be und Madagascar gesammelten, von W. Peters, 508 — 511. Sakalaven, über dieselben, von Virchow, 995 —1029. Scalabotes n. gen. 795. 1088 Sach- Register. Scalabotes thomensis n. sp., 795. Schwefeleyanmethyl, Umwandlungen desselben unter dem Einflusse er- höhter Temperatur, von Hofmann, 616 — 620. Schwefelkohlenstoff, über Erkennung und Bestimmung kleiner Mengen desselben, von Hofmann, 584 — 590. 18 Sehsphäre, über die — der Grosshirnrinde, von Munk, 485 — 507. Semilabeo notabilis nov. gen. et n. sp., 1032. Sisyphus penicillatus n. sp., 263. Sodafabrication, über einige neue Producte derselben, von Rammelsberg, 11-186. Sonnenfinsterniss des Schu-king Y A, über dieselbe, von Th. von Oppolzer, 166 —185. Speetral-Analyse. — H. W. Vogel, über die neuen Wasserstofflitien, die Spectra der weissen Fixsterne und die Dissociation des Caleiums, 192 — 198. — Wesendonck, über Spectra der Kohlenstoffverbindungen, 791— 794. — H.C. Vogel, Resultate spectralphotometrischer Untersuchungen, 801— 811. Sphadasmus depressus n. sp., 265. Sulfhydranilin, 562. Systates aeneolus n. sp., 264. vulgaris n. sp., 264. Thukydides, über die von demselben benutzten Urkunden, von A. Kirch- hoff, 834 — 854. Todesanzeigen. — A.J. Morin, 233. — L. Moser, 233. — Fr. Harms, 341. — J. E. K. Buschmann, 369. — C. A. F. Peters, 451. — Miller, 452. — C.W. Nitzsch, 590. — W. Borchardt, 592. — C. G. Bruns, 994. — L. Spengel, 1039. — M. Chasles, 1039. Tributlisten, zwei neugefundene Fragmente der attischen, von A. Kirch- hoff, 453 — 456. Tropiocolotes nov. gen., 306. ein 2 2 spe litanaıe mr sp. 306: Typhlops depressus n. sp., 220. Vampyrops infuscus n. sp., 259. Vanadinit von Cördoba, über die Krystallform desselben, von Websky, 799 — 800. Vanadinsäure, über die Reduction derselben auf nassem Wege, von Ram- melsberg, 787— 790. Vesperus sinensis n. sp., 258. Wachsthum der Pflanzen, über die dadurch bedingte Verschiebung klein- ster Theilchen in trajectorischen Curven, von Schwendener, 408 — 433. Wärmeleitungsvermögen s. Metalle. Sachregister. 1089 Wahl von ordentlichen Mitgliedern, H. Munk, 342. A. W. Eichler, 342; eines auswärtigen Mitgliedes, J. B. Dumas, 743; eines Ehrenmitgliedes, C. J. Malmsten, 1039; von correspondirenden Mitgliedern der phys.-math. Klasse, R. Dedekind, 309, H.J.S. Smith, 343; von correspondirenden Mitgliedern der philos.-histor. Klasse, F. Keller, F. Kielhorn, V. Jagie, 1039. ekrlinien,. 192 Xantholinus ferox n. sp., 262. Xenodon punctatus .n. sp., 221. - Zoologie. — W. Peters, Mittheilung über die von Hrn.. Dr. F. Hilgen- dorf in Japan gesammelten Chiropteren, 23— 25. — Derselbe, über eine neue Art der Nagergattung Anomalurus von Zanzibar, 164 — 165. — Derselbe, Mittheilung über neue oder weniger bekannte Amphibien des Berliner Zoologischen Museums, 217 — 224. — Derselbe, Mitthei- lung über neue Flederthiere (Vesperus, Vampyrops), 258 — 259. — Frh. von Harold, Beschreibung neuer, von Hrn. J. M. Hildebrandt in Ost- africa gesammelter Coleopteren, 260 — 270. — W. Peters, über die von Hrn. Gerhard Rohlfs und Dr. A. Stecker auf der Reise nach der Oase Kufra gesammelten Amphibien, 305 — 309. — F. Hilgendorf, über eine neue bemerkenswerthe Fischgattung Leucopsarion aus Japan, 339— 341. — W. Peters, über die von Hrn. J. M. Hildebrandt auf Nossi-Be und Madagascar gesammelten Säugethiere und Amphibien, 508 — 511. — Derselbe, eine neue Gattung von Geckonen, Scalabotes thomensis, wel- che Hr. Prof. Dr. Greeff auf der westafricanischen Insel St. Thom& entdeckt hat, 795—798. — Th. Studer, Übersicht über die während der Reise S.M.S. Gazelle um die Erde 1874—76 gesammelten Echinoi- den, 861— 885. — W. Peters, über die von der chinesischen Regie- rung zu der internationalen Fischerei- Ausstellung gesandte Fischsamm- lung aus Ningpo, 921— 927. — Derselbe, über eine Sammlung von Fi- schen, welche Hr. Dr. Gerlach in Hongkong gesandt hat, 1029 — 1037. en 0 [1880] 78 Buchdruckerei der 5 EWR r ’ r . « E . NET Page l “ Kir fi} wir « [od ” A Er seh ion » Na: | AB Speer ad 1879. | ission in Ferd. Dümmler’s. Verlagsbuchhandlung.) BE BES ; = $) e Ber zur chen Dicht- und Verskunst . . ... M. 1,00 ; , Über die griechischen Vorgänger Darwin’s aaa 2 N 1,00 | ui die Lehre des Aristoteles von der Ewigkeit der Welt M. 1,00 or, Zur Theorie der Elimination. und Kettenbruch-Ent- D . . . . . . . Er > . . M. 1,20 Bi M. 3,00 i n ı. Wasser annehmen BIS WERIe Ein 3 RS DR er te B 1 ON be die Anfänge des Axumitischen Reichs . . . M. 3,00. R, Neue Beobachtungen an Doedicurus giganteus . . M. 2,00 ‚ Kitai und Szahpg ein Beitrag zur Geschichte Ost- und RR E a TR E ae OO ah SBERG, Über die chemische Natur der Meteoriten. 2. Abth. M. 3,00 Bi Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 3. Abth. M. 9,00 ie ow, Beiträge zur Landeskunde der Troas . . ........ M. 10,00 Über das Kantische Moralprincip und den Gegensatz for- maler und materialer Moralprineipien . . . ..2.2.0.2..M. 1,50 | 0 os, Das archaische Bronzerelief aus Olympia . ... . M. 2,50 Sat Be ıT\ ENGLER, Die Bronzefunde aus Olympia und deren kunstge- "schiehtliche Bedeutung A N RE A N a BEE EN a ‚ Seite SIEMENS, Über die Abhängigkeit der elektrischen Lei- ° tungsfähigkeit der Kohle von der Temperatur . . " 1— 15: & HormAnn, Über die De des Schwefels auf Phe- nylbenzamid . . ; ...19 2» k PETERS, Mittheilung über a, von Ge a F. Hilgen in dorf in Japan gesammelten Chiropteren . . U Zune N WEBER, Über zwei Parteischriften zu Gunsten der Maga, 1 resp. Oäkadvipiya Brähmana . . ....,27 — 78 v. LINGENTHAL, Mittheilung über eine Handschrift 2.79 — 81 | GOLDSTEIN, Über die ee der Elektrieität in RR verdannten Gasen... +» een. —, Über elektrische Tichiersblehluifben in Gasen . . 106-124 “ en Festrede zur Feier des Jahrestags Frie- N ER REN 125133 Bericht des Curatoriums ‚der Humboldtstiftung für das i Re Jahr LRNa a a anal. Re I 133135 S Conze, Vortrag über Pergamon . . ..... .'2., 135-146 \ Zur gefalligen Beachtung. Die Herren Empfänger der Monatsberichte werden ersucht, falls Ihnen Theile des Jahrgangs 1879 nicht | zugekommen sein sollten, hiervon baldıgst bei der Aka-. | demie Anzeige zu machen. Eine Berücksichtigung: ee waiger Reclamationen kann nur in Aussicht gestellt wer- den, wenn. dieselben spätestens bis zum, Ende des ‚Jahres 1880 BNRaBE werden. Berkkodemie 4 aus s den Jahren 1878 und 1879. En Perd. Dümmler s Verlgebuchhandtung) 2 x ag x Mu a die A hkassnnepzei 2 Schrift vom Staate == en N Mittels. aus RR 2 na N: & . [z Y . Ye * h . . e 4 .. “+ ” "M. 3,00 ex $ er N Planscheiben in strö- a . . x . Br Beitrag zur Geschichte Ost- und M u . . . . . en. an Doedieurus giganteus E20 M | e cheinische' Natur der. Meteoriten. 2 2. Abti M. 3,00 7 ur Petrographie der plutönischen Gesteine. 3. Abth.. M. 9,00 REN zur Landeskunde den Broass/er li. 1. nat M. 10,00 das Ra tische Moralprineip und den Gegensatz for- EREIEL N ma erialer Moralprineipien ee ih, 1,50 { eg 10 1 > | IR "archai sche Bronzerelief aus Olympia . ....-..... .M 2,50 a an aus de und deren kunstge- ” ” . . [2 [3 M. 4,00 M. 3,00 5 - “ 4 x N f e' > 1 47 I Eu KRONECKER, Über die Irreduetibilität von Gleichungen PErers, Über eine neue Art der Nagergattung Anoma- lurus von Zanzibar Be we OPPOLZER, TH. von, Über die Sonnenfinsterniss des Schu. king EI Sn . . . . nn. . . . = N, . . PrnssrEin, Über den zeitlichen Verlauf der elektroto-- ‚ nischen Ströme des Nerven . 2 u VocEL, H. W., Über die neuen Wasserstofflinien, die Spectra der weissen F ixsterne und die Dissociation des Caleciums . e . . . . . ‘ . K} N . 3 Er QUINCKE, Über elektrische Ausdehnung ,v nen HiLDEgrAnpt, Die Berginsel Nosi-Kömba und das: 6; Flussgebiet des Semberäno auf Madagascar . . , : PErERs, Mittheilung über neue oder weniger bekannte Amphibien des Berliner Zoologischen Museums . . RAMMELSBERG, Über molekulare Erscheinungen am Zinn EA Se . . « . . . en BE R 1879 und 1880. - Currivs, Zwei Giebelgruppen aus Tanagra . Harms, Die Formen der Ethik Pin Ba ne an te Yes un % y Harms, Über die Psychologie von Johann Nicolas Tetens KIRCHHOFF, A., Über die Abfassungszeit der Schrift" vom Staate der Athener . . : ScHoTT, Einiges zur japanischen Dicht- und Verskunst . ZELLER, Über die griechischen Vorgänger Darwin’s BER ZELLER, Über die Lehre des Aristoteles von der Ewigkeit der Welt BORCHARDT, Zur Theorie der Elimination und Kettenbruch - Ent- wicklung BORCHARDT, Theorie des arithmetisch- hen Mittels aus vier Elementen HAGEN, Über die Stellung, welche drehbare Planscheiben in strö- mendem Wasser annehmen Dirzmass, Über die Anfänge des Axumitischen Reichs . BURMEISTER, Neue Beobachtungen an Doedicurus giganteus Scuort, Kitai und Karakitai, ein Beitrag zur Geschichte Ost- und Innerasiens RAMMELSBERG, Über die chemische Natur der Meteoriten. 2. Abth. Rors, Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 3. Abth. VirRcHow, Beiträge zur Landeskunde der Troas . ZELLER, Über das Kantische Moralprincip und den Gegensatz for- maler und materialer Moralprineipien : Corrius, Das archaische Bronzerelief aus Olympia FURTWAENGLER, Die Bronzefunde aus ee und deren kunstge- schichtliche Bedeutung ERDMANN, Über die Wiener und nn Handschrift des Otfrid HAGEN, Über Veränderung der Wasserstände in den Preussischen Strömen . $ Abhandlungen der Akademie aus den Jahren 1878, 2 (In Commission in Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung.) noklinischen Kıystall ee. Bee RRBEN PETERS, Über neue ee Vesper Yanpır gesammelter Inn. N n SCHRADER, Über den Lautwerth der Zeichen BI und ZeTy im Assyrischen\. u 7: 0 0 HeimHoLtz, Über Beh ime am polarisirten P1a0ına 1 ve re Re N en Über die von Hrn. Gerhard Rohlfs und Dr. Be . Stecker auf der Reise nach der Oase Kufra ge- SER Arphibien 2 NN ER Eee MONMSEN, Festrede zur Feier des Geburtsfestes Sr. Ma- jestät des Kaisers und «Konipe., u Sue Tanagra . . » . a . wo . . . Fre . “ . . . . - . . a) . . . . . . en an ee a een die | chemische Natur der Meteoriten. 2. Abth. etrographie der plutonischen Gesteine. 3. Abth. 2 B* Landeskunde der Ense, : 2 ERTL 4 2 materialer Moralprinepien TE 1. ie Bronzefunde aus RR und deren | kunstge: Pr + J 3 ),4 ke R ’ N ur NER, ”. ee jeorie ‚der Elimination und Kettenbruch- Ent- | BER En dere ee . ne 3 en © (>) er DD © er Se 1,00 3,00 2,00 SE 1,00 M. 3,00 M. 9,00 M. 10,00 M. 1,50 M. 2,50 M. 4,00 M. 3,00 M. 1,50 I N x 3.8: . 1,00 a SCHWENDENER, Über Spiralstellungen bei Florideen HıLGENDORF, Über eine neue bemerkenswerthe Fisch- gattung Leucopsarion aus Japan OLSHAUSEn, Zur Erläuterung einiger Nachrichten über das Reich der Arsaeiden KRÜGER, P., Neue Bruchstücke aus Papiniani liber V responsorum NirzscH, Über niederdeutsche Kaufgilden .. KRONECKER, Über die Potenzreste gewisser complexer Zahlen . SCHWENDENER, Über die durch Wachsthum bedingte Verschiebung kleinster Theilchen in trajectorischen Curven . VogEL, H. C., Über eine einfache Methode zur Bestim- mung der Brennpunkte und der Abweichungskreise ‘ eines Fernrohrobjectivs für Strahlen verschiedener Brechbarkeit . Seite 327338 339341 344—362 363369 370-403 a 408—433 433—441 zur jepamischen. Ehe und kn are ai Bronzerelief aus > Olympia Se ER = . ER Be . ._ . wr . . S ‚Ordinal-Zahlen der mexieanischen Seiche : ddo on und des Asurbanipal ar I ER FARBE . .. . . . . . ws . Codicis Theodosiani fragmenta Taurinensia . . Zur Kritik der Inschriften Tiglath- a 8 IE, des nz . - ur -. EB - J h Pe KiRCHHOFF, Zwei neugefundene Fragmente der attisch Tributlisten . RR # » . . a . ” | WEBER, H. F., Die Beziehung zwischen dem Wärme vi leitungsvermögen und dem elektrischen Leitungsver- Re “mögen der Metalle . Fo . . . . . . . | \ 5 fu ’ > x . Ä ? “ he x - ? J ’ ni % % f Bu hi PEN % IE, 2 > £ De . j iz x , a4» men der Rihik. : . 2. 2. ber die Psychologie von Johann Nicolas Tetens . . ER, Über die Abfassungszeit der Schrift vom Staate ER Re en el N Se Biniges zur japanischen Dieht- und Verskunst . . . er die Lehre des Aristoteles von der Ewigkeit der Welt ' Theorie des arithmetisch-geometrischen Mittels aus Elementen N iaitaa ® . . + . . . ber die Stellung, oh drehbare PEEe IRen in strö- Wasser annehmen. ; - . ....0 en ee. 1, 20 Über die Anfänge des Axumitischen Reichs . —. . ‚ Neue rschtungen an Doedicurus Feanen AN nee Beiträge zur Landeskunde der Troas . Das archaische Bronzerelief aus Olympia . . . aNGLER, Die Bronzefunde aus Olympia und deren kunstge- a ee eo BE "Über die Wiener und Heidelberger Handschrift des Otfrid ‚ Die Ordinal-Zahlen der mexicanischen Sprache . . ‚ Zur Kritik der Inschriften Tiglath-Pileser’s II., arbaddon Br Anurbanıpal! 2 ne des s ‚ Zur Geschichte des Axumitischen Reichs im vierten bis eindert! 431 2.0... 8a = . P., Codieis Theodosiani fragmenta Taurinensia ? = . . 2,50 5,00 ; Seite | Munk, Über die Sehsphären der Grosshirnrinde . 485—507 s Peters, Über die von Hrn. J. M. Hildebrandt auf er Nossi-Be und Madagascar gesammelten Säugethiere ” und Amphibien ; 508—511- V. OPPOLZER, Über die Bestimmung grosser wahrer Ano- Se malien in parabolischen Bahnen a 511—515 VIRcHow, Über den Schädel des jungen Gorilla 916—545 HOFMANN, Über eine Reihe aromatischer, den Senfölen De s und Sulfocyanaten isomerer Basen 0 ) —, Zur Kenntniss des Amidophenylmercaptans oder | Sulfhydranilins 569580 — , Über sechsfach methylirtes Benzol .. 980 — 584 | — , Über Erkennung und Bestimmung kleiner en von Schwefelkohlenstoff 984— 590 EEE EEE RETTET EEE en ao“ DO: ee oO a oO © Einiges zur japanischen Dicht- und Verskunt . .„ , Über die Lehre des Aristoteles von der Ewigkeit der Welt "Theorie des arithmetisch-geometrischen Mittels aus r Eaten I RE NE ER en (e) oO > oO >) \dem Wasser annehmen 2 : X A A } 3 ü Fi oO oO ‘N, Über die Anfänge des Axumitischen Reichs. =. 3 RS “= © =: TER, Neue Beobachtungen an Doedicurus giganteus . . ‚ Kitai und Iarakiı, ein Beitrag zur Genchichis Ost- und 2 aM © er) SS 1 ow, Beiträge zur Kandeskunde der 'ITroas .-..% 2... os, Das archaische Bronzerelief aus Olympia . .» . - WAENGLER, Die Bronzefunde aus SEHR und deren kunstge- = BORnS ee ee © S ‚schichtliche Bedeutung er PER En 4,00 'ANN, Über die Wiener und Heidelberger Handschrift des Otfrid M. 3,00 4 EN, Über Veränderung der Wasserstände in den Preussischen Eu} een ae ty Mi JHMANN, Die Ordinal-Zahlen der mexieanischen Sprache .. 2° M. 2,50 ADER, Zur Kritik der Inschriften Tiglath- -Pileser’s IL., des Asarhaddon und des Asurbanipal . . . ALERT STENEE 3,0 Ann, Zur Geschichte des Axumitischen Reichs im vierten bis sechsten Jahrhundert . = : i er 4 2 2 „. M.. 2,50 R, P:., Codicis Theodosiani fragmenta Taurinensia . . M. 5,00 KIRCHHOFF, G., Über die Messung elektrischer Leitungs- u Tabickeiten 2 a a, HorFMmann, Umwandlungen des Schwefeleyanmethyls unter BE dem Einflusse erhöhter Temperatur . . . Currıus, Über ein Decret der Anisener zu Ehren des. Apollonros' cr... 08 | Sn RAMMELSBERG, Über die Zusammensetzung des Descloii- zits und der natürlichen Vanadinverbindungen über- _ I u — , Über die Zusammensetzung des Pollueits von Elb WEBsKY, Über die Krystallform des Deschizit . . . KRONECKER, Über den vierten Gaufs’schen Beweis des Reeiprocitätsgesetzes für die quadratischen Reste. . Öffentliche Sitzung zur Feier des Leibnizischen Jahrestages: SCHWENDENER, Antrittsrede | in, a EICHLER, Antritterede 02, Seren ‚DU BoIs-Reyuond, Beantwortung Munkg, Antrittsrede . .....00, _ RA DE DU Boıs-REymonp, Antwort hierauf I IRRE Bericht über die akademischen Preisfragen . . Bericht der Boppstiftung für ‚das Jahr 1879 . . Waıtz, Jahresbericht über “die Monumenta Ger-- maniae Historica . ; 5 Er . . “X . . TE ER TEEREREELTE DENT a er a a A TE u aa 2 ann > u 0 ah 1879 und 1880. _ Currivs, Zwei Giebelgruppen aus Tanagra . - Harus, Die Formen der Ethik VE Harms, Über die Psychologie von Johann Nicolas Tetens i — KircHHorr, A., Über die Abfassungszeit der Schrift vom Staate der Athener - ScHort, Einiges zur japanischen Dicht- und Verskunst . ZELLER, Über die Lehre des Aristoteles von der Ewigkeit der Welt BOoRCHARDT, Theorie des ae Mittels aus vier Elementen Hasen, Über die Stellung, welche drehbare Planscheiben in strö- mendem Wasser annehmen - Dieımann, Über die Anfänge des Axumitischen Reichs . BüRMEISTER, Neue Beobachtungen an Doedicurus giganteus ‚ScHort, Kitai und Karakitai, ein Beitrag zur Geschichte Ost- und Innerasiens ae i RAMMELSBERG, Über die chemische Natur der Meteoriten. 2. Abth. "Rorn, Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 3. Abth. Nırcuow, Beiträge zur Landeskunde der Troas . Currivs, Das archaische Bronzerelief aus Olympia FURTWAENGLER, Die Bronzefunde aus ee und deren a schichtliche Bedeutung R ERDMANN, Über die Wiener und here Handschrift des Otfrid HAGEN, Über Veränderung der Wasserstände in den Preussischen Strömen . BuschwmAns, Die Ordinal-Zahlen der mexicanischen Sprache . SCHRADER, Zur Kritik der Inschriften Tiglath-Pileser’s II., des Asarhaddon und des Asurbanipal a ee A Re _ Diimasns, Zur Geschichte des Axumitischen Reichs im vierten bis sechsten Jahrhundert Krüger, P., Codieis Theodosiani fragmerta Taurinensia : Abhandlungen der Akademie aus den Jahren 1878, | in Commission in Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung.) FAR SE En "WEIERSTRASS, Über einen functionentheoretisehen 00,202 04 des Herm G, Mittagckefller 1. mu, ax Zu Funttipgeniehre 2... ae er x 7 84 . Über die Anlage von Blitzableitern . . . . . f # a Y | 3 = 2 7 . x = 5 r 3 n A; er - hi x 4 w En 4 x ! _ [4 . { \ = ' x 3 # 2 x = Br Ai ir = Y N L * ar -.* ji De \ h Y : langen der Akademie aus den Jahren 1878, > 1879 und 1880. Conrus, Zwei Giebelgruppen aus Tanagra M. 4,50 Hanns, Die Formen der Ethik . . rg M.. 2,00- 7 Hanns, Über die’Psychologie von Johann Nicolas Tetens M. 1,50 Kirchnorr, A., Über die ee der Schrift vom Staate je, der Athener N NE E50 Scmont, Einiges zur en Dicht- und Verskunst . . M. 1,00 B _ ZELLER, Über die Lehre des Aristoteles von der Ewigkeit der Welt M. 1,00 = ra Theorie des arithmetisch- geometrischen Mittels aus = © vier Elementen . en ee M. 3,00 \ Hacms, Über die Stellung, welche drehbare Planscheiben in strö- > H ee ey mendem Wasser annehmen 2. AR M. 1,00 . Dizumann, Über die Anfänge des Axumitischen Reichs . M. 3,00 _ BuRMEISTER, Neue Beobachtungen an Doedicurus giganteus M. 2,00 Soon, Kitai und usa ein Beitrag zur Geschichte Ost- und E Innerasiens EEE M: 1,00 _ RAMMELSBERG, Über die chemische Natur der Meteoriten. 2. Abth. M. 3,00 Rorm, Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 3. Abth. M. 9,00 ei . Virenow, Beiträge zur Landeskunde der Troas . . . .....M. 10,00 Corrivs, Das archaische Bronzerelief aus Olympia . M. 2,50 ERDMANRS, Über die Wiener und Heidelberger Handschrift des Otfrid M. 3,00 E Has, Über Veränderung der Wasserstände in den Preussischen E; Ben ..\ .-.. a RENTEN: " Büuscamans, Die Ordinal-Zahlen der mexicanischen Sprache . M M SCHRADER, Zur Kritik der Inschriften Tiglath-Pileser’s II., des —— Asarhaddon und des Asurbanipal Se I TR Se ae 2 5 EN LEE M M Dirzaass, Zur Geschichte des Axumitischen Reichs im vierten bis Ber R 7 sechsten Jahrhundert = Krüger, P., Codieis Theodosiani fragmenta Taurinensia NÖLDERE, Über den Gottesnamen EI (Ss) RAMMELSBERG, Über einige neue Producte der Sodafa- brikation —, Über die edıkuan der Vanadinsäure auf nassem Wege : ein DE ee WESENDONCK, Bber Snekira ei Kohlenstoffverkiuden Prrers, Eine neue Gattung von Geckonen, Scalabotes thomensis, welche Hr. Professor Dr. Greeff in Mar- burg auf der westafrikanischen Insel St. Thome ent- deckt hat . WEBsKY, Über die Kıystlltorm des Vanadia) von Cor- doba VoGEL, H. C., Resultate speciraphotometriche Tee suchungen . Kunpt, Über den Einduss a. Deich auf die ou flächenspannung an der gemeinschaftlichen Trennungs- fläche von Flüssigkeiten und Gasen und über die Be- ziehung dieses Einflusses zum Cagniard de la Tour- schen Zustand der Flüssigkeiten 3, GERHARDT, Zwei neu Leibnizische Manu- scripte . . KIRCHHOFF, A., Über a von Thukydides ee u. kunden . . ES TE I re KRONECKER, Bemerkungen zu einer vom 29. Juli d. J. STUDER, Übersicht über die Eu as ei Baier S. Mm. Gorveks Gazelle am die Milde 1874—76 melten Echinoiden BE £ R Buchdruckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften (G. Berlin, Universitätsstr. 8. LBN 05 U u Seite RR v KN Act 760-776 TTT 786 737-700 791794 795798 799800 . s01-811 819-824 824833 834-854 Ba S61885 ; & . * Are ET Vogt). : BR Se EI Te a an TE u ae A‘ ae Jahren. 1878, ns 1880 und 1881. . x | d. Dümmler s Verlagsbuchhandlung) ur pen aus Tanagra . . EN EN 4,50 Es Er ER BE a ger RB TE, 300 | gie ie Johann Nieolas Tetens FR NEID e at Be EN Te er M. 1,00 en % "7.100, 8. M. 3,00 . ae M. 2,00 a M. 3,00 Ä 3 M. 9,00 M. 10,00 M. 2,50 - M. 3,00 as stände in den Preussischen | . ER N A .. AT ET, . . M. 1,50 A Zahlen der erh Sprache TR "M. 2,50 BEL, Inschriften Tiglath-Pileser’ s I, RE ir Asurbanipal . er 2 3, ACH Ur °h te des Axumitischen Reichs im vierten bis a. En st, dosiani fragmenta Taurinensia RE M. 5,00 ; ai Lage von 'Tigranokerta EA FE RER ERST ET j BÄufinge der Heroiden des Ovid KR a2 Be N) nizens und Huygens’ Briefwechsel mit Papin, nebst in’s und einigen zugehörigen Briefen und Actenstücken. ! Banieh Preuss. Akademie der Bere. ‚heraus- Er 1. WR .M. 13,50 Kr Y ee . D . . . EN “ . wi NS Boıs-REymonD, Festrede, schulen in a =>. 5 00 leben Siizung zur Feier des Leibnizischen Jahr | NaBeR N ee A Namsn-Rögister u. a Sach-Bexister. 2. a DE er uU 5 ae zu . in ‚Bag a waiger Reclamationen kann mur in Au: den, wenn dieselben ‚spätestens. bis. zum 1881 angebracht werden. Be, By” = 3,9 % Buchdruckerei der Königl.: An: 0 . Wi we: Universitätsstr. u isn 01299 0313 EST STATT