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Aus ſolchen gewiß ſeltenen Zufälligkeiten darf man ben er noch nicht auf ein Eifreſſen des Kuckuks Schließen.“ En Obwohl ich mich gerne der Auficht des Herrn Preen anſchließen möchte, 110 kann ich doch nicht verkennen, daß es einige Schwierigkeiten hat, die Ehrenrettung des Kuckuks in dieſem Falle glücklich durchzuführen und Jedermann von feiner Unſchuldd befriedigend zu überzeugen; der Umſtand, daß es ſich hier um einen männlichen Kuckuk handelt, muß wohl berückſichtigt werden. Nur diejenigen, welche ſich der Angabe einiger Forſcher anſchließen, daß der Kuckuk ſein Weibchen bei Reviſion der Neſter der Pflegeeltern begleite und dasſelbe thätig bei Entfernung der Neſt⸗ eier und Neſtjungen unterſtütze, könnten an ſeine Unſchuld auch in dieſem Falle glauben, und ſich der Vermuthung des Herrn Preen voll und ganz anſchließen. Opel erzählt ferner (J. f. O. 1858, S. 293), daß ein Freund von ihm ein Kuckuksmännchen geſchoſſen, welches eine weiße Bachſtelze verfolgt hätte; woraus denn leicht zu ſchließen, daß ihm der Glaube, der Kuckuk verſpeiſe auch Vögel, nahe liegt. Sehr gewagt dürfte man es aber wohl finden, aus der Beobachtung, daß ein männlicher Kuckuk einen Vogel, in dieſem Falle eine Bachſtelze, verfolgte, den Kuckuk für einen Raubvogel zu halten. Die Brüder Adolf und Carl Müller, welche dem Studium des Kuckuks in der freien Natur fortgeſetzte Aufmerkſamkeit zuwendeten, theilen in Gartenlaube 1873 S. 403 und in unſerer Monatsſchrift 1887. Nr. 3. S. 76 mit, daß fie den Kuckuk ſelbſt beobachtet hätten, wie er Eier und junge Vögel verzehrt hätte, und ſprechen ſich in letztgenannter Abhandlung folgendermaßen aus: „Hingegen brachte uns der glückliche Zufall ein ſeltenes Ereigniß vor Angen, das wir in unſeren „Thieren der Heimath“ beſchrieben haben, und hier ſeine Stelle finden möge.“ „An einem uns vorher ſchon bekannten Neſte des Weidenzeiſigs gewahrten wir den 13. Tag, daß ein junger Kuckuk ausgekrochen iſt, aber noch keines der Eier des Weidenzeiſigs zum Aufbruche reif erſcheint. Erſt des anderen Tags frühe liegen zwei junge Weidenzeiſige unter den vier Eiern. Der junge Kuckuk verhält ſich vollkommen friedlich gegenüber ſeinen Stiefgeſchwiſtern und den Eiern. Während deſſen fällt uns das wiederholte Erſcheinen zweier Kuckuke in der Nähe auf, in Folge deſſen wir uns raſch zurückziehen. Gleich darauf kommen die Kuckuke durchs Gebüſch tief an der Erde hergeflogen, fußen in der Nähe des Neſtes, und wir ſehen, wie der eine derſelben zwei Eier aus dem Neſte holt und heißhungrig verſchluckt, die übrigen ſodann aus der Neſtmulde, ſammt einem jungen Weidenzeiſig wirft. Der andere Kuckuk kommt nun herzu und würgt raſch hintereiander den eben herausgeworfenen Neſtvogel ſowie eines der noch übrigen Eier, wie vorher ſein Begleiter, jedesmal nach dem Ver⸗ ſchlingen eines Gegenſtandes das Gefieder ſchüttelnd, worauf beide auf einem nahen Beobachtungen am Kuckuk. V. 29 Baum fußen. Nach einer Weile fliegen dieſelben, umflattert von dem klagenden Weidenzeiſigpaare, wieder vor das Neſt, zerren abwechſelnd deſſen Inhalt heraus, um auch dieſen zu verſchlingen.“ „Es könnte dieſer einzige Fall zu der Erwägung führen, ob die Eltern des jungen Kuckuks die Räuber geweſen ſeien. Allein da uns zu dieſer Annahme unum⸗ ſtößliche Beweiſe und Anzeigen fehlen, ſo kann für dieſes Ereigniß blos die That— ſache gelten: daß alte Kuckuke als Neſtplünderer erſcheinen und dabei junge Vögel ihrer eigenen Art verzehren.“ Wer könnte dem oben als Thatſache Angeführten widerſprechen? Aber das wird wohl jedermann zugeben, daß man es hier mit einem ganz beſonderen Ausnahmsfalle zu thun habe, der wohl einzig in ſeiner Art daſteht. Schwer, ſehr ſchwer trifft den Kuckuk dieſe Anklage, da man ihn in flagranti ertappt hat, wie er nicht nur Neſteier und junge Neſtvögel, ſondern ſelbſt ein Junges ſeiner Art auffraß, und gerade dieſe letzte Beſchuldigung könnte leicht zu der An— nahme verleiten, daß der Kuckuk raubgieriger als ſelbſt ein wirklicher Raubvogel ſei. Trotzdem behaupte ich, auf die Gefahr hin auf Widerſpruch zu ſtoßen, daß der Kuckuk unbedingt nicht zu den „gewerbsmäßigen“ Neſtplünderern zu zählen iſt; für einen Raubvogel aber wird ihn ohnehin Niemand halten, der ihn kennt. Eine Ausnahme von der Regel kann die Regel nicht umſtoßen, denn würden alle alten Kuckuke oder nur die meiſten in der oben angeführten Weiſe verfahren und die jungen Kuckuke, die ſie aufzufinden im Stande wären, verzehren, dann würden wir bald keinen Kuckuk mehr zu Geſicht bekommen; würden aber noch dazu die eigenen Eltern ſo verfahren wie oben angegeben, dann könnte kaum ein junger Kuckuk ſeinem Schickſale entgehen. | Im Ornith. Centralblat v. 1878 wird ein Fall beiprochen, der als Beweisgrund dienen ſoll, daß der Kuckuk ein wirklicher Eiräuber ſei. Man fand in dem Magen eines Kuckuks (ob Männchen oder Weibchen iſt mir nicht mehr erinnerlich) Schalen- reſte von zwei verſchiedenen Vögeln auf. Allerdings iſt ein ſolcher Fund verdächtig, es laſſen ſich da wohl Schlüſſe der verſchiedenſten Art ziehen. Adolf Walter übernimmt in dieſem Falle die Vertheidigung des angeklagten Kuckuks, indem er ausführt: „Wenn bei dem von Herrn Böckmann eingeſandten Magen— inhalt Eifragmente zweier verſchiedener Vögel vorkommen, ſo iſt das auffallend, aber immer zu erklären, und ſelbſt, wenn man feinen Grund auffinden könnte, jo bliebe dennoch immer aus dem Obengeſagten genügend bewieſen, daß der Kuckuk kein eigentlicher Eifreſſer und Neſträuber iſt.“ (Walter hatte aus der Thatſache, daß der Kuckuk nicht alle Neſteier entferne u. ſ. w. mehr, früher ſchon die Beweiſe mit Erfolg zu liefern geſucht, daß der Kuckuk kein Eifreſſer ſei.) Walter fährt folgendermaßen weiter fort: „Kann denn aber nicht auch der Kuckuk, 30 / J. A. Link, als er ſein Ei in ein Rohrſängerneſt legen wollte und ſchon ein Neſtei herausge⸗ nommen und zerbiſſen hatte, von einem herannahenden Menſchen verſcheucht worden ſein, der das Neſt mitnahm oder zerſtörte? Kann nicht eine Elſter, die den Kuckuk beim Neſte traf, ihn verjagt und ſich an dem delikaten Mahle erquickt haben? Dem Kuckuk blieb aber weiter nichts übrig, als ſich ein anderes Neſt zu ſuchen, um ſein Ei abzuſetzen und da dies ihn ſchon drängte, ſo konnte er nicht lange wählen, er nahm das ihm zuerſt vorkommende Hyppolais-hortensis-Neſt gern für die Ablegung ſeines Eies an, machte es ſo mit dem Hyppolais wie dort mit dem Cal. Dale Ei und hatte nun die Fragmente beider Eier im Magen.“ Paeß ler (J. f. O. 1857, S. 406) erwähnt, daß er beobachtete, wie ein Kuckuk ein nacktes Junges aus dem Neſte eines Acroc. arundinacea warf. In dem Neſte ſelbſt fand er einen wenige Stunden alten Kuckuk allein, unter dem Neſte fand ſich noch ein ſtark bebrütetes, aber kaltes, alſo früher herausgeworfenes Ei des Rohr- ſängers. Würde ein wirklicher Neſträuber auf dieſe Weiſe verfahren? Gewiß nicht! Dr. Baldamus, rühmlichſt bekannter Ornithologe und gründlicher Kenner des Kuckuks, hält denſelben ebenfalls nicht für einen Eifreſſer, iſt nur der Anſicht, daß das Kuckuksweibchen, wenn es ihm möglich iſt, ganz gewiß die Eier der Pflege- eltern entfernt, ſobald der junge Kuckuk ausgeſchlüpft iſt. Derſelbe führt in ſeinen „Vogelmärchen“ an, daß er die Beobachtung machte, wie ein Kuckuksweibchen aus dem Neſte eines Alpenpiepers, in welchem ſich vier Eier des Neſtvogels und ein höchſtens 24 Stunden alter Kuckuk befanden, die Eier des Neſtvogels entfernte, und fand drei der ausgeworfenen Neſteier in der Nähe des Neſtes, das vierte unter demſeben, aber alle vier unverletzt. Hieraus kann man doch mit aller Beſtimmtheit erſehen, daß der Kuckuk nicht immer die Eier verzehrt, die er aus den Neſtern nimmt, und daß man ihn deshalb auch nicht für einen eigentlichen Eiräuber halten darf. Mein Freund Adolf Walter in Caſſel, ein eifriger, gewiſſenhafter und er⸗ fahrener Beobachter unſeres Vogels, der mit Recht als einer der beſten Kenner des Kuckuks bekannt iſt, hält den Kuckuk gleichfalls nicht, ja nicht einmal das Weibchen, für einen wirklichen Eiräuber und widerſpricht einer gegentheiligen Behauptung auf Grund ſeiner reichen Erfahrung mit aller Entſchiedenheit. So fand uach Walters Mittheilung Herr Jex ein Rothkehlchenneſt mit 6 Eiern. Meherere Tage darauf lag in dem Neſte ein Kuckuksei neben 4 Neſteiern Walter ſagte: „Der Kuckuk hatte alſo, um Platz für ſein Ei zu ſchaffen, 2 Nefteier entfernt, die übrigen 4 lagen unverſehrt im Neſte. Läßt ein Eiräuber 4 Eier liegen?“ Walter fand ein Uferſchilfſängerneſt mit 2 Eiern. Am andern Morgen um 9 Uhr lag ein Kuckuksei neben den 2 Neſteiern, das dritte am Morgen von dem Schilfſänger gelegte Ei hatte der Kuckuk mit dem Schnabel erfaßt, an der Längs⸗ ſeite zerbiſſen und auf das neben dem Neſte hängende Gras gelegt, wo der Inhalt a * I r Beobachtungen am Kuckuk. V. 31 gerade herauslief, als Walter das Neſt wieder beſuchte. Walter ruft auch in dieſem Falle aus: „Iſt das ein Eiräuber?“, und dieſes mit Recht. Es ſei auch mir erlaubt, noch einige Fälle dieſer Art aufzuzählen. Am 4. Juli fand ich in dem Neſte eiuer Bachſtelze (Motacilla alba), welches in einer Holzklafter am Waldesſaume ſtand, 4 Eier des Neſtvogels, am 5. Juni Abends beſtand das Gelege aus 5 Eiern und am 6. Juni Morgens lag ein Kuckuksei dabei, aber nur 1 Ei der Bachſtelze war entfernt, dasſelbe lag zerbrochen am Fuße der Holzklafter. Der Kuckuk hatte alſo in dieſem zwar nicht ſehr häufigen Falle nur ein Ei des Neſtvogels entfernt. Ferner kann ich einen ähnlichen Fall wie Herr Jex berichten: Am 18. Mai entdeckte ich in dem Neſte eines Rothkehlchens (Dandalus rubecula) 4 Eier, am 10. fand ich deren 6 vor, am 11. waren 2 Eier des Neſtvogels verſchwunden und 1 Kuckuksei lag unter den 4 Neſteiern. Auf dem Mooſe neben dem Neſte fanden ſich die 2 ausgeworfenen Eier, vollkommen erhalten. Ein wirklicher Neſtplünderer würde wohl in allen dieſen angeführten Fällen kein Ei verſchont haben. Das dürfte feſt— ſtehen. Derartige zu Gunſten des Kuckuks ſprechende Beiſpiele könnte man in Menge aufführen, denn das iſt ja als Regel bekannt, daß der Kuckuk aus den Neſtern, in welche er ſein Ei legt, meiſt 2 bis 3 Neſteier entfernt, und daß man dieſelben dann oft, ja ſehr oft in der Nähe der betreffenden Neſter findet; ein ſicherer Beweis dafür, daß der Kuckuk dieſe Eier nicht zum Zwecke des Aufzehrens wegnahm. Der Glaube, daß unſer Kuckuk Eier und junge Vögel verzehre, konnte um ſo leichter entſtehen und ſich erhalten, nachdem bekannt war, daß mehrere nahe verwandte ausländiſche Kuckuksarten die Neſter kleiner Vögel ausplündern, deren Eier zerbrechen und auffreſſen, ſowie deren Junge verſpeiſen ſollen. Ja einige Arten ſollen ſich ſogar an kleinen Vögeln vergreifen und dieſelben mit gleicher Raubgier, wie Würger, fangen und verzehren; man war deshalb gerne geneigt, anzunehmen, daß unſer Kuckuk analog handle. Der Verdacht, daß der Kuckuk Eier freſſe, konnte wohl theilweiſe auch dadurch entſtanden ſein, daß man Kuckuke beobachtete, welche im Begriffe ſtanden, ihr auf den Boden gelegtes Ei mit den Schnabel ins ausgewählte Neſt zu tragen. Man hielt dieſe Eier für fremde Eier; das genügte ſchon, den Kuckuk zum Eiräuber zu ſtempeln. Auffallender Weiſe muß man öfter die ſonderbare Annahme hören, daß nur der männliche Kuckuk der abſichtliche Eiräuber ſei. Mehrere Forſcher, unter dieſen Buffon, ſprachen dieſes aus, das Weibchen hingegen ſprechen manche derſelben von dem abſichtlichen Eiraub frei. Für eine ſolche in der That unnatürliche Annahme kann ich mich durchaus nicht erwärmen. Wenn der Kucknk überhaupt ein Neſträuber wäre, ſo müßte das Weibchen gewiß ein ſolcher in noch höherem Grade 32 J. A. Link, ſein, als bekanntlich dieſes die Neſter aufſucht, um ſeine Eier in dieſelben einzu⸗ ie ſchmuggeln und dabei Neſteier entfernt, weil es ferner nach dem Auskommen feines Jungen wiederholt am fremden Neſte erſcheint, um die Neſtjungen und Neſteier aus⸗ zuwerfen. Es wird wohl auch unter den bekannten Neſträubern keine Art beſtehen, bei welcher nur das Männchen raubt, das Weibchen dagegen nicht. Warum muß denn gerade beim Kuckuk Alles abnorm ſein? Weitaus die größte Zahl der im Laufe der Zeit von mir unterſuchten Kuckuksmagen ſtammte von männlichen Individuen her und, wie ſchon angeführt, fanden ſich in keinem einzigen derſelben Reſte von Eiern oder jungen Vögeln. Obwohl ich es für gewagt halte, aus dem Benehmen der Vögel in der Ge⸗ fangenſchaft Analogieſchlüſſe auf dasſelbe im Freien zu ziehen, jo dürfte es doch nicht ohne Intereſſe ſein zu erfahren, wie ſich der Kuckuk in der Gefangenſchaft gegen vorgelegte Eier und junge Vögel benimmt. Brucklacher (Zool. Gart, 1863, 4. Jahrg, S. 197) giebt an, daß der Kuckuk keine Vogeleier in der Gefangenſchaft anrührt und daß nur eines von den vorgelegten von dem Kuckuk einen Schnabelhieb erhielt. | Die Verſuche, die ich an vielen von mir gefangen gehaltenen Kuckuken zu machen Gelegenheit hatte, führten ebenfalls zu negativen Reſultaten. Alle dieſe Kuckuke waren nicht zu beſtimmen, auch wenn ich ſie vorher abſichtlich etwas hungern ließ, ein Vogelei oder einen jungen Vogel anzunehmen. Ein junger flügger Kuckuk, dem ich mit Gewalt das friſche Ei einer Bachſtelze in den Schnabel ſteckte, und, als er Widerwillen zeigte, dieſes anzunehmen, im Schnabel zerdrückte, ſuchte ſich, nachdem ich ihn freiließ, ſo ſchnell als nur möglich des ihm zugedachten Leckerbiſſens zu entledigen, er ſuchte, nachdem er den Juhalt des Eies mitſammt den Schalen aus⸗ geworfen, den Reſt durch kräftiges Schütteln des Kopfes und durch fortgeſetztes Reiben des Schnabels am Käfiggitier zu entfernen. Ein anderer, über ein Jahr alter, Kuckuk behandelte das ihm zum Freſſen aufgedrungene Sperlingsei, in dem ſich ein faſt vollkommen reifer Embryo befand, auf gleiche Weiſe. Auch nackte und ſpärlich befiederte junge Vögel wurden niemals freiwillig angenommen, während ſie zerſtückelte, unter das Futter gemiſchte, gierig mit auffraßen. ö Einer meiner Freunde, dem bei Aufzucht zweier jungen Kuckuke das gewöhnliche Futter ausgegangen war, bereitete aus zerſtückelten jungen Sperlingen mit Hülfe des Wiegemeſſers eine Art „roher Sperlingspaſtete“, welche von den jungen Kuckuken mit beſonderer Vorliebe verſchluckt wurde. Dieſelben gediehen auch bei dieſer Koſt, welcher noch einige Ameiſeneier zugefügt waren, nach Ausſage meines Freundes vor⸗ trefflich, vergriffen ſich aber trotzdem nicht an lebenden und todten vorgelegten jungen Vögeln. Ohne aus dieſem Verhalten des Kuckuks in der Gefangenſchaft, wie oben Beobachtungen am Kuckuk. V. 33 geſagt, einen Schluß zu Gunſten desſelben ziehen zu wollen, ſo kann ich dennoch nicht unterlaſſen, daran zu erinnern, daß junge Raubvögel und wirkliche Ei- und Vogelräuber auch in der Gefangenſchaft Eier, reſpective Vögel freſſen. Nach Aufzeichnung dieſer Thatſachen, welche theils für, theils gegen die Annahme ſprechen, daß der Kuckuk ein profeſſioneller Ei- und Vogelräuber ſei, wäre ich nun ſoweit gekommen, aus ihnen eine beſtimmte Schlußfolgerung zu ziehen. Man verzeihe mir aber, daß Wiederholung der bereits früher angeführten Belaſtungs— und Vertheidigungsgründe hier nicht ganz ausgeſchloſſen ſein können. Die oben angeführten Thatſachen, daß der Kuckuk in ſehr ſeltenen Fällen ein Ei oder einen jungen Vogel verzehre und in einem einzigen angeführten Falle nicht einmal das Junge ſeiner eigenen Art verſchont haben ſoll, kann man wohl nicht abſprechen, da ſie doch von zuverläſſigen Forſchern ſtammen, von denen man doch auch nicht annehmen darf, daß ſie ſich getäuſcht haben möchten. Oben ange- führte Beobachtungen mögen auch wohl richtig ſein, weniger richtig aber die Schlüſſe, die man aus manchen derſelben ziehen zu müſſen glaubte. Man ging da öfter über die Grenzen der Berechtigung hinaus. Wenn man Kuckuke geſehen und erlegt hat, welche ein Ei im Schnabel trugen, oder wenn man ſolche beobachtete, welche zerbrochene Eier im Schnabel führten, ſo kann eine ſolche Beobachtung an und für ſich gewiß nicht der Annahme oder der Folgerung zur Stütze dienen, daß dieſe Eier dem Kuckuk zum Genuſſe dienen ſollten. In vielen ſolchen Fällen war es ja nicht eimal erwieſen, ob der betreffende Kuckuk ſein eignes oder ein fremdes Ei im Schnabel trug, ein Umſtand, der gewiß ſehr zu berückſichtigen wäre. Allbekannt iſt ja, daß der Kuckuk öfter ſein eigenes Ei im Schnabel trägt, um es ins auserwählte Neſt zu tragen. Ebenſo bekannt iſt es ferner, daß er die Gewohnheit hat, beim Ablegen ſeines Eies ins fremde Neſt in der Regel ein oder einige Neſteier zu entfernen, aber nicht aufzufreſſen. Es ſteht als erwieſene Thatſache feſt, daß der Kuckuk nach dem Auskommen ſeines eigenen Inngen die in der Regel neben demſelben ſich vorfindenden, Eier und ſelbſt die Neſtjungen aus dem Neſte entfernt, aber ebenfalls nicht auffrißt, woraus doch wohl zu ſchließen iſt, daß er an den fremden Neſtern nicht eigentlich als Räuber erſcheint, ſondern Vorſichtsmaßregeln ergreift, und dieſe gewiß nur aus dem Grunde, um ſeiner Nachkommenſchaft eine ſichere Exiſtenz zu gründen. Ob er dieſes mit oder ohne Bedacht thut, ob ihn dabei Inſtinkt oder Erfahrung leitet, ob er den Drang ſo zu handeln von ſeinen Voreltern ererbt hat, das bleibt für dieſe Frage ganz gleich, genug, daß wir wiſſen, daß er es thut. Man ſcheint aber bei manchen der oben angeführten Beobachtungen öfter, meiner Anſicht nach, das Hauptſächlichſte außer acht gelaſſen zu haben, nämlich, daß es ſich um einen Vogel handelt, der bei ſeiner abnormen Fortpflanzungsweiſe auch 4 34 J. A. Link, Beobachtungen am Kuckuk. V. manchmal anders handeln muß, als wir dieſes bei den andern einheimiſchen Vögeln zu ſehen gewohnt ſind. | Findet man z. B. einen Heher oder einen andern einheimiſchen Vogel, der ſich an einem fremden Neſte zu ſchaffen macht, oder gar Eier und junge Vögel aus dem Neſte nimmt, ſo hat man freilch das Recht, ohne den Fall näher zu prüfen, zu ſagen: „Das iſt ein Neſträuber, der den Inhalt des Neſtes nur deshalb wegnimmt, um ihn aufzuzehren.“ Denn welche andereu Motive könnten ihn dazu veranlaſſen, ſich am fremden Neſte zu ſchaffen zu machen? Ganz anders iſt dies mit dem Kuckuke, der in Folge ſeiner etgentg Fortpflanzungsweiſe in ganz anderen Beziehungen zu den fremden Neſtern ſteht, als ein Heher. | Wenn man aber trotzdem den Kuckuk für einen gewerbsmäßigen Neſträuber halten will, dann hat man vergeſſen, daß man in, neben und unter den Neſtern, aus welchen der Kuckuk ein oder mehere Eier entfernt hatte, meiſt dieſe Eier auffand. N Würde nun ein wirklicher Eiräuber, wie Elſter und Heher ſo verfahren? Gewiß nicht! Ein ſolcher entfernt bekanntlich das ganze Gelege, das er im Neſte vorfindet, ohne auch nur ein einziges Ei zu verſchonen, er macht tabula rasa. Er verfährt aber auch mit allen Neſtern, die er auffinden kann und deren Inhalt er ungeſtört zu bewältigen imſtande iſt, ohne Ausnahme auf gleiche Weiſe; er raubt die Eier oder Jungen aber auch nur zu dem einzig beſtimmten Zwecke, um ſie zur Nahrung zu verwenden, darin beſteht aber auch das weſentliche und Hauptcharakteriſtikum eines „profeſſionellen Neſträubers.“ Müßte man, wenn der Kuckuk ein wirklicher Eiräuber wäre, nicht in Gegenden, in welchen Kuckuke häufig vorkommen, die Wahrnehmung machen, daß in den von denſelben frequentirten Revieren die Neſtplünderei florire, ähnlich wie dieſes der Fall iſt, wo Elſter und Heher ihre Wohnung haben? Und dennoch findet man ſelbſt in den von den Kuckuken frequentirteſten Revieren keine nachweisbaren Spuren ihrer Thätigkeit als Neſträuber. Im Gegentheil; gerade da, wo Kuckuke ihre Eier ablegen, findet man zahlreiche Neſter aller Vogelarten mit Eiern angefüllt. Aber gerade beim Kuckuk müßte die Wahrnehmung der Neſtplünderung ſich im höheren Grade fühlbar machen, als er im Auffinden von Neſtern gewiß geübter iſt, als Elſter und Heher. Wohl mag es vorkommen, daß dem Kuckuk das Unglück paſſirt, bei Gelegenheit des Unterbringens ſeines Eies, oder bei Entfernung eines Neſteies mit dem Schnabel, aus Ungeſchicklichkeit ein Ei zu zerbrechen und daß er da den ſchlüpfrigen Inhalt nolens volens verſchluckt. Es könnte auch vielleicht dann der Fall eintreten, daß ſolche Kuckuke, nachdem ſie möglicher Weiſe Geſchmack an dem Leckerbiſſen bekommen, ſpäter beim Entfernen der Neſteier abſichtlich fo handeln, obwohl dieſes uns nur in dem x „ von Wacquant-Geozelles, Die Schädlichkeit der Rabenkrähe. 35 einzigen Müller'ſchen Falle vorgekommen zu ſein ſcheint. Immerhin aber werden ſolche Ausnahmen Seltenheiten bleiben. Findet man deshalb Vogeleierſchalen in dem Magen eines Kuckuks, ſo wird er allerdings auch wohl ein Ei verſchluckt haben: dieſer Schluß iſt berechtigt, jeder andere kann angezweifelt werden. Dasſelbe gilt für den Fall, wenn man einen embryonalen Vogel in ſeinem Magen findet. Bei der haſtigen Entfernung der faſt reifen Neſteier und der kaum ausgekommenen jungen Neſtvögel mag dem Kuckuk wohl ausnahmsweiſe und in ſeltenſten Fällen ein Embryo zu tief in den Schlund kommen, und er wird wohl auch dann dieſen hinunterſchlucken müſſen. Ich habe mich, wie ſchon oben angeführt, mit der Unterſuchung von Magen erlegter Kuckuke eifrig, langjährig uud gründlich beſchäftigt. Trotz aller Aufmerkſamkeit und trotzdem ich die Lupe zu Hilfe nahm, konnte es mir nicht gelingen, auch nur ein einziges mal Reſte von Vogeleiern (Schalenreſte könnte man doch nicht überſehen), oder Reſte von jungen Vögeln aufzufinden, doch wohl ein Beweis dafür, daß dem Kuckuk nur höchſt ſelten und ausnahmsweiſe und gewiß abſichtslos ein Ei in den Magen kommen mag. So lange man demnach den Kuckuk nicht auf friſcher That ertappt, daß er auch aus jenen Neſtern Eier und junge Vögel entfernt, von denen man mit aller Sicherheit annehmen kann, daß dieſe nicht zur Aufnahme ſeines Eies dienen ſollen und dienen können, ſo lange, behaupte ich, hat man kein Recht, den Kuckuk als wirklichen Neſträuber zu verdächtigen. Bis zur Stunde iſt dieſer Beweis noch nicht erbracht, er dürfte aber, glaube ich mit Zuverſicht, auch für die Zukunft nicht erbracht werden. Zur Schädlichkeit der Nabenkrähe. Von Staats von Wacquant-Geozelles. Nicht nur äußerlich zeigt unſere Krähe ein ſchwarzes Habit, — auch ihre Seele erſcheint dem menſchlichen Gefühl ziemlich ſchwarz zu ſein, und wenn ſchon ſtellen⸗ und zeitweiſe der Landwirth und der Jäger ſich über ſie ärgern muß, ſo hat der das Leben und Treiben der Rabenkrähe ſcharf beobachtende Vogelſchützer erſt recht allen Grund, zeit⸗ und ſtellenweiſe gegen dieſen Vogel zu eifern. — Viel Leides iſt mir und meinen Schutzbefohlenen durch dieſe Krähe geſchehen; ich darf ſie zur Brutzeit der Kleinvögel nicht im Parke dulden, und gehört ſie gar ſelbſt einmal im Frühjahr zu denen, die in den Bäumen Sophienhof's vertrauensvoll die Wiege für ihre Nachkommenſchaft errichten, ſo muß ich ſchleunigſt das mir ge— ſchenkte Vertrauen mißbrauchen, wenn oder trotzdem ſie auch hier gerade zu dieſer Zeit fleißig hinter Pflug und Egge einherſpazirt! Wie faſt alljährlich, ſo ver— 4 * 36 | von Wacquant-Geozelles, f ſuchte ſie auch im Frühjahr 1886 wieder, in den uralten Eichen des Parkes zu horſten. Ich ſtellte dem Paare nicht gleich nach, ſondern erſt dann, als der Horſt faſt fertig war. Leider merkten die ſchlauen Vögel aber ſogleich meine Abſicht und vereitelten dieſelbe ſtets, ſo oft und ſo verſteckt ich mich auch in einer alten Ruine oder in einer Cypreſſe anſtellte. Nach kurzer Zeit kamen fie nur noch ſpät in der Dämmerung angeflogen, ſo ſpät erſt, daß an ein Schießen nicht zu denken war, obgleich ſie lange Zeit brauchten, ehe ſie über mir, von Aſt zu Aſt fliegend, am Horſte ankamen. — Ehe „ſie“ am Horſte ankamen: — — denn auch das Männchen begab ſich allabendlich mit in den Horſt, um darin die Begattung vor⸗ zunehmen, und entweder darin zu verbleiben, oder nach Eintritt völliger Dunkelheit einer Coniferen-Gruppe zuzufliegen. So ging es fünf Abende, und da ich für mehrere Monate verreiſen mußte, ſo ſchoß ich am ſechsten Abende auf gut Glück in den Horſt, und zwar in dem Momente, als oben wieder unter Flügelſchlagen und kicherndem Geſchrei das erwähnte, auch ſchon bei verſchiedenen anderen Raben⸗ krähen-Paaren beobachtete allabendliche Befliegen im Horſte ſtattfand. Unter fürchterlichem Geſchrei ſtiebten die beiden Schwarzröcke ab; der eine flog direkt gegen einen Stamm, und ſie enteilten dann unter ſolch gewaltigem Gekrächze, daß mir die Geſchichte anderen Tages von mehreren Leuten erzählt wurde. Auch meinem Vater waren ſie begegnet, 20 Minuten von hier, und da dieſer auch den Schuß gehört hatte, ſo reimte er ſich gleich den Sachverhalt zuſammen. Am andern Morgen fand ich den Horſt ſtark lädirt, glaubte die Sache er⸗ ledigt und reiſte daher vertrauensvoll ab, um erſt nach längerer Zeit wieder zurüd- zukehren. Zu meiner Verwunderung hörte ich, daß die Krähen das Gelege in— zwiſchen zu flüggen Jungen gezeitigt, und auf das eifrigſte und erfolgreichſte die Gebüſche des Parkes nach Vogelbruten revidirt hätten. Gleichzeitig wurden mir zwei junge Rebhühnchen gezeigt, welche man unter dem Horſte gefunden. Auch ich ſelbſt fand noch an derſelben Stelle ein drittes Rebhuhn, eine junge Droſſel und eine Maus. Alle dieſe Thiere waren oben im Horſte glatt gedrückt, vertrocknet und mit Koth und Schafwolle beklebt, die zuerſt erwähnten Rebhühner indeſſen waren „friſch“ gefunden; wahrſcheinlich hatten die jungen Krähen Ueberfluß an ſolchem Braten gehabt. Meine Schweſter berichtete mir, wie die Alten regelrecht die Vogelneſter aufgeſucht hätten. Ich ſchoß nun die ganze Rotte Corax ab, wobei ich noch zu meiner höchſten Verwunderung ſah, wie die alte männliche Krähe auf junge Schwalben „ſtieß“. Ich ſaß am Teich unter den rieſigen Blättern von Heracleum giganteum und dicht über mir, auf einem ſchwankenden Zweig einer Zitterespe fünf junge Rauchſchwalben. Durch haſtiges Geſchrei der alten Schwalben aufmerkſam gemacht, ſah ich in die Höhe, und im ſelben Augenblick ſtieß die Krähe mit hochgehaltenen Die Schädlichkeit der Rabenkrähe. 37 Flügeln mitten in und durch die Schwalbenreihe, ohne indeſſen einen der Vögel zu erhaſchen. Deutlich hörte ich das Schnabelknappen. Die noch unbehülflichen Schwalben ſetzten ſich ſogleich wieder auf Weidenzweige, doch ehe noch alle ſaßen, kam der ſchwarze Feind ſchon wieder herangeflogen, um nochmals nach einem der Thierchen zu ſchnappen, wobei ich ihn ſchoß. Ein anderes Paar Rabenkrähen kam in dieſem Frühjahr täglich zweimal auf unſere Wieſe, ſetzte ſich auf einen ungemein dichten Rothdornbuſch und krächzte dort halbe Stunden lang. Ich bemerkte durch ein gutes Fernrohr, wie ſie ſich ſtets vergeblich abmühten, in den Buſch einzudringen, und meine Schweſter fand im Innern desſelben das Neſt vom rothrückigem Würger (L. collurio, L.). Mit aller Abſicht ließ ich das Neſt, über deſſen Rand fünf Krummſchnäbel ragten, ungeſtört. Die Rabenkrähen kamen nach wie vor, hüpften, umflattert, umſchackert und angegriffen vom entrüſteten Würger⸗-Paar, auf den Zweigen des Dornbuſches umher und trieben dieſes neun Tage lang. Jetzt waren die jungen Neuntöter ſo weit, daß ich meinen gefaßten Plan zur Ausführung bringen konnte. — Ich ging Morgens, kurze Zeit bevor ich die Krähen erwartete, zum Rothdornbuſch und ſtieß mit einer dünnen Ruthe an das für meine Hand der Dornen wegen unerreichbare, aber von außen leicht ſichtbare Würgerneſt. Die Jungen gingen über Bord und kletterten nach Würgerart im Gezweig umher. Ich veranlaßte drei von ihnen, den Buſch zu verlaſſen, fing ſie und ſetzte ſie etwa 20 Schritt vom Neſte an einen Grabenrand bez. auf ein friſch abgeerntetes Kleefeld. — Die alten Dorndreher er— hoben währenddem das übliche Zetermordio, fingen aber bald an, die Jungen zu füttern. Da kamen die Krähen mit ihren den Würgern wohlbekannten Abſichten; die eine ſetzte ſich auf die am frühen Morgen abgemähte Stelle des Kleeſtückes, um die dort bloßgelegten und leicht erreichbaren Inſekten aufzuleſen, — die andere fußte oben auf dem bekannten Dornſtrauche, von den Würgern auf das muthigſte empfangen. Faſt ſchien es, als hätten letztere den ſchwarzen Geſellen thatſächlich vertrieben, ſo ſchnell ſtrich er wieder ab. Doch geſchah dieſes nur deshalb, weil das ſcharfe Krähenauge ſofort eins ſeiner längſterſehnten jungen Opfer entdeckt hatte. Am vorhin erwähnten Grabenrande, am Fuße eines verkümmerten Espen— ſtrauches wurde es gepackt und zerfleiſcht, während die unglücklichen Eltern den Räuber ängſtlich ſchirkend umſchwärmten, ja, ihn thätlich angriffen. In dieſer Weiſe wurden drei der Jungen vom Krähenpaare geraubt und eins von dieſen dreien ſogar aus dem Neſtbuſche ſelbſt hervorgeholt. — Wenn irgend einmal, ſo darf dieſes beſchriebene, von meinem Vater und mir genau beobachtete Vorgehen der Rabenkrähen ein „ſyſtematiſches“ genannt werden. Auch die beiden letzten jungen Würger waren nach zwei Tagen verſchwunden (?), und ſchritten die Alten zur Anlage eines neuen Neſtes im Parke, wo ich fie natürlich ſchleunigſt abſchoß— 38 von Wacquant-Geozelles, Uebrigens habe ich beobachtet, daß genannte Krähenart ſowohl beim Greifen * als auch beim Forttragen einer Beute ſich ſehr geſchickt der Füße bedient; die Krähe beiſpielsweiſe auch, welche dicht über meinem Kopfe zwiſchen die Schwalben fuhr, hielt Schnabel und Füße weit nach vorn, bezw. nach unten geſtreckt, im ent⸗ ſcheidenden Augenblicke gleichzeitig greifend und ſchnappend. Wer alſo dieſe Krähe in einem Parke oder in einem kleinen Feldbuſche brüten läßt, thut Unrecht an den Kleinvögeln. Ich habe noch viele andere Schandthaten von ihr aufgezeichnet, will ſie aber nicht mehr mittheilen, ſondern nur noch kurz erwähnen, daß die Schwarzröcke früher, wo ich ſie im Parke brüten ließ, haupt⸗ ſächlich dann neſträuberten, wenn ihre Jungen den Horſt verlaſſen hatten und ſich in den Büſchen und Bosquets füttern ließen. — Gelegenheit macht Diebe. — Der Nutzen, den wir damals unſtreitig von ihnen hatten, beſtand darin, daß ſie keinen Raubvogel in ihrem „Gebiete“ duldeten, ſich alſo zu Wächtern unſeres Hühnerhofes aufwarfen und indirekt mehrmals den Tod eines Räubers herbeiführten. Einſt beobachtete ich zwei dieſer Krähen, die einem weiblichen Habicht (Ast. palumb., L.) hart zuſetzten, durch einen ſehr ſcharfen Tubus, und wurde zufällig Zeuge, wie der infolge des wiederum vereitelten Jagdzuges ſowie infolge der überaus frechen Angriffe von Seiten der beiden Schwarzen im höchſten Grade erboſte Räuber eine der ihm zu nahe gekommenen Krähen packte, ſich flügelſchlagend mit ihr um faſt 20 Meter ſenkte und fie dann wieder losließ. Die Krähe fiel auf einen Heu⸗ haufen, auf welchem ſie über zwei Stunden lang nachdenklich verbrachte. Als ich mich ihr dann näherte, flog ſie langſam einer Baumgruppe zu. War hier der Habicht der Sieger, ſo kämpften im Winter 1854 unweit Osnabrück zwei Rabenkrähen ſo heftig mit einem ſolchen um eine Taube, daß er halbtodt von zwei Spaziergängern aufgenommen wurde. Der Hunger hat wohl in dieſem Kampfe eine doppelte Rolle geſpielt: die Krähen waren hungermuthig, der Habicht aber hungermatt, was thatſächlich auch bei dieſem furchtbaren Räuber öfter vorkommt. | Es berichtet in der Nr. 7, Band XIV der „Deutſchen Jägerzeitung“, Seite 113, ein Herr Wittekop, daß er eine ſolche Krähe am 12. Oktober im Kampfe mit zwei Rebhühnern betroffen habe. Der Anſicht des Herren nach würde „ohne ſein Dazwiſchentreten wahrſcheinlich ein Opfer erbeutet worden ſein; eine Menge Steißfedern, einige Schwungfedern und viele Bruſt- und Halsfedern der Hühner hätten auf dem Kampfplatze gelegen, dahingegen nur 4 —6 kleine Krähenfedern.“ Ich will die Rabenkrähe nicht übermäßig in Schutz nehmen, weiß ich doch, daß gerade ſie zu ihrer eigenen und der Rebhühner Brutzeit arg gegen die Brut der letzteren zu wüthen vermag, daß fie kranke Hühner leicht und im Winter auch ermattete überwältigt, zumal gewöhnlich mehrere Krähen gemeinſam operiren. VAR RE DEE 0 a TEE Die Schädlichkeit der Rabenkrähe. 39 — Thatſache iſt es aber, daß zur Herbſtzeit, wo häufig Krähen und Hühner zuſammentreffen, die Rabenkrähe auf das zorn igſte von den Hühnern angegriffen wird. — Oft habe ich ſolche Kämpfe von Anfang an beobachtet und auf das geſpannteſte verfolgt. Nehmen wir einmal einen Fall heraus; 4. Oktober 1889. — Da trippelt ſie hin, die Kette von 12 Hühnern; dicht vor mir, der ich unter einer dichten Hänge⸗Eſche verſteckt ſitze. — Zwölf Hühner; ſie ſind ſeit langem nicht mehr beſchoſſen, denn ſie werden als Dutzend, wo alſo 24 Augen wachſam ſein, 24 Füße ſcharren und 12 Körper ſich während der Nacht gegenſeitig erwärmen können, leichter den Winter überſtehen als eine bis auf wenige, und möglicherweiſe infolge des häufigen Beſchießens auch noch „kümmernde“ Individuen reducirte Kette! — Emfig wird der friſche Sturzacker nach Unkrautſamen abgeſucht und auch auf dem darüber liegenden, längſt abgeernteten Stoppelfelde iſt wohl weiter nichts mehr zu finden als Unkrautgeſäme. — Plötzlich richtet ſich der alte Hahn auf und ſichert. Eine Rabenkrähe fliegt über das Völkchen und ſetzt ſich 50 Schritt davon auf die Stoppeln. Ruhig gehen die Hühner ihren Geſchäften weiter nach; immer mehr und mehr nähern ſie ſich der Krähe. Warum biegen ſie nicht aus? Kennen ſie ihren Feind nicht? — Nein, ſie kennen ihn nicht oder kennen ihn „nicht mehr“, denn er „war“ nur ihr Feind, ſolange ſie noch im Ei ſchlummerten, „war“ ihr arger Feind, ſolange ſie noch jung und unbehülflich. Das iſt lange her und ſie erinnern ſich nicht mehr an den ausgeſtandenen Schrecken. Aber die beiden Alten haben es noch nicht vergeſſen, wie ſie damals geängſtigt wurden; noch über 20 Schritte von der Krähe entfernt, rennen ſie plötzlich zornentbrannt auf dieſelbe zu, um ſie thätlich anzugreifen. Die Krähe zieht ſich vor dem erſten Anprall etwas zurück, wird wiederum angegriffen und hält nun eine Zeit lang Stand, jetzt zu— weilen auch ihrerſeits einige Male „ſprungweiſe“ zum Angriff übergehend. Hierbei müſſen natürlich beide Parteien Federn laſſen; zumal die Rebhühner verlieren viele Federchen und ſelbſt Schwungfedern: iſt doch dieſe Kette noch ſehr ſpät erbrütet und gerade ſtark in der Mauſer, ſodaß die meiſten Federn ſchon allein durch das Flattern ausfallen. — Die den Feind bekämpfenden Hühner löſen ſich förmlich ab, indem einzelne der Jungen — wohl Hähne — ſich ab und zu am Streite betheiligen, andere davon ablöſen und zurücktreten. Dies währt natürlich nur wenige Minuten, dann erhebt ſich die Krähe und ſtreicht einem Baume zu. Von den muthigen An— griffen der von Natur ſtreitſüchtigen Rebhühner zeugen ſieben Krähenfedern — (Seitenfedern). Darum Vorſicht im Urtheilen! Kommt man zu einem ſolchen Kampfe hinzu, ſo mag man getroſt der Rabenkrähe eins aufbrennen, aber nicht gleich in der Fach— zeitung ſchreiben: „in flagranti erſchoſſen!“ — — 40 A. Walter, Einen ähnlichen Fall vom treuen Feſthalteu am Neſte, wie das der Raben⸗ krähen hier im Parke, kann ich Ihnen vom rothrückigen Würger (Lan. collurio, L.) mittheilen. Der Dornbuſch, in welchem das Neſt des Würgers ſich befand, war von einem nichtsnutzigen Hirtenjungen in Brand geſteckt worden. Die eine Seite des Strauches war total verbrannt, da derſelbe hier mit vielen trockenen Brom⸗ beeren⸗Ranken durchzogen geweſen war, die andere Seite war nur ſtark von unten her verſengt, der ganze Strauch aber vollſtändig trocken geworden reſp. verwelkt. Trotz dieſer doch gewaltigen plötzlichen Störung und der dann durch das folgende ſchnelle Vertrocknen des Niſtſtrauches weiter folgenden ſtarken Veränderung brütete der Würger getreu weiter. Rund um den Buſch herum war alles Gras verbrannt. Ein Vormittag im Walde. Von Ad. Walter. Wer Pommern zu ornithologiſchen Zwecken beſucht hat, weiß, daß dort trotz ſtetiger Abnahme vieler Vogelarten doch noch die Vogelwelt reich vertreten iſt und daß beſonders die ausgedehnten Waldungen noch manche ſeltenen Arten bergen, die in anderen Provinzen längſt verſchwunden ſind. Nun gehört zwar die Gegend bei Gülzow, von der ich berichten will und die ich in dieſem Jahre wieder aufſuchte, in dieſer Hinſicht nicht zu den meiſtbegünſtigten, bietet aber dennoch eine Fülle von Vögeln, die man in mancher reichbewaldeten Gegend vergebens ſucht. | Es war am 25. Mai, als ich am frühen Morgen von Gülzow aus eine Ex— curſion in den ſich weit ausdehnenden Wald unternahm. Herrliches Wetter ſchien meinen Ausflug begünſtigen zu wollen, bald aber mußte ich erfahren, daß die brennenden Sonnenſtrahlen auch da ihre Wirkung ausüben, wo man nicht unmittel⸗ bar von ihnen getroffen wird, denn auch die Luft in den ſchattigen Waldpartieen war bald ſo durchwärmt, daß ich ſchweißtriefend mich genöthigt ſah, das buſchreiche Terrain zu verlaſſen und eine bewaldete Anhöhe, die einigermaßen Kühlung und Luftzug verſprach, aufzuſuchen, um dort auszuruhen und zugleich mein mitgenommenes Frühſtück zu verzehren. Verlockendes hatte übrigens dieſe Anhöhe genug, denn nicht nur konnte ich von hier aus meinen Blick ſchweifen laſſen über den vor mir liegenden grünen Wald und über die im Thale ſich weitausbreitenden Felder und Ortſchaften, ſondern auch auf die fernen, die Oſtſee umrahmenden blauen Berge, die durch ihren in violett übergehenden Farbenton einen dem Auge ſo wohlthuenden Contraſt mit dem Grün des Vordergrundes bildeten. Aber auch in ornithologiſcher Hinſicht zog mich das vom vorigen Jahre mir ſchon bekannte Plätzchen an, denn hier beobachtete ich damals ein Mandelkrähenpaar (Coracias garrula), das ſeinen 1 Ein Bormittag im Walde, 41 Jungen Futter zutrug, und dieſe Vögel, die ſchon recht ſelten geworden find, ſieht man ſo gern, nicht nur wegen ihrer prächtigen Färbung, ſondern auch wegen ihres anmuthigen Fluges. Bevor ich die Anhöhe erreichte, wurde mein Auge abgelenkt durch den hoch in der Luft Kreiſe ziehenden Schreiadler (Aquila naevia), den ich Tags zuvor in der Nähe ſeines Horſtes genauer zu beobachten Gelegenheit hatte, denn er ſaß auf einer Waldwieſe und erhob ſich erſt, als ich, im Gebüſch fortſchreitend, ihm bis auf 100 Schritt nahegekommen war. Auch diesmal fiel mir die im Fluge ſtets bemerf- bare, den Schreiadler kennzeichnende Federſtellung der Flügel auf, in welchen man die fünf erſten Schwingen genau zählen kann. Bald aber werde ich in meiner Beobachtung durch den in weiter Entfernung von Baum zu Baum fliegenden Schwarzſpecht (Dryocopus martius) geſtört, der indeß mir heute wenig Gtlegenheit zum Beobachten giebt und in kurzer Zeit ebenſo wie der Schreiadler entſchwindet. Auf der Anhöhe angelangt, bemerke ich, wie ein großer Buntſpecht (Picus major) mit Futter im Schnabel einer entfernteren Eiche zufliegt und dort hoch oben in einem runden Loch verſchwindet. Auch Staare fliegen mit Futter vor mir vorbei und Segler (Cypselus) huſchen unter ſcharfem Geſchrei durch die oberen Aeſte uralter Eichen. Um weiter zu beobachten, ſetze ich mich unter eine der die ganze Anhöhe be— deckenden Eichen, ziehe mein Frühſtück aus der Taſche und bin im Begriff, es zu verzehren, da kommt ein Wiedehopf in gerader Richtung auf mich zugeflogen und ſetzt ſich nur zehn Schritt entfernt auf den unterſten Trieb einer alten Eiche. Er hat im Anfluge mich nicht bemerkt, ſtutzt und hält, obgleich ich mich ſehr ruhig verhalte, nicht aus, ſondern fliegt nach einer Minute einer entfernten Eiche zu, in deren mittlerem Theile er längere Zeit ſitzen bleibt. Ob der wohl ſein Neſt in der nächſten Nähe hat? war mein erſter Gedanke, und um mich blickend gewahre ich ſchon im nächſten mir zur Seite ſtehenden Baum, etwa 15 Fuß hoch, eine Oeffnung, die wohl ein Wiedehopfneſt bergen konnte. Ich ſtehe auf, ſchlage mit meinem Stock an den Stamm — nichts rührt ſich da oben. Ich klopfe ſtärker, 2, 3, 4 mal, endlich beim 5. Schlage ſtürmt in reißendem Fluge eine Hohltaube (Columba oenas) aus der Oeffnung. Ob ſie Eier oder kleine junge Tauben enthält, erfahre ich nicht, denn das Erſteigen des ſtarken, bis zum Neſt aſtloſen Baumes iſt mir unmöglich. Ich ſetze mich wieder nieder, komme aber nicht zum Verzehren meines Frühſtückes, denn durch die Stockſchläge angelockt, zieht eine Schaar Dohlen, die ebenfalls in der Nähe in den alten Eichen ihren Niſtplatz hat, heran, umſchwärmt mich und nimmt zum Theil in den oberſten Spitzen der Bäume unter lautem Geſchrei Platz. Ein Aufſchwenken mit meinem Stock ſcheucht ſie wieder auf, aber um ſo lauter ertönt ihr Geſchrei, und immer größer wird der über den 42 A Walter, Ein Vormittag im Walde. Eichen kreiſende Schwarm. Trotz meines anhaltend ruhigen Verhaltens nehme ich kein Entfernen einer einzelnen war und ſchon bin ich im Begriff aufzubrechen, um die läſtigen Schreier los zu werden, — da wendet ſich plötzlich der ganze Troß ab und zieht ins Thal, umkreiſt aber auch hier wieder eine der dort in Menge ſtehenden hohen Kiefern. Was mag ſie zur plötzlichen Umkehr bewogen haben? Neugierig gehe ich, gedeckt zuerſt durch die hohen Eichen, dann durch Unterholz und Kiefern, den Dohlen nach und erblicke ſehr bald einen von Aſt zu Aſt, von Baum zu Baum ſpringenden Baummarder, der mir entgegenkommt. Er ſieht mich nicht früher, als bis ich aus dem Gebüſch heraustrete. Nun aber kehrt er um, nimmt ſeinen Lauf in den oberſten Aeſten nahe den Kieferkronen und ſucht endlich Schutz in einem dichten Zweig, der ihn ganz meinen Augen verbirgt. Mein ihm nachgeworfener hübſcher Stock bleibt im Gezweig hängen, ohne das Thier zu erreichen, hat aber doch die Wirkung gehabt, daß der Marder ſeinen Platz verläßt und weiter klettert, doch nicht allzuweit, denn ein ſtarker, breiter, horizontal fortlaufender Aſt, auf dem er ſich der Länge nach ausſtreckt, verbirgt ihn faſt ganz; kaum lugt noch ein wenig der Kopf bis zum Auge hervor. Kein Rufen, kein Klopfen kann ihn zum Weiter— fliehen bewegen, und mir bleibt nichts anderes übrig, da auch ein Steinwurf ihn in ſeiner hohen Lage nicht erreichen würde, mir auch kein Stein zu Gebote ſteht, als den Erzfeind der Vögel in Ruhe zu laſſen und heimzukehren. Das war das vierte Mal, daß ich auf meinen Excurſionen einem Baummarder begegnete und ihn verfolgte. Auch mit dem Steinmarder traf ich zweimal zuſammen, und jedesmal näherte er ſich mir bis auf wenige Schritte, das einemal, als ich mein Frühſtück verzehrte, das anderemal beim Schreiben von Notizen in mein Taſchenbuch. Beide ſuchten nicht durch Klettern auf Bäume, ſondern durch Fliehen durch Gebüſch zu entkommen, was ihnen denn auch trotz eiſriger Verfolgung von meiner Seite bald gelang, doch mußte der eine in dichtes Rohr flüchten, und wird dasſelbe, ohne ein Seebad zu nehmen, nicht verlaſſen haben. Bei meiner Rückkehr zur Anhöhe fand ich wohl mein Frühſtück noch unver— ſehrt vor, aber mein ſchöner Stock fehlte; der hing im Thal im hohen Gezweig. Zum Ausruhen kam ich auch nicht, denn erhitzt und in Schweiß gebadet von der Jagd auf den Baummarder durfte ich ein Niederlaſſen bei dem ſtarken Wind nicht wagen; Mücken hatten mir aber den ganzen Nacken zerſtochen. Wird mirs unter dieſen Umſtänden jemand verdenken, wenn ich trotz der hübſchen Beobachtungen ein wenig mißlaunig in den langen Bart brummte: blinder Eifer ſchadet nur? Mir blieb nun kein anderer Rath, als langſamen Schrittes heimzukehren und mein kleines Tageserlebniß ſogleich, um keinen Vogel zu vergeſſen, flüchtig fürs erſte, für unſere Monatsſchrift niederzuſchreiben. 5 / J. Hellerer, Die Vogelwelt im Schloßpark zu Nymphenburg. 43 Die Vogelwelt im Schloßpark (Hofgarten) zu Nymphenburg. Von J. Hellerer. Etwa 6 Kilometer ſüdweſtlich vom Centrum der Stadt München (Marienplatz, entfernt liegt das vom Churfürſt Ferdinand Maria (1663) begonnene und von Max Emanuel vollendete Luſtſchloß Nymphenburg. Dasſelbe beſteht aus mehreren pavillon- artig im Stile der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erbauten Gebäuden, die von Süden nach Norden durch den ganzen Grundkomplex“) an der Oſtfront ſich hin— ziehen. | Der Schloßpark dehnt ſich von den Gebäuden aus nach Süd- nnd Nordweſten faſt fächerartig aus und endet in einem ſtumpfwinkligen, nicht ganz ebenmäßigen Dreiecke. Ein von Weſt nach Oſt ſich hinziehender breiter Kanal theilt den Park in zwei ziem— lich gleiche Hälften. — Den ganzen Park umſchließt eine wohl drei Meter hohe Mauer, und an den Aha's (Ausſichtsſtellen) ſind beträchtliche ſenkrechte Vertiefungen, ſo daß der Eingang nur von der Schloßſeite aus möglich iſt. Einzig die Nordſeite iſt von Wald (Kapuzinerwäldchen und daranſtoßend die Faſanerie Hartmannshofen) begrenzt, die ſonſtige Umgebung beſteht aus Gärten, Feldern und Wieſen. Ein Arm des Würm— fluſſes liefert Waſſer zu den Kanälen, bildet die Kaskaden, treibt die Fontainen und füllt die beiden Seen. Wege durchziehen nach allen Richtungen den Park und an ſchatti— gen Plätzchen oder Ausſichtspunkten ſind Ruhebänke angebracht. Wieſe, Wald und Waſſer wechſeln in angenehmer unregelmäßiger Reihenfolge mit einander ab und ſo bildet der Park einen Anziehungspunkt für jeden Naturfreund. — Aber auch die Vögel, unſere Lieblinge, haben hier ein ſo trauliches Heim, wie es ſelten zu finden ſein dürfte. Eichen und Linden, Eſchen und Ulmen, Hainbuchen und Zitterpappeln, die mitunter ſo alt oder wohl gar älter ſind, als der Park ſelbſt, bieten Schlupfwinkel und Niſtgelegenheit für die Höhlenbrüter; hundertjährige Fichten und Föhren mit üppiger Nadelbekleidung und theilweiſe gekrümmtem oder verkrüppeltem Gezweig geben Verſtecke und Schlafplätze für Tag⸗ und Nachtſchläfer, und die Geſträuche, welche be— ſonders an den Waldrändern üppig ſich verbreiten, gewähren auch den „Kleinen“ und denjenigen Unterſchlupf, welche der Verſuchung nicht widerſtehen können, den ſchützenden Wald zu verlaſſen, um den Kerfen des Wieſengrundes nachzuſtellen. Aber auch der Hochwald, der an mehreren Stellen viele Hektare groß mit Laub-, Nadel— oder gemiſchten Beſtänden zuſammenhängend den Boden bedeckt, iſt ſelten ohne Unterholz, wenn auch zuweilen nur Laub⸗Junghölzer, Haſel-, Stachel- oder Himbeer— ) Der ganze Komplex enthält 197,1 Hectar (ha); davon treffen auf die Parkanlagen 133 ha, auf den Ziergarten hinter dem Schloß 15,8 ha, auf den kleinen See 2,1 ha, den großen See 6,8 ha. Der Kanal iſt 1535 Meter lang und eirca 30 Meter breit. 44 . J. Hellerer, gebüſche u. dgl. dem moos- oder laubbedeckten humusreichen Waldboden entfteigen. kr Dem Vogelfreunde bleibt nur noch der Wunſch nach etwas mehr zuſammenhängen⸗ den Fichten⸗ und Tannengebüſchen — für die Droſſelvögel, welche wirklich Mangel an Niſtplätzchen haben; allein auch hierin glauben wir im Vorjahre und heuer mit großer Befriedigung wahrgenommen zu haben, daß ſeitens der königl. bayer. Hofgärten⸗Inſpektion diesbezüglichen Anpflanzungen größere Aufmerkſamkeit geſchenkt wird, was dem Parke ſelbſt auch mehr Abwechslung und dadurch gewiß neue or verleihen dürfte. Und nun — indem ich wegen der faſt zu langen Einleitung um Entſchuldi⸗ gung bitte — zur Vogelwelt ſelbſt. — Die Raubvögel“) haben hier feinen günſtigen Stand; zahlreiche Krähenhütten ſorgen für deren Vertilgung und die nahegelegenen Faſanerien Hartmannshofen und Moosach laſſen keine Niederlaſſung von Raubzeug in der Nähe aufkommen. Das hindert jedoch nicht, daß zuweilen (namentlich gegen die freie Südſeite) ein Baum⸗ falke (F. subbuteo) oder ein Buſſard (B. vulg.) im Geäſt der hohen Tannen ſeine Wohnung auf einige Tage aufſchlägt, bis er (wie es im September 1884 auch einem ſeit einer Woche hier nächtigenden rothen Milan (Milv. reg.) erging) dem „Sonntags⸗ | jäger auf der Aufhütte“ zum Opfer fällt. Dagegen kann ich konſtatiren, daß ein Paar Stockeulen (S. aluco) in einem alten Laubholzbeſtande (nordweſtlich gelegen) ſich niederließ und von 1885 an drei Jahre lang (3, 2 und 3) Junge auffütterte; im Vorjahre aber und heuer (1889) fand ich die Niſthöhle — eine alte Linde — wieder leer. In mäuſereichen Jahren, ſo 1887, findet man zahlreiche Gewölle der Waldohreule (Otus vulg.) und ſtets auch einige der Sumpfohreule (Brach. pal.). 1886 im November wurde ein Steinkauz (A. noctua) erlegt. An der Weſtſeite bei den Kaskaden halten ſich jeden Sommer Ziegenmelker (Caprim. eur.) auf, deren Beobachtung jedoch nur im Fluge möglich iſt, da das betr. Quartier, die ſogenannten Prinzenbäder, nicht betreten werden darf. Mauer⸗ ſegler (Cypselus apus) brüten im Schloß alljährlich etwa 8— 10 Paare, ebenſo niſten dort 6—8 Familien Hausſchwalben (Hirundo rust.) und eine aus etwa 16—20 Stück beſtehende Kolonie Mehlſchwalben (H. urbiea), hier Steinſchwalben genannt. Kuckuke (C. can.) werden ſeit Jahren 2 Männchen bemerkt, von denen eines die Südſeite, das andere die Nordſeite mit dem Kapuzinerwäldchen und der Faſanerie beherrſcht. N Eine der intereſſanteſten Erſcheinungen find die Eisvögel (Ale. isp.). Sie ſollen ihre Wohnung an einem Angerhügel bei Dachau (14 km von hier) haben, und doch machen ſie dem Park allſommerlich einige, im Herbſte häufigere Mesut EI ) Ich Folge im Allgemeinen dem „Verzeichniß der Vögel Deutjchlands von E. F. von Homeyer“. Be. * ö Die Vogelwelt im Schloßpark zu Nymphenburg. 45 Es iſt aber auch zu einladend für ſie, vom überhängenden Aſte aus im zahlreich bewohnten Wäſſerlein zu fiſchen. Leider führen die umliegenden Fiſchwaſſerbeſitzer mit Fangeiſen einen Vernichtungskampf gegen ihn; doch wurde der Vogel heuer wieder mehrmals bemerkt. — Alljährlich um Pfingſten findet ſich ein Paar Gold— amſeln (Oriolus galb.) ein, ſtreunt etwa 6—8 Tage, anſcheinend einen Niſtplatz ſuchend, herum, um ſich dann wieder zu entfernen. Trotz der herrlichen Laubbäume bleiben ſie nicht; es iſt ihnen wohl zu unruhig in dem vielbeſuchten Park. Nur 1888 ſah und hörte ich ſie auch noch im Juni und Juli auf den zwei Inſeln des großen Sees, wo ſie vielleicht auch gebrütet haben dürften. Im Jahre 1889 blieben ſie nicht mehr da. — Beſtändiger iſt der Staar (St. vulg.). Er kommt zeitig im Frühjahr, bezieht in etwa 15— 20 Paaren die gewohnten Höhlen, insbeſondere der alten Eichen und Linden, und belebt den ganzen Sommer ſelbſt die abgelegenſten Theile des Parkes. Zeitweilig ſiedelt ſich in dem Geäſt der hohen Föhren eine Schwarzkrähe (C. corone) an, welcher indeſſen über kurz oder lang ein gleiches Schickſal beſchieden iſt, wie den eingangs erwähnten Raubvögeln. Aehnlich ergeht es den Elſtern (Picea caud.); ich ſah ſie nie zum Niſten kommen, während der ſchlauere Eichelhäher (Garr. glandarius) jedes Jahr, manchmal ſogar in zwei Familien — eine ſüdlich und eine nördlich — ſeine Nachkommenſchaft zeitigt, zum Schrecken und Entſetzen der kleineren Vögel. Auch der Tannenhäher beſucht manchmal auf ſeinem Zuge den Park; im Jahre 1885 ſtreunten 4—6 Exemplare den ganzen Monat Oktober darin herum, zwei davon wurden geſchoſſen. Beſonders gut gefällt es den Spechten und das hat ſeinen guten Grund. Ent- gegen der ſonſtigen Praxis der Forſtleute wird hier nicht jeder alte, morſch werdende Baum mit Stumpf und Stiel ausgerodet, ſondern man ehrt den alten Burſchen, der ſchon manche Generation kommen und gehen ſah, nimmt ihm die faulenden Aeſte ab, legt ſogar ſeinen Verwundungen ein Pflaſter auf und friſtet ihm ſo noch Jahrzehnte hindurch das Leben zur Freude des ehrlichen Naturfreundes und zum Jubel für die zahlreichen Höhlenbrüter, insbeſondere die Spechte. Von dieſen niſten hier der Grün⸗ und der Grauſpecht (G. viridis und eanus), letzterer weniger häufig. Der große Buntſpecht (P. major) bedarf eines ausgedehnten Gebietes; es finden nur zwei Paare Raum, eines ſüdlich und das andere nördlich — wie beim Kuckuk. Eine liebliche Erſcheinung iſt der kleine Buntſpecht (P. minor), der vom Okto— ber bis April mit Meiſen, Kleibern u. ſ. w. herumſtreunt, im Sommer aber nur ſelten ſichtbar iſt, da er in dem dichten Laubwerk verſchwindet und ganz zurück— gezogen nur ſeiner Familie lebt. Der Schwarzſpecht (Dryoc. martius) iſt nur ein vorübergehender Beſucher im Herbſt und Winter. Auch der Wendehals (I. torg.) bleibt nicht da; er kommt im Frühjahr zu ſeiner Zeit an, läßt ein paar Tage ſeinen 46 F. Hellerer, Ruf ertönen und verſchwindet, obwohl er in unſeren Gegenden hie und da ſchon vorkommt: im Park hat in den letzten 10 Jahren meines Wiſſens keiner gebrütet. Um ſo zahlreicher iſt die Spechtmeiſe (Sitta eur.); ſie bewohnt wohl in 20 und mehr Familien den Park und bringt mit dem Baumläufer (Certh. fam.) auch im Winter Leben in die verödeten Räume. Ein ſeltener Gaſt iſt der Wiedehopf (Upupa ep.); ich ſah ihn in 20 Jahren nur zweimal bei ſeiner Ankunft ſich einige Tage (z. B. 1889) hier aufhalten, worauf er auf Nimmerwiederſehen verſchwindet — es iſt ihm zu unruhig. Auch die Würger (Lan. excubitor und collurio) haben keinen feſten Sitz; erſterer iſt im Winter zeit⸗ weiſe an der Südſeite da und macht Jagd auf Ammern und Sperlinge, während letzterer zur Zugzeit im Frühjahre auf einige Tage zuſpricht. Ein Neſt habe ich im Park weder vom einen noch vom andern gefunden, wohl aber im mittelbar an⸗ N N grenzenden Dachauermoos. Beachtenswerther iſt die Familie der Fliegenſchnäpper, weniger wegen des grauen (Musc. grisola), der in einigen Paaren hier vorkommt, auch nicht wegen des ſchwarzrückigen (M. luetuosa), der ſich zur Zugzeit hie und da blicken läßt, ſondern des weißhalſigen (M. albicollis) wegen, der ſich meines Wiſſens ſeit 1882 ſtets ver⸗ mehrt. Ich hielt ihn früher für M. luetuosa, und erſt als ich 1886 (er iſt in den hohen Baumkronen ſehr ſchwer zu beobachten) ein altes Männchen ganz in der Nähe ſah, konnte ich ihn ſicher beſtimmen. Seitdem wende ich ihm meine volle Aufmerkſamkeit zu und fand, daß er in Nymphenburg und der unmittelbaren Um⸗ gebung ſeit drei Jahren wohl in 20 und mehr, heuer ſogar in über 30 Paaren den Sommer über vorhanden war.“) Selten ſieht man die Heckenbraunelle (Acc. modularis); dagegen iſt der Zaun⸗ könig (Trogl. parv.) ziemlich gut vertreten. Ich fand heuer (1889) drei Neſter von ihm und wohl nochmal ſo viel konnte ich nicht auffinden, da ich verbotenes Terrain nicht betreten wollte. Der Waſſerſtaar (Cinelus ag.) iſt vorübergehender Gaſt. Zahlreich find die Meiſen, insbeſondere Tannen-, Kohl-, Blau- und Sumpf⸗ meiſe (P. ater, major, coeruleus und Poee. pal.) ſieht man das ganze Jahr. Weniger häufig iſt die Haubenmeiſe (P. erist.) und ſelten die Schwanzmeiſe (Aere- dula caudata); dieſe war 1889 nur in einem einzigen Paare vorhanden, wogegen die beiden Goldhähnchen (Reg. erist. und ignic.) in den hohen Tannenwipfeln häufig zu hören und mit gutem oder bewaffnetem Auge auch zu ſehen ſind. Von erſterem fand ich 1888 ein Neſt; von letzterem (5) habe ich — es hatte einen Flügel ver⸗ letzt — 1886 ein Stück mit eigener Hand gefangen. Von Laubvögeln iſt vertreten der Weiden⸗, Fitis- und Waldlaubvogel (Phyl- ) Vielleicht finde ich ſpäter Gelegenheit, meine diesbezügl. Beobachtungen in 1 7 Artikel zu berichten. b 2 A 0 A Die Vogelwelt im Schloßpark zu Nymphenburg. 47 lopn. rufa, trochilus und sibilatrix), die erſteren zwei ſehr häufig, der letztere etwa in 6—8 Paaren. Merkwürdig iſt, daß der Gartenlaubvogel (Hypolais salie.) den Park ſeit Jahren meidet, obwohl er im ſogen. „Engliſchen Garten“, öſtlich von München, recht zahlreich zu finden iſt und ſogar in den Obſtgärten Nymphenburgs brütet. Heuer im Mai hörte ich zwei Männchen in der Nähe des Schloſſes im Ziergarten öfters ſingen — ob ſie brüteten? — ich weiß es nicht. Da Rohr und Schilf hier mangelt, ſo fehlen auch die Rohr⸗ und Schilfſänger gänzlich. Gras⸗ mücken ſind ſehr häufig, insbeſondere die Garten- und Mönchsgrasmücke (Sylvia hort. und atrie.), von welch’ jeder ich in den letzten Jahren wohl je ein Dutzend und mehr Neſter antraf. Es iſt darum auch ein herrlicher Genuß, am Morgen oder Abend oder nach einem Regen die von dieſen Sängern bewohnten Gefilde zu durchwandern. Leider iſt in letzter Zeit manches Neſt ſammt den halbflüggen Jungen verſchwunden. — S. eurruca und auch einerea habe ich da und dort zu hören geglaubt; ob ſie aber brüten, bezweifle ich — ein Neſt von ihnen fand ich nicht. Für Droſſeln iſt der Platz wie geſchaffen. Am Boden im Sommer üppige Vegetation, im Frühling und Herbſte reiches Laub und darunter zahlreiche Kerfe. Im Mai 1888 fand ich 11, im gleichen Monat 1889 gar 15 Neſter der Sing— droſſel (T. mus.) und wohl ebenſoviel der Amſel (Merula vulg.) trotzdem, daß die Niſtplätze, namentlich der erſteren — junge Fichten — recht ſpärlich ſind. Merk— würdig iſt das Verhalten der Amſel: während im Sommer wohl mehr als 30 Paare im Parke niſten, iſt im ſtrengen Winter kaum eine zu ſehen. Sie gehen nach München, wo ſie von zahlreichen Thierfreunden reichlich gefüttert werden. Sobald der Boden aufthaut, ſind fie wieder im Parke. Dagegen vergnügt ſich die Miſtel— droſſel (T. visciv.) in einigen Exemplaren den ganzen Winter an den Früchten der auf alten Linden zahlreich wachſenden Miſtelpflanze. Wein- und Wachholderdroſſel (T. iliacus und pilaris) kamen nur ſelten beim Durchzuge vor. Haus⸗ und Gartenrothſchwänzchen (Rut. tithys und phoenie.) find die ganze milde Jahreszeit anweſend, namentlich iſt letzteres ziemlich zahlreich. Noch häufiger vorhanden iſt das Rothkehlchen (Dandalus rub.). Wohl 40—50 Paare niſten im Park und in den Monaten April, Mai und Juni vereinigt ſich ihr ſchwärmeriſcher Geſang mit dem Liede der Amſeln, Singdroſſeln und Grasmücken zu einem harmo— niſchen Ganzen. Die Nachtigall (Lusc. minor) habe ich nur zweimal auf je einen Abend beim Durchzuge bemerkt, ebenſo 1888 das Blaukehlchen (Cyan. sp.). Unter den Brücken (Durchläſſen) niſten ſtets 2—3 Paare weiße Bachſtelzen (Motacilla alba); gelbe (M. sulphurea) kommen hier nur im Herbſte beim Durch— zuge vor und treiben ſich in der Regel einige Tage bei den Kanälen herum. An G * I . 2 * pr 48 J. Hellerer, Die Vogelwelt im Schloßpark zu Nymphenburg. Feldrändern bei der Mauer wohnt der Baumpieper (Anthus arboreus) und unweit von ihm hat ſich im Wieſengrund die Feldlerche (Alauda arvensis) angeſiedelt; a ihre Schweſter, die Haubenlerche (Galerida eristata), bezieht außerhalb der Mauer auf der dürren Heide alljährlich Quartier und belebt im Winter die zur Stadt füh⸗ renden Landſtraßen. Alle Hecken und Gebüſche, namentlich an der Mauer, bewohnt die Goldammer (Emberiza citr.). Ihr häufigſter Nachbar iſt der Feldſperling (P. mont.), der geräumige Mauerlöcher bewohnt, ſofern ihm nicht freiſtehende, hohle Bäume genügenden Niſtraum bieten. Weniger wähleriſch iſt ſein Bruder, der Haus- ſpatz (P. dom.): jede Höhlung iſt ihm gut genug, wenn ſie nur in der Nähe des Schloſſes, insbeſondere der Pferdſtallungen liegt. Findet er dieſe nicht, ſo thut's ein Baumſtrauch. Der Edelfink (F. eoelebs) iſt im Schloßpark am zahlreichſten vertreten. Am 7. Mai 1888, zu einer Zeit alſo, wo jedes Paar ſein Standquartier bereits be- zogen, bezw. behauptet hat, zählte ich auf der Südhälfte 47 klagende Männchen. Es gibt wohl keine Baum- und (höhere) Strauchart, auf der ich nicht ſchon Neſter an— traf; die meiſten werden auf Fichtenäſten angelegt, viele auch auf Laubbäumen ꝛc. — im Wachholder fand ich ein einziges. Selten und nur auf dem Zuge kommt der Bergfink (F. montift,) vor, wäh- rend der Kernbeißer (Coceothraustes vulg.) im Sommer ziemlich häufig hier ſich niederläßt. Er niſtet auf Thuja, Hainbuche, Weißdorn, ſogar auf Flieder u. ſ. w.; auch auf der wilden Kaſtanie, auf Linden u. ſ. w. 2— 12 Meter vom Boden ent⸗ fernt. Er iſt ſtets ſchon vor dem Edelfinken hier und bringt im März ſchon Leben in die kahlen Wipfel der Laubbäume. In einzelnen Paaren iſt der Grünling (Ligurinus chl.) vorhanden; den Girlitz (Serinus hort.) aber, der mir ſchon von mancher Seite als vorhanden bezeichnet wurde, konnte ich bis zur Stunde nie wahr⸗ nehmen. Der Zeiſig (Chrysomitris spinus) beſucht alljährlich im Spätherbſte auf kurze Zeit die Erlen in der Nähe des ſog. Prinzenbades und geht dann wieder; anders der Stieglitz (Card. eleg.): der hält Sommer und Winter treu bei uns aus. Den dichten Park aber liebt er nicht, nur an der Grenze, öſtlich beim Schloß ſiedelt er ſich in drei bis vier Paaren an und bleibt ſo ſtets in Fühlung mit dem Gros, das in etwa 20—30 Paaren auf den Baumwipfeln der alten Lindenallee, die in vierfacher Reihe außerhalb des Schloßrayons am (circa 500 Meter langen) Kanale ſich öſtlich zieht, alljährlich ſeine Wohnung aufſchlägt. Bluthänflinge (Cannab. sang.) find ſelten; auch ein Neſt des Gimpels (Pyrrh. eur.) iſt eine große Rarität. Kreuz⸗ ſchnäbel (Lox. europ.) durchſtreunen häufig die Fichtenbeſtände, laſſen ſich aber nie häuslich nieder. Zeitig im Frühjahre, ſowie der Boden aufthaut, iſt die Ringeltaube (C. pa- lumbus) da und bezieht in zwei Paaren den Standplatz; auch die Hohltaube 5 Rud. Müller, Zur Entwicklungsgeſchichte des Bläßhuhns. 49 (C. oenas) läßt ſich in einigen Familien nieder; ob aber die Turteltaube (Turtur aur.) hier brütet, vermag ich nicht zu ſagen; Thatſache iſt, daß heuer im Oktober in der Nähe wieder eine (2) geſchoſſen wurde. An der Grenze ſüdlich und weſtlich an der Mauer ſtößt man zuweilen auf das Neſt eines Rebhuhns (Starna ein.) und in einem neuangelegten Haferfeld erklang heuer zum erſtenmale innerhalb der Mauer der Schlag der Wachtel (Cot. dact.). Von Stelzvögeln iſt wenig zu beobachten; in der Nähe der Mauer ſucht zu— weilen der im nahen Moor wohnende Kiebitz (Vanellus er.) ſeine Nahrung und im Herbſte 1886 trieben ſich zwei Goldregenpfeifer etwa eine Woche lang (es war Bach— auskehr) auf dem ſchlammigen, nun bloßliegenden Teichgrunde umher. Im Früh- linge und Herbſte beſucht die Waldſchnepfe (Scol. rust.) den Park, ſehr ſelten die Bekaſſine (Gall. scolopaeina). Alle Gewäſſer aber find belebt von dem Höcker— ſchwan (C. olor) der hier ſorglich gehegt wird. Auf einer Inſel des ſog. großen Sees brütet alljährlich eine Wildente oder Stockente (Anas boschas) ihre zahlreiche Nachkommenſchaft aus und wenn in der Umgebung die Hühner- und Haſenjagden beginnen, flüchten ſich auch von außen viele Wildenten hieher, ſo daß man den ganzen Oktober hindurch und auch noch im November zwiſchen den beiden Inſeln wohl 50—80, ja manchmal wohl über 100 Stockenten ſich tummeln ſehen kann — für den Spätherbſt, wenn ſchon alles ruhig geworden iſt, gewiß noch ein lieb— liches Bild! München, November 1889. Zur Entwicklungsgeſchichte des Bläßhuhns (Fulica atra L.). Von Rudolf Müller. Am 7. Juni 1889 Morgens 3 Uhr ſuchte ich in der Nähe Leipzigs einen Teich ab; derſelbe iſt etwa 1½ Morgen groß und zur Hälfte mit dichtem Rohre be— wachſen. Als ich von der Waſſerſeite aus 9 bis 10 m in das Röhricht einge— drungen war, hörte ich plötzlich ein leiſes, klagendes Pfeifen und gewahrte gleich— zeitig ein Neſt, gegen ½ m hoch gebaut, nach einer Seite bis zum Waſſerſpiegel abgeflacht, mit trockenem, weichem Schilfe, ſogenanntem Böttcherſchilfe, ausgefüttert. Der Teich ſteht mit dem Fluſſe in Verbindung, das Waſſer im Teiche ſteigt und fällt alſo mit dem Fluſſe; daher wahrſcheinlich die außerordentliche Höhe des Neſtes. Dasſelbe enthielt 7 ſchmutzig⸗gelbe, dunkel fein geſprenkelte Eier. Ich hatte alſo das brütende Weibchen vom Neſte geſcheucht. Die Eier wickelte ich des beſſeren Transportes wegen in mein vom Thau vollſtändig durchnäßtes Wollhemd und machte mich auf den Nachhauſeweg. Der Morgen war überhaupt ſehr kühl und die Eier waren daher vollſtändig erkaltet. Gegen 10 Uhr Morgeus bohrte ich rn a } . * 50 Rud. Müller, Zur Entwicklungsgeſchichte des Bläßhuhns. 9 ein Ei an; dasſelbe war faul und blies ſich gut aus. Das zweite und dritte Ei enthielten ſtark entwickelte Junge, waren alſo für die Eierſammlung nicht zu ges brauchen. Ich legte daher die übrigen vier Eier auf Filz und Leinwand in einen ſogenannten Wärmkaſten, welcher in der Pianoforte-Fabrik vom Kommerzienrath Julius Blüthner zum Warmhalten des Leimes angebracht iſt. In der Nacht zum 12. Juni hörte der Nachtwächter des Etabliſſements in dem betreffenden Arbeits⸗ ſaale ein leiſes Piepen; da er um die Brutgeſchichte nicht wußte, war es ihm etwas unheimlich dabei, und forſchte er deshalb nicht näher nach dem Grunde des Piepens. Als wir Morgens das Arbeitslokal betraten, ahnten wir gleich, was das Piepen zu bedeuten hatte: das erſte Junge war zur Welt gekommen. Am 13. das zweite und am 15. die andern zwei. Da die Pfingſtfeiertage in dieſe Zeit fielen, waren die Leimkäſten drei Tage vollſtändig ohne Wärme und trotzdem dieſes Reſultat. Die Jungen hatten ſchönen ſchwarzen Flaum; Kopf und Hals waren mit einzelnen orangegelben Federhaaren bewachſen, der Schnabel hochroth gefärbt, das Ende desſelben ſchneeweiß mit ſchwarzer Spitze; die Füße ſchwarzblau und unver— hältnißmäßig groß. Im Anfange fütterte ich Ameiſenpuppen und Mehlwürmer; Ei nahmen ſie nicht gern, deſto lieber aber Flußſand und den Abgang der Mehlwürmer mit Kleie vermiſcht. Waſſer nahmen ſie ſehr reichlich, nur konnte ich ſie nicht bewegen, hinein zu gehen; that ich ſie hinein, ſo ſchrieen ſie kläglich, bis ich ſie wieder herausnahm. Die erſten 8 Tage entwickelten ſie ſich langſam, dann aber ging es ſchnell vorwärts. Auf der Bruſt ſtellte ſich weißer Flaum ein, der Schnabel wurde blaßroth, ſpäter gelb mit ſchwarzen Flecken; die weiße Spitze blieb. Nach vier Wochen war ſchon ein dichter Federpelz auf Bruſt und Bauch, das Weiße der Bruſt verſchwand und ging in Graublau über; um dieſe Zeit gingen ſie auch frei⸗ willig ins Waſſer, aber nur ſelten. Das Zweitgeborene fing jetzt an zu kränkeln, ich hatte zu viel bei dem Aus: kriechen aus dem Ei nachgeholfen, jo daß es blutete, und es ſtellten ſich jetzt wahr: ſcheinlich die Folgen ein. Die Füße verkrüppelten, und es ging ſchnell zu Grunde. So konnte ſich auch das Vierte in kurzer Zeit nicht mehr auf den Füßen halten. Durch ſorgſame Pflege erhielt ich es zwar noch längere Zeit am Leben; jedoch die Füße blieben verkrüppelt, und hätte dasſelbe wohl nie wieder ordentlich laufen gelernt. Um das Thier nicht länger zu quälen, ließ ich es umbringen. Da ich ſie nun in der Wohnung nicht länger zu erhalten wagte, ich ſelbſt aber keinen Garten beſaß, übergab ich die andern zwei Herrn Carius, Beſitzer der Centralhalle in Leipzig, welcher ſie bereitwilligſt in Pflege nahm, in ſeinem Garten einpferchte, a wo ſie den Beſuchern des Etabliſſements heute noch viel Freude bereiten. nm L. Buxbaum, Der Vogelzug im Herbft 1889. 51 Nach 10 Wochen waren ſie vollſtändig flügge; die Schwingen hatten ſich ſehr ſpät entwickelt; der Schnabel mit dem Schild auf der Stirn war ganz weiß geworden, der Kopf tief ſchwarz wie Sammet, die Bruſt weißlichgrau, das übrige Gefieder ſchwarzgrau, die Füße ſchmutziggrün. Jetzt zur Zugzeit ſind ſie Nachts ſehr unruhig, rennen wie beſeſſen in ihrem Pferch herum, fliegen an das Gitter an und beruhigen ſich erſt mit dem Tage. Drollig iſt es, mit anzuſehen, wenn ſie einander kraulen; der Eine hält ſeinen Kopf tief, der Andere krault ihn um Ohren, Kopf und Hals. Nachdem nun der Eine die Sache ſatt hat und ſchon längſt davon gelaufen iſt, hält der Andere längere Zeit noch ſeinen Kopf hin, ſo wohl hat es ihm gethan. Sie ver— tragen ſich ſehr gut, als ich jedoch einſt ihren kranken Kameraden hinein ſteckte, fielen ſie über ihn her, bearbeiteten ihn beide mit Schnabelhieben, folgten ihm in ihr Waſſerbaſſin, drückten ihn unter das Waſſer und hätten ihn unfehlbar getötet, hätte ich ihn nicht ſofort wieder herausgenommen; ſie machen es alſo wie die Störche und viele andre Vögel, welche auch ihre kranken Kameraden vollends tödten. Hoffentlich gelingt es, die Thiere durchzuwintern; ſollte es Ihnen von Intereſſe ſein, werde ich mir erlauben, ſpäter noch einmal Bericht zu erſtatten. Leipzig, Herbſt 1889. | Nachſchrift. Von Herrn Dr. Rey wurde ich aufgefordert, noch mitzu— theilen, zu welcher Zeit ſich die gelben Haare um Hals und Kopf verloren hätten: Voll erhielten ſich dieſelben nur 3 Wochen; nach dem Flüggewerden nahmen ſie allmählig ab, im Verhältniß wie ſich die andern Federn entwickelten, ähnlich wie bei den Tauben. Im Uebrigen befinden ſich die Thiere auch jetzt noch wohl und ſind ſehr genügſam. Herr Carius hat in den Käfig zum Offenhalten des Waſſers einen Ofen einſetzen laſſen. | Leipzig, Dezember 1889. Ornithologiſche Beobachtungen. Von L. Buxbaum. Der Vogelzug im Herbft 1889. Nach der Vegetation des Nachſommers und Herbſtes hätte man auf einen frühen Rückzug der Vögel ſchließen können, denn die Bäume legten drei Wochen früher ihr Sommerkleid ab, als im vorigen Jahre. Das Wetter blieb aber gut, und ſo kamen die Zugvögel faſt um dieſelbe Zeit wie im Vorjahre. Den Anfang machten die Staare, die am 4. Auguſt, 4 Tage früher als im vorigen Jahre, in einer großen Schaar hierher kamen und die Gemarkung durchſtreiften, ohne jedoch die geſuchten, reifen Zwetſchen zu finden, da die Bäume einmal ausgeſetzt hatten. 52 L. Buxbaum, Der Bogelzug im Heebſt 1889. Die weißen Störche ſammelten ſich am 20. Auguſt, 10 Tage ſpäter als im Vorjahre. Der erſte Zug der Rauchſchwalben hatte am 4. Auguſt große Ver⸗ ſammlung, während dieſelben in 1888 erſt am 1. September zur Abreiſe zuſammen⸗ riefen. Die erſten Kraniche, 75 Stück, kamen am 20. Oktober in drei Zügen hier vorüber und den letzten Zug habe ich am 10. November abends 6 Uhr beob⸗ achtet. Die Züge waren in dieſem Herbſte durchweg ſtärker an Stückzahl als im Vorjahre. Da vorherrſchend Südweſt- oder Weſtwind wehte, jo gingen dieſelben meiſtens ziemlich hoch und konnten deshalb nicht genauer beobachtet werden. Zur Nachtzeit habe ich diesmal keine Kranichzüge wahrgenommen und auch die hieſigen Nachtwächter haben ſolche nicht gehört, obgleich am 7. November Vollmond war, in welcher Zeit die Kraniche gerne des Nachts wandern. Am 25. Oktober hat ſich eine Waldſchnepfe bei dichtem Nebel am Telegraphendraht den rechten Flügel und den Oberſchnabel gebrochen und wurde mir in dieſem Zuſtande gezeigt. Die erſten Wildgänſe zogen am 8. November in einer Kette von 20 Stück nach W., denen am 10. November eine zweite Schaar folgte. Am 12. November zeigte das Thermometer — 1 R., und haben jene Thiere die erſte Kälte wieder richtig fignali- ſirt. Die Möven ſind am 12. März in großen Schaaren angekommen und ziehen mainaufwärts. Es ſind hauptſächlich Silber- und Lachmöven. Am 17. Auguſt hat mir ein hieſiger Förſter eine Heine Rohrdommel, Quartanreiher, (Ardetta minuta) gebracht, die er beim Grasmähen am Mainufer gefangen hatte. Sie hatte ſich mit ſenkrecht gehaltenem Halſe und Schnabel in das Gras geſtellt wie eine Bildſäule und wäre durch die Senſe zerhauen worden, wenn ſie der Mann nicht geſehen und ergriffen hätte. In ihrer Angſt hat ſie nun zwei Fiſchchen ausge⸗ ſpieen, die ſie kurz vorher verſchluckt haben mußte. Als ich ſie am 19. Auguſt in einen anderen Behälter bringen wollte, iſt ſie mir ausgeſchlüpft und entflogen. Am 25. September brachte mir ein Schulknabe einen Strandreiter, der am Telegraphendraht das Handgelenk des linken Flügels gebrochen hatte. Schade um das ſchöne Thierchen! Doch dieſe Würgmaſchine iſt unbarmherzig und mordet alles, was mit ihr in ſolche Berührung kommt. In dieſem Herbſte war der hieſige Wald ganz beſonders durch Eichelhäher belebt, und habe ich noch niemals ſo viele hier geſehen als heuer. Da unſere Wälder ſchon 2 Jahre hindurch von der großen Kiefernraupe heimgeſucht werden, ſo daß vor einigen Tagen bei einer Probe unter einer Kiefer unter dem Moos über 1700 Stück Raupen aufgefunden wurden, ſo bin ich begierig, wie ſich die Kuckuke im nächſten Frühjahre dieſer Raupen⸗ maſſe gegenüber verhalten werden. An Nahrung wird es ihnen nicht fehlen, ob⸗ gleich alle Kiefern ſchon im Januar mit Leimringen verſehen werden, denn auch die Nonne iſt in großer Zahl vorhanden. Der erſte Schnee am 29. Nov. brachte uns wieder unſere Wintergäſte, und wurde der Tiſch auch gleich ordentlich gedeckt. A. Frenzel, Vom Vogelmarkt. 53 Die Kohl: und Blaumeiſen, die im vorigen Winter ausgeblieben waren, ſind diesmal ſtark vertreten und werden ganz beſonders geködert.“ Raunheim a. Main, im Dezember 1889. Vom Vogelmarkt. Von Dr. A. Frenzel. Gegenwärtig iſt der hübſche grauköpfige Zwergpapagei von Madagascar, Psittaeula cana, außerordentlich billig zu haben. Man kauft das Pärchen für 3½ . und dieſen Preis muß man ja ſelbſt für ein Pärchen deutſche Finken, wie Gimpel, Stieglitze und dergl. zahlen. Das Grauköpfchen iſt ein ausdauernder Vogel, niſtet nicht ſchwer und ſeine Anſchaffung daher zu empfehlen. Als vor Jahren der Vogel noch ſelten war, zahlte man für das Pärchen 90 % Vergl. dieſe Monats⸗ ſchrift 1881, 212 und 1888, 362. Auch die herrlichen anſtraliſchen Finken: Frau Goulds Amandine und wunder— ſchöne Amandine (Chloebia Gouldiae et mirabilis) werden neuerdings wieder von C. Reiche in Alfeld und G. Voß in Köln a. Rh. empfohlen, das Pärchen von erſterer Art zu 60, von letzterer zu 70 %. Die für die Züchter noch weit werthvolleren Vögel die nicht minder ſchöne eigentliche und dreifarbige Papagei-Amandine (Erythrura psittacea et trichroa) werden fo häufig gezüchtet, daß man das Pärchen eigentliche Papagei⸗Amandinen ſchon für 40 % und ein Pärchen der dreifarbigen für 45 M. kauft. Für dieſe prächtigen Finken iſt ein ſolcher Preis ſehr gering zu nennen. Eingeführt wurden die Vögel leider nicht mehr. Fräulein Hagenbeck empfahl dieſe Vögel in ihrer Weihnachtsliſte, wie auch in unſerer Monatsſchrift. Manche ſchönen Vögel, namentlich Papageien, ſind ſeit Jahren fortgeblieben, ſo z. B. der mit Recht hler beliebte Singſittich, der ſchon vor 15 Jahren häufig gezüchtet wurde. An Com- plettirung von Paaren iſt nicht mehr zu denken. Seit 5 Jahren ſuche ich Grün— bürzel, ſeit 6 Jahren Strichellori, aber vergeblich. Und während ich 6 Jahr lang ein einzelnes Männchen pomeranzgelbes Pfäffchen pflegte, ohne ein Weibchen erhalten zu können, bin ich jetzt im Beſitz eines hübſchen Weibchens, zu welchem ein Männ⸗ chen zu bekommen nicht möglich iſt. Auf mein früheres Lamento über dieſe unerfreulichen Verhältniſſe des Vogel— handels (dieſe Monatsſchrift 1885, 237) hat Herr Großhändler Abrahams in dem— ſelben Jahrgang unſrer Monatsſchrift, S. 298 geantwortet. Gewiß muß man Herrn Abrahams durchaus beiſtimmen. Was jedoch die Klagen über den ſchlechten Abſatz ſeltner und theurer Vögel nach Deutſchland anbelangt, ſo möchte ich nur dieſes zu bedenken geben, daß wohl recht viele deutſche Vogelwirthe mit tauſend Freuden ganz erhebliche Opfer bringen würden, wenn ſie dazu in der Lage wären. Reiche Leute aber haben wieder andre Paſſionen. 22 Kleinere Mittheilungen. Kleinere Mittheilungen. Eine der erſten Autoritäten bezüglich der Kenntniß unſerer Wildhühner, Herr Dr. W. Wurm, veröffentlicht in der Zeitſchrift „Zoologiſcher Garten“ S. 296, eine hochintereſſante Notiz, welche zur Veröffentlichung eventueller ähnlicher Bes obachtungen dringlich auffordert. Nachdem nehmlich ſchon 1779 und 1783 Latham und Harvie-Brown über Auerhennen berichtet, die auf Kiefern in Raubvogel⸗ horſten brüteten, wird von John Bett im vorigen Jahre ein dritter Fall in der engliſchen Zeitſchrift „The Field“ erzählt von einer Auerhenne, welche in einem Eichhornkobel auf einer Kiefer 10 Eier ausgebrütet hat. Aus Deutſchland iſt die Auerhenne als Hochbrüterin noch nicht bekannt. So befremdlich das klingt — analogiſche Erſcheinungen giebt es. Unſere Stockenten brüten nicht blos auf ebener | Erde, ſondern ſehr gern auch auf Weidenköpfen, in alten Krähen- und Falkenhorſten, auf Eichhornneſtern, auf alten Brückenpfeilern und Mauern. Auch unſere Haus⸗ hühner „legen öfter weg“ auf durchbrochene, ganz oder theilweis ungedielte Ge- treideböden, wie ich ſelbſt öfter geſehen habe, und brüten daſelbſt unentdeckt ruhig die Jungen aus. Letztere fallen nach dem Ausſchlüpfen und Trockenwerden herab auf die Tenne und den Panſenboden und zwar oft genug ohne daß weiches verzeddeltes Stroh den hohen Fall abgeſchwächt, und nehmen trotzdem ſelten Schaden. Die Thierchen ſind wohl zu leicht, um ſchwer aufzufallen. K. Th. Liebe. Störche im Walde. Eine noch auffälligere Erſcheinung als der Aufenthalt von Haustauben im Walde bot ſich mir dar, als ich im Jahr 1878 "zwei, 1879 drei Störche (Ciconia alba) im Walde einherſchreiten ſah. In dem genannten Jahre war im Templiner Kreiſe der Provinz Brandenburg die Wanderheuſchrecke aufge- treten und hatte auf Wieſen und Feldern nicht unerheblichen Schaden angerichtet, weshalb der Landrath des Kreiſes die ländliche Bevölkerung zuſammenrief und Vor⸗ kehrungen zur Vernichtung der Heuſchrecken traf. Zu dieſer Zeit, Mitte Juli, waren auch die Kiefernwälder mit Heu- und kleineren Schrecken überfüllt. Ganz beſonders wurde ein Kiefernbeſtand, deſſen ſandigen Boden nur kurzes ſtruppiges Gras bedeckte, heimgeſucht. Sobald man vom Felde aus an die erſten Bäume des Waldes trat, erhoben ſich dieſe Inſekten in ſolcher Menge, daß ihr Aufſpringen und Niederlaſſen einer Gießkanne glich, die durch die Brauſe ihr Naß bogenförmig in tauſend Waſſer⸗ ſtrahlen ausſtrömen läßt. In dieſem Walde, zwiſchen Reiersdorf und dem Gute Julianenhof gelegen, konnte man täglich das Storchpaar, das auf einem Stroh⸗ dache in Julianenhof ſein Neſt mit Jungen hatte, wandern und tüchtig unter den Schrecken aufräumen ſehen. Nahte man ſich den Störchen, ſo flogen ſie auf, richteten jedesmal ihren Flug dem Felde zu, kehrten aber bei Erreichung desſelben um und ließen ſich ſtets erſt wieder innerhalb des Waldes nieder, um dort an einer andern Kleinere Mittheilungen. 55 Stelle ihre Heuſchreckenjagd fortzuſetzen. Wohl hatte ich ſchon öfter Störche im Walde auf hohen Eichen und Buchen, beſonders in deren abgeſtorbenen oberſten Aeſten und Spitzen, ruhen ſehen, aber das Durchſchreiten eines Waldes war mir neu. A d. Walter. Seltene Gäſte im Lippe'ſchen. Im September vorigen Jahres wurde in unſerm Lipperlande ein höchſt ſeltener Irrgaſt aus der Reiherfamilie erlegt, nämlich ein Purpurreiher (Ard. purpurea). Es war ein junges Männchen, auf dem Rücken von roſtrother Färbung, unten mehr weißlich. Als andere ſeltene Gäſte, die in den letzten 40 Jahren hier erlegt wurden und die zum größten Theil im Muſeum zu Detmold aufgeſtellt ſind, ſind folgende zu nennen. 1. Goldadler (A. ehrysaetos), 8. Wüſtenrennvogel (Cursorius europ.), 2. Fiſchadler (P. haliaetos), 9. Schwarzer Storch (Ciconia nigra), 3. Schwarzſpecht (Dryoc. martius), 10. Großtrappe (Otis tarda), 4. Nußhäher (Nueifr. caryocatactes), 11. Rohrdommel (B. stellaris), 5. Seidenſchwanz (Bombyeilla garrula), 12. Singſchwan (C. musicus), 6. Roſenſtaar (Pastor roseus), 13. Eidereule (S. mollissima), 7. Steppenhuhn (Syrrh. paradoxus), 14. Tölpel (Sula bassana). Letzterer wurde an den Senneteichen mit der Hand ergriffen. Die verſchiedenen Arten der Enten, Säger, Taucher und Möven, die ſonſt alle Jahr hier zur Strecke gebracht werden, laſſen wir unerwähnt, da ſie eben nicht als ſeltene Gäſte an— geſehen werden können. Feldrom, Januar 1890. Heinrich Schacht. Rothkehlchen im Dornenſtrauche. Bei einem Ausfluge, den ich mit meiner Familie in den Habichtswald machte, bemerkte ich in einem wilden Roſenſtrauche am Wege ein Vögelchen hängen, das ſich in einer Schlinge gefangen zu haben ſchien. Ich trat näher und ſah nun, daß es ein Rothkehlchen war, das ſich in den Dornen eines Zweiges verwickelt hatte. Es hing, auch als ichs ganz aus der Nähe be— trachtete, vollkommen regungslos mit weit ausgeſtreckten Beinen, und nur an ſeinen großen Augen, mit denen es mich angſtvoll anblickte, erkannte ich, daß es lebte. Ein Dorn hatte ſich tief in die Seite des Halſes gegraben, und auch ein Flügel ſchien an den Dornen feſtzuſitzen. Natürlich mußte der Verſuch gemacht werden, das arme Thierchen zu befreien. Ich rief meine Frau herbei, und mit großer Vorſicht wurde zunächſt der Zweig vom Strauche abgeſchnitten. Dann verſuchten wir den Hals frei zu machen, was auch raſch gelang. Am ſchwierigſten war es, den Flügel los zu bringen, doch auch hierbei waren unſere Bemühungen endlich mit Erfolg gekrönt. Freilich war das arme Thier hart mitgenommen. Beſonders unter der Achſelhöhle hatte es eine tiefe Wunde, das rohe Muskelfleiſch lag bloß, und die Federn der ganzen Seite waren mit Blut verklebt. Ganz ſtill, auf dem Rücken bis zum nächſten Wirthshauſe mitzunehmen und dem Wirthe, einem Vogelliebhaber, 2 zur Pflege zu übergeben. Da plötzlich, wir gingen gerade durch Fichtenſtangenholz, iſt es wie der Blitz von meiner Hand herunter und fliegt, wenn auch noch nicht wie ein ganz geſunder Vogel, ſo doch raſch genug einem aufgeſchichteten Haufen geſchlagenen Holzes zu, unter dem es ſich verbirgt. Ich machte noch einen Verſuch, es wieder darunter hervorzujagen, aber natürlich vergeblich, und beruhigt in dem Gedanken, daß es ſich nach ſolchem Beweiſe noch vorhandener Lebenskraft bald wieder ganz erholt haben würde, gingen wir weiter. K. Junghans. Aus einem Horſte von Picea caudata kamen im letzten Sommer zwei ganz weiße Elſtern aus, die ſich lange Zeit hier herumtrieben, ohne Gelegenheit zu geben, ſie ſchießen zu können. Seit Anfang letzten Monats ſind ſie verſchwunden, was ich ſehr bedaure, da ſie ſchon für eine Sammlung beſtimmt waren. Lohrbach im Odenwald, im Dez. 1889. Forſtaſſiſtent Trump. Litterariſches. Guſtav Meyer, Kalender für Geflügelfreunde. 1890. (9. Jahrgang). Minden, Verlag von W. Köhler. Preis 1 Mark. Bisher find in der Monatsſchrift alljährlich 2 Geflügel- und Vogelliebhaber⸗ Kalender beſprochen: der obige und der von Arnold in München. Der letztere hat zu erſcheinen aufgehört; der erſtere verdient nach wie vor Empfehlung! Der vorliegende Band, welchem leider wie 1889 das Portrait eines Ornithologen nicht beigegeben iſt (bis 1888 incl. geſchah dies nebſt Bio- und Bibliographie), enthält einen hübſchen Auf- ſatz aus der Feder von H. Decius über das Thema: „Was können die Geflügelzucht⸗ Vereine für den Vogelſchutz thun,“ verſchiedene Vogel-Tafeln aus der 13. Auflage von Brockhaus' Converſations-Lexikon und natürlich eine große Anzahl Aufſätze, die ſich ſpeciell an den Geflügel- und Kanarien⸗Liebhaber richten. Auf die zahlreichen praktiſchen Tabellen der „ornithologiſchen Kalender“ u. a. haben wir in früheren Beſprechungen“) ſchon ausführlich hingewieſen. — Aus dem 1889er Kalender, welcher zum ſelben Preiſe wie der diesjährige zu haben iſt, möchten wir auf die Darſtellung eines Kampfes zwiſchen zwei Adlern nach einem japaniſchen Original aufmerkſam machen, welche Frei⸗ frau v. Ulm⸗Erbach mit Text begleitete. | Lev... *) Monatsſchrift 1887, S. 23. Anzeigen. Eine Anzahl ſehr ſchöner Faſauenbälge aus Japan hat billig abzugeben München, poſtlagernd. Paul Leverkühn, St. M. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide ſind an Herrn Rendant Rohmer in Zeitz zu richten. | Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera, Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. I Ornithologiſche le * i G, G = ggg Tr 5 1m SSH U mir I 55 0 ER ISIS III — r . —— - M FI SS = = FT Sa T peutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von a ; 5 2 : danten d. Ver. Herrn Meldeamts— 3 =; zu u Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, Afſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. und erhalten dafür die Monats- zweitem Vorſitzenden des Vereins, ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ N C x — nn. ae. Dr. Frenzel, Dr. Rey der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Str.⸗Inſp. Thiele. ere XV. Jahrgang. Februar 1890 (zweite Lieferung). Ur. 3. Inhalt: Dr. Ernſt Schäff: Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Gartens. IV. Bradford Torrey: Das Brüllen der amerikaniſchen Rohrdommel; aus dem Anglo-Amerik. von P. Leverkühn. I. Dr. E. Rey: Wie ich ein Thierquäler wurde. Carl R. Hennicke: Noch zwei „in Freiheit dreſſirte“ Spatzen. Staats von Wacquant⸗Geozelles: Eine Schwarzdroſſel als Pflege⸗„Vater“ eines jungen Waſſerſchwätzers. F. Schlag: Ornith. Rückerinnerungen: a) Die Möve. Dr. E. Schäff: Ausſtellung der „Aegintha“. L. Albrecht: Steinröthel (Mont. saxatilis) u. Schama (Kittacicla macroura) in der Gefangenſchaft. — Kleinere Mittheilungen: Moſchusente. Thurm⸗ falkenabſchuß bei Berlin. Der Eingeweidewurm Echinorhynchus ef. gigas, Goetze (Rieſenkratzer). Weibl. Haushalte. Rackelhahn. Ein Steinadler erſchlagen. Sperber. — Litterariſches. — Anzeigen. Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Gartens. Von Dr. Ernſt Schäff. IV. Bei der Betrachtung der reichen Avifauna des Zoologiſchen Gartens in Berlin kommen wir nunmehr, wenn wir hinſichtlich der größeren Gruppen reſp. Ordnungen 5 58 Ernſt Schäff, auch fernerhin die ſyſtematiſche Reihenfolge innehalten, zu den Raubvögeln. Ehe ich dem Leſer einen Ueberblick über die hier vorhandenen Arten gebe, ergreife ich die Gelegenheit, um an dieſer Stelle auf eine Einrichtung anfmerkſam zu machen, für welche der rührige und energiſche Direktor des Gartens, Dr. Heck, unermüdlich beſtrebt den Wirkungskreis des ihm unterſtellten Inſtituts mehr und mehr zu er⸗ weitern und die dadurch ſich ergebenden Aufgaben in möglichſt vollkommener Weiſe zu löſen, warme Anerkennung verdient und erntet. Es iſt dies die Zuſammenſtellung vaterländiſcher Thiere zu beſouderen Gruppen. Vorläufig iſt ein Anfang gemacht mit den in Deutſchland heimiſchen Raubthieren, denen ſich noch weitere Säugethier⸗ Gruppen anſchließen werden, ſowie mit einer Gallerie deutſcher Tagraubvögel. Neuer⸗ dings ſind auch einige Familien der Singvögel in großen Käfigen vereinigt. Dr. Heck beabſichtigt ſpäter noch die deutſchen Eulen, die Rabenvögel und die übrigen Fami⸗ lien der Singvögel in gleicher Weiſe zuſammenzuſtellen. Der Werth derartiger An⸗ ordnungen als Bildungsmittel für Erwachſene ſowohl als auch beſonders für Schüler, welche zum großen Theil die Thiere ihrer Heimath nie lebend zu ſehen bekommen würden, liegt jo klar auf der Hand, daß es überflüſſig wäre, hier noch weitere Er- örterungen darüber einfließen zu laſſen. Wie weit übrigens die Unkenntniß in zoologiſchen Dingen ſelbſt bei den ſogen. gebildeten Ständen geht, davon ein kurzes Beiſpiel, das ich ſelbſt erfuhr. Ein älterer Herr ſteht mit einigen Damen und Kin⸗ dern vor einer Voliere und erklärt. „Dies iſt ein Dompfaff, dort ein Stieglitz, da ein Buchfink“ — alles richtig, dann aber auf einen im Nebenkäfig befindlichen grü⸗ nen Kardinal deutend — „das iſt eine Haubenmeiſe, Ihr ſeht doch deutlich die Haube auf dem Kopf?!“ Derartiges kommt übrigens nicht vereinzelt vor, ſondern alltäglich, und wer ſich die undankbare Mühe machen wollte, ſolche Aeußerungen zu ſammeln, der würde eine hübſche Blütenleſe zuſammenbringen. — Doch nun endlich zur Sache! Die vorhin erwähnte Sammlung unſrer deutſchen Raubvögel enthält in hellen Käfigen, mit guten Namensſchildern verſehen: Mäuſebuſſard, rothen und ſchwarzbraunen Milan, Rohrweihe, Habicht und Sperber, Wander-, Baum⸗ und Thurmfalken, Schrei- und Fiſchadler, z. Th. in mehreren Exemplaren, je nach Alter oder Geſchlecht verſchieden, ſo z. B. beim Sperber und Thurmfalken. Im letzten Sommer erwarb der Garten 3 ſchwarzbraune Milane in dem ſehr intereſſanten Jugendkleid, in dem die Thiere Manchem im erſten Augenblick einiges Kopfzerbrechen verurſachen können, da das im Allgemeinen für die Milane benutzte Merkmal des gegabelten Schwanzes abſolut nicht zutrifft, zumal wenn man den Vogel nicht in die Hand nehmen und genau unterſuchen kann. ; Von deutſchen Raubvögeln find außer den ebengenannten noch eine Anzahl von Seeadlern (Haliaetus albicilla L.) zu nennen, darunter zwei prachtvolle jüngere Exemplare, welche S. Majeſtät der Kaiſer auf feiner Nordlandsreiſe erwarb und F e Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Gartens. IV. 59 dem Garten zum Geſchenk machte. Ferner ſehen wir ein ſehr altes Thier mit rein— weißem Schwanz. Auch der Steinadler (A. chrysaötus L.) iſt vorhanden, ſowie der wohl kaum noch als deutſcher Vogel zu bezeichnende Kaiſeradler (A. imperialis Bechst.) der uns nunmehr zu den außerdeutſchen Arten führen mag. — Unter den Adlern iſt anzuführen der canadiſche Steinadler (A. canadensis Cassin) der übri- gens von unſerem nur wenig verſchieden iſt. Seit langen Jahren lebt hier der durch die Form ſeines Schwanzes kenntliche auſtraliſche Keilſchwanzadler (A. audax Lath.), in ſeiner Heimath ein gefährlicher Feind der Känguruhs. Schon von weitem kündigt ſich uns durch ſeinen hellen Ruf der ſeinen Namen mit vollſtem Recht tragende Schreiſeeadler (Haliaétus voeifer Daud.) an. Tritt ein Beſucher an den Käfig heran, ſo reckt unfehlbar der Vogel den Schnabel ſenkrecht in die Höhe und läßt ſeine halb kreiſchende, halb lachende, weitſchallende Stimme ertönen. Das hieſige Exemplar, ſchon ſeit Jahren im Garten befindlich, trägt immer noch das Jugendkleid und zeigt am Hals noch keine Spur des dem alten Vogel zukommenden leuchtenden Weiß. Ein eigenartiger Verwandter der Seeadler und Vertreter einer eigenen, nur eine Art zählenden Gattung iſt der weſtafrikaniſche Geierſeeadler (Gypg⸗ hierax angolensis Gmel.), welchen die nackte Zügel- und Augengegend von allen Verwandten trennt. Doch nun zu dem gewaltigſten der befiederten Räuber! Dort ſitzt finſter blickend eine mächtige Harpyia (Harpyia destructor), der Schrecken der amerikaniſchen Tropenwälder. Nur die ſtärkſten Vierfüßler ſind vor den Fängen dieſes Raubvogels ſicher, der in der That Krallen von geradezu enormer Größe an den faſt plump erſcheinenden, auf ungeheure Kraft deutenden Füßen trägt. Minder durch imponirendes Weſen als durch mancherlei Eigentümlichkeiten lenkt ein Afrikaner die Blicke auf ſich, der Gaukler nämlich (Helotarsus ecaudatus Daud.). Neben den für einen Raubvogel ungewöhnlich bunten Farben — zur Hauptſache ſchwarz mit rothbraunem Rücken und Schwanz, weißgrauer Flügelbinde, weißen unteren Flügeldeckfedern bei rothem Schnabel und ebenſolchen Füßen — fällt beſonders der außerordentlich kurze Schwanz auf, der unter den Flügeln ganz verſchwindet, ferner das großfedrige, beſonders am Nacken und Hals lockere und oft abſtehende Gefieder. Die langen Flügel befähigen den Gaukler zu den überraſchendſten Flugkünſten, welche ihm ſeinen deutſchen Namen verſchafft haben. Die eigentlichen Falken werden außer durch die zu Anfang genannten deut⸗ ſchen Arten noch durch zwei weitere vertreten, nämlich einen ſeltenen, etwa zwiſchen Wander⸗ und Würgfalken ſtehenden mexikaniſchen Falken (Faleo mexicanus) und zwei jugendliche Exemplare des norwegischen Jagdfalken (Falco gyrfaleo L.), — einer mit hellem, dunkel geſtricheltem, der andere mit dunklem, wie der Rücken gefärbtem Kopf. Unter den Buſſarden bemerken wir mit Vergnügen den in letzter Zeit mehr— fach in Deutſchland erlegten Steppenbuſſard (Buteo desertorum Daud.). Als Balg 5* 60 | Ernſt Schäff, oft ſchwer, manchmal vielleicht gar nicht, vom Mäuſebuſſard zu unterſcheiden, iſt der lebende Vogel eine ganz andere Erſcheinung als unſer gemeiner Buſſard. Haltung, Bewegung, Phyſiognomie ſind bei beiden ganz verſchieden. Der Steppenbuſſard iſt entſchieden beweglicher und ſieht durch das tiefer liegende Auge kühner und edler aus. Das Auge ſelbſt, reſp. die Iris, iſt bei dem hieſigen Exemplar von B. deser- torum ſchwefelgelb. Falls dies bei allen Exemplaren der Fall iſt oder falls höch⸗ ſtens das Gelb im Alter feuriger wird, ſo würde die Irisfarbe ein ſehr gutes Unter⸗ ſcheidungsmerkmal vom Mäuſebuſſard abgeben, deſſen Iris nie gelb, ſondern meiſtens braun, auch wohl grau iſt. Natürlich kann dies Merkmal nur bei friſchen Exem⸗ plaren angewendet werden. Ein ſehr ſchöner, zu den Buſſarden gehöriger Vogel iſt der Aguja (Buteo melanoleueus Vieill.) mit ſchiefergrauer Ober- und weißer, grau⸗ quergebänderter Unterſeite, in der Größe den Mäuſebuſſard bei weitem übertreffend. Die Heimath dieſes ſchönen Raubvogels iſt der ſüdliche Theil von Südamerika. Dem heißen Indien gehört der dort gemeine Brahminenweih (Haliastur indus Bodd.), an, welcher dunkel rothbraun, an Kopf, Hals und Bruſt leuchtend weiß gefärbt iſt. Er nähert ſich in ſeiner Geſtalt den Milanen. Von letzteren iſt außer unſeren bei⸗ den Arten noch der japaniſche Milvus melanotis Tem. et Schleg. hier zu ſehen; er iſt dem ſchwarzbraunen Milan nicht unähnlich, hat aber keine gelben, ſondern graue Füße. Amerika beherbergt zwei Gattungen intereſſanter Raubvögel, welche wir im hieſigen Zoologiſchen Garten beide vertreten ſehen, die Gattungen Polyborus Vieill. und Ibyeter Vieill. Als Repräſentanten der erſteren finden wir den Caracara (Poly- borus brasiliensis Gmel.), einen ziemlich bunt, aber anſprechend gefärbten Vogel, etwa von der Größe einer weiblichen Rohrweihe, welcher die Gewohnheit hat, beim Schreien ſeinen Kopf ſtark hintenüber zu legen, bis faſt auf den Rücken. Etwa halb jo groß wie der Caracara iſt der Chimango (Ibyeter pezoporus Meyen). Seine Färbung iſt zur Hauptſache braun mit weißlicher Kehle und ebenſolchem Bauch. — Der ſo intereſſante Sekretär war vorübergehend hier, doch ging er an einer eigenthüm⸗ lichen Schnabel- oder Rachenkrankheit zu Grunde, an der, wie mir Herr Dr. Heck mittheilte, dieſe Vögel ſehr leicht umkommen. Der den Uebergang von der Familie der Falken zu derjenigen der Geier bil⸗ dende Lämmergeier (Gypattus barbatus L.), vor einem Jahrzehnt noch zur deut⸗ ſchen Fauna gehörig, jetzt wohl ganz aus derſelben verſchwunden, iſt in einem jugendlichen, ſchwarzbraunen Exemplar und in einem erwachſenen vorhanden. Letz⸗ terer iſt an der ganzen Unterſeite weiß, nicht roſtgelb. Intereſſant wäre ein Ver⸗ ſuch, ob der Vogel, wenn er zum Baden eiſenhaltiges Waſſer erhielte, den roſtfarbigen Anflug bekäme, den die friſchen alten Exemplare haben; doch wird dies ſchwer durch⸗ zuführen ſein. „ — 4 3 5 * Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Gartens. IV. 61 Von den eigentlichen Geiern bemerkt der Beſucher in einer ſehr großen Flug— voliere die zwei bekannten Arten Vultur monachus L. und Gyps fulvus Gmel., den Mönchs⸗ (unpafjend grauer Geier genannt) und den Gänſegeier. Letzterer zeigt ſich bekanntlich dann und wann in Deutſchland und wurde z. B. im vorigen Jahre in der Uckermark erlegt. Der zierliche Aasgeier (Neophron perenopterus L.) iſt in zwei ausgefärbten alten Exemplaren vertreten, die eine merkwürdige, man möchte ſagen verſtändige, erfahrene Phyſiognomie haben. Neben dieſem kleinſten iſt auch der größte Geier, der Condor (Sareorhamphus gryphus L.) hier zu ſehen und zwar in einem Paar prachtvoller alter Vögel, welche ſtets Aufſehen beim Publikum erregen, jedoch nicht mit ſich ſpaßen laſſen. Mancher Sonnenſchirm und mancher unvorſichtig iu den Bereich des Schnabels gebrachte Hut endete ſein Daſein im Ge— bauer der Condore. Unſtreitig der farbenprächtigſte Geier iſt der dem Condor nächſt verwandte Königsgeier (Sarcorhamphus papa L.), der beſonders am Kopf durch die verſchiedenartige Färbung der nackten Theile bunt erſcheint. Wie dieſe beiden zuletzt genannten gehören auch zwei andere zu den amerikaniſchen Geiern, der Urubu (Catharista atrata Bartr.) und der Aura (C. aura L.), beide wegen ihrer Figur und Farbe als Truthahngeier bezeichnet. Sie unterſcheiden ſich leicht an der Farbe der nackten Theile, welche beim Urubu ſchwarz, reſp. grau, beim Aura röthlich ſind. Hiermit hätten wir die Tagraubvögel durchmuſtert und können uns alſo jetzt zu den Eulen wenden. Unter dieſen fallen am meiſten die gewaltigen Uhus in die Augen, von denen eine Sammlung verſchiedener Arten ſich hier befindet. Außer dem europäiſchen Bubo maximus Sibb. erblicken wir den ſehr hell gefärbten afrikaniſchen B. laeteus Tem. und den auf der Unterſeite quergebänderten virginiſchen Uhu (B. virginianus Gmel.) der in Figur und Stimme der europäiſchen Art ſehr ähnelt, aber kleiner iſt. Beim Rufen nimmt das hieſige Exemplar eine höchſt komiſche Stellung ein, indem es den Schwanz hoch emporreckt und dabei Verbeugungen macht. Das Ganze ſieht aus wie eine Nachahmung des Kuckuks. Von anderen Ohreulen iſt noch die all— bekannte Waldohreule (Asio otus L.), ſowie die niedliche Zwergohreule (A. scops I.) nebſt einer nahe verwandten, aber etwas größeren amerikaniſchen Art (A. brasiliana) im Garten vorhanden. Selbſtverſtändlich fehlt nicht der Waldkauz (Syrnium — alueo L.). Intereſſant iſt eine unſerm Kauz nicht unähnliche Eule, der Nebelkauz (S. nebulosum Forst.) aus Nordamerika, welchen man nicht oft lebend ſehen kann. Der ſchmucke Steinkauz und einige Schleiereulen vervollſtändigen die reiche Raub— vogelſammlung. Was die Haltung von Raubvögeln in der Gefangenſchaft betrifft, ſo bietet dieſelbe bei den allermeiſten Arten kaum Schwierigkeit, wenn man den Vögeln als Nahrung das reicht, was ſie in freiem Zuſtande zu ſich nehmen, alſo nicht etwa nur rohes Pferde⸗ oder anderes Fleiſch, ſondern mindeſtens in kurzen Zwiſchenräumen „ „ ar 62 Brad ford Torrey, ne auch ganze Thiere mit Haaren oder Federn, bei kleineren Falken auch Inſekten⸗ nahrung. Sehr bemerkenswerth ſcheint mir eine Mittheilung des ſehr erfahrenen Wärters Meuſel, daß alle Eulen, groß und klein, gern Grünes freſſen und auch ſtets etwas Salat oder dergleichen erhalten — in der That eine jonder- bare Erſcheinung bei einem Raubvogel, den man ſich meiſtens als ſtrengſten Anti⸗ vegetarianer denkt. Ob man Raubvögeln mit Schrot geſchoſſene Vögel vorlegen ſoll oder nicht, iſt eine in Jägerkreiſen (für den Uhu) verſchieden beantwortete Frage. Es ſcheint mir aber völlig einleuchtend, daß ein häufiges Verſchlucken von Schrot unter Umſtänden Bleivergiftungen herbeiführen kann. Friſches Waſſer darf den Raubvögeln nicht fehlen, da ſie nicht nur trinken, ſondern meiſtens auch gern baden. Den Nachtraubvögeln darf man keineswegs ganz die Sonne entziehen, da alle ſich gerne gelegentlich ihren Strahlen ausſetzen. Als Zimmer- oder Haus⸗ vogel dürfte, abgeſehen von den kleinen, kaum eine Art zu empfehlen ſein, obwohl ſich einige leicht an den Menſchen anſchließen und unſchwer zahm werden. In einem geräumigen Käfig auf dem Hof oder etwa in einem hellen Stall ſind dagegen manche Raubvögel ſehr intereſſant und, wie geſagt, leicht am Leben zu erhalten. Das Brüllen der amerikaniſchen Nohrdommel (Botaurus lentiginosus, 8%.) Von Bradford Torrey. ) (Aus dem Anglo-Amerikaniſchen.) J. } Well rest thee; for the Bittern’s ery Sings us the lake’s wild lullaby. Scott, Lady of the Lake. I. 31. Am 30. Mai vorigen Jahres verbrachten Mr. Walter Faxon und ich den Nachmittag auf einigen Wieſen in Wayland (Maſſachuſetts), wo wir das große Glück hatten, den muſikaliſchen Leiſtungen unſerer Rohrdommel unter beſonders günſtigen Verhältniſſen beizuwohnen. Dieſe Leiſtungen, höchſt merkwürdig an ſich, ſind, ſo viel ich weiß, in keinem unſerer erſten ornith. Werke beſchrieben. Audubon?) hatte fie ſogar nie gehört, und weder Wilſons), Nuttall!), Bremer’), 1) The ‚booming‘ of the bittern. — The Auk. VI. Nr. 1. 1889. S. 1 ff. [Der folgende Aufſatz ſtürzt die bisher gültige Anſicht über die Entſtehung des Gebrülls der Rohrdommel, welche in der Blütheperiode der deutſchen Ornithologie durch den Grafen Wodzicki eine ſo wahrſcheinliche Unterſtützung fand. Da der örtliche Unterſchied zwiſchen der amerikaniſchen und europäiſchen Rohrdommel ein geringer iſt, glauben wir, unbedingt die Reſultate des transatlaniſchen Ornithologen auch für unſere einheimiſche Art als maßgebend anſehen zu dürfen, und theilen ſie daher den Leſern der Monatsſchrift mit. Paul Leverkühn.] 2) The Birds of America, from drawings made in the U. St. and their territorries, Vol. VI. New- Vork 1856. S. 94. [P. Lev.] N 3) American Ornithology, VIII. Philadelphia. 1814. S. 35. [P. Lev.] ) Thomas Nuttall, A manual of the Ornithology of the United States and of Canada: Land- and Waterbirds. Cambridge 1832. 12. 1 5) 8. F. Baird, T. M. Brewer and R. Ridgway, The Water Birds of North-America. (Mem. of the Mus. of comp. Zool. at Harvard College. Vol. XII) Vol. I Boston 1884, 8. 11 7 (Biol. Text von Brewer.) [P. Lev.] „ \ Das Brüllen der amerikanischen Rohrdommel. I. 63 Coues )), noch irgend einer ihrer Korreſpondenten ſcheinen fie je beobachtet zu haben. Offenbar iſt der Ruf der Rohrdommel als einer Einſiedlerin, eines „Schatten-Charak— ters“ ), wie Dr. Coues ſie nennt, ein wohl verdienter. Doch ſcheint es, daß ſogar ſie zuweilen den Trieb fühlt, ſich zu zeigen. Bei der gegenwärtigen Gelegenheit, kann man jedenfalls ſagen, hatte ſie ſich eine Bühne gewählt; ſie kam aus ihrem Verſtecke in dem hohen Wieſengras und bot wiſſentlich oder unwiſſentlich einem Paar forſchenden Yankees einen tiefgehenden Einblick in ihre verborgenſten Geheimniſſe; man hätte es ſich nicht beſſer wünſchen können. Unſer erſter Vogel und Hauptmuſiker war ein „Pumper“s), kein „Rammer“), d. h. ſeine Töne glichen genau dem Geräuſch einer altmodiſchen Holzpumpe. Wir waren auf der Eiſenbahn, die auf einem Damm von ungefähr 7 Fuß Höhe durch die Wieſe ging, und nachdem wir dem Vogel einige Zeit gelauſcht und die ver— muthlich zwiſchen ihm und uns liegende Entfernung beſprochen hatten, folgten wir ſeiner Spur, in der Hoffnung, den Ort des Tones beſſer beſtimmen zu können. Nach und nach kam letzterer ſo nah, daß wir auch auf den Anblick ſeines Urhebers zu hoffen wagten. Wir überblickten das Feld mit unſeren Operngläſern und er— ſpähten ſofort den Kopf des Vogels, aufrecht und bewegungslos mitten im Graſe. Ohne Rückſicht auf ſein Auge, welches wir dank unſerer Nähe deutlich ſahen, hätte man ihn für einen Stock halten können. Bald rührte er ſich und auf einmal fing er an zu „pumpen“. Die Bewegung war natürlich nur theilweiſe ſichtbar, doch wandte ſich die Rohrdommel, nachdem ſie mehrere Male gepumpt hatte, den Ueber— reſten eines vorjährigen Heuhaufens zu, der das Gras noch völlig überragte, und während wir den Athem anhielten, erſtieg fie ihn, verſtohlen nach allen Seiten ſchauend. Dabei ſetzte ſie den einen Fuß ſo unmerklich vor den andern, daß wir nur das Reſultat, ihre Fortbewegung, ſahen. So offenbarte ſie uns in wunder— voller Weiſe eine ihrer eigenartigſten und nützlichſten Fertigkeiten: die Kunſt, ſich unmerklich fortzubewegen. Sie erreichte ſachte die Höhe des Haufens, wo wir alles an ihr ſehen konnten bis auf ihre Zehen (die ſie uns gefälligerweiſe ſpäter zeigte), und fing dann wieder an zu pumpen, wobei ſie wohl eine Stunde lang blieb. Dieſer Vorgang war, ſo gut er ſich beſchreiben läßt, wie folgt: Zuerſt öffnet der Vogel raſch ſeinen Schnabel und ſchließt ihn mit Knacken, dann wiederholt er dies mit lauterem Knacken, und nach drei- bis fünfmaligem Wiederholen dieſes Zuſchnappens giebt er die bekannten dreiſilbigen pumpenden 1) Birds of the Northwest. Dep. of the Interior. U. S. Geol. Survey of the territories. (Misc. Publicationes Nr. 3) Washington, 1874. S. 526. [P. Lev.] 2) ‚Shady character‘. 3) A pumper‘. A. a. O. S. 527. [P. Lev.] ) A stake- driver“. [Gleichzeitig ein Trivialname für den Vogel. P. Lev.) 64 Bradford Torrey, Töne von ſich, wohl 3—8 Mal. Bei den vorhergehenden Bewegungen des Schnabels ſieht man, wie die Bruſt ſich weitet; die Ausdehnung nimmt zu, bis das Pumpen gut im Gange iſt, und wie uns ſcheint, hört ſie nicht auf, bis das Pumpen vor⸗ über iſt. Es ſchien uns beiden, daß der Vogel Luft einzog, ſie hinunterſchluckte und dadurch ſeinen Kropf ausdehnte, und ich glaube nicht, daß er im Stande war, die tönenden pumpenden Laute hervorzubringen, ehe dies nicht vollzogen war. Doch iſt zu bemerken, daß das Niederſchlucken ſelbſt, nach dem erſten oder zweiten Male wenigſtens, ſchwächere Töne von ähnlicher Art verurſachte. Der ganze Vorgang, beſonders das Pumpen ſelbſt, iſt von heftigen, convulſiviſchen Bewegungen begleitet; Kopf und Hals werden oft nach vorn und wieder zurückgeworfen, wie es der Nacht— reiher!) macht, wenn er jein quow ausſtößt, nur mit viel größerer Heftigkeit. Durch einen kräftigen Ruck des Hauptes wird dem Schnappen des Schnabels mehr Nachdruck verliehen. Der eigentliche Laut beſteht, wie geſagt, aus drei Silben; von dieſen iſt die erſte die längſte und etwas getrennt von den andern, die letzte iſt beinahe wie ein Echo der zweiten; die mittlere Silbe iſt ſehr ſtark betont. Als unſer Vogel etwa eine halbe Stunde in Thätigkeit geweſen war, kam ein Güterzug daher, und da wir gerade auf dem Gleiſe ſaßen, mußten wir uns natürlich entfernen. Wir glaubten, dies würde der Vorſtellung ein Ende machen, aber die Rohrdommel behielt ihren Platz bei, und ſobald der Zug vorübergedonnert war, nahm ſie ihre Beſchäftigung wieder auf. Im Ganzen erinnerte es an die Krümmungen eines Seekranken, und ich zweifle, ob jemand anders ſie ohne einen ähnlichen Gedanken hätte beobachten können. Zwiſchen den einzelnen Mb: theilungen nahm ſie verſchiedene Stellungen ein; oft wählte ſie die bucklige Geſtalt, wie unſere Künſtler ſie gewöhnlich darſtellen; ein anderes Mal erhob ſie ihren langen Hals gerade in die Luft, reckte den Körper ebenfalls und ſtand wie eine Bildſäule, aufrecht wie ein Soldat. Jetzt wandte ſie uns ihre Vorderſeite zu, dann drehte ſie ſich ſeitwärts, dann wiederum wandte ſie uns den Rücken zu. Sie war 12½ Ruthen von uns entfernt, ſo genau wie wir es mit unſeren Schritten aus⸗ meſſen konnten; unſere dreifach vergrößernden Operngläſer reducirten die Entfernung auf ungefähr 70 Fuß, während die Stellung der Sonne eine überaus günſtige war. Die Vorſtellung dauerte wohl über eine Stunde; dann breitete der Vogel die Flügel aus, flog eine geringe Strecke die Wieſe hinab, und fing ſofort wieder an zu pumpen, nachdem er ſich in das Gras niedergelaſſen! Binnen wenigen Minuten erhob er ſich wieder und pumpte dann ſofort, nachdem er wieder eingefallen war. Dies fand ich überraſchend in Anbetracht der großen Anſtrengung, die erforderlich war, ſich vom Boden zu erheben und dann gleich wieder zu pumpen; doch iſt es ) Vermuthlich Nyetiardea grisea naevia (Bodd) Allen. [P. Le v.] . Das Brüllen der amerikaniſchen Rohrdommel. I. 65 vielleicht der Gewohnheit kleinerer Vögel gleich, die bei großer Erregung oft an— fangen zu ſingen, gerade in dem Augenblick, wo ſie in die Leimruthe gerathen. Als wir auf dem Rückwege zur Station der Eiſenbahn entlang gingen, waren drei Rohrdommeln auf einmal in der Luft, und zur ſelben Zeit machte eine vierte auf der Wieſe jenſeits des Gleiſes Muſik. Einer der fliegenden Vögel ließ ſeine Beine beſtändig baumeln, anſtatt ſie in der gewöhnlichen Weiſe hinter ſich zu ſtrecken. Er war hoch in der Luft und wollte, wie ich vermuthe, ſich zeigen!), obwohl ich nie von einer ſolchen Gewohnheit der Rohrdommeln gehört habe. — Der zweite Muſiker war, wie unſer gutes Glück es wollte, ein „Rammer“. Seine Nachahmung war in dieſem Falle ebenſo deutlich wie in jenem, und die Verſchiedenheit zwiſchen den beiden Stimmgeſtaltungen war Mr. Faxon und mir ſofort klar. Die mittlere Silbe des zweiten Vogels glich genau einem wirklichen Schlag auf einen Pfoſten. Ich ſehe keine Schwierigkeit darin, Mr. Samuels?) Be- richt Glauben zu ſchenken, der beim erſten Hören glaubte, ein Holzhacker ſei in der Nähe, und ſeinen Fehler erſt entdeckte, nachdem er ſich eine halbe Meile durch Moraſt und Sumpf hindurchgearbeitet hatte. Was dieſen Punkt anbetrifft, iſt es leicht einzuſehen, warum die Autoren nicht übereinſtimmen; der Fehler hat nicht an den Ohren der Hörer, ſondern an den Tönen der verſchiedenen Vögel gelegen. Unſer Rammer, wie der Pumper, verfügte über nur drei Silben (in Widerſpruch zu Mr. Samuels Exemplaren), und der Accent, die Betonung, war unbeſtreitbar auf der zweiten. Beim Nachdenken über die wahrſcheinliche Methode, durch welche die unge— wöhnlichen Töne hervorgebracht werden, habe ich folgende Punkte ins Auge gefaßt: 1. Die Beſchaffenheit der Töne, reſonirend, doch merkwürdig hohl und ab— gegrenzt, wie unter dem Waſſer oder unter dem Boden hervor— gebracht, was ſo viele Schriftſteller für ausgemacht hielten; 2. die Ausdehnung der Bruſt, nicht der Kehle; 3. die heftigen Verdrehungen des Vogels; 4. die ausgeprägte Aehnlichkeit der Töne mit dem Pumpen. [Es muß für die— jenigen Leſer, welche ſie vielleicht nie gehört haben, bemerkt werden, daß die Laute Aehnlichkeit haben mit dem Geräuſch des Einſaugens der Luft in das Brunnenrohr, ehe das Waſſer heraufgeſchafft wird, nicht aber mit dem durch das Ausſtrömen des Waſſers veranlaßten.] 5. Die Aehnlichkeit in der Art zwiſchen den vollen, pumpenden Tönen und den ſchwächeren, Die ihnen vorangehen; ) To show off (intr.). > Samuels wird auch von Coues citirt (a. a. O. S. 526), 8680 ohne Angabe der ee der Mittheilung. Vielleicht ift feine Ornithology and Oology of New England gemeint. [B.2ev.] 6 66 Bradford Torrey, 6. die Thatſache, daß wenn jemand Luft überſchluckt — welche Geſchicklichkeit einige Leute beſitzen —, der Akt des Niederſchluckens von einem Laute begleitet wird, welcher dem der Rohrdommel außerordentlich gleicht; das Ausſtoßen der Luft dagegen verurſacht ein den Vogeltönen völlig unähnliches Geräuſch; 7. die thatſächliche Möglichkeit, die Töne der Rohrdommel nachzuahmen — in kleinerem Maßſtabe natürlich —, indem man die Lippen raſch öffnet und wieder ſchließt, wobei unter der Zeit der Athem eingezogen wird. Daß dieſe Nachahmung keine eingebildete iſt, habe ich durch folgende Verſuche beſtätigt: zuerſt probirte ich es bei Mr. Faxon ſelbſt, der ſie im Ton und Accent für gut erklärte, beſonders in Bezug auf den echoartigen Klang der letzten Silbe. Dann verſuchte ich es mit einem Manne, der den Vogel nie gehört hatte und der ſofort ausrief: „Na, das klingt wie eine alte Pumpe“. In Anbetracht dieſer Dinge bin ich geneigt zu glauben (ich ſpreche nur von mir): 1. daß die Töne nicht ausſchließlich aus einer gewöhnlichen Anſtrengung der Stimmorgane hervorgehen, ſondern in irgend einer Weiſe mit der Ausdehnung des Kropfes zuſammenhängen. 2. behaupte ich (freilich etwas weniger zuverſichtlich), daß ſie durch das Einziehen des Athems und nicht durch das Ausftoßen desſelben verurſacht werden, weil, wenn der Kropf voll iſt, das Einziehen von gewaltſamem Oeffnen und Schließen des Schnabels begleitet iſt. Daß ſie nicht unter Waſſer oder mit deſſen Hülfe überhaupt vor ſich gehen, iſt dadurch zur Genüge erklärt, daß unſer Vogel die ganze Zeit auf ſeinem Heuhaufen blieb. Sein Schnabel war keinen Moment in der Nähe irgend eines Gewäſſers. — Während der Zeit, die wir auf dem Eiſenbahndamm verbrachten, hatten wir genügende Gelegenheit, unſere Eindrücke auszutauſchen, und unter anderem de— battirten wir darüber, wie die Töne, denen wir lauſchten, am beſten ſchriftlich aus— gedrückt werden könnten. Keiner von uns traf etwas befriedigendes. Seitdem hat Mr. Faxon erfahren, daß die Leute in Wayland dem Vogel den Namen plum- pudd’n beilegen, welcher in glücklicher Weiſe onomatopöetiſch iſt. Ich kann mir nichts beſſeres denken. Man gebe beiden Vokalen den Ton des u in full [wie im deutſchen Mull. Lev. ], verweile ein wenig auf dem plum, gebe der erſten Silbe von pudd’n einen ſtarken Accent, beſonders halte man die Lippen faſt völlig geſchloſſen, und man hat eine ſo gute Vorſtellung von den Tönen der Rohrdommel, wie man ſie nach meiner Meinung überhaupt in Buchſtaben ausdrücken kann.!) Das einleitende Knacken mit dem Schnabel, das ich vorhin erwähnte, iſt 1) Ich weiß natürlich, daß Nuttall und beinahe jeder, der die Töne beſchrieben oder auf⸗ geſchrieben, den Accent auf die letzte Silbe gelegt hat. Woher dieſe Auffaſſung kommt, iſt mir unbegreiflich, doch haben Mr. Faxon und ich auf nichts mit mehr Sorgfalt gelauſcht, An waren darüber völlig einer Meinung, an dem fraglichen Tage ſowie auch ſpäterhin. 7 Das Brüllen der amerikanischen Rohrdommel. I. 67 zweifellos das Geräuſch, welches Naumann bei der europäiſchen Rohrdommel be— merkte, ohne zu wiſſen, wie ſie es machte. Er ſagte, daß er nahe genug ge— kommen ſei, um zuweilen einen leiſen Ton zu hören, der dem Brüllen voranging: „als ob man mit einem Rohr auf die Oberfläche des Waſſers ſchlüge“.!) Thor eau hörte es auch, bei einer Gelegenheit wenigſtens. Er ſchreibt in ſeinem Journal): „. . . . . . Der Rammer iſt dabei auf feiner Lieblingswieſe. Ich folgte dem Ton und näherte mich ihm bis auf zwei Ruthen. Da hörte ich zu Anfang leiſere Töne, als ob man auf einen Stumpf oder einen Pfahl ſchlägt, einen trockenen, harten Laut, und dann folgten die gurgelnden, pumpenden Töne, die aus der Wieſe zu kommen ſchienen. Es war mitten zwiſchen Blaubeeren und anderem Geſträuch, und als der Vogel erſchreckt aufflog, ging ich auf die Stelle zu, konnte aber kein Waſſer entdecken, was es mir zweifelhaft macht, ob Waſſer nöthig iſt, um den Ton hervorzubringen. Vielleicht bohrt er ſeinen Schnabel ſo tief ein, daß er Waſſer er— reicht, wo die Erdoberfläche trocken iſt.“ (1 Lev.) Die Meinung, daß Waſſer irgendwie bei der Bildung der Töne betheiligt iſt, ſcheint von jeher eine ziemlich verbreitete geweſen zu ſein, obwohl Herr Thomas Brown in feiner 1646 veröffentlichten „Pseudodoxia Epidemica“ fie damals ſchon als einen gewöhnlichen Irrthum behandelt. Er ſagts): daß die Rohrdommel den brummenden Laut ihres Geſchreyes alsdenn hören laſſe / wenn ſie den Schnabel in ein Rohr ſteckt / wie ihrer viele davon halten ; over / wie Bellonius“) und ) „Als ſchlüge jemand mit einem Rohrſtengel zwei bis drei Mal aufs Waſſer.“ Natur: geſch. der Vögel Deutſchlands. IX. 1838. S. 179. [Lev.] 2) „Summer“, S. 193. (H. D. Thoreau, Summer; ed. by H. G. O. Blaske. Boston 1884. [Le v. ]). g 3) Buch III., Kap. XXVIII. 4. Für dieſes Citat wie für vieles andere bin ich Mr. Faxon zu Danke verpflichtet. [Wir citiren nach der deutſchen Ausgabe, deren Titel lautet: Des vor— trefflichen Engelländers | THOMAE BROWN, der Artzney Dr. | PSEVDODOXIA | EPIDENICA, | Das ift: Unterſuchung deren Srrthümer | fo bey dem ge- | meinen Mann! und ſonſt hin und wieder im Schwange gehen. In Sieben Büchern alſo und dergeſtalt abgefaſſet , daß darinn anfangs von den Irrthümern ins Gemein mit Beyfügung unterſchiedlicher Curiöſer Tractätlein; als eines Hand» buchs der wieder zu recht gebrachten Naturkunft darinn der Grund der gantzen Chymiſchen Wiſſenſchaften enthalten; Item eines Werkes wider die gemeinen Irrthümer von der Bewegung natürlicher Dinge; Ingleichen] Herrn D. HENRICI MORI von körperlichen Dingen in der | Welt ! wider Carterium; Und dann ferner in denen übrigen | Sechs Büchern | von den Srrihümern ? die Mineralien Gewächſe Thiere) Menz | jchen 3 Bilder und Gemählde; Welt⸗ und Geſchicht-Beſchreibun⸗ | gen betreffend; gehandelt wird. | Alles mit ſonderbarem Fleiß; aus dem Engliſchen und Lateinifchen 3 | mit Beyfügung der Lateiniſchen Kunſtwörter; in die reine Hochteutſche] Sprach überjeget $ mit ungemeinen Anmerkungen erläutert! und unterſchiedlichen Kupferfiguren verſehen durch | Chriſtian Peganium, in Tentſch Rautner genannt | mit Churfürftl. Sächſ. Privilegio.] Franckfurt und Leipzig; in Chriſtoff Riegels Verlag.] Anno MDCLXXX. Lib. III, Cap. XVIII, S. 692. Das vierdte Theil dieſes Kapitels. Von der Rohrdommel. S Ab— ſatz des Cap. ) P. Belo n du Mans, L’Historie de la Natvre des oyseavx, avec levrs descriptions, 6* 68 | Bradford Torrey, Aldrovandus!) vermeinen / wenn fie den Schnabel ins Waſſer oder in den Moraſt ſteckt / und die Luft eine Zeitlang an ſich hält / und dann gehling (sie! Lev.) wieder ausläſt / iſt auch nicht jo leicht bewieſen. Was mich belanget / hab ich zwar / auf fleißige Bemühung / fie niemals antreffen können / wenn fie jo gebrummet; ich habe aber von anderen / die ich mit Fleiß gebetten / Achtung drauf zu geben / verſtanden / daß fie den Vogel wenn er gebrummet / am Ufer ſtehen ſehen alſo / daß er den Schnabel weit genug vom Rohr oder Waſſer gehabt: nemlich / er ziehe erſtlich die Luft ſtarck an ſich / bis ihm der Hals gantz dicke davon wird / und hernach blaſe er dieſelbe mit aller Kraft und Gewalt wieder von ſich heraus.?) b) Es will ſich auch das Mittel den Schnabel ins Waller oder Moraſt zu ſtecken / hierzu gar nicht wohl ſchicken. Denn / wie die jenigen / jo an ſolchen ſumpfichten und moraſtichten Orten herum gehen leicht erſehen können / ſo iſt gar eine kurtze Zeit / und gar kein mercklicher Stilleſtand zwiſchen ihrem Athem-Schöpfen / und Athem-Auslaſſen. So kommt auch das Brummen nicht allein her von dem Aus— laſſen und Ausſtoſſen des Windes und Athems / ſondern es giebt auch das Ein— ziehen und Schöpfen der Luft einen Schall bey ihnen / den man einen Bogen⸗ Schuß weit hören kann. Die Urſache aber dieſes ſeltzamen und ſonderbaren Brummens kömt her von der Geſtalt feiner Luft-Röhre / welche in dieſem Vogel gantz anders beſchaffen iſt / als in anderen Geflügel. Denn an dem Ober-Ende derſelben hat er keinen rechten Kehl-Knoten /oder Gurgel-Pfeiffe (Larynx) / einen Schall oder Laut zu machen: an dem untern Ende aber vertheilt ſich die Luft— Röhre mit zwey Aſten in die Lunge hinein; welche Vertheilung allein beſtehet aus halb⸗zircklichten Ringlein / die nur halb um die Röhre herum gehen / wodurch die— ſelbe ſich ſehr viel weiter ausdehnen kan / als ſonſt / und kan folglich auch viel eine größere Menge Luft hinein faſſen; und / wenn nun dieſelbe mit aller Gewalt aus der Gurgel heraus geblaſen wird / und oben bey der Gurgel-Pfeiffe keinen Widerſtand findet / jo fähret fie heraus mit einem ſolchen Gebrumme / dergleichen man in den Hölen vernimmt / und bißweilen unter der Erden her aus holen le naifs portraicts retirez dv Natvrel: Escrite eu sept livres. Paris, 1555. Lib. III, cap. 4. S. 192—93. [P. Lev.) 1) Aldrovandi Ornithologiae III. Bononiae 1503. Lib. XX, Cap. XVI. p. 403-408. Vox“, S. 407. (Lev.) 2) (Bis hierher führt B. Torrey die Stelle aus der Pſeudodoxia an. [Le v.]). Ju Betreff der Aehnlichkeit zwiſchen den Tönen des Botaurus lentiginosus und denen des Botaurus stellaris iſt das einzigſte Zeugniß, das ich (Torrey) gefunden habe, bei Nuttall und Sir John Richardſon, zwei Engländern, die vermuthlich beide Arten gehört haben. Nuttall ſagt: „Anſtatt des Bömp (‚bump‘) oder Buhmp (‚boomp‘) der richtigen Rohrdommel tft ihr Ruf ungefähr wie die ſonderbaren Laute: ‚pump-au-gah’, aber in ſelbem gedämpften brüllenden Tone.“ — Richardſon's Worte ſind (Fauna Boreali-Americana, Vol. II., S. 374. 1831): „Ihr lautes Brüllen iſt gerade wie das der europäiſchen Rohrdommel.“ (Man. ornith. U. St. and Canada, Vol. II. Water Birds. Boston 1834. S. 61. Lev.) ET I ET Das Brüllen der amerifanifchen Rohrdommel. I. 69 Felſen heraus bricht: wie Aristoteles!) anmercket / in einer ſeiner Aufgaben (Sect. 15, Problem); und man gleichfalls mit Waſſer-Krügen / oder Lägeln / und Fäſſern / wie auch mit dem Inſtru⸗[S. 693] ment zu wege bringen kan / welches der Apo- nensis bey der gedachten Aufgabe beſchreibet / womit zu Aristotelis Zeiten die Gärtner die Vögel ſcheu machten. Es wäre zwar auch zu bedencken / ob nicht die weiten Löcher an den Enden der Gurgel / wo fie in den Bauch gehen / dadurch eine große Menge Luft in die Höhle von deßen Häutlein eingelaſſen wird / wie in den Fröſchen geſchiehet / um ein gutes darzu helffen möchten / daß ein ſolches Brüllen und Brummen daraus entſtehet. Denn die jenigen / jo den Vogel geſehen / wen er diß Gebrumme außerhalb des Waſſers gemacht / ſpüren an ihm / daß ſich der Leib an ihm ſehr aufblähet und ausdehnet. e) Ihre gewöhnliche Stimme aber iſt nur / wie die Raben ſchreyen. Der einzige amerikaniſche Forſcher, der, ſoweit ich habe ausfindig machen können, den Gegenſtand als Augenzeuge behandelt, iſt Dr. C. C. Abbott?), und ſein Bericht über die Thätigkeit des Vogels beſchränkt ſich auf einen Satz. „In dieſem Falle“, ſagt er, „war der Schnabel des Vogels nicht ganz aus dem Waſſer gezogen, als er ſein Geſchrei hören ließ, und ſeine Stimme war weſentlich durch dieſen Umſtand gemäßigt.“ Er erwähnt keine Bewegung des Kopfes, noch die Ausdehnung der Bruſt, obwohl der Vogel „zehn Schritt entfernt“ war! >) 1) Dies Citat iſt falſch aus Aldrovandus abgeſchrieben, wo ebenfalls eine falſche Stelle („Sect. II, 35“ in der Original⸗Ausg. a. a. O.) angeführt iſt. Vielmehr findet ſich der intereſſante ariſtoteliſche Satz in den Problemen Sectio XXV. 2. (00a neol Tov Aeoa) Pariſer Ausgabe APIZTOTEAH Bd. IV, 1857, S. 239.), wo die in Frage kommenden Worte im Urtext alſo lauten: Ac ti Ev tols ον ro cαιντν Tovg notauovg yırvovraı ol zaAavusvoı BoduvzoL ovc uvdoko- yodcı taVoovg legovc eivaı tod YEoö; Lor & TO yırousvov WOWOg Ouoıog Pvvi Ta’E0V, vc$ ai Boss oVTwW dıaztidsvraı EX0V0VOCı WONEQ TAVE09 uvzwuevor. (Warum entſtehen in den bei Flüſſen gelegenen Sümpfen Töne, welche man Ochſenbrüllen nennt und die man gottgeweihten Stieren zuſchreibt? In der That iſt es ein der Stimme des Ochſen ähnliches Geräuſch, ſo zwar, daß Kühe, welche es hören, ſich anſtellen, als ob ein Stier brüllte.) Ariſtoteles ſucht die Urſache in „Höhlengeräuſchen“. [Lev.] 2) Waste Land Wanderings, S. 130. 3) Eine viel umſtändlichere, obwohl nicht gleichzeitig verſtändlicherere Beſchreibung lieferte Graf Wodzicki in der „Naumannia“ (Bd. II. 2. 1852, S. 48), wo es ſich natürlich um B. stellaris handelt: Ueber Ard. stellaris.“ „Ich wußte die Standorte genau, ſchlich mich bei großem Winde an und ſah das Y auf 10 Schritte vom & im ſeichten Waſſer ſtehen, den Hals eingezogen, den Kropf (sie!) aufgeblaſen in einem dolce far niente, wie ein Florentiner Diletant, der halbſchlummernd die ſchönſte Melodie anhört. Dieſe entzückte P mit halbgeſchloſſenen Augen hatte vollkommen Recht, ihren jo reich be— gabten Virtuoſen zu bewundern, denn er war ein Baſſiſt wie Lablache. Der Künſtler ſtand auf beiden Füßen, den Körper horizontal geſtellt, den Schnabel im Waſſer, und das Nurr-Brummen ging raſch, das Waſſer ſpritzte immer auf, nach einigen Noten hörte ich das Naumanniſche U, und er hebt den Kopf, ſchleudert ihn nach hinten und ſteckt den Schnabel ſchnell in's Waſſer, und da erſchallt das Brummen furchtbar ſtark, daß ich erſchrak. Dies machte mir klar, warum einige Töne, die man ſelten hört und nur im Anfange ſo laut tönen, dieſe ſind, welche die Nohr— 70 Bradford Torrey, * N Vor einigen Jahren erwähnte Mr. William Brewſter mir gegenüber, daß er einſt eine Rohrdommel beim Pumpen entdeckte. Als ich dieſen Artikel vor⸗ bereitete, bat ich ihn daher ſchriftlich um einen Bericht darüber. Dieſen ſandte er mir freundlicher Weiſe, und ich ſchließe meinen Artikel mit ſeiner Notiz. Man ſieht, daß ſeine Beobachtungen, ſoweit ſie gehen, Mr. Faxon's und meine in allen weſent⸗ lichen Einzelheiten beſtätigen. „Das einzigſte Mal, wo ich wirklich die Rohrdommel „pumpen“ ſah, war in Rock Meadow, Belmont, Maſſachuſetts, am 16. Mai 1868. Der Vogel ſtand mitten auf der offenen Wieſe zwiſchen kurzem, grünem Gras, das in vielleicht zwei Zoll tiefem Waſſer der Oberfläche wuchs. Ich näherte mich ihm auf 30 Ellen, ehe er dadurch beunruhigt wurde und ſich duckte. Vorher erfreute er mich durch ver— ſchiedene Vorſtellungen, bei denen ich ſeinen völligen Anblick genoß: er blähte den Hals auf, dann zog er den Kopf plötzlich ein, reckte ihn mit einem Ruck aus, als ob er von heftiger Seekrankheit!) befallen wäre oder als ob er verſuchte, eine Ver- ſtopfung im Halſe los zu werden, indem er zur ſelben Zeit das pömp-er⸗lönk (pump- er-lunk) ausſtieß. Nachdem er die Bewegung und die begleitenden Laute in ziemlich raſcher Folge wiederholt hatte, ſtand er einige Minuten beinahe aufrecht, bevor er wieder begann. Da er mir theilweiſe den Rücken zudrehte, konnte ich ſeinen Hals und ſeine Bruſt nicht deutlich ſehen, aber ich weiß gewiß, daß er erſteren nicht mit Waſſer füllte, ſolange ich ihn beobachtete, denn auch nicht ein Mal kam ſein Schnabel tief genug, um auch nur einen eiligen Schluck zu thun. — Herzlich gerne können Sie das obige nach Gefallen benutzen. Es thut mir leid, daß es ſo wenig iſt, aber ich war damals ein zu ungeſchulter Beobachter, um mir längere Notizen zu machen, und 20 Jahre ſind eine lange Zeit, um ſich etwas ins Gedächtniß zurückzurufen. Das wenige, was ich geſagt habe, iſt jedoch eine correkte Schilderung des Vorganges.“ — — Nachſchrift. Seit der vorhergehende Aufſatz zu Papier gebracht wurde, habe ich durch die Gefälligkeit von Dr. Stejneger erfahren, daß Mr. Frank H. Nutter einen Bericht über das Pumpen der Rohrdommel dem Oologist's Exchange, April 1888 (Bd. I. Nr. 4) einjandte.?) Ich füge ihn vollſtändig bei: „A propos, ſahen Sie je eine Rohrdommel, während ſie ihre Serenade an⸗ dommel hervorbringt, wenn ſie das Waſſer tief in den Hals genommen hat und mit viel größerer Kraft herausſchleudert; die Muſik ging weiter, er ſchlug aber den Kopf nicht mehr zurück, ich hörte auch dieſe laute Note nicht mehr.“ — Ich gebe keinen Kommentar zu dieſer Erzählung, völlig in Verlegenheit, was ich dazu ſagen ſoll. — Einen Auszug findet man in der Standard Natural History. Band IV. S. 176. (Nach dem Original citirt. Lev.) 1) Vergleiche oben! Lev. N N 2) „Topographicae Oology“. February ‚Price Story’ Nr. 1. Der Aufſatz iſt unter⸗ zeichnet: Minneapolis, Minn. Die Zeitſchrift iſt nicht paginirt. [Lev.] Das Brüllen der amerikanischen Rohrdommel. I. 71 ſtimmte? Es iſt eine poſſirliche Sache! Einſt zeichnete mich eine derſelben dadurch aus, als ſie in dem richtigen Bereiche meines Fernglaſes war. Nachdem ſie eine Zeit lang in nachdenklicher Stellung geſtanden hatte, erhob ſie langſam ihren Kopf und ſtreckte ihren dicken Schnabel beinahe ſenkrecht in die Höhe, und begann damit, ihn mehrere Male auf- und wieder zuzumachen, mit einem mir deutlich hörbaren Knack, trotzdem ich 5—600 Schritt entfernt war! Dann äußerte fie die charakter— iſtiſchen Töne, nach denen man ſie gewöhnlich „Rammer“ oder „Pumper“ nennt, und wirklich glichen ſie dem Pumpen ſehr, denn jede Silbe ſcheint ihren Urſprung tief im Innern des Vogels zu haben und nur mit größter Muskelanſtrengung herausgeſtoßen zu werden, indem er die Federn ſträubt und ſeinen langen Hals auf und nieder wirft, als ob er am Erſticken wäre. Nach einer kurzen nachdenklichen Pauſe, in der er neue Kräfte ſammelte, wurde die Vorſtellung wiederholt, und ſie war zweifellos für das Weibchen, das ſeinen Mutterpflichten nachging, die ſchönſte Muſik.“ — Nachdem die obige Ueberſetzung beendet war, erhielten wir die Auguſtnummer des Ornithologist and Oologist aus Boſton, in welcher das Brüllen der Rohr— dommel ebenfalls behandelt wird; wennſchon der Aufſatzt) nichts weſentlich Neues zu den Torrey'ſchen Beobachtungen hinzufügt, glauben wir doch, ihn auch mittheilen zu müſſen, da beide Beobachter in verſchiedenen Landestheilen ganz unabhängig von einander — das Torrey'ſche Eſſay ſcheint dem Verfaſſer des hier in Frage ſtehenden gar nicht bekannt zu ſein — zu den gleichen Reſultaten gelangten. [P. Lev.) „Die amerikaniſche Rohrdommel'), dieſer vielnamige Vogel, iſt allen Sammlern der Vereinigten Staaten wohl bekannt. Wir zweifeln, ob jemand, der ſich für Ornithologie intereſſirt, dieſe ſonderbare Species nicht perſönlich kennen gelernt hat; es müßte denn ſein, daß er in einem hochgelegenen trockenen Orte wohnte. Es giebt einige Gegenden, wo der Donner-Pumper, das indiſche Huhn, der Plum— Pudden, Rammer oder Buſchklepper (Sumpfbewohner)s) ſich wegen der Bodenbe— ſchaffenheit der Erdoberfläche nicht findet. In vielen Quadratmeilen von Fichten— wäldern findet man ihn nicht, aber dies liegt mehr an dem Mangel an marſchigen Strecken, als an dem Vorhandenſein der aufrecht ſtehenden Fichten, wie ſich deutlich daraus ergiebt, daß dieſe ſonderbaren Vögel in kleinen ſumpfigen Löchern in den weiten Fichtenwäldern unſeres Staates gefunden werden. Die Rohrdommel kommt in manchen Jahren vor Mitte März an, doch in der Regel findet man ſie nicht vor Ende März oder Anfang April und gewöhnlich iſt ſie nicht vor dem 10. April da. s ) Bd. XIV, 1889. Nr. 8. Seite 120, 121. 2) The American Bittern, Bot. lentiginosus (Mont.) ) Thunder Pumper, Indian Hen, Plum Pudden, Stake Driver, Bog Trotter, * > v2 57 * 72 Bradford Torrey, Das Brüllen der amerikaniſchen Rohrdommel. I. * Das Niſten beſchäftigt die Aufmerkſamkeit der Rohrdommel nicht vor Ende April, obwohl die ſeltſamen Lautäußerungen ſeitens des Männchens (in zartem Hinweis auf den zukünftigen Neſtbau ſeiner Gattin) viel früher vernommen werden. Dieſe Töne find ebenſo ſonderbar wie die Bewegungen des Sängers, welche er während der Töne macht. Dieſe Töne ſind von dreierlei Art: zwei laut klingende Töne und ein leiſer Guttural-Laut, den man nur hört, wenn man dem Vogel nahe iſt, in dem Moment, in welchem er ihn ausſtößt. Schreiber dieſes hat dieſe leiſen Gutturaltöne nur zwei Mal gehört, und die Umſtände zeigten an, daß es die richtigen Locktöne waren. Der Balzgeſang iſt äußerſt ſonderbar, und wenn man ihn einmal gehört hat, vergißt man ihn nicht wieder. Er wird unabänderlich aus⸗ geſtoßen, wenn der Vogel auf der Marſch ſteht. Die Töne gleichen dem Wort plumpudden ſo ſehr, daß der Vogel den Namen daher erhalten hat. Die Silben werden 4 — 8 Mal wiederholt, gewöhnlich 6— 7 Mal. Der Accent iſt auf der Silbe pud, die letztere Silbe iſt weniger ſtark betont als die andern. Wenn die Töne aus der Marſch kommen, klingen ſie geheimnißvoll und beinahe überirdiſch. Sie gleichen keinem andern Vogelſchrei in Michigan, und man behält ſie leicht. Der andere Name „Rammer“ kommt auch von den ſonder⸗ baren, wohl accentuirten Tönen her: ka whack, ka whack, welche wie jene in äußerſt methodiſcher und ſcheinbar gezwungener Weiſe ausgeſtoßen werden. Der Vogel — nach meiner Meinung immer das Männchen — muß dabei eine Reihe ſehr merkwürdiger Bewegungen durchmachen, welche dem Beobachter ſehr lächerlich ſcheinen, obwohl der Vogel ſie ernſthaft, ja feierlich vollbringt, in dem Beſtreben, ſeine Geliebte kirre zu machen, oder ſeinen Erfolg als Ehemann in der Marſch anzuzeigen. Wenn man durch das lange todte Marſchgras am Rande eines Seees entlang geht, ſcheinen die ſonderbaren Töne unter den eignen Füßen zu entſtehen und der Spaziergänger bleibt ſtehen, um den Urſprung des Tones zu ermitteln. Die Wahr⸗ ſcheinlichkeit einer Entdeckung genau der Stelle iſt gering, doch wenn man den Vogel ſieht, beobachtet man die ſonderbaren Bewegungen mit Intereſſe. Alle Töne werden ſcheinbar mit gleicher Schwierigkeit hervorgebracht. | Indem der Vogel fein Umherwaten nach Nahrung unterbricht und ſich budelig hinſtellt, beginnt er mit einem zauberhaften Schrei, wobei er ſeinen Hals in wellen⸗ artigen Bewegungen ausſtreckt, ſehr ähnlich den Verdrehungen, mit welchen ein Haushuhn einen für ſeinen Schlund zu großen Leckerbiſſen überzuſchlucken bemüht iſt. Das Neſt dieſer Art, von der ich nur eins gefunden habe, iſt auf einer An⸗ höhe in der Marſch gebaut und gewöhnlich von Waſſer umgeben. Es beſteht aus trockenem Gras und Binſen und iſt gewöhnlich feucht. Die Eier, vier an der Zahl, find von heller Kaffeefarbe und von der Größe des Bantamhennen-Cies oder E. Rey, Wie ich ein Thierquäler wurde. 73 etwas größer. Die Jungen ſind zuerſt mit Dunen bedeckt und ſehen ſehr merk— würdig aus mit ihren dicken Köpfen und gelblichen oder röthlich gelben Röcken.“ — Der ungenannte Verfaſſer — er gebraucht den nom de plume Scolopax und unterzeichnet ſeine Arbeit: Kalamzoo (Michigan) — ergeht ſich dann in einigen pöetiſchen Betrachtungen über die geſchilderten Naturſtimmen, welche wir hier billig fortlaſſen. Paul Leverkühn. Zum Vorhergehenden. Daß die Botaurus-Arten ihre Töne durch Einſchlucken von Luft in den Schlund und Magen (einen Kropf haben die Reihervögel bekanntlich nicht) und durch Wieder— ausſtoßen derſelben, alſo wie eine Art Rülpſen, hervorbringen, erſcheint uns nicht recht plauſibel. Indeß mit theoretiſchem Vermuthen und Disputiren iſt hier nichts zu leiſten, das Experiment muß entſcheiden. Wir erſuchen daher die verehrten Mit- glieder unſeres Vereins und alle, die ſich für dieſe Frage intereſſiren, daß ſie, ſobald ſich ihnen günſtige Gelegenheit bietet, lebende Exemplare von unſerer Rohr: dommel (Botaurus stellaris) nach Gera ſenden. Der eine von uns wird ſie lebend zu erhalten ſuchen und beobachten, und der andere wird die betreffenden Organe mit dem anatomiſchen Meſſer prüfen. K. Th. Liebe in Gera. Max Fürbringer in Jena. Wie ich ein Thierquäler wurde. Plauderei von Dr. E. Rey. Vor einigen vierzig Jahren ſtand ich als Knabe oft bei dem alten Vogelhändler mit dem wettergebräunten Geſicht und der allen Temperaturunterſchieden ſpottenden geſtrickten Mütze, der am öſtlichen Flügel des Berliner Univerſitätgebäudes jeden Mittwoch und Sonnabend ſeine Schätze feil hielt. Neben dem „gemeinen Zeug“, den Meiſen, Sperlingen, Ammern und Finken zum feſten Preiſe von einem Sechſer pro Stück, ſah man hier alle Sylvienarten, Droſſeln, Zaunkönige, Goldhähnchen, Braunellen und ſelbſt Spechte und Schwalben. Daß die Krähenarten, incluſive Kolk— rabe, vertreten waren, iſt ſelbſtverſtändlich, aber auch Brachvogel und Dickfuß (Oedienemus) fanden hier ihr Plätzchen und neben Steinkauz und Schleiereule ſaß mit zerzauſtem Gefieder ein Uhu, und bei dem trotzig blickenden Sperber ſtand der ſtolze Wanderfalke, das Bild eines gefeſſelten Helden. Oben aber, auf einem Simſe des Gebäudes, ſtand eine ganze Reihe von „dreſſirten“ Stieglitzen und Zeiſigen, die mit wahrer Virtuoſität das Wägelchen mit dem Futter heranzuziehen und den Fingerhut an der Kette als Schöpfeimer zu benutzen verſtanden, und dieſe waren es, die meine Aufmerkſamkeit am meiſten feſſelten, und meine Knabenfantaſie wußte mir nichts a un. 74 E. Rey, Begehrenswertheres vorzuſpiegeln, als den Beſitz eines ſolchen kunſtgeübten Vogels. Als ich aber im Vertrauen auf meine Eigenſchaft als guter Kunde — hatte ich doch kürzlich erſt einen jungen Staar für „ſechs Dreier“ erworben — kühnlich nach dem Preiſe der Dreſſirten fragte, erfuhr ich, daß ein ſolcher Künſtler nebſt Harzerbauer und ſämtlicher Maſchinerie „zwölf gute Groſchen“ (1½ Mark) koſte, eine Summe, die für meine Börſe ganz unerſchwinglich war! Als uun auch mein guter Vater für alle die triftigen Gründe, welche ich ihm dafür nahe legte, daß ein dreſſierter Vogel in keiner Familie fehlen dürfe, nicht nur ganz unempfänglich blieb, ſondern mit einer für mich ſehr überraſchenden Wendung die Rede auf ein recht fatales Thema, auf die Schularbeiten zu bringen wußte, blieb mir nichts anderes übrig, als zu entſagen und mit den Dreſſirten weiter zu liebäugeln. Das ging ſo eine ganze Weile fort, bis mit einem Male eine jähe Wendung kam. Als ich eines Tages wieder an der Univerſität meinen ornithologiſchen Studien oblag und dabei einige tiefſinnige Betrachtungen über die unzweckmäßige Vertheilung der Glücksgüter nicht unterlaſſen konnte, hörte ich neben mir einen alten Herrn mit weißen Haaren zu ſeinem Begleiter ſagen: „Das iſt eine abſcheuliche Thierquälerei, denn nur durch furchtbaren Hunger und Durſt laſſen ſich die armen Thiere ſo weit bringen.“ | Der alte Herr war kaum fort, da hatte ſich in meinen Anſchauungen eine ge— waltige Aenderung vollzogen. Den Vogelſteller, dem ich immer meine beſondere Hoch— achtung entgegengebracht hatte, haßte ich jetzt, und die armen dreſſirten Vögel be— dauerte ich, aber ich mochte ſie nicht mehr. So gewaltig war der Eindruck, den dieſe Worte auf mein Kindergemüt gemacht hatten, und daß der alte Herr Recht haben mußte, dafür waren mir ſeine weißen Haare eine genügende Bürgſchaft, denn in jener wunderlichen Zeit hatte die Jugend noch Reſpekt vor dem Alter! Wenn nun jetzt nach langer Zeit dieſes alte Bild wieder auftauchte, ſo hat das damit ſeine eigene Bewandtniß, denn ich bin jetzt — erſchrick nicht, lieber Leſer — ſelbſt ein ſolcher Thierquäler. Und das kam jo: Seit einigen Jahren hält eine meiner Töchter einen Zeiſig, der in Bezug auf Zahmheit und Zutraulichkeit getroſt mit all ſeinen Mitzeiſigen in Konkurrenz treten könnte, und der es vielleicht verdient, dem verehrten Leſer etwas näher vorgeſtellt zu werden. Unſer Hans, wie er genannt wird, pflegt um jetzige Jahreszeit des Morgens gegen 9 Uhr geweckt zu werden. „Ein Vogel und geweckt werden?“ höre ich den Leſer hier fragen. Ja werther Leſer: er muß ganz regelrecht geweckt werden, dieſer ſonderliche Geſelle, denn er betrachtet es als eins von ſeinen unveräußerlichen Zeiſig⸗ rechten, ungeweckt bis in den hohen Mittag hinein zu ſchlafen. Dafür hat er ſich aber auch nach der andern Seite hin dem großſtädtiſchen Leben recht gut anzupaſſen gewußt; denn der Tag reicht bei ihm weit über die aſtronomiſche Grenze hinaus. Wie ich ein Thierquäler wurde. 75 Er dauert ihm nie zu lange, und ob er im engſten Familienkreiſe oder vor ſo und ſo vielen fremden Geſichtern ſein Weſen treibt, iſt ihm ungeheuer gleichgültig. Er kennt weder das Gefühl der Verlegenheit, noch hat er irgend eine Vorſtellung von Furcht. Wenn er ſo gemüthlich auf dem Tiſch herumſpazirt, läßt er ſich ohne Weiteres mit der Hand ergreifen, und beliebt es Jemand, ihn dann mit der Hand herum— zudrehen, ſo daß ſeine Unterſeite nach oben gekehrt iſt, ſo braucht man ihm nur etwas Grünes oder ein zerquetſchtes Hanfkorn vorzuhalten, und er wird ſofort den Beweis liefern, daß ihn auch ſolche, auf den Umſturz des Beſtehenden gerichtete Beſtrebungen nicht aus der Faſſung bringen können, indem er in dieſer etwas un— gewöhnlichen Lage ſeine Leckerbiſſen mit derſelben Seelenruhe verzehrt als ob er aufrecht auf ſeinen Füßen ſäße. Der menſchliche Finger ſcheint für ihn nur den Zweck zu haben, ihm als bequeme Sitzſtange zu dienen, oder ſeinen Schnabel daran zu wetzen. Er trägt auf dem Finger ſein Lied vor, als wenn dies ſo ganz ſelbſt— verſtändlich wäre, und wenn meine Tochter ſich an der Waſſerleitung zu ſchaffen macht, ſo benutzt er dieſe Gelegenheit, um auf dem Finger ein Bad zu nehmen Eine unerſchütterliche Ruhe des Gemüths kennzeichnet ſein ganzes Weſen. Aber er zeigt auch Proben einer hohen Intelligenz. So hat er ſich z. B. vor einiger Zeit eine kleine Verletzung an der einen Fußzehe zugezogen, die weiter keine Folgen hinterlaſſen hat, als daß eins der Schilder etwas abſteht. Wenn ihn dies zu incommodiren anfängt, ſo weiß er den Schaden auf recht verſchmitzte Weiſe zu reparieren. Er geht zum Trinkgeſchirr, nimmt ſo viel Waſſer als nur möglich in den Schnabel, hüpft damit auf die obere Sproſſe ſeines Käfigs, hält hier den verletzten Fuß hoch an einen Drahtſtab und befeuchtet nun die kranke Stelle mit dem Schnabel. Dieſes ſonderbare Monöver wiederholt er mit großer Geſchwindigkeit oft 10 bis 15 Mal hintereinander, bis ſein Zweck, das abſtehende Schild geſchmeidig zu machen, erreicht iſt. Die hierbei bewieſene Klugheit brachte meine Tochter auf den Gedanken, ob ein ſo gebildeter Zeiſig nicht auch das Zeug dazu habe ſein Futter im Wagen herauf zu ziehen, wie ſie es wohl irgend wo geſehen hatte, und ſtellte an mich das Anſinnen, die erforderlichen Vorrichtungen für Hans herzuſtellen. Da mich die Sache ſelbſt intereſſirte, ging ich ſofort darauf ein und ſtellte nur die Bedingung, daß ihm ſein Futter nach wie vor neben dem Wagen gereicht werde. Bald waren Schienen und Wagen fertig und als ich letzteren durch einen Faden mit einer Sitzſtange verbunden hatte, machte ich mich daran, die ſchiefe Ebene mit den Schienen am Käfig zu be— feſtigen. Hans ſaß während der ganzen Zeit auf der nächſten Sproſſe, und war ſo eifrig bemüht, mir in ſeiner Weiſe zu helfen, daß ich die äußerſte Vorſicht gebrauchen mußte, wenn ſein Schnabel nicht zwiſchen die Zange kommen ſollte. Endlich war alles in Ordnung. Und was that Hans? Er zog ſofort den Faden an, legte Schleife auf Schleife unter ſeinen rechten Fuß und holte den Wagen herauf, als ob 76 Carl R. Hennicke, er jahrelang an dieſe Beſchäftigung gewöhnt ſei. Ja die Sache mußte ihm 11 wirkliches Vergnügen machen, denn er konnte gar nicht fertig werden den Wagen heraufzuziehen und wieder fahren zu laſſen. Jetzt beluſtigt er ſich oft im Finſtern mit ſeiner Equipage und es würde ihm entſchieden etwas fehlen, wollte man ſie ihm nehmen. Und was mich betrifft, lieber Leſer, ich denke jetzt milder über den Berliner Vogelhändler und ſeine Thierquälerei, und der alte Herr hat gar nicht mehr ſo recht, trotz ſeiner weißen Haare!“) Noch zwei „in Freiheit dreſſirte“ Spatzen. Von Carl R. Hennicke. Vor einigen Tagen hatte ich mich über die Durchſicht des Index zu unſerer Monatsſchrift gemacht, und fiel mir dabei der Titel: Rohweder, Ein „in Freiheit dreſſirter“ Spatz, in die Augen. Ich ſchlug nach und las nun die anſprechende Erzählung im Jahrgang 1885. Dabei kamen mir lebhaft zwei Spatzen in die Er— innerung, die ich in meinen Gymnaſiaſtenjahren beſeſſen habe, und will ich mir erlauben, die Geſchichte derſelben den Leſern der Monatsſchrift zu unterbreiten. Ich war ca. 8 Jahr alt, als ich eines Tages auf dem Wege von der Schule nach Hauſe unter einem Baume der ſchönen Küchengartenallee in Gera einen aus dem Neſte gefallenen, noch unbefiederten Sperling fand. Von Mitleid ergriffen hob ich denſelben auf und nahm ihn mit nach Hauſe, wo ſich meine Mutter, eine große Thierfreundin, der Mühe unterzog, den Vogel aufzuziehen. Die Sache machte ſich ja, wie ſtets, im Anfang nicht allzu leicht, aber nach und nach ging es immer beſſer, bis er ſchließlich von ſelbſt ſeine Nahrung zu ſich zu nehmen begann. Ja, als ihm die Schwingen wuchſen, wurde er ſo frech, daß nichts vor ihm ſicher war. Alles wurde beknappert, ja ſogar in die Suppe flog er, wenn dieſelbe auf den Tiſch getragen war. Sein Liebling in der Familie war nach wie vor meine Mutter, und er bethätigte ſeine Zuneigung auf eine ſo zudringliche Art und Weiſe, daß dieſelbe ſich nicht in der Stube ſehen laſſen konnte, ohne daß er ſich ihr auf die Schulter geſetzt hätte. Natürlich benahm er ſich dabei nicht immer ſehr anſtändig, und ſo wurde es denn endlich ſogar meiner Mutter zu arg. Es wurde der Beſchluß gefaßt: „Matz muß fort. Er mag ſich einmal die Welt draußen anſehen.“ Eines ſchönen Sommermorgens alſo wurde Matz vor das Stubenfenſter geſetzt. Er beſann ſich denn auch gar nicht lange und war ſchon nach ganz kurzer Zeit in einem großen Kaſtanienbaum, der unſerm Fenſter gegenüber ſtand, in eifrigſter Unterhaltung mit ſeinen Artgenoſſen. Nun glaubten wir von ihm befreit zu ſein. Doch da hatten wir die Rechnung ohne den Wirth, reſp. unſern Matz, gemacht. Am Spätnachmittag ) Vgl. man übrigens auch die Beobachtung Liebe's in ds. Monatsſchr. 1886, 161. Noch zwei „in Freiheit dreſſirte“ Spatzen. 77 ertönt plötzlich in der Stube ein lautes „Filp, Filp“, und zum offenen Fenſter herein ſpazirt unſer Spatz, um ſofort mit lautem Geſchrei den Platz auf der Schulter meiner Mutter wieder einzunehmen. Am andern Tag werden die Stuben— fenſter, nachdem Matz hinausſpazirt iſt, feſt verſchloſſen. Doch was geſchieht? Mätzchen kommt an das Fenſter und pocht, Einlaß heiſchend, mit dem Schnabel an die Scheibe. Als er ſieht, daß ihm das nichts hilft, verſchwindet er nach geraumer Zeit wieder. Wir glaubten uns nun endgültig von ihm befreit. Aber wer beſchreibt unſer Staunen, als jemand zufällig in das nebenan liegende Schlafzimmer geht, und durch die geöffnete Thür mit Triumphgeſchrei unſer Spatz hereinhüpft? Da die Wohnzimmerfenſter verſchloſſen waren, war er einfach zu den Schlafzimmer— fenſtern hereingekommen. Solcher Anhänglichkeit gegenüber konnte natürlich nur ein Barbar ungerührt bleiben, und ſo wurde denn der erſte Beſchluß umgeſtoßen und Matz behalten. Er zeigte ſich auch durchaus nicht beleidigt, ſondern nahm unſere Gaſtfreundſchaft ruhig weiter an. Doch unternahm er von nun an täglich ſeine Exkurſion auf die Kaſtanienbäume der Küchengartenallee, um ſich da mit ſeinen Kollegen nach Herzensluſt auszuſprechen und am Abend zu uns zurückzukehren. Dies that er ungefähr ein halbes Jahr lang, bis er eines Abends zu unſerem großen Leidweſen wegblieb. Denn ſo unbequem er als Hausgenoſſe wegen ſeiner Schmutzerei war, ſo hatten wir doch den drolligen Geſellen wegen ſeiner Anhänglichkeit lieb gewonnen. Lange Zeit hörten wir nichts von ihm, bis mir eines Tages ein Spielgefährte mittheilte, es ſei ihnen durch das offene Fenſter vor einigen Tagen ein „Rothkehlchen“ zugeflogen, und zwar ein ganz merkwürdiges, „denn es ißt mit uns grüne Klöße.“ Da dies ſich ganz in der Nachbarſchaft ereignet hatte, mußte dieſes „Rothkehlchen“ natürlich beſichtigt werden. Wir Kinder ließen uns alſo von der Mutter hinführen, und da — ſtellte ſich das grüne Klöße freſſende Rothkehlchen als unſer Spatz heraus, der in der Zwiſchenzeit, wenn möglich, nur noch zahmer, reſp. frecher geworden war. Doch ſeine Zahmheit ſollte ihm, wie es ſo oft geſchieht, noch zum Verderben gereichen. Er ſetzte von ſeiner neuen Wohnung aus ſeine Vergnügungsreiſen fort und kam ſtets des Abends nach Hauſe, bis er eines Tages im Finſtern von ſeiner neuen „Wirthin“ todtgetreten wurde. Fünf oder ſechs Jahre ſpäter, wir hatten unterdeß unſere Wohnung gewechſelt, erſchien im Winter auf dem in unſerem Garten errichteten Futterplatz ein Sperling, der uns dadurch auffiel, daß er, wenn jemand vorbeiging, nie aufflog. Wir ver⸗ ſuchten deshalb ihn zu fangen, und er ließ ſich auch ergreifen, ohne die Flucht zu verſuchen. Er wurde mit ins Zimmer genommen, gefüttert und ſollte nun auf Befehl des Vaters, der ſich der Wohlthaten, die uns unſer erſter Spatz geſpendet, noch erinnerte, wieder an die Luft geſetzt werden. Doch dies war ebenſo vergebliche Mühe wie beim erſten; vorn wurde er hinausgeworfen, hinten kam er wieder herein, N = ae Fa Eu 4 2 — * 4 * 78 | von Wacquant-Geozelles, ſodaß wir ſchließlich die Verſuche aufgeben und den aufdringlichen Stubengenoſſen behalten mußten. Er gewöhnte ſich wie der erſte an die Familienmitglieder und war ebenfalls ſo dreiſt, daß mein blinder Vater immer in Beſorgniß war, ihn todt zu treten. Nur in einem unterſchied er ſich vom erſten. Während dieſer, ſo lange er im Freien war, die Geſellſchaft ſeiner Artgenoſſen der der Menſchen vorgezogen hatte, hielt ſich der zweite auch im Freien zu uns. Er begleitete uns auf der Straße und ſetzte ſich auch im Garten zu uns. Saßen wir gemüthlich in der Gartenlaube, ſo ſaß Matz auch bei uns auf dem Tiſch oder auf der Stuhllehne und ließ ſich ſchmecken, was für ihn abfiel. Doch auch ihm ſollte ſeine Zahmheit zum Verderben gereichen. Eines Abends, als wir in die Stube traten, fanden wir von unſerm Freund nur noch einige Federn vor. Er hatte auf ſeinem gewöhnlichen Schlafſitz, einem Eckbrettchen, geſchlafen und da hatte ihn jedenfalls eine Katze, die durch das offenſtehende Fenſter hereingekommen war, ergriffen und gefreſſen. Eine Schwarzdroſſel als Pflege-⸗„Vater“ eines jungen Waſſerſchwätzers. Von Staats von Wacquant-Geozelles. Anfangs Juni des Jahres 1885 brachte mir ein Knabe einen jungen, eben flüggen Waſſerſchwätzer (Cinelus aquaticus Bechst.) mit der Angabe, ihn auf einem, oberhalb Sophienhof's, auf der Höhe des Berges liegenden Bauernhofe gefangen zu haben. Daß ich dieſer Ausſage des äußerſt verlogenen Bengels von vornherein nicht recht traute, war in Anbetracht deſſen, daß der nächſte, Waſſer⸗ ſchwätzer beſitzende Bach ſich erſt eine Viertelſtunde weiter unten im Thal befindet, ſelbſtverſtändlich. — Da aber eindringliche Ermahnungen: einzugeſtehen, daß er oder ein anderer den Vogel auf dem „Schulwege“ oder beim Krebsfange unten am Bache ergriffen habe, nichts nützten, — der Knabe vielmehr dabei blieb, daß der junge Vogel „auf einmal“ oben im Baumhofe geſeſſen habe, auch noch ein zweiter, ganz gleicher Vogel dort umherflattere, ſo ging ich mit, um event. auch dieſen zweiten einzufangen. Trotz eifrigſten Suchens war das Thier aber nicht mehr zu finden, und ging ich mit der Weiſung, mich ſofort zu holen, wenn es ſich wieder zeigen ſollte, nach Hauſe, um den in meinem Beſitz befindlichen Vogel zu füttern. Derſelbe ſchien ſehr matt — aber auch ſehr hungrig zu ſein; er ſperrte gut und nahm unter dem charakteriſtiſchen „Geſchrill“ die ihm gebotene Kerfe aus der Hand, ging aber dennoch ſchon am nächſten Mittage — den gewöhnlichen Weg gefangener Waſſerſchwätzer.“) | ) Sektionsbefund: ſtark⸗blutrünſtige Stelle am rechten Oberfchenfel. \ Eine Schwarzdroſſel als Pflege-,DBater’” eines jungen Waſſerſchwätzers. 79 Kurze Zeit nachher kam der betreffende Knabe wieder angerannt und meldete: „„Der kleine Vogel ſitzt am „Pumpe“ — (kleines Waſſerloch) — und wird „jetzt“ von „einem Droſſel“ gefüttert.““ — Im höchſten Grade neugierig, ließ ich mich ſofort an die bezeichnete Stelle führen und ſah den Waſſerſchwätzer auch alsbald oberhalb des ſeichten Tümpels im Graſe ſpaziren. Von einem Weidengebüſch aus behielt ich ihn nun ſcharf im Auge, bemerkte wirklich eine in der Nähe emſig nach Nahrung ſuchende weibliche Droſſel, hörte aber auch dicht vor mir den unverkennbaren, nahrungheiſchenden Ruf einer jungen Schwarzdroſſel. Dieſe letztere wurde vor meinen Augen wiederholt vom alten Droſſel-Weibchen gefüttert und ſchon glaubte ich, abermals von dem Burſchen belogen zu ſein, als plötzlich das Droſſel-Männchen herbeiflog und thatſächlich den ihm entgegeneilenden und ſich andrängenden Waſſer— ſchwätzer mit Nahrung verſah. Dieſes ungeſtüme Andrängen des Jungvogels hatte zur Folge, daß das Beibringen der Atzung ziemlich geraume Zeit erforderte. — Nachdem ſo das Droſſelmännchen mehrmals den Pflegling und einmal auch das in einer Hecke ſitzende — wie es ſchien einzige — eigene Kind gefüttert hatte, er— ſchien es mit einem langen, zuſammengerollten Regenwurm im Schnabel. Dieſen dem Waſſerſchwätzer beizubringen wollte indeſſen nicht gelingen: immer und immer wieder entfiel der Wuru dem Schnabel des Jungen, ſo verſchiedenartig er auch ge— faßt, ſo mundgerecht er auch gerollt wurde. Schließlich ließ die Droſſel denſelben vor dem Pflegekinde liegen und flog fort. Ich habe nicht bemerkt, daß ſie wieder einen längeren Wurm herbeibrachte. Am andern Morgen hatte ich wieder dasſelbe Schauſpiel. In Abweſenheit der Droſſel ſpazirte der Waſſerſtaar ſtets ſehr verſtändig auf dem Uferſchlamm des ſeichten Tümpels umher, und bemerkte ich, daß er hier und da auf den Boden pickte. Am dritten Tage ſah ich ihn zunächſt nicht; beim vorſichtigen Suchen rannte er plötzlich vor mir fort auf den Tümpel zu, betrat, durch das flache, mit Teich: linſen bedeckte Waſſer watend, eine auf der tieferen Mitte des Tümpels ſchwimmende Bohnenſtange, ſchritt mit größter Geſchicklichkeit auf dieſer entlang bis zum Ende, ſprang von dort auf einige, ebenfalls im Waſſer liegende Zweige und trieb ſich auf dieſen längere Zeit pickend umher. Am vierten Tage flog, gerade als ich hin— kam, das Droſſelmännchen von der wieder auf dem Schlamme trippelnden Waſſer— amſel fort. Ich trat dicht an letztere heran, und flatterte ſie, mit den Füßen auf dem Waſſer ſchwimmende Gegenſtände berührend (benutzend), zweimal aber auch in die trügeriſchen Teichlinſen einſinkend, zum jenſeitigen Ufer des etwa 20 Schritt im Umkreiſe haltenden Tümpels. Als ich ihr auch dort wieder nahe kam, verbarg ſie ſich geſchickt unter Wurzelwerk. Bald kam ſie wieder zum Vor⸗ ſchein. — Vom anderen Tage an war ſie verſchwunden. — Im Gegenſatze zu den bisweilen bei Vögeln beobachteten Pflege-„Eltern“- oder ſogenannten Pflege— 80 F. Schlag, Die Möve. „Mutter“-Dienſten, dürfen wir füglich hier in dieſem Falle nur von einem Pflege⸗ „Vater“ ſprechen; denn nur die männliche Schwarzdroſſel adoptirte die Waiſe und nahm ſich ihrer auf das liebevollſte an. Die Schwarzdroſſel gehört gewiß nicht zu den Vögeln, die in ihrem Auftreten ein weiches Gemüth bekunden; zänkiſch und biſſig war gewiß auch dieſes Droſſelmännchen, — dem vertrauens⸗ vollen Andrängen, den flügelzitternden, hungrigen Bitten der armen, offenbar von nichtsnutziger Hand verſchleppten Waiſe aber entzog es ſich nicht. Es ſorgte für dieſelbe, trotzdem ihm die Katzen nur ein eigenes Kind gelaſſen hatten, an dem es feine erwachte „Fütter⸗Paſſion“ bethätigen konnte; es ſorgte ſogar gleich anfangs mehr für die Waiſe wie für das eigene Kind und ſpäter ſogar nur für die Waiſe: die Pflege für den eigenen Sprößling der Gattin überlaſſend. Es wäre dem braven Vater wohl zu gönnen geweſen, daß ihm die Katzen dieſes Pflegekind gelaſſen hätten! Sophienhof b. Grupenhagen, November 1889. Ornithologiſche Nüderinnerungen. Von F. Schlag. a) Die Möve. Als ich noch ein Jüngling „jung an Jahren“ war, ließ mir mein guter, ſeliger Vater einſt ſagen, ich ſollte ſo ſchnell als möglich mal zu ihm kommen, nach meinem zwei Stunden entfernten Geburtsort, es ſei ein Vogel gefangen, welchen kein Menſch, d. h. kein Bauer, dort kenne. Kaum konnte ich den Sonnabend erwarten, um hinauszuwandern und das Ungeheuer ſehen und beobachten zu können! Und — was wars? Es war eine Seemöve von der Größe einer Taube, mit ſilberfarbenen Flügeln. Die ſchwalbenartigen Schwingen und ihre ſchwarzbraunen Schwimmfüße, ſowie der gelbe Schnabel derſelben intereſſirten mich um ſo mehr, als ich noch keine lebende Seemöve geſehen hatte. Ich nahm die Seemöve in einem geräumigen Taſchentuche mit nach Hauſe und verſuchte eigene Pflege derſelben! — Geſchnittene Speckriemchen nahm ſie ſehr gerne an; desgleichen Mehlwürmer und gehacktes Rindfleiſch. — Allein, trotzdem ich Junggeſelle war und eine große Vorliebe für das mir neue Thierchen hegte, konnte ich die Koſt des Thieres, die ja faſt feiner und theuerer als menſchliche Koſt war, auf die Dauer nur ſchwer beſchaffen, indem ich damals monatlich (1844 bis 1850) nur 9 Thl. 10 Gr. Gehalt bezog. Doch die Liebe zur gefiederten Welt ließ mich augenblicklich alles pecuniäre Ungemach überwinden. — So hatte ich denn das harmloſe Thierchen ungefähr 6—8 Wochen in meinem Beſitz. Oſtern kam allgemach heran und mit ihm meine 14⸗tägigen Ferien. Ich 1 verreiſte zu meinen unvergeßlichen, nun längſt heimgegangenen Eltern, und befahl Ernſt Schäff, Ausſtellung der „Aegintha“. 81 meinen Pflegling meiner uralten Hauswirthin, welche mir mit Hand und Mund verſicherte, das Thierchen ganz nach herkömmlicher Weiſe laut Inſtruktion zu pflegen; und getroſt reiſte ich in die Ferien mit der Ausſicht, alle inzwiſchen ent— ſtehenden Auslagen vergüten zu müſſen. Als ich wiederkam, war meine erſte Frage die nach meiner Möve. Die alte, gute Frau bekannte faſt unter Thränen, ſie hätte kein rohes Fleiſch, keine Mehlwürmer und auch keinen Speck augenblicklich mehr ge— habt, und habe ihr ſtatt deſſen ſogen. Erbſenbrei (dick gekochte Erbſen) vorgeſetzt; die habe ſie gierig genommen, ſei aber eine Stunde darauf geſtorben! — Ob ich lachen oder ſchmollen und grollen ſollte, wußte ich augenblicklich nicht, aber meine Möve war jedenfalls durch dieſe Radikalkur von ferneren Leiden und Zufällen er— löſt. Der alten harmloſen Frau aber konnte ich wegen ihrer unverzeihlichen Ein— alt doch nicht weiter ſchmollen, da ſie mich ſonſt gut bewirthete und freundlich behandelte. Ausſtellung der „Aegintha“. Von Dr. E. Schäff. Die vom 6. bis zum 11. Februar d. J. abgehaltene Ausſtellung der „Aegintha“, des Vereins der Vogelfreunde zu Berlin, lieferte wiederum ein beredtes Zeugniß von der Thätigkeit und den Leiſtungen des Vereins, ſodaß ein Ueberblick über die Ausſtellung von allgemeinem Intereſſe ſein dürfte. Unter den verſchiedenen Ab— theilungen iſt für die Leſer der „Monatsſchrift“ wohl die anziehendſte diejenige der einheimiſchen Vögel, welche in der That höchſt intereſſante Stücke enthielt. Aus der überaus reichen Sammlung der von Privatleuten und Händlern ausgeſtellten Sänger und ſonſtiger Zimmervögel ſeien beſonders hervorgehoben die zarteren Inſektenfreſſer, ſo z. B. die deutſchen Grasmücken, Rohrſänger, Erdſänger; ferner Goldhähnchen, Bachſtelzen, darunter ein Albino der M. alba, ſodann ein Trauer: fliegenfänger. Eine herrliche, ſeit 11 Jahren im Käfig gehaltene Steindroſſel, ein Hakengimpel, ein Weibchen des Eisvogels, eine partiellen Albinismus zeigende Dohle und manche anderen Exemplare, die wir nicht alle aufzählen können, erregten all— gemeine Aufmerkſamkeit. Eine eigenartige Kollektion hatte ein Ausſteller gebracht in den „Vogelgeſtalten aus Hanne Nüte un de lütte Pudel“, unter denen ſich ſelbſt Uhu, Waldkauz, Buſſard, Truthahn, Haushahn und Henne, Storch, Kranich und ſonſtige, nicht gerade zu den Zimmervögeln gehörige Arten fanden. Einen recht kläglichen Eindruck machte eine Rauchſchwalbe, die auch noch in einem andern un— glücklichen Exemplar vertreten war. Eine Schwalbe als Käfigvogel — das iſt ent, ſchieden ein krankhafter Auswuchs der Vogelhaltung, der zu rügen, nicht aber etwa als Errungenſchaft zu preiſen iſt! Spezielle Kennerſchaft und Liebhaberei erforderte die reich beſchickte Kanarien-⸗Abtheilung. „ ene * 2 — 82 L. Albrecht, Unter den ausländiſchen Vögeln fielen beſonders auf: 4 Laufhühnchen (Turnix * pugnax), eine weißkehlige Weka⸗Ralle (Ocydromus Earlii), eine Zwerglerche (Cora- phites leucotis), ein Helmvogel (Corythaix Buffoni); ferner unter den zahlreichen Papageien ein Albino des Graupapageien, für den als Preis 800 .M (!) verlangt wurde, die Rothmasken-Amazone (Androglossa brasiliensis), Guatemala-Amazone (A. Guatemalae), Blaubart:Amazone (A. festiva) und viele andere. Die kleinen Exoten und die ſonſtigen mehr oder minder bekannten fremdländiſchen Zimmer- und Schmuckvögel waren ebenfalls gut vertreten. Käfige aller Arten, Futterproben, verſchiedene Geräthe, Litteratur, ausgeſtopfte Vögel und Vogelgruppen bildeten den Beſchluß. Steinröthel (Monticola saxatilis) und Schama (Kittacicla macroura) in der Gefangenſchaft. Von L. Albrecht. (Aus einem Brief an K. Th. Liebe.) Mein Steinröthel iſt im Mai 1879 von Zivſa aus Troppau bezogen, gewöhnte ſich raſch ein, war aber lange ziemlich zurückhaltend mit ſeinem Geſang. Juli und Auguſt mauſerte es; ebenſo im Januar 1880, und fiel mir da auf, daß es dabei ſang. Erſt im Laufe der Zeit erkannte ich, daß die ſehr regelmäßig im Januar wieder⸗ kehrende Mauſer nur Kopf, Hals und Bruſt betraf, und es danach lebhafter gefärbt war, der Kopf ſchön blau, die Bruſt orange, während es in der Mauſer von Juli und Auguſt alle Federn erneuerte, auch die langen von Flügel und Schwanz, danach auch matter gefärbt erſchien, faſt ſchwärzlich. Während dieſer zweiten Mauſer ſang es wenig, oft wochenlang gar nicht; bei der erſten aber ſtets ſehr viel, und war ſehr erregt und lebendig. Im Januar 1881 fiel es mir zum erſtenmal auf, daß es ſein Futter kaum berührte, und ſein Käfig, den ich ſonſt täglich reinigen mußte, beängſtigend ſauber blieb. Es iſt ſonſt ein großer Freſſer, und zeitweiſe ſo fettleibig geweſen, daß es dick aufge⸗ blaſen mit offenem Schnabel auf der Stange ſaß. Mehr der Behaglichkeit als der Bewegung ergeben, ſcheut es auch das Bad ganz auffallenderweiſe; ich glaube es hat in den zehn Jahren kaum zehnmal das angehängte Bad benutzt. Dafür muß ich freilich faſt alle vier Wochen ſeine Füße reinigen. Im Januar 81 fraß es vom 11. bis 18. ſo gut wie nichts; im Januar 82 vom 15. bis 22. desgleichen, ſo fielen in jedem Januar bis auf dieſen letzten, faſt acht Tage, wo es wohl die dargereichten Mehlwürmer, das angehängte Obſt nahm, aber das Weichfutter beinahe völlig ver⸗ ſchmähte; dabei fleißig ſang und ſehr unruhig war. Zur ſelben Zeit ſtellte ſich die | Mauſer ein, und dann ein ganz außerordentlicher Appetit, als wolle es alles „ e 4 * wein. Se 1313 Steinröthel und Schama in der Gefangenſchaft. 83 Verſäumte nachholen. Für den, dem die Tage von Intereſſe ſind, notire ich ſie aus dem Tagebuche: Januar 1883 vom 18.—23., 1884 vom 19.— 25.; 1885 vom 7.—16. 1886 vom 16.—20.; in den folgenden Jahren habe ich die Tage nicht notirt, nur die Thatſache erwähnt; in dieſem Jahr hat es etwa vom 20.—26. gefaſtet. — Sein Geſang hat ſich durch die Geſellſchaft der beiden Schama ſtetig verbeſſert, doch will mir ſcheinen, daß es im letzten Jahre etwas fauler geworden iſt; wenigſtens geht es auf die Wettgeſänge nicht mehr ſo bereitwillig ein, die die Schama mit Vorliebe arrangirt. Es war oft ein wahrer Hochgenuß zu hören, wie dieſe beiden Vögel es einander zuvor zu thun ſuchten, wie ſie ſich neckten, ſich gegenſeitig an— feuerten, wie einer auf den andern lauſchte, plötzlich etwas ganz Unerwartetes vor— brachte, und der Ueberraſchte dann ſchalt, und gar nicht ſelten eigenſinnig ſchwieg, nachdem er kurz und grob ſeine Meinung geſagt hatte. Sonnenvogel, Orpheus und andere Grasmücken, auch die Nachtigallen haben ſich wohl dazwiſchen hören laſſen, aber eine regelrechte Betheiligung am Wettgeſang iſt es nie geweſen; ein kleiner Anreiz, eine kleine Neckerei, mehr wurde es nicht; während Schama und Steinröthel ganz unverkennbar Zwieſprache halten. Merke ich doch an meiner Schama, daß der Sproſſer oder die Nachtigall anfängt ihren Geſang einzuſtudiren; das geſchieht zuerſt des Morgens und nur wenn ſie allein ſind. Die Schama verräth es, indem ſie die neuen Töne wiederzugeben verſucht, wie fragend inne hält, und wiederholt, und augenſcheinlich bemüht iſt, den neuen Sänger zu weiterem Ausdruck zu veranlaſſen. Glückt ihr das, ſo ſchweigt ſie augenblicklich ſo lange, wie jener ſingt; fällt ſofort ein, wenn er aufhört, und bringt in ihrem Geſang, zuerſt wenig und ſchattenhaft, ſpäter immer klarer und deutlicher das an, was ihr von Jenem gefällt. Meine beiden Schama's haben ſich nach und nach in erſtaunlicher Weiſe vervoll— kommnet, und ſogar ſo häßliche Töne, wie das kreiſchende Auffliegen von mehreren Dutzend Spatzen, wie das Quietſchen eines Kinderwagens oder das des Brunnen— ſchwengels klingen, in das überaus originelle Lied verwebt, nie unangenehm. Der Takt und die Wiederholung, wie ſie derartige Töne bringt, ferner die Läufer und Cadenzen vorher und nachher laſſen dieſelben ganz anders in's Gehör fallen, als wenn ſie unvermittelt wahrgenommen werden. Die Schama iſt ein Tondichter allererſten Ranges; das Steinröthel, ſo reich und vielſeitig es iſt, bringt doch ſtets dasſelbe. Die Schama hat ſich ſeinen ganzen Schatz zu eigen gemacht, kennt und bringt Alles was der Trupial, der Kardinal, der Sonnenvogel, Goldſtirnblattvogel u. ſ. w. an charakteriſtiſchen Rufen haben, und verſchmilzt das Alles mit einer Fülle von Läufern und Trillern und Glockentönen zu einem bezaubernden Ganzen, das dabei ſtets wechſelt und nie dasſelbe iſt. Die Schama, von deren Geſang ich, wie Sie ſehen, nicht ohne Begeiſterung ſprechen kann, iſt aus dem Nachlaß unſeres unvergeßlichen Herrn v. Schlechtendal * 3 7 * K u.“ + Er re ee, 84 L. Albrecht, Steinröthel und Schama in der Gefangenſchaft. am 23. Juni 1881 in meinen Beſitz übergegangen, und wurde im Märzheft jenes Jahres noch von ihm ſelbſt beſchrieben, ebenſo wie der Goldſtirnblattvogel, den ich ebenfalls erwarb. Ich habe dann noch eine zweite Schama von Fräulein Hagenbeck ſeit dem 19. Oktober 1882, und halte dieſe für bedeutend jünger; ſie war kleiner als jene erſte, im Geſang viel leiſer und einförmiger, hatte aber denſelben Schmelz der Stimme. Nach und nach iſt ſie der erſten faſt ebenbürtig geworden, was gewiß viel ſagen will, wenn man bedenkt, daß jene beſtändig ihr Repertoire erweiterte. Wie beide unermüdlich ſind im Singen, ſo ſind ſie es auch im Wechſel deſſen, was ſie bringen; nie kann der Geſang beläſtigen, der Vogel müßte denn gereizt oder geärgert werden, denn da kann er allerdings ſo ſchrille, gellende Töne ausſtoßen, daß Einem das Hören vergeht. Ihre Pflege und Wartung iſt leicht; es giebt keine anſpruchs⸗ loſeren Inſectenfreſſer: einfaches Nachtigallenfutter genügt ihnen, und ein halbes Dutzend oder auch ein paar mehr Mehlwürmer. Fliegen ꝛc. nehmen ſie natürlich gern. Sie halten ſich ſehr reinlich und beſchmutzen den Käfig nur wenig. Bei der ältern Schama ſind von jeher die Excremente weiß und dünnflüſſig geweſen. Ich verſuchte daher allerlei Beigaben einerſeits, manche Weglaſſung andrerſeits — ich glaube, es wäre ſehr langweilig, das aus dem Tagebuch abzuſchreiben, wo es mit rührender Gewiſſenhaftigkeit eingetragen iſt. Ich habe ſchließlich zu erkennen geglaubt, daß Ihr Rath der wichtigſte iſt: möglichſt viel Abwechslung im Futter, — d. h. dem Grundbeſtand von Ameiſenpuppen, Semmel und Mohrrübe bald dies, bald jenes zuzu⸗ ſetzen. Jetzt hat lange Zeit geriebener Mohn gute Dienſte gethan; aber ſchließlich werden die Excremente immer wieder dünn, und man darf mit der Beobachtung nie nachlaſſen. Daß man nun trotzdem immer wieder denſelben Fehler macht, könnte unbegreiflich ſcheinen, wäre es nicht ſo gar ſchwer, „ſich mit Härte zu panzern“, wie Sie in Ihrem letzten Briefe ſagen; und — wüßte man nur genau, ob und wann der Vogel genug hat. Von der Mauſer der Schama's habe ich noch nichts geſagt; ſie iſt von der des Steinröthels ſehr verſchieden. Erſtens nur eine einmalige, und zwar eine vollſtändige, in den Monaten Auguſt und September; zweitens eine ſo heftige, daß der Vogel in dieſer Zeit bald hier, bald da völlig kahl iſt, während man dem Steinröthel kaum anſieht, daß es Federn verliert und nur das heller und dunkler gefleckte Gefieder es verräth. Die Schama kann eines Tages plötzlich kahlköpfig ſein, und ich möchte ſagen: man ſieht alsdann die Federn förmlich wachſen. Sehr komiſch iſt der Moment, wenn die zarten geſchloſſenen Poſen einige Linien hoch ſind und das Köpfchen frappant einem Stecknadelkiſſen gleicht. 4 $ — E * 4 Kleinere Mittheilungen. 85 Kleinere Mittheilungen. Zu der ſchönen, mit trefflichen Holzſchnitten gezierten Abhandlung Görings über die Moſchusente (Anas moschata L.) bildet ein Artikel von Nehring im „Humbold“ VIII, 10 eine Ergänzung, deren Kenntnis den Leſern unſerer Monats⸗ ſchrift willkommen ſein dürfte. Schon der aus dem Geſchlecht der Inkas ſtammende Garcilaſſo de la Vega erzählt, daß die alten Peruaner keine Hausvögel hatten außer einer Art Ente, kleiner als die Gänſe und größer als die gewöhnlichen Enten in Spanien, welche aber dieſen Enten ſehr glich und Nunuma hieß. Auch Velasco erwähnt dieſe altperuaniſche Ente und nennt ſie „ſchwarze Ente“. Dieſes Haus— thier wird von ſpäteren Schriftſtellern noch oft erwähnt, und iſt nach allen An— gaben zu urtheilen keine andere Art geweſen als die Moſchusente, welche wild ſowohl wie zahm noch heute in Peru und Bolivia vorkommt. Nach der Anſicht Nehrings iſt die Moſchusente, welche bald nach der Entdeckung Amerikas um 1550 in Europa eingeführt wurde, nicht aus Braſilien ſondern aus Peru über Punkte an Braſiliens Oſtküſte, Punkte an den Küſten von Weſtafrika und Marokko nach Spanien und dem übrigen Europa gelangt. Als Hausthier haben die Bewohner Braſiliens indianiſcher Abkunft die Moſchusente nämlich in früherer Zeit nicht gehalten und halten abſeits von der Küſte nach dem Zeugniß der betreffenden Reiſenden die wilden ſowohl wie die zahmen Indianer dieſelben heute noch nicht. Nur wo Koloniſten weißer Abkunft entlang der Küſte wohnen, hält man ſie jetzt. Die franzöſiſchen Bezeichnungen Canard de Guinee und Canard de Barbarie ſprechen für Nehrings Anſicht, da in jener frühen Zeit die Kap Horn umſegelnden Schiffe an der Oſtküſte Braſiliens wie an der Weſtküſte Afrikas Station zu machen pflegten. (Ein Analogon bietet das ebenfalls aus Südamerika ſtammende und frühzeitig bei uns eingeführte Meerſchweinchen, engliſch Guinea-Pig, franzöſiſch Cochon de Barbarie). Der alte Geßner führt die Moſchusente 1554 unter dem Namen „indiſche Ente“ auf. Dieſe Benennung erklärt ſich, ebenſo wie der Name „indiſcher“ oder „indianiſcher Hahn“ für Truthahn, aus dem Umſtand, daß Kolumbus und ſeine Zeitgenoſſen anfänglich das eben entdeckte Amerika für Indien hielten. Der deutſche Ausdruck „welſche“ oder „türkiſche“ Ente bezeichnet nichts weiter, als daß das Thier aus der Fremde ſtammt, wie bei dem „türkiſchen“ Flieder, dem aus Amerika ſtammenden „türkiſchen“ Waizen ꝛc. K. Th. Liebe. Thurmfalkenabſchuß bei Berlin. In der mir ſoeben zugehenden Nr. 19 (J. Febr. 1890) der „Iluſtr. Jagd-Zeitung“ Nitzſche's finde ich unter dem Titel: „Der Abſchuß im Thiergarten zu Berlin“ einen Aufſatz von R. A. von Schulen— burg, nach welchem in den Jahren 1878—1889 125 Thurmfalken (F. tinnunculus) im Thierparke abgeſchoſſen und mit 31,25 , Schußgeld bezahlt wurden. Es iſt 86 Kleinere Mittheilungen. amuſant, daneben zu leſen, daß in derſelben Zeit ein Marder und vier Sperber erlegt wurden. | München, Febr. 1890. O. Leverkühn. Der Eingeweidewurm Echinorhynchus ef. gigas, Goetze (Rieſenkratzer). Vor einiger Zeit bemerkte ich morgens in der Frühe, daß an dem Bretterzaune im Garten hinter unſerem Hauſe eine anſcheinend todte Amſel mit dem Kopfe nach unten hing. Ich ließ ſie heraufholen und es ergab ſich, daß das arme Thier mit einem Wollfaden, der ſich zufällig um das Bein geſchlungen hatte, an einem Nagel hängen geblieben war und ſo ſeinen Tod gefunden hatte. Als ich den Vogel, der ſehr wohlgenährt und fleiſchig war, ſecirte, fand ich den Darm ſtrotzend voll von einer großen Menge — ich zählte über 100 — 2 bis 4 cm langer, rundlich-faden⸗ förmiger, in der Mitte etwas dickerer, nach beiden Enden zu dünner werdender, weißlicher Eingeweidewürmer. Man begriff kaum, wie die verdaute Nahrung noch ihren Weg durch den Darm nehmen konnte; und doch hatte ſich der Vogel offenbar bis dahin wohl befunden, denn ſein Ernährungszuſtand war, wie ich oben ſchon hervorhob, ein durchaus guter. Herr Profeſſor Dr. Keßler dahier, welchem ich die Würmer zur Unterſuchung vorlegte, hat fie als eine Art Kratzer, Echinorhyn- chus sp.? beſtimmt. | Kaſſel, den 21. December 1889. K. Junghans. Weibliche Haushalte. Auf meinem Taubenſchlage lebten vor einigen Jahren 4 Stück gewöhnliche Feldtauben, und zwar 3 Täubinnen und 1 Tauber. Der Tauber hatte ſich mit einer Taube gepaart, und da die beiden Täubinnen ganz verlaſſen und einſam in der Welt ſtanden, ſo gründeten dieſelben einen eigenen Hausſtand, bauten ein Neſt und legten darin 4 Eier. Ich nahm 2 Eier fort und nun brüteten die beiden Tauben abwechſelnd die Eier richtig aus und zogen beide Junge groß. Bei Nacht ſaß immer nur eine Taube auf den Eiern oder Jungen, bald die eine, bald die andere. Als die Jungen ausgeflogen waren, ging die Sache von neuem los, und jo bekam ich in 3 Bruten, die beide Weibchen ge- meinſchaftlich anſtellten, 6 junge Tauben. Mittlerweile waren aber einige junge Tauben herangewachſen, die ſich kühn in den weiblichen Haushalt drängten, ſo daß dieſer bald ſeine Auflöſung fand. Dieſer Fall aus der Vogelwelt erinnert nur zu ſehr an einen Fall aus dem Menſchenleben. So gründeten vor Jahren in einem Dorfe unſeres Ländchens zwei Schweſtern einen Haushalt. Es waren fleißige und thätige Mädchen. Nach ungefähr einem Jahre genas die eine eines geſunden Knäbleins und nach Verlauf eines Vierteljahres die andere auch. Beide pflegten und warteten ihrer Kinder mit echter Mutterliebe. Die Knaben wuchſen heran, wurden tüchtige Leute und ernährten ihre Mütter treu und gewiſſenhaft bis zu deren Tode. Wir verwahren uns aber dagegen, als wollten wir durch Mittheilung Kleinere Mittheilungen. 87 dieſer Thatſache der Gründung von weiblichen Haushalten das Wort reden. Wir wollen eben nur auf die Aehnlichkeit gewiſſer Verhältniſſe im Thier⸗ und Menſchen⸗ leben hinweiſen. Feldrom. Heinrich Schacht. Ende December 1889 wurde bei Reichenhall ein prächtiger Rackelhahn (Tetrao hybr. medius Meyer) erlegt. Eine kurze Beſchreibung desſelben nach dem ausgeſtopften Vogel dürfte nicht ohne Intereſſe ſein, obſchon derſelbe normale Ver⸗ hältniſſe zeigte. Geſammtfärbung rein ſchwarz, auf dem Vorderhalſe und am Kopfe in Purpurglanz ſchillernd, Oberflügel dunkelſepiabraun und grau gewäſſert; auf dem zuſammengelegten Flügel eine weiße Binde, welche durch die an der Wurzel weißen Armſchwingen gebildet wird; die matt ſchwarzen Schwingen mit ſchmaler weißlicher Kante; ein am Axelgelenk ſitzender weißer Fleck linkerſeits nur 1 em weit vorſchauend, rechterſeits faſt ganz verdeckt; das Unterſchwanzdeckgefieder aus ſchönen weißen Federn mit regelmäßiger ſchwarzer Fleckung beſtehend; der ziemlich ſtark bogen— förmig ausgeſchnittene Schwanz ſchwarz; Befiederung der Beine ſchwärzlichgrau, am Kniegelenk grauweiß; Augenbrauengegend dunkelhochroth, Schnabel ſchwarz, an der Wurzel des Unterſchnabels röthlich; Zehen graubräunlich. Maße: Totallänge des Vogels 67 em, Länge des Stoßes 21 em, Länge der mittleren Zehe 8½ em, Schnabellänge 4 em. München, 12. Januar 1890. C. Parrot. Ein Steinadler — erſchlagen. Vor einiger Zeit durchlief die Tageszeitungen eine dem durch ſeine unglaublichen Jagd- und Mordgeſchichten bekannten „Graudenzer Geſelligen“ entnommene Jagdgeſchichte, wonach ein Steinadler von einem Officier bei Pillau mit dem Degen erlegt worden ſei. Ich hielt den Bericht für Schwindel; und doch beruht er auf einer Thatſache, über die mir unſer Vereinsmitglied, der Commandant von Pillau, Herr Oberſtlieutenant Kleckl, wie folgt ſchreibt: ... „Mit: theilen möchte ich Ihnen bei dieſer Gelegenheit, daß im November 1889 Hauptmann W. in der Plantage mit dem Säbel einen Steinadler erſchlug, ein mächtiges Exemplar. Derſelbe, wahrſcheinlich durch Sturm aus Schweden verſchlagen, ſehr abgemagert und abgemattet, — nach ſeiner Erlegung ſtellte ſich heraus, daß er einen Schrot— ſchuß erhalten hatte, — trieb ſich 8 Tage lang an der Plantage umher, ohne zum Schuß zu kommen. Er äßte von dem Geſcheide eines in der Plantage ausgeweideten Bockes. Hauptmann W. hatte das Glück, das durch Hunger entkräftete, aber doch kühn gegen ihn Front machende Thier zu ſtellen und zu erſchlagen. Hauptmann W. hat den Adler in Königsberg ausſtopfen laſſen.“ — Ein zweites, dem vorigen ähn— liches Vorkommniß paſſirte im Auguſt vorigen Jahres bei Roſitten auf der kuriſchen Nehrung, wo ich ziemlich häufig Seeadler beobachtete. Ein junger Maler, Herr A., wandert mit ſeiner Mappe und einem mit einem Eiſenſtachel verſehenen Stabe 88 Litterariſches. — Anzeigen. durch den Wald, als plötzlich unmittelbar neben ihm aus dem Gebüſch ein mächtiger Seeadler ſich erhebt. Herr A. iſt ſo beſtürzt, daß er nicht gleich zuſchlägt oder ſticht, und ſo entkam ihm der Adler, der wahrſcheinlich vollgefreſſen ſo feſt geſchlafen hatte. Zeitz, Mitte Januar 1890. Fr. Lindner. Heute jagte ich einem Sperber Z einen friſch geſchlagenen, ſehr gut ge- nährten Rebhahn ab. Etliche 10 Krähen, die den kühnen Spitzbuben beneiden mochten, machten mich aufmerkſam. Es iſt dies der vierte Fall, daß ich einen Sperber beim Nehmen eines Rebhuhns ertappte, jedoch der erſte bei einem . il ; Linz a. d. Donau, 13. Febr. 1890. Kolbe Litterariſches. 1 e\ Winke betreffend das Aufhängen der Niſtkäſten für Vögel. Im Auftrage der Sektion für Thierſchutz der Geſellſchaft von Freunden der Naturwiſſenſchaften in Gera bearbeitet von Hofrath Profeſſor Dr. K. Th. Liebe. Siebente Auflage. Verlag von Theodor Hofmann in Gera (Reuß). Preis 20 Pfg. Immer und immer wiederholen ſich die Klagen über die Abnahme der Vögel, welche der Garten-, Land- und Forſtwirthſchaft durch die Vertilgung ſchädlicher Inſekten großen Nutzen bringen. Eine Haupturſache für dieſe bedauerliche Erſcheinung iſt wohl in dem Umſtande zu ſuchen, daß jeder alte Baum mit ausgefaulten Aſtlöchern und jede Hecke von Hundsroſen, Schwarz- und Weißdorn umgehauen und ſomit den fröhlichen Sängern die Gelegenheit zum Brüten genommen wird. Die Regierungen und Vogel- ſchutz⸗Vereine haben deshalb ſchon ſeit Jahren auf die Aufſtellung künſtlicher Niſtkäſten hingewieſen, und die Erfahrung hat gelehrt, daß ſich die Höhlenbrüter nach und nach an die ihnen dargebotenen Wohnſtätten gewöhnen. In vielen Fällen werden dieſelben aber nicht in der rechten Weiſe hergeſtellt und aufgehangen, deshalb wird allen Be— ſchützern der gefiederten Welt das vorliegende Büchlein mit feinen erprobten Rath- ſchlägen und inſtruktiven Abbildungen eine ſehr willkommene Gabe ſein. Der durch obigen Verein bedeutend ermäßigte Partiepreis — 50 Exemplare Mk. 3,50 und 100 Exemplare 5 Mk. — ermöglicht die Maſſenverbreitung dieſer überaus nützlichen Vogel⸗ ſchutzſchrift in Schulanſtalten, Thierſchutz⸗, Geflügelzüchter⸗, Gartenbau-, land- und forſt⸗ wirthſchaftlichen Vereinen. Bei Einſendung des Betrages durch Poſtanweiſung oder in Briefmarken an die Verlagsbuchhandlung von Theodor Hofmann in Gera (Reuß) er- folgt portofreie Zuſendung. Gera. Emil Fiſcher. Anzeigen. Suche zu verkaufen: Muſter-Taubenbuch von G. Prütz, in Prachteinband. Vollſtändig neu. Preis: 23 fl. Otto Koller, Cand. paed. in Linz a. Donau, Eliſabethſtr. 19. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide ſind an Herrn Rendant Rohmer in Zeitz zu richten. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. | . \ Nahr Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von 1 7 15 ee Jahres⸗Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, „agent stohmerin@er Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ und erhalten dafür die Monats⸗ ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. F e 2 Dr. Frenzel, Dr. Rey der finden koſtenfreie Aufnahme, A Str.⸗Inſp. Thiele. i ſoweit der Raum es geſtattet. XV. Jahrgang. März 1890 (erſte Lieferung). Nr. 4. Inhalt: Anzeige der Generalverſammlung. — K. Junghans: Ornithologiſche Erinnerungen aus Italien. Dr. Koepert: Das Märchen von den überwinternden Schwalben. H. Nehrling: Der Blauhäher. Staats von Wacquant⸗Geozelles: Abſonderliche Niſtplätze. A. Frenzel: Aus meiner Vogelſtube: 49. Habropyga vinacea, der weinrothe Aſtrild, und: Nachtrag zu 46, der Schwarzſchwanzkernbeißer. — Kleinere Mittheilungen: Am Meiſenkaſten. Ueber Sperlings— nachtquartiere. Albinismus. — Litterariſches. — Eingegangene Geſchenke. — Anzeigen. Vereinsangelegenheiten. Die nächſte Generalverſammlung findet Sonnabend, den 29. März 1890, Abends 7½ Uhr in Wurzen im Saale des „Schweizergartens“ ſtatt. (Tagesordnung umſtehend.) 7 N fr N N Br * * 5 90 J K. Junghans, Tagesordnung: 1. Rechnungsvorlegung und Mittheilungen über den Stand des Vereins u be Vorſitzenden. 2. Wahl eines Beiſitzers an Stelle des verſtorbenen Herrn Eugen von Homeyer. 3. Vortrag des Herrn Dr. Simroth aus Gohlis über die Bedeutung des Flügels für die übrige Thierwelt. 4. Vortrag des Herrn stud. r. n. Curt Flöricke über Leid und Freude der Ornithologen. 5. Geſelliges Beiſammenſein. Ornithologiſche Erinnerungen aus Italien. Von K. Junghans. Etwas Ornithologiſches aus Italien — welchem Vogelfreunde ſteigen da nicht traurige Bilder vor der Seele auf! Sind doch die Italiener das am meiſten be- rüchtigte unter den vogelmordenden Völkern des europäiſchen Südens. — Auch ich habe oft wahren Schmerz empfunden beim Aublicke der Mengen getödteter Vögel, welche die Märkte in Florenz, Rom und Neapel täglich boten; manchmal iſt mir der Genuß der zu allen Jahreszeiten herrlichen, reichen Natur Italiens vergällt worden, wenn ich ſah, wie die gedankenloſe Grauſamkeit roher Buben oft zwecklos zahlreiche Vogelleben vernichtete. Aber im Ganzen hatte ich mir doch nach Schil— derungen, wie ſie ſchon ſo oft — auch in dieſen Blättern — gegeben ſind, den „Vogelmord“ ſchrecklicher vorgeſtellt, und faſt ſcheint es mir, als ob bei uns etwas übertriebene Vorſtellungen davon herrſchten, und die Sache zuweilen ſchlimmer dar⸗ geſtellt worden wäre, als ſie in Wirklichkeit iſt. Jedenfalls iſt Italien noch ſehr reich an Vögeln, und ſollte wirklich eine Abnahme auch für dort zu bemerken ſein, jo fällt fie der ſtets fortſchreitenden Cultur des Landes zur Laſt, die durch Urbar- machen von Wüſtungen, Entholzung, Trockenlegen von Sümpfen, ja ganzen Seen, in Italien wie bei uns zahlreichen Vögeln mehr und mehr die Möglichkeit dauern- den Aufenthalts entzieht. In den obengenannten Städten, am längſten und ein⸗ re gehendſten in Rom, habe ich während des Herbſtes, Winters und Frühjahrs faſt tagtäglich die Vogelmärkte beſucht. Mie Ausnahme von Droſſeln, Lerchen, Finken, Grünlingen und verſchiedenen Ammerarten (unter denen zuweilen, mir beſonders intereſſant, einzelne E. cia vorkamen) habe ich kleinere Vögel eigentlich nie maſſen⸗ weiſe zum Eſſen feilgeboten gefunden. Beſonders waren Sylvien und verwandte Edelſänger überhaupt nur ſelten und dann nur in geringer Anzahl vorhanden. So habe ich S. atricapilla in Rom nur 5 mal in wenigen Exemplaren, 8. bortensis kaum mehr, das Rothkehlchen freilich, das ja in Mittelitalien ſchon nicht mehr wandert, den ganzen Winter über, aber auch immer nur in geringer Menge ver- treten gefunden. Einmal waren Blaumeiſen, die doch, ganz abgeſehen von ihrer Be 5 - f Ornityologiſche Erinnerungen aus Italien. 91 Schönheit und Nützlichkeit, wahrlich die Kleinheit ihres Körperchens ſchützen ſollte, in Menge da, — aber denken wir doch an unſere Meiſenhütten, für die ja jetzt in Deutſchland allerdings wohl tempi passati ſind, aber ſeit wie lange?! Als ich eines Tages in Rom einmal eine größere Anzahl Stieglitze todt unter den zum Eſſen beſtimmten Vögeln fand, was ſonſt nicht häufig vorkam, während ſie deſto— mehr lebend als Käfigvögel feil geboten wurden, bemerkte ich zu den betreffenden Verkäufer: „Wie kann man nur ein ſo ſchönes Thier zum Eſſen tödten!“ Ein zu— fällig neben mir ſtehender, offenbar den gebildeten Ständen angehörender Italiener ſtimmte mir bei und meinte, es wäre allerdings unrecht den Stieglitz zu tödten, weil er der Lieblingsvogel des Herrn Jeſu geweſen wäre. Wirklich iſt der Stieglitz auf zahlreichen ältern Madonnenbildern angebracht; ich erinnere nur an die Madonna del Cardellino von Raffael. Es iſt mir indeſſen keine Legende bekannt, woraus ſich die Vorliebe der älteren Maler für unſeren Vogel erklärte. Ich habe immer geglaubt, ſie beruhte auf der naiven Freude an ſeinen bunten Farben. Wie dem auch ſein mag, glücklich der Vogel, dem die fromme Einfalt des Volkes einen, wenn auch nur ſchwachen Schutz gewährt. Ich habe eine ähnliche Aeußerung nur noch in Bezug auf die Schwalbe gehört; ſie wurde mir als ein heiliges und un— verletzliches Thier bezeichnet, da ſie in der Form des Kreuzes fliege. Wie oft aber habe ich, wenn ich mich entrüſtet ausſprach über die Mordluſt gegen die lieblichen Sänger, die Antwort erhalten: Che vuole, non sono eristiani! (Was wollen Sie, es ſind ja keine Chriſten.) Um von dieſer kleinen Abſchweifung wieder auf mein Thema zurückzukommen, ſo glaube ich, daß im großen und ganzen die kleineren Vögel als wirkliches Volks— nahrungsmittel kaum gelten können. Meiſt werden ſie wohl von den Wirthen und Hotelbeſitzern gekauft und, wie bei uns, als Leckerei gegeſſen, beſonders von den Fremden. Ich erinnere mich, daß dies in der „Monatsſchrift“ ſchon einmal aus— geſprochen und dazu der wohl kaum ernſtlich gemeinte Vorſchlag gemacht wurde, die Fremden möchten doch auf dieſe Leckerei verzichten — was ich für meine Perſon ſtets ſtreng durchgeführt habe —, dann würde der Vogelfang für die Küche von ſelbſt aufhören.“) Eine viel wichtigere Rolle als Volksnahrungsmittel, ungleich wichtiger ſicher— lich als bei uns, ſpielt dagegen das Hausgeflügel. Welche Mengen von Trut— hühnern, Hühnern und Tauben werden auf den Märkten und in den zahlreichen Geflügelhandlungen der Städte zum Verkaufe gebracht! Eigenthümlich berührt es, wenn man ſieht, wie bei den Geflügelhändlern häufig zahme Tauben ſich herum— ) Der Wachtelfang müßte allerdings in einem beſonderen Capitel abgehandelt werden. Ich kann indeſſen hier nicht darauf eingehen und verweiſe auf den höchſt intereſſanten Aufſatz von J. A. Link „Zur Wachtelfrage“ in unſrer „Monatsſchrift“ Jahrgang 1887 S. 410 ff. 9 8 92 7 Junghans, treiben, die der tägliche Anblick des Schlachtens von ſo vielen ihrer Schweſtemn, ii das ganz offen vor den Augen des Publicums geſchieht, offenbar nicht ſtört. Und derſelbe Mann, der täglich Dutzende von Tauben und Hühnern in recht roher Weiſe tödtete, gerieth außer ſich und ſchalt mich grauſam und hartherzig, als ich einen ſeiner zahmen Lieblinge, eine ſchöne ſchneeweiße Taube, etwas unſanft zurückſcheuchte, da ſie Miene machte ſich auf meinem Kopfe niederzulaſſen. Dieſelbe Taube hatte, nebenbei bemerkt, die Gewohnheit, das ſchon dick gewordene Blut der geſchlachteten gierig von der Erde aufzupicken und war davon, wie ihr Beſitzer mit Wohlgefallen bemerkte, beſonders „grassa“ (fett) geworden. Recht zahlreich iſt auch der Markt meiſt mit allerlei Arten größeren Vogelwildes (Hühnern, Waſſer- und Sumpfvögeln) beſchickt. Perdix saxatilis, auch Starna cinerea, dann Vanellus eristatus, mancherlei Totaniden und Tringiden u. ſ. w. waren, wenn auch faſt nie in größerer Anzahl, während des ganzen Winters in Rom zu finden. Sehr zahlreich Wildenten, am meiſten boschas, zuweilen Ardea einerea, aber auch Raubvögel, Buteo vul- garis beſonders — auch zum Eſſen! Selbſtverſtändlich waren die letzteren wohl meiſt mit der Flinte erlegt, die Jagdbeute eines der zahlloſen — man verzeihe den Ausdruck — Schieß-jäger. Ja, zahllos iſt ihr Heer, aber wenn auch, wie ich oben bemerkte, mir manchmal der Genuß der ganz eigenthümliche Schönheiten bietenden Natur der römischen Campagna durch ſie verbittert wurde, im Ganzen machte die mit Pulver und Blei betriebene Vogeljagd der Römer doch einen mehr harmloſen Eindruck auf mich. Mehrfach habe ich ſtattliche Jagdgeſellſchaften ausziehen ſehen, einmal in mehr modern-eleganten, das andere mal in mehr wild-maleriſchen, immer aber die Eitelkeit des Trägers verrathenden Jagdkoſtümen, — und wie kläglich waren die Ergebniſſe des ſtundenlangen Darauflosknallens! Der Markt-Berfauf lebender Vögel zum Halten in Käfigen beſchränkte ſich in Rom meist auf den dort jo außerordentlich häufigen Stieglitz, den Grünling, (Ligurin. ehloris) und den Buchfinken. Zuweilen fand ich einige Hänflinge, Girlitze oder Lerchen, auch einmal mehrere Steinſperlinge. N Außerdem wurde in Rom neben dem auch dort allbeliebten Kanarienvogel vielfach die Amſel gehalten; auch kannte ich eine Kalanderlerche, die mit ihrem 4 lauten Geſange die ganze ſtille Via della Purificazione ergötzte, und mehrere recht gut ſchlagende Nachtigallen. In Florenz habe ich viele Nachtigallen als Käfigvögel gefunden, auch mehrfach ſolche auf dem Markte zum Verkaufe angetroffen. Ob in Venedig die Nachtigall noch ſo beliebt iſt, wie es Georges Sand in ihren Lettres d'un voyageur ſchildert (vgl. Dr. C. Bolle in Cabanis Jonrnal 1858 S. 462) habe ich nicht feſtſtellen können, da mir trotz vielmonatlichen Aufenthaltes in Aae leider nie die Gelegenheit wurde dorthin zu kommen. — | Uebrigens habe ich die eivetta, unſer Käuzchen (Athene Noctua), 1 . Be - 2 ” Ornithologiſche Erinnerungen aus Italien. 93 bare Mitſchuldige italieniſcher Vogel⸗Mordluſt“, wie Bolle in einem ſeiner unver— gleichlichen italieniſchen Reiſebriefe (a. a. O.) es bezeichnet, und von dem er ſagt, er habe es „unwandelbar“ bei jedem Vogelverkaufsſtande auf ſeiner aufrechten, oben mit einem Polſterchen als Sitz verſehenen Stange thronen ſehen (nicht zum Ver— kaufe NB.), nirgends gefunden, wohl aber einmal zufällig Gelegenheit gehabt vor den Thoren Roms einem Fange vermittelſt desſelben beizuwohnen, worauf ich noch zurückzukommen gedenke. — Als Futter für die Inſekten freſſenden Vögel wurde nach meinen Erfahrungen noch wie zu Bolles Zeiten feingemahlenes Maismehl verwandt, meiſt noch mit einem Zuſatze pulveriſierter gedörrter Seidenraupenpuppen, ein eben ſo einfaches als von den Vögeln gern genommenes Gemiſch. Aus meinem Cagebuche. Troglodytes parvulus. Ich ſchlenderte heute, an einem recht trüben Herbſttage, zwecklos in den Straßen umher; wars der graue Himmel — ſo grau und trübe, wie er ſich nur je über der deutſchen Heimathsſtadt ausgeſpannt hat —, der auf die Stimmung wirkte, wars das Gefühl der Vereinſamung, das einen in der Fremde gerade am leichteſten im Menſchengewühle der Großſtadt überfallen kann, — es war mir recht traurig ums Herz. Da plötzlich höre ich, dicht an der Fontana Trevi, jenem herrlichen Brunnen, deſſen Waſſer jeder Fremde vor dem Abſchiede von Rom noch zu trinken pflegt, da's ihn dann, ſo lautet die Sage, unwiderſtehlich noch einmal im Leben zurücktreibt nach der ewigen Stadt, durch das Rauſchen des Waſſers, — durch den betäubenden Straßenlärm hindurch, eine wohlbekannte, helle Vogelſtimme. Es iſt ein Zaunkönig. Erſtaunt blicke ich mich nach dem Sänger um und entdecke ihn endlich: er ſitzt auf einem der ſteinernen Waſſerbecken der Fontana und ſchlüpft dann zwiſchen den Steinen umher, über die das Waſſer herabbrauſt. Sein lieblicher Sang aber war mir wie ein Gruß aus der Heimath, wie eine fröhliche Mahnung: Hinweg mit den trüben Grillen! — (Später.) Ich entdecke immer mehr Zaunkönige in Rom. So ſchnurrte heute einer vor mir quer über den Corſo (Roms Hauptſtraße), dicht über den Köpfen der zahlreichen Straßengänger, und verſchwand zwiſchen zwei Häuſern. Man begriffe kaum, wie ſie ſich ernährten, ſo mitten in der ungeheueren Stadt, wenn man nicht wüßte, daß die hohen Mauern, die inneren Höfe häufig herrliche kleine Gärten bergen, die, dem Auge unſichtbar, ſich durch den ihnen entſtrömenden, im Frühjahre förmlich berauſchenden Orangenduft verrathen. Jeden Morgen höre ich einen Zaunkönig ſingen von den Fenſtern meiner Wohnung in der Via della Frezza aus, einer engen Straße mit meiſt hohen Häuſern. — Kurz er iſt eins der häufigſten Glieder der Intramuralornis von Rom. fü 94 K. Junghans, Morgens in der herrlichen Kirche S. Maria Maggiore. In einer Seiten- 8 niſche betrachte ich ein Bild, da höre ich ein Geräuſch ganz in der Nähe und ſehe gerade, wie zu einem Fenſter herein durch eine fehlende kleine Scheibe ein Zaun⸗ könig ſchlüpft, jo vertraut, als wäre ihm der Weg längſt bekannt. Mit geſtelztem Schwänzchen ſchwingt er ſich auf die Schultern einer Heiligenſtatue, und während die Stimme eines die Meſſe celebrierenden Prieſters aus der Tiefe der Kirche feier- lich herüberſchallt, ſchmettert er ſeinen hellen Sang dazwiſchen. Doch der kleine Sänger iſt nicht von mir allein geſehen worden: eine der großen Katzen, deren gar manche in den italieniſchen Kirchen als gern geſehene Beſchützer vor allerhand Un⸗ geziefer ihr lautloſes Weſen treibt, hat ihn auch bemerkt. Leuchtenden Auges, zum Sprunge bereit ſitzt ſie da, und wohl nur mein raſches Dazwiſchentreten verhütete es, daß der fröhliche kleine Geſelle unter ihren Klauen ſein Leben aushauchte. Der erſchreckte Vogel aber gewinnt ſicher den Ausgang und zeigt ſo, daß er in der That den Weg wohl ſchon oft gemacht hat. Phyllopneuste Meisneri. Neapel, im botanischen Garten, Via Cavour. Trotz der frühen Jahreszeit (Anfang Februar) ſingen ſchon zahlreiche Vögel; doch höre ich nichts, was mich beſonders feſſelte, meiſt Finken, Stieglitze, Girlitze. Da auf einmal läßt ein Fitis (Phyllopn. trochilus) ſeine hübſche, wehmüthige Strophe ertönen, doch was iſt das? unmittelbar danach ſchallt das tilm-telm des Weidenzeiſigs (Phyllopn. rufa) 3— 4 mal, und ich ſehe doch nur einen Vogel, der dicht vor mir durch die Büſche ſchlüpft. Jetzt zeigt er ſich ziemlich frei auf einem hervorragenden Aeſtchen und läßt wieder ſeinen Geſang hören: ja, es iſt kein Zweifel, aus ſeinem Schnabel erklingen, glocken⸗ hell und klar, beide Weiſen, die von trochilus und rufa. — Der Vogel war mir damals ein Räthſel; ich konnte nur annehmen, daß er in einem Neſte groß ge- worden ſei, das ganz in der Nähe einer Brutſtätte der anderen Art geſtanden hatte, daß er ſo beide Geſänge gehört und — ein ſeltner Ausnahmefall — gelernt hatte. Später erſt erfuhr ich, daß ſchon Ficedula sylvestris Meisneri (Meisners Laubvogel) als ſelbſtändige Art vorhanden war, für deren Aufſtellung den Haupt⸗ grund der oben von mir beſchriebene Geſang abgegeben hatte, denn Neſt und Eier des Vogels, die nach Päßler ein Kennzeichen ſeiner Artſelbſtändigkeit bilden, waren damals noch nicht bekannt. Päßler erklärt Naum. 1851, Heft 3 S. 56 und Cab. Journ. IV 1856 S. 35 ff., daß er in Betragen und Ausſehen durchaus keinen Unter⸗ ſchied zwiſchen Phyllopn. (Sylvia, Ficedula) Meisneri und trochilus habe finden können, während allerdings das Neſt dem von sibilatrix gleiche, die Eier zwar ebenſo gefärbt ſeien wie die von trochilus, aber größer und anders gezeichnet, und in Cab. Journ. XIII S. 38 jagt er: Ich halte die Art feſt ... Ich will kein allzu a * Ornithologiſche Erinnerungen aus Italien. 95 großes Gewicht legen auf den Geſang .. ich will auch zugeſtehen, daß Phyllopn. trochilus zuweilen ſehr ähnliche Eier gebe; aber das Neſt iſt himmelweit verſchie— den; es baut überhaupt kein europäiſcher Vogel ein nur entfernt ähnliches Neſt ... Dr. R. Blaſius denkt an eine Baſtardform zwiſchen Phyllopneuste trochil. und rufa. (Vgl. auch Friderich, Naturgeſchichte ꝛc. 4. Aufl. Heft 2 S. 73). Ich hörte übrigens damals in einer Straße Neapels noch einen Vogelſang, der mir ganz fremd klang, ſo daß ich in das betr. Haus ging und um Erlaubniß bat, den Vogel genau beſichtigen zu dürfen, die mir auch freundlichſt gewährt wurde. Und wer war der Sänger? Unſer gemeiner Grünling (Ligurin. chloris); es war, nach Ausſage des Beſitzers ein auf dem Markte gekaufter Wildfang (wer hätte ſich auch in Neapel die Mühe gemacht, einen ſo gemeinen Vogel groß zu ziehen!). Seine ganze Art zu fingen, die Klangfarbe der Stimme, der Rhythmus des Ton- ſtückes waren ſo durchaus von dem mir ſehr vertrauten Liede des Grünlings ver— ſchieden, daß ich den Vogel nimmermehr erkannt haben würde. Es mag doch wohl häufig Individuen geben, die in ihrem Geſange von dem Gepräge der Art erheb— lich abweichen. So berichtet Gloger einmal über einen Finkenſchlag, den er durch— aus nicht als ſolchen erkannt habe, und zieht daraus Folgerungen, wie mißlich es ſei, bei Begründung der Verſchiedenheit der Art zu viel Gewicht auf den Geſang zu legen, wie dies z. B. bei obiger Phyllopneuste Meisneri und von Schilling— Hornſchuh bei Aufſtellung der (längſt wieder fallen gelaſſenen) Museicapa minuta geſchehen iſt, während umgekehrt Wodzicki in das Gegentheil verfällt, wenn er einen Unterſchied der Art bei Acrocephalus palustr. und arundinae. leugnet. Sylvia subalpina. Rom; bei ſchönem Frühlingswetter Spaziergang zur Porta Angelica hinaus nach Villa Manzi. An einer ganz einſamen Stelle der Straße, wo längs der hohen Mauer des Parks der Villa niedriges Geſträuch wuchert, ſehe ich 2 Männer hinter einem Steinhaufen verborgen auf der Erde kauern. Als ich mich nähere, winken ſie mir energiſch mit der Hand, ſtehen zu bleiben, und ich bemerke jetzt erſt, daß über das Geſträuch eine Stange mit Querholz hervorragt, auf welcher ange— feſſelt ein Käuzchen ſitzt. Einer der beiden Fänger bringt mit einem kleinen Pfeif— chen piepende Locktöne hervor. Da taucht ein kleiner Vogel aus dem Gebüſche auf und fliegt auf ein hervorſtehendes Aeſtchen — eine Leimruthe! Im ſelben Augen— blicke ſpringt auch ſchon einer der Männer hinzu und greift den an der Ruthe feſt— hängenden Vogel. Ich trete raſch näher, aber der Mann hat den Vogel ſchon in der Hand todtgedrückt mit den Worten: Che il è grasso! (Was er fett iſt!) — Es war, ſo viel ich bei flüchtiger Betrachtung ſehen konnte, ein zartgraues Vögel— chen mit röthlicher Kehle und auffallenden Augen. Ich konnte nicht umhin meinen DE n * N * * 8 96 K. Junghans, Unwillen auszudrücken, was die beiden Männer veranlaßte ihre Fangapparate zu⸗ ſammenzupacken und abzuziehen. Die Leimruthen ſteckten jede in einem elwa meter⸗ N langen, ſtarken Stücke Schilfrohr (Arundo donax), das am unteren Ende mit einer Art Zwinge mit eiſernem Stachel verſehen war. Beim Aufſtellen wird das Rohr ſchräg in die Erde geſtoßen und dann die Ruthe oben ſoweit herausgezogen, daß ſie etwa ½ m lang ſchräg hervorſteht. Das betr. Vögelchen war mir damals un⸗ bekannt, doch ſtellte ich kurz darauf durch Vergleichung mit einem ausgeſtopften Exemplare unzweifelhaft feſt, daß es Sylvia subalpina war. Tichodroma muraria. Rom, Mitte Februar. Morgens in der Peterskirche. — Nachdem ich mit einem Freunde die großen Moſaiken der inneren Kuppel einer genauen Beſichtigung unterzogen hatte, gingen wir zu einer linken Seitenthüre hinaus in die große Sakriſtei und kamen ſchließlich durch ein wahres Gewirr von Gängen und Treppen an der hinteren Seite der Kirche heraus. Da ſah ich plötzlich, als ich an dem Rieſengebäude emporblickte, hoch oben an der Wand der Kirche einen Vogel. Raſch ließ ich mir von meinem Freunde das Opernglas geben und erkannte zu meiner größten Freude, daß es Tichodroma muraria war, ein Mauerläufer, der wohl aus den nahen Volskerbergen ſich hierher verflogen hatte. Ganz deutlich ſah ich die rothen Flügel, den grauen Kopf, Hals und Rücken, den langen Schnabel. Der Vogel kletterte geſchickt an dem rauhen Travertingeſtein der Mauern hinauf, ſchwang ſich dann auf ein Geſims, um ſich flatternd wieder ein Stück hinabzulaſſen und von neuem hinaufzuklettern. Dies wiederholte er mehrere male, und ſchon mahnte der Freund zum Weitergehen, als der Vogel mit ſchwankendem Fluge um die Kirche herumbiegend meinen Blicken entſchwand. — Ich möchte gleich hier hinzufügen, daß ich ſpäter, im Juli desſelben Jahres, in Pontreſina im Oberengadin Gelegenheit hatte, den Vogel nochmals zu beobachten. Ich wohnte dort im Hotel Saratz, und Herr Saratz sen., ein tüchtiger Ornitholog und Kenner der Fauna ſeiner Heimath | — er war auch im Beſitze einer ſchönen Sammlung ausgeſtopfter Alpenvögel — machte mich, ſobald er mein Intereſſe für die Vogelwelt erkannt hatte, auf alles Merkwürdige aufmerkſam. So habe ich Linaria rufescens, welche dort brütet, mehrfach zwiſchen Pontreſina und St. Moritz beobachtet, ebendaſelbſt, im Val da Fain, Nucifraga caryocatactes, der die Zapfen von Pinus cembra (Zirbelkiefer), bearbeitete, u. a. m. Auch will ich nicht unerwähnt laſſen, daß ich durch die Freund⸗ lichkeit des Herrn S., der mich eines Morgens in aller Frühe eigens wecken ließ, im Roſeggthale einige Gemſen durch das Fernrohr lange und genau beobachten konnte, ein Glück, das nicht vielen Schweizerreiſenden zu Theil wird. — So hatte mir Herr S. auch geſagt, daß ich Tichodr. murar. ganz in der Nähe von Pon⸗ et ET u EINEN APR Te | Ornithologiſche Erinnerungen aus Italien. 97 treſina in der ſog. „Schlucht“ würde ſehen können. In dieſer Schlucht, einem ganz engen Thale mit fast ſenkrechten Felswänden, durch das der Morteratſchbach brauſt, bemerkte ich denn auch gleich bei meinem erſten Beſuche den Vogel. Langſam ſchwebte er mit ausgebreiteten Flügeln, an denen das Roth prachtvoll leuchtete, von einer Felswand zur anderen. Bald entdeckte ich auch einen zweiten, der ruckweiſe, die Flügel jedesmal auf und zu ſchnellend, an den Felſen umherkletterte. Oefters noch erfreute ich mich an dem Anblicke der ſchönen Thiere. Monticola eyanea. Rom, Anfang Mai. Vormittags in den Gärten des Palatin bei herrlichſtem Wetter. — Ueppige Vegetation, das Gras hoch und in voller Blüthe, unzählige Roſen. Als ich auf der Höhe des Hügels ſtand und nach der Stadt zu blickte, bemerkte ich einen Vogel auf das Fenſtergeſims einer gegenüberliegenden kleinen Kirche fliegen, wo er in hoch aufgerichteter Stellung einige Strophen hören ließ. Die Stimme war flötend und lieblich. Der Geſang ähnelte ſehr dem der Rutieilla phoenieura, erinnerte aber auch an das abnehmende, melancholiſche Liedchen des Fitis. Die einfache Weiſe wurde mehrmals wiederholt, dann flog der Vogel in - ſchwebendem Fluge fort und ließ ſich in meiner Nähe nieder, wo er amſelartig umherhüpfte. Jetzte erkannte ich deutlich, daß ich die Blaudroſſel, Monticola eyanea vor mir hatte. Der ganze Oberkörper des Vogels war herrlich blau ſchil— lernd. — Einige Tage ſpäter hörte ich Morgens 5 Uhr von meiner Wohnung, Via della Frezza, aus einen Geſang, der dem eben beſchriebenen ähnlich, aber doch viel mannigfaltiger war, mich bald an Rutieilla phoenicura, bald an Merula vulgaris, auch wieder an Sylvia hortensis erinnerte; auch lerchenartige Töne wur— den eingemiſcht. Ich entdeckte nach einigem Suchen den Sänger; es war Monticola eyanea. Sie ſaß auf dem flachen Dache eines hohen Hauſes der nahen Via Ri— petta. Plötzlich erhob ſie ſich in die Luft, ſchoß einige Meter ſchräg nach oben und kehrte dann in raſcher Wendung auf ihren Sitz zurück, um ruhig weiter zu ſingen. Wahrſcheinlich hatte ſie ein vorüberfliegendes Inſekt erhaſcht. Jetzt lief ſie ruckartig auf der Mauer hin, verſchwand hinter einem Schornſtein, kam wieder zum Vor— ſchein und entfernte ſich endlich in raſchem, ſtaarähnlichem Fluge. — Den Juni verbrachte ich an den Ufern des Comerſees, in der herrlichen Villa d'Eſte in Cer— nobbio nahe bei Como. Dort iſt die Blaudroſſel unter dem Namen il passere solitario bekannt und beliebt. Einer der barcaruöli (Schiffer) hatte eine aufge— zogene, wunderbar zahme, die auf Commando ſang und mit geſpreiztem Schwanze ſich um ſich ſelbſt drehend tanzte. — Ich hörte und ſah mehrere an den Abhängen der Berge, ſo beſonders bei der kleinen Kirche San Martino über dem nördlich von Cernobbia gelegenen Dorfe Cadenabbia. 8 98 K. Junghans, Ornithologiſche Erinnerungen aus Italien. Luseinia minor. Möge es mir geftattet fein, zu den oben gemachten Bemerkungen über die Nachtigall als Käfigvogel noch einige über dieſelbe als italieniſchen Brutvogel hinzuzufügen. In Rom war ſie, ſelbſt nach hieſigem Maaßſtabe, nicht beſonders häufig. Deſto zahlreicher aber hörte ich ſie in den nahen Albanerbergen. Unver⸗ geßlich iſt mir ein in Genzano an den Ufern des Nemiſees verbrachter Abend. Ich hatte nach dem Abendeſſen noch einmal die lärmende Geſellſchaft in der Locanda verlaſſen und ſaß auf einem Baumſtamm an dem hohen Rande des Sees, der tief unten im Mondſchein glänzte. Gerade gegenüber ragte hoch der alte, im hellen Licht des Mondes faſt weiß erſcheinende Thurm von Nemi empor. Tiefſte Stille ringsum. Da plötzlich ſchallt aus dem Gebüſch in langgezogenen Tönen der klagende Geſang einer Nachtigall, und faſt gleichzeitig fallen ringsumher un⸗ zählige ein. Der ganze runde Thalkeſſel des Sees war wie durch Zauberſchlag er- füllt vom herrlichſten Geſang. Lange lauſchte ich, bis endlich die fühlbare Kühle mich zurücktrieb in die Stadt; aber im Geräuſch und Gelächter der fröhlichen Ge- ſellſchaft klang mir der eben gehörte Schlag noch lange im Ohre. — In Florenz, in Perugia an den Ufern des traſimeniſchen Sees, in Bologna, in Mailand, aller- orts zahlreiche Nachtigallen. So auch am Comerſee. In den Gärten und Parks der Villen erklang überall der gleiche, herrliche Schlag. Hier noch einige genauere Angaben aus meinem Tagebuche: Villa d'Eſte. In dem ſchönen Berggarten hinter dem Haufe 6—8 Nachtigallen. Doch hören fie bald auf zu fingen, da die Sungen gefüttert werden müſſen. 2 Neſter werden leider ausgenommen. Eins derſelben hatte einen höchſt merkwürdigen Platz. In der Mitte eines kleinen Bosquets ſtangd ganz frei ein etwa ½ m hoher und 15 em im Durchſchnitt haltender, oben glatt abgeſägter Baumſtumpf. Das ringsumſtehende Gebüſch war kaum höher als der Baumſtumpf ſelbſt und durchaus nicht dicht. Oben auf der glatten Fläche des Stumpfes ſtand nun das Neſt; es hatte ziemlich genau denſelben Umfang wie der Baumſtamm und das Material der Außenwände, trocknes Laubwerk, glich ganz der Rinde des Baumes, ſo daß das Neſt für eine Fortſetzung desſelben gelten konnte. Einer der Hotelkellner, ein Vogelfreund, hatte es zufällig entdeckt und zeigte es mir. Er nahm natürlich auch die Jungen und brachte ſie auch, bis zu meiner Abreiſe wenigſtens, glücklich durch. 2 Ende Juni. Ausflug nach Bellagio. Im Garten der Villa Serbelloni wimmelt es von Nachtigallen, nach Ausſage eines vogelkundigen Amerikaners, der ſchon längere Zeit daſelbſt wohnt. Ich bin Zeuge eines heftigen Kampfes zwiſchen Lanius collurio und Luscinia minor, in welchem letztere ſiegt. Sonſt nur Amſeln, Buchfinken und Schwarzplättchen im Garten bemerkt und einige wenige Sins a (domestic. ) 4 U 7 Koepert, Das Märchen von den überwinternden Schwalben. 99 Das Märchen von den überwinternden Schwalben. Ein Beitrag zur „Schwalbenfrage“ von Dr. Koepert. Von Zeit zu Zeit taucht in den Tagesblättern, ja auch wohl in ornithologiſchen Zeitſchriften (z. B. Monatsſchrift, 1887, Nr. 4) die Nachricht auf, daß man da oder dort im „Winter“ erſtarrte Schwalben in hohlen Bäumen oder an ſonſt geſchützten Stellen, ja ſogar im Schlamm der Gewäſſer gefunden habe, die dort ihren Winter— ſchlaf halten ſollten, und es gab, bez. giebt wohl auch heute noch Leute, bei denen es als ausgemachte Sache gilt, daß die Schwalben uns im Herbſt nicht verlaſſen, ſondern bei uns auf die oben erwähnte Weiſe überwintern. In ergötzlicher Weiſe ſchildert uns auch Marſhall in ſeinen „Spaziergängen eines Naturforſchers“ eingangs der erſten Schilderung in dem alten Bureaudiener Rückert einen typiſchen Vertreter dieſes früher allgemein verbreiteten Volksglaubens. Wenn ich nun nochmals auf die oben erwähnte, bezügliche Notiz in unſerer Monatsſchrift, die von Herrn Paſtor Richter (Jänkendorf) herrührt, näher eingehe, ſo geſchieht dies nicht in der Abſicht, den ausgezeichneten Erklärungen des Herrn Hofrath Liebe und Herrn Ad. Walter (Mtsſchr. 1887, S. 199 ff.) hinſichtlich der im Winter in einer hohlen Linde aufgefundenen 72 erſtarrten Rauchſchwalben noch eine neue hinzuzufügen, ſondern lediglich, um auf einige Unſicherheiten hinzuweiſen, die mir in dem Richter'ſchen Bericht enthalten zu ſein ſcheinen. Erſtens iſt mir die Zeitangabe „im Winter“ zu allgemein, zumal die Nachricht von einem biederen Arbeiter herſtammt, der es mit der Zeitbezeichnung nicht ſo genau nimmt, und da dieſer in vorliegendem Falle ein Geſchehniß erzählt, das ſich vor 8 Jahren ereignet hat. Es konnte vielleicht das Ereigniß ſchon in einem Herbſte, der durch ſeine Kälte dem Erzähler als „Winter“ in der Erinnerung iſt, geſchehen ſein. Zum anderen iſt es wunderbar, daß der herbeigerufene Revierförſter nicht wenigſtens einige Schwalben mitgenommen hat, um Wiederbelebungsverſuche anzuſtellen; denn falls es wirklich Winter geweſen wäre und die Belebungsverſuche von Erfolg gekrönt geweſen wären, erſt dann würde der Beweis einer Ueberwinterung erbracht ſein. Beide Bedingungen aber ſind nicht erfüllt. Ein anderer ähnlicher Fall, der kürzlich in einer ſüddeutſchen Zeitung geſtanden hat, betrifft die Ueberwinterung der Schwalben im Neſte, aus deren Zirpen man auf eine Ueberwinterung geſchloſſen hat. Wie mir Herr Hofrath Liebe mittheilt, glaubt derſelbe, daß es ſich um Fledermäuſe handelt, die, im Schwalbenneſte über— winternd, bei leidlicher Temperatur erwacht ſind und ſich geregt haben. In den meiſten Fällen handelt es ſich um Schwalben, die ſich vor ihrem nahen Erſchöpfungstode verkrochen haben und noch vor ihrem Ende rechtzeitig ge— funden worden ſind. Es könnte ſich ein ſolches Vorkommniß ſogar in vorgeſchrittener 8* 100 | Koepert, Jahreszeit ereignen, da nach einer von Gräßner (Monatsſchrilt 1887, S. 421.) ve Münchener neueſten Nachrichten entnommenen Notiz ſich ſogar Mitte November bei : Roſenheim in Baiern ein Schwalbenpaar gezeigt hat, das dort übernachtete und auch noch am andern Vormittag beobachtet worden iſt. Das betr. Paar könnte ſein Daſein recht gut bis in dieſe ſpäte Jahreszeit in einem warmen Kuhſtalle, der ja genug Fliegen zur Nahrung enthält, gefriſtet und dann den ſchützenden Stall verlaſſen haben. Würde man aber wirklich im ſtrengen Winter, vielleicht Dezember oder Januar, in Baumhöhlen ꝛc. Schwalben finden, die man an derſelben Stelle ſchon längere Zeit beobachtet hätte, und die dann, in die Wärme gebracht, Lebenszeichen von ſich gäben, ſo würde dann erſt der Beweis eines Ueberwinterns geliefert ſein, analog der Kälteſtarre, die ja bei manchen Säugethieren (Fledermaus, Igel, Murmelthier, Hamſter ꝛc.) eintritt und als Winterſchlaf bezeichnet wird. Es iſt aber bis jetzt kein beglaubigter Fall bekannt, daß ein Vogel einen Winterſchlaf hält und es iſt auch nicht gut denkbar, daß die Vögel mit ihrer hohen Eigenwärme (39,4 — 43,90 C.) und ihrem raſchen Stoffwechſel eine ſo große Herabſetzung der Temperatur ohne Schaden ertragen ſollten. Auch wäre es ſonderbar, wenn nur einzelne Individuen einer Art in Kälteſtarre verfielen, andere aber nach Süden zögen. Durch die Richter'ſche Notiz und die darauf folgende Walter'ſche Abtei angeregt, fühlt ſich nun Verf. dſs. bewogen, einen kleinen Aufſatz folgen zu laſſen, den er beim Durchblättern alter Jahrgänge der in Altenburg erſcheinenden „Mit⸗ theilungen aus dem Oſterlande“ fand und der, von einem längſt verſtorbenen Mit⸗ gliede der hieſigen Naturforſchenden Geſellſchaft, dem Privatlehrer Schlenzig, herrührend, beweiſt, daß man damals (1836) ſelbſt in fachmänniſchen Kreiſen ein Ueberwintern der Schwalben für erwieſen hielt. Ich laſſe den Schlenzig'ſchen Aufſatz wörtlich folgen und werde dann die aufgeführten Fälle kritiſch zu beleuchten ſuchen. „Daß die Uferſchwalbe (Hirundo riparia Linn.) den Winter bei uns in Schlamm und Moräſten in Erſtarrung zubringt, iſt eine durch viele glaubwürdige Erzählungen ſo bezeugte Thatſache, daß auch die aufgeklärteſten Naturforſcher ſie kaum noch zu bezweifeln wagen. Cuvier, um nur einen der tüchtigſten zu nennen, jagt von ihr“): „Es ſcheint ausgemacht, daß ſie im Winter erſtarrt und dieſe Jahres⸗ zeit auf dem Boden der Moräſte zubringt“; und in Froriep's Neuen Notizen, Jahrgang 1838 find einige Fälle erzählt, die allen Glauben verdienen, weil fie von Naturforſchern als Augenzeugen beglaubigt ſind. Allein, iſt auch dieſes Factum an ſich wohl richtig, ſo findet ſich doch dabei des Schwankenden und Unerklärten noch genug. Noch wiſſen wir nicht genau, ob alle Uferſchwalben, oder ob nur einige derſelben, vielleicht kranke und ſchwache, überwintern; noch wiſſen wir nicht, ob die 5 ) Ueberſetzung von Voigt, Bd. I. S. 539. we 4 9 > 4 Das Märchen von den überwinternden Schwalben. 101 unter dem Waſſer herausgefiſchten im Frühjahr von ſelbſt wieder aus ihm heraus— gekommen und zu neuem Leben erwacht ſein würden; noch wiſſen wir nicht, wie ein durch Lungen athmender Vogel eine ſo lange Zeit, wenn auch meiſt in einem Zuſtande der Erſtarrung, lebend ausdauern ſoll; und die Zootomen haben, ſoviel mir bekannt iſt, noch keine Aufſchlüſſe darüber gegeben, ſo höchſt wünſchenswerth auch gerade ſie ſein möchten. Wir müſſen alſo dieſen Gegenſtand noch immer als ein naturgeſchichtliches Problem betrachten, zu deſſen Aufklärung alle Data ſorg— fältig zu ſammeln ſind, und darum mögen folgende Nachrichten hier eine Stelle finden.“ „Zwei junge Leute aus der Gegend von Wittenberg, deren Väter — einer von ihnen iſt ein Fiſcher — an der Elbe wohnen, erzählen Folgendes: „Mein Vater iſt auch ein Liebhaber von Naturalien und muß manchmal etwas an die Herren Berliner Naturforſcher abliefern. Der hat uns oft gezeigt, wie die Schwalben klumpenweis den Winter in Erſtarrung zubringen. Bei uns hat die Elbe ſteile Sandſteinufer, und dort niſten ſie häufig in ſelbſt gegrabenen Löchern. Dieſe Löcher ſind oft 1½ Fuß tief. Wenn aber der Vater Schwalben hervorlangte, ſo mußte er oft drei Ellen unter das hohle Ufer kriechen. Wenn wir die Schwalben geſehen hatten, warf er ſie wieder in die Löcher unter das Ufer.“ — Es iſt wohl kein Zweifel, daß dies die Uferſchwalbe war.“ „Das folgende Beiſpiel iſt zwar ebenſo ſicher, läßt jedoch über die Art in Ungewißheit. Als vor einiger Zeit ein Mitglied der hieſigen Naturforſchenden Geſell— ſchaft die eben erwähnten Fälle von Ueberwinterung der Schwalben aus Frorieps Notizen mehreren Anweſenden mittheilte, ſagte ein Herr aus Bremen: „Es freut mich doch außerordentlich, daß dieſe Sache nicht bezweifelt wird. Ich würde auch jeden Zweifel durch meine Erfahrung widerlegen können; denn ich habe es ja mit eigenen Augen geſehen. Ich ſtand als junger Menſch einſt im März bei einem Gerber in Bremen, welcher aus der Grube die Lohe warf. Auf einmal kam etwas Schwarzes mit heraus. Ich unterſuchte es und fand, daß es eine Schwalbe war. Ich trug ſie in die Stube des Gerbers; aber es dauerte über zwei Stunden, ehe das erſtarrte Thierchen trocken wurde. Endlich gab die Schwalbe Lebenszeichen von ſich, und flog nach etwa einer Stunde in der Stube umher. O, die Freude, die ich da empfand, vergeſſe ich nie wieder!“ Welche Schwalbenart es geweſen, wußte dieſer Herr nicht anzugeben.“ „Hierauf erzählte ein achtbarer anweſender Bürger aus Altenburg einen andern Fall, der um ſo wichtiger iſt, als er das Ueberwintern einer Schwalbengattung vindicirt, von der es meines Wiſſens noch nie behauptet worden iſt.“ „In meinen Jugendjahren“, — dies ſind ſeine Worte, — „ging ich oft zur Winterszeit auf den Nicolaithurm, um einen Kameraden, Namens Barth, — jo 102 Koepert, Das Märchen von den überwinternden Schwalben. viel ich weiß, iſt er jetzt Muſikus in Deſſau, — zu beſuchen. Mit dieſem ſtieg ich im Thurm herum, und nahm dies und jenes vor, was nun eben junge Leute zu thun pflegen. Wir hoben unter Anderem auch einen Stein in die Höhe, und fanden zu unſerer Verwunderung vier oder fünf erſtarrte Schwalben darunter. Eine davon nahmen wir mit in die Stube. Nach einiger Zeit wurde das Thierchen lebendig und flog in der Stube herum. Da wir aber nicht wußten, womit wir ſie füttern ſollten, ſo thaten wir ſie wieder unter den Stein zu den andern Schwalben. Im Mai, wo die Schwalben wieder da waren, ſagte ich zu meinem Kameraden: „Wir wollen doch einmal nachſehen, ob die Schwalben noch unter dem Steine liegen!“ Wir hoben den Stein auf, fanden aber weiter nichts, als eine verweſte Schwalbe, und zwar die, welche wir wieder hingelegt hatten (2). Vermuthlich war die zweite Erſtarrung Urſache zu ihrem Tode geweſen. Die andern Schwalben waren fort.“ „Er verſicherte, daß es die gewöhnliche Thurmſchwalbe (Cypselus apus) geweſen ſei, und ſeine Beſchreibung ſtimmte auch genau damit überein. Dann fügte er noch hinzu, man ſollte nur auf Thürmen da nachſehen, wo die Schwalben aus— und einflögen, und man würde jederzeit im Winter unter Steinen dieſe Schwalbe finden. Er glaube auch nicht, daß dieſe Art fortzöge, da er nie ſo glücklich geweſen ſei, den Abzug zu bemerken, wie er ihn oft bei der Hausſchwalbe geſehen habe.“ „Es wäre gar ſehr zu wünſchen, daß Perſonen, welche im Spätherbſt, Winter oder Frühjahr unter Steinen, in Gebäuden und Thürmen, im Schlamm, unter Ufern, in Viehſtällen, hohlen Baumſtällen ꝛc. zufällig auf erſtarrte Schwalben ſtoßen ſollten, dieſelben an die Naturforſchende Geſellſchaft zu Altenburg ablieferten. Nur müßten dieſe Thiere nicht erſt in die Wärme gebracht, ſondern im Zuſtande gänzlicher Er— ſtarrung abgegeben werden. Der Verein würde dann möglichſt genaue Beobachtungen anſtellen, und das Ergebniß in dieſen Blättern bekannt machen.“ Trotz dieſer Aufforderung ſcheinen doch keine erſtarrten Schwalben abgegeben worden zu ſein, da ſich in den ſpäter erſchienenen Bänden der „Mittheilungen aus dem Oſterlande“ keine weiteren Beobachtungen über dieſe ſonderbaren Ueberwinterungen von Schwalben finden. Sapienti sat! | | Im Allgemeinen iſt zu den Schlenzig'ſchen Nachrichten zu bemerken, daß er uicht ſeine eigenen Beobachtungen wiedergiebt, ſondern die „Beobachtungen“ aus dritter Hand ſtammen und nichts als Jugenderinnerungen zum Beſten gegeben ſind. Da mag ſich manches, theils mit, theis ohne Abſicht des Erzählers verändert und s Wahres mit Falſchem untermiſcht haben. Was nun den erſten Fall mit Hirundo riparia betrifft, jo vermißt man eben⸗ falls die genaue Zeitangabe, denn der Begriff „Winter“ iſt bei manchen Leuten jeher dehnbar. Die Uferſchwalben können, wie das ja Ad. Walter a. a. O. wahrſcheinlich gemacht hat, vor ihrem Abzug gemeinſchaftlich in Uferlöchern übernachtet haben und f GB plötzlicher Kälte zum Opfer gefallen ſein; die entſcheidenden Wiederbelebungsverſuche ſind, wie der Bericht erkennen läßt, nicht gemacht worden. In dem zweiten er— wähnten Falle trat eine Wiederbelebung der der Art nach nicht benannten Schwalbe ein; da als Zeit des Vorfalls der März angegeben wird, ſo könnten bei einem milden Nachwinter einige Schwalben dem Gros vorausgeeilt ſein, wie dies ja bei den Staaren ſehr üblich iſt, und bei einem plötzlichen Kälterückſchlag der Erſtarrung anheimgefallen und noch rechtzeitig aufgefunden worden ſein. Der dritte Fall betrifft die Ueberwinterung der Thurmſchwalbe und wird von dem „Beobachter“ als Jugend— erinnerung erzählt; die Angabe der Jahreszeit iſt ebenfalls unbeſtimmt. Abgeſehen davon, iſt es merkwürdig, daß die wieder ins Leben gerufene Schwalbe, als ſie wieder unter den Stein gelegt worden war, ruhig liegen geblieben ſein ſoll. Aus dem ſpäteren Verſchwinden der Schwalben braucht man noch lange nicht auf ein Davonfliegen zu ſchließen, da die Schwalben auch von Raubvögeln oder Katzen weg— geholt ſein könnten. Im übrigen ſcheint dem ganzen Zuſammenhange nach eine bewußte Dupirung der wahrſcheinlich um einen Stammtiſch verſammelten Zuhörer vorzuliegen, bei der es dem Erzähler darauf ankam, ſeinen Vorredner zu über— trumpfen. Auch der Umſtand, daß trotz der Aufforderung an die zahlreichen Leſer der Mittheilungen aus dem Oſterlande, erſtarrte Schwalben, die im Winter gefunden würden, an die Naturforſchende Geſellſchaft abzuliefern, ſolche nicht abgeliefert zu ſein ſcheinen — denn es findet ſich in den ſpäteren Bänden keine diesbez. Nachricht, — ſpricht für die Unwahrſcheinlichkeit der letzten Nachricht. H. Nehrling, Der Blauhäher. 103 Der Blauhäher. (Cyanocitta eristata Strickl. — Blue Jay.) Von H. Nehrling. | Das Leben unſerer kleinen gefiederten Garten-, Feld- und Waldbewohner iſt ein fortwährender Kampf ums Daſein. Stets ſind ſie von Gefahren umringt und ſelbſt die ſtille dunkle Nacht gewährt ihnen nicht immer Schutz vor nächtlichem Raubgeſindel. Die Zahl ihrer Feinde iſt überraſchend groß; das weiß jeder Be— obachter, welcher gewöhnt iſt, ſich in der freien Natur zu bewegen. Selbſt in den Gärten bietet ihnen der Schutz des Menſchen nicht in dem Maße Sicherheit, als es zu wünſchen wäre. Haben ſie ihre Wanderung, welche vielen durch Wind und Wetter, beſonders aber durch das neuerdings in Städten und auf Leuchtthürmen eingeführte elektriſche Licht verhängnißvoll wird, glücklich überſtanden, ſind ſie end— lich in der ihnen liebgewordenen Heimath angelangt, ſo gebärden ſie ſich allerdings ſo, als ſei nun alle Noth und Sorge überſtanden; aber ſelbſt in den bevorzugteſten Oertlichkeiten können ſie ſich nie dem Gefühle vollkommener Sicherheit hingeben. 104 H. Nehrling, Im Walde iſt faſt kein Neſt vor den flinken Eichhörnchen, vor Waſchbären und Beutelratten ſicher. Im Gebüſch und Dickicht, beſonders aber auf dem Boden zer— ſtören verſchiedene Schlangen jedes Gelege, jede Brut, welche fie finden. Das nächt- lich auf Raub ausziehende Stinkthier, das fliegende Eichhörnchen und die Eulen vernichten im Dunkeln, was die Tagräuber übrig ließen. In den Gärten zerſtören die Katzen jedes Jahr zahlloſe Bruten und fangen die alten Vögel, wo ſich ihnen Gelegenheit bietet. Die europäiſchen Sperlinge, welche man ſehr bezeichnend die „gefiederten Anarchiſten der Vogelwelt“ genannt hat, rauben den einheimiſchen Sängern jede Niſtgelegenheit und vertreiben ſie ſtets, wo ſie ſtark genug dazu ſind. In der Nähe der Ortſchaften und Städte ſind die in Rudeln umherſtreifenden, mit Flinten bewaffneten halbwüchſigen Buben der größte Schrecken unſerer Sänger. Auf jeden auffallenden Vogel, welcher ſich zeigt, wird von ihnen geſchoſſen, faſt jedes gefundene Neſt zerſtört. Auch unter dem kleinen einheimiſchen Gefieder ſelbſt findet ſich mancher heim tückiſche, mordluſtige Feind. Wie blutdürſtig der Würger unter den Mitbewohnern ſeines Niſtreviers hauſt, wie ſchädlich der in fremde Neſter legende Kuhvogel, wenigſtens indirekt, iſt, mit welchem Wohlbehagen der Bootſchwanz Eier ausſäuft und nackte Vögelchen verſchlingt, haben wir bereits geſehen. Keiner der Genannten treibt es aber ſo arg, keiner geht dabei ſo ſchlau und verſchmitzt, ſo verſchlagen und grauſam mordgierig zu Werke, wie der Blauhäher. Er iſt der Stutzer unter unſeren Vögeln, ein ſchön gekleideter Gauner, dem man auf den erſten Blick gar nicht an— ſieht, was für ein abgefeimter Böſewicht er iſt. Der Vogel iſt in der That eine der ſchönſten Erſcheinungen unſerer Wälder und Gehölze. Seine vorherrſchend glänzendblaue Färbung, welche am hellſten und ſchönſten auf den Flügeln und dem Schwanze ausgeprägt iſt, wird durch die tiefſchwarzen Querſtriche und ſchneeweißen Ränder der Schwanz und Flügelfedern noch gehoben. Das ſchwarze Band, welches am Hinterkopfe beginnt und halbmondförmig über die bläulich graue Bruſt läuft, gereicht ihm zu beſonderem Schmucke. Die bei ſeinen Streifereien faſt immer ge— ſträubt getragene Kopfhaube verleiht ihm ein ſtolzes, ſelbſtbewußtes, tapferes Aus— ſehen. Trotz ſeines verwegenen Dreinſchauens iſt es mit ſeinem Muthe aber nicht weit her. Kleinen Vögeln gegenüber weiß er ſich allerdings als Herrn aufzuſpielen, ſehr wichtig zu thun, fortwährend zu ſchmettern und zu ſchreien und iſt allerwärts da⸗ bei, gleichſtarken und ſtärkeren gegenüber iſt er aber der lächerlichſte, elendeſte Feig⸗ ling, welchen man ſich denken kann. Bei vermeintlicher Gefahr flieht er ſofort und ſchreit, wenn er angegriffen wird, auf's Jammervollſte. Um dem freundlichen Leſer ein möglichſt getreues Bild des Thuns und Treibens des Blauhähers in den Brutgebieten zu geben, will ich es verſuchen, ſein tägliches Leben zu ſchildern. Im ſüdweſtlichen Miſſouri wohnte ich mehrere Jahre dicht an Der Blauhäher. 105 einem aus verſchiedenen Eichen und Hickory beſtehenden Walde. Die mittelgroßen, meiſt von unten auf verzweigten Bäume ſtanden ſehr dicht. Faſt noch im Walde ſelbſt ſtand meine Wohnung und vor derſelben befand ſich der Blumen- und an einer Seite, gerade vor dem Walde, der mit Apfel-, Pfirſich-, Kirſch- und Birnbäumen beſetzte Obſtgarten. Allerwärts auf Zier- und Obſtbäumen hatte ich Niſtkäſten für Blauvögel, Meiſen und Zaunkönige angebraucht. Nirgends fand ich die Blau— häher zahlreicher als in dieſem Walde und faſt fortwährend, namentlich aber bei trübem, warmem Wetter, konnte man ihr lautes „Käh“ oder „Keh, Keh“ durch den Wald hallen hören. Mit großer Regelmäßigkeit ſtreiften ſie während des Winters täglich einen Theil des Waldes ab, kamen auch oft an den Boden, um Nahrungs- ſtoffe aufzunehmen, verließen aber faſt nie das Gehölz. In der kalten Jahreszeit nährten fie ſich faſt ausſchließlich von Eicheln, welche ſie zwiſchen den Zehen feſt— hielten und mit den kräftigen Schnäbeln aufhämmerten. Auch die am Walde liegen— den Maisſpeicher wurden aufgeſucht und die aus den Zwiſchenräumen heraus— ſchauenden Kolben ihrer Körner beraubt. Dieſe Häher ſind dort zu halben Haus⸗ vögeln geworden, denn ſie kommen furchtlos bis an die Hausthüre, um hingeſtreute Nahrungsſtoffe aufzunehmen. Sie zeigen ſich als ſehr wettergeſtählte Vögel, und hinſichtlich ihrer Nahrung waren ſie in keiner Weiſe wähleriſch. Fraßen ſie doch ſelbſt rohe Kartoffelſchalen, allerlei Küchenabfälle und verfaulte und erfrorene, unter den Bäumen liegende Aepfel. Wüßte man nicht, welch' grauſamer Raubgeſell dieſer Vogel iſt, ſo müßte man ihn wegen ſeiner Zutraulichkeit und Schönheit, wegen ſeines ſtolzen, lebhaften, unruhigen, liſtigen, außerordentlich klugen Benehmens, wegen ſeiner ausgezeichneten Nachahmungsgabe liebgewinnen. In der That erregt ſein Thun und Treiben im Winter viel Vergnügen, im Frühling und Sommer dagegen, wie wir weiterſehen werden, eitel Aerger und Verdruß. Im Gezweig der Bäume benimmt er ſich außerordentlich gewandt, und ziem— lich geſchickt weiß er ſich auch auf dem Boden zu bewegen. Wenn er größere Strecken zu überfliegen hat, iſt ſein Flug ſchwerfällig und zögernd. Dieſe ſeine ſchwache Seite kennt der ſchlaue Vogel auch gar wohl, wagt ſich deshalb ohne Noth nie ins Freie. Vor Raubvögeln, die ihm übrigens im Walde nicht beizu— kommen wiſſen, ihn aber bei längerem Fluge leicht ergreifen, hat er heilloſen Reſpekt. Bewundernswerth iſt ſeine wirklich große Nachahmungsgabe. Sobald die warmen Frühlingsſtrahlen des Tagesgeſtirns den Wald mit neuem Leben zu er— füllen beginnen, treten auch im Weſen des Blauhähers Aenderungen ein. Die laue Luft, die Blümchen des Frühlings, der ſchallende Geſang des Kardinals, ſcheint auch ihn poetiſch zu ſtimmen, wenn überhaupt ein ſolcher Erzgauner einer gehobe— neren Stimmung fähig iſt. Man hört jetzt nicht nur ſein lautes durchdringendes „Käh“ häufiger als ſonſt, ſondern auch eine ganze Anzahl anderer treu nachgeahmter 106 H. Nehrling, Laute. Wenn man ihn die Töne des Katzenvogels, das „Krah, krah“ der Krähe, das Miauen einer Katze, das Bellen und Gewinſel eines jungen Hundes, die Augſt⸗ und Lockrufe vieler Vögel nachahmen hört, ſo muß man ihn unzweifelhaft für einen N der begabteſten und unterhaltendſten Spötter erklären. Je näher die Brutzeit heran⸗ rückt, deſto lauter wird er, deſto verſchiedenere Töne ahmt er nach. Wahrhaft komiſch wirkt es, wenn er jetzt den Ruf des Sperlingsfalken und gleich darauf das Angſtgeſchrei deſſen Opfers, oder das „Biäh biäh“ des Rothſchwanz-Buſſards und bald dahinterher das Geſchrei einer unter ſeinen Krallen verendenden Henne hören läßt. Erſteres hat zur Folge, daß die kleinen Vögel wie kopflos in die Büſche ſtürzen, und letzteres, daß die ganze Hühnerſchaar und ſämmtliches Hofgeflügel die Flucht ergreift, während der muthige Hahn in die Luft ſchaut, um den vermeint⸗ lichen Räuber zu erſpähen. Auf eine ſolche ſcheinbar ſchadenfrohe Weiſe foppt er die kleinen Wald⸗ und Gartenbewohner und das zahme Geflügel oft. Auch das Krähen des Hahnes und das Gackern der Hennen weiß er anf das täuſchendſte nachzuahmen. Einſt ſaß ich eine gute Strecke vom Hauſe entfernt im Walde, um ein Pärchen Coopers-Habichte“) an deren Horſte zu beobachten. Ich mochte etwa eine Viertelſtunde ruhig gewartet haben, als plötzlich in einem dichten Eichendickicht neben mir das Locken einer Glucke und gleich darauf das ängſtliche Gackern der— ſelben, als ſei irgend ein Räuber im Anzuge, ſich hören ließ. Als nun auch das ängſtliche Geſchrei eines Küchleins ertönte, lief ich ſo ſchnell als möglich in das Dickicht, um den Räuber hinwegzuſcheuchen. Doch gewahrte ich nur einen Blau⸗ häher, der verächtlich mit dem Schwanze wippte und von ſeiner gutgelungenen Fopperei höchſt befriedigt zu ſein ſchien. Als Anfangs April ein Pärchen Hüttenſänger einen aus einem hohlen Baum⸗ aſte angefertigten Niſtkaſten, ein zweites einen ſolchen aus Brettern bezog, beſchloß ich, die prächtigen Vögel nach Kräften zu ſchützen. Die Blauhäher durchſtreiften geſellig noch täglich den Garten und ſtatteten namentlich des Morgens in aller Frühe, oft zu dreien und vieren, den Brutkäſten ihren Beſuch ab. Die Hüttenſänger konnten ſich kaum der Raubgeſellen erwehren, denn dieſe verſuchten es fortwährend, in das Innere der Käſten zu gelangen, doch waren ihnen die Fluglöcher zu klein. Die Gauner verhielten ſich dabei ganz ſtill, und nur durch das Angſtgeſchrei der muthig kämpfenden Hüttenſänger wurde meine Aufmerkſamkeit auf die Vorgänge an den Brutkäſten gelenkt. Alles Drohen und Hutſchwenken aus der Ferne brachte ſie nicht außer Faſſung und nur mein Erſcheinen auf dem Schauplatze der That ver⸗ anlaßte fie, laut „Keh, keh“ ſchreiend, abzuziehen. Dieſe Angriffe wiederholten ſich täglich, doch gelangte die Brut des einen Neſtes pünktlich zum Ausfliegen, während ) Accipiter Coopei, Gray. er Der Blauhäher. 107 die andere von den Blauhähern beim Ausfliegen getödtet und verzehrt wurde. Mehrere Gelege der Haubenmeiſe vernichteten ſie um dieſe Zeit ebenfalls. Etwa in der dritten Aprilwoche löſten ſich die Flüge auf. Jedes Pärchen wählte ſich nun ſein beſtimmtes Niſtrevier und ſtreifte dieſes täglich mehrmals ab. Außer dem ge— wöhnlichen Rufe hörte man nun auch rauhe ſchmetternde Töne und ein nicht un— angenehmes, deutlich ausgeſprochenes „Friederike, Friederike“, welches tänzelnd und mit lebhaftem Auf⸗ und Niederbewegen des Körpers hervorgebracht wurde. Die Vögel waren ſo zahlreich, daß ich auf dem Flächenraum eines Ackers elf brütende Pärchen zählte. Ein Neſt wurde gerade vor der Küchenthüre auf einer Eiche, ein zweites, kaum zwanzig Schritt davon entfernt, auf einem Hickorybaume angelegt. Die Neſter ſtanden ſämmtlich in einer Höhe von zwölf bis vierzig Fuß vom Boden. Bei der Auswahl des Niſtplatzes gehen ſie ſehr verſtohlen zu Werke, fo verſtohlen, daß die meiſten Menſchen gar nichts davon wiſſen, wenn die Vögel in den nächſten Schattenbäumen vor ihrer Wohnung brüten. Obwohl ſonſt laut und lärmend, betragen fie ſich im Niſtgebiete geheimnißvoll ſtill, ſchleichend. Die Niſt— ſtoffe werden in der Regel Morgens in aller Frühe geſammelt. Die Unterlage des ziemlich großen, feſten Neſtes beſteht aus Zweigen und groben Halmen; dann folgt meiſt eine Lage Lehm, dann Läppchen, Schnüre, Papier, Baumwolle, Halme und das Innere iſt in der Regel weich mit Hälmchen und Federn ausgelegt. Mehr im Walde ſelbſt beſteht es faſt ausſchließlich aus Zweigen, Erde, Blättern und einer Auskleidung von feineren Halmen. Die vier bis fünf, manchmal auch ſechs Eier ſind der Grundfarbe nach matt olivengrünlich, ſpärlich, aber ziemlich gleichmäßig ringsherum gefleckt. Sind ſie ſchon, bevor ſie zum Niſten ſchreiten, arge Neſtplünderer, ſo werden ſie, wenn ſie ſelbſt Junge haben, zu außerordentlich verſchlagenen, mordluſtigen Räubern. Alle im Garten und Walde brütenden kleinen Vögel hatten mehr oder weniger von ihnen zu leiden. Sie führten ihre Raubzüge dann immer einzeln, nie geſellig aus, indem ſie verſtohlen durch die Bäume und Gebüſche ſchlichen und ſorg— fältig umherſpähten. In der Regel merken es die abweſenden, für ihre hungrigen Jungen Nahrung ſuchenden Vögel gar nicht, was an ihrem Neſte vorgeht. Kom— men ſie dann zurück, ſo iſt der Räuber bereits wieder verſchwunden, aber eins oder das andere ihrer Jungen auch. Wiederholt gelingt es ihm ſogar, die Neſter ſo wachſamer Vögel, wie Robin und Katzenvogel es ſind, ihrer Jungen zu berauben. Wo ſich Gelegenheit bietet, ſaugen ſie Eier aus, verſchlingen die nackten Jungen und morden auf grauſame Weiſe die erſt ausgeflogenen, noch unerfahrenen Stummel— ſchwänzchen. Selbſt die Jungen der Trauertaube tödten ſie, indem ſie ihnen mit ihrem kräftigen Schnabel das Gehirn aushacken. Wird der Mordgeſell von einem Robin oder einem andern gleichgroßen Vogel bei einer Unthat ertappt, ſo ergreift „ Ror,, 108 von Wacquant-Geozelles, er, Zetermordio ſchreiend, die Flucht. Wehe ihm, wenn ihn fein Erzfeind, der Be⸗ ſchützer unſerer Gartenvögel, der Königstyrann, auf freiem Felde ertappt. Mit wahrer Wuth ſtößt dieſer auf ihn herab; der Blauhäher ſchreit in ſeiner Todes⸗ angſt aufs jämmerlichſte, ſucht ihm auf alle Weiſe zu entrinnen, aber immer von Neuem ſtößt er herab, bis endlich der Feigling den Wald erreicht. Dort iſt er ziemlich ſicher, darum verläßt er dieſen ohne Noth auch niemals. Aus dem Mitgetheilten geht zur Genüge hervor, daß der Blauhäher ein ganz außerordentlich ſchädlicher Vogel iſt, den man in Gärten und Parks, überhaupt in der Nähe des Menſchen nicht dulden darf. Im größeren Walde dagegen ſind einige wenige Pärchen ganz am Platze. Wo man ihn nicht behelligt, brütet er in ganz unmittelbarer Nähe der Wohnungen, wie das in ganz Südweſt-Miſſouri und auch in vielen Gegenden von Texas der Fall iſt. Da er zwei, manchmal auch drei Bruten jährlich macht und überhaupt durch ſeine außerordentliche Verſchmitztheit ſeinen Feinden geſchickt entgeht, ſo vermehrt er ſich vielerorts in beſorgnißerregender Weiſe. Wenn man nicht wünſcht, daß unſere Gärten und Wälder ihrer eigentlichen Poeſie, der gefiederten Sängerſchaar, beraubt werden, ſo darf man dem Blauhäher keine Schonung zu Theil werden laſſen. Wo man die Vögel einmal verfolgt hat, werden ſie ſehr ſcheu und vorſichtig. Es erfordert dann ſchon einen guten Jäger, um ihnen erfolgreich nachzuſtellen. Im Winter fängt man ſie leicht in Fallen, welche man mit Mais geködert hat. — Für die Gefangenſchaſt eignen ſich jung aus dem Neſt genommene Blauhäher ausge— zeichnet. Sie werden ungemein zahm, lernen die verſchiedenſten Töne nachahmen, gewähren durch ihr drolliges, kluges Benehmen viel Unterhaltung, werden über— haupt zu ganz beſonders werthvollen Lieblingen ihres Pflegers. Alt-eingefangene dagegen bleiben ſtets ſcheu und mißtrauiſch, Der Blauhäher verbreitet ſich vom Atlantiſchen Ocean weſtlich bis zu den großen Ebenen, nördlich bis in die Pelzgegenden, ſüdlich bis Florida und Texas. Im Norden ſeines Wohngebietes iſt er Zug- oder Strichvogel, im mittleren und ſüdlichen Theile desſelben Standvogel. In Wisconſin, wo er ziemlich regelmäßig auftritt, aber die Nähe des Menſchen gewöhnlich meidet, iſt er bereits theilweiſe Standvogel. Eine kleine Varietät (Cyanoecitta eristata florincola Coues) lebt in Florida. Abſonderliche Niſtplätze. Von Staats von Wacquant-Geozelles. 1. Im Jahre 1885 fand ich das Gelege von Caprimulgus europ. L. unter einem niedrigen Fichtenzweige inmitten eines völlig auseinandergefallenen Rehbocks⸗ 7 Abſonderliche Niſtplätze. 109 Skelettes. Dieſes letztere hatte augenscheinlich ſchon länger als ein Jahr gelegen, war mit Haide- und Adlerfarn durchwachſen und trug der unmittelbar hinter dem Gelege befindliche Schädel ein leider ſchon ſtark verwittertes ſogenanntes „Perrücken-Gehörn“, was ich hier des doppeltſeltenen Falles wegen erwähne. Ich werde in nächſter Zeit noch einmal beſonders auf dieſes Gelege zurückkommen. 2. Cypselus apus L. Als ich im Juni dieſes Jahres in Köln am Ufer des Rheines entlang zum Zoologiſchen Garten ging, bemerkte ich in einem ſteilen Ufergemäuer, ein Meter hoch über dem Waſſerſpiegel, das Neſt eines Thurmſeglers. Mir fiel dieſe Niſtſtelle um ſo mehr auf, als der Schiffsverkehr gerade an jenem Platze ein ſehr reger iſt; beſonders einige Fiſcher hielten ſich dort ſtundenlang auf, um kleine Fiſche von Kähnen aus am Ufer zu fangen, wobei ſie den Kahn am er— wähnten Gemäuer entlang mit den Händen weiterarbeiteten. 3. Eine Hausſchwalbe (Hirund. urbic. L.), welche in Toſtedt (Harburg) ihr Neſt ebenfalls nur ein Meter hoch über dem Erdboden unter einen Balkenvorſprung klebte, war wohl noch jung und unerfahren; ſie wurde aber, als ſie höchſtens zwei Eier gelegt hatte, ſchon erfahrener: als ihr Neſt von muthwilliger Hand zerſtört wurde, ſah ſie ein, daß unter der Dachrinne des „Hotel Boſtelmann“ noch genügend Platz für ein Schwalbenneſt ſei. 4. Hir. rip. (die Uferſchwalbe) (vgl. vor. Jahrg. Nr. 10 d. M.⸗Schr. S. 293) brütet ſchon ſeit mehreren Jahren in den Spalten zwiſchen den Sandſteinquadern an der Weſerbrücke in Hameln. Nicht weit davon bieten ſich ihr am Weſerufer in ſteilen Lehmwänden ganz vorzügliche Niſtſtellen, die aber immer nur ſehr wenige Niſtlöcher aufweiſen, wohingegen erwähnte Quadermauer in dieſem Jahre geradezu von einem „Schwarme“ dieſer Vögel frequentirt wurde. Es wird unbedingt die abſolute Sicherheit vor Ratten, Wieſeln und vor allem vor Bubenhänden und Bubenſtöcken ſein, welche die Schwalben mehr und mehr veranlaßt, ihren alten Gewohnheiten völlig untreu zu werden. Das mühevolle „Selbſtzimmern“ kreisrunder, tiefer Röhren haben ſſie aufgegeben, und kriechen fie jetzt, wie ihr Verwandter, der Mauerſegler, in Spalten zwiſchen Steine. Im letzten Frühjahr krochen ſogar dieſe Schwalben in mehrere ſolcher Spalten, über welche von oben herab lange Büſchel von Schlinggewächſen herabhingen. Uebrigens will ich nicht unerwähnt laſſen, daß es mir mehrfach gelungen iſt, durch ſenkrechtes „Abſtechen“ von Bachufern oder von Lehmwänden der Uferſchwalbe Gelegenheit und Möglichkeit zum Niſten, bez. zur Gründung einer neuen oder zum Fortbeſtehen einer unbrauchbar gewordenen alten Kolonie zu bieten. So habe ich ſie beiſpielsweiſe ſeit dem Jahre 1886 in einem in meinem Jagdreviere belegenen Steinbruche angeſiedelt. In den Sandgruben bei Greteſch unweit Osnabrück fand ich unmittelbar unter dem Niſtloche einer Uferſchwalbe, faſt zu Tage ſtehend, eine große Urne; ein doch gewiß wunderbarer Fall. 110 von Wacquant-Geozelles, Aufrichtig freuen würde es mich, wenn ich im Laufe der nächſten Jahre von der erfolgreichen „Anlage“ einer Uferſchwalbenwand in der „M.-Schr.“ leſen ſollte. 3 Wie manches Bachufer, wie mancher Steinbruch iſt mit Leichtigkeit in der von mir beſchriebenen Weiſe zu gemeintem Zwecke herzurichten! Auch dem Eisvogel, einen unſerer ſchönſten Vögel, kann man Niſtgelegenheit bieten. An manchen Stellen iſt er zwar nicht beliebt, an anderen Orten aber, wo man keine Beeinträchtigung von ihm zu befürchten braucht, ſollte man ihm die Elritzen und Grimpen doch nur ruhig gönnen, dem einſamen Sonderling, dem wundervollen Fiſcher! Ich für meine Perſon halte ihn hier in unſerem Thale für nicht ſchädlich und habe ich ihm mit Erfolg ein Ufer zugerichtet. | 5. Viele ſonderbare Niſtplätze habe ich von unſerem Staar (Sturn. vulg. L.) gefunden, doch würde es viel zu weit führen, wollte ich ſolcherlei alltägliche Vor— kommniſſe berichten. Der kluge Geſelle weiß ſich ſchnell in vieles zu ſchicken und zu finden, und wenn nicht faſt überall ſo freundlich für ihn geſorgt würde, wer weiß, ob er nicht ſchon an manchen Orten eine ganz andere Niſtweiſe angefangen haben würde; er würde ſich dazu jedenfalls viel leichter bequemen als z. B. die obenerwähnten Uferſchwalben. Ein am Baume hängender Kaffeetopf iſt doch wahrlich keine alltägliche Erſcheinung! Freund Staar unterſucht ihn, hält ihn für zweckentſprechend und brütet jahrelang darin. Ein Kaſten hier an der Scheuer, von außen ſchön tapezirt mit der grellroth und blau gemalten Reklame „Liebig's Puddingpulver“, gefällt ihm ſeit Jahren ausnehmend gut, und wer weiß, was vor einigen Jahren meine vor das Fenſter gehängten Waſſerſtiefel erlebt haben würden, wenn ich ſie nicht von dem Tage, als ein Staar ſie auf das eingehendſte betrachtete, ſelber nöthig gehabt hätte! Einſt fand ich ein Staarenneſt in einer Bodenecke unter einem Haufen Dachpfannen; die Verbindung mit der Außenwelt bildete ein Loch im Gebälk. 6. Eine Dohle (Lycos monedula L.) baute im Innern einer alten Eiche bei Alverdiſſen, Lippe-Detmold, eine „Reiſigſäule“ von 2,28 m Höhe auf, deren Querdurchmeſſer 40 em betrug. Der Grund zu dieſer Rieſenarbeit war ein vom Boden der betreffenden Höhlung über 2 m aufwärts ſteigender Seitenſpalt. So lange die bauenden Vögel das durch dieſen Spalt einfallende Licht ſahen, arbeiteten ſie; 10 em oberhalb der Stelle, wo der Spalt wieder von geſundem Holze über⸗ wuchert war, befand ſich das Neſt. | 7. Ein Baumlänfer (Certhia familiaris L.) hatte dieſes gewaltige Bau⸗ werk benutzt, um darin (und zwar unten am Boden deſſelben, hinter einem vor⸗ ſpringenden, geſunden Rindenſtücke) ſein Neſt anzulegen. f 8. Eine höchſt intereſſante Mittheilung über ein Elſterneſt machte mir kürzlich der beim 1. Weſtf. Feld-Art.⸗Reg. Nr. 7 ſtehende Herr Oberſt Nernſt zu Weſel. In genannter Stadt wählte nämlich ein Elſterpaar zur Niſtſtätte einen leeren Tauben⸗ b 4 . - Abſonderliche Niſtplätze. 1 ſchlag und zwar in einem, an der Außenſeite in den Feſtungswerken nach dem „Lager“ zu belegenenen, alten Hauſe. In einer Ecke auf dem Boden dieſes Schlages bauten fie ein nicht- „überhaubtes“ Neſt, ähnlich einem Dohlenneſte, und erbrüteten darin fünf Junge. Wenn ich nicht irre, ſo hat der Herr Oberſt ſelbſt eins dieſer Jungen großgezogen. Ich habe mit genanntem Herrn, der als überaus eifriger Vogelfreund und Vogelſchützer einem ſolchen einzig daſtehenden Vorkommniß natürlich auf das genaueſte nachgeforſcht hat, lange über dieſen Fall geſprochen und iſt unſere Anſicht die, daß eine oder möglicherweiſe auch beide Elſtern gezähmt geweſen und dann ent— flohen ſein dürften. 9. Ein Pärchen der Heckenbraunelle (Accent. modul. L.) brütete im Jahre 1887 im kleinen Gärtchen des Freiherrn von dem Buſche-Lohe (Hildesheim) in einer ſogenannten transportabelen Epheuwand. Die Eier wurden erbrütet, trotzdem der Vogel mindeſtens zehnmal vom Neſte geſcheucht war! 10. Ein Gartenrothſchwänzchen (Rutic. phoenicura L.) baute in Celle ſein Neſt in eine jener viereckigen Oeffnungen, die beim Bauen von Backſteingebäuden an den Außenſeiten behufs Anlegung des Gerüſtes offen gelaſſen werden. — Die armen Vögel waren wohl in großer Wohnungsverlegenheit geweſen, denn genannte Oeffnung war nur 10 em tief (Horizont. gem.), 12 em lang und 6 em hoch. Die Einwohner hatten ſich indeſſen zu helfen gewußt, das Neſt in eine der Ecken gebaut und die ganze Oeffnung mit Moos und Federn bis auf ein kleines Eingangsloch verſchloſſen. — Die am Mauerwerk anliegenden Wandungen des Neſtes waren kaum einen halben em, die „Luft und Licht abſchließende“ vordere Wandung indeſſen 5 em ſtark. Acht Eier lagen darin. — Ein anderes Pärchen dieſer Vögel baute ſein Neſt mitten im Menſchengewühl auf einem Feſtplatze zu Köln. — War ſchon dieſe große Zutraulichkeit an und für ſich bewundernswerth, jo war es exit recht auffallend, daß die Vögel in dem betreffenden hohlen Stamme ruhig bauten, brüte— ten und die Jungen großfütterten, trotzdem alle zehn Minuten ein mit kreiſchenden Inſaſſen beſetzter Wagen einer ſogenannten Rutſchbahn in unmittelbarer Nähe daran vorbeiſauſte. — 11. An ein ähnliches lautes Getriebe hatte ſich ein Hausrothſchwänzchen (Rutic. tithys L.) in der Maſchinenfabrik zu Aerzen gewöhnt. Sein Neſt ſtand auf einem Balkenkopfe, dicht unter einem kleinen, ſauſenden Transmiſſionsrade und zwar ſo, daß dieſes Rad das Dach über dem Neſte bildete, während es rechts und links durch den brauſenden Treibriemen abgeſchloſſen wurde. Ein aus der Riemennaht etwas hervorſtehendes Lederbändchen hatte die eine Seite des Neſtes etwas aus— geſchliffen. 12. Zweimal fand ich in der Stadt Osnabrück das Neſt eines Buchfinken Fring. coelebs L.) in geſchorenen Hecken. Einmal ſtand es auf einer hori— reer N e pe A N N 15 7 r h 5 9 112 A. Frenzel, | Oi zontal in die wohlgepflegte Hecke eingeſchobenen, verwitterten Stange, das andere Mal auf dicht⸗verwachſenen Aeſten. J 13. Auf dem „Altemarkt“ in Köln ſteht das ſteinerne Monument des pre : baieriſchen Reitergenerals Johann von Werth. Sein gewaltiger Säbel, einst jo ge fürchtet, bot im Juni dieſes Jahres ein reizendes Bild des Friedens: im Korbe des— ſelben, auf welchem die gewaltigen Hände des Generals ruhen, fütterten ein Pärchen Hausſperlinge ihre hoffnungsvolle zahlreiche Nachkommenſchaft. | Sophienhof, Oktober 1889. Aus meiner Vogelſtube. Von A. Frenzel. 49. Habropyga vinacea, der weinrothe Aſtrild. Der weinrothe Aſtrild gehört zu den ſeltenſten Prachtfinken, und die erſte Ein- führung dieſer Art geſchah im Juni 1887 durch den Großhändler Herrn J. Abrahams in London.“) Reichenbach giebt weder von dieſer, noch von verwandten Arten eine Abbildung. Es ſind vier Prachtfinken, die einander ſehr nahe ſtehen und in der Färbung wenig von einander abweichen. Das ſind die Arten: Habropyga larvata, der Larvenaſtrild, # nigricollis, der ſchwarzkehlige Aſtrild, 5 vinacea, der weinrothe Aſtrild, 5 margaritata, der Perlaſtrild. H. larvata kommt in Centralafrika, Semien und Weſt-Abeſſinien vor, I. nigricollis in Centralafrika, H. vinacea in Weſtafrika und H. margaritata in Südafrika und Madagascar. | Von dieſen kleinen roth gefärbten Prachtfinken iſt der Larvenaſtrild, oder Larven⸗ amarant, wie ihn Brehm nennt, am häufigſten, und auch ſchon in der Gefangenſchaft gezüchtet worden. Dieſen Larvenamarant hatte Fürſt Ferdinand von Bulgarien ſchon 1878 in ſeiner Sammlung. Der Fürſt hatte indeſſen die erhaltenen drei Exemplare von Monſieur Geoffroy de Saint Hilaire in Paris als Estrilda margaritata bekommen, hingegen hat Dr. Ruß (Prachtfinken, S. 91) dieſe drei Exemplare nicht als E. mar- garitata, ſondern als E. larvata erkannt. Schon Fürſt Ferdinand bemerkt von dieſen Vögeln, daß ſie die reizendſten aller Aſtrilde ſeien und im Benehmen mehr dem Schönbürzel als dem Amarant glichen. Obige vier Habropyga-Arten ſchwenken ihr Schwänzchen nach rechts und links, wie der reizende Schönbürzel (Habropyga eoeru- lescens), nicht aber auf und nieder, wie der bedächtige Amarant ade minima). 2 ) „Gefiederte Welt⸗ 1887, 286. * Aus meiner Vogelſtube: 49. der weinrothe Aſtrild. 113 Im Sommer vorigen Jahres empfahl Fräulein Hagenbeck Larvenaſtrilde. Ein Pärchen dieſer Vögel, das ich beſtellte, war nicht der eigentliche Larvenaſtrild, ſondern der weinrothe Aſtrild. Das Männchen iſt an der Rückenſeite, wie Bauchſeite gleichmäßig ſchön wein- roth, Vorderkopf — Augengegend, Wangen, Kinn und Kehle — ſowie die Unterſchwanz⸗ decken ſind ſchwarz. Der Schwanz iſt oberſeits purpurroth, unterſeits grauſchwarz. Dem Weibchen fehlt das Schwarz am Kopf und an den Unterſchwanzdecken, das Weinroth iſt blaſſer; der Bauch ſehr hell röthlich, der Schwanz genau wie beim Männchen. Schnabel und Füße ſind grau, bei dem Männchen die Firſte, Schneiden und Spitze des Schnabels ſchwarz. Männchen und Weibchen tragen an beiden Seiten vereinzelte weiße Punkte, das Männchen hat einzelne auch am Bauch. Die Uuterſchiede in der Färbung des Männchens bei dem Larvenaſtrild nach Angaben von Brehm und Ruß und meinem weinrothen Aſtrild ergeben ſich am beſten aus folgender Ueberſicht: | Brehm: Ruß: H. vinacea: Ober⸗ und Hinterkopf bräunlichgrau ſchwärzlichgrau weinroth Aftergegend ſchwarz rauchſchwarz weinroth Bürzel — rauchſchwarz weinroth. Die weißen Seiten⸗Pünktchen ſind nicht, wie nach Brehm, herzförmig geſtaltet, ſondern rund, und ebenſowenig wie nach Ruß, ſchwärzlich gerandet. Außerdem iſt H. vinacea kleiner, während von H. larvata eine Länge von 11,8 em. angegeben wird, meſſe ich bei meinem vinacea nur 10 em.; Männchen und Weibchen ſind gleich groß. Mein Pärchen geht an das Kgl. Zoologiſche Muſeum in Dresden ab, woſelbſt es Intereſſenten ja zugänglich iſt. | Ich hielt das Pärchen erſt in einem Käfig, und ließ es nach einigen Wochen freifliegen. Zu einer Zucht habe ich dasſelbe nicht gebracht. Das Männchen war nämlich kränklich und ging ſpäter ein. Geſang habe ich nicht vernommen. Das Weibchen war munter und ließ fleißig laute Lockrufe hören. Nach einigen Monaten ſtarb es aber auch. Indeſſen hat irgend ein Liebhaber, der in der glücklichen Lage war, gleich mehrere Pärchen des im vorigen Jahre eingeführten weinrothen Aſtrilds zu kaufen, die Art gezüchtet und ſeine Mittheilungen hierüber in der „Gefiederten Welt“ bekannt gegeben. Nachſchrift. In den Verzeichniſſen der Vögel des Prinzen Ferdinand (Dr. Ruß: Gefiederte Welt 1878, 361 und Dr. R. Blaſius: dieſe Monatsſchrift 1884, 296) findet ſich bereits der weinrothe Aſtrild angegeben. Es iſt alſo die Einführung von Abrahams, wie oben angegeben, nicht die erſte geweſen. Der Großhändler Fockelmann berichtet über die Einführung des Larvenamarant auch in derſelben Nummer der „Gefiederten Welt“. Daſelbſt giebt Dr. Ruß eine jedenfalls 114 | Kleinere Mittheilungen. | N richtige Beſchreibung des Larvenamarant, erwähnt dabei die drei weinrothen Aſtrilde des Prinzen, bezeichnet ſie aber als Larvenaſtrilde! Mit welchem Rechte läßt ſich ſchwer ſagen. Jedenfalls iſt die Angabe Sr. Hoheit des Fürſten Ferdinand autori⸗ tativer, als die des Herrn Dr. Ruß. Meine Exemplare ſind ſicher Habropyga vinacea, wie mir auch der Direktor des Dresdner Zoologiſchen Muſeums, Herr Hofrath Dr. Meyer beſtätigte. Nachtrag zu 46, der Schwarzſchwanzkernbeißer. (Dieſe Monatsſchrift 1889, 103.) Herr Riſius in Bremerhaven empfahl Kernbeißer und auf Beſtellung erhielt ich ein Weibchen des Schwarzſchwanzkernbeißers (Coccothraustes melanurus). Dieſes Weibchen iſt ein prächtiges Thierchen, und ſingt fleißig. Somit kann ich nachträglich die Angabe des Herrn Hartwig vom Geſang des Weibchens C. melanurus beſtätigen. Herr Dr. Ruß giebt noch 1887 in ſeinem ſonſt ſo vortrefflichen Handbuch „Fremdländiſche Stubenvögel“ irrthümlicher Weiſe an, daß der Maskenkernbeißer häufiger eingeführt werde, als der Schwarzſchwanzkernbeißer. Der umgekehrte Fall iſt richtig. Schon von Schlechtendal ſchrieb (dieſe Monatsſchrift 1880, 187): „Noch weit ſeltener wie der chineſiſche kommt ab und zu der japaneſiſche (Coceothr. personatus) in den Handel.“ Auch in den Vögel-Verzeichniſſen des Prinzen Ferdinand wird C. melanurus angeführt, C. personatus aber nicht! Kleinere Mittheilungen. Am Meiſenkaſten. Daß die Vögel oftmals ſchon ein Ei legen, ehe fie mal ein Neſt gebaut haben, zeigte mir im verfloſſenen Sommer ein Finken— oder Kohlmeiſenweibchen. Die erſte Brut hatte ungefähr zwei Tage das Neſt verlaſſen, als das Weibchen wieder im Baumhofe erſchien und ſich an einem leeren Brutkaſten zu ſchaffen machte. Ich öffnete den Kaſten und fand ein Ei darin ohne jegliche Unterlage. Im Verlauf des Morgens trug das Weibchen Bauſtoffe herbei und breitete ſie über dem Eie aus, ſo daß dieſes nicht zu ſehen war. Am nächſten Morgen lagen zwei Eier im Neſte, auf denen wieder Bauſtoffe aufgeſchichtet waren. Als ich am vierteu Tage wieder nachſah, lag nur ein Ei im Neſte. Wie ich richtig vermuthete, waren die anderen drei Eier ſicher unter den Niſtſtoffen verſteckt, da das Weibchen fortwährend Material zum Neſte trug. Jetzt nahm ich alle Niſtſtoffe heraus, förderte auch die drei Eier wieder zu Tage, ordnete das Neſt ſo gut ich vermochte und ſchob alle vier Eier hinein. Das Weibchen legte noch vier Eier | hinzu und zog in zweiter Brut alle acht Junge heran. 10 Feldrom. | Heinrich Schacht. 6 Kleinere Mittheilungen. 115 Ueber Sperlingsnachtquartiere. Vor einiger Zeit bemerkte ich, als ich gegen 4 Uhr Nachmittags bei ſehr ſtarker Dämmerung durch die ſehr belebte Haupt— Straße Kaſſels ging, wie ein Spatzenweibchen zwiſchen die Falten eines in die Höhe gezogenen leinenen Schirmvorhangs — einer ſog. Marquiſe — ſchlüpfte, der an der Außenſeite eines großen Laden-Schaufenſters angebracht war. Ich wartete noch einige Zeit, ob das Thier wieder zum Vorſchein kommen würde, aber es hatte offenbar zwiſchen den weichen Leinenfalten ein bequemes und warmes Nachtquartier gefunden. Es fiel mir dabei ein Erlebniß aus meiner Gymnaſiaſtenzeit ein. Ich hatte damals — es mögen etwa 20 Jahre her ſein — am Königsplatze beobachtet, wie ein Sperling in eine Vertiefung zwiſchen den Blumengewinden der über der Thüre eines Hauſes angebrachten Stuckaturverzierung kroch, und beſchloß feſtzuſtellen, ob der Vogel dies Plätzchen wirklich als nächtliche Ruheſtätte benutzte. Spät abends kam ich mit einem Freunde zuſammen wieder am Hauſe vorbei und wollte jetzt der Sache auf den Grund gehen. Ich kletterte auf die Schultern des gutmüthigen Kameraden und ver— ſuchte mit der Hand in die Spalte hineinzufaſſen. Aber wir waren bei unſerem Beginnen vom Nachtwächter bemerkt, welcher alsbald herbeieilte und, da er uns in flagranti bei der Verübung irgend eines groben Unfugs erwiſcht zu haben glaubte, heftig ſchalt. Als er jedoch erfuhr, um was es ſich handelte, zog er mildere Saiten auf, ja — er war vielleicht ſelbſt Vogelfreund — er half ſogar mich noch ein wenig höher heben, ſodaß ich endlich mit der Hand in die Spalte hineinreichte. Ich fühlte auch deutlich das Federkleid eines Vogels und wollte ihn gerade faſſen und hervor— ziehen, als er mich ſo heftig in den Finger biß, daß ich unwillkürlich die Hand zurückzog und nun, das Gleichgewicht verlierend, mich nur durch raſchen Sprung zur Straße hinab vor ſchwerem Falle retten konnte. Doch der Zweck des ganzen, nicht ungefährlichen Unternehmens war ja erreicht. Ich hatte einen deutlichen Beweis dafür, daß ein lebender Vogel in der Spalte ſteckte, durch den Biß in die Hand und daß es Passer domest. war, zeigten einige Federchen, die mir doch zwiſchen N den Fingern hängen geblieben waren. So gingen wir denn befriedigt nach Hauſe Kaſſel, im December 1889. K. Junghans. Einige mir vorgekommene Fälle von Albinismus dürften mittheilungswerth ſein. Ich ſah im vorigen Jahre im Auguſt: einen Staar mit einigen weißen Schwanzfedern; im September: eine vollkommen rein-weiße Uferſchwalbe an der Weſer bei Hameln; im Oktober: einen Grünſpecht mit vollkommen weißen Unterarm⸗Schwingen des linken Flügels. Ferner erlegte ich mehrere Heher, welche 2—5 rein⸗weiße Schwungfedern hatten; auch waren bei einigen dieſer Vögel 2—5 rein⸗weiße „Spiegelfedern“ vorhanden. — Sophienhof, 29. Oktober 1889. | Staats von Wacquant. 116 Litterariſches. Litterariſches. i Ueber die wiſſenſchaftliche Bedeutung der Oologie, von Dr. F. Kutter. Kaſſel 1889. (Separatabzug aus dem XXXII. Jahresbericht des Vereins für Natur⸗ kunde in Kaſſel). In den dreißiger Jahren, in einem Jahrzehnt, wo nur ausnahmsweiſe jemand daran dachte, durch Gründung von beſonderen Vereinen die Thiere mit Erfolg vor Mißhandlung und frevelnder Vernichtung zu ſchützen, war die Anlegung von ſogenannten „Sammlungen“ naturgeſchichtlicher Art unter den Knaben ſo recht gäng und gäbe. Der eine ſammelte Käfer oder Muſcheln und Schnecken, der andere, was namentlich auch wegen des Verluſtes an Zeit und Mühe ſchon bedenklicher war, Schmetterlinge, und wieder andere legten ſich Eierſammlungen an. Bei dem letztgenannten Unter⸗ nehmen legten übrigens die Aeltern oft genug ein Veto ein und zwar aus Sympathie für die Sänger des Waldes, die doch eigentlich den Eiern entſchlüpfen ſollten. Ich muß übrigens bemerken, daß wir Kinder unter einander ſtreng darauf hielten, daß ja nicht mehr als ein Ei von einem Gelege entnommen wurde, und daß wir auf der andern Seite in unſerer Weiſe auch durch Wegnahme von Fallen, Leimruthen und Schlingen und auf andere Weiſe die Vögel zu ſchützen ſuchten. Bei alledem iſt das Sammeln von Eiern bei Knaben nicht zu dulden, und iſt unſer Verein immer dieſem Princip gefolgt. Einmal geht in faſt allen Fällen die Eierſammlung, die ein Knabe angelegt hat, nach deſſen Confirmation zu Grunde, indem die Farben verbleichen und allmälig Stück nach Stück zerbricht, bis endlich, weil die Schränkchen und Käſten anderweitig gebraucht werden, der Reſt weggeworfen wird. Schade, ewig ſchade dann um die ſo nutzlos zerſtörten Vogelleben! Sodann aber ſind gar viele von unſeren Vogelarten ſchon reducirt in ihrer Zahl und muß daher auch das Wegnehmen nur je eines Eies dem Beſtande in einer Gegend ſchaden, und endlich ſtehen die Vögel vermöge ihrer höheren Organiſation und in anderen Beziehungen uns zu nahe, als daß ſich mit dem Eierſammeln bei der Jugend nicht ſittlich ſchädigende Einflüſſe verbinden könnten. Um bei den Kindern nicht Anlaß zum Eierſammeln zu geben, ſind auf unſerer großen Vogeltafel die Eier nicht mit abgebildet, auch im Texte nicht nach Größe und Färbung beſchrieben.“) | Wenn wir nun auf der einen Seite als Schützer der Vogelwelt uns mit aller Entſchiedenheit gegen die Anlegung von Eierſammlungen durch Knaben und Kinder überhaupt erklären müſſen, ſo ſtehen wir auf der andern Seite doch auch durchaus nicht auf dem Standpunkte, welcher die Anlage einer Eierſammlung für wiſſenſchaft⸗ liche Zwecke perhorreſcirt. Allerdings hat ſchon mancher Vogelkundige, der von der Eierkunde nicht blos in erſter Linie entſcheidende, ſondern auch vollſtändig umfaſſende Momente für die ornithologiſche Syſtematik erwartete und ſich ihrem Studium deshalb eifrigſt hingab, ſich ſchließlich mehr oder weniger enttäuſcht gefühlt, und haben andere deshalb von vornherein über die Ornithologie den Stab gebrochen; ſie ſind aber dabei viel zu weit gegangen, haben, wie das vulgäre Sprichwort ſagt, das Kind mit dem Bade ausgeſchüttet. Die Oologie hat ſicher ihre wiſſenſchaftliche Berechtigung, und hat daher auch das Sammeln von Eiern für wiſſenſchaftliche Zwecke durch wiſſenſchaftliche Ornithologen ſeine volle Berechtigung. In trefflicher Weiſe hat dies unſer Mitglied, Herr Oberſtabsarzt Dr. Kutter, durchgeführt in einem Vortrage, welcher unter oben angeführtem Titel als Separat⸗ abzug vor uns liegt. Der Vortrag zeichnet ſich durch Klarheit und Kürze aus; für *) Bei dieſem Anlaß will ich bemerken, daß es uns ganz fern liegt, Kinder irgendwie ab⸗ zuhalten, naturhiſtoriſche Sammluugen anzulegen; das Sammeln von Käfern, Conchylien, Steinen 2«. namentlich von Pflanzen iſt eine treffliche Beihülfe zur rechten Selbſterziehung und tauſendmal z. B. dem Sammeln von Briefmarken vorzuziehen. K. Th. Liebe. ee x * = . > die Richtigkeit des Thatſächlichen, auf dem ſich die Folgerungen aufbauen, bürgt ſchon der Name des als Oologe rühmlichſt bekannten Verfaſſers. Herr Kutter weiſt nach, welchen beſtimmten Werth die Eierkunde für die wiſſen— ſchaftliche Ornithologie hat, indem er einerſeits zu hochgeſtellte Anſprüche an dieſelbe zurückweiſt, andererſeits aber auch den Skeptikern nachweiſt, welche Vortheile einer ge— ſunden Syſtematik die Eierkunde bietet, — anknüpfend an den Satz Darwins, daß für die Syſtematik diejenigen Merkmale die werthvollſten ſein mögen, welche an ſich von verhältnißmäßig geringer funktioneller Bedeutung, darum auch am wenigſten Ab— änderungen durch den Einfluß der äußeren Lebensbedingungen unterworfen geweſen ſind. — Nach einem geſchichtlichen Ueberblick der Entwickelung der Oologie und näherer Beleuchtung der noch immer nicht in jeder Richtung mit vollkommener Sicherheit ent— ſchiedenen Frage nach der Entſtehungs- und Ausbildungsweiſe der Eiſchaale wendet ſich der Verfaſſer zu der wiſſenſchaftlichen Bedeutung der Oologie ſelbſt. Weniger Gewicht für die Syſtematik legt er auf die äußere Anfärbung der Eier, indem er nach— weiſt, daß dieſe oberflächliche Färbung nur als Anpaſſungscharakter aufzufaſſen ſei. Von weit größerer Wichtigkeit iſt nach Kutter die ſubſtanzielle, die ganze Schaalenmaſſe durchdringende Färbung, welche man oft erſt im durchfallenden Lichte erkennt und nach welcher ſich ganz eigenthümliche Gruppen innerhalb der einzelnen Vogelordnungen bilden, die bezüglich der Abſtammungsfrage von großer Wichtigkeit ſein müſſen. So zerfallen z. B. hiernach die Tagraubvögel in drei Gruppen, welche auf eine dreifache Abſtammung von Urformen hindeuten. — Von geringerer Wichtigkeit iſt dann weiter die relative Größe der Eier, ſowie die Dicke und Feſtigkeit der Schaale; wichtiger aber wiederum iſt die Form der Eier und endlich namentlich noch das feinere Gefüge der Schaale (im Schliff erſt mikroſkopiſch ſichtbar) und das äußere Korn derſelben. Dieſe Andeutungen dürften genügen, um auf den reichen Inhalt der in knapper Form gefaßten Rede aufmerkſam zu machen. Ke Liege, Ludwig Holtz, „Ueber das Steppenhuhn, Syrrhaptes paradoxus III., und deſſen zweite Maſſeneinwanderung in Europa im Jahre 1888. Berlin. R. Friedländer & Sohn 1890“. | Der kundige Verfaſſer jagt in der Einleitung zu feinem 78 Octapſeiten um— faſſenden Buch: „Ich will verſuchen, aus den mir zu Gebote ſtehenden Nachrichten, welche ich aus der Fluth von Artikeln zuſammengeſtellt, die bezüglich dieſer Erſcheinung ſeiner Zeit den Markt überſchwemmten, ein einheitliches Ganze zu ſchaffen; man möge mir aber verzeihen, wenn ich vielleicht hier und dort etwas überſehen reſp. vergeſſen haben ſollte, anzuführen.“ Dieſem Programm entſprechend behandelt Holtz in 5 Abſchnitten das Allgemeine des Phänomens, die Ein- und Rückwanderung, ſowie den Aufenthalt des Steppenhuhns in Deutſchland und anderen Ländern Europas, unverbürgte und verbürgte Nachrichten über dieſes Vogels Fortpflanzung, ſein Auftreten im Jahre 1889, Richtung und Zeit ſeines Zuges, Freileben, Gefangenſchaft, Nahrung, Fortpflanzung, Geſchmack ſeines Fleiſches, und widmet endlich einen 6. kurzen Abſchnitt Rückblicken und dem Schluß, in welchem er ſein Urtheil dahin zuſammenfaßt, daß keine Gründe zur Erklärung der Maſſenwanderung aufgefunden werden können, ſowie daß nichts für die Einbürgerung in oder einen regelrechten Zug dieſes ſeltſamen Vogels nach Europa ſpricht, derſelbe vielmehr nach Ra ddes treffender Aeußerung „in jedweder Hinſicht ein paradoxum iſt“. Ich vermuthe, daß kein Ornitholog gegen dieſe wohlbegründete Anſicht etwas zu er— innern haben wird, der Verfaſſer alſo auf allſeitige Zuſtimmung rechnen darf. Die Arbeit iſt hiernach ein gerundetes, abgeſchloſſenes Ganzes, welches über alle, das Steppenhuhn betreffende Fragen Auskunft giebt und daher eingehendem Studium empfohlen werden kann. Die erbetene Verzeihung, einige begründete und veröffentlichte Litterariſches. 117 5 118 Litterariſches. Beobachtungen — beiſpielsweiſe bezüglich der Provinz Sachſen — überſehen zu haben, ſoll dem verehrten Herrn Verfaſſer übrigens gern gewährt werden. Torgau, den 6. März 1890. Pietſch. Th. Pleske, Ornithographia Rossica. Die Vogelfauna des Ruſſiſchen Reiches. Band II. Lief. 1. Grasmücken (Sylvia). Mit einer Tafel. St. Petersburg 1889. (Leipzig, Voß). 40. 153 S. 1 Taf. (A 6,25). Text ruſſiſch und deutſch. Ueber ein Werk, wie das vorliegende, berichten zu dürfen, iſt eine wahre Freude! Zunächſt verdient der bloße Gedanke, eine vollſtändige — dies eine Wort ſagt Alles — ruſſiſche Ornithologie zu ſchaffen, den lebhafteſten Beifall, vollends aber, wenn er in einer ſo ausgezeichneten, geradezu unübertrefflichen Weiſe zur Ausführung gebracht wird. Endlich iſt es für uns Deutſche, zu einer Zeit, in welcher an manchen Orten in Rußland das deutſche Element ſo wenig protegirt wird, beſonders angenehm, wenn ein derartiges Fundamental-Werk außer in der Landesſprache in der deutſchen ab— gefaßt wird. Th. Pleske, welcher durch manche ornithologiſche Arbeiten erſten Ranges, ſo namentlich durch fein Buch über die Vögel und Säugethiere Laplands ), unter den Fachgenoſſen rühmlichſt bekannt iſt, will es unternehmen, in 2 oder 3 Bänden eine ruſſiſche Ornithographie herauszugeben, welche umfaſſen ſoll: die geſammte ornithologiſche Literatur des ruſſiſchen Reiches, einen hiſtoriſchen Ueberblick über den Gang der Er— forſchung Rußlands in ornithologiſcher Hinſicht, Beſtimmung und Charakteriſirung der ornithologiſchen Regionen Rußlands, auf Grund der Kenntniß der Brut- und Zug⸗ gebiete und Winterſtationen aller in Rußland vorkommenden Vögel, Schlüſſel zur Be- ſtimmung der Ordnungen, Familien, Genera, Species und Charakteriſtik jeder einzelnen derſelben und endlich ausführlichſte Monographieen der einzeinen Arten. Dieſe letzteren enthalten einmal die auch von Naumann bei jeder Art durchgeführten Gruppen: kurze Synonymie der Artnamen, Verzeichniß der Abbildungen der Art, kurze lateiniſche Diagnoſe der Art, Beſchreibung der verſchiedenen Kleider der Art nach Geſchlecht, Alter und Jahreszeit, Mittelwerthe der Dimenſionen einiger Körpertheile, Angaben über die Verbreitung der Art in horizontaler und vertikaler Richtung, über die Aufenthaltsorte, Daten über die Lebensweiſe (Zug, Brutgeſchäft, Mauſer, Nahrung, Nutzen, Schaden, Fang, Jagd, Leben in Gefangenſchaft), außerdem bei jeder Art: Hinweiſe auf die ruſſiſche Specialliteratur im weiteſten Sinne, einſchließlich jagdliche Werke, wodurch, wie der Verfaſſer ſehr richtig hervorhebt, dieſen Büchern mit Hilfe kritiſcher Erläuterung „ein größerer Grad von Brauchbarkeit für ornithologiſche Studien verliehen wird“, Bücher- und Trivialnamen, wie fie bei den in Rußland lebenden Völkerſchaften ge⸗ bräuchlich ſind, detaillirtere Angabe bei der Verbreitung, ob die vom Vogel im Bereiche Rußlands bewohnten Plätze zu ſeinem Brut- oder Durchzugsgebiet oder zu ſeinen Winterſtationen oder zu mehreren dieſer Kategorieen gehören, genaue Ueberſicht der Daten (nach Literatur und Sammlungen) über die horizontale Verbreitung, Wechſel der Aufenthaltsorte nach der geographiſchen Lage des Ortes, unter Einfluß des Klimas oder nach Jahreszeiten, Aufzählung der Ankunfts- und Abzugsdaten in Rußland (nach a. St. in Tabellenform) und Mittelwerthe aus denſelben für verſchiedene Theile des Reiches; beim Brutgeſchäft: Frühlingsleben der Art, Neſtſtand, Material, Dimenſionen derſelben; Zahl: Geſtalt, Färbung und Maaße der Eier, lokale Variationen von Neſt und Ei, Bebrütungsdauer, Leben der Bruten, endlich: vereinigte Tabelle der Maaße und plaſtiſchen Kennzeichen des im Zool. Muſeum der Kaiſerl. Akad. der Wiſſenſchaften deponirten Materials, der Bälge, geſtopften Exemplare, Neſter und Eier. — In dieſem Programm iſt Alles enthalten, was die Syſtematik und Biologie verlangt; die ana⸗ *) Ueberſicht der Säugethiere und Vögel der Kola-Halbinſel. I. II. Erſchienen in: Beiträge zur Kenntniß des ruſſiſchen Reiches. II. Folge. St. Petersburg. Vögel 1886. e ä tomiſchen, hiſtologiſchen und embryologiſchen Verhältniſſe werden fortgelaſſen ſein, da ſie nichts für Rußland Eigenthümliches darbieten. Daß Pleske die geeignete Kraft für ein ſolches Rieſenunternehmen iſt, hat er durch ſeine ähnlich angelegte ausgezeichnete Lokalfauna der Kola-Halbinſel dargethan; das vorliegende erſte Heft des neuen Werkes erfüllt jede Erwartung. Der Verfaſſer beherrſcht die Literatur in einer großartigen Weiſe und verflicht in das gewaltige, ſchon vorliegende literariſche Material ſeine eigenen reichen, an verſchiedenen Orten des ruſſiſchen Reiches geſammelten Erfahrungen. — Es würde zu weit führen, hier in extenso die Quellen für das wiſſenſchaftliche Material anzuführen, welches dem Verf. im Petersburger Muſeum zur Bearbeitung bez. Verwerthung vorliegt; nur einzelne Sammler ſeien angeführt: K. E. v. Baer, A. Th. v. Middendorf, Graf Hoffmannsegg, ,für die Kola⸗Halbinſel) Middendorff, Bunge, Toll, L. v. Schrenck, Przewalski, Radde (für Sibirien), Eversmann, Poltoratzki (für das Altaigebiet), Sſewerzoff, Ruſſow (für Turkeſtan), Menetries, Mlokosiewicz, Radde (für den Kaukaſus), Büchner, Artzybaſcheff, Pleske (für das europäiſche Rußland). Wenn auch vom einen oder andern Theile des ungeheuren Reiches noch manche Deſiderata ausſtehen, ſo iſt alles in allem doch das Petersburger Muſeum „in Bezug auf die Sammlung ruſſiſcher Thiere, ſowohl was Mannigfaltigkeit als auch was Reichthum betrifft, einzig in ſeiner Art daſtehend.“ Da das Werk auch für den Laien beſtimmt iſt, begann Verfaſſer mit einer für ſolche beſonders ſchwierigen Gruppe, den Grasmücken, deren in Rußland vorkommende 13 Arten in ausführlichſter Weiſe behandelt, und von denen 3 hervorragend difficile Arten (Sylv. curruca, althea, minuscula) in 7 Abbildungen auf einer ſehr guten Mützel'ſchen Tafel dargeſtellt werden. In den literariſchen Nachweiſen für das Gouv. Kiew vermiſſen wir die Arbeiten L. Holtz's, welcher, ſoweit wir uns erinnern, darin auch die Grasmücken und ſpeciell ihr Brutgeſchäft behandelt. (Aus der Vogelwelt Südrußlands, insbeſondere des im Gouv. Kiew belegenen Kreiſes Uman. In: Mitth. des naturwiſſenſchaftl. Vereins von Neu-Vorpommern und Rügen, Band VII, S. 99— 144. Vgl. auch ebenda Band VI, S. 81—98; ferner die Arbeiten deſſelben Verfaſſers in Cabanis Journ. f. Ornith. (über Brutvögel Süd⸗Rußlands. 1873. XXI. S. 133—144. Vgl. auch ebenda 1872. XX. ©. 286— 305.) und im Ornith. Centralblatt (Reiſeerinnerungen an Süd⸗Rußland, mit ver— gleichenden Betrachtungen dortiger und Pommerſcher Vögel. 1877. II. Nr. 10. 10. S. 76— 77. 81-83). Von Seebohms Forſchungen im hohen Norden wird nur ſein Bericht im Ibis citirt; ausführlichere biologiſche Mittheilungen finden ſich in ſeinem: Siberia in Europe (London 1880) und Siberia in Asia (London 1882). Wir ſchließen die Beſprechnng dieſes Werkes, auf das wir bei Erſcheinen weiterer Lieferungen zurückkommen werden, indem wir den Wunſch ausſprechen, daß doch als Pendant dazu in ebenſolch klaſſiſcher Weiſe eine: Ornithographia Germanica ent- ſtehen möge; das Vorbild zum „Ideal einer deutſchen Ornithologie“) iſt in dem Pleske'ſchen Werke gegeben, welches ſich jeder Ornithologe anſchaffen muß und wird. München, März 1890. Leverkühn. Litterariſches. — Eingegangene Geſchenke. 119 ) Vgl. Ornith. Monatsſchrift 1889. S. 144. Als Geſchenke von den Herren Verfaſſern ſind eingegangen: Ornithologiſche Beobachtungen vom Ueuvorpommerſchen Oſtſeeſtrande von Karl Frank in Leipzig; Separatabdr. aus Röhl, Zeitſchr. f. Orn. XIII, 122. Ludwig Holtz, Das Steppenhuhn, Syrrhaptes paradoxus, III., und deſſen zweite Maſſeneinwanderung in Europa im Jahre 1888. Druckfehlerberichtigung. Seite 57 Z. 8 v. u. und Seite 82 Z. 11 v. o. iſt zu leſen „Kitta— cincla“ ſtatt Kittacicla. 120 | Anzeigen. Anzeigen. Ein Rauchfußbuſſard wurde im Winter beim Rebhühnerfutterplatz flügellahm geſchoſſen. Da man das ſchöne Thier nicht gern tödten will, ſoll dasſelbe unter der Bedingung, daß es lebend erhalten wird, gegen Uebernahme der Transportkoſten, frei abgegeben werden. Anfragen an Referendar Dr. Thiele in Körbisdorf b. Werfen Vogelkaufgeſuch. Der Zvologiſche Garten in Breslau wünſcht in nur geſunden, tadellosen, flugfähigen Exemplaren zu kaufen: Weibchen von Singdroſſel, Spottdroſſel, Nachtigall, Blaukehlchen Kuckuk, Papſtfink, Indigofink, Safranfink, Weißkehlgirlitz, Feuertangare, Scharlachtangare, Schwarztangare, Roſenſtaar, Hirtenftaar, Mauerläufer, Graukardinal, Schneeammer, Rebhuhn, Scharlachflügelſittich, Blutrumpffittich, Barrabandſittich, Epaulettenſtaar; Männchen von Baltimorvogel, Graukopfmaina, Stahlfink, Sr ſittich (Rockgegler), Pflaumenkopfſittich, Halsbandſittich, Roſenbruſtknacker. Suche: Die Jahrgänge 1876, 1880 u. 1881 der Monatsſchrift, und: Naumann, „Naturgeſchichte der Vögel Deutſchlands“ zu kaufen. Habe abzugeben: Schinz, H. R., „Naturgeſchichte der Vögel“. 2. Aufl. mit 126 color. Tafeln; elegant eingebunden, anſtatt 100 % für 24 K. Vorwohle, Herzogth. Braunſchweig. F. Menzel, stud. forest. Zu Kauf oder Tauſch geſucht: Jahresbericht des Ausſchuſſes für Beobachtungs⸗ Stationen der Vögel Deutſchlands, III. 1878, IV. 1879, VI. 1881 (Sep.⸗Abzüge aus „Cab. Journ. f. Ornith.“ Abzugeben: Brehm, „Thierleben“, 10 Bände, elegant gebunden. München, poſtlagernd. Paul Leverkühn, M. C. Herr Suchetet, Proprictaire in Rouen (Seine Inf.) France, welcher ſich für Baſtarde aller Art (lebend oder präparirt) intereſſirt, bittet Beſitzer ſolcher um Mittheilung über dieſelben, gegen Koſtenvergütung und event. gute Bezahlung. Gebr. Reiche, Thierhandlung in Alfeld (Prov. Hannover) empfehlen: Rothe Kardinäle, Männchen, Stück 9 , Weibchen, St. 4,50 . Sonnenvögel (Chineſ. Nachti⸗ gallen Paar 9 % Amerik. Spottdroſſeln, Männchen, St. 25 M Graue Reisvögel, Bandfinken, Aſtrilds, Schwarzköpf. Nonnen, P. 3 % — Schmetterlingsfinken, Schönbürzel, Paradieswittwen. Hartlaubzeiſige, Dominikanerwittwen, Edelſänger P. 5 %é — Wellenſittiche P. 12 % Loris von den blauen Bergen St. 25 M Nymphenſittiche P. 12 4 Große gelbhaubige Kakadus St. 18 l, Naſicus, St. 18 / Roſellas St. 15 , Univerſalfutter für Inſektenfreſſer pro Poſtcolli 8 .M Alfeld, im März 1890. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide ſind an Herrn Rendant Rohmer in Zeitz zu richten. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. u ee ſche a „ Ornithologi N N N r = NIS en anal Ii TISCHE I 0 SSH ah ss | 1 "nl Deutfhen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von %% a vr f 5 2 . danten d. Ver. Meldeamts⸗ pee ee Hofrat ef. Dr. Liebe in Gera, enge a und erhalten dafür die Monate: zweitem Vorſitzenden des Vereins, ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ war 3 Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Str.⸗Inſp. Thiele. breit der Nen ca ea XV. Jahrgang. März 1890 (zweite Lieferung). Ur. 5. Inhalt: Neu beigetretene Mitglieder. II. — Dr. Schleh: Nutzen und Schaden der Feld— tauben. Fr. Lindner: Einige Bemerkungen zu dem Aufſatze des Herrn Rudolf Müller (Leipzig): „Zur Entwicklungsgeſchichte des Bläßhuhns“. G. Clodius: Einiges aus dem Vogelleben in Mecklenburg i. J. 1889. — Kleinere Mittheilungen: Mittheilungen über die Zeit vom 1. De⸗ zember 1889 bis Ende Februar 1890. Fangergebniſſe im Dohnenſtieg. Sonderbarer Niſtplatz der Haubenlerche. Des Hausſperlings Winterneſt. Waldſchnepfe. Staare. Isländiſcher Jagdfalke. Frechheit des Sperbers. — Litterariſches. — Anzeigen. Neu beigetretene Mitglieder. II. 1. Behörden und Vereine: Das Großherzoglich Badische Miniſterium des Innern in Karlsruhe; Münchener Thierſchutz-Verein in München; Naturwiſſenſchaftlicher Verein in Dortmund; Verein für Vogelſchutz— und Canarienzucht „Canaria“ in Eſſen a. Ruhr. 122 | Schleh, | 2. Damen: Fräulein Magdalene Huch in Zeitz; Fräulein Anna Schuſter, Lehrerin in München. | 3. Herren: Paul Arnold, Fabrikant in Greiz; F. Beyer, Director in Wurzen i. S.; Lorenz Brockmann, Lehrer in Esplen bei Delbrück; C. Goltermann, Muſik⸗ lehrer in Hamburg; C. Grebe, Großherzoglich Sächſiſcher Forſteandidat in Schwedt a. O.; Th. Hermann, Muſterzeichner in Leipzig; Aug. Hutſchann, Kaufmann in Kaſſel; Juel, Commerzienrath in Wurzen i. S.; Felix Klinkhardt, Fabrikbeſitzer in Wurzen i. S.; Cl. Lack, Lehrer in Burkartshain bei Wurzen; Paul Lufft, Ingenieur in Eßlingen; Fr. Meißner in Coburg; Mendte, Königlicher Oberförſter in Püchau bei Wurzen; W. Meyer, Lehrer in Detmold; von Minckwitz, König⸗ licher Unterförſter in Bennewitz bei Wurzen; Heinrich Schilling, Lehrer an der landw. Kreis-Schule in Wurzen i. S.; Felix Schneider, Architect in Leipzig; G. Schönert, Dampfmühlendirector in Wurzen i. S.; Hermann Schulze, Inhaber einer Zoolog. Handlung in Altenburg S.-A.; H. O. Sorge, Fabrikant in Leipzig; Freiherr v. d. Tann; General-Lieutenant z. D. in Augsburg; Vögler, stud. rer. nat. in Leipzig; G. Voigtmann, Lehrer in Nemt bei Wurzen. Nutzen und Schaden der Feldtauben. Von Dr. Schleh-Herford. Kaum iſt über eine Vogelart bezüglich ihres Nutzens und Schadens ſo viel geſchrieben und geſtritten als über unſere Taube (Columba livia L.). Die Gönner derſelben wollen keinen Schaden zugeben, die Gleichgültigen werden je nach einer zufälligen Beobachtung ſich mehr der nützlichen resp. ſchädlichen Seite zuwenden, die Feinde aber die Vertilgung der Tauben mit allen Mitteln anſtreben. Paſtor Thienemann, der leider zu früh aus unſrer Mitte geſchieden iſt, hat ſicher Recht (Monatsſchrift 1883 S. 174) mit der Bemerkung, daß die meiſten Unterſuchungen von Feldtauben mit der gelben Brille des Taubenhaſſes oder der 1 Brille der Vergrößerung vorgenommen wären. Die Ungewißheit, ob der Schaden oder Nutzen der Feldtauben überwiegt, ver⸗ anlaßten Se. Excellenz den Herrn Miniſter für Landwirthſchaft, Domänen und Forſten, Dr. Freiherr Lucius von Ballhauſen ein Rundſchreiben an ſämmtliche land⸗ wirtſchaftlichen Zentralvereine zu richten. Die eingelaufenen Gutachten zeigten aber deutlich, wie wenig geklärt die Anſichten waren, und veranlaßten Se. Excellenz, uns im Herbſt 1887 mit einer gründlichen Unterſuchung zu betrauen. Die Reſultate derſelben wurden in den Landwirthſchaftlichen Jahrbüchern 1889 Heft 4 u. 5 S. 521 bis 588 veröffentlicht, und wollen wir im folgenden einen kurzen Auszug der Ab⸗ handlung geben. Er | Nutzen und Schaden der Feldtauben. 123 Der Weg, den wir bei der Unterſuchung einſchlugen war derſelbe, als der, welchen wir bei der Feſtſtellung des Nutzens und Schadens des Sperlings verfolg— ten. Unterſtützt durch ein vom Herrn Miniſter an einige landwirthſchaftlichen Zentral- vereine erlaſſenes Reſcript, erhielten wir aus allen Theilen Deutſchlands Tauben geſandt, ſo daß wir im Laufe des Jahres (April 1888 bis Januar 1889) 27 Feld⸗ tauben zur Unterſuchung empfingen. Um genau konſtatiren zu können, wo die Nahrung aufgenommen ward, wurde verlangt, daß jeder Sendung folgendes Schema beiliege und wurde auch mit Aus⸗ nahme von 6 Exemplaren beigegeben. Die Tauben ſind Die Tauben wurden getödtet „ üttert Lau Ben | r — Bemerkungen = tu der Zeit Ort entfernt | Zum "0 fende ah von dem lebten Mal (Beſtellung Nr. Auf dem vor der Womit? | des Feldes). ben Datum/Stunde| Name Schlage Orte oder Tödtung. od. Felde] Schlage | Stunde | | Die Tauben wurden gewogen, Kropf, Magen und Darm unterſucht und, jo weit es möglich, der Inhalt ebenfalls genau gewogen, beſtimmt und gezählt. Um der Unterſuchung eine größere Sicherheit zu geben, wurden vier Verſuchs-Reihen aus⸗ geführt, welche die Zeit der Verdauung feſtſtellen ſollten, immer 4 Feldtauben wur⸗ den am Tage vorher in einem Käfig, welcher Im Höhe und 75 em im Durchmeſſer beſteht, eingeſetzt. Ein großes flaches Blechgefäß, in welches grober Sand und Kies eingeſchüttet war, diente als Boden. Das eingeſchüttete Futter wurde mit dem Sande oberflächlich gemiſcht und ein Gefäß mit Waſſer aufgeſtellt. Nachdem die Tauben mindeſtens 12 bis 15 Stunden gehungert, wurde ihnen zwei Stunden das Futter zur beliebigen Aufnahme gereicht, und dann der Unterſatz hervorgezogen und der ganze Käfig auf einer ſorgſam abgefegten, entfernten Stelle placiert. Nach dieſen Verſuchen iſt die Verdauungszeit eine viel langſamere, als man ſich gewöhnlich vorſtellt. Nach 2 Stunden iſt allerdings die Verdauung bei allen, welche das Futter aufgenommen hatten in vollem Gange, bei keinem Individuum nach 8 Stunden ſchon vollendet. Selbſt nach 21 Stunden iſt nicht nur der Darm von Hederichſchalen gefüllt, ſondern auch der Magen und ſelbſt der Kropf laſſen die auf— genommene Nahrung noch erkennen. Am überraſchendſten iſt aber der Verſuch mit alten Tauben. Bei dieſen be— fanden ſich mindeſtens 32 Stunden nach der Maisfütterung 9 Maiskörner im Kropf 9 * * Fr * 124 Sqhleh, und bei einer trafen wir, wenn ich den Verſicherungen des Verkäufers trauen darf, nachdem annähernd 48 Stunden ſeit der Fütterung mit Reis verfloſſen waren, noch 472 Körner oder Bruchſtücke derſelben im Kropf und Magen an. Mag nun auch die Verdauung durch die Flugbewegung beſchleunigt werden, jo lehren uns doch die Verſuche, daß dieſelbe beſonders bei alten Tauben recht lang- ſam vor ſich gehen kann und daß dieſelben nach Belieben und Bedürfnis den Kropf ſchneller und langſamer entleeren. Wir haben alſo bei unſern Unterſuchungen nicht die poſitive Gewißheit, daß die Nahrung am Schußorte aufgenommen wurde. Wir ſehen denn auch große Abweichungen des Kropf- und Mageninhalts von demſelben. So war ein Individuum auf einem Rapsfelde erlegt, welches mit Weizen und Gerſte gefüttert wurde und dies hatte 731 Roggenkörner im Kropfe; ein anderes war auf einem mit Erbſen beſtellten Felde geſchoſſen und hatte Weizen im Kropfe; ein drittes enthielt Raps und hatte auf einem Erbſenſchlage gefeldert; ein Exemplar hatte end⸗ lich nur Unkrautſamen verzehrt und war auf einer Erbſenſtoppel geſchoſſen. Es iſt ferner nicht ausgeſchloſſen nach dem vorſtehenden Verſuche, daß Indi⸗ viduen, welche mit dem Schußort übereinſtimmende Nahrung beſaßen, ſolche ſchon Tags zuvor aufgenommen, und daß die Uebereinſtimmung nur eine zufällige war. So war eine Taube mit Kehricht Tags zuvor gefüttert und auf einem mit Sommer⸗ roggen beſtellten Felde getödtet, der Roggen machte durchaus den Eindruck, als ob er dem Kehricht entſtammte; eine andere war ebenfalls am Tage vorher mit Schütt- boden⸗Kehricht gefüttert, und die gefundenen Körner entſprachen auch demſelben, da⸗ gegen war einer dritten dieſelbe Nahrung verabreicht, ſie hatte aber nur Wickgemenge im Kropfe, welches von dem Felde, auf welchem die Taube geendigt, herrührte. Ebenſo konnten die Körner eines Exemplars nicht als Saatroggen angeſehen werden, ſondern waren wohl auf dem Hofe aufgepickt, trotzdem das Thier auf dem Saat⸗ felde erlegt wurde. Im großen und ganzen fanden wir die längſt bekannte Thatſache, daß die Tauben faſt ausschließlich Körnerfreſſer find, beſtätigt; nur lehrt uns die Unter- ſuchung wieder, daß es auch hier Ausnahmen zu geben ſcheint, welche ſich den ge— gebenen Verhältniſſen anbequemen und von der gewöhnlichen Ernährungsweiſe ab⸗ weichen. Paſtor Thienemann ſagt in ſeinem weiter oben ſchon erwähnten Gutachten „Die Nahrung der Feldtauben beſteht ausſchließlich in Körnern, zu denen ſich nur ausnahmsweiſe andere vegetabiliſche Stoffe geſellen, wie ſie denn z. B. auf den Höfen gekochte Kartoffeln und Brot freſſen und auf den Feldern ausnahmsweiſe auch ein Gerſtenkorn oder eine Erbſe mit daranhängendem Grün verſchlucken. Wenn ich ein⸗ mal mehrere kleine Gehäusſchnecken in einem Taubenkropfe fand, ſo waren dieſelben jedenfalls aus Verſehen als kleine Steinchen oder Samenkörnchen im Rummel mit 0 W. Nutzen und Schaden der Feldtauben. 125 heruntergeſchluckt worden.“ Wir glauben dieſen Ausſpruch des allverehrten Beſchützers unſerer gefiederten Welt etwas erweiteru zu müſſen, denn eine Taube hatte im Kropf 1305 gezählte Hederichknospen, die keinenfalls im „Rummel“ mit herunter⸗ geſchluckt ſein können, ſondern die ganz den Eindruck machten, als ob ſie abgerupft wären. Es beſteht alſo unter Umſtänden die Nahrung aus grünen Pflanzentheilen. Ferner ſcheint uns das zufällige Verſchlucken von Schnecken bei einem Exem⸗ plar ausgeſchloſſen. Die häufig auf der Wieſe ſich einfindenden Tauben haben hier ihre Nahrung dem Orte angepaßt, ſo daß dieſelbe keine anderen Einſchlüſſe im Kropf als Schnecken enthielt. Auch andere Individuen hatten mehr oder weniger große Schalenreſte verſchluckt, beſonders eins, bei welchem wir 18 Helix candidula Stud. vorfanden. Die Beobachtung eines Taubenliebhabers, daß er bei jungen Tauben, die noch geatzt wurden, wiederholt am Schnabel Schnecken gefunden habe, die unzweifelhaft den Jungen von den Alten zugetragen ſein mußten, wird durch zwei Exemplare beſtätigt, welche, wie das rahmartige Sekret beweiſt, fütterten, und ſpricht zugleich für unſere Annahme, daß die Feldtauben die Schnecken ſuchen. Wir konnten 9 Schneckenarten konſtatiren mit 45 Exemplaren in 10 Individuen. Zur Verdauung dienen den Tauben große Mengen von Steinchen, welche als Schäl⸗ und Zermalmungswerkzeuge gebraucht werden. Bei 16 Magen ſtellten wir mittelſt Verbrennung den Gehalt an Steinchen feſt. Es iſt von Intereſſe den großen Gehalt der Steinchen genauer durch die Tabelle kennen zu lernen. Gewicht Prozent Gewicht Prozent Laufende der der Steinchen „ Laufende der der Steinchen eee Nummer] Trocken⸗ nach der e Summer | Ziougen- nach der e ſubſtanz Verbrennung Trocken⸗ ſubſtanz Verbrennung] Trocken⸗ | g g ſubſtanz g g ſubſtanz L | 2,472 1,897 u 9. 2,119 1,769 | 83 5 3,087 2,551 83 10. 3311 2,421 73 2,334 2,004 86 11. 2,786 2,122 76 . 1,440 0,985 86 12. 2,815 2,488 88 5. 2,887 2,470 85 13. 2,891 2,320 80 6. 3,029 2,529 83 14. 2373 2,248 95 7. 2,031 1,593 78 15. 2,219 2,189 99 8. 2,253 2,085 92 16. 2,586 1,983 77 | Wir hatten abſichtlich theils ſolche Inhalte genommen, bei welchen uns der Gehalt an Steinchen gering und ſolche, bei denen er ſehr hoch zu ſein ſchien. Die 126 Schleh, ö geringſte Menge betrug immerhin 68 Prozent der Trockenſtubſtanz, die größte 99, 9 alſo beinahe lauter Steinchen, im Durchſchnitt betrug das Gehalt 87 Prozent. Die Unterſuchung des Darmes ergab folgendes Reſultat: Im weiteren Theil des Zwölffingerdarmes war der Inhalt ſtets flüſſig, höchſtens breiig, und enthielt geringe Mengen von Einſchlüſſen, dagegen wurde derſelbe im engeren Theil des Dünndarms und des kurzen Dickdarms feſt und zeigte oft reichliche Futterreſte. Mitunter ſetzen die Mengen des Eingeweidewurmes (Heterakis maculosa Rud.), die ſich meiſt im weiteren Theil des Zwölffingerdarmes aufhalten, in Erſtaunen; jo hatte ein Individuum nicht weniger als 112 Würmer von 2 bis 4 em. Länge; außerdem fanden ſich noch in vier Feldtauben 116 Heterakis. Der Schaden und Nutzen unſerer Feldtauben bezüglich ihrer aufgenommenen Nahrung wurde abgewogen, indem die Anzahl der im Kropf und Magen gefundenen ſchädlichen und nützlichen Samen gegenübergeſtellt wurde. Wir können nicht darauf verzichten, dieſe kurze Tabelle hier beizufügen. Unkrautſamen und der Landwirthſchaft ſchädliche Planzen. n Anzahl Sal Anzahl Del Namen der 5 Namen der Tan { Körner ben Körner ben Raphanus Raphanistrum Cirsium arvense Sep. 44% 3 L. und Sinapis arvensis Polyg. lapathifolium L. 144 19 L. 16616 47 „ Convolvulus L. 1595 34 5 Blüthen von Sinapis ar- | „ dumetorum L. 17 vensis L. 1305 *) 13050 1| , avieulare L. 20044 6 # Avena fatua L. | e 60 1 J Veronica opaca Fr. 3 1 Lolium italicum Al. 8 5 triphyllos L. 5799168 e Ir ig 5 hederifolia L. 994 2 Fumaria officinalis L. 813 „ agrestis 35 4 Festuca ovina L. 5 — Stellaria media Vill. 28 2 Ranunculus arvensis L. II Vieia augustifolia Rth. D Or polyanthemus 14 2 „ tetrasperma Much. 338 12 Galeopsis Tetrahit L. 69 566 „ hirsuta Koch 326 10 Plantago lanceolata L. SAN „ villosa Rth. 59 51Centaurea Cyanus L. 12 „ Grace 35 7 Galium Aparine L. 14 72 „ sepium L. 35 7 Milium effusum L. 6151 „ Raphe (deutlich er⸗ Sinapis alba L. 147 kennbar) 12 6 Lamium (?) 38 1 Lithospermum arvense L. 558 6 Ervum gracile Dl. 38 ade Mercurialis annua L. | ] 1|Stachys germanica L. 168 ) Nach J. Buckland (Journ. Roy. Soc. XVI 359) auf 400 Blüthen = 4000 Samen. Anzahl Zahl Namen 0 7 N Körner ben Valerianella olitoria Mnch. 3 2 Setaria viridis P. B. 19 vertieillata P. B. 111 2 Anagallis arvensis L. 3,62 Anthemis arvensis L. 2 1 Convolvulus arvensis L. 4 2 Lyeopsis arvensis L. . Euphorbia helioscopia L. 2 Rumex maximus Schob. 373 2 Anzahl Zahl Namen 1 5 | Körner ben Weizen (Tritieum) 6506 | 55 Dinfel (Tr. Spelta) 9 Roggen (Secale cereale) 8095 | 35 Gerſte (Hordeum vulgare) | 6524 | 57 Hafer (Avena sativa L) | 3165 49 Erbſen (Pisum sativum und arvense L.) 471 21 Pferdebohnen (Vie. Faba L.) 89 14 Wicken (Vieia sativa L.) 1090 | 20 Vieia narbonensis L. Bee Linſen (Lens eseulenta | 1 Nach.) 2 Buchweizen (Polygonum | 7 Fagopyrum L.) 425 Mais (Zea Mays L.) ee Raps (Brassica Napus L.) 4934 6 Hanf (Cannabis sativa L.) 2 Trifolium pratense . Amygdalus communis L. e . _ | 02 Im Ganzen 31461 124 Nutzen und Schaden der Feldtauben. Samen und Kulturpflanzen. 127 Anzahl Zahl Namen der Der Körner ben Spergula arvensis L. 4 2 Brachypodium pinnatum | P. B. 20 3 Lampsana communis L. Dt Sonchus oleraceus L. Zt Chrysanthemum Leucan- | themum L. 4 2 Unbekannte 97 Im Ganzen 63 292 102 Thieriſche und indifferente Einſchlüſſe. | | aa TC a ———— — — Namen Indivi⸗ duen Pflanzen. Colutea arborescens L. Pimpinella Anisum L. Juglans regia L. Alnus glutinosa Gaertn. Thiere. Helix pulchella Muell. „ lüiberta Muell. „ eandidula Stud. „ eandieans Muell. Achatina lubriea Muell. Hyalina vitrea Kol. Planorbis nitidus Moell. Suceinea putris Drap. Clausilia bidens Drap. Spinnen? Käferflügeldecken Coceinella-Larven Pupä coaretata Musca cadaverina L. Syrphus pinastri L. lanzen Im Ganzen | Thier | BL AH — S- = 0 — 0 — > — er) Anzahl der Zahl der Tau | ben⸗ Arm — — — 8 —— 2s — — —— — — — — — Ob 128 Schleh, Aus vorſtehender Tabelle kann ſofort erkannt werden, daß unſere Tauben ebenſo Schaden, als auch Nutzen ſtiften. Der Schaden liegt in der Aufnahme großer Mengen von Samen unſerer Kulturpflanzen, bei 127 Individuen ſind es die ſtattlichen Mengen von 31461 Körnern, demgegenüber beſteht der Nutzen im Verzehren von 63 392 Unkrautſämereien, darunter Unkräuter der ſchlimmſten Art, und zwar ſcheinen gerade dieſe zu ihrer Lieblings⸗ nahrung zu gehören. Hedrichkörner wurden 29 666 von 48, wilde Wicken 1913 von 63, Polygonum 2020 von 61 Exemplaren aufgenommen. Die Ueberſicht lieferte den Beweis, daß den Tauben die Wahl von den ge⸗ wöhnlich angebauten Kulturpflanzen nicht ſchwer wird, ja daß ſie auch andere Nahrung, die ihnen gelegentlich geboten wird, nicht verſchmähen. Wird das Feld mit Roggen beſtellt oder liegt ſolcher in der Stoppel, ſo finden wir große Mengen dieſer Getreideart im Magen und Kropf; treffen die Flüchter ein Maisfeld an, plündern ſie dies; zwei Individuen nahmen ihre Mahlzeiten mit den Kühen gemeinſchaftlich ein, und der Kropfinhalt duftete intenſiv nach Kuhſtall, der einer anderen Taube durch die auf⸗ genommenen Träber intenſiv nach Bier; während ein drittes Exemplar ihr Futter mit den Küken theilte und gekochte Kartoffeln ſich ſchmecken ließ. Manchmal ſchienen die Thierchen beſondere Feinſchmecker zu ſein, indem zwei ſich an Mandeln, eins an Wallnüſſen delektirten. Einzelne Individuen hatten erſchreckend viel Körner im Kropf und Magen, fo daß ohne genauere Unterſuchung dem Landwirth Angſt und Bange werden könnte. Einzelne Flüchter hatten 18 Pferdebohnen, andere 845 und 1177 Roggenkörner, 1726 und 1323 Rapsſamen, 915 Weizenkörner, 76 Pferdezahnmais, 65 und 61 Erbſen, 419 Hafer⸗ und 569 Gerſtenkörner. Dieſe Zahlen werden noch frappirender, wenn man ſie mit den in Deutſchland vorhandenen Feldtauben multiplizirt. Die Anzahl der in Deutſchland vorhandenen Tauben wurde berechnet nach einer in Herford angeſtellten Zählung. Der Herr Miniſter hatte die Zählung ver⸗ fügt und der Herr Landrath Dr. von Borries hatte die Ausführung in liebens⸗ würdiger Weiſe unterſtützt, ſo daß ein leidliches Reſultat zu verzeichnen war. Der 438 qkm große Kreis Herford zählte 8839 Feldtauben und 1361 Ziertauben. Dieſe Zählung kann keinen Anſpruch auf Genauigkeit machen, denn wir glauben, daß im Kreiſe Herford mehr gehalten werden. Die Angſt der Landwirthe und Städter, daß bei einer Zählung etwas im Hintergrund verborgen ſei, machte ſich auch hier in kraſſer Form geltend, ſo daß wir ohne fehlzugreifen 9000 Feldflüchter an⸗ nehmen können, beſonders da die Zählung im Februar vorgenommen wurde, in welcher Zeit bekanntlich der Taubenſtand an und für ſich am niedrigſten ſich ſtellt. Daß gerade der Kreis Herford geeignet iſt, eine Mittelzahl bezüglich der | Nutzen und Schaden der Feldtauben. 129 Taubenhaltung in Deutſchland zu liefern, glauben wir vertreten zu können. Er zählte 76427 Einwohner, auf je 1 qkm alſo 175, welches einer mittleren Bevölkerungsdichtig— keit entſpricht. Außerdem hält der Kreis, unſerer Meinung nach, nicht übermäßig viel Feldtauben, denn es kommen auf 8—9 Einwohner eine Feldtaube; auch iſt der Kreis nirgend von ausgedehnten Waldkomplexen durchzogen, es wechſeln größere Gelände mit durch Gehöfte und Feldhölzern unterbrochenen ab. So kann die ge— wonnene Zahl wohl als Grundlage der Berechnung für ganz Deutſchland dienen. Es würde ſich alſo die in Deutſchland verzehrten Körner folgendermaßen ſtellen: 127 Tauben Alſo haben 9000 Feldtauben] Im deutſchen Frucht⸗Art haben Körner des Kreiſes Herford verzehrt] Reich wurde verzehrt an Körnern | an Gewicht verzehrt Weizen | 6506 | 461926 | 17,091 kg | 21090 xy Noggen 8095 574745 13,219 „ 116312 „ Gerſte 6524 463 204 18,528 „ 22 864 „ Hafer 3165 224 715 6,517 „ 8 040 „ Erbſen 471 33441 6,220 „ 7675 „ Bohnen 89 6319 4272 3272 „ Wicken 1090 77390 ee 5443 „ Buchweizen 425 80 175 0,664 „ 81% „ Mais 77 5467 1,547 „ 1909 „ Raps 4934 350 314 1,752 2098 „ Die gewonnenen Zahlen ſcheinen bedeutend genug, beſonders wenn man bedenkt, daß dieſe Mengen bei einer Mahlzeit den Feldflüchtern zur Nahrung dienten, um dieſem Vogel das Prädikat „ſchädlich“ geben zu können. Bei näherer Betrachtung des Wann und Wie der Aufnahme aber verlieren die Mengen an Gewicht bezüglich ihrer Schädlichkeit. Wir müſſen vor allen Diugen bemerken, daß durchaus nicht alle Körner zur Saat⸗ oder zur Erntezeit aufgeleſen, ſondern zu andern Zeiten, theils von der Stoppel, theils vom Hofe geholt wurden. So waren von 6506 aufge- nommenen Weizenkörner faſt poſitiv ſicher 4552 auf der Stoppel aufgepickt, denn ſie waren zum bei weitem größten Teil mit ſchmutzigen Blütenſpelzen umkleidet. Wir bewieſen ferner durch Wägungen, daß ein großer Theil der Nahrung aus dem Kehricht entſtammen mußte und vollſtändig unbrauchbare Körner enthielt. — Dagegen ſteht es ebenſo unzweifelhaft feſt, daß auch größere Quantitäten zur Saat recht brauchbarer Körner den Flüchtern zur Atzung dienten. — Aber nicht nur durch Verzehren von Körnern können die Feldtauben ſchädlich werden, ſondern auch durch das Herausholen der ſchon gekeimten Saat. Wir hatten auf unſerem Verſuchsfeld wiederholt Gelegenheit zu beobachten, daß die Taube baddelt und ſich ſchon gekeimte Körner dadurch verſchafft. Auch der Kropfbefund beſtätigte dieſe überflüſſige Thätigkeit der Felderer, denn es fanden ſich gekeimte Körner, bei 10 130 Schleh, welchen die Keime 2,5 und 3 em maßen, alſo waren dieſelben ſicher nicht erſt im feuchten Kropf während des Transportes hervorgebrochen; nebenbei waren die meiſten dieſer gekeimten Körner ſo mit Erde behaftet, daß ſie faſt zweifellos aus der Erde geholt waren. — Ob die Tauben nun durch das Herausholen und Aufpicken der Saat bedeutenden Schaden anrichten, glaubten wir folgendermaßen löſen zu können. Wir verfuhren ſehr zu Ungunſten der Tauben. Wir nahmen eine lange Beſtellzeit an, nahmen alle in dieſer Zeit aufgenommenen Körner als auf dem Saatfelde aufgeleſen an, was nach obigen Ausführungen durch- aus nicht der Fall iſt, multiplizirten die Zahl der Körner mit den Nobbe'ſchen Ziffern und präſumirten, daß die Feldtauben jeden Tag in der Beſtellzeit zwei⸗ mal die Portion gefreſſen hatten. Dann wurde nach Maßgabe der „Bodenkultur des Deutſchen Reichs vom Kaiſerlichen ſtatiſtiſchen Amte Berlin 1881“ die in Deutſchland mit den verſchiedenen Früchten beſtellte Fläche in Rechnung gezogen, und zwar in der Weiſe, daß eine Mittelausſaat pro Hektar angenommen und danach die Ausſaat für das ganze Reich normirt wurde; dem gegenüber wurde die Menge der Körner, welche von den in Deutſchland nach der Herforder Zählung vorhandenen 14 391 903 Feldtauben verzehrt worden waren, in Kilogrammen ausgerechnet. Endlich wurde der Prozentſatz des gefreſſenen von dem ausgeſäeten Korne feſtgeſtellt. Beim Weizen nahmen wir noch ungünſtigere Bedingungen an, weil während der Saatzeit nur wenig von einem Saatacker eingeliefert waren. Wir griffen das⸗ jenige Exemplar heraus, was am meiſten während der Saatzeit gefreſſen hatte und nahmen an, daß alle 24 Exemplare täglich dasſelbe Quatum verzehrt hätten. Danach war von den in Deutſchland beſtellten Früchten durch die Feldtauben verzehrt: von der Gerſte 2,8, von dem Hafer 0,037, von den Erbſen 3,9, von den Wicken 2,1, von dem Raps 18,1, von dem Weizen 17,6 vom Roggen 0,32 Prozent. Diejenigen Kulturpflanzen, welche in geringer Ausdehnung gebaut werden, mußten allerdings bei dieſer Berechnung ſchlecht fortkommen, wenn noch dazu der Zufall wollte, wie beim Raps, daß verhältnißmäßig viel aufgenommen war, weil der Di⸗ viſor (die angebaute Fläche) naturgemäß ſehr klein wurde. — Trotz der ungünſtigen Vorausſetzungen iſt der von der Saat gefreſſene Prozentſatz ein geringer, gegenüber dem „zu viel“, welches jeder Landwirth ſeinem Acker anvertraut. Beiſpielsweiſe er⸗ geben die theoretiſchen Mengen des auszuſäenden Weizens: | Eine Weizenpflanze gebraucht 25 gem Wachsraum, auf 1 qm alſo 400 Körner; pro Hektar = 4000000; 1 kg hat 50 000 Körner, mithin 4000000 durch 50 000 = 80 kg. Wir haben das mäßige Ausſaatquantum von 156 kg angenommen, alſo 95 Prozent mehr als notwendig; ſelbſt wenn wir die geringſte vorkommende Ausſaat von 100 kg pro Hektar wählen, wäre die Ausſaatsſtärke immer noch um 25 Prozent zu hoch. 6 130 : r Vergleichen wir damit den für die Feldtauben auf möglichſt ungünstigen Wege gefundenen Prozentſatz, ſo iſt der immerhin nur 4,6 und gegenüber den 95 Prozent recht gering. Hätten wir die in der Saatzeit wirklich gefundenen Körner eingeſetzt, ſo wäre knapp 0,1 Prozent, alſo ein geradezu verſchwindend kleiner Theil der über— flüſſigen Saat das Reſultat geweſen. In unſerer Gegend und ſicher in vielen Feldmarken Deutſchlands kann man ein „zu dick ſäen“ beobachten, ſo daß eine gründliche Dezimirung der Saat, ſei es durch Tauben oder andere Körnerfreſſer, von großem Nutzen ſein kann. Das iſt auch der Grund, weshalb Niemand, bis auf wenige Ausnahmen, einen Schaden der Feldflüchter beobachtet hat. Bei der Ernte helfen die Tauben recht fleißig. Kaum ſehen wir das erſte Korn unter der Senſe fallen, ſo fallen auch die Tauben in größeren Schwärmen ein. Kropf und Magen ſind die Zeugen dieſer Thätigkeit. Ins Gewicht fällt bei dieſem Nahrungsſuchen, ob die Feldtauben beim Einfallen durch Ausſchlagen, durch Herumlaufen auf den Schwaden oder durch Setzen und Picken auf den Mandeln oder Puppen, außerdem Körner aus den Aehren, Hülſen oder Schoten verſtreuen. Durch Einfallen in ein reifes, noch nicht gemähtes Kornfeld glauben wir kaum, daß jemals Schaden geſchieht, denn es iſt uns niemals vergönnt geweſen, die Flüchter in ein ſolches überhaupt einfallen zu ſehen, auch haben wir von keinem Augenzeugen ſolches in Erfahrung bringen können. Wohl haben wir wiederholt geſehen, daß die Schwärme ſich in ſchnittreifen Erbſen und ein einziges Mal in ein noch nicht ge— ſchnittenes Rapsfeld niederließen. Daß ſie hierbei Körner verſtreuen werden, ſcheint mir außer Zweifel. Der Schaden in dieſen Feldern kann bei größeren Flügen ums angenehme Dimenſionen annehmen, denn eine Taube kann bequem 65 Erbſen und 1323 Rapsſamen aufnehmen und vielleicht das vierfache verſtreuen. Die Behauptung aber, daß die Tauben auf Schwaden und Mandeln fiber und Aehren auspicken, bedarf einer näheren Erörterung. Unſeren wenigen eigenen Be— obachtungen nach dieſer Richtung hin konnten wir keine Beweiskraft zumeſſen, wir hielten deshalb eine Rundfrage bei ſolchen Herren, welche Intereſſe für die Sache und auch Beobachtungsgabe beſaßen. Die Antworten möchten wir nicht unterlaſſen, auch hier auszugsweiſe wiederzugeben: Verneinend. Bejahend. 1. Daß die Tauben auf den Mandeln 1. Sie ſuchen ſich das Futter theils auf ſitzen, kommt nicht vor, daß aber die dem Felde, theils auf den Mandeln Tauben mit den Flügeln die Frucht und Stiegen, und habe ich ſelbſt ge— ausſchlagen, iſt entſchieden Erdichtung. ſehen, daß ſie auf den Stiegen ſaßen Brüning ⸗Weſtfalen. und pickten. Eberhard Sigmaringen. 10 * Nutzen und Schaden der Feldtauben. 131 132 an Schleh, Verneinend. Nach meinen Erfahrungen und nach von Bauern eingezogenen Erkundi⸗ gungen verletzten die Tauben weder Halme noch Aehren. Nie habe ich geſehen oder gehört, daß ſie ſich auf den Schwaden oder Stiegen befinden, um Nahrung zu nehmen. Birkl⸗ Sigmaringen. Tauben richten nie Schaden an durch Ausſchlagen der Aehren oder durch Aufſitzen auf Mandeln oder Stiegen; nur bei Erbſen machen ſie eine Aus⸗ nahme und können ſchon bei Anfang der Reife erheblichen Schaden zufügen. v. Zimmermann ⸗Sachſen. Tauben richten nie auf Mandeln und an Halmen Schaden an, nur vou der Erde oder dem Schwaden picken ſie Körner auf. Heinrichs⸗Sachſen. Tauben find wohl beim Wick- und Erbsgemenge in den Schwaden ge— gangen, auf den Mandeln habe ich ſie nie bemerkt. Albrecht⸗Brandenburg. Theile mit, daß Feldtauben in hieſiger Gegend dem auf dem Halme oder in Stiegen ſtehenden Getreide keinen Schaden zugefügt haben. | Hugnes⸗Weſtfalen. Soweit hier beobachtet wurde, iſt von Feldtauben keinerlei Schaden ange— gerichtet, dieſelben freſſen nur die frei an der Oberfläche liegenden Körner Schweling⸗Weſtfalen. Die von mir befragten Landwirthe behaupten, daß die Tauben während der Ernte keinen Schaden anrichten, Bejahend. 2. Die Tauben flogen auf die mit reifem Wickgemenge und Hafer beſtandenen Felder, knickten an den Rändern die Halme um und fraßen gehörig; noch mehr war dies der Fall auf den in Schwadeu liegenden Früchten, auf denen ganze Fluchten ſich niederließen. v. Grävenitz⸗ Brandenburg. Zuerſt, wenn das Getreide zu reifen beginnt, aber noch nicht gemäht iſt, knicken die Tauben die Halme und verzehren die Körner, ſteht es in Mandeln, ſitzen ſie theils auf denſelben, theils ſucheu ſie zwiſchen denſelben ihre Nahrung; blieben volle Fuder auf dem Hofe ſtehen, genierten ſie ſich nicht, auch dieſen ihren Beſuch abzu⸗ ſtatten. Carl⸗Haynsburg⸗Thüringen. Daß die Feldflüchter auf den Mandeln und auf umgefallenen Stiegen Ge⸗ treide ausdreſchen mit hackender Kopf⸗ bewegung kommt in ganz Oſtthüringen vor, lokal ſehr verſchieden. Daß die Tauben an den Rändern des an⸗ ſtehenden Getreides Halme herabziehen und ausſchlagen, habe ich ſehr viel und ſehr gewöhnlich geſehen. Die Trommel- und Haustauben thun es noch lieber als die gemeinen Feld— flüchter. Prof. Dr. Liebe⸗Thüringen. P — 10. tauben noch nie ſitzen ſehen, trotzdem 11. 13. 14. Nutzen und Schaden der Feldtauben. 133 Verneinend. nur die herumliegenden Körner auf— picken und auf den Mandeln ſitzend höchſt ſelten angetroffen werden. Rotzoll⸗Weſtpreußeu. Schaden durch Einfallen in ſtehendes Getreide, durch Sitzen und Picken auf den Mandeln ꝛc., iſt hier noch nicht bemerkt worden. Renne⸗Weſtfalen. Auf den Stiegen habe ich die Feld⸗ die Felder ſämmtlich um das Gehöft herumliegen. Nur bei Raps können ſie Schaden anrichten. Schreiber ⸗Weſtfalen. Die Tauben richten an den auf dem Halm ſtehenden Früchten niemals Schaden an, ebenſo fallen ſie auf Mandeln und Stiegen nicht ein. Mönnig Weſtfalen. Ich kann mit Beſtimmtheit berichten, daß niemals Tauben auf Mandeln angetroffen worden ſind; ſo lange noch Frucht ungemäht auf dem Felde ſteht, habe ich und meine Leute nie Tauben darauf beobachtet. Hicketier⸗Schleſien. Nie habe ich geſehen, daß Tauben auf Mandeln, Garben oder Schwaden ſitzen, ſondern ſie ſuchen die Körner ſtets von der Erde auf. Nur beim Raps habe ich einmal geſehen, daß ſie ſich auf den Schwaden ſetzten. Buſſe⸗Weſtfalen. Aus langer Erfahrung kann ich mit— theilen, daß es eine Seltenheit iſt, daß Tauben ſich auf Stiegen ſetzen, | bearbeiteten. Bejahend. 5. Theile ihnen mit, daß ich die Tau- ben ſehr häufig auf Mandeln reſp. Puppen angetroffen habe, daß Aehren— ausſchlagen und Halmeknicken bei noch nicht gemähten Getreidefeldern habe ich ſeltener bemerkt. Ampach⸗Thüringen. Im Anfang der Roggenernte ſah ich die Tauben auf den Mandeln und Puppen ſitzen; daß dieſelben in reife Saatfelder einfallen, die Halme knicken und Aehren ausſchlagen, habe ich noch nicht geſehen. Carl⸗Gr. Aga⸗Thüringen. Auf den Mandeln ſitzend habe ich die Tauben nur vereinzelt angetroffen, dagegen richten ſie Schaden beim Einfallen in die Erbſenfelder an. Hauffe⸗Thüringen. . Bei der Ernte bemerkte ich, daß die Tauben auf Roggenſtiegen ſaßen und mit ihren Schnäbeln die Aehren Ferner ſprangen ſie in einem Felde ziemlich reifen Buch— weizens hoch und verzehrten den Sa— men, hierbei wurden auch Körner ab- geriſſen und fielen zur Erde. Kuhn ⸗Schleſien. Die Tauben find auf Mandeln, Pup— pen und in dünnſtehendem Getreide anzutreffen. In den Mandeln der Rapsfelder richten ſie oft großen Scha— den an. Schlick⸗Thüringen. 134 Schleh, Verneinend. Bejahend. ſie tummeln ſich ſonſt immer auf der 10. Erlaube mir zu erwiedern, daß die Stoppel herum. Feldtauben im Anfang der Ernte Silberſiepe⸗Weſtfalen. meine Mandeln ſtark beläſtigten, fo- 15. Erlaube mir Ihnen mitzutheilen, daß bald aber größere Flächen gemäht Tauben niemals in Fruchtfelder ein— waren, ſich nur in den Stoppeln fallen, auch knicken ſie keine Halme. herumtummelten. Sie ſetzen ſich ſehr ſelten auf Mandeln Spangenberg-Thüringen. oder Stiegen, ausgenommen beim Buchweizen. Schmitz ⸗ Rheinprovinz. 16. Daß die Thierchen auf den Getreide- haken irgend Schaden gethan und auf noch nicht gemähten Schlägen ſich niedergelaſſen haben, habe ich noch nie bemerkt. Schubert⸗Oſtpeußen. Die Ueberſicht dieſer Antworten giebt wohl dem ſcharfen Beobachter unſrer Vogelwelt, Herrn Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera recht, der uns ſchreibt: „Daß die Feldflüchter auf den Mandeln und auf den umgefallenen oder ſchiefſtehenden Puppen Getreide ausdreſchen mit hackender Kopfbewegung kommt in ganz Oſt⸗ thüringen vor, aber lokal ſehr verſchieden häufig. Bisweilen ſieht man es tagelang viel hinter einander, dann wieder nicht mehr auf demſelben Felde. Oft ſieht man es in der einen Gegend ſehr häufig und gar nicht weit davon oder tags darauf faſt gar nicht. Immer aber geſchieht es nur von kleinen Flügen, wie ſie eben gern zur Brutzeit ausfliegen, und nicht von größeren Schwärmen!“ Derſelbe theilt uns auch mit, daß in einem Dorf ihm die Bauern beſtimmt verſichert hätten, es wären nur die weißen und weißfleckigen, welche ſich auf Stiegen und Puppen niederließen. Wir dürfen wohl, wenn die Beobachtung richtig iſt, dieſe auf einen Zufall zurückführen. Alle 7 Antworten aus Thüringen lauten übereinſtimmend dahin, daß die Tauben in jenen Gegenden durch Sitzen auf den Mandeln und Schwaden, durch das Herab— ziehen der Halme an den Rändern, wobei ein Knicken unvermeidlich, Schaden an⸗ richten; alle Nachrichten aus Weſtfalen, Rheinland, Oſt- und Weſtpreußen ſtellen dieſe Gewohnheit der Tauben in Abrede; in Sigmaringen und Schleſien ſind die Berichte getheilt. Verſchiedene Herren ſchränken allerdings ihr günſtiges Votum dadurch ein, daß | 1 ſie bei Raps und Erbſen Ausnahmefälle konſtatirten und daß hin und wieder eine Taube ſitzend auf einer Stiege angetroffen wurde. SS 8 Nutzen und Schaden der Feldtauben. 135 Wir haben wieder mal den Beweis, daß dieſelbe Spezies in den verſchiedenen Landſtrichen andere Gewohnheiten annehmen kann, ſo daß ſie dort läſtig wird und erheblichen Schaden zufügt, hier ihre nützliche Seite mehr in den Vordergrund tritt. Ein Ausſpruch des Herrn Geheimen Regierungsrath Prof. Dr. Kühn richtet das Augenmerk noch auf einen andern Punkt betreffs der Schädlichkeit der Feld— tauben, er ſagt (Monatsſchrift 1884, S. 34): „Das Vorhandenſein zahlreicher Un— krautſamen iſt noch kein ſicherer Beweis für vollſtändige Vernichtung derſelben; weniger quellungsfähige Samen können zum Teil ungeſtört und ohne Verluſt ihrer Keim— fähigkeit den Darm der Taube paſſieren; es iſt ſogar wahrſcheinlich, daß in Folge des Durchfeuchtens im Kropfe und Darm ſchwerer keimende Samen raſcher zur Entwicklung gelangen.“ Einer ſolchen Erklärung aus der autoritativen Feder unſeres hochverdienten Lehrers, unterſtützt durch Verſuche, welche eine Anzahl unverdauter, keimfähiger Körner der weißen Lichtnelke (Melandrium album Garke) bei Fütterung von Gerſte und Samen derſelben ergaben, nicht beipflichten zu können, wird uns ſchwer und doch ſind wir außer Stande, nach den Unterſuchungen des Darminhalts von 96 Feldtauben plus der 16 Verſuchstauben irgend welchen Schaden nach dieſer Richtung hin kon— ſtatiren zu können. In keinem einzigen Darminhalt war es uns möglich, keimfähigen Samen zu entdecken; ſelbſt bei den Verſuchstauben, die mit überjährigem Hederich allein und im Gemiſch mit Getreide gefüttert waren, konnten wir keinen einzigen Samen auffinden. Damit iſt nicht geſagt, daß nicht doch ein oder das andere Unkrautſamenkorn den Magen und Darm unverdaut paſſiren könnte, denn wir fanden bei einer Taube ein halbes Korn Veronica, bei einer andern eine unvollkommene Achäne von Centaurea Cyanus L., bei einer dritten ein halbes Weizenkorn ꝛc., ebenſo könnte auch zufällig ein ganzes Korn durchſchlüpfen; aber wir können nicht zugeben, daß dadurch die Feldtauben ſchädlich würden. Weder bei gemiſchtem Getreide- und Unkrautſamen, noch bei reiner Unkrautnahrung war es uns möglich, keimfähige Körner im Darm zu finden, ſo daß der Regel nach jedenfalls keine Körner den Verdauungskanal unverdaut durchwandern. Wir möchten uns der Anſicht des Paſtor Thienemann anſchließen: der Schaden der Feldtauben nach dieſer Richtung hin iſt gleich Null zu ſetzen. Die Frage zu löſen, ob im Tauben-Dünger beim Füttern oder auch ſonſt nach dem Schlage verſchleppter Unkrautſamen auf das Feld oder in den Garten gebracht dieſelben verunkrauten kann, hatten wir keine Gelegenheit zu prüfen; können uns aber wohl auf das übereinſtimmende Urtheil der beiden vorgenannten Herren ver— laſſen, welche die Ueberzeugung gewonnen hatten, daß die Keimungsfähigkeit der Samen in dieſem ſtickſtoffreichen, ſchnell Ammoniak bildenden Dünger vollſtändig 136 Schleh, = Eu: vernichtet wird. Paſtor Thienemann führte den Beweis durch Verſuche, welche er in Töpfen veranſtaltete, in denen er nach zwölf Wochen zwei Pflanzen von Cheno- podium album erhielt, Profeſſor Kühn, indem er dieſen Dünger Jahre lang für die Gartenbeete verwandte und nie Verunkrautung bemerkt hatte. Von der Anklage, daß die Feldtauben auf irgend eine Weiſe Unkraut ver⸗ ſchleppen, müſſen wir dieſelben nach dem Ausfall unſerer Unterſuchungen und dem Urtheile der genannten Herren freiſprechen. — Den Schaden, den die Tauben durch Kalk auspicken an den Dächern anrichten, können wir noch erwähnen, er fällt kaum ins Gewicht, beſonders da derſelbe leicht zu pariren iſt, wenn man dafür Sorge trägt, daß neben grobem Sand auch ſtets Mörtelſtückchen auf den Boden des Schlages geſtreut werden. Dieſem Schaden gegenüber ſteht nun nicht unbedeutender Nutzen. Schon erwähnt wurden die großen Mengen von Unkraut, welches die Flüchter verzehren. Manchmal haben ſie auch beſonderen Appetit: ſo fanden wir bei einem Exemplar 1305 Hederich⸗ blüthen, gewiß eine nicht zu verachtende Thätigkeit, die wir leider nur bei einem Individuum fanden. Berechnen wir das Unkraut in gleicher Weiſe wie die Kulturſämereien, jo er⸗ giebt ſich folgendes Bild: Es waren Körner verzehrt Im deutſchen Reich Art des Unkrauts von ven ee: würde die Summe 127 Tauben Kreifes Herford der Körner betragen ih, 29 666 2 102 315 2 594 275 909 eee ,, 1918 135 567 167 290 916 VETOBIEHR Rare ed 1089 TS 92 949 082 Fenn, er 2020 143 149 176 647 192 Ueberhaupt Unkrautſamen . | 63 292 4485 260 | 5533617 792 In ganz Deutſchland hätten die Tauben verzehrt 2 407 656 552 022, wenn wir annehmen, daß die Feldtauben jeden Tag mit Ausnahme der Beſtell- und Saatzeit und der drei Wintermonate zweimal gleiche Portionen für ſich in Anſpruch nähmen. Das ſind Zahlen, die ſicher nicht gering zu veranſchlagen ſind, wenn ſie auch die von Snell berechneten Zahlen (14 391 900 000 000) lange nicht erreichen. Würden wir allerdings den Verzehr der Unkrautſämereien nicht auf 129, ſondern wie Snell auf 188 Tage berechnet haben, würden ferner auch die Unkrautſämereien, welche in der Saatzeit aufgenommen wurden, eingerechnet worden ſein, hätten wir dieſe nicht nur erreicht, ſondern noch übertroffen, beſonders wenn wir nicht darauf verzichtet hätten, wie Snell aus den Fragmenten im Magen und Darm ein Plus von Samen zu konſtruiren. J Nutzen und Schaden der Feldtauben. 137 Die Nützlichkeit der Feldtauben bezüglich des Unkraut-Vertilgens ſcheint uns außer Zweifel zu ſtehen. Faſt den ganzen Winter, mit Ausnahme der Zeit, wo der Boden mit Schnee bedeckt iſt, ſuchen ſie die Fluren ab. So waren am 4. December Tauben geſchoſſen, die nach Ausſage des Einſenders, ohne gefüttert zu ſein, auf einem beſtellten Roggenſtück oder Haferſtoppel gefeldert hatten. Eine derſelben hatte dabei 3933 Hederichkörner, 56 Knöterich und 56 andere Unkräuter genommen, im ganzen alſo 4045 Körner. Nehmen wir mal einen Flug von 100 Tauben, die vom 15. October bis 1. April Unkraut ſuchten und gleiche Mengen fräßen, mit Ausnahme der Tage, bei welchen der Schnee es verbietet (im Winter 1888 — 89 waren es 31 Tage) und daß vom 1. Juni bis 15. Juli es abermals geſchähe, ſo könnte dieſe Flucht, wenn wir die Menge Unkraut von Putenſen per Quadratmeter 39000 annähmen, doch etwa 2000 qm, alſo faſt einen Morgen, vollſtändig von Unkraut geſäubert haben und in ganz Deutſchland würden ſie 6173 ha von dieſer Plage gänzlich befreien. — Nach unſerer Meinung iſt es ganz gleichgültig, wie das Unkraut aufgeleſen wurde, auf dem Felde oder auf dem Hofe, aus dem Dünger oder aus dem weg— geworfnen Kehricht, es iſt durch die Aufnahme unſchädlich gemacht, was beim Liegen auf dem Hofe und noch viel weniger auf dem Dünger nicht behauptet werden kann. Die Feldtauben gewähren außer dieſem Nutzen noch ſolchen, welcher auf einem anderen Gebiete liegt. Die Taube iſt ſicher ein Volksnahrungsmittel. Sie ſchmückten die Tafeln der Patrizier in Rom, nachdem fie vorher auf großen Schlägen gemäſtet worden waren, und ſind auch heute noch als Matelot und Coteletten von Tauben u. ſ. w. für den feinſten Tiſch eine Zierde. Sie ſind nicht weniger ein beliebter Braten des Bürger- und Bauernſtandes, ja gerade auf dem Lande find fie neben jungen Hähnchen in der Spätſommer⸗ und Herbſtzeit oft das einzige beſſere Fleiſch. Die Söhne des Mars würden den oft geſchmähten „Manöver-Adler“ (wie der Taubenbraten ſcherzweiſe in den Quartieren ſeiner Häufigkeit wegen bezeichnet wird) recht vermiſſen. Oft ſind aber die jungen Tauben ihres zarten und leicht verdaulichen Fleiſches halber oder Taubenbouillon für Kranke und Rekonvaleszenten das einzige kräftigende Nahrungsmittel. Die Brieftaube, ein echter Feldflüchter, hat durch Ueberbringen von Depeſchen Bedeutung erlangt und könnte im Fall eines Krieges nicht unerhebliche Dienſte leiſten. Der Nutzen dieſer Raſſe kann ein nationaler genant werden. Endlich können wir nicht unerwähnt laſſen, daß der 1,76 Prozent Stickſtoff haltende Dünger für Gärten zum Treiben, für Gerbereien zum Beizen ſchätzenswerthe Vortheile bietet. Reſumiren wir den Schaden und Nutzen: 138 Schleh, Der Schaden der Feldtauben entſteht: 1. durch Verzehren von Kulturſämereien, hauptſächlich Raps, Erbſe Wicken, Getreidearten, Buchweizen und Mais während der Beſtellung und Ernte, wobei event. ein Knicken der Halme, Verſtreuen der Körner zu beachten iſt; durch Herausbaddeln der Körner mit dem Schnabel, event. auch durch Ab— reißen der jungen Pflanzen; 3. durch Auspicken des Mörtels auf den Dächern. Der Nutzen der Feldtauben entſteht: Io) 1. durch Verzehren großer Menge Sämereien unſerer ſchädlichſten Unkräuter, welche ſie nicht verſchleppen; durch Verzehren von Blüthen ſchädlicher Unkräuter (Hederich); durch Lieferung von Fleiſch; durch Erzeugung von Dünger; durch Beſorgung von Depeſchen im Kriegsfalle. Wir ſind der Meinung, daß der Schaden durch den Nutzen vollſtändig paralyſirt wird und daß nur in wenigen Fällen, wie bei der Mais-, Raps⸗ und Erbſenſaat reſp. Ernte, erheblicher Schaden angerichtet werden kann, der ein energiſches Ein⸗ ſchreiten gegen die Tauben rechtfertigt. | Soweit es die Tanben der Landwirthe betrifft, werden uns wohl dieſelben bei- ſtimmen. Der leidige Gegenſatz zwiſchen Stadt und Land tritt hier aber in den Vordergrund. „Die Taubenhaltung und Fleiſchproduktion, ſoweit ſie ſich auf die Tauben in der Stadt bezieht, geſchieht aber auf unſere Koſten!“ rufen die Landwirthe uns entgegen. Wenn wir aus dem Vorſtehenden die Ueberzeugung gewonnen hätten, daß dem ſo iſt, ſo wären wir ſicher unter den erſten, welche ſich damit einverſtanden erklärten, dem Landmann geſetzlichen Schutz zur Seite zu ſtellen. Wir haben aber nach reiflichem Erwägen uns zu der Anſicht bequemen müſſen, daß die Feldtaube nicht ſo ſchädlich iſt, um ihr einfach den Prozeß zu machen, ſondern daß ihr Nutzen, wie ſchon erwähnt, die Wagſchalen mindeſtens im Gleichgewicht hält. — Nun kann allerdings unter beſonders ungünſtigen Umſtänden der Fall eintreten, daß das Verlangen, ſich gegen die plündernden Tauben zu ſchützen, ein gerechtfertigtes erſcheint; deshalb aber ganz allgemein eine Erſchwerung des Taubenhaltens eintreten zu laſſen, halten wir nicht für gerechtfertigt. Solche Erſchwerungen könnten ſich unſerer Meinung nach erſtrecken auf: 1. das Verbot für alle Nichtlandwirthe, Tauben zu halten, event. nur nach Erlegung einer Abgabe; das Normiren der Taubenzahl nach der Größe des Beſitzes, event. wie I.; Verfügung von Sperrzeiten; eine Steuer, die überhaupt auf das Halten von Tauben gelegt wird; auf unbeſchränktes Abſchießen der Tauben. * A ge po en MD Nutzen und Schaden der Feldtauben. 139 Alle dieſe Beſtimmungen müßten Luſt und Liebe zur Taubenhaltung unter— graben. Wo derartige Beſchränkungen noch zu Recht beſtehen, wird meiſt von ihnen kein Gebrauch gemacht. Thatſächlich beſteht in den meiſten Provinzen eine unumſchränkte Taubenhaltung. Hier im Minden⸗Ravensbergiſchen Lande iſt es nach dem Gewohnheitsrecht nur den Ackerbautreibenden geſtattet, Feldflüchter zu halten, aber ſoviel wir auch Erkundigungen einzogen, konnten wir doch nicht in Erfahrung bringen, daß jemals einem Städter oder Gewerbetreibenden auf dem Lande das Taubenhalten unterſagt worden wäre. Wir ſelbſt haben keine Tauben, haben aber oft mit Freuden beobachten können wie ſtädtiſche Bewohner mit Liebe die Taubenzucht treiben. Soll man ihnen dieſe oft einzige Beſchäftigung, welche ſie dem alltäglichen, verknöchernden Geſchäftsdienſt entführt, rauben? Wir würden ohne zwingende Nothwendigkeit es für unrecht halten. Sicher würde die Züchtung guter leiſtungsfähiger Brieftauben noch weit im Felde ſein, wenn nicht Privatperſonen mit Luſt und Liebe die Züchtung betrieben hätten. Ein ſolcher Züchter kennt jede Taube, giebt ihr mitunter Zärtlichkeitsnamen und weiß genau, wieviel Kilometer dieſe und jene Taube in der und der Zeit zurüd- gelegt hat. Von den ſchnellſten und tüchtigſten Tauben züchtet er weiter. Auf dieſe Weiſe haben wir jetzt oft ſchon erſtaunliche Erfolge von Pünktlichteit und Sicherheit des Brieftauben⸗Verkehrs. Dieſem Sport würde mit einer Einſchränkung des Tauben- haltens der Todesſtoß gegeben werden, denn wenig Landwirthe würden ſich zur Brieftaubenzucht verſtehen, weil ihnen die Züchtung anderer, werthvollerer Thiere näher liegt. Hier in Weſtfalen beſtehen acht verſchiedene Geſetzbeſtimmungen betreffs der Taubenhaltungen, aber nirgends haben wir vernommen, daß dieſe ſtreng durchgeführt werden. Wir glauben keineswegs, wenn heute geſetzmäßig das Taubenhalten frei— gegeben würde, daß eine größere Anzahl von Tauben gehalten würde, denn das Halten von Tauben iſt für einen Nichtlandwirth mit nicht unbedeutenden Koſten verknüpft, weil die Feldtauben mindeſtens vom November bis März, von Mitte Mai bis Mitte Juli, in der Hauptbrütezeit, auf dem Hofe oder Schlage gefüttert werden müſſen. Man irrt ſehr, wenn man glaubt, die Städter fütterten die Tauben nicht; es mag ja ſein, daß hier und da ein Taubenhalter die Tauben zwingt, auf anderer Leute Tenne ſich ſatt zu freſſen, es werden aber in den Städten ſeine Thiere bald ihm den Rücken kehren und ſich beſſer ſituirten Schlägen anſchließen; dagegen kann auf Dörfern, wo auf jedem Hofe, in jedem Hauſe reichlich Nahrung winkt, das Kunſt— ſtück, Tauben zu halten, ohne dieſelben zu füttern, leichter gelingen. Eine Steuer nur den Städten zu dekretiren, würde ſeine Schattenſeiten haben, denn warum ſoll der Landmann, der den Tauben abhold, weil er ſich von ihrem überwiegenden Schaden überzeugt hält, (und deren kann ich aus den Briefen eine ganze Anzahl 140 Schleh, Nutzen und Schaden der Feldtauben. nachweiſen), die große Zahl ſeiner Nachbartauben mitfüttern, er wird wohl nicht mit Unrecht verlangen können, daß dieſe Tauben auch beſteuert werden, oder man zwingt ihn wider ſeinen Willen, Tauben zu halten; denn, wenn auch die Zahl der Tauben nach dem Beſitz normirt wäre, würde ſich dieſe geringe Anzahl doch nicht geniren, des Nachbars Felder zu beſuchen, und derſelbe wäre in gleicher Lage. Ein anwendbares Mittel, dem Schaden vorzubeugen, beſteht darin, den lokalen Verwaltungsbehörden das Recht einzuräumen, Sperrzeiten anzuordnen. Wir verhehlen uns nicht, daß dasſelbe auf dem Lande, wo gut eingerichtete Taubenſchläge oft ganz fehlen, die Flüchter unter dem Dach, im Stall oder auf der Tenne an- gebrachten Käſten niſten, auf Schwierigkeiten ſtoßen wird; auch wird es nicht immer leicht ſein, den Kontravenienten feſtzuſtellen; aber immerhin iſt es ein Mittel, den Landwirth zu ſchützen gegen Schaden, den ihm etwa große Fluchten be⸗ nachbarter Städte zufügen. Die Sperrzeiten würden ſich hauptſächlich auf die Erntezeit zu erſtrecken haben, nicht wie eine Polizeiverordnung in Werl beſtimmt, vom 20. April bis 18. Mai und vom 1. Oktober bis 1. November, alſo in einer Zeit, in welchem die Flüchter wenig Schaden anrichten, dagegen die Zeit, in welcher ſie ihre unnütze Thätigkeit am meiſten äußern, ganz unberückſichtig läßt. Eine Sperrzeit, von Mitte Juli bis Mitte Auguſt (lokalen Bedürfniſſen Rechnung tragend) würde unſerer Meinung nach einzuſchieben ſein, weil dem größten Schaden dadurch vorgebeugt werden könnte. Aber ſchon dieſe Maßregel muß die Taubenhaltung in nicht geringem Grade erſchweren, die Brüteluſt der Tauben hört während der Sperrzeit auf oder iſt doch ſehr beſchränkt, die Nachkommenſchaft ſoll in der Sommer-Sperrzeit Nahrung ſuchen lernen, Brieftauben ſollen ihre Probeflüge halten, es iſt die Zeit, wo Niemand Futter zu ſtreuen braucht. Deshalb möchten wir nochmals betonen, daß nur dort, wo der Schaden größere Dimenſionen anzunehmen droht, von dieſer Maßregel Gebrauch gemacht werden darf. Beſſer wäre es, ganz von dieſer Maßregel Abſtand zu nehmen, und lieber das Abſchießen in der Zeit, in welcher die Feldtauben Schaden anrichten können, zu geſtatten. Dem Jagdberechtigten das Abſchießen der Tauben einzuräumen, beſonders wenn derſelbe die geſchoſſenen Tauben der Gemeinde zur Verfügung ſtellen muß, halten wir für unbedenklich, dem nichtjagdberechtigten Grundbeſitzer könnte aber die Er⸗ laubniß des Abſchießens leicht zum Deckmantel für Jagdfrevel dienen; ihm kann als Erſatz die Erlaubniß zum Fangen der in ſeinem Felde einfallenden Tauben gegeben werden. — Bezüglich letzterer Ausführungen der anzuwendenden geſetzlicheu Maßregeln könnte es ſcheinen, als folgten wir einem natürlichen Triebe, den jeder Liebhaber der Vogelwelt unwillkürlich in ſich fühlt, die Hände über unſere Feldtauben ſchützend Lindner, Zu R. Müller's: „Zur Entwicklungsgeſchichte des Bläßhuhns“. 141 zu breiten. Wir können aber verſichern, daß es keine ſentimentalen Anwandlungen waren, die uns zu der Anſicht führten, daß allgemeine Beſtimmungen, welche das Taubenhalten erſchweren oder gar unmöglich machen, unthunlich ſeien. | Wir haben die Ueberzeugung gewonnen und auch vertreten, daß der Nutzen den Schaden aufwiegt; wir können uns andrerſeits trotzdem nicht verhehlen, daß unter Umſtänden nicht unbedeutender Schaden beim Feldern großer Fluchten er— wachſen kann, und daß in dieſem Falle den lokalen Behörden Mittel an die Hand gegeben werden müſſen, um die Geſchädigten zu ſchützen oder ſchadlos zu halten. Wir geben zum Schluß unſrer Ueberzeugung nochmals Ausdruck, daß wir keine Veranlaſſung ſehen, die Taubenhaltung in ihrer jetzigen Ausdehnung durch geſetzliche Beſtimmungen einzuſchränken, würden es aber mit Freuden begrüßen, wenn dieſe Materie einheitlich geregelt würde, um willkürlichen Verfügungen der verſchiedenen Polizeiverwaltungen vorzubeugen. Einige Bemerkungen zu dem Aufſatze des Herrn Rudolf Müller (Leipzig): „Zur Entwickelungsgeſchichte des Bläßhuhns“. Von Fr. Lindner, Zeitz. Der in Nr. 2 d. Ihrg. unſerer Monatsſchrift veröffentlichte Aufſatz des Herrn R. Müller über die Entwickelungsgeſchichte des Bläßhuhns erregte mein Intereſſe um ſo mehr, als auch ich vielfach zu entwickelungsgeſchichtlichen Studien die Gelege und Jungen des Bläßhuhns geſammelt habe; es ſei mir daher erlaubt, einige ergänzende bezw. berichtigende Bemerkungen jenem Aufſatze hinzuzufügen. Da muß ich zunächſt eine Anſicht des Herrn Müller korrigiren, die ich ſelbſt bis zum Sommer 1889 theilte, bis ſich mir durch vielfache Experimente das Gegen— theil als das richtige herausſtellte. Auch ich wollte bebrütete Eier, und zwar von Fulica atra, Podiceps eristatus (Haubentaucher), Podie. auritus (Ohrentaucher), Sterna hirundo (Flußſeeſchwalbe) und Nema ridibundum (Lachmöve) im „Wärme— kaſten“ und zwar in dem auf konſtante Wärme genau regulirbaren Brutapparat des zoologiſchen Inſtituts in Königsberg ausbrüten laſſen. Das Reſultat des wiederholten Verſuches war ein rein negatives: nicht ein einziges von den vielen geſammelten und durchaus ſorgfältig transportirten Eiern der genannten Vogelſpecies kam aus; alle faulten vielmehr, unzweifelhaft aus dem Grunde, weil die Brutwärme des Haus— huhns, auf welche der Apparat eingeſtellt war, für dieſe Species viel zu hoch war; dagegen hatte ich bei einem Doppelei einer Haushenne, welches mir per Poſt aus der Tilſiter Gegend zugeſchickt worden war und alſo eher durch den Transport hätte leiden können, den beſten Erfolg mit dem Brutapparat. Experimental erfuhr 142 Lindner, Zu R. Müller's: „Zur Entwicklungsgeſchichte des Bläßhuhns“. ich ſo, daß die Eier derjenigen Vögel, welche an feuchten oder direkt naßkalten Stellen brüten, wie z. B. die oben genannten, bei künſtlichen Brutverſuchen durch die zunächſt normal ſcheinende Temperatur der Brutwärme des Haushuhns (und der meiſten trocken⸗ und warmbrütenden Vögel) in ihrer embryonalen Entwicklung nicht nur nicht gefördert, ſondern direkt vernichtet und abgetötet werden. Unter den genannten Species gilt dies von Fulica atra noch am wenigſten — denn dieſe brütet trocken und verhältnißmäßig noch warm, — am meiſten jedoch von den Taucherarten, deren Eier ja auf einem mit naſſen Schlamme und Pflanzendetritus ausgelegten Neſte liegen und überdies von gleichem naßkalten Stoffe meiſtens bedeckt ſind; denn die Alten ſitzen nur kurze Zeit am Tage — nachts vielleicht mehr — auf dem Neſte. Beim Verlaſſen des Neſtes verſtecken ſie die Eier durch Zudecken mit dem genannten Wuſt, der auch bekanntlich in kürzeſter Zeit die urſprünglich reinweiße Farbe der Eiſchalen trübt und zu einer ſchmutziggelben macht. Bei Fulica atra fand dieſes Verfahren nun zwar nicht ſtatt, und iſt mehr Blutwärme für die Entwickelung der Eier er⸗ forderlich, doch meine ich, durch die Experimente zu der Behauptung berechtigt zu ſein, daß jene Bläßhuhneier, die Herr Müller in den Wärmekaſten legte, nicht wegen, ſondern trotz der Wärme im künſtlichen Brutraume ausgekommen ſind. Die verhältniß⸗ mäßig ſchon weite Entwickelung der Embryonen machte fie für die künſtliche und ſchädliche Wärme widerſtandsfähiger. Das unheimliche Piepen der Jungen hörte ich in einem Falle ſchon mehrere Stunden vorher, ehe die Schale des Eies, welches vor mir auf dem Tiſche des Laboratoriums lag, geſprengt wurde! Ein „ſingendes Ei“ war mir etwas Neues und Ueberraſchendes. Die ausgeſchlüpften, recht buntgefärbten Jungen des Bläßhuhns, die ſich zunächſt mit Vorliebe in Geſellſchaft der führenden Alten im Schilfdickicht verborgen halten, beleidigen durch ihr unangenehmes, unabläſſiges Gepiepe das Ohr des Ornithologen, das ſonſt melodiſcheren Vogelſtimmen lauſcht; erſt gegen Ende des Sommers ſchweigen die Piepvirtuoſen. Entbehrt nun auch der Sumpf und das Schilfdickicht des ſchönen Waldkonzertes unſerer gefiederten Sänger, ſo bietet er doch dem Ornithologen ſo viel neues, anziehendes und eigenartiges aus dem Vogelleben, daß ich gerade dieſen Gegenden ſtets gern beſondere Aufmerkſamkeit gewidmet habe. Herrn Müller, ſowie andere Leipziger Ornithologen möchte ich, falls es ihm noch nicht bekannt ſein ſollte, bei dieſer Gelegenheit daher noch beſonders aufmerkſam machen auf das ſchöne Beobachtungsgebiet, welches die Teiche, kleinen Sümpfe und von Schilf und dichtem Buſchwerk lauſchig umgebenen Lachen zwiſchen Möckern und Leutſch (in der Nähe der Thüringer Bahn) bieten; ich habe im Jahre 1883 und 1884 mit ornithologiſchen Freunden ſo manchen Nachmittag in dieſem vogelreichen = 5 und intereſſanten Gebiete zugebracht und hübſche Beobachtungen gemacht. G. Clodius, Einiges aus dem Vogelleben in Mecklenburg i. J. 1889. 143 Einiges aus dem Vogelleben in Mecklenburg im Jahre 1889. Von G. Clodius, cand. theol. Von verſchiedenen Seiten wurde die Klage laut, daß im Winter 1888/89 eine bedeutende Abnahme der gewöhnlich im Winter bei uns verkehrenden Vögel zu ver— zeichnen ſei; dieſer muß auch ich beiſtimmen, denn ſowohl aus Roſtock von einem ſehr kundigen Ornithologen, als auch aus meiner Heimath im ſüdweſtlichen Mecklenburg wurde mir berichtet, daß ſich in dieſem Winter trotz ſtarker Kälte und ziemlichem Schnee nur ſehr wenige Vögel am Futterbrett gezeigt hätten, die ſonſt ſtändig zu finden ſind; beſonders fiel die äußerſt geringe Zahl von Sitta europaea, unſerm luſtigen Kleiber, auf, der ſonſt ſo leicht nicht am Futterbrett fehlt, wo Wald nicht allzufern iſt. Auch von einer auffällig geringen Anzahl der Sommervögel im ver— gangenen Sommer wurde mir aus der Gegend von Roſtock Mittheilung gemacht. Das ſo lange andauernde naßkalte Wetter während der Brutzeit 1888 ſcheint alſo doch einen bedeutenden Ausfall an der Zahl der gefiederten kleinen Freunde bewirkt zu haben. Um ſo günſtiger muß darum der vergangene Sommer genannt werden, der durch die konſtante Wärme im Mai und Juni der Vogelbrut entſchieden von großem Vortheil war, ſodaß jener Ausfall ſo ziemlich wohl wieder gedeckt iſt, — wenigſtens habe ich im Spätſommer in meiner Heimath junge Vögel ſehr zahlreich beobachtet; beſonders fiel mir dies bei Sylvia atricapilla, dem Mönch, auf, den ich ſelten ſo häufig gefunden habe wie in dieſem Sommer; an den Hollunderbüſchen mit reifen Beeren zeigten ſich ſehr viele junge Thiere. | Der Anfang des Frühlings war allerdings ſehr wenig verſprechend; wollte doch Froſt und Schnee lange nicht recht weichen, und als dieſe endlich aufhörten, herrſchte dann faſt bis Mitte April hier in Mecklenburg fortwährend kalter O.- und NO. Wind. Dabei fand ich am 5. April bei Grevesmühlen ſchon zwei Neſter der Ringeltaube mit Gelege, die leider beide, dem Benehmen dieſer Tauben gemäß, verlaſſen wurden, obgleich ich nur in der Nähe vorübergegangen war; ich konnte am anderen Tage die Eier getroſt mitnehmen, ſie waren verlaſſen. Wie es möglich iſt, daß trotzdem noch immer ſo bedeutende Schaaren Ringeltauben zu finden ſind, begreife ich nicht. 8 Tage ſpäter traf ich in meiner Heimath Camin bei Wittenburg noch ſämmtliche Tauben zu bedeutenden Schaaren vereint, ohne daß ſie an das brüten zu denken ſchienen. Allerdings waren dies wohl meiſt ſolche, die, im Norden beheimathet, ſich durch die reichliche Buchelmaſt in unſerer Gegend noch hatten feſthalten laſſen; bei Grevesmühlen ſind aber nur Nadelwaldbeſtände; dieſe geben jedoch auch tröſtliche Weideplätze ab. Die erſten eigentlichen kleinen Zugvögel aber kamen erſt ſehr ſpät; ein Haus— rothſchwanz zwiſchen 4. und 6. April zwar ſchon, aber erſt am 14. mehrere andere 144 Kleinere Mittheilungen. und erſt am 15. Phyllopneuste rufa zugleich mit Ph. trochilus. In Bielefeld ſah und hörte ich am 10. und 11. April beide Rothſchwänze und den Weidenlaubſänger ſchon häufig, dieſe Stadt liegt allerdings auch 225 Kl. etwa ſüdweſtlich von Camin, aber genau in der Zugrichtung; es wäre intereſſant zu erfahren, wann die genannten Vögel, beſonders Ph. rufa, in Bielefeld angelangt find; in Camin zeigte ſich Ph. rufa beſtimmt erſt am 15. bei WRW.⸗Wind, am 14. war NNW. ⸗Wind. Da gerade von Zugrichtung die Rede iſt, will ich noch mittheilen, daß ich in Greifswald am 20. März bei ſtarkem SSO. 4 Kiebitze genau nach Oſten eiligen Fluges und zwar, ſoweit ich ſie verfolgen konnte, geradeaus ziehen ſah. Am 21. war SD, die Wolken aber kamen aus W., da ſah ich morgens mehrere Krähen— ſchaaren und einige Kiebitze in ſehr bedeutender Höhe wieder genau nach O. ziehen. Einige recht ſpäte Bruten beobachtete ich im Spätſommer, ſo ein Neſt vom Plattmönch mit zwei noch nackten Jungen am 8. Auguſt, welche einige Tage ſpäter todt darin lagen, ferner am 23. Auguſt in Grevesmühlen je ein Neſt von Hirundo rustica und H. urbica; in letzterem ſaßen kaum halbwüchſige Junge. Ebenfalls hier in Grevesmühlen zeigte ſich am 23. Auguſt noch ein Cypselus apus (Thurm⸗ ſegler), wie es ſchien ein einzelnes Thier, nachdem aus Roſtock die letzten am 6. Auguſt verſchwunden waren. Roſtock, Februar 1890. Kleinere Mittheilungen. Mittheilungen über die Zeit vom 1. Dez. 1889 bis Ende Februar 1890. Da der Winter anfänglich gar nicht recht Ernſt machen wollte, fehlte es auch an ſpecifiſch winterlichen Erſcheinungen aus der Vogelwelt. Im Dezember wurde bei Zeitz mehrfach der Goldregenpfeifer (Char. pluvialis) geſchoſſen; unter den erlegten Wildenten ſah ich außer den gewöhnlichen Arten (Stock- und Krickente) auch ein ſchönes Exemplar von A. ferina &. Aus Oſtpreußen erhielt ich von befreundeter Seite die Nachricht von dem zahlreichen Erſcheinen des Seidenſchwanzes (Bomby- eilla garrula). Ende Januar erſchienen die erſten Staare bei Zeitz; zu derſelben Zeit ſah ich einen Schwarm Zeiſige bei Delitzſch; anfangs Februar ſah ich einige Leinzeiſige (Linaria alnorum) hier in Zeitz; auch einen Berghänfling (Cannabina flavirostris) glaube ich hier geſehen zu haben. Mein Futterplatz wird täglich von vielen Kohl- und einigen Blaumeiſen, ferner von Grünlingen, Finken, Goldammern, Amſeln und zudringlichen Spatzen beſucht. Die Kernbeißer hielten ſich in reſpektvoller Entfernung. Ueberwintert haben hier: ein Thurmfalke, mehrere große, gelbe Bach⸗ ſtelzen (M. sulfurea), weiße Bachſtelze, Rotkehlchen und eine Anzahl Finken (& u. P). 4 Zeitz, Ende Februar 1890. Fr. Lindner. Kleinere Mittheilungen. 145 Durch zwei befreundete Förſter ließ ich mir im verfloſſenen Herbſt die Fang- ergebniſſe im Dohnenſteig genau aufzeichnen; ich gebe dieſelben im Auszug wieder: ſie bieten einiges Intereſſante dar. — In dem einen Revier, wo der Dohnenſteig etwa 2500 Dohnen umfaßt, wurden vom 22. September bis 28. Oktober 256 Sing⸗ droſſeln (T. musicus), 127 Weindroſſeln (T. iliacus), 3 Miſteldroſſeln (T. viscivorus), 12 Schwarzdroſſeln (Merula vulgaris) und 6 Ringdroſſeln (M. torquata) gefangen. Außerdem 1 Sperber (Astur nisus), 2 Eichelhäher (Garrulus glandarius), 5 Roth⸗ kehlchen Dandalus rubecula), 1 Haubenmeiſe (P. eristatus) und 1 Eichhörnchen (Seiurus vulgaris). Dazu iſt zu bemerken, daß das Rothwild täglich einen großen Theil des Steiges ausgebeert hatte, ſich alſo ſonſt viel mehr gefangen hätte, und daß wegen Beerenmangels am 28. Oktober der Fang aufhören mußte, obwohl ſich noch Anfang November große Züge von T. iliacus und T. pilaris zeigten; von der letzteren Art Hatte ſich vorher nichts gefangen, wie es meiſt der Fall iſt. Unſere ſchöne Sing⸗ droſſel muß leider immer das Hauptcontingent ſtellen. Sie fing ſich vom 26. Sept. bis 16. Okt. am beſten, durchſchnittlich 21 Stück täglich bei meiſtens weſtlichen Winden. Einzelne T. iliacus kamen ſchon Ende September, die Hauptmenge am 14. Okt. an. Auffallend iſt das frühe Eintreffen der Ringdroſſel: vom 28. bis 29. Sept. fingen ſich 4 Stück. Das gleiche wurde mir aus einem anderen Revier berichtet, wo Ende September etwa ein Dutzend gefangen ſind; einige werden im weſtlichen Mecklenburg faſt in allen Revieren allherbſtlich erbeutet, jedoch lange nicht in gleicher Menge wie die anderen Droſſeln, obgleich ſie nicht ſchwer in die Dohnen gehen; die Menge der durchziehenden ſcheint alſo nicht ſehr groß zu ſein, da man ſie auch nur ſelten be— obachtet. Aus einem größerem Revier hier, nicht weit von Roſtock ganz im NO., erfuhr ich, daß ſich in den letzten vier Jahren noch nicht eine Ringdroſſel gezeigt hätte; die Thatſache iſt auffallend. Ob ſie ihren Zug vielleicht von Schweden aus (denn ſchwediſche Vögel ſind es ſicher, die hier durchziehen) mehr weſtlich nehmen? Mir iſt leider nichts darüber aus Vorpommern bekannt, ob ſich dort Merula torquata häufiger zeigt; während fie nach v. Homeyer's „Wanderungen der Vögel“ in Hinter- pommern durchzieht, aber nicht nordiſche, ſondern öſtliche Vögel, durch die Färbung des Halsringes unterſchieden, der nur bei der nordiſchen Art reinweiß iſt. Am 26. und 28. Nov. zeigten ſich in dem genannten Revier mehrere Flüge Seidenſchwänze; warum mögen dieſe den Norden verlaſſen haben, wo doch der Winter ſo außer— ordentlich milde iſt? — Der Dohnenſteig in dem 2. Revier umfaßt etwa 500 Dohnen; in demſelben wurden vom 30. Sept. bis 7. Okt. durchſchnittlich 22 Stück täglich gefangen; 60 T. iliacus, beſonders von Mitte bis Ende Oktober; 2 Merula torquata am 28. Sept. und 4. Rothkehlchen. Auch dieſes Revier liegt im weſtlichen Mecklenburg bei Schwerin. | Roſtock, Febr. 1890, | G. Clodius, cand. theol. 146 Kleinere Mittheilungen. Sonderbarer Niſtplatz der Haubenlerche. Bekanntlich niftet unſere Hauben⸗ lerche meiſt am Boden, ſehr oft an Bahngeleiſen, aber auch wohl mal auf Stroh⸗ dächern und alten Mauern. Unſer Vereinsmitglied, Herr Schröder, fand im vorigen Sommer, wie er mir ſchreibt, hoch auf dem Dache eines dreiſtöckigen Gebäudes auf der Stärkefabrik in Salzuflan nicht weniger als 6 Stück Neſter der Haubenlerche, theils mit Jungen, theils mit Eiern. Das Dach iſt flach und von Cement und und Kies hergeſtellt. Im Laufe der Zeit iſt auf dem Dache eine Menge von Gras und Unkraut emporgeſchoſſen, wodurch eben den Bewohnern paſſende und trauliche Heimſtätten geſchaffen worden ſind. Das Merkwürdigſte bei der Sache ſcheint mir aber darin zu liegen, daß an dieſer Stelle gleichzeitig 6 Pärchen ihren Brutplatz aufgeſucht haben. Die Haubenlerche iſt in jener Gegend ſehr häufig anzutreffen, und es iſt gerade diejenige Stelle unſeres Lipperlandes, wo vor 40 Jahren die Haubenlerche zuerſt als Brutvogel auftrat und ſich von da weiter nach Oſten und Süden verbreitete. Feldrom. Heinrich Schacht. Des Hausſperlings Winterneſt. Im verfloſſenen Herbſt hatte meine Mutter die viereckigen Luftlöcher, welche dicht unter dem Dache des Kuhſtalles zur Ventilation deſſelben im Gemäuer angebracht ſind, theilweiſe mit Strohwiſchen verſtopfen laſſen. Als ich um die Mitte des November v. J. von meiner Weltumſegelung ins theure Vaterhaus zurückkehrte, waren dieſelben noch „unverſehrt“ und „unbewohnt“, kein Spatz hatte bisher den Verſuch gemacht, hier über Nacht zu logiren, ſondern die ganze Sippe brachte bei der ungemein günſtigen Witterung dieſelbe theils in dem dichten Geäſt und Gezweige der unſere Gärten einſäumenden niedrigen Fichtengruppen, theils unter den Sparren der Dächer oder gar im Reiſig unſeres Holzſchobers ſich verbergend, zu. Da aber trat gegen das Ende des genannten Monats grimmige Kälte mit ſtarkem Schneefall abwechſelnd ein; unſerem Geſindel mochten nunmehr die gewohnten, den Temperatureinflüſſen doch gar ſehr ausgeſetzten Schlafplätze höchſt ungemüthlich vorkommen, und ſie beſchloſſen daher, ſich neue, beſſere und vornehmlich wärmere Hütten ſelbſt zu bereiten. Der eine Theil ſchmuggelte ſich einfach in die Scheuern ein, verkroch ſich dort allabendlich, unbekümmert um das Geräuſch, welches die Maſchinen oder die klappernden Flegel verurſachen, und ohne Scheu vor den auf den Tennen arbeitenden Menſchen, in die Garben oder das Stroh; dem anderen mochten nun jene oben erwähnten Strohwiſche als vorzügliche Zufluchtsſtätten in die Augen gefallen ſein. In dieſe wurden alſo zunächſt Löcher „gebohrt“, — wie die Vögel das bewerkſtelligten, kann ich leider aus eigener Anſchauung nicht berichten, ich will nur bemerken, daß ich vielleicht treffender für den Ausdruck „Löcher“ hätte „Gänge“ ſchreiben ſollen, — dieſelben ſind am Ende etwas erweitert und die Höhlungen oder Keſſel dann ſogar ſpärlich, aber natürlich nach Spatzenart höchſt liederlich, mit 4 U sn Ki Bde Me ec Kleinere Mittheilungen. 147 Federn ausgepolſtert. Gar oft ſah ich einen unſerer Rüpel mit einer Hühner-, Gänfe- oder Entenfeder nach dem Kuhſtalle hin fliegen, mitten im Winter ein gewiß ſeltener Anblick. In ſolchen ungemein warmen Hütten hauſt nun das Lumpenpack, unbekümmert um Froſt und Schnee. Schlaupitz, Dom., 10. März 1890. Karl Knauthe. Die vorſtehende Mittheilung, daß ſich die Hausſperlinge Winterneſter bauen, möchte manchem wohl die Bemerkung entlocken: das iſt eine längſtbekannte Sache; viele aber auch zu einem ungläubigen Kopfſchütteln bewegen. Es verhält ſich wie mit dem Bau der Kugelneſter im offenen Gezweig, den die Hausſperlinge in vielen weiten Strichen gar nicht ausüben, und in manchen kleinen Bezirken ſehr häufig (wie z. B. bei Zeulenroda in Oſtthüringen). In manchen Gegenden tragen die Sperlinge ganz regelmäßig beim Eintritt der kalten Witterung Federn und anderes warmes Material zu Neſte, namentlich auch in die Schwalbenneſter; in anderen Gegenden weiß man nichts davon. Ä K. Th. Liebe. Am 13. März d. J. wurde im Herzogl. Forſt Leina bei Altenburg die erſte Waldſchnepfe erlegt. Die erſten Staare trafen hier am 24. Febrnar ein, das Gros den 6. März. Dr. Koepert. Isländiſcher Jagdfalke (Falco islandicus Naum.) . Als ſich am 7. März dieſes Jahres der hieſige Seehundsjäger Peter Altmanns, ein trefflicher Schütze, der ſchon manches ſeltene Jagdſtück erbeutet hat, nach dem Oſtende der Inſel begab, ſah er in einer Höhe von etwa 30 Metern über den Dünen in der Richtung von Oſten nach Weſten einen ihm unbekannten Vogel mit weißlichem Gefieder gegen den Wind unter abwechſelnd ſchnellen, kräftigen Flügelſchlägen und Pauſen dahingleiten. Derſelbe ließ ſich bald auf einer Düne nieder, als er ſich jedoch bemerkt ſah, flog er mit dem Winde von Weſten nach Oſten und war ſeinen Augen bald entſchwunden. Er vermuthete, daß er ſich auf einer der vielen Dünenköpfe niedergelaſſen habe, und nach längerem Suchen entdeckte er ihn auf einem der höchſten Kegel ſitzend, wie er vorſichtig nach allen Seiten um ſich ſpähte. Mit vieler Mühe gelang es dem Jäger endlich, ſich unbemerkt bis auf 50 Schritt an ſein Opfer heranzuſchleichen und einen glücklichen Schuß abzugeben, worauf der zum Tode getroffene Vogel noch einen Luft—⸗ ſprung von 1½ Meter machte und dann verendete. — Zwecks Beſtimmung wurde mir der Vogel gezeigt, und ich ſah, daß es ein ſehr ſchönes, großes, wohlgenährtes Exemplar vom Isländiſchen Jagdfalken (Falco islandieus Naum.) ſei. Weder auf den oſtfrieſiſchen Inſeln noch an der benachbarten Küſte iſt ſeit Menſchenaltern meines Wiſſens ein Vogel dieſer Art erlegt. — Beſchreibung: Länge 62 em, Flügel 42, Flugweite 132, Schwanz 24, Schnabellänge 4,5. Iris tiefbraun, Schnabel blaugrau mit ſchwarzer Spitze. Wachshaut und Ständer ins Gelbliche ſpielend. Ganze Unter- 148 Litterariſches. ſeite weiß, nur in den Weichen wenige ſchwarze Schaftſtrichel, ebenſo an den Hoſen. Oberſeite Grundgefieder weiß mit ſchwarzen bis ſchwarzbräunlichen großen Flecken, Kopf⸗ und Nackengefieder mit feinen ſchwarzen Schaftſtrichen. Schwanzfedern am Ende ſchwarz. Der mit zwölf ſchwärzlichen Querbändern, welche nach der Seite hin verblaßten, gezeichnete Schwanz ragte 4½ em über die angelegten Flügel hinaus. Inſel Juiſt, Lätare 1890. | Otto Leege. Beiſpiel für die Frechheit des Sperbers. Auf einem Dorfe bei Altenburg ſaß vor wenigen Wochen mittags eine Familie um den Tiſch, als plötzlich durch das geſchloſſene Fenſter ein Sperber ſtieß, und ehe ſich die Leute von ihrer Beſtürzung erholten, durch eine andere Fenſterſcheibe hindurch wieder ins Freie gelangte. Altenburg, im März 1890. Dr. Koepert. Litterariſches. „Syſtematiſches Verzeichniß der Vögel Deutſchlands und des angrenzenden Mittel⸗Europas von Dr. Ant. Reichenow, Kuſtos an der Zoologiſchen Samm⸗ lung des Königlichen Muſeums für Naturkunde in Berlin. — Verlag der Linnaea (Dr. Aug. Müller) Berlin N. W., Louiſenplatz 6. 1889.“ In der Plenar-Sitzung des erſten Ornithologen-Congreſſes zu Wien am 10. April 1884 wurde auf Antrag des infolge Vorſchlages von Hofrath Meyer-Dresden unter lebhaftem Beifall der Verſammlung einſtimmig zum Vorſitzenden des internationalen Comités erwählten Dr. R. Blaſius ebenfalls einſtimmig beſchloſſen, den Entwurf der III. Section „Mir die Errichtung von internationalen Vogelbeobachtungsſtationen“ an⸗ zunehmen. In dieſem Entwurfe lautet Abſatz X a, b, e, d wörtlich folgendermaßen: „X. Das internationale Comité hat nach folgenden Grundſätzen zu verfahren: a) die ornithologiſchen Beobachtungen werden für die ganze Erde, in erſter Linie jedoch für Europa angeſtrebt; b) die Beobachtungen werden womöglich nach ein und demſelben Schema ange— ſtellt, wobei die öſterreichiſch-ungariſchen Inſtructionen als Grundlage zu dienen haben; e) die Verarbeitung der eingegangenen Berichte erfolgt für die einzelnen Staaten nach denſelben Principien, in ſyſtematiſcher Anordnung unter Anwendung der gleichen wiſſenſchaftlichen Terminologie; d) für jedes Land iſt ein Verzeichniß der dort vorkommenden Vögel aufzuſtellen, nach dem Muſter des von den Herren von Homeyer und von Tſchuſi für Deutſch⸗ land und Oeſterreich-Ungarn ausgearbeiteten, unter Beifügung der betreffenden Local⸗ namen;“ u. ſ. w. Die weiteren Beſtimmungen intereſſiren uns im vorliegenden Falle nicht, wes⸗ wegen ſie hier übergangen werden können. Sofort nach Schluß des Congreſſes nahm Dr. R. Blaſius dieſe Angelegenheit energiſch in die Hand und beauftragte im Namen des Comités E. F. von Homeyer mit der Aufſtellung eines entſprechenden Verzeichniſſes der Vögel Deutſchlands. Denn — ſo ſchreibt Präſident Blaſius in ſeiner Vorrede zur „Herleitung und Ausſprache der wiſſenſchaftlichen Namen in dem E. F. von Homeyer' ſchen Verzeichniß der Vögel Deutſchlands“ — „das Comité glaubte für dieſen Zweck keinen beſſeren Kenner finden zu können, als den bewährten Altmeiſter der deutſchen Ornithologen, welcher auch das öſterreichiſche Verzeichniß aufgeſtellt hatte.“ 15 Litterariſches. 149 Die Wahl des Comités mußte als eine hervorragend glückliche bezeichnet werden, da der bewährte Altmeiſter die übernommene Arbeit derartig beſchleunigte, daß das allen berechtigten Anſprüchen genügende, allgemein mit Freude begrüßte Verzeichniß ſchon im erſten Hefte der Ornis von 1885 erſcheinen konnte. E. F. von Homeyer hat ſich in ſeiner Arbeit der möglichſten Einfachheit befleißigt und demzufolge die 357 nachgewieſenen deutſchen Vögel in 16 altbewährte Ordnungen, an deren Spitze die Raubvögel ſtehen, und 53 Familien untergebracht. Das gewählte Sytem iſt einfach und überſichtlich, während die Einzelnamen mit wenigen Abweichungen paſſend gewählt find und vorher ſchon faſt allgemein geläufig waren. Somit konnte denn nicht ausbleiben, daß jedermänniglich froh war, durch den kundigen, erfahrungs— reichen Altmeiſter von dem Syſtem- und Nomenclatur-Wuſt befreit zu fein. Alle An⸗ hänger und Förderer der lobenswerthen Einheitsbeſtrebungen des permanenten inter— nationalen ornithologiſchen Comités, voran die gelehrten und liebenswürdigen Oeſter— reicher und Ungarn, Ritter von Tſchuſi, von Dalla-Torre u. ſ. w., billigten die von Homeyer'ſche Nomenclatur und benutzten dieſelbe ohne Rückhalt; ſie war auf dem beſten Wege, völlig Gemeingut zu werden. Da erſcheint unvermittelt das eingangs erwähnte Dr. Reichen ow'ſche Verzeichniß, welches unter völliger Ignorirung des internationalen Comités und des inzwiſchen leider verſtorbenen Altmeiſters die von Homeyer'ſche Arbeit über den Haufen zu werfen verſucht. — Da die Vorrede zu dieſem neuen Verzeichniß über deſſen Entſtehung keine genügende Auskunft ertheilt, erwähne ich zuvörderſt, daß, nach Ausweis des Journals für Ornithologie, Heft III, 1889, S. 200, der XIV. Jahresverſammlung der Berliner Ornithologiſchen Geſellſchaft, welche am 10., 11. und 12. Juni 1889 in Münſter ſtatt⸗ fand, in der Sitzung am 11. Juni ein Aufſatz des Herrn Dr. Reichenow eingeſandt wurde, welcher die wiſſenſchaftliche Nomenclatur behandelt und die Stellungnahme der Geſellſchaft zu dieſer wichtigen Frage durch Einigung über beſtimmte Grundſätze in Vorſchlag bringt. Eine Discuſſion über dieſe Arbeit fand indeß nicht ſtatt; die Ver⸗ ſammlung beſchloß jedoch: „1. Die Verſammlung hält es für eine wichtige Aufgabe, den Verſuch einer Regelung der zoologiſchen Nomenclatur zu unternehmen. 2. Eine Commiſſion beſtehend aus den Herren Dr. Reichenow in Berlin und Freiherr Hans von Berlepſch in Münden wird erwählt mit dem Erſuchen, eine Vorlage auszuarbeiten, die auf der nächſtjährigen Jahresverſammlung zur Discuſſion bezw. Beſchlußfaſſung vorzulegen iſt; dieſelbe ſoll den Mitgliedern vorher im Drucke zugeſtellt werden, damit ein Jeder in der Lage iſt, ſeine Anſchauungen nach reiflicher Ueberlegung zu vertreten.“ Dieſen Beſchluß faßten nur 5 anweſende Mitglieder der Berliner Ornithologiſchen Geſellſchaft, da die außer ihnen an der Sitzung theilnehmenden 14 Gäſte doch wohl kaum mitgeſtimmt haben werden. Selbſt nach dieſem, von Dr. Reichenow provocirten Beſchluß der Wanderverſamm— lung in Münſter lag noch kein irgendwie ſtichhaltiger Grund vor, ein neues Verzeich— niß im Buchhandel herauszugeben. Denn ein für die Mitglieder der Geſellſchaft ge— druckter Entwurf hätte doch vorerſt durch die nächſte Wanderverſammlung berathen und feſtgeſtellt, dann aber vor das Forum des zweiten internationalen Congreſſes gebracht werden müſſen, um eine Entſcheidung darüber herbeizuführen, ob das „zu Recht“ be— ſtehende von Homeyer'ſche Congreß⸗Verzeichniß zu beſeitigen und ſtatt deſſelben das aus jenen Berathungen hervorgegangene, von Dr. Reichenow entworfene anzunehmen ſei. Dr. Reichenow behandelt in ſeinem Elaborat 396 Vögel, welche er in XIII Ord— nungen, 50 Familien, 32 Unterfamilien und 160 Gattungen unterbringt. Die einzelnen Vögel haben fortlaufende Nummern erhalten, während bei den Ordnungen, Familien, Unterfamilien und Gattungen die Nummern fehlen, was die Ueberſichtlichkeit des Buches weſentlich erſchwert. Trotzdem werde ich mich kaum verzählt haben. — Die Einführung 150 Litterariſches. von Unterfamilien, wie überhaupt von allen Eintheilungen, welche zwiſchen die Klaſſen, Ordnungen, Familien, Geſchlechter, Arten und Abarten fallen, iſt zwar in größeren wiſſenſchaftlichen Werken an ihrem rechten Platze; in einem ſyſtematiſchen Verzeichniß, zumal wenn es infolge ſeines niedrigen Preiſes und ſeiner ſonſtigen Eigenſchaften nicht lediglich für Fachgelehrte bezw. für die Syſtematiker unter dieſen beſtimmt iſt, wirkt ſie nur ſchädlich und verringert die Ueberſicht ohne Noth. Nach Cabanis Vorgang ſind die Singvögel an die Spitze des Verzeichniſſes ge⸗ ſtellt, während die Taucher daſſelbe ſchließen. Mit Rückſicht darauf, daß dies Ver⸗ zeichniß die Vögel Deutſchlands und des angrenzenden Mittel-Europas enthalten ſoll, führt Dr. Reichenow 39 Vögel mehr an, als von Homeyer in ſeinem Verzeichniß. Von den 357 gleichen, in beiden Verzeichniſſen enthaltenen Vögeln benennt Dr. Reichenow 148 mit anderen Namen als von Homeyer, ſo daß alſo nur 209 Namen des vom permanenten internationalen Comité anerkannten und empfohlenen von Homeyer'ſchen Verzeichniſſes von Dr. Reichenow gleichfalls benutzt worden ſind. — Zur Begründung der gewählten „ſyſtematiſchen Anordnung“ erwähnt der Verfaſſer im Vorwort zu ſeinem Verzeichniß nur, daß jene „dem Syſtem, welches in meinem Leitfaden: „Die Vögel der Zoologiſchen Gärten“ erläutert iſt, in abſteigender Folge entſpricht,“ während als Ur⸗ ſache der Nomenclaturänderungen „der in der Ornithologie jetzt allgemein angenommene Grundſatz, durch ſtrenge Durchführung des Prioritätsgeſetzes zu einer einheitlichen Nomenclatur zu gelangen,“ angeführt wird. In Bezug hierauf iſt zuvörderſt zu betonen, daß die Dr. Reichenow'ſche Ein⸗ reihung der einzelnen Familien in das Syſtem, d. h. zwiſchen die beiden nächſt ver⸗ wandten Familien den Anforderungen der Gegenwart, welche das entſcheidende Moment in der anatomiſchen Beſchaffenheit und in dem Verhalten zu den urſprüng⸗ lichen Stammformen ſucht, nicht immer völlig entſpricht. So dürften die Pterocliden beſſer zu den Columbiden, oder wenigſtens in die unmittelbare Nähe derſelben zu ſtellen ſein; die Familien der Sterniden und Lariden hätten ihrer Beziehungen zu den Sumpf⸗ vögeln halber vielleicht beſſer den Reigen der Schwimmvögel eröffnet; die Strigiden hätten in einſchneidender Weiſe von den ſich gegenſeitig weit näher ſtehenden Falco— niden und Vulturiden getrennt, die Raubvögel überhaupt an anderer Stelle eingereiht werden können. Indem in dieſer Hinſicht auf Profeſſor Max Fürbringers claſſiſches Werk „Unterſuchungen zur Morphologie und Syſtematik der Vögel“ insbeſondere auf Seite 1271 f., S. 1233 und S. 1314 verwieſen wird, ſoll die Schwierigkeit einer richtigen Syſtematik nicht verkannt, ſondern vielmehr anerkannt werden, daß das Reichenow'ſche Verzeichniß manches richtige zu bieten ſcheint. Zugegeben wird, daß dem Prioritätsprincip bei der Namengebung im allgemeinen Geltung zu verſchaffen iſt; dagegen muß entſchieden abgelehnt werden, daſſelbe zum völlig ausſchlagenden Moment zu erheben. Denn die abſolute Sicherheit würde dabei immer fehlen, da niemand dafür einſtehen kann, daß nicht nach gewähltem Namen in irgend einem Bande aus irgend einer Bibliothek dereinſt ein noch älterer, alſo mehr berechtigter Name ausgegraben wird. Sodann aber — und das iſt die Hauptſache — halten wir uns an den alten Spruch: „Der Lebende hat recht.“ Namen, welche von der großen Mehrheit gebraucht und von allen Ornithologen verſtanden werden, ſind nicht ohne weiteres auf das bloße Prioritätsprincip hin für unſtatthaft zu erklären und durch ſolche zu erſetzen, welche kaum jemand kennt. Jedenfalls wiegt die Betonung des Prioritätsprincips die großen Nachtheile nicht auf, welche das fortwährende Rütteln an dem vorhandenen Guten nothwendig im Ge⸗ folge hat. Als Hauptreſultat des Wiener internationalen Congreſſes iſt zweifellos die allgemeine, freudige Annahme der von Homeyer'ſchen Nomenclatur zu erachten, — und nunmehr ſoll das Erworbene zu Gunſten des fraglichen Prioritätsprincips und der Dr. Reichenow'ſchen Syſtematik aufgegeben werden? — . Me ee Litterariſches. 151 Herr Dr. Reichenow hat auch „ſprachkundlich falſch gebildete und durch Schreib— oder Druckfehler entſtellte Namen in ſeinem Verzeichniß verbeſſert.“ Das klingt recht ſchön, wird aber jedenfalls keinen Erfolg erzielen, da auf die meiſten dieſer ſprachlichen Falſchbildungen die älteren Ornithologen ſchon längſt hingewieſen haben. Und dennoch hat man von Aenderungen abgeſehen, weil im Grunde ſehr gleichgiltig iſt, ob ſtatt des landläufigen leucorodia das richtiger gebildete leucerodia, ſtatt ostralegus ostrilegus, ſtatt titys titis u. ſ. w. geſchrieben wird, wenn man nur klar darüber iſt, welchen Vogel das betreffende Wort bezeichnen ſoll. Usus tyrannus! Uebrigens ſei beiläufig bemerkt, daß wir der auf S. 62 verſuchten ſprachkund— lichen Aenderung von Xema in Chema nicht beiſtimmen können, weil . nur das Gähnen, Maulaufſperren bezeichnet und ſeine Beziehung auf ein gegabeltes Mövenſpiel doch immer eine zu geſuchte iſt. Dreſſer wird daher wohl recht behalten, wenn er Xema als eine von Roß erfundene Phantaſie-Bezeichnung anſpricht. Auch erſcheint die beliebte Verbeſſerung von orphea in orphaea irrthümlich, weil das griechiſche „eu“ nicht in das lateiniſche „ae“ übertragen werden darf. Ferner iſt noch zu bemerken, daß Dr. Reichenow die Genitive der Eigennamen, welche einzelnen Vögeln bedeutenden Ornithologen zur Ehre beigelegt ſind, im Ver— zeichniß mit kleinen Anfangsbuchſtaben aufführt. Er ſchreibt: Turdus naumanni, Otis maqueeni, Tringa temmincki u. ſ. w., während trotz dem engliſchen und amerikaniſchen Gebrauch doch entſchieden angemeſſener erſcheint, dieſe Genitive mit großen Anfangs- buchſtaben zu ſchreiben. Ob der in kurzer Zeit wieder zuſammentretende internationale Congreß auf die Reichenow'ſche Schrift Rückſicht nehmen wird, iſt wohl vorläufig noch fraglich. Da dieſelbe dem Verfaſſer aber ſicher viele Arbeit gemacht hat, fo iſt ihm dieſe Rückſicht— nahme zu gönnen. Sache des Congreſſes bleibt dann, die Entſcheidung zu treffen, deren Ausfall wohl kaum zweifelhaft ſein dürfte. Wenn das Dr. Reichenow'ſche Ver⸗ zeichniß mit ſeinen veränderten Namen für den Syſtematiker auch manche wohl über- legte und intereſſante Verbeſſerungsvorſchläge enthält, ſo vermag es doch das E. F. von Homeyer'ſche, das Congreß-Verzeichniß, in keiner Weiſe zu erſetzen. Torgau, den 18. März 1890. Pietſch. Der Zoologiſche Garten. Zeitſchrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Thiere; redigirt von Prof. Dr. Noll. 30. Jahrgang. Frankfurt a. M. 1889. Der Zoologiſche Garten vertritt in der Reihe zoologiſcher Zeitſchriften einen wichtigen Zweig, nämlich die praktiſche Zoologie, die ſich beſonders mit der Pflege der Thiere in Gefangenſchaft, mit der Acclimatiſation, ſowie der Beobachtung der Thiere in der Freiheit befaßt. Auch der vorliegende Jahrgang enthält eine Reihe intereſſanter Abhandlungen und kürzerer Mittheilungen und reiht ſich ſomit ſeinen Vorgängern würdig an. Von den die Säugethiere betreffenden Aufſätzen wollen wir wenigſtens einen über gefangene Wildkaninchen erwähnen, der der kundigen Feder unſeres geehrten Vorſitzenden, des Herrn Hofrath Prof. Dr. Liebe, entſtammt. An ornithologiſchen Bei— trägen iſt übrigens der 30. Jahrgang nicht ſo reichhaltig, als der vorjährige. Außer kleineren, auch engliſchen und franzöſiſchen Zeitſchriften entnommenen, ornithologiſchen Notizen erwähnen wir eine von Dr. Carl Eckſtein herrührende ſehr gelungene Schil— derung der Lumme (Uria lomvia) im Berliner Aquarium. H. Coeſter ſchildert den einer ſehr ſorgſamen Pflege in der Gefangenſchaft bedürfenden Baumfalken (Hypotri- orchis subbuteo), den er nach ſeiner Erfahrung als höchſt liebenswürdigen Zimmer— genoſſen darſtellt. Deſſelben Autors Mittheilungen über den immer ſeltener bei uns werdenden Kolkraben find recht leſenswerth. Wahre Kabinetſtücke anſchaulicher Schil— derung ſind die R. von Lendenfeld'ſchen „Bilder aus dem auſtraliſchen Urwald“, die den Emu, den weißen Kakadu, den Koo (Nestor notabilis), den großen Jägerlieſt (Paralcyon gigas), von den Anſiedlern auch „lachender Hans“ genannt, ſowie den ſtolzen Leierſchwanz (Menura superba) zum Gegenſtand haben. Von unſerem ſehr 182 Litterariſches. — Anzeigen. thätigen Mitgliede Paul Leverkühn finden wir eine Abhandlung über den Wiedehopf l in den Legenden der Araber, ein Seitenſtück zu einer früher von demſelben Verfaſſer veröffentlichten Arbeit: „Welche Vögel nennt der Koran?“ Von Homeyer (Murchin) berichtet über eine im Frühling 1888 mit Erfolg ausgeführte Ausſetzung des Bronce⸗ Trutwilds (Meleagris Gallopavo). Von großem Intereſſe iſt endlich der Bericht über die Silbermöve beim Solowezki Kloſter im weißen Meere, den uns Carl Greve nach einer Veröffentlichung des ruſſiſchen Zoologen Fauſek liefert. Letzterer beſuchte das ge⸗ nannte Kloſter gelegentlich einer: Expedition nach der zoologiſchen Station am weißen Meere und fand zahlreiche Silbermöven in der Umgebung deſſelben vor, die ſich durch eine erſtaunliche Zahmheit auszeichneten und ſogar in Gärten und Höfen niſteten. — Es würde den zur Verfügung ſtehenden Raum überſchreiten, wenn wir auf die übrigen, ebenfalls recht leſenswerthen Abhandlungen und Mittheilungen eingehen wollten und müſſen wir uns mit der See s e begnügen. Altenburg. Dr. Ko epert. Anzeigen, h Gebr. Reiche, Thierhandlung in Alfeld (Prov. Hannover) empfehlen: | Mandarin⸗Enten, in Pracht, geflügelt und gut eingewöhnt Paar 40 % — 1 Paar weiße Pfauen P. 150 % — Pinguine Stück 100 % — Teju⸗Eidechſen St. 40 % — Wellenſittiche P. 12 % — Grauköpf. Inſeparables P. 8 — Loris von den blauen Bergen St. 25 % — Große gelbhaubige Kakadus St. 18 % — Naſicus⸗Kakadus St. 18 /, — Rothe Kardinäle, Männchen, St. 10 , Weibchen St. 5 , — Graue Reisvögel, Aſtrilds P. 3 % — Hartlaubzeiſige, St. Helena-Faſänchen P. 5 % — Weißköpfige Nonnen, Schmetterlingsfinken P. 5 % — Madagascar-Weber, Männchen in Pracht St. 6 % — Elſterchen von Java P. 6 % — Indigovögel, Männchen, St. 5 .M Univerſalfutter für Inſektenfreſſer pro Poſtcolli 8 , | Alfeld, im März 1890. Das Muſeum zu Niesky O.-L. hat in feinen Naturalienſendungen von Grönland, Labrador und Süd-Rußland eine Menge Dubletten in Vogelbälgen und Eiern erhalten und gibt dieſelben billig ab. Preisliſte darüber verſendet der Kuſtos W. Baer. H. Schulze, zoologiſche Handlung in Altenburg i. S. empfiehlt: Fingerzahme und ſprechende Papageien; hochrothe Kardinäle, Stück 8 ; importirte Wellenſittiche, Paar 9 %; bunte Mövchen, Paar 6 ; zahme Nußhäher und Thurmfalken, Stück 4 %,; Aſtrilde, Schmetterlingsfinken, Nonnen: und Tiegerfinken, Bandvögel, Silberſchnabel u. ſ. w., Paar 3,50 A; Lachtauben, Paar 2 46; gut gelehrte Gimpel, ein und zwei Lieder pfeifend, Nachtigallen, graue Droſſeln (Zippen), Amſeln, Schwarzköpfe, Rothkehlchen u. dergl. alles zu billigſten Preiſen. Weiße Schwäne kann ich jeder Zeit abgeben, das Paar von ſtärkſter Sorte, einjährig, 36 /, dergleichen 1 St. 24—30 4, je nach Alter. Zu Kauf oder Tauſch geſucht: Jahresbericht des Ausſchuſſes für Beobachtungs⸗ Stationen der Vögel Deutſchlands, III. 1878, IV. 1879, VI. 1881 (Sep.⸗Abzüge aus „Cab. Journ. f. Ornith.“ Abzugeben: Brehm, „Thierleben“, 10 Bände, elegant gebunden. 3 poſtlagernd. Re Leverfühn, M. C. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. 8 | 1 . e P o et u en 4 n ſche Bee > „ Prnithologi » N \ D, F INS a HN | ee f — rr peutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Zahlungen werden an den Ren⸗ danten d. Ver. Herrn Meldeamts- Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von Jahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, und erhalten dafür die Monats⸗ - N erei ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. EEC _ 4441. f Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Str.⸗Inſp. Thiele. ſoweit der Raum es geitattet. XV. Jahrgang. April 1890. Ur. 6. Inhalt: Bericht über die Generalverſammlung in Wurzen am 29. März 1890. — Paul Mangelsdorff: Der Makuk (Trachypelmus brasiliensis). (Mit Abbildung nach dem Leben.) A. Richter: Einiges über die Rauchſchwalbe (Hirundo rustica). Staats von Wacquant— Geozelles: Zum Horſten des Buſſardes. A. Frenzel: Aus meiner Vogelſtube: 50. Chloebia Gouldiae, der Schwarzkopf⸗Spelzfink; 51. Chloebia mirabilis, der Rothkopf⸗Spelzfink. — Kleinere Mittheilungen: Zug der Elſtern. Etwas vom Pirol. Nahrung von Corvus frugilegus. Schwarz— droſſeln — Eicheln freſſend. — Litterariſches. — Anzeigen. Generalverſammlung in Wurzen am 29. März 1890. Von dem Vorſitzenden des Geflügelzüchter-Vereins in Wurzen, unſerem auch für die Monatsſchrift ſo thätigen Mitgliede, Herrn Hans Hülsmann, empfangen, trafen am obenbezeichneten Tage außer dem Herrn Vereinsvorſitzenden von Wange— lin unter Anderen die Herren Dr. Rey, Prof. Goering, Fabrikbeſ. Rückert aus 11 154 Bericht über die Generalverſammlung in Wurzen. Leipzig in Wurzen ein und benutzten die Zeit bis zum Beginn der Verſammlung zum Theil zu einem Spaziergange nach dem Stadtparke und dem hübſch an der Mulde gelegenen Dorfe Niſchwitz, zum Theil zu einem Beſuche der Hülsmann! ſchen Beſitzung in Altenbach. Abends 7½ Uhr fand ſich Alles im neuen, ſchön dekorirten Saale des Schweizergartens zuſammen, der bereits von einer, wenn auch nicht ſehr großen, ſo doch für den erſten Beſuch in Wurzen befriedigenden Verſamm⸗ lung beſetzt war. Herr von Wangelin eröffnete die Generalverſammlung unter Darlegung der Thätigkeit und der Ziele und ging dann über zu einer Erläuterung der Rechnung des Vereins. Die letztere ſchließt mit einer Einnahme von 10 165 Mk. und einer Ausgabe von 7651 Mk. ab, ſo daß ein Betrag von 2514 Mk. verbleibt. Die Mitgliederzahl beträgt etwa 1300. Als Reviſoren wurden die Herren Rückert und Beyer (Direktor der Dampfmühlen-Geſellſchaft von Schönert in Wurzen) gewählt. Hiernächſt theilte der Herr Vorſitzende der Verſammlung mit, daß dem Verein ein neuer Beiſitzer beſtellt werden müſſe an Stelle des leider durch den Tod dem⸗ ſelben entriſſenen berühmten Ornithologen Herrn Eugen von Homeyer. Nachdem auf die lebhafte unverdroſſene Thätigkeit des Herrn Profeſſor Anton Goering aus Leipzig hingewieſen und dieſelbe den Verſammelten geſchildert worden, wurde der genannte Herr einſtimmig zum Beiſitzenden des Vereins gewählt und nahm derſelbe die Wahl dankend an. Nunmehr folgte der Vortrag des Herrn Dr. Simroth aus Gohlis: „Einiges Allgemeine über die Bedeutung des Flügels in der Natur“. Nicht möchte ich aus der Fülle des Inhalts dieſes umfangreichen Vortrages Bruchſtücke hier wieder⸗ geben, vielmehr werde ich das Manuſcript deſſelben, das mir Herr Dr. Simroth gütigſt zur Dispoſition geſtellt, unſerem Herrn Chefredakteur, Prof. Dr. Liebe, zu⸗ ſenden, um es gelegentlich in die Monatsſchrift aufzunehmen. Reicher Beifall lohnte dem Herrn Vortragenden, an deſſen Stelle Herr stud. r. n. Curt Flöricke aus Breslau trat, um ſeinen ſehr langen, aber ebenſo überaus intereſſanten freien Vortrag: „Freude und Leid in der Ornithologie“ zu halten. Trotzdem die Zeit bereits weit vorgerückt war, wußte der für ſein Fach begeiſterte junge Naturforſcher Aller Aufmerkſamkeit rege zu halten, ſo daß auch ſelbſt diejenigen, die dem Gebiete des Vortragenden ferner ſtanden, freudig in den Beifall einſtimmten, der dem Herrn Flöricke zutheil wurde. — Noch längere Zeit hindurch blieben die Vereinsgenoſſen in fröhlichem Meinungsaustauſch beiſammen. — Soll ich nun die Erlebniſſe des auf den 29. März folgenden Sonntags, den Spaziergang über die Muldewieſen unter der ſachkundigen Führung des Herrn Hülsmann, die Beobachtung einer Menge bereits zurückgekehrter gefiederter Bewohner dieſes überaus intereſſanten Ge⸗ bietes ſchildern, das bereits aus der Feder des Herrn Hülsmann (S. 268 flgde. ! te ae N er Mangelsdorff, Der Makuk. 135 der Monatsſchrift pro 1888 und S. 555 der Monatsſchrift pro 1889) die gerechte Würdigung erhalten? Möge es genügen feſtzuſtellen, daß außer der lieblichen Bach— ſtelze (M. alba) und dem Kiebitz (Vanellus eristatus), der Wildente (Anas boschas) und der Wildgans (Anser einereus) bereits der Flußregenpfeifer (Aegialites minor) in einem Pärchen beobachtet wurde. Um die Freude und Bewunderung über die reiche Ornis zu erhöhen, wurde ſelbſt ſchließlich ein Weibchen des Gimpels (Pyrrhula vulgaris) in einem Obſtgarten des Dörfleins Deuben gehört, allerdings, wie ſich ergab und von Herrn Hülsmann erklärt wurde, ein von dem Schullehrer loci in Freiheit geſetztes Thierchen, das ſich des wunderſchönen Frühlingswetters er— freute! — Ein ſubſtanzielles derbes Frühſtück in dem ſchmucken Gaſthofe Deubens brachte der Schaar der wandernden Vereinsgenoſſen neue Abwechſelung. Avrag erel & GOõοse ete., (um auch des alten Homer zu gedenken, der feine Freude an dem Gelächter über ge⸗ und ungelungene Scherze gehabt haben würde!) zogen wir fröhlich weiter gen Altenbach zu dem Park des kundigen Führers, der ſeine über⸗ reichen Schätze an Hühnern, Parkgeflügel, Enten, Schwänen, herrlichen Jagdhunden, ſeine bedeutende Sammlung von Vogelbälgen und feine nach „Liebe“ ſcher Art ein— gerichteten Vogelkäfige mit ſchöngehaltenen Sängern vorwies, während der Geſang der Staare und der Amſeln von den Bäumen hernieder tönte oder hereinſchallte in die geöffneten Fenſter. Unter praktiſcher Zeiteintheilung war dann die Stunde des Mittagsmahles herangerückt und dieſem präſidirte die trefflich waltende, freund— liche Gattin des Gaſtgebers, bis dann nach einem recht befriedigenden Waldſpazier— gange das Dampfroß die Gäſte nach Weſt und Oſt entführte, die ſicherlich dankbar der ſchönen Stunden in und bei Wurzen, Deuben und Altenbach ſich erinnern wer— den. Sechs neue Mitglieder wurden in der Generalverſammlung angemeldet. Thiele. Der Makuk (Trachypelmus brasiliensis). Mit Abbildung nach dem Leben. Von Paul Mangelsdorff. (Nachdruck verboten.) Folgen mir die geehrten Mitglieder hinüber über den Ocean nach dem Tropen— lande Braſilien, in das Heimathland des Vogels, dem dieſe Zeilen gelten. Es iſt ein eigenthümlicher Geſelle, den ich Ihnen vorführen will, unſchön in ſeiner Geſtalt, eigenthümlich in ſeinem Weſen, aber vielleicht gerade dadurch intereſſant. Wenn jedoch auf dem Wege zu ihm, der den Bergwald bewohnt, unſer Blick ſo manches Auffällige in der Natur ſtreift, ſo möge man verzeihen, wenn ich mich auch bei dieſem aufhalte, denn ein Thier lernt man erſt dann recht verſtehen, wenn man die Umgebung kennt, in der es lebt. 156 : Mangelsdorff, Der Makuk gehört zu der Gruppe der in zahlreichen Arten über ganz Süd⸗ 5 und Mittelamerika verbreiteten Steißhühner (Crypturickae) und iſt eines der größten Mitglieder derſelben. Er ſelbſt iſt zum Vertreter einer beſonderen Abtheilung er⸗ hoben, weil bei ihm wirkliche Steuerfedern vorhanden ſind, die bei der Mehrzahl der übrigen Steißhühner fehlen. | A In der Provinz Rio de Janeiro, wo ich den Vogel kennen lernte, kommen außer ihm noch vier andere Arten vor. Drei kleine etwa wachtelgroße, denen der Braſilianer den Namen Inambu giebt, und ein größeres, das den Namen Jao führt. Der mittlere Inambu belebt in Gemeinſchaft mit dem Jao den Thalwald; der größere wohnt neben dem Makuk im Bergwalde und nur der kleine rothſchnäbe⸗ lige wagt ſich aus dem ſchützenden Walde heraus, um ſich im hohen Graſe zu ver⸗ ſtecken, von wo überall ſein trillerndes Pfeifen ertönt. Doch nun begleite man uns nach der Wohnſtätte der anderen, dem Walde der in nicht zu weiter Entfernung ſich erhebt. Bald ſtehen wir an ſeinem Rande. Wie eine Mauer umſchließt ihn undurchdringliches Geſtrüpp. Einzelne verbrannte Bäume ſtrecken, noch aufrecht ſtehend, ihre verkohlten Stämme und Aeſte aus dem grünen Wirrwarr hinaus und der eine oder der andere trägt auch wohl noch einige, dem allgemeinen Verderben entronnene ſpärliche Schmarotzergewächſe. Sie bezeichnen die Grenze, bis zu welcher die Verheerung vordrang, die der Menſch alljährlich mit Axt und Feuer an den Wäldern verübt. Aber unermüdlich iſt die Natur, den Schaden auszubeſſern. Die im Erdboden vom Feuer nicht vernichteten Wurzeln von Bäumen und Sträuchern, von Schling⸗ und Klettergewächſen haben wieder ausgetrieben, und da fie der dunkele Wald- ſchatten nicht mehr deckt, der ſie zu raſchem Emporſtreben zwang, ſo machen ſie ſich vorläufig breit, ſtreiten um das Terrain, klimmen an Baumſtümpfen empor, wachſen durch einander und überdecken ſich gegenſeitig im ewigen Kampfe ums Daſein. Hier und da ſtrebt aus dem allgemeinen Wirrſal ein raſch und gerade wachſen⸗ des Pflanzenweſen hervor. Melonenbäume, der lang- und der kurzgeſtielte, erheben ihre weichen, geraden, mit ricinusförmigen Blättern gekrönten, mit duftigen Blüthen und ſüßen goldgelben Früchten geſchmückten Stämme; die Imbahuba, der Baum des Faulthiers, hat ihren ſilberweißen Laubſchirm ausgeſpannt und die Atripalme ſendet ihre mehrere Meter langen graziöſen Wedel aus dem Geſtrüpp heraus, von dem ſie ſpäter überdeckt werden wird. Vorläufig freut ſie ſich ihrer Feſtigkeit gegen das Feuer, das wohl ihren Stamm ankohlen, ſeine ſpannenlangen Stacheln, mit denen er wie ein Igel gepanzert iſt, verzehren, ſeine ihm innewohnende Triebkraft aber nicht vernichten konnte. Unten aber zwiſchen dem Geſtrüpp Weiten die korallenrothen Seuche der Kletterpalme, die aus ihrem Wurzelſtock Hunderte von ſchnurdünnen, viele meter- N K er ee Der Makuk. 157 langen, ſtacheligen Trieben durch das Gebüſch ſendet, — ſtrecken ſich in roſiger Pracht die blühenden, mit roſenrothen Hüllblättern überſäten Zweige des ſtachligen klettern— den Bougainvilleſtrauches, und hier und da erhebt ſich eins jener Gewächſe mit feigenartig gelappten Blättern und weißen Blüthen, dem der Kundige möglichſt aus dem Wege zu gehen ſucht. „Arre do diabo!* nennt es der Braſilianer; „Au, des Teufels!“ ruft der Deutſche, der ſeine Hände daran verbrannte, und überſetzt damit den braſilianiſchen Namen wörtlich. Ueber und durch allen dieſen Wirrwarr von Blättern und Stengeln, Stacheln, Dornen und Ranken ſummen Bienen, Hummeln und Wespen, Fliegen und Mücken, ſurren Käfer und Blattwanzen, jagen ſchillernde Libellen, ſchweben und flattern Schmetterlinge, ſchrillen Heuſchrecken und ſchreien ohrzerreißend Zikaden. Auch an Vögeln fehlt es nicht. Wie eine glühende Kohle leuchtet die Purpur⸗ pracht des Feuertangaren durch das Pflanzengrün. Sein Vetter, der Kronfink, ſitzt in Gemeinſchaft von Sangaſſu und Schmucktangare auf einem der Melonenbäume, und läßt ſich die reife, ſüße Frucht ſchmecken. Ihm zur Geſellſchaft hat ſich ein Trupp Calliſten (Septicores) geladen. Auf einem anderen ſitzt in gleicher Beſchäftigung ein goldgelber, oben olivengrüner Araſſari mit grünem Schnabel, den an den Seiten ein rother Fleck ziert. Ein dritter iſt von einem gelbgehäubten Specht beſchlagnahmt und auf einem vierten hat ſich ſoeben ein lärmender Trupp des Braunohrſittichs niedergelaſſen. Im Geſtrüpp aber tanzen poſſierlich eine Geſellſchaft Mönchsmanakine und geben erregt ihre ſchwirrenden und knackſenden Töne zum Beſten, welch' letztere dem Geräuſche gleichen, das man durch Aufknacken einer Haſelnuß erzeugt. Bordeaux⸗ farbige ſcharlachhäubige Haubenfinken durchziehen in Begleitung des ſchwarzen Feuerauges und der Hartangare lärmend das Geſträuch und verſchwinden im Waldesdunkel. Um die grünlichen Blüthenbüſchel der Marianeira ſchwirren Kolibris und durchſuchen dieſelben im Wettbewerb mit Gatturamas, Pittpitts und blauen und grünen Zuckervögeln. Aus dem Dickicht heraus aber dringt das gepfiffene „Oh, wowoh“ des Jao oder der trillernde Pfiff des Inambus zu unſerem Ohr. Dies Lebensbild am Waldesſaume hat ſich unſeren Blicken nach und nach entrollt, während wir langſam der Stelle zuwandern, wo der ſchmale Pfad, den grünen Wald durchbrechend, in den Hochwald führt. Sobald über uns die Kronen der Bäume ihr ſchattiges Dach wölben, lichtet ſich das Geſtrüpp zu unſeren Füßen und der Blick dringt freier in die ſchweigende Majeſtät des Urwaldes. Welch' ein Gegenſatz zu dem Bilde da draußen. Dort Sonne, Luft, Leben und Lärm; hier Schatten, Ruhe und geheimnißvolle Stille. Die Thierwelt ſelbſt ſcheint dem ahnungsvollen Schauer, der uns durchrieſelt, unterworfen zu ſein; kaum vernimmt unſer Ohr irgend welchen Laut; kaum unter— 12 158 Mangelsdorff, bricht das ſanfte Pfeifen des Sao, der Ruf einer Taube, das Trommeln eines N Spechtes, das Raſcheln irgend eines aufgeſcheuchten Thieres oder der Schall unſerer eigenen Schritte die über dem Ganzen liegende feierliche Stille. Wie fremdartig, wie wunderbar ſieht alles hier aus! Den feuchten Boden bedecken Maranthen mit ihren buntgefleckten Blättern, dazwiſchen ſtehen Bromeliaceen, Begonien, Pfeffer⸗ ſträucher und tauſend andere. Gewaltige Stämme der allerverſchiedenſten Art erheben ſich, bald glatt und gerade, bald ſeltſam verknorrt und ungeſtaltet. Mit Moos und Farnen ſind ein⸗ zelne bedeckt, an anderen klettern Philodendren und Begonien empor oder daran klebende Bromeliaceen laſſen ihre roſafarbenen, mit ſcharlach- oder blaßrothen Brac⸗ teen geſchmückten Blüthenſtiele in der feuchten Waldluft ſchaukeln. Hier ſteht ein Stamm auf ſeinen hoch über den Erdboden emporragenden Wurzeln, als ſei er auf einem todten Baumrieſen gekeimt, der ſpäter langſam ver⸗ moderte und deſſen Ueberreſte vom Winde zerſtreut wurden. Runde, kantige oder bandförmige Lianen ſenden ihre wunderlich gedrehten und verſchnörkelten, arm- bis ſchenkeldicken Stämme zu den Baumkronen empor, um ihre Blätter und Blüthen jenen ſchwebenden Gärten einzuverleiben, die dort oben in hoher Luft treiben und blühen; denn faſt jede jener Kronen hat auf ihren Aeſten ein unzähliges Heer von unächten und ächten Schmarotzern, von Arvideen, Ananasgewächſen, Orchideen Miſteln, Cacteen und Farnen. Das drängt ſich dort oben alles dicht und eng zu⸗ ſammen, jedes Fleckchen beſtens ausnutzend und jedes aufs möglichſte ſein Ich auf Koſten des Nächſten pflegend. Da ſtecken gewiſſe Aroideen ihre Luftwurzeln gemüth⸗ lich in die kleinen Ciſternen der Bromeliaceen, das mühſam geſammelte Naß in ſich hinein pumpend, und dort hoch oben hat wohl ein Vogel das Samenkorm der baum⸗ würgenden Feige getragen, dort iſt ſie in der dünnen Humusſchicht gekeimt und von dort hat ſie eine dünne, endloſe Wurzel in die waſſergeſchwängerte Waldluft herab- geſandt, weiter und weiter, bis ſie den Boden erreichte. Jetzt ward ſie zum Stamme, und nun hat dieſer gegen den Baum, der ihm einſt Obdach gewährte, in ziemlich regelmäßigen Abſtänden nach rechts und links Wurzeln geſandt, die, ringförmig in einander verſchmelzend, ihren Wirth bald aus der Reihe der Lebenden tilgen werden. Ein anderer Baum iſt mit langen ehrwürdig grauen Tillandſien behängt. „Barba do velho*, Bart des Alten, werden fie von den Einwohnern genannt. An den dünnen Zweigen eines anderen ſchaukeln die ſtrumpfförmigen Neſter einer Colonie Haubenkaſſiken. Weiterhin treffen wir, ruhig daſitzend, die prachtvolle Surukua mit pfauengrüner Oberſeite, prachtvoll blauſchimmerndem Kopfe und hochdottergelber Unterſeite, oder ein prächtiger, ſchwarz und blau gefärbter Schmuckvogel mit brennend⸗ rothem Kopfe läßt ſich einen Augenblick von uns anſtaunen, bevor er im Gebüſch verſchwindet. 5 4 r Der Makuk. 159 Steil aufwärts führt jetzt unſer Pfad in langen Windungen, bald durch dunkele Grotten, in deren Mitte ein Waſſerfaden rinnt, bald wieder durch Geſtrüpp und über Felsblöcke hinüber, die mit jeglichem Pflanzenwuchs überdeckt ſind. Vom feuchten, durch Wildwaſſer zerriſſenen Boden erheben ſich Baumfarne, Kohl⸗ und Patipalmen oder die rieſige Indaya. Bald geht es über mächtige, am Boden faulende Stämme, bald mit Hülfe des Waldmeſſers durch faſt undurchdring— liche Taquararöhrichte. Ueber uns in dem Gipfel des mächtigſten Urwaldrieſen läßt der weiße Schmidt ſein Krang—Krang —Krang, krang, krang, kang erſchallen, das wie Hammerſchläge auf dem Ambos zu uns herniedertönt und uns bedeutet, daß wir die terra fria, das kalte Land, erreicht haben, was wir ſonſt wohl kaum wahr— nehmen würden, denn bei der ſtundenlangen Wanderung auf ſteil aufſteigendem Terrain tropft uns der Schweiß aus allen Poren. Nun aber machen wir Halt, löſchen den brennenden Durſt aus einer Quelle oder, falls keine ſolche zu entdecken, aus den jungen waſſergefüllten Schößlingen des Taquararohres. Letzteres freilich iſt nur ein Nothbehelf, denn das darin enthaltene Waſſer, obgleich kühl und klar, hat immer einen bitterlich aromatiſchen Beigeſchmack, den nicht jeder angenehm, wenn auch erträglich, findet. Jetzt noch raſch eine Mais- ſtroheigarrette angezündet, und nun wollen wir ſehen, ob wir den Vogel, dem es heute gilt, antreffen. Zu dieſem Zwecke ziehen wir ein einfaches, meiſt aus Bambus⸗- oder Taquara⸗ rohr gefertigtes Inſtrument hervor. Dasſelbe gleicht auffallend einer Centralfeuer- patrone und hat an der Stelle, wo bei dieſer das Zündhütchen ſitzt, ein rundes Loch. Das offene Ende dieſes Inſtruments ſtecken wir in den Mund, blaſen kurz und kräftig hinein und ein einfacher Pfiff hallt durch den Wald. Bald darauf tönt von ferne aus verſchiedenen Orten eine ebenſo lautende Antwort. Es iſt der Makuk. Dem Wohnplatze des nächſten gehen wir entgegen, laſſen in mäßigen Zwiſchen— räumen den Fragepfiff ertönen, den der Vogel regelmäßig beantwortet, und ſuchen nun, in ſein Gebiet gekommen, ein Plätzchen aus, von dem wir ſitzend eine leidlich günſtige Umſchau durch all' das dünne Unterholz halten können. Regungslos müſſen wir uns dabei verhalten, ob auch Mücken und Bremſen uns hart zuſetzen; Rauchen iſt jedoch geſtattet und durch geſchickt entſandte Rauch- wolken halten wir dieſelben etwas in Schach. Wieder und wieder pfeifen wir auf dem Inſtrument, näher und näher tönt die Antwort, zuletzt ſogar hinter unſerem Rücken. Der alte Herr iſt vorſichtig, höchſtwahrſcheinlich iſt er bereits einmal im Feuer geweſen, traut nun dem Frieden nicht und hat uns umgangen. Augen und Ohr ſtrengen wir an, ob er nicht durch leichtes Bewegen eines Aeſtchens uns ſeinen Aufenthalt verrathe, ob nicht das Raſcheln ſeiner Tritte im dürren Laube zu uns 12* 160 Mangelsdorff, herübertönt. Alles jedoch vergeblich, nur der bald hier bald dort ertönende Pfiff giebt uns Kunde von dem veränderten Standorte des geräuſchlos durch das ärgſte Geſtrüpp ſchlüpfenden Vogels. Da erhebt unſer Begleiter plötzlich ſein Gewehr. Ein Blitz, ein Knall, kurz darauf ein kurzes Flattern, während wir vergeblich unſere Augen anſtrengen, um in der durch das Gewehr angedeuteten Richtung ein lebendes Weſen zu entdecken. Lautloſes Schweigen iſt auf den Schuß gefolgt und wir gehen der Stelle entgegen, von wo aus das Flattern erſcholl. Ein Häufchen Federn liegt da. Jetzt heißt es ſuchen, denn jenes Flattern war das eines verendenden Vogels. Die ärgſten Dornen wurden auseinander gebogen, alles vergeblich. Endlich entdeckte ich ihn kaum drei Schritte von der Stelle, wo das Häufchen Federn lag, dicht neben einem gefallenen Baumſtamm, den wir vorher ſchon abgeſucht hatten. Freudig hebe ich ihn auf und betrachte ihn, denn es iſt der erſte, den ich in unmittelbarer Nähe ſehe. Zuerſt fällt uns das reiche, dichte, loſe ſitzende, ſeidenweiche Gefieder von dunkler, erdbrauner Farbe und deutlicher ſchwarzer Wäſſerung auf, da⸗ zwiſchen ſtehen hier und dort einige bräunlichgelbe verſtreute Fleckchen. Ueber dem Ganzen liegt ein bläulicher Hauch, als wäre das ganze Gefieder mit irgend einer graulichen Subſtanz eingepudert.*) Dann überraſcht uns ferner der verhältnißmäßig ſehr kleine Kopf mit langem, leicht gebogenem Schnabel, auf dem die Naſenlöcher weiter nach der Spitze zu ſtehen, als bei irgend einem anderen hühnerartigen Vogel, und der ſich bis unter das große ſchwarze Auge ſpaltet. Ferner fallen uns die hochläufigen blaugrauen Füße mit den kurzen Zehen auf. Die Mittelzehe iſt ſo lang wie der Schnabel und die hintere ein faſt unbewegliches kleines Anhängſel, ziemlich hoch am Laufe angeſetzt und vollkommen zwecklos. Als wir mit unſerer Beute beladen den Heimweg antraten, neigte ſich die *) Die Maße von einem lebenden 1 Jahr alten Makuk ſind folgende: Länge des uro ea ea: Hohe des nf; 8 ia Länge der Tarſen up. MIDI TE sun Länge des Halſes .. ne AL Länge des Kopfes incl. Schnabels „ Länge des Schnabels: a. von der Spitze bis zum Stirnbein . 3,5 „ b. von der Spitze bis zum Mundwinkel 4,5 „ e. von der Spitze bis zum Naſenloch . 12 „ Länge der Mittelze e Zelt 4,5% Linge der Hinterzeh e ñ 1 Zange der Naſenlöchete?e: 1 Lane des Auges menen 100% Flügelſpannung dh g 70 Beim Nachmeſſen löste ſich ein Theil des das Gefieder hedeckenden Staubes ab und he die Hände jo glatt, als wären fie mit Talkum eingepudert, und auch auf dem dunkeln Rock m ſich die Stelle bemerkbar, gegen die ich das Thier gedrückt hatte. nr r Pen ah Der Makuk. 161 Sonne und wir verſuchten deswegen, ob wir nicht einen anderen Makuk beim Bäumen erlegen könnten. Als wir nun das Geräuſch des ſchweren Fluges hörten, durchbrachen wir möglichſt raſch das Dickicht nach jener Stelle hin. Da ertönte dann auch hoch über uns in jenem oben erwähnten Schmarotzerwirrwarr dreimal langſam hintereinander der klangvolle Pfiff, mit dem der Vogel die einbrechende Nacht verkündet; ihn ſelbſt aber können wir jedoch jetzt bei der Unſicherheit der Umriſſe nicht mehr entdecken und ſteigen bei einbrechender Dunkelheit den beſchwer— lichen Pfad hinab dem Hauſe zu. Unvergeßlich aber wird mir eine Nacht bleiben, die ich bei einer Jagdpartie auf einer Waldblöße verbrachte. Feierlich ſchallte der einfache Pfiff des Makuks durch die ſchweigende Nacht mit derſelben Regelmäßigkeit, mit der ein guter Haus⸗ hahn die Stunden anzeigt, und als dann die dichten Morgennebel ſich herabſenkten, da begrüßte er wiederum mit dreimal wiederholtem Pfiff in derſelben Weiſe den an⸗ brechenden Tag, in der er vom ſinkenden Abſchied nahm. Dann aber fliegt er zu Boden und verweilt während des ganzen Tages auf ihm. Hier geht er ſeiner Nahrung nach, die in kleinen Thieren, Sämereien, abgefallenen Früchten und Blät⸗ tern beſteht. Seiner Nahrung wegen, die er theilweiſe durch Umwenden der trockenen Blätter mittelſt des Schnabels gewinnt (denn er ſcharrt nicht), durchmißt er weite Strecken und geht dabei auch regelmäßig an den Quell oder das Loch ſtehenden Waſſers, um hier, ſaugend nach Taubenart, zu trinken. Dabei wird dann auch wohl ein Bad genommen, entweder in knixender Weiſe wie ein Kampfläufer, oder er paddelt im Waſſer wie ein Huhn im Sande. Der Menſch ſtellt ihm ſeines vorzüglichen Fleiſches wegen nach, und an vielen Stellen, wo er früher häufig war, bemüht man ſich jetzt vergeblich nach ihm. Sonſt verfolgen ihn noch ſehr die Wildkatzen und anderes Raubzeug, und den Jungen mögen wohl auch noch die Schlangen, giftige wie giftloſe, gefährlich werden. Im Oktober 1888 brachte ein Neger in ſeinem Hute 4 Stück eben dem Ei entſchlüpfte Neſtflüchter zum Spiel für die Kinder ſeines Herrn. Die Dame des Hauſes aber übergab ſie mir, und ich erkannte aus einem beigefügten ſchön ſeegrünen Ei, daß ich die Neſtjungen des Makuks vor mir hatte. Auf Befragen berichtete der Neger, daß er das Neſt unter einem hohl liegen- den Baumſtamme gefunden hätte und daß es mit Laub ausgefüttert geweſen wäre. Ferner wollte er bei früherer Gelegenheit bemerkt haben, daß die Alte die ſchönen ſeegrünen Eier mit dieſem Laub zudecke, wenn ſie der Aeſung wegen das Neſt ver— laſſen müßte. Das Neſt, aus dem die Jungen ſtammten, hatte er entdeckt, als die Alte dicht vor ſeinen Füßen aufſtand und davonrannte, hinter ſich die Kette der Kleinen, ungefähr 12 Stück, die auf einmal wie durch Zauber verſchwunden geweſen 162 ; Mangelsdorff, wären. Vier von ihnen hätte er dann ſchließlich noch gefunden und im Neſte ein Ei. | Da es mir daran lag, die Thierchen möglichſt zahm zu bekommen, ſo beſchloß ich, dieſelben ohne Hühnerglucke aufzuziehen, ſchüttete in eine viereckige Blechſchachtel Federn und ſetzte die Thierchen dort hinein. Noch ſchwankten ſie ſehr auf den Beinen, und da ſie ja eben erſt aus dem Ei geſchlüpft waren, ſo beunruhigte es mich nicht, daß ſie das vorgeſetzte Futter nicht annehmen wollten. Am anderen Tage verſuchte ich es, ſie zu locken und nahm die Makufpfeife dazu, bewirkte aber gerade das Gegentheil. Kaum ertönte der Pfiff, als fie, die ſo⸗ eben noch munter umherkrochen, wie vom Schlage gerührt niederhockten und un⸗ beweglich ſich verhielten. Aha! dachte ich, das iſt alſo ein Warnungspfiff. Ja aber wie nun locken? Da war guter Rath theuer; der einzige Ton, den ich vom frei⸗ lebenden gehört, hatte die gegentheilige Wirkung. Ganz zufällig pfiff ich leiſe und trillernd und klopfte mit dem Finger auf die Diele, wo ich ein kleines Käferchen hingelegt hatte, — und ſiehe da, alle vier kamen drauf zugeſchwankt, das älteſte er⸗ griff das Käferchen, knabberte ein wenig mit der Spitze des kurzen, noch mit dem Kalkhöckerchen verſehenen Schnabels, dann warf es das Köpfchen zurück und wieder nach vorne, in derſelben Weiſe, wie Wiedehopf oder Strauß zu freſſen pflegt, und weg war der Käfer. Nachdem nun ſo der modus vivendi gefunden, waren ſie auch ſofort zahm geworden, obgleich ſie wohl noch das eine oder andere Mal über die ihnen ungeheuerliche Größe ihres Pflegevaters heftig erſchraken und ſich drückten. Doch was man alle Tage ſieht, darüber wundert man ſich bald nicht mehr: ſo ge— ſchah es auch mit ihnen. Bald folgten ſie mir auf Schritt und Tritt, und wenn ich wiſſen wollte, ob fie in ihr Behältniß zurückgebracht werden wollten, jo hielt ich meine Hände in ihrer Höhe über die Dielen, krochen fie herunter, jo wurden ſie in die Blechſchachtel zurückgebracht. Mit dem Futter machten fie gewiſſe Anſprüche, namentlich verlangten fie Ab⸗ wechſelung. Hatten ſie ſoeben etwas Eigelb genommen, ſo verlangten ſie gleich darauf Fleiſch, Inſekten oder Würmer und verſchmähten das kurz vorher gern Ge— freſſene. Ganz merkwürdig aber war es, daß ſie vollſtändig ſtumm waren. Nicht den ſchwächſten Laut konnten ſie ausſtoßen, und erſt lange nachher, nachdem ſie bereits befiedert waren und gut fliegen konnten, ließen ſie ein ſchwaches Wispern hören, das ſich ſpäter mehr und mehr verſtärkte. Anfänglich nahmen ſie nur thieriſche Stoffe zu ſich, ſpäter auch geſchälten Reis und noch ſpäter ganze Maiskörner. Zerſtoßenen Mais ließen ſie liegen. Als ſie 8 — 10 Tage alt geworden waren, erſtickte mir eins durch zu feſtes Zudecken; ; Der Makuk. 163 von ihm nahm ich eine Oelſkizze, die zur Grundlage der beigegebenen Abbildung diente. Die übrigen drei gediehen vorzüglich. Ich nahm ſie nun, da ſie mir un— bedingt folgten, in den Garten hinaus, wo ich ihnen Regenwürmer grub und Nackt— und Gehäusſchnecken vorlegte. Dabei entwickelten ſie ſich recht raſch und ent— falteten ihr Talent im Durchkriechen von Strauchwerk und im Verſtecken. Nament- lich das letztere gelang ihnen vorzüglich. Mehr als einmal, wenn mich ein Be— kannter, deſſen Füßen ich nicht recht traute, im Garten beſuchte, ließ ich den War- nungspfiff ertönen, und wie durch Zauber waren ſie verſchwunden. Ich ſelbſt hatte Mühe, ſie auf dem Flecke, wo ſie ſoeben geſtanden hatten, zu ſehen, namentlich wenn dort Pflanzen wuchſen; und wenn ich ſie dann irgend Jemand zeigte, ſo hatte der— ſelbe Mühe, fie in nächſter Nähe vom Boden und den daraufliegenden Pflanzen- reiten zu unterſcheiden. Ihr buntes Dunenkleid, das mit dem Erdboden überein— ſtimmt, und die abſolute Unmöglichkeit, ſich durch ihre Stimme verrathen zu können, ſichern ihnen den gleichen Erfolg, wie die Tarnkappe Siegfried, und unter dem Schutze ihrer Unhör⸗ und Unſichtbarkeit mögen ſie im Freien den meiſten Gefahren entgehen. f Später benutzte ich den Warnungspfiff, um mich ihrer zu entledigen. Hatten ſie ſich dann gedrückt, ſo drückte ich mich auch ſchleunigſt aus dem Garten und war dann wenigſtens auf einige Zeit unbeläſtigt; denn wenn ſie mir folgten, ſo mußte ich genau aufpaſſen, um ſie nicht zu zertreten. Lächerlich genug mag ſolch' ein Spaziergang ausgeſehen haben. Selbſt mein == 4 braſilianiſcher Wirth, der ſich ſehr für die kleinen Geſchöpfe inter— eſſirte, obgleich ſonſt ſeine Vogelliebhaberei ſich nur auf Geflügel, und zwar gebra— tenes, erſtreckte, konnte nicht unterlaſſen, mich ab und zu zu hänſeln, und einmal machte er mir ſogar den Vorſchlag, mein ſchönes Talent zur Hühnerglucke nun auch durch Ausbrüten einiger Dutzend Hühnereier weiter fortzubilden. Jedenfalls aber war jedermann erſtaunt den als ſehr ſcheu bekannten Vogel derartig zahm zu ſehen, und viele riethen mir, den Thieren nur ja die Flügel zu ſtutzen, denn ſonſt würden ſie mir eines ſchönen Tages auf und davon gehen. Trotz dieſes wohlmeinenden Rathes fuhr ich fort, dieſelben täglich in den Garten hinaus und dort längere Zeit allein zu laſſen. Wenn ich ſie dann wiederhaben wollte, genügte der Lockpfiff und aus den entfernteſten Ecken des mehrere Morgen großen Gartens kamen ſie geflogen, ſetzten ſich auf Kopf und Schultern und folgten mir wie immer. Je mehr ſich ihre Flugkraft entwickelte, deſto mehr machten ſie auch Gebrauch davon, ſchnellten ſich flatternd plötzlich einige Fuß hoch empor, was einer dem andern nachmachte, und flogen auch ab und zu auf Bäume. Jetzt folgten ſie auch nicht mehr ſo bedingungs— los, namentlich nicht, wenn es über große, leere, ſonnenbeſchienene Flächen gehen ſollte. Entweder ſuchten ſie dann Deckung an Steinen, Zäunen oder Brettern oder ee ie, Dt 164 Mangelsdorff, Der Makuk. aber legten ſich, an ſonnenbeſchienene Stellen gekommen, in der Nähe irgend welcher Deckung auf die Seite, dehnten einen Flügel aus und ließen ſich die Sonnenſtrahlen auf das Gefieder brennen. Als ſie dann ſpäter anfingen, den ſie greifenden Händen auszuweichen, hielt ich es an der Zeit, ſie in die Stube zu verſetzen, wo meine an⸗ deren Vögel in buntem Durcheinander hauſten. g Dort ſchloſſen ſie ſich bald einem Jao an und hielten ſich it ihn meiſt unter den für die übrigen Vögel aus zuſammengeſtellten Baumäſten gebildeten Sitzbüſchen auf, hier ſich ebenſo wie der Jao kleine Lücken zwiſchen den bis auf den Boden ſtoßenden Zweigen zum Durchſchlüpfen bei ihren Spaziergängen. aufſuchend. Nie habe ich dabei bemerkt, daß ſie an irgend eins der dünnen Zweiglein geſtoßen hätten. Hier beobachtete ich nun auch die oben erwähnte Weiſe des Trinkens und Badens. und ebenſo, daß ſie genau wie unſere Hühner während. des ganzen Tages ſich auf dem Erdboden aufhalten und nur zur Nacht bäumen. 0 Im Mai hatte ſich ihre Stimme derart verſtärkt, daß der junge e Hahn be⸗ reits pfeifen, die beiden Hennen trillern konnten. ch pfiffen die iegteren, doch viel ſchwächer als der männliche Vogel. Leider ſollte meine Hoffnung, alle drei mit 1 enn ip abe hin⸗ fällig; swerden. Eines ſchönen Tages ſlog der Hahn gegen das Fenster, ku eine Sie = und ſchnitt ſich an den Scherben die Pulsader des rechten Flügels Due Eins von den Weibchen, das durch eine Augenkrankheit auf eigoik e blind geworden,, verflog fich, und auch das letzte ſollte nicht unbeſchädigt dach Ch. in de⸗ 5 langen. Auf dem Transport auf Laſteſeln in Braſilien ſowie hier in Europ 0 Packibagen von und nach den Bahnſtationen zerſtieß es ſich den Kopf, dermaßen, daß es wie ſealpirt muste doch: Hofe is den 0 die e Kopie wicher Aber die lahlen. Stellen ziehen wird⸗ . spe 25 » Diejes unſinnige Auſſtoßen 5 as Steiihähnem: angeht 5 kur de im Freien von bedeutendem Nutzen, wenn ſie, die faſt. unſichtbaren, kurz vor dem J „Jüger oder dem Raubthier emporſchnellen und ihr Heil im Fluge. ſuchen Cin Iliambu ſtieß regelmäßig derart in die Höhe, daß er, wenn ere Wöderſtand fande regelmäßig wie todt liegen blieb und ſich nur ſehr langſam wieder erholte. Abch aus den ein⸗ fachen Fallen nimmt man ae ein gefangenes Steißhuhn mit ame Kopf⸗ haut heraus. ey Slneesle * Der Tod des Habs Ei mir r recht nahe, denn ich wollte 155 überzeugen ob man die T Thiere nicht durch Zucht zu Hausthieren machen könnte, n ſie ſich ihres trefflichen Fleiſches wegen gut eignen würden. Die Vorausſe ung, „daß die Thiere das hieſige Klima nicht vertragen würden, ift wohl; nur: für die ersten Zuch⸗ ten richtig; der Makuk kommt noch in Gegenden vor, wo wenigſtens in einen f | Ornith. Monatsschrift d. Deutschen V. z. S. d. Vogelwelt. I. 2 * * 1 7 „nn _ FF, 0 = 5 1 * F Chromolith. Gustav Leutzsch, Gera-Reuss. 73 Der Makuk. (Trachypelmus brasiliensis.) A. Richter, Einiges über die Rauchſchwalbe. 165 Theil des Jahres Nachtfröſte fallen. Sehen wir uns unter umſerem Hofgeflügel um, ſo entdecken wir darunter ſo manche Arten, die aus einem ebenſo heißen, wenn nicht noch heißeren Klima ſtammen, wie z. B. das Perlhuhn, der Pfau oder unſer Hausvogel par excellence, das Haushuhn. | Was nun den erwachſenen Makuk als Ziervogel anbelangt, jo find deſſen geiſtige Fähigkeiten nicht derart, dem Beſitzer viel Freude zu gewähren. Er unter- ſcheidet die Perſon des Pflegers nicht von anderen, und ſein erdfarbenes Gefieder iſt auch nicht derart, daß es Erſatz für ſein einförmiges Weſen bieten könnte. Seine Pflege iſt durchaus nicht ſchwierig. Hühnerfutter, Grünzeug, gekochte Kartoffeln und etwas rohes Fleiſch genügen ihm, und als ich ihm einmal Eicheln gab, um ſeine Schlingkraft zu prüfen, ſchluckte er gemüthlich 6 Stück wie ebenſoviel Pillen hinunter. Einiges über die Nauchſchwalbe (Hirundo rustica). Von A. Richter. Im letzten Sommer erbaute zur großen Freude der ganzen Familie ein Schwalben⸗ pärchen ſein Neſt bei uns im Hausflur. Sie wurden vom erſten Tage an, dem 13. Mai, wo ſie im Hauſe die erſte Umſchau hielten, willkommen geheißen und durch angebrachte Sitzſtange, Brettchen, große Nägel, ſchnell eingewöhnt. Vom 15. bis 25. Mai dauerte der Neſtbau, vom 1. bis 13. Juni das Brutgeſchäft, und endlich gelangten die 4 jungen Schwälbchen glücklich zum Ausfliegen. Ich könnte mancherlei Einzel- heiten genauer berichten, die mir ſehr intereſſant waren (wie z. B. das Weibchen erſt nach dringendem Zureden und Bitten des Männchens ſich entſchließen konnte, beim Bauen mitzuhelfen; oder wie ich den Vögeln an jedem Morgen gegen ½ 4 Uhr die Hausthür öffnete, da ſie zu dem Thürfenſter, welches mit Eiſenſtäben verwahrt und ganz mit Wein überwachſen war, nicht aus- und einfliegen konnten; wie ſie ſpäter beim Ausfliegen der Jungen ängſtlich beſorgt waren ꝛc.) — doch iſt dies heute nicht meine Abſicht. Ich möchte im Folgenden einige z. Th. merkwürdige Beobachtungen berichten, die mir bei anderer Gelegenheit aufgefallen ſind. Am 24. Juli beſuchte ich einen Bekannten in dem Dorfe Groß-Radiſch (Kreis Rothenburg, Oberlauſitz),. Wir ſaßen im Garten und plauderten. Währenddem bemerkte ich an der Weſtſeite eines benachbarten Gebäudes ein Schwalbenneſt, zu welchem fortwährend Schwalben ab- und zuflogen. Das Neſt war ganz nach der Art der Hausſchwalben (H. urbica) auswendig am Hauſe unter dem Dache erbaut, und bevor ich mein Augenmerk näher darauf richtete, glaubte ich auch H. urbiea vor mir zu haben. Aber es waren Rauchſchwalben! Sie hatten Junge und fütterten. Das Neſt ſelbſt war ein echtes Rauchſchwalbenneſt. Nur aus meiner früheſten 166 A. Richter, Jugendzeit weiß ich mich auf einen ähnlichen Fall zu entſinnen, daß Rauchſchwalben außen an einem Gebäude brüteten. Es war das auf dem Pfarrhofe zu Ebersbach bei Görlitz; das Neſt ſtand unter dem überhängenden Strohdache des alten Kuhſtalles auf einem aus der Lehmwand hervorragenden Holze. Darunter war die Hundehütte, und es erregte mein kindliches Intereſſe, wenn die jungen Vögel ihren Miſt auf den Kettenhund fallen ließen und dieſer den Unrath dann aufleckte. Uebrigens ſteht die Ruine dieſes Neſtes noch heute nach ca. 28 Jahren. Ich weiß beſtimmt, daß jenes Neſt nur einen Sommer hindurch benutzt wurde, es war alſo wohl ein Nothbehelf. Vielleicht darf hierin auch die Erklärung für dieſe gewiß nicht gewöhnlichen Brut- ſtätten geſucht werden. Die Vogelpärchen wurden wohl aus dem Stalle oder Hauſe, wo ſie brüten oder anbauen wollten, von anderen herausgebiſſen und blieben aus Liebe zur Heimath dann außen am Hauſe. Im letzten Sommer haben ſich in meinem Bevbach tage die Schwalben, und zwar H. rustica wie urbiea, in ſehr erfreulicher Weiſe vermehrt. Der un⸗ gewöhnlich warme und ſchöne Monat Mai war den erſten Bruten beſonders günſtig, und auch die zweiten Bruten ſind glücklich ausgekommen, ja ein Rauchſchwalbenpaar im Stalle der hieſigen Brauerei hat ſogar dreimal gebrütet. Die dritte Brut war Anfang September ausgeflogen und iſt auch bis zum Abzuge Ende September noch völlig reiſefähig geworden. Es waren in den erſten zwei Septemberwochen täglich Schwärme von Schwalben zu ſehen, die nach hunderten zählten. Wie große Mücken⸗ ſchwärme ſpielten fie in der Luft, und wenn fie ſich einmal theilweiſe auf Telegraphen⸗ drähte niederließen, ſo glaubte man von ferne große Perlenſchnüre zu ſehen. Werden ſie alle wiederkehren? Wir ſind nur zu gern geneigt, eine ſparſame Heimkehr im Frühjahr auf Verfolgungen in der Winterherberge oder auf dem Zuge zu ſchieben, und gewiß iſt dies auch in vielen Fällen richtig. Aber ſicher kommen auch große Schaaren manchmal ſchon um, ehe ſie im Herbſte abziehen und zwar durch Zufälle, an die vielfach noch zu wenig gedacht wird. Ich habe ſchon im Jahrgang 1887 dieſer Monatsſchrift Seite 115 von den 72 Schwalben berichtet, die während des Winters in einer hohlen Linde gefunden wurden, alſo vor dem Abzuge umgekommen waren, und Herr Ad. Walter hat in dankenswerther Weiſe an einen ähnlichen Fall (1887, S. 119 ff.) erinnert, wo zahlreiche Hausſchwalben in Erſtarrung gefunden wurden. Seiner Bemerkung S. 201: „Aber glaube man nur nicht, daß ſolche Fälle ſo vereinzelt daſtehen! Man entdeckt nur nicht die Schlupfwinkel, in denen die todten Schwalben liegen, ſo leicht, und wer ſie entdeckt, erzählt davon meiſtens nur ſeinem Nachbar ꝛc.“, muß ich heute als ferneren Beweis dafür noch einen ähnlichen Fall anführen, der allerdings ſchon 40 Jahre zurückliegt. Ich hörte erſt jetzt davon und zweifle nicht an der Glaubwürdigkeit meines Gewährsmannes. Es war etwa im Jahre 1850 da wurde — ebenfalls zur Winterszeit — in dem Dorfe Sohland am Einiges über die Rauchſchwalbe. 167 Rothſtein (zwiſchen Görlitz und Löbau, unweit der Görlitz-Dresdener Bahn) beim Umſägen einer hohlen Linde gegen 300 () Rauchſchwalben aufgefunden, unverweſt und wohlerhalten. Stammte ſo ein Schwarm aus einer Ortſchaft, da iſt es kein Wunder, wenn im folgenden Frühjahr viele Neſter leer bleiben und Niemand weiß, wo die zutraulichen Vögel geblieben ſind. Wie viele mögen auf ähnliche Weiſe um— kommen! Von Intereſſe dürfte auch folgende Mittheilung ſein. Anfang Oktober vorigen Jahres kehrte nach mehrjähriger Abweſenheit ein Oberbootsmanns-Maat der Kaiſerl. Marine auf einige Wochen Urlaub hierher in die Heimath zurück, nachdem er auf der „Olga“ die furchtbaren Ereigniſſe bei Samoa, ohne Schaden zu leiden, mit durch— gemacht hatte. Auch ich ließ mir ſelbſtverſtändlich aus ſeinem Seemannsleben viel erzählen. U. a. fragte ich ihn auch, ob er auf ſeinen Weltumſegelungen nicht auch vrnithologiſche Beobachtungen gemacht habe. Da erzählte er Folgendes: Als die „Olga“ Ende Auguſt auf ihrer Heimreiſe das Rothe Meer durchſegelte, wurde ſie eines Tages von großen Schaaren Rauchſchwalben umringt, die ſich auf dem Takelwerk nieder- ließen und ſich nicht ſcheu zeigten. Eine Schwalbe übernachtete ſogar dreimal im „Büreau“, wurde früh fortgelaſſen und ſtellte ſich abends wieder ein. Aber wie kamen die Vögel Ende Auguſt ſchon aufs Meer? Auf dem Zuge können ſie doch noch nicht geweſen ſein. Vielleicht waren es Bewohner der umliegenden Landſtriche, die mit ihren Jungen Flugübungen machten.“) Einen ſonderbaren Platz für ihre Nachtruhe wählte ſich im letzten Sommer eine Rauchſchwalbe, indem ſie über eine Woche hindurch bei einem Tiſchler meines Dorfes allabendlich in das Wohnzimmer kam und ſich auf den Regulator ſetzte. Dort ließ ſie ſich auch bei Lampenlicht nicht ſtören. Merkwürdig war mir jene Zutraulichkeit auch deshalb, weil die Schwalben in dem Gehöft jenes Tiſchlers gar nicht brüteten, ſondern in der Nachbarſchaft. Unvergeßlich wird mir auch Folgendes bleiben. Als ich als Leipziger Student im 3. Semeſter meinen erſten Predigtverſuch wagte (im lieblichen Dorfkirchlein zu Börln bei Dahlen i. Sachſen), flog auf einmal während der Predigt mit gemüthlichem „witt, witt“ eine Schwalbe an mir vorüber; und ſie kam noch öfters und hatte auch ein Recht dazu, denn der Kanzel gegenüber in der Patronats-Loge war ein Neſt mit Jungen. Eine Fenſterſcheibe war zerſchlagen, die Schwalben hatten den Zugang alsbald ausgekundſchaftet, wahrſcheinlich angelockt durch die im Frühjahr an den Kirchenfenſtern immer zahlreich vorhandenen Fliegen, — und wo konnten ſie wohl ) Wahrſcheinlich iſt es die unſrer Rauchſchwalbe ſehr naheſtehende, von ihr vielleicht nur abartlich verſchiedene ſüdliche Rauchſchwalbe, Hir. cahirica, Licht., geweſen, welche im Orient zu Hauſe iſt. Hir. rufula, Tem., welche auch einen tief gegabelten Schwanz hat, iſt am Obertheil zu abweichend gezeichnet und auch dem Menſchen gegenüber nicht ſo zuthulich. K. Th. Liebe. 168 von Wacquant-Geozelles, ungeſtörter ſein als dort in der Kirche? Zum Glück hatte ich gut memorirt, ſodaß ich nicht aus dem Texte kam; aber hinſehen mußte ich doch zuweilen, denn die kleine Geſellſchaft verhielt ſich durchaus nicht ſchweigſam, wenn die Alten Futter zutrugen. Seit jenem Tage habe ich den alten Spruch Pſalm 84, Vers 4, doppelt gern: „Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ihr Neſt, da ſie Junge hecken, nämlich deine Altäre, Herr Zebaoth, mein König und mein Gott.“ Jänkendorf (Oberlauſitz), Februar 1890. Zum Horſten des Buſſardes. Von Staats von Wacquant-Geozelles. Im Frühjahre bezog hier ein auffallend hellgefärbtes Buſſard-Paar ſeinen alten, ſchon ſeit zwei Jahren benutzten Horſt. — Nachdem die Eier längere Zeit bebrütet waren, wurden ſie von Seiten eines Mannes, der nicht weiter darüber nach⸗ denkt, ob das Ausnehmen von Bufjard-Eiern gerecht oder meiſtens ſehr ungerecht ſei, geraubt. Die „Erſtbrut“ des Buſſardes wird hier leider häufig zerſtört. Stellenweiſe bekümmert man ſich überhaupt nicht um ihn, ſchützt alſo ſeine Brut nicht vor Ver⸗ nichtung durch unberechtigte Hand, ſtellenweiſe — leider auch in größeren Privat⸗ horſten und Jagdrevieren — haßt man ihn und verfolgt ihn auf das eifrigſte, ungerechterweiſe, ſtets und während des ganzen Jahres! So wurden zwei Drittel der erſten Bruten vernichtet: der „wiederbezogene alte Horſt“ iſt vom Vorjahre oder vom Winter her bekannt und wird beobachtet, der neu errichtete wird leicht entdeckt. — Anders verhält es ſich mit der „zweiten Brut“. Der erſte Eifer: „Habichtsneſter“ zu ſuchen, hat ſich gelegt, die auf irgend einem günſtigen Krähenneſte gebauten zweiten Horſte ſind nicht bekannt und auch bei dem jetzt hervorbrechenden jungen Grün der Buchen nicht leicht mehr zu finden. Der zweite Horſt unſeres gegenwärtigen Buſſardpaares ſtand, etwa eine halbe Stunde vom erſten entfernt, ſehr hoch auf einer ſtarken, ſchlanken, bis zum Horſte aſtfreien Buche. Er war ein vollſtändiger „Neubau“, was mir inſofern intereſſant. war, als der Buſſard gerade bei einer nöthig gewordenen zweiten Brutanlage gern, um ſchneller zum Ziele zu kommen, ein Krähenneſt als Fundament benutzt. — Und was für ein Neubau! — Jedenfalls durch öftere, böſe Erfahrungen gewitzigt, hatten die Vögel jetzt jene ſtarke Buche erwählt, trotzdem gerade auf ihr, der ſpitzwinkligen Stammgabelung wegen, in welcher der Horſt errichtet wurde, eine gewaltige Menge Materials erforderlich war. Nach beiden Seiten quoll das herbeigetragene Reiſig aus der Gabelung hervor, eine ziemliche Partie war ganz aus dem Gleichgewicht Zum Horften des Buſſardes. 169 gekommen und hing nur noch an einem Zweige des Horſtmaterials, war aber nach einigen Tagen wieder herangeholt und verbaut. — Hier möchte ich bemerken, daß es eine irrige Anſicht iſt, wenn behauptet wird, der Buſſard überzeuge ſich von der Brauchbarkeit reſp. Sicherheit eines Horſt⸗Stammes dadurch, daß er ihn in Schrauben- windungen umkreiſe. — Auch ich habe mehrmals geſehen, daß ein Buſſard thatſächlich dieſes Manöver ausführte, — ſtets geſchah es aber lediglich zu dem Zwecke, die ihm entfallenen und event. hängengebliebenen Zweige wiederzuholen. Der Buſſard liebt es nicht, die Zweige neben und unter dem Horſte oder den Erdboden mit Reiſig ze. zu verſehen, wie dies der liederliche und unvorſichtige rothe Milian oft thut! — ) Ich bekümmerte mich nun einige Tage nicht um die Buſſarde und hoffte mit ihnen ein gutes Gedeihen der Brut, was in Anbetracht deſſen, daß die Mäuſe ziemlich gut durch den Winter gekommen waren, nur nützlich und erfreulich geweſen wäre! Dem ſollte aber nicht ſo ſein. Ein Jäger hatte den Horſt entdeckt, ſich angeſetzt und das Männchen heruntergedonnert. Ich ging zum Horſte, überzeugte mich am Stamm, daß derſelbe noch nicht erſtiegen ſei und beſorgte dies nun meinerſeits. Eier lagen nicht darin, doch war er vollkommen vollendet. Seit zweckloſer Ermordung des Männchens waren 24 Stunden verfloſſen und dennoch ſah ich noch an demſelben Tage das Weibchen mit einem neuen, dunkleren Gatten kreiſen. Ich bekümmerte mich nicht um ſie, ſollte aber dennoch noch einmal mit ihnen zuſammentreffen und gewahr werden, daß ſie trotz allen Schickſalsſchlägen Elternfreuden erlebt hatten. Wie war das weitere Leben der Vögel geweſen? Ich konnte es mir nach Wochen, als wir uns wiedertrafen, ohne irre zu gehen, zuſammenreimen. | Die Trauer des damals grauſam zur Wittwe gemachten Weibchens währte nicht lange; es fand ſich der neue Gatte ein, und wenn dieſer vielleicht auch noch jung *) war: fie tröſtete ſich mit ihm. Wo ſollte nun der neue Hausſtand gegründet werden? — Vor dem Höhenzuge, in welchem es zweimal Unglück erlebt hatte, ſcheute das begattete Weibchen; die anderen „Reviere“ hatten ſchon „ihren Buſſard“ und Hausfriedensbruch (in weitem Sinn) duldet ein ſolcher nicht! Dennoch mochte ein Horſtbau verſucht ſein; da kam die Legenoth; das Ei drückte; die „Gegend“ war ihm zu lieb und auch reich an Mäuſen und ſomit mied das Weibchen die Höhen, begab ſich in das Thal und ſah ſich hier nach einer paſſenden Stelle um. — Hohe Bäume waren nicht vorhanden, nur ein junger, dichtgeſchloſſener Fichtenbeſtand. Hier fand es ein altes Heherneſt, dem in ſpäterer Zeit ein Eichhörnchen eine Haube aufgeſetzt hatte; alles ſchon ziemlich verrottet; aber Noth kennt kein Gebot und ſo legte das ) Von der „Brauchbarkeit“ eines Stammes wird ſich der Buſſard auch auf andere Weiſe überzeugen: auch er hat ein „Falkenauge“. — Allerdings witzigt ihn wohl erſt die Erfahrung. — (Vergl. Monatsſchr. 1888, S. 212; Schacht, „D. V. d. Teutob. Waldes“, S. 4.) v. W. ) und ſomit ledig geblieben war; denn „gleichalterig“ iſt auch das Buſſard-Prinzip. v. W. 170 A. Frenzel, bedrängte Buſſardweibchen alſo hier, in Reichhöhe über dem Boden, ſeine drei \ Eier ab. — Was in den hohen Kronen der alten Laubbäume nicht gelingen follte — hier an denkbar unpaſſendſter Stelle gelang es: die Jungen kamen aus und wurden im morſchen nur in aller Eile mit einigen „Bündeln“ noch morſcherer, trockener Zweige der nächſten Lärche umlegten „Neſte“ großgefüttert! Ich wurde beim Suchen nach jungen Turteltauben durch das viele Geſchmeiß auf den Horſt aufmerkſam, dachte an Pernis und verſuchte einen Einblick. Der „Horſt“ ſtand — nach Heherart — zwiſchen zwei Fichten, von denen eine abgeſtorben war. Durch das Gewicht der Jungen war er ganz ſchief geworden und beſtand die „Oberfläche“ ) nur aus der erwähnten Mooshaube des Eichhörnchenneſtes. Rings am Rande lagen Lärchenzweige — bündel- oder packweiſe und gänzlich unverflochten. Ein junger Buſſard war ſchon weit vom Horſte entfernt, die beiden anderen gingen ebenfalls über Bord, als ich mich mit großer Mühe zwiſchen den dünnen, halbver⸗ trockneten Fichtenſtämmchen nach oben zwängte. Ich ſah mir die Vögel erſt in der Nähe an und beobachtete ſie dann in der Folge faſt täglich. Sophienhof b. Grupenhagen, December 1889. Aus meiner Vogelſtube. Von A. Frenzel. 50. Chloebia Gouldiae, der Schwarzkopf-Spelzfink. Wenn unſer Schlechtendal noch lebte! Wie würde er ſich gefreut haben über die Einführung der beiden herrlichen auſtraliſchen Prachtfinken, des rothköpfigen und ſchwarzköpfigen Spelzfink. Mit welcher ſchönen Schilderung würde er dann unſere Monatsſchrift geſchmückt haben, kam ihm doch kein Vogelwirth gleich im Verſtändniß ſeiner Lieblinge, der exotiſchen Vögel. Schlechtendal wird nicht erreicht, die durch ſeinen Tod geſchaffene Lücke wird nicht ausgefüllt, mit keinem Menſchen weiter konnte man ſo angenehm plaudern und ſchreiben. Die Spelzfinken waren ſo ſelten, daß Brehm ſie in ſeinen Büchern gar nicht erwähnt. Reichenbach bildet ſie aber auf Tafel X ſeiner „Ausländiſchen Singvögel“ ab. Die Abbildungen ſind, wie gewöhnlich, nicht ganz zutreffend, deshalb gebe ich die Beſchreibung des Federkleides wie folgt: | Chloebia Gouldiae &. Oberkopf, Geſicht, Kinn und Kehle ſammetſchwarz, rings um die Grenzen dieſes Schwarz verläuft ein himmelblaues Bändchen, Bruft - ) Von einer „Mulde“ keine Spur! — Aus meiner Vogelſtube: 50. der Schwarzkopf - Spelzfinf. 171 prächtig violett, Bauch citronengelb, Nacken und Rücken grün, Bürzel blau, Schwanz ſchwarz, die mittelſten zwei Schwanzfedern verlängert und in eine Spitze auslaufend, Unterſchwanzdecken weißlich. Augen ſchwarz, Füße fleiſchroth, Schnabel weiß, Spitze und Schneiden desſelben blutroth. Das Weibchen iſt gleich gefärbt, doch ſind alle Farben matter und das himmelblaue Bändchen um den ſchwarzen Kopf fehlt oder iſt nur angedeutet. Reichenbach bemerkt in ſeiner Beſchreibung: „Wenn neue Entdeckungen anziehend ſind, ſo werden ſie es doppelt durch Schönheit und Zierlichkeit, daher wird auch dieſe ſchöne Art einſt für Sammlungen und Vogelhäuſer ein beliebtes Deſiderat werden. So eignete ſich auch dieſer zierliche Vogel zu einem Denkmal für die treffliche Künſtlerin Mrs. Gould, die Gattin des berühmten Ornithologen, welche die noch unübertroffenen Originale zu deſſen Prachtwerken gemalt, ihn auf ſeinen Reiſen um die Welt be— gleitet und die Gefahren derſelben mit ſeltenem Muthe ertragen hat.“ Reichenbachs „Einſt“ iſt gekommen. Im Sommer 1887 wurden beide Arten Chloebia, der rothköpfige und ſchwarzköpfige Spelzfink, zum erſten Male von dem Großhändler Abrahams ausgeboten (ſiehe dieſe Monatsſchrift 1887, 371). Zu der Zeit der erſten Einführung koſtete ein Pärchen mehrere hundert Mark. So ſelten, als Reichenbach die Vögel in ſeinem Werke hinſtellt, ſind ſie gewiß nicht. Denn ſie wurden bis heute wiederholt eingeführt und ſcheinen vielleicht nun ſtändige Bewohner unſerer Vogelſtuben zu werden. Der Preis des ſchwarzköpfigen Spelzfink iſt auch bis auf 50—60 Mark heruntergegangen, der des rothköpfigen bis auf 60 — 70 Mark. So ſchön aber auch die Spelzfinken im Gefieder ſind, ſie vermögen ſich doch bei weitem nicht ſo in die Gunſt des Vogelwirthes zu ſetzen, als z. B. die eigentliche und dreifarbige Papagei-Amandine. Die Spelzfinken ſind leider viel leichter hinfällig, weichlich, und die Weibchen gehen häufig an Legenoth zu Grunde. Von vier Weibchen des ſchwarzköpfigen Spelz- fink ſtehen bereits drei ausgeſtopft vor mir, von drei Männchen eins. Wenn die Vögel ankommen, ſo ſind fie meist krank, ſitzen auf einer Stelle, Schlafen viel, wachen einmal auf um zu freſſen, ſchlafen wieder und ſchlafen endlich ein, um nie mehr zu erwachen. Erholen ſich anderenfalls die Vögel nach einiger Zeit, ſo werden ſie munterer und laſſen das viele Schlafen ſein. Die Weibchen wispern dann fleißig: pss, pss und die Männchen laſſen ihren drolligen Geſang hören. Bei dem Singen hüpft das Männchen fortwährend in die Höhe, ohne ſich dabei von der Stelle fortzubewegen. Der Geſang iſt, wie der Geſang aller Amandinen, nicht viel werth. Indeſſen hat das in der Stube freifliegende Männchen immer viel Urſache, ſich ſeinem Weibchen von der beſten Seite zu zeigen, da letzteres mit dem in einem Käfig befindlichen zweiten Männchen zu liebäugeln pflegt, infolge deſſen legt erſteres allen Schmelz und alle Sehnſucht, die das kleine Herz eines Spelzfink-Männchens zu faſſen vermag, in 172 A. Frenzel, Aus meiner Vogelſtube: 51. der Rothkopf-Spelzfink. ſein Lied. Demzufolge klingt das Liedchen auch angenehmer, es hat mehr Modulation als das Schnurreu des Käfig-Männchens und des Männchen Rothkopf -Spelzfink. Die Weibchen ſingen nicht, ſondern locken nur. Abends machen mir die Vögel immer Spaß. Wenn ſie ſich anſchicken, ſchlafen zu gehen, ſo giebt es einen Heidenlärm, bis die eintretende Dunkelheit endlich die Vögel verſtummen läßt. Die Vögel mauſern in den Monaten Mai und Juni. Sie ſehen dann um den Kopf aus wie ein Igel, doch ſingt das Männchen auch in der Mauſerzeit. Be⸗ merkenswerth iſt, daß ſich während der Mauſerzeit der Schnabel mit der blutrothen Spitze ſchwärzlich verfärbt. Eine ähnliche Verfärbung des Schnabels während der Mauſerzeit tritt auch bei dem Schwarzſchwanzkernbeißer (Coccothraustes melanurus) ein. Gezüchtet habe ich meine Goulds-Amandinen bis jetzt noch nicht. Ein Pärchen hatte ich in einem Käfig, das Männcheu trug Niſtſtoffe in ein Harzer Bauerchen ein und baute ein Neſt. Das Weibchen ſtarb an einem weichen Ei. Als ich ein anderes Weibchen in den Käfig gab, war das Männchen darüber keineswegs erfreut, ſondern befehdete im Gegentheil das Weibchen, es zeigte ſich nur beſorgt um ſein erbautes, noch unfertiges Neſt; dieſes Neſt vertheidigte es gegen das Weibchen und ließ es nicht in dasſelbe hinein. Später ließ ich das Pärchen fliegen, nun haben ſie auch in der Stube ein Neſt in einem Harzer Bauer erbaut, aber gebrütet haben ſie nicht. | | Doch iſt der ſchwarzköpfige Spelzfink Schon mehrfach gezüchtet worden, jo unter anderen auch von unſerem Vereinsmitglied Herrn Dr. Willink in Holland, welcher ſeinen Erfolg in der „Gefiederten Welt“ 1888, 393 beſchrieb. Herr Dr. Willink giebt daſelbſt an, daß Herr Cornely in Tours dieſe Art zuerſt gezüchtet habe. Die Heimath der Spelzfinken iſt Nordauſtralien. Man hat den ſchwarzköpfigen Spelz⸗ finken nachgewieſen an der Nordküſte, ſowie am Victoriafluſſe an der Nordweſtküſte. Mr. Gilbert erhielt junge Vögel zu Port Eſſington und fand die Art auf der Greenhill-Inſel in der Van Diemens-Bucht an der Nordküſte. Mr. Gilbert be⸗ obachtete ſie an den Rändern der Manglebäume (mangroves) im Dickichte; auf⸗ geſcheucht flogen ſie immer auf die höchſten Aeſte der Gummibäume. Die Vögel fraßen in Geſellſchaften von 4—7 Köpfen die Samen von Gräſern und anderen Gewächſen. | 51. Chloebia mirabilis, der Rothkopf-Spelzfink. Dieſe Art iſt noch ſchöner als die vorige und auch eine Wenigkeit größer. Da auch hier die Färbung etwas abweicht von der Abbildung in Reichenbachs Werk, ſo gebe ich folgende Beſchreibung: 7 Geſicht und Oberkopf glänzend karminroth, Kinn und Kehle ſchwarz; um das Roth der Wangen und des Oberkopfes verläuft ein feines ſchwarzes Bändchen, an Kleinere Mittheilungen. 173 dieſes Bändchen ſtößt ein breiteres, himmelblaues Band, das auch nach vorn ver- läuft und den ſchwarzen Kehlfleck mit einfaßt. Bruſt prächtig tief violett, Bauch eitronengelb, Nacken und Rücken grün, Bürzel blau, Schwanz ſchwarz, die mittelſten zwei Federn verlängert und in eine Spitze auslaufend. Schnabel weiß, Spitze und Schneiden kirſchroth. Untere Schwanzdecken weißlich. Das Weibchen iſt gleich ge— färbt, doch in allen Farben matter. Wie man ſieht, ſind die beiden Arten Spelz— finfen ganz gleich gefärbt, nur mit dem Unterſchied, daß bei mirabilis Geſicht und Oberkopf roth, ſtatt ſchwarz wie bei Gouldiae, ausſehen. Wie beide Arten in der Färbung ſich ſo ähneln, ſo gleichen ſie ſich auch in allen anderen Eigenſchaften: Lockruf, Geſang, ruhiges, ſtilles, verträgliches Weſen, Nahrung, alles iſt übereinſtimmend. Die Spelzfinken ſind nur Körnerfreſſer, ſie laſſen Mehlwürmer und Weichfutter unberührt. Wenn die Reiſenden angeben, daß die Spelzfinkeu überaus ſcheue flüchtige Vögel ſind, ſo zeigen ſie das in der Gefangenſchaft eben nicht, im Gegentheil ſind es zutrauliche Vögel, die in nächſter Nähe von uns an das Futter gehen. Ein Männchen Rothkopf-Spelzfink kam ſogar immer an das Käfiggitter heran, wenn man freundlich auf den Vogel einſprach. Gezüchtet ſcheint der Rothkopf⸗Spelzfink noch nicht zu ſein. Mir gelang bis jetzt eine Zucht ebenſo— wenig. Eine ſehr hübſche Schilderung der wunderſchönen Amandine gab Herr Nagel in unſerer Monatsſchrift 1888, 98. Vielleicht berichtet unſer verehrtes Vereinsmitglied auch einmal über eine glückliche Züchtung. Die beiden Spelzfinkenarten ſcheinen gemeinſchaftlich an denſelben Oertlichkeiten vorzukommen. Die Reiſenden Hombron und Jacquinot erhielten Rothkopf⸗Spelzfinken an der Nordküſte Auſtraliens in der Nachbarſchaft von Raffles Bay. Und Mr. Elſey fand am Viktoriafluß Hunderte von Vögelchen beider Arten und ſtopfte zahlreiche Exemplare für das Londoner zoologiſche Muſeum aus. Kleinere Mittheilungen. Zug der Elſtern. Die Elſter (Pica caudata) bewohnt den Gau meines Heimathsortes Schlaupitz in recht netter, ſich aber immer gleichbleibender Anzahl; „ſie iſt hier“, ſo will ich mit Dr. A. E. Brehm reden (vgl. Thierleben, Vögel 2, S. 451), „Standvogel im vollſten Sinne des Wortes“, Sommer wie Winter bleibt ſie auf demſelben kleinen Wohngebiete und verläßt daſſelbe niemals. Nun bemerke ich heuer zu meiner Ueberraſchung, daß mit den großen Zügen von Raben-, Saat- und Nebel- krähen, welche auf ihrer Rückwanderung nach nördlicheren oder nordischen Niſtplätzen unſer Gebiet berühren, Völkchen von Picea eaudata mit ins Land kommen, nach Art ihrer größeren, nicht eben beſſer geſitteten Verwandten, eine Weile die Aecker unſicher machten und dann, gewöhnlich in Begleitung jener, in öſtlicher oder weftlicher, — 174 Kleinere Mittheilungen. höchſt ſelten in nördlicher Richtung, in der gewöhnlichen Richtung der Krähenzüge, abſtreichen. — In meinem ornithologiſchen Tagebuche finde ich über die Züge der Elſter folgende Notizen: 21. Februar: bei ſteifem Süd kommen große Züge der Saat⸗ und Nebelkrähe ſowie 20 Elſtern v. S.: N. gezogen, blieben bis gegen Abend hier und ſtrichen nach O. ab. — 26. Febr.: ca. 100 Saatkrähen und 10—15 Elſtern in bunter Reihe ziehen von N.: S. — 4. März: 15 Elſtern ziehen allein in beträchtlicher Höhe von S.: N., „ſtoßen“ ſich am Geiersberge und ſtrolchen in öſtlicher Richtung weiter. — 8. März: 40 Saatkrähen und dicht hinter ihnen ca. 20 Elſtern verfolgen bei S.⸗Wind genau die Richtung der am 4. März beobachteten Wanderer. — 9. März: Großer Zug Elſtern ſteigt ſehr hoch von O. nach W. — 10. März: Nebelkrähen mit 6 Pica caudata vermengt kommen bei W.-Winde über das Dorf vom N.: S. gezogen. — 11. März: Früh 9½ Uhr ſtrolchen 10 Stück Elſtern bei S.-Wind von S.: N. ziehend über Schlaupitz, überfliegen den Geiersberg und ſtreichen nach N. O. ab. Schlaupitz, Dom., 10. März 1890. Karl Knauthe. Etwas vom Pirol. Herr Karl Krauſe, damals Gärtner in Blumenfelde bei Wangerin, ein eifriger und tüchtiger Beobachter unſerer einheimiſchen Vögel, theilte mir unterm 27. October 1889 folgende Beobachtung mit: „Am 17. Mai cr. hörte ich im hieſigen Garten mehrere Pirole eifrig ſingen, deren jeder ſich bemühte, die anderen zu überbieten. Da ich beabſichtigte, einen Pirol für meine Sammlung zu präpariren, ſchlich ich mich behutſam heran und ſah drei Männchen, die ſich um ein Weibchen ſtritten. Unter dieſen ſuchte ich mir den ſchönſten aus und ſchoß ihn bei paſſender Gelegenheit herunter. Schwer getroffen, aber noch nicht todt, flatterte das prächtige Männchen ſchräg herab auf den Raſen. Einer der Nebenbuhler folgte ihm, ohne auf den Schuß zu achten, unmittelbar, ſetzte ſich neben den Verendenden und bearbeitete ihn wüthend mit ſo wuchtigen Schnabel⸗ hieben, daß ich ſchleunigſt hineilte, beſorgt, er möchte mir den geſchoſſenen zerhacken. Erſt als ich bereits bis auf wenige Schritte, offen auf ihn zulaufend, ihm nahe ge⸗ kommen war, bemerkte er mich, gab in aller Eile dem nunmehr todten Nebenbuhler noch ein paar Hiebe und flog dann erſt weg.“ E. Ziemer. Nahrung von Corvus frugilegus. Im September vor. Jahres, als hier im Gebirge die Ernte noch im vollen Gange war, ſah ich, daß ein Saat⸗ krähenſchwarm von einem Felde einem nahen Wäldchen zuſtrich. Ich ſchlich hinzu und erlegte 2 Stück, eine junge und eine alte, mit einem Schuſſe. Der Magen⸗ inhalt der alten Krähe zeigte 6 Stück Weizenkörner und verſchiedene Inſektenreſte, im Magen der jungen befand ſich kein einziges Korn, ſondern nur Inſektenreſte, ein Zeichen, daß die vielgeſchmähten und verläſterten Saatkrähen zur Zeit, wo ſie in Körnern förmlich ſchwelgen könnten, doch die Kerbthiernahrung vorziehen. Feldrom. Heinrich Schacht. 1 . 2 Litterariſches. 175 Schwarzdroſſeln — Eicheln freſſend. Im September des Jahres 1885 ſah ich in einem alten Eichenbeſtande, wie eine Anzahl Schwarzdroſſeln (Merula vulgaris; Leach.) eifrig damit beſchäftigt war, Eicheln abzureißen und dieſelben zu verſchlucken oder in eine Fichtendickung zu tragen. Es war ſehr früh am Morgen. Dicht über und neben mir liefen und hüpften die Amſeln auf den Aeſten und Zwei— gen umher, faßten die Eicheln und riſſen — flatternd — ſo lange an denſelben, bis ſie ſie hatten. Dabei fielen eine Menge dieſer Früchte zur Erde, denn erſtens ſaßen dieſelben ſchon ſehr loſe in den Näpfchen und zweitens wurden die meiſten als zu dick befunden und fallen gelaſſen. Deutlich wurde in einer Eichengruppe die Krone einer jüngeren Quercus sessiliflora Sm., welche hier an dieſer Stelle ganz kleine Früchte trägt, von den Vögeln vor allen anderen beſonders beſucht. — Kleine Eicheln wurden verſchluckt, wahrſcheinlich ſtets ohne das Näpfchen. Hatte eine Droſſel eine ganze „Traube“ abgeriſſen, ſo flog ſie damit in die erwähnte Fichtendickung und hatte ſie hierzu gewöhnlich um ſo mehr Grund, als viel Zank und Mißgunſt unter den Thieren herrſchte, ſie ſich ſtets im Auge behielten und behelligten. In der Fichtendickung wurden die Eicheln dann mit Ruhe „bearbeitet“. Das Abreißen geſchah unter Flattern, oft mit vieler Mühe und wurde oft vergeblich verſucht. Ich beobachtete dieſen ſelben Vorgang, aber ſtets nur am früheſten Morgen, in jenem Monate noch öfter, wenn ich mich im genannten kleinen Eichenbeſtande aufhielt, um Heher zu ſchießen. Aus der Zahl der Droſſeln brauchte der Schuß kein Opfer „zur Aufklärung“ zu fordern: „Die Sache ſtand feſt“. (Vorher hatte ich nie etwas Aehn— liches beobachtet und nachher, bis jetzt, nie wieder.) Im Winter nimmt die Schwarz- droſſel, wenn nichts Beſſeres da iſt, zerſtückelte oder aufgequellte, geplatzte Eicheln vom Futterplatze. | Staats von Wacquant-Geozelles. Litterariſches. Pleske, Th. Wiſſenſchaftliche Reſultate] der von | N. M. Przewalski nach Central⸗Aſien [unternommenen Reifen. ] Auf Koſten einer von | Seiner Kaijer- lichen Hoheit dem Großfürſten-⸗Thronfolger Nikolai Mlerandrowitich | gefpendeten Summe herausgegeben von der | Kaiferlichen Akademie der Wiſſenſchaften. — Zoologiſcher Theil. Band II. Vögel. Bearbeitet von | Th. Pleske, Conſervator am Zool. Muf. der Kaiſ. Akad. d. Will. | Lieferung I.] St. Petersburg 1889. | Preis 3 Rub. 50 Cop. (, 8, 75.) Fol. 80 Seiten. 2 Tafeln. War es uns unlängſt ein Vergnügen, die Ornithographia Roſſica des verdienten Pleske den Leſern der „Ornithologiſchen Monatsſchrift“ vorzuführen,*) jo iſt dies nicht minder der Fall bei Beſprechung der Bearbeitung der reichen wiſſenſchaftlichen Ausbeute, welche der verſtorbene Przewalski auf ſeinen inneraſiatiſchen Reiſen fo- wohl an Erfahrungen über viele wenig bekannte Arten, als an greifbarer Beute in Geſtalt von Bälgen, Neſtern und Eiern zuſammengeſammelt hat. Die vorliegende erſte ) Ornith. Monatsſchrift 1890. XV. S. 118. 119. — 176 Litterariſches. — Anzeigen. Lieferung der Vögel folgt ähnlichen Publikationen über die Przewalskiſchen Säuge⸗ thiere und Fiſche,) und beginnt mit den in Band V und theilweiſe in Band VI und IV des Britiſchen Catalogs abgehandelten Arten. Es werden beſprochen: Oreoeinela varia, Turd. viscivorus Hodgsoni, auritus (Tafel folgt ſpäter), iliacus, pilaris, Mer. Nau- manni, fuscata, ruficollis, atrigularis, obscura, maxima, Gouldii, Kessleri (Tafel folgt ſpäter), Montic. saxatilis, Grandala coelicolor, Cinel. sordidus, asiaticus, cashmeriensis, leucogaster, Sax. venanthe, isabellina, morio, deserti (Tafel folgt ſpäter), montana (Tafel folgt ſpäter), Pratine. insignis (& ad und & juv abgebildet), maura, maura Prze- walskii n. ssp. Pleske (Tafel folgt ſpäter), Rut. phoenicurus, rufiventris, Hodgsoni, aurorea, erythrogastra, Severzowi, erythronota, alaschanica, frontalis, schisticeps (Tafel folgt ſpäter), Chimarrhorn. leucocephala, Hodgsonius phoenicuroides, Rhyacornis, fuliginosa, Cyan. suecica, Call. Kamtschatkensis, Tschebaiewi (? ad und & juv ab⸗ gebildet), Larvivora cyanea, Nemura cyanura, rufilata, Sylv. nisoria, cinerea fuseipilea curruca affınis, minuscula. Außerdem stellen die 2 Mützel' ſchen Tafeln (aus der An⸗ ſtalt C. Böhm, Berlin) — Nr. J und III — Dumeticola major &, Arundinax aedon &, Herbivocula Armandi &, indica &, fuscata & und affinis & dar. — Was die Art der Behandlung betrifft, ſo werden, nach Hinweis auf die Stelle im Brit. Cat. und Bezeichnung der bei der Bearbeitung vorliegenden Stücke, unter „Syſtematiſches“ un⸗ bekannte oder ungenügend beſchriebene Kleider und Formen beſchrieben, darauf folgt ein Abſchnitt „Geographiſche Verbreitung und Lebensweiſe“. Hochintereſſant ſind die Mittheilungen über die zahlreich in freier Natur vorkommenden Baſtardformen zwiſchen Mer. ruficollis und atrigularis, welche z. T. früher als eigene Art (Turd. hiemalis) an⸗ geſehen wurden. — Zum erſten Male wird das Jugendkleid von M. Gouldii (Verr.) beſchrieben, zum erſten Male die genaue Beſchreibung der Przewalski'ſchen Arten M. Kessleri und Call. Tschebaiewi gegeben (auch ein hahnenfedriges Weibchen von erſterer Art). Prat. maura Przewalskii wird als neue Subſpecies, entgegen der Autorität Hume's, beſchrieben. Häufig werden aus dem in ruſſiſcher Sprache erſchienenen Werke des großen Reiſenden“) Ueberſetzungen eingeflochten, ſoweit fie ornithologiſch inter⸗ eſſante Thatſachen enthalten. Wenn wir von der Vorausſetzung ausgehen, daß viele Ornithologen ſich nur die von Pleske bearbeiteten Vögel anſchaffen werden, ſo wäre es für dieſe äußerſt an⸗ genehm, wenn etwa die Schlußlieferung durch eine die ſämmtlichen Reiſen Przewalski's veranſchaulichende Karte, wie deren wahrſcheinlich dem Itinerar mehrere beigegeben ſind, geſchmückt würde. Die Ausſtattung iſt vortrefflich — ähnlich derjenigen der Ornith. Roſſica. Der Druck in zwei Spalten neben einander ruſſiſch und deutſch; die ruſſiſchen Typen ſind kleiner als die deutſchen, ſo daß der deutſche Text ſtets ausgedehnter ausſieht, was etwas ſtörend wirkt. — Wir werden ſpäter auf das Werk, ein würdiges Pendant zu Middendorff's berühmter „Reiſe“, zurückkommen. München, im April 1890. P. Leverkühn. *) Band I. Säugethiere, von Eug. Büchner. Lief. 1—3 (à 5 Rub.). — Band III. Abth. 2. Fiſche, von S. Herzenſtein. Lief. 1 (4 Rub. 50 Cop.). Lief. 2 (3 Rub.). *) Mongolei und das Land der Tanguten. 1876. Anzeigen. Herr Suchetet, Proprietaire in Rouen (Seine Inf.) France, welcher ſich für Baſtarde aller Art (lebend oder präparirt) intereſſirt, bittet Beſitzer ſolcher um Mittheilung über dieſelben, gegen Koſtenvergütung und event. gute Bezahlung. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. er DEZE 7 2 7 H KA 2 . 7 an. MINI rd A 4 ö — ö N ix 5 55 \ 8 = = 1 5 U mi Denifchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von June med eden e & 5 5 2 R danten d. Ver. Herrn Meldeamts- Jahres⸗Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, e in Aeitz eber. und erhalten dafür die Monats⸗ zweitem Vorſitzenden des Vereins, ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ Das Eintritte 1 . Dr. Frenzel, Dr. Rey der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Str.⸗Inſp. Thiele. EF XV. Jahrgang. Mai 1890 (erſte Lieferung). Ur. 7. Inhalt: Kurt Flöricke: Beiträge zur Naturgeſchichte des geſprenkelten Sumpfhuhns (Gallinula porzana). H. Schalow: Aus dem Leben des Rieſenſturmvogels (Ossifraga gigantea) von Dr. Karl von den Steinen. Staats von Wacquant-Geozelles: Zur Lebensweiſe des Steinkauzes (Athene noctua Retz.). F. Menzel: Zur Vogelwelt des Hilſes und feiner Um— gebung. — Kleinere Mittheilungen: Baumläufer und Kleiber. Sonderbarer Niſtplatz einer Haubenlerche. Widerſtandsfähigkeit eines kranken Buſſards. Zwei ſich beißende Goldhähnchen. — Anzeigen. Beiträge zur Naturgeſchichte des geſprenkelten Sumpfhuhns (Gallinula porzana). Von Kurt Flöricke. Die Sumpfhühner bilden unter den Sumpfvögeln eine ziemlich ſcharf ab— geſonderte Gruppe und zeichnen ſich durch den ſeitlich zuſammengedrückten Körper, 13 178 Kurt Flöricke, die en muldenförmigen Flügel und den ſchwächlichen Stummelſchwanz aus. Der Fuß iſt vierzehig und die einzelnen Zehen tragen lange Krallen. Die Sumpfhühner zerfallen naturgemäß wieder in zwei Gruppen, nämlich die Waſſerhühner welche eine nackte Stirnſchwiele beſitzen, und die Rallen, denen dieſer Schmuck fehlt. Die letzteren zählen in Deutſchland 5 Arten, unter denen das geſprenkelte Sumpfhuhn (Gallinula porzana) auf den erſten Blick durch ſein über und über mit weißen Punkten beſtreutes Federkleid leicht kenntlich iſt. | Die Maße des Vogels ſind folgende: Körperlänge von der Schnabelwurzel bis zur Schwanzſpitze 19 — 20 em, Schnabellänge 2,1 —2,2 em, Schwanz 4,5 — 5,5 em, Mittelzehe mit Nagel 3,9—4,3 em, Hinterzehe 1,2 — 1,6 em. Wie man ſieht, ſchwankt die Länge der Nägel je nach dem Alter der Individuen ziemlich bedeutend. Auch glaube ich bemerkt zu haben, daß die Hinterzehe der Männchen einen durchſchnittlich etwas längeren Nagel trägt als die der Weibchen; doch liegt mir gegenwärtig noch zu wenig Material an geſchlechtlich mit Sicherheit beſtimmten Bälgen vor, als daß ich endgültig und ſcharf darüber urtheilen könnte. Der Flügel mißt 12 em, und die zweite Schwungfeder iſt die längſte. Die Flügelſpannung gibt Chr. L. Brehm („Beiträge zur Vogelkunde“ III. S. 588) auf 15 ½ — 16 ½½ Zoll (40—43 em) an. Die Männchen ſind ſtets um eine Kleinigkeit größer als die Weibchen. Das Gewicht iſt ſehr verſchieden; im Herbſte, wenn ſich die Sumpfhühner an der dann im Ueberfluß vorhandenen Nahrung gehörig gemäſtet und ſich in eine dicke Fettſchicht eingewickelt haben, ſind ſie natürlich viel ſchwerer als im Frühjahr, wo ſie oft klapperdürr bei uns eintreffen. Es beträgt übrigens 75—135 gr. Der gerade Schnabel iſt ein wenig kürzer als der Kopf und ziemlich ſchwach. Die Zunge iſt weich, empfindlich und vorn ſehr ſpitz. Die ſchwarzbraunen Schwanzfedern ſind biegſam und weich, ſchmal und am Ende mehr oder weniger abgerundet. Da das punktirte Sumpfhuhn eine doppelte Mauſer durchmacht, iſt ſein Federkleid je nach der Jahreszeit und dem Alter und Geſchlecht des Individuums ſehr verſchieden, und hat ſeine genaue Feſtſtellung und Beſchreibung deshalb den Vogelkundigen nicht wenig Mühe gemacht. Auch hier gebührt Chr. L. Brehm, dem unermüdlichen und gewiſſenhaften Forſcher, das Verdienſt, zuerſt völlige Klarheit geſchaffen zu haben, wenn er auch in ſeinem ſcharfen Unterſcheidungsvermögen zu weit ging und noch zwei lokale Varietäten als beſondere Arten aufſtellte, nämlich ſeine Gallinula maculata und G. punetata (vergl. „Handbuch der Naturgeſchichte aller Vögel Deutſchlands“, S. 698 u. 699), welche von den anderen Ornithologen nicht anerkannt wurden, aber doch bei der Beobachtung und Erforſchung des uns immer noch jo räthſelhaften Vogel⸗ zuges wichtig werden können, da es ja hier hauptſächlich auf ſcharfe örtliche Unter⸗ ſcheidungsmerkmale der einzelnen Arten ankommt. Kurz vor ihrer Ankunft machen die Vögel noch in der Winterherberge e Be er. ae. Beiträge zur Naturgeſchichte des geſprenkelten Sumpfhuhns. 179 des Februar und März ihre Frühlingsmauſer durch und langen dann im ausgefärbten Hochzeitskleide bei uns an. Der Schnabel iſt dann an der Spitze graugrün, an der Wurzel oben orangeroth, unten orangegelb. Dieſe lebhaften Farben harmoniren auf das ſchönſte mit den grasgrünen Füßen und deren hornfarbenen Nägeln. Der Kopf iſt ſehr bunt gezeichnet, aber die dabei vertretenen Farben find theils auf ein jo kleines Fleckchen beſchränkt, theils ſo matt und verſchwommen, daß die Färbung auf einen flüchtigen Blick und aus einiger Entfernung beinahe als ein einheitliches Braun— grau erſcheinen will. Die Vorderſtirne und ein breiter Streifen über dem Auge ſind dunkelgrau. Sonſt iſt die Umgebung des Auges hellgrau und nur auf der Vorder— ſeite befindet ſich ein ſchwärzlicher Fleck. Von der Stirne aus zieht ſich ein ſchöner, tief⸗brauuſchwarzer Streifen, an Breite allmählich zunehmend, über den Scheitel nach dem Nacken, wo er undeutlicher und ſchmaler wird, um auf dem Rücken bald ganz zu verſchwinden. Dieſer Streifen ſieht heller gefleckt aus, da jedes einzelne Federchen prächtig nußbraune Ränder hat. Die Gegend der Schnabelwurzel iſt nußfarben, und dieſe Schattirung zieht ſich in einem breiten Streifen noch weiter unterhalb der Wangen hin, welche eine braungelbe Farbe zeigen. Zu beiden Seiten des ſchwarzen Scheitelſtreifens iſt der Kopf von kleinen, mattſchwarzen Federchen bedeckt, die durch ihre ſchmutzigweißen Ränder eine ſchachbrettartige Zeichnung bewirken. Kinn und Kehle ſind reingrau, Kropf und Bruſt ſchön olivenbraungrau mit zahlreichen weißen Tupfen. Auf dem Bauche geht dieſe Färbung in ein ſchmutziges Weiß über, welches ſich nach den Seiten zu in eine braunſchwarze Schattirung verliert. Die Unterſchwanz— deckfedern ſind lebhaft roſtgelb. Die Grundfarbe des Rückens iſt ein trübes Schwarz, welches aber durch die olivenfarbenen Ränder und blendend weißen Kanten der Federn gar vortheilhaft gehoben wird. In dieſem Kleide iſt auf der Rückenzeichnung viel mehr Weiß vertreten als im Herbſt- und Jugendkleide. Die Flügeldeckfedern ſind bedeutend heller gehalten als die Rückenfedern, gleichen denſelben aber im übrigen ſo ziemlich. Die Schulter zeigt einen breiten, glänzend weißen Randſtreifen, der ſich auch auf der erſten Schwungfeder nicht verliert. Die vorderen Schwungfedern ſind dunkel⸗, die hinteren hellbraun und alle ſind an der Spitze am lichteſten, während an der Wurzel die Farbe faſt ſchwarz erſcheint. Dies iſt das Kleid der einjährigen Männchen. Bei älteren Stücken iſt die Färbung noch ſchöner, lebhafter und ſchärfer, namentlich die ſchwarzen und aſchgrauen Partieen. Das einjährige Weibchen hat mattere Farben, was ſich hauptſächlich auf den faſt reingrauen Wangen und in der Umgebung des Auges bemerklich macht. Die Kehle iſt ſehr trüb gefärbt und oft mit undeutlichen Tupfen beſetzt, während die ſchönen, weißen Streifen auf dem Oberkörper nur ſparſam vorhanden ſind. Aeltere Weibchen gleichen faſt ganz den einjährigen Männchen. | Wie bei allen Sumpfvögeln verſchießen aber die lebhaften Farben des Frühlings- 8 180 | Kurt Flöricke, kleides ſehr bald. Die ſchönen Federränder nutzen und ſtoßen ſich ab, und das Olivenbraungrau verbleicht zu einem ſchmutzigen Grau, bis dann im Juli und Auguſt f die Mauſer eintritt, mit der der Vogel ſein Herbſtkleid anlegt, welches von dem eben beſchriebenen nicht unweſentlich verſchieden iſt. Ende Auguſt ſind die Rohrhühner gewöhnlich ſchon ausgefärbt. Die graugrüne Schnabelſpitze iſt jetzt horngelb geworden und die Füße ſehen trüb graugrün aus. Ganz abweichend iſt die Kehle gezeichnet, welche jetzt braungrau und dicht mit kleinen, weißen Tüpfeln beſetzt iſt. Dieſe Färbung geht ganz allmählich in die der Bruſt über, welche ſo verwaſchene Flecken und Streifen zeigt, daß für das Auge ein faſt einförmiges, ſchmutziges Grau entſteht. Die Ober⸗ ſeite iſt bei weitem nicht ſo lebhaft gefärbt wie im Hochzeitskleide, ſondern viel matter und viel ſparſamer mit den weißen Streifen beſetzt. Die weißen Schulterkanten und der graue Streifen über dem Auge ſind ſchmäler, die Flügeldeckfedern matter und heller, die Schwungfedern dagegen ſo dunkel, daß ihr ſchönes Braun ſich in ein trübes Schwarz verwandelt. Beim Weibchen treten die Farben des Schnabels weniger hervor, und die Kehle iſt ſo ſtark mit Weiß gemengt, daß der graue Untergrund oft kaum noch ſichtbar iſt. Aeltere Vögel ſind leicht daran zu erkennen, daß ſie gras— grüne Füße und auf dem Rücken mehr Weiß haben, wie denn auch die weißen Flecken auf der Vorderſeite in breite Querſtreifen ausgezogen ſind. In dieſem Kleide treten die Sumpfhühner ihre Reiſe an und behalten es während des ganzen Winters. Die gelbſchnäbeligen Dunenjungen find ganz mit ſchwarzen, wolligen Flaum⸗ federn bedeckt, welche aber bald dem Jugendkleid Platz machen müſſen. Füße und Nägel ſind heller als bei ausgewachſenen Vögeln und der orangefarbene Fleck an der Schnabelwurzel ſehr klein. Die olivenbraunen Ränder der Rückenfedern find ſehr ſchmal und namentlich auf dem Unterrücken kaum bemerkbar; auch die weißen Kanten kommen viel weniger zur Geltung. Die Färbung des Kopfes iſt von der der Alten wenig verſchieden. Die Schwungfedern ſind nußbraun und die ſechs letzten tragen weiße Querbinden. Kinn und Kehle ſind ſchmutzig weiß. Beſonders fällt aber die Färbung der Bruſt auf: ein helles, verwaſchenes Rothgelb, das nach dem Bauche zu lebhafter wird. Als Unterſcheidungsmerkmal für die Geſchlechter in dieſem Kleid gibt der ältere Brehm an: „Das Weibchen hat an den Tragfedern kein Schwarz, ſondern Olivenfarben zwiſchen den weißen Querbinden, iſt aber im übrigen dem Männchen ganz ähnlich“ (a. a. O. III. S. 591). Dieſes Kleid tragen die jungen Vögel bis zu ihrer erſten Mauſer, mit welcher ſie das Winterkleid anlegen. | Das geſprenkelte Sumpfhuhn gehört mehr dem Süden und Oſten Europas an, iſt in dem ihm doch ſonſt einen ſehr günſtigen Aufenthalt bietenden Holland und in England ſelten und wird in Mitteleuropa nach Süden zu immer häufiger. Brehms Gallinula maeulata und G. punctata ſcheinen nordöſtlich wohnende, nur ſpärlich vorhandene lokale Varietäten zu ſein und gehören hauptſächlich Oſtpreußen und den Beiträge zur Naturgeſchichte des geſprenkelten Sumpfhuhns. 181 ruſſiſchen Oſtſeeprovinzen an. Der Verbreitungsbezirk geht ziemlich tief nach Aſien hinein; nach Latham kommt dieſes Rohrhuhn im ganzen weſtlichen Sibirien vor. Bei uns in Deutſchland dürfte der Vogel weit häufiger ſein als man im allgemeinen anzunehmen geneigt iſt, aber er entzieht ſich durch ſeine ſtille und verſteckte Lebens— weiſe zu ſehr der Aufmerkſamkeit des gemeinen Mannes wie dem beobachtenden Auge des Forſchers. Auch iſt das Sumpfhuhn ſehr ungeſellig und wahrt ſein weitläufiges Gebiet eiferſüchtig gegen fremde Eindringlinge der eigenen Art, ſodaß es nirgends zahlreich iſt, ſondern überall nur vereinzelt erſcheint. Auf dem Zuge dagegen macht es ſich viel eher bemerklich. In Bezug auf ſeinen Aufenthaltsort iſt es ſehr wähleriſch und verlangt ziemlich ausgedehnte Sümpfe oder Teiche, deren Ränder recht dicht mit Schilf, Rohr und allerlei Waſſerpflanzen beſtanden ſind. Auch ſeichte, langſam fließende Flüſſe und Ströme, die ſich in mehrere Arme zertheilen, buſchige, feuchte und dicht verwachſene Uferdickichte haben und verſumpfte Rohr- und Schilfinſeln bilden, ſind ihm recht. Da ſolche Oertlichkeiten bei der raſtlos vorwärts ſchreitenden Kultur immer ſeltener werden, nimmt auch der Beſtand unſerer Sumpfhühner naturgemäß von Jahr zu Jahr ab, wo ſie ſich nicht den veränderten Umſtänden anpaſſen und ſich mit Abzugsgräben, Ausſchachtungen u. dergl. zufrieden geben. Auf dem Zuge berühren ſie auch andere Stellen, die Ufer von Flüſſen und Bächen, wenn dieſelben nur ein wenig Waſſerpflanzen aufzuweiſen haben, naſſe Wieſen mit hohem Riedgras oft in unmittelbarer Nachbarſchaft des verwandten, aber leichter zu bemerkenden Wachtel- königs, überwachſene Kanäle und Abzugsgräben, abgelegene Lachen u. ſ. w. Unſere Ralle iſt ein Wandervogel, und April und September dürften die Hauptzugmonate ſein. Bei uns in Deutſchland ſtreicht ſie aber auch ſchon den ganzen Auguſt hindurch langſam ſüdwärts. In meinem ornithologiſchen Tagebuche habe ich den 25. März und 8. April als Ankunftstage, den 17. 21. und 10. September als Abzugstage der bei uns brütenden Sumpfhühner in den letzten Jahren verzeichnet. Der Durchzug der weiter nördlich wohnenden beginnt gewöhnlich 8 Tage ſpäter und hält je nach den Witterungsverhältniſſen 5—15 Tage an. Einzelne Nachzügler aber findet man oft noch mehrere Wochen nachher. Ein beſonderes Intereſſe beanſprucht die von den Ornithologen viel umſtrittene Frage: Wie legen die Sumpfhühner ihre Reiſe zurück? Die kurzen, ſchwachen Flügel erſchweren nämlich dem im Herbſte von Fett ſtrotzenden Körper das Auffliegen und auch das Fliegen in hoher Luft ſehr, weshalb die Vermuthung nahe liegt, daß das Sumpfhuhn ſeine Reiſe nicht fliegend, ſondern laufend macht, was um ſo wahr— ſcheinlicher erſcheinen muß, als der Vogel mit ſeinen kräftigen Beinen ein ebenſo hurtiger als gewandter und ausdauernder Läufer iſt. Manche intereſſante Beobachtung ſcheint dieſe Annahme auch zu beſtätigen. So findet ſich z. B. bei Chr. L. Brehm folgende Notiz, die auch E. F. v. Homeyer in ſeinen „Wanderungen der Vögel“ auf 182 Kurt Flöride, Seite 182 mitgetheilt hat: „Ich erhielt ein geflecktes Rohrhuhn, welches in einem nahe an einem Bache gelegenen Hauſe ergriffen worden war. Dieſes Haus hat in der dem Bache abgewendeten Hinterthür eine Oeffnung zum Eingange der Haus- hühner. Das Rohrhuhn war von dieſer nördlich liegenden Seite gekommen, hatte das Rieſeln des Baches gehört und war auf dem Wege zu dieſem in das Haus hineingelaufen.“ Ferner wenige Seiten weiter unten: „Wie kommen aber dieſe ſchlecht beſchwingten Vögel über das Meer? Darüber geben die griechiſchen Inſeln Aufſchluß. Der Inſtinkt ſetzt die oben genannten Vögel in den Stand, dieſe durch ein wunder— bares Ahnungsvermögen aufzufinden. So fliegen ſie auf ihrer Reiſe von Europa nach Afrika von einem Eilande zum andern und kommen auf dieſen Ruhepunkten ſo ermattet an, daß ſie leicht zu hunderten gefangen werden.“ v. Homeyer erklärt die obige ſchöne Beobachtung Brehms dahin, daß das Rohrhuhn fliegend angekommen ſei, das Rauſcheu des Waſſers gehört und erſt dadurch angelockt, ſich niedergelaſſen habe und dabei in das Haus gerathen ſei. Ich glaube aber doch, daß Brehm hier Recht hat, und daß die Rohrhühner wenigſtens einen Theil ihres Weges laufend zurücklegen. Ich ſage nur einen Theil, und zwar einen räumlich verhältnißmäßig geringen Theil. Denn der Weg von Norddeutſchland nach dem Mittelmeer iſt ja viel zu lang, als daß ihn ein auch noch ſo vortrefflich laufender, kleiner Vogel in der immerhin ſehr kurzen, ihm zu Gebote ſtehenden Zeit zurücklegen könnte. Ich denke mir, daß die Rohrhühner fliegen, ſo lange ſie es ohne allzu große Anſtrengung können (was nicht lange dauern wird) und bis die ſchwachen Bruſtmuskeln zu er- matten anfangen, um dann laufend und dabei Nahrung zu ſich nehmend ihre Reiſe fortzuſetzen, bis ſie ſich nach einigen Stunden wieder kräftig zum Weiterfliegen fühlen. Daß ſie ſich, wenn ſie ermüdet ſind und Eile haben, auch nicht ſcheuen, über eine große Waſſerfläche hinwegzuſchwimmen, ſtatt ſie zu überfliegen oder um den Teich herumzulaufen, konnte ich am 26. Sept. 1889 in Kraſchnitz bei Militſch beobachten, einer an Teichen und ausgedehnten Rohrwaldungen ſehr reichen Gegend. Ein ge— ſprenkeltes Sumpfhuhn kam ſehr raſch und in genau ſüdweſtlicher Richtung durch den dichten Rohrwald gelaufen, in welchem ich mich, um Enten zu ſchießen, verborgen hatte, bis es an das Ufer des Teiches gerieth. Einen Augenblick ſtutzte das Thierchen, plumpſte aber dann ohne Bedenken ins Waſſer und ſchwamm ſchnurgerade über den etwa 300 Morgen großen Teich. Als ich mich nach einer halben Stunde auf das andere Ufer begab, erſchien auf dem Waſſerſpiegel faſt in derſelben Linie ein zweites Rohrhuhn, ſchwamm ans Ufer, lief dicht vor mir über den Damm und ging ohne weiteres in den nächſten Teich, um hier ſeine Reiſe gleichfalls ſchwimmend fortzuſetzen. Nachts, wo ſie ſich ſichrer fühlen, mögen ſie ſich noch weit öfter dem feuchten Element anvertrauen. Sie nehmen beim Laufen haſtig, nach rechts und links pickend, Nahrung zu ſich, thun aber ſonſt ſehr eilig und machen nur hin und wieder auf einer kleinen m Beiträge zur Naturgeſchichte des geſprenkelten Sumpfhuhns. 183 Erhöhung Halt, um einen Augenblick Umſchau zu halten. Wenn der Vogel einmal im Laufen iſt, fliegt er nur ſehr ungern auf und kann deshalb leicht vom Hunde lebend gefangen werden. Rückt ihm die Gefahr zu nahe auf den Leib, ſo erhebt er ſich wohl und flattert ſchwerfällig ein kurzes Stück, um gleich wieder an einer ge— deckten Stelle einzufallen, wobei er kluger Weiſe womöglich einen breiten Waſſer— graben oder ſonſt ein Terrainhinderniß zwiſchen ſich und ſeinen Verfolger zu bringen ſucht. Die Bedeutung der griechiſchen Inſelflur für den Zug der Rohrhühner wird von Brehm wohl überſchätzt. Daß auch dieſe ſchwerfälligen Flieger weit größere Strecken überfliegen können, als man ihnen zutrauen möchte, beweiſt ſchon das häufige Vorkommen unſeres Vogels auf Malta, wo er nach A. Wright (List of the birds of Malta and Gozo) zur Zugzeit ſehr gemein fein ſoll. Bei einem plötzlichen Um— ſchlag der Witterung mögen freilich viele von den müden Wanderern auf offener See ein naſſes Grab finden. Auch darin kann ich nach meinen Beobachtungen Brehm nicht beiſtimmen, wenn er ſagt, daß die Rohrhühner nur des Nachts ziehen (Vergl. v. Homeyer a. a. O. S. 185). Sie ziehen ſowohl am Tage wie in der Nacht und zwar des Tages mehr laufend (wahrſcheinlich auch aus Furcht vor den Raubvögeln) und Nahrung ſuchend, des Nachts dagegen hauptſächlich fliegend; die Mittagsſtunden benutzen ſie zu kurzer Ruhe. Auch auf dem Zuge ſind ſie jeder Geſelligkeit abhold und man findet ſie ſtets nur einzeln, aber an günſtigen Zugtagen, d. h. im Herbſt bei nördlichen und nordöſtlichen, im Frühjahr bei ſüdlichen und ſüdweſtlichen Winden und heiterer Witterung, trifft man oft mehrere kurz hinter einander; ſo ſah ich an dem erwähnten Tage in Kraſchnitz innerhalb 2 Stunden 9 Stück. Um auszuruhen, ſuchen ſie ein möglichſt verborgenes Plätzchen auf, am liebſten unter einer über— hangenden Stelle des Ufers, wo ſie dann ſehr feſt liegen und nur mit Hilfe eines ſcharfen Hundes aufzuſtöbern ſind. Wie wir ſchon geſehen haben, iſt das Sumpfhuhn ein vorzüglicher Läufer. Mit unnachahmlicher Gewandtheit huſcht es zwiſchen den Rohrhalmen umher und zwängt ſich leicht und mühelos auch durch das verwachſenſte und ſcheinbar undurch— dringliche Geſtrüpp, wobei ihm ſein ſchmaler Körperbau recht zu ſtatten kommt. Bei ſchnellem Laufen, namentlich wenn es ſich beobachtet oder gefährdet glaubt, legt es das Gefieder knapp an, zieht den Hals ein und hält den Kopf wagerecht, ſodaß es wie ängſtlich geduckt ausſieht, und eilt nun mit raſchen, großen Schritten dahin, indem es ſeinen Lauf oft noch durch einige Flügelſchläge zu fördern ſtrebt. Vermöge ſeiner geringen Schwere und langen Zehen vermag es auch, ohne einzuſinken, über die ver- filzte Pflanzendecke des Sumpfes zu laufen, wobei es gleichfalls mit den Flügeln nachhilft. Ganz anders und viel beſſer aber nimmt ſich der Vogel aus, wenn er ſich ſicher weiß und nun mit langſamen, gravitätiſchen Schritten, ſtraußartigem Anſtande und hoch erhobenem Kopfe einherſtolzirt, den es bei jedem Schritte nickend 184 Kurt Fölri cke, bewegt, wobei auch der kurze Schwanz unter ausdrucksvollen Geberden kräftig auf und abgeſchnellt wird. In dieſer Stellung, der es ſich aber anſcheinend nur ſelten hingibt, ſieht das geſprenkelte Sumpfhuhn entſchieden am vortheilhafteſten aus; es erinnert dann in mancher Beziehung unwillkürlich an einen Strauß en miniature. Auch G. pygmaea und G. pusilla habe ich ſchon in ähnlicher Stellung belauſcht, letzteres wenigſtens in der Gefangenſchaft. Beim Stehen wird der Schwanz auf⸗ gerichtet und der Hals ſchief in die Höhe geſtreckt. Wenn das Sumpfhuhn ſichert, reckt es den Hals oft zu einer erſtaunlichen Länge aus. „Gute Läufer ſind ſchlechte Flieger“. Wir haben ſchon oben geſehen, daß unſerem Vogel das Fliegen und ins— beſondere das Auffliegen ſehr ſchwer fällt. An ſeinem Brutplatze aber bringt man ihn beinahe gar nicht zum Aufſtehen, eher verſucht er noch ſchwimmend ſein Heil. Der Flug geht, wenn er erſt eine gewiſſe Höhe erreicht hat, beſſer von ſtatten, gerade aus und ziemlich raſch unter ſchnell auf einanderfolgenden Flügelſchlägen, nimmt ſich aber doch herzlich ungeſchickt aus, und die langen, regungslos herabhängenden Ständer wollen gar nicht zu den kurzen, haſtig und mit Anſtrengung bewegten Flügeln paſſen. Merkwürdig iſt es, daß ein ſo ſchwerfälliger Flieger wie das Sumpf— huhn beim Auffliegen faſt gar kein Geräuſch verurſacht. Die muldenartige Form der Flügel mag ähnlich wie bei den Eulen viel dazu beitragen. Wenn es nicht auf der Reiſe iſt, hält der Flug nie länger an, ſondern der Vogel fällt gleich wieder ein, um ſich nur im äußerſten Nothfalle von neuem zum Aufſtehen bewegen zu laſſen, am leichteſten noch vor dem Waſſerhunde. Ich habe ſchon oben Beobachtungen mit⸗ getheilt, aus denen hervorgeht, daß das Sumpfhuhn bisweilen auch auf freier Waſſer⸗ fläche ſich ſchwimmend zeigt. Schon Altmeiſter Naumann machte dieſelbe Erfahrung (vgl. „Naturgeſchichte der Vögel Deutſchlands“, IX. S. 534), während man ſonſt in der ornithologiſchen Litteratur vielfach gegentheilige Angaben findet. Ich habe oftmals Gelegenheit gehabt, das geſprenkelte Rohrhuhn am Brutplatze unbemerkt aus nächſter Nähe zu belauſchen und ſtets gefunden, daß es, wenn es ſich an ſeinem Wohnorte unbeobachtet fühlt und keinen Raubvogel am Horizonte erblickt, gern ins tiefere Waſſer watet und auch ab und zu ein Stückchen freiwillig ſchwimmt, um ein beſonders reichliche Nahrung verheißendes Inſelchen oder Rohrdickicht zu erreichen, und daß namentlich die Jungen im Dunenkleid ſich viel auf dem Waſſer herumtreiben und ſchon in zarteſter Kindheit das Schwimmen vortrefflich verſtehen. Sie nicken dabei in höchſt anmuthiger Weiſe bei jedem Ruderſchlage mit dem zierlichen Köpfchen, wie denn überhaupt eine ſpielende Familie Sumpfhühner das intereſſanteſte und lieblichſte Bild für den Beobachter der heimiſchen Vogelwelt gewährt, das man ſich denken kann. Dagegen habe ich den Vogel niemals tauchen ſehen, auch nach einem Schuſſe nicht. Sie ſuchen dann vielmehr, ebenſo wenn ſie auf offenem Terrain von einem Feinde überraſcht werden, flatternd das nächſte Rohrdickicht zu erreichen und ſich in Beiträge zur Naturgefchichte des geſprenkelten Sumpfhuhns. 185 demſelben zu verbergen, worin ſie eine ſolche Geſchicklichkeit haben, daß man ſie ohne Hund faſt nie wieder findet, zumal ſie ſich ſehr feſt drücken und einem dann oft un— vermuthet dicht vor den Beinen herausfahren. Im Fluge ſind ſie, wie alle Rallen, ſehr leicht zu ſchießen. Von den Sinnen dürfte das verhältnißmäßig kleine, aber liſtig blickende Auge und vielleicht noch mehr das vortreffliche Gehör obenan ſtehen; das geringſte Geräuſch im Rohre genügt, um die Wachſamkeit des Vogels wachzurufen und ihn zu veranlaſſen, auf ſeiner Hut zu ſein. Der Geruch dagegen erſcheint weniger entwickelt; wenigſtens iſt es bei der Jagd auf Sumpfhühner ziemlich gleichgültig, ob man ſich gegen den Wind oder mit demſelben anſchleicht; die Hauptſache iſt die Ver— meidung jedes, auch des geringſten Geräuſches. In den weitaus meiſten Fällen bekommt man das geſprenkelte Sumpfhuhn infolge ſeiner verſteckten Lebensweiſe wohl nur auf dem Zuge zufällig zum Schuß. Freiwillig zeigt ſich der Vogel während der Brutzeit dem Auge des Beobachters ſelten oder nie auf freiem Terrain, ſondern ſtets treibt er zwiſchen den Seggenkufen, dem Schilf, Geröhricht und Uferdickicht ſein Weſen, wo man ihn nur zufällig einmal erblickt und gewöhnlich auch gleich wieder aus dem Geſichte verliert. Doch iſt ihm wie ſeinen Verwandten eine gewiſſe Neugier eigen, die der Kundige leicht benutzen kann, um den harmloſen und im Grunde recht zutraulichen Vogel aus ſeinem Ver— ſtecke hervorzulocken. Geſelligkeit iſt ihm fremd, und nur während der Niſtzeit ſieht man die Pärchen und Familien zuſammen, während ſonſt ein jedes einzeln ſtill für ſich ſeinen Geſchäften nachgeht. Sie ſind halbe Nachtthiere, und man hört ihre feine, helle, quiekende Stimme in mondhellen Nächten ununterbrochen. Die Nahrung beſteht in allerhand Waſſerinſekten und deren Larven, kleinen Schnecken und Würmern, in Haften, Fliegen u. ſ. w., die ſie recht geſchickt im Fluge wegzufangen wiſſen, was man namentlich auch an in der Gefangenſchaft lebenden Exemplaren beobachten kann. Daneben werden zur Beförderung der Verdauung kleine Steinchen und Sand in Menge mit verſchluckt. Naumann (a. a. O. S. 538) überſetzt die Lockſtimme mit „Quit“ (ganz kurz geſprochen) und vergleicht ſie ſehr bezeichnend mit dem Geräuſch, welches ein ſtarker Waſſertropfen hervorruft, wenn er aus einer Höhe von einigen Fuß in ein großes, mit Waſſer gefülltes Gefäß herabfällt. In der Angſt ſchreit es mehrmals kurz hintereinander „Käk, käk, käk“. Die Zeit der Liebe und Minne im ſchönen Monat Mai erregt auch die ſonſt jo ſtillen Rohrhühner gar gewaltig. Das Paarungsſpiel, das ich ſtets nur in der Abenddämmerung und in mondhellen Nächten, nie des Morgens oder gar bei Tageslicht beobachtete, iſt folgendes. Das Männchen tritt mit weiten, gravitätiſchen Schritten und in der Erregung halb gelüfteten Flügeln vor ſeine ſtill und ſittſam vor ſich hinblickende Schöne, macht den Hals ſo lang als möglich und ruft laut und ſcharf „Trick, träck“. Immer lauter, immer erregter, ſchneller und haſtiger wiederholt es 14 136 Kurt Flöricke, Beitr. z. Naturgeſch. d. geſpenkelten Sumpfhuhns. N dieſen monotonen Liebesſeufzer und „tric-träd, trick-träck, trick-träck“ ſchallt es mit der Geſchwindigkeit und Regelmäßigkeit einer Schwarzwälder Wanduhr nächtlicher Weile durch den ſtill daliegenden Rohrwald. Dem Weibchen wird die Sache aber bald zu bunt; es macht plötzlich Kehrt und eilt flatternd, laufend und ſchwimmend durch Schilf, Geröhricht und Seggengras davon. Nun beginnt eine wilde Jagd. In geringer Höhe über dem Waſſerſpiegel geht es in unregelmäßigem Fluge und in Wendungen, die man dem unbeholfenen Flieger gar nicht zugetraut hätte, dahin. Dann plumpen Verfolgte und Verfolger ins Waſſer, um eine Weile ſich ſchwimmend herumzujagen, dann wieder ſucht die bedrängte Schöne laufend durch das Dickicht zu entkommen und ſich durch Verſtecken und Verkriechen den ſtürmiſchen Liebkoſungen ihres Verehrers zu entziehen. Aber alles iſt vergeblich. Endlich wird ſie eingeholt oder läßt ſich einholen, und zwar erfolgt die Begattung meiſtens oder vielleicht immer auf dem Waſſer. Auch zwiſchen eiferſüchtigen Männchen finden oftmals Kämpfe ſtatt, die aber gefährlicher ausſehen, als ſie in Wirklichkeit ſind. So ungeſellig ſie ſonſt ſind, ſo zärtlich und innig geſtaltet ſich ihr eheliches Leben, eine Erſcheinung, die auch bei vielen anderen Sumpfvögeln (ich erinnere nur an Totanus ochropus) wiederkehrt. Das aus dürren Grashalmen erbaute und mit feinen Würzelchen aus⸗ gepolſterte, meiſt im Seggenſchilf ſtehende Neſt, ſowie die 9— 12 länglich-ovalen, auf ſchmutzig-roſtgelbem Grunde mit vielen violettgrauen Pünktchen überſäten Eier ſind bekannt genug, und kann ich mir eine genaue Beſchreibung derſelben wohl um ſo eher erſparen, als ich ſelbſt noch nicht ſo glücklich war, Neſt und Eier aufzufinden, alſo nicht aus eigener Erfahrung ſprechen kann. Darin aber muß ich nach meinen Erfahrungen Naumann durchaus widerſprechen, wenn er (a. a. O. S. 543) die Anſicht hegt, daß der Vater ſich nicht um die Erziehung der Jungen kümmere. Beide Eltern betheiligen ſich mit großer und gleicher Liebe an der Führung und Verſorgung ihrer Nachkommenſchaft, aber man bekommt ſie nicht ſo leicht zu Geſicht, weil ſie ſich auch dann immer ſehr verſteckt halten, wenn ſich die Jungen ziemlich frei herumtreiben, ſo daß es oft ausſieht, als ob letztere allein oder nur von einem (gerade ſichtbaren) Alten begleitet wären. Die Jungen werden ſehr zeitig ſelbſtändig, und unmittelbar nach der Beendigung des Brutgeſchäfts beginnt ſchon wieder das langſame Streichen nach Südweſten, zu deſſen Beginn ſie auch ihre Mauſer durchmachen. Ihre Feinde ſind die aller Sumpfvögel; die Eier und Jungen ſind denſelben naturgemäß weit mehr ausgeſetzt als die alten Vögel. In den Eingeweiden fand ich außer den von Naumann und Nitzſch angeführten Paraſiten noch Holostomum variabile. Die Jagd hat ihre oben geſchilderten Schwierigkeiten und wird wohl bloß von dem Forſcher zu wiſſenſchaftlichen Zwecken betrieben. Das Fleiſch ſchildert Naumann als delikat, indeſſen hat unſere Zeit den Geſchmack am Wildpret kleiner Vögel glücklicherweiſe mehr und mehr verloren. Auch das Beobachten des Rohrhuhns > 9. Schalow, Aus dem Leben des Rieſenſturmvogels. 187 erfordert ſchon einen ganz begeiſterten Vogelliebhaber oder Forſcher, denn es iſt reich an Strapazen und Anſtrengungen. Andererſeits aber liegt meiner Anſicht nach ein ganz beſonderer Reiz in dem Beobachten ſo verſteckt lebender Geſchöpfe, und es ge— währt dem menſchlichen Geiſte eine hohe Befriedigung, die Natur auch in ihren geheimſten und verborgenſten Regungen zu belauſchen. Nach Naumann (a. a. O. S. 545) kann man die geſprenkelten Sumpfhühner im Wachtelſteckgarn und in Laufdohnen ohne beſondere Schwierigkeiten fangen; die meiſten aber gerathen wohl nur zufällig in unſere Gefangenſchaft. Hier iſt das reizende Geſchöpf ein ebenſo unterhaltender als liebenswürdiger Stubengenoſſe. Natürlich muß man ihm einen ſehr geräumigen Käfig, der aber nicht hoch zu ſein braucht, anweiſen, und ihm ein großes, flaches Waſſergefäß und ab und zu ein Stückchen ausgeſtochenen Raſen zur Verfügung ſtellen. Dicke, weiche Holzſproſſen ziehe ich einem Drahtgitter vor, weil manche Exemplare im Anfang ihrer Gefangenſchaft die leidige Gewohnheit haben, ſich unabläſſig zwiſchen dem Drahtgitter durchzudrängen, wobei ſie ſich leicht den Kopf blutrünſtig reiben. Sonſt gewöhnen ſie ſich ſehr leicht ein und gehen ohne Umſtände an das ihnen vorgeſetzte Futter. Sie vertilgen ganz gehörige Quantitäten, ſind aber dafür durchaus nicht wähleriſch und nehmen mit den geringſten Sorten Droſſelfutter vorlieb. Schon nach wenigen Tagen nehmen ſie den Mehlwurm aus der Hand, werden überhaupt ſehr zahm und lernen ihren Herrn kennen, an den ſie bald eine gewiſſe Anhänglichkeit bekunden. Anderen Vögeln gegenüber zeigen ſie ſich nach meinen Erfahrungen im Gegenſatz zum Wachtelkönig recht friedfertig oder vielmehr gleichgültig; man kann ſie getroſt in jedem Geſellſchafts— bauer und jeder Vogelſtube halten, ohne Störungen ihrerſeits befürchten zu müſſen. Nachts ſind ſie zwar munter, ſtören aber auch da nicht, weil ſie meiſt ruhig beim Futternapf verweilen und nur von Zeit zu Zeit ihr feines Stimmchen hören laſſen. Aus dem Leben des Nieſenſturmvogels (Ossifraga gigantea Gm.) Von Dr. Karl von den Steinen. Vorbemerkung. Von H. Schalow. Der liebenswürdigen Güte des Herrn Dr. Karl von den Steinen, des be— rühmten Erforſchers des Kingu im centralen Braſilien, danke ich einen Separat- abdruck aus dem Werke über die Ereigniſſe der deutſchen Polar-Expeditionen (Allgem. Theil, Bd. II, 10), welcher „Allgemeines über die zoologiſche Thätigkeit und Beobach— tungen über das Leben der Robben und Vögel auf Süd-Georgien“ enthält. Herr Dr. von den Steinen nahm in den Jahren 1882 und 1883 als Arzt und Naturforſcher an derjenigen Südpolarexpedition Theil, welcher in der Kette der 14 * 188 H. Schal ow, internationalen Polarforſchungen jener Jahre die Inſel Süd-Georgien als Arbeitsfeld und als Station zugewieſen worden war. Die von dem Genannten auf dieſer Inſel geſammelten Vögel kamen durch Vermittelung des Geh. Rath Prof. Neumeyer an das Hamburger Muſeum und wurden von Prof. Pagenſtecher ſeiner Zeit (Jahrb. d. Wiſſenſchaftl. Anſtalten zu Hamburg II, 1885 bearbeitet. Die jetzige Veröffent⸗ lichung von den Steinens dient als Ergänzung zu der wiſſenſchaftlichen Aufzählung des hamburger Zoologen und bringt eine ganz außerordentliche Fülle von neuem, unbekannten Material über das Leben der antarktiſchen Vögel. Die wenigen oft recht dürftigen Mittheilnngen älterer Forſcher, von Abbott, Cornick, Hutton, Roß, v. Tſchudi u. a. über dieſen Gegenſtand werden durch von den Steinens Beobachtungen vielfach richtig geſtellt und in geradezu muſtergültiger Weiſe ergänzt. Bezüglich des Brutgeſchäftes empfangen wir hier von vielen Arten die erſten ein— gehenden Beobachtungen. Die Schilderungen des Vogellebens, wie wir ſie dem Verfaſſer danken, ſind von einer anregenden Friſche der Darſtellung, oft von einem glänzenden Humor und zeugen von liebevollſter und charakteriſtiſcher Wiedergabe der Natur, die allein aus der reinen Freude an der ſcharfen Beobachtung und aus inniger Vertiefung in den Gegenſtand hervorgeht. Eine Reihe trefflicher Abbildungen nach Bleiſtiftſkizzen des Verfaſſers — Albatroß am Neſt, Brutplätze der Pinguine, brütender Eſelspinguin, Königspinguine u. a. — ſind der Arbeit beigegeben. Die von Dr. von den Steinen auf Südgeorgien gefundenen und abgehan⸗ delten 22 Arten find die folgenden: von Landvögeln der kleine Pieper (Anthus an- taretieus Cab.) und Chionis alba Gm., eine Ente (Querquedula Eatoni Sharpe); von den Pinguinen der Eſelspinguin (Pygoscelis papua Seop.), der Königspinguin (Aptenodytes longirostris Scop.), der Steinbrechpinguin (P. antaretiea Forst.), die Schopfpinguine (Eudyptes chrysolophus Brdt. und E. diadematus Gould); von den Sturmvögeln Pelecanoides urinatrix var. Berardi, Procellaria nereis, Oceanites melanogastra Gould, Ossifraga gigantea, Pagodroma nivea, Daption capense L., Majaqueus aequinoctialis L., Prion turtur, Diomedea fuliginosa Gm. und melanophrys Temm.; von Möven Megalestris antaretieus Less., Larus dominicanus und Sterna virgata Cab.; von den Kormoranen ſchließlich der ſchöne Phalacrocorax carunculatus Gm. Bei den einzelnen Arten giebt der Verfaſſer eingehendſte nido- und vologijche Beobachtungen, ſowie in einem Anhang von vielen Species ſorgfältige Angaben über Dunengefieder, über Jugendkleid, nackte Theile, Färbung des Gefieders, Größen- und Gewichtsverhältniſſe u. dergl. mehr. Bezüglich der von Dr. von den Steinen auf Südgeorgien aufgefundenen Ente, welche derſelbe dem Vorgange Pagenſtechers folgend als Querquedula Eatoni Sharpe aufführt, möchte ich bemerken, daß der Hamburger Zoologe dieſe Aus dem Leben des Rieſenſturmvogels. 189 Art irrthümlich mit der während der Challenger-Expedition auf den Kerguelen ge— ſammelten und von Sharpe in London zuerſt beſchriebenen Art identifizirt hat. Nach dem geringen Material, welches Pagenſtecher zur Verfügung ſtand, war es dem Genannten nicht möglich die ſüdgeorgiſche Ente genau zu beſtimmen. Erſt im Jahre 1888, als ein Exemplar vom Kgl. Berliner Muſeum durch Kauf vom Ham— burger Johanneum erworben wurde, konnte Prof. Cabanis feſtſtellen, daß die auf Südgeorgien vorkommende Ente eine eigene Art ſei, welche er Querquedula ant- aretica benannte (J. f. O. 1888, Taf. 1). Schon aus zoogeographiſchen Gründen durfte auf eine Verſchiedenheit der beiden Vögel geſchloſſen werden. N Für die liebenswürdige Erlaubniß, die folgenden Mittheilungen in dieſer Zeit— ſchrift abdrucken zu dürfen, bin ich Herrn Dr. v. d. Steinen zu aufrichtigem Danke verpflichtet. Berlin. Im Anfang ließen uns die Rie ſenſturmvögel ohne Scheu ſehr nahe heran— kommen, aber ſchon in wenigen Wochen waren ſie jo mißtrauiſch, daß fie ſich ſchleunigſt in die Lüfte erhoben, ſobald ein Menſchenkopf über einem Hügel auftauchte. Meiſt fanden ſie ſich in kleiner Anzahl, ein halbes bis ein ganzes Dutzend, auf den welligen Kuppen und Vorſprüngen des Landzungenplateaus vereinigt; oft ruhten ſie mitten im Schnee. Mit erhobenen Flügeln und möglichſt lang ausholenden Schritten laufen ſie eine große Strecke, ehe ſie den nöthigen Anſatz zum Aufflug gewonnen haben; man ſieht ſie zuweilen noch ein paar Sekunden während des Fliegens hoch in der Luft mit den Beinen laufen. Die Situation iſt für ſie am günſtigſten, wenn ſie von einer Hügelkuppe abkommen können. Dem Hunde gelang es, ſofern man ſie nur bergaufwärts zu hetzen vermochte, im Anfang wenigſtens ohne Schwierigkeit, ſie zu erreichen. Nach Hunderten zählte ihre Verſammlung bei dem Elephantenſchmaus Ende September;*) es war als ob ſich ſämmtliche Rieſenſturmvögel der Landzunge zu Gaſte geladen hätten. Der ganze Strand war mit ekelhaft gallertigen, wieder aus— gebrochenen Maſſen überſchüttet; mit empor gehaltenen Flügeln watſchelten die gierigen Schlinger einher und ergoſſen unter heftigem Rülpſen ſchwere Ladungen aus dem Schnabel. Es roch infernaliſch aashaft. | Am 8. September fand ich bereits den Neſtbau begonnen. In einem Umkreis von 60 - 75 em Durchmeſſer war das Gras beſeitigt, der Torf lag bloß, ringsum ausgezupfte Grasbüſchel und am Grunde abgebiſſene Halme. Bald wurden die Neſter bedeutend zahlreicher; oft waren ſie alte Graskuppen, 9 Ein Kadaver des Seeelephanten n proboseidea) wurde von Schaaren von Rieſenſturmvögeln und Raubmöven beſucht. 905; 190 H. Schalow, 10—20 em hoch und machten den Eindruck ſorgfältiger Bearbeitung; andere, und zwar die meiſten erſchienen als flach eingedrückte, mit Moosſtücken und Halmen überſtreute Vertiefungen. Am 15. September wurde die erſte Begattung beobachtet. Den 2. November fand ich das erſte Ei. Zweimal iſt es mir vorgekommen, daß in einem Neſt zwei Eier von normaler Größe vorhanden waren. Die Vögel blieben gewöhnlich ſitzen, ſpieen einen Strahl fötider Brühe aus, hackten auch ein wenig um ſich, doch war es leicht, das Ei unter ihnen wegzunehmen, wenn man den Schnabel mit dem Stock beſchäftigt hielt. Bei wachſender Verfolgung wurden die Thiere jedoch ſo ſcheu, daß ſie vielfach die Eier preisgaben, und ein ſyſtematiſches Zeichnen derſelben kaum durchzuführen war; man mußte ſie aus dem Neſt herausnehmen, oder die Raubmöven hatten ſich ihrer längſt bemächtigt, ehe der erſchreckte Brüter zurückgekehrt war. Einige Male habe ich ein ſich ſelbſt überlaſſenes Ei von Halmen überdeckt gefunden; ich entdeckte es mehr zufällig, und die Abſicht, wenn man ſie vorausſetzen darf, es vor feindlichen Augen zu bewahren, wäre bei— nahe erreicht geweſen. Meiſtens trifft man nur die eine Hälfte des Elternpaares an, zuweilen aber ſpaziert auch der andere Theil beim Neſte umher. Im November vermehrte ſich die Zahl der brütenden Vögel außerordentlich; überall auf den iſolirten Hügeln des Plateaus, mit Vorliebe aber nahe dem zum Meer abfallenden Rande deſſelben hatten ſich in dichter Nähe einige Familien an- geſiedelt. Aber in das regelrechte Eheleben wurde durch die mit der Conſerve des Eierpulvers ſchlecht zufrieden geſtellte Menſchheit eine enorme Verwirrung hinein⸗ getragen. Das Ei des Rieſenſturmvogels hat nicht den ſtrengen Geſchmack des Binguin- eies und ſieht wegen des hellgelben Dotters vertrauenerweckender aus. Am 19. No⸗ vember kehrten zwei unſerer Leute mit 55 Stück von einem ſonntäglichen Streifzuge heim. Die Folgen ſah ich den 21. November. Auf den erſten Caps flog hier und da ein Vogel vom leeren Neſte auf, die gewohnte Anzahl fehlte. Dagegen erblickte ich zu meiner Ueberraſchung an dem zum großen See der Landzunge abſteigenden Schneehang 45 Rieſenſturmvögel verſammelt, als wenn ſie ſich zur Wanderung hätten rüſten wollen. Den 22. November zählte ich 30 und ſah allerorts am Strande vereinzelte ſitzen oder zwiſchen den Klippen ſchwimmen. Nicht weniger als 55 waren ihrer den 25. November; durch mich aufgeſcheucht gab mir der dunkle Schwarm ein hübſches Schauſpiel, als er in allen Himmelsrichtungen ein großes Laufen über den Schneehang inſcenirte — in wenigen Augenblicken war derſelbe leer, von den langen Spurenlinien die Kreuz und Quer durchzogen. Viele, ſchien es, bauten ſich nun an der Spitze der Landzunge an; wenigſtens nahm dort die Zahl der Neſter auffallend zu. Mit Beſtimmtheit habe ich nie fon- Aus dem Leben des Rieſenſturmvogels. 191 ſtatiren können, daß in ein einmal beraubtes Neſt ein zweites Ei gelegt wurde. Am 20. November nahm ich an einer Stelle, die ich genau kannte, ein Ei fort; den nächſten Tag ſaß das Pärchen dort in lebhaftem Koſen begriffen. Beide ſperrten die Schnäbel weit auf und ſtießen eine Art kläglichen, durchdringenden Miauens aus, welches für unſer Ohr zur Hälfte troſtloſes Seelenleid, zur andern Hälfte piquirten Eigenſinn auszudrücken ſchien. Denſelben Jammerlaut der Liebe hört man zuweilen auch hoch in der Luft und gleich darauf ertönt ein ſchwirrendes Vorüber— ſauſen mit leicht metalliſchem Anklang, zuckt ein dunkler Schatten über den Boden hin: überraſcht fährt man empor, da gleitet der mächtige Vogel ſchon fern über den Rücken des Plateaus dem Meere zu. Während ſich nun bei jenem Pärchen das Weibchen auf den muſikaliſchen Antheil an dem Duett beſchränkte, eröffnete das Männchen eine wunderſame pantomimiſche Vorſtellung. Den halb geöffneten Schnabel an die Kehle angezogen und dabei mit den Augen wie bewußtlos aufwärts ſtierend, verneigte es ſich tief nach rechts hin, tief nach links hin; mit blitzſchneller Wendung, aber völlig taktgemäß wurde der Kopf von einer Lage in die andere ge— worfen. Plötzlich ſtand dann wieder der Hals ſteil und ſteif aufrecht, und beide entſandten ein neues herzzerreißendes Miauen dem ſehnenden Buſen. Auch den 22. November ſand ich noch einen Vogel in dieſem Neſt, vom 25. November ab jedoch war und blieb es unbeſetzt. Im weiteren Verlauf des Brutgeſchäftes leiteten die Vögel hartnäckigen Widerſtand bei der Wegnahme des Eies. Sie ſpieen und biſſen um ſich, ſtrengten ſich auch vielleicht vergebens an, von dem Mageninhalt heraufzubefördern. Oft troff ihnen der Schnabel von dem zähen grünen tanghaltigen Auswurf, andere vomirten eine reine flüſſige Ladung von wahrhaft aashaftem Geſtank und ſetzten dies auch noch, wenn man das Neſt verlaſſen, einige Augenblicke fort. Mir, doch einem alten Mediziner mit abgehärtetem Geruchsſinn, ſchauderte öfters das Herz im Leibe bei der Expectoration dieſer Höllenjauche, die an das Kothbrechen in Folge von Darm— verſchlingung erinnerte. Um die Beſudelung des Eies mit dem Thran zu ver— meiden, warf ich gewöhnlich die treuen Hüter mit dem Alpſtock aus dem Neſt heraus. Nur unter großer Anſtrengung arbeiteten ſie ſich aus der Rückenlage auf die Beine. Am 20. November hatte ich bei einer Exkurſion unabſichtlich einen Grasbrand ent— zündet; derſelbe hielt ſich durch die ganze Nacht, und wir glaubten auf der Station in der Ferne erleuchtete Fabriken und Bahnhöfe zu ſehen; den nächſten Morgen qualmte und rauchte es noch allerwärts, mitten darin aber ſaß ein Rieſenſturmvogel auf ſeinem Ei, während ein Kreis verkohlter Grasbüſchel den tapferen Wächter umgab. Schon den 19. November erhielten wir das erſte Junge, welches Will vom Oſtabhang des Pirnerberges mitbrachte. Es beſtand eigentlich nur aus einem fürchter— lichen Schnabel, einem reſpectabeln Anallöchlein und etwas ſilberiggrauem Flaum. 192 | H. Schalow, Den 20. November fand ich ein angepicktes Ei; ich trug es in der Taſche, wo | ſich öfter ein kurzes Knurren hören ließ, nach Haufe, gegen Abend aber regte ſich nichts mehr unter der Schaale. | Allem Anſchein nach würde alſo Ende November unter regelmäßigen Verhält⸗ niſſen die Brütperiode abſchließen. Die Dauer der Bebrütung vermag ich nicht völlig beſtimmt anzugeben. Ein am 4. November 1882 einem Pinguin untergelegtes Rieſenſturmvogelei fand ich am 5. Januar 1883 ausgebrütet, und zwar war das Junge höchſtens 4 Tage alt; es hätte demnach nicht unter acht Wochen zur Ent⸗ wickelung bedurft. Die kleinen grauweißlichen Sprößlinge benahmen ſich ſo aufgeregt wie die Alten, ſperrten den Schnabel auf, fauchten ungeberdig und rutſchten ängſtlich im Neſte rückwärts. 6 Eine Fütterung habe ich leider nie beobachtet; doch habe ich in dem peſtilenzia⸗ liſchen Thran, welchen auch die Jungen ſpendeten, orangefarbene Cruſtaceen und einmal blaue Prionfedern bemerkt. Die letzteren traf man ebenſo in den Neſtern an. Anfang März waren die Jungen beinahe ausgewachſen, ſtaken aber noch im dichten Flaum. Auf der „Inſel“, wo ſie den unſerigen ein wenig voraus zu ſein ſchienen, fanden wir ſie den 23. März faſt flügge. Nur ausnahmsweiſe ſah man die Alten bei ihnen. Nach Herbſtanfang, wenn regelmäßige Schneefälle einſetzen, ſind ſie dieſen noch völlig exponirt; zuſammengekauert und mit weißen Flocken dicht bedeckt, nehmen ſich die kleinen wilden Ungethüme in der triſten Winterlandſchaft und in ihrer Einſamkeit auf den überſchneiten Bergen ſchier unheimlich aus wie altnordiſche Zaubervögel. Die letzten Flaumreſte verſchwanden erſt Mitte Mai. Aber die Jungen kehrten noch lange Zeit zu den Neſtern zurück; noch Mitte Juli fand man oft in den alten Kolonien eine Anzahl von dunkel braunſchwarzen, offenbar der letzten Generation zugehörigen Individuen. Die Färbung des Gefieders iſt, in kleinen Zügen wenigſtens wohl bei ungefähr ſämmtlichen Thieren verſchieden. Die auffallendſte und ſchönſte Erſcheinung bietet der weiße Rieſenſturmvogel, welcher ziemlich ſelten iſt. Er beſitzt eine dunkelbraune Iris. Von den zwei Exemplaren, die ich abbalgen konnte, habe ich das erſte Anfang October, als dergleichen noch möglich war, mit der Hülfe unſeres Hundes lebendig gefangen. Dieſer hatte einen kleinen Schwarm von Rieſenſturmvögeln den Köppen⸗ berg hinauf verfolgt, der einzige weiße blieb ruhig ſitzen. Wir beide ſuchten ihn zu ergreifen und es entſtand ein allgemeines Durcheinanderpurzeln, doch gelang es mir, einen Flügel feſtzuhalten, da ſich der Vogel in die Wange des Hundes eingebiſſen hatte und nicht losließ, während dieſer jämmerlich heulte und dazwiſchen verblüfft auf den Schnabel hinunter ſchielte. Das Thier entwickelte eine Energie, wie niemals Aus dem Leben des Rieſenſturmvogels. 193 einer ſeiner dunkler gefärbten Genoſſen. An der Station biß er nach allen Rich— tungen um ſich und zerſplitterte ein kräftiges Stück von einem Holzpfoſten. Ob es Zufall war, daß die beiden in meine Hände gelangten Exemplare (der zweite wurde, im Juni von Vogel geſchoſſen) Männchen waren, laſſe ich dahingeſtellt; der Anſicht indeſſen, daß der weiße Rieſenſturmvogel eine Abart ſei, muß ich ent— gegentreten. In der Nähe des großen Sees auf der Landzunge niſteten zwei Pärchen, bei jedem ein weißer Vogel. Der eine derſelben hatte eine Gefährtin mit ſchwärz— lichem Hals und Gefieder, der andere eine vorwiegend grau gefärbte. Bei jenen habe ich keine Eier gefunden; ſo vorſichtig ich ſie auch behandelte, haben ſie doch ſchließlich anderswo gebrütet. Dagegen traf ich in einem Nordthal am 10. November zwei eben ſolche Pärchen, — ſehr möglicher Weiſe dieſelben. Der eine ſaß auf einem Ei und vertheidigte es mit wüthendem Schnabelhacken. Ich glaube, daß die ſtarken und ungeberdigen Thiere beſonders alte Indi— viduen ſind. Vor allem iſt auch unzweifelhaft, daß man ſämmtliche Zwiſchenſtufen von dem faſt ſchwarzen bis zu dem weißen Rieſenſturmvogel antrifft, und daß die gleichmäßig dunkelfarbigen durchgehend kleiner ſind. Ferner findet man ſehr ſchöne Thiere mit weißem Hals und weißer Oberbruſt, die oft eine marmorirte, aber auch, wie die weißen, eine braune Iris haben können. Alle Varietäten der Färbung exiſtiren zu allen Zeiten des Jahres, indeſſen nach beendeter Brutzeit, December und Januar, war bei einer größeren Zahl eine Umfärbung eingetreten. Man ſah ungleich mehr weiße Köpfe und Hälſe. Oft war der Kopf rein weiß, der Hals war hinten ein wenig grau, der Obertheil der Bruſt noch ziemlich weiß, auf den Flügeln dagegen gab es nur eine geringe Anzahl weißer Federn. Niemals erblickte man einen Vogel mit zugleich weißem Obertheil und völlig dunkelbraunem Flügel. Im Juli bemerkte ich ein Thier mit faſt weißem Körper, der nur einige ſchwarze Flecken, doch Flügel mit braunem Außenrande hatte. Der Rieſenſturmvogel iſt alſo im Ei weiß, in der Jugend ſchwarz und im Alter wieder weiß. Pagenſtecher knüpft an dieſes Verhalten eine Betrachtung über den etwaigen Nutzen eines ſolchen Farbenwechſels. Der junge Schwan ſei in Folge ſeines graulichen Gefieders auf offenem Waſſer und kahlen, moorigen Ufern wenig bemerklich und dadurch vor Verfolgung geſchützt; der erwachſene bedürfe, ſobald offenes Waſſer die Entfaltung ſeiner großen Kraft geſtatte, eines ſolchen Schutzes nicht, erfreue ſich deſſelben aber, wenn Eis die Gewäſſer ſchwerer regſam mache und Schnee die Ufer decke. Es ſei auch nicht leicht, zwiſchen den Eisſchollen Schwäne zu entdecken. „Ob und wie ſolches auf den Rieſenſturmvogel anzuwenden ſei, iſt freilich recht unklar. Es wäre ja möglich, daß die älteren Vögel weiter in die ſüdlichen en * 194 von Wacquant-Geozelles, Eismeere gingen als die jüngeren oder im Winter ihnen treuer blieben und zwiſchen dem Eiſe fiſchten. Vor welchem Feinde freilich ſie ſich im Eiſe oder auf dem Schnee zu ſchützen hätten, ſehen wir nicht recht. Die in jenen Gegenden die Raubvögel vertretende Raubmöve wagt ſich wohl an junge, aber ſchwerlich an alte Rieſenſturm— vögel. Immerhin möchte man das rußſchwarze Jugendkleid zwiſchen weißem Kleide im Ei und weißem Seide im Alter als eine ſekundäre nützliche r- werbung betrachten.“ Für den Bereich meiner Erfahrung würde ich dieſen Nutzen ſchon verſtehen. Die Raubmöve kommt kaum in Betracht; ich habe von ihrer Seite nichts bemerkt, was hierher gehörte, habe aber immer die jungen Rieſenſturmvögel ſich ſelbſt über- laſſen geſehen. Thatſächlich alſo ließen die zahlreichen Raubmöven die Jungen in Ruhe, und konnten ihnen wahrſcheinlich auch nichts anhaben, da ſich dieſelben ſchon ſehr ſcharf zu vertheidigen wußten. Aber der Schnee ſelbſt könnte als der Feind der heranwachſenden Neſtlinge gelten. Sie erhalten, ſo früh die Brutzeit auch fällt, ihr Federkleid erſt, wie ich oben angeführt, wenn die Schneeſtürme des Herbſtes einſetzen, und damit viele der wichtigſten Terrainunterſchiede unter der weißen Polarhülle verſchwinden. Alsdann iſt gewiß ein dunkles Kleid für die hungernden Jungen, weil ſie beſſer von den Nahrung bringenden Eltern aufgefunden werden können, von großem Nutzen, und, je arctiſcher die Landſchaft weiterhin zum Süden wird, um ſo entſchiedener dürfte ſich dieſer Vortheil bewähren. Allmählich mag ſich darauf von Jahr zu Jahr die natürliche Neigung zum helleren Gefieder wieder geltend machen. Aber nur wenige werden ſo alt, daß dieſe urſprüngliche Veranlagung völlig zu ihrem Rechte kommt; daher ſind die weißen Rieſenſturmvögel die ſelteneren, wie ſie eben wegen ihres Alters die ſtärkeren und wegen ihrer Erfahrung die wilderen ſind. Zur Lebensweiſe des Steinkauzes (Athene noctua Retz.). Von Staats von Wacquant-Geozelles. Im Laufe der Jahre gelangten in ſtrengen Wintern mehrfach verhungerte Schleiereulen und Steinkäuze (Ath. noctua Retz.) in meine Hände. Vor Jahren, in ſchneereicher, bitterkalter Zeit war „mein“ Käuzchen, d. h. das im hieſigen Park anſäſſige, in Gefahr, dem gleichen Schickſal zu erliegen; traurig ſaß es eines Nach⸗ mittags und Abends mit dick- aufgepluſtertem Gefieder auf einer Banklehne neben dem Hauſe, auf einem vor der Thür liegenden Wildſchweinſchädel und ſchließlich auf dem an der Veranda feſtgeſchraubten Fernrohre. Das Thierchen hatte im Parke wacker den Mäuſen nachgeſtellt; faſt täglich ſah ich auf dem Schnee die Spuren ſeiner erfolgreichen Jagden. Hier und da war ein Mäuschen über die weiße Decke Zur Lebensweiſe des Steinkauzes. 195 gehüpft, den nahrungbietenden „Futterplätzen“ zu; da, plötzlich hört die Fährte auf: im Schnee eine kleine Vertiefung, — rechts und links davon, ſchön abgedrückt, die runden Flügel meines Käuzchens! Katzen gehören nicht zum lebenden Inventar „Sophienhofs“; den Mäuſefang im Innern der Gebäude beſorgen einige gute Fallen, im Gehöft, Park und Feld die Eulen: Wald-, Stein-Kauz und Schleier— eule. Der Vorrath an Mäuſen, den die 50 Schritt vor dem Hauſe, in einem alten Birnbaume, zwei Meter über dem Boden befindliche Vorrathskammer mei— nes Käuzchens ſeit Herbſt, alſo ſeitdem die Jungen völlig ſelbſtſtändig geworden, ab und zu aufwies, war zuweilen ziemlich beträchtlich. Noch zu Anfang der „Schnee⸗Zeit“ lagen ſechs ſolcher Nager und zwei Spitzmäuſe in der Höhlung, alle ſteinhart gefroren. Da kam der „hohe Schneefall“ und durch ihn „erſchwerte Jagd“. Die Mäuſe waren am zweiten Tage verzehrt, — am fünften Tage die eine Spitzmaus zur Hälfte, während die andere Hälfte vor der Höhlung auf dem Schnee lag. Dieſer biſam⸗duftende Braten mußte der Eule wohl nicht munden. Ich legte das Stück wieder in den hohlen Stamm: am anderen Morgen lag es wieder auf dem Schnee; ebenſo ein völlig verrotteter Maulwurf. Die andere Spitzmaus lag noch im Stamme. Da ſich die Eule gegen Abend dieſes Tages unter den ge— ſchilderten, mir (vielleicht grundlos) verdächtig erſcheinenden Umſtänden vor dem Hauſe aufhielt, ſo ſah ich von weiteren „Spitzmaus-Experimenten“ ab, holte vier, eigentlich für meine gefangene Waldohreule beſtimmte Mäuſe und legte davon zwei auf den erwähnten Wildſchwein⸗Schädel, zwei in den Eingang der erwähnten „Vor— rathskammer“. Letztere beiden waren am anderen Morgen verzehrt; einzelne Stück chen von ihnen lagen unter dem, ſeitswärts der Stammhöhlung von mir angebrach— ten Aſte: kleine Bruchtheile, wie ſie ſtets abfallen, wenn Athene noctua ſteinhart— gefrorene Mäuſe „aufknabbert“. In der Folge habe ich ſie häufig in böſer Zeit mit Fraß verſorgt; im December 1889 verzehrte ſie beiſpielsweiſe in ſieben Nächten 24 Mäuſe (M. silvaticus). — Ich habe zuweilen gleichzeitig Mäuſe und kleine Vögel in den Birnbaumſtamm gelegt: die Eule zog die Mäuſe vor. — Sehr häufig fliegt ſie kurz vor und während der Paarungszeit auch bei Tage zur Vorrathskammer, ſtundenlang im Eingange ſitzend und Umſchau haltend. Im böſen März 1888 lag dieſem ihrem „Sitzplatze“ 20 Schritt gegenüber ein zum Oſterfeuer beſtimmter, großer Reiſighaufen, in welchem wochenlang zehn Sper— linge ihre Nachtruhe abhielten. Die Eule beobachtete dieſelben ſcharf, duckte ſich nieder, wenn ſie angeflogen kamen, „ſtieß“ aber nie nach ihnen. Einſt ſetzte ſie ſich an einem Spätnachmittage oben auf dieſen Reiſighauſen; die Spatzen erhuben ihr bekanntes „Isl-terel-tell-tell, — döll-dölbdöll!“ aus dem Innern desſelben, wurden aber von der regungslos verharrenden Eule weiter nicht behelligt und verließen ſie auch ihr ſchutzbietendes Verſteck weder jetzt noch in der Folge. Allabendlich kamen 196 von Wacquant— Geozelles, ſie angeflogen, ſtets waren und blieben es zehn bis eines Tages die Herrlichkeit ein Ende hatte: — eine Marderfährte führte zum „Oſterfeuer“! Ich prüfte den Steinkauz nun noch anderweitig. — Mitten zwiſchen oftge- nannten Reiſighaufen und Birnbaum legte ich einen kleinen Futterplatz an. Der- ſelbe wurde ſtark beſucht: — die Eule behelligte die Vögel nie. Saß ſie in der Höhlung und es kamen Vögel angeflogen, fo verhielt fie ſich regungslos und duckte ſich nieder, um nicht entdeckt zu werden, ſich nach und nach erſt wieder voll aufrichtend. Der kleine, runde Federballen füllte dann die Höhlung faſt vollſtändig aus und nur zu prächtig harmonirte das Kleid des Kauzes mit der zerſchliſſenen Rinde des alten Birnbaumes! In der Spitze desſelben Baumes hängt ihr, ſeit Jahren benutzter Niſtkaſten; — wir hatten, wie ich ſchon erwähnte, März — und wenn der Steinkauz in Anbetracht der harten Witterung und im Gegenſatze zum März anderer, milderer Frühjahre auch nicht ſein lautes, im Fliegen ausgeſtoßenes „keck-kek-kek, — keck, — keck, — keck, — keck keck-keck-kek-keck, — keck“ hören ließ, ſo ſaß er doch ſchon häufig vor ſeinem Kaſten. Wurde er dort von Schwarzdroſſeln ꝛc. entdeckt und umzetert, ſo flüchtete er in eine Fichtengruppe des Parkes, beim Erſcheinen eines Sperbers aber jedesmal ſofort in ſeinen Niſtkaſten. Die Sperber behelligten hauptſächlich den obenerwähnten, freiliegenden Futter⸗ platz, und da derſelbe nicht durch Dornen-Reiſig geſchützt, ſein eigentlicher Zweck, — Beobachtung des Steinkauzes, — aber erledigt war, ſo warf ich Schnee darüber. Eines Tages ſtieß der Steinkauz auf dieſe Stelle, blieb eine Zeit lang darauf ſitzen und flog dann in die Birnbaumhöhlung. Ich richtete den Tubus auf ihn und ſah, wie er eine Maus zur Hälfte verzehrte, zur Hälfte aber im Innern der Höhlung barg! — Verſchiedene Maus-Fährten führten vom „Reiſighaufen“ zum verſchütteten Futterplatze, von dieſem „zurück“ vier Fährten weniger! Der böſe März nahm ein Ende; die Zeiten wurden beſſer und die inzwiſchen „herbeigerufene“ und auch „von neuem erkämpfte“ Gattin, die übrigens ihrem Gemahl auch während des Herbſtes und Winters nicht ganz fern bleibt, legte fünf hoffnungsvolle Eier. Dieſelben werden vom zweiten Ei an bebrütet, wenn auch nicht mit der Energie, die wir bei der Schleiereule kennen. Bei wiederholten Störungen verläßt ſie oft ſelbſt das volle Gelege. — Die Rufe, welche Ath. noetua vor, während und nach der Paarungszeit erſchallen läßt, find ungemein verſchiedenartig oder doch verſchieden „modulirt“. Jede Modulation hat ihre beſtimmte Bedeutung. — In milden Nächten hört man ein (hohes) „gut-gut“, welches ſich nicht durch Worte, ſehr wohl aber vermittelſt der Lippen durch flöten (pfeifen) nachahmen läßt. Gegen die Paarungszeit hin wird dieſer Ruf immer häufiger und ſcheint das Männchen durch denſelben ſein Weibchen herbeizulocken. Zur Lebensweiſe des Steinkauzes. 197 Ahmt man dieſen Ton getreu nach, ſo erſcheint oft das Männchen um den vermeint— lichen Nebenbuhler zu vertreiben. In günſtigen Frühjahren ſieht man oft ſchon im März die Geſchlechter beiſammen und hört man dann arch ſchon den für Aber— gläubiſche unſtreitig umheimlichſten Ruf des Männchens: das durchdringende, in der Luft ausgeſtoßene, bis zu zwanzig Mal ſchnell hintereinander wiederholte „keck- keck-keck-keck!“. — Vom Herbſt an, wo die Jungen in Gnaden entlaſſen wor— den, bis zur Paarungszeit hatten die Gatten ihre getrennten Reviere bezogen; zur Paarungszeit werden nun unter dem zuletzt erwähnten Geſchrei die Schlupflöcher reſp. Vorrathskammern in beiden Revieren auf ihre Niſt-Brauchbarkeit unterſucht, ſtets aber, — wenn beide Gatten am Leben blieben, — die im Jahre zuvor mit Glück benutzte Höhlung wieder zur Brut erwählt. Kam in der Zwiſchenzeit eins der Gatten um's Leben und muß ſich der überlebende einen neuen Ehegenoſſen ſuchen, ſo verbleibt er auch wohl ganz im Reviere des neuerworbenen Gatten: auch dort wird ſich dann wohl eine erfolgreich benutzte Niſtſtelle befinden. — Hier bei mir wird der ofterwähnte, von mir vor Jahren angefertigte „Niſtkaſten“ allen natür— lichen und „küuſtlichen“ Baumhöhlungen vorgezogen. Wie ich in der Nr. 9 der Ornith. Monatsſchr. 1888, S. 271 mitgetheilt habe, wurde ihr Gelege einſt von Dohlen zerſtört; im folgenden Frühjahr wurde der Kaſten indeſſen ſchon wieder bezogen. ö In der Regel findet ſich hier das Weibchen zum Männchen ohne daß letzteres ſich weiter vom Parke entfernt; einmal aber, als alles Rufen nichts half, das vorjährige Weibchen alſo wohl todt war, durchſtreifte das Männ— chen, wie ich deutlich verfolgen konnte, lange allabendlich weit und breit die Gegend, bis es ein neues Weib erworben und ſeinem Niſtkaſten zugeführt hatte. Das Eheleben des Steinkauzes iſt überaus zärtlich; die Gatten ſchmiegen ſich oft innig aneinander, theilen den Raub und ſehen ſich ſo „tief in die liebeglühenden Augen“, daß dies ſicher längſt von Dichtern und in Romanen erwähnt worden, wenn das Leben der Eulen nur nicht ſo unbekannt wäre und ſie infolgedeſſen nicht immer nur an „ſchaurigen Stellen“ zitirt würden! — Im Alterthum war das anders: yAavzorıs A — das ließ ſich die hehre Göttin gern gefallen vom Vater Homer! So lange das Weibchen noch nicht dem Brutgeſchäfte obliegt, überzeugen ſich die an verſchiedenen Stellen ſitzenden Gatten gegenſeitig oft über Tags durch ein lautes, fragendes und antwortendes „ki-u — ki-u“ von ihrer Anweſenheit, und wenn ſchon dieſer Ruf gewöhnlich mit einem, die erſte, kurzbetonte Silbe begleitenden, tiefen Bücklinge ausgeſtoßen wird, ſo iſt letzteres erſt *) yAavds — die Eule; yAavz-anıg — „mit funkelnden, feurigen Augen“, „glutäugig — eulen-äugig). 198 | von Wacquant-Geozelles, recht der Fall, wenn ſie in der Morgen- und Abend-Dämmerung ihr niedliches, frohes „kiu-ku-ku-ku — kiu-ku-ku-ku“ vom Dachfirſt herabſchreien oder „lachen“! Wirklich reizend iſt die Art und Weiſe, wie der Gatte ſein Weibchen in das eheliche Gemach einführt. — Von Baum zu Baum, von Aſt zu Aſt flattert und hüpft er vor der Erkorenen her; im Fliegen „keck-keck-keck“, im Sitzen ein ſanftes „pü, pü-pü” rufend, drei-, viermal zum Aſt zurückkehrend, auf welchem ſie ihm zu lange verweilt, auf jedem Aſte artige Verbeugungen machend, ſich wendend und drehend. — Jetzt ſind ſie vor der Stammhöhlung angelangt; das Männchen ſchlüpft hinein, heraus und wieder hinein, ſtets leiſe ein ganz eigenthümlich gackerndes, auf der langgezogenen erſten Silbe betontes „pü-teek-teek-teek, — pü-teck-teck-teck, — pui-pui, pü-teck-teck-teck!“ ausſtoßend. Faſt immer iſt vorher das Innere der „Wohnung“ durch eine oder mehrere Mäuſe beſonders einladend gemacht; — das voraneilende Männchen holt wohl einen dieſer Leckerbiſſen hervor, hüpft damit, flügel-bewegend, um die Gattin, knabbert auch ſelbſt ein Stückchen davon ab, läßt ihn im Eifer fallen, ſchießt hinterher und verſchwindet wieder damit in der Niſthöhlung. Mein Käuzchen dahier benutzt vom Herbſt bis zum Frühjahr hauptſächlich die ofterwähnte Stammhöhlung zur „Vorrathskammer“ und nur ausnahmsweiſe ſeinen fünf Meter höher hängenden Niſtkaſten, — während der aufgeregten Zeit der geſchilderten Bewerbungen aber und während der folgenden Brutzeit wird jede „überzählige“ Beute ſtets in den Niſtkaſten getragen. Vom Niſtſtamme aus ſtieß mein Käuzchen-Paar einſt im Juni mit großer Wuth und Ausdauer, aber auch mit Vorſicht, auf einen Waldkauz und in Osna⸗ brück vernahm ich einſt von einem Steinkauz, in deſſen reſp. deſſen Neſtes Nähe eine Katze umherſchlich, einen ſehr langgezogenen, unangenehm⸗kreiſchenden Ton: „tschiiüiiili!“. | In der Nr. 13 der „Monatsſchr. 1889“, S. 379, habe ich von einigen Ueber⸗ griffen des Steinkauzes berichtet. Ein unglücklicher Zufall wollte es, daß ſich eines Mittags vier junge Stein⸗ käuze auf eine Banklehne ſetzten, dicht unter ein Neſt mit flüggen Bachſtelzen. Darüber großes Gezeter der alten Bachſtelzen; auch ihre Jungen werden ſchließlich unruhig, infolgedeſſen von der Eulenmutter entdeckt und zwei von ihnen geraubt, das erſte vom Neſtrande ſelbſt, das zweite (geflüchtete) vom Erdboden. Die Eulengeſellſchaft wurde verſcheucht und blieb das Bachſtelzenneſt für die Folge unbehelligt. (Der Raubwürger wäre ſicher, der Heher ganz ſicher dorthin zurückgekehrt!) 7 In der Zeit, wo 1889 Hunderte von Staaren den Niſtkäſten entſtiegen und ungeſchickt, unbehülflich und unerfahren alle Gebüſche des Parkes bevölkerten, ſind nur etwa fünf den Eulen zum Opfer gefallen. Hätten letztere während genannter Zur Lebensweiſe des Steinfauzes. 199 Zeit abſichtlich nach jungen Staaren gefahndet, nur oberflächlich nach ſolchen die Bäume durchſucht, ſo wären ihnen Dutzende und aber Dutzende in die Fänge ge— rathen! — Mit beſonderer Sorgfalt beobachtete ich einſt die Eulen während lange— dauernder, regneriſcher Witterung. Auch da fand ich keine Vögel im Niſtkaſten. Herrſcht trübes Wetter, ſo haben die Fröſche ihre gute reſp. ihre „ſchlechte“ Zeit: wie an Mäuſen, ſo tragen die Eulen ihren Jungen auch an Fröſchen mehr zu als ſie vertilgen können, ſo daß ich beiſpielsweiſe im Jahre 1889 zwanzig ſolcher Lurche und elf Mäuſe im vertrockneten Zuſtande im Niſtkaſten vorfand. Ein abſichtliches, ſyſtematiſches Suchen nach Vögeln habe ich nie beim Steinkauz beobachtet. Aber ich bin ſtrenge, muß ſtrenge fein im zwar großen, jedoch „allein“ liegenden, rings von Feldern umſchloſſenen Parke; kleine „Uebergriffe“ von Seiten irgendwelches Geſchöpfes, wie ich ſie „draußen“ ſtellenweiſe wohl 'mal dulde: hier im Parke geſtatte ich ſie nicht, denn hier iſt mein Schutzrevier in erſter Linie. — Der Steinkauz fängt gelegentlich Vögel, — dieſe Wahrheit war es, welche mich veranlaßte, demſelben alljährlich vorſichtigerweiſe einige Eier oder Junge zu rauben; denn einige Köpfe mehr oder weniger, das macht in etwaigen Zeiten der Noth ſchon etwas aus! Ich unterſuchte die Gewölle. Einmal fand ich ein ganzes Jahr lang nur Reſte von Mäuſen und — während des Mai und Juni — un— zählige Maikäfer darin. Letztere werden geſchickt im Fliegen gefangen, indem die Eule von einem Aſte oder von einer anderen „Warte“ aus wie ein Fliegenſchnäpper auf die vorbeibrummenden Kerfe losſchießt. — Reſte von Vögeln fand ich in anderen Jahren allerdings, jedoch in ſo geringer Anzahl, daß der hierdurch erwachſene Scha— den durch das Wegfangen von Mäuſen und Kerfen zehnmal wieder gut ge— macht wurde. Eines Abends im Spätſommer 1887 wurde durch das Aufſtellen einer Dreſch— maſchine eine Taube von der Scheuer flüchtig; während dieſelbe die Gebäude um— kreiſte, ſtieß zweimal mein Steinkauz auf ſie, — nicht aber, um ſie zu greifen, ſondern um den großen, unbekannten Nachtſchwärmer aus der Nähe der Eulenkinder zu vertreiben. Als die Taube ſich auf dem Dachfirſt niederließ, ſetzte ſich die Eule einen Moment auf den Schornſtein, ließ die Taube aber während der Nacht unbehelligt. Von allen Vögeln wird weitaus am häufigſten die Feldlerche vom Steinkauz gefangen; ich fand oft Reſte von dieſer, und zwar entweder im Frühjahr im Nift- kaſten oder während des Herbſtes und im zeitigen Frühjahr in der „Vorraths— kammer“. Auch in dieſem ſonderbaren Umſtande liegt meines Erachtens ein Be— weis, daß die Vögel abends und nachts durch Zufall in die Fänge unſerer niedlichen Eule gerathen, denn kein Vogel wird häufiger aufgeſtört als eben die Feldlerche, ſei es durch heimkehrende, Felder und Weiden paſſirende Arbeiter, durch umher— 200 von Wacquant⸗Geozelles. hoppelnde Haſen oder durch andere Thiere. — Einſt griff unſere Eule vor meinen Augen eine aufgeſcheuchte Lerche in dem Moment, als ſich der verwirrte Vogel ins Gras drückte. — Ein ſtill hinter der Erdſcholle oder im Graſe ſchlummernder Vogel dürfte wohl ſchwerlich von der „Warte des Steinkauzes“ aus erblickt werden! — Streng genommen muß ich dem Steinkauz auch noch das Fangen von Fröſchen, Maulwürfen, Spitzmäuſen und Fledermäuſen als „Schädigung“ anrechnen, — bringe ich aber als Gegengewicht die Thatſache, daß ich im Jahre 1889, wo ich den Eulen weder ein Ei noch Junge genommen hatte und wo die „Familie“ deshalb ſie— ben Köpfe zählte, aus 290 Gewöllen die Reſte von 520 Mäuſen und von einer großen Menge Kerfen herausſchälte“), bringe ich ferner die Thatſache, daß ich „ſeit Einführung der Steinkäuze“ nur mit Mühe und Noth im Spätherbfte für meine Raubvögel einige wenige Mäuſe im Parke fangen kann, dahingegen vordem faſt regelmäßig an die hundert und oft weit darüber fing, — ſo wird es mir doch wohl niemand übel nehmen, wenn ich dieſer poſſirlichen und ſo wie ſo ſchon hart und ungerecht genug bedrängten Eule auch im Jahre 1890 nicht das trautgewordene Heim „vernagele“, trotzdem ich ihr im Jahre zuvor (neben der ebengenannten Zahl ſchädlicher Thiere) einige dreißig Fröſche und elf Vögel (nämlich im Frühjahr: fünf junge Staare, zwei junge Bachſtelzen, zwei alte Feldlerchen, im Herbſte: zwei alte Feldlerchen) anrechnen mußte. Sie mag auch in Zukunft hier die Haus- katze vertreten, wenn auch nicht gerade wieder in einer Zahl von ſieben Köpfen! — Am eifrigſten iſt das Weibchen für die Nachkommenſchaft thätig; ich ſah dasſelbe einſt im Juli am hellen Mittage eine Wieſe überfliegen und, dreihundert Schritt vom Neſte, auf einen Pfahl ſich ſetzen; an einem glühenden Tage, wo das auf den Vogel gerichtete Fernrohr, der prallen, flimmernden Sonnenſtrahlen wegen, den Dienſt verſagte. Alsbald fing es eine Maus und trug ſelbe im bekannten Bogenfluge einem Jungen zu, mit bittendem, ziſchendem „tschiiiip“ empfangen. Die abergläubiſche Furcht vor dem „Leichhuhn“ iſt leider auch hier noch groß. Die letzten Worte einer Sterbenden und der um das Sterbebett verſammelten alten Weiber handelten im Herbſt 1888 nur von dieſem „Todtenvogel“, weil ein ſolcher durch das hier bei Sterbefällen übliche, unruhige „Aus und Ein“ und „Hin und Her“, (ebenſo wie die alten Weiber ſelbſt) aus Neugierde herangezogen wurde und vor dem erleuchteten Fenſter fein entſetzenerregendes „Komm mit“ erſchallen ließ. — So fügte im darauffolgenden Frühjahr ein altes Weib maseulini generis, als ich, telegraphiſch von Köln berufen, an das Lager meines ſchwerkranken Vaters eilte, ſeiner Erzählung hinzu: „und die ganze Zeit, wo Ihr Vater ſo krank iſt, ſchreit es jetzt in Ihren Eichen; Sie müſſen es todtſchießeu!“ nur nach Reſten von Vögeln und Fröſchen fahndete. ) Ich muß betonen, daß ich die Unterkiefer der Mäuſe zählte und M 1 * E 1 1 1 } 1 ä £ = x Zur Lebeusweiſe des Steinkauzes. 201 Nun, ich habe „es“ nicht todtgeſchoſſen, und dennoch iſt, Gott ſei Dank, eine völlige Geneſung eingetreten! Das Käuzchenpaar, welchem hier bei mir, 1888, durch die infamen Dohlen das Gelege zerſtört wurde, ſchritt auf einem Bauernhofe des acht Minuten von hier belegenen Dorfes, im „Winterrevier“ des Weibchens, zur zweiten Brut. Die da— ſelbſt ſtattfindenden abendlichen Konzerte mißfielen den Damen des Hauſes ſehr. Durch Zufall wurde das Neſt entdeckt; aber die Gedanken des Entdeckers waren nicht ſo freundlich und hochedel wie die, welche uns in den „Raubvögeln Deutſch— lands“, Seite 448, aus dem Herzen des Herrn Oberförſters von Rieſenthal ent— gegenklingen. Nein, hier wurde der „kleinen, treuen, harmloſen, feſt auf ihren Eiern ſitzenden Mutter“ das Flugloch mit einem Strohwiſch verſtopft, ein Eimer kochenden Waſſers geholt und das arme Geſchöpf zu Tode gebrüht! — „die Mutter graute ſich jo!" — Das war die Entſchuldiguug auf meine empörten Vorſtellungen, auf meine Verſicherung, daß dieſe Eule dreimal ſo viele Mäuſe vertilgt haben würde als die faul hinter dem Ofen ſchnurrende und ſich in der Küche mäſtende Katze. Durch ähnliche Belehrung und durch Hinweis auf das Vogelſchutzgeſetz habe ich unſeren Eulen bei einſichtigen Leuten und bei der Schuljugend allerdings ſchon recht großen Schutz erwirkt; die alten Weiber utriusque generis aber, die im Früh— jahr das laute Getriebe meiner Eulenkolonie beobachten, können ihrerſeits wieder meinen muthigen „Unglauben“, mein „Teufel an die Wand malen“ nicht begreifen; — ihnen „Schutz der Eulen“ anzuempfehlen heißt yAadx’ ele Ahvas „die Eulen nach Athen tragen“, denn der feſtgewurzelte Aberglauben iſt bei ihnen eben nicht mehr auszutreiben und ſtirbt mit ihnen leider auch nicht aus, da ſie ihn von der Ofenecke aus fleißig weiterverpflanzen. — Wie die Eule, einſt ein heiliger Vogel und mit den alten hehren Göttern dann zum nächtlichen Spuk der geſpenſtiſchen Heerfahrt degradirt, nunmehr todverkündend den „wilden Jäger“ auf ſeiner unheim— lichen Luftfahrt begleitet, ſo wird man auch in ſpäteren Zeiten bei unvorhergeſehenem Unglück noch oft mit Ueberzeugung ſagen: „Da hett 'ne Uhle ſäten!“ — Vor drei Jahren erlebte ich, daß ein Steinkauz fünf Tage lang in einem Bauer gehalten wurde, in welches als „Futter“ — — „drei Hand voll Hafer“ geworfen war! — Derjenige, dem es obliegt, im Dorfe Bildung zu verbreiten und unſeren Vögeln Schutz zu erwirken, belehrte „ſo im Vorbeigehen“: ſie ſei „Fleiſchfreſſer“ und glaubte, damit ſeine Pflicht gethan zu haben. Nun, „der Hund iſt auch Fleiſchfreſſer“, — und ſomit erhielt die unglückliche Eule eine Partie Wurſt-„Pelle““)! Jetzt erſt erfuhr ich von dem armen Thiere, erhielt es geſchenkt, fühlte aber — ein ſehr bedenkliches Symptom! — das kleine Bruſtbein ſcharf durch die Federn. Ich ſetzte den Vogel in meinem Schlafzimmer auf das Fenſterbrett und legte fünf *) Haut. 202 | F Menzel, Sperlinge neben ihn. Vom Bett aus ſah ich, wie die Eule alsbald einen der Vögel verzehrte. Am anderen Morgen waren Eule und Spatzen verſchwunden und fand ich ſie erſt nach langem Suchen — im Innern meines Waſchtiſches. Das Käuzchen hatte einen der Vögel verſpeiſt, die vier anderen aber durch ein in die Waſchtiſch— platte eingeſchnittenes, für das runde Seifennäpfchen beſtimmtes Loch unter die Waſch⸗ ſchale getragen. — Welch' lange Beobachtungen hatte ich anſtellen müſſen, um zu erforſchen, ob Athene noetua ſich Vorräthe eintrage: hier gab fie mir nachträglich einen recht untrüglichen Beweis. Nach kurzer Zeit ſtarb ſie doch noch an den Folgen der Haferkur. | | Zur Vogelwelt des Hilſes und feiner Umgebung. Von F. Menzel, stud. forest. | | Das Beobachtungsrevier umfaßt hauptſächlich das herzoglich braunſchweigiſche Forſtrevier Eimen und das Dorf Vorwohle mit ſeiner Umgebung. Der Südhang des Hilſes (welcher eine Höhe von 466 m erreicht) und der Nordhang des Elphas einer bis zu 325 m hohen Parallelkette des Hilſes, bilden das Forſtrevier Eimen; einzelne größere Excurſionen erſtreckten ſich auch auf den Nordhang des Hilſes in die Reviere Kaierde und Wenzen und auf den Ith, eine ſchmale, bis zu 338 m hohe Bergreihe, die nördliche Fortſetzung des Hilſes. Der Elphas und Ith ſind faſt nur mit Laubhölzern bewachſen; der Hils aber iſt mit prächtigen Fichtenwäldern gekrönt. Größere Gewäſſer liegen nicht im Gebiete; nur bei der Domäne Wickenſen liegt ein größerer Teich; dann durchſtrömt noch die Lenne, ein kleines Flüßchen, das Gebiet, welche nebſt den anliegenden Wieſen manchen Zugvogel auf kurze Zeit feſſelt. — Die nachſtehenden Beobachtungen wurden von meinem Freunde und Collegen Leusmann und mir während eines Jahres geſammelt; doch wurden auch ſichere Beobachtungen der hieſigen Forſtbeamten mit aufgenommen; vorzüglich verdanke ich Herrn Oberförſter Culemann manche Beobachtung über die hieſige Vogelwelt. I. Brutvogel. 1. Rother Milan (Milv. reg. Brss.), immer ſeltener werdend. — 1889 nur ein Paar im Gebiete brütend beobachtet, daher wohl bald Durchzugsvogel. | 2. Thurmfalke (Cerchneis tinnuneulus Lin.), Brutvogel auf dem Ithe. Vergleiche weiter unten! . Zerchenfalfe (Faleo subbuteo Lin.). — Wurde im Sommer 1889 öfters beobachtet. Habicht (Astur palumb. Lin.), immer jeltener werdend. . Sperber (Aceipiter nisus Lin.), wurde oft im Gebiete beobachtet. Weſpenbuſſard (Pernis apivorus Lin.), faſt in allen Theilen des Reviers be⸗ obachtet. — 26. Mai friſcher Horſt im Forſtorte Rabenswend; im Elphas iſt eine Brut (2 Stück) ausgeflogen. * = w S — 00 x Die Vogelwelt des Hilſes und feiner Umgebung. 203 Mäuſebuſſard (Buteo vulg. Bechst.), häufig. — Ca. 10—12 Paar Brutvögel. . Steinfauz (Athene noctua Retz.). — Brutvogel in den Gärten von Vorwohle. . Waldfauz (Syrnium aluco Lin.), häufig. — In allen Theilen des Gebietes be— obachtet. . Schleiereule (Strix flammea Lin.). — Ein Pärchen brütet auf der hieſigen Oberförſterei. Waldohreule (Otus vulg. Flemm.). — Wurde viel ſeltener als aluco beobachtet. Nachtſchwalbe (Caprim. europ. Lin.). — Brutvogel auf dem Hilſe. Mauerſegler (Cypselus apus Lin.), häufig. — Auf hieſigem Kirchthurme (ca. 20 Paare) und in Eſchershauſen. Rauchſchwalbe (Hirundo rustiea Lin.). „Stadtſchwalbe (Hirundo urbiea Lin.). — Ca. 12 Paare an der Scheune der Oberförſterei. Uferſchwalbe (Hirundo riparia Lin.). — Ca. 5—10 Paare in einem Sandbruche bei dem Dorfe Lenne. Kuckuk (Cuculus eanorus Lin.), häufig. „Eisvogel (Aleedo ispida Linn.). — Brütet bei Wickenſen an der Lenne. „Goldamſel (Oriolus galbula Lin.), ſelten. — Nur zwei JS gehört im Elphas. . Staar (Sturnus vulgaris Lin.), ſparſamer Brutvogel. — Brutlkäſten finden ſich im ganzen Gebiete faſt gar nicht. „Dohle (Lycos moned. Lin.). — Brütend am Schornſtein der Cementfabrik und am Ithe beobachtet. „Rabenkrähe (Corvus corone Lin.), ſparſamer Brutvogel. — Häufiger als Durch— zugsvogel. Elſter (Picea eaudata Boie), ſehr ſelten. — Vgl. weiter unten! | . Grünjpecht (Geeinus virid. Lin.), häufiger Brut- und Strichvogel. — Ueberall im Gebiete beobachtet. Grauſpecht (Geeinus canus Gm.), ſeltener Brut- und Strichvogel. — Vgl. unten! Schwarzſpecht (Dryocopus martius Lin.), ſehr ſelten. — Vgl. weiter unten! Großer Buntſpecht (Pieus maior Lin.), häufig. — Ueberall im Gebiete beobachtet. . Mittlerer Buntſpecht (Pieus medius Lin.), ſelten. — Vgl. weiter unten! Wendehals (Jynx torquilla Lin.), ſelten. — Nur ſelten in den Dorfgärten und einmal am Hilſe gehört. Langzehiger Baumläufer (Certhia familiaris Lin.), oft beobachtet. . Wiedehopf (Upupa epops Lin.), ſehr ſelten, jetzt faſt vollſtändig verſchwunden. — Brütete noch vor einigen Jahren gar nicht ſelten im Hilſe. „ Raubwürger (Lanius exeubitor Lin.), jelten. — Am 22. November ein Exemplar geſehen. 204 F. Menzel, . Rothrüciger Würger (Lanius eollurio Lin.), ſelten. — Nur ein Pärchen (bei Vorwohle) beobachtet. Grauer Fliegenfänger (Museicapa grisola Lin.). Schwarzrückiger Fliegenfänger (Museieapa luetuosa Lin.). — 27. Mai Neſt mit Jungen im Elphas. „Heckenbraunelle (Aecentor modularis Lin.). — Im Hilfe. Zaunkönig (Troglodytes parvulus Lin.), recht häufig im Reviere. „Bachamſel (Cinelus aquatieus Liv.). — Brütet am Wellenſpringe (Hils) des Kaierder Reviers. . Sumpfmetje (Poecile palustris Lin.), auch Strichvogel. . Zannenmeife (Parus ater), anch Strichvogel. Haubenmeiſe (Parus eristatus Lin.), auch Strichvogel. — 26. Mai im Hilfe Neſt mit 4 Jungen. „Kohlmeiſe (Parus maior Lin.), häufiger Brut- und Strichvogel. „Blaumeiſe (Parus coeruleus Lin.), häufiger Brut- und Strichvogel. . Schwanzmeife (Acredula caudata Lin.), Brut- und Strichvogel. — Nach P. maior und coeruleus die häufigſte Parus-Art, recht häufig zur Strichzeit beobachtet. 49. „Gelbköpfiges Goldhähnchen (Regulus cristatus Koch.), häufiger Brut- und Strichvogel. 5. Feuerköpfiges Goldhähnchen (Reg. ignicapillus Chr. L. Br.), ſelten. — Nur ein- mal im Hilſe beobachtet. . Waldlaubvogel (Phyllopneuste sibilatrix Bechst.). — Als Brutvogel im Hilſe und Elphas beobachtet. Fitislaubvogel (Phyll. trochilus L.). — Brutvogel im Hilfe. Weidenlaubvogel (Phyll. rufa Lath.), Brutvogel im ganzen Gebiete. „Teichrohrſänger (Acrocephalus arundinacea Naum.). — Bei Wickenſen. Dorngrasmücke (Sylvia einerea Lath.), im ganzen Gebiete. Zaungrasmücke (Sylvia curruca Lin.). — Im Hilfe beobachtet als Brutvogel. . Schwarzföpfige Grasmücke (Sylvia atrieapilla Lin.). — Brutvogel im Hilfe. . Gartengrasmüce (Sylvia hortensis Lin.). — Brutvogel im Hilfe und Elphas. Kohlamſel (Merula vulgaris Leach.), häufig. Miſteldroſſel (Turdus viseivorus Lin.), ſelten. — Ein Exemplar wurde im . Herbite 1889 gefangen. — Brutvogel im Hilſe. Singdroſſel (Turdus musieus Lin.), häufig. Hausrothſchwänzchen (Rutieilla tithys Lin.), häufig. Gartenrothſchwänzchen (Rut. phoenieura Lin.). — Brutvogel im Hilfe. „Rothkehlchen (Dandalus rubeeula Lin.), häufiger Brut- und Durchzugsvogel. «] XI st SI m © m. 1 Sn I © u Zur Vogelwelt des Hilfes und feiner Umgebung. 205 Grauer Steinſchmätzer (Saxicola oenanthe Lin.), jelten. — Zwei Paare im Gebiete beobachtet. . Braumfehliger Wieſenſchmätzer (Pratine. rubetra Lin.), ſelten. Weiße Bachſtelze (Motacilla alba Lin.). Gebirgsbachſtelze (Mot. sulphurea Bechst.). — Im Hilſe Brutvogel. . Gelbe Schafſtelze (Budytes flavus Lin.), ſelten. — Bei Wangelnſtedt. . Baumpieper (Anthus arboreus Beehst.), im ganzen Gebiete. „Feldlerche (Alauda arvensis Lin.), ſparſamer Brutvogel. — Seltener als Galerida eristata Lin. Grauammer (Miliaria europaea Swains.), ſparſamer Brutvogel. . Goldammer (Ember. eitrin. Lin.), häufig. . Buchfinf (Fringilla eoelebs Lin.), häufig. — G & im Winter häufig an den Futterplätzen. Grünling (Ligurinus chloris Lin.). Stieglitz (Carduelis elegans Steph.). . Bluthänfling (Cannab. sanguin. Landb.). . Mitteleuropäticher Gimpel (Pyrrhula europaea Vieill.), ſparſamer Brutvogel. — Im Hilfe. 5. Ringeltaube (Columba palumbus Lin.), überall im Reviere. . Hohltaube (Col. venas Lin.). — Brutvogel im Elphas. 77. Turteltaube (Turtur auritus Ray.). — Im Hilſe und Elphas. 78. 79. Wachtel (Coturn. dactyl. M.). . Wiejenralle (Crex pratensis Bechst.). . Grünfüßiges Teichhuhn (Gallinula chloropus Lin.). — Brutvogel bei Wickenſen 2. Waldſchnepfe (Scolopax rusticola Lin.), Brut- und Durchzugsvogel. „Z wergſteißfuß (Podiceps minor Gn.). — Brutvogel bei Wickenſen. Rebhuhn (Starna einerea Lin.). II. Standvogel. Eichelhäher (Garrul. gland. Lin.), häufig. . Gelbbrüftige Spechtmeiſe (Sitta eaesia Meier), häufiger Stand- und Strichvogel. . Haubenlerche (Galerida cristata Lin.). Hausſperling (Passer domestieus Lin.), häufig. . Seldjperling (Passer montanus Lin.). III. Durchzugsvogel. Zwergfalke (Hypotriorchis aesalon Tunst.). Wanderfalke (Falco peregrinus Tunst.), wurde von Freund Leusmann und mir im Mai öfters beobachtet. — Brütete früher auf dem Ithe. 206 3. 4. (er! Kleiner Grauwürger (Lanius minor Lin.), ſelten. — Am 9. September im . Rothföpfiger Würger (Lanius rufus Briss.), jelten. „Ringamſel (Merula torqu. Boie), jelten, früher häufiger. — Anfang Oetober . Wachholderdrofjel (Turdus pilaris Lin.). | . Weindrofjel (Turdus iliaeus Lin.). — Hat in den letzten Jahren bedeutend ab- Weißſterniges Blaukehlchen (Cyanecula leueoeyanea Chr. L. Br.), ſelten. Kirſchkernbeißer (Coccothr. vulgaris Pall.). — Wurde ſchon öfter im Dohnen⸗ Stockente (Anas boschas Lin.). — Schon öfters bei Wickenſen erlegt. Rauhfußbuſſard (Archibuteo lagopus Brünn.), ſelten. — Wurde erſt einige Tannenhäher (Nueifraga caryocatactes lept. R. Bl.). — Im Herbſte 1888 2 F. Menzel, Zur Vogelwelt des Hilſes und feiner Umgebung. Nebelkrähe (Corvus eornix Lin.), ſelten. — Am 13. October ein Exemplar be⸗ obachtet. Saatkrähe (Corvus frugileg. Lin.). — 2 Schwärme (ca. 200 und 100 Stück) beobachtet. | Elphas ein Z gejehen. wurde ein ? gefangen. genommen. ſtiege gefangen. Erlenzeiſig (Chrysom. spin. Lin.), häufig. — Vielleicht auch Brutvogel. „Nordiſcher Gimpel (Pyrrh. maior Chr. L. Br.). — Als Durchzugsvogel im Elphas beobachtet. „Fichtenkreuzſchnabel (Loxia eurvirostra Lin.). — Wurde im Winter 1888 von Freund Leusmann und im Mai 1889 von mir im Hilſe geſehen. Kiebitz (Vanellus eristatus Lin.). Grauer Kranich (Grus einereus Bechst.). Weißer Storch (Cieonia alba Bechst.). Grauer Reiher (Ardea einerea Lin. ). . Goldregenpfeifer (Charadrius pluvial. Lin.), ſelten. Schwarzes Waſſerhuhn (Fulica atra Lin.), ſelten. — Herr Forſterheber Brett⸗ hauer ſchoß vor wenigen Jahren ein Exemplar. Waſſerralle (Rallus aquatieus Lin.), ſelten. „Becaſſine (Gallinago scolopacina Bp. ). . Getüpfeltes Sumpfhuhn (Gallinula porzana Lin.), ſelten. „Graugans (Anser einereus M.). — Herr Forſterheber Bretthauer ſchoß vor einigen Jahren ein Exemplar. IV. Wintervogel. Male erlegt. wurden 2 Exemplare im Dohnenſtiege gefangen. Kleinere Mittheilungen. 207 on . Seidenjchwanz (Bombyeilla garrula Lin.), jelten. — In Wangelnſtedt, einem nahen Dorfe, wurden vor einigen Jahren 2 geſchoſſen. 4. Bergfink (Fring. montifr. Lin.), regelmäßiger Wintervogel. 5. Nordiſcher Leinfink (Linaria alnorum Chr. L. Br.), ziemlich regelmäßiger Winter- vogel. Bemerkungen. Zu I, 2: Ein einzelnes Thurmfälkchen⸗G' trieb ſich längere Zeit am Schorn— ſteine der hieſigen Cementfabrik herum, an welchem Lycos monedula Lin. brütet, und wo auch in früheren Jahren ſtets ein Pärchen von Cerchneis tinnuneulus Lin. gebrütet hat. Die Brutſtätten befinden ſich in den Löchern der Gallerie des Schornſteins. Zu I, 23: Ein Exemplar der Elſter wurde von Freund Leusmann am 25. Mai im Elphas geſehen; hat noch vor einigen Jahren in Mainzholzen gebrütet; ſoll früher häufig bei Vorwohle und Eimen gebrütet haben. Zu I, 25: Der Grauſpecht iſt ſicherer Brutvogel im Hilſe, in der Brutzeit nur einmal im Elphas beobachtet; am 27. September erhielt ich ein 8, welches im Dohnenſtiege im Hilſe gefangen war. Zu I, 26: Am 19. Mai ſah ich auf dem Anſtande im Elphas vom Schwarz— ſpecht das & und hörte & und q; die Niſtſtelle konnten wir trotz eifrigen Suchens nicht finden. Zu J, 28: Am 27. Mai vom mittleren Buntſpecht ein Neſt mit Jungen im Elphas gefunden; ebendaſelbſt am 1. Auguſt & und p geſchoſſen. Kleinere Mittheilungen. Baumläufer und Kleiber. An einem Kaſtanienbaume vor meinem Hauſe hatte ich, um eine Certh. familiaris zu feſſeln, ein Stück Rinde befeſtigt, derart, daß dieſelbe ſeitlich hineinklettern konnte und Platz genug für Anbringung ſeines Neſtchens hatte. Es dauerte nicht lange, ſo nahm auch ſchon ein Pärchen Beſitz davon und hatte bereits fertig gebaut, als ſich in einem der über die Straße ſtehenden Bäume eine Sitta eaesia anſiedelte. Letztere fiel nun, jo oft fie die Certh. klettern ſah, über ſie her und fiel mit ihr öfters zur Erde, hämmerte an der Rinde, hinter welcher ſie das Neſt hatte, ſo daß das Pärchen es vorzog, den Platz gänzlich zu verlaſſen. Wehlheiden-⸗Kaſſel. H. Ochs. Sonderbarer Niſtplatz einer Haubenlerche. Die intereſſante Mittheilung des Herrn Schacht in Nr. 5 der Monatsſchrift über das Niſten von Galer. erist. auf dem Dache eines Hauſes ruft mir eine Beobachtung vom Sommer 1888 ins Gedächtniß zurück. Ich ſah am 17. Juni jenes Jahres zu meiner großen Ver— wunderung eine Haubenlerche auf dem Steingeſimſe am flachen Dache unſeres Re— gierungsgebäudes, eines mächtigen, hohen Baues, vier Junge füttern und konnte mir 208 Kleinere Mittheilungen. | > Br ER dies nur jo erklären, daß dieſelben auf dem Dache, wo es übrigens wie auf einer Wieſe ſproßt und grünt, ausgebrütet wären. Dieſe Annahme findet durch Wa theilung des Herrn Schacht ihre Beſtätigung; Buam Kaſſel. tub) nen Junghads Betreffs der Widerſtandsfähigkeit eines kun Buſſards kann ich Folgendes berichten: Ende September des Jahres 1886 ſchoß ein junger Engländer in meiner Jagd auf einen fliegenden Buſſard, den er der Färbung wegen für einen Hühnerhabicht hielt. (NB. Daß Buſſarde nicht geſchoſſen werden durften, wußte er.) Der Vagel fiel in eine Fichtendickung, war aber, als ich nach 20 Minuten an Ort und Stelle kam, nicht zu finden. Nach 11 Tie wurde in einem alten Buchen | beftande mein Teckel mit einer Kreatur handgemein, klagte plötzlich heftig und ver- bellte dann. Ich eilte ihm zu Hülfe und ſah einen Raubvogel mit ausgebreiteten Flügeln, aufgeſperrtem Schnabel und vorgeſtreckter Zunge hintenübergelehnt vor ihm ſtehen. Durch mein Dazukommen ermuthigt, packte ihn mein „Mucki“ und erwürgte ihn. — Der betreffende Engländer konſtatirte in dem Buſſarde denſelben Raubvogel, auf welchen er 11 Tage vorher geſchoſſen hatte. Dem Thiere war der rechte Unter— arm zerſchmettert. Im Magen befanden ſich einige Käfer: Geotrupes ster- eorarius F. und G. silvatieus F. Witterung der letzten Zeit: Sehr heiß; ein- zelne ſtarke Gewitterregen. Staats von Wacquant-Geozelles. Als ich am 26. April morgens mit meinen zwei Söhnen über Wilhelmshöhe ging, kamen einem derſelben 2 Goldhähnchen ſich beißend und vor Eiferſucht ihre Freiheit aufs Spiel ſetzend vor die Füße. Als er nach denſelben griff, kam noch ein brittes und jo faßte er alle 3 zuſammen. Ich nahm dieſelben in die Hand und ſah, daß es 2 Männchen und 1 Weibchen von Regulus ignicapillus waren, welche nun, als ich ſie kaum aus der Hand ließ, den Kampf von Neuem begannen. Wehlheiden-Kaſſel. H. Ochs. Anzeigen. Denjenigen unter unſern Vereinsmitgliedern, welche frühere Jahrgänge unſerer Monatsſchrift zur Ergänzung ihrer neueren Jahrgänge zu erwerben wünſchen, geben wir die Nachricht, daß die Jahrgänge 1878 und 1879 zu je drei Mark, die Jahr⸗ gänge 1882 bis einſchl. 1889 zu je fünf Mark nebſt den eleganten Einband⸗ decken von unſerem Rendanten, Herrn Rohmer in Zeitz, bezogen werden können. Eine einzelne Einbanddecke koſtet 80 Pfg. Der Vorſtand. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide ſind an Herrn Rendant Rohmer in Zeitz zu richten. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. vr — * Ornithologiſche l S 8 * — . —— — EFT T EN 9 RN —— e Sch im | GE Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von Aahlungen weden en en Re N . 17 Jahres⸗Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, anten a. dern Die beon 7 Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. und erhalten dafür die Monats⸗ . a g ed u, poftfrei. zweitem Vorſitzenden des Vereins, Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ e 1 Dr. Frenzel, Dr. Rey der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Str.⸗Inſp. Thiele. e XV. Jahrgang. Mai 1890 (zweite Lieferung). Mr. 8. Inhalt: S.: Die Jahresverſammlung der Allgemeinen deutſchen ornitholog. Geſellſchaft. Paul Leverkühn: Zur Geſchichte des Vogelſchutzes in Heſſen. K. H.: Tabelle zur Beſtimmung der Schwimmvögel nach G. von Rieſenthal. Staats von Wacquant-Geozelles: Der Eichel— heher (Garrulus glandarius). Kurt Flöricke: Ornithologiſche Mittheilungen aus Schleſien. I. — Kleinere Mittheilungen: Fleiſchextract. Belebungsmittel für dem Tode nahe Vögel. Pelekan. Glückliche Frühbrut einer Haidelerche. Abſonderliche Niſtplätze. Roſenſtaar. — Anzeigen. Die Jahresverſammlung der Allgemeinen deutſchen ornithologiſchen Geſellſchaft. Am Freitag den 9. Mai fand abends 7 Uhr im kleinen Saal des Architekten- hauſes in Berlin die Eröffnung der Jahresverſammlung der „Allgemeinen deutſchen ornithologiſchen Geſellſchaft“ durch den Generalſekretär Herrn Prof. Dr. Cabanis ſtatt. Nachdem Herr Geh.⸗Rath Prof. Dr. Möbius den Vorſitz übernommen, hielt 15 210 Die Jahresverſammlung der allgem. deutſchen ornitholog. Geſellſchaft. zunächſt Herr Dr. Bolle einen höchſt feſſelnden Vortrag über das Thema: „Im Schatten des Pik von Teneriffa“, in welchem Redner die Ornis der Canariſchen Inſeln ſchilderte und auf die Eigenthümlichkeiten derſelben aufmerkſam machte. Lauter Beifall lohnte den Vortrag wie auch den folgenden von Herrn Prof. Dr. Altum, der in ſeiner bekannten, anſchaulichen Weiſe über einige forſtnützliche Vögel ſprach, ins⸗ beſondere über den Kuckuk, ferner über Meiſen, Krähen und Droſſeln. Den letzten der drei programmgemäßen Vorträge hielt Herr Dr. Reichenow. Derſelbe entwarf aus dem Schatze eigener Erfahrungen ein Bild der Vogelwelt von Kamerun und erntete für ſeinen klaren, intereſſanten Vortrag verdienten Beifall. Nach dem Schluß der Sitzung vereinigten ſich die Berliner und die von auswärts erſchienenen Mitglieder ſowie eine Anzahl von Gäſten in zwangloſer Geſelligkeit im Keller des Architektenhauſes. Sonnabend den 10. Mai fand am Vormittag unter der Führung des Direktors Herrn Dr. Heck eine eingehende Beſichtigung des Zoologiſchen Gartens ſtatt. „Erſt die Arbeit, dann das Vergnügen“ lautet ein wohlbekannter und zu beherzigender Spruch. Bei der diesjährigen Jahresverſammlung war es umgekehrt, denn die eigentliche Arbeit kam erſt am Sonntag den 11. Mai. Morgens um 9 Uhr begann die geſchäftliche Sitzung im Bibliothekzimmer der Zoologiſchen Abtheilung des Muſeums für Naturkunde, zunächſt mit der Erledigung einer Anzahl geſchäftlicher Angelegenheiten; Entgegennahme des Kaſſenberichtes, Beſprechung über Ort und Zeit der nächſten Jahresverſammlung, welche vorausſichtlich in Frankfurt a. M. tagen wird, u. dgl. Nach der Frühſtückspauſe führte Herr Geh.-Rath Prof. Dr. Möbius in liebenswürdigſter Weiſe die Verſammelten durch die herrlichen Räume der von ihm verwalteten Sammlung, die in beredteſter Weiſe Zeugniß ablegt ſowohl für den Reichthum und die wiſſenſchaftliche Bedeutung des Berliner Muſeums für Naturkunde als auch für die meiſterhafte Leitung der Anſtalt und die muſterhafte Ordnung des rieſigen Materials. Nach dem Rundgang durch das Muſeum wurden die Berathungen fortgeſetzt und zunächſt zur Vorſtands-Neuwahl geſchritten. Zum I. Vorſitzenden er- wählte die Verſammlung Herrn Oberſtabsarzt Dr. Kutter in Kaſſel, zum II. Vor⸗ ſitzenden Herrn Dr. C. Bolle in Berlin; die übrigen Vorſtandsmitglieder wurden wieder gewählt. Der Ausſchuß wurde in ſtatutengemäßer Weiſe durch die Wahl einiger neuer an die Stelle der ausſcheidenden Mitglieder gebildet. Dann ſprach Herr Schalow über ein noch immer höchſt mangelhaft bekanntes Gebiet in Marokko und Tunis und Herr Dr. Reichenow legte einige beſonders intereſſante, neue Er⸗ werbungen des Muſeums vor, die 4 Arten der ſeltenen centralafiatiichen Gattung Podoces, ſowie eine Reihe von 12 Exemplaren des afrikaniſchen Bartgeiers. Nach den Anſtrengungen des Tages trennte man ſich zunächſt, um einige Stunden der Erholung zu widmen, worauf dann am Abend eine Anzahl der Mitglieder wiederum zum anregenden Meinungsaustauſch ſich zuſammenfand. ee i Paul Leverkühn: Zur Geſchichte des Vogelſchutzes in Heffen. 211 Montag den 12. Mai fand morgens 10 Uhr die letzte Sitzung ſtatt, in welchem zunächſt Herrn Geh.⸗Rath Möbius die Ehrenpräſidentſchaft der Geſellſchaft angetragen wurde, ein Amt, welches der genannte Gelehrte zu allgemeiner Befriedigung dankend annahm. Dann ging es an die Tagesordnung, Regelung der wiſſenſchaftlichen, ornithologiſchen Nomenklatur. Die auf der vorigen Jahresverſammlung dazu erwählten Herren, Freiherr von Berlepſch und Dr. Reichenow legten der Ver— ſammlung einen vorläufigen Entwurf vor, der ſich im weſentlichen an die bereits von den Amerikanern aufgeſtellten Geſetze anſchließt. Nach längeren Debatten wurde der An— trag angenommen, daß der Entwurf gedruckt und den Mitgliedern mindeſtens 2 Monate vor der nächſten Jahresverſammlung zugeſtellt werden ſoll, damit alsdann definitiv über die Angelegenheit beſchloſſen werden kann. Zum Schluß legte Herr Freiherr von Berlepſch intereſſante Reihen einheimiſcher Vögel vor (Schwanzmeiſe, Rohrſänger, Fliegenſchnäpper, Rothſchwänzchen u. ſ. w.) und beſprach verſchiedene noch dunkle Punkte, reſp. regte zur Erforſchung derſelben an. Um 1 Uhr ſchloß alsdann der Vorſitzende die Sitzung und die Jahresverſammlung überhaupt. 8. Zur Geſchichte des Vogelſchutzes in Heſſen. Von Paul Leverkühn. Folgenden intereſſanten Erlaß theilen wir in Fortführung des Aufſatzes „Vogel— ſchutz durch Verordnung der Behörden“) aus Gatterer's Neuem Forſtarchiv. 1801. Band VIII. Nr. 18. S. 278/279 den Leſern der Monatsſchrift mit. Fuürſtlich Heſſen-Caſſelſche Verordnung, wodurch das Wegfangen oder Tödten der von Raupen und Inſekten ſich ernährenden Vögel verboten wird; vom 21. Mai 1798. 2239/98. O. F. A. P. Unſern Gütigen und freundlichen Gruß zuvor, Ehrbare, gute Freunde! Vermöge Höchſter Reſolution vom sten d. M. iſt in Rückſicht des Schadens, welcher den Waldungen, der Obſtbaumzucht und Landwirthſchaft aus dem Wegfangen oder Tödten der von Raupen und Inſekten ſich nährenden Vögel erwächſt, gnädigſt gut gefunden, das Wegfangen, Ausheben der Neſter oder Tödten ſolcher Vögel, worunter vorzüglich alle Kuckuk, Specht-, Drehhals-, Baumläufer-, Schwalben- und Meijen-Arten gehören, weniger nicht der Fledermäuſe zu verbieten, und obgleich zu hoffen iſt, daß ein jeder vernünftiger und rechtſchaffener Unterthan dieſes zu ſeinem eigenen Beſten mitgereichende Verbot gegen Uebertretung ) Monatsſchrift 1887. 32. 212 25% W. aba ge e e deſto mehr zu ſichern, Höchſt verordnet worden, daß ein jeder Contravenient mit zehn Reichsthaler Strafe belegt, und demjenigen, welcher ſolchen zur Beſtrafung an⸗ zeigt, von der eingehenden Geldſtrafe ein Drittel zur Belohnung verabreicht werden ſolle. Wir tragen daher hierdurch auf, ſolches in Euerem Amtsbezirk öffentlich be- kannt zu machen, um die dortigen Unterthanen vor Uebertretung dieſes Vebots ernſtlich zu warnen, die etwaigen Contraventionsfälle aber bey denen Forſtbusgerichten zu unterſuchen, und in die Forſtbusregiſter einzutragen. Sind Euch günſtig und freundlich geneigt. Caſſel, den 21ten März 1798. Fürſtlich Heſſiſches Ober-Forſt-Amt daſelbſt. An ſämmtliche Beamten. von Oſterhauſen. von Witzleben. Ein paar Jahre ſpäter wurde folgender Aufſatz in demſelben Archiv“) ver— öffentlicht: „Schonung der von Inſekten und Raupen ſich ernährenden Vögel in Kurheſſen“. Im Jahre 1804 iſt in den Kurheſſen-Kaſſeliſchen Landen durch eine neue Verordnung das Wegfangen, Ausheben und Tödten nicht allein ſolcher Vögel, die ſich von Raupen und anderen Inſekten nähren, ſondern überhaupt aller Vögel, die Sperlinge ausgenommen; wegen des dadurch den Feldern und Waldungen ent- ſtehenden unerſetzlichen Schadens, wie auch des Eyerſammlens wiederholt bey 10 Reichsthaler Strafe unterſagt. Die Beſitzer einer angeblich im Auslande gefangenen 8 Nachtigall aber ſollen dafür jährlich einen Dukaten ad pios usus erlegen und außerdem den Verkäufer namhaft machen. München, Ende April 1890. Tabelle zur Beſtimmung der Schwimmvögel nach G. von Niefenthal. Von K. H. Nachdem Herr von Rieſenthal im Jahre 1889 „Die Kennzeichen unſerer Raub⸗ vögel“ herausgegeben, worüber wir in unſerer Ornithol. Monatsſchr. 1888, S. 469 be⸗ richtet, hat er in ganz analoger Weiſe Ende 1889 erſcheinen laſſen: „Die Kennzeichen unſerer Waſſervögel (Sumpf- und Schwimmvögel) nebſt kurzer Anleitung zur Jagd, mit 4 farbigen Tafeln von O. v. Rieſenthal.“ Das kurz gefaßte, trefflich geſchriebene, ehr praktiſch eingerichtete Buch iſt zunächſt für Forſtleute beſtimmt, muß aber auch jedem anderen Freunde der Vogelwelt ſehr willkommen ſein. Wir verfehlen deshalb nicht, das Buch angelegentlichſt zu empfehlen. Wie jenes oben angeführte frühere Werkchen enthält auch dies einen ſehr praktiſchen Schlüſſel zur Beſtimmung der Geſchlechter *) 1807. Band XIII (der ganzen Reihe XXX). Nr. 23. S. 224. a m-# — * } und Arten. Mit freundlicher Erlaubniß des Herrn Verfaſſers geſtatten wir uns, nachſtehend den Schlüſſel für die in Deutſchland vorkommenden Schwimmvögel unſeren Mitgliedern als Probe der Vorzüglichkeit des Werkchens darzubieten. Dieſer Schlüſſel giebt zugleich eine Fortſetzung für die Schlüſſel des Herrn Dr. Schäff: „Tabellen zur Beſtimmung der deutſchen Scolopacidae und Charadriidae“ (Orn. Monatsſchr. 1889. X), und des Herrn Dr. Matſchie: „Die Kennzeichen der deutſchen Raubvögel“ (Orn. Monatsſchr. 1889. VIII. Tabelle zur Beſtimmung der Schwimmvögel. I. Ordnung: Anseridae sive Anseres, gänſeartige Vögel. (Anatidae). II. Ordnung: Colymbidae, Taucher. III. Ordnung: Laridae, mövenartige Vögel. I. Ordnung: Anseridae. (Anatidae). A. Familie der ſchwimmenden Entenvögel. Hinterzehe ohne Schwimmlappen; Lauf von N gleicher Länge mit der Mittelzehe; Ruder zierlich. a) Schnabel faſt gerade, nach der Spitze kegelförmig abfallend. 1. Die Lamellen des Oberkiefers ragen ſeitlich an den Schnabelrändern weit hervor. Anser. a) Geſammtfärbung gänſegrau incl. Kopf. ac) Flügel erreichen das Schwanzende nicht, Schnabel ein- farbig gelbroth, mäßig lang; Nagel weißlich: Anser einereus. 66) Flügel überragen den Schwanz, Schnabel wie bei «a, jedoch auf Wurzel und Nagel ſchwarz: Anser segetum und arvensis. 6) Geſammtfärbung wie bei aa und 66, jedoch mit weißem Stirn= fleck; Flügel ſchneiden mit dem Schwanze ab, Schnabel kurz: Anser albifrons und minutus. 7) Geſammtfärbung rein weiß, mit Schwarzer Flügelſpitze; in der Jugend blaugrau, nicht gänſegrau; Schnabellänge wie bei a0 und 86: Anser hyperboreus. 2. Schnabel ſehr kurz. Die Lamellen ſind von den Schnabelrändern verdeckt. Berniela. a) Geſicht weiß, ſonſt Kopf und Hals e Berniela leucopsis. 6) Kopf und Hals ganz ſchwarz: Berniela torquata. 7) Kopf und Hals ſchwarz, roth und weißlich gefleckt: Berniela ruficollis. | Tabelle zur Beſtimmung der Schwimmöbgel. 213 FE Pi ee 7 * * r * Se * 214 | 8 p) Schnabel ſtark herabgedrückt, von der Wurzel bis zur Spitze von gleicher Breite. Die Lamellen ragen nur wenig hervor. f R Cygnus. | | a) Schnabel gelbroth, mit ſchwarzem Stirnhöcker: Cygnus olor. 6) Schnabel von der Stirn aus zur Hälfte gelb, zur Hälfte ſchwarz; kein Stirnhöcker; Länge 136—139 em: Cygnus musicus. y) Schnabel wie 6, nur etwa ½ gelb; Länge 110—116 em: Cygnus minor. e) Schnabel wenig abjenfig, von gleicher Breite. Lamellen ſtehen jchräg nach hinten zum Schnabelrande, beſonders gegen die Spitze hin. Anas. a) Spiegel Z und p metallblau, vorn und hinten Schwarz und weiß; Schwanz 20-federig: Anas boschas. 6) Spiegel & und ? goldgrün, vorn weiß und röthlich, oben und unten tief ſchwarz; Schwanz 16⸗-federig: Anas erecca. 7) Spiegel & und 2? graugrünlich, vorn und hinten weiß; Schwanz 14=federig: Anas querquedula. 5 d) Spiegel & und q weiß, vorn und oben ſchwarz geſäumt; Schwanz 16⸗federig: Anas strepera. 6) Spiegel & kupfrig grün, vorn roſtroth, hinten ſchwarz und weiß; 2 graugelblich, weiß geſäumt; Schwanz 165federig, mittlere Federn verlängert: Anas acuta. ö 8) Spiegel & dunkelgrün, vorn und hinten ſchwarz, oben weiß; ? graugelblich, unten weiß; Schwanz 14-federig; Nagel haken⸗ förmig: Anas penelope. „) Spiegel dunkel blaugrün, hinten weiß geſäumt, auf dem Kopfe große Holle; Schwanz 16-federig: Anas sponsa. 9) Spiegel vorn ſchwarzgrau, hinten ſchwarz und röthlichweiß, oben grau, unten weiß und röthlich; große Holle; Arm- ſchwingen des & ſichelförmig nach vorn gekrümmt; Schwanz 16⸗federig: Anas falcata. d) Schnabel nach der Spitze um das Doppelte verbreitert. Lamellen borſten⸗ artig, lang. Spatula: nur eine Art: Spiegel des Erpels grün, vorn und hinten weiß geſäumt, der der Ente weniger lebhaft, grünlichgrau. Flügeldecken des | Tabelle zur Beſtimmung der Schwimmpögel. 215 erſteren himmelblau, der letzteren aſchgrau. Schwanz 14 federig: Spatula elypeata. e) Schnabel theils aufgeſchwungen mit Höcker, theils geſtreckt ohne Höcker, Nagel ſchmal, Lamellen ſehr fein, am Wurzeldrittel auch bei geſchloſſenem Schnabel ſichtbar. Tadorna. ) Der ſchaufelförmige Schnabel ſehr geſchwungen, an der Stirn ein Höcker, Spiegel grün und roſtroth: Tadorna cornuta. 6) Schnabel faſt gerade, kein Höcker, Spiegel einfarbig grün: Tadorna casarca. B. Familie der tauchenden Entenvögel. Hinterzehe mit Schwimmlappen, Lauf um etwa ¼ kürzer als die Mittelzehe, Ruder lang und breit. a) Schnabel länger als der Lauf, an der Wurzel annähernd von gleicher Höhe und Breite; Naſenlöcher vor der Schnabelmitte. Fuligula. | 4) Spiegel hellaſchgrau mit ſchmalen, weißen Säumen; Kopf und Hals & roſtroth, 2 roſtröthlichgrau: Fuligula ferina. 3) Spiegel grauweiß, unten grau; Kopf buſchig, roſtroth; Schnabel roth, zugeſpitzt: Fuligula rufina. 7) Spiegel vorn weiß, hinten ſchwarzbraun; Kopf und Hals roſt— braun; Schnabel gewölbt: Fuligula nyroca. 0) Spiegel weiß, hinten ſchwarz; Kopf und Hals & ſchwarz, dunkelbraun mit weißem Fleck um die Schnabelwurzel; kein Schopf: Fuligula marila. e) Spiegel weiß, hinten ſchwarz; Kopf und Hals & Tſchwarz, dunkelbraun; reiherartiger Schopf: Fuligula eristata. b) Schnabel kurz, an der Wurzel höher als breit, nach vorn verſchmälert; Nagel ſchmal; Naſenlöcher hinter der Schnabelmitte. Clangula. a) Spiegel weiß mit ſchwarzem Querbande; Schwanz 16=federig, abgerundet; Nagel ſchmäler als Schnabel: Clangula glaueion. 6) Spiegel ſchwarzblau, wenig hervortretend; Schwanz 14=federig, zugeſpitzt; Nagel jo breit als der Schnabel: Cl bistrionica. e) Unterſchnabel vom Kinn ab auffallend ſchräg aufſteigend; Nagel breit; Naſenlöcher enden auf der Schnabelmitte. Harelda: nur eine Art: Spiegel braunröthlich, wenig hervortretend; Schnabel an der Spitze bis zur Breite des Nagels plötzlich verſchmälert; Stirn⸗ befiederung ſanft bogig, an den Mundwinkeln eckig zurück⸗ tretend; Lamellen weit vorſtehend; Schwanzfedern 16 oder 14: Harelda glacialis. d) Schnabel platt, auf der Wurzel ein großer Höcker; Nagel 15 Oidemia. ganz ſchwarz, ? braun. ca) Spiegel gleichfarbig mit dem Flügel: Oidemia nigra. 66) Spiegel blendend weiß, am Auge ein weißer Fleck: Oidemia fusca. e) Schnabel hoch und breit, auf der Wurzelhälfte buckelförmig aufgetrieben, auf der Spitze ſchaufelförmig verbreitert; Nagel ſehr klein; die ſehr kleinen Flügel reichen nur bis an den Bürzel. Erismatura: nur eine Art: Schnabel breit und an der Wurzel auffallend hoch aufge— trieben, daher auf der Mitte ſtark abſenkig, an der Spitze ſchaufelförmig verbreitert, Nagel ſehr ſchmal; Naſenlöcher im erſten Schnabeldrittel. Stirnbefiederung tritt bogig in den Schnabel, die Seitenbefiederung an der Mundſpalte eckig zurück; Läufe gedrungen; Zehen lang mit breiten Schwimm⸗ häuten; Schwanz 18⸗federig, kegelförmig zugeſpitzt, mit ſehr harten, ſpitzen, ſchmalen, etwas eingerollten Federn. Spiegel nicht beſonders gefärbt; Flügel kurz: Erismatura leucocephala. f) Schnabel höher als breit, mit Höcker, geſtreckt; Nagel breit. Somatieria. a) An der Spitze der Stirnbefiederung eine unbedeutende, höcker⸗ artige Auftreibung; Schnabel und Ruder gelblichbräunlich: Somateria mollissima. a 6) Schnabel und Ruder roth, auf der Schnabelwurzel des G ein Doppelhöcker: Somateria spectabilis. g) Schnabel lang, dünn und gerade, nach vorn zugeſpitzt; an den Rändern mit rückwärts gerichteten, langen Sägezähnen; Nagel lang, rückwärts gebogen. Mergus. g) Spiegel weiß, die Kopfbefiederung tritt an den Seiten im ſtumpfen Winkel in den Schnabel ein: Mergus merganser. 6) Spiegel weiß mit 1 oder 2 dunklen Querſtreifen, Kopfbe⸗ fiederung tritt im ſpitzen Winkel ein: Mergus serrator, — Tabelle zur Beſtimmung der Schwimmvbgel. 217 7) Spiegel ſchwarz, vorn und hinten weiß geſäumt; Kopfbe— fiederung tritt im kurzen Bogen ein: Mergus albellus. II. Ordnung: Colymbidae, Caucher. A. Drei Zehen, durch Schwimmhäute verbunden, Hinterzehe fehlt; Schnabel mäßig lang, höher als breit, mehr gewölbt als geſtreckt; Schwanz kurz. Familie der Aleidae. a) Schnabelſeiten ohne Querfurchen; Schnabel gerade, mittellang, mehr oder weniger zugeſpitzt, grauſchwarz; Mundſpalte erreicht das Auge nicht. Uria. ) Schnabel incl. Mundſpalte faſt oder ganz jo lang als der Kopf. aa) Augenlid ſchwarz, auf der Kante des Oberkiefers ein heller Streifen: Uria Brünnichii. 66) Augenlid ſchwarz, der helle Kantenſtreifen fehlt: Uria lomvia. 57) Augenlid weiß, Weibchen ſtark gefleckt: Uria ring via. 6) Schnabel viel kürzer als der Kopf. | aa) Auf dem Flügel ein großes, weißes Längsſchild: Uria Grylle. 66) Auf dem Flügel weiße Längsfleckenreihen und ein weißer Querſtreifen: Uria alle. b) Schnabelſeiten mit Querfurchen. Alea: nur eine Art: Schnabel mittellang, ſchmal und hoch, aufgeſchwungen, an der Spitze abwärts gebogen, grauſchwarz; Mundſpalte reicht bis unter das Auge: Alea torda. Mormon: nur eine Art: Schnabel kurz, ſehr hoch und ſchmal, bogenförmig nach der Spitze abfallend, buntfarbig; Mundſpalte tritt nur wenig in die Kopfbefiederung ein: Mormon fratercula. B. Vier Zehen. a) Vorderzehen mit Bindehäuten bis zum erſten Gelenk, dann mit gefranzten Lappen; Hinterzehe mit Hautſäumen, ſtatt des Schwanzes ein Federpinſel; Schnabel ſehr geſtreckt, Zügel nackt. Familie der Podieipidae. a) Auf und um den Kopf Federbuſch und Kragen. ant) Schnabel geſtreckt, gerade, lang; großer, hornförmiger, abſtehender Kopfbuſch, Vorderhals weiß: Podieipes eristatus. 16 218 K. H., 66) Schnabel geſtreckt, gerade, mäßig lang; Kopfbuſch mehr anliegend; Vorderhals gelbroth: Podieipes rubricollis. yy) wie 86, nur Vorderhals dunkelroth: Podieipes aretieus. 6) Kopf glatt. | ec) Schnabel geſtreckt, aufwärts gebogen; Vorderhals ſchwarz: Podieipes nigricollis. 66) Schnabel kurz, gerade, gedrungen; Färbung incl. Hals eintönig braun: Podicipes minor. b) Vorderzehen mit Schwimmhäuten; Schwanz abgerundet; Schnabel jo lang als der Kopf, ſchmal, ſcharfſchneidig und ſpitz; Zügel befiedert. Familie der Colymbidae. &) Oberſchnabel abwärts geneigt, nach der Spitze hin am meiſten; Unterſchnabel ſich allmählich zuſpitzend; Scheitel und Nacken grau: Colymbus aretieus. 6) Oberſchnabel wie vorher, nach der Spitze hin aber faſt gerade; Unterſchnabel, etwa / von der Wurzel aus mit einem Eck; Kopf und Nacken ſchwarz: Colymbus glacialis. 7) Ober- und Unterſchnabel ſich gleichmäßig zuſpitzend, aber etwas aufwärts gerichtet; Kehle roth: Colymbus septentrionalis. c) Alle 4 Zehen mit Schwimmhäuten verbunden; Schnabel lang, ſtark, an der Spitze abgebogen oder mit krummen Haken. Am Unterkiefer ein Kehlſack. Familie der Pelecanidae. 4) Schnabel ſehr lang, platt. Oberkiefer an der Spitze abwärts gebogen, die Aeſte des Unterkiefers ſehr weit entfernt, zwiſchen ihnen ein ſehr großer Kehlſack. Schneiden glatt. 5 Pelecanus. ca) Augenkreis und Zügel nackt, Kopfbuſch nur klein, Schwanz 20-federig: Pelecanus onoerotalus. 66) Kopfbefiederung tritt ſpitzwinkelig an die Schnabelfirſte und Mundwinkel vor, ſonſt wie c: Pelecanus minor. 77 Kopfbefiederung tritt breit bis an den Schnabel vor, Kopfbuſch groß, Schwanz 22=federig: Pelecanns erispus. 6) Schnabel nur mäßig lang, ſeitlich zuſammengedrückt. Ober⸗ kiefer mit aufgeſchwungenem, abwärts gebogenem Haken. un dem normal gebildeten Unterkiefer ein Kehlſack. Schneiden glatt. Carbo. ca) Schnabel jo lang als der Kopf, an der Wurzel faſt doppelt ſo hoch als vor der Spitze. Haken ſtark, Kopf — u ä Tabelle zur Beſtimmung der Schwimmvögel. 219 platt, Schwanz 14-federig. Mittelzehe gezähnelt: Carbo cOrmoranus. 66) Schnabel länger als der Kopf, geſtreckt, Haken ſtark, auf der Stirn der alten Vögel ein vorwärts gekrümmter Federbuſch, Schwanz 12=federig: Carbo graculus. 57) Schnabel kürzer als der Kopf, geſtreckt; Haken ſchwach, Kopf platt, Schwanz 12⸗federig: Carbo pygmaeus. 7) Schnabel ſehr lang, an der Spitze etwas abgeplattet, zugeſpitzt; Oberkiefer abwärts gebogen. Kehlſack wie bei 8, Schneiden gezähnelt. Sula. Nur eine Art: Sula bassana. d) Vorderzehen mit Schwimmhäuten, ſtatt der Hinterzehe eine bewegliche Kralle; Schnabel mittellang und geſtreckt, vor dem abwärts gebogenen Schnabelhaken aufgeſchwungen. Familie der Procellariidae. Schnabel geſtreckt, mäßig lang, an der Spitze aufgeſchwungen; Oberkiefer mit abwärts gebogenem Haken; Unterkiefer auch abwärts gebogen; an dem ſchrägen Abſchnitt der Schnabel- röhre die Naſenlöcher. Puffinus. ca) Die Flügelſpitzen überragen den Schwanz nicht, Schnabel an der Spitze aufgeſchwungen: Puffinus Kuhͤlii. 66) Die Flügelſpitzen kreuzen ſich über dem Schwanze und ragen ca. 4,5 em über denſelben hinaus: Puffinus Anglorum. 6) Schnabel kurz, etwas abſenkig, nicht aufgeſchwungen; Abſchnitt der Schnabelröhre rechtwinkelig. Läufe ſehr dünn, zuſammen⸗ gedrückt. | Procellaria. ac) Schnabel ſchwarz, Füße gelb mit dunkleren Schwimm- häuten, Scheitel und Kopfſeiten dunkelbraun, Nacken heller, Oberrücken grau, Unterrücken und Flügeldecken dunkelbraun, Unterſeite weiß, Handſchwingen ſchwarz, die übrigen dunkelbraun: Procellaria haesitata. 66) Kopf, Hals und ganze Vorderſeite weiß, im übrigen graublau, Schwingen ſchwarz, Schnabel an der Wurzel trüb grünlich, ſonſt gelblich; Füße trübfleiſchfarbig: Procellaria glacialis. a — 16 * 220 K. H., III. Ordnung: Laridae, mövenartige Vögel. A. Schnabel kurz, ſtark rundlich, bis zum Hakenanſatz mit einer Wachshaut über⸗ zogen; Oberkiefer aufgeſchwungen, mit abwärts gekrümmtem Haken; Unterkiefer mit ſcharf vorſpringendem Eck, Füße kurz, ſtark, mit vollen Schwimmhäuten und ſcharfen Krallen, Schwanz abgerundet, Mittelfedern verlängert. Familie der Lestrinae. Lestris. a) Schnabel mittellang, ſtark, nur mäßig aufgeſchwungen; Mittelfedern des Schwanzes nur um etwa 3 em verlängert, am Ende gerade abgeſchnitten: Lestris catarrhactes. b) Schnabel kaum mittellang, ſtark aufgeſchwungen; Mittelfedern um 6—7 em verlängert, ſehr breit, auch noch am Ende: Lestris pomarina. e) Schnabel kurz, mäßig aufgeſchwungen; Mittelfedern um etwa 10 em verlängert, ſchmal und ſpitz: Lestris parasitiea. d) Schnabel kurz, wenig aufgeſchwungen; Mittelfedern um 19— 20 em verlängert, ſehr ſchmal und zugeſpitzt: Lestris Buffoni. B. Schnabel mittellang, zuſammengedrückt, ohne Wachshaut; Oberkiefer dem vorigen ähnlich; Unterkiefer mit ſtumpfem Eck; Füße mit vollen Schwimmhäuten, mittel⸗ lang, mit gewöhnlichen Nägeln; Schwanz meiſt gerade, ohne verlängerte Federn. Familie der Larinae. 1. Kopf in keinem Kleide ſchwarz; 4 Zehen; volle Schwimmhäute. Schnabel kräftig. Larus. a) Schwingen im Alter mit ſchwarzen, in der Jugend mit dunklen Abzeichen. a) Flügel kaum länger als der Schwanz. ad) Die erſte Handſchwinge ſchwarz mit weißer Spitze; die 2.—3. mit weißen Spitzen und theilweiſe grauen Innenfahnen; die 5. grau mit ſchwarz und weißer Spitze: Larus marinus. 66) Die 1. und 2. Handſchwinge ſchwarz mit grauen Innen⸗ fahnen und weißen Spitzenflecken; die 3. und 4. mehr weiß als ſchwarz mit weißen Spitzen; die 5. weiß: Larus argentatus. 6) Die Flügel überragen um 7—9 em den Schwanz; Singen ſchwarz mit weißen Spitzen: Larus fuseus. | 7) Die erſten beiden Handſchwingen aſchgrau mit weißem Spitzen⸗ Tabelle zur Beſtimmung der Schwimmbögel. 221 fleck; die nächſten von der Spitze aufwärts weiß, dann ſchwarz, zuletzt grau: Larus Audouini. d) Flügel mit Schwanz abſchneidend; letzterer keilförmig zugeſpitzt; Handſchwingen ſchwarz mit weißen Innenfahnen: Larus roseus. e) Die Flügel überragen um 4—5 em den Schwanz; Hand— ſchwingen ſchwarz mit weißen Spitzen: Larus canus. b) Schwingen ohne ſolche. a) Flügel ſchneiden mit dem Schwanze ab: Larus glaueus. 6) Flügel überragen ihn um ca. 5 em: Larus leucopterus. Kopf in keinem Kleide ſchwarz; 3 Zehen (die hintere nur eine Warze mit Nagel); volle Schwimmhäute. Rissa: nur eine Art: Rissa tridactyla. 3. Kopf in keinem Kleide ſchwarz; 4 Zehen; Schwimmhäute ausgeſchnitten. Pagophila: nur eine Art: Pagophila eburnea. 4. Kopf im Sommerkleide der alten Vögel ſchwarz oder dunkelbraun; 4 Zehen; volle Schwimmhäute; Schnabel ſchwächlich. Xema. a) Schwanz ausgeſchnitten; Schnabel ſchwach, kaum länger als Mittel- zehe (ohne Nagel); Handſchwingen ſchwarz mit weißer Innenkante und Spitze: Nema Sabinei. b) Schwanz nicht ausgeſchnitten. a) Schnabel ziemlich kräftig, kürzer als Mittelzehe. Außenfahne der erſten Schwinge mit ſchwarzem Längsſtreif; die andern Schwingen weiß: Nema melanocephalum. 6) Schnabel ſchwach, ſanft abfallend, kürzer als Mittelzehe; Außenfahne der erſten Schwinge ſchwarz, die übrigen grau mit dunklen Spitzen; unterſeits dunkler als oberſeits: Nema minutum. 7) Schnabel wie vorher, jo lang als die Mittelzehe; die Schäfte der beiden erſten Handſchwingen ſchwarz: Newa ridibundum. Schnabel kaum mittellang, zuſammengedrückt, faſt gerade, zugeſpitzt; am Unter— kiefer ein ſchwaches Eck; Füße kurz und ſchwächlich, mit ausgeſchnittenen Schwimm— häuten; Schwanz ſchwalbenartig gegabelt. Familie der Sterninae. 1. Schwimmhäute nicht bis zur Mitte der Zehen ausgeſchnitten; äußere Schwanzfedern ſpießartig verlängert, die inneren ſchmal zugeſpitzt; Schwanz 77 der Länge gegabelt. Färbung vorherrſchend weiß; Mantel bläulich. Sterna. | ID 222 K. H., Tabelle zur Beſtimmung der Schwimmvögel. mung a) Schnabel lang und ſtark, roth, länger als der Lauf; dieſer länger als Mittelzehe ohne Nagel; Schwanz etwa / (4 em) gegabelt, von den Flügeln weit überragt: Sterna caspia. b) Schnabel ſchwächlich. g) Schnabel ſchwarz, an Wurzel und Spitze heller, etwa jo lang als der Lauf, dieſer wie vorher. Schwanz ½ (3 em) ge- gabelt, ſonſt wie vorher: Sterna angliea. | 6) Schnabel ſchwarz, an der Spitze gelblich, bei alten Vögeln 2 mal, bei jungen 1½ mal jo lang als der Lauf, dieſer fo lang als Mittelzehe mit Nagel; Schwanz ½ (7 em) gegabelt, ſonſt wie vorher: Sterna cantiaca. 7) Schnabel roth mit ſchwarzer Spitze, länger als der Lauf; dieſer ſo lang als Mittelzehe mit Nagel; Schwanz etwa ½ (8 em) gegabelt; von den Flügeln kaum überragt: Sterna fluviatilis. 0) Schnabel röthlichgelb, an der Spitze ſchwarz, ſonſt wie vorher. Schwanz !/; (2 em) gegabelt, ſonſt wie vorher: Sterna minuta. 6) Schnabel karminroth, mit ſchwarzem Strich an der Spitze, ſonſt wie vorher; Lauf länger als Mittelzehe ohne Nagel; Schwanz mehr als ½ (10 em) gegabelt, ſonſt wie vorher: Sterna macrura. 8) Schnabel ſchwarz mit rother Wurzel, ſonſt wie vorher; Lauf jo lang als Mittelzehe ohne Nagel; Schwanz etwa / (12 em) tief gegabelt, überragt die Flügel: Sterna Dougalli. 2. Schwimmhäute bis zur Zehenmitte ausgeſchnitten; äußere Schwanzfedern ſtumpf zugeſpitzt, die inneren abgerundet; Schwanz nur etwa ½ ſeiner Länge gegabelt. Färbung vorherrſchend grau. Hydrochelidon. a) Schnabel röthlichſchwarz, ſchlank; Schwanz ſchwach gegabelt, um etwa 7 em von den Flügeln überragt: Hydrochelidon leucoptera. bp) Schnabel hochroth, ſtark; Schwanz tief gegabelt, um etwa 5,5 em von den Flügeln überragt: Hydrochelidon hybrida. e) Schnabel glänzend ſchwarz, ſehr dünn; Schwanz ſchwach gegabelt, von den Flügeln um etwa 5 em überragt: Hydrocheliden nigra. von Wacquant-Geozelles, Der Eichelheher. 223 Der Eichelheher (Garrulus glandarius). Von Staats von Wacquant-Geozelles. Den Habicht, den kühnen und gewandten Geſellen, kennt jedermann als einen der allerſchädlichſten Räuber; der Eichel-Heher, welcher unbedingt ebenfalls zu den ſchädlichſten Räubern gerechnet werden muß, wird leider immer noch viel zu ſehr in Schutz genommen. Längſt hätte dieſer Vogel es ſchon verdient, mit Habicht und Sperber auf dem gleichen „ſchwarzen Brett“ zu ſtehen, und wenn er ſtatt deſſen im Gegentheil immer noch ſeine eifrigen Vertheidiger gefunden und findet, ſo hat er dies lediglich drei ihm ſehr zu Gute kommenden Umſtänden zu verdanken: Erſtens, ſeiner heimlichen und verſteckten — von der der übrigen Raubgeſellen durchaus verſchiedenen — Art und Weiſe, zu rauben und zu morden; zweitens ſeiner, vom Forſtmann oft gern geſehenen Gewohnheit, zur Reifezeit der Eicheln eine nicht unbeträchtliche Anzahl dieſer Früchte ſorgſam für ſpäteren Gebrauch und oft weit von dem betreffenden Eichenbeſtande in die Erde zu pflanzen — und drittens und am meiſten dem einfachen Umſtande, daß er das Eigenthum des Menſchen nur ſeltener direkt angreift. Betrachten wir nun, — ohne uns jedoch ſtreng an obige Reihenfolge zu halten, — alle dieſe Punkte noch einmal etwas genauer und eingehender, ſuchen wir dabei gleichzeitig alles, was noch außerdem für oder gegen den Vogel ſpricht, zuſammen und bilden wir uns auf dieſe Weiſe dann unſer feſtſtehendes, gerechtes Urtheil über ihn. Wir wollen unſere Betrachtungen zunächſt und ohne jegliches Vorurtheil mit ausführlicher Beſchreibung und Beſprechung der guten Seiten des Hehers beginnen. In erſter Linie iſt hier das erwähnte und ziemlich allgemein bekannte fleißige Einpflanzen von Eicheln und Bucheln, — der Heher in ſeiner Eigenſchaft als „Waldkultivator“ zu erwähnen. Alles Gute wird heutzutage möglichſt öffentlich verrichtet und vollbracht; — auch unſer Heher huldigt, wenn auch unbewußt, dieſer modernen Anſchauung. Die directe und für ihn ſehr nützliche Folge hiervon iſt, daß er in dieſer Hinſicht nicht nur dem Forſtmann oder dem Forſcher, ſondern auch weiteren Kreiſen bekannt wird. Jeder Naturfreund, der gelegentlich ſeiner Spaziergänge nur einigermaßen ein offenes Auge für ſeine Umgebung hat, bemerkt, wie alljährlich zur Zeit der Eichelnreife, Familien oder ganze Schaaren von Hehern ſich regelmäßig dort hinziehen und aufhalten, wo Eichen ſtehen. Er ſieht, wie ſie in den Kronen dieſer Bäume oder ſpäter unter denſelben, am Erdboden, ihr Weſen treiben, — wie ſie einzeln 224 von Wacquant⸗Geozelles, fortwährend ankommen, bald darauf fortfliegen und wieder ankommen. Sieht er ſchärfer, ſo bemerkt er, wie alle eifrigſt damit beſchäftigt ſind, Eicheln abzupflücken oder aufzuleſen, wie ſie einzelne zerkleinern und verſpeiſen, — die meiſten aber im Kropf und Schnabel forttragen, um ſie in Tannenbeſtänden oder an anderen, ihnen dazu paſſend erſcheinenden Oertlichkeiten in die Erde zu pflanzen. — So ſorgt der Heher für ſich, für die Zeit der Noth. Wie hoch iſt ihm nun in Wirklichkeit dieſe Arbeit anzurechnen? Stellen wir dieſe Frage einmal derjenigen Perſon, die allein ein en. Urtheil in dieſer Angelegenheit haben dürfte, dem Forſtmann. Oberlandforſtmeiſter Dr. G. L. Hartwig („Lehrbuch für Jäger“, 5. Auflage) ſagt über den Heher: „In der Forſtwirthſchaft iſt dieſer Vogel ſehr nützlich, weil er ein geſchäftiger Eicheln- und Buchelnſäer iſt, der manchen Förſter beſchämt. Die Natur ſcheint ihn dazu beſtimmt zu haben, dieſe und andere nützliche Holz— arten zu verbreiten, denn er iſt, wo es nur ſein kann, unermüdlich damit beſchäftigt, Eicheln-, Bucheln- und andere Holzſamen aus einem Walddiſtrikte in den anderen zu tragen. Ich kenne kleine Nadelholzbeſtände, die bloß von den Holzhehern ſo reichlich mit Eicheln beſamt worden ſind, daß man nur das Nadelholz ae durfte, um einen ſchönen, jungen Eichenwald zu haben.“ | Entgegen der Anfiht und Angabe des folgenden und anderer Schriftſteller wird dem Vogel alſo ein Schaden, wohlverſtanden in „forſtwirthſchaftlicher Hinſicht“, nicht nachgerechnet. J. Th. Grunert, Kgl. preuß. Oberforſtmeiſter, führt den Heher in ſeiner „Forſtlehre“ unter „Schädliche Vögel“ auf und jagt an anderer Stelle unter „Nützliche Vögel“: „Auch dürfen wir hier wohl noch des Eichelhehers inſo— fern als nützlichen Vogels erwähnen, als er ſich hier und da durch ein oft ziemlich ausgedehntes Einpflanzen von Eicheln im Walde nützlich zu machen weiß, wenn er auch wieder auf der anderen Seite Eichelſaaten zu berauben und ſich dadurch unangenehm zu machen pflegt.“ Wenn nun auch hieraus ſchon genügend deutlich hervorgehen dürfte, daß der genannte hervorragende Forſtmann und Schriftſteller unſerem Vogel das „Waldkultiviren“ nicht übermäßig hoch anrechnet, ſo iſt er ihm als gerechter Richter in ſeiner „Jagdlehre“ noch weniger hold, er kann nicht umhin ihn an dieſer Stelle als infamen Neſterplünderer darzuſtellen. Als ſolcher wird er überhaupt von allen, ihn und ſein Leben genau kennenden Forſtmännern beſchrieben und verworfen, da er nach ihrer feſten und wahren Anſicht durch ſein „Eichelnpflanzen“, ſeine einzige Tugend, nie und nimmer entfernt wieder gut machen könne, was er an unſeren Wäldern durch ſeine ewigen Mordthaten unter den lieblichen und nützlichen Sängern verſchulde! „Als Pflanzer nützt der Heher nur unbedeutend bei unſerem heutigen Kultur⸗ Der Eichelheher. 225 verfahren“, jagen dieſe, „der Forſtmann weiß es ſelbſt, wo er Buche und Eiche pflanzen muß.“ Bittere Klage aber wird über ihn geführt wegen ſeines zeitweiligen großen Schadens, den er in den von Menſchenhand angelegten Eichelnſaaten anzurichten vermag. In der Nr. 9 des dritten Bandes der „Deutſchen Forſt-Zeitung“ ſowohl, wie im IV. Bande der „Deutſchen Jäger-Zeitung“ S. 153, befinden ſich Illuſtrationen hierzu. Nachdem der Verfaſſer des Artikels in der Nr. 9 Band III. der erſtgenannten Zeitſchrift (ebenſo wie ſein Kollege in der Nr. 31, S. 243 des II. Bandes) ſeine auf langjährigen Beobachtungen beruhenden üblen Erfahrungen inbetreff der Neſter— plündereien von Seiten des Hehers kundgegeben und deſſen Eichelnpflanzen als „ſeine vielen Vergehen durchaus nicht wettmachend“ hingeſtellt hat, berichtet er, wie ihm im Jahre 1887 dieſer Vogel in Menge und ſo energiſch über ſeinen Eichelnſaatkamp hergefallen ſei, daß er dieſen nur unter großem Mühe- und Koſten— aufwande durch ſorgfältiges Bedecken mit Zweigen der Stechpalme (Ilex aquifolium) vor gänzlicher Vernichtung habe bewahren können. Nach dem erwähnten Artikel der „D. Jäg.⸗Ztg.“ aber waren die Heher in einem Eichelnſaatkampe ſo fleißig im Stehlen, daß ſie binnen 34 Tagen im Durchſchnitt 4930 Eicheln aushackten, und ſchließlich kaum !/,, der ganzen Ausſaat übrig blieb! Es iſt für einen Laien immer ein gewagtes Unterfangen, ſich in einer An— gelegenheit, ſelbſt wenn ſie ihm nicht gerade abſolut fremd iſt, zum Richter auf— zuwerfen oder zu kritiſiren, es wird ja aber auch weder vom Verfaſſer dieſes noch von ſonſt jemand irgendwie beſtritten, daß unſer Heher thatſächlich viel und bedingungs— weiſe ſogar ſehr viel zur Verbreitung der Waldbäume beiträgt, daß er aber hierdurch „ſeine Räubereien vollſtändig wieder wett mache“, das dürfte denn doch um ſo mehr eine ſehr gewagte Behauptung genannt werden, als dem Verfaſſer aus langjähriger Erfahrung bekannt iſt, daß auch dieſe Fürſprecher den Vogel genau nur von einer und zwar von ſeiner guten Seite kennen gelernt haben, ihn aber nur höchſt ſelten als Mörder beobachteten. Sie geben dies meiſtens auch ohne weiteres zu, denn immer von neuem kann man hören oder in entſprechenden Zeitſchriften leſen „Mag ſein, daß der Eichelheher mordet und plündert, wo er kann, durch ſeine dem Forſtmann geleiſteten Dienſte gleicht ſich alles wieder vollauf aus, und ſei es auch nur, daß er ihm Fingerzeige giebt, wo und wie er pflanzen, der Ver— beſſerung ſeines Waldbodens oder der Verſchönerung des Waldes nachhelfen kann“. Das iſt leicht aber unbedacht geſagt, und vollkommen unverſtändlich für jeden fleißigen und gewiſſenhaften Beobachter des Vogellebens, der doch annehmen muß, daß auch der Forſtmann ſeine Augen bei ſeiner häufigen Anweſenheit im Revier nicht wiſſentlich verſchließt. Zwar geben dieſe Fürſprecher des Hehers zu, daß der— ſelbe im Neſterzerſtören oder im Wegfangen von jungen Vögeln ſein möglichſtes 226 von Wacquant-Geozelles, leiſtet, bemerken aber dabei, daß ihm dies bei allen den größeren Arten oder bei den Höhlenbrütern unmöglich ſei, und letztere ſtellten doch bekanntlich das größte und weitaus nützlichſte Kontingent zu unſeren Sängern. Im Geſträuche, wo der Heher ſich am meiſten aufhalte, niſte dahingegen nur die Minderzahl, und auf den Erdboden käme er nur ſelten und auch dann meiſtens nur zu dem Zwecke, um ſich die herabgefallenen Eicheln ꝛc. wieder zu holen. In einer für Forſt und Jagd bedenklichen Weiſe könne er ſchon aus dem einfachen Grunde ſeine Mördereien nicht gut betreiben, da ihm doch das Vermögen, ſein Opfer zu ſchlagen oder auf dasſelbe zu ſtoßen oder gar es bei ſeinem ungewandten und ſchwerfälligen Flug einzuholen, vollſtändig abgehe. Aus allen dieſen Gründen könne er nur in ſehr untergeordnetem Grade ſchädlich auftreten, wenigſtens lange nicht in dem Maße, wie dies von einzelnen übereifrigen und ver— blendeten Beſchützern der Singvögel in dieſem oder jenem größeren ornithologiſchen Werke beſchrieben und behauptet würde. Wirklich ſchädlich trete er dahingegen nur auf Samenſchlägen, Eichelnſaatbeeten und Kulturen, zeitweilig in Kirſchen— und Nußplantagen ſowie in den Erbſenfeldern auf, hier ſei demgemäß dann aber auch kein Grund zur Schonung vorhanden, ſondern im Gegentheil ſeine Verfolgung rathſam! Zunächſt muß zugegeben werden, daß der Holzſchreier große Vögel allerdings nicht behelligt und würde er auch wohl in vielen Fällen ſchlecht dabei wegkommen. Wie aber die kleine Krähe (Corvus cornix) es wagt und fertig bringt, dem großen und gefährlichen Reiher die Eier zu ſtehlen, ſo liegen auch vom Heher genügend Beobachtungen vor, laut welchen er den Eiern und Jungen „größerer Vögel“ gefährlich wird. In dem vorzüglichen Werke des Königl. preuß. Oberforſtraths F. E. Jeſter, „Ueber die kleine Jagd“ welches ſchon einmal vom weil. Königl. ſächſ. Oberſorſtrath Freiherrn von Berg und auch jetzt wieder wohlverdienterweiſe, unſeren heutigen Forſchungen und Neuerungen entſprechend, von unſerem berühmten Mitglied, dem Königl. preuß. Oberförſter Herrn O. von Rieſenthal zu Charlottenburg faſt vollſtändig umgearbeitet und in fünfter Auflage herausgegeben wurde, wird der Eichelheher als ſehr gefährlicher Feind der Vogelbruten und der Faſanerien bezeichnet, ohne daß dabei vergeſſen iſt, ſeiner als eines beachtenswerthen Gehilfen des Forſtmanns zu erwähnen. Nach Brehm beobachtete der Bruder Naumann's unſeren Vogel u. a. auch als „geſchickten Jäger junger Rebhühner“, und als ich einſt in einem ganz kleinen Feldgehölze unter einem Heherneſte ſaß, um die rückkehrenden Alten beim Füttern zu ſchießen, ließ einer der letzteren, den Feind erſpähend, unter dem üblichen fürchterlichen Geſchrei ebenfalls ein ganz junges, blutendes Feldhühnchen zur Erde fallen. Daß ein Paar Heher ein etwa zwei Tage altes Faſanenküchlein verfolgten, | welches nur durch muthiges Eingreifen der Mutter errettet wurde, berichtet bei- Der Eichelheher. | 227 ſpielsweiſe ein dem Heher überhaupt ſehr ungewogener Herr im IV. Bande, ©. 418 der „Deutſchen Jäger-Zeitung“. Da wir hier an den Punkt gelangt ſind, wo der genannte Vogel der Jagd, wenn auch nicht gerade in „bedenklicher“, ſo doch in einer immerhin „beachtens— werthen“ Weiſe ſchadet, ſo ſei auch noch erwähnt, daß in ebenderſelben Zeitſchrift noch ein Fall mitgetheilt wird, wie zwei derſelben abwechſelnd auf ein junges Häschen ſtießen und dasſelbe ſo energiſch bearbeiteten, daß es nach Anſicht des Berichterſtatters nur durch das Dazukommen des letzteren dem ſicheren Tode entging. Meiner Anſicht nach ſind in den meiſten Fällen, wo Heher gemeinſchaftlich eine Beute zu überwältigen ſuchen, die Alten beſchäftigt, ihren Jungen Anweiſung in der Jagd zu geben. So erlegte ich einſt zwei von ihnen, welche gleichzeitig und einmüthig in einem Brombeerengeſtrüpp eine Maus beliſtet und getödtet hatten. Es war ein alter und ein junger Vogel. Ein andermal ſchnappten zwei, um einander herumflatternd, nach einem fliegenden, verſpäteten Maikäfer; als der eine ihn dann erwiſcht hatte, ſteckte er ihn dem anderen, dem nun auf einem Aſte laut „quäkſenden“ Jungen, in den Schnabel. In der Zeit, wo die Jungen noch im Neſte liegen, werden ſich demnach auch wohl die beiden Eltern gelegentlich zu unterſtützen wiſſen. Daß er den Höhlenbrütern nur wenig oder gar nichts anhaben könne, iſt eine ebenſo unbedachte Aeußerung, wie die, daß jene — im Verhältniß zu den „im Geſträuch niſtenden Vögeln“ — das reichhaltigſte und nützlichſte Kon— tingent zu unſeren Sängern ſtellten. Es wurde dieſes einmal in einer forſtwiſſen— ſchaftlichen Zeitſchrift behauptet, und daß nicht etwa die Individuen-, ſondern die Artenzahl gemeint war, ergab ſich deutlich daraus, daß an jener Stelle die „im Geſträuch niſtenden Arten“ mit: „Droſſeln, Pirol, Fliegenfängern, Grasmücken und Goldhähnchen“ erſchöpft wurden. Glücklicherweiſe können wir aber mit Leichtigkeit die dreifache Anzahl aufzählen, wobei wir uns dann noch gleichzeitig wohlweislich hüten wollen, etwa einen unſerer Fliegenfänger oder das Goldhähnchen mit in dieſe Zahl einzurechnen. — Die Eier der Höhlenbrüter werden dem Heher freilich meiſtens unerreichbar ſein, auch wird er ſchwerlich die jungen Baumläufer aus der oft winzigen Höhlung ziehen, er hat es ja aber auch ſpäter, wenn die Jungen ihre engen Wohnungen verlaſſen haben, um ſo bequemer! Wie früh — einer Störung zufolge oft noch völlig flugunfähig — verlaſſen gerade die Baumläufer (C. famil.) ihre Neſter, um am Stamme, deſſen Inneres ihre Wiege birgt, die erſten Kletterübungen vorzu— nehmen! Aber wenn ſie dafür auch von der Natur mit um ſo größerem Kletter— vermögen und mit einem der Rinde des Stammes fabelhaft ähnelnden Kleide verſehen ſind, der Heher erſpäht und erhaſcht ſie doch. 228 von Wacquant-Geozelles. Auch werden die Stämme, die in ihrem Innern paſſende Niſtgelegenheit bieten, immer ſeltener; die auf ſie angewieſenen Vögel müſſen mit weniger Paſſendem und oft mit ganz Unpaſſendem, leicht Zugänglichem fürlieb nehmen, und daß ihnen das ſchadet, dafür ſorgt der Heher mit dem übrigen Raubgeſindel nach beſten Kräften. Vor Jahren ſah ich einen mit irgend einem Gegenſtande ſehr eifrig be— ſchäftigten Heher auf einer Buche ſitzen. Ein Schuß brachte Aufklärung: mit dem Garrulus fiel ein ganz junger Kleiber (Sitt. europ.) zur Erde. Das iſt alſo ſchon ein Beweis, daß der böſe Geſelle „unter Umſtänden“ auch Junge von Höhlenbrütern aus dem Neſte rauben kann, und war der Umſtand, der ihm bei dieſer That zu Hülfe kam, einfach der, daß jenes Kleiberneſt in einer zu großen Spalte gebaut und die unpaſſende Oeffnung von dem Elternpaare in gewohnter und geſchickter Weiſe mit Lehm bis auf das nothwendigſte Flugloch vermauert war. Den kräftigen Schnabelhieben des Hehers konnte wohl eine ſolche Lehmſchicht nicht lange wider— ſtehen. Wird hiergegen behauptet, letzterer habe den jungen Vogel vielleicht außer— halb des Neſtes, am Stamme erwiſcht, ſo muß ich erwidern, daß beſagter Kleiber noch ganz unreife Spulen in den Flügeln hatte, und obige Kombination um ſo mehr zuläſſig ſein dürfte, als die Nachkommenſchaft des Kleibers gerade beſonders lange im Neſte verweilt und dasſelbe erſt im Vollbeſitz der Flugkraft verläßt. Den theilweiſe in der erſten Zeit nach dem Ausfliegen ſo unbehülflichen und unerfahrenen jungen Höhlen-Brütern thut er ohne Frage nach Möglichkeit Abbruch; ohne Grund würden ihn die hierher gehörigen beiden Fliegenfänger, das Garten— rothſchwänzchen, die Meiſen ꝛc. nicht ſo ängſtlich und ſchreiend umflattern, wenn er ſich in der Nähe ihrer Kinder ſehen läßt. — Verf. hat in jedem Frühjahr gerade das zu beobachten häufige Gelegenheit, da er alsdann in einem großen und alten Eichenwalde viele Tage lang das Leben und Treiben der dort vorhandenen ver— ſchiedenen Vögel obiger Kategorie vor Augen hat. — Stets wird dort der Heher von jenen Vögeln auf das deutlichſte beachtet und reſpektirt, wohingegen die ungefährliche Hohltaube, ſelbſt wenn ſie ſich in unmittelbare Nähe der Jungen, z. B. des Trauer-Fliegenfängers, ſetzt, gar nicht beachtet zu werden pflegt. Am ängſtlichſten aber wird der Heher von der Kleinvogelwelt dann umſchwärmt, wenn er ſich zur Niſtzeit, ſei er allein oder ſei es, daß ſeine Nachkommenſchaft ihn begleitet, in ganz jungen Schonungen, in noch nicht geſchloſſenen Tannen-Pflanzungen oder an Stellen des Waldes, die mit allerlei Gebüſch und Haide bewachſen ſind, einſtellt. Dies ſind die Oertlichkeiten, wo die meiſten unſerer Waldſänger ihren Aufenthalt haben, und hier tritt er auf als Strauch-Dieb im vollſten Sinne des Wortes! N Daß er nur ſelten zum Erdboden herabkomme und auch dann meiſtens nur zu dem Zwecke, um ſich die ihm entfallenen oder die ſonſtwie untenliegenden Der Eichelheher. 229 Eicheln wiederzuholen oder aufzuleſen, iſt eine ebenfalls auf nicht genauer Be— obachtung beruhende Anſicht. Es iſt eigentlich räthſelhaft, wie dieſe Aeußerung häufig von Forſtmännern, die den Vogel auf das eingehendſte ſtudirt haben wollen, zu ſeinen Gunſten in der Forſtlitteratur vorgebracht werden kann. Sie geben auf die Weiſe eigentlich direkt zu, daß ſie „ihrem achtenswerthen Gehilfen“ nur im Herbſt und Winter zugeſehen haben, müſſen ſich demnach aber auch nicht wundern, wenn ihr, auf ſolch ein— ſeitiger Prüfung baſirender, „Schlußſatz“ uns einigermaßen eigenthümlich klingt. Im Herbſt iſt er allerdings meiſtens auf Bäumen anzutreffen, und pflegt er um dieſe Zeit auch vorläufig einer ihm etwa beim Verſchlucken fortgefallenen Eichel nicht zum Erdboden zu folgen, ſondern ſich oben auf bequeme Weiſe eine andere zu pflücken; ſpäter erſt, in dem Grade, wie ſich die abfallenden Eicheln unten mehren, zieht er ſich nach und nach dann zur Erde herab. Im Frühjahr fliegt er zahlreich auf die an den Wald ſtoßenden, friſchbeſtellten Aecker, um eifrigſt die auf dem Lande liegenden Körner aufzuleſen. Beſonders erpicht iſt er auf Bohnen und Erbſen, die er dann noch beſucht und zehntet, wenn fie bereits zu keimen anfangen. Nur äußerſt ſelten aber findet man, daß von ihm am Waldesrande ꝛc. eine ſolche Hülſenfrucht wieder eingepflanzt wurde: die Zeit der Noth iſt ja gerade vorüber — oder noch fern! — Zur Zeit der Ernte ſtellt er ſich ſehr regelmäßig wiederum an dieſen Stellen ein, und liegt häufig die Waldliſiere ganz voll von noch am langen Halme ſitzenden ausgeſpelzten Aehren. — Am häufigſten aber trifft man ihn in der Zeit auf der Erde an, wo ſeine Jungen im Neſte bald flügge ſind. Dem gewiſſenhaften Be— obachter, dem es auf einige Stunden nicht ankommt, kann es da unmöglich entgehen, wie das eine oder andere Heher-Paar oft viele Male hintereinander ſeinen Flug nach Waldblößen, nach ſpärlich bewachſenen Gehängen oder, wenn das Neſt in einem kleinen Feldgehölze ſteht, nach Wieſen, Feldrainen und Hecken richtet. Gerade an allen dieſen Stellen finden ſie auf das ausgiebigſte die Nahrung für ihre Nach— kommenſchaft, und wer da zweifelt, daß der immer hungrige Gaumen der letzteren auch mit ſubſtanzielleren Braten, als Käfern oder Grashupfern geſtopft werde, der unterſuche einmal die Jungen mehrerer Neſter auf ihren Magen- und Kropf— inhalt. — Bechſtein und Jeſter werden ſicher nicht ohne Grund berichten, daß ein zur Heckzeit geſchoſſener Heher ſehr häufig Vogeleier im Schlunde habe. Alſo auch auf dem Erdboden iſt unſer Freund zu Hauſe, und hier iſt es, wo er neben vielen, an den auf der Erde brütenden Vögeln verübten ſchlechten, auch wieder eine ſehr gute That vollbringt, eine That, der zufolge man dem Vogel das ihm zu Anfang gegebene Epitheton „feige“ nicht geben darf. Muthig und mit vielem Geſchick befehdet und überwältigt er, nach der An— 230 von Wacquant-Geozelles, gabe unſeres ſchlangenkundigen Lenz, das giftige Gezücht der Kreuzottern, das einzige wildlebende Geſchöpf, deſſen furchtbarer Waffe auch in Deutſchland noch alljährlich mehrere Menſchenleben zum Opfer fallen. So groß aber auch das Lob iſt, das ihm dieſerhalb von Lenz in ſeiner „Schlangenkunde“ und ſogar in einem entſpr. Gedicht gezollt wird, unſer Brehm hat dennoch nicht zu der Ueberzeugung kommen können, daß dieſe beiläufige Paſſion des Hehers die vielen Unthaten desſelben aufwiege. Auch Brehm kennt das Entſetzliche einer von Ottern zahlreich bewohnten Gegend; ſo angelegentlichſt er aber auch im V. über die Kriechthiere handelnden Bande ſeines vortrefflichen Werkes, die Schonung der natürlichen Feinde dieſes Reptils empfiehlt: unſeren Garrulus hat er an jener Stelle nicht genannt, ſich keines direkten Widerſpruches zu dem an anderer Stelle Geſagten ſchuldig gemacht. Schließlich wird dem Vogel nachgeſagt, er ſei ein eifriger Inſektenvertilger und mit dieſer ſeiner Lieblingsnahrung ſei ihm von der Natur der Tiſch meiſt nur allzureichlich in bequem zu erlangender Weiſe gedeckt. Natürlich iſt er Inſekten⸗ freſſer, und kein gerechter Forſcher wird ihm das abſprechen; wenn hier aber der Forſtmann in Anbetracht des oft ſo furchtbaren Raupenfraßes oder der den Wald zu vernichten drohenden Käferplage, weiter kombinirt: „alſo muß ich ihn, als einen Beſchützer des Waldes, hochhalten“, ſo iſt dieſer Schluß total falſch. Zu allen Jahreszeiten habe ich den Mageninhalt des Vogels auf dieſen Punkt hin unterſucht; wohl an die Hundert wurden ſezirt, aber ſelbſt dann, wenn dieſe Unterſuchungen zu Zeiten und an Stellen vorgenommen wurden, wo mit den Raupen des ſo ver- nichtend auftretenden Froſtſpanners oder mit einem zahlloſen Heere des Maikäfers der Tiſch faktiſch überreich gedeckt war, ſelbſt dann, es ſei wiederholt, hatte ſich der böſe Gaſt niemals die Gelegenheit entgehen laſſen, Eier oder zarte Vögelchen zu verzehren. Der Heher vertilgt Inſekten, doch möge ihm der Forſtmann nur ruhig, ſeinem Walde zu Liebe, Abbruch thun, denn die von jenem vernichteten Sänger beſorgen dies hundertmal beſſer! | Ein hierher gehöriger, beachtenswerther, wenn auch nicht durchgehends maß— gebender Fall begegnete mir im Mai 1881 in der Nähe Osnabrücks. Ich fand dort in einem Kiefernbeſtande das Neſt eines Hehers und warf, um zu hören, ob Junge darin ſeien, mit einem Stück Holz danach. Die Jungen wurden laut, aber durch den Anprall des Holzes wurden gleichzeitig aus den Nadeln eben jener Kiefer 6—8 Raupen der gefürchteten Sphinx pinastri zur Erde geſchleudert. Beim Beſteigen dieſes, wie auch noch anderer Bäume desſelben Kiefernbeſtandes fielen dann noch mehr dieſer Schwärmerraupen auf die Erde; die ziemlich erwach⸗ ſenen Jungen jenes Neſtes hatten indeſſen keine einzige ſolche von den Alten be⸗ kommen, ſondern nur kleinere Inſekten und Eireſte im Kropfe! Der Eichelheher. 231 Hätte ſich dort ein Neſt des Pirols befunden, ſo würde der ganze Beſtand ringsum von jenen gefräßigen Raupen rein gehalten worden ſein. Wie vielen anderen, ſo wurde es auch mir zur Gewißheit, daß der Heher ganz beſonders den Droſſelbruten verderblich wird. Sobald ihn ein Droſſelpaar nur irgendwie in der Nähe ſeines Neſtes oder der ausgeflogenen Kleinen erblickt, gleich geht der Spektakel los: mit wüthendem Geſchrei und ängſtlichem Flattern wird er empfangen und umſchwärmt. Einſt hörte ich wieder einmal ein ſolches Zetermordio in einer kleinen Tannendickung; das Anſchleichen gelang, und richtig, da ſaß wieder Freund Heher auf einer Kiefer, mit größter Seelenruhe eine ganz junge Schwarzdroſſel verzehrend. Der zarte Braten war bald zerlegt und beſeitigt und gerade ſollte der Böſewicht den wohlverdienten Lohn erhalten, als er laut ſchnarrend und ſo plötzlich nach einem der ihm zu nahe gekommenen, armen Eltern ſtieß, daß ihm der Fang um ein Haar nahe am Boden geglückt wäre. Wie ohne Beſinnung, einem echten Raubvogel gleich, dem ein erhoffter Fang mißlang, blieb er auf der Erde ſitzen: — die Beſinnung kehrte ihm nicht wieder! Ein andermal, Mitte Juni, flog ein Heher vom nahen Walde aus an eine Hecke; mit großer Genauigkeit nahm er dieſelbe vor, zeitweilig 20—30 Schritte am Fuße derſelben entlang hüpfend, zeitweilig einen dichteren Buſch durchſuchend und oft auch 10 — 20 Schritte im Innern der hochaufgeſchoſſenen, verwilderten Geſträuche und Ranken, dem Beobachter völlig unſichtbar, zurücklegend. Nur das ängſtliche „Tack⸗tack“ der Klappergrasmücke zeugte von ſeiner verderbendrohenden Gegenwart! So kam er näher und näher, nicht ahnend, daß er mit dem ſoeben erbeuteten Käfer ſeine Henkersmahlzeit zu ſich genommen. Der Mageninhalt ergab eine Menge Kerfe und vier im Stadium des Ausfallens befindliche und deshalb noch mit großen Stücken der Schale behaftete, nur wenig zerdrückte Eier des Goldammers. Da der Heher es liebt, mit ſeinen vollſtändig flüggen Jungen weite Streif— züge zu unternehmen, ſo wird auch der Park vor meinem Heim ſehr häufig von ihm und ſeiner Familie beſucht. Bei einer ſolchen Gelegenheit raubte er nach und nach fünf junge Buchfinken aus einem Neſte. Ich, von meiner Schweſter zu Hülfe gerufen, kam zu ſpät, um die Unthat zu verhüten, aber nicht zu ſpät, ſie zu rächen. Ein alter und vier junge Heher wurden erlegt, ſie alle hatten am blutigen Mahle theilgenommen und außer den Reſten jener Finken nur noch Kirſchen bei ſich. Ebenfalls zur Kirſchenzeit wurde eine Familie dieſer Mordgeſellen hier im Parke faſt vollſtändig aufgerieben, nachdem durch einen der Alten der Inhalt eines Stieglitzneſtes in die Jungen verfüttert war; nur war hier noch der Unterſchied, daß der Heher auch noch die Mutter der Stieglitze oben im Birnbaum zerfleiſchte und bei dieſer Beſchäftigung geſchoſſen wurde. 232 Kurt Flöricke, Ornithologiſche Mittheilungen aus Schleſien. Von Kurt Flöricke. I. Zum beſſeren Verſtändniß dieſer und etwa ſpäter noch folgender Mittheilungen halte ich es nicht für überflüſſig, zunächſt eine kurze Schilderung meines engeren Be- obachtungsgebietes zu entwerfen. Die Stadt Breslau wird von der Oder im Norden und von dem alten Wallgraben, auf dem ſich Schwäne und Enten aller Art tummeln, auf den übrigen Seiten umgürtet, während ſich zugleich prächtige und in ihrer Art wohl einzig daſtehende Promenaden an dem Waſſer entlang ziehen. Die Vorſtädte ragen weit über dieſe Waſſergrenze hinaus in die äußerſt fruchtbare, aber landſchaft⸗ lich wie ornithologiſch gleich reizloſe mittelſchleſiſche Ebene hinein. Im Nordoſten der Stadt liegt, von zwei Armen der Oder beſpült, der zoologiſche Garten, und an ihn ſchließt ſich in weiter Ausdehnung der für die gefiederten Sänger ein wahres Eldorado bildende Scheitniger Park an, welcher zwar an Sonn- und Feiertagen von tauſenden von erholungsbedürftigen Spaziergängern belebt iſt, aber dafür während der Woche ſtill und verlaſſen daliegt, und dann dem Naturfreund ein reiches Feld für ſeine Beobachtungen bietet. Sonſt drängt ſich alles ornithologiſche Leben an den Ufern der kleineren und größeren Gewäſſer zuſammen. Zwei Stunden ſüdöſtlich von Breslau breitet ſich die Strachate auf dem rechten Oderufer aus, ein prächtiger ur⸗ wüchſiger Laubwald mit dazwiſchen gebetteten Wieſen, Oderarmen und Lachen, der auf der Nordweſtſeite an den in ſeiner Größe ſehr wechſelnden Goyer oder Drachen- brunner See und auf der entgegengeſetzten Seite an den Laniſcher See ſtößt; die Strachate ſelbſt iſt ſo niedrig gelegen, daß ſie bei hohem Waſſerſtande der Oder ſtets überſchwemmt wird. Uebrigens iſt dieſes herrliche Beobachtungsfeld in ornithologiſcher Beziehung bereits locus elassieus. Schon A. E. Brehm (Gefangene Vögel II, S. 178), A. v. Homeyer (Beobachtungen über Loc. fluv.) und Arlt ſchwärmen für ihn. Oderabwärts ſchließen ſich ſumpfige Wieſen an den Wald an, während wir 2 Stunden flußaufwärts auf dem andern Oderufer zu dem größtentheils aus altem Nadelholz beſtehenden Kottwitzer Forſt gelangen, in welchem der Jungfernſee verſteckt liegt. Ein ähnliches Terrain wie die Strachate, nur weniger verſumpft, finden wir im Nordweſten bei den Dörfern Oswitz, Ranſern und Maſſelwitz. Die ganze Nord-, Weſt⸗ und Südſeite dagegen iſt für den Ornithologen von einer troſtloſen Einförmig⸗ keit. Nur an den Ufern der Lohe (im Süden), der Weiſtritz (im Weſten) und der Weide (im Nordoſten) herrſcht einige Abwechſelung. Deſto intereſſanter iſt die Vogel⸗ welt im Südoſten an der vielfach zerſpaltenen, ſumpfige Inſeln und große Rohr⸗ und Schilfdickichte bildenden Ohle bei den Dörfern Tſchanſch und Pirſcham. Die Witterung im Jahre 1889 war bis zum 17. März ſtreng winterlich; noch Ornithologiſche Mittheilungen aus Schlefien. I. 233 am 16. hatten wir — 130 C. und ſtarkes Schneetreiben. Am 18. trat gelindes Thau- wetter ein, an den folgenden Tagen brach der Frühling immer ſiegreicher durch, und an den letzten Tagen dieſes viel verſchrieenen Monats herrſchte die ſchönſte Lenzes— witterung. Der April brachte zunächſt trübe, regneriſche und unfreundliche Tage, die ſich aber vom 21. ab weſentlich aufbeſſerten, bis dann mit Ende des Monats und zu Beginn des diesmal wirklich wunderſchönen Mai das prächtigſte Sommerwetter einſetzte, das man ſich nur wünſchen konnte. Dieſes ſchöne Wetter aber artete all— mählich in große Trockenheit und Dürre aus, und erſt die letzten Tage des Juli brachten den von aller Welt erſehnten Regen in größerer Fülle. Mit dem Auguſt trat eine wahre Regenzeit ein, welche bis in den October hinein anhielt und durch ihre ſüdweſtlichen Winde den Vogelzug für dieſen Herbſt zu einem ganz erbärmlichen geſtaltete. Seit Mitte October war die Witterung ſehr wechſelnd, im ganzen nicht ungünſtig, aber der ſcharf aus Nordoſten wehende Wind kam zu ſpät, denn die ge— fiederten Wanderer weilten bereits im warmen Süden, ohne uns durch längeren Aufenthalt erfreut zu haben. Von Ende November an herrſchte heiteres Froſtwetter. Für mich neuen Ankömmling war es zunächſt natürlich die Hauptſache, mich mit den Terrainverhältniſſen und ihren Beziehungen zur Vogelwelt bekannt zu machen, und daß mir dies raſch und vollſtändig gelang, verdanke ich vor allem der ſachkundigen Führung des Herrn Secretär Hanke, dem ich hierdurch auch öffentlich meinen verbindlichſten Dank ausſprechen möchte. Am 15. März beobachtete ich bei heftigem, aus Norden treibendem Schneeſturm und 8° Kälte einen Flug Merula torquata (Ringamſel) in Scheitnig. Dieſe auf dem Rieſengebirge niſtenden Vögel ſteigen im Winter regelmäßig in die ſchleſiſche Ebene herab, wobei ſie nur allzu häufig dem Dohnenſtrich zum Opfer fallen, um dann als Krammetsvögel verſpeiſt zu werden. Am 17. ſtieg das Thermometer bis auf den Gefrierpunkt, während der rauhe Nordwind noch fortwüthete; ich ſah an dieſem Tage auf den Feldern / Stunden ſüdlich von Breslau nicht unbedeutende Schwärme von Plectrophanes nivalis (Schneeammer). Bei einem Händler fand ich wenige Tage ſpäter ein prachtvoll ausgefärbtes, rein ſchneeweißes altes Männchen vor. Eine Schilderung des Vogelzuges im Frühjahr und Herbſt 1889 kann ich mir hier wohl erſparen, da ich über denſelben ſpäter beſondere Tabellen hier in der Monats— ſchrift zu veröffentlichen gedenke. Die Noth eines Nachwinters blieb den Vögeln diesmal glücklicherweiſe erſpart. Seltene Gäſte freilich ließen ſich nicht blicken; ſie zogen, durch die eigenthümlichen Witterungsverhältniſſe veranlaßt, auf raſchen Schwingen durch, ohne ſich zu längerer Raſt auf unſeren ſchleſiſchen Gefilden nieder— zulaſſen. Der Schnepfenzug vollzog ſich in der Zeit vom 12.—25. März und war nicht ſehr ſtark. Beſſere Ausbeute lieferte der Dohnenſtieg; unzählige Singdroſſeln und Amſeln, ja ſelbſt zahlreiche Spechte (Pieus maior et minor, Geeinus eanus et ET 234 Kurt Flöricke, viridis) prangten als „Krammetsvögel“ in den Schaufenftern der Breslauer Delicateß⸗ handlungen; am 20. April ſah ich ſogar noch friſch gefangene Seidenſchwänze (Bomby- eilla garrula). | Das anhaltend ſchöne Wetter verlockte die Vögel ſehr bald zu eifrigem Geſang und zum Neſtbau; die Sperlinge waren ſchon am 20. März mit demſelben beſchäftigt, und am 14. April fanden wir bereits das volle Gelege von Merula vulgaris (Schwarz⸗ amſel). Anfang Mai hatten faſt alle Vögel ſchon Eier, und durch das ſchöne Wetter begünſtigt, kamen die meiſten Bruten auch glücklich auf. In der Nähe der Stadt thun leider die umherſchweifenden Katzen viel Schaden, und zahlreiche Bruten der Erdniſter fallen den wildernden Hunden der Spaziergänger zum Opfer; auch die allzu zahlreich vorhandenen Saat- und Nebelkrähen zerſtören manches Neſt, während die Breslauer Gegend andererſeits glücklicherweiſe arm an Eichhörnchen iſt. Die Rohr⸗ ſänger erlitten durch Hochwaſſer Ende Juni ſtarke Verluſte. Im allgemeinen konnte ich die intereſſante Beobachtung machen, daß die in der Nähe der Stadt niſtenden Vögel etwa 14 Tage hinter den auf dem platten Lande brütenden in dem Brutgeſchäft zurück waren. Ich erkläre mir dies daraus, daß die in der Nähe der Großſtadt wohnenden und demzufolge weit größeren und zahlreicheren Gefahren ausgeſetzten Vögel ſich nicht eher zum Neſtbau entſchließen, als bis das hinreichend belaubte Gebüſch ihnen vollſtändigeren Schutz gegen alle Nachſtellungen ſeitens neſterplündernder Buben u. ſ. w. bietet, während ihre Vettern auf dem Lande ſolche weniger zu fürchten haben und ſich deshalb dem Fortpflanzungs⸗ triebe früher hingeben, auch wenn das Buſchwerk noch nicht ganz mit friſchem Laube bekleidet iſt. Es wäre von Intereſſe, zu erfahren, ob ähnliche Beobachtungen auch in der Umgebung anderer Großſtädte gemacht worden ſind, und wir hätten dann einen neuen ſchönen Beweis von der Anpaſſungsfähigkeit des Vogels vor uns. Am 31. März unternahm ich in Geſellſchaft des Herrn Hanke einen Ausflug nach der großen Saatkrähencolonie bei Ranſern. Schon lange vor dem Gehölz, in dem ſich die Krähenanſiedelung befindet, beleidigte das ſinnverwirrende, betäubende Gekrächz der in kleinen Trupps ab- und zufliegenden Vögel unſere Nerven und Ohren. Singvögel ſind in der ganzen Gegend faſt gar nicht zu finden, nach Anſicht des Herrn Hanke, weil die räuberiſchen Krähen keine Brut in der Nähe ihres Wohn⸗ platzes aufkommen laſſen. Etwa 25 Neſter waren bereits wieder beſetzt und friſch ausgebaut; der Kampf um die übrigen ſchien noch nicht entſchieden. Auf manchen Bäumen befanden ſich 5 alte Neſter, zum Theil unmittelbar neben einander. Etwas abſeits davon hatte ein Sperberpärchen ſeinen Horſt. Derſelbe war wahrſcheinlich aus einem alten Krähenneſte ausgebaut, kreisrund, tellerförmig und mit weit größerer Sorgfalt hergerichtet als die wirren Neſthaufen der Krähen. Das Weibchen ſchien ſchon zu brüten, that wenigſtens ſehr ängſtlich und umflog den Horſt in nächſter Nähe mit kläglichem Geſchrei, während das eifrig ſeinen Lockton ausſtoßende Männchen ſich in größerer Entfernung hielt. Dieſes frühzeitige Niſten von Accipiter nisus erſcheint in Anbetracht der Jahreszeit und der bis dahin keineswegs beſonders günſtigen Witterung ſehr auffallend; wahrſcheinlich hatten wir es mit einem recht alten Pärchen zu thun. Auf dem Rückwege beobachteten wir noch Emberiza hortulana (Garten- ammer) und E. cia (Zippammer). Einen ganz eigenthümlichen und charakteriſtiſchen Zug in der Breslauer Vogel— welt bildet das zahlreiche Vorkommen faſt aller Rohrſängerarten, ja das Ueberwiegen derſelben gegen alle anderen Vogelgattungen auf jeder nur halbwegs günſtigen Oert— lichkeit. An geeigneten Stellen iſt auch Totanus ochropus (der getüpfelte Waſſer— läufer) keineswegs ſelten, und endlich war ich noch ſo glücklich, am Drachenbrunner See Gallinula pygmaea et minuta (Zwerg- und kleines Sumpfhuhn) als Brutvögel conſtatiren zu können. Alle dieſe intereſſanten Arten konnte ich näher beobachten, werde meine Beobachtungen auch in dieſem Jahre mit doppeltem Eifer fortſetzen und gedenke ſie dann monographiſch in der Monatsſchrift zu ſchildern, weshalb ich hier meine Wahrnehmungen vorläufig übergehe. Im übrigen entnehme ich meinem Tagebuche noch folgende Notizen über den Verlauf der Brutzeit. Von Raubvögeln brüten in meinem Beobachtungsgebiet nach ſicheren Ermittelungen nur: Milvus regalis (rother Milan), M. ater (ſchwarzbrauner Milan), Astur palumbarius (Habicht), Aceipiter nisus (Sperber), Pandion haliaötus (Fiſchadler), Buteo vulgaris (Mäufebuffard), Cireus eyaneus (Kornweihe), Athene noetua (Steinkauz), Syrnium alueo (Waldkauz), Strix flammea (Schleiereule) und Otus vulgaris (Waldohreule); vielleicht ſind auch noch Pernis apivorus (Weſpen— buſſard) und Falco subbuteo (Lerchenfalke) Brutvögel. Alle dieſe gefiederten Räuber ſind aber nur durch wenige Pärchen vertreten, und ſelbſt der Beſtand der Mäuſe— buſſarde iſt ein ſehr geringer, da dieſelben durch ſchonungsloſen Abſchuß zu allen Jahreszeiten ſtark vermindert werden. Caprimulgus europaeus (Nachtſchwalbe). Am 20. Mai fand ich auf einem wenig begangenen Wege in der Strachate ein leider ſchon zertretenes Ei. Hirundo riparia (Uferſchwalbe). Größere Kolonieen dieſes Vogels finden ſich u. a. bei Wohlau und bei Jeſchkowitz an der Oder. Von Cuculus canorus (Kuckuk) fand Herr Hanke am 25. Mai ein Ei bei dem vollen Gelege von Calamoherpe phragmitis (Schilfrohrſänger) und Ende Juni ein zweites im Neſte von Motaeilla alba (weiße Bachſtelze) neben 3 Eiern der Pflege— eltern. Mit beſonderer Vorliebe aber benutzt der Kuckuk in hieſiger Gegend die Neſter von Acrocephalus turdoides (Rohrdroſſel) und A. arundinacea (Teichrohrſänger), die beide ſehr häufig ſind, zum Ablegen ſeines Eies. Herr Hanke beſitzt ſehr ſchöne diesbezügliche Gelege. Ornithologiſche Mittheilungen aus Schleſien. I. 235 \ 256 Kurt Flöricke, Alcedo ispida (Eisvogel) iſt nur ſehr ſpärlich als Brutvogel vertreten und wird auch vielfach verfolgt. 5 Coracias garrula (Blauracke) brütet namentlich in der fruchtbaren Ebene öſtlich von Breslau zwiſchen Hundsfeld und Oels recht zahlreich. Oriolus galbula (Pirol) iſt allenthalbeu außerordentlich häufig anzutreffen und niſtet ſogar in den größeren Gärten der Stadt. Während Corvus cornix (Nebelkrähe) häufiger Brutvogel iſt, fehlt C. corone (Rabenkrähe) als ſolcher ganz. Dryocopus martius (Schwarzſpecht) und Picus leuconotus (weißrückiger Bunt⸗ ſpecht) beobachtete ich während der Brutzeit mehrfach im Kottwitzer Forſt. P. leu- conotus erſcheint viel zutraulicher und harmloſer als die anderen Buntſpechte und wagt ſich mehr auf freies Terrain hinaus; namentlich beſucht er gern die an Chauſſeen und Wegen ſtehenden Obſtbäume, für die er durch Vertilgung der in der Rinde ſitzenden Inſekten ein nicht zu unterſchätzender Wohlthäter werden mag. Ich werde es mir in dieſem Jahre beſonders angelegen ſein laſſen, nach dem Neſte dieſes inter⸗ eſſanten Vogels zu fahnden und damit den thatſächlichen Beweis für ſein Brüten in Schleſien zu erbringen. — Von Certhia familiaris (Baumläufer) beobachtete 55 die Begattung am 18., von Jynx torquilla (Wendehals) am 23. April. Upupa epops (Wiedehopf), Lanius excubitor (Raubwürger), L. minor (kleiner Würger) und L. rufus (rothköpfiger Würger) ſind Brutvögel in der Strachate. Ob Museicapa luctuosa (Trauerfliegenſchnäpper) im Revier brütet, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. L. collurio brütete am 25. Mai ſchon feſt auf 5 Eiern; Herr Hanke zog die Jungen auf. Von Sylvien ift S. einerea (Dorngrasmücke) die weitaus häufigſte; am 25. Mai fanden wir das ſchon ziemlich ſtark bebrütete Gelege. Auch S. nisoria (Sperbergras⸗ mücke) iſt an geeigneten Oertlichkeiten nirgends ſelten. Merula vulgaris (Amſel) brütete bereits am 14. April auf 4 Eiern, doch fanden wir noch am 28. unvollendete Gelege. Am 18. überraſchte ich ein Wieſel beim Plündern eines Amſelneſtes im Scheitniger Park. Von der hier noch häufigeren T. musicus (Singdroſſel) fanden wir erſt am 28. April das erſte fertige Gelege, und am 25. Mai noch wenig bebrütete Eier. T. pilaris (Krammetsvogel) ſteht an Häufig⸗ keit den genannten Arten kaum nach. Die Eier eines am 28. April aufgefundenen Geleges erwieſen ſich ſchon als ſehr ſtark bebrütet. Am 5. Juni ſah ich die erſten Jungen. Wahrſcheinlich brütet auch T. viscivorus (Miſteldroſſel) im Gebiet; wenigſtens ſchoß ich am 26. Juni ein prächtiges altes & in der Strachate. Cyanecula leucocyana (Blaukehlchen) iſt ein recht häufiger Brutvogel. Am 25. April konnte ich es beim Neſtbau beobachten. Das Neſt wurde leider zerſtört, und ein anderes habe ich nicht mehr aufgefunden. Die Paarung von Motaeilla alba 8 Ornithologiſche Mittheilungen aus Schleſien. I. 237 (weiße Bachſtelze) beobachtete ich am 12. April. Die Vorgänge vor und während derſelben entſprachen der Schilderung des Herrn Dr. Eckſtein von M. sulphurea (Cab. Journ. 1889, S. 179). Von Ammern haben wir hier: Miliaria europaea (Grauammer), Emberiza eitrinella (Goldammer), E. hortulana (Gartenammer) und Schoenicola schoenielus (Rohrammer). Der Ortolan iſt freilich ſehr ſelten und auch der Rohrammer nicht ſo häufig, wie es die für ihn ſo günſtige Oertlichkeit erwarten ließe; ich beobachtete ihn nur am Drachenbrunner See, in der Strachate und am Jungfernſee. Vielleicht brüten auch noch E. eia (Zippammer) und E. eirlus (Zaunammer) in der Umgebung Breslaus; ich habe zwar beide ſchon wiederholt geſehen, aber ſtets nur im März. Das erſte vollendete, aber noch unbelegte Neſt von Fringilla coelebs (Buch— fink) fand ich am 3. Mai, die erſten Eier am 7. Mai. Zeitiger begann Ligurinus ehloris (Grünfink) mit dem Brutgeſchäft. Er war ſchon am 19. April mit dem Neſt— bau fertig und ſaß am 28. feſt auf 4 Eiern. Eine kleine Colonie von Ardea einerea (Fiſchreiher) befindet ſich im Kottwitzer Forſt unweit des Jungfernſees. Ardetta minuta (kleine Rohrdommel) iſt Brutvogel bei Klein⸗Tſchanſch, kaum eine Stunde von Breslau. Ciconia alba (weißer Storch) brütet zahlreich im Revier; ich beobachtete am 1. Mai die erſte Paarung. Vanellus eristatus (Kiebitz) iſt überall zahlreich vertreten. Die erſten Kiebitzeier trafen am 3. April, die erſten Möveneier (Nema ridibundum) am 21. April auf dem hieſigen Markte ein. Von Mitte Juni an wimmelte es in der Strachate von jungen Rothkehlchen, und auch Blaukehlchen konnte ich mehrmals mit ihrer Kinderſchaar erblicken. An der alten Oder war in einem lauſchigen Dickicht eine Brut Blaukehlchen groß ge— worden, die von der Mutter eifrig gefüttert wurden, während ſich das Z nicht blicken ließ und wohl umgekommen war. Am 26. Juni nun ſah ich zu meinem großen Erſtaunen, daß die dem Neſte bereits entwachſenen jungen Vögelchen nicht mehr von einem Blaukehlchen, ſondern von einem alten Rothkehlchen gefüttert wurden und dies wiederholte ſich auch an den folgenden Tagen. Augenſcheinlich war auch das zweite Blaukehlchen zu Grunde gegangen, und das gutmüthige Rothkehlchen hatte ſich hilfreich der kleinen Waiſen angenommen. Am 30. Mai traf ich einen Flug von etwa 150 - 175 Stück Pastor roseus (Roſenſtaar) an, der ſich auf den Wieſen vor der Strachate niedergelaſſen hatte. Die Vögel ließen ſich auf 50 Schritt bequem beobachten, gingen aber dann auf und zogen geſchloſſen in ſüdöſtlicher Richtung über die Oder, wobei ſie von den an ihren An— blick offenbar nicht gewöhnten Kiebitzen umſchwärmt und mit lautem Geſchrei eine Strecke weit verfolgt wurden. 238 Kleinere Mittheilungen. Kleinere Mittheilungen. Fleiſchextract. Der Fiſchgroßhändler von Oterendorp auf Norderney theilt mir folgendes mit: Es kommt häufig vor, daß die Norderneyer Fiſcher ihm Vögel mitbringen, welche flugmatt in offener See ſich auf die Schalupen niederlaſſen und leicht eingefangen werden. Kürzlich wurde ihm ein ſchöner Häher gebracht, der jedoch faſt verendend in ſeine Hände kam. Um ſich das Thier am Leben zu erhalten, nahm er ſchleunigſt etwas Liebig'ſches Fleiſchextract, bereitete ſich mit Waſſer in einem Thee⸗ löffel eine kräftige Löſung deſſelben und flößte dieſe dem ſterbensmatten Häher ein. Nach wenigen Minuten erholte ſich der Vogel in überraſchender Weiſe und blieb am Leben. Herr von Oterendorp empfiehlt dieſes einfache Verfahren in allen Fällen, wo es ſich darum handelt, die aus irgend welchen Urſachen ſchwindenden Lebens⸗ geiſter der Vögel durch ein kräftiges Stimulans wieder wachzurufen; das Einflößen von Wein oder Spirituoſen (Cognac) hätte niemals einen ſo prompten Erfolg gehabt wie dieſes Mittel. Seehospiz zu Norderney. | Dr. Rode. Als Belebungsmittel für verſchmachtende oder fast verunglückende, dem Tode nahe Vögel habe ich — namentlich bei böſen Nachwintern, wo Hunger und infolge des Hungers auch die Kälte den Vögeln zu arg zugeſetzt hatten — mit gutem Er— folg mehrmals hintereinander einige Tropfen Rothwein eingeflößt. Mit Weißwein, Cognac, Kornbranntwein habe ich, vielleicht mehr zufällig bei meinen wenigen Ver⸗ ſuchen damit, — nur ſchlechte Erfolge gehabt. Ein mir beſonders denkwürdiger Fall war folgender. Vor etwa 20 Jahren ward mir, als ſpannentiefer Schnee im Nachwinter die Flur draußen deckte und die quelligen Stellen auf den Wieſen ver⸗ hüllte, eine weiße Bachſtelze (Mot. alba) gebracht, welche im Verſcheiden zu ſein ſchien. Einige Tropfen Rothwein brachten ſie allmälig wieder ſo weit, daß ſie ſtehen konnte. Ich drückte das Innere eines Mehlwurmes in ihren Gaumen hinein und nöthigte durch Schließung des Schnabels zum Schlucken. Es gelang. Dieſen Tag ward nun das Thierchen noch einige Mal mit einem Tropfen Rothwein und mit dem Innern eines Mehlwurmes in obiger Weiſe verſehen. Am Abend ſchlief es, und am nächſten Morgen warf es einen kleinen Ballen aus und ward von da an in wenig Tagen ganz geſund und munter. Der Ballen beſtand aus einem zarten Epithelium, ganz genau der Kropfſchleimhaut der kleinen Sänger entſprechend, welches wie von einer blutigen Feuchtigkeit durchtränkt war. Ich vermuthete, daß die unnatürliche Nahrung während der vorhergehenden Entbehrungszeit eine theilweiſe Entzündung der Kropf⸗ ſchleimhaut hervorgerufen haben könnte, deren Heilungsproceß dann mit einer Ab⸗ ſtoßung der Schleimhaut ſich erſt abgeſchloſſen hätte. — Die Bachſtelze war übrigens nach dieſer Kur ſo vollkommen zahm und mit den Menſchen in der Stube vertraut, Kleinere Mittheilungen. 239 daß es uns recht wehe that, als wir ſie dann wieder in die freie Natur hinaus ent⸗ ließen. K. Th. Liebe. Schon vor etlichen Jahren wurde bei Fiſchbach, Oberpfalz, auf der Jagd des Grafen von der Mühle auf einem Karpfenteiche ein Pelekan (Pelecanus onoerotalus) beobachtet und eine Prämie auf ſeine Erlegung ausgeſetzt, da er den Teichbewohnern, nämlich den Karpfen, arg zuſetzt. Doch trotz aller Verſuche, ſogar verkleidet, ihm zu nahen, konnte man ihn nicht zu Schuß bringen; er erhob ſich in weiter Entfernung und ſtieg in Schraubenlinien empor, um dann erſt am nächſten Tage wieder zu er— ſcheinen. Einmal aber kam er nicht wieder. München. A. Graf Geldern. Glückliche Frühbrut einer Haidelerche. Als ich am 28. April über eine Weidefläche auf der Höhe des Habichtswaldes ging, bemerkte ich, wie eine Haidelerche einer beſtimmten Richtung zuflog, ihren Cours aber änderte, als ſie mich ſah. Ich kam nach einer Weile nach der Stelle zurück und der Vogel flog auf. Nun ſuchte ich und fand an einer ungeſchützten Stelle das plattgedrückte, mit den abgefallenen Schuppen der Federkiele bedeckte Neſt und nicht weit davon einen vollſtändig be— fiederten jungen todten Vogel; jedenfalls der jüngſte der Neſtinſaſſen, welcher ſchutz— ſuchend vor der naßkalten Witterung ſich in dem wenigen vorhandenen Graſe verſteckt hatte und von einem der über jene Fläche gezogenen Heerde Schafe todt getreten wurde. — Daß Haidelerchen ſehr früh brüten, iſt ja bekannte Sache, und nicht ſelten werden die erſten Bruten durch einen ſtarken Schneefall geſtört; dies ſetzte ich auch voraus, als am 12. April dort Schnee fiel, welcher noch am 13. in einer Höhe von 5 em gefroren den Boden bedeckte. Am 23. war ich in jener Gegend, als bei einem Ge— witter ein Hagelſchauer eintrat, daß auf eine Weile der Boden ganz weiß war und einzelne Schloßen den Durchmeſſer von faſt 1 em erreichten; und doch waren die Vögel aufgekommen, während eine Mot. sulphurea unter günſtigeren Verhältniſſen das Neſt verlaſſen hatte. Die an jenem Nachmittage gefallenen Hagelkörner hatten an einem in der Nähe befindlichen, eben gedeckten Schutzhäuschen die Dachpappe durchgeſchlagen. Wehlheiden⸗Kaſſel. H. Ochs. In einer der letzten Nummern der Ornith. Monatsſchr. fand ich eine Aufzählung abſonderlicher Niſtplätze der Vögel, die mir es werth erſcheinen läßt, Ihnen die nachſtehende Mittheilung zu machen: An der Halteſtelle Naundorf bei Plauen i. V. befinden ſich an dem Bahnübergange vom Stationsgebäude nach der Wartehalle am Weiſchlitzer Geleiſe zwei Barrièreſtangen mit den bekannten eiſernen Endkolben, die der Stange das Gleichgewicht halten. Beide Kolben ſind hohl und haben am hinteren Ende eine Oeffnung, daß eine Kinderfauſt hinein kann. Beide Barriérenſtangen werden nie geöffnet, da das Publikum ſich gewöhnt hat, einige Meter hinter jenen 240 Kleinere Mittheilungen. — Anzeigen. Kolben die Bahn zu überſchreiten. Dieſe Thatſache haben ſich 2 gefiederte Sans köpfe zu Nutze gemacht. Luſtig und vergnügt, triumphirend über das räuberiſche Katzenpack und vertrauend auf die Gutmüthigkeit des Menſchen und die Sicherheit an unſeren Verkehrswegen haben ſie in den hohlen Eiſenkolben ihr Neſt aufgeſchlagen. Auf der weſtlichen Seite baute ſich Parus ater, die Taunenmeiſe an, auf der öſt⸗ lichen das Rothſchwänzchen, R. tithys. Beide haben jetzt Junge. Der Verkehr, der an einzelnen Tagen ziemlich ſtark iſt, ſcheint die Thiere nicht zu ſtören, eben ſo wenig das Fahren und Halten der Züge in unmittelbarſter Nähe. — Die alten Schwellenſtöße, in denen wenigſtens das Rothſchwänzchen früher brütete, ſcheinen den vorſichtigen Thieren wegen der Katzengefahr zu unſicher geworden zu ſein. Plauen i. V. Weise, Letzten September wurde von Otto Graf Geldern bei Schloß Thurnſtein, Nieder⸗ baiern, ein Roſenſtaar (Pastor roseus) zweimal unter einer Schaar anderer Staare auf Feldern beobachtet, konnte aber nicht erlegt werden. München. | | U. Graf Geldern. Anzeigen. In tadelloſen neuen Exemplaren liefern wir: Rieſenthal, O. v., Die Raubvögel Deutſchlands und des angrenzenden Ba Text und Atlas mit 60 herrlichen Tafeln in Aquarelldruck. Eleg. geb. jtatt 80 Mark für nur 30 Mark. Es ſind nur noch ſehr wenige Exemplare am Lager; nach Verkauf derſelben iſt das Werk im Buchhandel nicht mehr zu haben, da eine neue Auflage nicht erſcheinen wird. Wir empfehlen daher die Anſchaffung, ſo lange die wenigen Exemplare noch reichen, angelegentlichſt. Merſeburg a. S. Daul Steffenhagen⸗ Buchhandlung. Gebr. Reiche, Thierhandlung in Alfeld (Prov. Hannover) empfehlen: Mandarin⸗Enten, gut eingewöhnt, Paar 40 % — Calif. Schopfwachteln P. 20 % — Streifengänſe (Anser indicus) P. 75 % — Brillen-Pinguine, gut freſſend, Stück 100 % — Dominikaner⸗Kardinäle P. 12 % — Saffranfinken (Fr. brasiliensis) P. 8% — Kronfinken (Fr. pileata) P. 15 M — Trauer-Tangaren (Tanagra melanoleuca) P. 15 % — Seidenkuhſtaare (Sturn. atronitens) P. 15 % — Braunköpf. Stärling (Agelaeus frontalis) St. 12 % — Zebrafinken (Zonaeg. castanotis) P. 3 % — Graue Reisvögel (Sperm. orizivora) P. 3 % — Weiße Reisvögel P. 15 % — Wellenſittiche (Psit. undulatus) P. 12 % — Halbmondſittiche (Psit. aureus) St. 6 % — Sperlingspapageien (Psit. passerinus) P. 6 % — Naſen-Kakadus (Psit. nasica) St. 12 %. — Indigofinken (Fr. eyanea) Männchen St. 5 M — Papſtfinken (Fr. eiris) Männchen St. 9 % — Braſil. Blauraben (Cyano- corax cyanopogon) St. 25 M Univerſalfutter für Inſektenfreſſer pro Poſteollo 8 N. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. Alfeld, im Mai 1890. r ag „ Ornithologifche Be: | . Q SS $ 25 II D S * Il nl 51 e | IN 101 0 Een EN S U U UOUOoıUOıQUıı'IıIIUııoı—_;Uo—; ISIS INIIIIIIIIIIIIIIIIIIIÄIISS NARRANASEIINÄNSISSIÄNANIISITSSIISNTNÄUH THIS — ZZ BIS — — en — „ 5 * x Dentfchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von eee e Jahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, in nn un een Be. Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. und erhalten dafür die Monats⸗ ; f i r entgeltlich u. poſtfrei. zweitem Vorſitzenden des Vereins, Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ LIU rr — — — —— une Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mart. Dr. Frenzel, Dr. Ney, der finden koſtenfreie Aufnahme, Str.⸗Inſp. Thiele. ſoweit der Raum es geſtattet. XV. Jahrgang. Juni 1890. Mr. 9. Inhalt: Einladung zur Hauptverſammlung in Halberſtadt. — Das Brüllen der amerika— niſchen Rohrdommel II. von Ch. J. Maynard. (Mit 3 Holzſchnitt-Tafeln.) Aus dem Anglo-Ame— rikaniſchen von Paul Leverkühn. Kurt Flöricke: Ornithologiſche Mittheilungen aus Schle— ſien. II. K. Junghans: Phänologiſche Beobachtungen für Caſſel, Frühjahr 1890. F. Schlag: Ornithologiſche Rückerinnerungen: b) Wildtauben-Eier. — Kleinere Mittheilungen: Rallen— reiher. Der Kernbeißer ein Geſangskünſtler. Ueberwinterung der Schwalben. Jagender Sperber. — Anzeigen. Vereinsangelegenheiten. Die nächte Hauptverſammlung unſeres Vereins wird Sonnabend den 28. Juni 1890 in Halberſtadt abgehalten und zwar von Abends 6 Uhr ab im „Stadtpark“ daſelbſt. (Tagesordnung umſtehend.) 17 242 Ch. F. Maynard, Tagesordnung: Sonnabend den 28. Juni. Nachmittag: Zuſammenkunft im Gaſthaus zum „Weißen Roß“. — Spaziergang nach „Spiegelsbergen“. | Abends von pünktlich 71/, Uhr ab Verſammlung im „Stadtpark“. 1. Vortrag von Profeſſor Dr. Blaſius aus Braunſchweig: „die Vogelwarte auf Helgoland“. | 2. Paſtor Allihn aus Athenſtedt: „über Vogelſchutz“. 3. Baurath Pietſch aus Torgau: über einige offizielle Anträge betreffend den geſetzlichen Vogelſchutz. Sonntag den 29. Juni. Vormittag: Beſichtigung der Heine'ſchen, bezw. v. Spiegel'ſchen Sammlung und des Domes. Nachmittag: Ausflug nach Blankenburg und Thale. | Logis: Hotel „Weißes Roß“ (in unmittelbarer Nähe des Stadtparkes). Der Vorſtand. Das Brüllen der amerikaniſchen Nohrdommel (Botaurus lentiginosus, 8%.) II. (Mit drei Holzſchnitt⸗Tafeln.) Von Ch. J. Maynard. (Aus dem Anglo-Amerikaniſchen.) In dem erſten Theile des Aufſatzes S. 62— 73 haben ſich mehrere ſinnſtörende Druckfehler ein- geſchlichen, welche wir höflich zu corrigiren bitten. S. 62 (Sep.-Abz. S. 1), Z. 12 v. u. „örtliche“ für artliche; S. 63 (2), Z. 2 v. u. einzuſchalten vor a. a. O. den Namen „Coues“; S. 69 (8) in Anm. 1: „APIETOTEAH" für APISTOTEAHZ,; „zaiovusvoı" für zaAovuevor;, „ovc" für o % „uvdoloyovo“ für uv$oAoyoöcı; ir für diotı; „wowoc" für WOpog; „dog“ für @09’; S. 70 (9), Z. 2 v. u. „Topographicae“ für Topographical. P. Lev.] Nachdem der Druck dieſer Arbeit bis ſo weit gediehen war, las ich von einer in Amerika erſchienenen eingehenden Abhandlung über die Anatomie des Halſes der Rohrdommel. Ich ließ mir die Zeitſchrift, in welcher ſie erſchien, ein in Deutſchland ganz unbekanntes Organ „Contributions to Seience“,) ſofort kommen und gebe außer der Ueberſetzung eine möglichſt getreue Facſimilirung der 6 Holzſchnitte und der Volltafel. Der Verfaſſer Charles J. Maynard, Herausgeber des zur Samm⸗ lung ſeiner Aufſätze beſtimmten Journals (prächtig und gediegen ausgeſtattet), iſt durch ſehr zahlreiche Arbeiten auf verſchiedenen naturwiſſenſchaftlichen Gebieten rühmlich bekannt. Lev. ) Vol. I. Nr. 1 und 2. 1889. — Newiouville, Mass, ‚Publ. by the author’. 8 3, 75. Das Brüllen der amerikaniſchen Rohrdommel. II. 243 Die Stimmorgane der amerikaniſchen Rohrdommel (Botaurus lentiginosus).*) Bradford Torrey gewidmet. | Seit über 100 Jahren haben die Schriftſteller, welche die eigenthümlichen Töne der amerikaniſchen Rohrdommel kannten, verſchiedene Theorien hinſichtlich der wahr— ſcheinlichen Art, wie dieſe Töne entſtehen, aufgeſtellt. Einige dieſer Theorien ſind augenſcheinlich abgeſchmackt; z. B. finden wir angegeben, daß der Vogel ſeinen Schnabel unter Waſſer ſteckt und jo den Ton hervorgluckt;“) dann wird uns erzählt, der Vogel ſchlage mit den Flügeln auf das Waſſer oder auf einen Pfahl: niemand kam jedoch der Wahrheit näher. Es war Mr. Bradford Torrey und ſeinem Freunde Prof. Walter Faxon vorbehalten, eine Hypotheſe über die Methode aufzuſtellen, wie die Töne entſtehen, und dieſe iſt im weſentlichen richtig. Sie hatten im Frühling 1888 Gelegenheit, eine Rohrdommel, welche wiederholt ihr Geſchrei aus- ſtieß, unter beſonders günſtigen Umſtänden zu beobachten, worüber Mr. Torrey einen höchſt intereſſanten Bericht im „Auk“, Januar 1889, veröffentlicht hat (vgl. unſern Aufſatz I, Monatsſchrift 1890, S. 62— 73. Lev). Kurz gejagt iſt Mr. Torrey's Theorie, daß die Rohrdommel Luft in den Oeſophagus einzieht, letzteren dadurch auf— bläſt und durch dieſen ſonderbaren Vorgang auf irgend welche Weiſe die eigenthüm— lichen pumpenden Töne hervorbringt. Als Mr. Torrey's Aufſatz mir zuerſt bekannt wurde, muß ich offen geſtehen, glaubte ich, er irre ſich in ſeinen Schlüſſen, obwohl mir ſeine ſorgfältige Art zu be— obachten großen Eindruck machte, denn ich war überzeugt, daß die pumpenden Töne der Rohrdommel ihren Urſprung im unteren Kehlkopf hätten, wie es beim Geſange aller anderen Vögel, die wir kennen, der Fall iſt. Nachdem ich den Vogel ſeeirt hatte — vermuthlich, wie man in der Folge ſehen wird, daſſelbe Exemplar, an welchem Mr. Torrey ſeine Beobachtungen anſtellte, — gewann ich die feſte, obwohl völlig unerwartete und beiſpielloſe Gewißheit der Richtigkeit feiner Theorie im all- gemeinen, nämlich: daß die Töne aus dem Oeſophagus ſtammen, ſo daß ich ihm mit Freuden dieſen Artikel widme, worin ich wiedergebe, was ich für eine der wichtigſten Entdeckungen in der ornithologiſchen Anatomie halte, die zu machen mein Loos ge— weſen iſt, als ein geringes Zeichen, wie ſehr ich Mr. Torrey's ausgezeichnete Be— obachtungsgabe ſchätze. — Obgleich ich verſchiedene Male Exemplare der Rohrdommel im Herbſt und Winter ſecirt hatte, war ich jedoch nie in der Lage geweſen, die Stimmorgane im *) The vocal organs of the american bittern, Bot. lentiginosus. Contr. to Science J. Nr. 2. July p. 59 —68. pl. VI. figg. 1 —6. *) Zur Illuſtration, wie verbreitet dieſer Aberglaube war, ſei mitgetheilt, daß in dem „Hiſtoriſchen Leſebuch für die Bürgerſchulen Bremens“ von H. W. Rotermunt, Dompaſtor (Bremen) noch 1887 gedruckt ward: „Wenn er (die Rohrdommel) Nahrung ſucht, ſteckt er den Schnabel ins Waſſer und brüllt „I-prump', daß man es eine halbe Meile weit hören kann.“ Lev. Dez Frühling zu beobachten; und um die Frage über den Urſprung der Töne ſo zu be- | antworten, daß ſie unbeftreitbar war, wußte ich, war es ganz nothwendig, einen Vogel herbeizuſchaffen, der in vollem Beſitz ſeiner Stimme war. So beſuchte ich die Wayland⸗Wieſen am 13. Mai letzten Jahres (1888) in Begleitung meines Freundes Mr. C. W. Chamberlain. Wir ruderten unſer Boot den Weſt-Brook hinauf, und obwohl wir zwei Rohrdommeln am Morgen geſehen hatten, waren wir nicht im Stande, eine zu erbeuten. Als wir gegen 3 Uhr Nachmittags zurückkamen, hörte ich den Ton einer Rohrdommel, der aus der Nähe einer Eiſenbahnbrücke kam. Nach zwei bis drei Wiederholungen hörte ſie auf. Nach ungefähr 10 Minuten pumpte der Vogel wieder, indem er wieder nur wenige Töne von ſich gab und dann eine Zeit lang ſtill blieb. Während der Pauſen des Stilleſeins näherten wir uns dem Punkte, von wo die Töne zu kommen ſchienen, und nachdem ſie ſich ein halb Dutzend Mal wiederholt hatten, gelang es uns, den Standort des Vogels zwiſchen uns und der Brücke feſtzuſtellen. Als ich ſicher war, daß der Vogel in Schußweite war, ging ich auf die Wieſe, näherte mich ein paar Schritt, — da flog er auf, und ich erlegte ihn ohne Schwierigkeit. Nun war dies dem Orte ganz nahe, wo Mr. Torrey ſeine Rohrdommel voriges Jahr beobachtete, und es iſt höchſt wahrſcheinlich, daß ich durch einen ſonderbaren Zufall denſelben Vogel geſchoſſen habe, der den Artikel im „Auk“ veranlaßte. In der That hat Mr. Torrey mir ſeitdem geſchrieben, daß er es für möglich hält, da er den Vogel dort in dieſer Jahreszeit beobachtet habe. Obwohl ich ſehr bedaure, ge— nöthigt geweſen zu ſein, Mr. Torrey's Lieblingsrohrdommel zu opfern, war jedoch der Ruf der Wiſſenſchaft zu gebieteriſch, ſo daß ich denke, in dieſem Falle heiligte der Zweck die Mittel. Wenn die Manen dieſer Rohrdommel erzürnt wären, daß meine That ihren Flug über den Fluß, der weiter, dunkler und geheimnißvoller iſt, als der Sudbury oder der Concord, beſchleunigt hätte, ſo müſſen ſie beſänftigt werden durch das Bewußtſein, daß dieſer Vogel die Urſache zweier langer Artikel iſt. Außer⸗ dem hat es mir große Genugthuung gewährt, gerade das Exemplar zu präpariren, deren punk-a-pog's durch Mr. Torrey's Verdienſt in der ganzen Welt gehört find, denn die Reſultate meiner Arbeiten dürften mehr abſchließender Natur ſein. Die bemerkenswertheſte äußere Eigenthümlichkeit dieſer Rohrdommel iſt die ſtark verdickte Haut am Halſe; dieſe Verdickung läuft ganz herum, iſt aber beſonders ent⸗ wickelt von der unteren Partie des ſchwarzen Streifens an nach unten, wo ſie durch ihr eigenes Gewicht in beutelartiger Weiſe etwas vom Halſe herunterhängt. Wegen dieſer Ausdehnung bildet ſich vorn eine nackte Stelle, welche ſich von der unteren Kehle nach unten ausdehnt. Dieſe iſt ungefähr 0,75 engl. Zoll weit, mit verſtreuten Flaum⸗ federn verſehen und von grasgrüner Farbe, während der gewöhnliche nackte Theil des Halſes oben blau-roth iſt. Der bloße Theil des Geſichtes iſt bläulich oder blau⸗ | 12 se Das Brüllen der amerifanifchen Rohrdommel. II. 245 röthlich, mit einem Bande von dunklem Braun, der vom Auge zur Baſis des Ober— kiefers ſich hinzieht. Die Iris iſt gelb mit einem Rande von röthlichem Orange. Als ich mittelſt einer Röhre Luft durch den Schnabel hindurchblies, conſtatirte ich, daß der Oeſophagus ſich ſehr ausdehnen kann, ſo ſehr, daß er wenigſtens 7 Zoll an der Baſis außen mißt. Als ich die Haut hinten am Halſe öffnete, fand ich eine Maſſe Luftblaſen, die zwiſchen ihr und den vertebralen Muskeln lagen. Dieſe Luft⸗ zellen ſind ins Gewebe eingeſchloſſen und gleichen denen, die man beim Pelikan ſieht, ſind aber größer. Ihre Funktion iſt in dieſem Falle augenſcheinlich diejenige: den Hals vor ungehörigem Druck zu ſchützen, welcher ſonſt von dem aufgeblähten Schlunde verurſacht würde. Der Schlund iſt unabhängig von den ihn umgebenden Muskeln und der Haut, wenn er zu ſeiner größten Capacität aufgeblaſen wird, oben flach und an den Seiten, ſowie unten, beſonders an der Baſis, aufgetrieben. Was die Form betrifft, ſo iſt er nahe dem Munde am engſten, wird, nach unten zulaufend, allmählich größer und zieht ſich am Ende des Halſes ganz plötzlich zuſammen. Er iſt ungefähr 9 Zoll lang, 4 Zoll weit und 6 Zoll tief. Die Muskeln, welche den Oeſophagus umgeben, ſind dünn und von der Haut durch eine Schicht gallertartigen oder waſſerſüchtigen Gewebes getrennt, welche ſo eng mit der Haut des Halſes ſich verbindet, daß ſie unzertrennlich davon iſt. Dieſes waſſerſüchtige Gewebe iſt mit großen, obwohl vereinzelten Blutgefäßen gefüllt, und die geſtreiften Muskelfaſern darunter ſind reichlich mit Blut verſehen. In der That gleicht die ganze Oberfläche des Halſes wunder Haut und iſt augenſcheinlich in fieberiſchem Zuſtande. Dieſe Muskeln, welche ich Oeſophagus-Stimm⸗Muskeln nannte, werden längs des Halſes oben durch einen ungefähr 0,50 Zoll weiten Raum getrennt, während unten die Theilung nicht ſo augenſcheinlich iſt, da hier beide dicht neben einander liegen. Sie erſtrecken ſich längs der ganzen Ausdehnung des Oeſophagus oder beſſer des aufblaſungsfähigen Theiles deſſelben und ſind 9 Zoll lang bei einer Breite von 4 Zoll; ſie gewinnen ihre größte Dicke nahe dem unteren Ende, wo ſie einſchließlich des waſſerſüchtigen Gewebes 0,20 Zoll meſſen. Die Muskeln haben in der Ausdehnung der unteren ¼ ihrer Länge ungefähr die gleiche Breite, ſind dagegen oben ſchmal und verdicken ſich am oberen Rande anſehnlich. Sie ſenden hier an jeder Seite ein Muskelbündel ab, die Occipito⸗Vocal⸗Muskeln, welche ſich an dem Kamme des Hinter- hauptbeines über allen Halsmuskeln inſeriren und als Zurückzieher wirken. Dieſe Occipital⸗Muskeln ſind 0,20 Zoll breit und ungefähr 2 Zoll lang, dabei aber dünn. Vergleiche Tafel V,*) 1 ce, wo ich die obere Seite des Kopfes einer Rohrdommel in ) Die Hinweiſe auf die Abbildungen ſind gleich auf die dieſer Ueberſetzung beigegebenen Tafeln bezogen. Lev. 18 246 Ch. J. Maynard, halber Lebensgröße darſtellte, und ebend. 5, wo eine Seitenanſicht deſſelben wieder⸗ gegeben iſt. s repräſentiert den oberen Theil des zuſammendrückenden Muskels. Ebenſo Taf. III, wo ein ſchematiſcher (phyſiologiſcher) Längsſchnitt einer pumpenden Rohrdommel dargeſtellt iſt; die Buchſtaben in der Zeichnung ſind dieſelben wie oben. Am unteren Theile des oberen Randes eines jeden umhüllenden Muskels kommt ein anderes Bündel“) heraus, das, nach oben gehend, am unteren Theile des Schnabels direct unter den Naſenlöchern ſich anheftet (Oberkiefer-Stimm⸗Muskel), Taf. V. 5 po und Taf. III p. Dieſes iſt auch ein retrahirender und die Wirkung des erſten unter— ſtützender Muskel. Am unteren Rande jedes umhüllenden Muskels, nahe der Baſis des Halſes, läuft ein ſchmaler Zipfel oder vielmehr eine Verlängerung des Muskels, 0,50 Zoll weit und 2 Zoll lang, jedoch dünn, Taf. III t. Dieſer verbindet ſich mit den Muskeln in der Schulterblattgegend und ſendet ein Bündel ſchräg nach dem Rücken, wo er ſich mit dem der Gegenſeite verbindet. | Dieſe drei acceſſoriſchen Muskeln unterſtützen den umhüllenden Muskel und helfen ihm in ſeiner Contraction. Eine andere Funktion der ſich am Schulterblatt anheftenden Portion iſt die, als eine Art Schließmuskel zu dienen, die Luft im Schlunde abzuſchneiden und ſie zu verhindern, in den Vormagen und in den Magen einzudringen. Die Thätigkeit aller eben erwähnten Muskeln iſt: die eingeſchloſſene Luft aus dem ausgedehnten Schlunde herauszutreiben. Um die eingeſchloſſene Luft im Schlunde zurückzuhalten, findet ſich eine ſehr merkwürdige Einrichtung vor. Ein kurzer, dicker Muskel an jeder Seite des Halſes iſt theilweiſe an dem erſten und theilweiſe an dem zweiten Halswirbelgelenk befeſtigt, der Bruſtſtimmmuskel (m. thoracicus), an deſſen untere Seite der m. oceipitalis ſich anschließt. Vgl. Taf. V, 1 und 5 und Taf. III o. Dieſer eigenthümliche Muskel iſt 1,20 Zoll lang, 0,90 Zoll weit und 0,45 Zoll dick. Er entſteht gerade unter dem Halſe, und wenn er contrahiert iſt, baucht er ſich aus und reicht bis an den cor- reſpondirenden der Gegenſeite; beide zuſammen verſchließen mit dem oberen Kehlkopf, welcher dazwiſchen und etwas dahinter liegt, jedoch feſt dagegen gepreßt werden kann, den Durchgang zum Schlunde völlig. Dieſe Einrichtung iſt leichter verſtändlich durch Taf. IV, 1, wo ich den Situs der Hals- und Bruſtmuskeln in halber Lebensgröße gegeben habe; n Hals, ee Bruſt-Stimm-Muskeln, ce oberer Kehlkopf, t Zunge, ss Zungenmuskeln. | Dieſe Verſtopfungen oder Klappen des Schlundes öffnen ſich, wenn ſich der Bruſtſtimmmuskel nach oben und zur Seite und der Kehlkopf ſich nach unten und rückwärts zieht. Dieſe letztgenannte Operation wird durch die Hülfe eines Zurück⸗ ) spur = Dorn pflegen wir nicht von Muskeln zu jagen. f Lev. Das Brüllen der amerikaniſchen Rohrdommel. II. 247 ziehers ausgeführt, der ſeinen Urſprung am unteren Theile des Kehlkopfes hat und der, indem er ſich nach unten ausdehnt, an dem unteren Theile des Oeſophagus— muskels ſich anheftet; vgl. Taf. III und Taf. V. 9 h. Dieſe complicierte Vorrichtung, um den Ton hervorzubringen, iſt damit jedoch noch nicht zu Ende. Am Unterkiefer liegen an jeder Seite zwei Muskeln, die gerade unterhalb der Naſenlöcher den Kieferäſten angeheftet find. Dieſe Unterkiefer-Stimm⸗ Muskeln ſind ungefähr 1,20 Zoll lang; beide (der rechte und der linke) ver— breitern ſich allmählich nach ihren vorderen Enden zu und kommen hier miteinander in Berührung. Vgl. Taf. V. 7 b, wo eine lebensgroße Abbildung der Innen— fläche der letzten Zweidrittel des Unterkiefers gegeben iſt; zwiſchen dieſen Muskeln, welche auch die Rolle von Ventilen ſpielen, iſt die Zunge eingefügt (ebend. g), welche, indem ſie in die Höhe gepreßt wird, die Muskeln gegen das Dach des Oberkiefers drängt und ſo die Paſſage vom Eingang des Schlundes zur Spitze des Schnabels völlig verſperrt. Dieſes Kieferventil iſt im Querſchnitt auf Taf. V, 4 in doppelter Lebensgröße dargeſtellt; 1 Oberkiefer, £ Knochen deſſelben, jj unterer Kinnbacken, 00 | Unterkiefer⸗Muskel mit der Zunge darunter. Die Naſenöffnung an der Innenfläche des oberen Theiles des Mundes iſt eigen— thümlich und ſcheint anzuzeigen, daß die Luft durch die Naſenlöcher aſpirirt wird. Die vordere Oeffnung der Naſenlöcher iſt, wie bei manchen Vogelarten, mit einem Ventil geſchloſſen. (Auf Taf. V, 3 abgebildet, wo eine doppelt lebensgroße Wieder- gabe ſich findet). Eine Seite iſt länger als die andere und an der Baſis, d. i. dem Schlunde am nächſten, findet ſich eine Aushöhlung j, in die eine Erhebung an der andern Seite paßt. A iſt die Oeffnung und w der Angelpunkt. Zwiſchen dieſem Ventil und der hinteren beſtändig offenen Naſenöffnung iſt ein geſchloſſener Raum (ebend. 8, wo eine Abbildung des oberen Theiles der Mundhöhle der Rohrdommel in halber Lebensgröße wiedergegeben iſt); z iſt der vordere klappige Eingang (ge- ſchloſſen), o der hintere beſtändig offene Eingang in die Mundhöhle, deſſen unterer Rand an die dazwiſchen liegende geſchloſſene Stelle grenzt (ebend. X) und fo den Aus— tritt der Luft verhindert. Die äußeren Naſenlöcher (ebend. 5) ſind mit großen Be— deckungen verſehen, die als Ventile dienen; eine lebensgroße Abbildung eines derſelben iſt bei D Taf. V unten. Die kleine amerikaniſche Rohrdommel (Ardetta exilis [Gm.] Gray.), welche keine ſolche Einrichtung braucht, hat keinen geſchloſſenen Raum zwiſchen den beiden Naſenöffnungen; Taf. V. 6 iſt eine lebensgroße Abbildung des oberen Theiles des Mundes dieſer Species. Ueber e iſt die vordere Naſenöffnung, dahinter, mit v endigend, iſt die damit in ununterbrochenem Zuſammenhang ſtehende hintere Oeffnung. Um die Luft zu hindern, in die Luftröhre einzudringen, über die ſie geht, um den Schlund zu erreichen, werden die Ventile des Kehlkopfes durch beſonders ſtarke 18* 248 Ch. J. Maynard, Muskeln verſorgt, welche dazu dienen, ihn zu ſchließen. Vgl. ebend. 9 den oberen Kehl⸗ kopf der amerikaniſchen Rohrdommel in halber Lebensgröße mit dem der kleinen Rohr⸗ dommel, ebend. 2 Lebensgröße: die obere Figur Seitenanſicht, die untere Hinteranſicht. In allen Figuren iſt a der Kehlkopf mit den Muskeln, g Zunge, n Trachea. Die Kehlkopfmuskeln der größeren Species bedecken das Ende der Trachea völlig, während bei der kleineren Species ſie nur die Spitze und die Seiten bedecken. Nachdem ich jetzt alle Theile beſprochen habe, welche die tonhervorbringenden Organe ausmachen, fahre ich fort, auseinanderzuſetzen, wie ſie benutzt werden und wie durch ihre Hülfe das Brüllen der Rohrdommel entſteht. Die Luft wird, wie ſchon geſagt, augenſcheinlich durch die Naſenlöcher in den Schlund eingezogen; der Schnabel iſt während dieſes Vorganges geſchloſſen. Die Naſenlöcher ſchließen ſich, wenn eine Portion Luft eingeführt iſt, die genügt, ſie überzuſchlucken, und da ſie nicht entweichen kann, wenigſtens nicht durch das Kieferventil, Taf. III b, jo wird ſie gleich aufgenommen durch einfaches Herunterſchlucken in den Schlund. Wenn der Schlund oder der zum Schlunde gehörende Behälter einmal voll iſt, während deſſen der Vogel die ſonderbaren Verrenkungen, die Mr. Torrey beobachtete, ausführt, iſt unſer Muſiker fertig, ſeinen melodiſchen Geſang oder das, was dafür gilt, hören zu laſſen. Die Muskeln, die auf den aufgeblaſenen Schlund wirken, drücken nun darauf, die Ventile öffnen ſich (ebend. o) und eine Luftblaſe dringt in den Raum zwiſchen den beiden Ventilgruppen, bezeichnet durch die auseinandergehenden Linien ebend. d, dann hält ſie an bei den Kiefermuskeln (ebend. b). Dies iſt der erſte Ton punk, ein paar Sekunden verfließen, und dann öffnet ſich der Mund und die Luft darin wird herausgelaſſen oder durch eine andere Luftblaſe dahinter, die aus dem Luftbehälter kommt, herausgepreßt und wir haben zwei Silben nahe beieinander a-pog; der Ton erſcheint meinen Ohren wie punk-a-pog, mit einer beſonderen wäſſerigen Betonung, die man gehört haben muß, um ſie ganz zu verſtehen. Ich vermuthe, daß beträchtliche individuelle Verſchiedenheiten in den Tönen vor⸗ handen ſind wie bei anderen Vögeln, d. h. zwei Rohrdommeln ſingen nie ganz gleich. Verſchiedene Entfernungen werden die Töne auch anders erſcheinen laſſen; dazwiſchen liegende Gegenſtände, wie Wälder oder Hügel, können den Tonfall hemmen und ihn verſchieden erſcheinen laſſen; außerdem iſt es ſchwierig, zwei Perſonen zu finden, die völlig über den Ausdruck von Vogellauten übereinſtimmen, da ſie augenſcheinlich nicht auf jeden den gleichen Eindruck machen. Mit all dieſem habe ich jetzt nichts zu thun, und meine Geſchichte von einen beſonders ſchlecht erfundenen und groben Veranſtaltung, um Töne hervorzubringen, wie ſie nur je ein Thier beſeſſen hat, iſt bald zu Ende. Ich kann wohl ſagen, daß kein Anatom in ſeinen wildeſten Träumen ſich jemals ein ſolches Arrangement hätte ausdenken können! In der That kenne ich unter allen Vögeln, die ich beobachtet Das Brüllen der amerifanifchen Rohrdommel. II. 249 habe, kein Beiſpiel eines ſolchen Syſtems. Ich würde es nie für möglich gehalten haben, wäre ich nicht abſolut gezwungen, es zu glauben, da es ſich mir zweifellos klar bewies, daß die Töne der amerikaniſchen Rohrdommel durch die höchſt ſonder— baren Muskelanordnungen entſtehen, die dieſe beſonderen Funktionen nur für kurze Zeit ausüben. N Als Mr Torrey die Stimme der Rohrdommel dem Tone einer Pumpe ver- glich, war ſein Vergleich nicht unrichtig; der Stimmapparat dieſes Vogels gleicht einer Saugdruckpumpe. Mr Torrey iſt geneigt anzunehmen, daß die Töne durch das Lufteinziehen entſtehen, während Prof. Faxon richtiger meint, daß die Töne durch die Ausathmung hervorgebracht werden. Nachdem ich die beſchriebenen Stimmorgane mit den angegebenen Reſultaten geprüft hatte, war ich nicht überraſcht, beim Betrachten des unteren Kehlkopfes zu finden, daß der gewöhnliche, lauthervorbringende Apparat hier beinahe funktionslos war und augenſcheinlich nur dazu benutzt wurde, den harten Ton hervorzubringen, den die Rohrdommel äußert, wenn fie ſich bei einer Störung erhebt. Der Sterno- Trachealmuskel (Taf. IV, 2—5 s und Taf. III k), der zurückziehend auf die vibrirende oder trommelfellartige Membran wirkt, iſt nicht beſonders gut entwickelt. Die Trommelfellhaut (Membrana tympaniformis), Taf. IV, 3 und 5 o, iſt, obwohl breit, doch dick und nicht vielen Vibrirens fähig und endlich ſind die Knochen, die den Körper des Kehlkopfes bilden (Taf. IV, 3 e und Ai), kurz und an den Seiten mit⸗ einander verſchmolzen (Taf. IV, 2 a). Ich habe Abbildungen des unteren Kehlkopfes beigegeben, um zu zeigen, daß eine beſondere Modifikation da iſt, um zu großen Druck gegenüber der Innenſeite der großen Bronchien zu verhüten, den der untere aus⸗ gedehnte Theil des Schlundes, der zwiſchen ihnen durchgeht, ausüben könnte. Ob— gleich die Luft in großem Maßſtabe von dieſem Theile durch den Scapulartheil des großen Compreſſionsmuskels (Taf. III t) ausgeſchloſſen iſt, muß ſich dieſer Theil doch ſehr aufblaſen können. Wie Taf. IV, 4 aa zeigt, find die großen Bronchen bedeutend erweitert, ſogar an der oberen Seite und unten iſt ihre Weite nicht geringer. An der unteren Seite jedes Bronchus iſt ein ausgebauchter Theil von einer harten, mehr fibrinöſen Subſtanz. Dies deutet (im amerikaniſchen Original) die rothe Farbe auf Taf. IV, 35) und 5˙% an. Dieſer erhabene Theil kommt in Berührung mit dem Schlunde und verhindert ihn, die Trommelhaut zu drücken. Taf. IV, 5 zeigt die untere Seite des Kehlkopfes, 4 die obere Seite, 3 iſt die Innenſeite des linken großen Bronchus, die rechte Seite iſt an der Ausmündungsſtelle aus der Trochea entfernt; 2 zeigt die Außenſeite deſſelben Bronchus. Alle Figuren ſind in Lebensgröße. Andere Erklärungen, die noch nicht gegeben ſind: m Trachea, t Anfang des kleinen Bronchial— *) In unſerer Fig. 5 die weiß gelaſſene Parthie, welche ſeitlich von den Knorpeln, oben und unten von der Trommelfellhaut begrenzt iſt. Auf Fig. 3 die Parthie e, rechts von o. Lev. 250 Ch. J. Maynard, muskels, am beiten in Taf. IV, 2 zwiſchen m und a, e große Bronchien und n Stelle, wo die Lungen beginnen. Reſumé. Ich gebe in Folgendem ein Reſums der verſchiedenen Modifikationen, welche die Organe der amerikaniſchen Rohrdommel erleiden, um den pumpenden Ton hervor— zubringen. Ich wünſche nicht ſo verſtanden zu werden, als ob ich meinte, die ver— ſchiedenen von mir gegebenen Muskeln wären völlig neu für die Wiſſenſchaft, ſondern daß die Funktionen, zu denen ſie hier gebraucht werden, nicht beobachtet wurden und daß fie jo geworden ſind, um dieſe Funktionen zu verrichten, indem ich jo die Nutz—⸗ anwendung rechtfertige, welche ich ihnen zugeſchrieben habe. Ich habe nichts derartiges bei anderen Reihern bemerkt, und ein Paar kleine Rohrdommeln (Ardetta exilis), die in Wayland am 10. Juni d. J. geſchoſſen wurden, zeigten bei ſorgfältigſter For- ſchung nicht einmal Rudimente dieſer merkwürdigen Stimmmuskeln, und ſie waren doch im Begriff zu brüten. 1. Die den Oeſophagus umhüllenden Muskeln nehmen in der Brütezeit einen anderen Charakter an. Ihr Gewicht war mit der Haut 6 Unzen. Sie mögen bei anderen Species vorhanden ſein, um die Haut des Halſes zu bewegen; z. B. ſieht man bei dem von Owen bei Apteryx beobachteten Constrictor eolli etwas ähnliches. 2. Die zum Schulterblatt gehörende Verlängerung der Schlundmuskeln hat Aehnlichkeit mit dem Muskel, der behülflich iſt, den Kropf der Tauben und einiger anderer Vögel zu leeren, aber ſie iſt verſchieden befeſtigt, nämlich an der Innen⸗ ſeite der Coracoid-Knochen. 3. Der Hinterhaupt-Stimmmuskel. Ich habe nie eine Beſchreibung geleſen von etwas, was dieſem Muskel völlig gliche, auch habe ich es bei keinem anderen Vogel gefunden. Ein Cochinchina-Huhn hat einen flachen Muskel, der unter dem Ohre und gerade vor ihm anfängt und ſich ungefähr 2 Zoll nach hinten ausdehnt, um ſich an der Haut des Halſes zu inſeriren, jedenfalls um die Halsfedern zu ſträuben. 4. Der Oberkiefer-Stimmmuskel. Ich habe nie etwas ähnliches geſehen. 5. Der Bruſt-Stimmmuskel iſt ein zu dieſer Zeit höchſt ſonderbarer Muskel, mit Blut überladen und zeitweiſe ſehr vergrößert. | 6. Die Unterkiefer-Stimmmuskeln find auch eigenthümlich: ebenfalls hyperämiſch und für dieſe Gelegenheit ſtark vergrößert. Ich habe den Eindruck, als hätte ich dieſe Muskeln entweder bei dieſer Species oder einem anderen Reiher ſchon geſehen, doch habe ich, ſcheint mir, keine Notiz darüber gemacht. 7. Der Zurückzieher des oberen Kehlkopfes iſt weder bei der kleinen Rohr⸗ dommel noch bei den meiſten anderen Vögeln vorhanden; ich fand ihn jedoch bei einem Cochinchina-Huhn, wo er in dieſem Falle ſich bis zum Körper ausdehnte und an den unteren Theil des Endes des Furcula angefügt war. Das Brüllen der amerikanischen Rohrdommel. II. 251 Die Modifikationen am unteren Kehlkopfe und die Blaſen im Gewebe, um den ungehörigen Druck zu hindern, die eine am Halſe und die andere an den Bronchien, ſcheinen zuſammen mit den den Kropf ſtützenden Sehnen des Halſes gewöhnliche Modifikationen zu bilden, die zu den erforderlichen Umſtänden im Cauſalnexus ſtehen. Erklärung der Tafeln III, IV und V.“) Tafel III.“) Idealſchnitt einer amerikaniſchen Rohrdommel, den Stimmapparat darſtellend. a Auge, b erſter Klappen- oder Unterkiefer ⸗Stimm⸗Muskel, e Occipital⸗-Stimm⸗ Muskel, d Raum, welcher von der erſten ausgeſtoßenen Luftblaſe ausgefüllt wird, e Ohr, g Zunge, p Oberkiefer-Stimm-Muskel, o Bruſt⸗Stimm⸗Muskel, d Zungen⸗Muskel, 1 Wirbel und die 6 Sehnen, welche den Oeſophagus-Muskel tragen, h zurückziehender Muskel für den oberen Kehlkopf, n Luftröhre, t Schulter⸗Inſertion des Oeſophagus⸗ Muskels, i unterer Kehlkopf, K Sterno⸗ Tracheal⸗Muskel. — — Tafel IV.) Fig. 1 (= Fig. 1 auf S. 59 des Originals). Durchſchnitt durch den Nacken und die Bruſt⸗Stimm⸗Muskeln. Lebensgröße. ce Oberer Kehlkopf, ee Bruſt⸗Stimm⸗Muskeln, n Hals, ss Zungen— Muskeln, t Zunge. Fig. 2—5. Unterer Kehlkopf mit angrenzenden Theilen der Luftröhre (Trachea) und der Luftröhrenäſte (Bronchi). a Verſchmolzene Knochen des unteren Kehlkopfes (in 2), aa erweiterte Stelle der Bronchi (in 4), e (in 5) Bronchi, e (in 3) verdickte fibröſe Partie, e Körper des unteren Kehlkopfes (in 3), J Körper des unteren Kehlkopfes (in 4), m Trachea, n Stelle, wo die Lungen beginnen, o Membrana tympaniformis (Trommelfellhaut), s Sterno-Tracheal⸗Muskel, t Anfang der kleinen Brondial- Muskeln (in 4 und 5). Fig. 2 ( Fig. 5 auf ©. 64 des Originals). Laterale Seite des linken Bronchus und linke laterale Anſicht der Luftröhre und des unteren Kehlkopfes. Fig. 3 (= Fig. 6 auf S. 65 des Originals). Mediale Seite des linke Bronchus und rechte Seite der Trachea, nach Entfernung des rechten Bronchus an ſeiner Ver— bindungsſtelle mit dem linken. Fig. 4 ( Fig. 4 auf S. 62 des Originals). Dorſale Anſicht. Fig. 5 ( Fig. 2 auf S. 60 des Originals). Ventrale Anſicht. *) Im amerikaniſchen Originale find die Abbildungen in einer Tafel (Plate VI des Ori— ginals) und in 6 in den Text gedruckten Holzſchnitten (Fig. 1—6) vertheilt. Für die vorliegende Ueberſetzung erwies es ſich zweckmäßiger, die Holzſchnitte in zwei Tafeln (Taf. III und IV) zu vereinigen. %) Identiſch mit Fig. 3 auf S. 61 des amerikaniſchen Originals. ) Enthält die Holzſchnitte Fig. 1, 2, 4, 5 und 6 des Originals. 252 Ch. J. Maynard, Tafel V. Bit: Fig. 1. Oberer Theil des Kopfes und Stimm- Muskeln der Amerikaniſchen Rohrdommel (B. lentiginosus). Halbe Lebensgröße. e Hinterhaupt-Stimm-Muskel (Occipito-Vocal- Muskel), oo Bruft-Stimm- Muskel, rrrr Sehnen, welche den Oeſophagus-Stimm-Muskel tragen, ss Oeſophagus⸗Stimm⸗Muskel. Fig. 2. Oberer Kehlkopf der Kleinen Rohrdommel (A. exilis). Lebensgröße. Obere Figur Seiten-Anſicht, untere Figur von unten. a Kehlkopf, g Zunge, n Luftröhre. Fig. 3. Schließklappe für die vordere Naſal-Oeffnung am oberen Theile der Mundhöhle der Amerikaniſchen Rohrdommel. Doppelte Lebensgröße. J Concavität an der verlängerten Seite, in welche die Convexität der gegen⸗ überliegenden kürzeren Seite paßt, A Oeffnung, w Drehpunkt. Fig. 4. Schnitt durch den Schnabel und den Unterkiefer - Stimm -Musfel der Amerikaniſchen Rohrdommel. Doppelte Lebensgröße. 1 Oberkiefer, 4 Oberkieferknochen, jj Unterkiefer, oo Kiefer⸗Muskeln mit der Zunge unter ihnen. Fig. 5. Seiten⸗Anſicht der Stimm-Muskeln der Amerikaniſchen Rohrdommel. Halbe Lebensgröße. | a Auge, p Oberkiefer-Stimm-Mugfel, u Naſenloch, D Naſenloch in Lebens⸗ größe; die anderen Buchſtaben wie in Fig. 1. Fig. 6. Oberer Theil der Mundhöhle der Kleinen Rohrdommel. Lebensgröße. e Geſchloſſene vordere Naſenöffnung, » Ende der hinteren Naſenöffnung. Fig. 7. Theil des Unterkiefers der Kleinen Rohrdommel. Lebensgröße. g Zunge, b Unterkiefer-Stimm⸗Muskel. Fig. 8. Oberer Theil des Mundes der Amerikaniſchen Rohrdommel. Halbe Lebensgröße. 2 Vordere Naſal⸗-Oeffnung in den Mund, x geſchloſſener Raum zwiſchen vorderer und hinterer Oeffnung v. Fig. 9. Oberer Kehlkopf der Amerikaniſchen Rohrdommel. Halbe Lebensgröße. h Zurückziehender Muskel, q Zungen⸗Muskel; die anderen Buchſtaben wie in Fig. 2. | Wir ſchließen dieſe Ueberſetzungen mit einigen Bemerkungen über ein Paar europäiſche Rohrdommeln (Bot. stellaris), welche wir am 11. Mai 1890 in dem weiten Röhrichtdickicht des Kochel-See's (in Bayern) beobachteten. Die Jagd⸗ verhältniſſe auf jenem See liegen für den Ornithologen wenig erfreulich, da es von den Gemeinden aus ſtreng verboten iſt, vom Boot aus auf dem Waſſer oder im Rohr zu ſchießen, ſodaß nicht daran zu denken iſt, von dort her ein Exemplar zu anatomiſcher Unterſuchung zu erlangen. Nach unſerer Schätzung bewohnen mindeſtens 4, vielleicht 5 oder 6 Paare den See, deſſen Hälfte ungefähr mit dichtſtehendem Rohr, ſelten mit Schilf untermiſcht, beſtanden iſt und nur von wenigen Kanälen durch⸗ 5 FR, 7 HE Ornith. Monatsschrift d. Deutschen V. Zz. S. d. Vogelwelt. DDD Amerikanische Rohrdommel. (Botaurus lentiginosus Steph.) II ccc Ornith. Monatsschrift d. Deutschen V. Z. S. d. Vogelwelt. IV. N c Ornith. Monatsschrift d. Deutschen V. Z. S. d. Vogelwelt. V. Das Brüllen der amerikaniſchen Rohrdommel. II. 253 ſchnitten wird. Nur auf ihnen kann man auf größeren Kiel-Booten fahren; für die unzugänglichen Partien iſt man auf Schilfboote angewieſen, flache, kielloſe Kanbes, von ca. 21/, Fuß Breite in der Mitte, 15 Fuß Länge und einer Seitenhöhe von wenig mehr als ½ Fuß. In einem ſolchen Boot findet nur ein Mann Platz, welcher ſich „fortpeeken“ muß, d. h. mit Hülfe einer Ruderſtange oder eines Ruders entweder durch Aufſtoßen auf den Grund, bald backbord, bald ſteuerbord, oder durch einſeitiges Rudern — verſteht ſich: ſtehend — ſich fortzubewegen ſucht. Man kann auch in dieſen Booten „grönländern“, wie ich praktiſch bewieſen. — Nachdem wiederum für das kolonienweiſe Brüten der Großen Haubentauchers (Colymb. eristatus) “) Beweiſe geſammelt waren — nur an beſtimmten Plätzen des Sees, nie weit vom Ufer entfernt, fand ich ſtets mehrere Neſter nicht weit von einander, weiter jedoch als jene auf dem Großen Plöner See“) — pürſchte ich mich langſam der Stelle näher, von wo das Brüllen der Rohrdommel ſchallte. In einer Entfernung von mehreren 100 Metern hört man nur einen Ton; ſobald man den weit leiſeren, erſten wahrnimmt, bei windſtillem Wetter, reſp. unter Wind, kann man gewiß ſein, dem brüllenden Vogel auf ca. 100 Meter nahe zu ſein. Ich erprobte dies mit einem unbeabſichtigtem Ausgange allerdings, am 1. Juni 1887, als ich nach einer in der Poſt von Flensburg nach Deezbüll (in Schleswig-Holſtein) durchfahrenen Nacht, von Morgengrauen an mich an dem herrlichſten Vogelgetriebe auf dem Bottjchlotter- See ) erfreute. Mein guter, alter Führer, Boy Boyſen, welcher die Tage vorher zwei alte Rohrweihen (Cireus rufus) am Horſt gefangen hatte, wollte mich zu einem dritten Horſt führen, welcher in ziemlich kurzem (geſchnittenem) Rohr ſtehen ſollte. Ich pantſchte in den naſſen Waſſerſtiefeln voraus, die Hähne der Flinte übergezogen, um den Weih zu ſchießen, da ſtand mit einem eigenthümlichen Schnarren 20 Schritt vor mir ein Vogel auf, den ich jagdhitzig zu ſchnell herabſchoß. Es war die Rohrdommel, deren zwei Tönen kurz vorher Boy Boyſen und ich längere Zeit hindurch gelauſcht hatten! Beiläufig ſei bemerkt, daß mich damals ſchon die koloſſale Muskulatur am Halſe beim Präparieren in Erſtaunen verſetzte. Als ich mich alſo der Rohrdommel auf dem Kochelſee ſo weit genähert hatte, um ihre zwei Töne gut hören zu können, balancirte ich mich vorſichtig auf das ½ Quadratſchuh große „Schiffshintertheil“, ſetzte mich nieder, wodurch die vordere Hälfte des Bootes aus dem Waſſer getrieben wurde und meine Sitzparthie der Waſſeroberfläche auf 1 em. nahe gebracht wurde, und zog meine Sekundenuhr aus der Taſche. Zunächſt fiel mir auf, daß die Rohrdommel nicht in einem Zuge fort ) Monatsſchrift 1886, S. 292 und 1887, S. 106 ff. ) Ebenda. *##) Dieſelbe Lokalität, welche ich 1886 beſucht und geſchildert habe. Monatsſchrift 1886, S. 334. ö 254 Kurt Flöricke, „pumpt“, ſondern ſtets in „Touren“ von 3—5 Mal. Drei Mal kommt nur ganz vereinzelt vor, ebenſo fünf Mal; der Durchſchnitt und die Regel wenigſtens bei den 3 oder 4 Männchen, die ich an jenem Tage belauſcht habe, ſind 4 Mal, zwiſchen 2 „Touren“ (jede aus 2 Tönen beſtehend) verliefen 60, 65, 70 und mehr, ja ein— mal 180 Sekunden. Wird die Rohrdommel geſtört, durch einen lauten Ruderſchlag, ein Halloh u. ſ. w., und bewegt ſie ſich kletternd fort, ſo werden ſelbſtverſtändlich die Interſtitien länger anhalten. An dem nun neu eingenommenen Platze aber wird gleich wieder mit derſelben Regelmäßigkeit gepumpt, und es liegen zwiſchen dem neuen erſten und zweiten Brüllen wiederum nur 1—1!/, Minuten. Die Intervalle zwiſchen dem ferntönenden — pump (dem zweiten Ton) und dem viel leiſeren erſten ü bis üi — betragen bei demſelben Vogel, in 40 Touren beobachtet, durchſchnittlich 2 Se— kunden; d. h. in 8 Sekunden im Durchſchnitt iſt die Tour fertig. Die Abſtände der einzelnen Touren ſind ziemlich, aber nicht ganz gleich. Nur einige Male hörte ich einen dritten Ton; eine Art Vorſchlag ü — üi und mehrere Male eine Zerlegung des zweiten Tones pump in zwei pru — ump. 2 klang dies aber wie ein mißlungener, nicht wie ein beabſichtigter Ton. Die Beobachtungen an den anderen Männchen boten keine Abweichungen dar. Es leuchtet ein, daß, wenn Charles Maynard Recht hat, und wenn auch unſere Rohrdommel wie die amerikaniſche beim Brüllen verfährt, dann ein Brüllen in einer länger fortgeſetzten Folge eine Unmöglichkeit iſt, ſondern daß zwiſchen zwei Touren ein Zeitraum liegen muß, entſprechend der zum Einſchlucken, Einſchließen und Vonſichgeben der Luft erforderlichen Zeit. — So beſtätigt dieſe Beobachtung das die „wildeſten Träume eines unte übertreffende Arrangement! München, Mitte Mai 1890. | P. Leverkühn. Ornithologiſche Mittheilungen aus Schleſien. Von Kurt Flöricke. | | II. Als ſich meine gefiederten Freunde zur Abreiſe nach dem warmen Süden rüſteten, ergriff auch mich die Wanderluſt; ich benutzte den Beginn der großen Ferien, ſchnürte mein Ränzel und zog nun jagend und beobachtend von Wald zu Wald die Oder aufwärts. Mein Tagebuch enthält während dieſer Zeit folgende Notizen: 8. Juli. Wolkenloſes warmes Wetter mit ſchwachem Südwind. Ein Zug von 350—400 Charadrius pluvialis (oder squatarola?) hat ſich des Abends auf den Oderwieſen vor der Strachate niedergelaſſen und wird durch mich aufgeſcheucht. Mit weithin vernehmlichem Flügelbrauſen und lautem Pfeifen ſtrichen dieſe erſten dies⸗ Ornithologiſche Mittheilungen aus Schlefien. I. 255 jährigen Wandervögel ſüdweſtwärts über die Oder. 10—12 Kiebitze befanden ſich in ihrer Geſellſchaft. Der frühe Termin erſcheint beſonders auffallend. 10. Juli. Die erſten Krammetsvögel auf dem Striche. 11. Juli. Tringa alpina (Alpenſtrandläufer) im Jugendkleid erlegt. 27. Juli. Nachts 1 Uhr erſcheint bei mäßigem Weſtwind und +12 C. ein großer, 10 Minuten lang anhaltender Vogelzug ½ Stunde ſüdöſtlich von Breslau über der Oder. Den Stimmen nach vermuthe ich auch in dieſen Vögeln Goldregen— pfeifer. Das Gaslicht Breslaus und namentlich das außerhalb der Stadt gelegene, große und hell erleuchtete Waſſerhebewerk ſchien eine unwiderſtehliche Anziehungskraft auf die nächtlichen Wanderer auszuüben. Sie umſchwärmten das Gebäude mehrmals, andere zogen in weiten Kreiſen niedrig über der Stadt dahin, ja ein Theil kehrte nach einer ganzen Weile noch einmal zu dem Waſſerhebewerk zurück. Nach 40 Minuten erſchien noch ein Nachtrab, der an Maſſe etwa ½ des Hauptzuges betrug, ſich aber gar nicht aufhielt. Die Vögel hielten eine faſt genau ſüdliche Richtung inne. 2. Auguſt. Das während der Nacht rapide geſtiegene Hochwaſſer hat die vor der Strachate gelegenen Wieſen faſt gänzlich unter Waſſer geſetzt; der Wind weht aus Nordweſt. Beim Betreten der erwähnten Wieſen bot ſich mir ein großartiges ornithologiſches Bild. Zahlloſe Pieper und Bachſtelzen trieben ſich auf den Nahrung verſprechenden Inſelchen herum, auf denen die von allen Seiten bedrohte Inſekten— welt ihre Rettung geſucht hatte. Etwa 300 Kiebitze belebten die ſeichten Stellen des Waſſers, dazwiſchen lärmten und ſchrieen Stock-, Krick- und Knäckenten, Teichhühner, Fluß⸗ und Seeregenpfeifer, Ufer⸗ und Waſſerläufer, ſowie Alpenſtrandläufer. Auf einer alten Eiche hatten 3 Ardea purpurea (Purpurreiher) aufgebäumt, die mich leider zu früh erblickten und durch ihre Scheuheit alle weiteren Jagdverſuche ver— eitelten. Schließlich zogeu ſie nach SWS. ab. Wo waren dieſe Vogelmengen auf einmal hergekommen? Als ſich das Waſſer nach einigen Tagen verlaufen hatte, war auch von all dem Vogelreichthum nichts mehr zu ſehen. 8. Auguſt. Die Eichelheher, Meiſen und Kleiber beginnen in kleinen Flügen zu ſtreichen. 9. Auguſt. Bei Canth am ſandigen Ufer der Weiſtritz ein Flug Tringa alpina. 11. Auguſt. Grus einereus (Kranich) in der Strachate 4 Stunden lang ver— gebens gejagt. Der Wind iſt über Nacht aus NW. in einen ſteifen 080. umge— ſprungen. 2 Reiher und 4 Störche ſtehen auf den Wieſen. Scolopax gallinago iſt ſehr zahlreich auf dem Zuge. Ich ſah während 5 Stunden etwa 30 Stück. Galli— nula porzana liegt mehrfach in den Gräben, Actitis hypoleucus und Totanus ochropus ſehr zahlreich vorhanden, ein Zug von etwa 100 Kiebitzen iſt mit vielen T. glareola untermiſcht. Unter einem Schwarm Staare befindet ſich ein Exemplar mit ganz weißem Schwanze. f | 256 Kurt Flöricke, 18. Auguſt. Von Ardea einerea ziehen 3 Stück hoch in der Luft nach Süd⸗ weſtſüd über die Oder. Am Drachenbrunner See einige 60 Enten (boschas, erecea, querquedula). 3 Stück Totanus glottis ſtehen am Ufer, während 10—12 Stück ſüdlich ziehen. T. glareola nur vereinzelt vorhanden. Ein einziger Numenius arquatus ſteht am See, doch hörte ich am Abend noch mehrere ſüdwärts ziehen. Im Schilfe macht ſich Ardetta minuta bemerklich, auch eine einzelne Limoſe (wahrſchein⸗ lich L. melanura) war ſichtbar. Sehr ſtarker Zug von Kiebitzen. 20. Auguſt. Herr Förſter Speth-Strachate ſah 20 Stück T. glottis anf dem Zuge. 26. Auguſt. Schoenicola schoenielus (Rohrammer) in einzelnen Stücken durch⸗ ziehend. Am Drachenbrunner See 14 ſchwarze Waſſerhühner, die ſich auch während der folgenden Tage daſelbſt aufhalten. Durch mehrmaliges Beſchießen wurden ſie ſehr ſcheu und verſchwanden ſchließlich ganz aus der Gegend. An demſelben Tage ſah ich 4 Scolopax gallinago, 3 Grus einereus und 1 Vanellus eristatus am See. 27. Auguſt. Kleine Flüge der ſchon oben genannten Entenarten, viele Kiebitze und Bekaſſinen, 7 Reiher und 2 Gallinago gallinula (Zwergſchnepfe) trieben ſich am Drachenbrunner See herum. Bei Jeſchkowitz wurde eine Limosa melanura ge⸗ ſchoſſen. 28. Auguſt. Bei Jannowitz Tadorna cornuta 2 erlegt. 30. Auguſt. 2 Reiher, 4 Bekaſſinen und 1 Cireus aeruginosus (Sumpfweihe) in der Strachate. 1. September. 30 Kiebitze und 2 Reiher ziehen in ſüdweſtlicher Richtung über die Oder. Tringa minuta einzeln an der alten Oder, zeigt ſich entgegen meinen früheren Erfahrungen ſehr ſcheu und vorſichtig. | 4. September. In der Gegend von Kottwitz viele Wachtelkönige und Waſſer⸗ rallen auf dem Zuge bei ſchwachem Oſtwind. Erlegte Exemplare zeigten ſich auf⸗ fällig mager und noch nicht ausgemauſert, während Gallinula porzana ſchon im ſchönſten Gefieder und ſehr gut bei Leibe war. Picus leueonotus und Dryocopus martius im Forſte. An der Oder treffe ich Pandion haliaétus, Gallinula chloro- pus, Totanus glottis, Aegialites minor und Xema ridibundum auf dem Striche. Bei Kattern wurden 2 Spatula clypeata (Löffelente) erlegt. 8. September. Auf den Sandbänken der Oder 3 Aegialites hiatieula. 10. September. Bei kühler, freundlicher Witterung und friſchem Nordoſtwinde iſt namentlich Gallinula porzana ſehr ſtark auf dem Zuge, daneben auch noch der Storch und der Wachtelkönig. Ein einzelner Fiſchadler über der Oder. Brachvögel ziehen am Abend unter lautem Rufen nach Südweſtſüd. Am 12. ſprang der Wind um, und damit hörte der Zug vorläufig auf. Mitte September folgte ich einer Einladung des Herrn Grafen v. d. Recke⸗ Ornithologiſche Mittheilungen aus Schleſien. II. 257 Volmerſtein nach ſeiner Beſitzung Craſchnitz bei Militſch. Die dortige Gegend bildet ein wahres Eldorado für Sumpf- und Waſſervögel, zumal dieſelben während der Brutzeit gar nicht und auch außerhalb derſelben nur wenig behelligt werden. Obſchon ich es inſofern recht ſchlecht getroffen hatte, als gerade in jener Zeit der Zug vollſtändig ſtockte, ſo bot doch ſchon die im Teichrevier ſtändig heimiſche Vogel— welt Intereſſe genug. Da ich Craſchnitz während der diesjährigen Brutſaiſon wieder zu beſuchen gedenke, um die dort niſtenden Vögel feſtzuſtellen, unter denen ſich manche Seltenheiten befinden ſollen, ſo verſpare ich mir eingehende Mittheilungen über die dortige Avifauna für eine ſpätere Arbeit. Hier ſei nur erwähnt, daß ich am 24. September Aegithalus pendulinus (Beutelmeiſe) beobachtete. Ich halte es für ſehr wahrſcheinlich, daß dieſer Baukünſtler daſelbſt auch gebrütet hat. Waſſerhühner be⸗ lebten in Schaaren von 150—250 Stück die Teiche, und die Amſeln zogen vom 23. bis 27. September ſehr lebhaft; ſtellenweiſe waren in jedem Buſche 1 oder 2 Exem⸗ plare anzutreffen. Am 30. September erlegte ich Charadrius squatarola (Kiebitzregenpfeifer) im Jugendkleide. Am 4., 11. und 12. October beobachtete ich in der Strachate den Wanderfalken (Falco peregrinus), das eine Mal in heftigem Kampfe mit Krähen. Am 11. October zogen auch zahlreiche Buſſarde über die Strachate hin. Eine ganz neue Erſcheinung aber war mir der Zug der Zaunkönige. Ich ſah 30—35 Stück in kleinen Zwiſchenräumen von Buſch zu Buſch langſam, aber ſtetig nach Nordweſten ziehen. Was mag dieſen ſonſt ſo ausgeprägten Standvogel wohl zu einer ſo un— gewöhnlichen Wanderung bewogen haben? Am 6. November konnte man koloſſale Krähenzüge über unſere Stadt ziehen ſehen. Der Schnepfenſtrich fiel hauptſächlich in die erſte Hälfte des October und war ſtellenweiſe nicht ſchlecht. Doch zogen die Langſchnäbel überall ſehr raſch durch. Am 19. December wurde auf einer Treibjagd im Kreiſe Falkenberg i. O.⸗Schl. noch eine feiſte Waldſchnepfe geſchoſſen, die keine Spur irgend welcher Verletzung an ſich trug, welche ſie hätte am Zuge hindern können. Auch im Januar wurden noch mehrfach Schnepfen geſchoſſen. Auch der Dohnenſtieg machte gute Geſchäfte und nahm be— ſonders die ſehr zahlreich ziehenden Amſeln gehörig mit. Eine Zählung, die ich am 4. October anſtellte, ergab unter 100 „Krammetsvögeln“ 56 T. merula, 40 T. musieus und 4 T. pilaris. Sapienti sat! Ende November erſchien auch die Weindroſſel (T. iliacus). Von dem Zuge der Gänſe und Rohrdommeln bekam ich faſt gar nichts zu ſehen. Eine am 14. October in der Strachate geſchoſſene Ardetta minuta erwies ſich als ein wahrer Fettklumpen. Den hieſigen Präparatoren wurde manches intereſſante Stück aus der Provinz eingeliefert. So erhielt Herr Schrader Aquila fulva (Steinadler), Haliaétus albi- eilla (Seeadler), Circaëtus gallieus (Schlangenadler), Hypotriorchis aesalon (Zwerg— 258 K. Junghans, falke), Nyetea nivea (Schneeeule), Numenius phaeopus (kleiner Brachvogel), Podi- eipes nigricollis (Ohrenſteißfuß) und Colymbus aretieus (Polarſeetaucher), Herr Tiemann Cireaötus gallicus und Aquila elanga (Schelladler). Die nordiſchen Gäſte ſtellten ſich zeitig und in großer Anzahl bei uns ein. Ueber den Zug von Loxia bifasciata habe ich ſchon berichtet (vergl. Monatsſchrift 1889, S. 530 und Ornithologiſches Jahrbuch 1890, 1. Heft); hier wäre noch nach— zutragen, daß ich noch am 29. October ein prächtiges altes & lebend erhielt, daß dann aber der Zug plötzlich aufhörte, und die weißbindigen Kreuzſchnäbel infolge— deſſen bei der regen Nachfrage auch ſehr raſch wieder vom Markte verſchwanden. Pleetrophanes nivalis (Schneeammer) ſtellte ſich ſpärlich zu Anfang December ein, Fringilla montifringilla (Bergfink) um dieſelbe Zeit in größerer Zahl, Loxia eurvi- rostra (Kreuzſchnabel) bevölkerte ſchon ſeit Mitte September in großen Mengen die hieſigen Vogelhandlungen, und in noch größeren Maſſen war Linaria alnorum (Leinzeiſig) ſeit Mitte November in Schleſien eingerückt. Einen einzelnen Cannabina flavirostris & (Berghänfling) erhielt ich lebend am 19. December; von Bombyeilla garrula (Seidenſchwanz) empfing ein hieſiger Händler 3 Stück lebend am 14. December. Die erſten Berghänflinge beobachtete ich übrigens ſchon am 7. December bei Biſchofs— walde (1 Stunde ſüdöſtlich von Breslau) bei tiefem Schnee, ſchneidend ſcharfem Dft- winde und — 10 C. Es waren nur 3 Stück und dieſe jo ermattet, daß ich fie bei— nahe mit dem Stocke hätte erſchlagen können. Vom 4.— 8. December trieb ſich ein Taucher im Jugendkleid (Colymbus spec?) auf einer eisfreien Stelle der Oder unter einer ſehr belebten Brücke herum, obwohl er hier durch häufige Steinwürfe der Vorübergehenden beläſtigt wurde, denen er ſich, wenn ihm die Sache zu arg wurde, durch Untertauchen entzog. Der Verlauf des Winters hat die Vogelwelt nicht ſehr in Noth gebracht. Nur im erſten Drittel des December hatten wir heftigen Schneefall bei ſtrenger Kälte und ſcharfen Winden. Die allenthalben ſehr gut gediehenen Ebereſch- und Wachholder— beeren lieferten aber den meiſten Vögeln reichliche Nahrung. Nur Blau- und Kohl⸗ meiſen, Saat- und Nebelkrähen, ſowie Buchfinken und Haubenlerchen erſchienen neben den unvermeidlichen Sperlingen und einzelnen Amſeln in den Straßen der Vorſtädte und auf den Futterplätzen. Phänologiſche Beobachtungen für Caſſel, Frühjahr 1890. Von K. Junghans. Gegen Mitte Februar zeigte ſich der Staar wieder in größerer Zahl. Schon ſeit Jahren bringt ein nicht ganz unbedeutender Bruchtheil des hieſigen Geſammtbeſtandes von Sturn. vulg. den Winter hier zu. Im rheiniſchen Courier Phänologiſche Beobachtungen für Schlefien, Frühjahr 1890. 259 (vom März oder April d. J.) fand ich aus Gießen die Bemerkung mitgetheilt, daß Sturn. vulg. ſeit 1887 den Winter über die Heimath nicht mehr verlaſſe, wahrſcheinlich veranlaßt durch die reichliche Fütterung von Seiten des Gießener Thierſchutzvereins. 15. Februar. Vier Ringeltauben (Columb. pal.) im Auepark; ſie überwintert hier zuweilen. 16. Februar. Eine große Schaar Zeimer (Turd. pil.) gegen Abend, hochfliegend in nordweſtlicher Richtung. 20. Februar. Die Bachſtelze (Motac. alb.). (Nach der Beobachtung des Herrn Ochs-Wehlheiden). 12. März. Die Lerche (Alaud. arv.) zuerſt laut ſingend auf allen Feldern und Wieſen. | 12. März. Die Grauammer (Mil. europ.) wieder an den Brutplätzen. 15. März. Die erſte Singdroſſel (Turd. mus.). 16. März. Turd. mus. zahlreich, auch in größeren Gärten in unmittelbarer Nähe der Stadt. 16. März. Das Hausröthel (Rut. tithys.). 20. März. Mehrere Züge von Kranichen (Grus einer.) gingen durch: die erſten gegen 5 Uhr Nachmittags, die letzten nach 8 Uhr Abends. 20. März. Das Rothkehlchen (Dandal. rubee.) zuerſt laut ſingend; über— winternde habe ich diesmal hier nicht bemerkt. 26. März. Der Waldflüevogel (Accent. modul.). 26. März. Eine große Schaar Weindroſſeln (Turd. Wie treibt ſich im Aue⸗ park umher und iſt anderen Tages verſchwunden. 27. März. Der Grünfink (Ligur. chlor.) wieder ent es ſind wohl die hier brütenden wieder eingetroffen, nachdem ſich den Winter über immer kleine Geſell— ſchaften, wahrſcheinlich nordiſche Gäſte, hier umhergetrieben hatten. 28. März. Der Weidenlaubvogel (Phyllopn. rufa). 30. März. Eine einzelne Rauchſchwalbe (Hir. rust.) zeigt ſich gegen Abend. 31. März. Einzelne Rohrammern (Schoenicol. sehoeniel.) und Blaukehlchen (Cyaneeul. leueoeyan.) an der Fulda. 1. April. Die vorgenannten in größerer Zahl; ich bemerkte binnen wenigen Stunden bei einem Gange längs des Flußes über 30 Cyan. leueoeyan. auf dem Durchzuge. Daß Cyan. leueoeyan. einzeln auch hier brütet, ſcheint mir nicht aus geſchloſſen. So bemerkte ich noch am 23. April v. J. an einer günſtigen Stelle am Ufer der Fulda ein Männchen, das ſich zuerſt durch ſeinen Geſang verrieth und nach ſeinem ganzen Gebahren am Brutplatze zu ſein ſchien, wofür ja auch der ſpäte Termin der Beobachtung ſpricht. Leider fehlte es mir in der Folge an Zeit, das etwaige Brüten ſicher feſtzuſtellen. 260 K. Junghans, Phänol. Beobachtungen für Echlefien, Frühjahr 1890. 6. April. Der Steinſchmätzer (Saxicol. oen.). 7. April. Das Müllerchen (Sylv. curr.). 7. April. Wieſenſpitzlerchen (Anth. prat.) in kleinen Geſellſchaften auf den Wieſen, durchziehend; iſt für die nächſte Umgebung der Stadt nicht Brutvogel, wohl aber habe ich ihn auf ſumpfigen Wieſen des Kaufungerwaldes, einige Stunden von Caſſel entfernt, mitten im Sommer angetroffen. 7. April. Mehrere Uferpfeifer (Aegial. min.) auf dem Durchzuge; ein oder das andere Paar brütet auch hier an günſtigen Stellen. 8. April. Das Buſchröthel (Rut. phoen.), der Fitis (Phyllopn. troch.), das Schwarzplättchen (Sylv. atrie.). 13. April. Der Wendehals (Jynx torquilla). 13. April. Ein Paar Löffelenten (Spatul. elypeat.) auf einer kleinen Wieſe, dicht bei der Strafanſtalt Wehlheiden. Offenbar ſehr reiſemüde, ließen ſie mich bis auf 30—40 Schritt herankommen, und das Männchen ging erſt in watſchelndem Gange ein ganzes Stück weit fort, ehe es aufflog, kehrte auch, als ich mich vorſichtig zurückzog, in kurzem Bogen wieder zum Weibchen zurück, das ſich gar nicht vom Platze entfernt hatte. Es war am Spätnachmittage. 19. April. Der Girlitz (Serin. hortul.). 20. April. Wiedehopf (Upupa epops), Dorngrasmücke (Sylv. einer.) und Kuckuk (Cueul. eanor.) nach den Beobachtungen des Herrn Ochs. 21. April. Die Gartengrasmücke (Sylv. hort.) nach der Beobachtung Herrn Ad. Walters. Wohl nur Durchzügler; die Hauptmenge der hier wohnenden zog erſt am 10., 11. und 12. Mai hier ein. 21. April. Zwei einzelne Segler (Cyps. apus) gegen Abend, hoch fliegend. Auch nur Durchzügler; ſolche zeigten ſich ſpäter noch öfter, immer hoch in der Luft. Die hieſigen rückten erſt am 5. Mai in ihre Quartiere ein. Voriges Jahr war es etwas früher; ich bemerkte damals am 29. April, wie gegen Abend ein einzelner Segler in ſchnurgeradem Fluge von Südoſten her auf unſer Haus zukam und laut⸗ los in der Oeffnung eines blechernen Luftrohres, wo alljährlich ein Paar brütet, verſchwand. Es ſah ganz aus, als käme er direct aus weiter Ferne. 22. April. Die Nachtigall (Lusein. min.). 27. April. Wieſenſchmätzer (Pratinc. rubetr.), Schafſtelze (Budyt. flav.), Dorn⸗ dreher (Lan. eollur.), Uferſchwalbe (Hir. ripar.), Spitzlerche (Anth. arbor.). 30. April. Mehlſchwalbe (Hir. urbic.), Todtenköpfchen (Museicap. luetuosa), Waldlaubvogel (Phyllopn. sibil.). 1. Mai. Der Pirol (Oriol. galbul.). 10. Mai. Gartenſpötter (Hypol. salie.). 12. Mai. Der Fliegenſchnäpper (Museicap. grisol.). F. Schlag, Wildtauben - Eier. 261 15. Mai. Der Teichrohrſänger (Acroceph. arundinac.) bezw. die weit ab vom Waſſer im Gebüſch niſtende Hortieola-Abart und der Sumpfſänger (Aerocephalus palustris). Ornithologiſche Nückerinnerungen. Von F. Schlag. b) Wildtauben - Eier. „Gleichgeſinnte Seelen finden ſich zu Waſſer und zu Lande“; auch ſchon im Knabenalter! So hatte auch ich ſeiner Zeit einen gleicheifrigen Schulkameraden, welcher meine Paſſion (Vogelliebhaberei) brüderlich mit mir teilte. — Ich, ein leid— licher Neſtfinder, — er ein tüchtiger Kletterer! Wir begnügten uns in unſern Muſe— ſtunden nicht blos mit Garten, Wieſe und Feld, ſondern machten auch häufig Hain und Wald unſicher. — Eines Tages ſtießen wir in letzterem auf ein Wildtauben— Neſt, welches auf einer ziemlich hohen Birke ſtand. Der Stamm wurde gerüttelt, wodurch die brütende Wildtaube ſofort das Neſt verließ. Innerhalb 3 Minuten war mein Kamerad oben am Neſte und fand 2 mehr oder weniger angebrütete Eier in ſelbigem. Ich befahl: „Eier ſorgfältig mit herunter nehmen“; es geſchah! Er hatte Haustauben, ich auch. — Unterm Baume einigten wir uns über Beſitz und Zukunft des liebſamen Fundes, und mir wurde der intereſſante Auftrag, einem meiner brütenden Taubenpaare dieſe Eier unter zu legen, um zu ſehen, ob und was für ein Erfolg unſere Bemühungen krönen würde. — Geſagt — gethan! — Nach Heim— kunft nahm ich ſofort einem brütenden Schildtaubenpaar die Eier weg und legte die Wildtauben⸗Eier unter. Nach kaum 14 Tagen kamen zwei erbrütete junge Wild— täubchen zum Vorſchein. Täglich ſtattete ich wiederholt Beſuche in meinem Tauben— ſchlage aus Neu- und Wießbegierde ab. Die Dinger gediehen zu meiner und meines Schulfreundes Freude ſichtlich. Sie wurden wie eigene Kinder von den Stiefeltern ge— pflegt und genährt und flüggten zuſehens. Endlich kam die Zeit völligen Flüggewerdens. Allmählig wagten ſie ſich aus ihrem geflochtenen Weidenkorbneſte heraus und trippelten ganz harmlos, doch etwas ſcheu, auf dem Taubenſchlag-Boden herum. Wieder nach einigen Tagen beguckten ſie ſich die Fluglöcher meines ſehr niedrig gelegenen Tauben— hauſes; und wieder nach kurzer Zeit waren ſie zeitweilig außen auf dem Flugbrett, aber in die Höhe wagten ſie ſich mit ihren zahmen jungen und alten Verwandten noch nicht. — Endlich erblickte ich ſie auf der Dachfirſte unſeres Backhauſes — ſchmuck und ſchön — aber ängſtlich. Sie ſuchten und fanden die Fluglöcher wieder, und ich hatte ſchon halbgewonnenes Spiel. Den 2. oder 3. Tag hernach flogen ſie mit ihren Mitgenoſſen auf die Dachfirſte unſeres zweiſtöckigen Wohnhauſes, hielten die Köpfe ſchief und ſchauten ſcheu nach Himmelslauf, kehrten aber wieder in ihr 262 Kleinere Mittheilungen. Heim zurück. — Tags darauf gegen Nachmittag verließ die eine die Dachfirſte und flog dem nahen Pfarrgarten zu, woſelbſt ſie ſich auf dem Gipfel eines mächtigen Birnbaumes niederließ und ſich ſcheu umſah. Ich eilte ſofort mit kleinen Steinen in der Taſche nach, warf nach dem Gipfel und wollte mein Täubchen wieder zu meiner Geſellſchaft treiben, aber es verſtand unrecht und flog über 5 Gärten hin wieder auf einen hohen Baum. Auch dorthin verfolgte ich das Thierchen, warf wieder, um es heim zu treiben aber ohne allen und jeglichen Erfolg. Es flog ſtatt heimwärts höher und höher über Getreidefelder dem 20 Minuten entfernten Walde zu und verabſchiedete ſich von mir auf Nimmerwiederſehn! Das zweite Junge war nach 2mal 24 Stunden, als ich aus der Schule kam, ebenſowohl ſpurlos verſchwunden! Kleinere Mittheilungen. Am 4. Mai wurde von Baron Maſſenbach in der Nähe ſeines Schloſſes Eggersberg bei Riedenburg im Altmühlthale ein Rallenreiher (Ardea ralloides), &, geſchoſſen. Derſelbe befindet ſich z. Z. bei einem hieſigen Präparator, wo ich ihn zu ſehen Gelegenheit hatte. Seine Farbe ſtimmt mit der Beſchreibung Brehms genau überein, nur fiel mir auf der Mitte der Flügel eine blaßroſa gefärbte Stelle auf. Außer dieſem Reiher hat Baron Maſſenbach ſchon mehrere ſeltene Vögel erlegt, und hoffe ich nächſtens noch mehr über dieſe Raritäten vom Altmühlthale berichten zu können. München. A. Graf Geldern. Daß der Kernbeißer (Coccoth. vulg.) ein Geſangskünſtler ſei, haben mir die alten „Vogeltobiese“, jene leider ausſterbenden hinterwäldleriſchen Originale unſerer thüringer Berge, in meiner Jugend niemals erzählt, und auch in den betreffenden Werken finde ich keine Erwähnung irgend welcher muſikaliſchen Talente bei der Be— ſchreibung unſeres Dickſchnabels. Im Gegentheil — man ſpricht von dem unaus⸗ ſtehlichen ſcharfen Lockton, und Vater Naumann ſpricht von ſeinen Eigenſchaften als Stubenvogel überhaupt ein wenig deſpektirlich. Nicht anders Vater Bechſtein. Da muß ich freilich für den übelberufenen Schelm eintreten: jung aufgezogene Kern⸗ beißer ſind prächtige Stubengenoſſen und gewinnen ſich ſchnell die Zuneigung aller Perſonen, die mit ihnen umgehen, auch die in ſolcher Beziehung verwöhnter Frauen. — Ich beſitze jetzt einen ſolchen, der nunmehr drei Jahr alt iſt und, wie alle meine Vögel, in einem großen Käfig ſich ſeines Daſeins freut, wie ſein ganzes Betragen und ſein außerordentlich ſchmuckes Auftreten zeigen. Während feines zweiten Jahres ſtand ſein Käfig über einem anderen Etagenkäfig, worin ſich ein Pärchen Zwerg⸗ wachteln (Excalfactoria chinensis) befand. Dieſe letzteren waren anſcheinend recht geſunde und fröhliche Thierchen; wenigſtens verriethen ſie durch ihr ewig bewegliches Weſen und ihr unausgeſetztes Locken und leiſes Kichern und Plaudern nichts Krank⸗ ji Kleinere Mittheilungen. 263 haftes, und das Männchen ließ häufig ſeinen melodiſchen Paarungsruf ertönen, der aus 4 oder 5 ſich folgenden, angenehm pfeifenden Tönen zuſammengeſetzt iſt. Leider ſtarb mir die Henne am zweiten Ei. Ueber ein halbes Jahr hatte der Kernbeißer über dieſem Wachtelpärchen ge— wohnt, als das letzterwähnte Ereigniß eintrat, und bald vergab ich dann das ver— einſamte Männchen. Der Kernbeißer wechſelte den Käfig und bezog eine andere, unſere Wohnſtube. Wer beſchreibt unſer Erſtaunen, als dieſer Vogel ganz unver- muthet in fleißigſter Weiſe den Schlag der Zwergwachtel hören läßt, auch ſtatt des eigenen, ſo hochgelegenen ziſchenden Locktones den tiefen flötenden Lockton der Zwergwachtel handhabt! Die Nachahmung war täuſchend, nur ein klein wenig weniger laut. Zu verwundern iſt namentlich die tiefe Stimmlage, in der ſich der Vogel den Wachtelruf aneignen mußte, weil dieſe gar nicht zu den hohen eigenen Stimmmitteln zu paſſen ſcheint. — Der Kernbeißer übte ſeinen gelernten Schlag mit Vorliebe und fleißig durch das Frühjahr hindurch, und läßt ihn auch jetzt noch hören, wenn auch ſeltener, und jetzt vorzugsweiſe dann, wenn man ihn durch Vorpfeifen auffordert. h Liebe Ueberwinterung der Schwalben. Kürzlich las ich in „The Field“, Nr. 1936 und 1937, zwei kurze Notizen, denen zufolge das Ueberwintern von Schwalben in England (ſogar im nördlichen Theile deſſelben) in ſehr milden Wintern vorzukommen ſcheint. Da an der Wahrheit der Berichte kaum zu zweifeln iſt, jo muß wohl an- genommen werden, daß das verhältnißmäßig milde, oceaniſche Klima Großbritanniens es den Schwalben auch im Winter noch ermöglicht, kärgliche Nahrung zu finden. Die Annahme einer Erſtarrung, eines Winterſchlafes, dürfte auch in dieſen Fällen vollſtändig ausgeſchloſſen ſein. — Die beiden Artikel lauten in wörtlicher Ueberſetzung: a) Schwalben in Hampſhire im Januar. Am 8. und 9. Januar flogen drei Schwalben (Hirundo rustica) um die Gebäude von Chriſtchurch. Da ich in einer Entfernung von wenigen Fuß an ihnen vorüberging, konnte ich leicht die Art feſtſtellen und wahrnehmen, daß es junge Vögel einer ſpäten Brut waren, die durch die Milde der Jahreszeit verlockt worden waren, ihren Aufenthalt hier zu verlängern. Edward Hart. b) Schwalben im Januar. Dieſen Morgen — 17. Januar — ſagten mir meine Knaben, daß ſie einige Vögel — entweder Rauch- oder Mehlſchwalben — (swallows or martins) um die St. John's⸗Kirche hätten fliegen und ſich auf der— ſelben niederlaſſen ſehen. Ich hielt dies für einen Irrthum, habe ſie aber ſoeben ſelbſt geſehen (3" 20 Nachmittags). Dazu bemerkt die Redaktion von „The Field“: „Die beobachteten Vögel müſſen nach unſerer Meinung eher als Nachzügler aus dem verfloſſenen Sommer, denn als frühzeitige Künder des kommenden Frühlings be— trachtet werden; denn der milde Winter begünſtigte ihr Hierbleiben ſehr, und der 264 Anzeigen. Frühlingszug dieſer Vögel hat noch nicht begonnen. Es wäre uns angenehm, zu erfahren, ob es Rauch- oder Mehlſchwalben waren; die erſtere iſt wen e nach die ausdauerndere der beiden Arten.“ München, den 24. Mai 1890. | | Sul. Moes ska. Vor einigen Wochen kam ein jagender Sperber durch eine offen ſtehende Thür eines Häuschens in der Marienſtraße zu Kaſſel. Als er durch eine zerbrochene Fenſterſcheibe wieder ins Freie gelangen wollte, riß er ſich an einer vorſtehenden Glaszacke den Leib auf und kam nun in den Beſitz des hieſigen Conſervators Beckmann. Wehlheiden-Kaſſel. | FH. Ochs. Anzeigen. Geſucht zu kaufen und gegen Erſtattung aller Speſen jung aufgezogene Kernbeißer (Coccot. vulg.), jung aufgezogene Eichelhäher, jung aufgezogene wie auch alt gefangene Rohramtern, Gartenammern, Zaun⸗ ammern, Zippammern, Grauammern (Emb. schoenielus, hortulana, eirlus, eia und miliaria). Gera. K. Th. Liebe. 6 präp. Alpenkrähen (a 6 %), lebende Zwergohrenien, Ihn, weiße Dohlen habe abzugeben. H. W. Schaible, Ulm a. D. Habe abzugeben: Boulart: „Ornithologie du Salon“ mit 75 Vign. und 40 Chromotypogr. Vögel, ihre Eier und Neſter darſtellend, M 20. — Prevost et Lemaire: „Histoire naturelle d'oiseaux d' Europe et d’oiseaux exotiques“ mit 160 prachtvoll kol. Tafeln, / 28. — Beides ſchöne und ſehr gut erhaltene Werke; Tauſch an feinſingende fremdl. Weichfreſſer nicht ausgeſchloſſen. J. Rutz⸗Hefti in Glarus (Schweiz). Habe lebende Vögel abzugeben: 1 Männchen weißbindiger Kreuzſchnabel zu 6.4, 1 Männchen Alpenbraunelle zu 10 %, 1 Männchen Heckenbraunelle zu „ 1,50, 1 Männchen Schwarzplättchen mit doppeltem Ueberſchlag zu 6 , 1 Weibchen Teich⸗ rohrſänger zu 1 %, 1 Rothſchenkel zu 6 , 1 Männchen Mozambiquezeiſig zu 5 M. und 1 Männchen Kiebitz zu 3 A Die Vögel find ſämmtlich tadellos. — Ferner in Kauf oder Tauſch eine bedeutende Anzahl Doubletten aus meiner Sammlung europäiſcher Vogelbälge. Curt Floericke, stud. rer. nat. Breslau, Neue Schweidnitzerſtraße 13. 1 Pärchen Finken, 1 Pärchen Zwunſche, ein Hänfling, 1 Pärchen Zeiſige, alle ſchon mehrere Jahre im Käfig, — die erſten beiden haben ſchon im Käfig gebrütet, — zuſammen für 8 A zu verkaufen. Cbenſo ein ſchwediſcher Elchſchädel, Zender, gut präparirt, Geweih ſehr ſtark, für 120 % zu verkaufen. Karl Hennicke, Leipzig, Gewandgäßchen 5, . Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. ii U 0 IT [3 ALL U DR NIIISSISISIASS—S,S,H EEETETITTTETTTTTTETEE TER ERSSSSSTEEEETSTTIIIITIISSSEHT LES N - 8 Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von Zahlungen werden an en NE: & ; Bi 2 a danten d. Ver. Herrn Meldeamts⸗ Sahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, Aſſiſtent ee in Zeitz erbeten. und erhalten dafür die Monats- zweitem Vorſitzenden des Vereins, ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ 1 5 Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Str.⸗Inſp. Thiele. ſoweit der Raum es geftattet, XV. Jahrgang. Juli 1890. Nr. 10. Inhalt: Unſerm Senior in Kötzſchenbroda zum 9. Juli 1890. — Neu beigetretene Mit: glieder. III. — Ewald Arndt: Goldadlerhorſt in Bosnien. (Mit Schwarztafel.) Karl Müller: Der Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt. J. Paul Leverkühn: Die Legende vom Stieglitz. L. Buchsbaum: Ornithologiſche Beobachtungen: Der Vogelzug im Frühjahr 1890. Ewald Ziemer: Berichtigung zu meinem Artikel über Syrrhaptes paradoxus Pall. — Kleinere Mit: theilungen: Podiceps areticus und cristatus. Dreizehiger Buntſpecht. Staar- und Wiedehopf— neſt in Baumhöhlen. — Anzeigen. Unſerm Senior in Rötzſchenbroda zum 9. Juli 1800. | Was jubelt denn heute aus allen Zweigen Der gefiederten Sänger lieblicher Chor”? Wie ſchmettert die Lerche ſo ohne Gleichen, 19 266 Neu beigetretene Mitglieder. III. Wie thut ſich der Finke, die Amſel hervor! Sogar der Haushahn mit lautem Kräh'n, Verkündet: „Es iſt ein Wunder geſcheh'n“. Dem alten Freund gilt's im Sachſenlande, Dem Forſcher im federgeſchmückten Reich, Den längſt man als unſern Veſtor erkannte, Dem Pfleger der Vögel, dem Keiner gleich. Er feiert heut' ſtill im friedlichen Neſt Sein 905 jähriges Wiegenfeſt. In rüſtiger Kraft, das Herz noch fo jung; Der Himmel ſo freundlich Dir lacht. So bleibe fortan Deine Kraft im Schwung, So bleibe noch fern Dir die ewige Nacht, Und ftrahle Dein Stern uns noch lange voran! Grüß Gott Dich, Guſtav Thienemann! Sa . L. Neu beigetretene Mitglieder. III. Behörden und Vereine: das Lehrperſonal der III. prot. Schule in München; die Direction des zoologiſchen Gartens in Berlin; die Lehrerſchaft der Schule Alt-Haidhauſen in München; die dritte prot. Schule in München; Elſaß-Lothringiſcher Thierſchutz-Verein in Straßburg; Thierſchutz-Verein in Duisburg. Damen: Fräulein Joſepha Moesmang in Altötting (Oberbayern). Herren: Alfons Graf von Geldern- Egmont in München; Robert Gutzſch— hahn jun., Fabrikbeſitzer in Groitzſch; Arthur Herrmann, Fabrikant in Oſchatz i. S.; Friedrich Kampe in Hannover, Hotel du Nord; Dr. Titus Knauer, Gutsbeſitzer in Gröbers b. Halle; Leege, Förſter in Finkenborn b. Hameln; A. Meyer in Stötterlingenburg b. Oſterwieck a. H.; Julius Pfretzſch— ner, Maler in Plauen i. V.; W. Sampe, Thierarzt in Schöppenſtedt; Albert Sauerzape in Dresden; Franz G. Stamman aus Hamburg, z. Z. in Mün⸗ chen; Karl Wahl, Herausgeber der Allg. Deutſchen Geflügelzeitung in Leipzig; Adolf Weigenthaler, Bezirksthierarzt in Starnberg (Oberbayern); H. Wiß⸗ mann in Detmold; Max Zöllner, Kaufmann in Graudenz. En E. Arndt, Goldadlerhorſt in Bosnien. 267 Goldadlerhorſt in Bosnien. Von Ewald Arndt. (Mit Schwarztafel). Anfangs April 1889 entdeckte der Forſtwart Herr R. Geſchwind an der Orlora ſtigenna (Adlerwand), einer in das Miljackathal bei Pale ca. 20 km ſüdlich von Sarajevo jäh abſtürzenden Felswand, einen beſetzten Goldadlerhorſt. Anfänglich hatte er die Abſicht, den Abſchuß der beiden Alten und das Ausnehmen der Eier für uns, d. h. meinen Freund Herrn Cuſtos Othmar Reiſer, Herrn Ernſt Ritter von Dombrowski und mich zu reſerviren. Da wir jedoch, in den Saveniederungen weilend, um etwa 8 Tage ſpäter in Pale eintrafen, als es urſprünglich beſtimmt geweſen, ſo ſchoß der Forſtwart am 16. April das Weibchen und wollte auch die beiden Eier ausnehmen, die indeſſen leider durch einen herabkollernden Stein zer— trümmert wurden. Einige Tage ſpäter beſuchte Herr von Dombrowski auf ſeinen Jagdzügen in der Umgebung Pales auch jene Stelle und fand den Horſt verhältniß— mäßig ſo leicht zugänglich, daß er bei ſeiner Rückkehr nach Sarajevo in Cuſtos Reiſer drang, dieſes werthvolle Objekt für das bosniſch⸗herzegowiniſche Landesmuſeum zu erwerben; unſeres Wiſſens beſitzt ja keine Anſtalt einen Gold- oder Steinadlerhorſt. — Nachdem die Regierung die zum Einholen des Horſtes erforderlichen, immerhin ziemlich bedeutenden Geldmittel in bereitwilligſter Weiſe gewährt hatte, brach am 30. April eine kleine Karawane von Sarajevo auf und am folgenden Tage wurde der Horſt von genanntem Forſtwart und dem Revierjäger Alois Wutte, die ſich an Seilen in die Schlucht hinabließen, mit Lebensgefahr und unter unſäglichen An— ſtrengungen wohlbehalten von ſeinem luftigen Standorte emporgeholt. Er iſt aus 1—4 em ſtarken Kiefernzweigen ziemlich feſt gefügt und beſitzt einen Durchmeſſer der Neſtmulde von 80 em, eine Höhe von 40 em und eine Tiefe der Neſtmulde von 18—22 em. Der ganze Horſt hat einen Durchmeſſer von 150 em. — Auffallend war der Standort dieſes Horſtes. Obwohl ſich in dem engen, auf ſtundenweite Länge von nicht ſelten faſt ſenkrecht aufſteigenden Felſenmauern ge— ſäumten Miljackathale und ebenſo gegen Sarajevo zu im Gebiete des Starigrad genug Plätze finden, die den gewöhnlichen Anſprüchen von Aqu. fulva und Aqu. chrys. (Unzugänglichkeit und freier Abflug) vollendet genügen würden, wählte jenes Paar ſeine Horſtſtätte doch an einem Platze, der ſowohl von dem oberen Plateau, als von einem gegen die Miljacka zu abfallenden Rang aus mit Flintenſchüſſen zu beſtreichen war und von dem die Ausſicht überdies durch einzelne in der Wand fußende Kiefern, wie durch einen den Abhang deckenden geſchloſſenen Beſtand weſentlich beſchränkt war. Vielleicht erſcheint dieſer auffallende Umſtand dadurch einigermaßen erklärt, daß eine nahe, zur Horſtanlage hervorragend geeignete keſſelförmig erweiterte Felswand bereits 20 268 Karl Müller, durch eine ſtarkzählige Colonie des weißköpfigen Geiers (Gyps fulvus) beſchlag⸗ nahmt war. — Bemerken möchte ich ſchließlich noch, daß das erlegte Weibchen, welches ſich ausgeſtopft im Beſitz des Herrn Forſtwart Geſchwind befindet, den reinſten Gold- adlertypus trägt, wie man ihn bei galiziſchen und ruſſiſchen Exemplaren nicht aus⸗ geſprochener finden kann. Auf Grund der Angaben verläßlicher Beobachter kann ich beifügen, daß in ganz Bosnien beide Typen ſowohl in der Wald- wie in der Hoch- gebirgsregion gleich häufig auftreten. Doch ſind auch hier wie überall anderwärts niemals gemiſchte Paare beobachtet worden. — Die Skizze zu nebenſtehender Zeichnung habe ich an Ort und Stelle nach der Natur aufgenommen. Der Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt. Von Karl Müller. 1: Mit dem Geſelligkeitstrieb der Vögel ſteht der Zugtrieb in engſter Verbindung. Dieſe großartige Erſcheinung unter den befiederten Weſen verführt den Menſchen, etwas außerhalb der fünf Sinne Liegendes, Unerklärliches anzunehmen, welches man mit dem begriffsloſen Worte Inſtinkt glaubte kennzeichen 3.“ üſſen. Als wir in Fachſchriften und in unſeren „Thieren der Heimath“ als Urſache des Zugs der Vögel Licht und Wärme angaben, da ſtießen wir auf Widerſpruch. Futter- und Nahrungsmangel ſollten nun einmal der einzige Grund ſein, und doch muß es jedem ſich einigermaßen mit dem Leben der Vögel nicht blos am Schreibtiſch, ſondern aus der Beobachtnug in der freien Natur heraus Beſchäftigenden bekannt ſein, daß vielen Vögeln gerade zur Zeit, wo ſie uns verlaſſen, der Tiſch im wahren Sinne des Wortes reichlich gedeckt iſt. Die feinfühlige, mit den kosmiſchen Veränderungen in Berührung ſtehende Vogelnatur empfindet die Abnahme der Wärme und des Lichts viel tiefer, als die gewöhnliche Vorſtellung es glauben möchte. Aber ſelbſt das Bedürfniß nach Licht und Wärme ſah man oder wollte man gewiſſerſeits nicht ſehen; oder man ſuchte es künſtlich auf einem Um- oder Auswege hinweg zu demonſtriren. Dies geſchah in der Betrachtung, daß die (helle) Tageszeit an Kürze gegen Süden abnehme, alſo daß der Zugvogel, der ſich am 21. Auguſt unter den 60. Parallelkreiſe befindet, nur eine Tageszeit von 15 Stunden, 2 Minuten anträfe, während er am 11. September etwa unter dem 50. Parallelkreiſe angekommen, daſelbſt nur eine Tageszeit von 12 Stunden 54 Minuten fände. „Weilte er noch am 11. September unter 60% nördlicher Breite, ſo hätte er einen Tag von 13 Stunden 11 Minuten.“ — Mit ſolcher einſeitigen Betrachtung über längere oder kürzere (helle) Tageszeit glaubte man darzuthun, daß Ornith. Monatsschrift d. Deutschen V. Z. S. d. V ET DS S \ * N. 8 2 6x N 5 N SS SERIEN N 0 | \N 2 oO A u. — Sa — r> [163 “I = O aus Der Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt. I. 269 der Vogel nicht aus Mangel an Licht und Wärme ſüdwärts ziehe. Das Produkt aus intenſivem Licht iſt die Summe und Wärme alles deſſen, was der Vogel zum Gedeihen und Behagen ſeines wärmeliebenden Körpers bedarf — Nahrung (Inſekten, Früchte) — iſt hier das Weſentliche, und gerade unter der gedachten Anſchauung nicht Berückſichtigte. Im Süden von Europa oder in Afrika findet der dorthin ſtrebende Vogel doch ſelbſtredend ein viel wärmeres Klima trotz kürzerer Tageszeit, als in ſeiner nördlicheren Heimath im Herbſt! Nicht die Länge der Tageszeit, ſondern der höhere Stand der Sonne bedingt die größere Wärme eines Ortes. Und dies Handgreifliche überſah man von gewiſſer Seite noch jüngſt. Die Schauer der Auguſtnächte wecken ſchon in einzelnen Arten den Zugtrieb. Und vielfach führt derſelbe alsbald kleinere oder größere Vereinigungen herbei. Daß der regelmäßig wiederkehrende, zu beſtimmter Zeit erfolgende Zug der Arten ſich in unberechenbaren Zeiträumen erſt ausgebildet hat und als Naturnothwendigkeit zuerſt überhaupt hervortrat durch die Umgeſtaltung der klimatiſchen Verhältniſſe der Eis— periode, das iſt nicht zu bezweifeln. Wie mit dem Zugtrieb ſofort auch der Geſellig— keitstrieb in Verbindung tritt, das beweiſt uns das Storchpaar mit ſeinen Jungen, welche die Heimath verlaſſen, um ſich zuerſt in ausgedehnten Wieſengründen und Flußgebieten zu ſammeln mit der großen Schaar ihrer Genoſſenſchaft, die alljährlich ſich, wie zur Geſellſchaft geladen, zu gewohnter Zeit und an gewohntem Orte ein— findet. Von da aus wird dann in dieſer Gemeinſchaft die große Reiſe unternommen. Nicht anders iſt es mit dem Zug der Kraniche, der Wildgänſe und Enten und anderer in größerer Vereinigung ziehender Vogelarten. Wildtauben ſchaaren ſich zu ſtattlichen Flügen zuſammen, Schwalben, Lerchen und Finken ziehen in Geſellſchaften. Vielfach geht freilich der Geſelligkeitstrieb dem Zuge voraus, aber jener iſt nicht Urſache des letzteren, ſondern bedingt durch die Neige des Jahres. Die beerenfreſſenden Sänger, unſere Grasmückenarten, die Amſeln und Droſſeln werden von dem Geſelligkeitstrieb lange vor dem Zuge ergriffen, aber der allmählig zur Herrſchaft gelangende Zugtrieb kündet ſich ſchon an durch die Unruhe und das Umherziehen theils zu anderen Oertlichkeiten und Gegenden, theils durch das Durch— wandern der Büſche und Bäume in ausgedehnterem Umfange. Mit dem Zuſammen— ſchlagen werden ſie gewiſſermaßen ſchon heimathlos, das heißt: ſie fühlen ſich nicht mehr unmittelbar an die Umgebung des Niſtortes gebunden, ſondern bereiten ihren Zug vor, mit dem Wandern zu wirthlichen Stätten. Wohl vermag ſie der Beeren— reichthum länger zu feſſeln und an beſtimmte Orte zu bannen, und wenn in den Hollunderbüſchen unſere Grasmücken im Herbſtſonnenſchein aufgeblaſen und ihrer angenommenen Faulenzernatur gemäß behaglich ruhen und zwitſchern, ſo geſchieht dies in Stunden, in welchen der Zugtrieb unter der Gunſt der Witterung vorüber— gehend zurückgetreten iſt, auf Augenblicke ſchlummert. 20* 270 ö Karl Müller, Der aufmerkſame Beobachter des Vogellebens kann es alljährlich in Parkanlagen und Gärten, in welchen Johannisbeeren reifen, unverkennbar wahrnehmen, wie ſich da nicht blos die am Ort heimiſchen, ſondern auch fremde Individuen, namentlich junge Exemplare der ſchwarzköpfigen und grauen Grasmücke, von einer den Vogel beherrſchenden Unruhe auf weite Strecken hergeführt, ſammeln, um in friedlichem Verbande die Quelle beliebter Nahrung auszubeuten. Lange vor dem Wegzug in die ſüdlichen Länder beginnt dieſe Beweglichkeit und veranlaßt alsbald die mannig⸗ fache Begegnung und die Vereinigung zu größeren oder kleineren Geſellſchaften. Und dieſes Zuſammenſchlagen bewegt nun auch ſolche Vögel, welche das Einzelleben pflegen, ſich an die Vereinigten, wenn auch in loſerem Verbande, gelegentlich anzuſchließen. Wir haben dies namentlich an Laubvögeln wahrgenommen. Tritt nun aber die eigentliche Zugzeit ein, dann wird der Anſchluß derjenigen Vögel, welche in größerer oder kleinerer Gemeinſchaft ziehen, ein engerer. Es ſcheint mit dieſem Geſellſchafts— verbande ein Gefühl größerer Sicherheit verbunden zu ſein. Bei den Zugvögeln tritt die Vereinigung unter den verſchiedenen Arten oft mehr oder weniger ſichtbar in die Erſcheinung. Wohl ziehen die Segler mit ihren Familien, namentlich gegen Abend, ſo gerne im Sommer durch die Straßen ihres Heimathsortes unter dem Jubelausdruck ſchwirrender Töne. Ganze Reihen eilen hintereinander her, als gelte es einen Wettflug zu unternehmen, aber unmittelbar vor dem frühen Wegzug nehmen wir keine ähnliche Zuſammenrottung zu großen Schaaren wahr, wie ſie die Schwalben, namentlich die Mehl- und Uferſchwalben lieben. Dennoch ziehen auch erſtere in vereinten Zügen in die Fremde. Es iſt dem ſchaarenweiſen Anſammeln der Schwalben zur beginnenden Herbit- zeit auf Dächern der Häuſer und Kirchen ꝛc. und dem wie auf Commando jubelnden Hinausſtürmen ein ganz falſcher Beweggrund unterlegt worden, eine reflectirende Abſicht, die darin beſtehen ſoll, daß die Thierchen Uebungen vornehmen für die große Reiſe über das Mittelmeer. Nichts anderes iſt der Beweggrund dieſer Unter— nehmungen, als der immer ſtärker drängende, die Unruhe mehrende Zugtrieb, welcher den Geſelligkeitstrieb in jo intenſiver Weiſe in ſich ſchließt und zum ſtärkſten Aus⸗ druck bringt. In hohem Grade hebt ſich dieſer in Verbindung mit dem Zugtrieb bei unſeren Feldlerchen hervor, in ähnlicher Weiſe auch bei den Baumlerchen. Während erſtere in großen Schaaren dicht über die Fluren dahineilen, da und dort ſich niederlaſſend, um Nahrung aufzunehmen, des Nachts aber, namentlich bei Mond⸗ ſchein, höher ſich ſchwingend ihrem Ziele zuſtreben, erſcheinen dieſe in Trupps und lagern an Lieblingsplätzen der Bergfluren und Hage, bis endlich des Spätjahres Unwirthlichkeit ſie in die Weite drängt. Im Frühling iſt bei vielen Vögeln, nament⸗ lich bei Schwimm- und Watvögeln auch der Zugtrieb Haupturſache des Geſelligkeits⸗ triebes, indeſſen waltet hier der Unterſchied, daß dieſe Vögel auch während des Der Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt. I. 271 Winters in der Fremde in größerer oder kleinerer Geſellſchaft vereinigt bleiben. Aber die Zugzeit ruft ihnen gleichſam gebieteriſch zu: ſchaart euch in Maſſen zuſammen! Unter den Kleinvögeln ſehen wir dagegen im Frühjahr nicht wenige einzeln oder paarweiſe wiederkehren; es ſind dies bei näherer Unterſuchung meiſtens ſolche Arten, welche im Herbſt mehr im loſen Verbande und kleineren Vereinigungen uns verlaſſen, wie unſere Grasmücken. Einen weſentlichen Einfluß übt bezüglich mancher Groß— vögel auf ihrem Zuge einzeln, paarweiſe oder in zahlreicherer Geſellſchaft der Umſtand, ob die Paarung der Geſchlechter bereits ſtattgefunden hat oder nicht. Ganz uner— klärlich und auffallend erſchien uns die Maſſenniederlaſſung von mindeſtens hundert Störchen in großen Flußwieſenthälern, wo dieſe ſich den Sommer über, ohne zu niſten und in geſchlechtlicher Vereinigung abzutrennen, ununterbrochen aufhielten. Snell ſchloß aus dieſem Auftritt, daß der Storch erſt im dritten Lebensjahre fort— pflanzungsfähig werde und ſolche Geſellſchaft wohl aus einjährigen Individuen be— ſtehe. Immerhin bleibt dies eine gewagte Annahme, wie nahe ſie auch liegen mag. Der Geſelligkeitstrieb iſt unter ziehenden Finkenarten, Staaren und Lerchen oft viel längere Zeit herrſchend als gewöhnlich. Dieſe Bedingung liegt in den Witterungsverhältniſſen des Frühjahres. Wochenlang ſind verſchiedene Droſſelarten in manchen März und April-⸗Monaten in großer Anzahl an beſtimmten Raſt- oder Niederlaſſungsorten verſammelt, wo ſie die beutereichen Wieſengründe, Bach- und Flußufer und Feldäcker in der Nähe von Waldrändern, Parkanlagen und Baum— ſtücken beſuchen. Wie der Zug der Vögel, ſo iſt auch, und zwar in durchgehenderer Weiſe, die Zeit des Umherwanderns der ſogenannten Strichvögel Urſache der Geſellſchaftsbildung. Wer unter den Vogelkennern hat nicht im Frühherbſte Stieglitze in Schaaren auf Hanfäckern, Salatbüſcheln und ungeſchorenen Wieſen verſammelt geſehen? Die Bruten der weithin ſich erſtreckenden Gegenden vereinigen ſich unter Führung der Alten und durchſtreifen die Fluren, die Flußthäler und ſamenreichen Wüſtungen, wie es Hänf— linge und Zeiſige ebenfalls thun. Je winterlicher es wird, deſto größere, umfaßendere Strichwanderungen werden unternommen. Im Spätherbft ziehen ſich die Staare in ungeheuren Zügen zuſammen, von einer immer mehr ſich ſteigernden Unruhe ergriffen. Haſtig iſt ihr Flug, ihr Lauf; was ſich auf einige Zeit einmal abſondert, ſchließt ſich, wie magnetiſch angezogen, der Maſſe alsbald wieder an. Eine merkwürdige Erſcheinung iſt das zeitweiſe Wandern der Rebhühner. Lenz hat hunderte im Spätherbſte halb fliegend, halb laufend vorübereilen ſehen, wie wir es beobachteten in den vierziger Jahren in der Wetterau. Mit unglaublicher Haſt wanderte die große Schaar zuſammengezogener Ketten oder Völker von Norden nach Süden. Die Wanderungen des aſiatiſchen Steppenhuhnes zeugen von einem und demſelben Wandertrieb, der ſie größere Geſellſchaften bilden 272 Karl Müller, läßt und in ferne Weiten führt. Die auffallende Erſcheinung tritt mit einemmale mit elementarer Gewalt auf und bildet ein Seitenſtück zur Wanderung der nordiſchen Lemminge. Wir ſind keineswegs blind gegen den großen Einfluß, welchen der Nahrungs⸗ mangel auf den Geſelligkeitstrieb der Strichvögel ausübt. In großen Zügen finden die befiederten Weſen viel leichter die mannigfachen Bedingungen ihrer Exiſtenz. Schlagend beweiſt dies ja das Erſcheinen der Kreuzſchnäbel in außer— ordentlichen Mengen, wenn Kiefern und Fichten von Fruchtzapfen ſtrotzen. In kleineren Geſellſchaften ſieht man die ſich ſchon durch ihre Locktöne verrathenden Vögel ein umherſtreifendes Leben führen. Im Herbſt und Vorwinter 1888 trafen wir ſtets in den Nadelwaldungen eine ganze Menge zu Gruppen vereinigte Kreuz⸗ ſchnäbel an. Wie dieſe Thierchen feinſinnig die Gegenden ausmachen, wo ihnen ſo reiche Beute geboten wird. — Der Nußknacker oder Tannenheher, der Bewohner ge— ſchloſſener Nadelwälder der Hochgebirge ſowie der ausgedehnten Waldungen des Nordens der alten Welt, wird durch das Mißrathen der Zirbelnüſſe zu Geſellſchafts— wanderungen nach Süden hin oder vom Gebirge in die Ebene herab veranlaßt, in dem einen Jahre früher, in dem anderen ſpäter. Erzherzog Rudolf von Oeſter— reich traf im Salzkammergute und in Oberſteyermark bereits im Juli 1878 Tannen- heher in Menge in den tiefen Thälern an. Brehm beobachtete 1876 am 8. Sept. und weiterhin „unzählbare, ſicherlich Tauſende enthaltende Schwärme dieſer Vögel in ſüdlicher Richtung dem Ob entgegenziehend, offenbar in der Abſicht, in den im oberen Gebiete des Stromes gelegenen Zirbelbeſtänden ſich feſtzuſetzen.“ Derſelbe Forſcher ſagt weiter: „Mißräth die Zirbelnuß, ſo verlaſſen ſie auch deren Beſtände und ſtreichen weiter nach Süden, durchwandern bei dieſer Gelegenheit ganz Südſcandinavien, Dänemark, Norddeutſchland, Belgien und Nordfrankreich, Südrußland, Sibirien und Nordchina und beenden ihre Wanderungen erſt im ſüdlichſten Deutſchland, Südfrank— reich, Südrußland, den Donautiefländern und den ſüdlichſten Waldländern Nord— aſiens.“ Ein Bewohner Amerika's, der Schneeammerfink oder Winterammerfink wurde von Wilſon in Schaaren von vielen Tauſenden wandernd beobachtet. Namentlich veranlaſſen heftige Stürme, daß dieſe Vögel ſich vorher zu unglaublich großen Maſſen vereinigen. Veranlaſſung zum Aufbruch von den Heimathsſtätten iſt Schneefall, welcher die Futterplätze bedeckt. Anfänglich hält er ſich in kleinen Trupps, ſpäter erſt entſtehen die Maſſenvereinigungen. Das maſſenweiſe Erſcheinen der Flachsfinken im mittleren Deutſchland aus der nordiſchen Heimath in gewiſſen Wintern iſt durch Nahrungsmangel bedingt, der ſie ſich zu großartigeren Wanderungen in zahlreicher Schaar entſchließen läßt. Hauptſächlich iſt es der Schnee, welcher ſie dem nordiſchen Heim auf längere Zeit entfremdet und zur Unternehmung in vertrauenerweckender f Der Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt. 1. 273 Gemeinſchaft nöthigt. Das Erſcheineu der Seidenſchwänze in gewiſſen Jahren in kleinen Zügen von 6— 12 und mehr Individuen iſt nicht weniger zurückzuführen Rauf Verſchließung heimathlicher Nahrungsquellen. Theils führen fie in den Gegenden ihrer Zuflucht ein ausgedehnteres Strich- und Wanderleben fort, theils halten ſie ſich wochenlang, insbeſondere im Frühling, noch an geeigneten Orten auf, wo ſie faſt ausſchließlich dem Genuſſe der Miſtelbeeren hingegeben find. Wir haben aus dem After erlegter Exemplare ganze Schnüren der zähen, klebrigen Beerenſubſtanz herausgezogen. Unbedingt führt auch die Buſſarde, welche ſonſt ein entſchiedenes Einzelleben den Herbſt und Winter hindurch führen, die beliebte Mäuſenahrung in größerer Anzahl zuſammen, wenn die ſchädlichen Nager in ſogenannten Mäuſejahren zu Millionen auftreten und von Flur zu Flur verheerend vordringen, geradeſo wie es der Fall iſt zu Zeiten der Lemmingwanderung, wo ſich deren Feinde in Mengen zuſammendrängen. Nicht zu leugnen iſt es, daß zur Zeit, wo die Staare ſich ſchon an den Niſtſtätten eingefunden haben, bei Ungunſt der Witterung, vorzüglich bei Schneefall und ſtarkem Froſt die Bewohner der ganzen Umgegend ſich zuſammen— ſchaaren, um gemeinſchaftlich die Nahrungsquellen aufzuſuchen und auszubeuten. Die erſchwerte Ernährung weckt ſofort den Geſelligkeitstrieb und führt denſelben zur bindenden Herrſchaft. Eine merkwürdige Beobachtung machten wir einſt an unſerem früheren Heimathsort in einem Park, wo die Zugvögel ſo gerne Raſt machten. Wir ſahen auf einem Apfelbaum in der Nähe eines mit Gebüſch bewachſenen Sumpfortes mindeſtens dreißig Rothkehlchen vereinigt, die von da aus auf dem Gartenraſen im Sonnenſchein ihre ſehr reducirte Nahrung ſuchten. Es war nämlich eiſiger Nord— wind bei hellem Himmel eingetreten, der mehrere Tage in ſeiner Strenge und die Entwicklung hemmenden Wirkung anhielt. (Wieder ein Beweis, wie bei der Gegenſtrömung der Zug der Vögel aufgehalten wird!) Eine beſondere Berückſichtigung müſſen wir den vereinigten Dohlen und Krähen, welche Strichwanderungen unternehmen und ſich ſo von den als Standvögel den Winter hindurch treu aushaltenden Krähen unterſcheiden, zuwenden. In ungeheuren Schaaren erſcheinen ſie, die verſchiedenſten Landſchaftsgebiete beſuchend und nament— lich Morgens und Abends mit unaufhörlichem Geſchrei die Schlafſtätten verlaſſend oder aufſuchend. Plötzlich ſind ſie verſchwunden, plötzlich erſcheinen ſie wieder. Schon im Herbſte ſchaaren ſich z. B. bei Alsfeld und auf der Ruine Gleiberg bei Kroſtdorf Dohlen von weit und breit zuſammen und machen den Tag über größere oder kleinere Reiſen in Thäler, Gründe und Fluren. Gegen Abend ſtellen ſie ſich mit weithin hörbarem Lärm ein und ſtreichen in großen Bogen zuerſt in der Höhe umher, dann laſſen ſie ſich in einem Gehölze von zwei Morgen Umfang am Schwalmthal, bezw. auf den Mauern genannter Ruine nieder, verlaſſen das Gehölz aber ſogleich wieder 274 Karl Müller, und begeben fich ſchreiend flußaufwärts nach einem einen Kilometer entfernt Tiegen- den Erlen- und Fichtenwäldchen mit hochragenden Bäumen. Von da geht die Tour hin und zurück, bis die tiefe Dunkelheit ſie zum Schweigen bringt und an die Schlafſtätten bannt. Einzelne Abtheilungen wählen ihre Plätze an geeigneten Schutz- ſtellen des Thurmes und der Kirche in Alsfeld. Noch um Mitternacht aber quält die Unruhe bei Mondhelle die viele Hunderte zählende Schaar und das Hin- und Hereilen zwiſchen den genannten Gehölzen will kein Ende nehmen, ebenſo wenig das ihren Flug begleitende Geſchrei. Abends und Nachts umkreiſen die Ruine Gleiberg bei Gießen die Schaaren, ſowie ſie denn lebhaft und unruhig zwiſchen Ruine und einem 12—14 Kilometer entfernten Waldorte „Lindenſchied“ im Krofdorfer Reviere hinziehend wechſeln. Oft ſind die unruhigen Gäſte zu wochenlangem Aufenthalte in unſerer Gegend, dann bleiben ſie wieder lange Wochen nicht hör- und ſichtbar; mit einem Male jedoch ſtellen ſie ſich wieder ein. Erſt jedoch ſeit etwa 10 Jahren wiederholen ſich dieſe Auftritte jedes Jahr; früher nahm man in unſerer Gegend nur wenige, ſelten und vorübergehend nur Maſſenflüge der Dohlen wahr. Dieſe Erſcheinung in der Zuſammenſchaarung der Krähen und Dohlen führt uns auf den, alsbald nach dem Ausflug der Bruten gewiſſer Vögel ſtark hervortretenden Geſelligkeitstrieb. Denn jene Dohlenſchaaren, welche ſich ſchon im Nachſommer bilden, ſind zuſammengeſetzt aus einer unzähligen Menge einzelner Familien. Sind dieſelben zu Maſſen ver- einigt, dann werden ihre Plünderungen in den Getreidefeldern in demſelben Maße, als ihre Zuſammenrottung zunimmt, ausgedehnter, und ihr ſchädliches Hauſen wiegt den Nutzen, welchen ſie durch Schnecken- und Kerbthiervertilgung bringen, hoch auf. Wir reden alſo jetzt von ſolchen Vögeln, bei welchen der Geſelligkeitstrieb ſo ſtark iſt, daß ſofort nach vollzogener Brut eine Maſſenvereinigung ſtattfindet. In erſter Linie und in nächſter Nähe zeigen ſich uns in dieſer Weiſe die Staare. Die Bruten im weiten Umkreiſe vereinigen ſich Ende Mai oder Anfang Juni und folgen der Führung der Eltern hier zu Wieſengründen, dort zu Feldgehölzen und Wäldchen, unaufhörlich futtergierig ſchreiend und ihrem Naturell treibender Unruhe unterthan. Das iſt ein Ab- und Zufliegen, ein Durcheinander ſondergleichen, und doch findet ein Erkennen von untrüglicher Schärfe der eigenen Jungen ſeitens der zuſtändigen Eltern ſtatt. Gemeinſchaftlich werden die ergiebigen Nahrungsquellen ausgebeutet, in Geſellſchaft wird auch Nachtruhe gehalten. Erſt wenn die Jungen vollſtändig zur Selbſtändigkeit gelangt ſind, theilt ſich die Schaar und löſt ſich zu kleineren Flügen auf. Später im Herbſt ſchaart ſich die Menge wieder zuſammen. Dieſelbe Wahr⸗ nehmung machen wir an Stieglitzen und Hänflingen nach vollzogenen Bruten im Nachſommer, wo erſtere, zu großen Flügen vereinigt, auf Wieſen und ſamentragenden Aeckern der Heimath Ausbeute halten und Abends in der Nähe auf dicht belaubten Der Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt. I. 275 Baumgruppen einkehren, um zu übernachten. Die Flüge der vereinigten Hänflings— familien ſind weniger groß. Es gewährt einen reizenden Anblick, eine Schaar Stieg— litze von einem Hanfacker oder den Mohrenköpfen der Wieſen ſich erheben und im weiten Bogen uns umkreiſen zu ſehen. Die Locktöne der Alten und das je nach dem Alter der Jungen rauhere oder feinere „Zibet“ oder „Zibit“ tönt im Gewirr durch— einander. Die gelben Felder der Flügel leuchten im Sonnenſchein, und wenn ſich die Futtergierigen wieder niederlaſſen, prangt das ſchöne Karmoiſinroth der alten Männchen und das Schwarz der Flügel mit dem gelben Aufſchlag wie die glänzendſte Uniform. An ſeichten Stellen der Bäche und Flüſſe laſſen ſich die einzelnen Ab— theilungen nieder, um zu baden, dann aber begeben ſie ſich alsbald wieder zur großen Verſammlung. Entſchieden tritt auch nach dem Ausflug der jungen Sperlinge der Vereinigungstrieb unter den Familien der Umgegend auf. Dieſe Standvögel leben überhaupt außer der Brutzeit geſellig. Von ihnen werden wir weiterreden, wenn wir ſpeciell von den Standvögeln berichten. Die auf großen Teichen im Sommer ver— ſammelten Stockenten beſtehen nicht immer nur aus einer Familie, ſondern es ver— einigen ſich ſämmtliche Familien und halten ſich eng zuſammen, wechſeln dann auch zwiſchen verſchiedenen Teichen und Flußthälern. Das grünfüßige Rohrhuhn geht nach der erſten Brut zur zweiten über, ſtößt aber jene nicht ab, ſondern bildet mit dieſer eine Doppelfamilie, welche den rührenden Auftritt bietet, daß die Jungen der erſten Brut die Eltern in der Wartung der zweiten Geſchwiſter-Generation unter- ſtützen. Der Verband iſt ein ſo inniger, daß die Tödtung eines dieſer geſellig Ver— einten eine wahre Todtenklage unter den treuen Thierchen verurſacht. Die bei uns an geeigneten Waldörtlichkeiten in großer Anzahl niſtenden Miſteldroſſeln bilden ſchon Ende Juli große Vereinigungen innerhalb des Heimathsgebietes. Wir ſehen Hunderte alter und junger dieſer Droſſeln auf Waldblößen im Juli und Auguſt in Gemeinſchaft. Es mögen dieſe Beiſpiele genügen, um darzuthun, daß der Geſelligkeits— trieb bei gar manchen Vogelarten ſchon nach vollzogener Brut mächtig auftritt. Solche Vögel ſind es nun auch größtentheils, welche in dem Hang, ihre Geſellſchaften zu mehren, beſonders maßgebend noch unterſtützt werden durch Aufſuchung und Ausbeutung reichlicher Nahrungsquellen. Das ſehen wir an unſern diebiſchen Sper— lingen. Sie befallen in immer mehr ſich ausdehnenden Flügen und Schaaren den milchigen Weizen, zumal wenn die Aecker in der Nähe des Dorfes, des Gehöftes oder der Stadt liegen. Durch dieſe Maſſenvereinigungen richten ſie unberechenbaren Schaden im Flurfelde an. In größerer Anzahl dringen ſie auch in die Fruchtböden ein. Noch beträchtlicheren Schaden ſtiften die vereinigten Familien der Dohlen in den Gegenden, wo ſie zahlreich auf Thürmen, Ruinen und in altem Gemäuer niſten. Unter ihrem Gewichte oder mittelſt des Schnabels knicken ſie die Halme und zer— picken die Aehren auf dem Boden. Auch die gemeinen Krähen ziehen ſich nach voll— 276 Karl Müller, zogener Brut zuſammen und zeigen nicht blos den hierzu vorhandenen Geſellig— keitstrieb an ſich, ſondern mehren auch ihre Zuſammenrottungen bei dargebotenen Gelegenheiten beliebter Nahrung. Eine derartige Entdeckung ſeitens weniger Individuen ruft ſehr bald die große Verſammlung heran und unter wildem Geſchrei und Durcheinander wird irgend ein Opfer, ein Haſe ꝛc., überfallen. Ganz beſonders aber nehmen dieſe Vereinigungen im Winter bei Schnee und Froſt große Ausdehnungen an. Große Strecken ſind ſchwarz bedeckt und der Zuſammenhang der ſämmtlichen Individuen iſt unverkennbar. Zu ſolchen Zeiten kommt es häufig vor, daß nicht blos die Loſung der Pferde gierig und ganz verſchlungen wird, ſondern auch auf Höfen Holzkohlen die tagelange Haupt⸗ nahrung der ſchwarzen Geſellen bilden. Den Häher (Nußhäher) führt in kleineren und größeren Geſellſchaften nicht blos die Eichelmaſt zuſammen, ſondern auch oft ein in der Nähe des Waldes liegender Fruchtacker. Die Vogelbeeren (Frucht der Eber— eſche) an unſeren Hochſtraßen ziehen Hunderte vereinigter Großdroſſeln an. Die Hollunderbeeren (ſchwarzen) zeigen uns Staare, Singdroſſeln, Grasmücken und Roth— kehlchen geſellig vereinigt. Unſere Goldammern miſchen ſich in Menge unter die Sperlinge, um mit dieſen Körnerfutter in den Gehöften zu erbeuten. Schaaren von Ringeltauben werden von der Eichelmaſt angezogen. Sie befallen eine Eiche halb fußfaſſend, halb flatternd, oder auch nur flatternd und reißen die Eicheln los, die ſie hinabwürgen und beſtens verdauen können. Im Winter bei Schnee ſuchen ſie den in Gärten eingeſchlagenen Kohl und andere Gemüſeſorten zu ihrer Nahrung auf. So zeigt ſich mannigfaltig der Ernährungstrieb als Urſache und Mehrer der Geſellſchaften. Unſtreitig iſt auch, wie das Ernährungsbedürfniß, drohende Gefahr und Streit— ſucht häufig Grund von wenigſtens vorübergehender Vereinigung. Wenn der Hühnerhabicht unter die Krähen und Dohlen ſtößt, dann erhebt ſich alles, was das Signal zum Aufruhr der Beleidigten vernimmt und verfolgt den frechen Räuber mit den keckſten Angriffen. Bei Gabelweihen haben die Krähen, das willen fie, nichts zu befürchten; aber es kommt vor, daß Hunderte von Raben mit Muth, Zähigkeit und Geſchick im Angreifen die Weihen zu halben Dutzenden an der Zahl in weite Ferne in die Flucht ſchlagen. Merkwürdig iſt die Theilnahme der verſchiedenen Kleinvögel, wenn der Sperber ſichtbar wird. Es geht ein allen Arten verſtändlicher Warnungston durch die Reihen, und augenblicklich fährt der Entſetzen erregende Ge— danke durch die kleinen Vogelherzen: der Feind iſt da! Das iſt ein ſeeliſcher Ver— band, welcher oft komiſch ſichtbar wird, wenn zum Beiſpiel eine Katze naht. Da kommen ſchimpfend und wetternd alle Sänger der Umgebung herbei und geberden ſich faſt wie in menſchlicher Entrüſtung; ſelbſt der kleine Zaunkönig ſchwingt hoch ſein Schwanzſcepterchen empor und hält eine recht eindringliche ſchnurrende Rede. Der Gefelligfeitstrieb in der Vogelwelt. IL. 277 Gehen wir über zu den Vögeln, welche ſelbſt in der Paar- und Brütezeit ſich nicht von der zahlreichen Genoſſenſchaft abſondern, ſondern auch da vom Geſelligkeits— triebe beherrſcht, Anſiedlungen bilden. Schon unſere heimiſchen Schwalben, die Mehl-, Ufer- und Rauchſchwalben, überzeugen uns von der großen Neigung, ihre Neſter neben-, an- und übereinander zu bauen. Sie bilden kleinere oder größere Vereinigungen, je nachdem die Lage günſtigere oder weniger günſtigere Niſtplätze bietet. Bei den Rauchſchwalben, welche in Kuhſtällen vorzugsweis gern niſten, kommen in der Regel nur kleinere Ver— einigungen vor, während bei den Mehlſchwalben oft die Anſiedelung weitere Aus— dehnung annimmt. Die Alten mit den ausgeflogenen Jungen bilden in vereinten Familien an ſchönen Sommertagen einen unterhaltenden Anblick, wenn ſie kreuz und quer unter dem blauen Himmel ſich in behaglichem Fluge ausbreiten und die Fütterung derart von Statten geht, daß Alte und Junge ſich entgegenkommen und vor ein— ander aufwärtsſteigen zur Vollziehung des Fütterungsgeſchäftes. Auch die Segler niſten mehr vereinigt im Gemäuer alter ſteinerner Häuſer und Kirchen. Von ihren vereinten Flügen nach Ausflug der Jungen iſt bereits Erwähnung geſchehen. Weit umfangreichere Geſellſchaften bilden die Paare der niſtenden Uferſchwalben, welche einen Ueberblick bezüglich ihrer Maſſenſchaar bieten, wenn das ganze Volk der An— ſiedelung wie auf ein plötzlich gegebenes Commando von den Sandſteinwänden hinaus— ſtürmt. Die raſtloſe Arbeit der kleinen Thierchen bei der Herſtellung ihrer tief in die Wand führenden Niſthölen nöthigt dem Beobachter Bewunderung ab. Das kleine meiſelnde Schnäbelchen und die zur Entfernung des losgeriſſenen Materials in den Höhlungen thätigen Füßchen leiſten geradezu Rieſenarbeiten. Außerordentliche Zuſammenſchaarungen bilden auch die Salanganen, deren Neſter, vom eigenen Speichel gebildet, in großen Mengen an ſchwer zugänglichen Oertlichkeiten angehäuft ſind, und von denen die in den Handel gebrachten, ſogenannten „Indiſchen Vogelneſter“ geſuchte Leckerbiſſen der Gourmands ſind. Von den Dohlen können wir ebenfalls ſagen, daß ſie förmliche Anſiedelungen bilden. Die Stadtkirche zu Friedberg und der alte Thurm in der Burg haben immer, wie auch die Ruinen in der Umgebung von Gießen, uns reichlich Gelegen— heit zur Beobachtung ſolcher Vereinigungen von Hunderten dieſer klugen und an den alten Niſtplätzen zäh feſthaltenden Vögel gegeben. Zum Zweck ihrer Vertreibung wurden Schrote und Kugeln in Menge nach ihnen abgeſchoſſen; dennoch ſetzten ſie ihre Anſprüche auf die Brutſtätten ihrer Ahnen fort und wußten ſich in gehöriger Entfernung oder Höhe vor Verfolgung ſicher zu ſtellen. 278 Paul Leverkühn, Die Legende vom Stieglitz. Von Paul Leverkühn. In ſeinen „Ornithologiſchen Erinnerungen aus Italien“ bemerkt K. Jung— hans,“ daß der Stieglitz (Fr. carduelis) auf zahlreichen älteren Madonnenbildern angebracht ſei, z. B. auf der Madonna del Cardellino von Raffael, daß von einem Italiener die Aeußerung geltend ſei, dies ſei der Lieblingsvogel des Herrn Jeſu ge— weſen. Herr Junghans kennt keine Legende, woraus ſich die Vorliebe der älteren Maler für dieſen Vogel erklärte. Vielleicht handelt es ſich um die von Fr. Kind in ein hübſches Gedicht gekleidete Sage, welche wir uns erlauben aus Dr. Th. Echter— meyer's Auswahl deutſcher Gedichte (Halle 1872, Nr. 92, S. 120) mitzutheilen: Der Stieglitz. Wenn ich ſo auf mein Leben ſchau', Erwägend, wie's doch ſei gekommen, Daß Waldesgrün und Himmelblau Und Morgenroth und Abendthau Mir mehr als Rang und Mammon frommen, Der Wachtelſchlag die Bruſt erregt, Der Blumen Schmelz mich ſüß bewegt, Kurz, alles was ſich ſonnt im Licht, So eng befreundet zu mir ſpricht: Da zeigt ſich auch ein Vogelheerd Vor anderm meinem Herzen werth, Zu dem ich oft, der Hut entronnen, Mit Morgengrau'n den Lauf begonnen. Da ſtellt ſich mir ein Hüttchen dar, Das ganz am End' des Dörfchens war, Geſchmückt an ſeinen armen Mauern Mit Tannenreis und Vogelbauern. Rothkehlchen ſingt, es ſchnarrt der Star, Der Rabe heißt mich ſchön willkommen, Dem man der Zunge Band genommen. — Dort wohnt' ein alter Vogelfänger, Ein Diogen in Wort und That, Der tief im Wald die muntern Sänger Zu reichbeſetzter Tafel bat; Doch heut' verzehrten ſie die Beeren Und ließen morgen ſich verzehren. Der Greis mit rauhem Rock und Bart War etwas gröblich-finſtrer Art Und juſt kein Freund von Knabenfragen; ) Ornith. Monatsſchrift 1890. S. 91. Die Legende vom Stieglitz. 279 Ja, wenn noch vor geglücktem Fang Ich oft ſchon jubelte und ſprang, Erfaßt er unſanft mich beim Kragen. Doch ſchnitzt' er Käfige daheim, Dann ſprach er wohl bei guter Stunde, Den ſchwarzen Pfeifenſtumpf im Munde, Manch' Waidſprüchlein, manch' alten Reim, Und thät mir Kriegs- und Mordgeſchichten Mit unverdroſſ'ner Müh' berichten. — Einſt, da's zum Glück noch Mutterheller In den oft leeren Taſchen gab, Kauft' ich dem alten Vogelſteller Faſt bettelnd einen Stieglitz ab. „Da nimm ihn,“ ſprach 0 „'s nicht theuer; Ich kriegte wohl noch ein'ge Dreier; Sieh ihn nur an! o welche Pracht! Ja, die hat Gott im Spaß gemacht.“ — „Was heißt das?“ frug ich, und der Alte Verſetzte ſchmunzelnd: „Setz' Dich her! So unſer einer lebt im Walde Und hört von Jägern manche Mär; So will ich Dir's denn wieder ſagen, Wie ſich das Ding hat zugetragen. — Als Gott der Herr die Vöglein ſchuf, Ich denk' am fünften Schöpfungstag, Da ſtanden fie jo Stuf' zu Stuf', Wie man ſie jetzt noch ſehen mag, Der Dompfaff', Rothſchwanz, Meiſ' und Fink, G'nug, Adler bis zum Zitſcherling, Doch all noch erdfahl, todt und ſtumm, Um ſeinen Arbeitsſtuhl herum, Wie wohl ein Gipsmann ſie zum Kauf Jetzt ſtellt in ſeiner Werkſtatt auf. — Da nahm der Schöpfer Scherb' und Topf Und mengte bunte Farben ein, Bemalte dem den Hals und Kopf, Und jenem Bruſt und Flügelein: Die Tauben malt' er weiß und blau; Setzt' Augen in den Schweif dem Pfau; Den Gimpel und den Goldfaſan Strich er fein roth und goldgelb an. Bald waren alle Töpfe leer Und nichts gab's für den Stieglitz mehr. — 280 Paul Leverkühn, Die Legende vom Stieglitz. Drauf blies der Herr den Vögelein Alsbald lebend'gen Odem ein, Und ſieh, mit fein und grobem Sang Purrt' alles auf zum Bergeshang, Wie wohl, wenn Deine Hand es ſcheucht, Das Spatzenvolk vom Futter fleucht. — Der Stieglitz nur blieb ſtill zurück, Erhob zum Herrn gar trüb' den Blick, Reckt' auf das Hälslein und die Zeh'n, In jede leere Scherb' zu ſehn, Und ſprach: „Ja, die ſind grün und blau, Ich armes Thier ganz aſchengrau; So viel als Roth zu meiner Zier, Wär' wohl noch in den Töpfen hier. Schau, Herr! hier iſt noch Roth im Topf“ — Gleich gab ihm Gott ein'n Klecks aufn Kopf — „Hier giebt's noch etwas Weiß vom Schwan“ — Gleich ſtreicht's ihm Gott am Flügel an — „Auch was Citronengelb iſt hier“ — „„Du Bettler, nun jo nimm es dir! „Da giebt's auch Ruß noch, ſchwarz wie Nacht, Womit Du Raben haſt gemacht.“ — „„Du närr'ſcher Kerl,“ ſpricht Gott und lacht, „„Nun, wenn Du mußt von allem han, So kleb' ich Dir auch das noch an!““ — So, Kleiner, hat der liebe Gott — 's iſt wirklich wahr, kein Waidmannsſpott — Mit Farb' den Stieglitz aufgefriſcht, An ihm die Pinſel ausgewiſcht. Drum denk' ich jeden Morgen dran, Bin ich gleich nur ein armer Mann, Bin zu gering ſelbſt für den Spittel: Sink' ich nur ſchlecht und recht in's Grab,“ (Hier zog er fromm ſein Käpplein ab) „So zieht mir Gott dort für den Kittel — Er hat's dem Stieglitz ja gethan — Wohl auch das Kleid der Ehren an.“ Was das Vorkommen von Stieglitzen auf alten Madonnenbildern betrifft, ſo mag hervorgehoben werden, daß in der Münchener alteu Pinakothek, welche ſehr zahlreiche alte Madonnenbilder enthält, nur ein ſolches Bild von uns aufgefunden wurde. Es iſt dies in Kabinet XVII. Nr. 977 (1131) aus der Schule des Cimabue aus dem erſten Viertel des XIV. Jahrhunderts, unbekannter Herkunft. Auf den L. Buxbaum, Der Vogelzug im Frühjahre 1890. l Seitenlehnen eines Seſſels, auf welchem Maria ſitzt, ſteht jederſeits ein Stieglitz, welcher durch die Kopffärbung noch zu erkennen iſt, wenn auch im übrigen die Farben recht undeutlich geworden ſind. München, Ende April 1890. Ornithologiſche Beobachtungen. Von L. Buxbaum, Raunheim a. Main. Der Vogelzug im Frühjahre 1890. Der Winter 1889/90 war ſehr gelinde und arm an Niederſchlägen. Die größte Kälte betrug im Dezember — 7 R., im Januar — 50 R., im Februar — 60R. und am 1. März — 100 R. Der Main führte dadurch wenig Eis und die Möven belebten den ganzen Winter über den Fluß, auch einige Bachſtelzen haben diesmal hier ausgehalten und zeigten ſich oft am Mainufer. Die erſten Feldlerchen kamen am 11. Februar hier an, größere Züge erſchienen am 23. Febr. und am 4. März. Am 28. Febr. wurde die erſte Waldſchnepfe geſchoſſen. Wildgänſe waren ſelten; eine größere Schaar zog am 6. März nach W. Am 7. März kamen die erſten weißen Störche hier vorüber und zogen weiter nach N. Am 8. März hat die Schwarzamſel ſchon luſtig geſungen. Der rothe Milan traf am 9. März ein und zog ſeine ſchönen Kreiſe über dem Main, um nach Fiſchen zu ſpähen. Die größere Kälte in den erſten Tagen des März war den jungen Haſen gefährlich und gingen viele zu Grunde, die dann von den Rabenkrähen als willkommene Speiſe verzehrt wurden. Der Zug der Kraniche begann am 11. März und dauerte bis zum 30. März. Im ganzen habe ich 1518 Stück gezählt. Wegen des vorherrſchenden N.⸗O.⸗Windes gingen die meiſten Züge ziemlich hoch und ſind diesmal nur ſehr wenige im hieſigen Felde eingefallen. Am 14. März wurde bei Geinsheim am Rhein ein Steinadler geſchoſſen, ein zweites Exemplar wurde am 13. April bei Trabur erlegt. Vor zwei Jahren wurden bei Lampertheim ſchon einmal zwei Seeadler, prachtvolle Vögel, geſchoſſen. Der Hausrothſchwanz kam am 15. März hier an, hatte am 16. April ein Gelege von 5 Eiern, aus denen am 1. Mai die Jungen ſchlüpften. Am 19. März kam eine große Schaar Ringeltauben hier an und blieben dieſelben über acht Tage hier liegen. Die Gartengrasmücke ließ ſich am 28. März in meinem Garten ſehen, am ſelben Tage kamen auch die erſten Rauchſchwalben an. Am 29. März wurde mir ein Porzellanhühnchen (Galinula porzana) gebracht, das ſich am Telegraphendraht die Bruſt eingeflogen hatte. Es iſt gewiß ſonderbar, daß dieſer Vogelmörder in jedem Jahre ſeinen Tribut von dieſer Vogelgattuug fordert, denn nun habe ich vier Jahre hintereinander ein ſolches, unter dem Telegraphendraht 282 E. Ziemer, Berichtigung z. m. Artikel über Syrrh. paradoxus Pall. gefundenes Exemplar, erhalten. Die ſchwarzköpfige Grasmücke kam am 8. April, am ſelben Tage auch Wiedehopf und Blaukehlchen. Am 9. April habe ich zum erſten Male den Kuckuk gehört. Da die ausgedehnten Kiefernwaldungen in der Mainebene ſchon 3 Jahre von der Raupe des großen Kiefernſpinners (Gastropacha pini) heimgeſucht werden und dieſelben in ſolcher Maſſe auftreten, daß unter einer Kiefer über 2000 Raupen aufgefunden wurden, ſo war ich neugierig, wie ſich der Kuckuk dieſen gegenüber verhalten werde. Es hat ſich nun gezeigt, daß die Kuckuke dadurch angezogen wurden, denn ich habe noch nie ſo viele geſehen und gehört wie heuer; auf einem wenige Morgen großen Platze waren einmal 10 Stück von mir beobachtet worden. Am 13. April habe ich einen Sperber überraſcht, als er einen Kuckuk gefangen hatte und ſich anſchickte, denſelben zu zerreißen. Ich habe ihm dieſe Beute abgenommen und war erſtaunt, daß der Sperber ſich an dieſen Vogel gewagt hatte; doch wenn man bedenkt, daß er auch die Taube ſchlägt, ſo iſt das nicht auf— fallend. Am 12. Mai haben zwei Rabenkrähen einen Eichelhäher auf freiem Felde angefallen und ihn ſo geſtoßen, daß er betäubt zur Erde fiel. Er zeigte mehrere Wunden, auch eine ſolche auf dem Kopfe. Ob die Krähen den Häher als willkommene Beute betrachteten, oder ob ſie mit ihm in Streit geriethen und ihn nur züchtigen wollten, kann ich nicht entſcheiden. Die Singvögel ſind auch in dieſem Jahre in geringer Zahl vorhanden, dagegen ſind die rabenartigen Vögel und die Raubvögel ſehr häufig. Aus dieſem Grunde hat die heſſiſche Regierung eine Vorkehrung getroffen, daß die rabenartigen Vögel und Raubvögel etwas vermindert werden, natürlich wird dieſes Geſchäft nur ſolchen Perſonen übertragen, die damit keinen Mißbrauch treiben. Die Fiſchreiher, welche in hieſiger Gegend einige Kolonieen haben, werden ebenfalls vermindert und erhalten die damit beauftragten Forſtleute eine Prämie von 1 Mark pro Stück. Wie mir von einem Förſter mitgetheilt wurde, ſind jetzt ſchon 70 Stück abgeliefert worden, was der Fiſcherei im Maine zuſtatten kommen wird. Die Rabenkrähen und Milane betreiben jetzt wieder fleißig die Fiſcherei und nehmen auch die todten Fiſche aus dem Waſſer, wodurch ſie ſich nützlich machen, weil dieſe dann die Luft nicht weiter verpeſten. Berichtigung zu meinem Artikel über Syrrhaptes paradoxus, Pall. Von Ewald Ziemer. Soeben erſt bemerke ich, daß ſich in meinen Artikel über das Steppenhuhn (XIII. Jahrgang, Juli 1888, Nr. 9 dieſer Zeitſchrift, auf Seite 234) ein arger Fehler eingeſchlichen hat, der mir unbegreiflicher Weiſe ſeiner Zeit vollſtändig entgangen iſt. Es heißt dort nämlich Zeile 3 von oben: „wenn ich annehme, daß dieſe beiden Flüge eine Zeit von ungefähr 15 Sekunden gebraucht haben, um eine Strecke von etwa Kleinere Mittheilungen. 283 2 km zurückzulegen, ſo dürfte ich ihre Geſchwindigkeit noch viel eher zu gering als zu hoch ſchätzen.“ Hiernach hätten alſo die betreffenden Steppenhühner in einer Sekunde eine Strecke von 133,33 m = 422 Fuß zurückgelegt! Bei einer ſolchen Geſchwindigkeit dürften die Vögel wohl ſchon nahezu unſichtbar werden! In Wirklichkeit aber muß es ſtatt „15“ Sekunden an der betreffenden Stelle „45“ Sekunden heißen, wie es auch klar und deutlich in meinem Notizbuch ſteht. Ob ich ſ. Z. mich verſchrieben, ob der Druckfehlerteufel mir hier einen Streich geſpielt, vermag ich nicht zu ent— ſcheiden; ſchlimm genug aber iſt es, daß ich dieſen Unſinn bisher gänzlich überſehen habe. Nach dieſer Schätzung betrug alſo die Geſchwindigkeit in einer Sekunde 44,44 m oder rund 140 Fuß. Dieſe Geſchwindigkeit iſt immer noch nahezu doppelt ſo groß, wie die von den beſten Brieftauben bei Wettfliegen über große Strecken erreichte; trotzdem glaube ich nicht, daß ſie übertrieben hoch ſein dürfte. Es iſt dabei zu bedenken, daß die Schnelligkeit der Brieftauben nur aus der Zeit berechnet iſt, in welcher ſie größere Strecken zurück— legten, wobei man annahm, daß ſie dieſe Strecken in einem unterbrochenen Fluge, in der Luftlinie, durcheilten; wieviel Zeit ſie brauchen, um ſich zu orientiren, ob ſie dann ſogleich direkt dem Schlage zufliegen, ob ſie wirklich ohne Unterbrechung und auf dem kürzeſten Wege, in der Luftlinie, die Reiſe zurücklegen und ob ſie wirklich mit voller Geſchwindigkeit fliegen, iſt bisher noch niemals feſtgeſtellt und dürfte auch wohl kaum jemals feſtgeſtellt werden. Andererſeits handelt es ſich bei meiner Schätzung um Vögel, welche nach ein— ſtimmiger Angabe aller Beobachter ganz ungewöhnlich ſchnelle Flieger ſind und um eine ganz unverhältnißmäßig geringe Entfernung — nur etwa 2 km. Außerdem waren dieſe Steppenhühner durch 4 Schüſſe heftig erſchreckt und flogen deshalb vielleicht ſchneller als gewöhnlich. Kleinere Mittheilungen. Auf dem 40 Tagewerk großen Weiher unſeres Gutes Roggenburg bei Illertiſſen, Schwaben, ſah ich, jetzt ſchon das zweite Jahr, einen Podiceps arcticus (Horntaucher) im September. Am 27. Sept. 1888 war ich ſo glücklich, ein Exemplar daſelbſt zu erlegen. Uebrigens iſt dieſer Weiher eine Sammelfläche für alle möglichen Arten von Waſſervögeln. So brüten alljährlich dort: Fulica atra in Menge, Gallin. chloropus in einzelnen Paaren, Anas boschas und erecea, Pod. eristatus brütet alljährlich. Auf dem Zuge erſchienen und wurden erlegt: Anas penelope und Clangula glaucion, Botaurus stellaris, Ardetta minuta und Ardea einerea, Gallinula porzana, Sterna fluviatilis, Hydrochelidon nigra (alljährlich), Tringa subarquata. — Von Podiceps eristatus haben ſich dieſes Jahr 4 Paare niedergelaſſen und 8 Junge ausgebrütet, 284 Anzeigen. ſo daß die Zahl dieſer Vögel jetzt 16 beträgt, gegen 10 des Vorjahres. Die Vögel haben jetzt nicht die geringſte Scheu vor Menſchen, während ſie im Herbſte kaum zu berücken ſind, und namentlich ſehr viel fliegen; zwar nicht weit vom Waſſer weg, aber raſend ſchnell. * München. A. Graf Geldern. Am 16. Juni wurde bei Siegsdorf unweit Traunſtein ein Männchen des ſeltenen dreizehigen Buntſpechts (Picoides tridactylus, L.) erlegt; es wurde hierher zum Ausſtopfen geſchickt. In der Sammlung des Herrn Pfarrer Biengraber in Gaiſach bei Tölz ſah ich ein Exemplar aus der Umgegend. Im zoologiſchen Muſeum hier ſteht ein Vogel aus früheren Jahren aus dem Forſtenrieder Park (bei München). München C. Parrot. In Schloß Hoimhauſen, unweit München, befinden ſich in einer Linde, welche direkt neben dem Schloſſe und am Wege ſteht, neben einander in 2 Höhlen des Baumes ein Staarenneſt mit ſchon flüggen Jungen und ein Neſt unſeres hübſchen Wiedehopfs, in welchem ſich, fo viel ich unterſcheiden konnte, 3 noch nicht flügge Junge befinden. Die Höhlung des letzteren Neſtes iſt durchaus nicht „weit“, ſondern geht unter mehreren Ecken und Winkeln ganz ſchmal in das Innere des Baumes, ſodaß es mir beinahe unmöglich erſcheint, daß die Alten dahinein gelangen können. Uebrigens konnte ich nur einen Alten ſehen, der ohne Scheu den Jungen Futter brachte. — In Niederbayern bei Schloß Thurnſtein befindet ſich alljährlich ein Wiede⸗ hopfneſt neben einem Bauernhofe in einem hohlen Apfelbaume, doch nur 3 Fuß über dem Boden. Daß die dort ſehr zahlreichen Katzen die Höhlenbrüter nicht verſcheuchen. wundert mich ſehr. A. Graf Geldern. Anzeigen. Geſucht zu kaufen und gegen Erſtattung aller Speſen: jung aufgezogene Kernbeißer (Coccot. vulg.), jung aufgezogene Eichelhäher, jung aufgezogene wie auch alt gefangene Rohrammern, Gartenammern, Zaun⸗ ammern, Zippammern, Grauammern (Emb. schoenielus, hortulana, eirlus, cia und miliaria). | Gera. | K. Th. Liebe. Herr Suchetet, Propriétaire in Rouen (Seine Inf.) France, welcher ſich für Baſtarde aller Art (lebend oder präparirt) intereſſirt, bittet Beſitzer ſolcher um Mittheilung über dieſelben, gegen Koſtenvergütung und event. gute Bezahlung. Ich erſuche Sammler, welche Eier, friſch oder ausgeblaſen, abzugeben haben, um gef. Mittheilung. Geeignete Verſandkäſten hierfür würde ich gern zuſenden. Bruno Rückert in Leipzig. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. 2 4 * KT Will ER zT 3 ne N nd — IV — N x aa . ISSN — !!!.!!! re — 8 Dentfchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. 1 a Redigirt von Zahlungen werden an den Ren⸗ Vereinsmitglieder zahlen einen ’ Sahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, e a az und erhalten dafür die Monats⸗ ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. zweitem Vorſitzenden des Vereins, Dr. Frenzel, Dr. Ney, Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld Beträgt 1 Mark. Str.⸗Inſp. Thiele. oel der Pant es geflettet Auguſt 1890 (erſte Lieferung). Ur. 11. Inhalt: K. Th. Liebe: Weiteres über die Gilbdroſſel (Turdus Grayi Bp.). Karl Müller: Der Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt. II. Oskar von Löwis: Frühjahrsnotizen aus Livland 1890. Staats von Wacquant⸗-Geozelles: Abſonderliche Niſtplätze. II. Dr. A. Frenzel: Vom Vogelmarkt. — Kleinere Mittheilungen: Beſonderes Verhalten vom Segler. Dreizehenſpecht. Picus tridactylus im Steigerwald. Rabenkrähe. Eigenthümlicher Niſtplatz einer Kohlmeiſe. Niſten eines Pärchens Turteltauben am Militärſchießſtand. Niſten eines Rothſchwänz— chens in der Glocke. Brüten eines Pärchens Baumläufer hinter einem Plakat. Elſter und Maus. Wendehals. — Litterariſches. — Anzeigen. XV. Jahrgang. Weiteres über die Gilbdroſſel (Turdus Grayi Bp.). Von K. Th. Liebe. In unſerer Ornith. Monatsſchr. 1889, S. 147 berichtete ich über eine eben von Herrn Reiche lebend neu eingeführte Düſterdroſſel, welche durch ihren Schlag und durch ihr anziehendes Weſen das größte Intereſſe erregen mußte, auch wenn ein ge— 21 286 K. Th. Liebe, wiſſes Düſter über ihre Herkunft und Artbeſtimmung nicht hinzugekommen wäre, um die Theilnahme eines Vogelkundigen zu erregen. Damals, im Sommer 1889, ſchrieb ich, es zeigten Männchen und Weibchen keine große Luſt, zur Brut zu ſchreiten, ich gebe aber die Hoffnung, von den Thieren Nachkommenſchaft zu erzielen, nicht auf. Der Sommer 1889 verging und der Herbſt trat heran. Da wurden die Gilb— droſſeln unruhig; das Männchen ſang lauter und erregter und das Weibchen machte ſich auf einem Tannenbaume in einem künſtlichen Neſte zu ſchaffen. Dieſe Neſtchen, die ich als Nothhelfer für die Offenbrüter anzulegen pflege, beſtehen in kleinen halb⸗ kugeligen Körbchen aus Weidengeflecht, welche dicht und feſt mit zartem Heu aus- genäht (geſteppt) ſind. Ohne irgend welches Material zu Neſte zu tragen, legte die Gilbdroſſel vom 2. September ab drei Eier in das Körbchen und brütete fortan eifrig. Wenn ſie abflog, um zu freſſen oder das Gefieder einmal zurecht zu ſchütteln, verfügte ſich das Männchen zum Niſtkörbchen und ſetzte ſich ab und zu auf die Eier, aber ſichtlich mehr, als ob es einmal eine Probe mache, und nicht als ob es ernſtlich brüten wolle; auch verließ es jedesmal ſchleunigſt das Neſt, wenn das Weibchen nahte, um ſeinen Brutpflichten wieder nachzukommen. Was ich jetzt gefürchtet hatte auf Grund meiner Erfahrung vom Vorjahre, das trat zu meiner Beſorgniß ein: beide Gilbdroſſeln verfielen in die Mauſer, und zwar in eine recht normale, ſich ſchnell vollziehende. Trotzdem ſchlüpfte am 13. oder 14. Tage ein Junges aus. Die beiden andern Eier erwieſen ſich als unbefruchtet. Das Junge aber wurde, was nicht zu verwundern, von den Alten vernachläſſigt und war am andern Tage todt. Da es in der ſpäten Jahreszeit an Futter fehlte und auch kein Neſt mit ganz jungen Vögeln anderer Art zur Erwärmung zur Verfügung ſtand, konnte ich nicht Hilfe ſchaffen, und die Hoffnung, junge Gilbdroſſeln zu ſehen, ſcheiterte. Eins aber geht aus dieſem Verluſt des Verſuches mit ziemlicher Sicherheit hervor: bei der außerordentlich geſunden und normalen Entwickelung, wie man ſolche von aus dem warmen Amerika importirten, in Gefangenſchaft lebenden Vögeln nicht beſſer erwarten kann, ſcheinen dieſe Gilbdroſſeln zu beweiſen, daß ſie im Laufe des erſten Jahres noch nicht recht geſchlechtsreif werden. Im Allgemeinen werden bei guter Pflege die Vögel in Gefangenſchaft eher geſchlechtsreif als freilebend, was ja bei der meiſt verhältnißmäßig zu nahrhaften und leicht verdaulichen Koſt und bei dem ebenſo verhältnißmäßig fühlbaren Mangel an Strapazen nicht Wunder nehmen kann. Ein Schluß vom Verhalten jung aufgezogener Vögel auf eine frühere Ein⸗ trittszeit der Geſchlechtsreife bei den freilebenden Artgenoſſen hat alſo immer ſein Bedenkliches. Anders verhält ſichs im entgegengeſetzten Falle. — Unſere Amſeln (Mer. vulg.) ſchreiten nach vollendeten erſten Lebensjahre zum Brüten, — meist etwas ſpäter im Jahre als die älteren Paare. (Näheres über dieſen Punkt behalte ich mir für eine ſpätere Mittheilung vor.) Von unſern Zippdroſſeln hingegen vermuthe ich, Weiteres über die Gilbdroſſel. 287 daß ſie — wenigſtens diejenigen aus ſpäterer Brut — voll zweier Jahre bedürfen, um brütereif zu werden. Es iſt Sicherheit für dieſe meine Vermuthung auf dem Wege der Beobachtung freilich ſehr ſchwer zu beſchaffen bei der ſehr uniformen, ſelten individuell einmal abweichenden Färbung dieſer Droſſelart, reſp. ihrer Weibchen. Die jungen Zippdroſſelmännchen kann man bei geübtem Ohr an ihrem Geſange als ſolche erkennen; auch vermag man an den einzelnen Touren des ſchlagartigen Ge— ſanges und ihren beſonderen Eigenthümlichkeiten ein Individuum oft mit voller Sicherheit wiederzuerkennen. Bei einjährigen Männchen habe ich — und ich glaube ein Irrthum iſt nicht wohl möglich — zu wiederholten Malen beobachtet, daß fie etwas ſpäter als die älteren Individuen im Frühjahr bei uns Laut geben und un— vermählt bleiben, bisweilen einige Moosflöckchen im Schnabel umhertragen, aber nicht zum Bau eines Unterhaltungsneſtes ſchreiten, wie z. B. die ledigen Buſchroth— ſchwänzchen ꝛc. Doch zurück zu unſern Gilbdroſſeln. — Trotzdem die Mauſer die Vögel beim verſpäteten Brutgeſchäft überraſcht hatte, verlief dieſelbe doch ganz normal, raſch und ohne Krankheitsſͤmptom. Nachdem das neue Düſtergewand vollkommen fertig, be— zogen ſie getrennt die Winterquartiere, große, zum Fliegen nöthigende Käfige in meinem Studierzimmer, welches im Winter des Morgens meiſt nicht geheizt wird. Das Männchen begann ſchon vor Weihnacht mit leiſem, ſtudierendem Geſang, den hier und da einmal ein lauteres, wohllautendes Woia markirte. Etwa von Mitte April ab ward der Geſang laut, noch mannigfaltiger und ſchöner, als ich ihn voriges Jahr gehört und in der Ornithol. Monatsſchr. beſchrieben habe. Beſonders wohl— klingend waren einige neue Strophen, die ſich annähernd in folgender Weiſe wieder— geben laſſen: in tiefer Stimmlage tü tu tüi tui; ſehr laut, der zweite Ton um eine Terz tiefer, zuletzt lullend und leiſer dü da dü da düllüllüllüllüd; recht zippenartig weiwitt weiwittit; dazu ſpechtmeiſenartig tüt tüt tüt tüt tüt tüt tüt. Am 10. Mai ſchien mir die rechte Zeit gekommen, zumal auch die Witterung ſo ſchön war wie ſelten in unſerm Oſtthüringen. Das Pärchen kam zuſammen und zwar in einer einfenſtrigen hinreichend großen Manſardenkammer, welche licht und freundlich, warm, gegen Südweſt gelegen und mit einigen Tannen ausgeſtattet war, auf denen 2 künſtliche Neſter der oben beſchriebenen Art angebracht waren. Daneben ſtand den Vögeln allerhand Niſtmaterial zur Verfügung. — Nach kurzer Friſt offen— barte ſich bei den Thieren eine ernſte Neigung zum Brüten: beide ſuchten im Nift- material und trugen bald das, bald jenes Flöckchen daraus umher. Schließlich bauten ſie, aber nicht in die dargebotenen Neſter, nicht einmal auf die Tannen, 21* 288 K. Th. Liebe, ſondern auf einen Balken hoch oben dicht unter der Decke hinter einem dort vor⸗ genagelten Brettchen. Das Neſt war kein ſehr künſtlicher Bau, ſondern ziemlich un⸗ ordentlich, wenn auch feſt aus Würzelchen und Hälmchen zuſammengefügt, mit ein wenig Moos und Geſpinnſt durchwebt, aber ohne eigentlichen Boden, ſo daß der Grund der Neſtmulde unmittelbar durch den Balken gebildet wurde. Mit dieſem Neſte waren ſie aber zufrieden, denn ſie bauten mehrere Tage nicht mehr daran, und dann legte das Weibchen drei Eier hinein, von denen das eine, wie ſich ſpäter er- wies, unbefruchtet war. | Die Eier gleichen ſich in Größe, Geftalt und Färbung ſehr und zeigen unter einander nur ganz unbedeutende Verſchiedenheiten. Das eine, welches mir dem Durch— ſchnitt am eheſten zu entſprechen ſchien, war 26,3 mm lang und 19,8 mm dick, im Umriß ganz unſern Walddroſſeleiern entſprechend. Die Grundfarbe iſt ein lichtes Bläulichgrün, worauf röthlichbraune Fleckchen ziemlich dicht aufgeſtreut ſind. Zwiſchen letzteren tauchen älter aufgetragene, bläulich überhauchte dergleichen Fleckchen auf. Die Zeichnungen nehmen weder nach dem ſpitzen noch nach dem ſtumpfen Ende an Dichtheit zu und bilden keinen Kranz (vgl. die Angabe von Sklater und Salvin, citirt in unſerer Orn. Monatsſchr. 1889, S. 151). Am Brüten betheiligte ſich das Männchen mit und zwar, indem es über Mittag das Weibchen auf einige Stunden ablöſte. Die Friſt des Ablöſens war aber nicht ſo beſtimmt an die Zeit gebunden wie z. B. bei den in Gefangenſchaft brütenden Wildtauben, ſondern war recht wenig regelmäßig. Ganz friedlich ging es bei der Ablöſung nicht immer her: mit geſenktem Kopf und etwas geöffnetem Schnabel, bisweilen ſogar mit etwas Geklapper ward dieſer wichtige Akt eingeleitet. Bis zu dem Grade artete das aber nicht aus, bis zu welchem bei dieſer Gelegenheit ſich der Zwiſt zwiſchen den Gatten eines Taubenpaares ſteigern kann. Nur einmal, am 9. Juni, ward eine kleine anhaltende Beißerei fertig. Ich wußte nicht, ob die Ablöſung beim Brüten jetzt mehr das Motiv ſei oder nicht viel— mehr eine zu früh geſteigerte Brünſtigkeit beim Männchen: mir ſchien das letztere der Fall zu ſein. Belehrt durch recht üble Erfahrungen, die ich die langen Jahre daher bei meinen Verſuchen gemacht, fing ich das Männchen, ſteckte es in einen ge- räumigen Käfig und ſtellte letzteren in das Zimmer mit hinein. Das Weibchen aber, welches der Zeit nach ſich hätte auf die Eier begeben müſſen, ging nicht zu Neſte, ſondern rief mit lautem Woia und andern Locktönen und Strophentheilen, die ich bis dahin nur vom Männchen gehört hatte. Nachdem dies drei Stunden gedauert und der Abend nahte, ſah ich, daß es ſo nicht ging. Ich ließ das Männchen wieder heraus, welches feine Gattin begrüßte, als ob nichts vorgefallen, und letztere ſetzte ſich nach zwei Minuten wieder auf die inzwiſchen ſtark abgekühlten Eier, welche ja durch das Niſtmaterial eher kühl als warm gehalten werden mußten. Es mußte Weiteres über die Gilbdroſſel. 289 ungefähr der achte oder neunte Tag des Feſtbrütens ſein, und war die Furcht gerecht— fertigt, daß durch meinen Eingriff die etwa n Embryonen in den Eiern gelitten haben möchten. — Um ſo angenehmer war die Ueberraſchung, als am 11. Juni das Weibchen friſche Ameiſenpuppen in kleinſten Portionen zu Neſte trug und am 14. dort feine Stimmchen laut wurden. Nach drei und vier Tagen wurden die zugeführten Portionen immer größer und betheiligte ſich auch das Männchen lebhaft bei der Fütterung. Im Gegenſatz zu unſern Amſeln und Walddroſſeln miſchten die Gilbdroſſeln in das Futter für die Jungen nicht feuchte Erde mit in die Biſſen hinein (vergl. unſere Ornith. Monatsſchr. 1889, S. 153), obſchon ſie einen Napf bereitſtehen hatten, welches Erde mit Futter untermiſcht enthielt; ſie flogen vielmehr, nachdem ſie den Schnabel voll gepackt, auf eine Stelle des Fußbodens, wo der Sand dicker lag, und präparirten hier das Futter durch Miſchung mit trockenem Sand, — gerade wie dies die Steinröthel auch thun (vergl. Ornith. Monatsſchr. 1885, S. 15 und „Zoologiſcher Garten“ 1871, S. 343). — Selbſtverſtändlich wurde den Alten die größte Mannigfaltigkeit im Futtermaterial dargeboten, was denſelben offenbar auch ſehr behagte, denn ſie liebten offenbar möglichſte Abwechſelung beim Füttern. Gleichwohl aber war bald herauszufinden, welche Futterſorten ſie bevorzugten, wenn ſie letztere auch nicht gern ausſchließlich verfütterten. Kleine Nacktſchnecken nahmen ſie des Tages höchſtens einmal. Größere Regenwürmer nahmen ſie nur in Stücke geſchnitten, kleinere ganz, aber auch nicht öfter des Tages. Auch die friſchen Ameiſen— puppen waren ihnen keineswegs ſo willkommen wie anderen Weichfreſſern, und in— ſonderheit unſern Walddroſſeln, wenn ſie Junge zu ernähren haben. Lieber als Ameiſenpuppen nahmen ſie allerhand Fliegen auf, welche für ſie im Garten mit dem Ketſcher reichlich gefangen werden konnten. Den Junikäfer (Phyllop. horticola) und ähnliche Käfer kleineren Kalibers nahmen ſie ſehr gern auf, — übelriechende Lauf— käfer aber nur hier und da einmal; Mehlwürmer waren immer willkommen. Das liebſte Futter waren ihnen Spinnen und Kelleraſſeln. — Abweichend von anderen droſſelartigen Vögeln nahmen ſie von Anfang an immer zwiſchen die Kerb— thiernahrung, die ſie für die Jungen in immer mächtigeren Püffchen präparirten, kleine Stückchen Feige aus ihrem gewöhnlichen Futter mit auf. Am 22. und 23. Juni kamen die Jungen zeitweilig hervor und ſtellten ſich auf den Neſtrand, jo daß man fie gut ſehen konnte. Am 28., alſo wahrſcheinlich 17 Tage nach dem Ausſchlüpfen flogen beide Junge aus, obgleich ſie noch nicht ganz flugfertig waren; ſie flogen zuerſt auf die Tanne, dann unbeholfen dort von Aſt zu Aſt, und erſt Tags darauf auf die Fenſterbrüſtung und das Gebälk. Noch fütterten Weibchen und Männchen beide die Jungen, wenn auch das Weibchen etwas eifriger wie das Männchen. Vom 1. Juli ab duldete das Weibchen nicht mehr, daß der 290 K. Th. Liebe, Weiteres über die Gilbdroſſel. Herr Gemahl fütterte, obwohl dieſer ſeine Schuldigkeit thun wollte und eine Feind— ſeligkeit, ein „Abſchlagen“, gegenüber den Jungen nicht zu gewahren war. Allerdings ſang es anhaltender und lauter, faßte auch Würzelchen und Moos und trug es um— her, ſetzte ſich ſogar bisweilen auf einige Zeit in das alte Neſt. Es nahte für das⸗ ſelbe offenbar die Zeit der zweiten Brut. Ob nun das Weibchen ein vorzeitiges Ab— ſchlagen der Jungen von Seiten des Vaters fürchtete, oder ob es doch einmal ein ſchon dahin abzielendes Betragen deſſelben bemerkt? Wer mochte es entſcheiden. Genug — die Mutter duldete nicht mehr, daß der Vater mit fütterte und beſorgte dies Geſchäft ganz allein. Am 3. trug auch das Weibchen ſich mit Niſtſtoff, und am 4. Juli baute es an dem alten Neſte ausbeſſernd herum und legte das erſte Ei der zweiten Brut. Am 5. reiſte ich zu mehrwöchentlichem Kurgebrauch von zu Hauſe ab und am 7. fing meine Frau die inzwiſchen vollkommen flugfähig gewordenen Jungen heraus, um ſie in einem beſonderen großen Flugkäfige unterzubringen. Trotz der Störung während der Brutzeit haben ſich die Jungen zu kerngeſunden, ſchmucken, tadelloſen Thieren entwickelt. Die Färbung gleicht ſehr derjenigen der Alten, iſt, wenn auch nicht ganz ſo düſter wie dieſe, doch immerhin düſter ge⸗ nug, um ihre Zugehörigkeit zu den Düſterdroſſeln (Planesticus, Seebohm) zu docu⸗ mentiren. Die ganze Oberſeite zeigt daſſelbe ſo ſchwer ſcharf zu bezeichnende dunkle Olivenbraungrau, nur ohne den grünlichen Schimmer und überhaupt ganz matt. Die Unterſeite iſt etwas lichter wie bei den Alten, gelbgrau, nach der Radde'ſchen Farbenſkala 35 t, — auf der Bruſt lebhafter mit einem Strich ins Röthliche, bei alledem am nächſten der Farbe Raddes 351. Füße und Schnabel differiren eben- falls kaum merklich, nur daß bei letzterem das fahle Gelb an den Seiten und an der Spitze eiu wenig mehr vortritt. Die einzigen weſentlicheren Unterſchiede in der Färbung beſtehen darin, daß bei den Jungen die Schultern mit gelblichen Längsfleckchen geziert und auch breit quer über die Bruſt weg rund— liche verwaſchene grauliche Flecken aufgeſtreut ſind, die nach oben dichter werden, aber ſchon vor der Kehle verſchwinden. Von den Bruſtſeiten ziehen ſich dieſe Flecken, indem ſie kleiner und länglich werden, empor und gehen hier in die beiden Flecken⸗ ſtreifen zu beiden Seiten der Kehle über, welche auch die Alten noch haben. Dürfen wir, was ſelbſtverſtändlich mit allem Vorbehalt geſchehen muß, einen Wahrſcheinlichkeitsſchluß ziehen auf das Freileben, ſo dürfte unſere Gilbdroſſel, wie etwa unſere Amſeln (Stockamſeln) thun, ihre Neſter nicht blos in das Geäſt eines niedrigen Baumes, ſondern auch in beſonders geſchützte Verſtecke, in ausgefaulte Baum⸗ ſtumpfe und Wurzelſtöcke, in Höhlungen unter überragendes ſchützendes Wurzelwerk ſetzen. Die von Sklater berichtete Dreizahl der Eier im Gelege iſt auch in der Gefangenſchaft vollkommen eingehalten worden, und nur in der Färbung zeigt ſich eine kleine Differenz. Die Leichtigkeit, mit welcher die Brut bei mir trotz der in Karl Müller, Der Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt. II. 291 Oſtthüringen von dem 27. Mai an unausgeſetzt herrſchenden kalten und trübnaſſen Witterung aufkommen konnte, hängt mit dem Umſtande zuſammen, daß die Vögel in Centralamerika während der Brütezeit hoch oben im Gebirge wohnen, wo das Klima rauher iſt (nach Sklater und A. v. Frantzius 4000 bis 6000 Fuß über dem Meeresſpiegel). Die Beimengung von trockenem Sand zum Futter der Jungen deutet darauf hin, daß ſie auch wohl dort trockenen lichtbeſtandenen Boden dem feuchten geſchloſſenen Waldbeſtand vorziehen. Der Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt. Von Karl Müller. II. Mindeſtens eben jo hartnäckig halten die Saatkrähen an den Orten ihrer An— ſiedelungen feſt, ſo lange nicht die Grundbedingungen fehlen, die in dem Fortbeſtand der hochragenden Niſtbäume vor allem zu ſuchen ſind. Mehrere Saatkrähenkolonien beſtanden früher in kleineren Hochwäldchen der Wetterau. Das ſogenannte Offen— heimer Wäldchen bei Friedberg bot durch ſeine iſolirte Lage und den ſchönen Buchen— holzwald den ſchwarzen Geſellen willkommene Gelegenheit zur Anlegung ihrer Nefter. Das war ein unausſtehliches Geſchrei, welches von der Kolonie aus ſich weithin verbreitete. Hunderte von Saatkrähen hauſten dort und beherrſchten von dieſer Höhe die fruchtbare Umgegend, ſo daß durch ihr vielfaches ſchadenbringendes Treiben die Landbevölkerung Aergerniß im reichen Maße davontrug. Alljährlich wurden die Neſter großentheils zerſtört, die Eier herausgenommen, nach den alten Vögeln geſchoſſen, — vergeblich, ſie bauten von neuem und brachten immer einen nicht geringen Theil ihrer Nachkommenſchaft durch. Die Beläſtigungen durch die Kolonie waren derart, daß ſchließlich die Bäume gefällt werden mußten. Da natürlich wich die Schaar, ließ ſich aber ungefähr eine Stunde weiter oſtwärts in einem geeigneten Hochwalde im nächſten Frühjahr zur Gründung einer neuen Anſiedelung nieder. Wir weiſen auf die maſſenhaften Anſammlungen der Lummen hin, die Anfang April auf ſteil aufſteigenden Scheeren und an Felswänden ihre Niederlaſſungen bilden. Dieſe ſogenannten Vogelberge werden ſo belebt, daß ſie koloſſalen Bienenſtöcken verglichen worden ſind. Die Schaaren bilden förmliche Wolken. Tauſende und Abertauſende dieſer vom Geſelligkeitstrieb vereinigten Vögel ſitzen auf Vorſprüngen, Spitzen, Geſimſen, und wiederum Abertauſende fliegen nach oben und wieder nach unten. Ohne Streitſucht ſchließen ſie ſich an einander an und helfen ſich ſogar gegenſeitig. Dabei ſitzt Paar neben und über Paar und das Brutgeſchäft eines jeden nimmt ungeſtörten Fortgang. 292 KarlfMüller, Alle Arten von Möven ſammeln ſich gerade zur Brutzeit und bilden oft un⸗ zählbare Schaaren. Schon im nördlichen Deutſchland, jagt Brehm, giebt es Möven— berge, welche von mehreren hundert Paaren bewohnt werden; weiter aber im Norden kann man Anſiedlungen ſehen, deren Anzahl keine Schätzung zuläßt. Hier halten ſich die größeren Arten der Familien minder eng zuſammen als die kleineren; dieſe aber bedecken im wahren Sinne des Worts ganze Felswände oder Berge, benutzen jeden Raum, welcher ſich darbietet, und legen ein Neſt ſo dicht neben dem andern an, daß die brütenden Alten ſich drängen. 5 Den Anblick von Maſſenanſammlungen bieten ebenfalls die Seeſchwalben, welche ſich ſchon wochenlang vor Beginn des Eierlegens an den treu eingehaltenen Brutorten ſammeln. Die Meerbewohner derſelben niſten auf ſandigen Landzungen, kahlen Inſeln, Korallenbänken und Mangolewaldungen. Dagegen wählen Binnenland— bewohner kahle Stellen in See und Sümpfen. Die nicht in Sümpfen brütenden Seeſchwalben machen nur eine ſeichte Vertiefung in den Boden um zu brüten. Sie ſitzen ſo dicht an einander, daß ſie ein und dieſelbe Richtung einnehmen müſſen. Der Strand iſt buchſtäblich mit Eiern dieſer Vögel bedeckt. Als beſonderes Merk— mal des Geſelligkeitstriebes erſcheinen bei den in Vereinigungen zum Zweck der Fortpflanzung unternommenen Niederlaſſungen die Menge der zuſammengeſchaarten Männchen während des Brütens der Weibchen und der erſteren gemeinſchaftliche Flugunternehmungen. Dieſe würden gewiß nicht ſtattfinden, wenn ſie ſich um ihre Gattinnen bekümmerten, oder das Brutgeſchäft mit ihnen theilten. Die Webervögel legen ebenfalls Zeugniß ab von dem Nutzen gemeinſchaftlicher Anſiedlungen, ſo daß ihre Neſter als Zierde gewiſſer Bäume Mittelafrikas und Südaſiens erſcheinen. Die Neſter ſind dauerhaft und hängen nicht ſelten fünf Jahre lang. Nach der Brutzeit wachſen die Züge der vereinigten Weber zu Tauſenden an. Wir dürfen von den Kreuzſchnäbeln getroſt ſagen, daß auch ſie ſich zur Fort— pflanzungszeit anſiedeln, d. h. bei paarweiſer Abſcheidung doch im allgemeinen Ber- bande verbleiben. In unglaublich großen Schaaren niſten die leidenſchaftlich dem Geſelligkeitstrieb hingegebenen Wandertauben in Nordamerika, deren Verbreitung ſich von der Hudſons⸗ bai bis zum Golf von Mexiko und von den Felſengebirgen an bis zur öſtlichen Küſte erſtreckt. Hören wir hierüber die intereſſante Schilderung Wilſons: „Wenn die brütenden Wandertauben einen Wald länger in Beſitz gehabt haben, bietet er einen überraſchenden Anblick dar. Der Boden iſt mit Miſt bedeckt, alles weiche Gras und Buſchholz zerſtört. Maſſen von Aeſten liegen unten wirr durcheinander, und die Bäume find in einer Strecke von tauſend Acker ſo völlig kahl, als ob fie mit einer Axt behandelt worden wären. Die Spuren einer ſolchen Verwüſtung bleiben jahrelang ſichtbar und man ſtößt auf viele Stellen, wo in mehreren nach- 4 35 2 1 274 Der Gefelligfeitstrieb in der Vogelwelt. II. 293 folgenden Jahren keine Pflanze zum Vorſchein kommt. Augenzeugen erzählten mir, das Geräuſch und Gekreiſch in den Wäldern ſei ſo arg, daß die Pferde ſcheu würden und keiner dem andern, ohne ihm ins Ohr zu ſchreien, ſich verſtändlich machen könne. Das Auge ſieht nichts, als eine ununterbrochene, ſich tummelnde, drängende, durcheinanderflatternde Taubenmaſſe. Das Rauſchen der Fittiche gleicht dem Rollen des Donners.“ Die Reiherſtände ſind nicht zu übergehen. Alle ächten Reiher ohne Ausnahme bäumen. Alle ſchlagen ſich zu Geſellſchaften an geeigneten Orten zu bedeutenden An— ſiedlungen unter ſich und anderen Reiherarten oder mit anderen geſellig lebenden Vögeln, namentlich mit Scharben, zuſammen, die bekannten Reiherſtände bildend. Hier können feſſelnde Beobachtungen angeſtellt werden über das bewegliche Thun und Treiben unter dieſen zahlreich bevölkerten Anſiedlungen der räuberiſchen Geſellen. Uebrigens niſten die Reiher in weiten baumloſen Strichen auch in dem Wachsthum der Erde, ſo in Süddeutſchland in den ſogenannten Rohrwäldern oder nach Radde in den ſüdſibiriſchen Hochſteppen und auf Inſeln des Aralſee's, woſelbſt die drei Fuß hohen Neſter weithin ſichtbar ſind. Die Hühnerarten leben theilweiſe in Einzelehe, theilweiſe in Vielehe, indem die Hähne ſich einen Harem von Hennen halten. Unſere Rebhühner find mit Aus⸗ nahme der Brütezeit geſellig vereinigt, anfangs nur ein abgeſchiedenes Volk bildend, ſpäter aber zu größerer Vereinigung ſich zuſammenziehend. In Gegenden, wo der Rebhühnerbeſtand ein vorzüglicher iſt, finden im Spätjahre Maſſenvereinigungen ſtatt, und von da aus mögen jene bereits erwähnten Wanderungen in fernere Länderſtriche ausgehen. Der im Frühling balzende Auerhahn hat ſtets eine gewiſſe Anzahl von Hennen, ihm unterthan, unter ſeinem Balzplatz. Nach Ablauf der Balzzeit bereitet ſich jede Henne ihr bodenſtändiges Neſt, d. h. ihre Bodenvertiefung, um ſich der Brut ihrer Eier hinzugeben. Im Winter aber ſtehen Hähne und Hennen vereint auf Kiefern und ernähren ſich bei tiefem Schnee oft lange Wochen nur von Kiefer— nadeln. Der Geſelligkeitstrieb tritt alſo hier zur Balzzeit, zu dieſer freilich nur im Verhältniß der Hähne zu ihren Hennen, und zur rauhen Winterszeit entſchieden ſtark hervor. Die Birkhähne zeigen ſich noch geſelliger, und zwar ſchon im Herbſt, wo wir in Birkenwäldern viele Dutzend auf wenigen Bäumen im engen Verbande ſahen. Sie drängen ſich im Frühling zur Balzzeit in großer Anzahl auf den Balzplätzen zuſammen und balzen minne⸗- und ſtreitſüchtig auf Wieſen und Wüſtungen an den Waldrändern oder in den von Wald umgebenen Blößen. Das Moorhuhn bildet im Norden Amerikas bei Annäherung des Winters zahlreiche Schwärme und ſtreicht ſüdwärts, bleibt aber auch in großen Maſſen ſelbſt in den ſtrengſten Wintern in den waldigen Gegenden unter dem 67. Grade Auch in Norwegen begiebt es ſich von den Brutplätzen im Herbſte ſchaarenweiſe weg. Es ſind mitunter die nach dem 22 294 Karl Müller, höchſten kahlen Gürtel der Gebirge zufliegenden Maſſen auf 3000 Stück pech worden. Von den Schneehühnern berichtet Audubon, daß auf Labrador alwinterlith Tauſende alle Berge und Gehänge beſetzen. Auch in Scadinavien, meldet Boje, auf den Lofoten, in Tranſö Liljenborg erſchienen einmal bei ſtarkem Oſtwinde viele Hunderte von Alpenſchneehühnern. Das Haldenhuhn neigt ſehr zur Geſelligkeit und ſchlägt ſich im Fluge zuſammen, welche zuweilen aus 20 — 30 Stück beſtehen. Der Winter veranlaßt auch ſie zu Maſſenwanderungen. Das Steinhuhn ſchlägt ſich im Herbſte zuſammen und bildet mit Seinesgleichen Ketten, oft hundert an der Zahl. Wir möchten kurz der lieblichen Bilder gedenken, welche ſich uns darbieten in dem Geſellſchaftsleben unſerer Meiſen und ihrer gewöhnlichen Begleiter, denn ganz eigenartig erſcheinen die täglich in ziemlich treuer Regelmäßigkeit erfolgenden Streif— züge dieſer ewig beweglichen, flinken, und im Haushalte der Natur ſo ſegensreich wirkenden Thierchen. Sie führen ein Vereinsleben, daß in ſeinen Einzel- wie Ge⸗ ſammterſcheinungen von wirklich reizenden Auftritten begleitet iſt und zu den feinſten Beobachtungen des Seelenlebens Anlaß bietet. Wir haben da keine plumpen Maſſen vor Augen, welche die Blicke mehr nur der äußeren Erſcheinung zuwenden, ſondern eine ſtändig muntere, ergötzliche Reiſegeſellſchaft, welche ſich nicht über die liebe Heimath hinauserſtrecken mag, ſondern ſich mit Einhaltung der gewohnten Stationen in langem Reihezug bald raſch, bald zögernd fortbewegt. Wir möchten nur eines auffallenden Umſtandes in dem Geſellſchaftsleben dieſer Vögel Erwähnung thun, der einen Schatten der Mordnatur in den friedlichen Bund der traulichen Genoſſenſchaft wirft. Sowohl die Kohlmeiſen als auch die Specht- meiſen greifen verletzte Mitglieder oder in Garnen, Sprenkeln und Schlingen ge— fangene unbarmherzig an und hacken mit ihren Schnäbeln den lahmen, zappelnden oder verſtrickten Vögeln das Hirn aus dem Kopfe. Es zeigt ſich ja auch bei größeren Vereinigungen von Krähen, auf Zügen begriffenen Kranichen die hoch— gradige Neigung, die reiſeunfähigen Individuen zu tödten, ja ſelbſt zu zerfetzen. Bei den Krähen tritt wohl ihrer zeitweilig belebten Raubnatur gemäß ſolches Verfahren auf, bei den Kranichen ſcheint es uns wohl aus dem Vereinsbewußtſein zu ent- ſpringen, welches den, den regelmäßigen Weiterzug beeinträchtigenden, Invaliden weder Rückſicht noch Schonung gönnt. Sehr bezeichnend iſt eine im Jahre 1863 von uns gemachte Beobachtung im Leben der Hausſperlinge. In der Wand einer Scheuer hatten die Sperlinge den Lehm nach und nach mit ihren Schnäbeln durchhämmert, ſodaß eine Höhle von einem halben Fuß Tiefe entſtand. Es wurde einer der Sperlinge von einer Blas⸗ rohrkugel tödtlich am Kopf getroffen, als er dieſen aus dem Loche langhälſig heraus⸗ ſtreckte. Er fiel in die etwas abwärts gehende Höhle zurück. Nach etwa ſechs Tagen Der Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt. II. 295 wurden wir ein bewegliches Treiben unſerer Sperlinge gewahr, die neugierig in die Höhle lugten und zum Theil ein- und ausſchlüpften. Es ſchien uns, als zerrten ſie etwas nach dem Höhlenrande. Das Gezeter lockte alsbald die ganze Spatzenſippſchaft der Umgebung herbei, und nun ſtieg auch ſofort die Bemühung der von einer ge— wiſſen leidenſchaftlichen Erregung ergriffenen, arbeitenden Spatzen in der Wand, welche ſehr bald mit Unterſtützung der ſich an den Rand der Höhle anklammernden Gehülfen den Leichnam hinauszerrten und glücklich über den Rand hinunterwarfen. Hier haben wir einen Fall vor Augen, wo der Geſelligkeitstrieb in Verbindung tritt mit einem Trieb gemeinſchaftlicher Zweckserreichung. Die Leiche ihres Gefährten war ihnen läſtig, der Entſchluß war gefaßt und die gemeinverſtändliche Loſung ge— geben: unſere Nachtherberge muß geſäubert werden von der unwillkommenen Beigabe. Der Geſelligkeitstrieb in ſolcher Verbindung offenbart ſich auch nach anderer ziel— bewußter Richtung hin, wenn die ſogenannten Schmarotzer unter den Raubvögeln den edeln Räubern die Beute abtrotzen. Sie lauern in kleineren Geſellſchaften auf dem Plan der Unternehmungen der vornehmeren Raubritter, der edeln ihres Ge— ſchlechtes, und handeln gemeinſchaftlich, ſobald der Raub vollzogen iſt und die Beute entweder nach einer ſicherſcheinenden Oertlichkeit getragen wird oder die Schwere der— ſelben den Falken an den Boden hinabzieht. Eine gleiche Erſcheinung tritt uns in dem Berichte entgegen, welcher von einer drängenden Schaar der gemeinen Krähe redet, welche einem zu Holze ziehenden, mit einem Schafe beladenen, der willkommenen und erſehnten Dickichtdeckung zuſtrebenden Wolfe folgte. Die wuchtigen Maſſen— angriffe der immer heftiger und kühner werdenden Krähen nöthigten wirklich den Wolf, die Raubnatur zurücktreten und die Beute fallen zu laſſen. Oefters vereinigen ſich Individuen verſchiedener Arten, um einen beſtimmten Zweck zu erreichen, indem ſie Angriffe auf Beute unternehmen. Davon zeugt unſere Beobachtung an einer Elſter, die durch ihr Geſchrei in der Nähe befindliche Krähen anlockte und ſofort in die gemeinſchaftliche Action einführte. Es war im Herbſte, als wir, durch den Schrei dieſer Elſter aufmerkſam gemacht, entdeckten, daß an einem naheſtehenden Weidenſtück eine Elſter ein ganz beſtimmtes Plätzchen umkreiſte und die erwähnten Krähen zu Hülfe rief. Der Alarm, welcher ſich unter den Meiſen er— hob, ließ uns die Anweſenheit eines Raubvogels vermuthen. Vorſichtig ſchlichen wir uns hinzu und gelangten unbemerkt beinahe bis an den jenſeitigen Rand des Weidenſtückes. Da entdeckten wir ein Völkchen Feldhühner, die ſich auf ein kleines Plätzchen dicht zuſammengedrängt hatten und ihre Schnäbel in die Höhe gerichtet hielten, um die Abwehr der Angriffe von Seiten der Elſter und der Krähen zu ver— ſuchen. Die Krähen ſtießen aus der Luft in mancherlei Wendungen nach den Hühnern, dieſe aber ſchnellten die Hälſe jedesmal empor und begegneten den Stößen mit geöffneten Schnäbeln. Die Elſter, im Fliegen unbeholfener als die Krähen, 22* 296 Karl Müller, jtieß von den Weidenbäumen herab und ſchalt nach mißlungenen Verſuchen ſtets in ihrer rauhen Weiſe, oder ſie hielt ſich einen Augenblick auf einem Punkte in der Luft einige Fuß über den Hühnern und ließ ſich dann im Graſe nieder, ſich hoch emporrichtend und ſcheu umblickend. Es war uns klar, daß die drei Jagdgenoſſen in ihrem Unternehmen vollſtändig einig waren, ſonſt hätten ſie ſich wohl zuweilen gegenſeitig abgewehrt. Aber auch darüber konnten wir nicht zweifelhaft ſein, daß die Hühner, obgleich der Gefahr ſich bewußt, die Feinde gewiſſermaßen gering ſchätzten. Gegen einen Hühnerhabicht würden ſie ſchwerlich Front gemacht haben, ſondern ſie hätten ſich möglichſt ſchnell verborgen und bildſäulenmäßig an eine Scholle gedrückt. Leider ſollte das Schauspiel bald beendet werden, denn die ſchlaue, wachſame und ſcharfblickende Elſter wurde der Beobachter anſichtig und verrieth uns den Krähen. Kaum hatten die Feinde den Kampfplatz verlaſſen, liefen auch ſchon die Rebhühner auseinander und ihrer Wachſamkeit entbunden wurden ſie uns gewahr. Das ganze Volk von zehn Stück ſtand auf und ſtrich davon. Obgleich der Kolkrabe mit entſchiedener Vorliebe ein Einzelleben mit der Gattin führt, die ſeine treue Begleiterin das ganze Jahr hindurch bleibt, ſo berichtet doch Olaffen, daß er dem Adler in kleinen Schaaren nachfolgt, um deſſen Beuteüberbleibſel zu erſchnappen. Graf Wodzicki berichtet, daß mehrere Kolkraben einen Hafen ver— folgten und gemeinſchaftlich die Jagd auf ihn betrieben, auch in Gemeinſchaft den Getödteten zerhackten und auffraßen. Intereſſante, feſſelnde Schilderungen entwirft Kronprinz Rudolf von Oeſter— reich in ſeiner „Orientreiſe“, durch deren Zuſendung dieſer leider ſo früh und tragiſch aus dem Leben gegangene bedeutende Ornithologe uns erfreute, von dem Geſelligkeits⸗ leben der befiederten Nilbewohner. Das Leben der Aasgeier tritt lebhaft vor unſere Augen, wenn er ſeine Jagden auf dieſelben ſchildert. Dieſe unter dem Aas und den Abfällen gierig aufräumenden Raubvögel ſtehen in ausgedehntem Verbande, und zwar zum Zweck ihres maßloſen Ernährungsbedürfniſſes. Brehm giebt aus eigner Anſchauung ein Bild ihrer gemeinſchaftlichen Unternehmungen, wovon wir folgendes aufnehmen: „In unabſehbarer Höhe ziehen ſie ihre Kreiſe, einer folgt dem andern wenigſtens mit den Blicken, ſteigt oder fällt mit ihm, wendet ſich wie der Vorgänger nach dieſer oder jener Seite. Von ſeinem Standpunkte aus kann er ein ungeheures Gebiet ſozuſagen mit einem Blick überſchauen; ſein Auge iſt ſo wunderbar ſcharf, daß ihm kaum etwas entgeht. Der Geier, welcher das Gewimmel in der Tiefe er- blickt, gewinnt damit ſofort ein klares Bild und erkennt, daß er das Geſuchte ge— funden. Nunmehr läßt er ſich zunächſt in Schraubenwindungen tiefer herab, unter⸗ ſucht die Sache näher und zieht, ſobald er ſich überzeugt, plötzlich die gewaltigen Flügel ein. Sauſend ſtürzt er herunter, Hunderte, vielleicht Tauſende von Metern und würde zerſchmettert werden, wenn er nicht rechtzeitig noch die Schwingen wieder Der Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt. II. 297 ausbreitete, um den Fall aufzuhalten und die Richtung regeln zu könneu. Dem erſten Ankömmling folgen alle übrigen, welche ſich innerhalb gewiſſer Grenzen be- finden, rückſichtslos nach. Sogleich nach Ankunft auf dem Boden eilen ſie mit wagerecht vorgeſtrecktem Halſe, erhobenem Schwanze und halb ausgebreiteten, ſchleppenden Flügeln auf das Aas zu, und nunmehr bethätigen ſie ihren Namen, denn gierigere Vögel kann es nicht geben. Das Gewimmel, das Streiten, das Zanken und Kämpfen dabei läßt ſich kaum ſchildern. Beſtändig ſtürzen noch hungrige Geier herunter zu den bereits ſchmauſenden. Adler und Milane kommen auch herbei und greifen ſich mit den Fängen das eine oder andere Stück des Aaſes.“ Unſere Waſſeramſel (Waſſerſchmätzer), welche ſo ausgeſprochen dem Einzelleben hingegeben iſt, daß ſie ſich mit dem Weibchen gewöhnlich einen Kilometer Weges— ſtrecke von dem Nachbarpaare entfernt hält in der Wahl ihres Heimathsgebiets, einigt ſich, wie wir häufig geſehen haben, bei großen Ueberſchwemmungen mit mehreren Paaren des Bach- oder Flußgebietes an ſolchen Stellen, wohin die kleinen Fiſchchen in großer Anzahl ſich geflüchtet haben. Wir hatten das Glück, die hungrigen Waſſeramſeln an ſeichten Stellen des Ufers oder in Tümpeln, welche die Hochfluth gebildet hatte, ſtundenlang dem eifrigſten Fiſchfang hingegeben zu ſehen. Bis zu ſechs Stück waren dieſe Fiſcher friedlich vereinigt. Die vorübergehende Noth führte ſogar zur Frühlingszeit auf dem zugefrorenen Flüßchen Salm bei Alsfeld die in ſolcher Jahreszeit der Geſelligkeit wenig oder nicht hingegebenen weißen Bachſtelzen zu dutzendweiſer Vereinigung. Eilend liefen ſie über die im Sonnenſchein liegenden Stellen des Eiſes hin und erbeitieien die winzigen, zur Entwicklung bereits gekommenen Eriopteraarten. Grund zu geſelligen Anſammlungen liegt vielfach in geeigneten Schlafplätzen. Die Rohr⸗ und Schilfdickungen an Fluß⸗, Teich- und Seeufern locken ganze Schwärme von Vögeln an. Die Beobachtung findet an ſolchen bevorzugten Oertlich— keiten vielfache Anregung zur Zeit der beginnenden Dämmerung und ſogar geraume Zeit vor Eintritt derſelben. Da ſind es die verſchiedenen Flüge der Staare, welche von allen Richtungen ſich zur gemeinſchaftlichen Nachtruhe einfinden. Schaaren von finkenartigen Vögeln kehren ebenfalls ein; Schwalben in ſtarkem Verbande laſſen ſich rauſchend nieder. Die großen Verſammlungen halten an den Ruheſtätten, wo ſie ſich erſt nach einiger Zeit unruhigen Platzſuchens und Aneinanderſchmiegens be— ruhigt fühlen, mancherlei Geſchwätz. Die Schwalben beobachten indeſſen ein ſtilleres Verhalten. Die belaubten Akazien bieten den zur Nachſommer- und Frühherbſtzeit gegen Abend einfallenden Bachſtelzen ganz vorzügliche Schlaforte. Theils kommen ſie lange vor Abendwerden auf naheſtehende Gebäude und laſſen ſich von da aus in die Wipfel der Bäume nieder, oder ſie eilen kurz vor einbrechender Dunkelheit einzeln oder in kleinen Geſellſchaften den beliebten Schutzorten zu. Das Locken und Zwitſchern 298 Karl Müller, Der Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt. II. der redeſeligen Geſellſchaft iſt ein wirres Durcheinander, welchem die Dämmerung erſt ein Ende macht. Auch Kaſtanienalleen nehmen die ihr Machte Suchenden in Menge zu gemeinſchaftlichem Ruhen und Schlafen auf. Eine alte Linde von ungewöhnlicher Höhe und Ausbreitung kannten wir in unſerer Jugend, welche der Sammelplatz unzähliger Haus- und Feldſperlinge war, wenn dieſelben abends aus den Getreidefeldern in ihren Zweigen ſich einfanden, um zu übernachten. Die Linde ſtand an einem am Feldwege gelegenen Kapellchen und bot die nächſte und an ſich auch geborgenſte Schlafſtätte für die zu Tauſenden an⸗ geſammelten Sperlinge in der Fruchtebene dar. Das Geſchrei der Inſaſſen und ihr Gezänke währte bis tief in die Dämmerung hinein und obgleich ſie ſich vielfach ſtritten um die Sitzplätze und das öfters ertönende Wehgeſchrei von unduldſamem Umſichbeißen Zeugniß ablegte, hockten ſie doch dicht beiſammen und wurden vom Geſelligkeitstriebe auch für die Nachtherberge mächtig beherrſcht. Es iſt ſchon auf Feldgehölze hingewieſen worden, wo ſich Krähen und Dohlen in Schaaren zur Nachtruhe begeben. Anwaldungen mit Eichen-Oberſtänden ſind für Wildtauben im Nachſommer ſehr beliebte Sammelplätze zur Ruhe und zum Schlafen. Die laubloſen Aeſte der alten Eichen ſind zunächſt geeignete Plätze, wo die Flüge der Ringel- und Holztauben ihre Verdauungsſtündchen halten. Im Auguſt durften wir unter dichtem Laubdach die von den Getreidefeldern in den ſpäteren Nachmittagsſtunden, etwa um 5 Uhr, zurückkehrenden erwarten, um einzelne zu erlegen. Die Schüſſe ſcheuchten viele Dutzende auf und veranlaßten fie zur Bil- dung einer großen Schaar, welche in weiten Bögen den Wald umkreiſte und nach eingetretener Beruhigung von neuem die mächtigen Arme der zahlreichen Eichbäume einnahmen. Zum Zwecke der Nachtruhe begaben ſie ſich gegen die Dämmerung hin gern in Fichten- und Kiefernhorſte oder auch in Stangenorte der Buchwaldheege. Sehr mannigfaltig ſind die Veranlaſſungen zu geſelligen Vereinigungen der Vögel durch behagliche Orte, wo ſie entweder von der Gunſt der Witterung oder auch durch die Ungunſt derſelben zuſammengeführt werden. Wer hätte nicht ſchon die Sperlinge zu 20 bis 30 Stück an Staubplätzen oder auf dem Sandboden be— haglich ſich dem Staubbad hingegeben geſehen. Das Purren und überhaupt ihr ganzes Gebahren zeugt zweifellos von Wohlbehagen und zugleich von Wohlgefallen der Gemeinſchaft. An ſonnigen Sommertagen ſehen wir in einem Kiefernhochwalde viele Paare der in der Umgegend niſtenden Hohltauben verſammelt, in der Sonne ſich auf den derben Aeſten mit ſichtlicher Befriedigung gleichſam badend. Schöne Septembertage führen oft auf hohen Akazienbäumen Sperlinge und Goldammern zu geſellſchaftlichem Verkehre zuſammen, und bei dieſen Gelegenheiten nehmen wir oft ſtundenlanges Verfolgen junger Glieder der vereinigten Vögel durch die Zweige und um die Bäume herum wahr. Nach einem Gewitterregen beobachteten wir öfters TREE Oskar von Löwis, Frühjahrsnotizen aus Livland 1890. 299 die Rauchſchwalben eines ganzen Dorfes auf einem dürren Zwetſchenbaum, indem ſie ſich mit den Schnäbeln die Federn ordneten und ſich des wiederkehrenden Sonnen— ſcheins in Munterkeit freuten. So erblicken wir allenthalben den Geſelligkeitstrieb in der Vogelwelt von vielen Umſtänden und Verhältniſſen geweckt und hervorgerufen. Offenbar hat ſich dieſer Trieb im Laufe unberechenbarer Zeiten erſt herausgebildet. Die zwingende Noth— wendigkeit iſt in unzähligen Fällen die einigende Gewalt geweſen, die Artenneigung zur Gemeinſchaft tft gleich unverkennbar, und ſicherlich wird kein Forſcher und exacter Beobachter leugnen wollen, daß nicht blos äußere Einflüſſe allein thätig geweſen ſind, dieſe intereſſanten Erſcheinungen und Auftritte ins Leben zu rufen und zu einer fortlaufenden Erbſchaft von Geſchlecht zu Geſchlecht zu machen, ſondern daß das Seelenleben der Thiere in nicht geringem Maße als nicht zu beſtreitender Faktor mit in Rechnung gezogen werden muß. Frühjahrsnotizen aus Livland 1890. Von Oskar von Löwis. A. Gefiederte Räuber. 1. Ein böſer Palumbarius hatte ſich für die rauhe Saiſon 1889/90 in meinem Parkwalde zu Meiershof niedergelaſſen und ſchädigte in bisher noch nicht erlebter Weiſe faſt ausſchließlich nur den Hühnerhof, indem es bereits ſeit zwei Jahren hier keine Feldhühner mehr zu erjagen gab, die klug gewordenen Haſelhühner im undurch— dringlichem Tannendickicht ſich zu bergen wußten und an Haſen, ihrer Spärlichkeit halber, keine Beute zu machen war. Allen Nachſtellungen mittelſt Schießgewehr und Habichtskorb war der überaus vorſichtige und doch freche Räuber bisher leider ent— gangen; die hohe Prämie von 3 Rubel blieb unverdient; bis zum 16/28. Februar konnten bereits 40 Haushühner und 16 Haustauben ſeinem Conto zur Laſt gelegt werden. Als wir am genannten Tage mit unſerm Hausarzt beim Nachmittags-Caffe ſaßen, wurde athemlos gemeldet, der Habicht hätte ſoeben wiederum eine Henne (Nr. 41) ergriffen und verſpeiſe ſie unter den alten Birken unweit des Herrenhauſes am Boden ſitzend. Die Mütze, eine Büchsflinte, nur eine Schrotpatrone in Eile er— greifen, war im Augenblick geſchehen; ſchnell war ich hinter dem deckenden Stamme einer ſtarken Birke an den gierig ſchlingenden Uebelthäter bis auf 35 Schritt heran— geſchlichen. — „Mein biſt Du“, fuhr es mir durch den Sinn; gut wurde gezielt, präciſe abgedrückt — aber? Der Schreck wirkte faſt lähmend, als die neue Lefau— cheur⸗Patrone verſagte! Der Habicht hörte das Aufſchlagen und fuhr jäh vom Fraß in die Höhe; auch beim nochmaligen Abdrücken erfolgte kein Knall, ſondern 300 Oskar von Löwis, eiligſte Flucht des ſatten Räubers — und in meinem Innern das Toben ohnmäch⸗ tiger Wuth! Es wär ſo ſchön geweſen! Ade auf Nimmerwiederſehn! — 2. Am 7/19. April brachte mir der Pächter einer Hofeslandſtelle unter meiner Beſitzung Kudling in einem Korbe gut zugedeckt einen vollkommen geſunden un— beſchädigten Palumbarius männlichen Geſchlechts zu, deſſen Augen vor Bosheit un⸗ heimlich funkelten, ja blitzten. Er hatte ihn tags zuvor mit ſeinen nackten zehn Fingern gegriffen. — Am Ende der Hauswand lehnend hatte er einer Bruthenne Brodkrumen vorgeworfen, als unſichtbar längs der andern Wand im rechten Winkel der Habicht ſich genau auf die an der Erde befindliche Henne ſtürzte, feſtkrallte und ſie flügelſchlagend überdeckte. — Voll Geiſtesgegenwart hatte ſich nun der Pächter blitzſchnell darüber geworfen, den Habicht am Rücken gepackt, die allerdings bereits verwundete Henne vom Tode errettet und ſich als Sieger wieder erhoben! — Kaum glaublich — und dennoch alſo geſchehen! 3. Am 27. April / 9. Mai d. J. berichtete mir der Forſtwart in Paibs, er habe ein beſetztes Hühnerhabichtsneſt in der Nähe ſeiner Forſtſtelle beſtätigt, indem er wiederholt geſehen, wie der eine Habicht Beute dem Neſte zugetragen habe e. Um 2 Uhr mittags eilte ich dorthin; bald waren wir in ſehr dichtem Holze gemiſchten Beſtandes an die große, aſtreiche Horſttanne herangeſchlichen, unter welcher die Reſte eines Birkhahnes die ſchädliche Thätigkeit der oben hauſenden Räuber ad oculos demonſtrirten. — Nach derbem Anklopfen ſeitens des Forſtwarts verließ ſchleunigſt ein männlicher Palumbarius den Horſt, leider ſo geſchickt fliegend, daß ich nur durch einen ſehr dichten und ſtarken Aſt hindurch einen Schuß mit allzu feinem Schrot anbringen konnte. Der Raubvogel war ſchwer getroffen, verlor viel Federn, auch eine große Schwungfeder, ſenkte ſich, matt ſteuernd, zur Erde hin, ward aber bei allerdings nur flüchtiger Nachſuche damals nicht aufgefunden. — Bald nach Sonnen⸗ untergang fand ich wieder Zeit, zum Horſt zu fahren. — Nun ſtellte ich mich freier und ungleich beſſer als zur Mittagszeit an, ſo daß nach zweimaligem Klopfen mein wohlgezielter Schuß das flüchtige, ſehr große und alte Weibchen völlig todt zu Boden ſtrecken konnte. Es war ein in der Färbung dem Männchen bereits ſehr ähnlich gewordenes Prachtexemplar von ſchöner reiner Zeichnung und maß in der Länge 63 em bei einer Flügelweite von 117 em. — Am Bauche war ein weiter, gänzlich nackter Brutfleck ſichtbar. — Der feſtgefügte Horſt, etwa 16 —18 m hoch, ſehr groß und, „wie es im Buche ſteht“, mit friſchem grünen Gezweige reichlich geſchmückt, enthielt vier auffallend große (6,1 em), gänzlich einfarbig, glänzend bläulichweiße Eier, die mindeſtens bereits eine Woche hindurch bebrütet worden waren, und jetzt die kleine Eierſammlung meiner Tochter nicht übel zieren. — Friede wird nun in jenem Waldtheile herrſchen; Ausrottung der böſen Räuber iſt der beſtwirkſame Frühjahrsnotizen aus Livland 1890. 301 Vogelſchutz überall! — Ich huldige der, durch nicht ganz geringe eigene Erfahrungen gewonnenen Theorie: je älter (ſelbſtverſtändlich nicht zu alt!) das Vogelweibchen wird, deſto zahlreicher, (falls artlich überhaupt Abweichungen eigenthümlich ſind,) größer, auch meiſt reinfarbiger werden die Eier von demſelben gelegt. Auch die Haushenne legt im erſten Jahre ſpärlicher ihre Eier. Jüngere Hühnerhabichte legen erſtmalig nur zwei, meiſt matt⸗ſchalfleckige Eier von nicht mehr als 5,9 em Länge, ſpäter drei etwa 6 em lange Eier, von denen eines häufig auffallend klein, auch unbefruchtet iſt, und volljährige bringen in der Regel vier ſehr reinfarbige 6—6,1 em große Eier. — So legt auch ein junges Waldkauz-Weibchen nur drei Eier, ſeltener ſogar auch nur zwei, vollalte dagegen oft fünf — ausnahmsweiſe ſechs Eier; ebenſo der Uhu anfangs nur zwei, ſpäter drei und conſtant vier Eier von ſtattlicher Größe, ja aus— nahmsweiſe ſogar fünf Stück; — und ſo weiter bei noch mehreren Raubvögeln, z. B. Thurmfalken, den Weihen, Buſſarden, Sumpfohreulen ꝛc. — Bei anderen Vogel— familien ſchien mir dieſe Annahme noch mehr Belege zu finden, ſo z. B. bei unſeren Wildhühnerarten, bei denen ich dieſe Theorie durch langjährige Beobachtungen faſt als Thatſache anzunehmen gezwungen wurde, namentlich beim Birkwilde. Wählt eine junge Birkhenne erſtmalig einen bisher von der Art noch nicht benutzten Brut— platz, wie das bei Schonungen in freier Gegend öfters zutrifft, ſo kehrt ſie bei rationeller Schonung ſtets wieder dahin zurück und bietet dadurch ein leicht con— trollirbares Object zu Beobachtungen. Erſtmalig bringt nun ſo eine Junghenne nur zwei Junge auf, oftmals auch nur eins, alljährlich die Häupterzahl ihrer Lieben mehrend, bis dann endlich der Schutzherr das Dutzend in der „Kutte“ voll werden ſieht — und damit ſeine Jagdtaſche auch; wehe aber dem Jäger, der im Verſehen die „Alte“ abſchoß; er verliert den Beſtand an dieſem Plätzchen entweder ganz, oder muß von vorn anfangen, d. h. den Zuwachs bei einer Junghenne geduldig ab— warten. — Reductionen kehrten bei älteren Hennen nur in rauhen Frühjahren durch Erfrieren der erſtgelegten Eier ein. — Mit abnehmender und erlöſchender Frucht— barkeit durch ein allzu hohes Alter ſinkt dann ſchließlich die Eierzahl und deren Güte bis zum Nullpunkt, wobei Hahnenfedrigkeit erzeugt und an die Stelle der weiblichen Tugenden geſetzt wird; hier heißt es alſo umgekehrt: „Tugend vergeht, Schönheit beſteht“! Bei einem alten, ſtets an demſelben Platze brütenden Feldhühner— paar (Perdix) ſtieg die Anzahl der Eier ins Großartige, bis ich letzmalig daraus ſogar 28 Stück zu zählen imſtande war! Doch kehren wir zum Thema zurück. 4. Am 10/22. April d. J. reiſte ich zur Auerhahnbalz nach Schloß Luhde in den Walk ſchen Kreis. — Am folgenden Morgen nach der Balzzeit nahm ich ein Neſt der Habichts⸗Eule (Strix uralensis) in Augenſchein und die dort vorhandenen 302 Oskar von Löwis, zwei Eier in bleibenden Beſitz. Drei Tage vorher hatte der im betr. Revier an⸗ geſtellte Forſtwart das hellfarbige Männchen von einer Tanne unweit des Horſt— baumes herabgeſchoſſen; tageszuvor war ein Verſuch gemacht worden (alſo am 10/22. A.), das brütende Weibchen auf dem Geniſt mittelſt eines zwiſchen zwei ge⸗ kreuzten Stangen angebrachten Netzes zu fangen. Sie war aber ſchlauer Weiſe un— mittelbar am Stamme niedergeglitten, hatte ſodann trotz achttägigen bereits feſten Brütens das Weite pour jamais geſucht, derartigen frechen Angriffen dadurch nach— haltig ausweichend. — Das weiche, aus faulen Holzfaſern kunſtlos gebildete Neſt war in einer weiten Spaltniſche auf uraltem Eſchenſtamm (Aſpe) mit abgebrochener Krone ſo frei placirt worden, daß man es bei einer Höhe von 6 bis höchſtens 8 m deutlich ſehen konnte und daß es bei Regen aus ſüdweſtlicher Richtung jedenfalls benetzt, wenn nicht gar gänzlich durchnäßt werden mußte. — Angeblich war das brütende Weibchen ſehr vertraut geweſen, ſoll ſich ruhig haben anſehen laſſen, auf- merkſam Notiz von jedem Beſchauer nehmend, und ſcheinbar gelaſſen in den hellen Frühjahrs-Sonnenſchein hineinblinzelnd. — Durch dieſe Furchtloſigkeit war der Gedanke an das Fangen bei lebendigem Leibe entſtanden. — Die runden, ziemlich deutlich bebrüteten Eier waren rein weiß und glattſchalig, in der Größe em aus⸗ geglichen. Die Umfang-Meſſung ergab folgende Reſultate: Bei a) 143½ mm über die Längsachſe geſchlungen und 130 ½ mm über die Querwölbung an breiteſter Stelle. Bei b) 141½ Längsachſen- und 129⅜ mm Querumfang. Dieſe Art zu meſſen, veranſchaulicht ſehr viel präciſer die verſchiedenen Formen— und Eigrößen, was namentlich innerhalb derſelben Art intereſſant iſt, während die einfache Längenangabe, wie ſolches in den meiſten Lehrbüchern geſchieht, kein rechtes Bild von dem betreffenden Ei in der Vorſtellung erzeugt. Ich executire ſie mit Vorliebe, d. h. die Umfangmeſſung und bin dadurch imſtande, die in der Art vor- kommenden Formen- und Größenabänderungen, ſpeciell auch inhaltlich, auf dem Papiere fixiert ableſen zu können; aber bei ſehr birnförmigen Formationen dürfte die Eimaſſe bei nur zwei Umfang-Meſſungen nicht genau zu berechnen ſein, wie die Geſtalten nicht korrect durch die Zahlen verſinnbildlicht werden. Bei Berichten über bisher unbekannte Eier wäre die Anwendung der Umfang Meſſungen vielleicht em- pfehlenswerth. 5. Am 13/25. März d. J. wurde unter Schloß Luhde ein in der Neuzeit in Livland ſelten gewordener Steinadler-Horſt in der Krone einer ſehr hohen ſchlanken Kiefer erſtiegen, und demſelben deſſen Inhalt, beſtehend in zwei friſchen Eiern, glüd- lich entnommen. Dieſe werthvollen Eier waren Herrn von Middendorff-Hellenorm zugedacht worden und konnten von mir vor deſſen Abreiſe in Augenſchein genommen Frühjahrsnotizen aus Livland 1890. 303 und gemeſſen werden. — Das eine durchaus normal und ſchön gefärbte und ebenſo regelrecht geformte Ei hatte einen Umfang, über die Längsachſe gemeſſen, von 212 mm, und quer umfangen von 174 mm. — Das andere Ei war ein wenig gedrungener geformt, wich aber in der Zeichnung und Färbung bedeutend vom Typus ab, indem es auf einem trüb hell-lila Grunde mit ſehr verſchwommenem, geradezu ausgefloſſenen violettgrauen Schalflecken überdeckt erſchien. Die Umfanglänge betrug 211 und die Umfangbreite 180,5 mm. — Ob das beraubte Adlerpaar zu einer zweiten Brut ſchließlich geſchritten iſt, habe ich nicht in Erfahrung bringen können; vier Wochen darauf beobachtete ich circa 10 Werſt davon zwei Mal einen vagabondirenden Steinadler, — auch vertrieb ich ihn dort von ſeinem nächtlichen Ruheplatz auf hoher Kiefer. Für die Sammlung meiner Tochter erhielt ich aber doch noch aus Schloß Luhde erwünſchten Zuwachs. Erſtens überließ mir der verehrte Gaſtfreund zwei Schreiadler⸗Eier, von denen das eine 174½ zu 158½ mm Umfang hielt; zweitens erhielt ich ein ſchön lebhaft gezeichnetes Ei des Weſpenbuſſards vom Mai 1889 und ſchließlich noch vier, erſt kürzlich einem Uhu-Neſte entnommene, ſtattliche, in der Form ſehr ausgeglichene Eier, welche ſchon mindeſtens eine, vielleicht ſchon 1½ Woche be— brütet worden waren. — Während dreier Nächte hörte ich die ſchauerlichen Rufe dieſer um ihre erhoffte Nachkommenſchaft gebrachten Uhu-Eulen. Leider ſcheinen dieſe wildernden Unholde heuer zahlreicher wie ſonſt bei uns vorzukommen; ſo ſind dieſelben nach faſt ſechsjähriger Abweſenheit von Meiershof wiederum an meinen Grenzen als unmittelbare Nachbarn erſchienen und beſuchen faſt allabendlich meinen Parkwald; — desgleichen meldeten ſich ſchon frühe, zu Anfang des März, auf meiner Beſitzung Kudling dieſe Haſen raubenden, Jungrehe ſchlagenden und Auerhühner verſpeiſenden Hochräuber und entgingen bisher allen Nachſtellungen; auch hörte ich an mehreren anderen Orten vom Auftreten des Uhu! B. Frühe und unregelmäßige Ankunft vieler Zugvögel. Es ſcheint Regel zu ſein und iſt auch unſchwer verſtändlich, daß nach ſehr mildem und ſchneearmem Winter und bei frühzeitig, auch allmählich eintretendem Frühjahr die ſowohl aus fernem Süden kommenden Zugvögel als auch die hoch— nordiſchen Wintergäſte nicht in großen Maſſen und in gedrängt kurzem Zeitraume, alſo Jedermann auffallend bemerkbar auftraten, ſondern daß bei derartigen Witterungs— verhältniſſen die Zugzeit ſich ebenſo für die Arten als auch die Individuen lang ausdehnt, die Kopfſtärke der einrückenden Formen oft eine nur geringe iſt — ja bei einigen nächtlich paſſirenden Gattungen deren Vertretung in der betreffenden Zugperiode kaum geſpürt werden konnte. — So geſchah es auch heuer, wie in anderen extrem frühzeitig beginnenden Ankunftsperioden, z. B. 1882, 1872, 1868 ꝛc. 304 Oskar von Löwis, — Manche Artrepräſentanten ſchleichen ſich dann verſtohlen und verſchämt in ihre Heimplätze ein, irren wie zuchtlos, willkürlich, in aufgelöſter Zugordnung gegen Norden. Während der ganzen rauhen Jahreszeit 1889,90 habe ich nur ein Mal und zwar am 3/15. Januar einen ſtarken Zug Seidenſchwänze ſehen und beobachten können; ſie waren überhaupt heuer eine ſeltene Erſcheinung; desgleichen fehlten Schnee- ammern, die ſonſt im März nach kalten Wintern oft in ungeheuer ſtarken Schwärmen aufzutreten pflegen. Nachdem ſehr bemerkenswerther Weiſe am 13/25. Februar Dachſe einen Spaziergang ſich erlaubt und nach Nahrung geſcharrt hatten, erſchienen am 17. Februar 1. März Geſellſchaften von durchziehenden Schwanzmeiſen, Dohlen und vagabondirende einzelne Grünſpechte. — Vom 25. Febr. / 9. März an verließen die Dachſe regelmäßig die Baue, der Uhu begann jeden Abend zu „brüllen“ und bis zum 1/13. März waren die Felder faſt ſchneefrei geworden. Ich erwartete mit Un— geduld das Eintreffen der Feldlerchen, die bei ähnlichen Witterungsverhältniſſen z. B. 1882 bereits am 13/25. Februar erſchienen, und zwei Tage ſpäter alle Fluren durch ihren Geſang belebten. — Endlich am Frühmorgen des 2/14. März conſtatirte ich ſechs Lerchen, von denen zwei leidlich ſangen, was am Abend mehrere thaten. Am nächſten Tage beobachtete ich zwei kleine Züge ankommender Lerchen, — und ſpäter noch viele kleine Geſellſchaften, aber kein Mal nahm ich große Maſſenſchwärme wahr, wie es bei ſchnell hereinbrechendem Lenz ſo leicht zu geſchehen pflegt. — Auch die Staare, welche erſtmalig in zwei Exemplaren am 4/16. März ſich zeigten, rückten ſehr allmählich ein, ſo daß erſt am 10/22. März ihr Schwätzen und Singen ein all⸗ gemeines genannt werden konute. Der erſte Buchfink wurde am 13/25. März er⸗ ſpäht, zu drei bis vier Männchen erſchienen ſie dann „bruchſtückweiſe“, um etwa am 17/29. März überall bemerkbar geworden zu ſein. — Einen großen, alle Büſche be— lebenden und Bäume „bedeckenden“ Zuzug von Finken konnte ich heuer nicht con— ſtatiren; ſie waren aber ſchließlich überall in gewöhnlicher Anzahl vorhanden. — Bisher noch nicht notirt frühzeitig erſchien die bei uns ziemlich ſeltene Amſel, näm⸗ lich ſchon am 21. März / 2. April! Verhältnißmäßig ſehr ſpät zeigte ſich hingegen die erſte Bachſtelze, 22. März /3. April, die doch ſonſt der dritte oder vierte Zugvogel aus dem Süden zu ſein pflegt; die Bachſtelzen ſind heuer überhaupt in geringer Anzahl vertreten, und erſchienen beſonders allmählich und ſpärlich, ſo daß ihre all— gemeine Ausbreitung erſt vom 1/13. April an gerechnet werden dürfte. In an⸗ nähernd gewohnter Weiſe traten die verſchiedenen Droſſelarten auf, z. B. beobachtete ich wirklich große Züge Wachholderdroſſeln. — Abnorm früh bemerkte ich ſodann zwei männliche Steinſchmätzer bereits am 26. März /7. April, d. h. in meinen Notizen noch nicht dageweſen! Der erſte weiße Storch wurde am 22. März / 3. April, der erſte ſchwarze Storch ſchon am 27. März 8. April geſehen, während Kraniche ver⸗ | | j Frühjahrsnotizen aus Livland 1890. 305 hältnißmäßig ſpät, wenigſtens von mir, beobachtet wurden, nämlich erſt am 1/13. April in einem ſtattlichen Zuge. — Der Mäuſebuſſard und Totanus ochropus langten frühe an, letzerer am 26. März /7. April, erſterer am 29. März / 10. April. — An⸗ geblich erſchien an der Südgrenze Livlands reſp. an den Dünaufern die Waldſchnepfe ſehr vereinzelt bereits Mitte März alten (ruſſiſch.) Styls; in Meiershof zog un— zweifelhaft die erſte nicht früher ein als am 25. März /6. April, einem verhältnißmäßig ſehr ſpäten Termine; ein ſo geringer Waldſchnepfenzug wie heuer iſt von mir nur ſelten in Livland beobachtet worden; die Jäger klagten überall hierüber. Durch— ziehende Schnepfen habe ich trotz fünfmaligen Abendanſtandes überhaupt nicht zu ſehen oder hören bekommen; am 17/29. April ſah und hörte ich in Kudling drei balzende Standſchnepfen, von denen ich zwei glücklich erlegen konnte; es gelang mir nicht, heuer noch mehr zu erblicken! — Ferner konſtatirte ich als frühe Gäſte am 2/14. April Weidenlaubvögel und Baumpieper, am 7/19. April Kronſchnepfen (Numenius) und Actitis hypoleueus, am 9/21. April Charadrius euronieus und Totanus glareola, am 13/25. April den Wendehals, am 15/27. A. Ph. sibilatrix, Ph. trochilus, den Kuckuk und am 16/28. ſogar den Sproſſer, wie auch die erſten Rauchſchwalben. Der Sproſſer iſt bisher von mir noch niemals ſo frühzeitig notirt geweſen, es iſt ein hochbemerkenswerther Termin! — Am 18/30. April trafen ſodann gelbe Bachſtelzen, Fenſterſchwalben, ſchwarzrückige Fliegenſchnäpper ein, als noch nicht dageweſen ſogar auch der Wiedehopf. — Sehr früh ferner machte ſich hörbar am 20. April / 2. Mai Gallin. porzana, am 25. April / 7. Mai Sylvia curruca, am 27. April / 9. Mai Mandelkrähen und Dorngrasmücken. — Am gleichen Tage fand ich ein Neſt voll junger Singdroſſeln, mit Stachelfedern bereits leidlich bekleidet und zwei Tage ſpäter Kiebitz⸗, Kronſchnepfen⸗, Lerchen- und Finkeneier halbzeitig ſtark be— brütet, wie auch ausgeſchlüpfte junge Nebelkrähen im Jugendkleide. Auffallend jpät für jo warmes — ja heißes Wetter erſchien die Mönchsgras— müde (Sylvia atricapilla) d. h. erſt am 30. April / 12. Mai und zwar in anfänglich nur ſehr wenigen Exemplaren, während an demſelben Tage überaus frühzeitig auch der Pirol und der graue Fliegenſchnäpper ſich zeigten. Den Pirol hatte ich noch niemals im April alten Styls ankommen ſehen — alſo gleichfalls ein „Nochnichtda— geweſenes“ für mich. Sodann langten am 2/14. Mai Hypolais, Sylvia hortensis, Lanius minor und Mauerſchwalben an und als letztes heuriges Notiz-Object am 4/16. Mat die Schnarrwachtel in zwei laut meldenden Vertretern; die Schnarrwachtel erſchien an dieſem Tage überall in Süd-, Mittel- und Nordlivland. Es dürfte nicht ganz ohne Intereſſe ſein, einige vergleichende Daten zweier ſehr extrem frühzeitig warmer Jahre des letzten Decenniums zuſammengeſtellt vorzuführen: * 306 Oskar von Löwis, Frühjahrsnotizen aus Livland 1890. . Ankunft in Mittel-Livland. Zugvogel. 1882. | 1890. Feldlerche 13/25. Februar 2/14. März Staar | 28. Februar 411 (Neue 12. März, alter Rgt.) Heidelerche 1/13. März 10% % Wildgänſe 28. Febr. u. 12. März 17,20 0 Buchfink 2/14. März 13728 Waldſchnepfe GM 22. März u. 3. April Singdroſſel i 17/19. März Rothkehlchen 1 25. März u. 6. April Weindroſſel 13/25. „ 21. März u. 2. April Bachſtelze 26. Febr. u. 10. März 22. März u. 3. April Storch. 30. März u. 11. April 22. März u. 3. April Steinſchmätzer 10/21. April 26. März u. 7. April Museicapa atricapilla 122 18/30. April Ziegenmelker ya 22 Ph. sibilatrix 19,27. „ 19 Rauchſchwalbe 1 122 Fenſterſchwalbe 1.02 18% Wendehals 1729. 13/25. „ Kuckuk 17 % 16/28. „ Fitisſänger 21. April u. 3. Mai 1927.20 Dorngrasmücke 27. April u. 9. Mai 27. April u. 9. Mai Museicapa grisola 28. April u. 10. Mai 30. April u. 12. Mai Sproſſer-Nachtigall 1,13. Mai 16/28. April Pirol. | i 30. April u. 12. Mai Hypolais 5 2/14. Mai Sylvia hortensis e 2711 Aus obiger fragmentariſcher Zuſammenſtellung erſehen wir unſchwer: 1) Daß 1882 die erſten Zugvögel ſehr viel früher als 1890 anlangten, 2) daß in der Mittelperiode nahezu ein Ausgleich der Termine ſtattfand, und 3) daß 1890 die Spätgäſte meiſt weſentlich — einzelne ſogar bedeutend — früher eintrafen. | Wollte man eine Durchſchnittsberechnung machen, jo wären dieſe beiden Jahre ſich faſt gleich; die Monats-Witterung allein verurſachte obige divergirenden Daten, von Wacquant-Geozelles, Abſonderliche Niſtplätze. II. 307 denn 1882 war der März ungleich wärmer als der nachfolgende April reſp. verhält— nißmäßig auch Mai, während 1890 der März nur mäßig milde, dagegen der April ungewöhnlich warm, ja meiſt ſogar heiß war, ebenſo der Anfang des Monats Mai. Nach alten Notirungen iſt in den ruſſiſchen Oſtſeeprovinzen 1746 letztmalig ein ſo treibend warmer April erlebt worden. Z. B. blühte in Meiershof der Faulbaum bereits am 15,27. April, die Frühkirſche am 16/28. und Apfelbäume und Birnbäume theilweiſe ſchon am 20. April /2. Mai; der Roggen hatte am 30. April 12. Mai voll- große Aehren entwickelt!! Dieſer abnorm warmen Witterung verdankten wir daher auch das abnorme Eintreffen des Sproſſers am 16/28. April und des Pirols am 30. April/ 12. Mai, welches ſich nach menſchlicher Berechnung ſobald nicht wiederholen dürfte. Dieſe Notirung erſchien mir hochintereſſant und werth, allen Freunden der lieben Vogelwelt ſpeciell mitgetheilt zu werden. Statiſtiſch werthvolles wird ſich erſt ergeben, wenn am Schluſſe dieſes Jahres alle Vogelzugs-Beobachtungsſtationen ihre Berichte eingeſandt haben werden. Abſonderliche Niſtplätze. Von Staats von Wacquant-Geozelles. Theil II. Zu meinen unlängſt veröffentlichten Mittheilungen über ſonderbare Stand— orte von Neſtern habe ich noch einige weitere hinzuzufügen. 1. Vor einigen Tagen unterſuchte ich auf Wunſch des Herrn Hofrath Pro— feſſor Dr. Liebe eine große Zahl Specht-Neſter. Unter dieſen befand ſich unter an— deren ein Neſt oder vielmehr die Höhle eines Buntſpechtes (Picus major J.), welche ſehr wunderbar war. Sie war in dieſem Jahre neu angelegt, und ſo viel Mühe dem Vogel das Zimmern des horizontalen Eingangs gemacht haben mochte, ſo leicht war ihm die Arbeit im Innern des Stammes. Er traf nämlich, ſowie er ſich in horizontaler Richtung genügend eingearbeitet hatte, auf eine große Höhlung im Innern des betreffenden Eichſtammes. Dieſe innere Höhlung war in der Nähe des Eingangsloches über einen halben Fuß weit, nach unten hin enger aber ſehr tief — faſt 2 Fuß — und erſtreckte ſich zu alledem auch noch vom Flugloche faſt 2 Fuß weit im Stamme aufwärts. Als ich mir oben vor dem Flugloche zu ſchaffen machte, flog mir der eine Alte dicht über dem Kopfe her, wobei er ein dem Tone der Turdus viseivorus ähnliches Schnarren ausſtieß. Wie ich deutlich hören und auch ſehen konnte, kletterten jetzt einige der Jungen im Innern des Stammes am Flugloche vorbei und ſtiegen in dem hien Hohlraume bis zur oben an— gegebenen Höhe aufwärts. 308 von Wacquant-Geozelles, 2. Im vorigen Jahre baute vor meinem Studirzimmer eine weiße Bach⸗ ſtelze (Motacilla alba, IL.) ihr Neſt in die buſchig- und verworren-gewachſene Spitze einer Tanne, zehn Meter hoch über dem Erdboden. Der Boden des Neſtes ſtand auf dichtem Gezweig, von oben aber war dasſelbe leicht ſichtbar, gegen Regen indeſſen geſchützt durch die wiederum verworren-gewachſene äußerſte Spitze jener Tanne. Einen anderweiten, ſonderbaren Standort des Neſtes einer weißen Bachſtelze fand ich vor einigen Jahren in der Ortſchaft Siebentrup b. Barntrup (Fürſtenthum Lippe⸗Detmold). Ich hörte dort das Gezirp junger Bachſtelzen, folgte den Tönen nach und fand zu meiner Verwunderung, daß das Neſt auf einem, an eine Eiche ge— lehnten, ſtark verkohlten und völlig geſchwärzten ſogenannten „Backe-Haken“ ) ſtand. Von oben und an den Seiten war das Neſt durch dünne, aus dem Stamme hervor- ſprießende Eichenzweige gedeckt. 3. Ebenfalls in einer Conifere, und zwar in einer etwa drei Meter hohen, nichtgeſchorenen Tannen-Hecke fand ich hier vor vielen Jahren das Neſt einer Ge— birgs⸗Bachſtelze (Motac. sulphurea, Bechst.). — Dasſelbe, äußerſt liederlich und umfangreich gebaut, ſtand ſehr gut verſteckt zwiſchen dichten, ſich deckenden Tannenzweigen, etwa 1 Meter weit vom Stamme und 1 Meter hoch vom Boden. Ein ſehr ſchönes Doppel-Neſt, nämlich das Neſt der Gebirgs-Bachſtelze oben auf der Haube des Neſtes eines Waſſer-Staars — Cinclus aquaticus — beſitzt der Herr Revierförſter Richter zu Aerzen. Hatte im letzteren Falle die Stelze ihr Neſt auf 900 unbewohnten Heim des Waſſer-Staars angelegt, ſo erhielt ich vor einigen Tagen zwei intereſſante Be- weiſe, wie nahe zuſammen zuweilen Vögel niſten, die im allgemeinen in dieſem Punkte gerade nicht ſehr friedfertiger Natur ſind. 4. Ein eifriger Vogelſchützer, Herr Budde in Hameln, theilt mir nämlich mit, daß ſich an ſeinem Haufe zwei Neſter der Schwarzdroſſel (Mer. vulg. Leach.) be⸗ fänden, „durch einen Gebäudevorſprung getrennt, aber nur etwa neun Schritte von einander entfernt“. 5. Haben ſich hier zwei zänkiſche, aber gleichartige Vögel in ein kleines Revier getheilt — wohl Dank der Pflege und des Schutzes, deſſen ſie dort ſeit langem ſich bewußt ſind — ſo wohnen hier bei mir zwei Vögel ſehr verſchiedener Art friedlich in einem und demſelben Reiſighaufen, nämlich ein Paar Braunellen (Acc. modu- laris L.) und ein Paar Weidenlaubvögel (Phyllopneuste rufa, Lath.) Letzterer füttert ſeine faſt flüggen Jungen der zweiten Brut, erſterer brütet; die Entfernung zwiſchen beiden Neſtern beträgt nur einen Meter; jede Vogelart benutzt einen beſon⸗ ) Hölzernes hakenförmiges Inſtrument; dient zum Herausziehen der Kohlen und Brode aus dem Backofen. | v. W Abſouderkiche Niſtplätze. IL. 309 deren Eingang in den Reiſighaufen; Zank und Streit herrſcht nicht unter ihnen, wohl Dank dem ruhigen, heimlichen, friedfertigen Weſen der Braunelle und — was will er auch machen, der zwar neckluſtige, aber winzige Geſelle, der Weidenlaub— ſänger?! — 6. Auch zu dem auf der Tagesordnung ſtehenden Brüten des Bluthänflings (Cannabina sanguinea, Landb.) kann ich einen Beitrag liefern. Dieſer Vogel baute hier im Steinbruch „Lünigsberg“ ſein Neſt an eine aus Moos und Stroh hergeſtellte Schutzſtätte. Keine hundert Schritte von dieſer Hütte befindet ſich ein Revier, wie es günſtiger für die Neſtanlage des Hänflings nicht gut gedacht werden kann! 7. Dompfaff (Pyrrhula europaea, Vieill. var. minor). — Hier im nächſten Walde, dem „Hauben“, ſteht mitten auf einem Kreuzwege eine ſehr dicht gewachſene, vier Meter hohe Fichte. Der an ihr von Oſten nach Weſten vorbei— führende Weg wird ziemlich ſtark begangen und befahren; der Weg von Süden nach Norden wurde im Sommer 1888 zufällig ſehr ſtark benutzt und zwar von Fuhr— werken, welche aus einem 20 Schritt von genanntem Kreuzungspunkte befindlichen Steinbruche Steine holten. — Den ganzen Tag Halloh und Peitſchengeknall; an zwei Seiten wurde die erwähnte Fichte durch die Räder ſtark mit Koth und Theer beſchmutzt — und dennoch baute gerade während dieſer unruhigen Zeit in jener Fichte ein Dompfaffen⸗Paar und zog die Jungen auch glücklich hoch. — Im Parke des Gutes Schönhagen dahier und ebenſo im Parke des Gutes Honeburg bei Osna— brück — beide grenzen an den Wald — fand ich je ein Neſt des Dompfaffen in nächſter Nähe ſtark begangener Wege. 8. Gallinago coelestis, Frenzel. — Durch die vielfachen Wieſen-Korrek— tionen iſt die Bekaſſine auch hier ſchon arg bedrängt und an weitaus den meiſten Stellen ſchon ganz verdrängt. Sie hält ſehr feſt an einem einmal liebgewonnenen Reviere und ſo lange ſie noch einige Quadratmeter Sumpf vorfindet, in welchem ſie brüten kann, bleibt ſie in ihrer altangeſtammten Wieſe. Ich kenne Stellen, an welchen ſie in früheren Jahren in 6 — 8 Paaren brütete und mit ihr 2 — 3 Paar Kiebitze; heute iſt der letztere dort ganz verſchwunden und die Bekaſſine oft nur noch in einem Paare vertreten. An einem dieſer Plätze war im Jahre 1887 die einzige ſumpfige Stelle, wo das Neſt des armen Vogels angelegt werden konnte, der Ausfluß einer Flachs— „Rotte⸗Grube“. Mitten in dem ſich hier bildenden, nur 4 Quadratmeter großem Sumpfterrain fand ich in der Nähe eines großen Steines ihr Neſt; dasſelbe wurde von Schweinen zerſtört. An einer anderen Stelle meckerten im Jahre 1886 zwei Männchen ſehr fleißig, in dem glücklich übriggebliebenen, kleinem Sumpfe ſtand aber nur ein Neſt. — Endlich zeigte mir der Beſitzer der uralten Pulvermühle bei . — Ei. 310 Frenzel, Vom Vogelmarkt. N N . Reher, Herr A. Loges, das Gelege des zweiten Paares und zwar in einem Gras⸗ büſchel auf dem erhöhten Rande eines Grabens unmittelbar an einem Fahrwege. Hier war von Sumpf nicht die Spur und konnte man vom Fahrwege aus das brütende Weibchen am Graben ſitzen ſehen. Viele Leute ſind daran vorbeigegangen und wurde das Neſt nur dadurch entdeckt, daß obengenannter Herr zufällig dicht daneben ſtehen blieb. Auch dieſes Neſt wurde zerſtört. 9. Schließlich möge noch der wirklich ſeltſame Standort eines Rothſchwanzueſtes (Kuticilla tithys, L.) — Kölner Stadtanzeiger, 2. Mai 1890 — Erwähnung finden. „Bedburg, 1. Mai. In der hieſigen Schule befindet ſich die Gips-Büſte des Kaiſers. Beim Tünchen der Wände iſt auf der Hinterſeite dieſer Büſte etwas abgebröckelt und ſo eine kleine Oeffnung entſtanden. In die Büſte hinein nun hat ein Rothſchwänzchenpaar ſein Neſt gebaut. Die ganze Büſte iſt mit feinen Haaren, Federn u. dgl. angefüllt. Die Vögel löſen meiſtens in der ſchulfreien Zeit einander im Brutgeſchäft ab. Die Kinder find ſchon ganz an die Thierchen gewöhnt und der betr. Lehrer ſoll nicht beſorgt ſein, daß der Unterricht geſtört werden könne.“ Sophienhof b. Grupenhagen, Juni 1890. Vom Vogelmarkt. Von Dr. Frenzel. Der diesjährige Vogelmarkt iſt recht dürftig. Dede und leer find die Annoncen— blätter. Kein Abrahams und Jamrach in London, keine Chriſtiane Hagenbeck in Hamburg, kein C. Reiche in Ahlfeld boten dieſes Frühjahr ihre langen Liſten fremd— ländiſcher Stubenvögel zur Auswahl den Glücklichen, die in die vollen Taſchen greifen und nach Luſt ſich auswählen können. | Ohne alle Seltenheiten find wir indeſſen doch nicht geblieben. C. Reiche em- pfiehlt einige Köpfe Honigſauger, Coereba eyanea. Dieſen Vogel nennt A. Brehm nach ſeinem heimischen Namen Sai. Die Honigſauger oder Zuckervögel werden während der Seereiſe mit einem Gemiſch von feingeſtoßenen ſüßen Mandeln, Zwieback, und Zucker gefüttert. Nach der Ankunft gehen ſie nur allzuleicht ein, weil ſie ſich ſchwer an ein anderes Futter gewöhnen. Indeſſen berichtet Dr. Ruß, daß im Ber⸗ liner Zoologiſchen Garten ſich ſeit Jahr und Tag zwei Männchen befinden, welche bei Miſchfutter mit Ameiſenpuppen und Möhren, nebſt hartgekochtem Ei und anderen Zugaben ſich gut erhalten. b Fräulein Hagenbeck führte wieder die ſeltenen weinrothen Aſtrilde und Pünktchen⸗ Aſtrilde ein. Ueber die weinrothen Aſtrilde berichtete ich ſchon in dieſem Jahrgange. Die Pünktchen-Aſtrilde find prächtige kleine rothe Finken, und das Männchen ſingt ſogar recht hübſch. Jetzt bieten auch H. Fockelmann in Hamburg und G. Voß in Kleinere Mittheilungen. 311 Köln dieſe Vögel aus. Rohleder in Leipzig-Gohlis verkauft Frau Goulds Aman— dinen, ohne jeden Tadel, zu 50 % das Paar; alſo gehen auch dieſe ſchönen Vögel immer mehr im Preiſe herab. Letzterer verkauft ferner zu ſehr billigem Preiſe die beliebten und unschwer niſtenden grauköpfigen Zwergpapageien (Psittacula cana), nämlich zu 6 % das Paar. Rohleder ſendet ſeinen Abnehmern ſicher auch richtige Paare, bei Ps. cana hat nur das Männchen grauen, das Weibchen aber grünen Kopf. Ebenſo bietet Rohleder Kronfinken, das Paar zu 117% aus. Hiermit iſt jedenfalls der hellgraue Kronfink (Coryphospingus pileatus) gemeint. Früher zahlte man 30 / für das Paar, doch finde ich den heutigen billigen Preis dem Vogel entſprechender. Ausdauernd ſind dieſe Vögel! In meiner Vogelſtube machen ſich noch die vor ſechs Jahren gekauften theuren Vögel breit, aber fingen hört man ſie nicht und geniſtet haben ſie noch weniger; einzig nur die ſchöne feuerrothe Krone auf dem Kopfe des Männchens kann die Vögel auszeichnen und begehrenswerth er— ſcheinen laſſen. H. Fockelmann empfiehlt ferner rothköpfige Amandinen, Aurora-Aſtrilde, Ta— taupa, Bayaweber, braunköpfige Ammern, Jacarinifinken. G. Voß verkauft gleichfalls Aurora ⸗Aſtrilde und ſchwarzbäckige Aſtrilde. Der ſchwarzbäckige Aſtrild iſt äußerſt ſelten eingeführt worden; eine Abbildung dieſes Vogels enthält Ruß' Prachtwerk, Bd. 1. Ebenſo ſelten als der ſchwarzköpfige Aſtrild iſt auch die rothköpfige Amandine. Von dieſen Seltenheiten, wie Pünktchen-Aſtrild, Schwarzbäckchen, Rothkopf-Amandine, iſt noch keine Art gezüchtet worden, während weinrother Aſtrild und Aurora-Aſtrild ſchon ihre Meiſter gefunden haben. Bei ſo heiklen Vögeln wie die Honigſauger es ſind, iſt an eine Züchtung gar nicht zu denken. Kleinere Mittheilungen. Ueber ein beſonderes Verhalten vom Segler (Cypselus apus) geſtatte ich mir zu berichten. — Sonntag den 6. Juli wurde ich darauf aufmerkſam, daß die an unſerem Hauſe niſtenden Segler, die ſich bis dahin ſehr bemerklich gemacht hatten, verſchwunden waren. Ich beobachtete nun genauer und fand, daß ſich überhaupt nur noch ganz wenige Segler hier zeigten. Den ganzen Tag über bemerkte ich kaum 10 — 12. Nun bleibt ja bei ſchlechtem Wetter — und ſchlechtes Wetter hatten wir an jenem Sonntage, wie ſchon längere Zeit vorher — der Segler wohl Stunden lang in ſeinem Neſte, bezw. in ſonſtigen Schlupfwinkeln verborgen; als aber auch an den folgenden Tagen ſich nur die wenigen einzelnen Segler zeigten, mußte ich annehmen, daß, durch das andauernd ſchlechte Wetter veranlaßt, die Hauptmenge derſelben mit den ſchon flüggen Jungen nach Süden abgezogen und nur die zurückgeblieben wären, 312 Kleinere Mittheilungen. welche noch Junge zu verjorgen hatten. Ich wurde in dieſer Annahme beſtärkt durch die Beobachtung, daß ſich auch an der Fulda, an Teichen oder ſonſtigen Oertlichkeiten in der Nähe Caſſels, an die ſie ſich etwa der reichlicheren Nahrung halber hätten ziehen können, keine zeigten. Als am 10. wieder eine Anzahl erſchien, glaubte ich natürlich, es wären Durchwanderer aus dem Norden, zumal da ſie ſich meist ſehr hoch hielten. Aber am 12. und 13. Juli kam mit dem beſſer werdenden Wetter auch Cyps. wieder in größerer Zahl, und heute, da ich dies ſchreibe, am 15., iſt bei herrlichem Sonnenſchein wieder die gewöhnliche Menge da, und zwar ſind es offenbar nicht fremde, ſondern die hier wohnenden, denn ſie benehmen ſich ganz, als wären ſie zu Hauſe. Wie ſonſt, fliegen ſie in kleinen Schaaren mit gellendem Geſchrei um die Häuſer und in den inneren Höfen umher, wie ſonſt verſchwindet hier und da einer unter dem Dache und bleibt, wohl um auszuruhen, minutenlang dort verborgen; kurz, es ſcheinen durchaus die hier heimiſchen zu ſein. Wo haben ſie ſich aber in der Zeit vom 7. bis 13. Juli aufgehalten? Zunächſt könnte man allerdings ver- muthen, daß die Segler wirklich ſo lange in ihren Verſtecken geblieben ſind. Ich fand nämlich in früheren Aufzeichnungen aus den Jahren 1883 und 1885 die Be— merkung, das Cyps. auch damals je 3 bis 4 Tage vollſtändig verſchwunden geweſen iſt. Sodann ſprach ich geſtern den hieſigen Präparator, Herrn Beckmann, einen tüchtigen Beobachter; er war der Anſicht, daß die Segler bei ſehr ſchlechtem Wetter nicht nur Stunden, ſondern mehrere Tage lang in ihren Schlupfwinkeln im Zu⸗ ſtande halber Erſtarrung blieben. Er ſelbſt habe welche in ſolchem Zuſtande gefunden beim Abbruche eines Hauſes, wo ſie in Menge unter Sparren und Ziegeln verborgen wie todt gelegen hätten, dann aber wieder aufgelebt ſeien. Nun ſind nach meinem Berichte die Segler am 7. Juli faſt vollſtändig verſchwunden geweſen, am 10. ſind wieder eine Anzahl erſchienen und vom 12. an nach und nach die gewöhnliche Menge, ſodaß es wohl möglich wäre, daß der einzelne Vogel nicht länger als 3—4 Tage in ſeinem Verſtecke zugebracht hat. Dem ſteht aber entgegen, daß die Temperatur damals nicht exceſſive niedrig war, daß die Segler beim Aufhören des Regens allmählich wieder erſchienen, und vor allem, daß ſo heißblütige, an raſcheſte und ausdauernd anſtrengende Bewegung, alſo auch an raſchen Stoffwechſel gewöhnte Thiere nicht fo lange ohne Nahrung bleiben können. Auch die Herren Walter und Ochs glaubten nur ein höchſtens ſtundenlanges Verbergen und Ruhen im ſichern Verſteck annehmen zu können. — Ich komme daher auf meine oben angedeutete Erklärung zurück, daß diejenigen Segler, deren Junge ſchon ausgeflogen oder vorher verunglückt waren, während der Regenzeit ausgewandert und dann beim Eintritt beſſern Wetters wieder zurückgekehrt waren. Bei der außerordentlichen Flugfähigkeit dieſer Vögel macht ihnen ja eine ſolche kleine Wanderung keine Beſchwerde. Caſſel. K. Junghans. Kleinere Mittheilungen. 313 Zu Vorſtehendem geſtatte ich mir noch Folgendes zu bemerken: — Ich habe dieſelben Beobachtungen zu wiederholten Malen gemacht. Nur möchte ich den Zuſtand, in welchen die Segler dabei verfallen reſp. zu verfallen ſcheinen, nicht mit dem Ausdruck Erſtarrung bezeichnen. Es iſt vielmehr ein Zuſtand der durch das Bewußtſein der Hilfloſigkeit gehemmten Beweglichkeit, der die Thiere überkommt, wenn man ſie aus dem Verſteck nimmt. Sie liegen hilflos und wie ſteif auf der Hand oder dem Tiſch. Sobald man ſie wieder in ihren Kaſten (Staarkübel) reſp. Verſteck hinein— praktizirt, kriechen ſie ſofort eifrigſt wieder unter einander, um ſich gut zu bergen. Iſt ein Segler zur Erde gekommen, wo man ihn ja aufnehmen kann, macht er es ebenſo, ſo lange man ihn in der Hand oder in der Stube hat; ſobald man ihn aber ein Stock hoch aus dem Fenſter fallen läßt, faßt er mit den langen Flügeln Luft und ſegelt luſtig weiter als ob nichts vorgefallen wäre. Uebrigens gehen die Segler bei anhaltendem Regenwetter oft außerordentlich hoch hinauf in die höheren, wärmeren, Inſekten führenden Luftſchichten und jagen da. Bei feinem Gehör kann man ſie dabei noch ſchwach hören. Dann kehren ſie ſpät am Abend lautlos, pfeilſchnell abwärts fliegend, direkt in ihre Schlupfwinkel zurück, ſodaß ſich auf dieſe Art ihre Heimkehr leicht der Beobachtung entzieht. K. Th. Liebe. Dreizehenſpecht. „Wie von Dr. Parrot ſchon mitgetheilt wurde, befindet ſich z. Z. bei dem hieſigen Präparator Henſeler ein Dreizehenſpecht (Pie. tridae- tylus) &. Auf Anfrage erhielt ich vom Sender des Vogels aus Siegsdorf bei Traunſtein, Oberbayern, die Nachricht, daß der Vogel am 14. Juni auf dem Sulz— berg oder Zinnkopf, einem nicht allzuhohen Vorberge unweit Siegsdorf, erlegt worden ſei.“ München. A. Graf von Geldern. Picus tridactylus im Steigerwald. Im Herbſt 1883 theilte mir mein älterer Bruder Otto in unſerer früheren Heimath Caſtell (an der unterfränkiſch— mittelfränkiſchen Grenze gelegen) eines Tages mit, er habe ſoeben im Hausgarten, welcher durch Gärten mit dem nahen Walde in Verbindung ſtand, einen Specht mit deutlich gelbem Oberkopf beobachtet; er habe ihn leider in der Erregung mit dem Zimmerſtutzen gefehlt. Eine Täuſchung war ausgeſchloſſen, da mein Bruder ſehr gute Augen hat und nicht an Farbenblindheit leidet; es gelang ihm zudem, ziemlich nahe heranzukommen. Ich ſagte ſogleich, es könne nur der dreizehige Specht ge— weſen ſein. — Kürzlich nun fiel mir die Sache wieder ein. Ich hatte inzwiſchen geleſen, daß die Beobachtung gar nicht ſo vereinzelt daſteht (was ich damals nicht wußte); P. tridactylus iſt auch ſchon in den ſchleſiſchen Mittelgebirgen, in der Ober— pfalz und im Böhmerwald erlegt worden. Ich bat meinen Bruder nochmals brieflich um nähere Details; er konnte mir nur ſeine damalige Wahrnehmung wiederholen. 314 Kleinere Mittheilungen. Zu meiner Ueberraſchung leſe ich jetzt erſt in Jäckels „Materialien zur bayeriſchen Ornithologie, 1849“, daß ein ſolcher Specht auch bei Ebrach im Ste dae ge⸗ ſchoſſen worden ſei. München, im Juli 1890. 6 Parrot. Kürzlich ſah ich eine Rabenkrähe (Corvus corone L.) an einem ſeichten Bache ſitzen, welche von einer zweiten Krähe derſelben Art einer Beute wegen arg befehdet wurde. Ich ſtand oben über ihnen am Rande eines Steinbruches, warf einen Stein nach ihnen und verſcheuchte ſie dadurch. Unten angekommen, fand ich einen finger— langen, friſch getödteten Krebs. — Schon öfter fand ich in jenem öden und unfrucht— baren Reviere an und auf ſteinigen Gehängen, die wohl kaum von Menſchen betreten werden, Reſte von Krebſen, ohne mir deren Dorthinkommen erklären zu können. — N. B. Die Krebſe ſitzen nicht immer während des Tages in Höhlungen am Ufer oder unter Er man Steht ſie auch zuweilen im Waſſer und an Steinen.“) — Der oben erwähnte Krebs befand ſich unmittelbar vor der Häutung: ich konnte mit Leichtigkeit den Rückenpanzer abheben. Staats von Wacquant-Geozelles. In der Zeitſchrift meines Heimathlandes „Land and Water“ finde ich folgende mittheilenswerthe Notiz: „31. März 1890. Eigenthümlicher Niſtplatz einer Kohlmeiſe. Zwei Jahre hintereinander hat eine Meiſe ein Neſt in das Brief— käſtchen des Ellesmeerer Armenhauſes gebaut und zieht eine Familie von ſieben auf. Sie ſcheint durch das Herausnehmen der Briefe durchaus nicht geſtört zu werden.“ Bemerken will ich noch, daß unſere engliſchen Briefkaſten nur vorn einen „Einwurf“ haben und daß das Meiſenneſt ſich im Innern des Kaſtens auf einem Vorſprunge befunden haben wird. Stacy, Frampton Stallard. — Bei Wiesbaden am ſogenannten „Militairſchießſtand“ zwiſchen der Emſer und Schwalbacher Straße niſtete ein Pärchen Turteltauben faſt unmittelbar neben den Plätzen, von denen aus die Soldaten nach den Scheiben ſchoſſen, ohne ſich durch den Lärm der Schüſſe, das Sprechen, die Kommandorufe u. ſ. w. im geringſten ſtören zu laſſen. Der Tauber gurrte ſogar auf einem Baume, etwa 25 Schritt von jener Stelle entfernt, während des Schießens fleißig ſeine Strophe. K. Th. Liebe. *) Die kleineren Krebſe von 1 bis 1½ Zoll Länge ſpazieren vorzugsweiſe gern bei hellem Tageslicht außerhalb ihrer Verſtecke umher; die junge Brut thut es in ganz flachem Waſſer auch oft, zumal an ſchwülen Tagen. Die großen alten Krebſe thun es am ſeltenſten. Wenn die Thiere krank ſind, gehen ſie bei Tage ebenfalls gern ins freie Waſſer, — auch die großen. Als die Krebs— peſt die Beſtände Oſtthüringens verwüſtete, zogen die kranken Thiere in Mengen aus dem tiefen Waſſer hinaus in die ſeichten Partien, namentlich auch gern in die zur Wieſenbewäſſerung ab⸗ geleiteten ſeichten künſtlichen Gräben, um dort noch wenige Tage ohne Deckung zu liegen und dann zu verenden. — So gern ſonſt die Krähen Krebſe und Süßwaſſermuſcheln verzehren, in dieſem Falle verſchmähten ſie die Koſt, — wohl eher wegen Ueberſättigung, als aus Widerwillen gegen die krankhaft entarteten Thiere. K. Th. Liebe. en Kleinere Mittheilungen. 315 Mit großem Intereſſe haben wir in einer der letzten Nummern der Monats- ſchrift Mittheilungen über eigenthümliche Niſtplätze der Rothſchwänzchen geleſen. Wir haben etwas beobachtet, was wohl auch erwähnenswerth ſein dürfte. Im Hofe des Gymnaſiums zu Jena niſtete ein Hausrothſchwänzchen in der Glocke“), an welcher täglich die Frühſtückspauſen abgeläutet werden, brütete ſeine Jungen auch aus und zog ſie glücklich auf. Das Thierchen ließ ſich nicht dadurch beirren, daß faſt ſämmtliche Schüler täglich am Neſt vorübergingen. — Ebenſo brütete in der Halle des ſehr beſuchten Wirthshauſes zum Forſt bei Jena ein Pärchen Baumläufer hinter einem Plakat und brachte ſeine Jungen auch auf. Der „ornithologiſche Verein“ am Gymnaſium zu Jena. Elſter und Maus. In Hoimhauſen war auf einer Wieſe eine Katze mit Mäuſefangen beſchäftigt, als ſich eine Elſter unweit derſelben niederließ und, ſowie die Katze die Maus in glücklichem Sprunge erhaſcht hatte, ſich mit aller Kraft auf die Katze ſtürzte und ihr durch Hiebe auf den Kopf die Beute abjagen wollte. Doch die Katze machte ſich mit ihrem Raube ſchnell aus dem Staube. — Am nächſten Tage ſah ich das nämliche Schauſpiel, nur an Stelle der Elſter waren hier 3 Raben die Angreifer. A. Graf Geldern. In Brehms Thierleben leſe ich bei der Beſchreibung des Wendehals (Jynx torquilla L.): — — „Seine Kletterfüße dienen ihm nur zum Anklammern; zum Steigen ſcheinen ſie unbrauchbar zu ſein.“ — Ich habe den Vogel genau auf dieſen Punkt hin beobachtet und habe geſehen, daß er ſeine „Kletterfüße“ in ſeltenen Fällen ganz gut zu benutzen weiß. An ganz glatten Stämmen wird er ſich wohl nicht auf— wärts bewegen können, dazu fehlt ihm vor allem der zur Stütze ſo wundervoll ge— baute Spechtſchwanz, an rauhen Bäumen aber ſah ich ihn klettern. Ich habe ge— ſehen, wie er aus dem Riß in der Rinde eines Weidenſtammes — kletternd — Ameiſen fing, und erſt kürzlich ſah ich wieder, wie ein ſolcher Vogel an einem Birn— baume hinaufkletterte und eine Höhlung auf ihre Niſtbrauchbarkeit unterſuchte. Ich bemerke, daß dies nicht etwa ein „Hinaufhaſpeln“ war, wie man es bei Staaren, Sperlingen, Meiſen und allen möglichen ſonſtigen Vögeln wohl einmal ſehen kann, wenn ſie Nahrung oder Niſtlöcher ſuchen, ſondern daß ſich der Wende— hals durchaus als Klettervogel dabei benimmt, alſo ſprungweiſe aufwärts klimmt und dabei genau die kräftige, würdevolle Haltung des Grünſpechtes (Gee. virid. L.) einnimmt. Aber die ungewohnte Sache macht ihm viel Mühe und mehr wie ſechs kurze Sprünge vermag er nicht auszuführen; auch würde ſein weicher ) Die Glocke iſt flachhalbkugelig, an einem Thürgewände jo angebracht, das ihre Axe horizontal liegt und der Rand dem Gewände parallel läuft, und liegt feſt, ſodaß ſie beim Läuten nicht geſchüttelt, ſondern von einem federnden Hämmerchen geſchlagen wird. 316 Litterariſches. — Anzeigen. Schwanz ſehr leiden, wenn er nicht nur ausnahmsweiſe einmal kletterte. An ſenk⸗ rechten, rauhen Stämmen ſitzend, ſtößt er auch in ſeltenen Fällen feinen Ruf aus. Staats von Wacquant-Geozelles. Litterariſches. von Tſchuſi zu Schmidhoffen, Das Steppenhuhn (Syrrhaptes paradoxus Pall.) in Oeſterreich-Alngarn. Eine ornithologiſche Studie. Mit einer Karte. Graz 1890. Sep.-Abdr. aus Mittheilungen des naturwiſſenſchaftlichen Vereins zu Steiermark 1889. 100 S. Nur vorläufig weiſen wir auf diese äußerſt fleißige und gründliche Arbeit Hide in welcher alle bisher bekannt gewordenen Fälle des Vorkommens des Steppenhuhns in der öſterreichiſchen Monarchie zuſammengeſtellt ſind. Bei jedem Lande werden alle Daten (auch die der früheren Züge) regiſtrirt, ſodann chronologiſch und in einer Tabelle überſichtlich gegeben. In den Schlußbemerkungen folgt eine allgemeine Ueberſicht der bisherigen Züge und ſpeciell des 1888/89 er; die Zugrichtung, Zugdauer, das Ueber— wintern und die Zahl der beobachteten, erlegten und verunglückten Exemplare werden eingehend betrachtet. Bemerkungen über das Benehmen, die Fortpflanzung und andere biologiſche Momente bilden den Schluß. Eine Karte, auf welcher alle Plätze einge- tragen ſind, an denen das Steppenhuhn zur Beobachtung gelangte, iſt für das Ver— ſtändniß der eigenartigen Zugtheilung, welche in Oeſterreich ſtattfand, von beſonderem Werthe. Wir kommen in unſerer III. (Schluß-) Revue über die Steppenhuhn⸗Litteratur in dieſen Blättern auf die werthvolle Arbeit zurück. Leverkühn. Berichtigung. In Nr. 8 d. Jahrg. unferg Ornith. Monatsſchrift auf S. 221, Z. 9 v. u. muß es nach dem Manuffript heißen: „Die Schäfte der beiden erſten Handſchwingen weiß, die Spitzen ſchwarz.“ Ich bitte durch Einfügung der betreffenden Worte dieſe Stelle zu berichtigen. O. von Rieſenthal. Anzeigen. Abzugeben: ein geſundes, zwei Jahre altes, vorzüglich ſchön und nicht zu laut ſingendes Männchen der Singdroſſel (T. musicus), eigener Züchtung, nebſt Weibchen für 6 Mark. Gera. K. Th. Liebe. Habe abzugeben: 2 lebende, junge, vollſtändig ausgewachſene Hühnerhabicht— weibchen (Astur palumbarius) und desgleichen 1 Mäuſebuſſard (Buteo vulgaris). Pro Stück fl. 3,50, excluſive Verſandtkoſten. Otto Koller, Lehrer, dz. in Ottnang, P. Manning (Ober⸗ Oeſterr.) def reine, ON net thür. Waldameiſeneier a Liter 85 9, I. ſtaubfreie 1890er gedörrte „ Pr à Liter 75 4. und ½ Kilo 1 75 0. empfehle in bekannter ſchöner Waare. Querfurt i. Thür. O. Toepelmann. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. 888 wa m Em = . mms IT e d ESS h Sl Il", an N I] IN 10 I en Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von . den es & ; N 2 . danten d. Ver. Meld t3= e von 7 Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe ın Gera, ten. N es = Ane er und erhalten dafür die Monats- zweitem Vorſitzenden des Vereins, ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ - ine 5 Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Str.⸗Inſp. Thiele. e XV. Jahrgang. Auguſt 1890 (zweite Lieferung). Nr. 12. Inhalt: An die geehrten Vereinsmitglieder. Bericht über die Monatsverſammlung in Halberſtadt am 28. Juni 1890. — K. Th. Liebe: Zum Anpaſſungsvermögen des Sumpfſängers (Acrocephalus palustris). Ewald Ziemer; Ornithologiſche Beobachtungen: 9. Gallinula por- zana Linn. Heinrich Krüger: Ein Morgen auf dem Sasper See. Jul. Moesmang: Verhalten verſchiedener Vögel gegenüber der Nonne (Liparis monacha). Baurath Pietſch: Brief⸗ ſchwalben. Dr. Ernſt Schäff: Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Gartens. V. A. Fren: zel: Aus meiner Vogelſtube: Nachtrag zu 42. der Katharinaſittich. Dr. T. Knauer: Die Drill: ſaat und die Feldtauben. — Kleinere Mittheilungen: Sonderbare Niſtplätze. Niſtplatz einer Rauchſchwalbe. Thurmfalke als Fiſcher. Staare. Umkommen von Singvögeln und Sperlingen durch ſchweres Regenwetter. — Litterariſches. — Anzeigen. An die geehrten Vereinsmitglieder. Als von Köln die Aufforderung zur Betheiligung an der dort zu veranſtaltenden „Landwirthſchaftlichen Jubiläumsausſtellung“ erging, hielten wir es für angezeigt, das von unſerem Verein herausgegebene große Vogelbild, ſowie einige Jahrgänge 23 318 Monatsverſammlung in Halberftadt. unserer Monatsſchrift auszuſtellen. Zu unferer großen Genugthuung ift dem Verein ein Preis zuerkannt worden, und theilen wir das Anſchreiben der Ausſtellungsleitung in Folgendem mit: | Hiermit machen wir Ihnen die ergebene Mittheilung, daß Ihnen das Preisrichterkollegium für Ihre Ausſtellung in Abtheilung XVI Gruppe 56 eine bronzene Medaille mit der Begründung „Verdienſtliche Leiſtungen“ zu⸗ erkannt hat. Der Vorſtand. Monatsverſammlung in Halberſtadt am 28. Juni 1890. Es hatten ſich zu dieſer Verſammlung an Vorſtandsmitgliedern der Herr Vor⸗ ſitzende, Forſtmeiſter von Wangelin aus Merſeburg, der Herr Baurath Pietſch aus Torgau, ſowie der unterzeichnete Schriftführer aus Leipzig eingefunden. Die⸗ ſelben beſchauten ſich Nachmittags die architectoniſch intereſſanten Bauwerke, inſonder⸗ heit den herrlichen Dom, um dann gemeinſchaftlich nach dem Saale des Stadtparkes zu wandern, in welchem die Verſammlung, Dank der Thätigkeit des Herrn Lehrers Wagenführ, der beſondere und öffentliche Einladungen erlaſſen hatte, recht zahl- reich beſucht, von dem Herrn Vereinsvorſitzenden in gewohnter Weiſe eröffnet wurde. Der gegen Abend erſt eingetroffene Herr Profeſſor Dr. Blaſius aus Braunſchweig hielt hiernächſt den Vortrag über die „Vogelwarte auf Helgoland“. Zunächſt ge— dachte er des Umſtandes, daß wir uns auf klaſſiſchem Boden in Bezug auf die Ornithologie befänden, weil in Halberſtadt ſich die großartige weltberühmte Samm⸗ lung von Vögeln des Herrn Oberamtmanns Heine, das Museum Heineanum, be- fände, das Vögel aller Länder in reichſter Zahl und in vortrefflichſten Exemplaren enthielte. Hierauf ging er auf Ornithologen anderer Art über, die draußen das Treiben und Thun der Vögel beobachten. Nachdem er dann die Bedeutung der Inſel Helgoland überhaupt, deren Name gegenwärtig in Aller Munde iſt, geſchildert, knüpfte er hieran die Darſtellung der hohen Bedeutung dieſes Eilandes für die Vogelwelt. Dieſelbe iſt erſt dadurch zur Geltung gekommen, daß ein trefflicher Beobachter und Kenner der Vögel und vor Allem des Vogellebens und des Vogelzuges auf Helgo— land ſich der eingehendſten Forſchung hingiebt, nämlich Heinrich Gaetke, ein ge— borner Pritzwalker, der, jetzt im 77. Lebensjahre ſtehend, auf eine reich geſegnete Thätigkeit als Ornithologe zurückblicken kann und noch eifrig und unverdroſſen am Werke iſt. Schon in der Jugend zeigte Gaetke großes Intereſſe für die Thierwelt und Anlage zur Malerei. Die wichtigſten ornithologiſchen Werke ſtudirte er und jetzt ſteht er ſeit Langem in Verbindung mit allen Ornithologen des Feſtlandes. Seine Sammlung gilt als die intereſſanteſte zwiſchen Paris und Petersburg. Da Monatsverſammlung in Halberſtadt. 319 die von ihm mitgetheilten Beobachtungsreſultate ſich vielfach von den bis dahin geltenden Anſichten bedeutend unterſchieden, jo wurde ihre Richtigkeit vielfach an- gezweifelt; erſt eine vom Vater des Herrn Vortragenden herausgegebene Schrift be— ſeitigte alle Zweifel. Seit der Zeit iſt Helgoland das Mekka aller Ornithologen. Während ſonſt auf einer gleich großen Fläche wie Helgoland etwa 200— 250 Arten Vögel vorkommen, hat Gaetke daſelbſt 396 Arten feſtgeſtellt, unter denen aber nur 5 ſind, die dort brüten, d. i.: die Lumme, der Tordalk, der Sperling, die Mehl- ſchwalbe und der Staar. Letzterer hält ſich merkwürdiger Weiſe nur im Unterland auf. Die Lumme iſt ein Waſſervogel, der ſonſt auch an der engliſchen und der nor— wegiſchen Küſte, ſowie in Island vorkommt. (Von ihm wie von einer großen An— zahl intereſſanter und ſchöner Vögel lagen ausgeſtopfte Exemplare zur Beſichtigung aus.) Die übrigen auf Helgoland feſtgeſtellten Arten ſind Zugvögel von allen Theilen der Erde. So erſcheinen aus Amerika allein 15 Arten. Im Januar beginnt der Hinzug, Mitte Juni der Rückzug. Der erſtere wird eingeleitet durch die Lummen, der letztere durch die Staare. Man muß zwei Arten der Züge unterſcheiden, der eine geht von Oſt nach Weſt, der andere von Nord nach Süd, und zwar beide in bedeutender Höhe. Schon Humboldt ſchätzt dieſelbe beim Sperber auf 10,000, bei den Schnepfen auf 8— 10,000, beim Condor ſogar auf 30,000 Fuß. Von der Schnelligkeit des Fluges wußte man, daß der Jagdfalke, um ein Beiſpiel anzuführen, 24 Stunden gebraucht, um von Fontainebleau nach Malta zu fliegen, alſo etwa 9 geographiſche Meilen in der Stunde; die Brieftaube dagegen legt 25 Meilen in einer Stunde zurück. Gaetke hat feſtgeſtellt, daß die Nebelkrähe in einer Stunde 27, das Blau- kehlchen 45, der Strandläufer 50, der virginiſche Regenpfeifer 56 geographiſche Meilen zurücklegen. Dieſe ungeheure Schnelligkeit hat ihren Grund ſowohl im Bau und der Ernährung des Vogels, als auch in der Leichtigkeit und Trockenheit der Luft in den oberen Regionen. Bei Nebel, Thau und Reif findet kein Zug ſtatt; die Vögel laſſen ſich unterwegs nieder, daher z. B. der beſonders ergiebige Droſſelfang bei ſolchem Wetter in unſeren Gegenden. Bei Wetterleuchten und Gewitter wird ebenfalls der Zug unterbrochen. Den Herbſtzug eröffnen die jungen Vögel, 8 Wochen danach folgen die alten, die ſchönſten alten Männchen beſchließen den Zug. Es rührt dies von der Mauſer her, welche die Alten durchzumachen haben, wenn die Jungen bereits flügge ſind. Im Frühjahrszuge geht es umgekehrt. Auch Irrgäſte, die keinem der Züge angehören, kommen vor. In Helgoland wachſen etwa 100 Pflanzen, die aus Gegenden des Mittelmeeres ſtammen; ſie können nicht wohl auf andere Weiſe dahin gekommen ſein, als durch die Zugvögel. Schon dadurch, daß die Samen in keimfähigem Zuſtande dort an— kommen, wird die Schnelligkeit des Vogelfluges bewieſen. Bei dieſer Gelegenheit hat 23 * 320 Monatsverſammlung in Halberſtadt. man unter anderem auch gefunden, daß der Vogel 15 Stunden ununterbrochen fliegen kann, z. B. von Newfoundland nach Irland, eine Reiſe, die die Krähe ſchon in 14½ Stunden zurücklegt. Die Veröffentlichung der Geſammtreſultate der Gaetke'ſchen Forſchungen er⸗ wartet man ſchon ſeit Jahren; jetzt endlich ſoll damit vorgegangen werden. Zum Schluß wünſcht der Vortrageude, daß der rüſtige alte Herr das Erſcheinen derſelben im Druck noch erleben möchte. Nach dem allſeitig mit reichem Beifall ausgezeichneten Vortrage verlieſt der Herr Vorſitzende den Entwurf einer telegraphiſchen Begrüßung Gaetke's, der all⸗ gemeine Zuſtimmung findet. Der ſogleich abgeſandte Gruß lautete: | „Nach Blaſius' Vortrage jendet herzliche Grüße und Glückwünſche dem würdigen Ornithologen der D. V. z. Sch. d. V.“ Er fand freundliche Erwiderung, welche wir gleich hier einfügen wollen: „Wärmſten Dank für freundliches Gedenken und Gruß an alle lieben Vogel⸗ freunde vom Wächter der Vogelwarte Helgoland.“ Nach kurzer Pauſe ergreift Paſtor Allihn aus Athenſtedt das Wort zu ſeinem Vortrage: „Ueber Vogelſchutz.“ Er führte etwa folgendes aus: „Ich befinde mich in einem ſcheinbaren Gegenſatze zu meinem Vorredner und dem, der nach mir reden wird; ſie ſchießen die Vögel todt, ich will ſie ſchützen. Der Gegenſatz iſt eben nur ſcheinbar, weil man das, was man ſchützen will, erſt gründlich kennen lernen muß, und dieſe Bekanntſchaft vermitteln die Ornithologen. Die Vögel ſind die Poliziſten der Inſektenwelt, ſie ſind überall vertheilt in Wald und Feld, in Baum und Strauch, in Waſſer und Sumpf: die Inſekten haben eine ganz enorme Vermehrung, der durch die Vögel, die von Natur Freſſer ſind, ein Ziel geſetzt wird, ſonſt würden ſie uns unendlichen Schaden zufügen. Aber nicht nur den Nutzen, ſondern auch die Schönheit (Geſang) müſſen wir im Auge behalten. Der Vogel⸗ ſchutz iſt ein negativer und ein pofitiver. Dem erſteren dienen die Vogelſchutzgeſetze, doch ſoll die Aufſicht über die Ausführung derſelben nicht in den Händen des Land⸗ rates und des Gensdarmen liegen, ſondern Vereine, die Verſtändnis von der Sache haben, ſollen ſie in die Hand nehmen, ſie ſollen gut machen, was andere Völker in dieſer Beziehung ſchlecht machen. Leider reicht das Geſetz nur bis an die Landes⸗ grenze, in Italien iſt es ein gedankenloſer Sport, die kleinen Vögel zu fangen, in Frankreich tödtet man ſie maſſenhaft durch elektriſche Drähte. Die romaniſchen Völker haben überhaupt für das Thier kein Herz. Aber die Vögel haben außer dem Menſchen noch andere Feinde: Sperber, Krähe und insbeſondere die Katze. Die Exiſtenz der Katze hat nur wenig Berechtigung, darum ſoll man ſie ausrotten, wenn das auch mancher alten Jungfer nicht lieb ſein ſollte. Telegraphendrähte, ſcharf geſchnittene Böſchungen ſind ebenfalls Feinde der Monatsverſammlung in Halberſtadt. 321 Vogelwelt, auch iſt ihr die unzeitige Abfuhr der Holzklaftern, in denen ſie vielfach niſten, oft verderblich. Mit den Böſchungen und Holzklaftern ſind wir ſchou auf das Gebiet des poſitiven Schutzes gekommen, der darin beſteht, daß wir den Vögeln Lebens⸗ und Niſtverhältniſſe bieten. Die Separation iſt theilweis ſchuld an dem Schaden, den die Inſekten den Feldern bereiten: — überhaupt: „Je größer die Ordnung, deſto ſchlimmer für die Vögel.“ Hecken im Felde, alte Bäume im Walde, die den Vögeln das Niſten ermöglichen, werden heutzutage bei der überall eingeführten raffinirten Bewirthſchaftung nicht mehr geduldet. Es empfiehlt ſich, die Eiſenbahnböſchungen zu bepflanzen mit Weißdorn⸗ und Stachelbeerſträuchern, auch etwa durch Herausnahme einiger Steine aus den Gartenmauern Brutgelegenheit zu ſchaffen, Futterplätze zu errichten u. ſ. f. Außer gutem Willen gehört zum Vogelſchutz auch Verſtändniß, Kenntniß der Lebensbedingungen des Vogels, und dieſe wird vermittelt durch wiſſen— ſchaftliche Vorträge und vor allem durch die vom Verein ausgegebene Monatsſchrift.“ An den ebenſo intereſſanten wie unterhaltenden Vortrag ſchloß ſich eine leb— hafte Debatte, an der ſich namentlich die Herren Profeſſor Blaſius, Baurath Pietſch Rund der unterzeichnete Schriftführer betheiligten. So nimmt letzterer die Italiener inſofern etwas in Schutz, als dieſelben die Vögel tödten, weil ſie ihnen Schaden zufügen, denn unſere Inſektenfreſſer ſind bei ihnen auch Feigenfreſſer. Man ſolle doch auch hierorts den Droſſelfang und das Lerchenſtreichen bekämpfen. Herr Profeſſor Blaſius erklärt ſich im Allgemeinen mit den Ausführungen des Herrn Paſtor Allihn einverſtanden. In Bezug auf den Geſchmack der kleinen Vögel iſt er anderer Meinung; er weiß von italieniſchen Forſchern, daß ſie eine Delikateſſe ſind. Auch bei uns wird man nicht aufhören, Droſſeln und Lerchen zu fangen, darum ſetzt Redner ſeine Hoffnung auf den nächſten internationalen Ornithologen— Congreß in Peſt, zu welchem er ſchon den Antrag angemeldet habe, daß man den Vögeln überall beim Hinziehen nach den Brutplätzen Schonung angedeihen laſſen wolle. Er erklärt auch die Leuchtthürme für große Feinde der Vogelwelt, weil ſich viele Tauſende der armen Thierchen, angezogen durch das Licht, an ihnen den Kopf zerſchellen. Der von Herrn Baurath Pietſch in Ausſicht geſtellte Antrag mußte leider der vorgerückten Zeit wegen ausfallen. Nachdem der Herr Vorſitzende ſich nochmals über das Thema des Katzenfanges verbreitet und geeignete Fallen beſchrieben hatte, ſchloß er die angeregte Verſammlung, indem er die Anweſenden, die den ſehr intereſſanten Vorträgen mit geſpannter Auf- merkſamkeit gefolgt waren, aufforderte, ſich zur Ehre und zum Danke für die Herren Vortragenden von ihren Plätzen zu erheben, was allſeitig geſchah. Am folgenden Sonntag Morgen wurde zunächſt die von Spiegelſſche große 322 K. Th. Liebe, Sammlung von Geweihen ꝛc. beſichtigt und hiernächſt fand ſich eine reiche Geſell⸗ ſchaft Damen und Herren beim Rittergut (Burghardi-Kloſter) des Herrn Oberamt⸗ mann Heine ein, um das berühmte Muſeum Heineanum zu beſchauen. Der hoch- betagte Herr Beſitzer ließ es ſich nicht nehmen, über die von ihm zuſammengebrachte unvergleichliche Sammlung ſelber Auskunft zu ertheilen und die Anweſenden von Schrank zu Schrank, von einem intereſſanten Vogel nach dem andern zu führen. Hochintereſſant war dabei ſein Vortrag über Aufenthaltsort, Lebensweiſe und Er⸗ langung der einzelnen beſonders hervorragenden Stücke. Ueber 3 Stunden währte der Beſuch des Muſeums. Derſelbe bewies den ſtaunenden Anweſenden, daß der Oberamtmann Heine nicht blos mit großer Begeiſterung, ſondern auch mit ungewöhn⸗ licher Sachkunde geſammelt hat und dadurch der unvergleichliche Schöpfer des Muſeums geworden iſt. | Nachmittags fand ſeitens des Herrn Lehrer Wagenführ, des Herrn Vereins- vorſitzenden, des Herrn Rentier Schaper aus Halberſtadt und des Unterzeichneten ein Ausflug nach Blankenburg ſtatt, den die letzteren drei bis Rübeland ausdehnten. An neuen Mitgliedern in Halberſtadt hat der Verein drei gewonnen. Thiele. Zum Anpaſſungsvermögen des Sumpffängers (Acrocephalus palustris). Von K. Th. Liebe. Wie der Teichrohrſänger (Aeroc. arundinaceus, Nm.) (vgl. u. A. Baldamus in unſerer Ornith. Monatsſchr. 1889, S. 299) ein ſtarkes Anpaſſungsvermögen ent⸗ wickelt und aus einem Bewohner im Waſſer ſtehender Rohrdickichte ein Garten⸗ bewohner wird, ſo findet man auch bei ſeinem Vetter, dem Sumpfſänger (Aeroe. palustris, Bechst.), ein großes Anpaſſungsvermögen. Dieſer lieblichſte Sänger wählt ſeinen Brüteaufenthalt auf für gewöhnlich trockenem Boden, neben laufendem oder ſtehendem Waſſer, in warmer Thalaue und fern vom geſchloſſenen Wald ſowohl wie von weiten kahlen Flächen, auf Boden, welcher beſtanden iſt mit niedrigem Weiden⸗ gebüſch, Schilf und Rohr, Neſſeln und anderen wuchernden, etwas feuchten Boden liebenden Pflanzen. Durchranken dieſen Beſtand noch Buſchwinden, Hopfen, klebriges Labkraut und ähnliche Gewächſe, ſo daß er bei ſeinem niedrigen Stand zwar leicht zu überſehen, aber ſchwer zu durchdringen wird, dann iſt das Plätzchen für den Sumpf⸗ ſänger wohnlich. Hier ſteht das tiefmuldige Neſt zwiſchen ſteilgabligen Zweigen in niedrigen Büſchen, ſtets über trockenem Boden und nie über Waſſer, aber immer in der Nähe des Waſſers. Von dieſer Wohnſtätte aus machen die Thiere, welche über⸗ Re Zum Anpaſſungsvermögen des Sumpfſängers. 323 haupt gewandter und beweglicher ſind wie die andern Rohrſänger, auch kleine ge— legentliche Excurſionen in unmittelbar benachbarte Raps- und Getreidefelder, auch in benachbartes Buſch- und Baumwerk. Nie aber laſſen fie ſich auf ſolchem Terrain häuslich nieder (vgl. hierüber 1880 unſerer Ornith. Monatsſchr. S. 151, ferner Schacht 1883, S. 28, Schleh 1886, S. 64 und noch 1886, S. 281), £ Am 6. Juli dieſes Jahres wanderte ich auf dem Rücken der flachgewölbten Höhe, welche ſich von der Bierſtadter Warte bei Wiesbaden ſüdöſtlich nach Mainz zu hinzieht. Der Tag war warm und die Sonne neigte ſich zur Rüſte. Der Wunſch, etwas Kühlung zu genießen, veranlaßte mich, jenen Weg zwiſchen den Feldern zu betreten, wo weit in der Runde Büſche und Bäume vollſtändig fehlen und das nächſte Wäſſerchen in einer Entfernung von 2 Kilometer vorüberfließt. Während ich dort von dem leiſen Südoſtwind mir Kühlung ſpenden ließ, überraſchten mich plötzlich zwei Sänger in den nebenan liegenden Weizen-, Roggen- und Gerſtefeldern, die ich hier oben nicht geſucht hatte: es waren Sumpfſänger. Ohne zu ermüden ſangen ſie ihre lieblichen Weiſen, in die ſie reichlich und täuſchend im Tonfall, aber mit weit milderer Klangfarbe vornehmlich den Schlag der Wachtel und Stücke aus dem ſanguiniſchen Geſang der Feldlerche einwebten. Alle drei Minuten etwa kletterte der eine wie der andere an einem vorragenden Halm über das lehnende Getreide empor, ſah ſich um und flog wieder ein oder zwei Schritt weiter in das Gewirr der Halme hinein. An dieſem Tage ſah ich nur dieſe beiden Männchen, die, gar nicht ſcheu, ſich aus einer Nähe von ungefähr 10 bis 15 Schritt betrachten ließen, wenn ſie ſingend aus der Getreidefluth auftauchten. Noch dreimal war ich in den nächſten 14 Tagen dort und ſah das eine Mal in den Morgenſtunden, ſonſt aber wieder in den Abendſtunden auch dritte und vierte ſtumme Individuen, welche wohl die Weibchen waren. Etwa 200 Schritt abwärts entdeckte ich noch ein drittes Männchen. Auch hörte ich leiſe Laute aus dem Getreide, wie ich ſie von den Jungen auf den heimathlichen Aufluren ſo oft gehört; von den Neſtern hingegen konnte ich nichts entdecken. Letzteres iſt freilich nicht zu verwundern, denn bei dem üppigen Stand des tief niedergelehnten Getreides, welches trotz der guten Kultur doch mit Diſteln, Erdnußwicken, Ackerwindig und anderem Unkraut reichlich durchwachſen war, konnte man ſich von vornherein keinen großen Erfolg verſprechen, auch wenn der Eigenthümer auf einer Tafel proclamirt gehabt hätte: hier dürfen Vogelkenner kreuz und quer durch das Getreide waten. — Der Boden dort beſteht aus Löß, einem ſehr fruchtbaren Lehm, welcher allerdings bei ſo ebener Lage gern lange feucht bleibt. Sonſt boten die Felder nichts Beſonderes dar, außer daß gerade im Wohnungsbereich der Sumpfſänger Attich (Zwergholunder, Sambueus ebulus) als Unkraut auftritt (und zwar ſchon ſeit den 5 Jahren, d. h. ſo lange ich dort die Gegend genauer an— geſehen habe). Anderwärts habe ich dieſes halb ſtrauchige, halb krautige Gewächs ad - ° Ewald Ziemer, allerdings nicht als Feldunkraut angetroffen, und unmöglich iſt es nicht, daß ſeine Anweſenheit irgendwie mit der Wahl der Stelle zum Wohnort des Sumpfſängers zuſammenhängt. Ornithologiſche Beobachtungen. Von Ewald Ziemer. 9. Gallinula porzana Linn. — Porzana maruetta Leach. In Nr. 7 dieſer Zeitſchrift (XV. Jahrg, Mai 1890) hat Herr Kurt Flöricke einen umfangreichen Artikel über das Sumpfhuhn veröffentlicht, den ich mit um ſo größerem Intereſſe geleſen habe, als ich dieſe Art ebenfalls vielfach ſorgfältig beob- achtet und bereits vor einigen Jahren in „Cabanis“, Journal für Ornithologie, 1884 S. 184— 188, einige Bemerkungen über dieſelbe veröffentlicht habe. Herrn Flöricke's Arbeit bringt nun in einigen Punkten die Beſtätigung meiner Beobachtungen und erweitert fie in anderen nicht unweſentlich. Leider haben ſich einige Irrthümer ein- geſchlichen, die ich im folgenden berichtigen, ſowie einzelne unzureichende Angaben vervollſtändigen möchte. Was nun zunächſt Herrn Flörickes Angaben über die geographiſche Verbreitung anbetrifft, ſo ſind dieſelben zum Theil mangelhaft und ungenau, zum Theil aber auch geradezu unrichtig. Das Sumpfhuhn bewohnt den Weſten der paläarctiſchen Re⸗ gion, nördlich in Scandinavien bis zum 650 N. Br., bis zum 580 N. Br. im Ural und in Weſt⸗Sibirien nur bis zum 55 N. Br.; in Aſien brütet es öſtlich bis zur Länge von Harkand und ſüdlich in vereinzelten Paaren bis zur Breite von Gilgit; ferner bewohnt es die Mittelmeerländer, vielleicht mit Ausnahme Aegyptens; weſtlich brütet es in Europa bis Irland und einzeln bis Spanien, wo es hauptſächlich auf dem Zuge vorkommt. Auf den Canaren iſt es zur Zugzeit erlegt, von Island und den Färöern bisher nicht nachgewieſen; in Grönland aber wenigſtens zweimal vorgekommen (vgl. Reinhardt, Ibis, 1862, S. 12). Nach Pallas ſoll es auch in Oft-Sibirien leben; bisher iſt es aber dort nicht aufgefunden. Im Winter wandert es ſüdlich nach Indien und Nord-Afrika bis zur Breite von Zanzibar. Iſt im Winter auch ſchon in Birma vorgekommen. Innerhalb der Grenzen ſeiner Verbreitung ſcheint das Sumpfhuhn an geeigneten Orten überall zu leben, auch überall, wo es beſonders geeignete Sümpfe gibt, häufig oder doch wenigſtens gemein zu ſein. Daß es mehr dem Oſten und Süden angehört und nach Süden zu immer häufiger wird, davon habe ich in der Litteratur nirgends etwas finden können, — ebenſowenig in den neueſten Werken engliſcher Autoren, daß es in England ſelten iſt; allerdings hat es dort an Zahl in letzter Zeit ſehr ab⸗ genommen infolge Trockenlegens zahlreicher Sümpfe und Teiche, brütet aber noch Ornith. Beobachtungen: 9. Gallinula porzana Linn. 325 überall, wo es noch geeignete Aufenthaltsorte findet. Ob es in Spanien wirklich jo ſelten brütet, werden ja genauere Nachforſchungen zeigen; wahrſcheinlich wird es dort eben ſo ſein, wie bei uns in Deutſchland und auch in England; es wird überall für viel ſeltener gehalten, als es wirklich iſt. „In dem ihm doch ſonſt einen ſehr günſtigen Aufenthalt bietenden Holland“ iſt es nicht, wie Herr Flöricke angibt, ſelten, ſondern gerade im Gegentheil recht häufig! H. Seebohm und Wharton fanden bei Valkenswaard gleich am erſten Tage zwei Neſter. — Am nächſten Morgen trafen ſie einen Landmann, der ein Neſt mit Eiern gefunden hatte, kauften ihm dieſelben ab, beauftragten ihn noch mehrere zu ſuchen und boten ihm für jedes Stück Mk. 0,25. Am Abend deſſelben Tages brachte dieſer Landmann ſeine Ausbeute, nämlich nicht weniger als 48 — achtundvierzig — Eier des Sumpfhuhns, die er allein unter Beihilfe zweier Hunde gefunden hatte! Das genügt doch wohl? Zum Ueberfluß will ich aber noch einen weiteren Beweis beibringen, daß das Sumpfhuhn in Holland nicht ſelten iſt. Albarda be— richtet im I. ornith. Jahresbericht (1885) aus Holland (in „Ornis“, 1885, ©. 617) vom „Porzeleinhoentje“: „Sommervogel. Brütet häufig in Sümpfen, feuchten Wieſen, an Gräben und Teichen.“ — Und nun zu den Dunenjungen, welche Herr Flöricke folgendermaßen beſchreibt: „Die gelbſchnäbeligen Dunenjungen ſind ganz mit ſchwarzen, wolligen Flaumfedern bedeckt.“ Schwarz ſind die Dunenjungen nun allerdings, aber gelbe Schnäbel haben ſie gewiß nicht! Da die Schnabelfarbe in den meiſten Werken überhaupt gar nicht erwähnt wird, will ich ſie hier beſchreiben; dieſe Beſchreibung entnehme ich wörtlich meinem Tagebuche vom 9. Auguſt 1882, wie ich ſie dort nach 2 lebenden Jungen entworfen und durch eine Bleiſtiftſkizze erläutert habe: „J. Kohlſchwarz; Iris nußbraun; Füße bläulich graugrün. Schnabel über und hinter den Naſenlöchern fleiſchfarben, das übrige grünlich; vordere Hälfte und ein Band, das an den Schnabelrändern mit der ſchwarzen Spitze zuſammenfließt, ſchwarz; auf dem Oberſchnabel an der Spitze ein ſcharf abgeſetzter, reinweißer Fleck, der jedoch nirgends den Schnabelrand oder die Spitze erreicht.“ „II. Wie voriges. Schnabel in der vorderen Hälfte ſchwarz mit dem weißen Fleck; hinten grünlich, hinter den Naſenlöchern bis zur Stirn ſchön blutroth.“ Der weiße, wie lackirt ausſehende Fleck trägt auf ſeiner höchſten Kuppe das ſcharfe Korn, mit welchem der junge Vogel die Schale ſprengt. Fleck und Korn ver— ſchwinden nach einigen Tagen, die rothe Farbe verblaßt immer mehr und wird durch grünlichgrau erſetzt. Bemerken will ich noch, daß die Dunen grünlichen Schimmer haben. Da ich nun einmal bei dem intereſſanten Thema „Grünſchnabel oder Gelb— ſchnabel?“ bin, will ich auch noch gleich mir einmal die alten Sumpfhühner darauf an— 24 326 Ewald Ziemer, ſehen. „Kurz vor ihrer Ankunft machen die Vögel noch in der Winterherberge während des Februar und März ihre Frühlingsmauſer durch und langen dann im aus⸗ gefärbten Hochzeitskleide bei uns an. Der Schnabel iſt dann an der Spitze graugrün, an den Wurzeln oben orangeroth, unten orangegelb.“ (S. 178—179 dieſer Zeit⸗ ſchrift.) Ferner ſchreibt Herr Flöricke S. 180: „bis dann im Juli und Auguſt die Mauſer eintritt, Ende Auguſt ſind die Rohrhühner gewöhnlich ſchon ausgefärbt. Die graugrüne Schnabelſpitze iſt jetzt horngelb geworden.“ Herr Flöricke hat Unglück gehabt mit den Schnäbeln; der Sachverhalt iſt nämlich umgekehrt! Im Hochzeitskleide zur Brutzeit iſt der Schnabel gelb mit prächtig orangerother Wurzel, bei den jungen Vögeln aber und den alten nach der Herbſtmauſer graugrün mit nur ganz ſchwachem, reſp. gar keinem, rothen Schimmer an der Wurzel. Nun, ein ſolches Verſehen kann ja ſehr leicht ſtattfinden; aber wie kommt Herr Flöricke zu den gelben Schnäbeln der Dunenjungen? So ungefähr kann ich es mir wohl denken, glaubte ich ſelbſt früher doch auch, die kleinen Dinger wären wirkliche Gelbſchnäbel. Und das kam ſo! Die kleinen Jungen können ſchon am zweiten oder dritten Tage nicht nur ſehr leicht, geſchickt und äußerſt anmuthig, ſondern auch recht ſchnell ſchwimmen, laufen recht ſchnell und ausdauernd und ſchlüpfen ſo geſchickt auch durch das ärgſte Pflanzengewirr, daß es ganz außerordentlich ſchwierig iſt, ſie zu bekommen; außerdem geben ſich die Alten, zum wenigſten die Mutter, alle Mühe, ſie auf möglichſt unzugängliches Terrain zu locken, wie ich ſolches bereits in meinem anfangs erwähnten Aufſatze beſchrieben habe. Selbſt mit Hilfe guter Hunde iſt es ſehr ſchwer, ſie zu fangen, zumal die meiſten Jagdhunde dieſe kleinen Knirpſe gar nicht für voll anſehen und ſie demgemäß auch nicht beachten. Huſchten nun dieſe kleinen Jungen wie die Mäuſe an mir vorbei, ſo erſchien mir im Kontraſt zum ſchwarzen Dunenkleid im gelbgrünen Dämmerlicht des Pflanzen⸗ gewirres das weiße Korn auf der Kuppe des Oberſchnabels immer gelb, wohl um ſo mehr, als ich nie Zeit hatte, ſie recht ſcharf ins Auge zu faſſen. Ich war deshalb nicht wenig überraſcht, als es mir glückte, das erſte Dunenjunge zu fangen, ſtatt des einfach gelben einen ſo bunten, hübſchen Schnabel zu finden. Und ſo mag es Herrn Flöricke vielleicht auch ergangen ſein! Ueber die Locktöne ſchrieb ich im Journ. f. Orn., 1884, S. 186-187, folgendes, wozu ich nur im voraus bemerken will, daß ich in jenem Artikel nur ſolche Beob⸗ achtungen brachte, die ich nach dem damaligen Grad meiner Kenntniſſe für neu hielt. „Die erſten Laute der Jungen beſtehen in einem feinen, ſehr hohen, ſcharfen Piepen, das ganz in der Nähe etwa wie „bi-é“, etwas entfernter einſilbig wie „bi“ klingt. Nach wenigen Tagen, ja vielleicht ſchon von Anfang an, rufen ſie bereits ganz überraſchend laut und kräftig „kryoeck*, und zwar einſilbig, das y wenig Ornith. Beobachtungen: 9. Gallinula porzana Linn. 327 hörbar, wobei der Ton gegen das Ende etwas fällt. So ſchrieen z. B. ſchon die oben erwähnten, höchſtens vier Tage alten Jungen.“ „Das von Naumann beſchriebene „uitt* oder „quitt“ iſt nicht nur Paarungsruf, ſondern dient auch, wie ſchon erwähnt, zum Locken der Jungen und wird gleichfalls im Schreck ausgeſtoßen, dann aber kürzer, ſchärfer und 2— 3 Mal haſtig nach ein- ander, ſo daß man den Schreck des Vogels ganz deutlich und unverkennbar heraus— hört. So hörte ich ſie namentlich ſchreien, wenn mein Hund ſpät abends, wenn ſie eifrig lockten, plötzlich mit lautem Geräuſch dicht neben ihnen ins Waſſer ſprang Werden ſie am Tage erſchreckt, ſo ſchreien ſie gewöhnlich nicht.“ — Sehr eingehend erörtert Herr Flöricke die Frage, wie die Sumpfhühner ihre Reiſen machen und kommt zu der Anſicht, daß ſie zum wenigſten einen, wenn auch nur „räumlich verhältnißmäßig geringen“ Theil ihres Weges laufend zurücklegen. Ich muß bekennen, daß ich anderer Anſicht bin und nicht glaube, daß die Sumpf— hühner ein im Verhältniß zur ganzen Strecke auch nur irgendwie erwähnenswerthes Stück ihres Weges zu Fuß machen. Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, die ganz gewiß nicht für die Fußreiſe ſprechen und mit, ſoviel mir bekannt, einziger Aus⸗ nahme der Beobachtung Herrn Flörickes, keine einzige direkte Beobachtung, welche zum Beweiſe, daß die Sumpfhühner laufend reiſen, dienen könnte. Herrn Flörickes im übrigen höchſt werthvolle Beobachtung beweiſt aber meiner unmaßgeblichen Anſicht nach doch nur recht wenig; ſie zeigt, daß Sumpfhühner ſich nicht ſcheuen, einen 300 Morgen großen Teich zu überſchwimmen; daß dies gerade in der Zugrichtung geſchah, könnte ja doch wohl auch ebenſo gut Zufall geweſen ſein, obwohl der Umſtand, daß es zur Zeit des Herbſtzuges war, immerhin dafür ſpricht, daß die beiden kühnen Schwimmer ſich auf der Reiſe befanden. Möglich iſt es immerhin, daß ſolche Sumpf— hühner, welche auf ihrer Reiſe gerade in einem größeren Sumpfe oder meinetwegen auch Sumpfgebiete, Raſtſtation gemacht haben, nun den ſpäteren Nachmittag dazu benutzen, zu Fuß bis an den ſüdlichen Rand zu wandern, um dann in der Abend— dämmerung die Luftreiſe anzutreten, ähnlich wie im Herbſt z. B. Rothkehlchen abends von Zweig zu Zweig hüpfen, von Buſch zu Buſch flattern, immer in ſüdweſtlicher Richtung, allmählich höher emporſteigend, bis ſie, am ſüdweſtlichen Rande des Wäldchens angelangt, ſich in die Luft ſchwingen. Die zu durchwandernde Strecke iſt eine ſo große, die Laufgeſchwindigkeit der Sumpfhühner eine ſo geringe — neben Aegialites minor z. B. ſind ſie nur wahre Stümper — daß die Zugzeit von etwa 6 Wochen zu einer Fußreiſe gar nicht reichen würde, vorausgeſetzt ſelbſt, daß Berge und Wälder, reißende Ströme, große Städte, hohe Gebirge und andere Hinderniſſe, die den Weg wohl ziemlich in die Länge ziehen dürften, von ihnen mit gleicher Leichtigkeit überwunden würden, wie die Kraſchnitzer Teiche. Demnächſt ſteht es auch gar nicht feſt, ob die Sumpfhühner 24* 328 Ewald Ziemer, wirklich ausdauernder laufen als fliegen. Ihre Beine find zwar lang genug, die, Muskeln derſelben aber nicht beſonders ſtark entwickelt, jedenfalls durchaus nicht ſtärker als die Bruſtmuskeln; auch ſind ſie am todten Vogel ganz ebenſo weich und ſchlaff wie letztere. Jedenfalls wird Schnelligkeit und Ausdauer des Laufes aller Fulicarien faſt immer ſehr übertrieben dargeſtellt, während ihre Flugfähigkeit eben- ſoviel oder noch viel mehr unterſchätzt wird. Ich habe hierauf bereits in meinem oben angeführten Artikel hingewieſen und will die betreffende Stelle hier folgen laſſen, um ſo mehr, als Herr Flöricke ein ernſtlich fliegendes Sumpfhuhn offenbar noch niemals geſehen hat, denn ſonſt könnte er unmöglich folgendes geſchrieben haben: „Der Flug geht, wenn er erſt eine gewiſſe Höhe erreicht hat, beſſer von ſtatten, geradeaus und ziemlich raſch unter ſchnell aufeinander folgenden Flügelſchlägen, nimmt ſich aber doch herzlich ungeſchickt aus, und die langen, regungslos herab— hängenden Ständer wollen gar nicht zu den kurzen, haſtig und mit Anſtrengung bewegten Flügeln paſſen.“ Ganz recht, ſo flattern ſie, und wenn ſie nicht anders fliegen könnten, ohne weiteres würde ich es glauben, daß fie ihre ganze Herbſt- und Frühjahrsreiſe per pedes apostolorum machen! Aber das iſt eben nur flattern, und zwiſchen flattern und fliegen muß man doch wohl unterſcheiden. Beides, das Flattern, wie den ernſtlichen Flug, habe ich im „Journ. f. Orn.“, 1884, S. 187—188, klar und deutlich, wie ich glaube, folgendermaßen beſchrieben: „So geſchickt, ſchnell und kräftig ſie ſich im Laufen und Schwimmen zeigen, ſo unbeholfen, langſam und ſchlaff erſcheinen ſie, wenn ſie genöthigt werden, das ſchützende Seggendickicht zu verlaſſen und mit herabhängenden Füßen wie ein junger Vogel eine Strecke fortflattern, um ſich, je eher je lieber, wieder ſenkrecht herabfallen zu laſſen; und deshalb rechnet man ſie gewöhnlich auch zu den ſchlechteſten Fliegern, ohne dabei ihren Charakter zu berückſichtigen, der ſie doch ſo deutlich nur zu unwilligen Fliegern ſtempelt.“ „Namentlich im Sommer, wenn er Neſt und Eier oder gar ſchon Junge hat, iſt es dieſem ſtets verſteckt lebenden Vogel, der mit ſo auffallender Vorſicht und Aengſtlichkeit es jederzeit vermeidet, ſich frei und ungedeckt zu zeigen, nicht zu ver- denken, wenn er ſich durchaus nicht beeilt und auch ganz in der Nähe ſchon wieder einfällt.“ „Ganz anders zu Anfang des Frühjahrszuges oder ſpät im Herbſte, wenn nichts es mehr an ſeinen jeweiligen Aufenthaltsort feſſelt und der rege Wandertrieb alle Bedenken beſiegt: dann entſchließt ſich das Rohrhuhn viel leichter zu ernſtlichem Fluge und zeigt, wenn auch nicht beim erſten Auffliegen, ſo doch beim zweiten oder dritten ſeine volle Flugfertigkeit; mit kräftigeren Flügelſchlägen als ſonſt erhebt es ſich, ſtreckt die langen Füße unverzüglich gerade hinten weg und ſchießt nun unter er Ornith. Beobachtungen: 9. Gallinula porzana Linn. 329 ſchnellen Flügelſchlägen jo ſchnell durch die Luft, daß man kaum ſeinen Augen traut, wenn man es zum erſten Male ſieht; es erinnerte mich dann immer unwillkürlich an Sturnus vulgaris.“ — Bei einer durchſchnittlichen Fluggeſchwindigkeit in ſtiller Luft von nur 10 m in der Sekunde und bei einer Dauer der Zugzeit von etwa 6 Wochen, braucht ein Sumpfhuhn täglich nur 2 Stunden — je eine in der Morgen- und Abenddämmerung — zu fliegen, um eine Strecke von 3000 km zurückzulegen; eine ſolche Reiſe würde es, außer von den nördlichen Grenzen ſeiner Verbreitung, bereits bis an die Nord— küſte Afrikas, zum Theil auch noch ein gut Stück weiter, ſüdlich bringen. Nun dürfte aber die Fluggeſchwindigkeit in hoher — viel dünnerer — Luft und mit günſtigem Winde wohl noch eine nicht ganz unbeträchtlich größere ſein; auch glaube ich nicht, daß ein Flug von nur einer Stunde Dauer ein Sumpfhuhn beſonders ſtark ermüdet. Warum ſollte es da wohl ſo mühſam zu Fuß ſüdwärts krabbeln? Außerdem dauert die geſammte Zugzeit, im Frühjahr wie im Herbſt, reichlich zwei Monate, und iſt gar nicht abzuſehen, weshalb nicht die einzelnen Individuen während dieſer ganzen Zeit ſüdlich reſp. nördlich wandern ſollten. Demnächſt gibt es eine Reihe theils direkter, theils indirekter Beweiſe dafür, daß die Fulicarien, die ja alle im Ruf ſtehen, ungewöhnlich ſchlechte Flieger zu ſein, wirklich fliegend wandern. Naumann beſchreibt, wenn ich nicht ſehr irre — ich habe ſein Werk leider nicht zur Hand — ausführlich, wie Crex pratensis zur Zugzeit abends laut lockend auffliegt, in immer größeren Kreiſen immer höher in die Luft ſteigt, um endlich in ſüdweſtlicher Richtung davon zu fliegen. Herr E. Hartert bes obachtete, daß eine Gallinula chloropus aus hoher Luft ſich ſenkrecht auf eine größere Eisfläche herabwarf, die es wahrſcheinlich aus der Höhe für offenes Waſſer gehalten hatte. Ich ſelbſt hörte im Frühjahr 1881 am 17. März früh morgens hoch über mir in der Luft mehrmals ein Teichhuhn ſeinen Paarungsruf ausſtoßen; dabei flog es genau mit dem Südweſtwinde und ſo hoch, daß ich es nicht erblicken konnte. Sumpfhühner, welche ſich an Telegraphendrähten todt geflogen oder doch ſchwer verletzt haben, werden jedes Jahr zur Zugzeit aufgefunden, wobei zu bedenken iſt, daß wohl nur eine verſchwindend geringe Anzahl der vorkommenden Fälle bekannt gemacht wird. Außerdem iſt es zum wenigſten von Gallinula chloropus und G. pygmaea bekannt, daß ſie zuweilen, anſcheinend nur zum Vergnügen, nachts ſich in die Luft ſchwingen und dort, von Zeit zu Zeit ihren Lockton oder Paarungsruf hören laſſend, ſtundenlang in weiten Kreiſen umherfliegen, was doch auch wohl anzeigt, daß ihnen das Fliegen gar nicht ſo ſchwer fallen und anſtrengend ſein kann, als man gewöhnlich annimmt. Und von G. porzana berichtet Herr Flöricke ſelbſt, daß ſie zur Paarungs— zeit fliegend ſich jagen und dabei Wendungen ausführen, die man ihnen gar nicht zutraut! = 330 Ewald Ziemer, Ornith. Beobachtungen: 9. Gallinula porzana Linn. fi „Ich denke mir, ſchreibt ferner Herr Flöricke, daß die Rohrhühner fliegen, jo lange ſie es ohne allzu große Anſtrengung können (was nicht lange dauern wird) und bis die ſchwachen Bruſtmuskeln zu ermatten anfangen, um dann laufend und dabei Nahrung zu ſich nehmend, ihre Reiſe fortzuſetzen, bis ſie ſich nach einigen Stunden wieder kräftig zum Weiterfliegen fühlen.“ Ich kann mir ganz und gar nicht denken, daß einem Vogel durch länger an— haltenden Flug nur ganz allein die Flügel- und Bruſtmuskeln ermüden, während der übrige Körper ſo friſch bleibt, daß z. B. ein Sumpfhuhn nach Beendigung eines ſolchen Fluges ganz munter „einige Stunden“ läuft, dabei Nahrung zu ſich nehmend, bis die „ſchwachen Bruſtmuskeln“ ſich während dieſer Ruheſtunden zu neuer Anſtrengung wieder geſtärkt haben. Ich glaube vielmehr, daß ein durch anhaltenden Flug ermüdeter Vogel nun auch im ganzen müde iſt, ſich einfach hinſetzt, hinreichend lange ſchläft, bis er wieder vollkommen friſch iſt, demnächſt ſeinen regen Appetit oder richtiger wohl gediegenen Hunger ſtillt und dann erſt, wenn Tageszeit und Witterung ihm paſſen, ſeine Reiſe fortſetzt. Nach Brehm ſollen die Sumpfhühner geſchickte Taucher ſein; Herr Flöricke dagegen hat ſie niemals tauchen ſehen. Und wenn ich nicht ſelbſt ein Sumpfhuhn in einem einzigen Falle dabei beobachtet hätte, würde ich ſicherlich glauben, ſie könnten überhaupt gar nicht tauchen. Eine ganze Anzahl Sumpfhühner, welche meine Hunde gefangen und mir lebend und unverletzt gebracht hatten, habe ich auf freie Wafjer- ſpiegel geſetzt und alles mögliche verſucht, ſie zum Tauchen zu bewegen, aber alle ſchwammen eiligſt dem ſchützenden Seggendickicht zu, ohne den geringſten Verſuch dazu zu machen. Gern tauchen ſie alſo gewiß nicht und geſchickt darin dürften ſie auch wohl kaum fein, ſonſt würden ſie ſich wohl nicht fo viel nöthigen laſſen. Teich⸗ hühner (Gall. chloropus) dagegen, Junge wie Alte, tauchten ausnahmslos, ſobald ich ſie nur frei ließ. In einem einzigen Falle beobachtete ich aber doch, daß ein Sumpfhuhn eine kurze Strecke — etwa 2m — unter Waſſer ſchwamm. Es war dies am 22. Juli 1880. An dieſem Tage ſchoß ich ein vom Hunde herausgeſtoßenes Sumpfhuhn, in deſſen ſtark aufgetriebenem Unterleib ich einen harten, runden Gegen⸗ ſtand fühlte; ich öffnete alſo den Vogel und fand im Eileiter ein vollſtändig aus⸗ gebildetes, aber noch ſehr hell gefärbtes Ei. Um wahrſcheinlich bereits gelegte Eier nun wenigſtens für meine Sammlung noch zu retten, ließ ich den Hund dort ſuchen, wo das Weibchen aufgeflogen war. Schon nach wenig Sekunden ſtand Pikas vor einer Seggenkufe am Rande eines ungefähr 2 m breiten Waſſerſpiegels. Als ich die Seggen auseinanderbog, ſchlüpfte ein Thier, das ich nicht ſogleich erkannte, aus der Kufe ins Waſſer und verſchwand darin. Nach einigen Augenblicken tauchte am anderen Ufer ein Sumpfhuhn auf. In der Kufe befand ſich das Neſt mit einem Ei, welches, von der etwas dunkleren Färbung abgeſehen, mit dem im Leibe des — Heinrich Krüger, Ein Morgen auf dem Sasper See. 331 Weibchens vorgefundenen in Größe — ziemlich bedeutend unter dem Durchſchnitt — in Geſtalt und Zeichnung genau übereinſtimmte. Das Männchen hatte alſo wohl auf dem Neſte Wache gehalten, wobei ganz beſonders die Sorgfalt hervorzuheben iſt, die es beim Verlaſſen des Neſtes anwandte, um es nicht zu verrathen. Da das Männchen ebenſo Brutflecke hat, wie das Weibchen, betheiligt es ſich auch wohl am Brüten; diesbezügliche direkte Beobachtungen habe ich jedoch nicht gemacht. Ueber ſeine Betheiligung an der Führung und Ernährung der Jungen finden ſich noch einige Bemerkungen in meinem ſchon mehrfach erwähnten Artikel. Manches wäre noch zu ſagen über Aufenthaltsorte, Zugzeit, Dauer des Zuges, Neſtbau, Minneſang und Minneſpiel, über Brutzeit und was damit zuſammenhängt u. ſ. w., aber mein Artikel iſt bereits ſo übermäßig lang geworden, daß ich befürchten muß, die Geduld der meiſten Leſer längſt erſchöpft zu haben; ich will mich daher darauf beſchränken, zum Schluß nur noch die genauen Maße des ſtärkſten Männchens anzuführen, das ich bisher erlegte: „Cad., Kl.-Reichow, 27. September 1881. Ganze Länge (mit Schnabel): 24,75. — Schnabel 2,1. — Flügel 12,6. — Schwanz: Mittel⸗ federn 5,4; äußerſte 4,8. — Lauf 3,6. — Mittelzehe + Kralle 4,7. — Außenzehe u. Kr. 3,7. — Innenzehe u. Kr. 3,6. — Hinterzehe u. Kr. 1,45. — Flugbreite 39 em.“ Ein Morgen auf dem Sasper See. Von Heinrich Krüger. Der Sasper See liegt ſüdweſtlich von dem Danziger Vorhafen Neufahrwaſſer etwa 600 m von der Oſtſeeküſte entfernt und hat eine Länge von ca. 1250 m bei einer durchſchnittlichen Breite von 500 m. Er iſt mit der Weichſel durch einen etwa Kilometer langen, ſchmalen Kanal verbunden. Lange ſchon war mir derſelbe als ein Dorado für den Ornithologen durch Be— richte bekannt geworden, und beſchloß ich daher, bei Gelegenheit einer kleinen Spritz⸗ tour nach Danzig meiner Wißbegierde die endliche Befriedigung zu gewähren und dieſe berühmte Stätte mannigfachſten Vogellebens zum Hauptziele meiner kleinen Reiſe zu machen. Dem überaus freundlichen Entgegenkommen Herrn Hildebrands, des Neufahrwaſſer⸗Vertreters einer großen Danziger Holzhandlung, welche die Fläche des Sasper Sees zur Lagerung ihrer Holzflöſſe gepachtet hat, verdankte ich die Er— laubniß, den See zu beſuchen, wie die Beſorgung eines ortskundigen Führers, und begab mich denn am Morgen des 5. Juli um 4 Uhr in froher Erwartung an den Ort, wo der letztere mit ſeinem Boote verabredetermaßen mich erwartete. Nachdem ichs mir im Boote bequem gemacht, mein leichtes Fußzeug mit einem Paar prächtiger Waſſerſtiefeln, die mir Herr Hildebrand, um das Maß ſeiner Liebens— 332 Heinrich Krüger, würdigkeit voll zu machen, zur Verfügung geſtellt, vertauſcht hatte, griff der Boots⸗ mann zur Treidelleine und zog mich, am Ufer entlang watend, durch den zum See ' führenden Kanal meinem erſehnten Ziele entgegen. In der vorhergehenden Nacht war ein tüchtiger Gewitterregen herniedergegangen, der die angrenzenden Wieſen ſtark mit Waſſer durchſetzt hatte, wohl auch Schuld | daran war, daß eine Mehlſchwalbe am Rande eines Roggenfeldes die Nacht unter den Halmen zugebracht hatte und ſich, durch mein Vorübergehen aufgeſcheucht, ſchweren Fluges vom Boden erhob. Der Sasper See machte ſich von weitem durchaus nicht bemerklich, da er von hohen Rohrwaldungen eingefaßt und ſeine Fläche zum größten Theil mit den wunder⸗ barſten Waſſerpflanzen überdeckt iſt, ſo daß nur an wenigen Stellen freies Waſſer zu Tage tritt. Einige darüber hinfliegende Möven deuteten allein die Stelle an, wo er liegen mußte. Als erſtes Glück verheißendes Zeichen ging mir zur Rechten einer unſerer roth- ſtelzigen, gravitätiſchen Dorfpatriarchen (Ciconia alba) in die Höhe und zog dem zu ſo ungewohnter Zeit erſcheinenden Ruheſtörer mißmuthig aus dem Wege, um an ferner liegenden Wieſengräben ſein Frühmal weiter fortzuſetzen. Große Wolken von Staaren werfen ſich auf die gemähten Wieſen und mit ihnen ſehe ich kleine Flüge von Strandläufern, die ſich auch durch ihren mir von der kuriſchen Nehrung her ſo wohlbekannten Ruf bemerklich machen. Hinter einer Biegung des Kanals verlaſſe ich mit meinem Führer, der ein langes Brett zum Ueberſchreiten grundloſer Stellen mitnimmt, das aufs Land ge— zogene Boot und pürſche mich auf der unter unſeren Tritten ſchwankenden Schwimm⸗ wieſe, einige Weidenbüſche geſchickt als Deckung benutzend, dem Haupttummelplatze der Vogelwelt, einer abgemähten Grasfläche, entgegen. | Ein Kiebitz (Vanellus eristatus) ſucht durch Warnrufe unſer Bemühen zu ver⸗ eiteln und veranlaßt zu unſerem Bedauern das theilweiſe Abſtreichen und unzeitige Regewerden der ganzen Geſellſchaft vor uns. Wir ſuchen nun einen mitten auf der abgemähten Fläche ſtehenden, von Rohr durchſetzten Weidenbuſch zu gewinnen, aus dem wir ein Pärchen Schilfrohrſänger (Calamoherpe phragmitis) hervorſtören, welches dort offenbar ſein Neſt hat, da es, nachdem wir uns in den Weiden verſteckt haben, immer wieder neben uns erſcheint. Vorſichtig halte ich aus meinem Verſteck Umſchau: da ſtehen vor mir in einer Entfernung von kaum 25 Schritt zwei rothe Limoſen (Limosa rufa), die eine ſchläft, auf einem Ständer ruhend, den Kopf unter das Gefieder geſteckt, die andere geht, nachdem ſie eine Weile mißtrauiſch unſer Verſteck beobachtet, an ihre Morgentoilette. Rechts davon putzt ſich ein kleiner Rothſchenkel (Totanus calidris), den mein guter Krimſtecher deutlich an ſeinem halb rothen und an der Spitze dunkeln Schnabel er⸗ fi | ad Ein Morgen auf dem Sasper See. 333 kennen läßt. Zwiſchen dieſen Vögeln ſtechen etwa ein halb Dutzend Bekaſſinen (Gallinago seolopaeina) nach Nahrung und wandern emſig umher, bald auf einer kleinen Kuppe auftauchend, bald wiederum unter den Grasſtengeln verſchwindend, dazwiſchen zwei Exemplare vom punktirten Waſſerläufer (Totanus ochropus). Nun ſchwenkt auch wieder die Wolke von Tauſenden von Staaren heran und mit ihnen erſcheinen kurz vor uns einfallend Alpenſtrandläufer (Tringa alpina), und ein Trupp ſpitzflügeliger Kampfhähne (Machetes pugnax). Unter den Strandläufern bemerke ich zwei größere Exemplare, die ich für Tringa maritima anſpreche. Jetzt entwickelt ſich vor mir ein höchſt anziehendes Bild regſten Vogellebens, den Eifer, meine ornithologiſchen Kenntniſſe zu bereichern, ebenſo in Anſpruch nehmend, wie mein Intereſſe als Thiermaler. Da taucht plötzlich unmittelbar über meinem Kopfe, offenbar mit der Abſicht, in unſer Verſteck einzufallen, eine mir fremde Vogelerſcheinung auf, um erſchreckt ſchnellen Fluges der Rohrwand zuzueilen. Deutlich ſehe ich, wie der Vogel im Weiterſtreichen den Hals reiherartig zurücklegt, erkenne die anfangs ſchon zum Ein— fallen heruntergelaſſenen grünlichen Sumpfvogelſtänder und einen ſehr charakteriſtiſchen Flügel mit dunklen Schwingen und weißen Flügeldecken; Hals und Kopf gelblich— braun. Der Vogel fällt zu meinem Erſtaunen auf das Rohr, die Stengel herunter— biegend und trotz ſeiner langen Ständer geſchickt auf dem ſchwankenden Sitze fußend. Mein auf die Schulter des Führers aufgelegtes Fernrohr zeigt mir deutlich den kleinen Zwergreiher (Ardetta minuta) und giebt mir Gelegenheit, eine ganze Weile die hoch gereckte originelle Vogelerſcheinung genauer zu beobachten, bis dieſelbe plötz— lich im Rohrdickicht verſchwindet. | Erfreut über dieſe Beobachtung beſchloß ich, nachdem ich noch einmal die vor mir herumſpazierenden Bekaſſinen, Strandläufer, Limoſen ꝛc. gemuſtert und Neues nicht entdecken konnte, meine Excurſion fortzuſetzen und verließ — es war mittler— weile etwa 7 Uhr geworden — mit meinem Begleiter das ſchützende Verſteck. Unſer Erſcheinen brachte natürlich ſogleich die vogelmaſſen in Bewegung. Nur die Limoſen und Totaniden hielten anfangs noch aus. Dunkle Wolken von Staaren erhoben ſich, durchſetzt von Strandläufern und Kampfhähnen, begleitet von Lachmöven, Seeſchwalben und Kiebitzen. Ein Paar Hohltauben (Columba oenas) durcheilen ſicheren und geraden Fluges die Maſſen, Rohrammern, gelbe Bachſtelzen, Pieper und Blaukehlchen beleben, zwiſchen den Weidenſträuchern hin und her huſchend, die tieferen Regionen, kurz, die ganze Umgebung wimmelt von einer Menge verſchiedenartigſter Vögel. Eine Kette Moorenten (Fuligula nyroca) will vor uns einfallen, macht aber, durch unſer Erſcheinen erſchreckt, kehrt. Nun geht es wieder weiter, den Kanal entlang, der den See umfaſſenden Rohr— waldung entgegen. Vor derſelben ſteht dicht am Boote ein grünfüßiges Teichhuhn 334 Heinrich Ewald, (Gallinula chloropus) und ein Zwergreiher im gelbgrauen Jugendkleide auf, begleitet von rechts und links herausſtoßenden knätſchenden Bekaſſinen. Zwiſchen die Rohrwand gelangt, bemerken wir neben Rohrammern (Schoenicola schoenielus) den Droſſelrohrſänger (Acrocephalus turdoides) und vielfach läßt ſich der Teichrohrſänger (Aer. arundinacea) vernehmen. Wir kommen nun in ein Gebiet wunderbarſter Waſſervegetation: gelbe Mummeln und weiße Seeroſen, in ſelten geſehener Pracht und Größe, wechſeln mit Schilf und ſchwimmenden Inſeln, die aus den mannigfachſten Waſſerpflanzen beſtehen; zu meinem lebhaften Bedauern bin ich zu wenig Botaniker, denn für einen ſolchen iſt das Ge— biet des Sasper Sees vielleicht noch viel intereſſanter, wie für den Ornithologen. Die Botaniker der Königsberger Univerſität gehören daher auch zu den regelmäßigen Beſuchern dieſer Stätte reichlich aufgeſpeicherten Forſchungsmaterials. Auf den ſchwimmenden Inſeln und am Rande des Sees niſten nun Hunderte von Lachmöven (Nema ridibundum), die, durch unſere Neugier beunruhigt, die Luft mit ihren Rufen erfüllen und, in großen Schaaren aufſtoßend, uns mit elegantem Fluge umkreiſen. Auf der Waſſerfläche ſchwimmen eine Menge noch nicht ausge= fiederter junger Vögel dieſer Art, von denen mein Bootsmann mit unermüdlichem Eifer bald ein halbes Dutzend in unſer Boot nimmt. Einige derſelben bleiben vor Schrecken ſtarr in den unmöglichſten Stellungen eine Weile liegen, würgen dann Klumpen von kleinen Fiſchen aus, welche die Dreiſteren alsbald wieder verzehren, und gehen, nachdem ſie das Vergebliche ihrer Fluchtverſuche eingeſehen, ſchließlich ans Putzen ihres in Unordnung gerathenen Gefieders, welches durch den Gewitterregen der vorigen Nacht bei allen ſo durchnäßt war, daß ſelbſt die größeren, ſonſt wohl ſchon flüggen Exemplare ſich nicht erheben konnten. Die verdutzten Geſichter der über die neue Situation höchlichſt verwunderten Kleinen wie ihr drolliges Herum⸗ turnen im Boote beluſtigen beſonders den Bootsmann ganz ungeheuer und ſpornen ihn zu immer neuen Jagdzügen an, wenn er ſich auch über das reichlich von ſeinen Findlingen hinterlegte Paſſagiergeld ſchon etwas zu ärgern anfängt. Die jungen Lachmöven zeigen die verſchiedenſten Farbenkleider und ſind in allen Stufen der Entwickelung vertreten, vom gelbdunigen Neſtvogel bis zum durchgefiederten Wolkenſtecher. Bei den flüggen Jungen verliert ſich das ſcheckige und fleckige Ge⸗ fieder mehr und mehr und macht auf dem Rücken ſchon dem ſpäteren Mövenblau Platz; die Schwingen zeigen mehr und mehr weiß und die bleiche Färbung von Rudern und Schnabel wird ſchon lebhafter. Uebrigens möchte ich hier noch eine Bemerkung machen, die ſich mir bei Benutzung des trefflichen, ſehr dankenswerthen von Rieſenthal'ſchen Schlüſſels zur Beſtimmung der Schwimmvögel (auszüglich in Nr. 8 des laufenden Jahrgangs unſerer Monatsſchrift) aufdrängte. Es iſt da nämlich als Merkmal für Nema ridibundum auf Seite 221 unter 7 angegeben: Ein Morgen auf dem Sasper See. 335 Schnabel ſchwach, ſanft abfallend, ſo lang als die Mittelzehe; die Schäfte der beiden erſten Handſchwingen ſchwarz. Bei etwa 14 jungen Lachmöven, die ich allein, und noch einigen, die ich ſpäter nebſt einer alten im Beiſein des Herrn Lindner unterſuchte, konnte ich dieſes letztere Merkmal nicht conſtatiren. Wir fanden vielmehr ſämmtliche Schäfte der Handſchwingen rein weiß.“) Zwiſchen den Lachmöven tummeln ſich etwa 8—10 Flußſeeſchwalben (Sterna fluviatilis) und bemerke ich, wie ſie ihren Jungen im Schnabel Futter zutragen, um, ſteil mit denſelben gegen einander in die Höhe ſteigend, die Aetzung im Fluge zu vollziehen. Die Lachmöven füttern dagegen aus dem Schlunde und werfen in der Angſt um ihre eingefangenen Jungen erſtaunliche Mengen zuſammengeballten Futters aus, um ſich im Fluge zu erleichtern und ihren Angſtſchrei aus freierer Bruſt er— tönen zu laſſen. Einmal glaube ich eine Brandmeerſchwalbe (Sterna cantiaca) zu bemerken, kenntlich an dem nur wenig ausgeſchnittenem Schwanze. In die Rohr⸗ waldung eindringend, jagen wir eine Kette Pfeifenten (Anas penelope) auf, auch einen Stockerpel (Anas boschas) veranlaſſen wir zu ſchwerfälligem kurzen Fluge. Auf einer ſchwimmenden Inſel rutſcht ein Rohrammer heraus und veranlaßt mich durch ſein Betragen, dort die Niſtſtelle zu vermuthen. Mit Hilfe des mit— genommenen Brettes wird die ſchwankende Inſel beſtiegen und fördert die ſchwierige Unterſuchung der dicht verwachſenen Sumpfpflanzen ſchließlich das Neſt mit voll- zähligem Gelege von 4 Eiern zu Tage. Ein mittlerweile hereinbrechender Gußregen veranlaßte mich zur Umkehr. Beim Verlaſſen des Sees ſtoßen wir noch 2 Exemplare des Zwergreihers heraus, das letztere der beiden kaum 100 Schritt vor den Gebäuden Neufahrwaſſers. Bei einem ſpäteren Beſuche, den ich mit Herrn Predigtamtscandidaten Lindner dieſem intereſſanten Gebiete abſtattete, ſahen wir nicht weniger als 8-mal den Zwergreiher und traf ich ihn ſowohl Vor⸗ als Nachmittags an den verſchiedenſten Punkten des Kanals; er iſt hier wohl entſchieden Brutvogel. Ob die Strandläufer im Gebiete des Sasper Sees geniſtet haben, möchte ich bezweifeln; die warme Witterung im letzten Frühjahr hat die Bruten zeitig gefördert und unſere Sumpfvögel zu früherem Umherſtreifen veranlaßt, was ich dadurch be— ſtätigt fand, daß auf der Landzunge Hela am nächſten Tage (6. Juli) in meinem Beiſein eine zugeſtrichene Waldſchnepfe (Seolopax rustieola) von Herrn Hilfsjäger Clemenz geſchoſſen wurde. Derſelbe Herr machte mir die intereſſante Mittheilung, daß auf Hela in einem verlaſſenen Fuchsbau eine Ente brüte, die ich nach ſeiner Beſchreibung und der mir *) Inzwiſchen iſt dieſes Verſehen bei der Korrektur des betr. Bogens von Herrn v. Rieſen— thal ſelbſt markirt worden (unſere Ornith. Monatsſchr. 1890, S. 316), und bitten wir, die daſelbſt erbetene Verbeſſerung in der Nr. 8 unſerer Monatsſchrift zu vollziehen. K. Th. Liebe. 336 Jul. Moesmang, Verhalten verſchiedener Vögel gegenüber der Nonne. bekannten Thatſache, daß dieſe Entenart derartige Niſtgelegenheiten wählt, für die Brandente (Tadorna cornuta) halte; leider hatte ich nicht Zeit, mir dieſe Vögel ſelbſt anzuſehen, weil die Brutſtätte zu weit entfernt war, um ihr bei meinem kurz bemeſſenen Aufenthalte einen Beſuch abzuſtatten. Ein Rückblick auf den Sasper See zeigte mir noch einen größeren Raubvogel, den ich, da er ſogleich wieder zwiſchen den Rohrſpitzen verſchwand, nicht genau be- ſtimmen konnte. Jedenfalls war es ein Milan oder eine Rohrweihe. Nachdem der Bootsmann auf meinen Wunſch ſeine kleinen Paſſagiere, wenn auch widerſtrebend, in Freiheit geſetzt hatte, gings wieder nach Neufahrwaſſer. Gern werde ich immer dieſes intereſſanten Julimorgens auf dem Sasper See gedenken und wünſchte nur, längere Zeit in der Brutperiode oder während des Herbſtzuges dieſes Gebiet durchforſchen zu können, in der Ueberzeugung, daß noch ſo manches Bemerkens⸗ werthe meiner Beobachtung entgangen ſein mag. Jedem Ornithologen, der in die Nähe Danzigs kommt, kann ich daher einen Beſuch des Sasper Sees nicht dringend genug anempfehlen. Königsberg, Juli 1890. Verhalten verſchiedener Vögel gegenüber der Nonne (Liparis monacha). Von Julius Moesmang. Vor drei Wochen legte ich meinen befiederten Stubengenoſſen eine Anzahl Nonnenpuppen und Raupen verſchiedener Größe vor. Muscicapa grisola (der graue Fliegenfänger) fraß große und kleine Raupen mit Begierde, fing — wie ſie es mit Mehlwürmern zu thun pflegt — die in die Luft geworfenen gewandt auf und verzehrte ſie auf der Höhe eines Bilderrahmens. Motacilla alba und sulphurea (die Bach- und Bergſtelze) biſſen an den Raupen herum, trugen ſie einige Zeit im Schnabel umher und warfen ſie zuletzt ins Bade⸗ waſſer, ohne ſie zu verzehren. Erſtere zerbiß die Puppen oder zerkleinerte ſie durch öfteres Schlagen gegen den Boden und verſchlang die einzelnen Stücke. Sylvia atricapilla (Schwarzplättchen) verſchlang den Tag über mehrere, ein wenig gequetſchte Puppen. Acredula caudata (Schwanzmeiſe) fraß kleine Raupen, trotz der Haare, ganz; Parus eoeruleus, ater und palustris (Blau-, Tannen- und Sumpfmeiſe) zer⸗ hackten und verzehrten ſie, während ſie ausgewachſene Raupen, nach einigem Herum⸗ hacken daran, fallen ließen. Mit großer Gier wurden aber von den drei letzteren Arten die Puppen angenommen, aufgehackt und des ſaftigen Inhaltes beraubt. Sie riſſen ſich dieſelben gegenſeitig aus dem Schnabel heraus und unter den Zehen weg, und verfolgten einander darum. Fringilla eoelebs und montifringilla (Edel- und Pietſch, Briefſchwalben. 337 Bergfink) verzehrten ebenfalls einige Raupen, ließen aber die Puppen unberührt — Ende Juli holte ich mir ſelbſt eine große Anzahl von Puppen in dem von der Nonne beinahe vernichteten Ebersberger Forſt. Schon Tags darauf waren viele Schmetterlinge ausgekrochen. Während mehrerer Tage verfütterte ich nun neben dem gewöhnlichen Futter Nonnenfalter. Gierig, wie über die Puppen, fielen die Meiſen darüber her und fraßen ſie bis auf die Flügel und den Balg. Bachſtelzen und Fliegenſchnäpper ſuchten durch Hiebe gegen den Boden oder gegen die Springhölzer, oder, wenn fie gerade außerhalb des Bauers waren, gegen eine Tiſch- oder Bilder- rahmenkante die Flügel des Inſekts zu beſeitigen, um daſſelbe hernach zu verſchlingen; der letztere verſchlang zahlreiche kleine Falter (Männchen) ſogar ſammt den Flügeln. Als ich einige derſelben im Zimmer fliegen ließ, fing er raſch hinter einander einen nach dem andern. Turdus musieus (Zippe), obgleich Raupen und Puppen ver- ſchmähend, fraß täglich zahlreiche Schmetterlinge. Nur Luseinia minor, Dandalus rubeeula und Cyanecula leueoeyanea (Nachtigall, Roth- und Blaukehlchen) ver- hielten ſich gegen die Nonne in jedem der drei Entwickelungsſtadien vollkommen ab⸗ lehnend. München, den 6. Auguſt 1890. Briefſchwalben. Von Baurath Pietſch. In dem zu Paris erſcheinenden Journal „Les annales politiques et litteraires“ finde ich ſoeben folgende intereſſante Mittheilung von Henri de Parville: „Wir haben ſchon Brieftauben, bald werden wir ohne Zweifel auch Brief— ſchwalben beſitzen. Unſere Zeitläufte find entſchieden auf das nützlichſte gerichtet. Seit länger als einem Jahr gewöhnt ein ſehr geduldiger Abrichter, Herr Jean Des— bouvrie, die Schwalben an dieſe neuen Obliegenheiten und hat bereits beim Kriegs— miniſter den Erſatz der Brieftauben durch ſeine Zöglinge nachgeſucht.“ Die Idee iſt nicht ſchlecht, aber ſie iſt nicht neu. Plinius erzählt in der That, daß ein römiſcher Ritter mit Namen Coecina, welcher einen Rennſtall beſaß, Schwalben von Volterra, einer Stadt in Toscana, nach Rom brachte, welche er dann fliegen ließ, um ſeinen Freunden das gewinnende Viergeſpann anzuzeigen. In jener Zeit trieb man die Sachen im großen. Vier Pferde jedes Rennſtalles liefen angeſpannt vor einem Wagen und die Briefſchwalben kamen zu ihrem Neſt zurück mit der Farbe der Sieger. Damals war die Wette nicht wechſelſeitig. Plinius erzählt noch, nach dem Oberſt⸗Lieutenant Henneberg, daß ein römiſcher, von den Liguren belagerter Poſten ihm eine ihren Jungen entführte Schwalbe zuſchickte, damit ſie durch die Zahl der Knoten eines um ihren Fuß geknüpften Fadens den Ankunftstag der Hilfsarmee 338 Ernſt Schäff, anzeigte, an welchem die Belagerten einen verabredeten Ausfall machen ſollten. Die Verwendung von Schwalben im Kriege datirt alſo nicht von geſtern und Herr Desbouvrie hat recht gehabt, dieſelbe wieder aufzufriſchen. In Roubaix zeigte er ſoeben, daß die Abrichtung dieſer Vögel leicht war und nur einige Wochen Zeit beanſpruchte. Ein Pächter hatte ihm etwa 15 Schwalben gebracht; in drei Wochen waren dieſelben ausgebildet. Am 27. Juli öffnete er ſeinen Schwalben, welche ſämmtlich um den Fuß ein beſtimmtes Band trugen, den Käfig. Die Vögel ſtoben eiligen Fluges in allen Richtungen auseinander. Die Zuſchauer vermeinten, daß man ſie nicht wiederſehen würde; aber eine halbe Stunde ſpäter kam eine derſelben mit gleicher Geſchwindigkeit zurück und ſetzte ſich auf den Finger des Herrn Desbouvrie. Zehn Minuten noch und alle waren in das Schwalbenbauer zurückgekehrt. Die Schwalbe iſt als Bote, ſo verſichert Herr Desbouvrie, der Taube überlegen. Ihr Flug iſt höher und ſchneller, ſie iſt treuer, intelligenter und leichter zu ernähren. Auf langen Strecken hat ſie nicht nöthig anzuhalten, um ſich zu ernähren, ſie nimmt ihre Nahrung im Fluge. Es ſcheint ſelbſt, daß der Erzieher einen langen Weg zu Fuß zurücklegen und ſich durch ſeine abgerichteten Schwalben, in der Luft fliegend, begleiten laſſen kann. Man hat eingeworfen, daß die Schwalbe während der kalten Jahreszeit nicht zu benutzen iſt, weil ſie unſere Breiten im Winter verläßt. Herr Desbouvrie behauptet, daß die Schwalbe in jeder Jahreszeit unter unſerem Klima leben kann. Thatſächlich hat er mehrere während der beiden letzten Winter erhalten; ſie blieben bei ihm in Freiheit. Man kann ſie ebenſo leicht ernähren, wie die Tauben. Die Frage hat ihr Intereſſe, und, weil Herr Desbouvrie ſich erbietet, ein ganzes Regiment von Briefſchwalben zu ſchaffen, würde man wahrlich ſehr un- recht thun, aus ſeiner Erfahrung und ſeinem guten Willen keinen Nutzen zu ziehen.“ Wichtig erſcheint mir, daß auch in Deutſchland ähnliche Verſuche von gewiegten Vogelzüchtern gemacht werden. Sollte ſich vielleicht der Großmeiſter dieſer edlen Zunft, unſer hochverehrter Freund Liebe, dazu bereit finden laſſen? Torgau, den 25. Auguſt 1890. Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Horten Von Dr. Ernſt Schäff. 1 Aus den Ordnungen der Klettervögel, Sitzfüßler und Schwirrvögel (nach Reiche now'ſchem Syſtem, dem wir uns hier angeſchloſſen haben) werden im Ver⸗ hältniß zu den meiſten andern Ordnungen der Vögel auffallend wenige Arten in der Gefangenſchaft gehalten. Der Grund hierfür liegt meines Erachtens meiſtens in der j Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Gartens. V. 339 eigenartigen Lebensweiſe, in der hierdurch bedingten Art der Nahrungsaufnahme, 3. Th. auch in der Nahrung ſelbſt (Kolibris z. B.). Auch im Berliner Zoologiſchen Garten iſt die Zahl der zu den genannten Ordnungen gehörigen Arten nicht groß, dafür entſchädigen ſie aber den Beſucher durch ihre meiſt fremdartige, auffallende Erſcheinung und ihr eigenthümliches Weſen. Von Klettervögeln nennen wir zunächſt den Hollenturako (Corythaix persa L., welcher in einem größeren Flugraum, wo er das prächtige Gefieder ſchmuck und glatt hält, ſich genügend bewegen kann, um ſich in ganzer Schönheit zu zeigen. Ein ſeltener Gaſt, der einzige bekannte Vertreter ſeiner Gattung, iſt der Guira (Oetopteryx eristatus Swains.), der ſich den Kuckuken nähert. Etwas größer als unſer Kuckuk, zeigt er eine oberſeits dunkelbraune Färbung mit hellen Schaftſtrichen, während die Unterſeite blaßgelblich, am Hals mit dunklen Schaftſtrichen verziert iſt; der Kopf trägt einen ſchmalen Federſchopf. Von großem Intereſſe iſt ein junger einheimiſcher Kuckuk (C. canorus L.), welcher ſich ſeit etwa 2 Monaten hier im Käfig befindet und ſeine Wiege in einem Bachſtelzenneſt der Umgegend hatte. Von ſeinem erſten Beſitzer vielleicht aus Unkenntniß mit Fleiſch und Ameiſenpuppen geſtopft, hat ſich der ſonderbare Geſelle ſo an dies Erſatzfutter gewöhnt, daß er ſich völlig wohl dabei befindet und er ſeit geraumer Zeit ganz ſelbſtſtändig aufnimmt. Im Uebrigen zeigt er wenig Leben und Bewegung. Tukane ſind in zwei relativ häufig in der Ge— fangenſchaft gehaltenen Arten vorhanden, dem Bunttukan oder Grünſchnabeltukan (Rhamphastus discolor L.) und dem Orangetukan (Rh. Temmincki Wagl.), welcher dem vorigen ähnelt, ſich aber leicht von ihm durch den ſchwarzen Schnabel unter- ſcheidet. Neuerdings wurde noch ein Exemplar des Rh. Swainsoni Gould. erworben. Aus der intereſſanten Familie der Bartvögel finden wir hier den etwa blau— rackengroßen Blaukopfbartvogel (Megalaema virens Bodd.), zur Hauptſache grün mit dunkelblauem Kopf, aus dem Himalaya ſtammend. Endlich treffen wir noch einige gute Bekannte unter den Klettervögeln, den großen Buntſpecht und den Schwarz— ſpecht, welche in ihrer Lebensweiſe entſprechend hergerichteten Käfigen ſich ganz wohl zu fühlen ſcheinen. An die beiden deutſchen Spechte ſchließt ſich der nordamerikaniſche Goldſpecht (Colaptes auratus L.) an, welcher durch ein hübſch gefärbtes, von dem— jenigen unſerer Arten ſehr abweichendes Gefieder ausgezeichnet iſt. Zu deu im hieſigen Garten befindlichen Sitzfüßlern gehören einige der unter allen Vögeln vielleicht am meiſten auffallenden Erſcheinungen, nämlich die Nashorn- vögel, von denen hier zwei Arten zu ſehen find, der große ſchwarz und weiße Doppel- nashornvogel (Buceros bicornis L.) und ein Weibchen des Keulenhornvogels (Bue. atratus Tem.), welches, abweichend vom ganz ſchwarzen Männchen, dunkelroth— braunen Kopf und Hals hat. Das letztgenannte Thier zeichnet ſich durch große Zu— traulichkeit und Zärtlichkeit gegen ſeinen Wärter aus, dem es gern auf die Schulter 340 Ernſt Schäff, fliegt. Selten wird man den ſüdeuropäiſchen Bienenfreſſer (Merops apiaster L.) im Käfig erblicken; hier halten ſchon ſeit längerer Zeit 2 Exemplare aus und zeigen durch ihr ſchmuckes Ausſehen, daß ſie, ſoweit es überhaupt möglich iſt, ihrer Lebens⸗ weiſe entſprechend gehalten werden. Beſſer für die Gefangenſchaft geeignet iſt der Wiedehopf (Upupa epops L.), von dem der geſchickte Vogelwärter die Jungen zweier Neſter aufgezogen hat. Auch die Blauracke (Coracias garrula L.), einer unſerer farbenprächtigſten Vögel, gleichſam ein Fremdling in unſerer Zone, iſt durch mehrere jung aufgezogene Exemplare, welche aus der Mark ſtammen, vertreten. Schwirrvögel ſind keine vorhanden. Fälſchlich glaubt zwar mancher Beſucher in den nachher zu erwähnenden Zuckervögeln Kolibris zu ſehen, allein das iſt eben ein ſchöner Wahn. Die „fliegenden Edelſteine“, wie die Kolibris nicht mit Unrecht genannt worden ſind, lebend nach Europa zu bringen und bei uns am Leben zu erhalten, wird wohl ein nie erfüllter Wunſch bleiben. Aus der Ordnung der Schreivögel haben wir (jetzt muß es leider heißen „hatten wir“) Gelegenheit, einige ganz außerordentlich ſchöne und ſeltene Arten zu bewundern, unter denen in erſter Linie das Felſenhuhn (Rupicola erocea Vieill.) zu nennen tft. Leider hielt ſich das herrliche Thier trotz der außerordentlichen Pflege und Sorgfalt, die ihm zu Theil wurde, nur kurze Zeit — gerade wie es in früheren Jahren mit einigen anderen Exemplaren der Fall war. Ausdauernder iſt der Glockenvogel (Chasmarhynchus nudicollis Vieill.), der ſeinen Namen von der lauten, aus der Ferne angeblich wie Glockentöne klingenden Stimme hat, die, aus der Nähe gehört, aber nichts weniger als angenehm iſt. Bemerkenswerth iſt ferner für einen den Ur⸗ wald bewohnenden Vogel die leuchtend weiße Farbe (vgl. übrigens Göring in unſerer Ornith. Monatsſchr. 1889, S. 18). Der Dritte im Bunde iſt ein weniger ins Auge fallender Schreivogel, der ſüdamerikaniſche Tyrann (Tyrannus sulfuratus L.), Ver⸗ treter einer unſeren Würgern äußerlich nicht unähnlichen Gruppe von Vögeln. Einen ungemeinen Reichthum an Arten weiſt der Berliner Zoologiſche Garten aus der Ordnung der Singvögel auf, jo viele, daß ich es mir verſagen muß, Ddie- ſelben in der bisherigen Weiſe zu ſchildern. Ohnehin habe ich die Geduld der Leſer ſchon länger, als es beabſichtigt war, in Anſpruch genommen. Auf Bemerkungen über die Haltung in der Gefangenſchaft werde ich mich bei den Singvögeln principiell nicht einlaſſen, da das in unſerer Monatsſchrift wohl Eulen nach Athen tragen hieße. Unter den Würgern im weiteren Sinne ſind bemerkenswerth mehrere auſtraliſche Krähenwürger (Craetieus torquatus Lath.). Sehr zahlreich finden wir die Familie der Raben vertreten. 3 Arten der ſich durch ihre Stimme und ihr neugieriges Weſen bemerkbar machenden Flötenvögel, ſowie eine Würgerkrähe (Strepera graeu- lina White.) vertreten die durch den Mangel der Schnabelborſten charakteriſirte Gruppe der „Nacktnaſen“. Unter den echten Raben fällt neben unſeren meiſt ein⸗ Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Gartens. V. 341 farbigen Arten der hübſche, ſchwarz und weiße Schildrabe (Corvus scapulatus L.) auf, ferner ein Paar indiſcher Krähen (C. splendens Vieill.). Die Blauraben bilden eine herrliche Collection von nicht weniger als 5 Arten der Gattung Cyanocorax, unter denen beſonders die prächtige Haubenelſter (C. kormosus Swains.) hervorzu— heben iſt. Weiter ſchließt ſich: an die ſpaniſche Blauelſter (Cyanopolius Cooki Bonap.) der ſeltene Schopfheher (Cyanoeitta diademata Bonap.), gemeiner Heher, Strichel- heher (Garrulus lanceolatus Vig.) aus dem Himalaya, Tannenheher und chineſiſche Baumelſter (Dendroeitta sinensis Lath.). Der ſchon zu Bodinus' Zeiten exiſtirende Gimpelheher (Brachyprorus einereus Gould.) zeigt ſich, obwohl blind und lahm, noch rüſtig und genießt mit großem Appetit das mit untrüglicher Sicherheit an dem beſtimmten Platze aufgefundene Futter. Alpenkrähen bevölkern die größeren Außen⸗ volieren am kleinen Vogelhaus. Die Familie der Staare iſt in etwa 10—12 Arten vertreten. Neben unſerem Staarmatz und dem Roſenſtaar finden wir den Schwarzhalsſtaar (St. nigricollis Payk.), Hauben⸗ und Braunmaina (St. eristatellus L. et fuscus Wagl.), ſowie die Ufermaina (St. gingianus Lath.), 2 Arten von Atzeln (Eulabes), 2 Arten von prächtig metallſchimmernden Glanzſtaaren (Lamprotornis). Unter den nahe ver- wandten Stärlingen (Ieteridae) iſt einer der intereſſanteſten der Bootſchwanz (Chaleo- phanes quiscalus L.). Durch ihre kahle Stirnſchwiele fallen Gelbſteiß⸗ und Roth⸗ rücken⸗Kaſſike (Cassieus ieteronotus Vieill. et haemorrhous L.) auf. Von Horden- vögeln (Agelaius) ſehen wir nicht weniger als 9 Arten, die aufzuzählen zu viel Raum beanſpruchen würden. Die prachtvoll gefärbten Trupiale vertritt der gemeine Trupial (Icterus vulgaris Daud.), ſchwarz mit gelbem Nacken, Bürzel und Bauch, ſowie der ähnliche Orangetrupial (I. jamaicensis Lafr.). Ein großer Flugkäfig iſt bevölkert mit etwa 12 Arten von Webervögeln, unter denen als Seltenheiten zu nennen ſind der abeſſiniſche Larvenweber (Ploceus abyssinicus Gmel.), der Baya- weber (Pl. atrigula Hodg.), der Fuchsweber (Pl. castaneofuseus Less.), der Gold- ſcheitelweber (Pl. spilonotus Vig.). Ihnen ſchließt ſich die Trauerwida (Penthetria macrura Gm.), ſowie die Paradieswittwe (Vidua paradisea L.) an. Die reizenden kleinen Prachtfinken (Habropyga) find wiederum in zahlreichen (etwa 12) Arten vor- handen, darunter der ſehr ſeltene Carmin- oder dunkelrothe Aſtrild (H. rubrieata Licht.), der auſtraliſche Amarant (H. phaöton Hombr. et Jacqu.), der Aurora— Aſtrild (H. phoenicoptera Swains.), die lauchgrüne Papagei-Amandine (H. prasina Sparrm.), die eigentliche Bapagei-Amandine (II. psittacea Gmel.) und andere. Selbit- verſtändlich fehlen nicht graue und weiße Reisvögel (Spermestes oryzivora L.), Zwerg⸗Amandinen (Sp. nana Puch.), Dreifarben-Nonnen (Sp. malaccensis L.), ver- ſchiedenfarbige japanische Mövchen (Sp. acuticauda Hodg.) 2c. 2c. Wir kommen nunmehr zu der zahlreichen Familie der Finken. In einem Bauer 342 Ernſt Schäff, Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Gartens. V. finden wir 2 Arten von Sperlingen, nämlich Passer indieus, P. Swainsoni Rüpp., vereinigt mit den nahe verwandten Goldſpatzen Syealis arvensis, S. flaveola L. und S. luteola Sparrm. Draußen in einer von einheimiſchen Vögeln belebten Voliere läßt unſer dickköpfiger Kernbeißer (Coeeothraustes vulgaris Pall.) feinen ſcharfen Ruf erſchallen, welcher nicht eben vortheilhaft abſticht gegen die Stimmen der Buch- und Bergfinken, der Hänflinge, Erlen- und Birkenzeiſige, Girlitze, Grünfinken, Meiſen, Ammern, Kreuzſchnäbel, Gimpel, welche zuſammen mit der Mohren-, Alpen- und Feldlerche, einigen Wachteln, ſowie einem Steppenhuhn ihr Revier theilen. Von außerdeutſchen Finken zählen wir noch auf wilde Kanarienvögel, den Schmuckammer⸗ finken (Fring. Gayi Eydoux.), graue Kardinäle und Dominikaner (Paroaria eueul- lata Müll. et larvata Bodd.), den ſehr zierlichen Rothhaubenfinken (Fring. pileata Wied.), den Indigofinken (Fring. cyana L.), Papſtfinken (Fring. eiris L.), Ammer⸗ finken (Zonotrichia pileata Bodd.). In ihrem muntern Weſen unſerm Zeiſig gleich, doch viel ſchöner gefärbt ſind der Goldzeiſig mit dem ſonderbaren lateiniſchen Namen Chrysomitris tristis L. und der auffallend roth und ſchwarz gefärbte Kapuzenzeiſig (Chr. eueullata Swains.). Wenig fällt der Goldbauchgirlitz (Crithagra flaviventris Gmel.) auf, mehr dagegen verſchiedene der lebhaft gefärbten ſtarken Gimpel nebſt deren Verwandten. Der Kardinal (Coccoborus virginianus L.) wetteifert mit dem Roſen⸗ bruſtkernbeißer (Coccothraustes ludovieianus L.) an Pracht des Gefieders, das z. Th. in ſchönſtem Karminroth prangt, während bei dem Biſchof (Coce. coeruleus L.), ab⸗ weichend von den meiſten ſeiner Verwandten, die Hauptfarbe des Gefieders blau iſt. Die kleinſten und zierlichſten der meiſt kräftig gebauten Kernknacker ſind die hier in 4 Arten vorhandenen Pfäffchen, die alle den kleinen Girlitz an Größe noch nicht er⸗ reichen. 5 Arten von Ammern bewohnen einen gemeinſamen Käfig; neben mehreren europäiſchen Arten, worunter eine melaniſtiſche Goldammer, erblicken wir die bunt⸗ farbige amerikaniſche Schildammer (Emberiza americana Gmel.) und die ſchöne Emb. elegans. Als Verwandten der Ammern müſſen wir noch den jogen. grünen Kardinal (Gubernatrix eristatella Vieill.) nennen, der ſich keineswegs näher an die andern Kardinäle anſchließt, wie man aus dem deutſchen Namen entnehmen könnte. Die beiden Ruderfinken, nämlich Grundröthel (Arremon erythrophthalmus Vieill.) und eine zweite Art A. magnoides führen uns zu einer neuen Familie, den Wald⸗ ſängern, welche durch eine ſchöne Sammlung repräſentirt wird. Die prächtigſten unter ihnen ſind ohne Zweifel die Tangaren, von denen wir augenblicklich hier 5 Arten ſehen, die Goldkopf- oder Schwarzrücken-Tangare (Calliste melanonota Swains.), die blau und grün gefärbte Schmucktangare (Thraupis ornata Sparrm.) und endlich die prächtig ſcharlachrothe, an Schwanz und Flügeln ſchwarze Scharlachtangare (Th. rubra L.). Der letzteren Art iſt die braſilianiſche Tangare oder Tagiranga (Rham- phocelus brasiliensis L.) ſehr ähnlich, doch iſt dieſe durch die Größe, ſowie die A. Frenzel, Aus meiner Vogelſtube: Nachtrag zu 42. der Katharinaſittich. 343 eigenthümliche kurze Befiederung des Kopfes zu unterſcheiden. Unter den Lerchen erregt die zierliche Weißohrlerche (Coraphites leucotis Stanley) ſtets die Freude der Vogelliebhaber; ſowohl in Geſtalt und Farbe als auch im Weſen hat der kaum die Größe des Feldſperlings erreichende Vogel viel Anſprechendes. Die übrigen hier ge— haltenen Lerchen habe ich bereits oben genannt. Intereſſante Erſcheinungen ſind die beiden Bülbüls, der Schopfbülbül (Pyenonotus jocosus L.) und der Tonkibülbül (P. haemorrhous Gmel.), beides lebhafte ſchmucke Thiere, welche auch gute Sänger ſind. In herrlichen Farben, grün, blau und ſchwarz, prangen die recht ſchwer zu haltenden Zuckervögel, welche, wie ich ſchon früher bemerkte, oft für Kolibris gehalten werden; beſonders iſt dies bei dem kleineren, prächtig gefärbten Pitpit (Dacnis cayana L.) der Fall, während der ſtärkere Kappenzuckervogel (D. atricapilla Vieill.) weniger dieſer Verwechſelung ausgeſetzt iſt. Ein Kleiber (Sitta europaea L.) hält ſich ſchon längere Zeit unter anderen einheimiſchen Vögeln in einer Außenvoliere, zuſammen mit Kohl⸗, Sumpf⸗, Tannen⸗, Blau- und Haubenmeiſen. Den Uebergang zu den eigentlichen Sängern vermitteln einige fremdländiſche Formen, von denen wir nennen können den Droſſelheherling (Garrulax chinensis Seop.), den Brauenheherling (Crateropus eanorus L.), die lieblichen beweglichen Sonnenvögel (Liothrix luteus Seop.) und die durch Geſang hervorragende, durch Figur und Farben ausgezeichnete Schamadroſſel (Copsychus maerurus Gmel.). Von den Sylviiden iſt nur eine geringe Zahl vorhanden, darunter Droſſel- und Teichrohrſänger. Zahlreicher ſind die Droſſeln. Von einheimiſchen finden wir Schwarz-, Ring-, Sing- und Miſtel⸗ droſſel, daneben die Zwergdroſſel (Turdus Pallasi Cab.), die Wanderdroſſel (J. migratorius L.) und die Falklandsdroſſel (T. falklandieus Quoy. et Gaim.). An dieſe Schließen ſich Steinröthel und Blaumerle, ſowie der nordamerikaniſche Hitten- ſänger (Sialia sialis L.), welcher im Geſellſchaftskäfig wiederholt mit Erfolg brütete. Als gewiſſenhafter Berichterſtatter muß ich noch als letzten (doch nur der Reihen— folge nach) unter den Sängern unſer Rothkehlchen nennen, um damit für diesmal zu ſchließen. In einem letzten Kapitel werde ich mir geſtatten, die überaus reiche Papageienſammlung zu behandeln, welche in der That ihresgleichen ſucht. Aus meiner Vogelſtube. Von A. Frenzel. Nachtrag zu 42, der Katharinaſittich. (Monatsſchrift 1888, 221.) Die reizenden Katharinaſittiche haben jetzt in meiner Vogelſtube gebrütet, leider jedoch ohne Erfolg. Das Weibchen hatte ein Ei auf den Käfigboden gelegt, obwohl ein Niſtkaſten ſich im Käfig befand. Sofort brachte ich in einer andern Ecke des 344 A. Frenzel, Aus meiner Vogelſtube: Nachtrag zu 42. der Katharinaſittich. | Käfigs einen zweiten Niſtkaſten an, welcher auch bezogen wurde. Das Weibchen verſchwand alsbald und war faſt nie mehr zu ſehen; es brütete mit einer außer⸗ ordentlichen Ausdauer. Nachdem es wochenlang von uns nicht mehr geſehen worden, eine größere Futterabnahme aber ebenſo wenig beobachtet wurde, glaubte ich einmal, das Weibchen ſei geſtorben. Nachdem wir nun lange an dem ſchweren, hochſtehenden Käfig herumgerückt und denſelben herunterzuheben im Begriff waren, da endlich er- ſchien das Weibchen leibhaftig wieder und guckte verwundert über die Störung zu uns herab. Die Katharinaſittiche haben die Eigenthümlichkeit, mit ſtark nach vorn gebeugtem Körper auf der Stange und zwar gern längs derſelben zu ſitzen, wie die Nachtſchwalben auf den Baumäſten, und dabei allerliebſt ihr Köpfchen zu drehen, um zu ſehen, was es gibt. Nachdem wir alſo von dem Wohlbefinden des brütenden Weibchens Ueberzeugung gewonnen hatten, wurde der Käfig wieder an ſeinen Platz geſtellt. Das Weibchen brütete weiter und weiter. Andere brütende Weibchen, wie meine Strichelloriweibchen, bekommen die nutzloſe Brüterei doch endlich ſatt. Nicht ſo der Katharinenſittich. Hier bekam ich endlich das Sitzen des Weibchens ſatt. Der Käfig wurde herabgenommen und auf den Sägeſpänen lag ein einzelnes Ei. Das⸗ ſelbe war an einer Stelle aufgebrochen, an welcher man das völlig ausgebildete Junge liegen ſah, natürlich todt. An der Oeffnung lag der Kopf und auf dem Oberſchnabel ſah man den kleinen weißen Höcker, der zum Aufbrechen der Ei— ſchale dient. Die weißen Eier ſind verhältnißmäßig klein und zeigen folgende Maaße: 20 — 21 mm lang, 16 mm breit. Ich gab nun den Vögeln freien Flug in der Vogelſtube und erwarte um ſo eher eine erfolgreiche Brut, über welche ich dann in unſerer Monatsſchrift Bericht erſtatten werde. | Bekanntlich errichtet ein Verwandter des Katharinaſittichs, der Mönchsſittich (B. monachus), freiſtehende Neſter auf Bäumen. Die Thatſache nun, daß das Katharinaſittichweibchen ſein erſtes Ei auf den Käfigboden legte, anſtatt in den Niſt⸗ kaſten, drängt einen zu der Vermuthung, daß wohl nicht der Mönchsſittich allein, ſondern ſämmtliche ſieben Arten Dickſchnabelſittiche ſich derartige Strauchneſter er⸗ richten. Da meine Katharinaſittiche nun freien Flug in der Vogelſtube erhielten, iſt ihnen auch Gelegenheit zum Neſtbau gegeben, und die Erfahrung wird lehren, ob ſie ſich als Neſtbauer zeigen oder nicht. Uebrigens brachte Ruß' „Gefiederte Welt“ kürzlich eine intereſſante Beobachtung zur Sprache, bezüglich des Zuneſttragens von Holzſplittern im Bürzel ſeitens des Unzertrennlichen, Psittacula pullaria. Dieſe Beobachtung machte eine Dame, Frau Baronin Irma Mariäſſy. Daß dieſe Eigenthümlichkeit des Zuneſttragens nicht etwa nur dem Roſenpapagei und dem Grauköpfchen, ſondern der ganzen Gruppe Agapornis, T. Knauer, Die Drillſaat und die Feldtauben. 345 und alſo auch dem Unzertrennlichen, zukommen werde, ſprach ich auch ſchon vor Jahren aus, ſiehe dieſe Monatsſchrift 1881, 214 und 1888, 362. Man ſieht, es iſt den Reiſenden nicht immer vergönnt geweſen, die Lebens— gewohnheiten unſerer Lieblinge eingehend zu erforſchen, ſondern ein gutes Theil davon iſt für die heutige praktiſche Vogelwirthſchaft übrig geblieben, und dieſe hat denn auch bereits manchen Stein zum Bau der Wiſſenſchaft herbei getragen. Die Drillſaat und die Feldtauben. Von Dr. T. Knauer. Im Auftrage meines Schwiegervaters, des Amtmanns Fr. Gneiſt⸗-Domnitz, theile Ihnen folgendes mit. Die Einführung der Drillkultur bewirkt, daß weniger Saat- getreide an der Oberfläche liegen bleibt und daß die Tauben naturgemäß Nahrung weniger leicht finden. Die Thiere ſind nun durch dieſen Umſtand gezwungen worden, ihre früheren Gewohnheiten aufzugeben und ſich den Verhältniſſen anzupaſſen. Denn Hunger thut weh, und wollen die Tauben den befriedigen, ſo ſind ſelbige gezwungen, da ihnen ſonſt genügende Mengen Körner auf den gedrillten Feldern nicht mehr zugänglich ſind, ſich dieſe zu ſuchen durch eine Scharrbewegung, welch' letztere mit dem Schnabel ausgeführt wird. Schon oft haben wir bemerkt, daß die Tauben ſich daran gewöhnt haben, die Drillreihen aufzufinden und dann, an dieſen entlang gehend, mit dem Schnabel ſämmtliches Saatgut herauszuarbeiten und zu verzehren. Das Auffinden der Reihen gelingt ihnen natürlich um ſo leichter, wenn die Keimung vor ſich gegangen iſt und ſich die erſten Blättchen an der Oberfläche zeigen. Die Tauben arbeiten dann ſehr emſig und freſſen die Körner nebſt ihren grünen Keimen, was in früheren Jahren nicht bemerkt ſein ſoll. Aehnlich verhält es ſich auch mit dem Niederlaſſen auf die Stiegen, Haken oder Mandeln des gemähten und aufgeſetzten Getreides, was nur aus einigen Gegenden berichtet wurde. Man kann wohl behaupten, daß die Art und Weiſe des Aufſetzen des Getreides bewirkt hat, daß die Tauben ſich das Niederlaſſen direkt auf dieſes angewöhnt haben. Es iſt mir nicht gelungen dort Tauben auf dem Felde ſitzen und freſſen zu ſehen, wo es in der ganzen Gegend üblich iſt, das Getreide in Puppen oder in längeren Reihen mit den Aehren nach oben aufzuſtellen, während die Thiere die erwähnte übele Angewohnheit faſt überall dort angenommen haben, wo Kreuzmandeln und ähnliche Variationen, welche plattere Flächen ergeben, bei der Aufſtellung des zu trocknenden Getreides angewendet werden. 346 Kleinere Mittheilungen. Kleinere Mittheilungen. Sonderbare Niſtplätze. Aus dem literariſchen Nachlaß meines Großvaters, welcher feiner Zeit als eifriger Biolog und Sammler in unſerem Zweige der Natur- wiſſenſchaft galt, erlaube ich mir Folgendes zu veröffentlichen: — — —9 Uebrigens giebt es keine Regel ohne Ausnahme, und ſo weichen auch dieſe kleinen Baumeiſter oft auffallend von dem Gewöhnlichen und Zweckmäßigen ab: in dieſer Beziehung iſt vor allem die Blaumeiſe merkwürdig, welche beim Bau ihres Neſtes ſo launiſch verfährt, daß bei ihr die Ausnahme faſt zur Regel wird. Trotz der vielen bereits bekannten Beiſpiele kann ich nicht unterlaſſen, eins anzuführen, welches ich als Knabe ſelbſt beobachtet. Zu Connington (?) baute nämlich eine Blaumeiſe 3 Jahre hinter einander in einen Bierſeiher von dichtem Korbflechtwerk, welcher nur 6 Fuß vom Boden an der hinteren Wand eines Bauernhauſes hing. Man brauchte dieſen Seiher, um ihn in das Spundloch des Maiſchbottichs zu ſtecken, damit beim Abziehen des Bieres der Hopfen zurückbliebe. Leider aber wählte die Meiſe ihre Zeit, in Bezug auf die des Brauens, nicht richtig. Im erſten Jahre entdeckte man das Neſt voll Eier erſt nach dem Abziehen des Bieres. Im zweiten Jahre war die Hausfrau, als ſie um dieſelbe Zeit wieder braute, vorſichtiger, unterſuchte den Seiher vor deſſen Gebrauch, fand wieder ein Meiſenneſt und warf es ohne Umſtände heraus. Trotz dieſes häuslichen Mißgeſchicks baute die Meiſe im dritten Jahre wieder an denſelben Ort, und diesmal ließ man ſie gewähren. Als ich von dieſer Merkwürdigkeit hörte, begab ich mich nach dem Hauſe. Man nahm den Seiher, um mir dieſelbe zu zeigen, ohne Umſtände von dem Nagel, und die darin brütende Meiſe machte durchaus keine Anſtalt, ihr Neſt zu verlaſſen, ſondern bewies ſich nur ſehr zornig, indem ſie ihre Flügel und Federn ſträubte und einen ziſchenden Ton hören ließ. Uebrigens war die Meiſe vorher ſchon im ganzen Dorfe von Haus zu Haus getragen und beſehen worden. Es iſt bekannt, wie dreiſt dieſer Vogel ſich während des Brütens benimmt. So ließ ſich z. B. in einem andern Falle eine Blaumeiſe, die in einem alten Pumpen⸗ ſtock gebaut hatte, einen Theil des Schwanzes durch die Bewegung des Pumpen⸗ ſtengels abreiben. — Zu Knowle Hall in Worwikſhire baute ein Zaunkönig in den abgefaulten Körper eines Reihers, welcher an eine Mauer genagelt worden war, auf welche Weiſe die Bauern gewöhnlich ihre Naturaliencabinete anlegen. Ein anderer Zaunkönig baute ſein Neſt 3 Jahre hinter einander in eine alte Gießkanne. — Vor einigen Jahren befeſtigte ein Rothkehlchenpaar in der Kirche des Kirchſpiels Hampton in Arden (?) (Worwikſhire) zwei Jahre hindurch fein Neſt an die auf dem Lehrpult liegende Bibel der Kirche. Der Vicar litt durchaus nicht, daß man dieſe *) T. W. Bree, Sonderbare Anlegung von Vogelneſtern in: „The magazine of natural history“ 1833, Nr. 31. Kleinere Mittheilungen. 347 Vögel, die ſich unter den Schutz der Kirche geſtellt hatten, ſtörte, ſondern ließ einſt⸗ weilen eine andere Bibel benutzen. Gegenwärtig (lieſt man in Engliſh chronicle vom 15. Juni 1830) brütet in einem Hofe in Markfield ein Rothkehlchen (robin) in der Nabe eines alten Karrenrades auf 5 Eiern. C. Krezſchmar. Ein erwähnenswerther Niſtplatz einer Rauchſchwalbe iſt die über eine der verkehrsreichſten Straßen unſerer Stadt führende, aus Eiſen gebaute Eiſenbahnbrücke. An die Seite einer der eiſernen Querbalken heftete ſie ihr recht umfangreiches Neſt. Hier genügte ſie ihrer Mutterpflichten, brütete ihre Eier aus und fütterte ihre jetzt faſt flügge gewordenen Jungen, während unter ihr täglich der geräuſchvollſte Wagen— und Menſchenverkehr dahinzog, und über ihr im Zeitraum von 24 Stunden 40 Züge mit donnerähnlichem Raſſeln und lautem Klappern der Räder aus- und einliefen. Manche großſtädtiſche Dame dürfte das kleine Thierchen um ſeine ſtarken Nerven beneiden. Flensburg, den 31. Juli 1890. Dr. Schulz. Thurmfalke als Fiſcher. Im Juli vorigen Jahres erzählte mir einer meiner Kollegen, Maler Kurreck, daß er bei Gelegenheit von Landſchaftsſtudien, die er im Parke des Gutes Aweiden bei Königsberg machte, beobachtet hätte, wie ein kleiner Falke aus einem im Park liegenden Teiche mit großem Eifer fiſche, um mit den erbeuteten kleinen Fiſchchen ſeine bereits dem Horſt entflogenen Jungen zu füttern. Und zwar wären von dieſen nur die allerkleinſten Fiſche abgenommen, größere dagegen weg— geworfen worden. Da es mir damals an Zeit fehlte, dieſe auffällige Erſcheinung, in deren Richtigkeit kein Zweifel zu ſetzen iſt, ſelbſt zu beobachten, bat ich Herrn Kurreck, wenn möglich einen der jungen Falken zu erbeuten und ihn mir zum Zweck der Beſtimmung zuzuſtellen. Am nächſten Tage erhielt ich einen von dieſem Herrn erlegten jungen Thurmfalken (Cerchneis tinnuneulus), den er durch einen glück— lichen Wurf beim Fiſchkröpfen erbeutet hatte. Königsberg i. Pr. | Heinr. Krüger. Herr Dr. Weibezahn zu „Villa Colonia“ in Bad Nendorf theilt mir mit, daß einige Staare im Frühjahr ſeine Erdbeerbeete arg gerupft hätten, um die betr. Blätter zum Neſtbau zu verwenden — und fragt, wie dieſem ſehr argen Uebelſtande abzuhelfen ſei. Genau dieſelbe Klage wurde mir in Köln und in Bingerbrück vor— getragen und erfuhr ich gleichzeitig, daß man ſich oft nicht anders als durch Er— ſchießen der Vögel ſchützen könne. — Man kann ſich indeſſen leicht auf andere Weiſe ſchützen und zwar dadurch, daß man Federn, Läppchen, Papierſchnitzel, Halme ꝛc. an auffälliger Stelle ausſtreut, welche von den biederen Staaren ſofort dankbarſt an— genommen werden. In kleineren, wohlgepflegten Stadtgärten iſt der Staar, welcher die Niſtſtoffe gern aus der Nähe holt, oft geradezu gezwungen, ſein Neſt lediglich aus grünen Blättern herzuſtellen. Staats von Wacquant-Geozelles. 348 Litterariſches. — Anzeigen. Das Sonnabend den 2. Auguſt d. J. Abends zwiſchen Eisleben und Könnern niedergehende ſchwere Regenwetter tödtete tauſende von Singvögeln und Sperlingen. Erhebungen in der dortigen Gegend würden erſtaunliche Zahlen zu Tage bringen. Als Beleg ſei hier erwähnt, daß unter 4 Schwarzpappeln, welche bei Hof Domnitz (Saalkreis) einem Eiskeller Schutz und Schatten gewähren, am Morgen des 3. Auguſt 314 Sperlinge aufgeleſen werden konnten, welche vom ſtarken Regenguſſe niedergeſchlagen und getödtet waren. Es ſollen faſt nur Junge geweſen ſein, die ſich dieſe Bäume als Obdach gewählt hatten, weil ihnen ein Weizenfeld, welches dicht dabei war, am Tage reichlich Nahrung gewährte; — oder ſollten die älteren Sperlinge widerſtandsfähiger gegen das Unwetter geweſen ſein? Glaubhafter iſt es, bei der angedeuteten Sachlage, daß die Alten vorſichtiger geweſen ſind in der Wahl ihres Ruheplätzchens, und es haben dieſelben gewiß noch zum großen Theil gebrütet. Schwoitſch. Dr. Titus Knauer. Litterariſches. „Studien über einige ſüdamerikaniſche Vögel nebſt Beſchreibung neuer Arten“ iſt eine ſehr verdienſtvolle Arbeit betitelt, welche die Herren Hans von Ber- lepſch und Paul Leverkühn in Heft I, Jahrgang VI der Ornis veröffentlicht haben. Dieſe Arbeit beſchäftigt ſich mit Material, welches von Dr. Behn 1845—1847 auf der Weltreiſe der „Galathea“ und auf einer Landreiſe durch Südamerika geſammelt und im Univerſitätsmuſeum zu Kiel aufbewahrt worden war. Dort lag es bisher nur wenig berückſichtigt und harrte unter vorzüglicher Conſervirung vielfach der Bearbeitung, obſchon Herr Leverkühn ſchon 1889 in Cab. Journ. f. Ornithol. S. 101 aus dieſem Vorrath vier neue Arten reſp. Abarten beſchrieben hatte. Die beiden Herren Verfaſſer haben 35 Species ſüdamerikaniſcher Vögel dem genauen Studium unterzogen, von denen fünf, was beſonders hervorzuheben, in bunter Abbildung beigegeben ſind. 11 neue Arten reſp. Abarten werden aufgeführt: Merula subalaris, Lev. aus der braſi⸗ liſchen Provinz Goyaz; Troglodytes furvus (Gm.) rex, Berl. et Lev.; Cnipolegus orenocensis, Berl. aus Angoſtura; Myiarchus Pelzelni, Berl. aus Goyaz; M. tyrannulus (St. Müll.) chlorepiscius, Berl. et Lev. aus Mattogroſſo; Synallaxis Cabanisi, Berl. et Lev. aus Peru; S. heterocereca, Berl. et Lev. aus Argentiniſch-Cordova; Homorus Galatheae, Lev. aus Angoſtura; Myrmotherula Behni, Berl. et Lev. aus der Gegend von S. Fé de Bogota; Grallaria imperator (Lafr.) intercedens, Berl. et Lev. aus Bahia (?) und Chloroenas plumbea (Vieil.) Bogotensis, Berl et Lev. ebendaher. K. Th. Liebe. Anzeigen. Beſte reine, friſch geſammelte thür. Waldameiſeneier à Liter 85 6, I. ſtaubfreie 1890er gedörrte „ A a Liter 75 d. / und ½ Kilo 1 75 4. empfehle in bekannter ſchöner Waare. Querfurt i. Thür. O. Toepelmann. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. = WW ne > EN N. IE — &: — — 7 nn Sr Sa N ALTEN (late m nn, IN. N Il | JT — — 25 Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von Sablungen: werde nden 5 danten d. Ver. Herrn Meldeamts⸗ Jahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, e A e und erhalten dafür die Monats- zweitem Vorſitzenden des Vereins f N ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. ' Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ ne 55 s Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Str.⸗Inſp. Thiele. e XV. Jahrgang. September 1890 (erſte Lieferung). Ur. 13. Inhalt: Einladung zur Vereins-Verſammlung in Torgau. — Dr. R. Blaſius: Die Vogelwelt anf Helgoland. K. Th. Liebe: Ornithologiſche Skizzen: XV. Der Wanderfalke (F. pe- regrinus). (Mit Schwarzbild.) E. Perzina: Können Schwalben länger faſten? — Kleinere Mittheilungen: Reiher und rother Milan. Schlafplatz vom Sperling. — Litterariſches. — Anzeigen. a Vereinsangelegenheiten. Die nächſte Vereins⸗Verſammlung findet in Torgau, Sonnabend und Sonntag, den 11. und 12. October 1890, ſtatt. Programm. Sonnabend, den 11. Oct., Vorm. 10 Uhr: Begrüßung der Gäſte auf dem Bahnhofe. Mittags ½'2 Uhr: Gemeinſchaftliches Mittageſſen im „Goldenen Anker“. Abends 7½ Uhr: Im „Tivoli“ große Verſammlung mit mehreren ornithologiſchen Vorträgen. Der Eintritt iſt unentgeltlich, aber nur mit Eintrittskarte geſtattet. 25 350 R. Blaſius, Die Einführung von Gäſten iſt geſtattet. Einlaßkarten können in der Buchhandlung von Friedrich Jacob in Empfang genommen werden. g Nach Beendigung der Verſammlung: Feſteſſen im „Tivoli“, bei welchem die Ein⸗ führung von Gäſten ebenfalls erlaubt iſt. Sonntag, den 12. October, Vormittags: Ausflug in das Ueberſchwemmungs⸗-Gebiet. Bemerkung: Beſtellungen auf Gedecke zum Mittag- (4 2,00) und Feſteſſen ( 1,50) ſind bis zum 7. October an den mitunterzeichneten Schriftführer einzuſenden. Torgau, den 27. September 1890. Der Vorſtand des Vereins „Torga“ für Hebung der Geflügelzucht, Vogelſchutz und Vogelkunde: Pietſch, Vorſitzender. Scheidemantel, ſtellvertretender Vorſitzender. Bennwitz, Kaſſirer. Girſchner, Schriftführer. Reiske, ſtellvertretender Schriftführer. Mahlow, Bibliothekar. Fleiſcher, Inventarienverwalter. Jacob, Burghard, Beiſitzer. Die Vogelwarte auf Helgoland. Vortrag des Profeſſor Dr. R. Blaſius aus Braunſchweig, gehalten am 28. Juni 1890 zu Halberſtadt (im Stadtpark Abends 8 Uhr). Meine Herren! Es iſt mir eine außerordentliche Freude, hier heute in Halber- ſtadt ſprechen zu können, in einer Stadt, in der einer unſerer berühmteſten deutſchen Ornithologen ſeit wohl zwei Menſchenaltern gewirkt und geſammelt hat und noch ſammelt: Herr Ferdinand Heine sen., weltbekannt durch ſein Museum Heineanum, brachte nicht nur die Vogelarten aus der Umgegend des Harzes, der Provinz Sachſen, Braunſchweig's, Anhalt's u. ſ. w., ſondern auch die Hauptrepräſentanten aller Vögel der ganzen Erde hier zuſammen. Heute will ich Ihnen von einem ganz anders gearteten Ornithologen ſprechen, der einzig in ſeiner Art da ſteht, inſofern als er, ſtatt, wie Heine Vögel der ganzen Erde zu ſammeln, ſich nur ein kleines Fleckchen Landes, das hoffentlich, wie Sie alle geleſen haben, bald deutſche Erde ſein wird, zum Studium gewählt, und zwar, wie der alte Herr Heine, während der Dauer zweier Menſchenalter. Es iſt Heinrich Gätke, deſſen Bild ich Ihnen dort mitgebracht (iſt an der Seite ein größeres Bruſtbild in Goldrahmen aufgeſtellt) habe, ein Mann, der bereits ſeit 1837 auf Helgoland geſammelt, beobachtet und gewirkt hat. Ich ſtand lange Jahre ſchon mit Gätke in brieflicher Correspondenz, endlich gelang es mir Pfingſten 1890, einen Beſuch der Inſel und hauptſächlich bei dem berühmten Orni⸗ thologen auszuführen. | Helgoland iſt in ornithologiſcher Hinſicht ein Punkt, der auf der ganzen Welt ſeines Gleichen ſucht, er ſteht für alle Ornithologen, die praktiſch beobachten, und nicht blos in Vögelbälgen und Sammlungen arbeiten wollen, einzig in ſeiner Art da. Zunächſt will ich Ihnen, da ich nicht annehmen kann, daß Sie ſchon Alle s land kennen, dieſe Die Vogelwarte auf Helgoland. 351 I. Vogelwarte, wie ſie bezeichnet wurde, etwas näher beſchreiben. Die Reiſe dahin iſt eine ſehr einfache, Helgoland iſt zu erreichen durch regel— mäßige Dampfer von Bremen oder Hamburg, vor Allem aber durch die unterelbiſche Eiſenbahn. Man fährt bis Kuxhafen, beſteigt hier einen der neuen Dampfer und iſt bei gutem Wetter in 3—4 Stunden in Helgoland. Helgoland, die Perle der Nordſee, liegt 44½ Kilometer von der deutſchen Küſte entfernt. Die Inſel ſelbſt hat etwa die Länge von 1700 Meter, eine Breite von 600 Meter, einen Flächeninhalt von ca. ½0 Quadratmeile. Sobald Sie den Leuchtthurm von Neuwerk verſchwinden ſehen, erblicken Sie zwei ſpitze Thürme aus den Fluthen in nordweſtlicher Richtung emportauchen, es iſt dies der Leuchthurm von Helgoland und die dortige Kirche. Helgoland zerfällt in zwei Theile, ein Unter- und ein Oberland. Durch eine 193 ftufige Treppe (die jetzt in der Neuzeit, wo alles bequem gemacht werden ſoll, durch einen Aufzug vervoll— ſtändigt iſt) erreicht man das Oberland. Die untere Partie iſt ſandig, ſie trägt einige Hundert Häuſer, die obere Partie liegt auf einem ſchönen rothen 63 Meter aus dem Meere emporragenden Thonſteinfelſen. Auch hier ſind zahlreiche Wohn— häuſer erbaut. Im Oberland wohnt der Gouverneur von Helgoland und außerdem mein Freund Gätke, von dem ich Ihnen nachher erzählen will. Die obere Partie Helgolands iſt bedeckt mit wenigen Kartoffelfeldern und üppig grünenden Grasflächen. Wer in Helgoland geweſen, hat gewiß von dem Spaziergange in der Kartoffelallee gehört, hauptſächlich aber von dem ſchönen grünen Graſe, auf dem einige wenige milchende Hausthiere weiden. So heißt der alte Spruch: Roth iſt das Land, Grün iſt die Kant, Weiß iſt der Sand, Das ſind die Farben von Helgoland. Etwa 1200 Meter von Helgoland entfernt liegt die 550 Meter lange Düne, ſie wird vollſtändig vom Meere umſpült und als Badeſtrand benutzt. Man fährt in kleinen Böten hinüber, auf der Südſeite der Inſel iſt für Ausnahmefälle, wenn die See hochgeht und die Schiffe nicht abfahren können, ein kleiner Fleck nothdürftig zum Baden eingerichtet. Die Bewohner Helgolands ſind Schiffer und Fiſcher. Sie haben von Jugend auf gelernt, den Gefahren des Meeres, den gewaltigen Stürmen zu trotzen. Sie brauchen ihre Augen, ſie ſehen in weite Ferne, ſind vorzügliche Schützen zu Waſſer und zu Lande, und es findet ſich bei der männlichen Bevölkerung der Inſel eine höchſte körperliche Kraftentwicklung verbunden mit der Fähigkeit, ſcharf zu beobachten. Bei der iſolirten Lage der Inſel kann es kaum vorkommen, daß irgend ein 352 R. Blaſius, Vogel, der auf der Inſel ſich niederläßt, unbeobachtet wieder fortgeht. Man kann ſagen, jeder Einwohner von Helgoland weiß, was iſt heute für ein Vogel auf der Inſel geweſen, wie und wann iſt er wieder abgezogen; man weiß, was regelmäßige Gäſte von Helgoland ſind. Sobald ein Vogel da iſt, der auf Helgoland noch nicht geweſen iſt, ſo wird das dem alten Gätke gemeldet, und nun wird er beobachtet, iſt er eine Seltenheit, ſo wird er erlegt. M. H.! Das iſt ja gewiß Alles ſchon lange jo geweſen, ſchon ſeit Menſchen⸗ altern, aber würde man, wenn man nicht einen ſo tüchtigen Ornithologen, wie unſern Gätke gehabt hätte, von dem Reichthum und den Schätzen Helgolands für Ornithologen irgend Etwas erfahren haben? Damit komme ich zum zweiten Theile meines Vortrages, Ihnen den f II. Vogelwärter zu ſchildern. Im Jahre 1837 wanderte Heinrich Gätke (ein Märker, geboren 1813 in Pritzwalk) als junger Mann nach Helgoland. Gätke war ſchon als Knabe ein beſonderer Liebhaber der Beobachtung im Freien, er intereſſirte ſich mit Vorliebe für Naturgeſchichte, botaniſirte, ſammelte Eier, Schmetterlinge, zeichnete und malte. Die Neigung zum Malen brachte ihn im November 1837 nach Helgoland. Er wollte dort 3—4 Jahre bleiben und hatte die Abſicht, dort ſeinem Studium nachzu⸗ kommen, und ſich als tüchtiger Seemaler auszubilden. Er ſchoß dort in ſeinen Mußeſtunden öfter Vögel, und zunächſt benutzte er dieſelben als Zimmerſchmuck. Dann gewann er immer mehr und mehr Intereſſe daran. Er ſchaffte ſich das Buch unſeres alten Vater Brehm: „Die Vögel Europas“ an, fand aber in dieſem Buche nicht die nöthige Auskunft über Helgoland. Nun kaufte er ſich das große ornithologiſche Werk Naumanns, aber auch Naumann konnte ihm nicht über Alles, was er dort ſah, mehr Auskunft geben. Da wandte er ſich an Ornithologen des Feſtlandes zur Beſtimmung ſeltener Vogelerſcheinungen. Er veröffentlichte einzelne ſeiner Beobachtungen über Vogelarten, und im Jahre 1863 war es mein Vater, der aufmerkſam gemacht durch Gätke's wiſſenſchaftliche ornitho⸗ logiſche höchſt intereſſante Beobachtungen, als Erſter ihm ſelbſt einen Beſuch abſtattete. Die erſten Veröffentlichungen machte dieſer im Jahre 1853, leider, wie alle ſpäteren, außerordentlich kurz und ſpärlich. Die Beobachtungen, die aber dadurch der Welt mitgetheilt, waren einzig in ihrer Art, und ſie laſſen in ihrem wiſſenſchaft⸗ lichen Werthe nichts zu wünſchen übrig. Gätke muß unbedingt als einer der größten und hervorragendſten beobachtenden Ornithologen der Gegenwart angeſehen werden. Mein Vater ſprach ſich im Jahre 1863 dahin aus, daß die Gätke'ſche Sammlung die intereſſanteſte zwiſchen Petersburg und Paris ſei. Es folgte nun Jahr auf Jahr manche ornithologiſche Entdeckung auf Helgoland, Die Vogelwarte auf Helgoland. 353 und, wie das ja immer geht, dieſe Entdeckungen erregten Mißtrauen. Von hoch an— geſehenen Ornithologen wurden Gätke's Beobachtungen angezweifelt. Da war es mein Vater, der dieſes Mißtrauen zuerſt verſcheuchte und offen die unbedingte Zu— verläſſigkeit der Gätke'ſchen Beobachtungen bekräftigte. Seit dieſer Zeit, M. H., können wir Helgoland das Mekka der Ornithologen nennen. Von aller Herren Ländern find die bedeutendſten Forſcher auf unſerem künf⸗ tigen Geſtade in Helgoland geweſen, um Gätke und ſeine Sammlung kennen zu lernen. Ich nenne Eugen v. Homeyer, v. Tſchuſi, Alfred Newton, Tristram, Selys-Longchamps, Cordeaux, Seebohm, Dreſſer, Gurney jun., König u. a. m. Radde wanderte von Kaukaſien nach Helgoland, um Gätke zu ſehen. Gätke ſelbſt iſt 77 Jahre alt, ein ſchöner großer Mann mit prachtvollem ſcharfge— zogenen Geſichte, einer breiten, hohen Denkerſtirn und ſchönem ſchneeweißem Haarwuchs; er hat in dieſem Winter, wie ſo viele, die Grippe gehabt, in Folge deſſen war er der Körperkraft nach nicht mehr ganz der Alte und empfing mich nicht unten am Schiffe, aber im Geiſte iſt er es noch, wie ich ihn mir Jahre lang vorgeſtellt hatte. Gätke ſelbſt hat ein Haus im Oberlande, und in dieſem hat er einen ſchönen großen Saal als Arbeitszimmer mit Oberlicht, wo er vor ſeiner Staffelei mit Palette und Pinſel ſeine ſchönen Seeſtücke malt. An den Wänden ſelbſt ſind in Glaskäſten die intereſſanteſten Vögel aufgeſtellt, die er im Laufe von zwei Menſchenaltern ge⸗ ſammelt hat. Es macht einen wunderbaren Eindruck, in dieſen Räumen zu weilen, wo von allen Ländern her ſchon die bedeutendſten Ornithologen verſammelt waren. M. H.! Ich komme zum letzten Theile meines Vortrages, indem ich Ihnen, ſo weit es die Zeit erlaubt, kurz ſchildern will III. die Reſultate der langjährigen Beobachtungen Gätke's auf der Vogelwarte Helgoland, wie er ſie mir erzählt hat. Zunächſt iſt es hochintereſſant, wie viele Vogelarten dort Gätke auf dieſem kleinen Felſeneilande beobachtet hat. Er hat bis jetzt 396 verſchiedene Vögel dort conſtatirt. Ein größerer Procentſatz kommt aus Deutſchland ca. 200 — 250. Unter den 396 Vogelarten ſind nur 5 Brutvögel, die auf der Inſel ſelbſt ihre Neſter bauen, und ihre Jungen dort großziehen, es iſt dies 1. die Lumme (Uria troile, Linn.), von der ich mir von Helgoland ein Exemplar mitgebracht habe, 2. der Tordalk (Alca torda, Linn.), 3. die Mehlſchwalbe (Hirundo urbiea, Linn.), 4. der Staar (Sturnus vulgaris, Linn.) und 5. ca. 20 Paare Hausſperlinge (Passer do- mesticus, Linn.). Was den Staar betrifft, ſo hat er die Eigenthümlichkeit, daß er nicht im Oberland, ſondern nur im Unterland brütet; er ſucht ſeine Nahrung oben und fliegt dann wieder hinunter, ich glaube der ſtarke Wind im Oberland iſt hierzu 26 354 R. Blaſius, die Veranlaſſung. Von der Mehlſchwalbe ſind etwa einige Dutzend Paare da, außerdem die ſchon genanten 20 Paar Sperlinge. Vor Allem ſind es die Lummen, die auf Helgoland ihr Brutgeſchäft verrichten. Ich habe eine Photographie mitge- bracht, worauf Sie die Brutkolonien unterſcheiden können. Auf dieſem Felſenriffe ſehen Sie hier auf der Photographie eine Reihe von weißen Linien, das ſind wie weißgetünchte Brutplätze, auf denen die Lummen ſitzen, vielleicht 2—3 Tauſend Paare, der Felſen hat eine Ausdehnung von höchſtens 100— 150 Meter Breite. Ich kam zu einer Zeit nach Helgoland, als die Lummen in voller Brutthätigkeit waren, es ſaßen viele Hundert in jeder Reihe, ließen ihren dumpfen Ruf arr, arr, arr, er— ſchallen, ein Theil flog in einer ſchönen Bogenlinie ab, ein anderer kam an. Gätke erzählte mir, daß die Kolonie jetzt von den Engländern außerordentlich geſchont werde, daß ſie aber zeitweiſe auf eine ſehr geringe Zahl beſchränkt geweſen iſt. Jetzt ſchießt man Lummen nur, wenn die Jungen ausgeflogen ſind. Außerordentlich ſchön wäre es, zu beobachten, wie die Lummen es anfangen, ihre flügge gewordenen Jungen von den faſt 200 Fuß hohen Felſen in's Meer hinabzubeſorgen. Gätke ſagte mir, er habe zur Zeit, wo die Jungen ausfliegen, oft nach Sonnenuntergang ſich oben auf die Grasmatte gelegt, mit dem Kopf vor— ſichtig über den Felſenrand hinunterſchauend, und nun beobachtet, wie die Alten es anfangen, ihre Jungen in's Waſſer hereinzulocken. Gätke hörte die Stimmen der Alten, die nämlich unten auf dem Meere ſchwimmen und ein ſehr tiefes arr, arr, arr ertönen laſſen; worauf die Jungen mit einem ganz hohen irr, irr, irr antworten. Es wird nun immer dunkler, unten ſchreien die Alten, dann antworten die Jungen mit ihrem irr, irr, irr, kommen dabei dem Felſenrand immer näher und hören jetzt wieder den Lockruf, ſuchen der Mutter immer näher zu kommen, bis ſie plötzlich das Gleichgewicht verlieren und Kopf über, Kopf unter hinabſtürzen; dort angekommen empfangen ſie Vater und Mutter auf jeder Seite, in die Mitte das Junge nehmend, und dann ſchwimmen ſie hinaus in's weite Meer; Gätke ſagte mir, er habe es Hunderte Mal beobachtet, und das ſei einzig in ſeiner Art, wie die Elternpaare unter Tauſenden von Jungen, die in das Meer herabkommen, immer ihr eigenes Kind herausfinden, und ſofort damit in's offene Meer hinauseilen. Außer den Lummen brütet auch der Tordalk (Alea torda, Linn.) auf Helgoland; ich habe ſelbſt mit dem Fernglaſe 3 Paare conſtatiren können, die entſchieden Alken waren. Die übrigen 391 Vogelarten ſind nur Zugvögel, darunter faſt fürn central- und nordeuropäiſchen Arten und eine große Menge, die aus den fernſten Gegenden Aſien's, Afrika's, Südeuropa's und Nordamerika's dort zuſammengekommen ſind. Einige der intereſſanteſten auf Helgoland erlegten Arten habe ich Ihnen zur Anſicht hier mitgebracht. Man kann alle dieſe Gäſte eintheilen in verſchiedene Gruppen, je nach der Richtung, in der ſie auf Helgoland eintreffen: | Die Vogelwarte auf Helgoland. 355 J. Vögel aus dem fernen Oſten Aſiens: zunächſt 8 verſchiedene Laubvögel, Gelbbrauiger Laubvogel (Phyllopneuste supereiliosa, Lath.), Sibiriſcher Laubvogel 5 tristis, Blyth.), Brauner Laubvogel ( 5 fuscata, Blyth.), Goldhähnchen-Laubvogel ( 5 proregulus, Pall.), Gehäubter Laubvogel 5 coronata, Temm.), Nordiſcher Laubvogel 5 borealis, Blas. ), Grüner Laubvogel 5 viridana, Blyth.), Gelber Laubvogel ( „ mttida, Blyth.); 2 Rohrſänger, Zwergrohrſänger (Acrocephalus caligatus, Licht.), Geſtreifter Rohrſänger (Calamoherpe eerthiola, Pall.); 4 Droſſeln, | Bunte Droſſel (Turdus varius, Pall.), Rothhalsdroſſel „ ruseollis,Pall.), Schwarzkehlige Droſſel (, atrigularis, Temm.), Roſtflügelige Droſſel (, fluscatus, Pall.); 1 Bachamſel, Pallas Bachamſel (Cinelus Pallasi, Temm.); 1 Bachſtelze, Gelbköpfige Bachſtelze (Motaeilla eitreola, Pall.); 1 Pieper, Spornpieper (Corydalla Richardi, Vieill.); 1 Lerche, Sibiriſche Lerche (Pallassia sibirica, Gm.); 4 Ammern, Weidenammer (Emberiza aureola, Pall.), Waldammer (Scheeniecola rustiea, Pall.), Zwergammer (Sceheenieola pusilla, Pall.), Fichtenammer (Schoenicola pityornis, Pall.); 1 Gimpel, | Roſengimpel (Carpodacus roseus, Temm.); 1 Regenpfeifer, Aſiatiſcher Goldregenpfeifer (Charadrius fulvus, Gm.). II. Vögel aus Südoſten: 3 Falken, Leonora's-Falke (Falco Eleonorae, Gene), 20 * 356 R. Blaſius, Röthelfalke (Cerchneis cenchris, Linn), Rothfußfalke (Erythropus vespertinus, Linn.); 2 Schwalben, Egyptiſche Rauchſchwalbe (Hirundo eahiriea, Licht.), Alpenſchwalbe (Hirundo rufula, Temm.); 1 Staar, Roſenſtaar (Pastor roseus, Linn.); 1 Würger, Iſabellfarbiger Würger (Lanius isabellinus, Ehrenbg.); 5 Sänger, Olivenſpötter (Hypolais olivetorum, Strickl.), Blaſſer Spötter (Hypolais pallida, Ehrenbg.), Roſtfarbiger Sänger (Addon familiaris, Menetr.), Feldrohrſänger (Acrocephalus agricolus, Jard.), Sängergrasmücke (Sylvia orphea, Temm.); 1 Droſſel, | Gelbſteißdroſſel (Pyenonotus xanthopygus, Ehrh.); 1 Rothſchwänzchen, | 5 Weißflügeliges Rothſchwänzchen (Rutieilla mesoleuca, Ehrenbg.); 4 Steinſchmätzer, Weißlicher Steinſchmätzer (Saxicola stapazina, Temm.), Ohrenſteinſchmätzer N aurita, Temm.), Wüſtenſteinſchmätzer 6 deserti, Rüppell.), Scheckiger Steinſchmätzer („ morio, Ehrenbg.); 4 Lerchen, Kurzzehige Lerche (Calandrella brachydactyla, Leisl.), Pallas' kurzzehige Lerche (Calandrella pispoletta, Pall.), Mohrenlerche (Melanoeorypha tatarica, Pall.), Kalanderlerche (Melanocorypha calandra, Linn.); 7 Ammern, Braunköpfiger Ammer (Emberiza luteola, Jerd.), Zaunammer E eirlus, Linn.), Zippammer 6 cia, Linn.), Grauer Hortolan . caesia, Cretzschm.), Grauer Ammer 6 einerea, Strickl.), Gimpelammer . pyrrhuloides, Pall.), Kappenammer (Euspiza melanocephala, Scop.); 1 Finke, Die Vogelwarte auf Helgoland. 357 Goldſtirngirlitz (Serinus pusillus, Pall.); 3 Sumpfvögel, Teichwaſſerläufer (Totanus stagnatilis, Bechst.), Grauſchwänziger Stelzenläufer (Himantopus rufipes, Bechst.), Kaspiſcher Regenpfeifer (Charadrius virginicus, Linn.); und 1 Möve, Große ſchwarzköpfige Möve (Xema ichthyaötos, Pall.); im Ganzen 34 Arten. III. Vögel aus dem Süden, darunter a) aus den Alpen: 1 Laubvogel, | Berglaubvogel (Phyllopneuste Bonellii, Vieill.); 2 Krähen, Alpendohle (Pyrrhocorax alpinus, Linn.), Alpenkrähe ( 5 graculus, Linn.); 1 Schwalbe, Alpenſegler (Cypselus melba, Linn.); 1 Flüevogel, Alpenflüevogel (Accentor alpinus, Bechst.); 2 Droſſeln, ä Steindroſſel (Monticola saxatilis, Linn.), Blaudroſſel (Monticola cyanea, Linn.); 2 Finken, Schneefink (Montifringilla nivalis, Linn.), Citronenzeiſig (Citrinella alpina, Scop.); im Ganzen 9 Arten. | b) aus Süd⸗Europa und Afrika: 1 Falken, Lannerfalke (Falco tanypterus, Licht.); 1 Bienenfreſſer, Gewöhnlicher Bienenfreſſer (Merops apiaster, Linn.); 1 Nachtſchwalbe, Hellfarbige Nachtſchwalbe (Caprimulgus aegyptius, Licht.); 1 Sänger, | Schwarzköpfiger Sänger (Pyrophthalma melanocephala, Gm.); 1 Rothſchwänzchen, Mouſſier's Rothſchwanz (Rutieilla Moussieri, L. Oph. G.); 358 R. Blaſius, und 3 Sumpfvögel, Europäischer Rennvogel (Cursorius europaeus, Lth.), Jungfernkranich (Grus virgo, Pall.), Rothbrauner Ibis (Faleinellus igneus, Leach.); im Ganzen 8 Arten. IV. Vögel aus Süd-Weſt-Europa. 2 Sänger, | Kurzflügeliger Gartenſpötter (Hypolais polyglotta, auet.), Provence-Sänger (Melizophilus provineialis, Gm.); 1 Steinſchmätzer, Schwarzer Steinſchmätzer (Saxicola leucura, Gm.) und 1 Würger, Südlicher Würger (Lanius meridionalis, Temm.); im Ganzen 4 Arten. V. Vögel aus dem Weſten und Nordweſten. 1 Sänger, Grüner Waldſänger (Sylvicola virens, Lth.); 6 Droſſeln, Pallas' Droſſel (Turdus Pallasi, Cab.), Wanderdroſſel „ migratorius, Linn.), Kleine Droſſel („ fuscescens, Stephns.), Swainſon's Droſſel (, Spwainsoni, Cab.), Katzenvogel (Mimus carolinensis, Linn.), Rothe Spottdroſſel (Taxostoma rufum, Linn.); 1 Pieper, Amerikaniſcher Pieper (Anthus ludovieianus, Gm.); 1 Dickſchnäbler, Reisvogel (Dolichonyx oryzivora, Linn.); 4 Sumpfvögel, Amerikaniſcher Goldregenpfeifer (Charadrius virginicus, Linn.), Gefleckter Flußuferläufer (Actitis macularia, Linn.), Roſtgelbbäuchiger Strandläufer (Tringa rufescens, Vieill.); 3 Möven, | Roſenfarbige Möve (Rhodostethia rosea, Maegill.), Gabelſchwänzige Möve (Nema Sabinei, Leach.), Bonaparte's Möve (Larus Bonapartei, Swains.); und 1 Ente, Brillenente (Oidemia perspieillata, Linn.); im Ganzen 16 Gäſte aus Nord-Amerika. Die Bogelwarte auf Helgoland. 359 So haben ſich im Laufe der Zeit 95 ferne Gäſte auf Helgoland gezeigt, bei weitem die meiſten aus dem Oſten und Südoſten, verhältnißmäßig wenig aus Süd— weſten. Von einem dieſer Gäſte haben Sie gewiß in letzter Zeit in den Blättern geleſen, nämlich vom Roſenſtaar. Der Fürſt Ferdinand von Bulgarien iſt ein eifriger Ornithologe, die Ankunft großer Schwärme von Roſenſtaaren bei Sofia theilte er neulich Herrn Hoftrath Meyer mit. Mehrere Male hat dieſer ſchöne ſüdöſtliche Vogel ſchon bis Helgoland ſeine Wanderungen ausgedehnt. ö Gätke hat feſtgeſtellt, daß die öſtlichen und nördlichen Vögel im Herbſt, die ſüdöſtlichen und ſüdlichen Vögel faſt regelmäßig im Frühjahr auf Helgoland an— kommen. Ueber die Einzelheiten des Vogelzuges nach den einzelnen Monaten des Jahres hat Gätke höchſt intereſſante Beobachtungen auf der Inſel gemacht. Schon im Januar zeigt ſich auf Helgoland die Lumme, ſie ſucht ihre Brutplätze auf und verſchwindet wieder, dann kommen die Lerchen und Staare, dann treffen im Februar die Wachholderdroſſel, die ſchwarzrückige weiße Bachſtelze, die gelbe Gebirgsbachſtelze, das Braunkehlchen ein. Im März kommt der Bluthänfling, der Bergfink, der Weidenlaubvogel, der erſte eigentliche Sänger des Frühlings, der Grünfink, die weiße Bachſtelze, die Ringel- und Hohltaube und die Krähen. Im April treffen noch eine Reihe von Sommergäſten ein, im Mai die größte Menge, und im Juni die letzten, die Baſtardnachtigall, Sperbergrasmücke, Sumpf- und Schilfrohrſänger, kleiner und rothköpſiger Würger, grauer Fliegenſchnäpper, Mehlſchwalbe und zuletzt die Turteltaube. Schon in der zweiten Hälfte des Juni beginnt der Rückzug der Vögel, und zwar mit nach Tauſenden zählenden Schaaren junger Staare. Im Juli folgen junge Kiebitze, Halsbandregenpfeifer, Tringen, Numenien und Totaniden, im Auguſt die Pieper, Grasmücken und Steinſchmätzer, im September erreicht der Zug den Höhepunkt, im October zeigt ſich die größte Induviduenzahl, zuweilen Hunderttauſende an einem Tage beobachtet. Im November beginnt der Durchzug nordiſcher Vögel wie Tringa maritima, Lanius major, Raubmöven, Sturmvögel und Seetaucher. Dann im December bei mildem Wetter noch Staare, Droſſeln, Bekaſſinen, Schnepfen, bei Kälte e Gäſte, wie Singſchwan, Sägetaucher, Larus leucopterus 2c. Die intereſſanteſten Reſultate hat Gätke aber erlangt in Bezug af die Richtung des Vogelzuges, er hat feſtgeſtellt, daß die Vögel ſich in zwei große Gruppen als Zugvögel theilen laſſen, daß die eine Gruppe von Oſt nach Weit, die andere von Nord nach Süd und umgekehrt zieht. Von der Gruppe, die von Oſt nach Weſt im Herbſte zieht, kann ich Ihnen hier nur einige Arten von den vielen Zugvögeln nennen: erſtens unſere graue Krähe, welche im Winter auch hier bei uns vorkommt, ſie kommt in Schaaren zu Hunderttauſenden von der 360 R. Blaſius, ſchleswigholſteiniſchen Küſte herüber, dann zieht der Weſpenbuſſard auch in großen Schaaren von Oft nach Weſt im Herbſt über Helgoland, dann der Stelzenpieper (Anthus Richardi), ein kleiner ſibiriſcher Laubvogel (Phyllopneuste supereiliosa) und unſer kleines, gelbköpfiges Goldhähnchen (Regulus eristatus, Koch), das ein Jeder von Ihnen wohl kennt. In Halberſtadt haben Sie auch gewiß viele Tannen, und da haben Sie wohl auch im Winter die kleinen Goldhähnchen, geführt von einer Meiſe, in Schaaren von 25 — 30 Stück umherziehen ſehen. Ich habe Ihnen die beiden Arten, das gelbköpfige und das feuerköpfige mitgebracht. | Diefer kleine Vogel kommt bei günstiger Witterung, wenn Südoſtwind herrſcht, zu Hunderttauſenden in Helgoland an. Gätke hat mir erzählt, daß im October 1882 am 7. 8. und 9. October gleichzeitig ſowohl in Helgoland als einige Tage ſpäter auf der ganzen öſtlichen, engliſchen Küſte bis nördlich von Schottland dieſe kleinen Goldhähnchen an ein und demſelben Tage ankamen, nachdem ſie über und an Helgoland vorbeigezogen waren. M. H.! Es iſt dies für die Ornithologie ein ungeheuer wichtiges Reſultat, welches beweiſt, daß die ſogenannte Flußzugſtraßentheorie, wonach die Vögel den Flüſſen nachziehen ſollen, für viele Arten abſolut unhaltbar iſt. Es ſteht feſt, daß dieſer kleine Vogel alſo gleichmäßig an ein und demſelben Tage über die Nordſee herüberzog, den Weg über Helgoland nahm nach der engliſchen Küſte, ſich dann ſüdlich wandte und bis nach Südfrankreich ging. M. H.! Eine andere Zugrichtung geht von Nord nach Süd. Zu den Vögeln dieſer Zugrichtung gehört das ſchöne Blaukehlchen und zwar das rothſternige ſchwediſche, wie es von Linné zuerst beſchrieben wurde. Bei uns kommt brütend nur das weißſternige vor. Dann kommt der Sproſſer, die Nachtigall und verſchiedene hochnordiſche Strandvögel, die in großen Maſſen von Süden nach Norden im Früh⸗ jahr, von Norden nach Süden im Herbſt ziehen. Eine ſehr wichtige Beobachtung Gätke's bezieht ſich auf die Höhe des Wanderzuges, auf die Entfernung, in der die Vögel über unſerer Erdoberfläche durch die Lüfte ziehen. Gätke war in der beneidenswerthen Lage, daß er in Helgo⸗ land zwei ſichere Maaßſtäbe für die Entfernung hatte. Der eine war die äußerſte Südſpitze der Düne von Helgoland, die genau 8000 Fuß vom Felſenrande entfernt it, eine Diſtance, in der Gätke jede graue Krähe ſehen und noch zählen konnte (er hat ein ſehr ſcharfes Auge!); der zweite Maaßſtab iſt die etwas öſtlich von Helgo— land liegende Auſternbank, ſie iſt 22000 Fuß entfernt; eine Flagge von der Flug⸗ breite eines Condors kann man z. B. dort ſofort von der Inſel aus ſehen und ſogar noch die Farben unterſcheiden. | Durch Vergleichen der Größe, in der die Vögel hoch oben in der Luft über Die Vogelwarte auf Helgoland. 361 dem Beobachter erſcheinen, mit der Entfernung der Düne (8000) und der Auftern- bänke (22000) hat Gätke nun ſeine ſicheren Schlüſſe über die Höhe des Vogel— fluges gemacht. Es iſt vielleicht weniger bekannt, daß der ärgſte Räuber der Vogelwelt, der Sperber, ein exquiſiter Zugvogel iſt; derſelbe zieht regelmäßig im Herbſt von Skan⸗ dinavien und Dänemark weg, und kehrt regelmäßig im Frühjahr wieder zurück. Gätke hat bei ſchönen heiteren Herbſttagen Beobachtungen mit vorzüglichen Gläſern und mit bloßen Augen gemacht. Er hat zuerſt feine Punkte ſich oben in der Luft bewegen ſehen und dann bemerkt, wie plötzlich aus dieſen Punkten ſich entwickelnd ein Schwarm von Sperbern auf die Inſel ſich herabſtürzte. Nach dem Maaßſtabe von der Krähe auf der Düne hat er die Höhe von ca. 10000 Fuß mit ziemlicher Sicherheit tarirt. Kleine Vögel, wie z. Be Finken und Goldhähnchen ſind ja ſelbſt— verſtändlich in größerer Entfernung nicht mehr zu ſehen. Gätke hat aber die Beobachtung gemacht, daß, wenn er oben auf dem Plateau der Inſel war, er einige 20 Buchfinken ſich oben aus der Luft niederlaſſen ſah, mit einem Male dann nach und nach in raſcher Folge Tauſende ſich ſenkrecht aus der Luft herunterſtürzten. Die kleinen Vögel ziehen alſo zum Theil auch ſehr hoch über uns hin. Die Schnepfen hat er beobachtet, wie ſie erſt oben am Firmament als Punkt ſich bewegten, dann plötzlich ſich raketenartig auf das Plateau der Inſel niederſtürzten. Aus der Ent- fernung taxirte er die Höhe auf mindeſtens 8 — 10000 Fuß. A. v. Humbold ſah auf dem Cotopaxi, der 13378 Fuß hoch iſt, einen Condor über ſich ſchweben, der wie ein Punkt ausſah; nach dem Vergleich Gätke's mit der Entfernung der Auſtern— bank, wo eine breite Flagge den Farben nach noch zu unterſcheiden iſt, muß man beſtimmt annehmen, daß dieſer Condor mindeſtens 17000 Fuß über dem Cotopaxi geſchwebt, das iſt eine Höhe von 30000 Fuß, in der alſo nachgewieſener Maaßen Vögel ſich noch bewegen und fliegen können. Der Nachweis, daß Vögel in ſo bedeutenden Höhen fliegen und leben können, iſt für unſere ganze Theorie des Vogelzuges von der größten Bedeutung, da ja in dieſen Höhen das Hinderniß des Windes für den Vogel viel weniger eintritt und überhaupt viel geringere Schwierigkeiten für den Flug exiſtiren, außerdem aber Ge— birge wie unſere Alpen bis zu einer Höhe von 14000 Fuß für einen fo hohen Wanderflug nicht das geringſte Hinderniß darbieten können. Der Vortheil einer ſolchen Inſel wie Helgoland iſt, von einem Punkte aus zu beobachten, an dem man nicht mit dem Blick beeinträchtigenden Wäldern zu thun hat und frei überall hin ſeine Augen richten kann. Noch viel intereſſantere Beobachtungen hat Gätke über Schnelligkeit des Wanderzuges gemacht. Eine alte Beobachtung iſt die über den Jagdfalken Heinrich's II., welchen der Falconier in Fontainebleau fliegen ließ, derſelbe kam in 24 Stunden in 362 R. Blaſius, Malta an. Es war ein gezeichneter Falk. Wenn Sie bei dieſer Entfernung rechnen, jo kommen auf eine Stunde 9 geographische Meilen heraus. Eine Brieftaube flog von Gent nach Rouen, 25 Meilen in der Stunde. Eine Brieftaube iſt aber nur ein zahmes Thier, das nicht die volle Kraft des wilden Vogels hat, wie ja bekanntlich alle Thiere, die im Freien leben, ſich kräftiger entwickeln. Wir wiſſen ja dies von den wilden Vögeln, die eine größere Kraftentwicklung zeigen, als die gezähmten. M. H.! Sehr intereſſante Beobachtungen hat Gätke ſelbſt über die Schnellig— keit des Wanderfluges gemacht, und zwar an dem rothſternigen Blaukehlchen. Dieſer kleine Vogel, das reizende Blaukehlchen, überwintert in Aegypten und in Nordafrika. Es iſt beobachtet worden, daß dies kleine Blaukehlchen nach Sonnen⸗ untergang von dort fortzieht, die Schwärme thun ſich zuſammen, ſie erheben ſich in die Lüfte und wenden ſich gegen Norden. Dieſes Thier kommt auf dem ganzen Continent in Deutſchland, Italien und Schweiz im Frühjahr nur ganz vereinzelt vor. Es iſt außerordentlich ſelten dort beobachtet wurden. Merkwürdiger Weiſe kommt nun daſſelbe zumeiſt vor Sonnenaufgang in Helgoland und zwar oft in vielen Hunderten an. Gätke erzählte mir, daß oft in einem Vormittage 50—100 Blaukehlchen (Männchen) gefangen und ihm überliefert worden find. M. H.! Es bleibt kein anderer Schluß übrig als der: daß die Blaukehlchen die 400 geographiſche Meilen in einer Maienacht von 9 Stunden zurückgelegt, alſo 45 Meilen in einer Stunde durchflogen haben. Gätke hat ferner Beobachtungen über unſere Nebelkrähe gemacht, dieſe zieht in zahlloſen Schaaren im Herbſt über die Inſel, der erſte Zug genau Morgens 8 Uhr von Oſt nach Weſt, die letzten Züge, die zu Tauſenden kommen, Nachmittags 2 Uhr. Schaar auf Schaar ziehen ſie über Helgoland fort. John Cordeaux, dem die ſämmtlichen Beobachtungen der engliſchen Leuchtthürme und Beobachtungs- ſtationen zu Gebote ſtehen, ſah die erſten Züge um 11 Uhr Vormittags, die letzten Krähen um 5 Uhr Nachmittags, es find das 80 geographiſche Meilen in 3 Stunden, das macht in einer Stunde ca. 27 Meilen. M. H.! Nun werden Sie die Nebelkrähe wahrlich nicht für einen guten Flieger halten, und doch nimmt ſie 27 Meilen in einer Stunde. Der virginiſche Regenpfeifer, ein amerikaniſcher Vogel, iſt ebenfalls in Helgoland vorgekommen. Dieſer zieht in einem Zuge, wie durch vielfache Beob- achtungen der Schiffer conſtatirt iſt, von Labrador nach dem nördlichen Braſilien, es ſind das 800 Meilen, dieſe 800 Meilen macht der Vogel ohne auszuruhen in einer Nacht, das ſind 56 geographiſche Meilen in 1 Stunde. Gätke hat Brachvögel (Numenius) beobachtet, die die Strecke von dem Felſen | der Inſel bis zur Auſternbank in einer Minute zurückgelegt haben, nehmen Sie 22000 Fuß mal 60, ſo haben Sie eine Schnelligkeit des Fluges von 55 Meilen in der Stunde. Die Vogelwarte auf Helgoland. 363 M. H.! Das iſt doch fabelhaft, ich bin ſo überraſcht von Gätke's Mitthei— lungen geweſen, weil alle die Schwierigkeiten, die die Deutung des Vogelzuges ſonſt für uns hatte, hierdurch aus dem Wege geſchafft ſind. Im Herbſt ziehen die Vögel langſamer, halten ſich aber nicht länger als einen Tag auf Helgoland auf, dagegen ziehen ſie im Frähjahr raſcher zu ihren Brutplätzen. Höchſt merkwürdig ſind die Beobachtungen betreffs des meteorologiſchen Ein— fluſſes auf den Zug. Es finden z. B. bei Nebel keine Züge ſtatt, eben ſo wenig bei Thau und Reif. Im Jahre 1880 vom 21.—28. März war iu Helgoland Oſtwind, ſtilles klares Wetter, alſo ſcheinbar günſtig für den Vogelzug, aber ſehr ſtarker Thau und Reif; kein Vogel ward geſehen. Am 29. März war ſtille Luft und bedeckter Himmel, und ſofort waren Tauſende von Staaren da. An einem Tage wurden 200 Schnepfen in Helgoland erlegt, während an den vorher— gehenden Tagen kein einziger Vogel kam. Sie werden ja wiſſen, daß der Forſtmann ſagt: bei nebligem Wetter iſt ausgezeichneter Droſſelfang. Ja M. H.! woher kommt das? Sobald der Nebel eintritt, kommen die Vögel in den Wäldern an, halten ſich hier länger auf und werden in den Dohnen gefangen. Bei Gewitter und Wetter- leuchten wird der Vogelzug ebenfalls unterbrochen. Ich glaube es war im Auguſt vor 2 Jahren Abends 9—10 Uhr an einem ſchwülen Tage, als ein heftiges Gewitter eintrat, da hörte ich plötzlich in Braunſcheig in meinem Garten in großer Nähe Hunderte von Strandvögel-Stimmen ertönen, die Vögel waren ſo nahe herabgekommen, daß ſie zwiſchen den Häuſern und Tele— graphendrähten hindurchflogen. Angelockt waren ſie wahrſcheinlich durch die Gas— beleuchtung der Stadt, welche für ſie ähnlich wie das Licht eines Leuchtthurms wirkte. Bei dieſer Gelegenheit ſind etwa ein Dutzend gefangen worden. Jetzt iſt dies mir vollſtändig klar; durch das Gewitter waren die Vögel irre geworden in ihrem Zuge, aus höheren Luftregionen waren ſie zur Erde hinabgekommen. Wahrſcheinlich wird die letzte große Wanderung des Steppenhuhnes auf Schnee— ſtürme zurückzuführen ſein, ich bin mit meiner Bearbeitung dieſer Frage, da mir die Beobachtungen aus Rußland noch nicht ſämmtlich zugänglich waren, noch nicht zu Ende, aber ſchon jetzt iſt es mir wahrſcheinlich, daß ſolche elementare Natur— ereigniſſe in Centralafien der Grund der Maſſenwanderung der Steppenhühner nach Europa waren. Sehr merkwürdige Reſultate über den Zug der Vögel nach Alter und Ge— ſchlecht hat Gätke durch ſeine Beobachtungen erlangt. Die Zeit drängt, ich kann Ihnen daher nur noch kurz die Reſultate mittheilen. Der Herbſtzug wird von den jungen Vögeln eröffnet; die jungen Vögel ziehen ca. 6—8 Wochen vor den Alten; fie fliegen nach Gätke von ihren Brutplätzen fort, nachdem ſie ihre Neſter ca. 8 Wochen vorher verlaſſen. Die Alten folgen dann nach 364 R. Blaſius, Die Vogelwarte auf Helgoland. 2 Monaten, die ſchönſten alten Männchen beſchließen den Herbſtzug. Im Anfang des Herbſtzuges waren es nur junge Thiere, dann kamen 6 Wochen gar keine, nach 8 Wochen trafen dann die alten Vögel ein, dieſe Beobachtung hat Gätke viele hundert Male gemacht. M. H.! Wie kommt das? Die Sache iſt ja eine ſehr einfache. Bekanntlich mauſern die Alten, nachdem ſie die Jungen groß gezogen haben, ſie können alſo dann nur ſehr mangelhaft fliegen. Die jungen Vögel hingegen haben in ihrem friſchen Neſtkleid volle kräftige Schwungfedern, und deshalb eröffnen ſie den Zug, ſo kommen z. B. die jungen Staare Ende Juni bis Ende Juli an, im September und October folgen die alten Vögel. So iſt z. B. bei dem Spornpieper aus Sibirien conſtatirt, daß die jungen Vögel bereits 4 Wochen vor den Alten in Helgoland anlangen. Im Frühjahr iſt der Zug umgekehrt, da kommen die alten ſchönen Männchen zuerſt, dann bald die Weibchen, dann immer mehr Weibchen als Männchen und ganz zuletzt junge Vögel vom vorigen Jahre an. Wieder eine Beobachtung von Gätke iſt die, daß nun noch einige Wochen ſpäter die Krüppel oder ſogenannte Marodeure, um einen Armeevergleich zu machen, eintreffen. Das ſind Vögel, denen irgend ein Mangel anhaftet, denen eine Zehe, mehrere Schwanzfedern u. ſ. w. fehlen, und die darum langſamer fliegen mußten und zuletzt in Helgoland eintrafen. Ferner hat Gätke über die ſogenannten Irrgäſte auf Helgoland, welche meiſt aus Amerika verſchlagen ſind, ſehr intereſſante Beobachtungen gemacht, die namentlich die Frage betreffen, ob der Atlantiſche Ocean in einem Zuge überflogen werden kann. Von Neufundland bis Irland ſind ca. 400 geographiſche Meilen, aus dem früher Erwähnten können Sie ſchließen, daß eine Krähe im Dauerfluge 14½ Stunde, und das Blaukehlchen eine Zeit von 9 Stunden zu dieſer Strecke gebraucht. Eine Beobachtung, die ich von Helgoland noch erwähnen will, und die außer⸗ ordentlich für die Schnelligkeit des Vogelfluges ſpricht, iſt eine botaniſche. Gätke ſammelte dort viele Pflanzen zu einem hochintereſſanten Herbarium, worin eine Gruppe von Mittelmeerländerpflanzen enthalten iſt. Es iſt ihm gelungen, auf Helgoland circa 100 Pflanzenarten zu finden die wohl kaum anders als durch Ausſcheidung der Vogel⸗ excremente nach Helgoland verpflanzt ſind. Es iſt nicht anzunehmen, daß ein Samenkorn ſich tagelang im Darmkanal eines Vogels aufhalten wird, da vorausſichtlich der Durch- gang durch den Verdauungskanal in 14—15 Stunden erledigt iſt. Mann kann ſich alſo dies gar nicht anders erklären, als daß die Vögel von Italien, Griechenland und der Türkei höchſtens 15 Stunden gebrauchen, um nach Helgoland zu gelangen; dieſe Beobachtung an den Pflanzen ſpricht unbedingt auch für die e aue Schnelligkeit des Wanderfluges. M. H.! Ich könnte Ihnen noch ſtundenlang erzählen von dem alten Gätke, 5 0 ö K. Th. Liebe, Ornith. Skizzen: XV. Der Wanderfalke. 365 aber die Zeit drängt, ich will zum Schluſſe eilen. Ich hätte daſſelbe thun können, was andere Ornithologen mit Recht gethan, ich erinnere an Homeyer, Selys— Longchamps, Cordeaux, meinen Vater, ich hätte über den Beſuch von Helgoland dicke Bücher ſchreiben, ich hätte Alles das, was mir Gätfe erzählt hat, in der— ſelben Weiſe veröffentlichen können. M. H.! Ich glaube, es war richtiger, das nicht zu thun. Ich habe ſehr gern, als ich von dem Herrn Vorſitzenden des Deutſchen Vogelſchutzvereins um einen Vortrag gebeten wurde, an dem heutigen Abende Ihnen die friſchen Erinnerungen von Helgoland nach mündlichen Mittheilungen meines alten Freundes Gätke hier erzählt, aber, meine Herren, ich hielt es für wichtiger, Schritte zu thun, Gätke zu veranlaſſen, die Reſultate ſeiner 53-jährigen Beobachtungs⸗ zeit niederzuſchreiben und als ſelbſtändiges Werk der Mit- und Nachwelt zu übergeben. M. H.! Die Arbeit Gätke's iſt ſchon lange ſehnſüchtig erwartet. Mein Vater, der 1870 ſtarb, hoffte ſchon vor 20 Jahren auf das Erſcheinen des Werkes, welches er damals als eine der wichtigſten ornithologiſchen Arbeiten betrachtete. Viele Ornithologen, beſonders Seebohm, Newton, von Tſchuſi, Eugen von Homeyer, in den letzten Jahren mein Bruder und ich haben uns die größte Mühe gegeben, Gätke zum Abſchluß ſeines Werkes und zur Herausgabe zu bringen. M. H.! Das iſt mir nun endlich gelungen, und binnen wenigen Tagen wird mit dem Drucke dieſes von allen Ornithologen ſehnlichſt erwarteten Buches begonnen werden. Ich ſchließe mit dem Wunſche, daß der alte ehrwürdige Vogelwärter auf der Vogelwarte Helgolands, mein hochverehrter Freund Gätke, die Freude, fein Lebens— werk der Mit⸗ und Nachwelt übergeben zu können, möglichſt bald in geiſtiger und körperlicher Friſche erleben, und ſich deſſen noch recht lange erfreuen möge. Ornithologiſche Skizzen. Von K. Th. Liebe. XV. Der Wanderfalke (F. peregrinus). (Mit Schwarzbild.) Früher faßte man alle Tagraubvögel, ſofern ſie nicht zu den Geiern oder in deren Nähe gehörten, unter dem Geſchlechtsnamen Falco zuſammen, während man die Geier (Linné auch den Lämmergeier mit) unter dem Geſchlechtsnamen Vultur aufführte. Später ſchied man die große Menge der einzelnen Falco-Typen in kleinere und immer kleinere Gruppen, benannte letztere und erhob dieſe Namen zu Genus— namen. Der Name Faleo ward zunächſt nur denjenigen Tagraubvögeln belaſſen, welche ſich durch einen gut ausgebildeten Zahn an der Schneide des Oberkiefers aus— zeichnen. Mit Recht nannte man dieſe Gruppe „edle Falken“. Leider wurden aber 366 K. Th. Liebe, auch von dieſer Gruppe neue Geſchlechter abgeſpalten, ſo daß bei den Edelfalken (Falco) von in Deutſchland vorkommenden Falken nur noch Baumfalke ee subbuteo, Lerchenfalke), Wanderfalke und Gyrfalke verblieben. Die Edelfalken im weiteren Sinne des Wortes verdienen ihren Namen voll⸗ kommen, denn es ſind eben die edlen unter den falkenartigen Vögeln, aber leugnen läßt ſich nicht, daß jene drei genannten Arten, welche das Geſchlecht Faleo im engſten Sinne bei uns jetzt repräſentiren, ſich von ihren nächſten Verwandten als die edelſten abheben. Es zeigt ſich das Edle in der vornehmen Haltung der Vögel, in der Schnelligkeit und Gewandtheit des Fluges, in den Linien der Flugbewegung und der Körperumriſſe, in dem Ausdruck des Geſichtes und beſonders des Auges, in ihrer klugen Vorſicht Gefahren gegenüber, in dem offenen Angriff auf ihre Beute, dem kein hinterliſtiges Beſchleichen voraufgeht. Leider ſind dieſe edelſten Räuber im Binnenlande Deutſchlands vielorts recht ſelten. Vom hochnordiſchen Jagdfalken (P. candicans Gmel.) verfliegen ſich ſehr ſelten einmal Junge an unſere Küſten, und eben jo ſelten iſt der mehr ſüdliche Schlachtfalke (F. saar Sehleg.). Etwas häufiger, aber immer noch ſehr ſelten, erſcheint der ebenfalls mehr nordiſche Gyrfalke. Der kleine, prächtige Baumfalke, welcher ſonſt zwar nicht häufig, aber doch allenthalben vorkam, wo ſich Felder mit angenehmen Wäldchen und Waldrändern miſchten, iſt in den letzten Dezennien immer ſeltener geworden. In erhöhtem Maße gilt letzteres aber vom Wanderfalken. f Was Oſtthüringen betrifft, ſo brütete in meiner Jugendzeit der Wanderfalke, den unſere alten Jäger damals Steinfalke nannten, wahrſcheinlich weil er in Fels— klippen horſtete, in den felſigen Thalgewänden der Göltzſch, Elſter, Saale und an anderen paſſenden Oertlichkeiten. Dieſe Zeiten ſind vorüber. Nicht einmal zur Zug⸗ zeit ſieht man ihn jetzt bei uns ſo häufig wie früher, wie denn überhaupt die Menge der durchziehenden Individuen in Oſtthüringen ſehr erheblich abgenommen hat. Als ſicher habe ich mit gut beobachtenden Freunden im Laufe der letzten beiden Jahr⸗ zehnte feſtgeſtellt, daß in Oſtthüringen ſich beträchtlich reducirt haben die Schaaren der durchziehenden Raubvögel (Falkoniden), Waldſchnepfen und Bekaſſinen, Störche, Reiher, Brachvögel, Zeimer, Weindroſſeln, Ringdroſſeln, Gimpel ec. Ob hieran nun eine Abnahme der betreffenden Vögel im Allgemeinen ſchuld iſt, oder ob nicht viel- mehr unſer Oſtthüringen durch die Entwaldungen, die ſich in dem letzten halben Jahrhundert vollzogen haben, und durch die ſtarke Entwickelung vieler Induſtrie⸗ diſtrikte den Wandervögeln dieſes Stück der ehemaligen Zugſtraße verleidet, oder endlich, ob beide Urſachen zugleich wirkſam ſind, darüber läßt ſich discutiren. Schon Ende der vierziger Jahre fingen die „Steinfalken“ an, recht rar zu werden, und als ich nach der Zeit der Wanderjahre zurückkehrte in die oſtthüringiſche Heimath, ſuchte zur Zugzeit im Spätſommer das Auge die altbekannten Grenzſteine —— ET Ornith. Skizzen: XV. Der Wanderfalke. 367 und Feldbäume umſonſt ab, wo ehedem die edlen Räuber ſo regelmäßig zu raſten pflegten. Die Sonne leuchtete ſo einladend herab auf die zur Zeit menſchenleeren und ruhigen Gefilde, aber es zogen die Raubvögel nicht mehr wie ſonſt mit aus⸗ ſetzenden Flügelſchlägen, bald in geraden Linien, bald in prächtigen Kurven über die Felder dahin den Waldrändern zu. Und ſo blieb es die ganze Zeit daher. Um ſo größer war die Freude, als ich einſt im ſpäteren Frühling 1872, heim— kehrend von der geologiſchen Aufnahmearbeit, auf einer einzeln ſtehenden Kiefer einen größeren Raubvogel hocken ſah, der nach der Größe und aufrechten Stellung, nach dem eingezogenen Kopfe und dem ſchwarzen Schnauzbarte nur ein Wanderfalke ſein konnte. Und richtig — bald lenkte ein raſch hinter einander ausgeſtoßenes hell— tönendes „fliak“ die Blicke nach oben, wo ein zweiter Falke in reizenden Flugſpielen zeigte, daß ſtaunenswerthe Kraft und beweglichſte Gewandtheit ſich vereinigen müſſen, um den Vogel zum Herrſcher des Luftreiches zu machen. Die Oertlichkeit iſt dort jo geeignet, für die Falken ein gutes Jagdgebiet abzugeben: das Elſterthal bildet hier ein weites fruchtbares Becken, welches nach Norden, nach Gera zu, ſich durch einen Gebirgsſattel verſchließt. Dort hat ſich die Elſter einen ſchluchtartigen Austritt in das Niederland ausgewaſchen, der ſehr an die Porta Weſtphalica erinnert. Im Süden anderſeits ſchließt ſich der weite Thalkeſſel durch die mächtigen Bergſchwellen ab, welche die Flußthäler ſofort einengen und waldbeſtandene Bergflanken erzeugen. In dieſer Thalrotunde fehlt es nicht an Feldgehölzen und einzelnen Feldbäumen, namentlich nicht an den bekannten Landesgrenzſteinen und Raingebüſchen. Kein Wunder daher, daß ich hoffte, das Falkenpaar möchte in der Nähe ſeinen Horſt haben. Und richtig — täglich ſtreifte das Falkenpaar in ſpäter Nachmittagsſtunde durch jenes Terrain. Wenn dabei einmal eine einzelne Rabenkrähe mit dem be— kannten kurz abgebrochenen Alarmruf aus einem Waldſtück emportauchte, um die Verhaßten zu necken, ſo kehrte ſie regelmäßig nach ganz kurzem Verſuche wieder um, um ſich möglichſt ſchnell in der Tiefe des Waldes zu bergen. Die Krähen hatten Furcht und wohl mit Grund, denn zweimal fand ich auf Feldrainen Reſte von Krähen, denen das Bruſtfleiſch und die edleren inneren Theile von den Falken heraus— geholt waren. Jene einzelnen Krähen, welche Verſuche machten vorzuſtürmen, mochten wohl durch Warnungsſignale zurückgehalten werden. Daß ſich Krähen auf den Erd— boden geſetzt hätten, um ſich vor den Falken zu ſchützen, habe ich jedoch nicht ge— ſehen. Ueberhaupt habe ich dieſe Falken nur recht ſelten — im Ganzen zweimal mit glücklichem Erfolg auf Tauben und einmal auf einen Staar Jagd machen ſehen. In der Regel zogen ſie ihres Weges, ohne ſich um andere Vögel zu kümmern, oder ſie ruhten faul auf irgend einem Hochſitze aus. Ihr Revier war wohl groß und reich genug, um ſie leicht zu ernähren, Au ei find ja weder wüſte Freſſer noch mordluſtige Blutliebhaber. 368. K. Th. Liebe, Nach einigen weiteren Tagen erſchien nur noch ein Falke. Da nun dem Raub⸗ vogel gegenüber der Flintenbeſitzer ſeiner Schießluſt unter allen Umſtänden, wo ſich die Gelegenheit bietet, die Zügel ſchießen läßt, fürchtete ich ſchon, daß einer der edlen Waidgeſellen dem mörderiſchen Blei zum Opfer gefallen ſei. Aber einige Tage dar⸗ auf ſah ich wiederholt den einen von den Falken auf ſeinem Revier, und hielt es nun für wahrſcheinlich, daß der andere brüte. Infolgedeſſen ſuchte ich viele Tage hindurch die felſigen und waldigen Wände des Elſterthales bis hinauf nach Plauen ab, durchſtreifte alle Seitenſchluchten und ließ nach meinem beſten Wiſſen keinen Fels⸗ vorſprung, keinen überſtändigen Baum unbeſichtigt, — aber umſonſt. Zweimal, ein⸗ mal des Morgens und einmal gegen Abend, ſah ich den einen Falken mit irgend welcher Beute in den Fängen ſüdweſtwärts oben dahineilen, und durchſuchte nun das Weidathal, deſſen Gehänge zwar weniger felſig wie die oben genannten, aber doch damals mit ſchönen alten Waldparzellen beſtanden waren, — wieder umſonſt. Zuletzt half mir ein glücklicher Zufall. Ich ſtieg eines Tages in jenem oben beſchriebenen offenen Thalkeſſel durch eine kleine, von Buſchholz überwölbte, im Lehm der Thalflanke ausgewaſchene Schlucht hinauf, um zu unterſuchen, ob das Geſtein im Liegenden des Lehmes irgendwo durch das Regenwaſſer bloßgelegt ſei. Da hörte ich oberhalb den Ruf eines Raubvogels, ähnlich dem eines Wanderfalken. Ich ſtieg vorſichtig gedeckt weiter und ſah zwei junge Wanderfalken auf dem weit horizontal vorgeſtreckten Aſte einer alten Kiefer ſtehen, aber nicht mit eingezogenem Kopfe, ſondern mit geſtrecktem Halſe und offenbar halb neugierig, halb ängſtlich Umſchau haltend. Vor ihnen, die mit den Geſichtern weſtwärts der ſchon faſt abendlichen Sonne zu⸗ gekehrt waren, übte der kleinere von den beiden Alten, alſo das Männchen, ſeine prachtvollen Flugkünſte, indem er bald mit ſchnellem Schlage der ſpitzen und ſchmalen Flügel horizontal gegen den friſchen Südweſtwind hinausruderte, bald aber auch plötzlich mit prachtvoller Schwenkung und halb angezogenen Flügeln ohne Flügelſchlag ſchräg abwärts fuhr und dann wieder jäh nach oben ſtieg, bald wieder mit faſt recht⸗ winkligem Haken ſeitwärts flog und ſich rückwärts halb vom Winde tragen ließ. Wollte er die Jungen unterrichten? Wollte er ihnen Muth machen? — Es ſah ſo aus; es wird aber wohl das Männchen nur ſeinem Frohgefühl durch das Fliegen Ausdruck verliehen haben, denn durch die tönenden Rufe thun die ſonſt ſchweigſamen Geſellen das nur zur Paarungszeit. Da erſchien das Weibchen — von welcher Richtung her hatte ich in meinem Verſteck nicht ſehen können. Nach einigen wenigen Aufkreuzungen gegen den Wind zog es ſich mit einer prachtvollen Seitenſchwenkung auf den Raum hinter der Kiefer zurück und flog nun mit langſamem Flügelſchlage an dem einen Jungen vorüber, aber ſo dicht, daß ſein Flügel letzteres ſtreifte und aus der Haltung brachte. Es hatte ſich aber auf dem Aſte gut eingehakt und brachte ſich, ohne loszulaſſen, flatternd Ornith. Skizzen: XV. Der Wanderfalke. 369 wieder in die alte Poſitur. Sofort verſuchte es die Mutter, nachdem ſie wieder hinter den Baum zurückgeeilt, mit dem andern Jungen. Hier gelang es beſſer: ſie ſtreifte mit dem Flügel das Junge mit größter Leichtigkeit herab und letzteres begab ſich mit flachem Bogen nach unten weit weg in der Richtung, in welcher das Männchen von Zeit zu Zeit hinter dem mich bergenden Buſchwerk noch ſichtbar wurde. Das Weibchen aber nahm ſich nun des anderen Kindes an und ſtieß es ganz in derſelben Weiſe vom Aſte wie das erſte. War nun letzteres auf den Streich nicht ſo vorbereitet wie ſein Geſchwiſter, oder waren ſeine jugendlichen Glieder nach des Tages Arbeit übermüdet, — der Erfolg war ein anderer: es fiel faſt bis zum Boden herab und kehrte, nachdem es ſcheinbar mühſam, ein wenig taumelnd, gegen den Wind ſich gehoben, wieder auf ſeinen Baumaſt zurück. Die Mutter ließ ihm aber keine Ruhe und ſtreifte nach kurzer Raſt wieder recht nahe am Kleinen vorbei, ohne daſſelbe aber zu berühren, als ob ſie ihm genau vormachen wolle, wie es ſich zu halten und wie es die Flügel zu bewegen habe. Ich hegte die ſtille Hoffnung, daß das offenbar zu frühzeitig dem Horſt entwichene Junge zu ſehr abgemüdet werden und ſchließlich ſich greifen laſſen würde. Dieſe Hoffnung war aber eine eitle, denn die Alte ſtieß plötzlich einen kurz abgebrochenen Schrei aus, der faſt wie „kak“ klang und den ich ſonſt nicht bei Wanderfalken gehört habe, und ſtieß haſtig das Junge mit beſtem Erfolge vom Aſte herab. Wahrſcheinlich hatte es irgend etwas Ver— dächtiges, vielleicht mich ſelbſt in meinem Verſteck geſehen, und war nun das Junge durch den Schrei ängſtlich geworden und ſpannte infolgedeſſen ſeine Kraft gehörig an. Wenigſtens ſtrichen beide ziemlich BR nach Südweſten ab, den großen Waldungen an der Auma zu. Nachdem ich mehrere Tage vergebens gewartet, daß die Falkenfamilie ſich hier auf ihrem Jagdrevier wieder zeigen ſollte, führten mich meine geologiſchen Wege hinauf in das obere Aumathal, und hier ward mir am Vormittag die Freude, alle vier Stück wieder bei herrlich blauem Himmel mit dem Südweſt ſpielen zu ſehen. Die Jungen waren ſichtlich vorgeſchritten in ihrer Erziehung: bewieſen ſie auch noch nicht die Kraft und Anmuth und Schnelligkeit der Alten, ſo war doch ihr Treiben in der Luft ſchon ganz unverkennbar edelfalkenartig und nicht mehr ſo wie bei unſerm erſten Begegnen, wo das Flugbild der Jungen etwas recht Unbeholfenes hatte und eher an Krähen erinnerte. Hier führte mich gegen Abend ein alter Waldläufer auch zu dem ſo lange ver— geblich geſuchten Horſt. Der alte Graurock hatte letzteren frühzeitig entdeckt und darauf ſpekulirt, die Jungen auszuheben und mir zu bringen (in der ſehr richtigen Vorausſetzung eines guten „Bakſchiſch“) und zugleich die Alten abzuſchießen. „Den Hinnern thaten ſe gu niſcht,“ motivirte er ſeinen löblichen Entſchluß, die Zeit des Flüggewerdens abzuwarten, mit einer Art naiven Entſchuldigungsverſuches. Das 370 E. Perzina, Können Schwalben länger faſten? war ja richtig: dieſe edlen Falken ſtoßen nie auf Vögel, die wie die Haushühner auf dem Erdboden ſitzen oder laufen, — ſicher weil die Wucht ihres Stoßes zu groß iſt und ihnen in ſolchem Falle zum Verderben gereichen würde. Möglicherweiſe rauben auch dieſe edlen Falken nicht leicht in der größeren Nähe ihres Horſtes, wie dies die Habichte — wenigſtens da, wo ſie verfolgt ſind — und wie dies die Füchſe ſicher auch ſorgfältig vermeiden. Wenigſtens behauptete der Alte, ſie hätten ſeinen Tauben auch nichts gethan, obſchon er zugab, daß ſie Feldtauben in reichlichem Maße zu Horſte gebracht hätten, ſo lange die Jungen klein geweſen. N Der Horſtplatz war bemerkenswertherweiſe weder auf einem ſehr hohen Baume noch auf einem Felſen, überhaupt nicht auf felſigem Gebiet, ſondern trotz der großen Nähe felſiger und zugleich waldiger Thäler auf der ſehr flach geböſchten Thalwand der oberen Auma, — allerdings abgeſehen von einigen „Kleinhäuſeln“, recht abge⸗ legen und einſam. Hier hatten die Thiere eine etwa 30 em ſtarke Tanne zum Horſten gewählt, deren Gipfel durch Schnee oder Wind weggebrochen war und von deren übrigen Aſtquirlen nun der oberſte ſich kräftig ſeitlich nach oben entwickelt hatte. Hier hatte auf zwei dicht neben einander ſtehenden Aeſten des oberſten Quirles ein altes Krähenneſt geſtanden, das man noch deutlich unterſcheiden konnte. Daſſelbe war breit überbaut, aber jedenfalls ſchon vom vorigen Jahre her, denn das aufgeſetzte Geäſt und Geniſt wies die Spuren höheren Alters auf. Vielleicht hatten Fiſchadler oder Buſſarde auf dem ſchön vorbereiteten Plätzchen ihr Heim aufgeſchlagen gehabt, und ſpäter waren die Falken durch die bequeme Gelegenheit veranlaßt worden, hier ihr Domizil aufzuſchlagen. | Das Modell zu dem beigefügten Schwarzbild ift im Beſitz des Künſtlers und ſtammt aus der Sammlung des verſtorbenen J. Kratſch in Kleintauſchwitz bei Alten⸗ burg, eines trefflichen Beobachters und vorzüglichen Präparators. Die Scene aber hat Herr Profeſſor Göring ſelbſt in ſeiner Altenburgiſchen Heimath erlebt und mit Künſtlerauge im Gedächtniß fixirt. Der große Vogel, welcher auf dem Bilde oben herbeiſchwebt, war ein Rauhfußbuſſard, welcher dem Falken ſeine Beute abjagen will. Er hat dabei allemal Glück, denn der Falke überläßt ſie ihm ohne Kampf, als ob ſeiner vornehmen Natur eine Berührung mit ſolchem ungeſchlachten plumpen Geſindel zuwider wäre. Können Schwalben länger faſten? Von E. Perzina. In Nummer 11 unſerer Ornith. Monatsſchrift wurde die Frage ventilirt, ob der Mauerſegler einige Tage ohne Nahrung auszuhalten vermöge? Ich erlaube mir hierauf mitzutheilen, daß alle Schwalbenarten ohne Schaden einige Tage ohne Nahrung ſein können; ich pflege ſchon ſeit Jahren die verſchiedenen Schwalbenarten Ornith. Monatsschrift d. Deutschen V. z. S. d. Vogelwelt. VII N LRTPZTO. FISCHER & WITTIG [I (Falco peregrinus, Tunst). Der Wanderfalk Kleinere Mittheilungen. 371 in Gefangenſchaft, habe bis auf Alpenſegler und Felſenſchwalbe alle beſeſſen, und be— ſitze gegenwärtig drei Arten: H. rustica, H. riparia und Caprimulgus europaeus. Alle dieſe Arten, welche, einmal eingewöhnt, mehrere vorzüglich Jahre aushalten, nehmen im Anfang ihrer Gefangenſchaft oft mehrere Tage kein Futter an, indem ſie eingeſtopftes ausſpeien. Nach mehrtägigem Faſten nehmen ſie dann gewöhnlich das eingeſtopfte Futter an, d. h. ſchlingen es hinunter und lernen ſpäter ſelbſt freſſen. Meine Caprimulgus nehmen, wenn kaltes und regneriſches Wetter herrſcht, oft zwei Tage nach einander abſolut keine Nahrung an, ohne daß ihnen dies im Geringſten ſchadet. Eine H. rustica, welche ich über drei Jahre pflegte, und welche heute noch bei einem anderen Beſitzer lebt (im Ganzen ſeit 5 Jahren in Gefangenſchaft), wurde eines Tages vermißt. Ich geſtattete dieſem Vogel nämlich täglich einige Zeit im Zimmer herumzufliegen, — vier Tage darauf wurde die Schwalbe in einer Vaſe, in welche ſie gefallen war, ohne mehr aus derſelben heraus zu können, gefunden. Aus dieſem Gefängniß befreit, war ſie ſo munter, als ob gar nichts geſchehen wäre. Ich finde die Fähigkeit der Schwalbenarten, einige Tage ohne Nahrung leben zu können, ganz natürlich; wie viel wird eine Schwalbe an einem kalten, ſtürmiſchen Regentage im Freien finden! Kleinere Mittheilungen. „Wenn in den leider verſchwundenen Zeiten der Falken- oder beſſer Reiher— Baize der Reiher die Falken auf ſich zuſchießen ſah, ſo war häufig das erſte, was er that, daß er die zuletzt genoſſene Nahrung ausſpie.“ So las ich vor vielen Jahren, nicht ahnend, daß ich dieſen Vorgang thatſächlich noch einmal mit eigenen Augen ſehen ſollte. — Im Sommer 1887 kam ein ſchwerbeladener Reiher (A. ein.) vom Bache geſtrichen und ſtrebte über eine Waldhöhe fort. Ihm folgte eilenden Fluges ein rother Milan (Milv. regalis Cuv.) und umkreiſte dann, ſich immer höher und höher ſchraubend, den dieſelbe Flugbewegung ausführenden Fiſcher. Nach 8—10 weiten Kreiſen eilte der Reiher wieder in horizontaler Richtung weiter und ſpie dann, des Treibens müde, offenbar aber auch geängſtigt, ſeinen Ballaſt aus. Der Milan ſenkte ſich zur Erde und wurde nun dort ſeinerſeits wieder durch zwei Raben-Krähen arg beläſtigt. — Schmarotzerleben! — Staats von Wacquant-Geozelles. Schlafplatz vom Feldſperling (Passer montanus). Ca. 60 Schritt von unſerem Gehöft entfernt liegt auf freiem Felde ein Brunnen mit vorzüglichem, ſehr eiſenhaltigem Trinkwaſſer. Derſelbe verſorgt das ganze Dominium, mit dem er durch eine Leitung verbunden iſt, mit ſeinem „Naß“ und iſt in Folge deſſen, um Ver— unreinigungen fern zu halten, mit einem kleinen Häuschen überbaut, das außen ein Ziegel-, innen ein Rohrdach trägt und deſſen Doppelthür mit Rinde ausgefüllt iſt. Oben ein wenig unter dem Dache ſind überall zweizöllige Drainröhren eingemauert. 372 Litterariſches. — Anzeigen. Heute Abend gegen 5¼ Uhr gehe ich in einiger Entfernung bei dem Brunnenhäuschen vorbei und ſehe zufällig einen Passer montanus ein Weilchen vor einer Röhre rütteln und dann in dieſe hineinkriechen. Schnell duckte ich mich hinter einen Strauch und beobachtete nun, daß noch ca. 20 Stück auf dieſem „ungewöhnlichen Wege“ ins Innere des Brunnenhäuschens gelangten. Nun war aber auch der äußere Theil der Doppelthür ſchon recht morſch und hatte ſich ein wenig geſenkt, ſofort waren die pfiffigen, durchtriebenen Geſellen in das Häckſel gekrochen und hatten ſich ordentliche Gänge gebohrt, in denen ſie ſicherlich ſchon ſehr lange kampiren, denn alle find voll Koth. Schlaupitz (Dom.), den 25. Auguſt 1890. Karl Knauthe. Litterariſches. „Ornithologiſches Jahrbuch. — Organ für das paläarktiſche Faunengebiet“ herausgegeben von Viktor Ritter von Tſchuſi zu Schmidhoffen. Es iſt nun eine Reihe von acht trefflichen Heftchen, die vor uns liegt und auf die wir mit der inneren Befriedigung in Erfüllung gegangener, etwas zaghafter Hoff⸗ nung blicken. Der Name des Herausgebers war ja Bürge, daß die Zeitſchrift nur Tüchtiges enthalten werde, — in dieſer Hinſicht war man daher zu hoher Erwartung vollberechtigt und ohne Sorge; das Zagen entſprang lediglich den Erfahrungen aus vergangenen Zeiten, welche uns lehrten, wie oft ſchon derartige wackere Unternehmungen am Mangel an Theilnahme geſcheitert. Das Ornithologiſche Jahrbuch hat ſich durch dieſe Klippen hindurch ſteuern laſſen, und dazu wünſchen wir von Herzen Glück. Der Inhalt der Zeitſchrift iſt vorzugsweiſe ſyſtematologiſcher, biologiſcher und zoogeographiſcher Natur und beſchränkt ſich auf die gemäßigte und kalte Zone der alten und neuen Welt. Der Charakter der Publikationen iſt ein mehr wiſſenſchaftlicher, wenn auch der Diktion die Allgemeinverſtändlichkeit im Durchſchnitt durchaus nicht mangelt, wie ſchon die Namen der zahlreichen Mitarbeiter es nicht anders erwarten laſſen. Die Ausſtattung der Hefte iſt eine geſchmackvolle. Jedes Heft iſt im Durchſchnitt 1½ Bogen | ſtark. In dem einen der vorliegenden Hefte befindet fich eine ſehr hübſche bunte Tafel, darſtellend die in Südoſteuropa als Seltenheit vorkommende Marmelente (Anas mar- morata Temm.) aus der Herzegowina, welche zu einer Abhandlung von O. Keiſer ge⸗ hört: „Drei für die Ornis Oeſterreich-Ungarns neue Vögel.“ Möge dieſes verdienſtliche Unternehmen fröhlich weiter gedeihen. K. Th. Liebe. Druckfehlerberichtigung. In Nr. 10 und 11 d. Jahrg. unſrer ornith. Monatsſchrift hat ſich in den von mir eingeſandten „kleinen Mittheilungen“ ein Druckfehler eingeſchlichen. Das Schloß unweit München, welches ich nannte, heißt nämlich Haimhauſen nicht Hoimhauſen, was ich zu berichtigen bitte! A. Graf v. Geldern. Anzeigen. Gut ausgeſtopfte Vögel habe ſtets preiswerth abzugeben. Friſch erlegte Vögel, beſonders Adler und ſonſt ſeltnere Sachen, ſuche zu kaufen. J. G. Fleig, Conſervator, Hornberg i. Baden. Californiſche Schopfwachteln habe in ſchönen Exemplaren pro Paar 20,00 abzugeben. Underborg, Hamburg (Schulterblatt 156). Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. Ss Ih "& I. Denifhen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von Mane ag ner & S-Rei unf 5 7 : danten d. Ver. Herrn Meldeamts= aug dehnten drs Han Mast Hofrath Prof Dr. Liebe in Gera, aufen Khmer inBei erben. io u pofffrei. zweitem Vorſitzenden des Vereins, Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, | Str.⸗Inſp. Thiele. ſoweit der Raum es geſtattet. XV. Jahrgang. September 1890 (zweite Lieferung). Ur. 14. Inhalt: An die geehrten Vereinsmitglieder. — Paul Mangelsdorff: Die Dreifarben— kalliſte (Calliste tricolor). (Mit Abbildung nach dem Leben in Buntfarbendruck.) Ewald Zie— mer: Etwas vom Sandkiebitz (Charadrius curonicus Gm.). Leverkühns Ornithologiſcher Leſe— eirkel. — Kleinere Mittheilungen: Ueber Vogelneſter. Sprachtalent des Staares. Pinguine als Wetterpropheten. — Litterariſches. — Anzeigen. An die geehrten Vereins mitglieder. Unſer Vereinskaſſirer und Rendant, Herr Rohmer in Zeitz, hat uns die Mit⸗ theilung gemacht, daß noch circa 2000 , Beiträge im Rückſtande ſind. Nach früheren Beſchlüſſen und eingeführtem Brauch wird Herr Rohmer vom 15. October ab mit der Einziehung der Beiträge für 1890 durch Nachnahme mit der Poſt vorgehen. Wir verabſäumen nicht, dies hiermit bekannt zu geben. Gleichzeitig geben wir noch bekannt, daß Ende dieſes Jahres ein Mitglieder— Verzeichniß herausgegeben werden wird. Sollten Veränderungen im Aufenthalt oder Standes⸗Erhöhungen vorgekommen ſein, welche der Rendantur und uns bisher noch 27 * 374 Paul Mangelsdorff, nicht mitgetheilt worden ſind, erſuchen wir, dieſe Mittheilung unſerm Rendanten, e etwa mittelſt Poſtkarte, bis zum 26. October freundlichſt machen u wollen ’ Nach dem Vorgang anderer Geſellſchaften ſcheinen verſchiedene unſerer Mitglieder es als recipirten Brauch anzuſehen, daß die Jahres-Beiträge durch Poſtnachnahme eingezogen werden. Dem gegenüber möchten wir ergebenſt 90 87 aufmerkſam machen, daß dies Verfahren koſtſpieliger iſt, und daß außerdem daraus unſerem Rendanten eine gar nicht unbedeutende extraordinäre Mühewaltung erwächſt. | Der Ver eins = Vorſtand. Die Dreifürbenkaliiſte ( (Calliste tricolor). Von Paul Mangelsdofrff. (Mit Abbildung nach dem Leben in Buntfarbendruck.) In unendlicher Wiederholung ſteil emporſtrebender Berge, ſpitzgezackter Gipfel, langer Kämme, ſenkrecht abfallender kahler Wände, rundlicher Hügel, unvermittelt hervorragender Felskegel, die alle ſcharf und gleichmäßig gefärbt, ſchließlich am Horizonte faſt ohne jenen lieblich blauen Duft verſchwimmen, der in unſerer ge⸗ mäßigten Zone ſchon die nächſten Berge zu umhüllen pflegt, unſere Landſchaft ſo anziehend macht und ihr einen ſo unendlichen Wechſel in der Stimmung verleiht, breitet ſich von irgend einem höheren Berge geſehen, das Hochland der Provinz Rio de Janeiro aus. | Bald auf dieſer bald auf jener Seite wird die Fernſicht durch vorgeſchobene Bergwände und Waldkonturen verhindert und dort, wo der Blick meilenweit dahin- ſchweifen kann, ſieht er nichts als Wald. Bergrücken, deren Humusſchicht nicht ſtark genug iſt, um große Bäume ernähren zu können, tragen ihn wenigſtens als Buſchwald, und wo an ſenkrechten Bergwänden irgend eine Unebenheit Anhalts⸗ punkte gewährte, da klammern die Roſetten rieſiger Bromeliaceen, und in dem von ihren Wurzeln zuſammengehaltenen Fleckchen Humus kümmert hier und da zwergig in Strauchform irgend ein Repräſentant des Urwaldes, den Boden bereitend für nachkommende Geſchlechter. Zwiſchen den Bergen ſchlängeln ſich enge langeſtreckte Thäler und in ihrer Mitte rauſchen Bäche und Flüßchen in Fällen und Schnellen oder gleiten auf ebenerer Bahn in gewundenem Laufe langſamer dahin, in den tieferen Thälern ſich ſammelnd und hier zu Flüſſen und Strömen anſchwellend. An dem lebenſpendenden Elemente erheben ſich rechts und links die Gehöfte und die Hütten der Einwohner. Von hier aus ziehen ſich Kaffee- und Maispflanzungen unterbrochen durch Weideplätze für die nothwendigen Hausthiere und verlaſſene durch Stockausſchlag zum Buſchwald gewordene Felder an den Berglehnen hinauf, und durch alles dieſes hindurch ſchimmern die rothen Lehmwege mit ihrem Schmuck goldfrüchtiger Orangen. Hier überall, mit alleiniger Ausnahme der höchſten Berggipfel, auf denen die Die Dreifarbenkalliſte. 375 Temperatur wenigſtens während einiger Nächte im Jahre bis auf oder auch ein wenig unter den Gefrierpunkt herabſinkt, und wo ſie durch andere Arten ihrer Gruppe vertreten wird, iſt die Heimat unſerer Dreifarbenkalliſte. Hier begegnet man ihr überall, in der heißen Ebene und im Thale wie auf den Höhen, im Buſchwald ſo gut wie in den Kaffeepflanzungen, auf den Orangenbäumen der Wege oder im Garten des Anſiedlers, und im Urwalde hört man wenigſtens ihren Lockton im Gelaube der Baumgipfel. Ueberall iſt ſie, überall drängt ſie ſich dem Auge an und daher iſt ſie auch dem gemeinen Manne unter den Namen Safra, Septicor und Rendeira genau bekannt, obgleich er auch die anderen Kalliſten-Arten mit dieſem Namen bezeichnet. Ihre Bekanntſchaft machte ich gleich in den erſten Tagen nach meiner Ankunft in den Markthallen von Rio de Janeiro, wo ich zum erſten Male die Schätze eines tropiſchen Landes und Meeres bewundern konnte und wo mich namentlich die reichhaltigen Vogelſtände anzogen. Alles, was da fangbar und käfigfähig umherfleugt und ſich durch beſonders gute Eigenſchaften hervorthut, war darin aufgeſtapelt und wurde feilgeboten; vor allem aber Sänger und Parkvögel. Namentlich die erſteren ſind die beſonderen Lieblinge der Braſilianer und giebt er für beſonders gute Vögel Summen aus, die für hieſige Verhältniſſe übertrieben erſcheinen würden. Deshalb waren denn auch die vorzüglichen und minderwerthigen Geſangeskundigen am meiſten vertreten. In erſter Reihe der Küſtenſpötter, Sabia da praga (Mimus lividus) und der ihm ebenbürtige Flöten⸗ oder Goldflügeltrupial Encontro (leterus tibialis), die gelb— füßige Amſel, Sabia una (Merula flavipes) die orangenbäuchige und die Weiß⸗ halsdroſſel, Sabia de lavanjeira und Sabia de colleira (Turdus rufiventris und T. albicollis) der Trauerhordenvogel, Melro (Agelaius Chopi vel unicolor) der Seidenkuhſtaar, Gauderio (Molobrus bonariensis), die Gatturama (Euphonia vio- lacea). Von Körnerfreſſern, mit den Ausnahmen des vorzüglich ſingenden Kappen— zeiſig und des gemeinen Saffranfinken, nur Pfäffchen und die dieſen nächſtſtehenden Kernknacker, Goniaphea. Unter ihnen find am meiſten geſchätzt und werden am theuerſten bezahlt: Der Schwarzknacker, Becudo (Goniaphea crassirostris), der Kappenzeiſig, Pintasilgo de Minas (Chrysomitris ieteriea), das Indianerpfäffchen, Caboclinho (Sporophila spec ?), der Batativo (Sporophila plumbea), das Erz- pfäffchen, Colleira (Sporophila collaria). Auf fie folgt die Maſſe der minder— werthigen Sänger: Saffranfink, Canario (Syealis brasiliensis), Blaugimpelfink, Azulaö (Goniaphea eyanea) und die verſchiedenartigſten Pfäffchen mit den Vul⸗ gärnamen Pardinto, Avinhado, Bico de lacre, Papa capim ete. etc.) Alle ge— nannten trugen mit den wenigen Ausnahmen von Gatturama, Kappenzeiſig, Saff— ran⸗ und Blaugimpelfink ein beſcheidenes ſchlichtes Kleid, das der ganzen Geſell— 376 Paul Mangelsdorff, ſchaft ein etwas düſteres Ausſehen gab, doch leuchteten dazwiſchen auch lebhafte und dann wirklich prächtige Farben. Hier das dunkele brennende Roth der Feuer⸗ tangare und das hellere nicht minder brennende des ſcharlachrothen Ibis, dort das Schneeweiß des Schmiedes oder die lebhaften grünen Farben verſchiedener Chryſotis⸗ arten oder des Blaubauchs (Pionias cyanogaster) der von den Braſilianern ſeines angenehmen amſelartigen Geſanges wegen zu den Droſſeln gerechnet und einfach Ziekadroſſel (Sabia sica) genannt und hoch geſchätzt wird. Beſonders anziehend war aber für mich ein Käfig mit 2 Paaren prächtiger Zuckervögel (Coereba eyana) und ein anderer mit einigen Dreifarbenkalliſten. Selbſtverſtändlich wurden Coereben und Kalliſten ſofort mein Eigenthum, und ihre Farbenpracht erfreute mich derart, daß ich mir vornahm, auch ihrem Leben in der Freiheit die nöthige Be⸗ achtung zu ſchenken. Doch auch ohne dieſen Vorſatz hätte ich ihnen meine Auf⸗ merkſamkeit zuwenden müſſen, denn die Vögel ſorgten ſelbſt dafür. Gleich am Schluſſe meiner erſten Tagesreiſe aufs Land konnte ich einen der hervorſtechendſten Charakterzüge unſeres Vogels beobachten. Angelockt durch meine Gefangenen, näherte ſich beim Abladen des Gepäckes von den Laſtthieren ein kleiner Trupp, verweilte eine Weile in der Nähe und einzelne verſuchten ſogar, trotz der Nähe von Menſchen und Thieren auf den Käfig zu fliegen. Endlich zogen ſie ab, ließen ſich aber nochmals und nochmals durch die Bitten der Eingebauerten zur Umkehr bewegen. Dieſe Anhänglichkeit nimmt man überall wahr, wo man ihnen begegnet. Stets trifft man ſie in größeren oder kleineren Geſellſchaſten an, und nur ein einzelnes Stück oder einzelnes Paar von ihnen zu ſehen, gehört zu den Seltenheiten. Fortwährend in Bewegung, flatternd, turnend, bald hier eine Beere pflückend, bald dort ein Kerbthier wegnehmend, ſich hier auf einen einzelnen Fruchtbaum oder um eine größere Frucht drängend, durch⸗ ſtreifen ſie, fortwährend ihren wie „tzich“ lautenden öfters wiederholten Ruf aus⸗ ſtoßend, alle nahrungverſprechenden Oertlichkeiten ihres Wohngebietes. Ein Theil der Geſellſchaft eilt voraus und läßt ſeinen Lockton hören, um die ſäumigen herbei⸗ zurufen, der zurückgebliebene antwortet und folgt, oder hat eine andere Richtung eingeſchlagen und lockt von hier aus, bis die Avantgarde ſich ihm anſchließt, oder er ſelbſt ſich genöthigt ſieht, jener zu folgen, dies geſchieht aber nicht in Maſſen, ſondern einzeln hinüber und herüber, bis ſie ſich für eine beſtimmte Richtung ent⸗ ſchieden haben. So, bald ſich zerſtreuend, bald ſich wieder ſammelnd, durchwandern ſie auf täglich ſich wiederholender Straße ihr Gebiet und wechſeln faſt zu beſtimm⸗ ten Tageszeiten und auf beſtimmten Uebergängen von einer Thalhälfte zur andern. Dies geſchieht täglich ſo regelmäßig, daß man namentlich dort, wo Buſchreihen zwei durch Weideflächen getrennte Waldungen verbinden, faſt mit ee die Stunde angeben kann, wann ſie dort anzutreffen ſind. | Pe Ornith.Monatsschrift d. Deutschen V. z. S. d. Vogelwelt. VI. 33 + 3 Dreifarbenkalliste. (Kalliste tricolor.) Die Dreifarbenkalliſte. 377 Wie die Meiſen ſcheuen ſie ſich ordentlich, weite kahle Strecken zu überfliegen, und jedes ſolches wichtige Unternehmen wird durch lautes wiederholtes tzih, tzih, tzih eingeleitet. In möglichſter Eile ſtieben ſie, wenn die Luft rein iſt, d. h. keine Gefahr in Geſtalt eines Raubvogels vorhanden, dem nächſten Baume zu, am liebſten über ſolche Orte dahin fliegend, wo ſie gegebenen Falls ſich ſchleunigſt im Gebüſch verſtecken können. Wie in der Aengſtlichkeit, freie Strecken zu überfliegen, ähnelt ihr Weſen auch in anderer Beziehung dem der Meiſen. Die ewige Beweglichkeit, das geſchickte Turnen und Hüpfen im Gezweig, ihre ungeheure Neugierde, die ihnen ſo oft verderblich wird, haben ſie mit dieſen gemeinſam und auch ihren Geſellſchaften ſind andere Kleinvögel beigemiſcht. So fand ich nament— lich die wunderschöne rothnackige Kalliſte (Calliste festiva), die den kälteren Berg— wald bewohnt, häufig an jenen Stellen unter ihren Trupps. Doch auch andere Vogelarten ziehen mit ihnen vereint und erinnern dann dieſe zuſammengeſetzten Schwärme wiederum an diejenigen der Meiſen, wenn dieſe in Begleitung von Buntſpecht, Kleiber, Baumläufer, und Goldhähnchen ihr Gebiet durchſtreifen. Auch dort ſind zuweilen im Urwald kleine Spechte und Baumhacker die Anführer, und außerhalb dieſes ſind ihnen faſt unfehlbar einzelne Stücke des blauen Naſchvogels (Euphonia violacea) und anderer Euphonien beigemiſcht, faſt ebenſo häufig der Pittpitt (Certhiola chloropygia); ſeltener und wohl nur zufällig die niedlichen goldhähnchengroßen Weichſchwanzſpechte.“) Sai und Kappenſar (Coereba cyana und C. mitrata), die ſtellenweiſe daſſelbe Gebiet mit dem blauen Naſchvogel bewohnen, dieſem ſehr nahe ſtehen und ihm ähnlich leben, habe ich nie darunter bemerkt, ſondern C. mitrata ſtets nur einzeln oder in Paaren, die C. eyana ebenſo oder zur Herbſtzeit in kleinen 5 bis 6 Stück zählenden Trupps. Die gemiſchten Geſellſchaften halten meiſt nicht lange bei— ſammen, denn bald dieſer bald jener Theil ſagt die Gefolgſchaft auf, wenn nicht beſtimmte Gründe ihn davon abhalten, namentlich in Geſtalt von Fruchtbäumen. Da ſammelt ſich denn eine noch viel buntere Geſellſchaft, beſonders auf den reich— liche Atzung ſpendenden Melonenbäumen. Zwei ſchöne Spechtarten, Temminks— tukane, Weißſchnabel⸗ und Saffranaraſſaris, Hauben⸗ und rothrückige Kaſſiken, große Elſterlinge, Blaulatz und Blumenauſittiche find die Vorleger der Frucht und was dieſe übrig laſſen, wird vom Gewimmel der kleinen Fruchtfreſſer vertilgt. Da ) Dieſe reizenden Spechtchen, die man während des Tages immer nur einzeln oder paar: weiſe lebhaft hämmernd im Gezweig der Bäume, an Pflanzen- und Grasſtengeln kletternd antrifft, ſchlafen gemeinſchaftlich in ſelbſtgezimmerten Baumhöhlen. Mir wurde einſt ein Baumaſt gebracht mit einer Höhle, die die Ueberbringer verſtopft hatten, und aus derſelben entnahm ich 4 Männchen und 1 Weibchen. Die Höhle ſelbſt war fauſtgroß, eirund, ſehr ſauber ausgemeißelt und hatte ein kreisrundes Eingangsloch. 28 378 Paul Mangelsdorff, — tummeln ſich in buntem Gemiſch Somgaſſu und Schmuck- Feuer-, Zinnober-, Kron⸗, Haar- und Rothaubentangaren, rothe Haubenfinken (Coryphospingus eristatus), Habias, Weißkehl- und Rothbauchdroſſel oder an anderen Orten die gelbfüßige Amſel. Unſere Dreifarbenkalliſte mit ihrem Geſolge fehlt natürlich auch nicht, denn ſie muß überall dabei ſein, wo irgend etwas los iſt, ſelbſt wenn Gefahr damit verknüpft ſein ſollte. Mit angezogenen Flügeln ſtürzt ein rothbrauner zwergiger Tagkauz von dem Gezweig einer zur Zierde angepflanzten Araucaria herab in den trockenen Gipfel eines Orangenbaumes und verhält ſich hier regungslos. Dies iſt das Werk eines Augenblicks, aber dennoch nicht unbemerkt geblieben. Der kleinſte Kerl der ganzen Vogelwelt hat es geſehen, als er emſig die rothen Blüthen eines Salbeiſtrauches umſchwirrte und verkündet das Geſchehniß der Mitwelt. Zuerſt ſchwirrt er, der überall häufige Saphirkolibri (Hylocharis sapphirinus), der verdächtigen Geſtalt dicht vor das Geſicht, rüttelt hier eine Weile und zirpſt laut und energiſch, macht eine plötzliche Schwenkung und ſetzt ſich auf ein trockenes Zweiglein in möglichſte Nähe des kleinen Kauzes, wendet ſein glitzerndes Gefieder im Sonnenſchein, läßt ſein blaues Kehlfeld erſtrahlen, fährt ein paarmal mit dem röthlichen langen Schnabel durch die Federn, iſt im nächſten Augenblick wieder gegen den gefährlichen Feind gerannt und kehrt nun raſch wieder auf ſein Zweiglein zurück, ſchnellt mit Flügeln und Schwanz und zirpſt. Nicht lange darauf hat ein anderer ſeines Geſchlechts dies gehört und kommt angeflogen. Der erſte eilt ihm, wie gewöhnlich, kampfesmuthig entgegen, in Anbetracht des gemeinſamen Intereſſes wird aber das ſonſt unvermeidliche Duell aufgeſchoben und gemeinſchaftlich ein Angriff auf das noch immer ruhig daſitzende Ungethüm unternommen. Ein viertes Weſen erſcheint nun auf der Bildfläche. Zuerſt läßt dieſes einen kurzen Geſang erſchallen, ähnlich dem Leiern unſeres Müllerchens, nur etwas anders vertönt, dann hat ſein Ohr den verdächtigen Zirpton der beiden Kolibri vernommen, und da iſt er denn auch ſofort dabei, — der Dorfzaunkönig (Troglodytes fulyus). Nach Schlüpfermanier fliegt er in die unteren dicht belaubten Aeſte des Orangenbaumes und ſteigt nun höher und höher hinauf bis in die Nähe des Feindes. Sein lauter Warnungsruf dringt weiter als der feinere Ton ſeiner beiden Vorgänger und vereint verkünden ihre Stimmen den merkwürdigen Fall der Nachbarſchaft. Bald umringt eine Schaar Kleinvögel den Kauz. Selbſt der töpelhafte Saffranfink iſt in einzelnen Exemplaren erſchienen, auch der Ammerſperling Tikotiko und ſein Kuckukskind, der Seidenkuh⸗ ſtaar; nicht zuletzt auch die Dreifarbenkalliſte. Neugierig und dreiſt im Vertrauen auf ihr blattartiges Gefieder umhüpfen ſie in nächſter Nähe den gefährlichen und merkwürdigen Geſellen, der zu gleicher Zeit nach vorn und nach hinten zu blicken ſcheint, denn die Natur hat ihn mit einem wirklichen Januskopf ausgeſtattet, deſſen Die Dreifarbenkalliſte. 379 zweites Geſicht freilich nur in einer höchſt merkwürdigen Zeichnung beſteht. “) Immer zudringlicher wird die Geſellſchaft. Plötzlich macht der Kauz eine Be— wegung und die zudringlichſte der Kalliſten hängt blutend in ſeinen furchtbaren Klauen; Entſetzen ergreift die ihn umringenden Vögel, ein allgemeiner Schrei gerechten Unwillens wird laut und der Kauz verſchwindet mit ſeiner Beute in einem nahen Bananengebüſch. Hier wie überall hat die Neugierde der Dreifarbenkalliſte, ihre Argloſigkeit und ihr blindes Vertrauen auf ihr laubfarbenes Gefieder ſie ins Verderben geſtürzt. In gleicher Weiſe wie dem Kauz mag ſie auch den grünen Baumſchlangen (Sipo) zum Opfer fallen, denn die Braſilianer erzählen übereinſtimmend, daß die Schlangen um Beute zu machen nur nöthig hätten, die kleinen Vögel ſtarr anzu- ſehen und durch ihren Starrblick zu magnetiſiren. Das erkorene Opfer hüpfe und flattere dann ängſtlich ſchreiend von Zweig zu Zweig bis in den aufgeſperrten Rachen der Schlange. Eine Naturbeobachtung liegt ganz entſchieden dieſer Er— zählung zu Grunde, nur keine ganz richtige, wie aus dem Folgenden hervorgehen wird. *) In einem Geſpräche mit mir verglich ein Fazendeiro den letzten Minifterpräfidenten des Kaiſerreiches, Joas Alfredo, mit einem Kauze. Wie dieſer mit feinen vier Augen nach allen Seiten blicke und dadurch die kleinen Vögel verwirre, ſo daß ſie ſeine Beute werden müßten, ſo verwirre auch jener durch ſein Liebäugeln bald mit dieſer bald mit jener Partei ſämmtliche ꝛc. ꝛc. Ich regiſtrirte während der Unterhaltung die vier Augen des Kauzes in die Abtheilung der Thierfabeln zuſammen mit derjenigen Rieſenſchlange, die ihren Leib mit dem Schwanz an einen Baum knüpft, aus ihm einen Lago bildet und damit den ſtärkſten der vorbeiwandelnden Ochſen einfängt, ihm am Stamme zu Mus drückt und ihn hinunterſchlingt bis auf die Hörner, die ſolange aus dem Maule heransſtehen, bis ſie abfaulen, was ziemlich lange Zeit dauert, oder mit derjenigen, die ihre Niedertracht ſo weit treibt in der Dunkelheit ſich als Baumſtamm zu maskiren, um den armen Tropeiro (Eſeltruppenführer) zu verleiten auf dieſen imitirten Baumſtamme die Sättel ſeiner ſämmtlichen Laſtthiere zu hängen. Fällt es ihm dann etwa noch ein, Holz zur Feuerung von dem Stamme zu ſpalten, ſo erhebt ſie ſich unter greulichen Ziſchen und Pfeifen zum Entſetzen der an ſtarkes Latein gewöhnten Zuhörer und verſchwindet im nahen Bach aus dem die zitternden Reiſenden erſt am anderen Morgen die Sättel herauszufiſchen und meilenweit zuſammen zu ſuchen wagen. Ja, ich wollte den 4 Augen nicht einmal den Werth ungenauer Naturbeobachtungen zugeſtehen, wie ihn die furchtbar giftige zweiköpfige Schlange hat, die ſie von rechtswegen beſitzen ſollte, die aber erſtens keine zwei Köpfe hat, zweitens nicht giftig und drittens nicht einmal eine Schlange iſt, ſondern ſich als die völlig unſchädliche, wie ein Regenwurm in der Erde lebende Doppelſchleiche (Amphisbaena) entpuppt, deren Kopf, da die Augen äußerlich nur als gräuliche Fleckchen durch die ſie überdeckende Haut hindurchſchimmern, alſo kaum wahrnehmbar ſind, und weil die Mundöffnung ebenfalls ſehr klein iſt, auffallende Aehnlichkeit mit dem abge— ſtumpften dicken Leibesende hat. Da erhielt ich nun kurz nach dieſem Geſpräch ein durch Revolverſchuß geflügeltes Stück dieſes rothen Käuzchens und konnte jetzt, weil die Wunde nach Abſtoßung des Flügels heilte, längere Zeit hindurch täglich die überraſchende Wirkung der Hinter— hauptszeichnung beobachten. Ich war, ſelbſt in der Nähe und trotz meiner recht guten Augen, häufig im Zweifel ob der Kauz nach mir oder nach entgegengeſetzter Richtung blicke, ſo ſehr täuſchte das herzförmige weißliche Feld mit den beiden augenartig geſtellten ſchwarzen Flecken, und wenn er lebhaft den Kopf bald hier bald dorthin wandte, ſo wurde es faſt zur Gewißheit, daß er vier Augen beſäße. | 29° 380 Paul Mangelsdorff, Ich habe nämlich öfter Vögel mit einer langen Bambusſtange und daran hängender Pferdehaarſchlinge oder Leimruthe gefangen. Zu den am leichteſten zu fangenden Vögeln gehört unſere Dreifarbenkalliſte, und wenn ſie auch nicht ſo leicht zu erbeuten iſt wie verſchiedene kleine Papageien, ſo hat ſie doch vor jenen den Vorzug, daß der Fänger, falls ſie zu hoch für die Bambusſtange ſitzen ſollten, ſie leicht dadurch in ſeinen Bereich bringen kann, daß er die für ihn erreichbaren Zweige mit der Stange leicht erſchüttert. Durch das leiſe Geräuſch und die Bewegung aufmerkſam gemacht, hüpfen ſie unbedingt näher, um ihre Neugierde zu befriedigen, manchmal direkt auf den hinge- haltenen Bambusſtock. Sind ſie nahe genug, ſo heißt es freilich flink ſein und dem erſten beiten die Schlinge über den Kopf ziehen oder ihn mit der Leimruthe tupfen, denn nach einigen verunglückten Verſuchen, kann man ſich ihnen nicht mehr nähern. Setzen wir nun ſtatt des Endes des Bambusrohres die grüne Baumſchlange, ſo haben wir ſo ziemlich denſelben Hergang nur mit dem Unter— ſchiede, daß dem Bambusrohr der magnetiſirende Blick unmöglich iſt und deshalb von der Schlange wohl als überflüſſig auch nicht ausgeübt wird. Das ängſtliche Geſchrei aber iſt weiter nichts als der Lockton, den ſie bei all und jeder Gelegenheit ausſtoßen, beſonders aber dann, wenn ſie durch irgend etwas erregt ſind. Die Fangart mit Schlingen wird, ſo ſonderbar es klingt, hauptſächlich bei kleinen Papageien angewandt und alle die aus Braſilien zu uns gelangenden Arten von Conurus und Brotogerys ſind bis auf wenige Aufgefütterte auf dieſe Weiſe gefangen worden, und ebenſo wird ſie auch bei einzelnen Pioniasarten angewandt, namentlich bei dem oben erwähnten Blaubauch (Pionias eyanogaster). Da nicht alle Arten gleich leicht zu fangen ſind, ſo wird es erklärlich, weshalb einige ſehr gemeine Papageien ſo ſelten zu uns gelangen wie z. B. der in der Provinz Rio häufigſte Keilſchwanzſittich, die dem Weißohr- und noch mehr dem Braunohrſittich zum Verwechſeln ähnliche Tiriba (Conurus eruentatus). Während einer Zeit von beinahe 6 Jahren wurden mir nur 6 Stück dieſes Sittichs geliefert, während mir von dem faſt ebenſo häufigen Blumenauſittich die genannte Anzahl von einem halbwüchſigen Knaben an einem Tage gefangen eingebracht wurden. Verwendet man Lockvögel, ſo iſt der Ertrag noch reichlicher. Die erwähnte Fangart hat nun einen ganz beſonderen Reiz, ſie iſt aufregend wie keine andere. Habe ich doch ſogar einſt einen kräftigen Herrn, nahmhaften Reiter und Jäger, weiß wie Kreide werden ſehen, als er für mich ein Pärchen Rothnackenkalliſten von einer Ameixeira herunterangelte. Auch außer dem Jagdfieber, daß einen meiſt juſt in dem Moment erfaßt, wenn es gilt die Stange völlig ruhig zu halten und die undeutlich ſichtbare, trotz aller angewandten Mühe ſtark hin- und herſchwankende Schlinge zwiſchen Frucht und Vogel zu ſchieben, um ihm dieſelbe, wenn er ſich wieder zur Frucht Die Dreifarbenkalliſte. 381 herabbeugt, leichter über den Kopf ziehen zu können, giebt es viele unvorhergeſehene Zwiſchenfälle. Es kann geſchehen, daß man die Schlinge nach verkehrter Richtung hinzuzieht, und anſtatt den Hals des Vogels nur deſſen Schnabelſpitze erwiſcht und ſo den Vogel zur ſchleunigſten Flucht bringt. Es kommt ferner vor, daß der Vogel, in dieſem Falle ein Blumenauſittich, der auf einem Säulenkaktus ſaß und die Früchte ausfraß, die vor ſeinem Kopfe umherſchaukelnde Schlinge erfaßt und durchbeißt. Iſt aber der Fang gelungen und flattert der Sittich ängſtlich kreiſchend an der Stange, ſo umtoſeu lärmend und ſchreiend die anderen des Trupps den glücklichen Fänger, der von ſeiner Beute regelmäßig, wenn er ſich nicht gehörig in Acht nimmt, mit einem gehörigen Biß bedacht wird. Die Neger- und anders— farbigen Knaben beſchneiden ihren Gefangenen nun gemeiniglich beide Flügel und zur mehreren Sicherheit auch häufig noch den Schwanz, damit ſie auch mit dieſem keine Flugverſuche unternehmen, denn die langen Federn in ihm ſind doch ſehr bedenklich und müſſen doch einen vernünftigen Zweck haben. Dann werden die Sittiche mit einer Schnur auf ein Geſtell gefeſſelt, erhalten zuerſt Apfelſinen und Bananen, ſpäter Maisbrei und gekochten Reis. Waſſer erhalten ſie meiſtens gar nicht, denn, ſo ſagte mir ein kundiger Braſilianer kate— goriſch, todos os passuros de bico redondo nas tomem agua. (Kein Vogel mit rundem Schnabel nimmt Waſſer zu ſich). Wahr iſt jedenfalls, daß die Papa⸗ geien bei ſaftiger Nahrung jahrelang ohne Waſſer aushalten können. Sie erinnern hierin wie in mancher anderer Beziehung lebhaft an die Nager. Der erwähnte Fang gelingt am leichteſten, wenn etwas Wind weht und die Vögel deshalb durch die nothwendigen ſowohl wie durch die unwillkürlichen Bewegungen der Stange nicht argwöhniſch werden. Keineswegs darf man aber aus der angewandten Manier auf geringe geiſtige Fähigkeiten ſchließen. Es ſei daher noch geſtattet, diejenigen Arten anzuführeu, die von mir ſelbſt oder von anderen für mich auf dieſe Weiſe gefangen wurden. Es waren dies 1. Blaulatzſittich, Conurus eruenta- tus, 2. Blumenauſittich eigenhändig, 3. Sperlingspapagei (Psittacula passerina) eigh., 4. Blaubauch, 5. ein kleiner grauer Tagkauz eigh., 7. eine andere Euphonienart, 8. Dreifarbenkalliſte eigh, 9. rothnackige Kalliſte, ein Pärchen in meinem Beiſein, 10. Seidenkuhſtaar, Molobrus bonariensis eigenh. Hier war es nöthig, daß ein Bekannter durch vorzüglich nachgeahmtes Angſtgekreiſch eines kleinen Vogels einen Schwarm derſelben auf einen Bambusbuſch zuſammenlockte, unter dem ich Auf— ſtellung genommen hatte. Durch Tupfen mit Leimruthe fing ich 1. Dreifarben— kalliſten, 2. Gatturama, 3. Pittpitt, Certhiola chloropygia, 4. Blauen Naſchvogel, Daenis euyana, 5. Schmuckwaldſänger, Dendroiea pitiayumi, 6. Mönchsmanakim, 7. Spatelfliegenſtelze, Copurus colonus, 8. Kolibri verſchiedener Art, darunter Blaukopf⸗, Saphir⸗ und andere Kolibri. 382 Paul Mangelsdorff, Doch zurück zu unſerer Kalliſte. Viel leichter als in der angegebenen Weiſe fängt fie ſich in Fallen aller Art. Selbſtthätige Fallbauer, Meiſenkäſten, Schlag- bauer, Schnellgalgen und Sprenkel führen alle ſicher zum Ziel und ſie bekommt es fertig, ſogar die für viel größere Vögel berechneten und daher recht feſt geftellten Sprenkel abzuſtellen und ſich in ihnen zu fangen. Ein ſolcher, für die Kalliſte unglücklich ablaufender Fall ſollte mir einigen Aufſchluß über ihr Treiben im Freien liefern, einige Charaktereigenſchaften deutlich machen und ſei deshalb hier erwähnt. Ich hatte nach und nach eine Anzahl Vögel zuſammengebracht, namentlich Fruchtfreſſer, unter ihnen große Elſterlinge, rothrückige Kaſſiken, die verſchiedenſten Tangaren und auch eine Anzahl Saffranaraſſaris, Pteroglossus Bailloni (eroceus) u. ſ. w. Alle waren in ein und demſelben ſelbſtthätigen Fallbauer gefangen; nur die Temminkstukane und Weißſchnabelaraſſaris ſpotteten aller angewandten Mühe. Um zum Ziel zu gelangen, fertigte ich eine Anzahl Sprenkel und einen Schnell— galgen, die den großen Vögeln entſprecheud feſter aufgeſtellt wurden, freilich auch nur mit negativem Reſultate, denn der Schnellgalgen lieferte nur einen Hauben⸗ faflifen und einer der Sprenkel eine Dreifarbenkalliſte, natürlich mit zerſchmettertem Fuße. Wie ſie es angefangen, den ungemein feſt aufgeſtellten Sprenkel abzuſtellen, blieb mir ein Räthſel. Das Thierchen dauerte mich. Um weitere Unglückfälle zu verhüten, ſtellte ich die übrigen Sprenkel ab. Dem Vogel trug ich das Bein, das nur an einem Hautfetzen hing, dicht am Unterſchenkel ab und nahm ihn nach Hauſe, wo er ſchnell heilte und in kurzer Zeit ſich mit dem einen Bein gut zu behelfen wußte. Da er zu dieſer Zeit der einzige war, den ich beſaß, benutzte ich ihn zum Lockvogel und zu dieſem Zwecke wanderte er in die für ſolche beſtimmte Abtheilung des erwähnten Fallbauers, das in der Nähe der Stelle, wo ich ihn gefangen hatte, aufgeſtellt wurde. Als ich Nachmittags meine Gefangenen abholen wollte, fand ich die Lockerabtheilung leer und mein Einbein mit noch 6 friſchge— fangenen Dreifarbenkalliſten in der Abtheilung für die Wildfänge, inmitten einer größerer Anzahl anderartiger Vögel. Eine genauere Unterſuchung ergab, daß der Vogel durch ein paar weiter aus einander ſtehenden Sproſſen ins Freie gelangt und wahrſcheinlich durch die inzwiſchen gefangenen Artgenoſſen oder durch den Fruchtköder angelockt ſich wieder gefangen hatte. Ich gab ihm nun die Freiheit, hatte ihn jedoch nach ungefähr einer Woche wieder im Käfig. Nun wieder freige— laſſen, hatte ich Gelegenheit, den Vogel zu wiederholten Malen zu beobachten und wurde es mir hauptſächlich durch ihn zur Gewißheit, daß die Dreifarbenkalliſten ihr Gebiet in täglich ſich wiederholender Richtung durchwandern und ſtets denſelben Wechſel dazu benutzen. So leicht es nun iſt, das Leben und Treiben der Dreifarbenkalliſte kennen zu lernen, ſo ſchwierig iſt es, über ihr Fortpflanzungsgeſchäft Beobachtungen anzuſtellen. Die Dreifarbenkalliſte. 383 Wer niemals in einem tropischen Lande geweſen, kann fich ſchwerlich einen Begriff von den Schwierigkeiten machen, die ſich dieſen Beobachtungen entgegen— ſtellen. Abgeſehen von der Ungunſt des Terrains, von undurchdringlichen Ge— ſtrüpp, unerſteigbaren Bäumen und Felſen, verhindert auch häufig die Indolenz der Eingeborenen intereſſante Beobachtungen. Wie oft habe ich ähnliches, wie das Folgende gehört: „O, Herr P., heute vor drei Wochen, da habe ich recht an Sie gedacht, da haben wir einen Stamm gefällt, mit einem Neſt mit 3 jungen Tukanen.“ Ja, warum haben Sie mir dieſelben denn aber nicht geſandt, wenn Sie an mich gedacht hatten? Ich hätte ja dem Ueberbringer den Weg bezahlt! „Ja, daran habe ich nicht gleich gedacht, und die Kinder baten auch ſo und da gab ich ſie ihnen zum Spielen, ſie ſind aber bald geſtorben.“ — So bekommt man faſt nur die Neſter der allerhäufigſten, in der Nähe des Hauſes, im Garten, auf den Orangenbäumen der Wege oder geſell— ſchaftlich brütender Vögel zu Geſicht und auch hier dauert die Freude des Be— obachtens meiſtens nicht lange, denn die fallen gar bald den überall herum— ſtrolchenden Negerſchlingeln in die Augen und damit der Vernichtung anheim. So war es auch als ich ein einzelnes Kalliſtenweibchen aus dem Stockaus— ſchlage eines dicht am Feldwege ſtehenden, geköpften Kaffeeſtrauches aufſcheuchte und darin ein verhältnißmäßig großes Neſt gewahrte, zu deſſen äußeren Bau außer trockenen Reiſerchen und Würzelchen auch ebenfalls Laub benutzt war und in deſſen mit feinſten Würzelchen und Haaren ausgelegter Mulde ſich ein einziges graues, dunkler marmorirtes Ei befand. Am anderen Tage war das Neſt herausgeriſſen und ſeines Inhaltes beraubt. Ich laſſe es, weil ich das Weibchen auf dem Neſte ſelbſt nicht brütend antraf, daher dahingeſtellt, ob das Neſt, wie ich annehmen möchte, der Dreifarbenkalliſte angehörte, denn ein anderes Neſt derſelben habe ich nicht wieder gefunden. Weil man jedoch während der heißen Jahreszeit bis ſpät in den Herbſt hinein die an ihrem einfachen Kleide leicht kenntlichen Jungen in verſchiedenen Altersſtufen unter ihren Geſellſchaften antrifft, ſo iſt ein mehrmaliges Brüten ſicher. Einmal beobachtete ich einen Trupp auf einem Griabenbaum. Es war, wie ich deutlich ſehen konnte, ein an der lebhaften Bürzelfärbung leicht kennt— liches altes Männchen mit ſeinen vier flüggen aber noch nicht ſelbſtändigen Jungen. Das Männchen hatte, wie bei Finkvögeln üblich, den letzten Unterricht und die Führung der Kleinen übernommen, während die Gattin wahrſcheinlich bereits über einem neuen Gelege brütete. Der Alte nahm an einer Griabe Platz, biß kleine Stücke von der Frucht und reichte ſie den bettelnden Jungen. Das Fleiſch dieſer äußerlich gelben Frucht iſt lebhaft roth gefärbt und deshalb konnte ich deutlich ſehen, daß der Biſſen vor dem Atzen nicht verſchluckt wurde; hieraus ergiebt ſich, daß die Kalliſten nicht aus dem Kropfe füttern, und 384 | Paul Mangelsdorff, ferner ziehe ich daraus den Schluß, daß die zarteren Jungen wohl nur mit Kerfen geatzt werden, auf welche auch die Alten äußerſt begierig ſind. Das iſt nun alles, was ich am wildlebenden Vogel beobachten konnte. Andere Arten ſcheinen engere Grenzen für ihr Verbreitungsgebiet zu haben, namentlich mehr an beſtimmte Oertlichkeiten gebunden zu ſein. Ich ſelbſt lernte im Freien vorübergehend noch 3 andere Arten kennt In der Serra de Mocoto die rothnackige Kalliſte (Kalliste festiva), eine andere ocker— bäuchige in der Serra von Neu-Freiburg und eine grüne mit dunkelbraunem Kopf flüchtig in heißen Thalwäldern. Mit Ausnahme der letzteren hielt ich die andern beiden gleichfalls einige Zeit im Käfig und fand auf dem Vogelmarkt in Rio eine fünfte Art, die der berliner zoologiſche Garten übernahm und als Gold— kopfkalliſte feſtſtellte. Dieſe letzterwähnten vier Arten ſind in Brehms „Gefangenen Vögeln“ nicht beſchrieben, dagegen neben der Dreifarbenkalliſte noch neun andere Arten aufgeführt. Aus den Angaben ihrer Wohngebiete, geht hervor, daß ſie alle Bewohner des tropiſchen Südamerikas ſind. Sie unterſcheiden ſich in der Größe, dagegen gar nicht in Geſtalt, Weſen und Stimme, und auch ihre Farbengebung iſt in ſo beſtimmten Grenzen gehalten, daß ſie der ganzen Gruppe ein einhelliges Gepräge verleiht, und jeder, der nur ein einziges Mal eine Kalliſte lebend geſehen, jede andere als Mitglied derſelben Familie wiedererkennen muß. So leicht wie der Fang, iſt ihre Eingewöhnung im Käfig, und einmal einge— wöhnt und zweckmäßig behandelt, dauern ſie lange Zeit in der Gefangenſchaft und übertreffen meiner Erfahrung nach jede andere Tangare mit alleiniger Ausnahme der Krontangare, die auf alle Fütterungsmethoden geaicht zu ſein ſcheint. Die Braſilianer füttern ſie nur mit Früchten und behaupten deswegen, daß ſie im Käfig nicht lange dauere, namentlich wenn man Orangen füttert, und damit haben ſie recht. Iſt nun ein ſolcher Vogel ſchon längere Zeit im Käfig geweſen, bevor er von irgend einem heimkehrenden Matroſen aufgekauft wurde, und wurde er nun auch während der Seereiſe mit nichts als Bananen und Apfelſinen ge= füttert, ſo iſt es nicht zu verwundern, wenn er baldigſt das Zeitliche ſegnet. Auch ich fütterte am erſten und zweiten Tage Bananen, Früchte vom Melonenbaum und andere, dann ſetzte ich ihnen halbirte Orangen vor, deren Fleiſch herausgelöſt mit Maismehl oder Maisbrei vermiſcht wieder hineingefüllt war. Anfänglich pickten ſie Löcher in das Gemenge am Innenrande der Schale, um den in die— ſelben hineinquellenden Saft zu lecken, nahmen aber bald auch die Miſchung an, die von Tag zu Tage weniger mit Fruchtſaft verſetzt wurde. Schließlich gab ich in einem Porzellannäpfchen, oder in einem ſolchen aus einem abgeſchnittenen Bambusknoten mit noch etwas daranſitzendem Stengel, Mais⸗ mehl oder Brei (Ango, Polenta), mit hartem Ei vermengt und mit Milch oder u Pa Die Dreifarbenkalliſte. s 385 Waſſer angefeuchtet und umgab das Ganze noch mit einer Apfelſinenſchale. Nun konnten ſie als eingewöhnt betrachtet werden. Später nahmen ſie auch Stückchen rohen Fleiſches und hin und wieder einige Körnchen Spitzſamen (Glanz), das einzige Vogelfutter, daß man außer ungehülſtem Reis in Braſilien kaufen kann. Waren ſie ein paar Tage im Käfig, ſo waren ſie auch leidlich zahm; unter ſich zeigten ſie ſich dagegen, namentlich paarweiſe gehalten, etwas biſſig und hatten entſetzliche Angſt vor einander, ein Betragen, das mit ihrem Benehmen im Freien in Widerſpruch ſteht und auch hierdurch an die Meiſen erinnert, und ebenſo wie dieſe laſſen ſie keine Gelegenheit vorübergehen, um zu entweichen, ſich dann ſo zu betragen, als währen ſie niemals gefangen geweſen; und auch ihnen darf man jetzt nur eine mit ihrer Lieblingsſpeiſe geköderte Falle hinſtellen, um ſie ſofort wieder zu fangen. Waſſer darf man ihnen nicht fehlen laſſen, da ſie mehrmals des Tages über baden und ſich bei dieſer Gelegenheit ſo ſtark einnäſſen, daß ſie kaum wieder zu erkennen ſind. Will man ſie zähmen, ſo kommt man mit Inſekten und Würmern baldigſt zum Ziel. Der gebrachte Leckerbiſſen wird mit freudigem tſih, tſih, tſih — tſih begrüßt und bald ohne jede Umſtände aus der Hand genommen. Mehlwürmer, von denen ich in der erſten Zeit welche beſaß, die ich von Europa hinübergenommen hatte, wurden beſonders bevorzugt. Hier in Deutſchland dürfte ihnen eine Miſchung von Semmel, geriebenen Möhren und hartgekochtem Ei oder gepulvertem Fleiſch genügen, wenn dabei noch einige Mehlwürmer und ein be— ſonderer Napf mit etwas Glanz und gequetſchtem Hanf gereicht würden. Früchte und Beeren jeder Art werden ſtets dankbar genommen, doch iſt nicht anzurathen, dieſelben zum Hauptfutter zu machen, namentlich Apfelſinen nicht, weil die Vögel dann das Miſchfutter vernachläſſigen und durch die gehaltloſe Fruchtnahrung krank werden können. Auch verſchmutzen und verkleben ſie durch den Fruchtſaft und den dünnflüſſigen, klebrigen, durch die Nahrung bedingten Koth ihr herrliches Gefieder und werden ganz unanſehnlich. In ſolchem Zuſtande wird ihnen dann auch ihr vielgeliebtes Bad gefährlich, die verklebten Federn ſaugen das Waſſer wie ein Schwamm auf, die Vögel können ſich nicht ſchnell genug trocknen, erſtarren, ſelbſt in dem heißen Klima ihrer Heimath, und der Verluſt einiger iſt ſicher. Hält man ſie in der Vogelſtube, ſo muß man darauf achten, daß nichts Gefährliches ihre Aufmerkſamkeit erregt. In meiner braſilianiſchen Vogelſtube verlor ich eine ganze Anzahl von ihnen dadurch, daß ſie ſich durch das Gitter in die Käfige verſchiedener kleiner Eulen drängten und den Käuzchen ſozuſagen direkt in die Fänge krochen, auch meine Haubenkaſſike und einzelne Rothſteißkaſſiken machten Jagd auf ſie, manche ertranken auch in den Badenäpfen und ſo ſchmolz ihre Anzahl immer in Bälde zuſammen, bis ich den Reſt ſchließlich einbauerte. 386 Ewald Ziemer, Demjenigen Liebhaber, der an munteren buntfarbigen und geiſtig regſamen Vögeln Freude hat, kann ich alle Arten der Gruppe empfehlen. Geſang haben ſie freilich nicht, denn die paar halbverſchluckten Töne, die ſie in ſonderbarer aufrechter Stellung herauswürgen, können keinen Anſpruch machen, für ſolchen zu gelten. Unſere Abbildung ſtellt ein altes Männchen vor. Die Weibchen tragen ein etwas ſchlichteres Kleid, bei ihnen färbt ſich der Bürgel grünlichgelb, der Ober— rücken grün und auch der ſchwarze Mantel iſt durch breite grüne Federränder verdeckt. Auch liegt über dem Schwarz der Kehle und der Kehlbinde ein deutlicher blauer Hauch. Die Jungen ſind einfarbiger. Die Dreifarbenkalliſte kommt von allen Kalliſten am häufigſten auf unſeren Markt und iſt in einzelnen Stücken und zu mäßigen Preiſen wohl ſtets bei unſeren Großhändlern zu haben. Etwas vom „Sandkiebitz“ (Charadrius curonicus Gm.). Von Ewald Ziemer. (Sandkiebitz = Flußuferpfeifer — Flußregenpfeifer — Grieshühnchen = Aegialites minor.) Beim Niederſchreiben meiner Bemerkungen über Schnelligkeit und Ausdauer des Fluges und Laufes unſerer einheimiſchen Fulicarien im Allgemeinen und des Sumpfhuhnes (Porzana maruetta) im Beſonderen, erinnerte ich mich der ſchönen Beobachtung, welche Herr A. Walter an einem laufenden Flußregenpfeifer gemacht hat. Ich ſuchte mir alſo die betreffenden Nummern unſerer Monatsſchrift hervor (XIII. Jahrg., Nr. 3, März 1888, S. 61), las die Anmerkung, in welcher Herr Walter ſeine Beobachtung mittheilt und berechnete dann aus derſelben die durchſchnittliche Geſchwindigkeit und Schrittzahl des betreffenden Sandkiebitzes für die Sekunde, ſowie die Geſammtzahl der Schritte, welche der Vogel machen mußte, um die fragliche Strecke zurückzulegen. Da nun einerſeits wohl kaum einer der geehrten Leſer ſ. Z. dieſe Berechnungen angeſtellt hat, die allerwenigſten auch wohl nur in der Lage geweſen ſein dürften, die— ſelben durchzuführen, weil hierzu Kenntniß der Schrittweite nothwendig iſt, — anderer— ſeits aber das Ergebniß derſelben inſofern hochintereſſant und wichtig iſt, als es ein helles Licht wirft auf die Ausdauer und Schnelligkeit eines noch nicht voll erwachſenen Vogels, ſowie auf das Verhältniß der aufgewendeten Ausdauer und Schrittzahl zur erreichten abſoluten Geſchwindigkeit, will ich das Reſultat hier mittheilen. Gegen die erhaltenen Zahlen könnte freilich, worauf Herr Profeſſor Liebe mich aufmerkſam machte, von vornherein eingewendet werden, daß ſie inſofern kaum richtig ſein dürften, als die betreffende Beobachtung von Herrn Walter doch wohl kaum ſo genau und ſtrenge in Bezug auf Zeit, Entfernung u. ſ. w. gemacht ſei, wie man das Etwas vom Sandkiebitz. 387 verlangt, ſobald ſie Grundlagen für Berechnungen ſein ſollen. Dieſer Einwand dürfte wohl inſofern berechtigt ſein, als Herr Walter wohl ſchwerlich an derlei folgende Be— rechnungen gedacht und die Zeit bis auf die Sekunde, die Entfernung bis auf das Meter u. ſ. w. feſtgeſtellt haben wird. Trotzdem iſt nach meinen Beobachtungen kein Grund vorhanden, dieſe Zahlen als unbrauchbar zu verwerfen. Ich glaube vielmehr in der Lage zu ſein, den Nachweis zu führen, daß Herrn Walters Angaben derartige ſind, daß ſie der Wirklichkeit ungemein nahe kommen. Herr Walter beobachtete, daß ein junger, noch nicht ganz flügger Sandkiebitz während einer Zeit von 3 Stunden und 15 Minuten einen Fußſteig entlang vor ihm herlief. Während dieſer Zeit durchſchritt Herr Walter eine Strecke von 25000 Schritt = 2,5 Meilen = 18 750 m. Dieſelbe Strecke durchlief der Sandkiebitz, ohne Spuren von Ermüdung zu zeigen, und zwar mit um ſo viel größerer Schnelligkeit, daß er bei je 1000 Schritten einen Vorſprung von etwa 60 Schritten gewann; dann legte er ſich platt auf den Boden, bis Herr Walter ihm bis auf etwa 6 Schritte nahe gekommen war, worauf er weiterlief. Da ſich dies 25 mal wiederholte, ruhte der Vogel eben ſo oft, während Herr Walter 54 Schritte machte. Dieſe 54 Schritte ging Herr Walter durchſchnittlich in 25,272 Sekunden. Im Ganzen ruhte der Vogel alſo während 631,8 Sekunden, legte folglich die Strecke von 18 750 m im Ganzen in 3 Stunden, 4 Minuten und 28,2 Sekunden = 11 068,2 Sekunden zurück, während Herr Walter zu derſelben 3 Stunden 15 Minuten, oder 11700 Sekunden, brauchte. Hieraus ergiebt ſich zunächſt, daß der Sandkiebitz in einer Sekunde durchſchnitt— lich eine Strecke von 1,694 m durchlief. Dieſe Geſchwindigkeit entſpricht ziemlich genau derjenigen eines Menſchen, welcher in der Minute 130 Schritte macht. Daß aber Sandkiebitze im Stande ſind, min— deſtens ſo ſchnell, wie angegeben, zu laufen, davon habe ich mich in dieſem Frühjahr vollkommen überzeugt, und zwar bei folgender Gelegenheit. Um meine Berechnung weiter führen zu können, mußte ich erſt wiſſen, wie weit der Sandkiebitz im ſchnellſten Rennen durchſchnittlich ausſchreitet. Ich bewaffnete mich alſo mit einem Metermaß und ſuchte den Brutplatz eines Paares auf, welches, wie ich wußte, gerade kleine Dunenjunge hatte. Um dieſe find die Alten ſehr beſorgt, erheben ſchon großes Ge— ſchrei, wenn ſie einen Menſchen von ferne kommen ſehen, während ſie ſonſt zur Brut— zeit ſich ſo ſtill verhalten, daß man ſie kaum bemerkt, und ſuchen ihn auf alle mög— liche Art und Weiſe aus der Nähe ihrer Schätze fortzulocken. Wenige Schritte vor dem Störenfried werfen ſie ſich auf die Erde, hinken, humpeln, flattern und zappeln vor ihm herum, als könnten ſie gar nicht mehr weiter, kurz, verſtellen ſich mit einer Meiſterſchaft, daß Enten, Rebhühner, Grasmücken, ſelbſt die Sperbergrasmücke, als wahre Stümper neben ihnen erſcheinen. Ein Weibchen, deſſen Junge ich zuſammen— 388 Ewald Ziemer, Etwas vom Sandkiebitz. geſammelt hatte, ging noch bedeutend weiter und ſtarb ſchließlich mit ſolcher Virtuoſität, daß ich unwillkürlich einige Schritte vorwärts machte, thatſächlich einen Augenblick im Zweifel, ob das noch Verſtellung oder bereits Wahrheit ſei. „Mit ausgebreiteten, zitternden Flügeln humpelte und hinkte ſie dahin — ſo lauten meine ſ. Z. darüber gemachten Notizen —; immer ſchwankender wurden ihre Schritte, immer gewaltſamer verdrehte ſie ihre Flügel; ihr Schwanz breitete ſich krampfhaft aus, dann ſank ſie zuſammen. Ein leiſes Zittern lief über den ganzen Körper, wie im letzten Todes⸗ kampfe; der Schwanz ſchloß ſich langſam bis zur Hälfte, die Flügel ſanken halb aus⸗ gebreitet nieder und wie todt lag das kleine Vögelchen regungslos auf dem Sande, während der leiſe Abendwind ſpielend die Rückenfedern hob und wieder ſinken ließ.“ — So, wenn man ruhig ſtehen bleibt. Folgt man ihren Lockungen, ſo führen ſie einen in bekannter Weiſe fort aus der gefährlichen Nähe. In weiterer Entfernung von ihren Jungen begnügen ſie ſich damit, möglichſt auffallend vor dem Eindring⸗ ling in ihr Königreich herzulaufen, um ihn zum Folgen zu veranlaſſen. Hierauf baute ich meinen Plan; ich wollte zunächſt langſam, dann allmählich immer ſchneller hinter ihnen hergehen, ſie ſo zum ſchnellſten Laufen bewegen und dann die Schritt— weite meſſen. Alles ging ganz nach Wunſch! Die Sandkiebitze rannten, daß ich es mir gar nicht beſſer wünſchen konnte, und klar und ſcharf prägten ſich ihre Spuren im glatt gewehten Sande aus. Hierbei nun überzeugte ich mich vollkommen, daß Sandkiebitze im Stande ſind, reichlich eben jo ſchnell zu laufen, wie ich gehen kann. Leider habe ich verſäumt feſt— zuſtellen, wie ſchnell ich bei dieſer Gelegenheit ging; da ich aber ſehr gut zu Fuße bin, — „Donnerwetter, lauf nicht ſo, da kann ja keiner mitkommen!“ muß ich gar oft hören — dürften die Regenpfeifer im ſchnellſten Rennen über kurze Entfernungen wohl mindeſtens 2 m in der Sekunde zurücklegen. Die aus Herrn Walters Angaben berechnete Geſchwindigkeit in Metern ſtimmt hiermit ſehr gut, ſo gut, daß ich nicht anſtehe, ſie für vollkommen zutreffend zu erklären. Zahlreiche Meſſungen, von Ballen zu Ballen, ergaben, das die Schrittweite beim ſchnellſten Rennen zwiſchen 10 und 14 em ſchwankt, im Durchſchnitt aber etwa 12 em beträgt. Hieraus ergiebt ſich, daß Herrn Walters Regenpfeifer durchſchnittlich in jeder Sekunde nicht weniger als 14,1166 Schritt machte. Beim ſchnellſten Rennen über kurze Strecken dürften ſie aber wohl noch 2 bis 3 ihrer Schrittchen mehr machen, alſo etwa 16 bis 17 in der Sekunde. In ruhiger, durch keine Affekte irgend welcher Art beſchleunigter Bewegung macht der Sandkiebitz nach Herrn Profeſſor Liebe's ſorgfältigen Beobachtungen und Meſſungen durchſchnittlich etwa 8 ſeiner Schrittchen, alſo etwa halb fo viel, wie im ſchnellſten Laufe. Im Ganzen mußte Herrn Walters Sandkiebitz alſo 156 245,35 Schritte machen, Leverkühns Ornithologiſcher Leſecirkel. 389 um eine Strecke von rund 18 750 m zurückzulegen, während Herr Walter nur etwa 25 000 Schritt dazu brauchte. Die volle Größe dieſer Leiſtung eines noch nicht ganz erwachſenen Vogels ſpringt aber erſt recht ins Auge, wenn man ſich klar macht, welche Strecke ein Menſch in derſelben Zeit würde durcheilen können, falls er im Stande wäre, ſeine Beine eben ſo ſchnell zu bewegen, und außerdem dieſelbe Ausdauer beſäße. Da die Beine des Menſchen ungefähr ſechzehnmal ſo lang ſind als die des Regenpfeifers, ſo müßte er in wenig mehr als 3 Stunden eine Strecke von 300 km, oder in jeder Sekunde 27,1 m zurücklegen. So großartig, nahe ans on. jtreifend, nun aber auch die Leiſtung dieſes Regenpfeifers iſt, ſo ſteht doch die erreichte abſolute Geſchwindigkeit in gar keinem Verhältniß zu der aufgewendeten, ungewöhnlich großen Ausdauer und Kraft, und klar und deutlich zeigt ſie uns, daß es ſelbſt einem ſo ausgezeichneten Läufer nicht möglich ſein würde, ſeine Herbſt- und Frühjahrsreiſen laufend zu machen! Denn angenommen ſelbſt, es ſtände einem ſolchen Schnell- und Dauerläufer ein ſchnurgerader, glatt ausgetretener Fußſteig, ähnlich wie ihn Herrn Walters Regen— pfeifer benutzte, zur Verfügung, ſo würde der Vogel doch, um eine Strecke von nur etwa 3000 km zurückzulegen, im Ganzen nicht weniger als 20 Tage und 12 Stunden rennen müſſen. Nimmt man ferner an, derſelbe wäre auf die Dauer im Stande, täglich volle 6 Stunden zu laufen, ſo würde er nicht weniger als 82 Tage zur Voll— endung einer ſolchen Reiſe brauchen! Ein fliegender Sandkiebitz dürfte bei ganz gleichem Kraftverbrauch wohl min— deſtens die dreißigſache Entfernung zurücklegen wie ein laufender. — | Schließlich will ich noch mittheilen, woher ich den in der Ueberſchrift, ſowie auch mehrfach im Texte gebrauchten Namen „Sandkiebitz“ für den Flußregenpfeifer habe. Sandkiebitz wird dieſer hübſche und intereſſante Vogel nach Mittheilung des Herrn Dr. C. Bolle, im Journal für Ornithologie, 1888, S. 304, in der Mark Brandenburg genanut. Dieſer Name iſt ein jo bezeichnender, in jeder Hinſicht paſſender, daß er wohl verdiente, allgemein angenommen zu werden, um ſo mehr, als ein anderer treffender Volksname nicht vorhanden zu ſein ſcheint. Leverkühns Ornithologiſcher Leſeeirkel. Der Mangel an litterariſchen Hilfsmitteln, namentlich auch die Unmöglichkeit, die nothwendigſten fachwiſſenſchaftlichen Zeitſchriften regelmäßig einſehen und ſtudieren zu können, iſt ſchon von jedem wiſſenſchaftlich ſtrebenden und forſchenden Menſchen bitter empfunden worden. Nur gar zu wenige ſind durch Zufälligkeiten ſo geſtellt, daß ihnen alle einſchlägigen Fachblätter zur Verfügung ſtehen, und faſt Alle müſſen, 390 Leverkühn's Ornithologiſcher Leſecirkel. um ſich gehörig zu informiren, mit vielen Umſtändlichkeiten verbundene Anleihen bei den großen öffentlichen Bibliotheken machen oder wohlſituirte Bekannte mit Mühe⸗ waltungen behelligen, und oft genug führt auch das nicht zum Ziel, denn nur eine äußerſt geringe Anzahl von Büchereien vermag da nach jeder Richtung Ausreichendes zu bieten. Mehr oder weniger oft verzichtet man auf die Befriedigung des Bedarfes an Litteralien, und vorzugsweiſe ſind es die — allerdings oft recht theuren — aus⸗ ländiſchen wiſſenſchaftlichen Journale, deren Lektüre dem weniger Bemittelten ver- ſchloſſen bleibt. Gegenüber dieſer recht unglücklichen Sachlage theilte mir Herr Leverkühn vor noch nicht zwei Jahren mit, daß er mit dem Plane umgehe, einen ornithologiſchen Leſecirkel zu gründen, innerhalb deſſen die wichtigſten ornithologiſchen Fachſchriften zirkuliren ſollten. Die Idee war ſicher ſehr gut und gefiel mir außerordentlich; aber ich glaubte nicht an die Möglichkeit einer gelungenen Ausführung, da ich mir ſofort die ſo überaus zahlreichen Uebelſtände vergegenwärtigte, die einer gedeihlichen Ent— wickelung des projektirten Leſecirkels entgegenſtehen mußten. Mit Freude aber hörte ich ſeither zu wiederholten Malen, daß der mit friſchem Muthe gegründete Leſecirkel nicht nur ſein Daſein friſte, ſondern auch ſich vorwärts entwickele. Bei der Wich— tigkeit dieſes Unternehmens werden die Vereinsmitglieder gern ſich durch einen näheren Bericht über daſſelbe informiren. Einen ſolchen hat mir Herr cand. med. C. Parrot mitgetheilt. Herr Leverkühn verdient durch ſein tapferes Vorgehen und Aushalten unſere volle Anerkennung und ſein Leſecirkel unſere wärmſte Empfehlung. K. Th. Lehe Bericht. Ein Cirkular, welches Ende Februar 1889 an verſchiedene junge Anhänger der Ornithologie abging, enthielt die Aufforderung zu einer Vereinigung behufs leichterer Beſchaffung der periodiſchen ornithologiſchen und jagdwiſſenſchaftlichen Litteratur; zugleich wurden die Meinungsäußerungen der Einzelnen betreffs Abweichungen von dem von Herrn Leverkühn vorgeſchlagenen Wege erbeten (es waren zuerſt 9 Herren, die ſich noch im Laufe der Verhandlungen auf 11 vervollſtändigten); in kürzeſter Zeit war eine Einigung erzielt, und ſchon am 1. Juli deſſelben Jahres konnten zwei ums fangreiche Sendungen ornithologiſcher und jagdlicher Blätter nach verſchiedenen Rich— tungen vom Stapel gelaſſen werden. Was die näheren Details der Organiſation des O. L.-C. (Abkürzung für „Ornith. Leſe-Cirkel“) betrifft, ſo wurde beſchloſſen, den Jahresbeitrag auf 15 Mark pränumerando feſtzuſetzen. Die Sendungen werden frankirt expedirt; es cirkuliren deren je nach Bedürfniß etwa 15 oder mehr im Jahre, in Geſtalt von Poſtpacketen (zur Schonung der Zeitſchriften wurden Mappen angeſchafft, von zweierlei Größe: Leverkühns Ornithologiſcher Leſecirkel. | 391 Octav und Folio). Jeder Sendung iſt ein Begleitſchein mit Angabe der enthaltenen Zeitſchriften und Regelung der Reihenfolge beigegeben. Formular J. Sendung Nm Jahr > „ AR f 8 5 5 5 5 5 8 — 2 Name. Wohnort. Nähere 8 8 Expedition. Bemerkung. — — Adreſſe. = = =, Datum. Bei der „Reihenfolge“ wird möglichſt darauf Rückſicht genommen, einmal eine den verſchiedenen Wohnorten der Mitglieder entſprechend zweckmäßige, und anderer— ſeits möglichſt wechſelnde Folge zu wählen, damit kein Mitglied regelmäßig an der Queue der Leſetour ſteht. Nach Empfangnahme einer Sendung hat man ſich davon zu überzeugen, daß dieſelbe alles enthält, was auf dem Begleitſcheine vermerkt iſt; wer dies unterläßt, d. h. die Verwaltung nicht ſofort von dem eventuell Fehlenden in Kenntniß ſetzt, hat dafür einzuſtehen; die Leſefriſt für jedes Mitglied beträgt 10 Tage; die Sendungen dürfen nicht an Dritte ausgeliehen werden. Um dem Ver— walter die Controle über die rechtzeitige und ungeſtörte Cirkulation der einzelnen Sendungen zu ermöglichen und um eventuelle Verluſte auf der Poſt zu entdecken, hat es ſich als zweckmäßig erwieſen, Empfangskarten beizugeben, die bei der Expedition jeder Sendung von dem betreffenden Abſender auszufüllen und an die Verwaltung zu ſchicken ſind. Formular II. — Jahr Sendung des O. L.⸗C., welche ich am eee e 189 en N.. (Name) erhielt, ſchickte ich heute nach 10 (oder weniger) Tagen weiter S (Name). Der Inhalt ſtimmte zu der Angabe des Begleitſcheines. Ort: Datum: Name: (Reihenfolge-Nr. Die Sendungen haben gleichzeitig den Zweck, zu Mittheilungen, Anfragen, Offerten, Tauſchverbindungen, überhaupt zur Anknüpfung perſönlicher Beziehungen unter den Mitgliedern zu dienen. Die eingegangenen Beiträge werden derart ver— werthet, daß ca. 75% auf Anſchaffungen, ca. 25% auf Unkoſten und Erhaltung eines Reſervefonds kommen. | Die überaus mühſame und zeitraubende Aufgabe der Verwaltung des O. L.-C. hat Herr Leverkühn bereitwilligſt in die Hand genommen; er hat ſich damit eine ſehr große Laſt aufgebürdet; die Mitglieder des O. L.-C. ſind ihm für ſein Ent— gegenkommen zu großem Danke verpflichtet. dieſer Sendung.) 392 Leverkühns Ornithologiſcher Leſecirkel. Am Ende jeden Jahres werden die Zeitſchriften gebunden, geſtempelt und im Hauſe des Verwalters aufgeſtellt. Auf beſonderen Wunſch des Verwalters ſind zwei Herren als Rechnungsreviſoren aufgeſtellt zur Decharge-Ertheilung für den Verwalter. Schließlich ſei bemerkt, daß die Gründer des O. L.-C. die ausſchließlichen Eigenthümer der Bibliothek ſind; bei eventuellem Austritt erlöſchen ihre Eigenthumsrechte. Die Zahl der Mitglieder des O. L.-C., darunter zwei in Oeſterreich-Ungarn, eins in Frankreich, ſtieg in dieſem Jahre auf 20. Zu unſerer großen Freude wurde auch von berufenſter Seite unſerem Unternehmen Intereſſe entgegengebracht; wir dürfen einige der bedeutendſten Ornithologen zu den Mitgliedern des O. L.-C. zählen, z. B. Herrn Oberſtabsarzt Dr. Kutter (derzeitigen Vorſitzenden der „Allgem. Deutſch. Ornith. Geſellſch.“), Profeſſor Dr. Wilh. Blaſius, Freiherrn Hans von Berlepſch, Stefan Chernel von Chernelhäza. Im vergangenen Jahre war Herr Profeſſor Dr. Wilh. Blaſius ſo freundlich, ſein Exemplar der Proceedings und Transactions der Zoologiſchen Geſellſchaft in London circuliren zu laſſen; in dieſem Jahre hat ſich Freiherr von Berlepſch gütigſt hierzu bereit erklärt. | Es möge mir nun geſtattet ſein, eine Aufzählung der bis jetzt im O. L.⸗C. vorhandenen Zeitſchriften zu geben. I. Ornithologiſche Fachzeitſchriften. 1. Journal für Ornithologie (Berlin). 10. Die Schwalbe (Mittheilungen d. ornith. 2. The Ibis, a quarterly Journal of Vereins in Wien). Ornith. (London). 11. The Ornithologist's & Oologist's Semi- 3. Ornis, internat. Zeitſchrift f. d. geſ. Annual (Pittsfield). Ornith. (Wien). 12. Zeitſchrift f. Ornith. u. prakt. Geflügel⸗ 4. Stray Feathers, Journal of Ornith. for zucht (Stettin). India & its Dependeneies (Calcutta). 13. The Oologist’s Exchange (New-⸗York). 5. Zeitſchrift f. d. geſammte Ornithologie 14. The Loon. (Budapeſt). 15. The Young Oologist (New-York). 6. The Auk, (edit. for the Americ. Ornith. 16. The Curlew (Orleans). Union) (New- York). 17. The Owl (Aſhland). 7. Ornithologiſche Monatsſchrift (Gera). 18. The Americ. Osprey. 8. Ornithologiſches Jahrbuch (Hallein). 19. The Oologist (Albion). 9. Ornithologist & Oologist (Boſton, 20. Nordböhmiſche Vogel- und Geflügel⸗ Maſſ.). zeitung (Reichenberg). *2 1. Honsegaarden (Kopenhagen). II. Jagd- und Sport-⸗Zeitſchriften. 22. Der Weidmann (Dresden). 26. Bibliothek für Jäger und Jagdfreunde 23. Hugos Wiener Jagdzeitung. (Leipzig). 24. Illuſtr. Jagdzeitung (Leipzig). 27. The Field (London). 25. Deutſche Jägerzeitung (Neudamm). 28. Chasse et P&che (Bruxelles). Leverkühns Ornithologiſcher Leſecirkel. 393 III. Allgem. natur wiſſenſchaftl. und ſpecielle Zoologiſche Zeitſchriften. 29.“ Der Zoologiſche Garten (Frankfurt). 35. Proceedings of the Zool. Soc. of London. 30. The Zoologist (London). 36. Transactions of the Zool. Soc. of London. 31. Zool. Vorträge von Marſhall (Leipzig). 37. The Naturalist (Kanſas). 32. The Naturalist (London). 38. The Wolverine Naturalist (Kalamazoo, 33. The Young Naturalist (Hartlepool). Mich.). 34. Contributions to Science (Newtonville, 39. The Hoosier Naturalist. Maſſ.). 40.“ Der Naturhiſtoriker (Wien). Anmerkung. Der Stern () bedeutet, daß dieſe Zeitſchriften gratis den Sendungen aus der Bibliothek Paul Leverkühn beigelegt werden. Außerdem gingen dem O. 2-6. als Geſchenke von den Herren Verfaſſern zu: Dr. Freiherr von König-Warthauſen „Die Kreuzſchnäbel und ihre Fortpflanzung“ (1889) und V. Ritter von Tſchuſi zu Schmidhoffen „Ueber den Wanderzug des Steppenhuhns in Oeſterreich-Ungarn“ (1890). Es wird ſich mancher Leſer über die zahlreichen amerikaniſchen ornithologiſchen Journale wundern; ich möchte hierzu bemerken, daß es beſonders im Intereſſe des O. L.⸗C. lag, auf alle dieſe kleinen Blätter zu abonniren, um möglichſte Vollſtändig— keit in allen ornithologiſchen Zeitſchriften zu erreichen; dieſe Duodez-Zeitſchriften ſind faſt ſämmtlich nur in geringer Auflage gedruckt und ſchwer zu bekommen; außerdem gehen ſie oft ganz plötzlich wegen mangelnder Abonnentenzahl ein und ſind dann ſehr raſch vergriffen. — Wenn man ihnen auch im Allgemeinen keinen großen wiſſen— ſchaftlichen Werth zuſprechen kann, ſo iſt ihre Lectüre doch recht intereſſant und unter— haltend, und man ſieht daraus, wie verbreitet in Amerika auch in niederen Ständen die Kenntniß der einheimiſchen Vogelwelt iſt. Mr. J. A. Allen, der Herausgeber des „Auk“, nennt dieſe Blätter geradezu „Amateur“-Zeitſchriften. Er meint: „unter all dieſem Plunder finden ſich doch hier und da Dinge von hohem Intereſſe und Werth, welche nicht überſehen werden ſollten“ (The Auk, Januar 1890, S. 79). Trotz dieſer ganz ſtattlichen Anzahl von 40 Journalen fehlen doch noch viele, welche wir noch ſehr gerne anſchaffen würden; ſo ſind zunächſt noch einige deutſche und öſterreichiſche Jagdzeitungen auf die Deſideraten-Liſte geſetzt; auch die Anſchaffung franzöſiſcher Publikationen wäre verſchiedenen Mitgliedern ſehr erwünſcht, doch hängt jede Vermehrung der Journale von einem weiteren Zuwachs an Mitgliedern ab. Der Exiſtenz des O. L.⸗C. verdanken wir den Artikel über das Brüllen der Rohrdommel von P. Leverkühn, ferner unlängſt die kleine Ueberſetzung aus „The Field“ in der Monatsſchrift. Endlich mag bemerkt werden, daß der Allgem. Deutſchen Ornith. Geſellſchaft durch den O. L.-C. indirekt einige neue Mitglieder zugeführt wurden. München, im Juli 1890. C. Parrot. Anmerkung. Neue Anmeldungen zum O. L.⸗C. bin ich gerne bereit entgegenzunehmen. Adreſſe: München, Herzog⸗Wilhelmſtraße 29 II. Parrot. 394 Kleinere Mittheilungen. Kleinere Mittheilungen. Ueber Vogelneſter. Vor einem belebten Gaſthofe in Perleberg ſtehen mehrere Orangenbäume in Kübeln auf dem Bürgerſteige, daneben Tiſche und Stühle für die Gäſte. Ein Hänfling ſuchte ſich den dichteſten Baum zum Niſten aus, der gerade am Ausgange ſteht und baute auch darin ſein Neſt. Trotzdem viele Menſchen täglich an dem Baume vorbeigehen, auch Soldaten faſt den ganzen Tag truppweiſe ſich vor dem Hauſe aufhielten und auf den Stühlen Platz nahmen, auch die Straße zu der belebteſten der ganzen Stadt gehört, ließen ſich die Vögel nicht ſtören. Die Eier wurden ungeſtört ausgebrütet, die Jungen, unbekümmert um das Treiben, groß ge— füttert, bis ſie vor einigen Wochen glücklich das Neſt verlaſſen haben, welches, da es nicht wieder benutzt wurde, meiner Sammlung zum Andenken einverleibt iſt. — Im Nebenhauſe zu meiner Wohnung befindet ſich die Werkſtätte eines Kupferſchmiedes, der faſt immer, und nicht gerade ruhig, arbeitet. Neben der Thüre geht ein Balken in der Wand nach der Seite ab mit einem Bohrloche, in welchem früher ein Ver⸗ bandzapfen ſtak. Das Loch mündet in eine ausgemeiſelte Fuge, welche von einer Blaumeiſe zur Wohnung erwählt wurde. Unbekümmert um die vielen Zuſchauer, denen das Bildchen manche Viertelſtunde zum Zuſchauen abnötigte, flog das Vögelchen mit Niſtſtoffen aus und ein und brachte auch glücklich feine ſieben Jungen zur Ent- wickelung, welche anfangs Juni ausgeflogen ſind. Die drei letzten, welche ſich im Hofe ziemlich unbeholfen umhertrieben, wurden eingefangen und in einem Käfige neben den Bau gehängt, wo ſie auch, umringt von Zuſchauern, noch einige Tage von den Alten gefüttert und dann in Freiheit gelaſſen wurden. Das Treiben der Thierchen war zu drollig: immer in Bewegung, turnten ſie im Käfige umher, nur unterbrochen durch die Fütterungspauſen. — Der von mir ſchon oft erwähnte Fliegen— ſchnäpper, welcher alljährlich ſein Neſt in eine leere Laterne baute, hat ſich dieſes Jahr ein anderes Verſteck gewählt. Vor dem Fenſter der Gaſtſtube hängt ein im Sommer ſtets herabgelaſſener Strohſchutzladen, welcher mehrere Höhlungen darbietet. Die eine wurde für gut befunden und in ihrer Mitte das Neſt angebracht, welches wohlgeſchützt gegen räuberiſche Angriffe iſt. Dicht daneben pflegen bei gutem Wetter oft Gäſte zu ſitzen, aber das ficht den Vogel nicht an, der ruhig hinter deren Rücken ſeinen Geſchäften nachgeht. — Ein anderer Fliegenſchnäpper baute im Gartenhauſe eines Bekannten an einer ganz freiliegenden Stelle, welche allem Raubgeſindel zu- gänglich war. Um den Bau zu ſchützen, befeſtigte der Beſitzer ringsum Dornen, jo daß ein dichtes Gehege entſtand. Während deſſen ſaß der Vogel nicht weit davon entfernt und betrachtete aufmerkſam den Vorgang, nach deſſen Beendigung er ſofort den Platz unterſuchte und ihn anſcheinend ſehr gut fand, denn er vollendete von nun ab eifrig ſein Brutgeſchäft. — Es iſt dieſes doch wohl mehr als Inſtinkt der Vögel, Kleinere Mittheilungen. 395 den Schutz der Menſchen aufzuſuchen und den Lärm in Kauf zu nehmen in dem Bewußtſein, an ſolchen Stellen am ſicherſten vor Nachſtellungen zu bleiben. Rudow. Sprachtalent des Staares (Sturn. vulg. IL.) Neben dem Fenſter meines Studierzimmers wohnt ſeit mehreren Jahren ein Staar, welcher ein ſehr ausgeſprochenes Nachahmungstalent beſitzt. — Da ich vom Fenſter aus einen meiner Teckel anrufe, ſo merkte ſich auch dieſer Staar alsbald den Namen des Hundes, und ruft er ſeit langem mit erſtaunlicher Deutlichkeit: „Mucki, Mucki — — — Mucki, komm!“ Dieſe Worte, welche uns alle immer ſehr beluſtigen, bilden meiſtens die Introduktion zu einem überaus reichhaltigen Vortrage des Vogels, deſſen Repertoire von Jahr zu Jahr vermehrt wird. Einſt wurde unſer Freund durch einen Stärkeren aus ſeinem Stammſitze vertrieben und ſiedelte ſich nach manchem harten Kampfe auf dem nächſten Gehöfte an. Ein Knabe, Willi Semke, brachte mir alsbald von dort die Nachricht: „Vor unſerem Hauſe ſitzt eine Sprehe, die ruft immer ganz deutlich: Mucki, Mucki!“ Staats von Wacquant-Geozelles. Pinguine als Wetterpropheten. Unſere Matroſen behaupteten immer auf der Rückreiſe in der Nähe des Cap Horn, daß patagoniſche Pinguine in „Lee“ ſchwimmend und bei Nacht ſchreiend, Stille verkündigen ſollten; die Officiere der „Hannover“ gaben dagegen an, daß das eine ſteife öſtliche Priſe, Pinguine auf der Windſeite (zu „Luward“) aber Stille bringen ſollten. Aehnliches hatten ſchon die Beſatzungen der däniſchen Bark „Neptun“ und der oldenburger Brigg „Amazone“, mit welchen wir in Corinto, Nicaragua, zuſammen lagen, mir berichtet. Ich habe ſehr genau darauf geachtet, aber gar bald gefunden, daß dieſe eigenthümlich geſtalte— ten Vögel ſehr unzuverläſſige Wetterpropheten find, etwa wie die „Schweinsfiſche“, von denen behauptet wurde, ſie zögen immer nach der Richtung hin vom Schiffe weg, aus der in den nächſten Tagen der Wind wehen würde. Nun aber traf es ſich einmal auf der Höhe von Rarotonga in der Südſee, daß von einem großen Schwarm dieſer Säuger ein Theil nach N.., der andere nach S.O. weiter zog und wir am nächſten Tage ſteife Briſe aus W. S. ½ S. hatten!!! Facta demonstrant! Schlaupitz, Dom., 8. Sept. 1890. Karl Knauthe. Litterariſches. „Die Forſtliche Bedeutung der Vögel“, Inaugural-Diſſertation von Arthur Schönhuth, Gießen 1890. Zeitungen für Jagd⸗ und Forſtweſen giebt es eine große Anzahl, an land- und forſtwirthſchaftlichen Vereinen fehlt es nirgends in unſerm weiten Vaterland und Ver— eine und Schriften für den Schutz der Thierwelt exiſtiren ebenfalls an vielen Orten. Trotz alledem ſind die Meinungen über die Stellung, welche die verſchiedenen Vogel— 396 Litterariſches. Anzeigen. gattungen innerhalb der Natur und namentlich innerhalb der Natur, ſoweit ſie im Bann der Kultur ſteht, noch recht wenig geklärt und ſicher begründet, — ſie ſind es bezüglich der Garten- und Landwirthſchaft, obſchon in dieſer Richtung ſchon mancher Fortſchritt zu verzeichnen iſt, und ſind es noch vielmehr bezüglich der Forſtwirthſchaft. Ueberhaupt ſtehen ſehr viele, — man kann wohl behaupten die große Mehrzahl der Forſtbedienſteten, wenn man alle Grade einrechnet, wie das ja nicht anders billig und recht iſt, — der Frage ganz indifferent gegenüber; ſie bekümmern ſich nicht um die Vogelwelt, die ſie überhaupt nicht mehr kennen, und geben höchſtens Obacht, wenn Schußgelder auf gewiſſe Vögel ausgeſetzt ſind. Auf der andern Seite ſtehen wieder eine große Anzahl von Thierfreunden, welche in ihrem warmen Gefühl für die Vögel und ohne wirkliche Kenntniß ihrer Lebensweiſe, abſoluten Schutz und ausnahmsloſe Schonung haben wollen für alle Vögel des Feldes und Waldes. Sie ſehen in den Vögeln die natürlichen, alſo von der Vorſehung eingeſetzten und daher trotz aller Aenderung der natürlichen Wachsthumsverhältniſſe durch die Kultur, mit abſolutem Er⸗ folg arbeitenden Schützer der Gartenfrüchte wie des Waldes. Dem entgegen heben wieder andere nur die ſchädlichen Seiten der oder jener Vogelart hervor, und zwar oft genug in tendenziös übertriebener Weiſe und mit ganz falſcher Deutung deſſen, was ſie ſelbſt geſehen oder wovon andere berichtet. Bei einzelnen Vogelſippen hat die Frage, ob ſie den Obſtplantagen oder dem Walde nützlich oder ſchädlich, ja ſogar nur ob ſie überwiegend nützlich oder überwiegend ſchädlich ſeien, eine ganze Litteratur von Streit⸗ ſchriften hervorgerufen; — und doch finden wir im Ganzen noch ſo wenig Klärung. Die Urtheile waren eben auf beiden Seiten meiſt einſeitig. Denn wenn ja einmal eine objektiv gehaltene, ſachlich richtige Meinung geäußert wurde (wie jüngſt wieder von Altum in der „Schwalbe“), dann fand meiſt ein Jeder in ſolcher Aeußerung nur Be- weismaterial für ſeine einſeitig falſche Meinung heraus unter gänzlicher Nichtachtung der ergänzenden anderen Seite der aufgeſtellten Sätze. Um ſo angenehmer berührte es uns, in jener oben angezogenen Schrift von Schönhuth ein ganz objektiv gehaltenes, ſehr klar und faßlich geſchriebenes, bei aller Kürze (67 Seiten) recht erſchöpfendes Werkchen zu finden. Die Objektivität ſeines Ur⸗ theiles iſt umſomehr anzuerkennen, als der Verfaſſer ſelbſt Forſtmann iſt und daher den „altererbten Grundſätzen“ und Anſichten der Jäger von haus aus näher ſteht. So hat uns namentlich auch ſein gelegentlich in vorliegender Schrift abgegebenes ſcharfes Urtheil über den Droſſelfang Genugthuung gewährt. Auf die äſthetiſche Seite, auf die ſittlich erhebenden Eindrücke, welche die den Wald belebenden Vögel auf den Menſchen machen, und welche neuerdings beſonders Altum wieder hervorhebt, läßt ſich der Verfaſſer nur wenig ein. Man kann hier einen Mangel finden. Wir möchten das aber keinen Fehler nennen, denn die Schrift macht in ihrer vorſichtigen Beſchränkung umſomehr den Eindruck nüchtern-proſaiſcher Forſchung, von Begeiſterung freier rein- verſtandesmäßiger Unterſuchung. K. Th. Liebe. Anzeigen. Denjenigen unter unſern Vereinsmitgliedern, welche frühere Jahrgänge unſerer Monatsſchrift zur Ergänzung ihrer neueren Jahrgänge zu erwerben wünſchen, geben wir die Nachricht, daß die Jahrgänge 1878 und 1879 zu je drei Mark, die Jahr⸗ gänge 1882 bis einſchl. 1889 zu je fünf Mark nebſt den eleganten Einband⸗ decken von unſerem Rendanten, Herrn Rohmer in Zeitz, bezogen werden können. Eine einzelne Einbanddecke koſtet 80 Pfg. Der Vorſtand. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. ee; we Ornithologiſche 1 4 | 2 292 Mi RN MM NIIT N . ) { Mu: \ 1: Ü p rr —— SS S deut chen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von n en: N - ; n danten d. Ver. Meldeamts⸗ Jahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, Affſtent 5p be e dioeitem Vorſitzenden des Vereins, Anzeigen der Vereinsmitalie⸗ ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. nzeigen der Vereinsmitglie⸗ a 5 8 Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Str.⸗Inſp. Thiele. soweit der Raum es gerlaiter XV. Jahrgang. October 1890 (erſte Lieferung). Ur. 15. Inhalt: P. G. Thienemann . — Neu beigetretene Mitglieder IV. — Dr. Simroth: Einiges Allgemeine über die Bedeutung des Flügels in der Natur, Vortrag, gehalten gelegentlich der Generalverſammlung in Wurzen (29. März 1890). A. Graf von Geldern: Verſuch einer Lokalavifauna Roggenburgs und feiner nächſten Umgebung. A. Jacobi: Ueber Lanius excubitor var. Homeyeri Cab. — Kleinere Mittheilungen: Vogelſchutz. Zur Nahrung der Elſtern und Heher. Kirſchen als Staarenfutter. Zum Anpaſſungsvermögen des Sumpfſängers (Acroc. pa- lustris). Die Zwergtrappe in Thüringen. Bartmeiſen. — Anzeigen. P. G. Thienemann 7. Am 11. October entſchlief im 91. Lebensjahre unſer Mitglied, der älteſte der zeitgenöſſiſchen Ornithologen, Herr Paſtor em. Guſtav Aug. Leop. Thienemann in Kötzſchenbroda bei Dresden. 29 398 Simroth, Neu beigetretene Mitglieder. IV. 1. Behörden und Vereine: Canarienzüchter-Verein in Halberſtadt; Land— wirthſchaftlicher-Verein für Halberſtadt und Umgegend in Halberſtadt; Mittlere Bürgerſchule in Halberſtadt; Oberſtädtiſche Volksſchule in | Halberſtadt. | | 2. Damen: Frau Ottilie v. Hardt geb. v. Bernuth in Berlin; Fräul. Charlotte Hünich in Stockdorf bei Planegg (vom 1. Januar 1891 ab); Frau Gräfin Irene von Baumgarten in München; Frau Gräfin Gabriele von Tatten- bach in Immenſtadt im Algäu. 3. Herren: Boetticher, Mälzer in Halberſtadt; Dr. Hermann Burſtert in Berlin; Delling, Forſtgehülfe in Belgershain i. S.; Domceke, Garniſon-Auditeur in Graudenz; Ferd. Friedrichs, Glaswaarenfabrikant in Stützerbach i. Thür.; Wilhelm Greiner, Glaswaarenfabrikant in Stützerbach i. Thür.; Richard von Hardt, Majoratsherr auf Wonzowo in Berlin; Ed. G. Honrath, Köngl. Hofkunſthändler, Vorſitzender des Berliner entomologiſchen Vereins in Berlin; Arnold Jacobi in Leipzig; Hermann Mädler, cand. med. in Leipzig; E. Perzina in Wien (vom 1. Januar 1891 ab); von Reichenau, Königlicher Forſtmeiſter in Merſeburg; Hubert Schöpffer, Königl. Oberförſter in Sitzenroda; Seick, Reſtaurateur in Graudenz; Stacy Frampton Stallart auf Alte-Burg bei Groß⸗Berkel, Prov. Hannover; Dr. Thiele, Referendar in Torgau; von Tiedemann, Major a. D. auf Seeheim, Bez. Poſen; Dr. von Vaemewych, prakt. Arzt in Eiſenach; H. A. Völkel, Kaufmann in Gera; Max Willms in Ds: I Wolff, We u un in Delißzſch Einiges Allgemeinere über die Bedeutung des Flügels in Si Natur. Vortrag gehalten gelegentlich der Generalverſammlung in Wurzen (29. März 1890) von Dr. Simroth. Unſere gefiederten Freunde haben es mehr als irgend eine Thiergruppe ver- ſtanden, dauernd ſich des Menſchen Neigung, Liebe und Fürſorge zu erwecken und zu erhalten; unſer blühender Verein iſt Beweis genug. Wohl beginnt faſt jeder Junge ſeine Naturſtudien bezw. ſein Erwerbsleben mit der Anlegung irgend einer Sammlung von Käfern, Schmetterlingen, Schnecken oder dergl., aber alle dieſe Lieb⸗ habereien, ſie halten ſchließlich nicht Stand gegenüber dem Intereſſe, das uns die Vogelwelt einflößt, trotzdem daß jene Objekte ſo viel leichter zu beſchaffen ſind. Ich perſönlich als Zoologe darf am wenigſten ſolcher Einſeitigkeit das Wort reden und weiß ſehr wohl, in welchem Grade alle Thiere, und die unſcheinbareren meiſt erſt recht, den genaueren Kenner zu feſſeln vermögen; nichtsdeſtoweniger hält der Zauber, Einiges Allgemeine über die Bedeutung des Flügels in der Natur. 399 der von der Vogelwelt ausgeht, auch vor dem kritiſchen Auge der Wiſſenſchaft voll— kommen Stand; und wenn wir auch zunächſt von der Anmuth abſehen, mit der die leichtbeweglichen, graziöſen Geſchöpfe Flur und Hain beleben, mit der uns die rück— kehrenden den Frühling melden, mit der die bleibenden die Wintertage verſchönen, wenn wir den anheimelnden Reiz des Niſtens, des Liebesgeſanges, des Hochzeitskleides bei Seite laſſen, wenn wir den mannigfachen Nutzen, den ſie uns in äſthetiſcher und ökonomiſcher Hinſicht gewähren, hintanſetzen — ſelbſt dann, von der höheren Warte reiner Wiſſenſchaftlichkeit aus betrachtet, ſchießen ſie gewiſſermaßen den Vogel ab, denn ſie ſind in mechaniſcher Hinſicht das Meiſterſtück der Natur, das dieſe in ein⸗ ſeitiger Beſchränkung arbeitend über allen Vergleich mit den höchſten ſonſtigen Stufen thieriſcher Weſenheit hinaus, als welche wir uns ſelbſt zu betrachten uns gewöhnt haben, fertig gebracht hat, — in einſeitiger Beſchränkung, die ſchließlich, wie immer, wenn ſie bis zur Meiſterſchaft durchgeführt iſt, eine großartige Vielſeitigkeit in ſich ſchließt. Im Vogel— flug hat die Natur bekanntlich ein Kunſtſtück geſchaffen, das nur durch peinlichſte Durcharbeitung der geſammten Organiſation möglich war. Die Mittel, die ſie anwandte, ſind in unſerem Kreiſe zu bekannt und zu oft beſprochen, als daß ſie einer näheren Ausführung bedürften, die ſtatiſchen Momente des Skeletes, der leichte Kopf mit den früh verwachſenden Schädelnähten, welche das Gehirn zu genaueſter Ausnutzung des gegebenen Raumes zwingen, mit dem Erſatz der Zähne durch die Hornſcheiden der Kiefer, die lange, bewegliche Halswirbelſäule, der ſtarre Rücken, die Bruſt mit den gelenkig geknickten Rippen und deren Hakenfortſätzen, die ſchärfſte Präciſion der Athemmechanik ſelbſt während des rapiden Fluges gewährleiſtend, das rieſige Bruſtbein mit ſeinem hohen Kamm für die Flugmuskeln, die fehlende Lendengegend, die langen Hüftknochen, die ſich der Wirbelſäule auf weithin anlegen, das offene, federnde Becken, welches hartſchaligen Eiern den Durchtritt geſtattet, ſodaß ſie nun, durch ihre Kalk— ſchale geſchützt, aufgeſpeichert werden mögen, bis eine genügende Anzahl für das Brutgeſchäft vereinigt iſt, die kurze Schwanzwirbelſäule mit dem aus der ver— ſchmolzenen Dornfortſätzen gebildeten Knochenkamm für den Anſatz der Steuerfedern, der lange Arm mit der einfachen Hand, an der nur der verkürzte Daumen mit den kleinen Steuerflügelchen einen Reſt freierer Beweglichkeit bewahrt hat, das nach unten verſchmälerte Bein mit den verſchmelzenden Unterſchenkel- und Fußwurzelknochen, — die peinliche Regulirung der geſammten Körperlaſt, die ſich nach dem Flügel— anſatz hinſchiebt, die gewaltige Bruſtmuskulatur zunächſt, der Kropf und Kaumagen, die ſich gleichmäßig zur verbindenden Axe der Schultergelenke ſtellen, das Hinauf— ſchieben der Beinmuskulatur an den Rumpf und die entſprechende Bewegung der Zehen, die verlängerten Sehnen, — die Luftſäcke, die von der Lunge ausgehen und namentlich in den Knochen von Werth ſind, deren Mark ſie erſetzen. Die Bedeutung der übrigen Blaſenräume zwiſchen den Eingeweiden mag unerörtert bleiben, ſie bildet 29 * 400 Simroth, bekanntlich einen ſtrittigen Punkt, da man die ältere Anſchauung, daß ſie den Vogelleib zu einem Luftballon auftreiben, nicht mehr halten zu können glaubt. Denn wenn auch die beträchtliche Erwärmung der Innenluft über die äußere Temperatur hinaus in der That zur Erleichterung des ganzen Körpers, zur Herabminderung ſeines ſpecifiſchen Gewichtes beitragen muß, ſo fragt ſich's doch, ob dieſer geringe Betrag bei der Volumzunahme, die damit verbunden iſt, irgendwie in Betracht kommt, und ob nicht vielmehr die Luftſäcke, die bequem alle entſtandenen Zwiſchenräume ausfüllen, lediglich die nothwendige Verlagerung der inneren Organe, ihre Umgruppirung nach der Bruſt zu ermöglichen. Um die Skizze zu vollenden, gedenken wir noch des Federkleides, das beſonders in doppelter Hinſicht für das Flugvermögen wichtig wird; am ſtärkſten bei den Schwung- und Steuerfedern der Flügel und des Schwanzes, indem die Häkchen, welche die Strahlen zuſammenhalten, ein ſo ausgiebiges als leichtes Flächenorgan ermöglichen, das beſte Ruder beim Schwimmen im Luftmeere, ſodann die Contourfedern, welche mit ihrer leichten Krümmung ſich als ein weit ab- ſtehendes, feſt geſchloſſenes Kleid um den kleinen Körper herumlegen und einen Luft⸗ raum ſchaffen, der bei der hohen Eigenwärme der intenſiven Bewegungsmaſchine für die Herſtellung des Luftballons mehr leiſtet, als alle inneren Luftſäcke zuſammen. Dazu als nothwendiges Orientirungsorgan die enorm großen Augen mit einer für uns kaum faßbaren Leiſtungsfähigkeit für die Nähe wie für die weiteſte Ferne, oder in rapidem Wechſel für beide zugleich, ſo daß jetzt aus ſchwindelnder Höhe die kleinſte Beute in der Ferne erſpäht, im nächſten Moment jähen Sturzes aber bereits bei der Verfolgung Zweig und Stamm vermieden werden, ſchließlich jene Sparſamkeit in denſelben Rieſenaugen, welche die weniger wichtigen Seitentheile beſchneidet und aus Kugeln geſtreckte Fernrohre bildet. — Alle dieſe bekannten Dinge glaubte ich kurz vorausſchicken zu ſollen, um daran zu erinnern, was die Natur nöthig hatte, um im Vogel die Schranken von Raum und Zeit ſo weit zu brechen, als es ihr überhaupt möglich war. Wenn ſo manches am Vogelkörper noch an die reptilienhaften Vorahnen gemahnt, die Schnabelbildung an die Schildkröten, die Beſchilderung der Läufe und Ständer an das Schuppenkleid der Echſen und Schlangen — nun wir wiſſen wohl, was es der früheren Zoologie für Mühe machte, ſich die natürliche Verwandtſchaft zu konſtruiren, vor jenen wunderbaren Entdeckungen zahntragender Vögel in Europa und Nordamerika, und vor allem jener beiden Exemplare des Archaeopteryx oder Urgreifs, wie ihn unſer Marſhall nannte, in den Solnhofener Kalkſchichten. Trotz aller Anklänge an die Vorfahren war es ohne direkten Nachweis kaum möglich, die gewaltigen Umwandlungen vom Kriechthier zum Flieger nachzu⸗ rechnen; es iſt eben am Vogel ſo zu ſagen jeder Zoll ein Vogel. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß die Schöpfung einer derartigen Bewegungsmaſchine nicht ohne weittragende Folgen für die Concurrenten, für die übrige Thierwelt, bleiben Einiges Allgemeine über die Bedeutung des Flügels in der Natur. 401 konnte, wie es andererſeits ſicher iſt, daß die Natur nicht zur Herſtellung ſchritt ohne vielerlei Vorſtufen und Vorverſuche, daß vielmehr das Meiſterſtück nur den Schluß bildet einer langen Kette von, ich möchte ſagen, untergeordneten Leiſtungen, die ſich indeß alle zuſammen zu einem geſchloſſenen Reigen verbinden. Dieſen Beziehungen wollen wir verſuchen heute ein wenig näher zu treten. Was zunächſt fliegt alles? Wohl eine größere Summe von Organismen, als wir für gewöhnlich ahnen. Wir müſſen da wohl unterſcheiden zwiſchen aktivem und paſſivem Flugvermögen. Das aktive kommt nur einer beſchränkten Gruppe von Thieren zu, Inſekten und Wirbelthieren, Fiſchen, Reptilien, Vögeln und Säugern. Das paſſive aber, an das man häufig nicht denkt, ſehr vielen, namentlich niederen Pflanzen und Thieren, die bald das allgemeinſte Vehikel der Natur benutzen, die atmosphäriſchen Strömungen, die Winde, bald von anderen Fliegern ſich fort⸗ tragen laſſen. Dem Winde entziehen ſich die Körper um ſo mehr, je feuchter ſie ſind — bei Regenwetter iſt die Luft ſtaubfrei —, theils weil die Flugorgane ankleben, theils weil der Waſſergehalt das ſpecifiſche Gewicht erhöht. Das iſt aber der gewichtige Grund, warum wir auf dem Meere ſo wenig Flieger antreffen. Das Laienauge wird zwar den Unterſchied wenig empfinden, denn die Flugkünſte der Seevögel ſind ein feſſelndes Schauspiel, das bei der Freiheit der Beobachtung den Zuſchauer immer wieder an⸗ lockt, und ſobald wir uns den Wendekreiſen nähern, kommen die Maſſen der fliegenden Fiſche dazu, die einen ſo eigenartigen Reiz ausüben auf den, der ſie zum erſten Male ſieht. Und doch ſind dieſe, außer einzelnen Verſchlagenen, die einzigen Flieger, welche die reine, oceaniſche Luft beleben. Verweilen wir einen Moment bei den Flugfiſchen, Flughähnen, Schwalbenfiſchen. Sie geben uns einen guten Anhalt für die Be— urtheilung des Problems, wie zuerſt der Flug zu Stande kam. Das weſentliche iſt leicht mitgetheilt. Die Bruſtfloſſen werden vergrößert und ihre Muskulatur nimmt entſprechend zu. Dazu geſellt ſich ein guter Verſchlußapparat für den Mund, der zumeiſt in häutigen Lippenfalten beſteht; denn die Lippen müſſen feſt zuſammen⸗ gepreßt werden, damit nicht ein freier Luftſtrom hindurchſauſe und die zarten Kiemen— fäden zum Vertrocknen bringe. Der Grund aber, der die Thiere zum Verlaſſen ihres heimiſchen Elements veranlaßt, iſt bald durch die Beobachtung gefunden. Denn dort ſpringt die gefräßige Goldmakrele hinter den Flughähnen her, indem ſie ſich hoch aus dem Waſſer emporſchnellt. Der Flug iſt hier aus dem Sprung entſtanden, und der Sprung aus dem Waſſer iſt zunächſt eine Flucht vor dem Verfolger. Freilich kann manches andere dazu kommen; unſere Karpfen ſpringen, zumal bei feuchtſchwülem Wetter, mit Luſt über das Waſſer empor, und man muß das Meer von Herdenfiſchen tanzen ſehen, die in Reih und Glied, wie im Gänſemarſche, aber ganze Kolonnen in gleicher Richtung nebeneinander, in taktmäßigen Sprüngen mehr 402 Simroth, über als unter der Waſſerfläche ſich hinbewegen. Der amerikanische Blaufiſch Tem- nodon saltator, der „Springer“, hat ſeinen Namen von dieſer Gewohnheit. So kann es geradezu ein wonniges Behagen ſein, was die Thiere über die Oberfläche empor⸗ treibt. In keinem Falle aber hat ſich hier aus dem Sprunge ein wirklicher Flug herausgebildet. Kein Flugfiſch vermag mit den Bruſtfloſſeu einen wirklichen Flügel⸗ ſchlag in der Luft auszuführen. Dazu ſind vor allen Dingen die Bruſtmuskeln zu ſchwach. Die Angaben, die Möbius darüber macht, mögen hier erwähnt ſein. Sucht man das Verhältniß zwiſchen dem Gewicht der Flugmuskeln und dem des geſammten Körpers, ſo findet man bei verſchiedenen Fliegern die folgenden Zahlen: Der Körper iſt bei Vögeln 6,2, beim Flughunde (Pteropus edulis) 11,7, bei der Ohrfledermaus (Plecotus auritus) 13,8, bei der Zwergfledermaus (Vesperugo pipistrellus) 15,5, bei den Schwalbenfiſchen (Exocoetus) im Mittel 32,4 mal jo ſchwer als die Flugmuskulatur. Dieſe Zahlen reden ſehr deutlich, wenn wir noch einen Faktor berückſichtigen. Es könnte ſcheinen, als wenn die kleine Zwergfledermaus ein ſchlechterer Flieger ſein müßte als der Flughund, weil ſie im Verhältniß wenig mehr als ¼ der für den Flug dienenden Fleiſchmaſſe beſitzt. Hierbei kommt aber die abſolute Körpergröße in Betracht; je kleiner ein Gegenſtand, um ſo leichter iſt er durch die Luft zu bewegen. Unter dieſem Geſichtspunkt tritt die ungünſtige Poſition der Flugfiſche in das richtige Licht. Während wir von der Gans die Bruſt als beſten Biſſen ſchätzen, vernachläſſigen wir das entſprechende Fleiſch bei den Fiſchen, deren Seitenrumpfmuskeln, die Beuger des Schwanzes beim Ruderſchlage, uns haupt⸗ ſächlich munden, gewöhnlich ganz, und auch beim Exocoetus würden fie uns, wenn nächtliche Fahrt unter den Tropen uns einige Exemplare auf das Deck und in die Küche geliefert hätte, nicht ſonderlich imponiren. Kurz, die Sprungfiſche können ſich wohl mit gewaltigem Sprunge aus dem Waſſer heben, ſie können die breiten Bruſt⸗ floſſen als Fallſchirme äußerſt vortheilhaft gebrauchen, namentlich wenn der Wind conträr iſt; der Schwerpunkt liegt hinter der Bruſt, das Hintertheil will herabſinken und der Wind drückt unter günſtigem Winkel gegen die mit dem Hinterrand etwas geſenkten Flügel, ſo die Sprungweite außerordentlich vergrößernd, — aber wie geſagt, der freie Flügelſchlag fehlt und damit das Vermögen, einem Hinderniß in willkürlicher Wendung auszuweichen; gewaltſam fliegen ſie gegen die Wandung des Schiffes und ſtoßen ſich die Köpfe ein; mit dem Winde ſich hebend und ſenkend gleiten ſie über die Wellen, und nur, wenn etwa die Schwanzfloſſe in einen beſonders plötzlich ſich erhebenden Wogenkamm einſchneidet, erhalten ſie einen Stützpunkt, um nun durch die Wirkung des Seitenrumpfmuskels den Körper zu beugen und die Flugrichtung dieſes eine Mal zu ändern. Das iſt die höchſte Flugleiſtung, welche die Natur unmittelbar aus dem Meere heraus geſchaffen hat. Ganz anders auf dem Lande. Wir erwähnten ſchon den Staub, der bei Einiges Allgemeine über die Bedeutung des Flügels in der Natur. 403 trockenem Wetter eine ſo unangenehme Zugabe bildet, gegenüber der Reinheit der Luft auf dem Meere. Nun, dieſer Staub, er beſteht, wie ſie wiſſen, nicht aus Erd— theilchen allein, und gerade die feinſten, die Sonnenſtäubchen, die bei einem in einen Dämmerraum einfallenden Lichtſtrahl ſo beſonders deutlich ſich aus der ſcheinbar leeren Luft abheben, ſie ſetzen ſich zum guten Theil aus organiſchen Weſen zuſammen pflanzlichen wie thieriſchen, welche zwar durch den Zufall der Luftſtrömung empor— getragen werden, bei denen aber nichtsdeſtoweniger die Luftreiſe ein nothwendiger und vortheilhafter Antheil ihres Lebens iſt. Es ſind zunächſt jene ungezählten Mengen der kleinſten Lebeweſen, die wir kennen, der Bakterien, die, vom Ocean und den höchſten Berggegenden abgeſehen, allüberall gegenwärtig ſind, um ſich nutzbar oder ſchädlich zu erweiſen, — nutzbar, indem ſie die Aufarbeitung aller organiſchen Reſte, des gefallenen Laubes, der Pflanzen und Thierleichen übernehmen — ſchädlich, wenn fie als Schma- rotzer die geſunden Organismen, nicht zum wenigſten uns ſelbſt, als Infektionsſtoffe überfallen und angreifen. Gegen ſie hilft weder Quarantaine noch Grenzſperre, wenn ſie bei günſtigem Winde aller Vorſichtsmaßregeln ſpotten und faſt mit der Ge— ſchwindigkeit des fliegenden Vogels über die Länder dahineilen, wie wir es mit der freilich noch dunklen Influenza jüngſt erlebt haben, die von Petersburg nach Paris überſiedelte, ehe die Pariſer den bedrängten Petersburgern zu Hilfe eilen konnten. An die Bakterien ſchließen ſich die Keime der niederen Algen, die Sporen der Krypto— gamen ſchlechthin. Wir können kein Aquarium, und wenn wirs mit ausgekochtem Waſſer füllen, dauernd von den grünen Schleimalgen und Waſſerfäden, Conferven und Oscillarien, rein erhalten; unſere neuen, rothen Dächer bedecken ſich nolens volens bald mit einem grünen Hauch, der die Verwitterung einleitet, den Algen folgen Mooſe, es entſteht ein grünender Teppich. Neue Inſeln, die durch vulkaniſche Kräfte dem Meere entſteigen, ſie machen denſelben Proceß durch, und wenn ſie zwiſchen den Wendekreiſen liegen, ſo nehmen Farnkräuter des Mooſes Stelle ein. Vor wenigen Jahren hatten wir das furchtbare Schaufpiel, als in der Sundaſtraße der Krakatoa— ausbruch eine Inſel wegſprengte und nachher unter veränderter Phyſiognomie rauhe Aſchenkegel aufthürmte. Nicht lange währte es, und blaugrüne Schleimalgen über— zogen die friſchen Geſteinsbrocken, eine Farnvegetation ſiedelte ſich an bis zum Gipfel. Algen und Farne, ſie waren durch die Luft, über das Meer gekommen. — Den fliegenden Pflanzen ſchließen ſich fliegende Thiere an. Die Verbreitung der Infuſorien iſt allbekannt. Wir brauchen irgend eine Nährlöſung, tüchtig durch— gekocht, und aller Lebenskeime beraubt, Stärkekleiſter, Fleiſchbrühe u. dergl. nur einige Tage an der Luft ſtehen zu laſſen, um dann mit Hilfe des Mikroskops in jedem Tropfen ein Gewimmel jener lebhaften, zierlichen Geſchöpfe zu erblicken. Alle dieſe Flieger haben ein Gemeinſames. Sie beſtehen ihre Luftreiſe in einem latenten, mehr weniger keimartigen, eingekapſelten Zuſtande, der vor Trockniß ſchützt. 404 Simroth, Kein einziger von ihnen vermag während des Fluges weiter zu vegetiren, Nahrung aufzunehmen, überhaupt irgend eine Lebensfunktion auszuüben, allein die ununter⸗ brochene Athmung ausgenommen. Am wenigſten verändern ſich dabei, wie es ſcheint, die Bakterien, deren latente Zuſtände ſich von aktiven, beweglichen, vegetirenden kaum unterſcheiden. Anders ſchon die Algen und Infuſorien. Sie hüllen ſich in eine feſte, ſchützende, rundliche Membran, in Kapſeln ein, ſei es die ganzen Geſchöpfe, ſei es nur zur Fortpflanzung beſtimmte Bruchtheile; kurz, ſie werden ſporenartig. Daß es ſich bei dieſem, wenn auch paſſiven Fluge, keineswegs um reinen Zufall handelt, ſondern um eine ganz beſtimmte Anpaſſung, eine allmähliche Erwerbung, iſt leicht zu erweiſen, am einfachſten durch die Verſchiedenheit des Vermögens bei den einzelnen Arten. Schon bei den Bacillen, welche den Infektionskrankheiten zu Grunde liegen, müſſen wir's erſchließen. Manche, wie das gelbe Fieber, gehen über ganz beſtimmte Kreiſe nur ſelten hinaus, andere, wie die Influenza, erobern ſich weite Strecken wie im Fluge. Brand-, Roſt- und Lohpilze werden auf ſolche Weiſe oft, wie plötzlich, weithin verbreitet. Aber auch viele höhere Thiere von theilweiſe ſchon recht komplicirter Kon— ſtruktion haben das gleiche Flugvermögen erworben; dahin gehören die Moosmilben oder Bärthierchen, die ſchwerfällig zwiſchen den Moosſtämmchen umherkriechen, oder die Räderthierchen, die gleich jenen, in manchen Arten ſich ebenſo im Sande unſerer Dachrinnen, wie in den Moosbüſcheln unſerer Dächer finden. Sie gelangen in ausgetrocknetem Zuſtande dahin, nicht bloß durch Eier, ſondern als fertige, erwachſene Weſen; junge Spinnen aber ſchaffen ſich im Herbſt durch Ausſtoßen ihres Spinn⸗ ſtoffes einen Schleier, den Altweiberſommer, um ſich daran nach Winterquartieren tragen zu laſſen. Immerhin neigt die thieriſche Organiſation mit ihrer willkürlichen Be⸗ weglichkeit nicht eben ſtark zu ſolchen paſſiven Luftreiſen. Um ſo mehr aber die Pflanzen, die im Boden feſtwurzeln. Sie wiſſen, daß alle Terrain nur gewinnen können durch Ausſtreuen reichlicher Brut, und um ſo energiſcher, je beſſer der Same zur Verbreitung durch den Wind ſich eignet. Die neuere Biologie hat dieſer Er- ſcheinung viele Aufmerkſamkeit zugewendet; ich erinnere nur an ganz bekannte That⸗ ſachen, an die einſeitigen Flügel unſerer Coniferenſamen, der Hainbuche und Eſche, an die runden der Rüſter, an die doppelten des Ahorn, an die Feder- und Haar⸗ kronen unſerer Compoſiten, des Löwenzahns, des Bocksbartes, der Diſteln, Habichts⸗ kräuter u. ſ. w., an die Wolle unſerer Pappeln und Weiden, der Weidenröschen, an das Eryngium, deſſen ausgetrockneter Stock mit Zweigen und Blättern als Kugel⸗ diſtel vor dem Winde hergetrieben wird, ähnlich wie die bekannte Roſe von Jericho. Die Thatſachen laſſen ſich zu einer großen Summe häufen. Einiges Allgemeine über die Bedentung des Flugels in der Natur. 405 Nun alle dieſe Flieger profitieren vom Winde, ſie alle ſind ſpeciell an die Luft⸗ reiſe angepaßt. Gewöhnlich allerdings denken wir beim Fliegen an aktives Vermögen, wie es lediglich den Thieren zukommt. Und auch da haben wir eine ziemlich große Reihe. Wenn wir vorhin ſahen, daß die Flugkraft vom Waſſer, ſpeciell vom Meere aus (denn auch Binnengewäſſer können ihre Flieger haben, wie der Beikalſee den Oel— fiſch) nur in ſehr beſchränktem und unvollkommenem Maße ſich entwickelt hat, ſo müſſen wir doch eine Einſchränkung machen. Man hat oft genug das Schwimmen im Waſſer dem Fliegen in der Luft paralleliſiert, und der Ausdruck von dem Vogel, der im Luftmeere ſchwimmt, iſt häufig zu finden. In der That haben die tropfbare und die elaſtiſche Flüſſigkeit, Waſſer und Luft, mehr unter ſich gemein, als mit den Feſten, und im Meere gibt es Weſen genug, deren Bewegungen mit denen der Luftflieger große Aehnlichkeit haben; zumal die Floſſenfüßer, zu denen das Walfiſchaas gehört, gaukeln bunt und flatternd durch die Salzfluth, Schmetterlingen vergleichbar. Immerhin bleibt doch ein gar gewaltiger Unterſchied, der des ſpecifiſchen Gewichtes. Eine Fleiſchmaſſe iſt nur wenig, unter Umſtänden kaum ſchwerer, als die gleich große Waſſermenge, und bei einer Qualle, die aus mindeſtens 96%/, Waſſer beſteht und höchſtens 4% animaliſcher Subſtanz, muß die Differenz minimal werden. Umgekehrt kommt in der Luft deren Gewicht gegen das des Körpers ſo gut wie gar nicht in Betracht, die ganze Körperlaſt iſt zu tragen, zu bewegen vom Thiere ſelbſt. Daraus folgt ſofort, daß es wohl unzählige Thiere gibt, die zeitlebens im Meere ſchwimmen, ohne auch nur ein einziges Mal mit dem Boden in Berührung zu kommen, während die Luft unter allen Umſtänden nur zeitweilig durchmeſſen werden kann; auch ein Albatros, der fein normales Fluggebiet zwiſchen Afrika und Südamerika aus⸗ dehnt, auch die Sturmvögel, die den Schiffen über den weiten Ocean folgen, ſie niſten zum mindeſten am Lande. Es folgt aber noch ein zweites aus den ungünſtigen Verhältniſſen der ſpecifiſchen Schwere: die Flugbewegung iſt die ſchwerſte von allen, ſie wurde nur nach vielen Anläufen zu der Vollkommenheit der eben erwähnten Flieger geſteigert. | Dabei genügt es, nochmals an den fliegenden Staub zu erinnern, der vom leichteſten Hauch bewegt wird, um darzuthun, daß die Schwierigkeiten wachſen pro— portional mit dem Körpervolum, oder beſſer geſagt, in einer mindeſtens geometriſch ſteigenden Progreſſion. Die erſten Flieger waren kleine Geſchöpfe. In der That zeigt die Paläontologie ſolchen Hergang. Die älteſten Landthiere, die wir mit Beſtimmtheit kennen, ſind Scorpione, jene mißfarbenen, nächtlichen Ge— ſellen, die zweifellos ſchon Gewürm, Spinnen und dergl. vorfanden, ſich davon zu nähren, gleichzeitig aber mit jenen geflügelte Inſekten, zuerſt die ſiluriſche Palaeo- blattina, unſeren Schaben, vielleicht noch mehr unſeren Maulwurfsgrillen, verwandt. 30 406 Simroth, Zweifellos haben die Inſekten als erſte Flieger ſich bis zu einer großen Mannig⸗ faltigkeit emporgeſchwungen, bevor andere Thiere, und zwar Vertebraten, ihnen in die Luft folgten. Und da waren es in der meſozoiſchen oder Secundärzeit lediglich Reptilien, — Amphibien haben ſich nie, ſoviel wir wiſſen, vom Boden erhoben, und der Luftſprung des Laubfroſches, der durch ſeine enorme Haftfähigkeit vor jähem Fall geſchützt iſt, ſtellt bei ihnen faſt das Maximum der Luftbewegung dar. Unter den Kriechthieren, die während der Trias, Jura- und Kreideperiode eine wunderbare, weltbeherrſchende Vielſeitigkeit entfalteten, finden wir vor allem Flieger, die vermuthlich nach Art unſerer Fledermäuſe mit Flughäuten ausgeſtattet waren, wenn auch dieſe Haut nur durch einen einzigen verlängerten Finger geſpannt wurde. Kleine Btero- dactylen mit vogelähnlichem Schädel, vorn noch die Kiefer bezahnt, von Sperlings⸗ bis Rabengröße, Rhamphorhynchen mit gewaltigem Gebiß, Pteranodonten mit zugeſpitztem Vogelſchnabel und enorm weit klafternd, über 6, faſt 7 Meter, reichlich doppelt ſo weit als unſere größten flugfähigen Vögel. Sie ſind wieder vergangen; erſt die Lockerung ihres Schuppenkleides zum Gefieder, die Auffaſerung der Hornmaſſe zur Feder vermochte die wahre Herrſchaft in der Luft zu verſchaffen; während jene Flugreptilien, wie es ſcheint, auf gewiſſe Lokalitäten, wenn auch vielleicht ganze Continente, beſchränkt blieben, ſo haben ſich die Vögel die Welt erobert; und wenn auch viele, namentlich in Folge beſonderer Temperaturbedürfniſſe, in engeren, ſüdlichen oder nördlichen Grenzen, ſich halten, ſo beherrſchen die Zugvögel oft alle Zonen zugleich, und die guten Flieger gehen, wenigſtens wenn man die Familien betrachtet, rings um den Erdball. Werden auch ſie der Vernichtung anheimfallen? Schwerlich eher, als mit den letzten Reſten irdiſchen Lebens überhaupt, und das mag noch gute Weile haben. | Noch einmal haben die Kriechthiere in unſerer Zeit einen Anlauf genommen, Flugformen hervorzubringen in dem kleinen fliegenden Drachen der Sundainſeln, auf einem ganz eigenartigen, ſonſt nie wieder betretenen Wege, durch Verlängerung der Rippen mit dazwiſchen ausgeſpannter Flughaut. Freilich dient die Vorrichtung bis jetzt nur als Fallſchirm, um ſich damit von Baum zu Baum zu ſchwingen. Nochmals ſind es die Kriechthiere, die, auf Umwegen allerdings, echte Flieger erzeugten. Denn von Reptilien ſtammen die Säuger ab, und von dieſen haben manche das Fliegen gelernt, aus verſchiedener Wurzel, die Fledermäuſe und fliegenden Hunde, die Pelzflatterer, vermuthlich umgewandelte Inſektenfreſſer, und unter den Nagern die Flughörnchen. Die letzteren beiden, Pelzflatterer und Flughörnchen, Galeopitheeus und Pteromys, haben zwar noch nicht die Finger verlängert, die Flughaut ſpannt ſich, dicht behaart, zwiſchen Vorder- und Hinter⸗ gliedmaßen aus, immerhin vermögen ſie ſich derſelben mit vielem Geſchick zu bedienen, um Sprünge von 20 und mehr Meter Weite auszuführen, von einem Baum zum andern, Einiges Allgemeine über die Bedeutung des Flügels in der Natur. 407 ſtets allerdings ſo, daß ſie von einem höheren Punkte zu einem niederen gelangen und nun an dem erreichten Stamme emporklimmen. Machen es die Spechte viel anders? Doch dieſe fliegen außerdem frei durch die Luft, ſobald ſie des Klopfens Arbeit beendet haben. Was hat zuerſt das Fliegen veranlaßt? Eine der ſchwierigſten Fragen, wie mir ſcheint. Bei den Flugfiſchen ſehen wir zwar, daß ſie Verfolgung zu der neuen Bewegung brachte. Ob das aber auch auf dem Lande für die erſten Inſekten gelten durfte? So viel wir beurtheilen können, fehlten ihnen beſonders hurtige Feinde: ein Sprung, wie bei den Heuſchrecken, würde genügen; ja es ſcheint, daß ſelbſt die laufend ſich bewegenden Kerfe die übrigen Feinde wie Spinnen, Tauſendfüßer und etwa alterthümliche Lurche, wie die gepanzerten Stegocephalen, an Schnelligkeit übertrafen; vielleicht, daß ſie gegenſeitig auf einander einwirkten. Man hat auch an einen ganz anderen Ausgangspunkt gedacht. Die Larven vieler Inſekten und zumal ſolcher mit den Merkmalen großer Urſprünglichkeit, leben im Waſſer, Eintags— fliegen, Libellen, Perliden; ſie haben Kiemenblättchen auf dem Rücken, allerdings ſolche, die von Luftgefäßen oder Tracheen durchzogen ſind. Sollte nicht das Aus- trocknen einer Pfütze, das ſie zur Auswanderung und zum Aufſuchen einer neuen Waſſeranſammlung zwingt, ſie veranlaßt haben, dieſe feſten Blättchen ſtärker zu regen, um damit die Bewegung zu unterſtützen und zu fördern? Dann kamen ſta—⸗ tiſche Momente hinzu, welche nur die Blättchen am zweiten und dritten Bruſtringe, an denen zugleich die für den Lauf geſchickteſten, ſtärkſten Beine ſitzen, beſonders ver— größerten und ihnen die Aufgabe des Flugs übertrugen. Wir wiſſen, daß die erſten Inſekten zwei Paar gleiche Flügel beſaßen, daß fie Homoptera waren. Die Um⸗ wandlung des Vorderflügels in Decken wie bei Käfern, Wanzen, Zirpen und Schrecken, oder die Verkümmerung der Hinterflügel zu Schwingkölbchen wie bei Fliegen und Mücken ſind erſt ſecundäre Erſcheinungen. Vielleicht kann man für die erſte Ent— ſtehung auch ein anderes Moment heranziehen. Bei vielen Inſekten haben nur die Männchen Flügel und die Weibchen nicht, faſt nie iſt es umgekehrt. Gerade unter der niederen Kerbthierwelt findet ſich ſolche Verſchiedenheit der Geſchlechter nicht ſelten, bei Schaben, Schildläuſen u. dergl. Könnte nicht bei der letzten Häutung, mit der das Thier Geſchlechtsreife erlangt und die ganze Aufregung der Liebesempfindungen ſich regt, die ſtärkere Erregung, verbunden mit geſteigerter Reſpiration, an den kräftigſten Körperringen die Flügel hervorgetrieben haben, wobei man die dickere Haut eben dieſer Ringe dafür verantwortlich machen dürfte, daß die Athemröhren nicht in Athemlöchern oder Stigmen nach außen durchbrachen? Es läßt ſich vielleicht noch manche andere Hypotheſe auftreiben, die indeß über einen höheren oder geringeren Grad von Wahrſcheinlichkeit nicht gebracht werden kann; der wahre Hergang bleibt immer in Dunkel gehüllt. Sicher iſt, daß die erſte Flügelbildung mit der Athmung 30* 408 Simroth, verquickt war. Aber gerade der Modus, der gegenwärtig beim Draco volitans, bei Pteropus und Pteromys die Flatterbewegung als erſten Schritt zum Fluge hervorruft, indem der Fallſchirm beim ſchrägen Herabſpringen nützlich wird, gerade dieſer ſcheint bei den älteſten Fliegern, den Inſekten, nicht in Betracht zu kommen, aus einfachem Grunde. Die älteſte Pflanzenwelt, die jene Flieger vorfanden, beſtand nur aus Kryptogamen, deren größere Formen uns als baumfarnartige Bärlappe und Schachtel⸗ halme bekannt ſind. Dieſe aber werden, und ſo wohl auch früher, von Inſekten faſt ganz gemieden; die jetzt ſo innige Verſchmelzung von Pflanzen und Kerfen iſt erſt relativ ſehr ſpät eingetreten. Somit hatten die Urinſekten, wunderlich genug, keine Veranlaſſung, Bäume zu beſteigen, und damit auch keine, ſich herabfallen zu laſſen und einen Fallſchirm zu erwerben, und in der That führen diejenigen, die jetzt noch Charaktere hoher Alterthümlichkeit an ſich tragen, Springſchwänze, Geradflügler u. a. durchaus keine kletternde Lebensweiſe. Bei allen ſpäteren Fliegern, Reptilien, Vögeln, Säugern iſt es viel leichter, ſich den Anlaß zur erhöhten Beweglichkeit klar zu machen. Sicherlich verfuhr die Natur hier jo wenig als irgend wo anders einſeitig, was unſere beſchränkten Deduk— tionen ſo ſehr hemmt. Die fliegenden Kerfe als Beutethiere verlocken geradezu, den Sprung auszudehnen, ſo daß jede ſeitliche Erweiterung des Körperumriſſes erhaltungsmäßig und weiter gezüchtet wird. Dazu mag bei größerer Geſchwindigkeit der Verfolger auch das beſchleunigte Fluchtvermögen von Vortheil werden, und bei Kletterthieren wird jede Unterſtützung eines Sprunges durch einen noch ſo kleinen Fallſchirm willkommen ſein. Aus den Anfängen entſtanden durch Naturausleſe all⸗ mählich die vollkommenen Flugorgane. Und man kann hinzufügen, daß auch in ſolchen Steuervorrichtungen wie wir ſie in dem buſchigen Schwanz des Eichhörnchens, in der Schwanzquaſte der Springmäuſe kennen, vielleicht die erſten Keime künftiger Flugeinrichtungen zu erblicken ſind, vorausgeſetzt, daß die Vorderextremitäten und die Haut ihrer Umgebungen ſich einſt mit denſelben zu günſtigen Apparaten verbinden. Es iſt klar, daß die Exiſtenz verſchiedener Flieger, die ſich gegenſeitig verfolgen und zu vernichten ſtreben, die Tendenz zu fortwährend geſteigertem Flugvermögen in ſich ſchließt. Je beſſer die Libelle der Schwalbe, der Schwärmer der Fledermaus, die Schwalbe dem Falken, die Fledermaus der Eule zu entſchlüpfen weiß, deſto beſſer für ſie. Aber es wäre äußerſt einſeitig, wollte man damit die Bedeutung der Flieger für die übrige belebte Natur erſchöpft wähnen. Ihre Einwirkung iſt unendlich mannigfaltig. Zunächſt mögen wir zurückgreifen auf die paſſiven Flieger. Jene oben be⸗ ſprochenen bedienten ſich des Windes als Vehikel. Viele von ihnen aber haben ſich inzwiſchen, nachträglich jedenfalls, die Flugkraft ihrer Mitgeſchöpfe zu nutze gemacht. Dadurch iſt ihre geographiſche Verbreitung in ganz außerordentlicher Weiſe Einiges Allgemeine über die Bedeutung des Flügels in der Natur. 409 beeinflußt worden, völlig unabhängig vom Winde, oft genug gegen denſelben. Es iſt bekannt, daß die Flora und Fauna des Süßwaſſers über die ganze Erde ein auffallend ähnliches Gepräge zeigt; freilich iſt auch dieſes Gleichmaaß, auf das Darwin beſonderes Gewicht legte, früher überſchätzt worden. Immerhin ſteht feſt, daß die tropiſchen, z. B. äthiopiſchen Süßwaſſerpflanzen und Thiere, namentlich die letzteren, von unſeren einheimiſchen viel weniger verſchieden ſind, als die terreſtriſchen, ſie variiren meiſt nur nach Arten, ſeltener nach Gattungen, wiewohl dem allgemeinen Reichthum der Tropenzone gemäß auch eine Anzahl neuer Genera dazukommen. Ja die neueren Beobachter geben noch an, daß man die niedere Thierwelt der afrikaniſchen Teiche und Flüſſe ſchlechtweg mit der unſrigen vertauſchen könnte, ohne daß ein Laienauge den Betrug bemerken würde. Die Urſache liegt in der Verbreitung durch die Flieger, und daß in dieſer Hinſicht das Waſſer einen Vorzug hat vor dem Lande, iſt leicht einzuſehen; einmal koncentrirt ſich das Leben am meiſten in der Uferzone, in der andererſeits die Waſſer- und Schwimmvögel ihre reichlichſte Nahrung ſuchen; ſodann wirkt das Waſſer unmittelbar als ein Kleiſter, um Schlamm und viele organiſchen Keime am Gefieder und zumal an den Füßen feſtzukleben; und endlich, was für uns hier die Hauptſache, viele niedere Waſſergeſchöpfe haben geradezu Werk— zeuge bekommen, um ſich im Gefieder der Vögel oder an Inſekten, Waſſerkäfern, Wanzen u. dergl. feſtzuheften. Was auf dem Lande der Wind leiſtet, dieſen Dienſt verrichten von Waſſerbecken zu Waſſerbecken die Vögel, nur daß dieſe Boten, einmal in Dienſt genommen, viel zuverläſſiger, ſchneller und weittragender ſind. Man hat neuerdings Waſſerkäfer, die auf der Suche nach einem neuen Gewäſſer gefangen wurden, auf ihren Beſatz mit Fremdkörpern unterſucht und beſonders viele niedere Algen, in denen aber thieriſche Eier genug ſaßen, gefunden. Der Umſtand, daß ſolche Inſekten meiſt die Nacht mit ihrer feuchteren Luft zu ihren Flügen benutzen, wirkt günſtig ein, indem die Anhängſel weniger ſchnell austrocknen. Daß man, namentlich ſeit Darwin, wiederholt den Schmutz an den Schwimmfüßen aus der Luft herab— geſchoſſener Enten und anderen Palmipeden in ausgekochtem Waſſer kultivirt und daraus zahlreiche Süßwaſſerpflanzen erzielt hat, wird Ihnen nicht neu ſein; auch niedere Thiere ſtellten ſich ein. Muſcheln laſſen ſich weithin tragen, indem ſie ſich durch Schließen der Schalen an einem hineingerathenen Vogelbeine feſtklammern. Immerhin iſt ein ſolcher Transport naturgemäß etwas beſchränkter, und es iſt ſehr bemerkenswerth, daß man auf ſo entlegenen oceaniſchen Inſeln, wie den Azoren, nur die allerkleinſten, ſtecknadelknopfgroßen Muſchelchen findet, die winzigen Piſidien. Jungen Schnecken, die ſich an den Beinen feſtſaugen, ihrem Laich und dem der Fiſche geht es ebenſo. Am intereſſanteſten aber iſt es, daß ſehr viele niedere, kleinere Waſſerthiere beſondere Einrichtungen zeigen, die zur Anheftung im Gefieder dienen, Haken, Stacheln, Saugnäpfe u. dergl. Die Eier unſerer Süßwaſſerpolypen 410 Simroth, ſind mit höckeriger, ſtacheliger Oberfläche verſehen, die der Räderthiere oft mit kleinen Ankern rings herum, ähnlich den Brutknoſpen oder Statoblaſten mancher Moos⸗ thierchen oder Bryozoen. Der Süßwaſſerpolyp iſt aber in wenigen Arten faſt über die ganze Erde verbreitet. Viele Kleinkrebſe, Waſſerflöhe oder Daphniden ſind mit langen, ſtacheligen, hakigen Auswüchſen verſehen, ähnlich vielen Räderthierchen, Spaltfußkrebschen oder Copepoden; manche Strudelwürmer haben am Hinterende beſondere Klebdrüſen, mit denen ſie ſich zu befeſtigen vermögen. Bei jenen Stacheln und Fortſätzen, die oft den übrigen Körper an Länge übertreffen, dachte man früher wohl an Balancirſtangen und Ruder. Jetzt hat ſich herausgeſtellt, daß es Klammer⸗ werkzeuge ſind, ihre Träger am Gefieder der Waſſervögel zu befeſtigen, und ihre Beſitzer zeichnen ſich durchweg durch weite Verbreitung aus. Indeß würde es irrig ſein, wollte man die Verbreitung durch den Flug auf die Lebeweſen des Waſſers beſchränkt wähnen. Die erſte Schwalbe brachte den Azoren zwar nicht den Sommer, den ſie längſt hatten, wohl aber die Reblaus. Bekanntlich find es die Früchte der Pflanzen, die am meiſten von ſolcher Ver— breitung, zwar nicht äußerlich, ſondern innerlich, profitieren und die Samen dann gedüngt wieder abſetzen laſſen. Bei uns gilt wohl die Miſtel als das muſtergiltigſte Beiſpiel. In Weſtindien heimſen gemächliche Bewohner die Ernte ein von Apfelſinen⸗ plantagen, welche Vögel freundlich pflanzten. Indeß wozu einzelne Beiſpiele, wo eine erdrückende Fülle jedem zu Gebote ſteht? Es genügt, darauf hinzuweiſen, daß faſt alle lebhaft bunten Früchte harte Samen bergen, welche den Verdauungsſäften der mit raſchem Stoffwechſel begabten, lebhaften Vögel wohl widerſtehen. Somit finden wir den Einfluß des Flügels auf die geſammte Phyſiognomie der Thier- und Pflanzenwelt außerordentlich groß, nicht nur durch die Ver— breitung, ſondern geradezu, indem die Körperformen maſſenhafter Geſchöpfe ſich danach umbildeten. Diejenigen von ihnen, die eine paſſive Luftreiſe am beſten überſtanden, indem ſie ſich am feſteſten anklammerten, die ſomit in noch kräftigem Zuſtande wiederum an paſſender Lokalität ankamen, blieben erhalten und vererbten die Hilfg- mittel, die ihnen gedient, auf die Nachkommen, unter denen abermals die brauchbarſten auf die gleiche Weiſe ausgeleſen wurden, natürlich oftmals nach vielen Generationen erſt. Man kann dieſen Einfluß gar nicht hoch genug anſchlagen, wenn man noch ein anderes wichtiges Schöpfungsprincip dabei berückſichtigt, das der Artbildung durch Migration und Iſolierung. Dieſes muß auf die Flieger ſo gut Anwendung finden, als auf die, welche ſich von ihnen transportieren laſſen. Namentlich aber kam es denn zur Anwendung, wenn die erſteren nicht die gewohnte Straße zogen, ſondern meiſtens durch Stürme aus der normalen Richtung verſchlagen wurden. Dann fehlte es an beſtändig neuem Zuzug, und wenn die neuen Bedingungen, unter denen die Verſchlagenen lebten, ſei es, weil die alten Verfolger fehlten, weil neue auftraten, Einiges Allgemeine über die Bedeutung des Flügels in der Natur. 411 weil die Nahrung eine andere war, weil ein anderes Klima ſich geltend machte, an ihnen Veränderungen hervorbrachten, dann konnten dieſe von Geſchlecht zu Geſchlecht ſich ſteigern, denn es fehlte der Nachſchub der Stammart, der das alte Blut wieder auffriſchen und die Variationen wieder verwiſchen konnte. Die Azoren haben eine einzige neue Vogelart hervorgebracht, einen Dompfaffen (Pyrrhula murina). Dompfaffen aber ſind Strichvögel, die ſelten weit ſich verirren; und ſo mochte nur gelegentlich einmal in früherer Zeit ein verſchlagener Schwarm gelandet ſein, der nun der Veränderung unterlag. In welcher Richtung oft ſolche Vereinſamung auf Inſeln einwirkt, das zeigen die Inſekten am beſten. Zu ſchwach, um ſtärkeren Winden zu widerſtehen, entgehen die eifrigen Flieger ſelten dem Schickſal, ins Meer verweht zu werden und umzukommen; die trägen dagegen, die ſich am Boden erhalten, bleiben bewahrt. Das führt ſchließlich zum Verluſt der Flugkraft, die flügelloſen Formen überwiegen zuletzt; es ſei an die Käfer von Madeira erinnert oder an jene rieſigen ungeflügelten Erdſchrecken von den Südſeeinſeln. Wahrſcheinlich iſt's wohl, daß auch bei den Vögeln jene ungeſchickten Flieger und um ſo beſſeren Schwimmer wie Alken und Pinguine, urſprünglich auf oceaniſchen Inſeln entſtanden ſind; deren Charakter duldete nur entweder ganz ſchlechte Flieger und um ſo beſſere Schwimmer oder aber ganz ausgezeichnete, wie Sturmvögel, Möven, Albatros, Tropikvögel u. a. Das ſind aber die beiden extremen Charaktere der Seevögel ſchlechthin. Der Verluſt der Flug⸗ kraft bei Landvögeln hat bekanntermaßen eine andere Urſache, gelegentlich vielleicht bequemere Nahrung am Boden und Mangel der Feinde, zumeiſt aber techniſche Schwierigkeiten durch zu großes Körpervolumen, ſo bei den Straußen oder bei jenen neuſeeländiſchen Rieſenvögeln, die zu unſerem Leidweſen erſt noch in hiſtoriſcher Zeit der Vernichtung anheim fielen ſo gut wie auf manchen Inſeln des indiſchen Oceans. Wenn ſomit die Vögel und die fliegenden Inſekten im Binnenlande für die Verbreitung der Thier- und Pflanzenwelt eine ungeheure Wichtigkeit haben, jo tritt dieſe Bedeutung ſtets da am klarſten hervor, wo iſoliertes Neuland ſich bildet, d. h. eben auf den Inſeln, und um ſo mehr, je weiter vom Feſtlande ſie entfernt ſind. Wohl mag mancher Schwimmer oder mancher Treibholzſchiffer glücklich anlanden, das Hauptcontingent ſtellen ſtets zuerſt die Vögel und das, was ihnen anhängt. Um noch einmal die Azoren zu nennen, weil ſie mir perſönlich bekannt ſind: bei ihrer Entdeckung fehlten ihnen alle Säuger, alle Kriechthiere, alle Lurche und Süßwaſſer— fiſche. Noch ſind auch jetzt erſt einige wenige eingeführt worden, die Hausthiere, das Frettchen, Ratten und Mäuſe, Wieſel, eine Eidechſe, der grüne Waſſerfroſch, der Goldfiſch. Vögel aber waren von Anfang in ungezählten Maſſen vorhanden, als die einzigen Wirbelthiere. Die wilden Tauben ſetzten ſich den Ankömmlingen auf Kopf und Schultern und ließen ſich ſchaarenweiſe wegfangen, und die Inſeln haben 412 Simroth, ihren Namen von dem Buſſard (mit Astur verwechſelt). Die Azoren mögen aber nur als typiſches Beiſpiel gelten für viele. Zum Schluß noch ein paar äſthetiſche Bemerkungen. Die höchſten Sinne ſind ſicherlich Geſicht und Gehör. Als Orientierungswerkzeuge haben ſie deshalb den höchſten Werth, weil ſie uns über die Außenwelt den wichtigſten, jedenfalls den weitreichendſten Aufſchluß geben. Dem Blinden iſt zum mindeſten der Anblick des Himmels verſchloſſen, er bleibt mit ſeinen Vorſtellungen auf die Erde beſchränkt; über das Ohr könnte man ſchwanken, ob ihm bei Thieren nicht häufig die Naſe den Rang abläuft und auf weitere Entfernungen wittert, als Schall vernommen wird. Immerhin ſind das wohl Ausnahmen, und das unterliegt wenigſtens keinem Zweifel, daß Geſicht und Gehör für die geiſtige Ausbildung das meiſte geleiſtet haben. Wir brauchen bloß auf den Werth der Muſik, der Malerei und der plaſtiſchen Künſte hinzuweiſen gegenüber etwa einer ſogenannten Kochkunſt. Nun was hat das mit dem Fliegen zu thun? Sind etwa Auge und Ohr bei Fliegern am beſten ent⸗ wickelt? Vom Auge kann man's vielleicht behaupten, ſchwerlich vom Ohre. Der Schwerpunkt liegt auf einer anderen Seite. Wie würde die Welt ausſehen, wenn die Flieger fehlten? Jedenfalls ſehr eintönig. Wir haben ſchon auf die bunten Früchte hingewieſen, die geſehen ſein wollen, um gefreſſen zu werden, zur Samen⸗ verbreitung. Daſſelbe gilt bekanntermaßen von den Blumen. Die ganze moderne bunte Blüthenwelt iſt ja eine Anpaſſung an die Flieger, namentlich an die Inſekten, zum Theil auch an Vögel; bei letzteren aber nur ſelten direkt, ſo daß der Vogel Blüthenprodukte ſelbſt aufſucht und damit die Beſtäubung übernimmt, wie die pinſel⸗ züngigen Papageien oder Trichogloſſen, meiſt indirekt, ſo daß die Blüthe von kleinen Inſekten beſucht wird und deretwegen wieder von beſtimmten Vögeln, deren Schnabel zu den Blüthenformen paßt, ich meine die Kolibris. Daß daneben dieſelben Blüthen eifrigſt bemüht find, um mich ſo auszudrücken, Kriecher, Ameiſen, Raupen und Ge⸗ würm durch allerlei Palliſaden abzuhalten, ſind bekannte Dinge, die nicht hierher gehören. Hier kam es auf den kurzen Hinweis an, daß die bunten Schauorgane, Honigmale, Früchte vorwiegend von Fliegern gezüchtet ſind. Nothwendigerweiſe mußten dieſe Organe auf die Augen der Thiere, auf deren Farbenſinn zurückwirken, ſodaß ſie nicht nur am bunten Schmuck der Pflanzen, ſondern am eigenen unter einander gegenſeitig Freude empfanden. Es kommt dazu, daß ein buntes Kleid auf dem bunten Blüthengrunde ſchützend ſein kann, wie bei vielen Schmetterlingen, Schweb⸗ fliegen, Kolibris. Aber die eigne Luft an der Farbe hat ganz beſtimmt zur Er⸗ zeugung des bunten Kleides das Ihre beigetragen; die Biene freilich in unaufhörlicher Emſigkeit hat nicht Zeit, auf derlei Tand zu achten. Von ihr abgeſehen, kann man vielleicht den Satz gelten laſſen: was da kreucht, iſt ſtumpf und mißfarbig, was da fleucht, ſchmuck und freudig gefärbt. Ohne die Flieger würde Grün und Bodenfarbe Einiges Allgemeine über die Bedeutung des Flügels in der Natur. 413 vorherrſchen, wie wahrſcheinlich die Natur in früheren Zeiten ausſchaute. Freilich, bunte Pilze würden auch dann den Waldboden zieren, bunte Nacktſchnecken auch dann herumkriechen, ſo gut wie hier und da ein Feuermolch, oder in Braſilien korallenrothe Gift— ſchlangen, bunte Thiere, welche die auffällige Tracht als Gift- oder Ekelzeichen tragen, viel— leicht dazu noch in den Tropen manche Echſen, die in der Erregung plötzlich von einer grellen Farbe in die andere überſpringen. Aber haben Sie, wenn von bunter Färbung die Rede iſt, zunächſt dieſe Weſen im Auge oder nicht vielmehr Blumen, Schmetter- linge, Paradiesvögel u. dergl.“ Was jene bunten Bodenbewohner anbelangt, ſo iſt auch noch gar nicht geſagt, daß nicht ein gut Theil ihrer lebhaften Färbung erſt dann entſtand und von Nutzen wurde, nachdem das thieriſche Auge durch das Flug— vermögen für Farbenreize empfindlich gemacht und geſtärkt war. Daß auch die ganze Farbenempfindung der Flieger erſt ſehr allmählich ſich herausbilden konnte, iſt leicht zu beweiſen. Vom fliegenden Drachen abgeſehen, der mehr ein Springer iſt, waren wahrſcheinlich alle Flieger urſprünglich Nachtthiere; die jüngſten Flieger, die Säuger, zeigen's deutlich, Fledermäuſe, Flughunde, Pelzflatterer, Flughörnchen, alle entfalten ihre Künſte in der Nacht; die alterthümlichſten Inſekten, die wir noch haben, führen nächtliche Lebensweiſe, wie Schaben und Ohrwürmer. Bei den Vögeln wird's nicht anders geweſen ſein, wenn auch die Eulen eine nachträgliche Wiederanpaſſung an die Dunkelheit ſein mögen. Und ſomit iſt es ein ſehr weiter Weg, der allmählig das Auge des Condors an den vollen Glanz der Sonne gewöhnte. Endlich das Ohr, was hat das mit dem Fliegen zu thun? So viel ich mich umſehe, kann ich keinen unmittelbaren Zuſammenhang entdecken. Und doch unterliegt es kaum einem Zweifel, daß die höheren muſikaliſchen Leiſtungen in der Natur mit dem Flügel in irgendwelcher Verbindung ſtehen, vielleicht durch die günſtige Be— einfluſſung des Auges und ſomit der höheren geiſtigen Fähigkeiten überhaupt. Nehmen wir die Wirbelthiere. Die Fiſche gelten für ſtumm, manche haben aber Stimmen; der Knurrhahn knurrt oder knarrt, Welsarten in Braſilien vollführen ein großartiges Liebestrommelkonzert, der afrikaniſche Schuppenmolch oder Lurchfiſch quäkt wie eine Katze, wenn er aus dem Trockenſchlafe erwacht, die Fröſche ſind vieltönig und komiſch, die Alligatorenmännchen brüllen während der Brunſtzeit, die Schildkröten pfeifen und ziſchen, die Schlangen ziſchen, die Säugethiere ſind der verſchiedenſten Laut— äußerungen fähig, bis endlich die Gibbons eine ganze Oktave in chromatiſcher Ton— leiter beherrſchen und der Menſch ihnen ſchließlich den Rang abläuft. Es iſt wunderbar beinahe, daß wir's ſoweit gebracht haben ohne Flügel; und wenn wir uns als Aus— nahme betrachten, was ſind alle jene Lautäußerungen gegen das Frühlingskonzert im Walde? Gerade darin, daß es uns, die Hirngeſchöpfe, ſo ſehr anſpricht, zeigt ſich die hohe, geiſtig äſthetiſche Bedeutung des Flügels. Sie hält aber Stich durch das ganze Thierreich hindurch. Alle niederen Thiere ſind ſtumm mit Ausnahme von 414 A. Graf von Geldern, Raspelgeräuſchen bei einigen Krebſen, wirkliche Muſikanten finden ſich nur unter den Inſekten; Zirpen, Heimchen, Heupferde geigen ſich gegenſeitig etwas vor, in den meiſten Fällen iſt ſogar der Flügel direkt bei der Inſtrumentierung betheiligt; meiſt freilich iſt das Männchen allein der Muſikant und das Weibchen hört zu, vielleicht ein Grund mehr, auch die erſten Flügel, die überhaupt entſtanden, dem Männchen allein zuzu⸗ erkennen. Wichtig aber iſt es, daß in der That in Parallele mit ſolchem Geſang ſich auch beſondere Ohren herausgebildet haben, die bekanntlich bei Heuſchrecken bald an den Seiten des Hinterleibes, bald in den Vorderbeinen liegen. Dieſe wunderlichen Verhältniſſe illuſtrieren die äſthetiſche Bedeutung des Flügels vielleicht am klarſten, trotz der Monotonie eines Heuſchreckenſtreichkonzerts. Iſt nicht etwa unſer Ohr auch erſt an den Naturlauten muſikaliſch erzogen, ſodaß uns das Cicadengeſchwirre, den Griechen eine angenehme Muſik (— Selig biſt du, liebe Kleine ... —), nunmehr als ein läſtiges Geräuſch anmuthet? Jedenfalls hatte Heine mehr naturwiſſenſchaftliches Recht, wenn er von „Flügeln des Geſanges“ dichtete, als ſich ſeine etwas blaſierte Poetenphantaſie wohl ſelbſt hätte träumen laſſen. — Verſuch einer Localavifauna Noggenburgs und ſeiner nächſten Umgebung. Von A. Graf von Geldern. Roggenburg, nur wenige Stunden von Illertiſſen entfernt, alſo in der Nähe der Grenze Württembergs, am weſtlichen Rande Bayerns gelegen, bildet einen günſtigen Beobachtungsplatz der Vogelwelt, fehlt es doch nicht an ausgedehnten Forſten, welche mit weiten Feldern abwechſeln, und auch nicht an einem ausgedehnteren Gewäſſer. Drei Längsthäler ziehen ſich parallel dem Lauf der Iller von Süden nach Norden, bis zum Donauthale hin. Die Höhenzüge zwiſchen denſelben find großenteils be- waldet und auf dem höchſten derſelben liegt das Schloß und ehemalige Kloſter Roggen⸗ burg; zwei der Thäler bilden den Hauptſammelplatz für Vögel, das eine, am Fuße Roggenburgs ſich hinziehende Biberthal, wegen des großen Weihers (eigentlich eher See zu nennen), das andere von dem Flüßchen „Roth“ bewäſſerte, wegen des in demſelben ſich weithin ausdehnenden Riedes oder Mooſes. Als Zugſtraßen dürften dieſe Thäler von Wichtigkeit ſein, da ſie Verbindungslinien des Bodenſeebeckens mit dem Donauthale bilden (und im Süden von den Algäuer-Alpen, im Weſten von der rauhen Alp — freilich ziemlich weit entfernt — umlagert ſind). — Wollen wir zunächſt den geſammelten Stoff wegen der Ueberſichtlichkeit in drei Theile trennen und uns dem erſten derſelben zuwenden. Lokalavifauna Roggenburgs und feiner nächſten Umgebung. 415 A. Der Wald und das Feld mit ſeinen Vögeln.“) I. Brutvögel. 1. Milvus regalis (rother Milan). Brütet ſeit mehreren Jahren im großen Roggenburger Forſt in 2 Paaren. Horſt auf unerſteiglichen Fichten, für einen Schrotſchuß unerreichbar. Ein dritter Horſt ſüdlich von Roggenburg gefunden. 2. Cerchneis tinnuneulus (Thurmfalke). Im Ganzen nicht häufig. Noch kein Horſt gefunden. Aber zur Brutzeit geſehen. 3. Astur palumbarius (Hühnerhabicht). Ziemlich ausgerottet, nachdem im Vorjahre 6 Exemplare teils beim Uhu geſchoſſen, teils im Pfahleiſen gefangen wurden. Ein Horſt ausgenommen den 18. Juni 1889. Im März dieſes Jahr hob ein Habicht einen Haſen auf die Spitze einer hohen Fichte, ließ ihn aber dort wieder fallen. 4. Aceipiter nisus (Sperber). Horſt im Juni ausgenommen. Meiſt hält ſich der Sperber in dichten Obſtbäumen längs den Straßen auf. 1889 3 Exemplare, darunter ein & erlegt, letzteres im tiefen Winter. 5. Pernis apivorus (Weſpenbuſſard). 1 Paar brütend. Den 27. Auguſt 1889 1 Exemplar beim Uhu erlegt. 6. Buteo vulgaris (Mäuſebuſſard). Ungefähr in 4 Paaren horſtend (in der Nähe). Flügge Junge den 5. Juni. Letzten Herbſt bei Hagelwetter mehrere Buſſarde von den Hagelkörnern zu Boden geſchlagen und mit den Händen gefangen. Weiße oder weißliche Exemplare ſehr ſelten. 7. Cireus-Arten nie beobachtet. 8. Athene noctua (Steinkauz). Im Winter öfters im Pfahleiſen gefangen. Sonſt von mir ſelbſt nicht beobachtet, wohl aber vom königlichen Förſter im Roggen— burger Forſte zur Brutzeit geſehen. 9. Syrnium aluco (Waldkauz). Viel ſeltener als die folgende Eule. Fängt ſich auch im Pfahleiſen. 10. Otus vulgaris (Waldohreule). Ziemlich häufig. Namentlich in der Dämmerung auf Waldſchlägen. 11. Strix flammea (Schleiereule). Nicht häufig. 12. Caprimulgus europaeus (Nachtſchwalbe).“) Meiſt im Roggenburger Forſt. 13. Cypselus apus (Mauerſegler). An den Thürmen Roggenburgs zahlreich. 14. Hirundo rustica (Rauchſchwalbe). Den 26. März angekommen. 15. Hirundo urbica (Stadtſchwalbe). Anfang April angekommen. 16. Hirundo riparia (Uferſchwalbe). Brütet ſehr zahlreich in einer großen Sandgrube. ) Reihenfolge und Namen nach E. v. Homeyers Nomenclatur. 1885. ) Bubo maximus (Uhu). Noch nie geſehen oder erlegt. Ueber das Vorkommen der nicht angeführten Eulenarten iſt eben nichts ſicheres beobachtet worden. 416 A. Graf von Geldern, 17. Cuculus eanorus (Kuckuk). Im Ganzen nicht ſehr häufig. 1890 an⸗ gekommen am 16. April. — Kam wiederholt zum Uhu. 18. Alcedo ispida. Brütet an Bächen. Nicht zahlreich. 19. Oriolus galbula (Goldamſel)h. Brütet im Park. Auch im Walde öfters gehört. 20. Sturnus vulgaris (Staar). Gemein. Im Auguſt keinen einzigen be⸗ obachtet. 21. Lyeos monedula (Dohle). Brütet in zahlreichen Paaren — etwa 30 Stück — an den Thürmen Roggenburgs. Auch im Roggenburger Forſt in hohlen Buchen (ſiehe unter Nr. 66.). Flügge Junge den 11. Juni. 22. Corvus corax (Kolkrabe). In unſerem Revier nie beobachtet. Dürfte vielleicht im großen Roggenburger Forſt brüten. 23. Corvus corone (Rabenkrähe). Gemein. Nach Möglichkeit vertilgt. Flügge Junge den 27. Mai. — Schon öfters beobachtete ich Rabenkrähen, welche Walnüſſe von Nußbäumen brachen und ſich mit ihnen zu bedeutender Höhe erhoben. Dort ließen ſie die Nüſſe plötzlich fallen, um ſie in ſauſendem Sturze noch während des Falles wieder aufzufangen. Dieſes Spiel wiederholten ſie immer mehrmals. Auch beobachtete ich mehrere Raben im Streite mit einer Katze, um ihr eine eben gefangene Maus zu entreißen. Der Streit endete mit der Flucht der Katze. 24. Corvus eornix (Nebelkrähe). Hier von mir noch nicht beobachtet. Wohl aber im Winter an mehreren Orten Oberbayerns. 25. Garrulus glandarius (Eichelheher). Sehr häufig. Letztes Jahr viele ge⸗ ſchoſſen, namentlich als Nahrung für den Uhu. Stießen zur Brutzeit oft auf Buſſarde und Raben unter einem ſchnarrenden „drrr drrr“. Beim Uhu lärmend, aber nicht ſtoßend. — Letzten Herbſt trug ein Eichelheher eine große Kartoffel von einem Acker nach einem ziemlich entfernten Walde. 26. Geeinus viridis (Grünſpecht). Nicht beobachtet. In Niederbayern (Schloß Thurnſtein) ungeheuer häufig. 27. Geeinus canus (Grauſpecht). Wiederholt beobachtet. Neſtloch im Roggen⸗ burger Forſt mit Jungen. 1 Stück (8) behufs Präparirung erlegt den 12. Januar. 28. Dryocopus martius (Schwarzſpecht). Brütet häufig im Roggenburger Forft. 29. Picus maior (großer Buntſpecht). Sehr häufig. Flügge Junge den 5. Juni. 30. Picus medius (mittlerer Buntſpecht) kommt nicht vor. 31. Picus minor (kleiner Buntſpecht). Sehr ſelten. Ein Paar beobachtet den 3. April 1888. Sonſt noch nie. 32. Jynx torquilla kommt nicht vor. (Häufig bei Regensburg.) 33. Sitta europaea (Spechtmeiſe). Zahlreich brütend. 34. Certhia familiaris (Baumläufer). Häufig. Lokalavifauna Roggenburgs und feiner nächſten Umgebung. 417 35. Lanius exeubitor (Raubwürger). Brut- und Standvogel während des ganzen Jahres. Nicht häufig. 1889 den 11. Juni beim Uhu geſchoſſen. Ein aus⸗ gewachſener junger Vogel den 22. Juni erlegt. 36. Lanius minor (Grauwürger). Nicht beobachtet. — Bei Mühldorf ein Exemplar (c') erlegt den 17. Mai 1890. Alſo dort Brutvogel. 37. Lanius rufus (rothköpfiger Würger). Hier fehlend.“) 38. Lanius collurio (rothrückiger Würger). Zahlreich. In niederen Fichten- dickichten und Hecken. Am 20. April angekommen. 39. Mascicapa grisola (grauer Fliegenfänger). In Obſtgärten zahlreich. 40. Troglodytes parvulus (Zaunkönig). Nicht ſehr zahlreich. Am Boden in Dickichten öfters geſehen. 41. Poecile palustris (Sumpfmeiſe). Wohl die häufigſte aller Meiſenarten. 42. Parus maior (Kohlmeiſe). Zahlreich, namentlich in Birkenbeſtänden. Neſt in einem Mauerloch des Wohnhauſes nur 1¼ Fuß über dem Boden, mit Jungen den 25. Mai. 43. Parus coeruleus (Blaumeiſe). Häufig. Brütet vorzugsweiſe in Löchern der Obſtbäume. 44. Acredula caudata (Schwanzmeiſe). Eines ihrer kunſtvollen Neſter in einer Birke vollendet den 27. März. 45. Regulus ignicapillus (feuerköpfiges Goldhähnchen). Im September in Fichtendickichten beobachtet. 46. Sylvia einerea (Dorngrasmücke). Häufig in Hecken. 47. Sylvia atricapilla (ſchwarzköpfige Grasmücke). Nicht ſehr zahlreich. Neſter in einem Jasminbuſch und auf einer kleinen Tanne. Die Jungen flügge 24. Juni. 48. Merula vulgaris (Kohlamſel). Ungeheuer zahlreich. Im Laubunterholz am häufigſten beobachtet und am Boden nach Nahrung ſuchend. Sit nicht Ortſchafts— genoſſe. Singt zum erſten Mal den 4. Februar. Brütend beobachtet den 5. April. 49. Turdus viscivorus (Miſteldroſſelß. In bedeutender Anzahl vertreten. In großen Schaaren auf friſch gepflügten Ackerfeldern. Im März bei Schnee an den Sonnenſeiten der Wälder. Beim Uhu „ſchnarrt“ ſie unaufhörlich. 50. Turdus musieus (Singdroſſel)ß. Singt am 16. März. Zahlreich in allen Waldungen. 51. Ruthieilla tithys (Hausrothſchwänzchen). Sehr häufig. Neſt an Häuſern und in aufgeſtapeltem Holze. Im Herbſt meiſt auf Feldern, hauptſächlich auf Krautäckern. 52. Ruticilla phoenicura, (Gartenrothſchwänzchen). 2. häufig. (In Nieder- bayern Thurnſtein] ſehr zahlreich.) ) Bei München an der Bahn nach Großheſſelohe ein Männchen von mir zur Brutzeit be— obachtet. 418 A. Graf von Geldern, 53. Dandalus rubeeula (Rothkehlchen). In dichten Waldpartieen ziemlich häufig. Singt am 25. März. ’ 54. Pratineola rubetra (Braunkehlchen). Nicht häufig. Meiſt auf hohen Diſteln in Wieſen auf Fliegen lauernd. 55. Motaeilla alba (weiße Bachſtelze). Ankunft anfangs März. Treibt ſich mit Finken und Sperlingen auf Höfen und Dächern und auf Feldern herum. 56. Alauda arvensis (Feldlercheß. Ankunft am 7. März. 57. Galerida cristata (Haubenlerche). Brüten nicht conſtatirt. Nach Aus⸗ ſage des königl. Förſters kommt fie zuweilen vor. Ich ſelbſt ſah fie hier noch nie.“) 58. Emberiza eitrinella (Goldammer). Sehr häufig. Neſt im Epheu 1m über dem Boden. Wurde verlaſſen; es enthielt 2 Eier. (München.) 59. Passer montanus (Feldſperling). Nicht ſehr häufig. Im Herbſt in kleinen Flügen auf Stoppelfeldern. 60. Fringilla eoelebs (Buchfink). Sehr häufig. Meiſt in größeren Geſell⸗ ſchaften. Finkenſchlag am 12. März. Fertiges Neſt am 29. März in der Gabel einer Akazie. 61. Carduelis elegans (Stieglitz). Brütet in einzelnen Paaren. In größeren Schaaren erſt im Herbſt auf hohen Diſteln und in verwachſenen Kartoffeläckern. 62. Cannabina sanguinea (Bluthänfling). Zum erſten Male ein Paar in einem Fichtenwalde auf junger Pflanzung 1890. 63. Pyrrhula europaea (Gimpel). Im Herbſt und Winter zahlreich. Ruf anfang Auguſt gehört, aber ſehr vereinzelt. Ob Brutvogel? 64. Loxia eurvirostra (Fichtenkreuzſchnabel). Brütet im Roggenburger Forſt. 65. Columba palumbus (Ringeltaube). Häufiger Brutvogel. Bevorzugt im Herbſt die Rapsäcker. 66. Columba oenas (Hohltaube). Viel ſeltener als die vorige. Brütet im Roggenburger Forſt in den Löchern hoher Buchen (NB.). — In einer Buche be⸗ fanden ſich nahe übereinander zwei Niſtlöcher, von denen das höher gelegene von Hohltauben, das andere von Dohlen als Brutſtätte benutzt wurde. Die beiden Familien vertrugen ſich ſehr gut. (In München dagegen beobachtete ich wiederholt, wie Dohlen junge Haustauben entführten.) 67. Turtur auritus (Turteltaube). Hier noch nie beobachtet. 68. Starna einerea (Rebhuhn). Trotz der ausgedehnten Feldjagd nur wenige Hühner. Der Boden muß ihnen nicht zuſagen; denn das Raubwild iſt durch eifrige Verfolgung ſehr decimirt worden, kann ihnen alſo nicht mehr ſehr gefährlich ſein. *) Bei München nicht nur im Winter (December), ſondern auch im Juni beobachtet. Alfo wohl Brutvogel. Lokalavifauna Roggenburgs und feiner nächſten Umgebung. 419 69. Coturnix dactylisonans (Wachtel). Häufiger als das Rebhuhn. Der häufig auf allen Seiten vernommene Ruf läßt auf ein gutes Jahr ſchließen. (An— fang der Hühnerjagd erſt am 20. Auguſt.) 70. Crex pratensis (Wieſenralleß. Läßt ſich im Frühjahr häufig hören. Ruft den 25. Mai. Brutvogel. 71. Numenius arquatus (großer Brachvogel). Einmal im Herbſt von einem Acker auffliegend, ſonſt noch nie auf Feldern bemerkt (ſiehe Nr. 6). 72. Anas boschas (Stockente). Im Herbſt am Abend und früh am Morgen auf Stoppelfeldern, namentlich Gerſtenfeldern, Nahrung ſuchend. II. Durchziehende Vögel. 1. Falco subbuteo (Baumfalke). Im Herbſt, aber nie zahlreich. Stieß öfters auf Schwalben ohne Erfolg. N 2. Falco peregrinus (Wanderfalke). Im Walde ein Exemplar im Herbſt 1888 erlegt; 1889 im September gelegentlich einer Treibjagd ein Stück angeſchoſſen. 3. Archibuteo lagopus (Rauhfußbuſſard). Noch nie beobachtet. 4. Corvus frugilegus (Saatkrähe). Auch am Zuge hier nicht beobachtet.“) 5. Pica caudata (Elſter). Nur im ſtrengen Winter einzeln vertreten. Brütet nicht im ganzen Jagdrevier. Wohl aber bei Illertiſſen in den Illerauen, ungefähr 1 Stunde jenſeits der Jagdgrenze. 6. Nueifraga caryocatactes (Tannenheher). Hier nicht beobachtet. In Immenſtadt ſchon am 20. Auguſt 1889 zahlreich in Haſelnußbüſchen. 7. Upupa epops (Wiedehopf). 1 Exemplar letzten Herbſt beobachtet. Sonſt nie. 8. Parus eristatus (Haubenmeiſe). Im Herbſt häufig in Begleitung anderer Meiſen. 9. Merula torquata (Ringamſel). Mitte September 1889 eine Schaar dieſer Vögel aus einem mit wildem Holler bewachſenen Schlage auffliegend. Ein c' aus nächſter Nähe beobachtet. Eine Verwechſelung dürfte alſo ausgeſchloſſen ſein. Einzige Beobachtung bisher in hieſiger Gegend. 10. Turdus pilaris (Wachholderdroſſel). Nicht ſelten als Durchzugsvogel. 11. Saxicola oenanthe (grauer Steinſchmätzer). Im Herbſt ziemlich zahlreich auf Ackerſchollen. 12. Coccothraustes vulgaris (Kirſchkernbeißer). Nur einmal 1 Stück im Herbſt geſehen. B. Die Vögel an und auf dem Weiher. Zunächſt einige örtliche Notizen: Der Weiher, welcher am Fuße des Roggen— burger Höhenzuges gelegen iſt, hat eine Ausdehnung von 40 Tagwerk (ungefähr 26 *) Bei München (Olching) befindet ſich eine zahlreiche Colonie in einem Föhrenwalde. 420 A. Graf von Geldern, Hektar) und iſt auf drei Seiten mit dichtem Röhricht umgeben, während auf der vierten Seite der Wald ſich bis an den Weiher erſtreckt. Die Waſſerfläche ſelbſt iſt am Rande mit Waſſerroſen dicht bewachſen, doch dürfte der ganz pflanzenloſe, freie Waſſerſpiegel ungefähr / der Geſammtausdehnung umfaſſen. Der Name „Weiher“ läßt ſich nur damit begründen, daß das Waſſer, wie es wegen der Fiſcherei alle drei Jahre geſchieht, vollſtändig abgelaſſen werden kann. Seiner Größe nach dürfte der Name „See“ nicht übertrieben ſein. Doch nun zu den Bewohnern. I. Brutvögel. 1. Aerocephalus arundinaceus (Teichrohrſänger). Brütet zahlreich in dem dichten Schilfwalde des Weihers. 2. Acrocephalus turdoides (Droſſelrohrſänger). Oefters beobachtet. Viel ſeltener als Nr. 1. | 3. Motacilla alba (weiße Bachſtelzeyß. Ständig am Weiher vorhanden. Sammelt ſich im Herbſt zu Hunderten im . Schilfe, namentlich am Abend bei Eintritt der Dämmerung. 4. Ardetta minuta (Zwergreiher). Beinahe alljährlich während des Sommers. Selten geſehen, aber öfter gehört. Gelegentlich der Entenjagd vom Hunde aufgejagt, klettert der Vogel am Schilfe empor und entſchließt ſich nur ungern zum Fliegen. 5. Botaurus stellaris (Rohrdommel). In früheren Jahren öfters erlegt. Zum letzten Male geſehen im Auguſt 1888. 6. Rallus aquatieus (Waſſerralle). Von mir erſt einmal beobachtet. Ein Exemplar aus früheren Jahren präparirt. Kann wohl, in den Schilfdickichten ver- borgen, brüten, aber als ſicher kann ich dies nicht anführen. 7. Gallinula porzana (getüpfeltes Sumpfhuhn). 1889 nur ein Paar be⸗ obachtet. Dieſes Jahr ſah ich noch keinen dieſer zierlichen Vögel. 8. Gallinula chloropus (grünfüßiges Teichhuhn). Ankunft 29. März. Brütet in ungefähr 4 Paaren und iſt hauptſächlich am Morgen und in der Dämmerung zu ſehen. Hier ſehr ſcheu. Gelegentlich vom Hunde aufgejagt, ſucht es ſich ſo bald als möglich wieder zu verſtecken. Flug ſchlecht, mit lang herabhängenden Ständern (Beinen). Zuletzt geſehen den 3. November. Neſt mit 4 Eiern den 13. Juli gefunden. 9. Fulica atra (ſchwarzes Waſſerhuhn). Angekommen 16. März. Brütet in großer Zahl. 1890 im Frühjahr 13 Stück abgeſchoſſen, da ſie die Entenbrut ge⸗ fährden. Daher jetzt im Herbſt weniger zahlreich als in den Vorjahren. Dieſe Vögel ſind hier ſehr ſcheu und nur mit großer Mühe kann man ſich auf Schrot⸗ ſchußnähe anpürſchen. Junge Waſſerhühner mit ihren rothen Köpfen beobachtet den 7. Juni. Die letzten Waſſerhühner am 2. November. | Lokalavifauna Roggenburgs und feiner nächſten Umgebung. 421 10. Anas boschas (Stockente). Brütet zahlreich am Weiher. 3. Juni die erſten Jungen beobachtet. Eine Wildente brütete in dem kleinen, dicht neben dem Schloſſe gelegenen Goldfiſchteich ihre Jungen aus. 11. Anas crecca (Krickente). In mehreren Paaren brütend. Im Herbſt finden ſich immer ziemlich viele ein. — A. querquedula (Knäckente). Noch nicht beobachtet. 12. Podiceps eristatus (Haubentaucher). Brütet in jährlich ſteigender Zahl. 1890 im Frühjahr 8 Alte. 21. März angekommen. 20. Mai die erſten Jungen. Im Ganzen beobachtete ich 8 Junge. Während die Vögel im Frühjahr ſich ſehr zutraulich zeigen, kann man ihnen im Herbſt beinahe nie auf Schußweite nahen. 1889 erlegte ich 2 Stück. Gegen Ende September beginnen die Haubentaucher viel zu fliegen und verrathen große Unruhe. 13. Podiceps minor (Zwergſteißfuß). 1889 in 3 Paaren brütend. Ueber⸗ raſcht, fliegen ſie, eiligſt Waſſer tretend, dem Ufer zu. 1 Stück zum Präpariren er- legt den 5. September 1889. 14. Actitis hypoleucus (Flußuferläufer). Nur einmal von mir erlegt. Vom Jäger öfters beobachtet und zwar im Sommer. Ob Brutvogel, nicht gewiß, doch wahrſcheinlich. 15. Sterna fluviatilis (Flußſeeſchwalbe). Im Frühjahr und Herbſt bis zu 20 Stück. 1 Paar während des ganzen Sommers. Brutvogel? II. Durchziehende und den Weiher nur gelegentlich beſuchende Vögel. 1. Milvus regalis (Gabelweihe). Strich oft über dem Schilfe des Weihers auf und ab, konnte aber nicht erlegt werden. 2. Aceipiter nisus (Sperber). Herbſt 1889 fanden ſich allabendlich 2 Sperber ein, um auf die im Schilfe des Weihers ſich nach Tauſenden ſammelnden Ufer⸗ ſchwalben (H. riparia) Jagd zu machen. Bei der Maſſe der Schwalben war ihnen eine Beute wohl ziemlich ſicher. 3. Hirundo riparia (Uferſchwalbe) ſiehe A 16. Sammelt ſich, wie eben er- wähnt, zur Dämmerungszeit in ungeheurer Maſſe im hohen Schilf des Weihers. 4. Alcedo ispida (Eisvogel). Beſucht den Weiher oft paarweiſe, doch iſt er dort nicht Stand⸗ und wohl auch nicht Brutvogel. Ein Exemplar erlegt 12. Jan. 1890. 5. Aegialites minor (Flußregenpfeifer). Alljährlich im Herbſt in Geſell— ſchaften bis zu 10 Stück. 6. Vanellus eristatus (Kiebitz). Zeitweiliger Beſucher des Weihers, aber nicht Brutvogel. 7. Ardea einerea (grauer Reiher). Brüten deſſelben nie beobachtet. Im Herbſt vereinzelt am Weiher, namentlich zur Zeit, wenn der Weiher abgelaſſen wird (November, alle 3 Jahre). 422 A. Graf von Geldern, g | 8. Gallinago seolopaeina (Bekaſſine). Im Herbſt, aber nicht ſehr zahlreich am Rande des Weihers. 9. Gallinago major (große Sumpfſchnepfe). Wie vorige, aber ziemlich ſelten. 10. Tripga subarquata (bogenſchnäbliger Strandläufer). Selten, aber wieder- holt beobachtet im Ried (ſiehe O). 11. Anas penelope (Pfeifente). In früheren Jahren öfters geſehen. Ein Paar präparirt, welches im November durchzog. 12. Clangula glaueion (Schellente). Zieht ebenfalls im Herbſt durch. Junges Weibchen präparirt. 13. Mergus merganser (großer Säger). Am 25. Juli 1890 3 ꝙ auf dem Weiher. Da ſie ſich immer inmitten der Waſſerfläche aufhielten, konnte kein Vogel erlegt werden. 14. Podiceps arcticus (Hornſteißfuß). Kommt ſchon ſeit zwei Jahren im September auf den Weiher. Am 27. September 1888 gelang es mir, ein Exemplar zu erlegen. Er iſt nicht fo ſcheu wie Pod. eristatus. Seine Stimme war ein raſch wiederholtes kurzes Pfeifen. 15. Hydrochelidon nigra (ſchwarze Seeſchwalbe). Alljährlich im Herbſt, doch immer mehr vereinzelt. Am 11. Auguſt 1890 ſah ich für dieſes Jahr die erſte wi. Seeſchwalbe. Sie blieb nur einen Tag. C. Das Obenhauſer Ried und feine Bewohner. Ungefähr eine Stunde von Roggenburg entfernt, im breiten Thale der Roth, dehnt ſich das Ried oder Moos aus, und ſtammen die meiſten meiner Beobachtungen aus dem zur Gemeinde Obenhauſen (Bez. A. Illertiſſen) gehörenden Theile deſſelben. Wenn die Kultur auch immer weiter vordringt und die ſumpfigen, völlig un— kultivirten Strecken immer mehr verſchwinden, ſo wird dieſes Moos doch noch viele Jahre dem Fleiß des Ackerbauers trotzen. Zwar erſtrecken ſich die Felder ziemlich weit in das Gebiet hinein, aber es fehlt nicht an ſumpfigen, oft unzugänglichen Stellen. Auch alte Torfſtichgruben, die mit Waſſer gefüllt ſind, bieten verſchiedenen Waſſervögeln die entſprechenden Erforderniſſe. Die beobachteten Vögel ſind: I. Brutvögel. 1. Brachyotus palustris (Sumpfohreule). Bei der Jagd auf Bekaſſinen einige Male aufgejagt, ſuchte ſie ſich im hohen Graſe oder Schilf nach kurzem Fluge zu verſtecken und war auch ſchwer wieder aufzufinden. Ein Exemplar erlegt und präparirt. 2. Lanius excubitor (großer Raubwürger). Ziemlich häufig. Auf Weiden büſchen und anderen erhabenen Punkten ſitzend. Lokalavifauna Roggenburgs und feiner nächſten Umgebung. 423 3. Acrocephalus arundinaceus (Teichrohrſänger). Häufig, wie am Roggen— burger Weiher. 4. Pratincola rubetra (Braunkehlchen). Mehr am Rande des Riedes. 5. Alauda arvensis (Feldlerche). Zahlreich an den trockenen Stellen. 6. Starna einerea (Rebhuhn). An den trockenen, mit dürrem Graſe be— wachſenen Stellen ziemlich zahlreich; hier zahlreicher als auf den Feldern, vielleicht wegen der größeren Ruhe. 7. Coturnix dactylisonans (Wachtel). Bevorzugt auch mit Gras bewachſene, verwilderte Strecken und iſt hier im allgemeinen häufiger anzutreffen, als auf den Feldern. 8. Vanellus eristatus (Kiebitz). Häufiger Brutvogel. Im Herbſt in großen Schaaren. Stößt auf den Uhu. 9. Ciconia alba (weißer Storch). Brütet auf dem Kirchthurme von Unter- roth, eines inmitten des Riedes gelegenen Dorfes. Mehrere Jahre war das Neſt nicht bezogen. Im allgemeinen ſind die Störche in hieſiger Gegend ſeltene Gäſte. 10. Botaurus stellaris (Rohrdommel). Selten, doch hin und wieder. Ob Brutvogel, unbeſtimmt. 11. Crex pratensis (Wieſenralle). Alljährlich nicht ſelten. Bei der Hühner— jagd wiederholt vom Hunde aufgejagt und erlegt. 12. Gallinula porzana (getüpfeltes Sumpfhuhn. Ziemlich zahlreich, nament- lich im Herbſt. Schwer zu finden. 13. Numenius arquatus (großer Brachvogel). Brütet alljährlich in 2—3 Paaren. Gelege im April gefunden. Im Herbſt einige erlegt. Ein Exemplar, welches auf den Uhu ſtieß! Im allgemeinen äußerſt ſcheue Vögel. Zuweilen ſieht man 5—6 dieſer Species über dem Roggenburger Weiher hoch in den Lüften in der Richtung des Riedes vorüberziehen. 14. Gallinago scolopaeina (Bekaſſine). Brütet im Ried. Wiederholt von den Eiern aufgejagt. Im Herbſt ſehr zahlreich. 15. Gallinago major (große Sumpfſchnepfe). Viel ſeltener als die vorige Art. Brüten nicht conſtatirt. 16. Anas boschas (Stockente). Ziemlich häufig auf alten Torfſtichgruben. 17. Anas erecca (Krickente). Nicht ſelten in Geſellſchaften von 3—6 Stück ebenfalls auf Torfgruben. II. Durchziehende oder nur zeitweilig erſcheinende Vögel. 1. Milvus regalis (Gabelweihe). Dehnt ſeine Streifzüge auch mitunter bis in das Ried aus. 2. Falco peregrinus (Wanderfalke). 2 Exemplare 1888 im September an der Grenze des Riedes erlegt. 424 A. Jacobi, Weber Lanius excubitor var. Homeyeri Cab. 3. Astur palumbarius (Habicht). Im Habichtskorbe inmitten des Riedes wiederholt gefangen. 4. Buteo vulgaris (Mäuſebuſſard). Beinahe beſtändig im Ried zu erblicken. 5. Ardea einerea (grauer Reiher). Kein ſeltener Gaſt. 6. Tringa subarquata (bogenſchnäbliger Strandläufer). Im Herbſt auf dem Zuge. Den 10. September 1889 aus einer Geſellſchaft von ungefähr 10 Stück 3 Exemplare erlegt. Schloß Roggenburg, den 15. Auguſt 1890. Ueber Lanius excubitor var. Homeyeri Cab. Von A. Jacobi in Leipzig. Beim Durchblättern von Madaräsz’, Zeitſchrift für die geſammte Ornithologie, wurde ich mit einer Abbildung des Homeyer'ſchen Raubwürgers, Lanius Homeyeri Cab. bekannt, zu welcher Herr v. Cſato nähere Mittheilungen gibt (a. a. O. I, 229 ff.). Beim Betrachten derſelben erinnerte ich mich eines in meinem Beſitze befindlichen Lanius exeubitor, welcher mir bereits früher durch ſein vieles Weiß an verſchiedenen Körpertheilen aufgefallen war. Und in der That ſtimmt mein Exemplar mit der genannten Abbildung und Beſchreibung in den weſentlichſten Punkten überein, ſodaß ich es für einen L. Homeyeri halten muß. Bekanntlich wurde dieſer durch Prof. Cabanis im Journal für Ornithologie 1873, S. 75, als Art von L. excubitor abgetrennt, während es nach den eingehenden Unterſuchungen von Homeyers und Raddes (Ornis caucasica und Zeitſchrift Ornis V, S. 68) als ausgemacht gelten darf, daß L. Homeyeri bloß eine ſüdöſtliche Form unſeres großen Grauwürgers darſtellt und in den L. excubitor var. Przewalskii Bogd. übergeht. Was mein Exemplar anbelangt, ſo iſt dies am 7. Oktober 1887, jedenfalls auf dem Zuge, in Oſtfriesland erlegt. Seine Farbe deckt ſich mit den von Cabanis 1. e. gegebenen Merkmalen: Vorderſtirn weiß, Augenbrauenſtreif ſtark angedeutet, Schulter⸗ federn ſchneeweiß, Enden der Armſchwingen mit großen, weißen Flecken, Oberſchwanz⸗ decken weißlichgrau. Auch die Zeichnung der Steuerfedern ſtimmt mit der Beſchreibung v. Cſatôs überein, nur trägt die 2. Feder links auch auf der Außenfahne einen ſehr ſchmalen, ſchwarzmarmorirten Fleck, während die entſprechende rechts regelmäßig ge⸗ zeichnet iſt, und das Schwarz der 3. Steuerfeder erſtreckt ſich tiefer hinab. Der Spiegel auf den Hand- und Armſchwingen iſt ſtark ausgeprägt. Wenn nun auch verſchiedene dieſer Merkmale, ſo beſonders die Schwanzfärbung, ſich auch bei ſehr alten L. exeubitor finden, ſodaß verſchiedene angebliche L. Homeyeri nach genauer Vergleichung ſich als zu erſterer Art gehörig herausſtellten, ſo dürfte Kleinere Mittheilungen. 425 dies bei dem vorliegenden Stücke nicht der Fall fein, da einmal das allgemeine Hervortreten des Weiß, andererſeits beſonders der Umſtand dagegen ſpricht, daß es ſich um einen unverkennbar jüngeren Vogel (JS) handelt. Die ganze Bruſt und ein Theil der Flanken iſt nämlich bei gelbbräunlicher Grundfarbe mit deutlichen Wellen— linien verſehen und die obere Körperſeite vom Scheitel bis zur Bürzelgegend bräunlich überhaucht. Da aber mein Vogel im übrigen vorzüglich mit den Abbildungen typiſcher Exemplare bei Cſato und Radde übereinſtimmt, jo ſcheint mir ein echter L. excubitor var. Homeyeri vorzuliegen. | Zum Schluß glaube ich die Erwartung ausſprechen zu dürfen, daß ſich durch ſchärferes Aufachten ein öfteres Vorkommen des Homeyerſchen Würgers in Mittel— europa nachweiſen laſſen wird, als es bis jetzt geſchehen iſt und wünſche, daß dieſe Zeilen dazu beitragen mögen, die Aufmerkſamkeit auf den genannten Vogel zu lenken. Kleinere Mittheilungen. Vogelſchutz. Die beiden Vogelſchutzſchriften „Futterplätze für Vögel im Winter“ und „Winke betreffend das Aufhängen von Niſtkäſten“ von K. Th. Liebe haben in der ſiebenten Auflage eine überaus weite Verbreitung gefunden, und es mußte von der Verlagsbuchhandlung von Theodor Hofmann in Gera (Reuß) abermals ein Neudruck hergeſtellt werden. Der ſehr billige Preis von 5 Mark für je 100 Exem— plare hat die Vertheilung in Schulanſtalten ermöglicht, und zahlreiche Zuſchriften von Schulinſpektoren, Direktoren und Lehrern betonen, daß durch dieſe Schriften die Jugend nicht nur herangezogen wird, die Vogelwelt beobachten und lieben zu lernen, ſondern auch der hohen Befriedigung theilhaftig wird, welche die Ausübung mild— thätiger Handlungen mit ſich bringt. Die Sektion für Thierſchutz der Geſellſchaft von Freunden der Naturwiſſenſchaften in Gera hat nun in der letzten Sitzung den Beſchluß gefaßt, 2000 Exemplare mit entſprechenden Anſchreiben an Behörden, Schulen und land⸗ und forſtwirthſchaftliche Vereine zur Verſendung kommen zu laſſen. Hoffentlich gelingt es dadurch, immer weitere Kreiſe für die Pflege und den Schutz der ſo nützlichen Vögel zu gewinnen! | Gera. Emil Fiſcher. Zur Nahrung der Elſtern und Heher. In Nr. 11 d. lauf. Jahrgs. d. „Ornith. Monatsſchr.“ ſchildert es uns Herr Staats v. Wacquant recht anſchaulich, wie er Corvus corone beim Krebsdiebſtahl ertappte. Im Anſchluß hieran erlaube ich mir zu bemerken, daß nach meinen Erfahrungen allerneueſten Datums auch noch zwei andere Rabenvögel, uämlich Pica caudata und der „Allesfreſſer“ Heher (Garr. glandarius) unter Umſtänden Fiſche ſowie Krebſe rauben und davon eine ſtattliche Menge ver— zehren können. Der Auguſt a. er. brachte über Mittelſchleſien bekanntlich das 426 Kleinere Mittheilungen. denkbar ſchönſte Erntewetter, tropiſch heiße Tage ohne nennenswerthe Niederſchläge. In Folge deſſen begannen hier und da die kleineren Bäche, beſonders die von Drai- nagen geſpeiſten, zu verſiegen und blos ab und zu verhielt ſich noch in einigen tieferen Löchern ein kleines Quantum Waſſer. In dieſen wimmelte es natürlich von Gründlingen (Gobio fluviatilis Cuv.), Elritzen (Leueiseus phoeinus Fleur.), Schmerlen (Cobitis barbatula) und vornehmlich kleineren Stücken des Krebſes. Am 20. Auguſt, einem ſehr ſchwülen Tage mit einem Donnerwetter am Horizont (vergleiche Oken, „Allgemeine Naturgeſchichte für alle Stände“, Stuttgart 1835, V. Band 2. Abtheilung, p. 632 und die Notizen des Herrn Hofrath Dr. Liebe in Nr. 11, Fußnote) hatten faſt alle Krebſe ihre Löcher verlaſſen und ſpazirten munter in den ganz ſeichten Pfützen herum. Da ſah ich nun wie eine „diebiſche“ Sepalaſter — ſie war urſprünglich wohl nur dorthin gekommen, „um das Verlangen des Trankes zu ſtillen“, aber „Gelegenheit macht Diebe“ — am Rande der einen Lache ſaß und einen zappelnden Cypriniden verſpeiſte; dieſem folgte ein mit großem Geſchick gefangener zweiter und dritter in raſcher Folge (bis 5 in einer Minute). — Bald fanden ſich zu dem einen Freſſer mehrere Sippſchafts⸗ genoſſen hinzu, um an dem leckeren Schmauſe theilzunehmen; die Pfützen wurden von dem Conſortium der Reihe nach gründlich „ausgeketſchert“ und dabei nicht bloß Fiſche, ſondern auch Krebſe von dem Lumpenpack herausgeholt und mit ſichtlichem Behagen verſchlungen. Am 22. Auguſt beobachtete ich ferner auf den wegen ihres Reichthums an ſeltenen Pflanzen bekannten Silſterwitzer Wieſen den Eichelheher (Garrulus glandarius L.) beim Fiſchdiebſtahl; er entnahm gleichfalls einer nur 1 em tiefen Pfütze in einem ausgetrockneten Rinnſale mehrere fingerſtarke „Pfrillen“ oder „Bitterfiſche“ und eine recht ſtarke „Gründel“ (Cobitis barb.); 86 ertappte ich ihn bereits dabei, wie er auf der nämlichen Stelle einen Krebs aus dem Loche holte und gemüthlich verzehrte. („Vögel des Zobten“ in Cabanis' Journal für Ornithol. 1888). | Schlaupitz, Ende August 1890. Karl Knauthe. Kirſchen als Staarenfutter. Im vorvorigen Jahre hing ich einen regelrecht gefertigten Staarenkaſten an die Giebelſeite des neuerbauten, ganz iſolirt ſtehenden Wohnhauſes eines mir befreundeten Mannes. Sogleich im folgenden Frühjahr nahm zu meiner Freude ein Staarenpärchen Wohnungs- und Niſtſtätte darin; ich ließ es gewähren! Verfloſſenes Frühjahr war der Kaſten wieder beſetzt mit einer erſten Brut. Zwecks „Anlernens“ nahm ich zwei Stück halbflügge Junge heraus und päppelte dieſe glücklich auf. Als ſie flügge wurden, hatte ich ein Männchen und ein Weibchen erwiſcht, welch letzteres ich wieder freiließ. — Um eines Stücks allein willen mochte ich aber nicht pfeifen und füttern, und ſo entſchloß ich mich, noch ein Exemplar zweiter Brut aufzuziehen. Als ich dieſe im ſelben Kaſten gewahrte und Kleinere Mittheilungen. 427 merkte, daß fie bald flüchtig gehen würde, ging ich eines Morgens zum Kaſten, öffnete ihn behutſam und fand ihn leer; — ich war einen oder zwei Tage zu ſpät gekommen. Und doch fand ich ihn nicht ganz leer. Es lagen noch in demſelben zwiſchen Strohhälmchen 20 — 30 ganz rein abgeſchälte Kirſchkerne, die wie gewaſchen ausſahen, und vermuthete ich, daß dieſe mit gefüttert worden ſeien und durch Magen und Darmkanal wieder ausgeführt worden wären. Um jene Zeit waren die Kirſchen in hieſiger Gegend etwas über halbreif (braunroth). — Ich wußte und weiß ja, daß Staare Kirſchen eben jo gern freſſen als Weinbeeren und dergl., ich glaubte aber, dieſe fütterten nur das Fleiſch derſelben und ſchälten ſchon vor dem Verfüttern die Steine aus. Auch berichtete ich dieſen Vorfall kurz an unſeren Herrn Hofrath Profeſſor Dr. Liebe-Gera, welcher mich zu dieſer kurzen Veröffentlichung ver— anlaßte. Inzwiſchen hatte ich ein zweites Exemplar eines jungen Staares geſchenkt bekommen. Dieſen zwei Stück fütterte ich verſuchsweiſe ſofort reife Kirſchen, um zu ſehen, was mit deren Kernen (Steinen) werden ſollte und würde. Der eine nahm die Kirſchen gierig an, ſchleuderte dieſe aber ſo lange im Schnabel herum, bis die Steine wegflogen, dann verſchluckte er das Fleiſch und zugleich auch einen einzigen Stein einer kleinen Kirſche mit dieſer, den ich ſpäter aber nicht wieder zu Geſicht bekam. Der andere aber nahm trotz mehrmaligen Bietens nicht eine einzige Kirſche an. Zweien glaubwürdigen Holzzerkleinerern, die ſchon wiederholt Staare großgezogen haben, erzählte ich auf meinem Hofe den Vorfall. Dieſe — zwei Brüder — erklärten mir wiederholt, daß ſie vor zwei Jahren „ebenſo zwei Staare zweiter Brut zur Zeit der Kirſchreife aufgefüttert und dieſe faſt ausſchließlich mit Kirſchen geatzt hätten.“ — Letztere hätten zwar die Kerne alleſammt mit verſchluckt, dieſe aber nach 15 — 20 Minuten wieder fleiſchlos, ganz rein, wie gewaſchen, ausgeſpieen! — Biel- leicht ſind ähnliche Beobachtungen noch mehr und mit tiefer gehendem Erfolg gemacht worden, und deren Veröffentlichung wäre wohl wünſchenswerth. Steinbach⸗ Hallenberg, den 9. Sept. 1890. F. Schlag. Zu dem Aufſatze in Nr. 12 der Monatsſchrift des D. V. z. Sch. d. V., Auguſt 1890, „Zum Anpaſſungsvermögen des Sumpfſängers (Acroc. palustris)“, er- laube ich mir ganz ergebenſt zu bemerken, daß von mir ſeit längeren Jahren von Anfang Juni bis Ende Juli auf einer gegen den Wald hin ſanft anſteigenden Feld— flur, welche mit Roggen, Weizen oder Bohnen beſtellt wird, etwa 150 Schritt von hohem Buchenwalde und 2 Kilometer von fließendem Waſſer entfernt, der Sumpf— rohrſänger beobachtet worden iſt. Derſelbe ſingt dort ſeine zwitſchernden und flötenden Weiſen in jagendem Tempo Morgens, Mittags und Abends bis in die Nacht hinein, woraus ich ſchließe, daß derſelbe dort auch brütet, obgleich ich das Neſt nicht habe entdecken können. Detmold, den 26. September 1890. A. Schleiffer. 428 Kleinere Mittheilungen. (Aus einem Briefe an K. Th. Liebe.) Die Zwergtrappen in Thüringen. Ich beehre mich, Ihnen nachfolgende Nachricht über das Vorkommen von Zwerg⸗ trappen in hieſiger Flur reſp. Umgegend zu machen. Vor zwei Jahren hatte ich ſelbſt Gelegenheit, im Sommer in der Flur von Gangloffſömmern (früherer Wohn⸗ ſitzdes Herrn P. Thienemann) zweimal in zwei verſchiedenen Flurbezirken Zwerg⸗ trappen auffliegen zu ſehen. Das eine Mal 4 Stück, das andere Mal 2 Stück. Im ſelben Jahre traf ich in der angrenzenden Schilfaer Flur bei der ſog. Kapelle 2 Stück an. Im vorigen Jahre ſind von Herrn Rittergutspächter E. Schmeißer zu Gangloffſömmern, laut mir gemachter mündlicher Mittheilung, brütende Zwerg⸗ trappen in ſeiner Flur beobachtet worden. Herr Oberamtmann Bören hier hat vor etwa 5—6 Wochen 5—6 Stück Zwergtrappen in hieſiger Flur beobachtet. Das Ber obachtungsterrain iſt nördlich von Greußen, ſüdlich von Scharnſtedt, weſtlich von Lützenſömmern und öſtlich von Ottenhauſen begrenzt. Sollte ich wieder über das Vorkommen von Zwergtrappen in hieſiger Gegend beobachten oder darüber Hören ſo werde ich mir erlauben, Ihnen ſofort Bericht zu erſtatten. Greußen, den 15. September 1890. Dr. A. Nicolai, Sanitätsrath. Am 1. September a. er. kam bei ganz flauer Briſe aus Süden ein kleiner Trupp Bartmeiſen (Panurus barbatus) von Weſten her nach dem Dorfe ge— pilgert, vertheilte ſich dort in verſchiedenen Gärten (in unſerem Gehöft zählte ich 5 Stück, in den Obſtpflanzungen angrenzender Ruſticalbeſitzer 2, 3 und 4), weilten hier bis gegen 8 Uhr und zogen dann den „Schwarzen Graben“ entlang — an ſeinen Ufern ſtehen auf Schlaupitzer Gebiet noch dicht gedrängt Weiden und Erlen — gen Morgen, der Lohe zu, weiter. Schlaupitz, Dom, 2. Sept. 1890. Karl Knauthe. Druckfehlerberichtigung. T Dadurch, daß der Korrekturbogen den Herrn Autor verfehlte, find leider in der Abhandlung „die Dreifarbenkalliſte“ Druckfehler unbeſeitigt geblieben, um deren Berichtigung wir ergebenſt bitten. Es iſt zu leſen S. 375, Z. 21: praya ſtatt praga; daſelbſt Z. 24: laranjeira ſt. lavanjeira; und 3. 36: Pardinho ft. Pardinto; S. 376, 3. 26: tzih ft. tzich; S. 377, Z. 10: Arten ft. Kleinvögel; S. 378, Z. 1: Sangaſſu ſt. Somgaſſu; S. 379, Z. 23: ihn ſt. ihm; und Z. 36: grauliche ſt. gräu⸗ liche; S. 381, Z. 18: passaros ft. passuros; S. 383, Z. 29: Goiabenbaum ft. Griabenbaum; und Z. 34: Goiabe ſt. Griabe. Anzeigen. IN Wogelfutter!! „Speintität“ für alle in⸗ ud ausländiſchen Vogelarten empfiehlt billigſt. Preisliſte gratis und franko. Max Willms, Würzburg, Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. * „ Orrithologiſche 8 , = I e iin 9 = im e a a A, S III I NS I N Sr r rr 2 Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von une eee 5 = 2 . 0 0 d t3= Jahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, e e 72511 und erhalten dafür die Monats- zweitem Vorſitzenden des Vereins f dana ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. j Anzeigen der e 278 A Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. ee der Saum es gerieten XV. Jahrgang. Oetober 1890 (zweite Lieferung). Nr. 16. Inhalt: Alexander von Homeyer: Tour durch die böhmiſch-ſchleſiſchen Grenz— gebirge. Kurt Flöricke: Ein Ausflug in die Bartſchniederung. Rich. Schlegel: Aus der diesjährigen Brutperiode. Ewald Ziemer: Ornithologiſche Beobachtungen: 10. Am Sumpfhuhn— neſte. Staats von Wacquant-Geozelles: Feinde des Hirſchkäfers. — Kleinere Mit- theilungen: Nußheher. Vogelmord in Südfrankreich. Steppenweihen. een Sonder— barer Niſtplatz eines Zaunkönigs. — Litterariſches. — Anzeigen. Tour durch die böhmiſch⸗ſchleſiſchen Grenzgebirge vom 16. bis 28. September 1890. Von Major Alexander von Homeyer. Mein Reiſebegleiter war Herr Bürgermeiſter Helfritz aus Greifswald. Zweck unſerer Reiſe war Erholung; dennoch wurden gelegentlich Vogelbeobachtungen ge— macht, die der Notirung werth ſchienen. Das Wetter war uns anfangs günſtig, dann aber hatten wir vielfach Nebel und Sturm. 31 430 A. v. Homeyer, Görlitz, den 16. und 17. September. Unſer erſter Beſuch galt der Samm⸗ lung der Naturforſchenden Geſellſchaft. Der Cuſtos derſelbeu, Herr Director Dr. hon. Robert Peck empfing uns in ſeinen Räumen und führte uns. Oft ſchon habe ich über die vorzügliche Sammlung berichtet, die neuerdings durch Herrn Con⸗ ſul von Möllendorf wieder große ornithologiſche Schätze von den Philippinen in ca. 120 Arten erhalten hatte. — Nachmittags auf die Landskrone. Trotzdem dieſelbe hübſch bewaldet iſt, ſah und hörte ich nur einen kleinen Laubvogel (Phyllopneuste rufa). Nach Dr. Peck übernachteten vor einigen Jahren 3 Kormorane (Carbo cormoranus) auf dem oberſten Ausſichts-(Ruinen- Thurm, und wurde einer der⸗ ſelben erſchlagen. Ich ſah das Stück in der Görlitzer Sammlung. — Eine Wan⸗ derung durch den prächtigen Stadtpark unter Führung des Gartendirectors Herrn Sperling. Nach ihm hat ſich als Brutvogel die Wachholderdroſſel (Purdus pilaris) im Stadtpark immer mehr eingebürgert. Sie niſtet mit Vorliebe an den Stämmen der alten italienischen Pappeln, zeigt ſich viel auf den Raſenplätzen, ſchreit jeden größeren Vogel an, reſp. bringt ihn aus dem Park heraus (namentlich die Krähen). Sie beunruhigt aber nicht die Nachtigallen (Luseinia minor), die ſehr zahlreich Brut⸗ vögel ſind. Das beſtätigt von neuem meine Anſicht, daß droſſelartige Vögel, alſo auch die Amſeln (T. merula) unſere Sänger nicht beunruhigen oder gar vertreiben. 18. und 19. September. Per Bahn nach Reichenberg in Böhmen und nach Zittau zurück; per Wagen auf den Oybin. Im Schloß Friedland (Wallenſtein) ſteht ein junger Seeadler (Aquila albieilla), der hier vor 30 Jahren geſchoſſen iſt. — Den Wald des Oybin durchzog ein Meiſentrupp von Parus ater und eristatus. 20. September. Wir überſchritten von Liebwerda aus die Tafelfichte und gelangten Abends nach ſehr anſtrengendem Marſche nach Schwarzbach bei Flinsberg. Bei Liebwerda war man damit beſchäftigt, einen großen Vogelheerd in Scene zu ſetzen. Unſer Führer meinte, daß darauf namentlich Böhmer (Fringilla monti- fringilla) und Kreuzſchnäbel (Loxia eurvirostra) gefangen würden. Beim Aufſtieg auf die Tafelfichte gewahrten wir kleine Flüge von Meiſen, von Finken (Fringilla coelebs), und von Grünfinken (Ligurinus chloris). Es liegt nahe, daß auch nützliche Vögel weggefangen werden. Ich erwähne dies nur, um zu zeigen, daß auch die Böhmen Maſſenvertilger von nützlichen Vögeln ſind. Wir Deutſchen können nicht eher ein Recht haben, von den Italienern Abhülfe zu verlangen, als bis wir ſelbſt von der Unthat des Droſſelfanges (Dohnenſtrich) laſſen. Beim Aufſtieg hörte ich den Grünſpecht (Geeinus viridis), das Goldhähnchen (Regulus ignicapillus), einige Droſſeln (Turdus musicus). Bald auch trafen wir den friſch aufgebeerten Dohnenſtrich des Förſters an. Aus den Droſſel-Excrementen erſah ich, daß dieſe Vögel jetzt ſehr den Blaubeeren (Vaccinium myrtillus) zuſprechen. Oben auf der ſumpfigen Höhe der Tafelfichte trafen wir ſehr viele Ebereſchbäume (Sorbus aueu- »» ů Tour durch die böhmiſch⸗ſchleſiſchen Grenzgebirge. 431 paria) an, deren ſchlanker Wuchs zeigte, daß fie trotz Sturm und Höhe gut gediehen. Die Beeren derſelben waren reichhaltig, aber noch nicht reif. Leider ſpähte ich ver— gebens nach der Ringdroſſel (Merula torquata) aus, die bei Liebwerda mit der Singdroſſel oft im Herbſt gefangen wird. 20. bis 22. September. Flinsberg und Greifenberg. In Flinsberg beſuchte ich den alten Conſervator Heydrich, bekannt durch die Publicationen des älteren Tobias und Michel (Ornithol. Jahrbuch I S. 25). Ich lernte in Herrn Heydrich einen ſehr lieben Menſchen kennen, bedaure nur, daß ſeine Sammlungen nicht beſſer ans Tageslicht kommen. Dieſelben ſtehen oben im großen Dachzimmer. Um zu ihnen zu gelangen, mußte ich auf allen Vieren über hohes Heu klettern, welches auf dem Hausboden lagerte. — Von einzelnen meiſt bunten Exoten der Sammlung ſehe ich ab; werthvoll und bedeutungs— voll iſt die ornithologiſche Sammlung als Flinsberger Lokalſammlung. Heydrich hat daran ſeit 50 — 60 Jahren geſammelt; er ſowohl wie ſchon ſein Vater. — Wir willen durch den älteren Tobias, daß der Karmingimpel (Carpodacus erythrinus) bei Flinsberg gebrütet hat, und daß zum Spätſommer reſp. Herbſt Karmingimpel in die Gärten auf die Salatſtauden gekommen ſind. Durch Heydrich erfahre ich, daß nur ein Neſt ca. 1850 gefunden worden iſt. Daſſelbe ſtand dicht öſtlich vor dem Oberdorfe, unweit des Quais⸗Flüßchens auf einer Gartenmauer in einem dichten Weidenbuſche. Dann haben ſich die Karmingimpel nach und nach verloren und ſchon ſeit Jahren hat ſich keiner mehr ſehen laſſen. (Vergl. Cabanis-Journal: Tobias und A. v. Homeyer.) Der alte Heydrich zeigte mir nun ein ſehr rothes Männchen ſeiner Sammlung und ahmte er den Geſang des ſeltenen Vogels nach: „Schiatſcha fia“ (der Ton auf das i des fia); und das jo laut, ſagte Heydrich, daß ſich der Vogel ſofort verräth. Ferner intereſſirte eine Beutelmeiſe (Parus pen- dulinus), die aus einer Geſellſchaft von dreien vor ca. 20 Jahren geſchoſſen worden war. Die ſchönen Hakengimpel (OC. enueleator) ſtammten aus Böhmen (Südabhang des Iſer-Gebirges) aus dem Jahre 1828, woſelbſt die Art im Winter ſehr häufig erſchienen iſt. — Auch ein nordiſcher Waſſertreter (Phalaropus hyperboreus) wurde bei Flinsberg auf den Egelsdorfer Feldern, die ſtark mit Teichen durchzogen ſind, 1840 geſchoſſen. Ebenſo auch Purpurreiher (Ardea purpurea), Nachtreiher (Nyeti- corax griseus), die Kolbenente (Fuligula rufina) 1870, die Eiderente (S. mollissima) bei Krobsdorf 1865 lebendig gefangen, die Raubmöve (Lestris pomarina) 1888 bei Greifenſtein geſchoſſen (ein zweites Exemplar ſchon vor 15 Jahren); der kleine Säger (Mergus albellus) &, der Entenſäger (M. serrator) & wurden 1850 in je einem Exemplar erlegt, außerdem 9 Gänſeſäger (M. merganser); der größere See— taucher (Colymbus areticus) wurde 1855 geſchoſſen. — Man ſieht aus dieſen wenigen, durchaus nicht erſchöpfend und in Eile gemachten Notirungen, daß die Heydrich'ſche f 31* 432 A. v. Homeyer, Sammlung viel intereſſante Schätze birgt. Ich darf den Dreizehſpecht (Pieus tri- daetylus) von Schreiberhau nicht vergeſſen, wie er dort im Iſer-Gebirge als Selten⸗ heit vorkommt, auch als Brutvogel. — Der Morinellregenpfeifer (Eudromias mori- nellus) kommt nach Heydrich auf den Hochwieſen der Iſer nicht vor; wohl aber iſt die Ringdroſſel (Merula torquata) hinter den Kammhäuſern der Iſer mehrfach als Brutvogel beobachtet worden. — Schließlich intereſſirte mich noch ein Kreuz⸗ ſchnabelneſt der Heydrich'ſchen Sammlung mit 4 faſt flüggen Jungen, die von den beiden Alten (L. eurvirostra) gefüttert wurden. Es war dies ein ſehr hübſches Präparat, wie denn Herr Heydrich im Natur-Ablauſchen und Wiedergeben ein Meiſter ſeiner Kunſt iſt. Es wäre ſehr zu wünſchen, daß die kleine Sammlung ins Kur⸗ haus käme und ſich für ein kleines Entgelt ſehen ließe; ſie würde für die vielen Kurgäſte ſicher ein neuer „belehrender“ Anziehungspunkt und für die Familie Heydrich ein kleiner Nebenerwerb werden. 23. September. Hochſtein, Schreiberhau, Zackenfall. Per Einſpänner den Quais aufwärts zur Ludwigsbaude (Iſer-Gebirge) und zu Fuß auf den Hoch— ſtein, Schreiberhau, Joſephinen-Hütte zum Zackenfall. — Beim Verlaſſen von Ober⸗ Flinsberg ſah ich meinen erſten und letzten Waſſerſchmätzer (Cinelus aquatieus). Alle Welt ſagt, daß dieſer Vogel häufig iſt und daß man ihn wegen der Forellen tödten muß. Ich achtete ſehr auf ihn, ſah ihn jedoch hier nur einmal, dafür aber überall die Bergſtelze (Motacilla sulphurea). Beim Aufſtieg nur einige Buch⸗ finfen, Gebirgsſtelzen, Tannen- und Haubenmeiſen, Goldhähnchen. Als ich Nach- mittags vor der Joſephinenhütte Kaffee trinke, ſchwebte hoch oben vor den Roth⸗ tannen ein Trauermantel (Vanessa antiopa). Recht häufig war hier auch das Rothſchwänzchen (Rutieilla tithys), jo auch noch höher hinauf (Aufſtieg zum Rieſen⸗ gebirge) beim Zackenfall. Ich ſah nur „graue“ Vögel. Dieſerhalb glaubte ich, daß hier nur die Bergform des alten Brehm vorkommen würde, aber die ſehr geweckten Leute der Zackenfallbaude meinten, daß ſie im Sommer auch immer einen ſchwarzen Vogel mit rothem Schwanz geſehen hätten, und der habe geſungen. 24. September. Weſtlicher Rieſenkamm — Schneegrube- und Elb— fallbaude. Bevor ich weiter gehe, erinnere ich daran, daß die ferneren Touren genau dieſelben ſind, wie ich ſie 1865 mit meinem unvergeßlichen Freunde Herrn Hauptmann v. Kügelgen“) machte (ſ. darüber Journ. f. Ornith. 1855, S. 355 — 67). Morgens 3/,9 begannen wir bei herrlichem Wetter den Aufſtieg, ſahen jedoch nur 3 Tannenmeiſen (Parus ater), einen Buchfinken und 2— 3 Laubvögel (P. rufa). — Auf der Koppenplane angekommen, d. h. gleich hinter der neuen ſchleſiſchen Baude, alſo da wo die Rothtanne zurücktritt und das Knieholz beginnt, wo naſſe Stellen Zn 1) 28. Juni 1866 bei Skalitz gefallen. Tour durch die böhmiſch⸗ſchleſiſchen Grenzgebirge. 433 ſich bemerkbar machen, ſtiebten laut lockend einige Wieſenpieper (Anthus pratensis) auf. Hier ſpürten wir auch die Fährten ſehr ſtarker Brunſthirſche, auch ſpäter noch, wo nur Knieholz zu finden war. Eben hier im reinen Knieholz hörte ich einen Dompfaff (Pyrrhula maior) locken. Es war ein Weibchen und ſaß oben auf der Spitze einer Knieholzgruppe. Bald antwortete aus der Nachbarſchaft ein zweiter Vogel, es war ein ſchönes rothes Männchen. — Jetzt wurde es unrüſtig, aus der Tiefe zogen dicke Nebel auf, verſchleierten immer mehr den Kamm, daß man kaum die Hand vor Augen ſehen konnte, während ein kalter Wind die Maſſen jagte. Nur hie und da „ziebte“ noch ein Wieſenpieper. Wiederholt ſah ich auf dem Wege den blauen Heidelbeerkoth, der wohl von Merula torquata herrührte. Dicht an uns vorüber zog durch den Nebel ein Buſſard (Buteo vulgaris). Hr. Bürgermeiſter Helfritz machte mich auf ihn aufmerkſam. Im Nebel ſah das Thier jo groß wie ein Adler aus. — Dicht vor den Schneegruben an geſchützter Felsſtelle mehrere R. tithys, und Meiſen (maior und ater) und Buchfinken. — Die Schneegruben lagen in jo dichtem Nebel, daß von ihren Herrlichkeiten nichts zu ſehen war, natür⸗ lich auch Nichts von der Alpenbraunelle (Accentor alpinus), die ich hier im Mai 1865 beobachtete. So gingen im Nebel und Wind wir denn bald weiter zur Elb— fall-Baude. Sehr intereſſirte mich der dortige Baudenwirth, Herr Erlebach, der auch Gemeinde⸗Vorſteher iſt. Wir ſprachen über die dortigen Vögel, und verdanke ich ihm Folgendes: „Buchfinken (Fr. coelebs) niſten viel in den Wäldern des oberen Elbthals, die meiſten aber ſind ſchlechte Schläger, ein Reitzug (wie er ſein ſoll) iſt eine Seltenheit. Sehr häufig und gern geſehen an den Wäſſern iſt die Bergſtelze (M. sulphurea); ſehr häufig war früher der Waſſerſchmätzer (Cinelus aquatieus), jetzt iſt er vielfach weggeſchoſſen, weil er den Forellen „Abbruch thun ſoll“; die Ringdroſſel (Merula torquata) belebt die Nadelwälder namentlich im erſten Früh⸗ ling durch ihren weitſchallenden Geſang neben Singdroſſel, Schnärrdroſſel und Amſel. Ihr Geſang iſt ähnlich wie von der Schnärrdroſſel (T. viseivorus), doch noch nicht einmal jo mannigfaltig; zwei Schwalben (Hirundo urbiea) bauten ihre Neſter 1878 zum erſten Mal an die Elbfallbaude, 1879 kamen 2 Paare, und 1883 waren 6 Sommerpaare da, aber 1883 brachte ſo ungünſtige Witterung, daß die jungen Schwalben nicht groß wurden. Die alten Schwalben blieben nun ganz fort, indem ſeit 1884 keine Schwalbe wieder kam.“ Als ich die Elbfallbaude verließ, wünſchte Herr Erlebach meine Karte. Ich ſchrieb darauf: „Der Waſſerſchmätzer iſt gelegent— lich den kleinen Forellen ſchädlich; dadurch aber, daß er viele Larven von Waſſer— käfern und Libellen vertilgt, die ihrerſeits den Fiſchen ſchädlich werden, iſt der Waſſer— ſtaar zu ſchonen.“ Im Elbthal und bei St. Peter viele Bachſtelzen, einige Meiſen, Rothſchwänze. 25. September. Ober-Elbthal — St. Peter — Ziegenrücken bis 434 A. v. Homeyer, Tour durch die böhmifch-fchlefifchen Grenzgebirge. zur Rennerbaude. Der Nachmittagsaufſtieg zeigte uns nur Gebirgsbachſtelzen, Tannenmeiſen und Goldhähnchen. Alles in kleiner Zahl. Wir wurden gegen Abend wieder vom Nebel eingehüllt, dann bei völliger Dunkelheit bei Regen und Sturm auf die Koppenplane zur Rennerbaude. 26. Wieſenbaude und auf die Schneekoppe. Beim Verlaſſen der gaſt⸗ lichen Rennerbaude, die ich hiermit beſtens empfehle, paſſirten wir das intereſſante Terrain zur Wieſenbaude hin, nördlich vom Brunnenberge, wo ich 1865 den Eudro- mias morinellus antraf und ſchoß, und von wo ich ſpäter zwei Gelege bekam. Heute war von dem intereſſanten Vogel Nichts zu ſehen; auch die Baudenbewohner, die inzwiſchen gewechſelt, kannten den Morinell nicht. Das betreffende Terrain zeigt Moorwieſencharakter; oft tritt das ſchwarze Moor zu Tage ohne Gras, oft ſind Lachen eingeſprengt, oft höheres Gras; Abwechslung ſchaffen mehr oder minder umfangreiche Knieholzgruppen. Das Gebüſch ſelbſt hält ſich niedrig, mehr oder minder kriechend, beeinflußt durch die freie Lage, die Höhe, die kalten Winde und durch den Schneedruck im Winter. Hier kam der Morinell zu Glogers Zeiten, d. h. Ende der Zwanziger Jahre, vor; hier brütete er, nachdem er jahrelang verſchwunden, 1865 und die folgenden Jahre; jetzt iſt er wieder verſchwunden. Ich ſelbſt darf nicht klagen, da auch ich in das Geſchick des Vogels 1865 eingegriffen habe, aber zu wünſchen wäre, daß das Thier — falls es wieder erſcheint — geſchont würde. Vielleicht ſtellen die böhmiſchen Ornithologen das harmloſe Thier unter ihren Schutz, um ſo mehr, als die Sammlungen nun wohl reichlich genug damit verſehen ſind. — Das einzigſte lebende Vogelweſen, das ich hier ſah, war ein Waſſerpieper (A. aquaticus), der ſchon auf 50 Schritt laut lockend das Weite ſuchte. Beim Weitermarſch — es war klar, aber kalt — diente uns die herrliche Schnee— koppe als Point de vue. Es begann ein recht friſcher und ſtarker N. W.-Wind zu wehen. Er brachte uns große Zugſchaaren von Buchfinken. Die Flüge folgten ſich ziemlich raſch, immer aus 50 — 100 — 150 Stücken beſtehend. Der Flug kam aus der Gegend der Teiche (Richtung Hirſchberg), ging über die Koppenplane, alſo weſt⸗ lich der Koppe, und am Oſtabhange des Brunnenberges vorbei, das große Aupa— Thal entlang. Die Vögel flogen reſp. wanderten mit dem Winde, d. h. der Wind kam ihnen ſchräg von hinten. So kamen wir denn am Fuß der Koppe an. Da wir bei Kräften waren, wurde ſofort der Aufſtieg auf den Rieſen-Kegel unter⸗ nommen und in 3/, Stunden waren wir beiden ſtarken Herren oben. Es war ſehr kalt oben. Das Wetter ſchwankte. Es war Sturm, der den aufſteigenden Nebel zu vertreiben ſuchte; ſelbſt die Sonne wollte dabei dem Winde helfen, aber Alles war vergebens, der Nebel ſiegte. Gut, daß wir die klare Zeit benutzt und uns an der Fernſicht rundum ergötzt hatten, aber um 4 Uhr waren wir total eingenebelt, und blieben es auch die Nacht und den nächſten Morgen hindurch, trotz fürchter⸗ Kurt Flöricke, Ein Ausflug in die Bartſchniederung. 435 lichen Orkans. Beobachtungen waren natürlich nicht zu machen, und wir waren froh, als wir Morgens 9 Uhr wieder unten waren. Der Abſtieg beim Sturm war entſetzlich. 27. September. Durch den Melzer-Grund nach Schmiedeberg. — Im oberen Melzergrund auf kleinen Wieſenſtücken des Gehänges einige Wieſenpieper. Dieſe Gegend hatte einen recht verſchiedenen Charakter von den Niederungswieſen Pommerns, wo auch der Wieſenpieper zu Hauſe iſt. — Vor Schmiedeberg auf den Aeckern viele Tauſend Buchfinken. Ich habe nie in meinem Leben den Buchfinken ſo ſtark vertreten auf der Wanderung geſehen wie geſtern und heute. Werden dieſe Buchfinken auf den Böhmiſchen Vogelheerden gefangen, ſo werden ſie alle als „Böh— mer (Fringilla montifringilla)“ angeſprochen, getödtet und verſpeiſt. — Während wir Morgens 7 Uhr auf der Schneekoppe 2,3 0 Celſius hatten, zeigte Nachmittags in Hirſchberg das Thermometer 10 Reaum. — Als wir mit dem Zuge Nach— mittags 3 Uhr Schmiedeberg verließen in der Richtung auf Hirſchberg zu, überflog eine Schaar von ca. 100 Stück Hausſchwalben (Hirundo urbica) den Zug in der Richtung von N. — 8. und direkt auf das Rieſengebirge (Melzer- und Aupa⸗Grund) zuſteuernd. Wind N. W., kam alſo den Wandernden ſchräg von hinten. 28. September. Bei Lauban ſah ich eine Rauchſchwalbe (H. rustica); ich glaubte, daß dies die letzte Schwalbe pro 1890 ſein würde, doch traf ich am 3. October noch 6 in Wolgaſt an, ſah am 4. Abends 5 Uhr in Greifswald noch ca. 100, und am 6. u. 7. Morgens 7 Uhr noch je 3 und 4 Stück. Der Zug iſt alſo noch nicht zu Ende. — (Die letzten Schwalben ſah ich am 12. October in Greifswald.) Greifswald, den 31. October 1890. Ein Ausflug in die Bartſchniederung. Von Kurt Flöricke. Als ich im vorigen Herbſte mit einem reichen Schatze von Beobachtungen aus Craſchnitz nach Breslau zurückkehrte, ſtand in mir der Entſchluß feſt, dieſer ornitho— logiſch ſo intereſſanten Gegend baldmöglichſt einen Beſuch während der Brutzeit abzuſtatten. Dieſer Plan gelangte denn auch in den diesjährigen Pfingſtferien zur Ausführung. Am 28. Mai fuhr ich, obſchon Jupiter pluvius ein bedenkliches Geſicht machte, mit dem Frühzuge nach Trachenberg. Beim Verlaſſen des dortigen Bahn— hofes empfingen mich gleich Nachtigall, Spottvögelchen und Sumpfrohrſänger mit ihren ſchönſten Liedern und gleich darauf begegnete ich auf der Chauſſee einigen Elefanten und Kameelen, die zu einem des Weges ziehenden Cirkus gehörten, mich aber zuerſt in nicht geringes Erſtaunen verſetzten, da fie ganz führerlos ein gutes Stück vorauszogen. Indeß ſchienen mir dieſe exotiſchen Geſtalten Glück gebracht zu 436 Kurt Flöricke, haben, indem ich ſchon auf dem zweiſtündigen Wege nach Neſigode mehrere inter⸗ eſſante Beobachtungen machen konnte. Als ſich die drohenden Regenwolken etwas verzogen hatten, und die Sonne hier und da einige neugierige Strahlen zu dem einſamen Wanderer herabſandte, erwachte auch die Vogelwelt zu regerem Leben. Aus den Büſchen zu beiden Seiten ertönte faſt ununterbrochen Nachtigallenſchlag, aus dem Walde erſchallte das Geſchrei des Faſans und aus dem Geröhricht der benach- barten Teiche das „Karre, karre, karre, kind, kind, kind“ der Rohrdroſſel. Der Grauammer ſaß zutraulich auf den niedrigen Obſtbäumen der Chauſſee, gelbe und weiße Bachſtelzen ſuchten am Rande derſelben nach Nahrung, und ab und zu lugte auch ein neugieriges Blaukehlchen aus ſeinem lauſchigen Verſteck hervor. Ich hatte das Glück, ein ſchönes 8 C. Wolfi zu erlangen, ein Exemplar, welches entſchieden die Zugehörigkeit von C. Wolfi zu C. leucocyana zeigt. Doch darüber ſpäter einmal ausführlicher. In einem dicht hinter dem Dorfe Radziunz hart an die Chauſſee her⸗ antretenden Teiche hörte ich zu meiner Freude L. luseinioides (Nachtigallenrohrſänger) fingen, opferte das & der Wiſſenſchaft und fand nach einigem Suchen das 2 auf 4 Eiern brütend. Als ich nach dieſer vielverſprechenden Einleitung mein vorläufiges Endziel Neſigode erreichte, fand ich dort bei dem Fürſtl. Hatzfeld'ſchen Revierförſter, Herrn Ruchel, eine überaus liebenswürdige Aufnahme und das bereitwilligſte Ent- gegenkommen auf alle meine Abſichten. Gleich nach dem Mittageſſen trieb es mich hinaus auf den großen, dicht bei dem Dorfe gelegenen und von zahlreichen Lachmöven bevölkerten Teich. Kaum hatte unſer Kahn das Ufer verlaſſen, als auch ſchon die erſten Späher der Möven über uns erſchienen und uns mit mißtrauiſchem und mißtönigem Geſchrei das Geleit gaben. Wie ſoll ich das Entzücken ſchildern, das ich bei dieſer herrlichen Fahrt empfand? Ente auf Ente flog vor unſerem Fahrzeug auf, Taucher auf Taucher verſchwand bei unſerem Nahen unter dem Waſſerſpiegel, Bläß⸗ und Rohrhühner zeigten ſich allenthalben, eine ganze Kette Fiſchreiher ging auf und ein Rohrweih ſtrich mit langſamen Flügelſchlägen über den Teich, während ſich die Zahl der blendend weißen Möven mit dem braunen, weithin ſichtbaren Oberkopf von Sekunde zu Sekunde vermehrte, und ihr einförmiges Geſchrei die Ohren betäubte und die Sinne verwirrte. Als ich mein freudiges Staunen nicht länger bergen konnte, meinte der alte mich rudernde Waldwärter nur gleichmüthig: „Oach ſulches Luderzeichs hoat's alleweil bereits maſſenhaft doa.“ Dieſer alte, wetterfeſte, im Wald und Sumpf grau gewordene Mann war ein Original in ſeiner Art und bei einem derartigen Aus⸗ fluge der beſte Gehilfe, den ich mir wünſchen konnte, nachdem er erſt einmal meine Abſichten verſtanden hatte. Es war eine Luſt, dieſen rüſtigen Sechziger bis an den Bauch im Waſſer herumwaten zu ſehen, wobei nichts ſeinen ſpähenden Augen ent⸗ ging. Nach kurzer Fahrt hatten wir die Brutplätze der Möven erreicht. Trotz des Ein Ausflug in die Bartſchniederung. 437 wahrhaft betäubenden Geſchreies von Hunderten und aber Hunderten der beſorgten Vögel und trotz der eindringlichſten Warnungen, welche ſie in ſehr freigebiger Weiſe auf uns herabfallen ließen, wurden die Neſter einer genauen Beſichtigung unterzogen. Sie ſtanden ſtellenweiſe ſo dicht neben einander, daß man die größte Vorſicht an— wenden mußte, um keine Eier zu zertreten. Die bei weitem meiſten Neſter enthielten 3 ſtark bebrütete Eier; bei einem Gelege hörte ich gerade die Jungen in der Eiſchale picken und konnte die kleinen Weltbürger vorſichtig mit ans Tageslicht fördern helfen. In wenigen Neſtern fanden ſich 2 oder 4 Eier, noch ſeltener erſt eins. Varietäten aller Art und Albinos waren zahlreich. Mehrfach waren auch ſchon Dunenjunge vorhanden. Am Rande der Mövencolonie ſtanden einige Neſter von Podiceps nigri— eollis (Ohrenſteißfuß) mit je 4 ſehr ſtark bebrüteten Eiern. Dieſer Taucher war am zahlreichſten auf dem Teiche vertreten. Seine Neſter ſtanden gleichfalls colonienweiſe zuſammen und zwar oft ſo dicht, daß wir, um durchzukommen, mehrmals trotz aller Vorſicht einige überfuhren; die eine Colonie mochte wohl 60— 70 Neſter enthalten. Wenn uns die brütenden Vögel von weitem kommen ſahen, deckten ſie das Gelege ſorgfältig mit faulenden Pflanzen zu und tauchten dann unter, um erſt in beträcht⸗ licher Entfernung wieder zum Vorſchein zu kommen. Wurden ſie aber von uns überraſcht, ſo plumpten ſie ſchleunigſt ins Waſſer, ohne erſt die Eier zuzudecken. Einige der alten Vögel trugen auch bereits Dunenjunge auf dem Rücken. Podiceps eristatus (Haubentaucher) war in einigen wenigen Pärchen vertreten und zeigte ſich ungemein ſcheu und vorſichtig. Ich fand nur 4 einzeln ſtehende Neſter mit je 4 Eiern, die ſich im Gegenſatz zu denen von P. nigricollis (goldohriger Taucher) als noch wenig oder mittelmäßig bebrütet erwieſen. Auch P. aretieus (Hornſteißfuß) ſah und erlegte ich; höchſt wahrſcheinlich brütet er gleichfalls, iſt aber jedenfalls unter den hier vertretenen Taucherarten der bei weitem ſeltenſte. P. minor (Zwergſteißfuß) ließ ſich hier auf dem Teiche nicht blicken, dagegen beobachtete ich ihn am nächſten Tage auf der Bartſch. Mitten in der größten Mövencolonie fand ich auch ein warm und mollig ausgefüttertes Entenneſt mit 21 Eiern, von denen meiner Anſicht nach 11 der Anas strepera (Schnatterente) und 10 der A. acuta (Spießente) angehören. Letztere trieb ſich denn auch in unmittelbarer Nähe des Neſtes herum, und am nächſten Tage ſah ich ſie von demſelben abfliegen. Ihr Brüten dürfte immerhin bemerkenswerth ſein, da ſie zwar auf den ſchleſiſchen Teichen im Winter eine ganz gewöhnliche Erſcheinung iſt und nicht ſelten auch den Sommer dableibt, aber ſich nur ſelten zum Niſten entſchließt. Gloger ſagt von ihr („Wirbelthier-Fauna Schleſiens“): „niſtet vielleicht“, weiß alſo jedenfalls nichts Genaues und Zuverläſſiges darüber. Die Eier waren nur ſchwach bebrütet. Beim Weiterfahren erſchien ein Pärchen von Hydrochelidon nigra (ſchwarze Seeſchwalbe) vor uns, umgaukelte den Kahn eine kurze Weile in den prächtigſten Flugſpielen und war dann eben ſo ſchnell 32 438 Kurt Flöricke, wieder verſchwunden, wie es unvermuthet gekommen war. Totanus glottis und T. glareola (Heller und Bruch-Waſſerläufer) ſtrichen mit ängſtlichem Pfeifen über einem Inſelchen dahin, auf welchem ſich wahrſcheinlich die Jungen befanden, die wir aber trotz eifrigen Suchens nicht finden konnten. Aber das Beſte ſollte noch kommen. Ueber einer hier und da mit Korn bewachſenen Wieſe, die ein wenig über den Waſſerſpiegel hervorragte, flogen zwei ſchnepfenartige Vögel mit anhaltendem, möven⸗ artigen Geſchrei ab und zu. Mein Begleiter nannte dieſelben „Storchſchnepfen“, mit welchem Collektivnamen in anderen Gegenden Schleſiens namentlich die Waſſerläufer belegt werden. Beim Näherkommen erkannte ich in dem Vogel zu meiner freudigen Ueberraſchung Limosa melanura (ſchwarzſchwänzige Uferſchnepfe) und fand auch ein Dunenjunges, welches in meine Jagdtaſche wanderte. Um alle Zweifel betreffs der Art zu beſeitigen, wurde auch noch einer der alten Vögel heruntergeholt. Auf dieſem Teiche mögen 3—4 Paare brüten. Gloger weiß zwar von einem vollkommen ſicheren Brüten der Limoſe in Schleſien noch nichts, erwähnt aber bereits (a. a. O. S. 47) eines im Juli erlegten noch ziemlich jungen Vogels, der, nach ſeinen kurzen Flügeln zu urtheilen, in der Provinz ſelbſt erbrütet ſein mußte. Fulica atra (Bläßhuhn) hielt “ich verſteckt und kam uns nicht oft zu Geſicht. Ich fand eine ganze Anzahl z. Th. ſehr großer und umfangreicher Neſter mit 1, 2, 6, 7 und 8 Eiern, von denen die meiſten erſt ſchwach bebrütet waren. Dagegen ſah ich am Abend während einer Kahnfahrt auf der Bartſch bereits Dunenjunge, die von den Eltern geführt wurden. In den die Bartſch zu beiden Seiten umſäumenden Rohrdickichten hielt ſich Ardetta minuta (Zwergreiher) auf und ergötzte uns durch ſein fleißig vorgetragenes „Gebrüll“. Mein Begleiter nannte den gar nicht ſcheuen Vogel „Sandreiher“. Der mit Macht hereinbrechende Regen nöthigte uns endlich zur Rückkehr. Am nächſten Morgen fuhr ich die Bartſch aufwärts. Der Fluß iſt hier in eine Unzahl verſumpfter Arme geſpalten, zwiſchen denen rohr- und ſchilfbewachſene Inſeln liegen, während ſich urwüchſige Waldungen und unergründliche Moore an den Ufern entlang ziehen. Mehrmals hatte ich auf dieſer Tour die Freude, Roth— und Damwild zu ſehen. Auch Schweine, Füchſe und Ottern hauſen noch zahlreich in dieſer Wildniß, deren Betreten für den nicht genau mit der Oertlichkeit Vertrauten geradezu gefährlich iſt. Hier iſt das Eldorado der Wildgänſe, ſind die Tummelplätze der verſchiedenen Entenarten während der Brutzeit. Anser einereus hatte ſchon überall Junge, welche halb laufend, halb ſchwimmend oder auch tauchend vor dem herannahenden Kahne zu flüchten ſuchten, uns aber doch mehrmals ſo nahe kamen, daß ich ſie mit der Hand hätte greifen können; ich fand nur noch ein faules Ei. Einheimiſche Jäger nennen dieſe Gans die „Blaugans“ im Gegenſatz zur „Grau⸗ gans“ (Anser segetum). Auch die Entenmütter führten ſchon ſämmtlich ihre fröh⸗ liche Kinderſchaar. Sehr zahlreich waren Spatula elypeata (Löffelente) und Fuli- Ein Ausflug in die Bartſchniederung. 439 gula nyroca (Moorente) vertreten; bemerkenswerth dürfte erſcheinen, daß ich auch Anas penelope (Pfeifente) mit Jungen erblickte. An manchen Stellen wimmelte es buchſtäblich von Enten, und es ging dann etwa alle 10 Sekunden ein Pärchen oder Stück vor uns auf. Ardea einerea zeigte ſich mehrfach. Wir ſtatteten unter mannig— fachen Beſchwerden der alten Reihercolonie einen Beſuch ab, fanden aber ſämmtliche Horſte unbeſetzt und konnten trotz allen Suchens auch keine neuen finden. Wahr— ſcheinlich ſind die hieſigen Reiher nur junge Exemplare, welche, aus den großen Colonien im Poſenſchen herüberſtreichend, hier den Sommer verbringen, durch den Fiſchreichthum der Trachenberger Teiche angelockt. Ein Rohrweih (Circus aerugi- nosus) erhob ſich ſchwerfälligen Fluges aus einem benachbarten und ſchier undurch— dringlichen Rohrdickicht. Pflichtſchuldigſt begannen wir nach dem Neſte zu ſuchen, ohne es aber finden zu können, als plötzlich ein Botaurus stellaris (Rohrdommel) auf 30 Schritt vor uns aufſtand. So raſch es bei dem wirklich halsbrecheriſchen Terrain möglich war, eilten wir hin und fanden richtig das verhältnißmäßig kleine Neſt mit 4 ziemlich ſtark bebrüteten Eiern. Grus einereus (Kranich) weidete mit ſeinen Jungen in dem ſumpfigen Walde am Flußufer; die alten Vögel erhoben ſich bei unſerem Herannahen unter gellenden Trompetenrufen in die Luft, und die Jungen wußten ſich ſo geſchickt zu verbergen, daß wir, weil ohne Hund, ſie trotz aller Mühe nicht aufſtöbern konnten. Auf dem Rückwege ſahen wir nochmals Kraniche, und da ſich unter denſelben auch überzählige alte Hähne befanden, ſo wurde einer derſelben geſchoſſen. Den ganzen Abend über führte uns wieder Ardetta minuta an der Naſe herum, ohne daß es uns gelang, ihr Neſt zu finden oder einen der alten Vögel zu erlegen. Auch ein nächtlicher Anſtand auf Fiſchreiher blieb erfolglos. 30. Mai. Frühmorgens ging es hinaus an den größten zum Revier Neſigode gehörigen Teich. Hier bot ſich mir ein prächtiges ornithologiſches Bild. Am Ufer ging eine ganze Schaar Kraniche in unmittelbarer Nachbarſchaft eines Rudels Rehe gravitätiſch auf und ab, Fiſchreiher lagen eifrig dem Karpfenfange ob und vom andern Ufer herüber ſchimmerte die blendend weiße Geſtalt einer ſehr ſcheuen A. egretta, Wildgänſe erhoben ſich hin und wieder in der Luft, Möven und Seeſchwalben ſchlugen tapfer einen lüſtern nach ihren Neſtern ſpähenden Rohrweih zurück, Aquila elanga (Schelladler) zog hoch am Himmel ſeine Kreiſe und zwei mächtige Seeadler (Haliastus albieillus) hatten auf einer uralten Eiche aufgebäumt. Die gewaltigen Vögel er— regten natürlich unſere Jagdluſt in hohem Grade, aber vergeblich boten wir alle Kunſt auf, uns ihnen auf Schußweite zu nähern; ſie blieben uns unerreichbar. In einem Kieferngehölz ſtand ein Horſt von Astur palumbarius (Habicht) mit Dunen— jungen. Da es inzwiſchen Mittag geworden war, mußten wir den Rückweg ohne weſentliche Beute antreten, und nach kurzer Ruhe griff ich wieder zum Wanderſtabe, um noch an dieſem Tage Craſchnitz zu erreichen. Leider ſah und hörte ich auf dem 32* 440 Kurt Flöricke, ER 5 Meilen langen Wege nur ſehr wenige Vögel, da es fat ununterbrochen in Strömen regnete. Zwiſchen Militſch und Sulan iſt das Terrain hügelig und mit langgedehnten Nadelwäldern durchſetzt, jo daß ich erwartete, Lullula arborea (Heidelerche) anzu⸗ treffen. Dies war aber nicht der Fall, ſondern ich vernahm überall nur Alauda arvensis (Feldlerche). Luseinia minor (Nachtigall) war überall häufig; je weiter ich nach Oſten kam, deſto häufiger wurden die ſogenannten „Zweiſchaller“, und öſtlich von Militſch dürfte das Gebiet des Sproſſers (Luseinia philomela) beginnen. Als die Abenddämmerung hereinbrach, machte ſich Crex pratensis (Wachtelkönig) durch ſein Schnarren recht bemerklich. Auch Turdus pilaris (Krammetsvogel) war überall zu finden. Endlich blinkten die von den letzten Strahlen der ſcheidenden Sonne ver⸗ goldeten Thürme des Craſchnitzer Samariterſtiftes zwiſchen den Hügeln hervor, und bald darauf erreichte ich das Schloß, wo mir der gaſtlichſte Empfang zu Theil wurde. | | 31. Mai. Da der Regen während der Nacht nachgelaſſen hatte, begab ich mich gleich morgens an die Teiche, auf denen Sterna fluviatilis (Flußſeeſchwalbe) beſonders häufig war. Auf einem zum größten Theile abgelaſſenen Teiche traf ich gleichfalls 3 Pärchen der Limosa melanura an, in unmittelbarer Nachbarſchaft von Vanellus eristatus (Kiebitz) und Totanus ealidris (Gambettwaſſerläufer). Ich legte mich ins Gras und — ſchwelgte. Die Vögel wurden zuletzt ungemein zutraulich und ließen ſich bequem auf 15—20 Schritt beobachten, obwohl ſie mich von Zeit zu Zeit immer wieder mit mißtrauiſchem und nicht gerade ſehr angenehmem Geſchrei umkreiſten. Nicht weit davon traf ich noch ein Pärchen Schnepfenvögel an, die ich nicht ganz genau erkennen konnte, aber für Gallinago major halten möchte. Ein Brüten dieſes Vogels in Schleſien könnte auch kaum überraſchen. Abends gegen 10 Uhr hörte ich von der Veranda des Schloſſes aus das Gebrüll der großen Rohrdommel von den Teichen herüberſchallen. Trotz einer nach den Anſtrengungen der letzten Tage be⸗ greiflichen Ermüdung machte ich mich ſofort auf den Weg, um den Vogel womöglich beim Brüllen zu beobachten. Bemerken will ich noch, daß das Schloß von jenem Teiche etwa 40 Minuten entfernt iſt, das Gebrüll aber daſelbſt noch deutlich wahrzunehmen war. Leider konnte ich dieſe Rohrdommel nicht ſo lange beobachten, als ich es ge— wünſcht hätte, denn die Terrainverhältniſſe machten es mir diesmal unmöglich, mich ihr wieder zu nähern. Der Zauber einer Sommernacht im Walde hielt mich trotz der ſehr empfindlichen Kühle noch lange feſt, und die Sonne ſtand bereits hoch am Himmel, als ich endlich mein Lager aufſuchte. Den Reſt des Tages verwandte ich auf die Beobachtung der Parkvögel, von denen ich hier Budytes flavus, Cyanecula leucocyana und Upupa epops hervorheben will. Die Nachtigallen fehlten natürlich auch nicht. Abends ſah ich bei einer Pürſchfahrt ein Pärchen von Aegithalus pen- dulinus (Beutelmeiſe). Tetrao tetrix (Birkhahn) balzte trotz der vorgerückten Jahres⸗ zeit Ein Ausflug in die Bartſchniederung. 441 noch ſehr eifrig. Die Witterung war ſchön, aber ſehr kühl. Ich ſchließe mit einem Verzeichniß der während dieſes Ausfluges beobachteten Vogelarten. 1. 2. Astur palumbarius (Habicht). Aceipiter nisus (Sperber). Ich ſah nur ein Stück bei Craſchnitz. 3. Erythropus vespertinus (Rothfußfalke). Ich überraſchte ein prächtig ausge— färbtes altes “ in einem Kieferngehölz des Neſigoder Thierparkes. Horſtet vielleicht. 4. Pandion haliadtus (Fiſchadler). Der mich begleitende alte Waldwärter ſchoß S Ber) mn 99 in Neſigode ein ſehr ſchönes '. Brutvogel. Aquila elanga (Schelladler). Nach Ausſage meines Begleiters treibt ſich ein Pärchen ſchon ſeit längerer Zeit bei Neſigode herum; ich ſah nur ein Stück. . Haliaötus albieilla. Die beiden in Neſigode beobachteten Seeadler waren höchſt— wahrſcheinlich ein Paar, da ſie fortwährend eng zuſammenhielten und auch ſtets auf demſelben Baume aufhakten. Sollten die Vögel wirklich zum Horſten ſchreiten, ſo werde ich das weitere darüber eingehend berichten. . Pernis apivorus (Weſpenbuſſard). Bei Craſchnitz geſehen. . Buteo vulgaris. . Cireus aeruginosus (Sumpfweihe). In den Teichrevieren wohl der häufigste Raubvogel. Athene noctua (Steinkauz). . Syrnium aluco (Waldkauz). | In der im Craſchnitzer Walde verbrachten Nacht . Strix flammea (Schleiereule). | beobachtet. . Otus vulgaris (Waldohreule). . Caprimulgus europaeus (Nachtſchwalbe). Desgleichen. . Cypselus apus (Segler). Hirundo rustica (Rauchſchwalbe). . Cueulus eanorus (Kuckuk). Ueberall ungemein häufig. . Alcedo ispida (Eisvogel). Nur vereinzelt. . Coraeias garrula (Blaurake). Bei Neſigode erlegt. . Oriolus galbula (Pirol). Außerordentlich zahlreich. . Sturnus vulgaris (Staar). Hatte meiſt ſchon flügge Junge. . Lycos monedula (Dohle). Corvus cornix (Rabenkrähe). Sehr häufig, während ich C. frugilegus nicht ſah. Pica caudata (Elſter). Nicht ſehr zahlreich; bei Neſigode ein Neſt mit etwa 8 Tage alten Jungen. . Garrulus glandarius (Eichelheher). Brütete im Craſchnitzer Schloßparke. Ich beobachtete, wie er ein Neſt von Turdus pilaris plündern wollte, was aber von den Alten muthig vertheidigt wurde, worauf der feige Strauchritter ſchleunigſt 442 26. 27. 28. 29. 3 oO 3 or 37. 38. 39. 40. 41. 42, 43. 44. 45. 46. 4 4 4 5 S Kurt Flöricke, die Flucht ergriff. T. pilaris zeigt überhaupt nach meinen Erfahrungen einen wirklich erhabenen Muth bei Vertheidigung feines Heimes. Geeinus viridis (Grünſpecht). Nicht eben häufig. Geeinus canus (Grauſpecht). Auf dem Wege zwiſchen Trachenberg und Nefi- gode ein ſich verfolgendes und dabei ſehr unvorſichtiges Pärchen. Picus maior (großer Buntſpecht). Der häufigſte ſeiner Gattung. Picus medius (mittlerer Buntſpecht). Ziemlich zahlreich. Jynx torquilla (Wendehals). Häufig. 31. 32. 33: 34. Sitta caesia (Kleiber). Scheint recht ſparſam vertreten zu ſein. Certhia familiaris (Baumläufer). Upupa epops (Wiedehopf). Regelmäßiger Brutvogel. Lanius rufus (rothköpfiger Würger). Selten. . Lanius collurio (rothrückiger Würger). Gemein. 36. Museicapa grisola (grauer Fliegenfänger). In dem Weingelände des Craſch⸗ nitzer Schloßparkes ſtanden allein 3 Neſter, deren Bewohner ſich ungemein zu⸗ traulich zeigten. Poeeile palustris (Sumpfmeiſe). Parus ater (Tannenmeiſe). Ich ſah, wie ein Sperling (P. montanus) trotz des ängſtlichen Geſchreies und ſchwacher Gegenwehr der Alten eine junge Tannen⸗ meiſe nach der andern aus dem Neſte warf, bis mein rächendes Blei ſeinem ver- brecheriſchen Treiben ein Ende machte. Parus eristatus (Haubenmeiſe). Parus maior (Kohlmeiſe). Führten bereits flügge Junge. Parus coeruleus (Blaumeiſe). | Acredula eaudata (Schwanzmeiſe). Aegithalus pendulinus (Beutelmeife). Wahrſcheinlich Brutvogel, obſchon ich kein Neſt gefunden habe. Phyllopneuste trochilus (Fitis). Phyllopneuste rufa (Weidenlaubvogel). | Hypolais salicaria (Gartenſpötter). Gemein. . Acrocephalus palustris (Sumpfrohrſänger). Ungemein häufig. . Aerocephalus arundinacea (Teichrohrſänger). . Aerocephalus turdoides (Droſſelrohrſänger). Sehr zahlreich. Loeustella luseinoides (Nachtigallrohrſänger). Außer dem ſchon erwähnten Pärchen bei Radziunz hatte ich bereits Anfang Mai ein ſchwirrendes & in der Strachate beobachtet und erlegt, es aber in dem Waſſerpflanzendickicht nicht auf⸗ finden können. Nunmehr dürfte L. luseinoides in die Lifte der ſchleſiſchen Brutvögel aufzunehmen ſein. Herr Hofrath Liebe ſagte gelegentlich meines 71. Ein Ausflug in die Bartſchniederung. 443 letzten Beſuches in Gera zu mir: „Richten Sie Ihre Aufmerkſamkeit beſonders auf luseinoides. Derſelbe muß meiner Ueberzeugung nach in Schleſien vor— kommen.“ Ich wagte dies damals zu bezweifeln, aber unſer verehrter zweiter Vorſitzender hat, wie man ſieht, wieder einmal glänzend recht behalten. . Calamoherpe aquatiea (Binſenſänger). Trotz des günſtigen Terrains nur ſelten. . Calamoherpe phragmitis (Schilfrohrſänger). Etwas häufiger. . Sylvia eurruca (Zaungrasmücke). Sylvia einerea (Dorngrasmücke). Ungemein häufig. . Sylvia nisoria (Sperbergrasmücde). Im Craſchnitzer Schloßparke. Sylvia atricapilla (Plattmönch). Sylvia hortensis (Gartengrasmücke). . Merula vulgaris (Amſel). Nicht eben häufig. . Turdus musieus (Singdroſſel). Häufiger. . Turdus viscivorus. Ich beobachtete die Miſteldroſſel im Nadelwalde bei Sulau. . Turdus pilaris (Krammetsvogel). Ueberall anzutreffen, namentlich an den Waldrändern. . Rutieilla tithys (Hausrothſchwanz). . Rutieilla phoenicura (Gartenrothſchwanz). Luseinia minor (Nachtigall). Ueberall ſehr zahlreich. . Cyanecula leueoeyana (Blaukehlchen). Desgleichen. . Dandalus rubecula (Rothkehlchen). Gemein. . Pratincola rubetra (Braunkehlchen). Fehlt nirgends. . Pratineola rubicola (Schwarzkehlchen). Bei Craſchnitz beobachtet. Motacilla alba (weiße Bachſtelze). . Budytes flavus (gelbe Schafſtelze). In einem bei Neſigode aufgefundenen Neſte befanden ſich 5 eben dem Ei entſchlüpfte Junge, während das Pärchen im Craſchnitzer Schloßparke noch brütete. Anthus arboreus. Ich ſah den Baumpieper häufig unterwegs, namentlich bei Militzſch. . Galerita eristata (Haubenlerche). Bei Craſchnitz beſonders zahlreich vertreten. . Alauda arvensis (Feldlerche). . Miliaria europaea (Grauammer). Gemein. . Emberiza eitrinella (Goldammer). . Sehoenieola schoeniclus (Rohrammer). Sehr häufig. Passer montanus (Feldſperling). Passer domesticus (Hausſperling). Fringilla coelebs (Buchfinke). Coceothraustes vulgaris (Kirſchkernbeißer). In den Laubwaldungen. 444 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. SL 92. 93. 94. 95. 96. 97. Sch u 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. Kurt Flöride, Ein Ausflug in die Bartſchniederung. Ligurinus chloris (Grünfinfe). Carduelis elegans (Stieglitz). Columba oenas (Hohltaube). Turtur auritus (Turteltaube). | Tetrao tetrix (Birkhuhn). Häufig. Starna einerea (Rebhuhn). Phasianus eolehieus (Faſan). Sehr zahlreich. Vanellus eristatus (Kiebitz). Sehr häufig. | Grus einereus (Kranich). Dieſer ſtolze Vogel iſt bei Neſigode nicht ſelten, während bei Craſchnitz nur 1—2 Paare brüten mögen. Ciconia alba (weißer Storch). Bei Craſchnitz auf einem Scheunendache brütend. Ciconia nigra (ſchwarzer Storch). Ich ſah bei ſtrömendem Regen ein niedrig dahin ſtreichendes Exemplar zwiſchen Neſigode und Sulau. Der Vogel iſt ſchon öfters in der Gegend erlegt worden. a Ardea einerea (Fiſchreiher). Häufig, aber in dieſem Jahre wahrſcheinlich nicht brütend. Ardea egretta (Silberreiher). Ein Exemplar bei Neſigode beobachtet. Ardetta minuta (Zwergreiher). Gemein. | Botaurus stellaris (Rohrdommel). Regelmäßiger Brutvogel. Rallus aquaticus (Waſſerralle). Crex pratensis (Wieſenralle). Ungemein häufig. Gallinula porzana (geſprenkeltes Sumpfhuhn). Gallinula chloropus (grünfüßiges Teichhuhn). Nicht gerade häufig. Fulica atra (Waſſerhuhn). Sehr zahlreich. - | Limosa aegocephala (ſchwarzſchwänzige Uferſchnepfe). Gallinago maior (große Sumpfichnepfe). Totanus ealidris (Gambettwaſſerläufer). Totanus glottis (heller Waſſerläufer). Totanus ochropus (punktirter Waſſerläufer). Totanus glareola (Bruchwaſſerläufer). Anser einereus (Wildgans). Um einen Begriff von der Häufigkeit der in der Bartſchniederung brütenden Wildgänſe zu geben, will ich hier nur anführen, daß auf der vorjährigen Gänſejagd in Neſigode 379 Stück erlegt wurden, und daß man für dieſes Jahr eine noch höhere Strecke erhofft. Spatula elypeata (Löffelente). Dieſe Enten brüten faſt ausſchließlich in der Bartſch, führen dann aber die flügge gewordenen Jungen nach den größeren Teichen hinüber. | Gemein. 109114. Anas boschas, acuta, strepera, querquedula, erecea, penelope. Rich. Schlegel, Aus der diesjährigen Brutperiode. 445 115 und 116. Fuligula nyroca und rufina. Beide ziemlich zahlreich. 11720. Podiceps nigricollis, eristatus, areticus, minor. Jedenfalls fehlt auch P. rubricollis nicht. 121. Tema ridibundum (Lachmöve). \ 122. Sterna fluviatilis (Flußſeeſchwalbe). 123. Hydrochelidon nigra (ſchwarze Seeſchwalbe). In wenigen Paaren. Ich habe in dieſe Liſte nur ſelbſt beobachtete Vögel, bei denen ich die Art durch Erlegung oder eingehende Beobachtung genau beſtimmen konnte, aufgenommen und alle einigermaßen zweifelhafte Beobachtungen (eine zweite Mövenart z. B.) weg⸗ gelaſſen. Die Belegexemplare befinden ſich in meiner Sammlung. Wenn ich ſomit alle Urſache hatte, mit den Ergebniſſen dieſer genußreichen Excurſion zufrieden zu ſein, jo verdanke ich dies zum nicht geringen Theile dem liebenswürdigen Entgegen— kommen des Herrn Grafen v. d. Recke-Volmerſtein auf Craſchnitz und der Freund— lichkeit des Herrn Förſter Ruchel in Neſigode, welchen beiden hierdurch auch öffent— lich meinen herzlichſten Dank auszuſprechen ich nicht unterlaſſen möchte. In großen Colonien. Aus der diesjährigen Brutperiode. Von Rich. Schlegel. „Blaumeischen putzt ſich die flaumige Bruſt Und ſchnäbelt am Fenſter nach Herzensluſt“, und Gebirgsſtelze und Waſſerſchwätzer haben dir ſchon lange mit ihrem Lockrufe ver- künden wollen, daß mit der erwachenden Natur, die ihre jungfräulich keuſchen Reize noch in leichte Nebelſchleier hüllt, auch die unvergleichlich ſchöne Zeit ins Land ein— zieht, die das kleine Herz deiner befiederten Lieblinge ſchneller pulſiren läßt, die, von der „nie verſiegenden, alles beſiegenden Kraft der Liebe“ und von der Sorge um die Nachkommenſchaft beſeelt, in ihrer Art ſich als die vielſeitigſten Künſtler offenbaren, ſo daß, um mit Brehm zu reden, „die Beobachtung der bauenden und brütenden Vögel zu den ſchönſten Freuden des Forſchers oder Naturfreundes gezählt werden darf.“ Sei es mir nun vergönnt, in den folgenden Spalten die diesbezüglichen Auf— zeichnungen aus meinem ornithologiſchen Tagebuche folgen zu laſſen. 1. Hirundo rustica (Stallſchwalbe). Die Gelege dreier Neſter waren in der Zeit vom 15.— 17. Mai mit 5 Thieren vollzählig. Die erſten flüggen Jungen wurden am 16. Juni beobachtet. 2. Hirundo urbiea (Mehlſchwalbe). Zwei Neſter enthielten am 24. Mai ein Gelege von 3 Stück, reſp. nur 1 Ei. 3. Alcedo ispida (Eisvogel). Am 26. Mai beſuchte ich in der Nähe Wieſen- burgs die alljährlich als Brutftätte- benutzte Sandwand am Ufer der Mulde. Von drei, in Zwiſchenräumen von 5—6 m von einander ſtehenden Höhlen war die eine 446 | Rich. Schlegel, beſetzt, ſchien aber noch nicht belegt zu ſein. Leider konnten weitere Beobachtungen infolge der zu Ende gegangenen Ferien nicht angeſtellt werden. | 4. Oriolus galbula (Goldamſel). Zwei vorjährige Neſter bemerkte ich im März in den äußerſten Aſtgabeln ſtarker Eichen. Bald nach der Ankunft ließ ſich Pirol im Niſtgebiete wieder hören. Ein Suchen nach den diesjährigen Neſtern mußte jedoch unterlaſſen werden, da das ziemlich hohe und inzwiſchen dicht belaubte Gebüſch keinerlei Ausſicht auf Erfolg verſprach. 5. Sturnus vulgaris (Staar). Ein am 19. April beſichtigter Niſtkaſten ent⸗ hielt zwei, am 24. drei Eier. In Ermangelung eines Brutkaſtens richtete ſich ein Pärchen in dem auf einem Kirſchbaume als Vogelſcheuche angebrachten Strohwiſche häuslich ein und zog glück— lich fünf Junge groß. Die erſten futtertragenden Alten wurden von einem Schul⸗ knaben am 2. Mai beobachtet. 6. Corvus corone (Rabenkrähe). Als niedrigſten Stand von ca. dreißig unter⸗ ſuchten Neſtern notirte ich Z m Höhe. Die Gelege waren im erſten Drittel des April vollzählig. Friſche und bebrütete Eier von in der erſten Brut geſtörten Paaren wurden bis Ende Mai aufgefunden. Die erhaltenen Gelege, ſowie einzelne Eier der— ſelben ſind bezüglich Grundfärbung und Zeichnung, beſonders aber bezüglich der Größe nicht unbedeutenden Schwankungen unterworfen. Der Längendurchmeſſer eines kleinen abnormen Eies betrug nur 31 mm. Von einer Baſtardirung zwiſchen Corv. corone & und Corv. cornix 2 erhielt ich am 11. April das Neſt mit einem voll- ſtändigen Gelege von 4 Eiern. 7. Pica caudata (Elſter). Einzelne Paare begannen ſchon im Februar mit dem Baue des Neſtes. Ein auf dem Gipfel einer niedrigen Linde gebautes Neſt enthielt am 14. April das erſte Ei von dem ſpäter mit 5 Stück vollzähligen Gelege: Am 14. April entdeckte ich in einer kleinen Kiefernſchonung, die ſich inmitten eines umfangreichen, aus gemiſchten Hölzern beſtehenden Gebüſches befindet, in einer Höhe von nur 3½ m ein fertiges Neſt, welches infolge zweimaliger Störung nicht belegt wurde. Ein alljährlich in ein aus Kiefern beſtehendes Feldgehölz gebautes Neſt ent⸗ hielt am 28. April fünf nackte Junge und zwei unbefruchtete Eier. Am 23. April zählte ich bei einer Excurſion im nahegelegenen / Stunde langen Nachbarorte Herms— dorf 24 diesjährige Neſter, die wahrſcheinlich zur entſprechenden Zeit ohne einzige Ausnahme flügge Junge beherbergten, da die reſpektable Höhe der auf den ſchwächſten Baumenden angelegten Neſter es ſelbſt den wiſſensdurſtigen Dorfbuben nicht ermög⸗ lichte, ihren ornithologiſchen Wiſſensdrang befriedigen zu können. Leider trägt man, ſelbſt in hieſigen Jägerkreiſen, nicht das Mindeſte zur Vertilgung des beſonders unſern niſtenden Kleinvögeln in jo hohem Maaße verderblich werdenden Strauch- ritters bei, ſelbſt wenn man auf der verkehrsreichen Dorfſtraße in unmittelbarer Aus der diesjährigen Brutperiode. 447 Nähe der Häuſer öfter beobachten konnte, wie eine Elſter, die Mutterfreuden erlebte, auf Sperlinge und Rothſchwänzchen jagte. 8. Garrulus glandarius (Eichelheher). Schon ſeit Mitte April auf eifriger Suche nach dem Neſte begriffen, glückte mir es endlich am 19. Mai, als ich ſchon alle Hoffnung auf Erfolg aufgegeben hatte, daſſelbe mit drei Eiern in der Mitte eines dichten, ca. 5 m hohen Fichtchens zu entdecken. Es wanderte ſpäter mit einem vollzähligen Gelege von 5 Eiern in meine Sammlung. 9. Certhia familiaris (Baumläufer). Die erſten ausgeflogenen Jungen eines Pärchens, das alljährlich ſein Neſt zwiſchen den a Brettern eines Haus⸗ giebels anbringt, wurden am 15. Juni beobachtet. 10. Lanius collurio (Neuntödter). Das erſte Neſt mit einem Ei fand ich am 25. Mai in einem iſolirt ſtehenden dichten Schwarzdornbuſche. Das Gelege war am 29. mit 5 Eiern vollzählig. Ferner wurden entdeckt: | Am 27. Mai ein Neſt mit drei zertrümmerten Eiern im Fichtendickichte eines kleinen Feldgehölzes. Am 28. Mai ein Neſt mit 5 unbebrüteten Eiern im Laubholzgebüſche auf niedriger Birke ſtehend. Am 31. Mai ein Neſt mit 6, ca. eine Woche bebrüteten Eiern auf dem Aſte eines Eichenbuſches. Am 16. Juni eins desgleichen mit 6 ſtark bebrüteten Eiern. Standort wie bei vorigem. 11. Accentor modularis (Heckenvogel). Das lange geſuchte Neſt wurde am 25. Mai mit einem mit 5 Stück vollzähligen Gelege aufgefunden, das noch unbe— brütet war. 12. Poeeile palustris (Sumpfmeiſe). Die erſten ausgeflogenen Jungen be⸗ obachtete ich am 6. Juni. 13. Parus eoeruleus (Blaumeiſe). Ein Neſt mit 11 ſchwach bebrüteten Eiern unterſuchte ich am 2. Mai. Am genannten Datum eines desgleichen, deſſen Eierzahl ich nicht feſtzuſtellen vermochte. Eine Beſchreibung des intereſſanten Kampfes, welchen ein Pärchen mit Sumpfmeiſen, die die Niſthöhle zuerſt occupirt hatten, zu beſtehen hatte, behalte ich mir für ein anderes Mal vor. Am 10. Mai wurde ich durch einen Knaben auf zwei Neſter aufmerkſam gemacht; das eine von beiden ſtand in einer hohlen Weide und war mit 10 ſtark bebrüteten Eiern belegt; das andere, welches ein Ei enthielt, ſtand im Gerölle einer verfallenen Bachmauer. In einer hohlen Ahorn— wurzel entdeckte ich am 24. Mai ein Neſt mit kleinen Jungen. 14. Sylvia eurruca (Klappergrasmücke). Das erſte im Bau begriffene, aber wieder verlaſſene Neſt entdeckte ich am 19. April in einem Stachelbeerbuſche, der eine längere Reihe von Jahren ſchon dem betreffenden Pärchen zum Niſtplatze gedient 448 Rich. Schlegel, hatte. Zwei Neſter, von denen das eine am 8. Mai ein vollſtändiges Gelege von 5 Eiern, das andere am 12. Mai 3 Eier enthielt, wurden in einem Fichtendickichte, reſp. in einem Stachelbeerſtrauche aufgefunden. 15. Sylvia einerea (Dorngrasmücke). Ein am 8. Mai ziemlich vollendetes Neſt enthielt am 19. ein vollſtändiges Gelege von 5 Eiern. Zwei am 18. Mai ent⸗ deckte Neſter waren je mit 5 Eiern belegt. Ein am 21. Mai aufgefundenes Neſt enthielt am 24. ein vollſtändiges Gelege von 4 Eiern. Die beobachteten Neſter ſtanden in kleinen Fichtchen, Laubholz- oder Brombeergeſtrüpp ſtets am Boden oder nahe über demſelben. 16. Sylvia atricapilla (Plattmönch). Ein Neſt, das am 27. Mai ein voll⸗ zähliges unbebrütetes Gelege von 5 Eiern enthielt, entdeckte ich während der Pfingſt⸗ ferien in Wildenfels. 17. Sylvia hortensis (Gartengrasmücke). Ein verlaſſenes Neſt, welches 5 ſchwach bebrütete Eier enthielt, die den Eiern von 8. atrieapilla faſt zum Verwechſeln ähnelten, erhielt ich am 1. Juni aus Schönau bei Wildenfels. 18. Merula vulgaris (Amſel). Das brütende Weibchen eines Pärchens war offenbar das Opfer eines Räubers geworden, da die unmittelbare Umgebung des leeren, am 6. Mai aufgefundenen Neſtes gänzlich mit Gefieder bedeckt war. Ein ver- laſſenes, am 27. Mai im Fichtendickichte aufgefundenes Neſt enthielt 4 friſche Eier. 19. Turdus pilaris (Zeimer). Auch in unſeren Breiten ſcheint es die Wach- holderdroſſel vorzuziehen, in Gemeinſchaft mit ihresgleichen zu brüten. Auf zwei verhältnißmäßig ſehr kleinen Flächenräumen entdeckte ich nicht weniger als 10, reſp. 6 Neſter, die in Entfernungen von 2—6 m auseinander ſtanden. In einem Um⸗ kreiſe von einer Stunde vermochte ich kein weiteres Neſt aufzufinden. Auf dem er⸗ wählten Brutplatze zeigt ſich die Miſteldroſſel keineswegs wähleriſch bei Anbringung ihres Neſtes; jede Höhe von 2—3 m an aufwärts, jeder Baum, gleichviel ob Laub⸗ oder Nadelholz, ob verſteckt oder knapp am Wege, iſt ihr angenehm, falls eine ge- eignete Aſtgabel dem Neſte nur die nöthige Sicherheit verleiht. Ich habe ſie ebenſo häufig in Feldgehölzen, die nur aus ziemlich hohen Fichten und Kiefern beſtanden, als auch in Laubholz und gemiſchten Beſtänden mit Buſchwerk angetroffen. In Obſtgärten, wo ſie unbekümmert um die Nähe des Menſchen ihr Neſt anlegt, habe ich fie in ähnlich ſtarker Kopfzahl nicht vorfinden können. Die Gelege ſämmtlicher Neſter, welche die Alten durch ängſtliches, mit Geſchrei und Geſang begleitetes Hin⸗ und Herflattern leicht verrathen, waren im letzten Drittel des April mit 5 oder 6 Eiern vollzählig. Die erſten, eben ausgeſchlüpften Jungen beobachtete ich am 4. Mai. 20. Turdus musieus (Zippdroſſel)h. Von den 5 beobachteten Neſtern enthielt das erſte am 5. Mai 5 ganz ſchwach bebrütete Eier, das zweite am gleichen Datum 3 eben ausgeſchlüpfte Junge und 2 Eier, in denen ich die Jungen klopfen hörte, das N Aus der diesjährigen Brutperiode. 449 dritte am 18. Mai 5 ſehr kleine Junge, welche die Mutter noch wärmte, das vierte am 25. Mai 5 ca. 1 Woche bebrütete und das letzte am 27. Mai 3 friſchgelegte Eier. 21. Rutieilla tithys (Hausröthel). Ein mit dem Baue des Neſtes beſchäftigtes Weibchen beobachtete ich am 19. April. In der Zeit vom 27.— 31. wurde das Neſt mit 5 Eiern belegt. Zwei am 25. April unterſuchte Neſter enthielten 1, reſp. 3 Eier von dem ſpäter mit 5 Stück vollzähligen Gelege. Ziemlich flügge Junge fand ich am 26. Mai in einem anderen Neſte vor. Zwei Neſter der zweiten Brut wurden vom 16.— 20. Juni belegt. 22. Dandalus rubecula (Rothkehlchen). Ein am 13. Mai aufgefundenes Neſt enthielt 6 friſche Eier, die am 26. leider ſchon zerbrochen in der Nähe des Neſtes umherlagen. | | 23. Saxicola oenanthe (Steinſchmätzer). Auf den Halden hieſiger Stein= kohlenwerke erzielten die Steinſchmätzer ſehr ungünſtige Brutreſultate. Die belegten oder mit Jungen beſetzten Neſter wurden ziemlich alle durch Kohlenleſer, Hunde, Rutſchungen ꝛc. zerſtört. Ein Neſt enthielt am 17. Mai 6 ſtark bebrütete Eier, ein anderes am 26. Mai 5 kleine Junge und ein unbefruchtetes Ei. Am 27. Mai war ein in Schönau bei Wildenfels aufgefundenes Neſt mit 5, ein anderes am 7. Juni mit 6 ziemlich flüggen Jungen beſetzt. 24. Motacilla alba (Bachſtelze). Ein Neſt, welches am 27. April mit 6 Eiern belegt war, ſtand in der Niſche einer Bachmauer vis-A-vis einem Neſte der Gebirgs— ſtelze. Ferner fand ich Neſter am 28. Mai mit kleinen Jungen, am 29. Mai mit 6 ſtark bebrüteten Eiern, reſp. 6 ziemlich flüggen Jungen, am 16. Juni mit 6 friſchen Eiern. 25. Motacilla sulphurea (Bergſtelze). Das Neſt des von mir ſpeciell be— obachteten Pärchens enthielt am 10. April ein Gelege von 6 Eiern. Noch am ſelbigen Tage war das niedrig ſtehende Neſt durch herabgefallene verwitterte Steinmaſſen größtentheils verſchüttet worden. Am 14. April ſchon begann daſſelbe Pärchen ein zweites Neſt in das Dachgerinne der daneben ſtehenden Schneidemühle zu bauen. Am 16. war das Neſt bis auf die innerſte Auslage fertiggeſtellt. Das Geräuſch des am genannten Tage in Betrieb geſetzten Sägewerkes ſchien dem Weibchen nicht zu behagen, weswegen es das Neſt verließ. Als Standort für das dritte Neſt, welches am 20. April fertig und am 26. mit 6 Eiern belegt war, wurde eine verſteckte Niſche im Bachufer unmittelbar neben dem Waſſerrade auserſehen. Nach zweitägiger Be— brütung der Eier ſchwoll infolge eines Regenguſſes der Mühlgraben höher als ge— wöhnlich an. Durch die über das Rad ſtürzenden Waſſermaſſen wurde das brütende Weibchen durchnäßt und ſomit zum Verlaſſen des Neſtes gezwungen. Die dreimalige Störung ſchien das brüteluſtige Weibchen nur zu um ſo größeren Eifer anzuſpornen. Trotz der zuerſt übel genommenen Störung, welche das Schneidewerk verurſachte, 450 Rich. Schlegel, Aus der diesjährigen Brutperiode. wurde das begonnene zweite Neſt bis zum 2. Mai fertig gebaut und bis zum 9. mit 6 Eiern belegt. Da ſich 2 Tage ſpäter infolge eines Regenguſſes das Waſſer im Gerinne vor dem Neſte anſtaunte und daſſelbe durchweichte, wurde auch das dritte Gelege verlaſſen. Das vierte Gelege endlich, welches am 21. mit wiederum 6 Eiern vollzählig war, brütete das auf ſo harte Geduldsprobe geſtellte Weibchen glücklich aus. — Zwei am 27. April aufgefundene Neſter enthielten 4 halberwachſene Junge, reſp. 3 ſtark bebrütete Eier, von denen 2 unbefruchtet zu ſein ſchienen. | 26. Anthus arboreus (Spiglerche). Zwei ſorgfältig unter Raſenbüſchel ver- borgene Neſter, welche die brütenden Weibchen infolge Auffliegens ſelbſt verriethen, enthielten am 22. Mai 5 unbebrütete, reſp. am 1. Juni 5 ſtark bebrütete Eier. 27. Galerida eristata (Haubenlerche). Ein Neſt, welches ich am 7. Juni auf der Blöße eines Feldgehölzes unter einem Reiſighaufen fand, enthielt 4 kleine Junge. 28. Alauda arvensis (Feldlercheyß. Ein am 27. Mai aufgefundenes Neſt wurde ſchon am nächſten Tage von ſeinen 4 Inſaſſen verlaſſen. Ein am 29. an⸗ getroffenes Gelege enthielt 4 ſtark bebrütete Eier. Am 2. Juni wurde von einem meiner Schulknaben ein Neſt mit 4 friſchen Eiern beim Aufackern der Kartoffelbeete entdeckt. Um das Neſt nicht der Zerſtörung preiszugeben, nahm der Knabe daſſelbe aus der Furche und brachte es daneben in einer kleinen Vertiefung auf dem Beete unter. Am nächſten Tage erlebte derſelbe in meiner Gegenwart die Freude, das Weibchen brütend anzutreffen. 29. Miliaria europaea (Grauammer). Ein Neſt mit 4 Eiern traf mein Vater beim Hafermähen noch am 19. Auguſt an. 30. Emberiza eitrinella (Goldammer). Das erſte Neſt entdeckte ich am 27. April mit 4 ſtark bebrüteten Eiern. Auf meinen ornithologiſchen Streifzügen wurden zu den verſchiedenſten Zeiten Neſter mit friſchen und bebrüteten Eiern kleinen und erwachſenen Jungen ſo häufig aufgefunden, daß ich mir nicht die Mühe nahm, über jedes einzelne Buch zu führen. Eier mit weißem Untergrunde traf ich häufiger als ſolche mit röthlichem an. Ein am 19. Mai aufgefundenes Gelege nahm inſofern mein beſonderes Intereſſe in Anſpruch, als daſſelbe ſo ſchwach gezeichnete Eier ent- hielt, daß man ſie für rein weiße und kaum für Goldammereier hätte halten mögen. 31. Passer domestieus (Hausſpatz). Bei meiner Verſetzung von Schwaben⸗ berg nach Gersdorf bemerkte ich ſchon nach den erſten Tagen meines Hierſeins, namentlich auf den äußerſten Aſtgabeln alter Birnbäume umfangreiche Heuklumpen. Eine ähnliche Erſcheinung war mir bisher nirgends vorgekommen. Nach einigem Hin⸗ und Herdenken kam ich zu der Meinung, daß dies wohl Sperlingsneſter ſein müſſen und wurde bei weiterer Beobachtung von der Richtigkeit meiner Annahme überzeugt. Mit wahrer Todesverachtung holte ich mir dieſes Jahr von einem dicht neben meiner Wohnung ſtehenden alten Birnbaume, der nicht weniger als 3 Neſter Ewald Ziemer, Ornith. Beobachtungen: 10. Am Sumpfhuhnneſte. 451 trug, 2 von denſelben herab. Wie wohl kaum anders zu erwarten war, gaben ſie bezüglich der lüderlichen Bauart den in und an Gebäuden angebrachten Neſtern wenig nach. Das eine von beiden, mit einem Durchmeſſer von 20 em, iſt vollſtändig kugelig, das andere hingegen mehr ſackförmig gebaut. Das Lumpenpack der Spatzen kümmert ſich bei der Anbringung ihrer Neſter um die Vorkehrungen des Menſchen wenig. Ein Pärchen baute ſein Neſt in die Rocktaſche einer auf einem Kirſchbaume angebrachten Scheuche. Die vollſtändig mit Niſtſtoffen vollgepfropfte Dachrinne unſeres Wohn— hauſes mußte einer Reinigung unterzogen werden. Aus nächſter Nähe ſahen die Spatzen unter heilloſem Spektakel zu, wie die belegten Neſter zerriſſen und herab— geworfen wurden. Kurze Zeit darauf wurden trotz aller Verwünſchungen des Wirthes die liegengebliebenen Niſtſtoffe nur um ſo eifriger an den alten Platz zurückgebracht. 32. Fringilla coelebs (Finke). Am 25. und 28. Mai entdeckte ich 2 Neſter mit je 5 Eiern, am 22. und 28. kleine und ausgeflogene Junge. 33. Ligurinus chloris (Zwunſch). Mit 4, reſp. 5 friſchen Eiern belegte Neſter fand ich auf den Cedern des hieſigen Friedhofes am 24. April und 5. Mai. 34. Carduelis elegans (Stieglitz). Ein nicht zugängiges Neſt wurde in der Pfingſtwoche belegt. Gersdorf (Bez. Zwickau), den 29. September 1890. Ornithologiſche Beobachtungen. Von Ewald Ziemer. 10. Am Sumpfhuhnneſte. Einige weitere Beiträge zur Naturgeſchichte der Gallinula porzana Linn. Als ich ſ. Zt. Herrn Flöricke's Aufſatz über unſer gemeines Sumpfhuhn las, war ich nicht wenig überraſcht, in demſelben eine ſo ausführliche, anſchauliche Schil— derung der Stellungen, Vorgänge und Lautäußerungen bei der Liebeswerbung zu finden. Hatte ich mir doch wirklich eingebildet, dieſen Vogel ziemlich genau zu kennen, und mußte ich mich doch jetzt überzeugen, daß ich mich gründlich geirrt hatte! Minneſpiele und Minneſang waren mir bisher völlig unbekannt geblieben. Obwohl ich mir der Lückenhaftigkeit meiner Beobachtungen in dieſer Hinſicht wohl bewußt war, hatte ich mir doch nicht träumen laſſen, daß die Sumpfhühner noch irgend einen anderen Paarungslaut hören ließen, als das allbekannte „quitt“ oder „uitt“. Daß ich von den Liebesſpielen bisher noch nichts geſehen hatte, wunderte mich nicht gerade; denn es gehört ſchon unzweifelhaft ganz beſonderes Glück dazu, dieſelben zu beobachten. Aber daß ich das vertrackte „trick track“ noch nie gehört hatte, das wunderte mich doch gar ſehr, zumal die Sumpfhühner hier in ziemlicher Anzahl brüten und ich nahezu jeden Tag gerade ſpät abends in nächſter Nähe ihrer 452 Ewald Ziemer, Reviere geweſen bin und gar oft mehrere Stunden dort unbeweglich ſtill geſeſſen habe. Das mußte ich beobachten, mußte ich hören, um ſo mehr, als Herr Prof. Dr. Liebe mir gelegentlich ſchrieb: „Was nun das Minneſpiel und den Minneſang betrifft, ſo geſtehe ich Ihnen, daß ich ſolches nicht geſehen, nicht gehört. Bei uns wohnen aber wenige dergleichen Hühner.“ Alſo, friſch an die Arbeit! Aber es war alle Liebes-Müh' umſonſt! So viele Stunden ich auch in nächſter Nähe der Brutreviere mehrerer Paare bis ſpät abends, ja bis in die Nacht hinein, geſeſſen habe, nicht den leiſeſten Ton habe ich gehört, der mit dem „trick track“ auch nur die entfernteſte Aehnlichkeit gehabt hätte. Vielleicht war es ſchon zu ſpät, vielleicht benahm das ſchlechte, kalte und regneriſche Wetter den Sumpf⸗ hühnern die Luft zum lauten Balzen. Hoffentlich habe ich nächſtes Frühjahr mehr Glück! Ganz umſonſt habe ich mich doch nicht bemüht, habe vielmehr noch einige Beobachtungen machen können, die mir der Mittheilung werth zu ſein ſcheinen. Nachdem ich zunächſt die Brutreviere einiger Paare feſtgeſtellt hatte, begann ich am 1. Juni meine Beobachtungen, die aber ſo gut wie gar keine Reſultate lieferten. Allabendlich hörte ich die Vögel wohl locken, zu ſehen bekam ich ſie in dem Pflanzengewirr beim ſchwachen Lichte der Abenddämmerung aber nicht ein einziges Mal. Oefter waren ſie recht lebhaft, aber immer waren es die mir längſt genau bekannten Töne, welche ſie hören ließen. Ganz beſonders laut war ein Paar am 6. Juni, ſpät abends, als ich in der Nähe ſeines Brutrevieres, das Nützliche mit dem Angenehmen verbindend, auf einen kapitalen Rehbock anſaß. Die beiden Gatten des Paares ließen ſo eifrig ihr „quitt“ „quitt“ hören, daß ich erwartungs⸗ voll bis tief in die Nacht ſitzen blieb. Mehrmals war einer oder der andere der Gatten faſt unmittelbar vor meinen Füßen; trotzdem gelang es mir nicht, die Vögel zu ſehen; das iſt eben im Dunkeln einfach unmöglich. Am 15. Juni gab ich dieſe meine Bemühungen als nutzlos auf und begann nach einem Neſte zu ſuchen, um, in nächſter Nähe desſelben ſitzend, womöglich doch wenigſtens etwas zu ſehen, wenn ich denn doch nichts hören ſollte. Dem am 6. und den nächſten Tagen am genaueſten verhörten Paare wendete ich zunächſt meine Auf⸗ merkſamkeit zu. Aber obwohl der betreffende Sumpf kaum 100 Schritte lang und 50 Schritte breit iſt und ich mehrere halbe Tage unverdroſſen in demſelben herum⸗ panſchte, fand ich das Neſt nicht. Ebenſo erging es mir beim zweiten Paar. Dem⸗ nächſt nahm ich mir das Revier eines dritten Paares vor, das günſtigſte und geeignetſte in jeder Hinſicht, fand in demſelben zwei vorjährige Neſter, füllte mir gehörig die Stiefel voll Waſſer und zog nach mehreren Stunden vergeblichen Suchens naß und müde ab. Am nächſten Tage, am 18. Juni, fand ich in dieſem Reviere ein todtes Weibchen; der Vogel war noch ganz friſch, der Leib vollkommen auf⸗ Ornith. Beobachtungen: 10. Am Sumpfhuhnneſte. 453 geriſſen, jo daß die ſämmtlichen Eingeweide weit heraushingen. Wie dies ? umge⸗ kommen iſt, iſt mir ein unlösbares Räthſel. Leider mußte ich nun die Suche vom 19. Juni bis zum 2. Juli ganz aufgeben, da ich mir durch das viele Herumpantſchen im Waſſer nicht nur einen tüchtigen Schnupfen, ſondern auch noch empfindliche rheumatiſche Schmerzen zugezogen hatte. Am 2. Juli endlich konnte ich meine Beobachtungen wieder aufnehmen. Nach kaum halbſtündigem Suchen im Reviere eines vierten Paares fand ich endlich ein Neſt. Dicht vor meinen Füßen flatterte ein Sumpfhuhn aus einer kleinen Seggenkufe, warf ſich einige Schritte entfernt herab und verſchwand im Seggendickicht. In der Kufe befand ſich das Neſt mit 9 Eiern. Eins derſelben legte ich ins Waſſer, in welchem es ſich ſofort ſenkrecht ſtellte und ſo hoch ſtieg, daß das ſtumpfe Ende eben über Waſſer kam; die Eier waren alſo ſtark bebrütet. Das Neſt ſtand, wie die meiſten welche ich bisher fand, in einer verhältnißmäßig kleinen Kufe, in welcher es eben nur Platz hatte und war ziemlich flach, viel flacher als z. B. das des Crex pratensis. Die Seggenhalme neigten ſich über demſelben leicht mit ihren Spitzen zuſammen, ließen nur zwei ſchmale Eingänge zu demſelben frei und hüllten es ſo ein, daß es ſelbſt in nächſter Nähe kaum zu ſehen war. Einige vorjährige Stengel und Blätter von Kolbenſchilf, ſowie einige andere Sumpfpflanzen verbargen es noch mehr, ſo daß ich es wohl ſchwerlich gefunden hätte, wäre das Weibchen ruhig darauf ſitzen geblieben. Ob aber die Vögel die Halme der Pflanzen wirklich nach innen und abwärts biegen, um ſo eine deckende Kuppel über dem Neſte zu bilden, ſcheint mir doch zweifelhaft. Jedenfalls geſchieht dies ſicher nicht in dem Maaße, wie Prof. Dr. Altum in ſeiner Forſtzoologie angiebt, daß die Kufe aus einiger Entfernung erſcheint, als wäre ſie mit der Senſe ſtumpf abgeſchnitten. Ich habe mir dies Neſt, wie auch früher gefundene, mehrfach darauf von verſchiedenen Seiten angeſehen, aber niemals das geringſte derartige daran bemerkt. Gefunden habe ich dagegen, daß die meiſt verhältnißmäßig kleinen Seggenkufen in der Regel abſterben und nicht wieder ausgrünen; drücken dann Regen und Schnee die abge— ſtorbenen Halme nieder, ſo nimmt die Kufe im Laufe der Zeit die von Prof. Altum erwähnte Form an, ſo daß es dann leicht wird, im nächſten Jahre die alten Neſter zu finden. | Daß ich an dieſem Neſte von den Paarungsſpielen uichts mehr würde zu ſehen bekommen, war von vornherein klar. Ich beſchränkte mich daher auf ander— weitige Beobachtungen. Am nächſten Tage, dem 3. Juli, beſuchte ich das Neſt wieder, um mir eine zum Anſitzen bei demſelben geeignete Stelle zu ſuchen. Ich näherte mich ſo leiſe und vorſichtig wie nur irgend möglich. Das Weibchen war nicht auf dem Neſte, die Eier waren aber ganz warm, alſo eben erſt verlaſſen. Dem Eingang gerade 454 Ewald Ziemer, gegenüber entfernte ich nun ſo unauffällig wie möglich einige Stengel und Blätter von Kolbenſchilf, Seggen u. dergl., um einen Einblick in das Neſt zu gewinnen. Trotzdem mußte ich mich gar bald überzeugen, daß es vollkommen unmöglich war, aus einer größeren Entfernung als höchſtens 3 m von demſelben irgend etwas zu ſehen. Ich beſchloß alſo, wenigſtens einen Verſuch zu machen und mich etwa 2 m vom Neſte entfernt auf einer etwas feſteren Stelle, allerdings gänzlich frei und ungedeckt, anzuſetzen. Am 4. Juli, gegen Sonnenuntergang, näherte ich mich dem Neſte wieder vor— ſichtig; das ? war wieder nicht auf demſelben, die Eier aber ganz warm. Nun⸗ mehr ſetzte ich mich auf dem erwählten Platze an und verhielt mich vollkommen ſtill und bewegungslos. Eine halbe Stunde ungefähr verging, ohne daß ich das Geringſte bemerkt hätte. Dann aber hörte ich in geringer Entfernung mehrmals ein Plumpſen, das von Fröſchen nicht herrühren konnte und ſah einen Augenblick ſpäter das Weibchen auf einer ziemlich freien, nur mit vereinzelten Seggenkufen und Kolben- ſchilf beſtandenen Stelle erſcheinen. Es ſtand hoch auf den Läufen, ſchnellte häufig mit dem Schwanze, reckte den Kopf möglichſt hoch und äugte ſcharf nach mir her— über. Rückerweiſe ſchoß es dann von Kufe zu Kufe, von Deckung zu Deckung, hie und da laut plumpſend ins ſeichte Waſſer ſpringend, wenn die Eutfernung zu groß war, und umkreiſte mich in einer Entferuung von ungefähr 8 Schritten. Offenbar war es ſehr beſorgt um Neſt und Eier, wagte aber nicht heranzukommen. Ich ſaß auch gar zu frei und dem Neſte allzu nahe! Als ſo ungefähr zwanzig Minuten vergangen waren, mein Jagdſtuhl immer tiefer einſank und es obenein ſtark zu regnen begann, gab ich meinen Beobachtungspoſten auf, aus Furcht, der Vogel möchte das Neſt verlaſſen und die Eier könnten Schaden leiden. Irgend einen Laut hatte ich an dieſem Tage wie an den vorhergehenden nicht gehört, auch vom Männchen nichts bemerkt. Am 7. Juli, Abends 7,30 Uhr, ging ich möglichſt leiſe wieder auf meinen Beobachtungspoſten, ſetzte mich dort an und richtete dann mein Glas auf das Neſt. Aber obwohl ich nur etwa 2 m von dem Neſte entfernt war, den Eingang bereits am 3. ziemlich freigelegt hatte und mein Doppelfernrohr 4,2 mal vergrößert, konnte ich doch weiter nichts ſehen, als daß ein dunkler Gegenſtand die Eier bedeckte; daß dies das Weibchen ſei, konnte ich wohl vermuthen, aber nicht beſtimmt behaupten. Nach einer halben Stunde trat ich dann leiſe von der Seite an das Neſt und bückte mich, um in dasſelbe hineinſehen zu können. Als mein Geſicht nur noch etwa 0,30 m von der Kufe entfernt war, ſchlüpfte das Weibchen heraus und lief fort. Im Neſte aber wimmelte und kribbelte es einen Augenblick von kleinen ſchwarzen Geſtalten mit leuchtend weißen Schnäbeln und dann huſchten mehrere Dunenjunge wie die Mäuſe aus den beiden Eingängen und liefen und ſchwammen eiligſt, den Ornith. Beobachtungen: 10. Am Sumpfhuhnneſte. 455 Kopf nach Entenart flach vorweg ausgeſtreckt, nach allen Seiten auseinander. Eins der Jungen fing ich; kaum hatte ich es in der Hand, als die Mutter, nur wenige Schritt entfernt, laut zu rufen anfing. Dieſer Ruf war ein etwas quäkendes, faſt einſilbiges „quett“, der Vokal die Mitte zwiſchen „e“ und „i“ haltend. Eifrig lockend lief ſie raſtlos umher, kam mir auch mehrmals, wie ich an der Bewegung der Seggen bemerken konnte, bis auf 3 m nahe; einige Mal ſah ich fie auch wie einen Schatten dahinhuſchen, dann wieder ſtand ſie im Seggendickicht, reckte den Kopf hoch und äugte nach mir herüber, war dabei aber immer ſo ängſtlich auf Deckung bedacht, daß ich ſie nie ordentlich zu ſehen bekam. Nachdem ich ſo längere Zeit ſtill geſtanden hatte, beſah ich mir das Dunen— junge. Dunen und Ständer waren ſo gefärbt, wie ich ſie in meinem vorigen Auf— ſatze beſchrieben habe; das Auge dunkelbraun. Die Schnabelzeichnung etwas anders wie bei den ſrüher beſchriebenen aber doppelt ſo alten Jungen, welche ich am 9. Auguſt 1882 gefangen hatte, weßhalb ich hier eine genaue Beſchreibung folgen laſſe: Vordere Hälfte des Schnabels bis zum hinteren Winkel der Naſenlöcher tief ſchwarz, mit dem leuchtend weißen Korn auf der Kuppe des Oberſchnabels; kurz vor den Naſen— löchern eine ſchmale, etwa 1 mm breite, perlgraue Querbinde über Ober- und Unter- ſchnabel, die jedoch nirgend bis an die Schnabelſchneiden hervorreicht. Wurzelhälfte des Schnabels blaß fleiſchfarben mit einem ſchwachen Stich ins grünliche. Ober- ſchnabel hinter den Naſenlöchern tief orangeroth. Geuau ebenſo gefärbt und gezeichnet war der Schnabel bei allen übrigen, z. Th. eben erſt ausgefallenen, Inngen, welche ich an den folgenden Tagen in den Händen hatte. | Als ich das Dunenjunge hinſetzte, ſchwamm und lief es eiligſt weg und ver— kroch ſich. Nunmehr ſetzte ich mich am Rande des Sumpfes, etwa 20 Schritte vom Neſte entfernt an. Das Weibchen lockte noch immer eifrig; ſchwieg es einmal ſtill, brauchte ich mich nur zu bewegen oder ſonſtwie bemerklich zu machen, um es wieder zum eifrigſten Rufen zu veranlaſſen. Zuletzt, als ich mich ganz ſtill verhielt, etwa um 9 Uhr, ließ es einige Mal ein knurrendes, ſehr ſanftes, ſcheinbar beruhi— gendes „kjörk“ oder „quörk“ hören, deutlich verſchieden von dem überraſchend lauten, verzweifelt klingenden „kryörk“, das ich früher von Dunenjungen gehört habe. Die 5 Dunenjungen — 4 Eier lagen noch im Neſt — konnten allerhöchſtens 2½ Tage alt ſein, da am 4. Juli abends noch kein Ei ausgekommen war. Die Schalen der ausgekommenen Eier waren aus dem Neſte und ſeiner nächſten Umgebung entfernt. Am nächſten Tage, dem 8. Juli, beſuchte ich das Neſt vormittags um 9,30 Uhr. Bevor ich noch ganz heran war, fing das Weibchen bereits wieder an laut und eifrig zu ſchreien. Im Neſte lagen noch 4 Eier. Als ich noch neben demſelben ſtand, meldete ſich auch das Männchen in etwas größerer Entfernung, ungefähr 20 bis 25 Schritte weiter abwärts. Deſſen Ruf klang mir etwas höher und reiner. Beide 456 Ewald Ziemer, Ornith. Beobachtungen: 10. Am Sumpfhuhnneſte. Gatten lockten einige Minuten gleichzeitig, dann ſchwieg das Männchen ſtill, während das Weibchen ſich erſt beruhigte, als ich uich aus der Nähe des Neſtes entfernt hatte. In der Gegend, in welcher das & gelockt hatte, hörte ich dann noch zwei— oder dreimal ein leiſes „trrr“ oder „krrr“, bin aber nicht ganz ſicher, ob dieſer Laut wirklich von einer Gallinula p. herrührte, obwohl ich ihn nicht anders zu deuten weiß. Es war dies das einzige Mal, daß ich das Männchen ebenfalls bemerkte. Auf Grund dieſer und der folgenden Beobachtungen bin ich zu der Annahme gekommen, daß das Männchen die bereits ausgekommenen Jungen wärmt, führt und füttert, während das ? die noch übrigen Eier vollends ausbrütet. Dies⸗ bezügliche poſitive Beobachtungen habe ich freilich noch nicht gemacht. Denſelben Tag, abends 7,30 Uhr, näherte ich mich wieder leiſe dem Neſte. Wiederum war die Mutter nicht auf demſelben, rief aber in allernächſter Nähe desſelben, bevor ich noch ganz heran war. Im Neſte lagen noch 2 Eier, ſowie 2 über Tag ausgefallene Junge. Letztere waren noch ganz naß und ziemlich hülflos; auf der Bruſt liegend, konnten ſie ſich nur langſam vorwärts ſchieben. Die Schalen der beiden ausgekommenen Eier waren ſorgfältig entfernt; auch nicht das kleinſte Stückchen konnte ich im Neſte ſelbſt und in deſſen Nähe auffinden. Verſchiedene weiße Kotkleckſe vor dem Neſte zeigten, daß die älteren Jungen dort geweſen waren. Von dieſen Jungen ſelbſt, ſowie vom Vater konnte ich nichts entdecken. Am folgenden Tage, den 9. Juli, konnte ich erſt gegen Abend das Neſt wieder beſuchen. Das Weibchen meldete ſich bereits wieder, bevor ich heran war. Im Neſte fand ich ein Ei, ein über Tage ausgekommenes, kaum abgetrocknetes und eins der geſtrigen Dunenjungen. Letzteres verließ das Neſt, ſobald ich es berührte. Ich fing es. Als ich es wieder hinſetzte, ſchwamm und lief es auf die lockende Mutter zu, wobei es zwei Mal ein leiſes naſales „kworr“ oder „njuorr“ hören ließ, jo ähn⸗ lich dem am 7. Juli gehörten, damals von mir der Mutter zugeſchriebenen „kwörrk“ daß ich zweifelhaft geworden bin, ob letzteres nicht auch von einem Dunenjungen herrührte. Wahrſcheinlich verfügen beide, Alte wie Junge, über dieſen Laut. Uebrigens kann ich auch nicht beſtimmt behaupten, daß beide Laute identiſch ſind, da ich jeden nur ein paar Mal gehört habe. Die Eiſchalen waren wiederum ſorgfältig entfernt. Am 11. Juli, kurz vor Mittag — eher hatte ich leider nicht hinkönnen —, war das Neſt vollkommen leer, auch die letzten Schalenreſte waren bis aufs kleinſte Stückchen entfernt. Nur wenige halbverregnete weiße Kothkleckſe dicht beim Neſte verriethen, daß letzteres kürzlich noch Bewohner gehabt. Alle meine Bemühungen, von den Dunenjungen eins zu fue ſchlugen bis⸗ her leider vollkommen fehl. Ich hätte gerne noch die Veränderungen in Färbung und Zeichuung des Schnabels genauer feſtgeſtellt. Hoffentlich gelingt mir dies, ſowie die Beobachtung der Paarungsſpiele im nächſten Jahre! von Wacquant-Geozelles, Feinde des Hirſchkäfers. 457 Feinde des Hirſchkäfers. Von Staats von Wacquant-Geozelles. Als eifrigſten Feind unſeres Hirſchkäfers (Lucanus cervus) lernte ich im Laufe der Jahre den Eichelheher kennen, und ebenſo wie dieſer ſchöne Mordgeſelle ein erſpähtes Vogelneſt, deſſen Inſaſſen ſchon ziemlich erwachſen ſind, nach und nach auszurauben pflegt, ebenſo kehrte er vor meinen Augen viermal hintereinander zu einer an einem Eichſtamme entdeckten Hirſchkäfer-Geſellſchaft zurück, um die Kerfe auf einem Waldwege zu zerkleinern und ſeinen dabeiſitzenden Jungen einzuſtopfen. Einmal ſah ich, wie ein großer Buntſpecht (Pieus major, L.) welcher ſeine zahlreiche Familie führte, einen Hirſchkäfer in einer Aſtgabel zerzimmerte, wohingegen ein anderer einzelner Specht derſelben Art, welchen ich hier im Park beobachtete, zwei ſolcher Kerfe völlig unbeachtet ließ, ſei es, weil ihm, dem Alleinſtehenden, der Monat Juni mundgerechtere Nahrung in Hülle und Fülle bot, oder ſei es, daß ihm der ſchwarze, klebrige Eichenſaft, in deſſen Mitte die erwähnten Käfer ſaßen und ſchwelgten, fatal war. Dieſer aus angegangenen Stämmen oft in Maſſe ausfließende Saft ſcheint der Larve unſeres Käfers während der erſten Lebenszeit einen nicht unweſentlichen Schutz gegen Spechte ꝛc. zu gewähren. Später ſitzen erſtere meiſt tief im Innern des Stammes und oft hinter einer ſo dicken Schicht geſunden, harten Holzes, daß der Specht ſich nicht die Mühe macht, ſie bloßzulegen, — ſo lohnend auch die fünf volle Jahre im Holze freſſende, ſchließlich fingerdicke und faſt fingerlange Larve ſein mag. Ich kenne ſeit zwanzig Jahren mehrere „Hirſchkäfer-Eichen“, an welchen den genannten Larven niemals eingehend oder irgendwie ſichtbar von Spechten nach— gegangen wurde. Ganz anders befehden letztere beiſpielsweiſe in Pappeln und Eſpen die jo ſchädlichen Larven einiger Bock⸗Käfer: Saperda carcharias und S. populnea ſowie die mit dieſen gemeinſam wirkenden Larven des ſonderbar ausſehenden Horniß— Schwärmers (Trochilium apiforme)! — In ganz alten, morſchen Stämmen aber werden die Spechte ꝛc. natürlich ihr Möglichſtes thun. Buſſarde, Milane, Thurmfalken ꝛc. werden ohne Frage ebenfalls den einen oder den andern Hirſchkäfer aufgreifen; auch in den Gewöllen des Steinkauzes (Ath. noet. Retz.), der Waldohreule (Ot. vulg. Flemm.) und der Rabenkrähe (C. corone, L.) fand ich Reſte von ihm. Eine Nachtſchwalbe (Caprim. europ, L.) flog am geſtrigen Abende eiligſt auf einen ſolchen Käfer zu — ließ ihn aber doch ruhig ſeines Weges ziehen und gab nur Anlaß zu einigen unruhigen Schwenkungen des erſteren, ſowie ferner Anlaß zu dieſer meiner heutigen Zuſammenſtellung. Im Juli 1878 verzehrte ein Kirſchkernbeißer (Coccoth. vulg. Pall.), dieſer 458 Kleinere Mittheilungen. Vogel, welcher ein eifriger Maikäferfänger iſt, und welcher als Inſectenvertilger immer viel zu wenig gewürdigt wird, einen Hirſchkäfer auf einem Ulmenbaume, dabei ein Geräuſch verurſachend — wie wenn man die von einem Federhalter abgezogene Hülſe zuſammendrückt und dann fortwährend überknappen läßt. — — War der Käfer in dieſem Falle ein kleines, weibliches Individuum, ſo iſt dieſer gewiß ſeltene Fall in Anbetracht des gewaltigen Kernbeißerſchnabels doch noch nicht ſo auffallend wie die folgende Beobachtung. — — Als ich nämlich vor vielen Jahren meinen Schweſtern einen Hirſchkäfer zeigte und denſelben endlich zum Abfliegen veranlaßt hatte, wurde er ſofort in hoher Luft von einem Sperlingsmänuchen (P. dom.) überholt und angegriffen. Bei jedem Angriff von Seiten des Vogels machte der würdevoll dahinbrummende „kapitale Geweihte“ einige heftige Schwenkungen, kam aber bei dem dritten Schnabelhiebe doch aus der Contenance und fiel auf den Zweig einer Blutbuche. Hier wurde der Käfer — weil wir in unmittelbarer Nähe — allerdings nicht weiter behelligt, — immerhin aber charakteriſiert auch dieſer Vorfall wieder unſern Spatz als ſelbſtbewußten Patron. Sophienhof bei Grupenhagen, Juni 1890. Kleinere Mittheilungen. Nußzheher. Bereits am 14. September d. J. wurde am Nordfuße des Teuto- burger Waldes der erſte Nußheher (Nueifraga caryocatactes) erlegt. Er hatte ſich auf einem Haſelnußſtrauche niedergelaſſen, als ihn ein 13 jähriger Burſche erblickte, ſich von ſeinem Großvater die Flinte laden ließ und den ſeltenen Gaſt herunterſchoß. Der Vogel war ein Männchen und gehörte der kurzſchnäbeligen Art an. H. Schacht. Ueber Vogelmord in Südfrankreich ſchreibt mir mein Bruder Ernſt aus Bordeaux: „Für den Vogelfreund iſt Bordeaux eine traurige Gegend, denn ſobald ſich ein unſchuldiges Vögelchen blicken läßt, ertönen auch gleich 20—30 Schüſſe von den wachſamen Winzern und den unzähligen Sonntagsjägern. Gegen Zahlung von 20 Franken jährlich hat hier jeder das Recht, überall nach Herzensluſt zu jagen. Beſonders an Sonntagen iſt es ein ununterbrochenes Geknalle. Da dieſe „Weid⸗ männer“ zu ungeſchickt ſind, um das eigentliche Wild mit Erfolg zu jagen, ſo müſſen meiſtens harmloſe Singvögelchen als Zielobjekte herhalten. Jetzt zur Zugzeit werden täglich viele Hunderte, ja Tauſende weggeſchoſſen.“ ü Kurt Flöricke. | Steppenweihen. Vor zwei Jahren erregte die Maſſeneinwanderung der Steppenhühner die allgemeine Aufmerkſamkeit; vorigen Winter war es der weiß⸗ flügelige Kreuzſchnabel, der die Ornithologen durch ſein Erſcheinen erfreute; und jetzt erſcheinen aus dem Oſten, der uns ja öfter von ſeinem ornithologiſchen Ueberfluſſe Kleinere Mittheilungen. 459 intereſſante Erſcheinungen zukommen läßt, ziemlich zahlreich die ſonſt in Deutſchland nur ſelten ſich zeigenden Steppenweihen. Herr Präparator Grabowski hier theilte mir am 18. September mit, daß in den letzten Tagen nicht weniger als 7 Stück dieſer Weihe an das zoologiſche Muſeum eingeliefert ſeien, und gleiche Nachricht ſei auch aus Breslau und Berlin eingetroffen. Bekanntlich ſind die Weihen, namentlich im Jugendkleid, ſchwer von einander zu unterſcheiden. Nun ſah ich vor etwa 14 Tagen gelegentlich meines fünften Aufenthaltes in Roſſitten, über deſſen einzigartigen Vogelreichthum ich ſpäter ausführlich berichten werde, am großen Bruch, ſowie über den Stoppel⸗ und Brachfeldern oft eine Weihe im Jugendkleid, die ſchon öfter, aber vergeblich beſchoſſen worden war, und über deren Species ich nicht ins Klare kam; da dort den Terrainverhältniſſen nach höchſtens die Rohrweihe (Cire. aerugi- nosus) vorkommen kann, und da ich am 15. September bei Wernsdorf (3 Meilen ſüdlich von Königsberg) eine eben ſolche Weihe ſah, welche gleichfalls auffallend wenig ſcheu ſich zeigte, jo vermuthe ich, daß auch dieſe Exemplare der Species Cire. pallidus angehört haben. Ein Analogon zu dieſem zahlreichen Erſcheinen der Steppenweihe in der deutſchen Oſtmark war vor einer Reihe von Jahren das maſſen— hafte Auftreten des Abend- oder Rothfußfalken (Falco rufipes s. vespertinus) in Oſtpreußen. Königsberg i. Pr., Ende September 1890. Fr. Lindner. Am 29. Oktober kamen früh gegen 8 Uhr 5 Hausſchwalben (Hirundo rustica), allem Anſcheine nach 2 Alte mit ihren Jungen, in unſer Gehöft, blieben auch den ganzen Tag über hier. Am 30. wurde aber leider bloß noch eine von mir bemerkt, jedenfalls waren die anderen der Kälte der voraufgehenden Nacht (— 5 C.) erlegen. Vom 22. bis 26. Oktober hatten wir hier äußerſt rauhes Wetter, der Wind wehte eiſig aus N. W. und alle Augenblicke kamen Schnee- und Hagelböen; jede Nacht fror es ſtark. Schlaupitz, 31. Okt. 1890. Karl Knauthe. Sonderbarer Niſtplatz eines Zaunkönigs. In der Nr. 11 der „Ornithol. Monatsſchrift“ S. 314 berichtet der Herr Hofrath Profeſſor Dr. Liebe, wie ſehr ſich ein Pärchen Turteltauben ans Schießen gewöhnte. Brütete in jenem Falle das Taubenpaar an einer Stelle, von welcher aus faſt täglich geſchoſſen wurde, ſo niſtet dahier ein Zaunkönig an einer Stelle, wo faſt täglich die Geſchoſſe einſchlagen: näm— lich im Freiherrlich von Münchhauſen'ſchen Forſt „Lüningsberg“ an einem Kugel— fange, etwa 1!/, Fuß von der Scheibe. Ich fand das Neſt, als ich nach der Scheibe ſah, und der Vogel dadurch, daß ich ihm mit dem Kopfe zu nahe kam, aufflog. Ge⸗ wiſſermaßen hatte dieſer Vogel viel mehr noch ausgehalten als jene Turteltauben: das häufige Getriebe an der eiſernen Scheibe, den gewaltigen Aufſchlag der Geſchoſſe, die umherſpritzenden Bleifetzen, und last not least — um in meiner Mutterſprache 460 Litterariſches. — Anzeigen. zu reden — es ſchoſſen dort auch ſchlechte Schützen! Ich fand Eier im deaf Neſte; Herr von Wacquant fand ſpäter J Junge. Alte Burg bei Groß-Berkel, Aug. 1890. Stacy, Iram pa Stallord Litterariſ ches. von Dalla⸗Torre, Prof. Dr., Die Fauna von Helgoland. 80. 99 Seiten. 2 2,40. 2. Suppl.⸗Heft zu Spengel Zool. Jahrbücher (Band IV). Jena 1889. In dieſer äußerſt fleißigen Zuſammenſtellung giebt der bekannte Verfaſſer in ge⸗ drängter Kürze eine Liſte aller von Helgoland bekannten Thiere nach den zahlreichen, über die Inſel publicierten Abhandlungen und nach ſeinen ſelbſt angeſtellten Beobachtungen. Letztere beziehen ſich nicht auf die uns zunächſt intereſſierenden Vögel. Vorher geht ein vortrefflicher, ſehr vollſtändiger „Literar-hiſtoriſcher Ueberblick“, in welchem die Literatur von 1072 bis 1889 erſchöpfend behandelt wird. (Bei flüchtiger Durchſicht ſchien uns nur eine kleine ornithologiſche Arbeit überſehen zu ſein: über die Lummen Helgolands von Prof. Noll im Zool. Garten 1888, S. 257 ff.) Es iſt nicht nur für den Fachmann werthvoll, ſondern muß für jeden Deutſchen gerade jetzt, da Helgoland wieder unſer geworden, eine Freude ſein, in deutſcher Sprache ein Compendium der Thierwelt der Inſel zu beſitzen, wenn auch dem Ornithologen ſpeciell von nun an Helgoland unendlich an Werth verloren, ſeitdem die Engländer mit einem wiſſenſchaft⸗ lich wie politiſch gleich gelungenen Coup die Kaaba dem Mecca der Ornithologen ge— raubt haben! (Laut einer Mittheilung im Field vom 30. Auguſt 1890 kaufte Henry Seebohm die weltberühmte Gätke'ſche Vogel-Sammlung und ſchenkte fie dem Britiſchen Muſeum in Suuth-Kenfington.) München, im October 1890. Leverkühn. Anzeigen. Aaubttzierfallen. Nach langen Verſuchen iſt es mir gelungen, Fallen herzuſtellen, welche größere Vorzüge beſitzen als die bis jetzt verwendeten. So z. B. war der Mechanismus, der das Zuklappen der Falle veranlaßt, jo an⸗ gebracht, daß ſchon ein zufälliges Anſtoßen von außen an den herausragenden Stift die Falle ſchließen konnte, noch ehe das Thier darin war. Zweitens kann man bei meinen Fallen das darin befindliche Thier von außen ſehen, während es bei anderen Fallen nicht der Fall war. Drittens iſt das Holz meiner Fallen imprägnirt, ſowie die Eiſenarmatur vor den Einflüſſen der Witterung geſchützt. Auf Wunſch liegen von verſchiedenen Behörden die günſtigſten Zeugniſſe über die Brauchbarkeit meiner Fallen vor. Falle Nr. 1 = 6 Mk. Falle Nr. 2 = 9 Mk. mit einem Schutz von Kiefernholz gebaut mit 2 Schutzen von hartem Holz gebaut, (hauptſächlich für Katzen) und iſt vor Nach- um das Sichdurchfreſſen zu verhüten, ahmungen geſetzlich geſchützt. (hauptſächlich für Marder, Iltis, Wieſel, | Ratten 2c.). Delitzſch (Prov. Sachſen). R. Wolff, Mechaniker. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. er SW Ornithol N ogi ſch 14 25 2 , \ S — ZT, uuantanhtRAITLLHNLHRINN SE NN a REN | la S ÜUı— SS T D N S EEE ET TSTTTIÄSTTSSSTTT — m LI — En MIET TS S8 — ——— ͤ öü6Gũ — 2 = Dentichen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Redigirt von Zahlungen werden an den Ren⸗ danten d. Ver. Herrn Meldeamts⸗ Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ Vereinsmitglieder zahlen einen 3 5 Jahres⸗Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, und erhalten dafür die Monats⸗ ; ; reins ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. zweitem Vorſitzenden des Vereins, 7 7 Dr. Frenzel, Dr. Rey der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. 8 d d e geſta XV. Jahrgang. November 1890. Nr. 17. Inhalt: Vereinsangelegenheiten. — Dr. L. Heck: Die erſte Züchtung des Schuppenloris (Trichoglossus chlorolepidotus Kuhl.) (Mit Buntbild.) Ad. Walter: Merkwürdige Ent: deckungen beim Aufſuchen von Kuckukseiern und jungen Kuckuken. L. Buxbaum: Einige Vertilger der großen Kiefernraupe. Karl Knauthe: Tabelle über die Ankunft der Zugvögel zu Schlaupitz am Zobten im Frühling 1890, ſowie mehrere Bemerkungen dazu. Heinr. Ochs: Brutplätze des Sumpfſängers in der Umgebung von Kaſſel. — Kleinere Mittheilungen: Staare. Winterneſt eines Pärchens Feldſperlinge. Balggeſchwulſt. Später Abzug der Schwalben. — Littera— riſches. — Anzeigen. N Vereinsangelegenheiten. Nachdem der Vorſtand des permanenten internationalen ornithologiſchen Comités, die Herren Profeſſoren Dr. Rud. Blaſius und Dr. G. von Hayek, ſchon im Sommer dieſes Jahres eine Mittheilung an alle Ornithologen und ornithologiſchen Vereine hatten ergehen laſſen, des Inhalts, daß der zweite internationale ornitho- | 33 462 | L. Heck, 0 13 logiſche Kongreß im Jahre 1891 in Buda-Peſt abgehalten werden würde, iſt jetzt 2 von Seiten des Ungariſchen Comités die unmittelbare Einladung zu demſelben erfolgt. Er wird in der Pfingſtwoche abgehalten werden und zwar wird die Eröff⸗ nung am 17. Mai erfolgen. Soweit das Programm blicken läßt und ſoweit Privat⸗ briefe über die außerordentlichen und umfaſſenden Vorarbeiten berichten, wird den in Buda⸗Peſt ſich verſammelnden Ornithologen nach allen Richtungen hin Außer⸗ ordentliches geboten. — Selbſtverſtändlich wird auch unſer Verein dort vertreten ſein. — Uebrigens werden wir wiederholt Gelegenheit haben, bezüglich jener Ver⸗ ſammlung zu berichten. | Der Vorſtand. Die erſte Züchtung des Schuppenloris (Trichoglossus chlorolepidotus Kuhl. ). Von Dir. Dr. L. Heck. (Mit Buntbild.) Auf der Aegintha-Ausſtellung des Jahres 1888 kaufte ich von dem als reeller Händler wohlbekannten Hoflieferanten G. Voß-Cöln ein Paar Schuppenloris, die ſich durch tadelloſes Gefieder und allem Anſchein nach überhaupt einen vorzüglichen Geſundheitszuſtand auszeichneten. Dieſes Paar hat ſich inzwiſchen als ein ſehr gutes Zuchtpaar erwieſen, in dieſen Tagen die zweite Brut zum Ausfliegen gebracht und mich dadurch in meiner Ueberzeugung beſtärkt, daß es bei der Stubenvogelzucht viel weniger auf dieſe oder jene Einzelheit in der Pflege, als vor allem Anderen darauf ankommt, wirklich geſunde, im Vollbeſitz ihrer körperlichen Kräfte befindliche Thiere zu haben, die auf der Seereiſe und beim Händler gut behandelt wurden und nicht ſchon einen, wenn auch noch ſo unmerklichen Keim zum Siechthum in ſich tragen, der ſie nie zur höchſten Lebensbethätigung, zur Fortpflanzung, kommen läßt, wenn ſie ſich auch eine Zeit lang ganz gut halten. Abgeſehen von einem früheren, aus England gemeldeten Falle, der aber wenig verbürgt und gar nicht näher beſchrieben iſt, iſt meines Wiſſens die vorliegende die erſte nachweislich gelungene Züchtung des Schuppenloris, und ich bin daher der Auf- forderung der Redaction dieſer Blätter um ſo lieber nachgekommen, als ich die Ver⸗ pflichtung fühle, alles, was dabei für Vogelkunde und -pflege Bemerkenswerthes zu Tage getreten iſt, zu Nutz und Frommen der Wiſſenſchaft und der Liebhaberei be⸗ kannt zu geben. | Unſere Schuppenloris wurden in einem der drei ſechseckigen Glaskaſten unter⸗ gebracht, die, in der Mitte unſeres Vogelhauſes zwiſchen Blattpflanzen aufgeſtellt, ſchon ſeit Jahren gewöhnlich Breit- und Keilſchwanzloris in je einem Paar oder einzelnen Stück beherbergen. Dieſer Kaſten hat etwa 1 Im Grundfläche und eben⸗ ſoviel Höhe; eine Seitenwand iſt als ſenkrechter Schieber beweglich, und ein mit Die erſte Züchtung des Schuppenloris. 463 Drahtgaze überſpanntes Mittelfeld in der Decke ermöglicht einen gewiſſen Luftwechſel, der jedoch ſo gering iſt, daß in dem Raume gewöhnlich durch das überallhin ver— ſpritzte Badewaſſer eine gewiſſe feucht-muffige Atmoſphäre herrſcht. Dieſe ſcheint übrigens den Thieren ganz zuträglich oder doch wenigſtens nicht ſchädlich zu. ſein; denn verſchiedene Arten, auch der zarteren Loris, haben ſich darin ſehr lange ge— halten, wenn ſie nicht ſchon krank in unſere Hände kamen. Inmitten des hölzernen Fußbodens iſt ein natürlicher Kletterbaum befeſtigt, und an einer Seite hängt unter der Decke ein Niſtkaſten, beinahe kreisrund mit gerader Rückwand, 20 em hoch, 15 breit, das Flugloch wie gewöhnlich in ¾ der Höhe, der Boden nach der Mitte zu etwas vertieft. Eine beſondere Heizung hat der Käfig nicht; er erhält ſeine Wärme aus dem Hauſe, welches im Winter auf Zimmertemperatur gehalten wird. Beſondere Wärme hat der Schuppenlori aber auch gewiß nicht nöthig; im Gegentheil: nach den Erfahrungen, die man mit ſeinem nahen Verwandten, dem Gebirgslori (Trieho- glossus Novae Hollandiae Gm.) und den auſtraliſchen Plattſchweifſittichen gemacht hat, bin ich überzeugt, daß er im Stande tft, unſeren Winter im Freien zu über- dauern, ich habe die Abſicht, dieſen Verſuch mit einigen Vorſichtsmaßregeln (theil- weiſer Verglaſung) früher oder ſpäter zu wagen. — Hineingelangen kann man in unſere Lorikäfige nur, indem man ſich durch den engen Schieber durchquetſcht; dann füllt man aber faſt den ganzen Innenraum mit ſeinem Körper aus und beunruhigt die Thiere ganz entſetzlich, ein Gewaltact, der natürlich möglichſt vermieden wird. Dieſe gar nicht auf die Zucht und noch viel weniger auf die genaue Beobachtung des Fortpflanzungsgeſchäftes berechnete Einrichtung mag als Entſchuldigung dienen, wenn im Folgenden vielleicht eine oder die andere Einzelheit nicht ſo genau angegeben werden kann, wie dies von den verſchiedenen Züchtern des Gebirgsloris in dem Ruß ſchen Lehrbuch und der „Gefiederten Welt“ geſchehen iſt. Hätte ich den Käfig einzurichten gehabt oder jetzt einzurichten, ſo würde ich vor Allem den Niſtkaſten direct und auf eine möglichſt unauffällige Weiſe zugänglich gemacht haben, um die Entwickelung der Jungen genau verfolgen zu können. Dazu iſt es nun zu ſpät; denn man muß befürchten, durch irgendwelche Veränderung die Vögel von weiteren Bruten abzuſchrecken. Als Futter erhalten unſere Loris die für alle Fruchtfreſſer bei uns langbewährte Weichfuttermiſchung: altbackene, in Waſſer eingeweichte und wieder ausgedrückte Semmel, trocken (als Pudding) gekochten Reis, gekochte Mohrrüben und Kartoffeln, Feigen abwechſelnd mit Datteln, Alles mit Zucker beſtreut und mit Sepiaſchale über— rieben. Dieſe Miſchung wird zweimal täglich friſch gereicht; außerdem morgens früh etwas Biscuit oder Eierbrod und ein Stückchen Birne oder anderes Obſt je nach der Jahreszeit; ferner Grünes, beſonders Vogelmiere, welche die Vögel mit Vorliebe ſpielend beknabbern; hartes Ei verſchmähen ſie, dagegen nehmen ſie ſehr gern etwas 464 Pferdemahlfleiſch. Ich fand dieſe Fütterung hier vor und kannte ihre guten Ginge 7 Ich habe daher bis jetzt keine Veranlaſſung genommen, etwas daran zu ändern. Wenn ich jedoch die Beſchreibungen von Gould leſe, daß die auſtraliſchen Keil⸗ ſchwanzloris (wenigſtens zeitweiſe) nur von dem Blüthenhonig des Gummibaumes leben, daß der Honig den erlegten Stücken rein aus dem Schnabel fließt, wenn man ſie an den Beinen hochhält, da kann ich doch den Gedanken nicht unterdrücken: Sollte nicht eine einfache Fütterung mit Honig den Thieren die erſte Eingewöhnung in die Gefangenſchaft weſentlich erleichtern und insbeſondere merklich dazu beitragen, daß ſie die Seereiſe gut überſtehen? Es ſollte mich freuen, wenn ich damit vielleicht einen fruchtbaren Wink für verſtändige Händler gäbe; Honig oder Syrup iſt ja leicht überallhin mitzuführen, in gut verſchloſſenen Gefäßen wohl auch dem Verderben wenig ausgeſetzt, und im Import von Loris bleibt noch viel oder beſſer gejagt: das Meiſte zu leiſten. Sind doch die ſchönſten von allen, die Schmuckloris x. von Neu⸗ guinea und dem malayiſchen Archipel, deren Farbenpracht und Lieblichkeit alle ein⸗ geführten Stubenvögel weit in den Schatten ſtellen würde, für uns noch ſozuſagen ſagenhafte Geſtalten, die noch niemand in Europa lebend geſehen hat! Körnerfutter ſteht immer zur Verfügung: Kolben⸗ und weiße Hirſe, Spitzſamen, Hafer, Hanf, und ſie freſſen regelmäßig davon zwischen den Weichfuttermahlzeiten. Man könnte fie alſo auch als „an Samen gewöhnt“ verkaufen Doch würden ſie bei Körnerfutter allein wohl ſchwerlich gezüchtet haben; die verſchiedenen Pärchen vom Gebirgslori wenigſtens, von denen Zuchterfolge bekannt ſind, erhielten alle Weich⸗ futter (beſonders Obſt und Eierbrod), und in der That wird ſich wohl auch kaum ein wirklicher Liebhaber, der züchten will, die nn vecbriehn laſſen, ſeinen Pfleg⸗ lingen ſolches zu bereiten. Während der Brut und Aufzuchtperiode behielten wir 8 Weichfuttergemiſch ruhig bei; nur ließen wir auf Ruß's Rath die Kartoffeln weg. Beides wird bei näherer Betrachtung gleich gerechtfertigt erſcheinen. Warum ſollten die Jungen nicht bei dem Futter gedeihen, bei dem ſich die Alten ſo wohl befanden, daß ſie eben Junge gebracht hatten? Zum Füttern andere als die gewohnten Stoffe darzubieten, wäre, abgeſehen von der Gefahr für die Alten, für die Jungen doch blos dann am Platze geweſen, wenn es ſich um Mitglieder einer Vogelgruppe gehandelt hätte, die notoriſch in der Freiheit eine beſondere Atzung für ihre Jungen verwendet. Anderer⸗ ſeits wird die Kartoffel bei nicht ganz vorzüglicher Beſchaffenheit und ſorgfältiger Zubereitung leicht gefährlich, und Ruß's Rath wurde daher gern befolgt, wie ſo mancher andere Wink, den er, der ſich natürlich ſehr für die ganze Bis; Rn dabei gab. Waſſer verbrauchen unſere Schuppenloris ſowohl als die Gebirgsloris und die Breitſchwänze ſehr viel; fie baden gern und machen ſich viel am Waſſernapf zu Ornith.Monatsschrift. d. Deutschen V. z. S. d. Vogelwelt. N. Ca g Schuppenlori mit Jungen. riehoglossus chlorolepidotus Chromolith. Gustav Leutzsch, Gera-Reuss. Die erſte Züchtung des Schuppenloris. 465 ſchaffen. Unſer langjähriger Vogelwärter ſagt ihnen ſogar nach, daß ſie ihr Futter oft „einſtippen“, ehe ſie es freſſen. Das wäre dann wohl eine Art ſelbſtgeſchaffener Erſatz für die in der Freiheit beliebte flüſſige oder wenigſtens ſehr ſaftige Nahrung? Die eigentliche Schilderung des Brutgeſchäftes denke ich nun für die Vogelkunde ſowohl als für die Pflege am erſprießlichſten zu geſtalten, indem ich ſie in Ver⸗ gleichung mit den hierher gehörigen Thatſachen gebe, die bei den älteren Züchtungen des Gebirgsloris bereits feſtgeſtellt worden find. Dieſe Züchtungen, deren Original- berichte in den Ruß'ſchen Schriften ausführlich veröffentlicht ſind, darf ich wohl als in Liebhaberkreiſen bekannt vorausſetzen, obwohl ſie merkwürdigerweiſe dem ſonſt in der Ausnutzung litterariſchen Materials ſo ſorgfältigen Brehm vollſtändig entgangen zu ſein ſcheinen; er erwähnt wenigſtens in dem betreffenden, 1882 erſchienenen Bande ſeines Thierlebens gar nichts davon, während doch der erſte Fall (Bildhauer Heub— lein⸗Koburg) ſchon aus dem Jahre 1873 ſtammt. Von einem abweichenden und auffallenden Benehmen während der Werbe- und Eierlegperiode, durch welches viele Stubenvögel ihrem Pfleger unzweideutig anzeigen, welche Freude ihm bevorſteht, konnte bei unſeren Schuppenloris um ſo weniger die Rede ſein, weil ſie als kerngeſunde Vögel und echte Loris von vornherein das be— kannte lebhafte, graziös⸗kecke Weſen zur Schau getragen und zum Spielen und Koſen mit einander ſich ſtets geneigt gezeigt hatten. Aus demſelben Grunde möchte ich auch nicht geradezu von einem Liebestanz ſprechen, was ein Züchter des Gebirgsloris thut, wenigſtens nicht in dem Sinne, daß, wie das zu den Sitten vieler Vogelgruppen ge— hört, das Männchen vor dem Treten ganz beſtimmte Stellungen anzunehmen und ganz beſtimmte Bewegungen auszuführen pflegte, die ihrer Natur nach keinen anderen Zweck haben können, als auf die Sinne des Weibchens zu wirken. Ehe es zum Treten emporflatterte, umhüpfte zwar auch unſer Schuppenlorimännchen mit gelüfteten Flügeln das Weibchen, das ſich währenddeſſen platt niederdrückte; aber ebenſo ging auch die Begattung mitunter unmittelbar nach dem Erwachen aus dem Schlafe vor ſich, nachdem das Männchen nur wie ſpielend einige Male mit einem Fuße den Rücken des Weibchens betaſtet hatte. Beſondere Stimmlaute find dabei nicht ver- nommen worden; auch ein Verſchränken der Schnäbel, welches den Begattungen anderer Papageien ein ganz eigenthümlich berührendes Gepräge höherer Innigkeit giebt, wurde nicht beobachtet. Dem Treten ſelbſt haben wir uns in den Zoologiſchen Gärten leider gewöhnen müſſen, bei Papageien wenig Bedeutung beizulegen; es iſt hier nur in den ſeltenſten Fällen wirklich die Verheißung eines Zuchterfolges. So kam es denn, daß unſer Schuppenloriweibchen ſchon auf ſeinen erſten beiden Eiern ſaß, ehe wir nur wußten, daß es gelegt hatte. Bei der zweiten Brut paßten wir natürlich beſſer auf und konnten feſtſtellen, daß die beiden Eier einen um den andern Tag gelegt und 21 Tage bebrütet werden. Wenn nun die Züchter des Ge— 34 466 L. Heck, birgsloris deſſen Brütezeit auf 23—26 Tage angeben, jo ſcheint mir die erſtere Zahl ganz dem merklichen Größenunterſchiede zwiſchen Schuppen- und Gebirgslori zu ent⸗ ſprechen; dagegen kann ich mich der Vermuthung nicht entſchlagen, daß es ſich bei der Maximalzahl von 26 Tagen um eine abnorme, ungerechtfertigterweiſe verall⸗ gemeinerte Verzögerung handelt, und darin beſtärkt mich die Mittheilung von un⸗ gleichzeitigem Ausſchlüpfen der Jungen in einem derartigen Falle, wonach ein Ei allerdings 26, das andere aber nur 23 Tage bebrütet wurde. Bei uns können wir wenigſtens für die zweite Brut mit Sicherheit behaupten, daß die beiden Jungen zu⸗ gleich ausfielen. Das Brutgeſchäft wird, wie beim Gebirgslori und überhaupt wohl den meiſten Papageien, vom Weibchen allein beſorgt. Dieſes verließ ſich, zum Unterſchied von den Angaben der Gebirgslorizüchter, nicht einmal ganz oder zum größten Theile auf die Fütterung von Seiten des Männchens, ſondern erſchien während der ganzen Brut⸗ zeit regelmäßig zu jeder Mahlzeit. Dazwiſchen füttert zwar das Männchen recht eifrig, es ſitzt überhaupt tagsüber viel und Nachts regelmäßig mit im Kaſten; nie⸗ mals aber ſchlüpft es auch nur zu einer kurzen Ablöſung hinein, wenn das Weibchen herauskommt. Ein allezeit aufmerkſamer und muthiger Wächter für Haus und Familie iſt es allerdings; wenn wir die Leiter anſtellten, um, ſo gut es eben ging, in den Kaſten zu ſehen, war es ſtets mit metalliſchen Warnungsrufen ſofort auf dem Poſten und pflanzte ſich geradezu kampfbereit vor dem Niſtloche auf. Das Neſtkleid beſchreibt ein Gebirgslorizüchter als ein doppeltes: „nach den erſten 24 Stunden lange, feine weiße Daunen, welche etwa vom dritten Tage an allmählich durch einen kurzen, wollartigen grauen Daunenflaum verdrängt werden.“ Trotz dieſer genauen Angaben, die allem Anſchein nach auf unmittelbarer Beobachtung beruhen, kann ich nicht leugnen, daß der Gedanke eines doppelten Dunenkleides für mich etwas Befremdliches hat; aber freilich auf dem Gebiete der Gefiederentwickelung gibt es ja noch vieles klarzuſtellen, wie uns nächſtens Altum wieder mit einer Sache be⸗ weiſen wird, die ein wahres Ei des Columbus genannt zu werden verdient (Jugend⸗ mauſer der Faſanen). Wir haben über das Neſtgefieder unſerer jungen Schuppen⸗ loris nichts Anderes feſtſtellen können, als daß ſie ein weißliches Dunenkleid beſitzen, aus welchem am Ende der zweiten Woche die erſten Federkiele hervorſproſſen. 1 Dieſe erſcheinen zunächſt an Flügeln und Schwanz, dann auf Rücken und Kopf. Bei der einfacheren Färbung des Schuppenloris marfiren ſich die einzelnen Stadien der Ausfiederung nicht ſo auffallend wie bei dem bunten Gebirgslori; aber die Jungen hatten längſt ihr vollſtändiges grünes Federkleid, ſogar die gelben Schuppen an der Bruſt waren ſichtbar, und noch machten ſie keine Anſtalten zum Ausfliegen: ſie ſaßen faſt 2 Monate im Neſte! Ich dachte ſchon an Flugunfähigkeit, mangelhafte Knochen- und Federbildung, an die nur zu bekannten flugunfähigen Jungen, die den Die erfte Züchtung des Schuppenloris. 467 meiſten Wellenſittichzüchtern früher oder ſpäter beſchert werden; da fand ich beim Nachſchlagen zu meiner Ueberraſchung und Beruhigung zugleich, daß auch der Ge— birgslori 2 volle Monate braucht, ehe er ausfliegt. Wenn weiterhin der kleine Wellen⸗ ſittich nicht vor der fünften Woche das Neſt verläßt, ein ganz dem Größenverhältniß entſprechender Unterſchied, ſo muß dieſes lange Neſthocken wohl eine bei den Papageien allgemeine Erſcheinung ſein. Ob es mit ihrer eigenartigen, vielſeitigen und doch wieder, wenn man will, unbehülflichen Bewegungsweiſe in Zuſammenhang zu bringen iſt? Beim Ausfliegen unterſcheiden ſich die jungen Schuppenloris wenig von den alten; abgeſehen von dem geringeren Umfang und dem matteren Ton der rothen Farbe an Flügelbug und Unterflügeldecken kennzeichnen ſie, wie alle jungen Papa⸗ geien, die ganz dunklen Augen (die Iris der Alten iſt hellbraun), ferner und haupt⸗ ſächlich aber die dunklen Schnäbel. Hierin iſt übrigens zwiſchen der erſten und zweiten Brut ein ſehr merklicher Unterſchied zu conſtatiren: während die Schnäbel der beiden älteren Jungen unmittelbar nach dem Ausfliegen faſt ſchwarz zu nennen waren, der eine mehr, der andere weniger, glich die Schnabelfarbe der jetzt ausge— flogenen Brut, ein mattes, bei beiden gleichmäßiges Braunroth, zu derſelben Zeit ſchon viel mehr der der Alten. Jetzt haben die erſten Jungen dieſelben hochrothen Schnäbel wie ihre Eltern und find von dieſen nur dadurch allenfalls noch zu unter- ſcheiden, daß der rothe Flügelbug noch weniger hervortritt. Wenige Tage nach dem Ausfliegen der älteren Brut fingen die Alten an, die Jungen zu beißen; wir mußten dieſe wegnehmen und ihnen, die ſo raſch und plötzlich verwaiſt und zur Selbſtſtändigkeit gezwungen waren, natürlich noch einige Tage mit dem Federkiel etwas nachhelfen, ehe ſie allein ans Freſſen kamen. Dieſe Bösartigkeit der Alten gegen die flügge Brut iſt man nach der allgemeinen Erfahrung bei Stuben- vögeln ſtets geneigt, auf Rechnung wiedererwachter Brütluſt zu ſetzen; allein bei unſeren Schuppenloris dauerte es doch vom Ausfliegen der Jungen noch 2½ Monate, ehe das Weibchen wieder legte. Die zweite Brut dagegen wird heute, 14 Tage nach dem Ausfliegen, noch ſehr eifrig und liebevoll gefüttert und kümmert ſich infolge— deſſen noch ſehr wenig um den Futternapf. Dabei will der Wärter beobachtet haben, daß jedes der Alten die Atzung eines beſtimmten Jungen übernommen hat. Dieſe lange Ausdehnung der Brutperiode, Anfang Februar bis Ende September, — wenn ich, der geringen Größe des Schuppenloris entſprechend, jede Brutperiode als aus mehreren Gelegen beſtehend annehmen und die beiden vollendeten Bruten als eine Periode zuſammenfaſſen darf — muß wohl als eine abnorme, durch die Gefangenſchaft bedingte Erſcheinung betrachtet werden; jedenfalls ſtimmt ſie nicht mit der Vertheilung der auſtraliſchen Jahreszeiten überein. Auch die Angaben der Ge— birgslorizüchter deuten darauf hin, daß von den Keilſchwanzloris in der Gefangen— 34 * 468 Ad. Walter, ſchaft eine beſtimmte Brutperiode gar nicht eingehalten wird, daß fie ſich darin weder | nach unſeren, noch nach ihren heimiſchen Jahreszeiten richten, während doch z. B. der Wellenſittich, wenigſtens importirte Paare, wie bekannt, recht zähe an ſeiner heimath⸗ lichen Niſtzeit, unſeren Wintermonaten, feſthält. Schließlich darf ich noch einen Umſtand nicht unbeſprochen laſſen, der mir bei dem hervorgehobenen langen Neſthocken der Jungen wirklich nicht wenig Gedanken machte. Ich konnte mir gar nicht erklären, wo die Kothmaſſe blieb, die ſich während des zweimonatlichen Fütterns der Jungen im Neſte doch nothwendigerweiſe anſammeln mußte. Herausgeſchafft wurde von den Alten nichts, im Kaſten konnte man beim Hineinſehen auch nichts entdecken, und ſchließlich flogen die Jungen, glatt und rein am ganzen Körper, aus. Nun wurde der Niſtkaſten unterſucht, und da fand ſich denn allerdings eine ganz entſprechende Menge Koth, vertrocknet zu brüchigen, läng⸗ lichen Gebilden von unregelmäßiger Form und grauer Farbe. In den mir zugäng⸗ lichen Schilderungen von Gebirgslorizüchtungen ſteht darüber nichts, und mir iſt es unter den geſchilderten Umſtänden trotz des geräumigen Niſtkaſtens nicht recht be⸗ greiflich, wie die Alten das Gefieder der Jungen ſo rein und ſchön zur Entwickelung bringen. Merkwürdige Entdeckungen beim Aufſuchen von Kuckukseiern und jungen Kuckuken. Von Ad. Walter. Wie ich ſchon früher mittheilte, mache ich ſeit Jahren im Sommer weitere und länger andauernde Excurſionen zur Beobachtung des Kuckuks und ſeiner Nach⸗ kommenſchaft. Beſonders ſind es zwei Gebiete, die alljährlich von mir durchforſcht werden, in denen der Kuckuk ſehr zahlreich vorkommt und ſelten geſtört wird. In dieſen Gebieten, das eine in der Provinz Brandenburg, das andere in der Provinz Pommern gelegen, wählen die Kuckuksweibchen faſt ausſchließlich die Zaunkönigneſter zur Ablegung ihrer Eier, und dieſe Zaunkönigneſter ſind es, die ſchon in früheren Jahren, ganz beſonders aber in dieſem Jahre, merkwürdige Erſcheinungen zu Tage förderten. 6 Mehrmals ſchon habe ich berichtet, wie vielſeitig Zaunkönigneſter benutzt werden. Kaum hat der Zaunkönig einige Eier in ſeinen ſchönen kugelrunden und feſten Bau gelegt, da kommt auch ſchon der Kuckuk, der das Neſt ſeit mehreren Tagen erſpäht hat, entfernt ein oder zwei Zaunkönigeier und trägt im Schnabel ſein Ei, das er kurz vorher, auf dem Boden hockend, gelegt hat, zum Neſt. Aber nicht lange erfreut ſich der das Kuckuksei und einige Neſteier bebrütende Zaunkönig der Ruhe, denn Hummeln (Bombus pratorum) haben das Neſt entdeckt und umſchwärmen es. Das Merkwürdige Entdeckungen beim Aufſuchen von Kuckukseiern. 469 kugelrunde Neſt mit dem kleinen Eingangsloch zur Seite iſt wie geſchaffen zur An— lage eines Zellenbaues und ſchnell wird von der Hummel der Verſuch gemacht es in Beſitz zu nehmen. Zwar wird die erſte dem brütenden Vogel nahende Hummel von ihm weggeſchnappt, aber andere Hummeln und zwar mehrere zugleich dringen ein und der in Angſt verſetzte Zaunkönig verläßt eilig das Neſt, das nun ſogleich von zahlreichen Hummeln unterſucht und beſetzt wird, für den Zaunkönig aber für immer verloren iſt. In einigen Tagen iſt die ganze innere Höhlung des Neſtes mit weichem grünem Moos ausgefüllt und in der Mitte dieſer Füllung werden Zellen angelegt und dabei das Kuckuksei wie die Zaunkönigeier überbaut. Wie ich ihn hier beſchrieben, mußte der Vorgang ſtattgefunden haben, als ich am 5. Juni ds. Is. in einem Erlenwalde im Templiner Kreiſe in einem Wachholder— ſtrauche ein Zaunkönigneſt fand. Das Neſt vom Regen durchweicht, weil ein ſchräg auf dem Neſt liegender Aſt das Waſſer gerade auf das Neſt geleitet hatte, enthielt leere Zellen, unter ihnen lag eine dünne Schicht Moos und unter dieſer 2 Zaun⸗ königeier und 1 Kuckuksei. Alle Eier waren, wie der ganze Inhalt des Neſtes, naß, aber die Eier nicht verdorben, ſodaß ſie präparirt werden konnten. Nur das Kuk— kuksei von ziemlich dunkelgrüner Grundfarbe mit aſchfarbigen und olivenbraunen Flecken hatte auf der unteren Seite, mit der es auflag, einen Fleck bekommen, der jetzt wieder verſchwunden iſt. Drei Tage vorher, am 2. Juni, war ich ſchon an dieſer Stelle geweſen, hatte aber dies Neſt überſehen, da es ſehr verſteckt ſtand, dagegen ein anderes entdeckt, das ebenſo merkwürdigen Inhalt barg. Das nur 1 Fuß hoch über dem Erdboden feſt auf einem ſtarken horizontalen Wachholderſtamm ruhende Zaunkönigneſt hatte kein Eingangsloch, wenigſtens war keins zu bemerken. Da die Hummeln ſtets die Eingangsöffnung mit Moos ver— ſtopfen, ſo glaubte ich, daß es entweder von Hummeln beſetzt oder wenigſtens von ihnen wie das vorige mit Zellen verſehen und dann verlaſſen worden ſei. Ich brach deshalb das Neſt auseinander und fand darin zu meiner Verwunderung einen hell— gelben 1½ Zoll hohen Ball aus trockenen Buchen- und Erlenblättern ſorgfältig gefertigt vor. Zellen enthielt dieſer Ball nicht, das ſah ich auf den erſten Blick: jene ſind ſtets mit dunkelgrünem Moos umſchloſſen und dieſes füllt mit den Zellen das ganze Innere aus; dieſer Ball ſtand aber frei im Neſte. Was mochte er wohl enthalten? Geſpannt und neugierig, was kommen würde, brach ich ihn oben aus— einander und erblickte nun ein Knäuel ſich windender und durcheinander kriechender nackter und blinder, dunkelfleiſchfarbiger Zwergmäuſe, 6 bis 7 an Zahl, jedes Thier— chen von der Größe einer gewöhnlichen weißen Bohne. Aber das war noch nicht alles; neben und halb unter dem Ball befand ſich ein Zaunkönigei, klar und, wie es ſchien, unverdorben. Sorgfältig ſchloß ich wieder das kleine runde Zwergmaus— 470 Ad. Walter, neſt, nahm das Zaunkönigei heraus und klappte auch die beiden größeren Hälften des Zaunkönigneſtes wieder ſo zuſammen, daß das Ganze wieder die frühere Geſtalt erhielt. — Auffällig war mir, daß das Zaunkönigei neben den Mäuſen lag und, um ganz gewiß zu ſein, daß die Zwergmaus keine Eier verzehrt, entnahm ich einem einige Stunden vorher gefundenen Zaunkönigneſt mit 4 friſchen Eiern ein Ei, kehrte zu dem Mäuſelager zurück und legte das friſche Ei dicht an die Umhüllung der Mäuſe. Nachdem ich nochmals alles möglichſt gut wieder geordnet, verließ ich für dieſen Tag dieſe Gegend, ſuchte aber am anderen Tage wieder das Neſt auf, nicht nur um Gewißheit zu erlangen, daß die Zwergmaus kein Eierräuber ſei, denn wenn dies der Fall, ſo würde ſie nun das friſche Ei ſicherlich verzehrt haben — ſondern auch, um zu erfahren, ob eine Veränderung im Neſte ſtattgefunden habe. Ich ver⸗ muthete nämlich, daß die zurückkehrende alte Zwergmaus beim Anblick des immerhin lädirten, oben aufgeriſſenen Neſtes ihre Jungen forttragen und anderwärts unter⸗ bringen würde, wie es ja andere Thiere auch machen, wenn das Lager ihrer Nac)- kommenſchaft berührt und zerſtört wurde. Allein ich fand nach vorſichtigem Aus⸗ einanderbiegen beider Neſter, des Zaunkönigs- und des ballartigen Mäuſeneſtes, letzteres zwar leer, aber neben der ballartigen Umhüllung lagen die kleinen Mäuſe in weichgrünes Moos gebettet; das friſche Zaunkönigei war unter dieſes Lager geſchoben und nicht verletzt, ſodaß ich mit Sicherheit annehmen kann, daß Zwerg⸗ mäuſe Vogeleiern nicht nachſtellen. Nach 3 Tagen, kurz vor meiner Abreiſe, kehrte ich noch einmal zum Neſt zurück und fand auch da noch die kleinen Mäuſe im Mooſe, aber auf einer anderen Seite, und auch das Zaunkönigei lag unverſehrt unmittelbar neben den Mäuſen. Eine Veränderung war inſofern bei den Mäuſen eingetreten, als ihre Köpfe nicht mehr die rothe, ſondern eine graue Farbe, durch feine Behaarung entſtanden, erhalten hatten; der andere Körper war wie früher dunkelfleiſchfarbig. Bei jedem Beſuche fand ich das Zaunkönigneſt verſtopft und ſtets die alte Maus abweſend. Daß ſie aber auch bei Tage öfter bei den jungen Mäuſen verweilt, erfuhr ich vor einigen Jahren, als ich in einem hübſchen kleinen, von der Maus ſelbſt angefertigten, im hohen Wieſengrunde haftenden Neſt 8 Junge fand, die die alte Maus eiligſt verließ, | als ich das Neſt berührte. Am 4. Juni war ich nach dem zweiten Beſuch des Mäuſeneſtes in einen etwa eine Meile entfernten Kiefernwald gewandert. Bald hatte ich auch hier ein Zaunkönig⸗ neſt entdeckt. Beim Herantreten an das etwa 4 Fuß hoch im Wachholder ſtehende Neſt bemerkte ich in demſelben ein ſchnelles Hinundherbewegen und erkannte eine Maus. Schnell bedeckte ich mit der Hand das Eingangsloch, denn ich glaubte eine Zwergmaus fangen zu können, die ich gern lebend mitgenommen hätte; allein ich hatte mich geirrt, zwiſchen den Fingern hindurch entwiſchte mir eine Spitzmaus, die, — Merkwürdige Entdeckungen beim Aufſuchen von Kuckukseiern. 471 als Räuber bekannt, im Neſte natürlich nichts zurückgelaſſen hatte und nun das weiche Neſt als Wohnung und Schlafkammer benutzte. So war denn in der Spitzmaus eine neue Bewohnerin der Zaunkönigneſter von mir entdeckt. Wie vielſeitig dieſe Neſter noch außerdem zur Brut- oder Schlaf- ſtelle von Thieren benutzt werden, habe ich ſchon mehrmals, ſo auch in dieſer Monatsſchrift, 1887 Seite 87, mitgetheilt. Es ſind folgende: der Erbauer des Neſtes, der Zaunkönig, der Kuckuk, Hummeln, Horniſſen, Wespen, Zwergmaus, Spitzmaus. Dieſe benutzte das Neſt als Schlafſtelle, alle übrigen als Brutftelle. In nicht großer Entfernung von dieſem Neſt, das der Spitzmaus als Wohnung diente, entdeckte ich im vergangenen Jahre ein Zaunkönigneſt mit 2 Zaunkönigeiern und einem Kuckuksei. Nun war ich am 4. Juni ds. Is. wieder an jener Stelle, die ich mir genau notirt hatte, weil das im vorigen Jahr hier gefundene Kuckuksei gar eigenthümlich gefärbt und geſtaltet war. Es war ſehr klein und von ſo eigen— artiger heller Färbung, daß ich es gleich nach meiner Rückkehr nach Kaſſel unſerem erſten Ornithologen, dem Herrn Oberſtabsarzt Dr. Kutter zeigte, der es im erſten Augenblick nicht als Kuckuksei erkannte. — Das war alſo im vorigen Jahr geweſen. Jetzt kam ich wieder an jenen Ort und fand nur 10 Schritt von dem Strauche ent- fernt, der voriges Jahr mir das niedliche runde Kuckuksei im Zaunkönigneſte brachte, ein Zaunkönigneſt mit 4 faſt flüggen jungen Zaunkönigen. Senkrecht unter dem Neſt erblickte ich auf dem Mooſe am Erdboden ein Kuckuksei, das ſchon längere Zeit dort gelegen hatte, denn es zeigte auf der am Moos haftenden Stelle einen farbloſen kleinen Fleck. Der alte Zaunkönig hatte alſo, nachdem der Kuckuk das Ei ins Neſt gebracht, daſſelbe wieder hinausgeworfen und ſeine eigenen Eier ausgebrütet. Dies unter dem Zaunkönigneſt gefundene Kuckuksei iſt nun wieder ein ſolches nied— liches rundes Ei wie das vorjährige und faſt nicht von ihm zu unterſcheiden. Als ich fortfuhr, nach Zaunkönigneſtern zu ſuchen, entdeckte ich ein ſolches bald, etwa 100 Schritt entfernt von dem ſoeben gefundenen. Es enthielt nichts weiter als 1 Kuckuksei. Das Neſt war verlaſſen. Dieſes Kuckuksei iſt wieder den beiden, dem vorjährigen ſowohl wie dem kurz vorher unter dem Neſt der flüggen Zaunkönige gefundenen, niedlichen Eiern zum Verwechſeln ähnlich. Ich habe ſo kleine, runde und eigenthüm— lich gefärbte Kuckukseier bisher noch nicht entdeckt und dieſe 3 gleichen Eier erregen die Bewunderung der hieſigen Ornithologen nicht nur wegen ihrer Kleinheit, eigen- thümlichen Form und Zeichnung, ſondern auch deshalb, daß fie auf ein- und der— * g ge o 472 Ad. Walter, ſelben Stelle — voriges Jahr wie diefes Jahr — gefunden wurden. Sie er (6 wieder von Neuem den Beweis, daß 1. das Kuckuksweibchen jedes Jahr an denſelben Ort zurückkehrt und genau an derſelben Stelle ſein Fortpflanzungsgeſchäft betreibt, und 2. daß ein und daſſelbe Weibchen ſtets gleiche Eier legt. Daß auch die Männchen alljährlich ihren früheren Wohnort aufſuchen, hat ſchon Naumann mitgetheilt. Er ſah 17 Sommer denſelben Kuckuk wiederkehren, denn an der ganz abnormen Stimme kannte er ihn jedes Jahr ſogleich wieder. Obgleich nun alle ſtreng und gewiſſenhaft forſchenden Vogelkundigen, unter ihnen auch unſer Vereinsmitglied Herr Ochs, dieſelben Erfahrungen gemacht haben und zwar Erfahrungen, die auf „Thatſachen aus direkten Beobachtungen heraus“ begründet ſind, ſo iſt doch in neueſter Zeit der Verſuch gemacht worden, dieſe That⸗ ſachen umzuſtoßen und ſie als nicht zutreffend zu bezeichnen; ferner iſt behauptet worden, daß ein- und daſſelbe Kuckuksweibchen ſehr verſchiedene Eier legen könne. Durch ſolche Behauptungen, die der Wirklichkeit widerſprechen, kann derjenige der geehr⸗ ten Leſer, dem es darum zu thun iſt, den Kuckuk in ſeinen Fortpflanzungseigenthümlich⸗ keiten kennen zu lernen, dem aber die Gelegenheit fehlt, ſich durch eigene Beobachtung von dem wahren Sachverhalt zu überzeugen, irre geleitet werden, und deshalb ſtelle ich noch einmal die weiter unten folgenden 3, durch Thatſachen bewieſenen Sätze zur Beachtung auf und erlaube mir zugleich zu bemerken, daß ich während der Beob— achtungen und Forſchungen ſeit 2 Jahrzehnten nach kürzlich vorgenommener Durchſicht und Zuſammenſtellung meiner diesbezüglichen Notizen im Ganzen 248 Kuckukseier und einige 50 junge Kuckuke in Neſtern entdeckt habe, ich alſo wohl einige Erfahrungen geſammelt haben muß. Die drei durch Thatſachen bewieſenen Sätze ſind folgende: 1. Die verſchiedenen Kuckuksweibchen legen zwar ſehr verſchiedene Eier, aber die Eier ein- und deſſelben Weibchens ſind ſich in Zeichnung, Färbuug und Form immer gleich. | 2. Jeder Kuckuk ſucht, wenn er nicht daran verhindert wird, feinen früheren Wohnort wieder auf und das Weibchen bringt, wenn irgend möglich, an dem— ſelben Orte, wo es bisher ſeine Eier legte, auch ferner ſeine Eier unter. 3. Jedes Kuckuksweibchen iſt bemüht, ſtets die Neſter der gleichen Vogelart zum Ablegen ſeines Eies zu benutzen, und zwar derjenigen Vogelart, die das Weibchen großgezogen hat. Deshalb findet man in vielen Gegenden die Kuckuks⸗ eier nur in Zaunkönigneſtern, z. B. bei Reiersdorf in der Mark und in Pommern bei Gülzow. In anderen Gegenden, z. B. bei Wittenberge, findet man die Eier nie in Zaunkönig⸗, ſondern nur in Rohrſängerneſtern. Hier bei Kaſſel legt der Kuckuk weder in die vielen Zaunkönigneſter, die er hier leicht findet, noch in Rohrſängerneſter, ſondern in Rothkehlchenneſter. 2 Kae Merkwürdige Entdeckungen beim Aufſuchen von Kuckukseiern. 473 Wie die verſchiedenen Kuckuksweibchen recht verſchiedene Eier legen, ebenſo iſt es auch bei anderen Vogelarten, z. B. dem rothrückigen Würger (Lanius collurio), der ſchwarzköpfigen Grasmücke (Silvia atrieapilla), dem Baumpieper (Anthus ar- boreus) und vielen anderen Vögeln, aber auch bei ihnen fiudet man daſſelbe wie beim Kuckuk: manche Würger legen grüngrundige, andere roth-, noch andere gelblich— grundige Eier; niemals aber findet man grüngrundige und roth- oder gelbgrundige in ein⸗ und demſelben Neſte; das Würgerweibchen, das grüne Eier legt, legt niemals rothe. Ebenſo iſt es beim Baumpieper und anderen Vögeln. Und, was ich noch beſonders hervorheben möchte: auf die Nahrung kommt es gar nicht an. Man findet an ein- und derſelben Oertlichkeit, auf ein- und demſelben Platze rothe Würger— eier in einem Neſte und in einem anderen grüne. So entdeckten der Lehrer Mar— tins in Pläniß und ich Anfang Juni 1882 (ſiehe Beobachtungsſtationen der Vögel Deutſchlands, Jahrgang 1883) in einer guten halben Stunde 3 Würgerneſter mit je einem Kuckuksei. Das von mir gefundene Würgerneſt enthielt grüngrundige Neſt— eier und grüngrundiges Kuckuksei, die beiden von Herrn Martins entdeckten Würger— neſter haben das eine gelbgrundige, das andere rothgrundige Neſteier, beide aber ein grüngrundiges Kuckuksei. Alle 3 Neſter ſtanden im Exlengebüſch auf ein- und demſelben wieſenartigen Acker. Die Nahrung konnte alſo bei allen Würgern nur die gleiche geweſen ſein. Ueber die Zunahme oder Vermehrung der Knckuke habe ich noch Einiges zu berichten. Daß eine ſolche in den Provinzen Brandenburg und Pommern ſtetig ſtattfindet, trotzdem eine Menge Bruten zu Grunde gehen, ſcheint mir unzweifelhaft zu ſein, wie ich auch früher ſchon berichtete. In dem Gebiete von Pommern, in welchem im vergangenen Jahre die Eichhörnchen arge Zerſtörungen an Zaunkönig— neſtern anrichteten, wodurch viele Kuckukseier zu Grunde gingen, war es dieſes Jahr beſſer beſtellt. Es fanden ſich zwar durch Eichhörnchen zerſtörte Neſter vor, indeſſen mochte durch das Abſchießen der Eichhörnchen — es wurden über 100 in jenem Revier geſchoſſen — bewirkt worden ſein, daß ſich auch wieder hinreichend Kuckukseier in Zaunkönigneſtern vorfanden. Ich entdeckte 10 Stück, die leider ſämmtlich bis auf 1 verlaſſen waren, weil der Kuckuk das Neſt entweder lädirt oder gar durch ſeine Schwere zu Boden geworfen hatte beim Einbringen ſeines Eies. Auch nur einen jungen Kuckuk entdeckte ich im Neſt, aber alte Kuckuke gab es in Menge. Im Temp- liner Kreiſe in der Provinz Brandenburg, wo ich vom 2. bis 5. Juni verweilte, entdeckte ich 6 Kuckukseier, ebenfalls alle verlaſſen, und von jungen Kuckuken nicht einen; indeſſen konnte man an mehreren erweiterten und glatt abgetretenen Eingangs— löchern der Zaunkönigneſter erkennen, daß ein junger Kuckuk darin großgezogen war und bereits das Neſt verlaſſen hatte. Wie ſtark aber die Vermehrung in der Provinz Brandenburg zugenommen * L 474 Li. Buxbaum, Einige Vertilger der großen Kiefernraupe. hat, beweiſt das maſſenhafte Vorkommen von Neſtern mit Kuckukseiern in Gegenden, wo zwar ſchon immer viele Kuckukseier gefunden wurden, aber doch nie in ſolcher Menge. Ein Freund von mir aus der Stadt Brandenburg theilt mir mit, daß er in der nahen und weiteren Umgebung der Stadt bis Mitte Juni 20 und ſpäter mit einem jungen Mann gemeinſchaftlich wieder 20 Kuckukseier entdeckt habe, daß ihm aber noch ſchließlich vom Lehrer Leppin 3 in verlaſſenen Neſtern gefundene Kuckukseier gebracht wurden, ſodaß ihm 43 Kuckukseier zu Geſicht kamen. Einige Vertilger der großen Kiefernraupe. Von L. Buxbaum. Wie ſchon in Nr. 10 dieſer Monatsſchrift mitgetheilt wurde, ſind die Waldungen der Main- und Rheinebene in der Großherzoglich Heſſiſchen Provinz Starkenburg ſeit drei Jahren von der großen Kiefernraupe (Gastropacha pini) in erſchreckender Weiſe befallen und iſt es gewiß von Intereſſe zu erfahren, wie ſich die verſchiedenen Vogelarten dieſer Raupenmaſſe gegenüber bis jetzt verhalten haben. Einige Vogel⸗ arten haben ſich ganz beſonders als eifrige Raupenvertilger erwieſen und haben da⸗ durch der Forſtwirthſchaft große Dienſte geleiſtet, was ihnen hiermit gutgeſchrieben werden ſoll. Zunächſt iſt der Kuckuk zu nennen, der ſich in größerer Zahl eingeſtellt und von früh bis ſpät als trefflicher Raupenvertilger bewährt hat. Als derſelbe Mitte April hier ankam, fand er ſeinen Tiſch überreichlich gedeckt mit der Kiefern- raupe und es blieben deshalb viele da, denn ſie brauchten nicht lange nach Nahrung zu ſuchen, ſondern konnten nur nehmen, ſo viel ſie wollten. Ein ſchöneres Leben für einen Kuckuk kann es ja auch gar nicht geben, wie er ſich ſolches hier verſchaffen konnte. Wohin man ſich aber auch wenden mochte, überall ſah und hörte man den Kuckuk, oft waren mehrere beiſammen und riefen unverdroſſen einander zu. Das kann als feſtſtehend gelten, daß dieſe Raupenmenge den Kuckuk in größerer Zahl hier feſtgehalten hat. Weiter haben die Eichelheher an der Vertilgung dieſer Raupen regen Antheil genommen. Oft habe ich ganze Familien dieſer munteren, ſchönen Vögel beobachtet, wie ſie an die Bäume flogen und Raupen wegnahmen, beſonders haben ſie die nahe am Boden, an den Stämmen ſitzenden, in einem Sprunge von der Erde aus weggeſchnappt. Ihr Nutzen iſt in dieſer Beziehung hoch anzuſchlagen und der Forſtmann hat diesmal eher durch die Finger geſehen, wenn er ein Vogel⸗ neſt plünderte. In auffallend großer Zahl hat ſich auch der Pirol eingeſtellt, um an dieſem Vernichtungskriege Theil zu nehmen und ich war erſtaunt, ſo viele dieſer goldſchimmernden Vögel auf einmal hier zu ſehen. Man ſieht daraus, daß gute Nahrung die Vögel anzieht. Gute, geeignete Brutplätze und reichliche Nahrung, das ſind die Hauptbedingungen für die Anſiedelung der Vögel. Auch das muntere Volk Karl Knauthe, Ankunft der Zugvögel zu Schlaupis im Frühling 1890. 475 der Meiſen hat tapfer mitgeholfen, den Erbfeind der Kiefern zu bekämpfen und haben ſich beſonders die Kohl- und Blaumeiſen ausgezeichnet. Dieſe beiden Arten habe ich durch Pflanzung von Samenblumen wieder in meinen Garten und an das Fenſter gelockt und ſie ſuchen nun die Stämme und Aeſte der Bäume ab nach Raupen, Puppen und Eiern. Auch die Spechte verzehrten viele Raupen und habe ich den Grünſpecht, den Grauſpecht, den großen, mittleren und den kleinen Buntſpecht bei dieſer Arbeit beobachtet. Der Schwarzſpecht iſt hier ſehr ſelten und habe ich in dieſem Jahre nur ein einziges Exemplar geſehen. Ob ſich auch die Staare bei der Vertilgung dieſer ſchädlichen Raupen betheiligten, konnte ich nicht feſtſtellen, da dieſelben nur in einigen Paaren vertreten ſind. Auch die Droſſeln und Amſeln ſind ſelten geworden und haben überhaupt die Singvögel ſehr abgenommen. Es iſt des— halb beſonders auffallend, wie die vorgenannten Vögel in dieſem Jahre ſich auf ein— mal in ſo bedeutender Anzahl einſtellten und vorwiegend von der Kiefernraupe lebten. Die Krähen, die hier ſehr häufig vorkommen, haben ſich um dieſe Raupen nicht ge— kümmert. Die Kiefernraupe hat ſich jetzt etwas vermindert und ſcheint ſich weiter nach Oſten zu verbreiten. Vogelſchutz und Leimringe, das ſind die beſten Schutz— mittel gegen dieſelben. Raunheim a. Main. Tabelle über die Ankunft der Zugvögel zu Schlaupitz am Zobten im Frühling 1890, ſowie mehrere Bemerkungen dazu. Von Karl Knauthe. Vorausſchicken muß ich dieſem Artikel einige Worte über das überaus ſpärliche heurige Ueberwintern gewiſſer Singvögel im Bereiche des Vater Zobten: Grünlinge, Stieglitze, Kernbeißer fehlten dem Beobachtungsgebiete faſt gänzlich, Finken waren nur ſehr wenig vertreten und erlitten, weil beinahe niemand ſie fütterte, größtentheils den Hungertod oder fielen dem Wegelagerer Sperber und vagabundirenden Elſtern zum Opfer. Für dieſe letztere Behauptung hier einen Beweis. Auf unſerem Compoſt⸗ haufen hatte ich nach Anleitung des Herrn Hofrath Prof. Dr. Liebe einen „Straßen— futterplatz“ errichtet, welcher von Spatzen, Ammern und einigen wenigen Finken gar regelmäßig frequentirt wurde. An einem rauhen, ſtürmiſchen Januartage ſtellten ſich dort auch zwei „Schalaſtern“ ein, fraßen eifrig geringe Gerſten- und Weizenkörner und kümmerten ſich ſcheinbar um das ſie umſchwärmende kleine gefiederte Geſindel gar nicht. Ein Citrinellamännchen war unvorſichtig genug, dem einen der durchtriebenen Räuber allzu nahe zu kommen; da — ein wuchtiger Schnabelhieb und der kleine, niedliche Geſell lag blutüberſtrömt am Boden! Das gleiche Loos traf binnen wenigen Stunden noch zwei Feldſperlinge, ſowie zwei Finken. Immer fand ich an den Leichen 476 Karl Knauthe, die Hirnſchale zertrümmert. — Die Thierchen litten nach länger andauernden heftigen E Schneefällen jo bittere Noth, daß die fonft ſo wenig zutraulichen Finken ſtändig in unſer Wohnhaus kamen, ſo bald nur die Thüren offen ſtanden, daß die Goldammern ſogar auf dem Dominium Kuchendorf mit dem Spatz in die Scheuern pilgerten und ſich dort, ſelbſt wenn mit Flegeln oder Maſchinen gedroſchen oder mittelſt der Wurfmaſchine Getreide gereinigt wurde, ordentlich voll fraßen u. ſ. f. Der Eisvogel, welcher ſich in ſeinem farbenprächtigen Gefieder ſo wunderhübſch in der vom weißen Tuch überdeckten Landſchaft ausnimmt, wurde im letzten Winter, wie ich bereits in der „Allgemeinen Fiſcherei-Zeitung“, München, kurz berichtete, hier in Schlaupitz gar nicht beobachtet; nur an der Lohe, einem Zufluß der Oder, — dieſelbe fließt jedoch mehr denn eine Meile von meiner Heimath entfernt und begrenzt das Beobachtungsgebiet im Oſten — wurde er einmal geſehen und fehlte auch zu Gorkau am Nordabhange unſerer Aſenburg nach Mittheilungen des Freiherrn von Lüttwitz total. In anderen Wintern fanden ſich, ſobald ſich das Erdreich mit einer hohen Schneeſchicht überdeckt hatte, ſtetig alle die hierorts überwinternden Nebel-, Saat- und Rabenkrähen u. dgl. ſehr regelmäßig im Gehöft ein, ſuchten hier emſig den Miſt⸗ haufen ab oder ſtolzierten auf den Wegen herum; heuer ließen ſie ſich dagegen, ſelbſt bei ſtarkem Schneeſturm, auffälliger Weiſe nur ſelten im Dorfe blicken und zogen es vor, die Aecker und Gelände unſicher zu machen. Hier ſind ihnen, wie ich aus den häufigen Meldungen in den Journalen ſchließen darf, wohl in ganz Mittelſchleſien ſehr viele Rebhühner, angeſchoſſene Haſen und eine beträchtliche Menge Kleinvögel zur Beute geworden. Buteo lagopus, der gewaltige Nordländer, welcher ſonſt, wenngleich ſehr ver— einzelt, am Zobten brütete (nach Baron Lüttwitz) und, durch herbſtliche Gäſte ver- ſtärkt, im Winter ziemlich zahlreich hier auftrat, iſt von mir nur einmal in dem in Rede ſtehenden Zeitabſchnitt geſehen worden (24. Januar er. — Se. Durchlaucht Prinz Carolath auf Mellendorf beobachtete ihn ebenfalls nicht öfter) und war nach Baron Lüttwitz damals im nördlichen Diſtrikt ebenſo ſelten. | Wirklich zahlreich und gemein traten dagegen Kohl, Blau- und Schwanzmeiſen, Goldhähnchen, Baumläufer und Zaunkönige hier auf. Schnärrdroſſel 30. Januar (ca. 60 Stück bei N.⸗Wind von S.: N. W.). Staar 8. Februar (nach dem „Hausfreund für Stadt und Land“ zu Altwaſſer bei Waldenburg). 13. Februar (nach dem „Hausfreund für Stadt und Land“ zu Neudorf bei Nimptſch i. Schl.). 24. Februar (zu Schlaupitz). 27. Februar (zu Reichenbach i. Schl. nach dem „Hausfreund w. Stadt und Land“, Neurode). i | | Grünling Buchfink Feldlerche Weiße Bachſtelze Vanellus eristatus Hausrothſchwanz Thurmfalk Ringeltaube Gelbe Bachſtelze Hausſchwalbe Rothkehlchen Storch Brachpieper Girlitz Steinſchmätzer Wendehals Gartengrasmücke Wiedehopf Kuckuk Schafſtelze Mehlſchwalbe Grauhänfling Braunkehlchen Fitisſänger Nachtigall Pirol Turteltaube Lanius collurio Lanius minor Wachtel Crex pratensis Droſſelrohrſänger Ankunft der Zugvögel zu Schlaupitz im Frühling 1890. 477 4. März (ca. 20 Stück ziehen von O.: W. über Schlaupib). 5. März (ca. 40 Stück ziehen von W.: O. über Schlaupitz). 7. März (ein Schwarm bei S. W.⸗Wind von O.: W. 19. März (30 Stück von W.: S. O. bei O.⸗Wind). 9. März (Zug bei ſteifem Süd von O.: W., die erſte fingen ge- hört 1 Monat nach „Lichtmeß“). 11. März. 14. März (nur 1 Stück; 15. März früh 8½ Uhr bei N. W.⸗ Wind 10 Stück von N. O.; 17. März bei ſteifem Weſt 12 Stück von N.: S.). 17. März. 18. März (?) Beobachtung eines Förſters. 20. März. 27. März. 28. März (2 Stück bei W.⸗Wind von O.: W., eigene Beobachtung). 28. März. 29. März (20 Stück auf unſern Feldern, ſtreichen nach N. ab und überfliegen den Geiersberg). . April. 8. April. 9. April. 10. April. 14. April. 15. April. 17. April. 18. April (großer Schwarm; am 21. 22. und 25. April desgl.) 20. April (22. April zu Glatz i. Schl.). 20. April. 23. April. 25. April. 28. April. 28. April. 28. April. 5. Mai. 6. Mai. 7. Mai. 10. Mai. | 19. Mai (Inſpektor Fiſcher-Kuchendorf). we 478 Karl Knauthe, Schilfrohrſänger 24. Mai (Acrocephalus arundinaceus). 3. Februar 6 ziehende Beutelmeiſen im Garten. 26. Februar Rüpel Spatz beginnt ſein Neſt auszubeſſern; erſte Gelege Anfang (4.) März. 2. März Rebhühner beginnen ſich zu Paaren zu ſondern (vgl. „Illuſtrirte Jagd-Zeitung“, Leipzig). 9. März Elſtern beginnen Neſter zu bauen; 3 Stück mit Reiſern im Schnabel einem Weidengeſtrüpp zufliegen geſehen. 15. März Amſel ſingt. 18. März ein fertiges Neſt von T. viseivorus auf unſerem Apfelbaume. Wir hatten ganz zuverſichtlich geglaubt, daß der Frühling, wie bisher immer, uns bedeutenden Zuzug von allerlei fröhlichem gefiederten Volk bringen und die durch den Winter geſchlagenen Wunden ausheilen würde, ſahen uns in dieſer Annahme aber theilweiſe leider bitter getäuſcht. ö Der Stieglitz, über deſſen ungemein zahlreiches, regelmäßiges Brüten hier im Dorfe in früheren Jahrgängen ich ſtolz und freudig den Mitgliedern 1887, Nr. 7 und in Cab. Journ. für Ornithologie berichtete (damals niſteten z. B. „blos auf der ſehr hohen Fichte unſeres Gartens drei Paar, faſt auf jeder Pappel wenigſtens eins und in unſerem etwa 1 Morgen großen Obſtgarten zählte ich 6 Neſter; in allen wurden die Bruten gut gezeitigt“), fehlte als Brutvogel 1890 zu Schlaupitz total, niſtete nur ſehr vereinzelt nach Mittheilungen des Prinzen Carolath zu Mellendorf, wo er ehedem ebenfalls „maſſenhaft auftrat.“ Vom Hänfling kann ich zu meinem größten Bedauern nur daſſelbe ſchreiben; 1887 und 1888 niſtete er noch gar gemein in meiner Heimath, bewohnte ſtetig die unſere Obſtgärten einſäumenden Fichten⸗, Weißdorn- und Haſelhecken in einigen Pärchen und war entſchieden ſtark im Zu⸗ nehmen begriffen. Vom Buchfinken traf ich heuer trotz eifrigſter Nachforſchungen blos 2 Neſter, von Serinus hortulanus — ihn nannte ich in meinen „Vögeln des Zobten“ „gemein und allerorts Brutvogel“ — nicht ein einziges (Prinz Carolath und Baron Lüttwitz bemerkten ebenfalls ſehr wenige Girlitze auf dem Zuge, gar keine brütend). Alcedo ispida fehlte gänzlich, auch in den Bächen des Eulengebirges. In Nr. 6 des XII. Jahrganges der „Ornithol. Monatsſchrift“ brachte Herr Hilmar Gräf eine recht hübſche Abhandlung über das Seltenerwerden der Wachteln; ihm pflichtete ich damals ſchon bei (Nr. 8) und führte einige Urſachen an, woraus ſich daſſelbe für die hieſige Gegend vielleicht erklären ließ. Leider kann ich heuer über den Liebling der Bauern nur noch ſchlechtere Nachrichten bringen: der Daktylen⸗ Sänger iſt aus den Gefilden von Schlaupitz gegenwärtig faſt ganz verſchwunden; es niſtete nur ein Paar hier und auch deſſen Gelege verdarb infolge ungünſtiger * N 1 Ankunft der Zugvögel zu Schlaupitz im Frühling 1890. 479 Witterung. Dagegen iſt Crex pratensis, die „faule Magd“, ſeit 1888 entſchieden im Zunehmen begriffen und beſonders im laufenden Jahre ſind auffällig und un— gemein ſtarke Gelege ſehr gut erbrütet worden. Sehr reducirt iſt zu meinem Be— dauern auch der Beſtand vom Wiedehopf. Ich erinnere mich noch ſehr wohl, daß vor ca. 10—15 Jahren unſere Hofjungen in jedem größeren Obſtgarten mit alten, ausgehöhlten Bäumen „ein Huppenneſt wußten“, und noch 1888 konnte ich in meinen „Vögeln des Zobten“ mit vollem Recht über unſeren Vogel berichten: „Im ſüdlichen Vorgebirge ſehr gemein und in ſtetigem Anwachſen begriffen, beſonders häufig zu Schlaupitz.“ Wie ganz anders jetzt! War es mir doch heuer blos nach vieler Mühe möglich, ein Geniſte von ihm ausfindig zu machen. Prinz Carolath ſagte mir, daß dieſe Angaben auch für Mellendorf zuträfen. Alle Forſtbeamten der Umgegend machen mich darauf aufmerkſam, daß ihr Liebling, das „Rüttelweibel“ (Thurmfalk), ſich heuer nur ganz vereinzelt blicken laſſe, und mein ſeit mehr denn vierzig Jahren hier wohnender Vater ſagt mir, daß Falco tinnuneulus noch niemals jo ſpärlich aufgetreten ſei als in dieſem Jahre. Ich ſelbſt beobachtete ihn bisher nur einmal (12. Aug.), über mäuſereicher Weizenſtoppel rüttelnd. Von Turdus viseivorus brachte uns beinahe jeder ſchöne Tag ſeit Ende Januar mächtig große wandernde Schaaren ins Land; verhältnißmäßig wenige Stücke blieben jedoch bei uns zurück. Während nun ehedem, wie ich bereits an dieſer Stelle XII, 9 mittheilte, „die Vögel die Nadelhölzer entſchieden den Laubhölzern als Niſtbäume „vorzogen“ und weit ab vom Dörflein beträchtlich zahlreicher brüteten als dicht bei oder in demſelben,“ iſt es im laufenden Jahre gerade umgekehrt geweſen. Die Schnärrdroſſel hat ſich merkwürdig häufig zu Schlaupitz ſelbſt angeſiedelt und ihre Neſter, obwohl hier in jedem Garten eine oder mehrere Fichten und Lärchen ſtehen, wohl nur auf Eichen, Birken, Rüſtern, Pappeln oder Obſtbäumen placirt und die weit ab vom Dorfe gelegenen Gebüſche gemieden. Der Grund für dieſes merkwürdige Faktum iſt einzig und allein der, daß in dieſen Gehölzen (ſie ſind zwiſchen größeren bebauten Flächen verſtreut) die Eichen, in welche Kiefern ſowie Fichten eingeſprengt ſind, zum Gewinn der Rinde niedergehauen wurden und jene daher nunmehr völlig iſolirt daſtehen. Sehr oft hatte ich natürlich unter ſolchen Umſtänden Gelegenheit, die kampfesfrohe Droſſel in heftiger Fehde mit Krähen, welche ihrer Brut allzu nahe gekommen, zu beobachten und zu erfahren, auf welch raffinirte Weiſe ſich dieſes geiſtig hoch beanlagte Räuber⸗ und Diebespack doch in den Beſitz der leckeren Eier unſerer Sänger zu ſetzen weiß. So hatte in einem kleinen Obſtgarten eine „Schnarre“ auf einem Apfelbaume gar gut verſteckt ihre Hütte gebaut. Eine Nebelkrähe machte die— ſelbe auf einer Streiferei ausfindig, flog aber ſofort hinweg, heftig von beiden Gatten verfolgt, und kehrte erſt nach ſehr geraumer Zeit mit einem Genoſſen zurück. Dieſer letztere ſtolzierte nun auf dem Aſte, auf welchem das Neſt errichtet war, von vorn 480 Karl Knauthe, Ankunft der Zugvögel zu Schlaupis im Frühling 1890. | auf das brütende Weibchen los; daſſelbe ſtürzte ſich natürlich ſofort wüthend auf den Feind und rief durch ſein ängſtliches Geſchrei die ganze Sippe herzu; in der Zeit hatte aber die andere Krähe (ſie war in großem Bogen vorſichtig von hinten heran⸗ geflogen gekommen) ſchon ein Ei geraubt. „ Unſer geehrtes Vereinsmitglied, Herr Buxbaum, hat in ſehr intereſſanten A tikeln ſowohl in der „Ornithologiſchen Monatsſchrift“, als auch in Profeſſor Nolls „Zoologiſchem Garten“ (XXIX, 5) gezeigt, daß hin und wieder kleinere Sing⸗ vögel ſich den Zügen der größeren anſchließen, iſt jedoch der Anſicht, daß dieſe Wanderung immer „vor“ oder „bei dem Winde“, nie gegen denſelben ſtattfinde. Dieſen Angaben widerſpricht Herr A. Walter. Auch nach meinen Wahrnehmungen iſt das Ziehen mit dem Winde kein regelmäßig eintretendes. So zogen bei uns am 9. März er. etwa 50 Nebel- und Saatkrähen ganz niedrig bei ſteifem Süd von N. nach S., dicht hinter ihnen 20 Staare; am 12. März ein großer Schwarm Krähen (C. frugilegus) ganz hoch (Luftſtrömung der Wolken von S. W. nach N. O.) von N. nach S., ihnen ſchloſſen ſich 7 Elſtern an; am 13. März (ſteifer Wind von S. W. nach N. O.) am Abend ca. 100 Schnärrdroſſeln niedrig von N. nach S., im Gefolge 30 Grauammern; am 19. März früh 6 Uhr bei ſtürmiſchem O.-Winde 100 Saat⸗ krähen niedrig von W. nach O., mit ihnen ein Völkchen Finken; am 29. März fliegen bei ſteifem Süd ca. 100 Schnärrdroſſeln und einige Finken, heftig von Van. eristatus befehdet, über unſere Wieſen; endlich am 1. April 30 Ringeltauben und hinter ihnen Schnärren fliegen gegen ſtraffen W.-Wind an. „Immer hatten bei dieſen Beobachtungen die kleineren Vögel durch die größeren eine vorzügliche Deckung gegen den ſcharfen conträren Wind.“ Recht intereſſant iſt jedenfalls folgende Wahrnehmung über den Vogelzug: am 19. März gegen Mittag kamen 100 Krähen und vor ihnen ein Völkchen Staare vor dem Winde angeſegelt. | Am 9. März begannen die netten Schleierkäuze wieder unſeren Taubenſchlag zu befliegen und ihre „fatale Nachtmuſik“ uns vorzutragen. Merkwürdiger Weiſe blieben heuer aber ſämmtliche eigentlichen Bewohner ruhig im „Söller“, während ſie früher wie toll herausgeſtürzt kamen, ſobald die unheimlichen Gäſte ihre Wohnung betraten oder ihr Concert begannen, und mehrere Nächte auf dem Dache unſeres „Schloſſes“ zubrachten. Sie müſſen es doch nunmehr aus Erfahrung willen, daß die unheim lichen Geſellen für ſie ganz ungefährliche Genoſſen ſind. — Leider wurden die Eulen allzu oft im Brutgeſchäft geſtört, daher verdarb das ſchon ſtark bebrütete Gelege. Im Sommer des Vorjahres waren alle unſere Stallungen gründlich renovirt worden; man hatte dabei an der Außenſeite die alten, dicht gedrängt ſtehenden nied- lichen Neſter von Hirundo urbica zerſtören müſſen, und es war den zierlichen Vögelchen auch unmöglich geweſen, damals neue Hütten zu errichten. Trotzdem be⸗ gannen heuer einige Pärchen ihre Geniſte dort aufzubauen; die Arbeit ging gar raſch Heinr. Ochs, Brutplätze des Sumpffängers in der Umgebung von Kaſſel. 481 von ſtatten, doch als die ſchönen halbkugeligen „Kinderwiegen“ beinahe vollendet waren, da ſetzte ſich der niederträchtige, faule Vagabund Spatz im Neſte feſt, vertrieb die herbeieilenden, ängſtlich ſchreienden Eigenthümer durch wuchtige Biſſe und begann ſich in dem ergaunerten Beſitze ſchnell häuslich einzurichten. Ein hieſiger Gutsbeſitzer zeigte mir ſogar unlängſt unter einem von demſelben Rüpel vecupiiwn Mehlſchwalbenneſte drei friſch zertrümmerte Eier!!! In einem Balkenwinkel an de Außenſeite unſeres Wagenſchuppens wollte ein Pärchen von Muscicapa grisola ſeine Heimath errichten, nur wenige Schritte von einigen Spatzenanſiedelungen entfernt. Eines ſchönen Tages fielen nun ſämmtliche Spatzen wüthend über das Neſt des Fliegenſchnäppers her, demolirten es total und flogen mit den von den Fängern mühſam zuſammengeſchleppten Federn ihren lüderlichen Behauſungen oder Spelunken zu. Daſſelbe Schickſal erlitt ein Rothſchwanzneſt, angebracht in einem Mauerloche unſerer Burgruine. Von der Gebirgsbachſtelze, welche erſt ſeit 1886 hier am Geiersberge ſich häus— lich niedergelaſſen hat, haben heuer ſogar zwei Familien zu Schlaupitz ſelbſt an den Ufern des dicht beim Dorfe vorbeifließenden Gebirgsbächleins in hohlen Weiden ge— wohnt und ihre Gelege vorzüglich ausgebracht. Dieſer Vogel iſt in ſtetiger Zunahme begriffen, dagegen hat von M. alba (ſie war früher hier gemein) nur ein Pärchen in meiner Heimath gebrütet. Schlaupitz (Dom.), den 31. Auguſt 1890. Brutplätze des Sumpfſängers in der Umgebung von Kaſſel. Von Heinr. Ochs. (Aus einem Briefe an K. Th. Liebe.) Anknüpfend an Ihren Bericht in Nr. 12, betitelt: „Zum Anpaſſungsvermögen des Sumpfſfängers“, wollte ich nicht verfehlen, auch die Beobachtungen, welche ich ſeit einer Reihe von Jahren an dieſer Vogelart gemacht habe, hier mitzutheilen. Es ſind vielleicht 35 Jahre her, als ich in einem Kornfelde an der Wilhelms— höher Allee einen Sumpfſänger zuerſt hörte, und ich weiß mich noch zu erinnern, welche Bewunderung es damals bei vielen Leuten hervorrief, daß er auch des Nachts ſang. Im nächſten Jahre waren ſchon mehrere Paare da, und wurden von uns, die wir noch Jungen waren, nunmehr auch die Neſter geſucht, und zu dieſem Zwecke das Korn nach allen Richtungen hin durchſtreift. Das zuerſt aufgefundene Neſt ſtand zwiſchen 3 Diſteln im Kornfelde, weitere Nachforſchungen ergaben, daß er — ähnlich wie der Teichrohrſänger die Schilfhalme — die Kornhalme zuſammenzog und zwiſchen denſelben ſein Neſt anbrachte. Von da ab hat er ſich ſehr vermehrt. So— bald das Korn die Aehren hat, ſtellt er ſich ein und, wer Abends die Kaſſel um— 482 Kleinere Mittheilungen. gebenden Gemarkungen durchgeht, wird überall in den Kornfeldern feinen Geſang vernehmen, immer mehrere zugleich ſingen hören. Seinen Aufenthalt aber macht er hier durchaus nicht von der Anweſenheit irgend welchen Waſſers abhängig. So fand ich denſelben zur Brütezeit über 2 Kilometer weit vom Waſſer, ſowie überhaupt von naſſem Boden und den auf ſolchem wachſenden Gewächſen entfernt, wovon ſich im Sommer hier jedermann überzeugen kann. Freilich kommt er auch an den mit Weiden bepflanzten Flüſſen und Teichen vor, namentlich dann, wenn Neſſeln zwiſchen denſelben ſtehen, für die er eine große Vorliebe zu haben ſcheint. Wie oben erwähnt, niſtet die große Menge in den Kornfeldern und fand ich in dieſem Jahre am 3. und 4. Juni je ein vollſtändiges Gelege mit 5 Eiern vor. Wird die erſte Brut geſtört, jo fängt er ſogleich wieder zu bauen an, und in 9—10 Tagen iſt das Gelege wieder vollſtändig mit 5 Eiern belegt. Wohl ſind, wenn auch ſelten, Jahre vorgekommen, daß zur Zeit ſeiner Ankunft die Kornfelder infolge ungünſtiger Witterung ſo weit in ihrer Entwickelung zurück— geblieben waren, daß ſie für ſeine Fortpflanzungsgeſchäfte noch nicht hoch genug waren, und daß er dann auch die in Ihrer geſchätzten Mittheilung erwähnten Ge⸗ büſche aufſuchen mußte. Die hieſigen Ornithologen, wie Herr Oberſtabsarzt Dr. Kutter, ſowie Herr Walter, wunderten ſich ſ. Z. auch darüber, daß er im Korne ſein Neſt anbringe, und Herr Junghans, welcher noch ein Verzeichniß einer ſ. Z. vom verſtorbenen Regierungsrath Sezekorn verfaßten Schrift über die hieſige Vogel⸗ fauna beſitzt, ſagte mir, daß derſelbe denſelben als in den Weidenpflanzungen der Fulda vorkommend bezeichne. Wehlheiden. Kleinere Mittheilungen. Staare. „Kommt Ende Septembers heran, ſo treiben die Schaaren ihr geſelliges, luſtiges Leben weiter ſo fort; aber die alten Paare gehen jetzt an ihre Neſter zurück und ſingen da morgens und abends, als wäre gar kein Winter vor der Thür.“ So etwa ſagt Brehm in ſeinem „Tierleben“ von unſerem Staar (St. vulg.). Aber dieſe luſtigen Brüder treiben um die genannte Zeit noch andere Dinge, die mehr für den Frühling paſſen: ich beobachtete mehrfach, daß einzelne Männchen ſich in ihrem Abſchieds-Geſange ſo ſehr in die Zeit der Minne zurück⸗ begeiſterten, daß ſie — nach „Säuberung“ des Niſtkaſtens — auf das eifrigſte ein neues Neſt wieder darin errichteten. Lenz gehörte mit zu denjenigen, welche den bis dahin im Thüringer Wald und-Hügelland nur einzeln vorkommenden Staaren Niſtkäſten aushängten. Die Sache fand im Herzogthum Gotha und dem Thüringer Walde bei Menſch und Staar allgemeinen Anklang, jo daß — wie Brehm im „Tier⸗ leben“ berichtet — im Herbſt des Jahres 1857 im Schilfe von drei Teichen, näm⸗ Kleinere Mittheilungen. 483 lich bei Schnepfenthal, Waltershauſen und Gotha, ſchon etwa 180,000 Staare übernachteten! — Infolge Vertheilung der „das Aufhängen von Niſtkäſten“ betreffenden Broſchüre des Herrn Profeſſor Dr. Liebe wird die „Staarenzucht“ auch hier in der Gegend immer mehr und mehr betrieben; in einem benachbarten Dorfe hängen an hundert zweckmäßige Staarkäſten; ein Landwirth unten im Thale hat dreißig ſolcher an ſeinem Hauſe angebracht. Staats von Wacquant-Geozelles. Vielleicht dürfte für die Mitglieder unſeres Vereines die Mittheilung nicht unintereſſant fein, daß ein Pärchen Feldſperlinge (P. montanus) am Thore der einen von unſeren Scheuern, auf deren Tenne tagtäglich entweder mit der Maſchine gedroſchen oder Getreide gereinigt wird, ſein Wiuterneſt baut. Da, wo die beiden Schienen, auf denen die Rollen der Schiebethore laufen, zuſammentreffen, iſt eine größere Vertiefung im Gemäuer entſtanden; in dieſer beginnt nun das Pärchen ſich häuslich einzurichten. Das Neſt iſt gegenwärtig halb vollendet. Schlaupitz, 31. Okt. 1890. Karl Knauthe. Balggeſchwulſt. Von einer ſehr ergiebigen Jagdpartie auf Sumpfvögel an den Strandlachen der kuriſchen Nehrung zurückkehrend, ſchoß ich am 4. September am Ufer des kuriſchen Haffs bei Roſſitten u. a. auch ein einzelnes zurückgebliebenes altes Exemplar von Xema ridibundum (Lachmöve) herab, als es eben über der Schälung rüttelte. Dieſes Thier war durch eine ungeheuer große, am oberen Ende des rechten Oberſchenkels feſtſitzende Balggeſchwulſt geplagt, welche reichlich die doppelte Größe des Kopfes beſaß, kahl war und äußerlich wie eine vernarbte brandige Wunde ausſah. Der Durchſchnitt durch das ſtrotzende Geſchwulſtgewebe erinnerte an Drüſen. Königsberg i. Pr., Ende September 1890. Fr. Lindner. Vielleicht intereſſirt es Sie, event. auch die Leſer unſerer Monatsſchrift, daß es in dieſem Herbſte die Schwalben (Hir. rustica) bis zum 30. Det. bei Halle und in der Stadt ſelbſt ausgehalten haben. Soweit ich mich erinnere, iſt der ſpäteſte Termin, bis zu welchem man dieſe reizenden Thierchen bei uns beobachtet hat, der 28. October. Halle, 11. November 1890. | O. Taſchenberg. Litterariſches. Pleske, Th., Ornithographia Rossica. Lieferung 2 und 3. Mit einer Tafel. 1889. (S. VII- XVIII, 153-319; S. XIX XXIV, 320—431. Mk. 7,50 und Mk. 4,75.) In derſelben würdigen Weiſe wie die erſte Lieferung, welche wir ausführlich in der Ornith. Monatsſchrift“) beſprachen, iſt die zweite und dritte vollendet. Es find darin monographiſch die Genera Phylloscopus, Hypolais und Luseiniola behandelt und im Bilde (Mützel's) die Arten Phyll. nitidus Blyth, viridanus Blyth, plumbeitarsus Swinh., borealis xanthodryas Swinh., tenellipes Swinh., oceipitalis Verdon, die letzten drei hier zum erſten Male, dargeſtellt. Sehr zu ftatten für Beſtimmung der Arten werden einem Jeden die bei allen Genera, Subgenera und einzelnen Arten gegebenen 484 Litterariſches. — Anzeigen. Holzſchnitte kommen, auf welchen der Kopf von oben, unten und im Profil, der Flügel, Schwanz und Tarſus abgebildet ſind, ähnlich wie wir dies angenehm aus dem Britiſchen Catalog gewohnt ſind. Die Zuſammenſtellungen über den Zug ſind bei einzelnen Arten (z. B. Phyll. trochilus) jo umfangreich, daß fie auf eigenen großen Tabellen vorgeführt werden mußten. Als einen der vielen Vorzüge des Werkes können wir ſchließlich auch das ſchnelle Erſcheinen bezeichnen. | München, im October 1890. Leverkühn. Taſchenkalender für Geflügelfreunde auf das Jahr 1891. Herausgegeben von der Redaktion der Allgem. deutſchen Geflügel-Zeitung. Mit vielen Illuſtrationen. 2. Jahrgang. Leipzig. iu Denjenigen unter unſeren Mitgliedern, die ſich mit der Zucht von Nutz⸗ und Ziergeflügel beſchäftigen, möchten wir beim Jahreswechſel obengenannten Taſchenkalender zur Anſchaffung empfehlen. Das Büchlein hat einen reichhaltigen und vielſeitigen In⸗ halt, ſowie ein bequemes Taſchenformat. Außer den ſich in jedem Kalender findenden Notizen finden wir praktiſche Tabellen, in welche, nach verſchiedenen Rubriken geordnet, der Züchter ſeine Bemerkungen eintragen kann. Eine nicht unweſentliche Bereicherung hat das Büchlein durch mehrere fachmänniſche Artikel über hervorragende Hühner- und Taubenracen, ſowie ein kleines „Hühner⸗Lexikon“ erhalten, welches über die wichtigſten Merkmale der Hühnerracen, ſowie über Krankheiten des Geflügels Aufſchluß giebt. Den Schluß bildet ein Verzeichniß der Geflügel- und Vogelzucht-Vereine Deutſchlands, Oeſterreich⸗-Ungarns und der Schweiz, ſowie ein Verzeichniß der beiten, die Geflügel⸗ zucht behandelnden Werke. Die beigefügten Abbildungen ſind, wenn auch nicht gerade ſchön, ſo doch zweckentſprechend. Kpt. *) Ornith. Monatsſchr. 1890. XV. S. 118. 119. Anzeigen. „Ornis“, Verein für Vogelkunde und Liebhaberei in Berlin. In den Tagen vom 5. bis 9. December ds. Is. findet die ſechſte Ausſtellung — umfaſſend Sing- und Schmuckvögel, nebſt allen für die Vogelliebhaberei,⸗Pflege und Zucht, ſowie den Vogelſchutz erforderlichen Hülfsmitteln — ſtatt. An abſonder⸗ lichen Seltenheiten wird auch dieſe „Ornis“-Ausſtellung vorausſichtlich ſehr reich ſein. Anmeldungen ſind bis 25. November an den Vorſitzenden des Vereins, Herrn Dr. Karl Ruß, Berlin S. W. Belleallianceſtraße 81, zu richten, welcher auf Wunſch auch das Programm zuſendet. Die Prämien beſtehen in vier goldenen, ſowie zahl⸗ reichen ſilbernen und bronzenen Medaillen nebſt Diplomen. Vorzugsweiſe will⸗ kommen werden gezüchtete Vögel fein. Die Lotterie mit 5000 Looſen & 1 % wird nur werthvolle Vögel als Gewinne bringen. Den Vertrieb der Looſe hat diesmal Herr Karl Fritz Bonn, Berlin N.. Landsbergerſtraße 119, übernommen. 4 i „J. A.: H. Brind, Skelete werden von uns zu kaufen geſucht oder in Arbeit gegeben. Des⸗ gleichen ſuchen wir einen tüchtigen, erfahrenen Präparator, hauptſächlich für Aus⸗ ſtopfereien, für dauernde Stellung. | Berlin NW., Luiſenpl. 6. Linnaea, Naturhiſtoriſches Inſtitut. Dr. Aug. Müller. n Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. 3 W Ornithologiſche | 8 r 12 rn Ss e ee > SEEN 7 A N | ar 1 SSS S 5 . ————————— deutschen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Redigirt von Zahlungen werden an den Ren⸗ danten d. Ver. Herrn Meldeamts⸗ Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ Vereinsmitglieder zahlen einen 2 ö Jahres⸗Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, und erhalten dafür die Monats⸗ ite itzen es Vereins ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. atem Noni ne d ' 3 a Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. ſoweit der Raum es geſtattet. XV. Jahrgang. December 1890. Ur. 18. Inhalt: K. Th. Liebe: Aufzucht von Spitzlerchen durch Grünfinken. Max Fürbringer: Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. — Kleinere Mittheilungen: Vogel— ſchutz. Goldregenpfeifer. Geſchoſſener Flamingo. Schwalbenſturmvogel. Schwalbenmöve. Später Abzug. In Berlin wieder ein Wanderfalke. Zur Vogelwelt von Zeitz in Oſtthüringen. Schnee— ammern. Farbenmetamorphoſe bei einer Bachſtelze. — Anzeigen. Aufzucht von Spitzlerchen durch Grünfinken. Asp d Th Piehe. Eine treffliche Studie aus der Feder unſeres Mitgliedes, Herrn P. Lever— kühn, welche jetzt in Fahne vor mir liegt, beſchäftigt ſich mit „fremden Eiern im Neſt“. Derartige Fremdlinge kommen ja oft genug vor; ſie kommen vor in der freiwaltenden Natur, wenn Vögel, mögen ſie nun dabei „der Noth gehorchen“ oder dem „eigenen Triebe“, ihre Eier in fremde Neſter legen, — ſie werden aber ver— 35 486 K. Th. Liebe, ſchiedentlich auch von Menſchenhand veranlaßt. Gar mancher, der einen Hänfling beſitzen, einen ſolchen aber nicht ſeiner Freiheit berauben und mühſelig eingewöhnen g wollte, hat dem bruthitzigen Kanarienweibchen einmal ein oder zwei Hänflingseier untergeſchoben. Eine derartige Unterſchiebung beſonderer Art ward ic dieſen Sommer veranlaßt auszuführen. a Viele Jahre hindurch habe ich einen Stamm von Grünfinken (Ligurinus ehlo- ris) gehalten, Grünfinken gezüchtet und weiter gezüchtet, ohne auf die Individuen beſonders zu achten, indem ich Frühjahrs die Pärchen zur Zucht aufs Geradewohl aus dem im Herbſt zuſammengeſellten Geſammtflug herausfing. Von dieſem Stamme iſt, obgleich er einer beſonderen Beachtung nicht gewürdigt wird, immer noch ein kleiner Beſtand übrig und ſo erhielten auch dieſes Frühjahr ein Männchen und zwei Weibchen in einer Kammer mit anderen Vögeln zuſammen Brutgelegenheit. Das eine Weibchen brütete trefflich, leider aber auf tauben Eiern. In einem Flugkäfig, der mit ſehr zweckmäßigen Niſtgelegenheiten ausgeſtattet war, trieben ſich Spitzlerchen (Anthus arboreus) herum, die ſich leicht paarten, auch ein Neſt bauten und legten, aber ſich zum Brüten durchaus nicht bequemen wollten. Was war natürlicher, als daß ich daran dachte, die Spitzlercheneier durch eines von den treufleißig brütenden Grünfinkenweibchen ausbrüten zu laſſen, ſobald die beiden Familien zu einem zweiten Gelege, zu einem zweiten Brüten ſchritten. Gleichwohl erſchien mir die Sache gar nicht ſo einfach. Die Grünfinken füttern ihre Jungen von dem erſten Tage an hauptſächlich mit abgeſpelzten mehlhaltigen Körnern, wie Chenopodien- und Knöterichſamen, Hirſe und anderen Grasſämereien. Weniger gern nehmen die Alten zu dieſer Zeit ölhaltige Kerne. Inſektennahrung nehmen ſie dazwiſchen auch, aber nur wenig und bei weitem nicht in dem Maaße wie die mit weit dickerem Schnabel bewehrten Kernbeißer, welche ihre Jungen faſt ausſchließlich mit Inſektennahrung großziehen. Bei den jungen Grünfinken kann man das Futter hinter den federloſen und faſt durchſichtigen Häuten ſo gut im Kröpfchen liegen ſehen, daß eine Täuſchung gar nicht möglich iſt: letztere werden der Hauptſache nach mit Sämereien aus dem Kropfe groß gefüttert. Dagegen füttern die Spitzlerchen die Jungen aus dem Schnabel und lediglich mit friſchgefangenen Inſekten, mit keinerlei vegetabiliſchem Futter, wie ich an wild lebenden und in Gefangenſchaft brütenden Thieren durch direkte Beobachtung und mittelſt des Experimentes mich wiederholt überzeugen konnte. — Unter ſolchen Umſtänden ſchien mir das Gelingen eines Ver⸗ ſuches durchaus nicht geſichert; vielmehr ging ich mit der ſtillen Ueberzeugung ans Werk, daß doch nicht viel Poſitives dabei herauskommen werde. Indeß — auch das negative Reſultat iſt des „Schweißes der Edlen“, geſchweige denn eines ſpielend leichten Verſuches werth. Ich legte daher dem friſchen Gelege des Grünfinken, nachdem ich daraus drei Eier beſeitigt, die richtig wieder taub waren, zwei Eier der Spitzlerche Aufzucht von Spitzlerchen durch Grünfinken. 8 487 bei. Ohne Weiteres nahm das brüteluſtige Weibchen die letzteren an und am 12. Tage entſchlüpfte dem einen Ei eine junge Spitzlerche; das andere Ei erwies ſich ſpäter als unbefruchtet. Die Spitzlerchen brüten 13 — 14 Tage. Dies ſo zeitige Reifen des Jungen im Ei iſt wahrſcheinlich durch die höhere Wärme im Neſt ver— anlaßt worden, denn im Neſte der Spitzlerchen, welches auf dem Erdboden und im Schatten von Laub oder Gras ſteht, wird wahrſcheinlich die Brütewärme nicht ſo hoch ſteigen wie im dichtgebauten trocken und hochſtehenden Neſt des Grünfinken. Die Grünfinken fütterten aus dem Kropf wie ſie immer füttern, und das Stiefkind gedieh unter dieſer ſorgfältigen Pflege außerordentlich, ſo daß es am 11. Tage nach der Geburt ſchon das Neſt verließ und, wenn auch noch nicht normal flugfähig, doch ſchon ſoweit entwickelt war, daß es ſich beim Herabflattern nicht beſchädigen und nun nach Spitzlerchenweiſe auf dem Boden hin- und herrennen konnte — gegen Erkältung geſchützt durch ausreichend dichte Befiederung des Rückens und der Unter- ſeite. Das Ausfliegen am 11. Tag ſeines Lebens war übrigens bei dem jungen Anthus etwas ganz Naturgemäßes, denn in der freien Natur laufen ſie meiſt auch ſchon am 12. Tag aus, — bei zufällig eintretender Gefahr auch noch eher. Heute hat das kleine Thier, welches ein Weibchen tft, nach raſch und gut über— ſtandener Mauſer ganz das „Gethue“, die Manieren, der Alten und merkt man an ihm in dieſer Beziehung keinen Einfluß von Seiten der Pflegeeltern. Ich glaube überhaupt, daß alle die Erzählungen, nach denen von Fremden ausgebrütete Vögel in ihrem Weſen den Pflegeeltern nachſchlachten ſollen, mit größter Vorſicht aufzunehmen ſind. Wenn z. B. von Raubvögeln ausgebrütete junge Haushühner ſicher biſſig werden, ſo liegt das wohl mehr an der reichlichen Fleiſchnahrung, welche in den betreffenden Fällen den Küchlein zu Theil wurde. Das einzige Merkmal, worin die junge Spitzlerche, die jetzt die volle Größe der Alten erreicht hat, ein wenig abweicht, iſt eine modificirte Geſammtfärbung: ſie iſt etwas dunkler als bei beiden Eltern, ſogar etwas auffällig dunkler. Allein man darf dabei nicht vergeſſen, daß auch die Individuen einer- und derſelben Brut im Freileben in dem Tone der Geſammtfärbung etwas variiren, indem nämlich hellere und dunklere Exemplare ausfallen. Da indeſſen die Grundfarbe dunkler und die Flecken größer ſind als bei den anderen durch meine Hände gegangenen Artgenoſſen, ſo iſt doch die Möglichkeit nicht ausgeſchloſſen, daß die Aufzucht durch die Grün— finken dazu den Anlaß gab. Es wäre vielleicht nicht unmöglich, daß gerbſtoffhaltige Samenkörner bei der Auffütterung dunkelnd auf das Gefieder gewirkt hätten. Be— ſtimmt behaupten läßt ſich das aber vorläufig noch nicht. 36 * 488 Max Fürbringer, Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornitiidden (Zugleich zur Wahrung meiner früheren Ausführungen über dieſe Vogelfamilie.) Von Max Fürbringer. Im November 1870 wurden bekanntlich von Prof. O. C. Marſh in den Pteranodon-Schichten der mittleren Kreide von Weſt-Kanſas, in der Nähe des Smoky Hill River, die erſten Reſte von Hesperornis regalis gefunden. Weitere und vollſtändigere Skeletfunde von Marſh, T. H. Ruſſel, B. F. Mudge u. A. folgten in den nächſten Jahren und gaben dem berühmten amerikaniſchen Paläontologen das Material für eine Reihe von bedeutſamen Veröffentlichungen, aus denen nament⸗ lich die Abhandlung von 18751) und die ausgezeichnete große Monographie aus dem Jahre 18802) hervorgehoben ſei. In denſelben wurden drei Species von He- sperornis (H. regalis, erassipes und gracilis), ſowie der nahe verwandte Baptornis advenus als große, flugloſe Taucher mit bezahnten Kiefern erkannt und in der Ordnung der Odontoleae Marsh, d. h. Zahnvögel mit in einer Zahnfurche einge⸗ laſſenen Zähnen, zuſammengefaßt. Um dieſelbe Zeit und zum Theil in der gleichen Lokalität erfolgte Entdeckungen ließen Marſh eine andere Gruppe von bezahnten Vögeln erkennen, welche durch die Gattungen Ichthyornis mit 7 Species (I. dispar, agilis, anceps, lentus, tener, validus und victor) und Apatornis mit 1 Species (A. celer) repräſentirt wurden; von viel geringerer Größe als Hesperornis und wohl ausgebildeter Flugfähigkeit zeigten ſie in einzelne Alveolen eingeſenkte Zähne und wurden von ihm in der Ordnung der Odontotormae Marsh vereinigt. Beide Ordnungen verband Marſh mit der durch die juraſſiſche Archaeopteryx macrura vertretenen Ordnung der Saururae Haeckel (bezahnte Vögel mit eidechſen⸗ artigem Schwanze) zu der Subklaſſe der Odontornithes (Zahnvögel). — Im Folgenden ſoll in der Hauptſache nur von Hesperornis reſp. von den Hesperornithidae oder Odontoleae die Rede fein. In der Bezahnung des Kiefers erblickte Marſh das ſyſtematiſche Hauptmoment für die Stellung der Hesperornithidae. Außerdem aber fand er auf der einen Seite, insbeſondere an Bruſtbein, Bruſtgürtel und vorderer Extremität, ausgeſprochen ratite Bildungen, auf der anderen, namentlich an der hinteren Extremität, mannig- fache Aehnlichkeiten mit den entſprechenden Configurationen von Colymbus und Podiceps; er entſchied ſich aber dahin, die letzteren Aehnlichkeiten als die minder wichtigen, die ratiten Charaktere dagegen als die ſchwerwiegenden aufzufaſſen. ') Marsh, O. C., On the Odontornithes, or Birds with Teeth. Americ. Journ. Se. and Arts. X. New R 8 75 1875. 2) Marsh, O. C., Odontornithes, a Monograph on the Extinct toothed Birds of North America. United States Geolog. er. etc. Washington 1880. Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. 489 Seinen Anſchauungen folgten die meiſten von den ſpäter über dieſe Vögel handelnden Autoren, wobei die einen die Bezahnung?), die andern das ratite Ver⸗ halten!) in den Vordergrund ſtellten und danach einer Einreihung entweder in die Odontornithes oder in die Ratitae das Wort redeten 5). Doch nicht ohne Ausnahmen. Cope (1875) 6) reihte fie den Schwimmvögeln ein; wenn ich recht verſtehe, that auch Seeley (1876) ) das gleiche und betonte dabei zugleich ganz in der Kürze ge— wiſſe Relationen zu Enaliornis und Colymbus. Ebenſo plaidirte A. Newton in jeiner erſten Veröffentlichung (1875)8) für die Verwandtſchaft mit den Colymbidae, verließ dieſe Anſchauung aber ſpäter (1885) 9) wieder, um ſich für die Zugehörigkeit zu den Ratiten zu entſcheiden. Hoernes (1884) 10), in der Hauptſache ſich Marſh's Syſtem anſchließend, folgte zugleich Seeley hinſichtlich der Beziehungen zu Enaliornis. In meinen Unterſuchungen zur Morphologie und Syſtematik der Vögel (1888) 1) ſprach ich mich eingehend über die genealogiſchen Beziehungen der Hesperornithidae, ſowie die Bedeutung der Abtheilung der Odontornithes und Ratitae aus; davon weiter unten. | Danach hob auch Walker (1888) 12) hervor, daß das Quadratum von Hesperornis ſehr abweichend von dem ratiten Typus gebaut ſei, aber unter allen bekannten von ihm unterſuchten Vögeln am meiſten den Colymbidae zu gleichen ſcheine. Shufeldt (1890) 13) erklärte kurz, daß die Colymbidae und Podieipidae von demſelben Stocke ſtammten, zu welchem Hesperornis gehöre, wenn ſie auch jetzt weit davon getrennt ſeien. Der neueſte Autor über dieſe Materie iſt Profeſſor D'Arey W. Thompſon. 3) Häckel 1879, Nicholſon 1879, Dollo 1881, Forbes 1884, Hörnes 1884 u. A. Die genaueren Literaturnachweiſe ſ. in meinen Unterſuchungen zur Morphologie und Syſtematik der Vögel. ) Vogt 1879, Wiedersheim 188386, Dames 1884, Newton 1885, Pawlow 1885 Menzbier 1887, Nicholson and Lydekker 1889 u. A. Das Genauere vergl. in den Unter— ſuchungen ꝛc. ) Abweichend davon faßte Vetter (Ueber die Verwandtſchaftsbeziehungen zwiſchen Dino— ſauriern und Vögeln, Dresden 1885) Hesperornis als einen extrem reducirten Carinaten auf. 6) Cope, E. D., The Vertebrata of the Cretaceous Formation of the West. Washing- ton 1875. 7) Seeley, H. G., On the British Fossil Cretaceous Birds. Quart. Journ. Geol. Soc. XXXII, p. 496 f. London 1876. 5) Newton, A., Article „Birds“ in the Encyclopaedia Britannica. London 1875. ) Newton, A., Ornithology. Reprinted from the Encyclopaedia Britannica. Lond. 1885. 10) Hoernes, R., Elemente der Palaeontologie (Palaeozoologie). Leipzig 1884. 1) Fürbringer, M., Unterſuchungen zur Morphologie und Syſtematik der Vögel, zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stütz- und Bewegungsorgane. Amſterdam und Jena, Mai 1888. 12) Walker, Mary L., On the Form of the Quadrate Bone in Birds. Studies from the Museum of Zoology in the University College, Dundee. Dundee, November 1888. 2) Shufeldt, R. W., Contributions to the Comparative Osteology of Arctie and Sub-Aretie Water Birds. VI. Journ. of Anat. and Phys. London and Cambridge. January 1890. \ 490 Mar Fürbringer, In einer ſehr leſenswerthen Abhandlung , Wien Einſicht ich der Liebens⸗ würdigkeit des Verfaſſers verdanke, behandelt er auf Grund einer eingehenden und glücklich durchgeführten Betrachtung und Vergleichung des Skeletes die ſyſtematiſche Stellung von Hesperornis und kommt (S. 14) zu folgenden Reſultaten: „To sum up, it appears to me that from purely osteologieal characters, the wide diffe- rence between Hesperornis and any Ratitae, and its close resemblance to Colymbus or to Podiceps is clear and patent. From these characters it is a Colymbine bird, of great size and prodigious swimming power, which, while losing its wings and sternal keel and otherwise somewhat modifying its shoulder-girdle as the faculty of flight degenerated, has retained in its brain- case, its palate, its mandibles, its vertebrae, its sternum, pelvis, and hind-limbs, resemblances almost amounting to identity with the existing Colymbi: resem- blances as great as between Strigops and the other parrots, and much greater than between Didus and the ordinary pigeons.“ Weiterhin werden von Thompſon die Beſonderheiten der Bezahnung und der Kleinheit des Gehirnes von Hesperornis betont, aber als nicht ausſchlaggebend für die ſyſtematiſche Stellung erkannt. Be⸗ züglich der Bezahnung führt er (S. 14) aus: „As regards the former (the teeth), when birds undoubtedly descend from toothed ancestors of some kind, and when every other great division of the vertebrates comprices toothed as well as toothless forms, I cannot see that this fact, however interesting, should be permitted to alter or to determine the great lines of ornithologieal elassifi- cation.“ Bezüglich der das Gehirn betreffenden Ausführungen jei auf das Original verwieſen (S. 15). In der den eigenen Unterſuchungen Thompſon's vorausgehenden Literatur- Ueberſicht gedenkt auch Verfaſſer unter Citirung einiger Sätze aus meinen „Unter⸗ ſuchungen zur Morphologie und Syſtematik der Vögel“ meiner Ausführungen über Hesperornis, und zwar in folgender Weiſe (S. 1): „Fürbringer, in his „Morpho⸗ logie und Syſtematik der Vögel“ discusses the affinities of these birds at great length. He admits the existence of a wide difference between Hesperornis and Ichthyornis: and breaking up Marsh's group of the Odontornithes, he relegates the latter genus to the Carinatae, while following Marsh so far as to advocate the Struthious affinities of Hesperornis 18); and he considers Hesperornis to 1) Thompson, D'Arcy W., On the Systematic Position of Hesperornis. Studies from the Museum of Zoology in University College, Dundee, Vol. I, No. 10. Dundee, August 1890. 15) Als Belegſtellen dafür werden aus meinem Buche eitirt: (Op. eit. p. 1475): „Ich kann ſomit ’ jenen Autoren nur zuſtimmen, welche die Subklaſſe der Odontornithes auflöften und die eine Ordnung derſelben (Odontotormae Marsh) den Carinaten, die andere (Odontolcae Marsh) den Ratiten zu⸗ rechneten. — (Ibidem p. 1473): „Die Hesperornithes bilden ſomit, nach der jetzigen Definition der Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. 491 possess undoubted affinities both towards the Enaliornithidae, Colymbidae, and Podieipidae, at the same time that he is content to class it as a „toothed swimming Ostrich“ 16). Und weiter ©. 2: „It is certain that the original view laid down by Marsh, of the independance of the Odontornithes and of their preponderant affınity with the Ratites, has taken deep root and holds its own in the modern text-books. And, further, that those authors who have sup- ported the relationship of Hesperornis with the Divers and the Grebes have for the most part tried to advocate this view without abandoning the other: to make, in short, Hesperornis both an Ostrich and a Grebe!“ Wer meine Unterſuchungen zur Morphologie und Syſtematik nicht im Originale zur Hand hat und lediglich darauf angewieſen iſt, aus Thompſon's Citaten und Ur⸗ theilen meine Anſchauungen bezüglich der ſyſtematiſchen Stellung der Hesperornithidae kennen zu lernen, der wird allerdings den Eindruck gewinnen, daß ich nicht ins Klare gekommen bin, ob in dieſen Vögeln Ratiten oder Verwandte der Colymbidae und Podieipidae vorliegen, und daß ich mir in dieſer taxonomiſchen Frage unglaubliche Widerſprüche, Unklarheiten und Inconſequenzen habe zu Schulden kommen laſſen; er wird zugleich urtheilen, daß ich, anſtatt ſolche Reſultate zu Tage zu fördern, beſſer gethan hätte, meine Hände überhaupt von der Morphologie und Syſtematik der Vögel fern zu halten, und wird das Gefühl haben, daß ſolche Sünden mit dem verwunderten Ausrufungszeichen, das Thompſon ihnen beifügt, allzu gelinde beſtraft werden. So würde auch ich denken, — wenn ich lediglich auf dieſe Angaben angewieſen wäre und nicht ſelbſt wüßte, was in meinem Buche über die Stellung von Hesperornis geſchrieben ſteht. Aber ich glaube, daß ich durch ein eingehenderes und getreueres Citiren meiner dort niedergelegten Anſchauungen und Befunde Jedermann überzeugen kann, daß ich daſelbſt, wo ich über die Hesperornithidae geſprochen, von Anfang bis zu Ende conſequente und durchaus eindeutige Anſchauungen über ihre ſyſtematiſche Poſition vertreten habe und dabei zugleich zu Ergebniſſen gekommen bin, welche — von einer ſpäter noch des Specielleren herporzuhebenden Differenz abgeſehen — den jetzt von Ratiten⸗Gruppen, gewiß Vertreter dieſer Abtheilung, und ich ſtimme Marſh, Voigt, Wieders— heim und Newton vollkommen bei, wenn ſie dieſelben als ſchwimmende und bezahnte Strauße bezeichnen oder mit den lebenden Ratiten in die gleiche Kategorie bringen.“ 16) Hierfür wird als Belegſtelle angeführt, (Op. eit. p. 1516): „Früh, doch wie auf Grund der morphologiſchen Configuration zu ſchließen, erſt nach den Struthionidae und Rheidae mögen ſich die Hesperornithes vom Vogelſtamme abgezweigt haben, und zwar in der nächſten Nachbarſchaft derjenigen Faſern, welche die Enaliornithidae, und wohl nach dieſen die Colymbidae und Podi- eipidae zur Entſtehung kommen ließen; die genealogiſchen Relationen zu den Ahnen dieſer dürfen als noch nähere aufzufaſſen ſein als jene, welche Apteryx und Dinornis mit den früheren Vor— fahren der Rallidae und Crypturidae verbinden.“ 492 Max Fürbringer, Thompſon vertretenen recht ähnlich find. Daß Thompſon dies nicht ſelbſt gefunden, i kann ich mir nur ſo erklären, daß ihm zahlreiche ſeitenlange Paſſus meiner bezüg⸗ lichen Ausführungen völlig entgangen ſind, oder daß er nicht in der Lage geweſen iſt, ſie zu verſtehen. Es liegt mir fern, dem engliſchen Autor daraus den mindeſten Vorwurf machen zu wollen. Mein ſehr umfangreiches Buch iſt in einer ihm nicht geläufigen Sprache geſchrieben; außerdem aber enthält daſſelbe — bei der alle Vogelabtheilungen um⸗ faſſenden Behandlung — zahlreiche Ausführungen über die Hesperornithidae, welche theils an andere früher beſprochene Fragen anknüpfen und ohne deren Lectüre nicht ohne Weiteres verſtändlich ſind, theils an Stellen ſich finden, wo ſie der nicht ſehr ſcrupulöſe und das eingehende Inhaltsverzeichniß nicht zu Rathe ziehende Leſer leicht überſehen kann. Auch denke ich gar nicht daran, meine Priorität in dieſem oder jenem Punkte Thompſon's jetzigen Veröffentlichungen gegenüber zu betonen; nichts würde mir klein⸗ licher erſcheinen, als wenn ich in ſolchen mir faſt ſelbſtverſtändlich vorkommenden Dingen, die übrigens auch ſchon vor mir von einzelnen Autoren angedeutet wurden, meine frühere Autorſchaft hervorheben wollte, — ganz abgeſehen davon, daß es ja für die Sache völlig gleichgültig iſt, ob X oder Y ſie zuerſt fand. Nur dem Vorwurfe einer allzu großen Thorheit, der mir auf Grund der Thompſon'ſchen Angaben gemacht werden muß, möchte ich an der Hand der un⸗ geſchmälerten Wiedergabe meiner bezüglichen Darlegungen vom Jahre 1888 zuvor- kommen und dabei zugleich Gelegenheit nehmen, das Weſentlichere meiner dortigen Ausführungen über die ſyſtematiſche Stellung der vorliegenden intereſſanten Vogel⸗ abtheilung und über die damit in engem Connexe ſtehenden Fragen hinſichtlich der Bedeutung der Odontornithes und der Ratitae zuſammenzuſtellen und damit einem größeren ornithologiſchen Leſerkreiſe zugänglich zu machen, als dies zufolge dem Um⸗ fange meines wenig verbreiteten und keine bequeme Lectüre darbietenden Buches bis⸗ her möglich war. Dieſe Ausführungen ſtehen an den verſchiedenſten Stellen der Unterſuchungen zur Morphologie und Syſtematik der Vögel und zufolge dem generellen Charakter des Buches, welches die einzelnen Vogelabtheilungen in ihren mannigfachen Ver⸗ bänden und von möglichſt vielen Seiten her zu beleuchten verſucht, finden ſich auch bei der dortigen über alle Vogelgruppen ausgedehnten Behandlung Wiederholungen, welche zum Zwecke der beſſeren Anknüpfung und des ſchnelleren Verſtändniſſes nicht zu umgehen waren und dort auch kaum auffallen, hier aber, bei der auf die Hesperor- nithidae, ſowie die Odontornithes und Ratitae beſchränkten Zuſammenſtellung, wohl allzuſehr als Wiederholungen empfunden werden mögen. Wolle das der Leſer freun lichſt entſchuldigen. | | „ee re un \ Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. 493 Die bezüglichen Paſſus — ich citire wortgetreu und unter Beibehaltung der in den Unterſuchungen zur Morphologie und Syſtematik der Vögel eingehaltenen Folge — ſind die folgenden. S. 1152 und 115317): „Es handelt ſich ſomit für ihn (Seeley) nur noch um die Beziehungen zu den Colymbo-Podieipidae und Hesperornithidae. Auf Grund der von ihm gegebenen Beſchreibungen und Abbildungen bin ich ſehr geneigt zuzu— ſtimmen. Die ſtrikteſte Beweisfähigkeit gewähren die Knochen der unteren Extremität, insbeſondere Femur und Tarſo-Metatarſus, welche mit den entſprechenden Skelet⸗ theilen von Colymbus und demnächſt von Podiceps am meisten übereinkommen; auch mit Hesperornis finden ſich Aehnlichkeiten, die jedoch nicht ſo ſprechende ſind. Die Tibia weicht in der Geſtalt und Größe ihrer proximalen Protuberanz etwas mehr von derjenigen von Podiceps und namentlich Colymbus ab und zeigt hierin eine etwas größere Annäherung an Hesperornis; ebenſo ergiebt die Breite des Fragmentes des Ileum minder ferne Beziehungen zu letzterer Gattung als zu, Colymbus und Podiceps.“ 8s) — — „Jedenfalls ſind weitere Funde (von Skelet⸗ theilen von Enaliornis) abzuwarten; ich vermuthe, daß dieſelben nicht allein für Enaliornis, ſondern auch für die genealogiſchen Relationen der Hesperornithidae manche Aufklärung darbieten werden.“ | „Auf Grund der vorliegenden Auseinanderſetzungen erblicke ich ſomit in den Enaliornithidae den Typus einer recht primitiven Familie von Vögeln, welche ſo— wohl mit den Colymbidae und Podieipidae, wie mit den Hesperornithidae nicht ſo entfernte verwandtſchaftliche Beziehungen aufweiſen, aber tiefer als die genannten Familien ſtehen. Es kann ſelbſt fein, daß hier directe Anceſtralen der Colymbo- Podieipidae und nahe Verwandte der Vorfahren der Hesperornithidae vorliegen, in welchem Falle die Familie einzuziehen und Enaliornis den Colymbo-Podicipidae einzuverleiben wäre. Ehe aber über dieſe Speculation in poſitivem oder negativem Sinne entſchieden werden kann, wird man erſt über ein ungleich reicheres Material als das jetzt vorliegende verfügen müſſen.“ S. 115719): „Durch zahlreiche Merkmale des Bruſtbeines, Bruſtgürtels und der hochgradig reducirten vorderen Extremität geben ſich die Hesperornithidae als Ratiten zu erkennen, bieten aber namentlich in der Configuration des Beckens, der Patella, der Tibia, des Tarſo-Metatarſus und der Zehen, ſowie auch in vereinzelten Details des Rumpfſkeletes und des Schädels eine Anzahl von Charakteren dar, welche 17) Bei Beſprechung der Verwandtſchaften der Enaliornithidae. Hier wurde auch der taxo— nomiſchen Entſcheidungen von Seeley und Hoernes Erwähnung gethan. 18) Die weiteren Ausführungen beziehen ſich weniger auf die Verwandtſchaft mit Hesper— ornis und brauchen daher nicht recapitulirt zu werden. 19) Bei der Behandlung der genealogiſchen Beziehungen der Colymbidae und Podicipidae 36 2 „„ 3 \ 494 Max Fürbringer, lebhaft an die Colymbo-Podieipidae, insbeſondere an Podieeps erinnern. Dieſelben N ſind zum Theil ſo frappante, daß man ſich ſchwer entſchließen kann, hier lediglich einen bloßen Iſomorphismus infolge gleichmäßiger Anpaſſung an gleichwirkende Ur⸗ ſachen anzunehmen, wie Marſh dies will, und daß man eher geneigt iſt, auch an ſehr alte verwandtſchaftliche Beziehungen zu denken. Sollte ſich dies in Wirklichkeit ſo verhalten — weiter unten sub Hesperornithidae wird noch ausführlicher darüber zu ſprechen ſein — jo würden die generaliſirten Vorfahren der Colymbo-Podieipidae ein ſehr hohes Alter beſitzen, denn der danach erſt von dieſen Vorfahren abzuleitende Hesperornis lebte bereits in der mittleren Kreide. Dieſe Frage ſoll hier nicht aus⸗ gemacht werden. Aber auch ganz abgeſehen von den Beziehungen zu den Hesperor- nithidae zeigt das morphologiſche Verhalten der Colymbo-Podieipidae an ſich mit größter Wahrſcheinlichkeit, daß hier eine Abtheilung von Tauchern vorliegt, welche viel früher zur definitiven Ausbildung gekommen iſt als die erſt ziemlich ſpät von den Laro-Limicolae abgezweigten Aleidae.“ S. 1448 und 1449 20): Nach Aufzählung der wenigen und ſehr allgemeinen Aehnlichkeiten zwiſchen Struthio und Hesperornis und der ſehr zahlreichen Ab— weichungen in der Configuration beider komme ich zu dem Schluſſe, daß die Ab⸗ weichungen „in ihrer überwiegenden Summe eine totale Verſchiedenheit von dem durch Struthio vertretenen Typus (und zugleich, wie ſchon Marſh betont, in dem Ver⸗ halten des Beckens und der hinteren Extremität zahlreiche Anklänge an das Ver⸗ halten der Colymbidae und Podieipidae) bekunden. Es kann danach keine Frage ſein, daß die genealogiſchen Beziehungen zwiſchen den Struthionidae und Hesperor- nithidae ganz entfernte ſind. Ob hierbei die erſteren oder die letzteren eine primi⸗ tivere Stellung einnehmen, iſt bei der außerordentlichen Discrepanz, in welcher die Organe beider Familien differenzirt ſind, nicht ohne Weiteres zu entſcheiden.“ 21) — S. 1455 22): „Zwiſchen den Hesperornithidae und Rheidae findet ſich eine Summe von Aehnlichkeiten 23), denen ſich wiederum eine größere und bedeutſamere Zahl von Differenzen 3) gegenüberſtellt. Die Vergleichung der Uebereinſtimmungen und Abweichungen lehrt, daß die genealogiſchen Relationen zwiſchen Rhea und Hesperornis nähere find als die ganz entfernten, welche z. B. zwiſchen Struthio und Hesperornis oder Rhea und Dinornis beſtehen, daß aber zwiſchen Rhea und Hesperornis immer noch eine ſehr beträchtliche Diſtanz beſteht. Immerhin möchte 4 . 3 7 . 1 20) Sub Struthionidae. h 21) Die folgenden Ausführungen über die tiefere oder höhere relative Stellung beider Ta: milien ſind für die genealogiſchen Beziehungen derſelben von keiner Bedeutung und brauchen hier nicht wiederholt zu werden. — 22) Sub Rheidae. 0 23) Bezüglich dieſer einzelnen im Urtexte aufgeführten Aehnlichkeiten und Differenzen ver⸗ gleiche dieſen. Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. 495 ich nicht unterlaſſen, darauf hinzuweiſen, daß namentlich in dem Verhalten der Rippen und Proc. uneinati, des Sternum, des Vomer, des Proc. procoracoideus, des Humerus, ja ſelbſt des Beckens und der hinteren ſacralen Wirbel gewiſſe Züge ſich finden, welche ungeachtet zahlreicher ſonſt hervortretender und die Aehnlichkeiten ver- deckender und überwuchernder Abweichungen doch eine gewiſſe ſpecifiſche Aehnlichkeit des Typus erkennen laſſen. Wie bereits oben betont, liegt es mir fern, für irgend- welche Verwandtſchaft näheren oder auch nur mittleren Grades einzutreten; — hier irgendwelche urſprünglichen genealogiſchen Zuſammenhänge (welchen aber bald höchſt divergente Entwickelungsrichtungen beider als Lauf- und Schwimmvbögel folgten) nachzuweiſen, dürfte bei dem jetzigen mangelhaften Stande unſerer bezüglichen Kenntniß völlig unmöglich ſein; aber unter allen lebenden Ratiten ſcheinen mir die Rheidae diejenige Familie zu repräſentiren, welche von den Hesperornithidae relativ am wenigſten weitab ſteht.“ S. 1459 und 1460 24): „Zwiſchen Hesperornithidae und Dromaeidae exiſtiren nur wenige Berührungspunkte 25), dagegen eine weit größere Summe von Differenzen.?) Daraus reſultirt eine ſehr entfernte Stellung beider Familien, welche von einander beträchtlich weiter abſtehen als die Dromaeidae von den Apterygidae und Dinor- nithidae, wobei zugleich die genealogiſchen Verbindungslinien in ganz entgegengeſetzten Richtungen liegen.“ S. 1462 26): „Die Beziehungen zwiſchen den Casuariidae und Hesperornithidae ſind annähernd dieſelben wie diejenigen zwiſchen den letzteren und den Dromaeidae. In einigen Charakteren 27) nähert ſich Hesperornis etwas mehr den Casuariidae, in anderen 27) entfernt er ſich weiter von ihnen. Gegenüber der ſehr großen Diſtanz, die überhaupt beide Familien trennt, ſind dieſe geringfügigen Verſchiedenheiten zwiſchen Dromaeus und Casuarius von keiner Bedeutung.“ S. 146428): „Die Hesperornithidae behaupten eine von Aepyornis ganz ent- fernte Stellung.“ S. 1469 29): „Die Hesperornithidae bieten, abgeſehen von einigen ganz all⸗ gemeinen Aehnlichkeiten, in ihrem Bau noch weniger Berührungspunkte mit den Apterygidae dar als z. B. mit den Dromaeidae oder Casuariidae, ſtellen ſich ſo— mit noch weiter von ihnen ab als von dieſen und nehmen eine gänzlich entfernte genealogiſche Peeling ihnen gegenüber ein.“ 240 Sub Dromaeidae. 25) Bezüglich des Details diejer Berührungspunkte und Differenzen, das ich hier nicht re— capitulire, vergleiche den Urtext der Unterſuchungen zur Morphologie und Syſtematik der Vögel. 26) Sub Casuariidae. 27) Dieſe einzelnen Charaktere find im Urtexte einzufehen. 2) Sub Aepyornithidae. 29) Sub Apterygidae. 36 * \ 496 Max Fürbringer, S. 1469 30): „Bezüglich der genealogiſchen Relationen zu den Hesperornithidae i gilt auch für die Dinornithidae im Ganzen das bereits bei Apteryx Geſagte: beide Familien ſtehen noch weiter von einander ab als Dinornis von Struthio oder Rhea.“ S. 14721478 31): „Bei den vorhergehenden Familien der Ratiten wurde bereits aufgeführt, daß die Hesperornitbidae zu keiner derſelben directere genea⸗ logiſche Relationen beſitzen. Von den Struthionidae, Dromaeidae und Casuariidae nebſt Verwandten, Aepyornis, Apteryx und den Dinornithidae ſtehen fie ganz und gar entfernt, theilen aber mit den Rheidae einige Verhältniſſe, jo daß angenommen werden konnte, daß von allen lebenden Ratiten dieſe Familie relativ noch am wenigſten weitab von ihnen ſich befinde; an irgendwelche nennenswerthen Verwandtſchaften konnte jedoch auch hier nicht gedacht werden.“ | „Wie Marſh angiebt, deſſen ausgezeichneter Monographie wir die nahezu er⸗ ſchöpfende Kenntniß dieſer Familie verdanken, verhalten ſich die Hesperornithidae, Bruſtbein, Bruſtgürtel und vordere Extremität (Humerus) betreffend, wie Ratiten, beſitzen aber auch in ihrem Schädel (S. 1473) und ihrem ſonſtigen Skelete einzelne Charaktere (Verhalten des Palatinum, Pterygoid und Vomer, Proc. basipterygoideus, einfache Gelenkfläche des Quadratum, geringe Zahl der Sternalrippen, mangelnde diſtale Verbindung der Ossa ilei, ischii und pubis), welche fie mit den Ratiten gemein haben. — Von dieſen Charakteren des Schädels, der Rippen und des Beckens iſt indeſſen keiner ausſchließlich ratit, ſondern wird auch von dieſem oder jenem Carinaten getheilt. Die ſpecifiſch ratite Natur der Hesperornithidae beſchränkt ſich ſomit auf das Verhalten von Sternum, Bruſtgürtel und vorderer Extremität. Einzelne Züge des Kopf- und Rumpfſfkeletes, ſowie des Beckens, namentlich aber die geſammte hintere Extremität zeigen auffallende und zum Theil ſehr ſpecialiſirte Uebereinſtimmungen mit dem Typus der Colymbidae, Podieipidae und Enaliornithidae. Auf der anderen Seite bietet die Eriftenz von Zähnen im Marillare und Mandibulare ein gewichtiges Differentialmerkmal dar und ſcheint die Hesperornithidae den ebenfalls bezahnten Ichthyornithidae zu nähern; die abweichende Art der Bezahnung (holco⸗ dont reſp. aulacodont bei Hesperornis, tormodont reſp. thecodont bei Jehthyornis), namentlich aber die differente Beſchaffenheit der Wirbel, das carinate Verhalten der Ichthyornithidae und zahlreiche andere Verſchiedenheiten im ſpeciellen Bau weiſen dieſen beiden Familien ſehr entfernte Plätze an. Die nicht ſynoſtotiſch verbundenen Mandibularäſte, Kennzeichen einer relativ primitiven Cu find nur von gradueller Bedeutung.“ 7 „Die Hesperornithidae bilden ſomit, nach der jetzigen Definition der Ratiten-Gruppe, gewiß Vertreter dieſer Abtheilung und ich ſtimme — 30) Sub Dinornithidae. 31) Sub Hes perornithidae. 3 . K N S 7 1 Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. 497 Vogt, Wiedersheim, Dames und Newton vollkommen bei, wenn ſie dieſelben als ſchwimmende und bezahnte Strauße bezeichnen oder mit den lebenden Ratiten in die gleiche Kategorie bringen; auch habe ich mich ſelbſt früher in dieſem Sinne geäußert. Sie ſtehen aber zugleich von den lebenden Ratiten weiter ab, als dieſe in ihrer über— wiegenden Mehrzahl unter ſich; allein Struthio mit ſeinen, wenn auch ſehr maskirten, ſo doch fundamentalen Eigenthümlichkeiten und ſehr primitiven Verhältniſſen dürfte eine ähnliche Entfernung von dem Gros der übrigen Ratiten einnehmen.“ 22) — — (S. 1474.) „Wie aber ſind, wenn die Hesperornithidae Ratiten repräſentiren, die oben angeführten Aehnlichkeiten einerſeits mit den Ichthyornithidae, andererſeits mit den Colymbo-Podieipidae und Enaliornithidae zu beurtheilen?“ „Marſh hat bekanntlich auf die Beziehungen der Hesperornithidae (Odon- toleae) zu den Ichthyornithidae (Odontotormae) großes Gewicht gelegt und bereits 1872 beide, als Vertreter beſonderer Ordnungen, zu der Subklaſſe der be- zahnten Vögel (Odontornithes) vereinigt; zahlreiche andere Autoren (u. a. Haeckel, Nicholſon, Forbes, Hoernes ꝛc.) find ihm hierin gefolgt. Dieſe taxonomiſche Auf- faſſung legt auf die Exiſtenz der Zähne den Schwerpunkt und erblickt in ihr, trotz aller anderen auch ausdrücklich anerkannten principiellen Differenzen zwiſchen den Hesperornithidae und Ichthyornithidae, ein gewichtigeres claſſificatoriſches Moment als z. B. in der ratiten oder carinaten Natur beider Abtheilungen. Bereits oben (S. 1074 f.) hatte ich Gelegenheit, mich über das Merkmal der Zähne auszuſprechen. Es liegt mir fern, daſſelbe ganz gering zu ſchätzen; doch erhebt ſich mir die Frage, ob ſeine Bedeutung wirklich fundamental genug iſt, um zwei übrigens ſo hochgradig von einander abweichende Abtheilungen von ihren natürlicheren Verwandten zu ent⸗ fernen und mit einander zu vereinigen. Auf der einen Seite (Ichthyornithidae) handelt es ſich um völlig carinate Typen mit primitiven Wirbelverbindungen, aber höher ausgebildeter Bezahnung, um Typen, die zugleich Anklänge an die Charadrii- formes, ſowie die Tubinares, Steganopodes, Pelargo-Herodii und Accipitres dar- bieten, auf der anderen Seite (Hesperornithidae) um ratite Formen mit extrem reducirten Flügeln, mit höher ausgebildeten vertebralen Verbänden, aber tiefer ſtehenden Zahnverhältniſſen, die außerdem noch in zahlreichen Details durchaus von den Ichthyornithidae differiren. Nicht wenige Vögel mögen in einem ebenſo ſehr ausgeprägten Quale von einander abweichen wie dieſe beiden.“ „Bezahnte Kiefer hatten aber dereinſt mit größter Wahrſcheinlichkeit alle Vogel— vorfahren. Auf Grund unſerer bisherigen Kenntniſſe iſt es erlaubt anzunehmen, daß im Jura und wohl auch in der unteren Kreide ſämmtliche oder wenigſtens weit— aus die meiſten Vögel Odontornithes waren und daß erſt um dieſe Zeit oder nach 22) Der hierauf folgende Paſſus über die ganz entfernten Beziehungen der laufenden Ratiten und der Hesperornithes iſt als minder weſentlich nicht wiedergegeben (vergl. den Urtext). 498 Mar Fürbringer, gi Ton derſelben die Zähne nach und nach ſich rückbildeten und an Stelle des bezahnten Kiefers der Hornſchnabel trat. Hätte es bereits in jener Zeit, ſagen wir in der mittleren oder oberen Kreide, ſyſtematiſche Ornithologen gegeben, ſo würden dieſelben 0 vermuthlich einer recht gemiſchten Geſellſchaft bezahnter und unbezahnter Vögel gegen⸗ über geſtanden haben, die ſich aber wohl nicht auf Grund ihrer Blutsverwandtſchaften in die beiden Subklaſſen der Odontornithes und Euornithes (Rhynehornithes) ſchieden, ſondern wo innerhalb der verſchiedenen Ordnungen und Familien die un⸗ bezahnten Gattungen und Arten in ſucceſſiven Generationen die bezahnten ablöſten. Von jener reichen Verſammlung der mittleren Kreidevögel find die Ichthyornithidae und Hesperornithidae die einzigen bisher genauer bekannten Reſte. Die Hesperor- nithidae befinden ſich zugleich, ihre Bezahnung betreffend, bereits in der Decadence: ihr Prämaxillare hat keine Zähne mehr; wie bereits betont, bilden ſie aber auch die letzten Ausläufer einer einſeitig ſpecialiſirten Abtheilung, deren ſchon damals erlangte Configuration jede Möglichkeit einer Weiterbildung zu irgend einer der jetzt lebenden Formen völlig ausſchloß und von welcher wohl kein Nachkömmling die Secundärzeit überdauert hat. Anders (S. 1475) die Ichthyornithidae. Ob auch deren Zahn⸗ ſyſtem bereits in Rückbildung getreten oder nicht, iſt noch nicht aufgehellt, da vom Oberſchnabel bisher nur ein kleines Bruchſtück des Maxillare aufgefunden worden. Das iſt kein Punkt von Wichtigkeit. Bedeutſamer ſcheint mir, daß ſich hier noch Verſchiedenes in statu nascenti findet, daß hier noch mancher primitive Charakter exiſtirt, der in weiterer Umbildung (in progreſſiver oder retrograder Richtung) zu ſolchen Differenzen führen konnte, wie ſie Dieſer oder Jener der oben erwähnten lebenden Carinaten darbietet. Ich will damit nicht behaupten, daß in jenen Reſten, welche uns Marſh aufgefunden hat, die bezahnten Ahnen noch lebender unbezahnter Vögel wirklich in natura vorliegen; aber die geſammte Configuration der Ichthyor- nithidae führt mich zu der Anſchauung, daß es ſich hier um Typen handelt, welche den einſtmaligen Vorfahren der angeführten Carinaten recht nahe ſtehen und welche wohl auch noch geraume Zeit nach der mittleren Kreideperiode, vielleicht unter ſucceſſiver Rückbildung ihrer Bezahnung und Ausbreitung der Hornbekleidung ihres Schnabels, gelebt haben mögen, ehe ſie dem Kampfe ums Daſein unterlagen (vergl. auch S. 1110, 1142 f. und S. 1422 f.).“ „Auf der einen Seite alſo längſt ausgeſtorbene Formen mit hochgradig ſpeciali⸗ ſirtem Ratitencharakter, auf der anderen primitive Carinaten, deren nahe Verwandten mit großer Wahrſcheinlichkeit die Ahnen noch jetzt lebender Vögel waren. Mir ſcheint, daß hier zu beſtimmte Anknüpfungen an andere Vogelabtheilungen und zu große gegenſeitige Divergenzen vorliegen, als daß man dieſelben durch das Merkmal der E übrigens bei beiden recht ungleich gebildeten Zähne verknüpfen könnte. Es iſt be⸗ kannt, in wie hohem Grade z. B. bei den Lacertiliern die Bezahnung wechſelt, nicht Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. 499 minder, worauf auch Seeley hinweiſt, wie bei den Edentaten die nächſten Verwandten ſich durch Erhaltung oder Verluſt ihrer Zähne unterſcheiden. Wollte man Manis und Myrmecophaga von Orycteropus und Dasypus entfernen, mit den Monotremen und den Myſticeten zu einer Subklaſſe unbezahnter Mammalia s. Anodontotheria vereinigen und dieſe der Subklaſſe bezahnter Mawmalia s. Odontotheria gegenüber⸗ ſtellen, ſo würde wohl niemand mit einem ſolchen Syſteme einverſtanden ſein. So klar zu Tage liegen die Verhältniſſe bei den Vögeln, nachdem deren bezahnte Formen ſämmtlich ausgeſtorben und erſt in einigen wenigen foſſilen Typen bekannt geworden ſind, jetzt nicht mehr; principiell ſcheint mir jedoch auch hier die Frage dieſelbe zu ſein, ſo daß man wohl hoffen darf, daß reichere und glücklichere Funde aus dem Ende der ſecundären und dem Anfange der tertiären Epoche uns dereinſt mit be— weiſenderen Zwiſchenformen zwiſchen Odontornithes und Anodontornithes beſchenken werden.“ | „Ich kann ſomit jenen Autoren nur zuſtimmen, welche die Subklaſſe der Odontornithes auflöſten und die eine Ordnung derſelben (Odontotormae Marsh) den Carinaten, die andere (Odontoleae Marsh) den Ratiten zurechneten.“ „Endlich die Aehnlichkeiten der Hesperornithidae mit den Colymbidae und Podieipidae (vgl. S. 1147) 33). Dieſelben find ſehr auffallender Natur und ſprechen ſich, wie bereits angeführt, vor allem in dem Becken und der hinteren Extremität, aber auch, wenn gleich in minderem Grade, in anderen Abſchnitten des Skeletes aus; Bruſtbein, Bruſtgürtel und die hochgradig verkümmerte Extremität unterſcheiden ſich weſentlich von ihnen durch ihre typiſch ratite Configuration, wozu noch einige ab— weichende Schädelmerkmale kommen 34). Die Erklärung dieſes Verhaltens konnte auf zweifachem Wege geſucht werden. Entweder liegen hier Verwandte der (S. 1476) Colymbo-Podieipidae vor, die erſt ſecundär ihre Flugfähigkeit verloren und damit ihren ratiten Charakter erlangten, oder es handelt ſich um primitive Ratiten, welche ſich dem Waſſerleben anpaßten und erſt infolge deſſen jene Configuration gewannen, welche jo ſehr an diejenige der Colymbo-Podieipidae erinnert. Marſh hat ſich dieſe beiden Fragen vorgelegt und, ausgehend von dem Satze, daß die Ratiten die primi- tiveren, die Carinaten die ſecundär von ihnen ableitbaren Typen vorſtellten, hat er ſich für die zuletzt erwähnte Alternative entſchieden.“ 23) „Zum Theil gelten die folgenden Ausführungen auch für die den Colymbidae und Podieipidae verwandten Enaliornithidae (ef. p. 1152 f..“ 34) „Specifiſch ratite Charaktere vermochte ich indeſſen in dieſen Schädelmerkmalen nicht zu finden (ef. p. 1473), wie überhaupt meines Wiſſens der Schädel der Ratiten keine durchgreifenden Differentialmomente darbietet. Uebrigens zeigt die einfache proximale Gelenkfläche des Quadratum, nach der Abbildung von Marſh zu ſchließen, bereits die Tendenz zur Sonderung in zwei Flächen. Hinſichtlich der Bezahnung der Kiefer und der noch nicht ſynoſtotiſch verbundenen Unterkieferäſte vergl. die obigen Ausführungen.“ 5 \ * 4 * U FERIEN * 2 * 500 Max Fürbringer, 0 1 7 „Ueber die zwiſchen Ratiten und Carinaten beftehenden Relationen wird weiter unten noch ausführlicher zu ſprechen ſein; jetzt ſeien nur die ſpecielleren Beziehungen 3 zwiſchen Hesperornithidae und Colymbo-Podieipidae in Betracht genommen, wobei ich zugleich auf die bereits bei letzteren (S. 1157) gegebenen Ausführungen verweiſe. Dieſe fielen zu Gunſten der oben an 92 Stelle angeführten und von Marſh zurück⸗ gewieſenen Annahme aus.“ „Ich kann mir einerſeits gut vorſtellen, daß ein im Großen und Ganzen mit den primitiven Vorfahren der Colymbo-Podieipidae verwandter Vogel zur Zeit des Jura, zu einer Zeit alſo, wo die verſchiedenen Charaktere der Vögel ſich in einem noch jüngeren, flüſſigeren und bildungsfähigeren Zuſtande befanden als heutzutage und wo vermuthlich auch die Flugfähigkeit noch zu keiner höheren Entfaltung ge— langt war, durch Nichtgebrauch ſeiner Flügel 35) ſeine junge und Schwache Flugfähigkeit wieder leicht verlieren und ſeine vordere Extremität und in Correlation dazu ſein Bruſtbein und ſeinen Bruſtgürtel bis zu einem Grade rückbilden konnte, der mit dem gewöhnlich als ratit bezeichneten übereinkommts6). Es iſt bekannt, daß ver⸗ ſchiedene Vögel, deren einſtmals carinate Natur nicht zweifelhaft iſt (Cnemiornis, Aptornis, Stringops), ihre Crista sterni faſt vollſtändig eingebüßt haben, in dem Maaße, als ihr M. pectoralis ſchwächer wurde und ihr M. supracoracoideus ſich in ſeinem Urſprunge auf Coracoid und ſternale Fläche beſchränkte; nicht minder zeigt auch das Acrocoracoid bei gewiſſen Formen (3. B. Notornis, Oeydromus, namentlich aber Cnemiornis) eine Rückbildung, welche dieſen bei den Carinaten ſonſt mächtig dominirenden Abſchnitt des Coracoides hier als einen nur geringen Bruchtheil des⸗ ſelben (bei Cnemiornis nur ½¼9 der coracoidalen Länge) erkennen lehrt (vgl. auch S. 45) 37). Hier ſind alſo Configurationen gegeben, welche dem ausgeſprochen ratiten (platyſternalen und platycoracoiden) Verhalten ſehr nahe kommen, daſſelbe gleich⸗ SE nicht en Aber alle die genannten Vögel, ſoweit man fie genauer 000 „Auch die zunehmende Körpergröße bildete hierbei ein dieſem ſpäteren Nichtgebrauche Vorſchub leiſtendes Moment.“ 36) „Bemerkenswerth iſt die Perſiſtenz der beiden Claviculae, die zwar auch im rudimentären Zuſtande, doch bei Hesperornis minder zurückgebildet find als bei irgend einem anderen bekannten Ratiten. Dieſelben zeigen zuſammen eine Spannung (cf. Tabelle XVII, p. 768), welche die jedes Carinaten übertrifft, ein Verhalten, das zur Größe der Hesperornithidae in Correlation ſtehen dürfte und zugleich intereſſante Perſpectiven auf die Vorgeſchichte dieſer Vögel eröffnet. Uebrigens erſcheint ein Zurückführen dieſer Claviculae, wenigſtens auf Grund der von Marſh gegebenen Reſtauratian (deren Richtigkeit bei einer Autorität wie der von Marfh nicht zu bezweifeln iſt), auf den bei den Colymbidae und Podicipidae bekannten Typus der Furcula ſehr ſchwierig; bei fen Carinaten beſitzen die clavicularen Branchen umgekehrt von Hesperornis ein coraco-ſcapulares dickeres und ſternales ſchwächeres Ende und erſtrecken ſich auch weit über den ſcapularen Bereich. Doch iſt dieſe Differenz, bei einem ſo variablen Knochen wie die Clavicula, nicht ſchwer zu nehmen.“ | 7) „Von Aptornis iſt das Coracoid und die vordere Extremität meines Wiſſens noch 7 nicht gefunden. Jedenfalls war es, nach dem von Owen abgebildeten Bruchſtücke eines ſternalen Endes * 27 7 Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. 501 kennt ss), bieten eine noch vollſtändig erhaltene vordere Extremität mit kräftigen Muskel⸗ fortſätzen, gut entwickelte, von Bruſtbein und Bruſtgürtel entſpringende und an den Flügel gehende Muskeln und noch deutlich erhaltene Schwungfedern dar. Hier findet ſich ſomit ein Grad der Flügelrückbildung, welcher, verglichen mit demjenigen von Hesperornis, als ein (S. 1477) beſcheidener bezeichnet werden kann, zugleich aber, auf Grund der ſpecielleren Muskelconfiguration, die noch partielle Erhaltung des Acrocoracoides begreiflich und nothwendig macht. Anders bei Hesperornis. Hier ſcheint der diſtale Theil des Flügels mit ſeinen Schwungfedern bereits völlig ver— ſchwunden zu ſein “), fein einziger Reſt, der Humerus, bildet einen dünnen und ſchlanken Knochenſplitter, der von jenen bei den erwähnten Carinaten noch hochent— wickelten Muskelfortſätzen kaum etwas deutlich wahrnehmen läßt; das läßt hinſichtlich der an ihm inſerirenden Muskulatur auf eine hochgradige, wenn nicht nahezu totale Reduction ſchließen und daraus würde, und ich denke mit keinem geringeren Grade von Wahrſcheinlichkeit, weiter zu folgern fein, daß auch die ſternalen und acrocora— coidalen Urſprungs⸗ und Umwindungsſtellen jener Muskeln ihre prononcirte Bildung ſchließlich bis zur Unkenntlichkeit verloren, mit anderen Worten, daß beide Knochen völlig platyſternal und platycoracoid, d. h. ratitenartig wurden.“ „Andererſeits aber macht es mir Schwierigkeit zu denken, daß ein urſprüng— licher Landratite blos dadurch, daß er ſich an das Waſſerleben anpaßte und ein Taucher wurde, nothwendig gerade jene ſpecialiſirte Structur der hinteren Extremität, welche die Colymbidae und Podicipidae kennzeichnet, aber nicht dieſe allein, ſondern auch im Becken⸗, Rumpf⸗ und Kopfſkelet mehrere ſpecifiſche Charaktere dieſer Familien erwerben mußte. Eine ſolche Identität überſteigt das gewöhnliche Maaß der ſonſt beobachteten Convergenz- Analogien. Immerhin würde ich gegen dieſe Auffaſſung keinen ernſtlicheren Einwand erheben, — wenn die Configuration der anderen Taucher unter den Vögeln mit derjenigen der Colymbo-Podieipidae und Hesperornithidae übereinſtimmte. Aber wir ſehen gerade das Gegentheil. Man vergleiche, ganz ab— geſehen von dem übrigen Skelete, nur die hinteren Extremitäten von Spheniscus und Aptenodytes, Alca, Pelecanoides, Plotus und Carbo, Mergus und Fuligula mit jenen von Podiceps, Colymbus, Enaliornis und Hesperornis, und man wird finden, mit wie ungemein verſchiedenen Mitteln die gleiche Funktion des Tauchens erreicht zu ſchließen, in hohem Grade rückgebildet, vielleicht auch platycoracoid. Man darf auf ſeine der— einſtige Auffindung ſehr geſpannt ſein.“ 28) „Von den foſſilen Cnemiornis und Aptornis ift nur das Skelet, und bei Aptornis (vergl. die vorhergehende Anmerkung) auch dieſes ganz unvollſtändig bekannt. Nicht minder iſt die betreffende Kenntniß von Gastornis, der hier wohl manche Aufklärung darbieten könnte, eine ganz unvollſtändige.“ % „Falls noch Rudimente des Vorderarms oder der Hand exiſtirten (ob von Knorpel in— folge der ontogenetiſchen Retardation oder von Knochen?), ſo ſind ſie jedenfalls minimale ge— weſen (of. p. 215).“ 3 1 . 21 502 Max Für bringer, | | Ei wird: die Tibia z. B. zeigt die mannigfachſten Formen und die Differenz, welche der ungewöhnlich breite Tarſo-Metatarſus der Impennes und der ſtark ſeitlich compri⸗ mirte der Podieipidae darbieten, kennzeichnet überhaupt die Extreme in den tarſo⸗ metatarſalen Bildungen der Vögel. Bei einer ſolchen Mannigfaltigkeit der An⸗ paſſungen und Entwickelungsbahnen würde ich es für wahrſcheinlich halten, daß die Umbildung einſtiger Landratiten in tauchende Formen ebenfalls ihren eigenen von denjenigen der anderen Taucher differenten Weg ginge; es würde mir aber höchſt wunderbar erſcheinen, wenn dieſe Umbildung gerade die ſpecifiſche und ſpecialiſirte Entwickelungsbahn der Colymbo-Podieipidae ſich auserwählen ſollte. Eine ſolche Uebereinſtimmung ſcheint mir nur unter der Annahme verſtändlich, daß wirkliche Blutsverwandtſchaften zwiſchen den Hesperornithidae und Colymbo-Podieipidae beſtehen.“ „Auf Grund dieſer Ausführungen entſcheide ich mich ſonach für eine einft- malige Carinaten-Natur der Hesperornithidae und für eine fecundäre Umbildung derſelben zu ratitenartigen Formen). Nach dieſer Anſchauung beſaßen ihre Vorfahren gleich denen der Colymbo-Podieipidae, zu welchen fie in nicht zu fernen verwandtſchaftlichen Relationen ſtanden, einen gewiſſen Grad von Flugfähigkeit !!), welchen fie aber mit der höheren Ausbildung ihrer Tauchfähigkeit und der 8 1 280 anſehnlicheren Entfaltung ihrer Körpergröße wieder verloren 4), 40) „Das iſt bekanntlich auch Vetter's Anſicht, der, ohne ſpeciellere Verwandtſchaften anzu⸗ geben, geneigt iſt, Hesperornis als extrem reducirten Carinaten aufzufaſſen (ef. p. 1438, Anm. 7). Wenn ich recht verſtehe, haben auch Cope und Seeley Hesperornis den Natatores zugerechnet, ohne ſich jedoch dabei über die ratiten oder carinaten Beziehungen zu äußern. Seeley kann, wie bereits bemerkt, in der Exiſtenz der Zähne kein Moment finden, welches gegen eine Einreihung in die Schwimmvögel ſpräche.“ 41) „Hierbei dürfte, worauf ebenfalls Vetter hinweiſt, auch die relative Länge und Schlank⸗ heit des Humerus-Rudimentes nicht zu überſehen ſein, die mit einiger Wahrſcheinlichkeit an einen einſtmals recht lang entwickelteu Humerus denken läßt (ef. pag. 195 Anm. 1). Vergrößert man den Humerus von Hesperornis fo weit, daß feine Dicke derjenigen anderer Schwimmvögel ungefähr entſpricht, ſo erhält man ein recht langes Gebilde, welches die Humeruslänge zahlreicher Vögel bei weitem übertrifft, die der Longipennes erreicht und von allen Tauchern derjenigen der Colymbo-Podieipidae (welche nebſt den tauchenden Steganopodes unter den Tauchern die relativ längſten Humeri haben (ek. Tabelle XXXVII, p. 814 f.) relativ am nächſten kommt. Auch die lange Scapula ſcheint mir für dieſe Frage nicht ohne Bedeutung zu ſein. In dem „kräftigen Coracoid“ oder „breiten und weit nach hinten ausgedehnten Bruſtbein“ (ef. Vetter) vermag ich dagegen an ſich keine die Annahme einer einſtigen Flugfähigkeit mit Nothwendigkeit ſtützenden Momente zu finden. Bei Beurtheilung derſelben iſt nicht außer Acht zu laſſen, daß ſie doppelte Functionen, mit Rückſicht auf die von ihnen entſpringende Flugmuskulatur und auf den von ihnen zu ſchützenden Rumpfinhalt, zu erfüllen haben, daß ſomit ihre Größe nicht lediglich von der erſt⸗ angeführten beherrſcht wird. Ganz hervorragende Flieger können bekanntlich ein relativ ſehr kurzes Sternum haben, wie z. B. Diomedea, Fregata und Pelecanus, bei denen die ſternale Länge ſelbſt geringer iſt als bei Hesperornis (vergl. Tabelle XXVIII, p. 794 f.).“ 1 42) „Ob hierbei auch eine einſtige Pneumaticität in Rückbildung trat, ob dieſelbe überhaupt niemals entwickelt geweſen, läßt ſich nicht entſcheiden, iſt auch von minderem Intereſſe. en Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. 503 hierbei den Colymbo-Podicipidae an einſeitiger Intenſität ihres Differenzirungs- prozeſſes immer vorauseilend. So war von ihnen ſchon in ſehr früher Zeit, ehe noch die Rückbildung der Zähne und Hornſcheidenbekleidung des Schnabels in aus— giebigerer Weiſe erfolgte und die Ausbildung der Muskelfortſätze an Sternum und Coracoid zu höherer Entfaltung ſich fixirte, die ratite Conformation gewonnen !“), während die Colymbo-Podieipidae ſich noch bis auf den heutigen Tag einen mäßigen Grad von Flugfähigkeit bewahrt haben.“ S. 1478 und 1479*): „Die im Vorliegenden mitgetheilten Uterfichnttgen dürften das Reſultat ergeben, daß die unter dem Namen Ratiten zuſammengefaßten Vögel, mit oder ohne die Hesperornithidae, durchaus keine Familie oder eine dem entſprechende natürliche Abtheilung, ſondern eine nur loſe verbundene Gruppe von zum Theil recht heterogenen Vögeln repräſentiren. Was dieſelben ver— bindet, ſind mehrere allgemeine Merkmale niedrigerer Differenzirung (neben denen jedoch auch ſolche einer höheren einſeitigen Specialiſirung ſich finden), ſowie der ſecundäre Charakter reducirter Flügel und in Correlation dazu vergrößerter hinterer Gliedmaßen. Auf dieſe Weiſe hat die im gleichen Sinne arbeitende Züchtung und Anpaſſung auf Vögel von theilweiſe ſehr abweichender Abſtammung eingewirkt und damit Convergenz⸗Analogien (Iſomorphien) (S. 1479) herbeigeführt, welche bei den meiſten dieſer Typen in einer ziemlich großen Aehnlichkeit im äußeren Habitus ſich offenbart. Dem Beobachter, der allein dieſen äußeren Habitus berückſichtigt, kann wohl der Gedanke kommen, daß hier nur verſchiedene Gattungen der gleichen Familie vorliegen; ſobald er mehr in die Tiefe geht und hier gründlicher unterſucht, wird er ſehen, daß ihn die Oberfläche täuſchte.“ „Die Abweichungen im inneren Bau der Ratiten ſind (0 große, daß der DBe- griff Ordnung meines Erachtens zu eng iſt, um dieſe Vögel zuſammenzuhalten “). Mehrere ältere und neuere Autoren, denen jene Verſchiedenheiten nicht entgingen, haben daher eine Subklaſſe aus ihnen gebildet, welche ſie den carinaten Vögeln gegen— überſtellten.“ | „Wie weit dieſe Gegenüberſtellung berechtigt ſei, ſoll weiter unten unterſucht wie ich nicht bezweifle, die Vorfahren der Hesperornithidae von geringerer Körpergröße waren, konnten ſie auch ohne höhere Ausbildung der Pneumaticität fliegen.“ #3) „Wie bereits oben bemerkt, ſetzt dieſe ausgiebige Rückbildung nicht allein recht energiſche einſeitige Einwirkungen und Gewohnheiten, ſondern auch einen recht jugendlichen und umbildungs— fähigen Zuſtand der bisher erworbenen Einrichtungen voraus. Diejenigen Vögel, welche erſt in ſpäterer phylogenetiſcher Zeit ſich zu Tauchern ausgebildet, wie z. B. die Aleidae aus primitiven Laro-Limicolae, haben ihre carinate Natur gewahrt, indem ihre vordere Extremität nicht durch Nichtgebrauch functionslos wurde, ſondern ſich zum wichtigen Ruderorgane umbildete.“ ) Zuſammenfaſſung der sub A. (Gegenſeitige Stellung der einzelnen Ratiten zu einander) gewonnenen Reſultate. 5) „Vergl. damit die von heller Einſicht zeugende Bemerkung Häckel's) (1866) (cf. p. 1428).“ 504 Max Fürbringer, — werden. Darin aber befinde ich mich mit dieſen Autoren in Uebereinſtimmung, daß die Differenzen des inneren Baues der verſchiedenen Ratiten-Familien zum 1 mindeſten nicht geringer ſind als diejenigen, welche die einzelnen Carinaten⸗ Familien trennen.“ „Die Struthionidae ſtehen in vielen Hinſichten weit ab von allen anderen Ratiten und nehmen ſelbſt in gewiſſen Beziehungen gegenüber allen anderen bisher beſprochenen Vögeln eine ſeparate 6), in mancher Hinſicht die primitivſte Stellung ein 16). Ein Extrem anderer Art bilden die Hesperornithidae, welche ſich ebenfalls weit von den anderen Ratiten entfernen, jedoch an gewiſſe Carinaten (Colymbidae und Podieipidae, Enaliornithidae) Anſchlüſſe gewähren.“ ““) — — S. 149648): „Ob die juraſſiſche Laopteryx ihnen (den Ur⸗Ratiten, die zuvor nicht flugfähig waren) angehörte, kann nicht geſagt werden, da man von dieſer allzu wenig weiß und da, wie mir ſcheint, weder der ratite Charakter, noch überhaupt die definitive Vogelnatur derſelben über allen Zweifel geſichert iſt. Dieſe ganze vor kretaceiſche Zeit iſt noch in Dunkel gehüllt und erſt in der Kreide beginnt eine ſicherere und ausreichendere Kenntniß der alten ratiten Formen mit den Hesperornithidae Bei dieſen aber finden ſich Structuren (ich denke in erſter Linie an Humerus und Seapula), welche meiner Anſicht nach die Annahme, daß hier primitive, niemals zu einer gewiſſen Flügelbildung gelangte Ratiten vorliegen, zum mindeſten höchſt un⸗ wahrſcheinlich machen, wenn nicht ganz ausſchließen.“ ““) — — S. 1504—1506 #3): „Die im Vorhergehenden gewonnenen Ergebniſſe laſſen ſch in folgender Weiſe zuſammenfaſſen: „Carinaten und Ratiten zeigen in allen weſentlicheren Zügen ihres Baues ſo viel Berührungspunkte und im Allgemeinen eine ſo durchgehende Ueberein⸗ ſtimmung, daß die Annahme einer geſonderten Entſtehung beider Abtheilungen aus dem Stock der Sauropſiden, mit anderen Worten ein diphyletiſcher Urſprung der Vögel nicht zu halten iſt. Die zwiſchen beiden exiſtirenden ſpecielleren 46) Die betreffenden, auf Struthio bezüglichen Anmerkungen enthalten die obigen Angaben ſtützendes Detail, ſind aber hier als für die Hesperornis-Frage minder wichtig nicht zu wiederholen. 47) Die weiteren Ausführungen beziehen ſich auf die anderen Vertreter der ſogenannten Ratiten⸗Abtheilung und haben daher keine directe Beziehung zu der vorliegenden, Hesperornis betreffenden Frage. 4 #8) Sub B. Gegenſeitige Stellung der Ratiten und Carinaten im Allgemeinen 2 (pag. 14801506). In dieſem Abſchnitte habe ich verſucht, den eingehenden und ſpeciellen Nach⸗ weis zu führen, daß die bekannten Ratiten erſt durch ſecundäre Rückbildung der Flugapparate aus früheren Carinaten entſtanden ſind. Hinſichtlich zahlreicher, auch Hesperornis betreffenden Details, verweiſe ich auf den Urtext und recapitulire hier nur einen Paſſus und die Zuſammen⸗ faſſung der Ergebniſſe. u 40) Hinſichtlich der weiteren, die bezüglichen re; enthaltenden Be iſt der Urtext zu vergleichen. 3 Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. 505 Differenzen ſind zum größeren Theile nur von quantitativer Natur und laſſen ſich bereits mit den wenigen Materialien, über die wir jetzt verfügen, überbrücken; bei einem kleineren Theile derſelben iſt dies noch nicht vollkommen gelungen und die damit gegebenen Differentialcharaktere geſtatten wenigſtens vorläufig, innerhalb der Vogelklaſſe noch zwiſchen Ratiten und Carinaten zu unterſcheiden.“ „Eine Ableitung der Carinaten von einſtigen Formen, welche den bekannten Ratiten der Kreide, Tertiär-, Quartär⸗ und Jetztzeit glichen, erſcheint unmöglich; ungleich zahlreichere und beweiſendere Inſtanzen laſſen darauf ſchließen, daß die be= kannten Ratiten mit zunehmender Körpergröße aus einſtmaligen Carinaten⸗ähnlichen, mit einer mehr oder minder gut ausgebildeten Flugfähigkeit begabten Formen durch ſecundäre Rückbildung dieſes Flugvermögens hervorgegangen ſind. Dabei geben aber gewiſſe primitive Züge in den verſchiedenen Organſyſtemen, welche ſie mehr noch als die lebenden Carinaten gewahrt haben, zum Theil auch die beträcht— liche Körpergröße, welche einen längeren Entwickelungsgang als bei den kleinen Vögeln vorausſetzt, zugleich an die Hand, den Beginn dieſer reductiven Vorgänge in eine ſehr frühe Zeit, vielleicht in den Anfang der meſozoiſchen Periode s“), zurüczuver- legen, wo alle Vögel ſich noch (S. 1505) auf einer relativ primitiven Entwickelungs⸗ ſtufe befanden und wo die junge Flugfähigkeit der Ur-Carinaten mit ihren noch wenig fixirten Sfelet- und Muskel⸗Configurationen eine gründlichere Rückbildung ermöglichte, als z. B. bei jenen ſpäter fluglos gewordenen Vögeln, welche wie Alca impennis, Cnemiornis, Didus, Stringops u. A. an Formen anknüpften, die im Großen und Ganzen mit noch lebenden Vögeln übereinkamen (vgl. auch S. 117).“ „Danach würden die bekannten Ratiten alſo als ſecundäre, von primi— tiven Carinaten abzuleitende Typen aufzufaſſen ſein, und es muß ſehr wohl zwiſchen ihnen (Deuter-Aptenornithes) 51) und jenen noch gänzlich unbekannten primitiven Ur⸗Ratiten (Prot-Aptenornithes)5!) unterſchieden werden?), welche nothwendig die Vorfahren aller Vögel geweſen ſein müſſen und eine geraume Zeit hindurch, bevor das Flugvermögen zur Ausbildung kam, am Ende der palaeozoiſchen und am Anfange der meſozoiſchen Aera als die einzigen Vertreter der Vogelklaſſe lebten. | „Hinſichtlich des Maaßes von Flugfähigkeit, welche den alten carinaten— artigen Anceſtralen der bekannten (ſecundären) Ratiten zukam, ſind ſicher begründete Angaben nicht zu machen; es iſt möglich, daß es wenigſtens theilweiſe nur ein gering— 50) „Darin weiche ich völlig ab von Wiedersheim (1878), der die Ratiten „in der oberen Kreide in Form von Dinoſauriern erſt noch im Werden begriffen“ fein läßt (ef. p. 1431 Anm. 5).“ 50 „Prot-Aptenornithes: primitive flugloſe Vögel; Deuter-Aptenornithes: ſecundäre flug— loſe Vögel.“ 2) „Mit ganz und gar fraglicher eventueller Ausnahme von Laopteryx, die aber noch viel zu wenig bekannt iſt, um irgendwelche Wahrſcheinlichkeitsangaben zu erlauben.“ 506 Mar Fürbringer, Bw gradiges war, aber zugleich beſteht eine ziemlich große Wahrſcheinlichkeit, daß ge- wiſſe Vorfahren, insbeſondere diejenigen der longihumeralen Ratiten (Rhea, Struthio, wohl auch Hesperornis), einſtmals, als ſie noch kleinere Thiere waren, über ein beſſer entwickeltes Flugvermögen verfügten.“ | 7 „Im vorhergehenden Abſchnitte (vgl. insbeſondere ©. 1478 f.) wurde dargethan, 4 daß die Ratiten eine nur loſe verbundene Gruppe von zum Theil recht heterogenen Vögeln repräſentiren und daß die Differenzen, welche die einzelnen Ratiten-Familien unter einander darbieten, zum mindeſten ebenſo groß, wenn nicht größer ſind als die zwiſchen den verſchiedenen Familien der Carinaten; Struthio bildet einen ſehr primi⸗ tiven Typus, welcher ſich weit von allen anderen bekannten Vögeln entfernt. Es kann auf Grund der in dieſem Abſchnitte des Capitels gewonnenen Reſultate hinzu⸗ gefügt werden, daß ſelbſt beſtimmte Ratiten (Hesperornis, Apteryx, möglicherweiſe auch Rhea) eine relativ größere Annäherung an gewiſſe Carinaten zeigen, als die ihnen ferner ſtehenden Familien unter den Ratiten 53). Danach erſcheint es mir — und ich ſtimme in dieſer Hinſicht vollkommen mit Owen (1878) überein — durch die wirklichen Verhältniſſe nicht geſtützt zu ſein, wenn man die Ratiten als eine geſchloſſene Abtheilung (Subklaſſe) den Carinaten gegenüberſtellt. Ebenſo wenig wie die Verſammlung der flugunfähigen Carinaten (Aptenodytidae, Alea impennis, Cnemiornis, Notornis, Oeydromus, Dididae, Stringops ꝛc., eventuell auch die noch unſicheren Gastornis und Aptornis) eine natürliche Abtheilung vor- ſtellt, bilden ſie (die bekannten Ratiten) eine genealogiſche Einheit; was ſie unter einander verbindet, iſt in der Hauptſache nur der hohe Grad der ſecundären Reduction des Flugvermögens, ſomit eine Convergenz-Analogie. Und auf Grund der ſonſtigen Differenzen in ihrem Bau, namentlich mit Rückſicht auf die primitiveren Charaktere der einen und die etwas höhere Configuration der anderen ihrer Ver⸗ treter, ſcheint es mir durchaus den natürlichen Thatſachen zu entſprechen, wenn ich annehme, daß dieſe Reduction, d. h. die Ausbildung zu dem ratiten Typus, nicht auf einmal, ſondern bei den verſchiedenen Vertretern der Ratiten zwar immer in früher palaeontologiſcher Zeit, aber zu recht verſchiedenen Zeitperioden begann und ſucceſſive zu weiterer Vollendung gedieh. Die Struthionidae würden hierbei die älteſten Ratiten repräſentiren; erſt ſpäter dürften (S. 1506) die Dromaeidae und Casuariidae zur Entſtehung gekommen fein; in eine noch ſpätere Zeit würde die Ausbildung der Rheidae verlegt werden können; noch jüngeren, aber jeden⸗ falls noch vor dem Ende der meſozoiſchen Aera liegenden Datums endlich dürften einerſeits die Hesperornithidae, andererſeits die Dinornithidae und Aptery- 5) „Hesperornis ſteht den Enaliornithidae und Colymbo-Podieipidae näher als den Struthionidae, Aepyornithidae, Apterygidae ete. ete.; Apteryx entfernt ſich weiter von Hesperornis, Struthio, Rhea ete. als von den Rallidae u. Crypturidae (weiteres ſiehe sub C.).“ — Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. 507 gidae ſein; die Dinornithidae dürften hierbei einen etwas früher ausgebildeten und in der Degeneration der vorderen Extremität weiter fortgeſchrittenen Typus vorſtellen, als die Apterygidae 50.“ „Um dieſe Zeit ſcheint die Ausbildung der eigentlichen Ratiten (Deuter- Aptenornithes) abzuſchließen, nicht aber der Prozeß der Flügelrückbildung. Dieſer wiederholt ſich auch ſpäter (am Ende der Secundärzeit und in den darauf folgenden Perioden), vermag aber, da er an Flugvögel mit mehr fixirten Fluginſtrumenten anknüpft, nicht mehr zu jenem hohen Grade von Reduction zu gelangen wie bei den echten Ratiten; jo entſtanden die Aptenodytidae, Alca impennis, Cnemiornis, die Dididae und alle jene flugunfähigen Formenss), welche aber noch weſentliche carinate Eigenſchaften wahrten und höchſtens als Ratiten-ähnliche Carinaten (Trit- Aptenornithes) 56) bezeichnet werden können. Ihre Entſtehungszeit ſcheint noch nicht geendigt zu ſein.“ S. 1516 und 151757): „Bereits oben (S. 1152, S. 1157 und S. 1475 f.) habe ich mich unter eingehender Würdigung der zum Theil außerordentlich markanten Uebereinſtimmung zwiſchen Hesperornithidae auf der einen und Enaliornithidae, Colymbidae und Podieipidae auf der anderen Seite dahin entſchieden, dieſelben im Sinne wirklicher Blutsverwandtſchaften zwiſchen den genannten Familien zu würdigen, den longihumeral=ratiten Charakter der Hesperornithidae aber, in theil⸗ weiſer Uebereiſtimmung mit Vetter, auf eine ſchon in ſehr früher geologiſcher Zeit begonnene Rückbildung der Flugfähigkeit dieſer alten Familie zurückzuführen.“ „Dieſen Ausführungen habe ich kaum noch etwas zuzufügen. Früh, doch wie auf Grund der morphologiſchen Configuration zu ſchließen, erſt nach den +) „Hinſichtlich der anderen Ratiten verbietet die gänzlich ungenügende Kenntniß irgend welche Schlüſſe.“ >) „Gastornis und Aptornis liegen vielleicht an der Grenze der Deuter-Aptenorni- thes und Trit-Aptenornithes. Doch iſt auch hier die Wiſſenſchaft eine unzureichende.“ 56) „Trit-Aptenornithes: erſt in tertiärer Weiſe (Grade) flugunfähig gewordene Vögel.“ 57) Sub C. Ueber die ſpeciellen Relationen der einzelnen Ratiten-Familien zu den einzelnen Garinaten- Familien (pag. 1506— 1518). Da auf Grund der sub B. (pag. 1480 —1506) gemachten Ausführungen die Ratiten von einem einſtmaligen Carinaten-ähn⸗ lichen Zuſtande abzuleiten ſind und eine Verſammlung von größtentheils durchaus heterogenen Vogelfamilien darſtellen, welche erſt infolge der Flügelrückbildung in den Verband einer ziemlich oberflächlichen, weil auf Convergenz-Analogie beruhenden Aehnlichkeit (Iſomorphie) gekommen ſind, ſo erhebt ſich die Frage, ob zwiſchen den einzelnen Vertretern der Ratiten- und dieſer oder jenen Carinaten⸗Familie irgend welche genealogiſchen Verbände exiſtiren. Der vorliegende Ab— ſchnitt C beſchäftigt ſich mit denſelben, behandelt im Einzelnen die genealogiſchen Relationen der verſchiedenen Vertreter der ratiten Verſammlung zu den carinaten Formen und ſchließt mit einer Zuſammenfaſſung der Befunde. Im obigen Texte recapitulire ich nur das Hauptſächlichere über die Hesperornithidae und die allgemeinen Verhältniſſe der Flugentwicklung bei den Vögeln und verweiſe im Uebrigen auf den Urtext in den Unterſuchungen zur Morphologie und Syſtematik der Vögel. 508 - Mar Fürbringer, Struthionidae und Rheidae, mögen ſich bie Hesperornithidae vom Vogel- ſtamme abgezweigt haben, und zwar in der nächſten Nachbarſchaft (S. 1517) der⸗ jenigen Faſern, welche die Enaliornithidae und wohl nach dieſen die Colym- bidae und Podieipidae zur Entſtehung kommen ließen; die genealogiſchen Relationen zu den Ahnen dieſer dürften als noch nähere aufzufaſſen ſein als jene, 4 welche Apteryx und Dinornis mit den früheren Vorfahren der Rallidae und Crypturidae verbinden.“ „Während aber die anderen Ratiten nach kürzerer oder längerer Periode ſich nach und nach zu reinen Laufvögeln umbildeten, paßten ſich die Hesperornithidae von Anfang an mehr und mehr dem Waſſerleben an; anfangs und wohl auch ziemlich lange Zeit hindurch mit langen Flügeln und gut entwickelter Flug- fähigkeit begabt, haben ſie dieſelbe in dem Maaße mehr und mehr eingebüßt als ihre Körpergröße und zugleich ihr Schwimm- und Tauchvermögen zu höherer Entfaltung kam, — ein Prozeß, der in viel ſpäterer Zeit auch bei den bereits mehr fixirten Podieipidae und Colymbidae in einer unvollkommenen Parallele in Er⸗ ſcheinung trat, hier aber noch nicht jenes Stadium der Rückbildung und einſeitigen Ausbildung erreicht hat, welches die ausgeſtorbenen Hesperornithidae darbieten.“ S. 15175): „Nach den im Vorliegenden gegebenen Ausführungen betreffs der ſpecielleren genealogiſchen Relationen der einzelnen Ratiten-Familien dürften die Hesperornithidae relativ die am wenigſten fernen Beziehungen zu cari⸗ naten Vögeln, und zwar zu den Vorfahren der Enaliornithidae, Colymbidae und Podicipidae darbieten.“ 59) — — — 4 S. 151859): „Als allgemeinſtes Reſultat der in den vorhergehenden Abſchnitten dieſes Capitels (A—C, S. 1439—1517) gegebenen Auseinanderſetzungen möchte ich das Folgende anſehen.“ | „Die ſogenannten Ratitae s. Platyeoracoideae bezeichnen keine natürliche Ab- theilung, ſondern eine mehr oder minder künſtliche Verſammlung von urſprünglich heterogenen Vögeln, welche in alter Vorzeit, die einen früher, die anderen ſpäter, aus primitiven und noch unbekannten Flugvögeln (Carinaten) unter Reduction der Flugfähigkeit derſelben hervorgegangen ſind und nun in der Hauptſache nur durch eine Reihe von Iſomorphien zuſammengehalten werden. Der Begriff „Ratitae* bezeichnet ſomit keine primäre genealogiſche Einheit, ſondern eine ſehr unvollkommene 3 ſecundäre Convergenz- Analogie, bildet ſomit ſtreng genommen in ſyſtematiſcher = Hinſicht nur ein proviſoriſches Surrogat, das ſchließlich einer beſſeren Erkenntniß 4 der wahren Genealogie weichen muß. 1 „Bezeichnet man die flugfähigen Vögel mit dem allgemeinen Namen „Pten- 3 5 58) Vergl. die vorhergehende 1 59) Die weiteren Ausführungen beziehen ſich auf die anderen ratiten Familien. Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. 509 ornithes“, die flugloſen aber als „Aptenornithes“, jo dürfte mit Rückſicht auf den Wechſel in der Ausbildung und Rückbildung der Flugfähigkeit folgende phylogenetiſche Reihenfolge für die Vögel angenommen werden: 1. Primitive Aptenornithes (Prot-Aptenornithes), welche die Flugfähigkeit noch nicht ausgebildet haben: Sämmtlich unbekannt (Ornithichnites?, Laopteryx ?). 2. Primitive Ptenornithes (Proto- Ptenornithes): Meiſt unbekannt (ArchaeopteryJ. 3a. Secundäre®V) Ptenornithes (Deutero-Ptenornithes), unter höherer Ausbildung der Flugfähigkeit aus den Proto-Ptenornithes (2) hervorgegangen: Meiſte ältere Carinaten. 3b. Secundäre Aptenornithes (Deuter-Aptenornithes), unter Rück⸗ bildung der Flugfähigkeit aus den Proto-Ptenornithes (2) und den tiefer ſtehenden Typen der Deutero-Ptenornithes (3 a) entwickelt: Ratiten. 4a. Tertiäre s) Ptenornithes (Trito-Ptenornithes), in noch höherer Differenzirung und Specialiſirung (3a) entſtanden: Meiſte neuere Carinaten. 4b. Tertiäre Aptenornithes (Trit-Aptenornithes), durch Rückbildung des Flugvermögens aus den höheren Formen der Deutero-Ptenornithes (3a) und den Trito-Ptenornithes (4a) hervorgegangen: Flugloſe Carinaten (3. B. Impennes, Cnemiornis, Dididae etc. ete.).“ „Selbſtverſtändlich exiſtiren in der Natur zwiſchen dieſen vier Stadien feine Grenzen; das eine geht allmählich in das andere über. Daß es ſich in dieſer Zu— ſammenſetzung lediglich um graduelle Verhältniſſe in der Ausbildung des Flug⸗ vermögens, keineswegs aber um genealogiſche Relationen handeln ſoll, brauche ich kaum beſonders zu betonen.“ S. 1541 und 15426: „Die holcodonten Hesperornithidae aus der nord— amerikaniſchen Kreide (vergl. S. 1472 f. und 1516 f.) faſſe ich als Vertreter der Gens Hesperornithes (Odontoleae Marsh) auf. Wie bereits oben des Ge— naueren ausgeführt wurde, dürfte bei ihrer ſyſtematiſchen Beurtheilung meiner Meinung nach der Schwerpunkt nicht auf das ratite Verhalten des Bruſtbeines, Bruſtgürtels und der vorderen Extremität, ſondern auf die zahlreichen und ſpeciellen Uebereinſtimmungen im Bau der hinteren Extremität und der übrigen Skelettheile mit en Enaliornithidae, Colymbidae und Podieipidae zu legen fein. Dieſe 9 ‚Die nn ſecundär und tertiär beziehen ſich nicht auf geologiſche Pe— rioden, ſondern ſollen lediglich den Gegenſatz in der früheren oder ſpäteren Umbildung gegenüber den primitiven Formen ausdrücken.“ ) Sub Cap. 6. Die größeren Vogelabtheilungen und ihr gegenſeitiger Verband. Verſuch eines genealogiſchen Vogelſyſtems. Mit Tabelle XLI und XIII, ſowie Taf. XXVII—XXX (pag. 15361578). | | 510 Max Fürbringer, 3 Uebereinſtimmungen erweiſen ſich mir als wahre Kennzeichen familiärer Beziehungen, während ich das ratite Verhalten nur als einen Charakter von ſecundärer und gra⸗ dueller Bedeutung aufzufaſſen vermochte: ähnlich wie die Apterygiformes unter hochgradiger Verkümmerung ihrer Flügel ſich von den Crypturiformes und Ralli- formes ſonderten, dürften auch die Hesperornithes unter frühzeitig begonnener Rückbildung ihrer jungen Flugfähigkeit und unter höherer Ausbildung ihres Tauch⸗ vermögens, ſich von ihren oben angegebenen Verwandten geſondert haben. Mir ſcheint dieſe Verwandtſchaft ſelbſt einen nicht zu unterſchätzenden Grad von relativer Intimität zu beſitzen und auch durch das Differentialmerkmal der Zähne, welches die cretaceiſchen Hesperornithes (und vielleicht auch die Enaliornithes) den tertiären, quartären und lebenden zahnloſen Colymbo-Podieipites gegenüberſtellt, nicht alterirt (S. 1542) zu werden; wie bereits wiederholt betont, halte ich es faſt für ſelbſtverſtänd⸗ lich, daß ſämmtliche Vorfahren der lebenden Vögel, ſomit auch die Ahnen der Colymbo-Podicipites in der Secundärzeit Zähne beſaßen und daß der Verluſt der Bezahnung nur eine ſecundäre am Ende der Kreide oder am Anfang des Eocän eingetretene retrograde Differenzirung darſtellt. Bereits die Hesperornithes zeigen im Intermaxillare Verluſt der Zähne und hatten wahrſcheinlich einen vorn mit Hornſcheiden bekleideten und hinten mit Zähnen verſehenen Oberſchnabel; wären ſie nicht ſchon in der Kreide oder am Anfang der Tertiärzeit ausgeſtorben und hätten ſie noch im ſpäteren Tertiär oder zur Jetztzeit Nachkommen hinterlaſſen, ſo würden dieſelben wohl unbezahnt geweſen fein. Ich bin ſomit geneigt, die Gens Hesper- ornithes mit den Gentes Enaliornithes und Colymbo-Podieipites zu der Sub- ordo Podieipitiformes zu vereinigen.“ Das Reſultat dieſer Ausführungen findet ſich auch in dem auf S. 1565—67 aufgeführten Schema eines Vogelſyſtemes, in dem — auf den erſten Blick ſichtbar — die Subordo Podieipitiformes mit den Gentes Enaliornithes (Familia Enaliorni- thidae), Hesperornithes (F. Hesperornithidae) und Colymbo-Podieipites (F. Co- Iymbidae und F. Podicipidae) aufgeführt find, während dieſes Syſtem nirgends der „Ratitae“ oder „Odontornithes“ Erwähnung thut, da eben dieſe Worte für mich keine natürlichen, d. h. genealogiſch verbundenen Vogelabtheilungen bezeichnen, ſondern nur künſtliche Verſammlungen ganz heterogener Vögel umſchreiben. Nicht minder deutlich und unzweideutig, auch für denjenigen, der kein Wort Deutſch verſteht, laſſen die meinen Unterſuchungen ꝛc. beigefügten Stammbäume (Taf. XXVII—XXX) erkennen, daß die genealogiſche Verwandtſchaft der Hesper- ornithes mit den Enaliornithes und Colymbo-Podieipites für mich das allein weſentliche Moment bildet und daß ich danach gar nicht daran gedacht habe, der ſecundär entſtandenen und als ganz ſecundär zu beurtheilenden ratiten Configuration der vorliegenden Vogelfamilie irgend welche ſyſtematiſche Bedeutung beizumeſſen. | re nn Tip en Ueber die ſyſtematiſche Stellung der Hesperornithidae. 511 An dieſen Ausführungen habe ich jetzt, nach 2 Jahren, nichts zu ändern. Die vorliegenden Citate und Auszüge dürften wohl Jedermann überzeugen, daß ich auf Grund der zahlreichen Uebereinſtimmungen und Aehnlichkeiten in der Bild ung des Beckens und der hinteren Extremität ſowie verſchiedener Details im Rumpfſkelete und Schädel, die nahen genealogiſchen Relationen zwiſchen Hesper- ornithidae, Enaliornithidae, Colymbidae und Podicipidae in einer von Anfang an unzweideutigen und zielbewußten Weiſe in den Vordergrund geſtellt, dagegen da, wo ich von dem ratiten Verhalten des Bruſtbeins, Bruſtgürtels und Armes von Hesperornis ausging, die außerordentlich großen Abweichungen von den Skeletgebilden von Struthio, Rhea, Casuarius, Dromaeus, Aepyornis, Apteryx und Dinornis und damit die ſehr entfernte Stellung von dieſen Ratiten zur Genüge betont habe. Erſtere Verhältniſſe waren für mich der Ausdruck einer wirklichen und zwar ziemlich nahen Blutsverwandtſchaft, letztere galten mir nur als ganz oberflächliche Conver— genz⸗Analogien (Iſomorphien) in Folge der bei an ſich durchaus heterogenen Vögeln ſtattgefundenen ſecundären Rückbildung des einſtmals entwickelten Flugvermögens. Dabei war es natürlich und im logiſchen Gange der Unterſuchung begründet, daß ich an die den Hesperornithidae von den früheren Autoren zuertheilte ſyſtematiſche Stellung, einerſeits bei den Odonthornithes, andererſeits bei den Ratitae, anknüpfte. So gliederte ſich meine Aufgabe in verſchiedene Theile reſp. aufeinander folgende Phaſen: zuerſt galt es die Odontornithes aufzulöſen, während die Abtheilung der ſogenannten Ratiten noch unangerührt blieb; dann aber wurde auch dieſe des Näheren betrachtet und als eine durchaus künſtliche erkannt; ſchließlich, nach Ausſcheidung dieſer beiden Beziehungen, reſultirte als die einzig weſentliche und natürliche Relation die zu den Enaliornithidae, Colymbidae und Podieipidae. An ſich hat die Exiſtenz oder Nichtexiſtenz der Flugfähigkeit ebenſo wenig wie das Vorkommen oder der Mangel von Zähnen etwas mit den genealogiſchen Entwickelungsbahnen zu thun: alle uns genügend bekannten Ratiten waren einſt⸗ mals Carinaten mit wohlentwickelten Flügeln, alle Vögel mit zahnloſen Schnäbeln ſtammen von bezahnten Vorfahren ab. Zugleich aber gehören die uns bekannten Ratiten äußerſt differenten Abtheilungen an, ſtehen einander vielleicht noch ferner als die uns bekannten Carinaten unter ſich; ebenſo weichen die bekannten Odon- tornithes gänzlich von einander ab. Die Termini Odontornithes und Ratitae umſchreiben ſomit ebenſo wenig wie die Begriffe Anodontornithes s. Euornithes und Carinatae unter einander näher verwandte Sippſchaften, ſondern bezeichnen ledigliche analoge Zuſtände bei ſonſt zumeiſt ganz heterogenen Vögeln. Die Odon- tornithes und Ratitae repräſentiren ſomit keine natürlichen Gruppen, ſondern ganz künſtliche Verſammlungen, — proviſoriſche Surrogate, die ſchließlich einer beſſeren Erkenntniß weichen und aufgelöſt werden müſſen. Dieſer Verſuch iſt von mir ge— 512 Max Fürbringer, Ueber die ſyſtem. Stellung der Hesperornithidae. macht worden; mit welchem Glück und Erfolg, mag der Zukunft überlafen 1 bleiben. Somit kommt auch bei den Hesperornithidae weder dem ratiten Verhalten noch der Bezahnung eine höhere ſyſtematiſche Bedeutung zu; tiefergehende, durch⸗ greifendere und gewichtigere Merkmale weiſen vielmehr auf die Blutsverwandtſchaft mit den carinaten und unbezahnten Colymbidae und Podieipidae hin: in dieſer liegt der Schwerpunkt ihrer taxonomiſchen Stellung. Bei dieſer Auffaſſung kann ſchließlich die Alternative, ob die Hesperornithidae Verwandte der Colymbo-Podicipites oder ob ſie Ratiten ſeien, gar nicht mehr geſtellt werden. Sie ſind Beides, d. h. fluglos oder ratit gewordene Abkömmlinge jenes alten Zweiges, dem außer ihnen auch die Enaliornithidae, Colymbidae und Podicipidae entſtammen. Unter den ratit gewordenen Vögeln gehören die Hesperornithidae zu den⸗ 1 jenigen, welche relativ wohl mit am ſpäteſten 62) ihre Flugfähigkeit rückbildeten, oder mit anderen Worten ratite Charaktere gewannen. Inſofern ſtehen ſie unter den ſogen. Ratiten, d. h. den Vögeln, deren Flugorgane ſchon ſeit älterer Zeit und in vor- geſchrittener Weiſe degenerirt ſind, mit am wenigſten ab von den fluglos gewordenen Vögeln neueren Datums, welche wie die Aptenodytidae, Alea impennis, Cnemiornis, Aptornis, Notornis, die Dididae, Stringops u. A. ihre Flugwerkzeuge erſt in jüngerer Zeit und in niederem Grade rückbildeten und ſomit noch eine mehr oder minder | große Anzahl carinater Charaktere wahrten. Erſtere, denen ich ſomit die Hesper- f ornithes noch zurechnete, bezeichnete ich als Deuter-Aptenornithes, letztere als Trit- Aptenornithes, hob aber zugleich hervor, daß es ſich hierbei ſelbſtverſtändlich nicht um genealogiſche Beziehungen, ſondern nur um zeitliche Intervalle und graduelle Zuſtände handele und daß zwiſchen beiden Stadien in der Natur keine Grenzen exiſtiren. Zugleich ſind die Hesperornithidae diejenigen ratiten Vögel, welche relativ die am wenigſten fernen Verwandtſchaftsbeziehungen zu bekannten Vertretern carinater Vögeln (d. h. zu den Colymbidae und Podieipidae) aufweiſen. Dieſe ziemlich nahen Relationen brachte ich in der Weiſe zum Ausdruck, daß ich ſie ebenſo wie die Enali- ornithidae und die vereinigten Colymbidae und Podieipidae als Hesperornithes, Enaliornithes und Colymbo-Podicipites zum Range von Gentes (Familien höherer 62) Bezüglich dieſer Bemerkung, die ſcheinbar einen Widerſpruch mit den auf S. 1516 meiner Unterſuchungen gemachten Angaben involvirt, möchte ich nicht mißverſtanden werden. Ich bemerke daher nochmals ausdrücklich, daß alle ſogenannten Ratiten (Deuter-Aptenornithes) bereits in geo⸗ logiſch früher Zeit ihre Flugfähigkeit aufgaben, daß aber dieſer Verluſt (und damit die Gewinnung ratiter Eigenſchaften) bei den Vorfahren der Hesperornithes ſich verhältnißmäßig ſpäter vollzog als bei den meiſten Deuter-Aptenornithes. Die meinen Unterſuchungen beigefügten Stammbäume mit dem früher oder ſpäter erfolgenden Abgange ihrer verſchiedenen Zweige von dem 5 der Vögel geben unzweideutig meine Anſchauungen wieder. N bir, Kleinere Mittheilungen. 513 Ordnung) erhob und dieſe drei Gentes in der Subordo Podicipitiformes vereinigte. Und hier findet ſich der einzige bemerkenswerthe Unterſchied zwiſchen Thompſon's jetzigen und meinen in den Unterſuchungen zur Morphologie und Syſtematik nieder- gelegten Anſchauungen hinſichtlich der taxonomiſchen Stellung von Hesperornis, indem der genannte Autor die Aehnlichkeit zwiſchen Hesperornis und Colymbus oder Podiceps ebenſo groß wie z. B. die zwiſchen Stringops und den anderen Psittaci findet und daraus auf eine nahezu beſtehende Identität von Hesperornis mit den lebenden Colymbi ſchließt (almost amounting to identity with the exist- ing Colymbi). Dieſe Paralleliſirung mit Stringops, dem ich nur den Rang einer Subfamilie innerhalb der Papageien-Familie zuerkennen kann, ſcheint mir einer Ein⸗ reihung von Hesperornis in die Familien der Colymbidae und Podicipidae gleich- zukommen. So große Uebereinſtimmungen kann ich auch jetzt, nachdem ich Thompſon's Abhandlung geleſen, nicht zwiſchen den Hesperornithes und den Colymbo-Podieipites finden, ſondern bin durchaus geneigt, meine bisherige Auf- faſſung, die in beiden verwandte, aber ſelbſtändige Familien höherer Ordnung erblickte, nach wie vor feſtzuhalten. Kleinere Mittheilungen. Vogelſchutz. Die beiden Vogelſchutzſchriften „Winke betreffend das Auf— hängen von Niſtkäſten“ und „Futterplätze für Vögel im Winter“ von K. Th. Liebe finden auch im Auslande immer weitere Beachtung und Verbreitung. Der Vorſitzende der Section für Thierſchutz der Geſellſchaft von Freunden der Naturwiſſenſchaften in Gera erhielt von dem Schweizeriſchen Induſtrie- und Land— wirthſchafts⸗Departement in Bern eine Zuſchrift, in welcher derſelbe erſucht wird, je 100 Exemplare obiger Schriften bei der Verlagshandlung von Theodor Hofmann daſelbſt beſtellen zu wollen. Die genannte Behörde gedenkt dieſelben an ſämmtliche Kantone mit der Empfehlung zu weiterer Verbreitung, namentlich in Schulen, zu verſenden. Gera. Emil Fiſcher. Goldregenpfeifer (Charadrius pluvialis Linn.) ſcheinen in dem vergangenen Herbſte ſich in außergewöhnlich ſtarker Zahl auf dem Zuge durch Deutſchland hindurch bewegt zu haben. Meiſt wurden ſie bei Gelegenheit der Hühnerjagden beobachtet, auch vielfach erlegt. Es ſind mir derlei Nachrichten zugegangen aus Mittelſchleſien, aus der Gegend von Torgau, aus dem nördlichen Oſtthüringen, aus dem Thüringer Hügelland, aus Provinz Heſſen, aus dem nördlichen Hannover, aus Bayern ꝛc. Auch in dem ſchon ſehr bergigen ſüdlicheren Oſtthüringen wurde in meiner Gegenwart von Jägern auf der Hühnerſuche ein Völkchen von 7 Stück 514 Kleinere Mittheilungen. 1 Regenpfeifern aus einem Krautacker aufgeſcheucht. Da ſie vor den Hunden nicht £ hielten, wurde glücklich nur ein Stück erlegt. K. Th. Liebe. Geſchoſſener Flamingo. Aus einem Briefe an K. Th. Liebe.] Geſtern, am 27. November 1890, früh, benachrichtigte mich Herr Kaufmann Tacubitz hier⸗ ſelbſt, daß ſich auf ſeiner überſchwemmten, vom Militärfiskus neuerdings erkauften Wieſe, I km oberhalb Torgau, in der Höhe der Lünette Werdau, ein roſenrother, großer Vogel mit langem Halſe herumtriebe, welcher ſich gar nicht ſcheu zeige und ein heißeres „Krack, Krack“ hören ließe. Ich überzeugte mich ſofort, daß es ſich im vorliegenden Fall um einen Phoenicopterus roseus (Flamingo) handelte. Der Vogel wurde noch an demſelben Tage erlegt und beſtätigte meine Beſtimmung völlig. Da mir nun zwar bekannt iſt, daß im Frühjahr und Sommer hin und wieder Flamingos in Deutſchland erlegt worden ſind, ſo ſteht dies Vorkommen im November bei 129 Kälte und Schneetreiben meines Wiſſens doch ganz vereinzelt da. Ich vermuthe daher, daß das erlegte Exemplar dem Berliner oder Dresdener Zoologiſchen Garten entflogen ſein wird. Eine nähere Unterſuchung des Vogels war nicht zu ermöglichen, weil er leider, ich konnte nicht erfahren wohin, ſchon geſtern verſchickt worden war.“) Pietſch. Später Abzug. Der diesjährige, ſelten ſchöne und milde Herbſt, dem dann um ſo unvermittelter am 24. November der ſtrenge Winter folgte, war der Anlaß, daß die Zugvögel in dieſem Jahre weit länger als gewöhnlich bei uns aushielten. So wurden die letzten 3 Rauchſchwalben in Zeitz am 31. October bei der Gas⸗ anſtalt beobachtet, und das letzte Hausrothſchwänzchen ſah ich auf der Domäne Zeitz ſogar noch am 4. November. Die Bäume hatten noch einen großen Theil ihres Laubes, als der erſte Schnee fiel. Ende November 1890. Jr Sin Seltene Gäſte. In der erſten October-Woche wurde auf der Halbinſel Eiderſtedt ein Schwalbenſturmvogel (Thalassidroma Leachi) geſchoſſen und an die hieſige Landwirthſchaftsſchule eingeſandt. Ein früheres Vorkommen dieſer Art an unſerer Küſte iſt mir nicht bekannt. Der kleine Schwalbenſturmvogel (Thalassi- droma pelagica) dagegen iſt in nächſter Umgegend Flensburgs mehrfach erbeutet worden. Vor ungefähr 10 Jahren wurde ein ermattetes Exemplar auf der Chauſſee mit bloßen Händen eingefangen. — Am 2. November wurde auf unſerm Hafen eine Schwalbenmöve (Xema Sabinei), junger Vogel, von einem Sonntagsjäger erlegt. Auch das Vorkommen dieſer Art in hieſiger Gegend iſt meines Wiſſens bisher nicht konſtatirt worden. | 1 a Flensburg, den 24. Nov. 1890. P. Paulſen, Lehrer. ) Ich erfahre nachträglich durch Herrn Dr. Rey, daß er in der That aus dem Zoologiſchen 4 Garten in Leipzig entflogen iſt. Pietſch. Kleinere Mittheilungen. 515 Auf der Dankeskirche in Berlin (Weddingplatz) hat ſich ſeit einiger Zite wieder ein Wanderfalke) (F. peregrinus) niedergelaſſen; feine weißen Exkremente bilden von unten geſehen ein mächtiges Ausrufungszeichen, als wollte dies den umwohnenden Taubenbeſitzern als Warnungszeichen dienen. — Mein Weg führt mich täglich mehrmals an betreffender Kirche vorbei, ſo daß ich immer Gelegenheit habe, nach dem intereſſanten Räuber auszuſpähen. Nach der Größe zu urtheilen, iſt dieſer Wanderfalke ein Männchen. Daß er ganz energiſch auf Tauben Jagd macht, habe ich mehrfach beobachtet, manchmal wirbeln die Federn ſeiner Opfer in der Luft umher, und mit friſcher Beute ſah ich ihn ſchon zweimal zurückkehren. Eines Morgens kam ich ſehr früh vorbei, da ſaß er oben auf dem Kreuz und kröpfte (meine Zeit erlaubte mir, ihm zehn Minuten lang zuzuſehen), dann putzte er ſich, ordnete das Gefieder und hüpfte auf die höchſte Spitze des Kreuzes, wo er ſich löſte; dann dehnte er ſich, indem er die Flügel in den Schultern hochzog, ſchüttelte ſich kräftig und flog ab, kam aber ſchon nach fünf Minuten zurück und ſchien keine Beute gemacht zu haben. Ein andermal, unter Mittag, ſah ich an dem Benehmen der umherfliegenden Tauben, daß der Wanderfalk wohl bei der Arbeit ſein dürfte: da ſah ich ihn auch alsbald immer zwiſchen den Tauben durchjagend; manchmal nahm er eine aufs Korn, ſtieß auf dieſelbe herunter, ſo daß er ſie beinah berührte, fing ſie aber nicht. Dieſes Manöver beobachtete ich noch mehrmals, ſo daß ich glaube, er machte ſolche Uebungen aus Spielerei. Gewöhnlich ſuchen ihn die Tauben zu über- fliegen oder umgekehrt. Von einem Taubenbeſitzer hörte ich, daß er ſehr gern ſähe, wenn der Falke die Taube jagt und zum Fliegen veranlaßt. Ob dieſe Anſicht den Thatſachen entſpricht, weiß ich nicht. Berlin. f Ernſt Günther. Zur Vogelwelt von Zeitz in Oſtthüringen. In dieſem Herbſte verlebte ich wieder einige Wochen in meiner Heimathſtadt Zeitz und unternahm dabei mehr- fach mit meinen ornithologiſchen Freunden Excurſionen in die Umgegend. Große Erfolge hatten dieſelben freilich nicht aufzuweiſen. Caprimulgus europaeus (Nacht— ſchwalbe) war Mitte September ſtark auf dem Zuge und wurde leider mehrfach geſchoſſen. An den Sand- und Kiesbänken der Elſter beobachteten wir außer den gewöhnlichen Gäſten (Actitis hypoleueus, Totanus glottis et ochropus) am 20. September einen kleinen Flug Tringa alpina (Alpenſtrandläufer) und am 2. Oktober eine einzelne, ſehr zutrauliche Tringa minuta (Zwergſtrandläufer). An demſelben Tage ſahen wir auch eine frei auf blanker Waſſerfläche ſchwimmende Gallinula porzana (geſprenkeltes Sumpfhuhn), das bei unſerer Annäherung in das nahe Schilf flüchtete und trotz allen Suchens nicht wieder aufzutreiben war. Doch fand dabei ) Vergl. Walter in unſerer Monatsſchrift 1883, S. 192. 516 Kleinere Mittheilungen. Anzeigen. Herr F. Lindner, der mich an dieſem Tage begleitete, das noch wohl erhalte N jährige Neſt des Vogels. Der Beſtand von Aleedo ispida (Eisvogel) ſchien ſich erfreulicher Weiſe in den letzten beiden Jahren wieder etwas gehoben zu haben. Ich ſah ihn mehrfach von ganz flachen Kiesbänken aus ſein Fiſchergewerbe betreiben, während er ſich doch ſonſt gewöhnlich hohe Punkte des Ufers oder Stöcke und Pfähle zum Sitzplatze erwählt. Von Raubvögeln waren nur Buteo vulgaris (Mäuſebuſſard) und Cerchneis tinnuneulus (Thurmfalke) zahlreich vertreten; ſeltener ſah man einmal einen Astur palumbarius (Habicht) oder A. nisus (Sperber). Sonſt war von Raubvogelzeug nichts zu ſehen. Im Forſte war Loxia eurvirostra (Kreuzſchnabel) recht zahlreich. Kurt Flöricke. Emberiza nivalis. Am 25. Oktober erhielt ich aus Danzig zwei Schnee⸗ 1 ammern im Fleiſche zugeſchickt, welche nach dem Begleitſchreiben am 24. auf dem Kopfe der Halbinſel Hela erlegt worden waren. Dem Geſchlechte nach ſind es ein altes prächtiges Männchen und ein jüngeres Weibchen, beide ſehr gut genährt. Soviel ich weiß, trifft der Schneeammer in Deutſchland gewöhnlich weit ſpäter ein, weshalb die Thatſache in dieſen Blättern Erwähnung finden mag. Leipzig. A. Jacobi. Farbenmetamorphoſe bei einer Bachſtelze. Im Sommer 1888 erhielt ich eine ganz junge, wahrſcheinlich aus dem Neſte gefallene, weiße Bachſtelze. Gefieder normal, Kopf hellgrau, Kehle weiß, an der Oberbruſt ein halbmondförmiges, ſchwar⸗ zes Band. In der nächſtjährigen Mauſer (1889) wurde die Kehle bis zum Schna⸗ bel tiefſchwarz, der Kopf blieb grau. In der heurigen Mauſer (Juli) färbte ſich zwar das Gefieder des Kopfes nicht ſchwarz, wie ich erwartete, bekam aber mehrere ſchwarze Flecken. Ende Auguſt, alſo lange nach Vollendung der Mauſer, vollzog ſich jedoch eine merkwürdige Farbenveränderung ohne Federwechſel: Am Kopfe ver⸗ ſchwanden die ſchwarzen Flecken, ſo daß derſelbe jetzt wieder ganz aſchgrau iſt; die Kehle aber wurde, bis auf den ſchwarzen Halbmond an der Baſis, rein weiß. Die Stelze hat nun, obgleich ſchon in ihr drittes Jahr gehen, wieder ganz das Aus⸗ ſehen einer jungen, heurigen. München. Julius Moesmang. ra 4 Druckfehlerberichtigung. In Nr. 17 S. 472, Zeile 17 v. u. muß es ſtatt 248 heißen: 284. Nn für Baſtarde aller Art 88 oder präparirt) We bittet Beſitzer ſolcher u Et Mittheilung über dieſelben, gegen Rena und event. gute Bi 2 f Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. Aasgeier 61. Abendfalke 22. 23. Accentor modularis 111. 308. Aceipiter nisus 88. 148. 235. 264. 276. Acrocephalus arundinaceus 30. — palustris 322. 427. 481. Aegialites cantianus 22. — hiatieula 22. Aguja 60. Albatros 18. Amandine, Frau Goulds 53. —, wunderſchöne 53. Amſel 269. Anas moschata 85. Anthus arboreus 485. Aquila audax Lath 59. — canadensis Cassin 59. — chrysaëtus L. 59. 267. — fulva 267. 302. — imperialis Bechst. 59. — naevia 41. Ardea ralloides 262. Ardetta exilis 247. — purpurea 55. Asio brasiliana 61. — otus 61. — scops. 61. Aſtrild, ſchwarzkehliger 112. — weinrother 112. Astur nisus 264. — palumbarius 38. 235. 300. | ı — vulgaris 92. 168. 208. 235. Athene noctua 92. 194. Auerhenne 54. Aura 61. Avifaung 188. 202. 232. 414. Negiſter. (Jahrgang 1890.) Bachſtelze 28. 31. 308. 516. —, Gebirgs- 308. —, weiße 28. 308. Bartmeiſe 428. Baumläufer 110. 207. 315. Baumpieper 485. Bekaſſine 21. 309. Berghänfling 144. Bergſtelze 449. Bläßhuhn 49. Blaudroſſel 97. Blauhäher 103. Blaukehlchen 236. Blaumeiſe 10. 346. 394. 447. 475. Bluthänfling 309. 394. Bombyeilla garrula 144. 234. Botaurus lentiginosus 62. 242. — stellaris 252. Brahminenweih 60. Briefſchwalben 337. Bubo lacteus 61. — maximus 19. 61. 303. — virginianus 61. Buchfink 8. 92. Buntſpecht, dreihzehiger 284. — großer 41. 307. 457. — kleiner 475. | weißrückiger 236. Buſſard 92. 168. 208. 235. 273. Buteo desertorum 59 — lagopus 476. — melanoleucus 60. Calamoherpe palustris 30. Calliste tricolor 374. Cannabina flavirostris 144. — sanguinea 274. 309. 394. Caprimulgus europaeus 108. 371. 457. Captaube 17. Caracara 60. Carduelis elegans 92. 274. 278. 478. Catharista atrata 61. — aura 61. Cerchneis tinnunculus 85. 347. 479. Certhia familiaris 110. 207. 315. Charadrius curonicus 386. — pluvialis 21. 144. 513. Chimango 60. Chloebia Gouldiae 53. 170. — mirabilis 53. 172. Ciconia alba 54. Cinclus aquatieus Bechst. 78. 297. Circus pallidus 458. — rufus 253. Coccothraustes melanurus 114. 172. — vulgaris 8. 262. 457. Coereba eyanea 310. Columba livia 19. 122. — oenas 41. Colymbidae 488 sq. Colymbus eristatus 253. Condor 61. Coracias garrula 40. Corvus corone 446. — frugilegus 174. Coryphospingus pileatus 311. 37 518 Crex pratensis 21. 329. 479. Cueulus canorus 25. 468. 474. Cyanecula leucocyana 236. Cyanocitta cristata 103. Cypselus apus 102. 109. 144. 311. Dandalus rubecula 31. 346. Dohle 110. 277. Dompfaff 309. Dreifarbenkalliſte 374. Droſſel 269. Dryocopus martius 41. 475. Eichelheher 223. 425. 457. Eingeweidewurm 86. Elſter 20. 56. 173. 295. 425. 446. Elſterneſt 110. Emberiza cia 235. — hortulana 235. — nivalis 516. Enaliornithidae 493 sq. Erythropus vespertinus Linn. "RAR Ja Erythrura psittacea 53. — trichroa 53. Estrilda margaritata 112. Falco gyrfalco L. 59. — islandicus 147. Falke, mexikaniſcher 59. Falco mexicanus 59. — peregrinus 365. 515. — tinnunculus 85. 479. Feldflüchter 23. Feldſperling 298. 371. 483. Feldtaube 86. 122. 345. Felſentaube 19. 122. Fichtenkreuzſchnabel 2. 273. Fitis 94. 144. Flamingo 514. Fliegenſchnäpper 394. Flußſeeſchwalbe 141. Fringilla coelebs 111. Fulica atra L. 49. 141. Gänſegeier 61. Galerida cristata 207. Gallinago coelestis 309. 55. 236. 474. 315. Regiſter. Gallinago scolopacina 21. 309. Gallinula chloropus 329. — maculata 178. — minuta 235. — porzana 177. 324. 451. — punctata 178. — pygmaea 235. 329. Gambettwaſſerläufer 21. Garrulus glandarius 223. 425 457. 474. Gartenammer 235. Gartenrothſchwäuzchen 111. Gaukler 59. Gebirgslori 463. Gecinus canus 233. 475. — viridis 234. 475. Geierſeeadler, weſtafrikaniſcher 59. Gilbdroſſel 285. Goldadler 267. Goldamſel 446. Goldhähnchen 208. Goldregenpfeifer 21. Grauſpecht 475. 144. 513. Grünfink 8. 485. Grünling 92. 95. Grünſpecht 475. Grus einereus 269. Gypattus barbatus 60. Gypohierax angolensis Gmel 59. Gyps fulvus 61. Habicht 38. 235. 300. Habichtseule 301. ı Habropyga caerulescens 112. ı — larvata 112. — margaritata 112. — nigricollis 112. — vinacea 112. Hänfling 274. 309. 394. Haidelerche 239. Haliaetus albicilla L. 58. — vocifer Daud. 59. Haliastur indus 60. Harpyie 59. Harpyia destructor 59. Haubenlerche 207. Haubentaucher 141. — großer 253. Hausrothſchwänzchen 111. 514. Hausſchwalbe 109. 165. 459. 315. Königsgeier 61. Hausſperling 112. 294. 298. 450. Haustauben 23. Heckenbraunelle 111. 308. Heher 425. Helotarsus ecaudatus Daud. 59. Hesperornithidae 488 sq. Hirundo riparia 100. 109. 235. 371, 5 — rustica 144. 165. 263. 371. 459. 483. — urbica 109. 144. 165. 480. Hohltaube Al. | Holostomum variabile 186. Honigſauger 11. 310. —, neuſeeländiſcher 11. Hüttenſänger 106. Huhntauben 23. Hyppolais hortensis 30. Jagdfalke, isländiſcher 147. —, norwegiſcher 59. Ibycter pezoporus 60. Ichthyornithidae 498 sg. Iyux torquilla 315. Kaiſeradler 59. Katharinafittich 343. Keilſchwanzadler auſtral. 59. Kirſchkernbeißer 8. 262. 457. Kiebitz 21. 22. Kiebitzregenpfeifer 21. Kittacicla macroura 82. Kleiber 10. 143. 207. Kohlmeiſe 8. 10. 314. 475. Krähe 20. 275. Kragenhalsvogel 11. Kranich 269. Kronfink, hellgrauer 311. Kuckuk 25. 468. 474. Lachmöve 141. 483. Lämmergeier 60. Lagonosticta minima 112. Lanius collurio 23. 37. 40. 98. — excubitor 42. Larvenaſtrild 112. 1 Laubvogel, Meismers ei Leinzeiſig 144. Ligurinus chloris 8. 92. Limosa aegocephala 21. — lapponica 22. Linaria alnorum 144. — rufescens 96. Loxia bifaseiata 2. — eurvirostra 2. 273. Luscinia minor 98. Lycos monedula 110. Machetes pugnax 21. Makuk 155. Mandelkrähe 40. Mauerläufer 96. Mauerſegler 102. 109. 144. 311. Meliphagidae Gray 11. Merula torquata 233. — vulgaris 175. 234. 308. Milan, rother 371. Milvus ater 235. — melanotis 60. — regalis 235. 371. Mönchsgeier 61. Monticola eyanea 97. — saxatilis 27 82. Moſchusente 85. Motacilla alba 28. 516. — sulphurea 239. 308. 449. Muscicapa grisola 394. 481. 31. 308. Nachtigall 98. Nachtſchwalbe 108. 371. 457. Nebelkauz 61. Neophron perenopterus 61. Nucifraga caryocatactes 96. 458. Nußheher 96. 458. Odontornithes 489 Sd. Ohrentaucher 141. Oriolus galbula 174. 305. 446. 474. Ossifraga gigantea 187. Otis tetrax 428. Pandion haliaötus 235. Panurus biarmicus 428. | Papagei⸗Amandine, eigentliche Papagei⸗Amandine, dreifarbige 53. Parus ater 8. 10. 240. | Regiſter. Parus coeruleus 10. 346. 394. 447. 475. — major 10. 314. 475. — palustris 8. Passer domestieus 294. 298. 450. — montanus 298. 371. 483. Pastor roseus 237. 240. Paſtorvogel 11. Perdix saxatilis 92. Pelecanus onocrotalus 239. Pelikan 239. Perlaſtrild 112. Pfarrvogel 12. Pfauentaube 23. Phänologiſches 43. 51. 55. 255. eee 415. 430. 514. 515. | Philedon novae Zeelandiae 11. Phoenicopterus roseus 514. Phyllopneuste Meisneri 94. ı — rula 94. 144. 308. — trochilus 94. 144. Pica caudata 20. 56. 173. 295 315. 425. 446. Picoides tridactylus 284. Picus leuconotus 236. — major 41. 233. 307. 457. — minor 233. 475. — tridactylus 313. Pinguin 395. Pirol 174. 305. 446. 474. Plectrophanes nivalis 233. Podiceps auritus 141. — cristatus 141 253. Podicipidae 488 sd. Pos 11. Poebird 11. Poecile palustris 8. Polyborus brasiliensis 60. Porzana maruetta 386. Predigervogel 12. Procellaria capensis 17. 18. Prosthemadera Novae Zee- landiae 11. Psittacula cana 53. 311. E pullaria 344. Pu 11% Purpurreiher 55. Pu⸗Vogel 11. Pyrrhula europaea 309. 436. 445. 476. 519 Querquedula antaretica 189. — Eatoni Sharpe 188. Rabenkrähe 35. 446. Rackelhahn 87. Rallenreiher 262. Ratitae 489 8g. Rauchfußbuſſard 476. Rauchſchwalbe 165. 347. 514. Rebhuhn 92. 293. Regenpfeifer 21. Regulus ignicapillus 208. Reiher 293. 371. Rieſenſturmvogel 187. Ringamſel 233. Rohrdommel, amerik. 62. 242. — europäiſche 252. — kleine amerik. 247. Rohrhuhn 275. Rohrſänger 30. Rohrweihe 253. Roſenſtaar 237. 240. Rothkehlchen 31. 55. 346. Rothkopfſpelzfink 172. Rothſchwänzchen 246. 310. Ruticilla phoenieura III. — tithys 111. 240. 310. Saatkrähe 291. Sandkiebitz 386. Sarcorrhamphus gryphus 61. — papa 61. Saxicola oenanthe 449. Schama 82. Schnärrdroſſel 480. Schneeammer 233. 516. Schneehuhn 294. Schnepfenvögel 20. Schreiadler 41. Schreiſeeadler 59. Schuppenlori 462. Schwalben 99. 263. 277. 371. 483. Schwalbenmöve 514. Schwalbenſturmvogel 514. Schwanzmeiſe 10. Schwarzamſel 8. 234. Schwarzdroſſel 78. 308. Schwarzkopf -Spelzfink 170. Schwarzſchwanzkernbeißer 114. 172. | Schwarzſpecht 41. 236. 475. Scolopax rusticola 305. 520 Seeadler 58. Seemöve 80. Seeſchwalbe 292. Segler 311. Seidenſchwanz 144. 234. Sitta europaea 10. 143. Spechtmeiſe 143. Sperber 88. 148. 235. 264. 276. Sperling 76. 348. Spitzlerche 485. Staar 8. 110. 274. 284. 347. 395. 426. Steinadler 59. 87. 302. —, kanadiſcher 59. Steinkauz 92. 194. Steinſchmätzer 449. Steppenhuhn 2. 282. Steppenweihe 458. Starna cinerea 92. 293. Steinröthel 82. Steinwälzer 22. Steppenbuſſard 59. Sterna hirundo 141. Stieglitz 92. 274. 278. 478. Storch 269. —, weißer 54. Strepsilas interpres 22. Strix uralensis 301. Sturmſchwalbe 18. Sturnus vulgaris 8. 110. 284. 347. 395. 426. Sumpfhuhn 324. 386. 451. —, kleines 235. —, geſprenkeltes 177. Sumpfmeiſe 8. Sumpfſänger 322. 427. 481. Sylvia atricapilla 90. 143. ! Regiſter Sylvia hortensis 90. — subalpina 95. Syrnium aluco 61. — nebulosum 61. ı uralense 301. ı Syrrhaptes paradoxus 2. 282. Syſtematik 212. Tannenheher 2. Tannenmeiſe 8. 10. 240. Tetrao hybr. medius 87. Thalassidroma Learhi 514. Thurmfalke 85. 347. 479. Thurmſchwalbe 102. 109. 144. Sl: Thurmſegler ſ. Thurmſchwalbe. Tichodroma muraria 96. Totanus calidris 21. — ochropus 186. 235. Trachypelmus brasiliensis 155. Trichoglossus chlorolepidotus 462. — Novae Hollandiae 463. Troglodytes parvulus 93. 346. 459. Tümmlerraſſen 23. Turdus Grayi Bp. 285. — pilaris 448. — viscivorus 479. Turteltaube 314. Turtur auritus 314. Uferſchnepfe, roſtrothe 22. —, ſchwarzſchwänzige 21. Uferſchwalbe 100. 109. Uhu 19. 61. 303. —, virginiſcher 61. Upupa epops 284. Uraleule 19. Urubu 61. Vanellus eristatus 92. Vogelzug 51. 281. Vultur monachus 61. Wanderfalke 365. 515. Wandertaube 292. Waldkauz 61. Waldohreule 61. Waldſchnepfe 147. 305. Waſſeramſel 297. Waſſerläufer, getüpfelter 235. Waſſerſchwätzer 78. Weidenlaubvogel 308. Weidenzeiſig 94. Wendehals 315. Wiedehopf 284. Wildenten 92. Wildtaube 261. Würger, rothrückiger 23. 37. 40. Nema 151. — ridibundum 141. 483. — Sabinei 514. Zaunkönig 93. 346. 459. Zeimer 448. Zeiſig 74. Zwergohreule 61. Zwergpapagei, grauköpfiger 53. 311. Zwergſumpfhuhn 235. 329. Zwergtrappe 428. Verzeichniß der fümmiliden Mitglieder des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt. Aufgeſtellt für 1890 im December dieſes Jahres vom Rendanten des Vereins M. Rohmer. Halle, Druck von E. Karras. Der Vorſtand 5 des „Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt“ iſt zur Zeit zuſammengeſetzt wie folgt: Ehrenvorſitzender: Herr Regierungs-Präſident von Dieſt in Merſeburg. Erſter Vorſitzender: Herr Forſtmeiſter Jacobi von Wangelin in Merſeburg. Zweiter Vorſitzender: Herr Hofrath Dr. K. Th. Liebe, Profeſſor in Gera. Erſter Schriftführer: Herr Ober-Zoll-Inſpector Thiele in Neuſtadt, O.-S. Zweiter Schriftführer: Herr Dr. Taſchenberg, außerordentl. Prof. der Zoologie in Halle a. S. Beiſitzer: Herr Paſtor Mar Allihn in Athenſtedt b. Heudeber. „ Oberſt a. D. von Borries in Halle a. S. „ Rittergutsbeſitzer Dr. Dieck in Zöſchen b. Merſeburg. „ Hüttenchemiker Dr. Frenzel in Freiberg i. S. „ Profeſſor A. Göring in Leipzig. „ Dr. Eugen Rey, Naturaliſt in Leipzig. „ Oberförſter von Rieſenthal in Charlottenburg. „ Landrath Graf von der Schulenburg-Angern in Cölleda. Ehrenmitglieder: Se. Hoheit Ernſt II., regierender Herzog von Sachſen-Koburg-Gotha in Gotha. Se. Durchlaucht Heinrich XIV. Reuß j. L., regierender Fürſt in Gera. Außerordentliche und ecorreſpondirende Mitglieder: Herr Dr. Baldamus in Coburg. „ Dr. W. Blaſius, Profeſſor in Braunſchweig. „ Dr. Cabanis, Profeſſor in Berlin. „ Dr. O. Finſch in Delmenhorſt b. Bremen. „ von Goldbeck, Geh. Ober-Regierungsrath in Berlin. „ Dr. Gräßner, Director in Marburg. ö „ Dr. Guſtav von Hayek, Regierungsrath in Wien. „ Alexander von Homeyer, Major in Greifswald. „ Kunze, Geh. Finanzrath in Berlin. „ Dr. Marſhall, Profeſſor in Leipzig. „ Dr. Noll, Profeſſor, Oberlehrer am Gymnaſium in Frankfurt a. M. „ Auguſt von Pelzeln, Cuſtos am k. k. zool. Hofeabinet in Wien. „ Pietſch, Königl. Baurath in Torgau. „ Dr. Guſtav Radde, Se. Excell. Kaiſerl. ruſſiſcher Staatsrat und Director, des Muſeums in Tiflis. „ Dr. Karl Ruß, Schriftſteller in Berlin. „ Victor Ritter von Tſchuſi, zu Schmidhoffen in Linz a. d. Danau [oder Villa Tännenhof bei Hallein in Salzburg]. 4 Ordentliche Mitglieder: A. Behörden, Staats- und Gemeinde-Inftitute, Eſſen a. Ruhr, Verein für e und „Flensburg, Verein „Sylvia“. Forſt i. d. Lauſitz, Verein für Been . Freiberg i. S, Naturwiſſenſchaftlicher Verein . St. Gallen, Ornithologiſche Geſellſchaft. Gelnhauſen, Gartenbau-Verein für Geln— Gelſenkirchen, Thierſchutz-Verein „Fanna“. . Gera, Geſellſchaft von Freunden der Natur. Görlitz, Naturforſchende Geſellſchaft. Heldrungen, Magiſtrat. Karlsruhe, Großherzogl. Badiſches Miniſterium des Innern. Lauchſtädt, Königliche Direction des Bades. Magdeburg, Magiſtrat. Merſeburg, Magiſtrat. Quedlinburg, Magiſtrat. Pforta, Königliche Landes-Schule. Sangerhauſen, Magiſtrat. Sans⸗Souci b. Potsdam, e Landes⸗ baumſchule. Tharandt, Königlich Sächſiſche Forſtacademie. Weißenfels, Königliches Seminar. 1 Magiſtrat. Wittenberg a. E., Magiſtrat. Zeitz, Magiſtrat. 7 1 1 3 * 7 Cottbus, Verein für Geflügelzucht und Vogel⸗ ſchutz. . Darmftadt, Verein für Vogel- und Geflügel⸗ zucht. Detmold, Geſellſchaft „Reſſource“. . Dortmund, Höhere Mädchenſchule. 5 Naturwiſſenſchaftlicher Verein. Dresden, Verein zum Schutze der Thiere, unter dem Protektorate Sr. Majeſtät des Königs Albert in Dresden. 57. Duisburg, Thierſchutz-Verein. Eiſenach, Verein für Geflügelzucht und Vogel⸗ ſchutz. „Eisleben, Geflügel- und Vogelſchutz⸗ Verein für Eisleben und Umgegend. Erfurt, Thüringiſcher Verein für Geflügelzucht und Vogelſchutz. Kanarienzucht „Canaria“. und Vogelzucht. 5 Thierſchutz⸗Verein. hauſen und Umgegend. wiſſenſchaften (Section für Thierſchutz). 1. Aſchersleben, Magiſtrat. 15. 2. Berlin, Königliche Bibliothek. 16. 3. „ Direction des zoolog. Gartens. 48 Landwirthſchaftl. Miniſterium. bie 5, „ Maaftent. 18. 6. Bitterfeld, Magiſtrat. 19. 7. Breslau, Direction des zoolog. Gartens. 20. 8. Brumath i. Elſaß, Kaiſerliche Direction der 21. Obſtbauſchule. 22: 9. Detmold, Fürſtlich Lippe'ſche Forſtdirection. 23. 10. Frankfurt a. O., Magiſtrat. 11. Geiſenheim a. Rh., Kaiſerliche Direction der 24. Wein⸗ und Obſtbauſchule. 25. 12. Halle a. S., Königliche Univerſität. 26. 13. 7 Magiſtrat. 27. 14. Hanau a. M., die Stadt. 28. B. Vereine. 29. Agram, Thierſchutzverein in Agram (Croatien). 51. 30. Altenburg, Landwirthſchaftlicher Verein. 31. 5 Pomologiſche Geſellſchaft. 505 32. 0 Naturforſchende Geſellſchaft des Oſterlandes. 53 32. 5 Verein „Canaria“. 54 34. 5 Verein für Geflügelzucht und 55. Thierſchutz. 56 35. Allſtedt (Großherzogthum Weimar), Ber: ſchönerungs-Verein. 36. Annaberg i. S., Annaberg-Buchholzer Verein 57 für Naturkunde. 58. 37. Annaberg i. S., „Ornis“, Verein für Sing- vögelzucht und Schutz. 59 38. Arolſen, Verein für Vogelkunde. 39. Aſchaffenburg, Thierſchutz⸗Verein. 60 40. Augsburg, Naturwiſſenſchaftlicher Verein für Schwaben und Neuburg (Maximilians- 61 Muſeum). 41. Baſel, Ornithologiſche Geſellſchaft. 62 42. Berlin, „Aegintha“, Verein der Vogelfreunde. 63 43 „ Touriſten⸗Club für die Mark in Berlin. 44 „ „Ornis“, Verein für Vogelkunde und 64 Liebhaberei. 65. 45. Bitterfeld⸗Delitzſch, Landwirthſchaftlicher Ver: | 66 ein der Kreiſe Bitterfeld-Delitzſch. 67 46. Breslau, Verein für Vogelkunde. 47. Braunſchweig, Thierſchutz⸗Verein. 68 48. Chemnitz, Chemnitzer Geflügelzucht-Verein. 69 49. Coburg, Thier- und Pflanzenſchutz-Verein für 5 das Herzogthum Coburg. 70 50. Cöthen, Landwirthſchaftlicher Verein. MER. Gotha, Thierſchutz-Verein d. Herzogth. Gotha⸗ — 12. Greifenhagen i. Pr., Thierſchutz-Verein. 73. Greiz, Verein der Naturfreunde. 74. „ Vogelſchutz- und Kanarienzüchter— Verein. 75. Grimma, Geflügelzüchter-Verein. 76. Halberſtadt, Mittlere Bürgerſchule. 2. 5 Oberſtädtiſche Volksſchule. 78. 3 Kanarienzüchter⸗Verein. 79. 8 Landwirthſchaftlicher Verein für Halberſtadt und Umgegend. 80. Halle a. S., Kanarienzüchter⸗Verein von Halle und Umgegend. 81 1 Halleſcher Vogelſchutz⸗Verein. 82 95 Landwirihſchaftl. Gentral-Berein für die Provinz Sachſen. 83 er Ornithologiſcher Central-Verein für Sachſen und Thüringen. 84. Hamburg⸗Altona, Verein für Geflügelzucht. 85. Hanau, Hanauer Thierſchutz⸗Verein. 86. Hannover, Hannoverſcher Vogelſchutz-Verein. 100. 101. 102. 103. 104. 105. . Hettftädt, Landwirthſchaftlicher Verein. Jena, Ornithol. Verein am Gymnaſium CA. Landsberg im Reg.-Bez. Merſeburg, Land⸗ wirthſchaftlicher Verein. „ Langenſalza, Thierſchutz⸗Verein. Leipzig, Akademiſch⸗- naturwiſſenſchaftlicher Verein der Univerſität. Kanarienzüchter⸗Verein. Verein von Freunden der Orni— thologie und des Vogelſchutzes. 7 77 Lippe⸗Detmold, Naturwiſſenſchaftl. Verein. Meiſenheim, Local-Abtheilung Meiſenheim des landwirthſchaftlichen Vereins für Rhein⸗ preußen. . Merjeburg, Landwirthſchaftl. Kreis-Verein. . München, Bayeriſcher Verein f. Geflügelzucht. das Lehrperſonal der III. proteſt. Schule. die dritte proteſtantiſche Schule. die Lehrerſchaft der Schule Alt Haidhauſen. Münchener Thierſchutz⸗Verein. Redaktion der ſüddeutſchen Blätter für Geflügelzucht. Verein für Vogelzucht und-Schutz. Nagold, Muſeums⸗Geſellſchaft in Nagold im Württembergiſchen. Neuhaldensleben, Landwirthſchaftl. Verein im Kreiſe Neuhaldensleben und Umgegend. 5 — 106. 107; 108. 109. 110. all, 112. 113. 114. 115. 116. 217. 131. 132. 134. 135. 136. Stuttgart, Nürnberg, Ornithologiſcher Verein. 7 Thierſchutz⸗Verein. Plauen i. V., Naturſchutz⸗Verein. 1 Verein der Naturfreunde. Pößneck, Naturwiſſenſchaftlicher Verein. Quedlinburg, Quedlinburger Verein für Ge: flügelzucht und Vogelſchutz. Roſtock, Mecklenb. Verein f. Geflügelzucht. Salzburg, Verein für Vogelſchutz und Vogel— kunde, ſowie Geflügelzucht. Sangerhauſen, Naturwiſſenſchaftl. Verein. Schleiz, Land- und Forſtwirthſchaftlicher Bezirks⸗Verein. Schopfheim, Vogelſchutz⸗Verein. Sigmaringen, Verein zur Beförderung der Landwirthſchaft und Gewerbe in Hohen— zollern. Spremberg, Verein für Geflügelzucht und Vogelſchutz. Stettin, Ornithologiſcher Verein. . Straßburg, Elſaß⸗Lothringiſcher Thierſchutz— Verein. Elſäßiſcher Verein für Geflügel— und Vogelſchutz. Verein der Vogelfreunde Württemberg. 5 in Thun, Ornithologiſche Geſellſchaft. „Torgau, Verein „Torga“ zur Hebung der Geflügelzucht, ſowie zum Vogelſchutz und zur Vogelkunde. . Ulm, Geflügel- und Vogel-Verein. Villingen i. B., Vorſtand des Vogel— und Geflügelzucht⸗Vereins Villingen. Weißenfels, Verſchönerungs⸗Verein. Wien, Mittheilungen des ornithologiſchen Vereins „Die Schwalbe“. Wiesbaden, Verein der Naſſauiſchen Land— und Forſtwirthe. Wittenberg, Verein für Hebung der Geflügel: zucht, Vogelkunde und Vogelſchutz. Würzburg, Thierſchutz⸗Verein. Wurzen i. S., Verein für Geflügelzucht und Vogelſchutz. Zeitz, „Ornis“, Verein für Vogelſchutz und Vogelkunde am Gymnaſium. Verein für Geflügelzucht und Vogel⸗ ſchutz „Columba“. Zürich, Ornithologiſche Geſellſchaft. Sing: und Ziervögel-Verein. m " C. Damen. 7. Ihre Hohheit die regierende Frau Herzogin von Anhalt in Deſſau. Ihre Kgl. Hohheit die Fürſtin von Hohenzollern-Sigmaringen und Infantin von Portugal in Sigma⸗ ringen. Ihre Durchlaucht Prinzeß Schönaich— Carolath in Cöthen. Frau Generalin L. Albrecht in Dresden. Frau Gräfin v. d. Aſſeburg in Meisdorf. „ verwittwete Stadtrath V. Berger in Merſeburg. Vorſteherin in Gera. Frau verw. E. vom Bruck in Crefeld. „ Dr. Marie Deinhardt Schüßze in Apolda. „ Sanitätsrath Dr. Olga Dürr in Hannover. Frau Amtmann Antonie Eye in Halle a. S. „ Gutsbeſ. E. Fritze geb. Crüſemann in 176 Kl. Opok b. Gr.⸗Morin (Kr. Innowratzlaw). Frau Majorin von Glaſenapp geb. von Winterfeldt in Naumburg a. S. Frau Anna Günther geb. Günther auf Emilienthal b. Harmelsdorf i. Weſtpr. Fräul. Chriſtiane Hagenbeck in Hamburg. Frau Heinrich Hardt geb. von Bernuth in Berlin. Frau Marie Hartmann geb. Wilke in Hannover. Frau Gräfin von Hohenthal geb. Gräfin Pourtalés auf Hohenprießnitz. Frau Gräfin von Hohenthal geb. Gräfin Pfeil auf Dölkau. Frau Adolf Homann in Wandosbeck. Fräulein A. Hoppe-Seyler in Strieſen b. Dresden. Frau Pauline Hornburg auf Culm b. Gera. Fräulein Magdalene Huch in Zeitz. % Charlotte Hünich in Stockdorf b. Planegg (Oberbayern). Fräulein Minna Kalbitz in Jena. H Agnes Lehmann in Langebrück b. Dresden. Fräulein Johanne Marx, Lehrerin in Henhart (Oberöſterreich). 6 Fräulein Anna Bretſchneider, Inſtituts⸗ 164. 165. 166. 167. 169 Frau Betty Pietzſch in Altenburg. 10 190. 191 Frau Oberförſter Eliſe Möbes in Roſen⸗ feld b. Torgau. Fräulein Joſepha Moesmang in Alt⸗ Oetting (Oberbayern). Frau Gräfin Irene von Paumgarten in München. Fräulein Eliſe Beyer in Dresden-Altftadt. „ Agnes von Rakowska geb. von Wangelin in Weißenfels a. S. Frau verw. Geheimrath G. vom Rath in Bonn. Frau Gräfin von Reichenbach-Zeſſel in Dresden. Fräulein Fanny Reblitz, Lehrerin in München. 73. Fräulein Chriſtine Ritter in Charlotten⸗ burg. 4. Fräulein Anna Roth, Lehrerin in München. „ Marie Schieck in Gera. „ Hedwig Schlichting waukee. in Mil⸗ Frau Johanna Schneider in Belgers— hain i. S. Fräulein Anna Schuſter, Lehrerin in München. Frau Baronin von Stenglin geb. von Laffert in Schwerin i. M. Fräulein Sophie Stoy in Altenburg. „ Hedwig Sutor in Naumburg a.S. 0 A. L. Thienemann in Dresden. Frau Gräfin Gabriele von Tattenbach in Immenſtadt (Algäu). Freifrau Ulm⸗Erbach geb. von Siebold in Erbach (Württemberg). Frau Landräthin Ulrici in Berlin. Fräulein Helene Vieweg in Braunſchweig. Frau Ida Vortmann in Berlin. „ Rittergutsbeſitzer Roſa von Wächter geb. Freiin von Soden auf Rockwitz b. Wurzen. Fräulein Chlodhilde Wahl, Lehrerin in Jena. Frau Emma Wegeli geb. von Lingke, Privata in Dresden⸗-Altſtadt. Frau von Wentzky und Petersheyde geb. von Byern in Merſeburg. — 7 — D. Herren. Abrahams, J., Naturaliſt in London. . Adami, Lehrer i. Altenkirchen (Weſterwald). Agatz, Dr. med. in Augsburg. Ahlemann, A., Waagemeiſter in Stöbnitz b. Mücheln. Allihn, M., Paſtor in Athenſtedt b. Heudeber. Amelung, A., in Hannover. Angermayer, H., Lehrer in Windijch- garſten (Oberöſterreich). ). Freiherr von Angern:Stilfe in Wül⸗ fingerode b. Sollſtedt. . Dr. jur. Anton, Günther K., in Eiſenach. Arnold, Paul, Fabrikant in Greiz. von Aſchen, Heinrich, stud. med. in Berlin. Graf v. d. Aſſeburg-Meisdorf, Königl. Oberhofjägermeiſter in Meisdorf. Axthelm, R., Förſter in Wolmirſtedt b. Wiehe. 5. Backs, H., Amtsrichter in Uslar (Prov. Hannover). Baer, W., Verwalter des Muſeums in Niesky (D.-2). . Dr Baldamus in Coburg. Balthaſar, Julius, Lehrer in Zeitz. . Barfod, K., Paſtor in Sönderhohe (Däne— mark). Bargheer, Adolf, Muſikmeiſter in Baſel. Barkowski, Albert, in Königsberg i. Pr. Bartel, O., Lehrer in Stolpe b. Anclam. Bartels, H., Rittergutsbeſitzer in Langen⸗ dorf b. Weißenfels. Barth, General-Director der Land-Feuer⸗ Societät des Herzogthums Sachſen in Merſeburg. . Barthell, Georg, Kaufmann in Nürnberg. von Baſſewitz, Wilhelm, Rittergutsbeſitzer in Halle a. S. . Baudner, Jacob, Lehrer in München. Bauer, Guſtav, Kaufmann in Gera. Bauer, L., Fabrif-Director in Halle a. S. Becker, Lehrer in Kalhauſen (Poſt Rohr⸗ bach i. Lothringen). Becker, Robert, Kaufmann in Leipzig. Becker, Fritz, Oeconom in Liſt b. Hannover. Beelitz, R., Lehrer in Schmetzdorf b. Gr. Wudicke. Beelitz, Hauptmann und Comp.⸗Chef im 2. Thür. Inf.⸗Reg. Nr. 32 in Meiningen. . Dr. Begandt, Ed., Zahnarzt in Leipzig. 5. Behr, Adolf, in Cöthen i. Anhalt. Belſch, Paul, Director in Stavenhagen i. Mecklenburg⸗Schwerin. 228. 229. 230. 2a. 2a. 238. 239. 240. 241. 242. 243. 244. 245. 246. 247. 248. 249. 250. 251. 252. 253. 254. 255. 256 257 258 Bendix, Emil, Kaufmann in Berlin. Bendler, O., Cantor in Aderſtedt b. Schanſtedt. Bennwitz, J., Gasanſtalts-Director in Torgau. Berchner, Guſtav, Kaufm. und Vorſtands⸗ beamter der Commandite des ſchleſiſchen Bank-⸗Vereins in Glatz. Berck, Franz jun., Gerbereibeſitzer in Geln- hauſen. Freiherr von Berg, Königl. Amtsgerichts— Rath in Erfurt. . Bergelt, Wilh., Cantor emer. in Markers⸗ bach b. Hellendorf i. S. Bergner, Eduard, Hotel Fürſtenhalle in Plauen i. V. Bergner, Friedrich, Gutsbeſ. in Kretzſchau b. Droyßig. Seine Hohheit Prinz Bernhard von Sachſen-Weimar in Mainz. Freiherr von Berlepſch, Hans, in Hann. Münden. Berndt, C., Brauereibeſitzer in Zöbigker b. Leipzig. Berndt, Karl, cand. med. in Marburg in H. Bertog, H. J. sen., Gutsbeſ. in Magdeburg. Bertram, Kgl. Forſt-Kaſſen⸗Rendant in Elſterwerda. Bertram, Guſtav, Commiſſions-Rath in Sondershauſen. Beſſer, F., Kaufmann in Quedlinburg. Bethge, Königl. Oberförſter in Glücksburg b. Wendiſch⸗Linda. Bethke, L., Banquier in Halle a. S. Betzhold, Oskar, Königl. Forſtmeiſter in Hildesheim. Beyer, F., Director in Wurzen i. S. Bey, Hans, Maler in Leipzig. Beyling, W., Rittergutspächter in Bün⸗ dorf b. Merſeburg. Bieber, C., Conſervator in Gotha. Bieger, Fritz, Procuriſt in Zeitz. Bielau, Rittergutsbeſitzer in Annaburg (Kr. Torgau). Bieler, Kammer⸗Director in Roßla a. H. Fürſt von Bismarck, Herzog von Lauen— burg, Friedrichsruh. Baron von Biſtram, Rittergutsbeſitzer und Lieutenant auf Raſchwitz b. Lauchſtädt. Blankenburg, O., Kaufm. in Merſeburg. Blankenburg, Hermann, Baumeiſter in Wurzen i. S. 2* . Dr. R. Blaſius, Profeſſor in Braunſchweig. . Dr. W. Blaſius, Profeſſor in Braunſchweig. Blechſchmidt, Ernſt, Lehrer in Sohra b. Blochwitz, W., Cantor in Merſeburg. Blohm, G. H., Kaufmann in Hamburg. „Blohm, L. F., Kaufmann in Hamburg. „Blohm, W. E., Kaufmann in Viecheln b. Blum, Robert, in Leipzig-Eutritzſch. Blumenthal, Königl. Domainenpächter in Bock sen., Amtsvorſteher und Gutsbeſitzer . Bode, G., Inhaber einer Handelsmenagerie „Freiherr von Bodenhauſen, . Böhm, Landrichter in Frankfurt a. M. 272. Böhme, Karl Friedrich, Kirchſchullehrer in . Böhnert, A., Pfarrer in Gera. . Börngen, Max, Banquier in Leipzig. Boss, Kgl. Baurath in Naumburg a. ©. Se. Excellenz Herr von Bötticher, Kgl. . von Bötticher, Kgl. Ober⸗Regierungsrath Bötticher, Mälzer in Halberſtadt. . Böving, Ed. J., Kgl. Ober-Amtmann in Bohl, Emil, Kaufmann in Eiſenach. Bohlen, G., Apothekenbeſitzer in Zeitz. Bohrer in Leipzig. | Borack, Pfarrer a. D. in Freienwalde a. O.? Borchard, H., Kaufmann in Lemgo i. Lippe. . von Borcke, Königl. Amtsgerichts-Rath in von Borries, Oberſt a. D. in Halle a. ©. „Boyſen, D., Hauptlehrer und Organiſt in . Bräß, Martin, Dr. phil., Seminar-Ober⸗ . Bräuer, Ottomar, in Leipzig. Bräunlich, R., Kaufmann in Frohburg. . Brandt, F., Gaſthofsbeſitzer in Lützen. Braſſert, C., Amtmann in Polleben. von Brauchitſch, Hauptm. a. D., Ritter⸗ von Breitenbauch, Kgl. Geh. Regierungs⸗ Breitfeld, O., Oberförſter in Rehefeld b. — 8 Oberbobritzſch i. S. Gnoim. Gorenberg b. Jeſſen. in Klein⸗Schkorlopp. in Leipzig. Ritter⸗ gutsbeſitzer auf Meineweh. Markersbach i. S. Staatsminiſter in Berlin. in Merſeburg. Artern. Merſeburg. Großenaspe in Schleswig-Holſtein. lehrer in Dresden-Neuſtadt. gutsbeſitzer in Scharteuke b. Genthin. rath a. D. in Serkowitz b. Dresden. Altenburg. 296 297. Dalcke, von Davier, Landrath in Nordhauſen. Deeg, Johann, Tiſchlermeiſter in Regnitz Breslau, Geh. Regierungsrath, Ober: bürgermeiſter a. D. in Naumburg a. S. Brockmann, Lorenz, Lehrer in Espeln i. Weſtfalen. . Brömme, Karl, Oeconom in Paſſendorf. . Dr. Brückner, Referendar in Coblen:. . Brüning, Premier-Lieutenant im Inf.⸗ Regt. Graf Tauentzien von Wittenberg Nr. 20, z. Z. in Hannover. . von Bünau, Königl. Major z. D. in Zwickau. Bünger, Hermann, Bankbeamter in Schöne⸗ berg b. Berlin. . Büttifofer, J., Conſervator am Reichs⸗ Muſeum in Leiden (Königr. der Nieder⸗ lande). Burbach, W., Major a. D. in Giebichen⸗ ſtein (Bez. Halle). Burghard, Paul, Gasanſtalts-Inſpector in Zeitz. Burghard, H., Photograph in Torgau. „Burghardt, Fritz, Amtsgerichts-Secretair in Grottkau. . Dr. Burſtert, Hermann, in Berlin. Buſch, Auguſt, Kaufmann in Leipzig. „Bür baum „von Byern, Major im Huſaren-Regiment Lehrer in Raunheim a. M. Nr. 13 in Bockenheim b. Frankfurt a. M. Dr. Cabanis, Profeſſor in Berlin. Canis, Richard, Kaufmann in Leipzig. Capelle, C., Kaufmann in Hannover. Carl, Julius, Kaufmann in Gera. . Stefan Chernel von Chernelhaz’a in Budapeſt. Clodius, G., cand. theol. in Lenſchow b. Meſtlin. Cordes, Lieutenant im Inf.-Regt. Graf Tauentzien von Wittenberg Nr. 20, z. Z. in Wildpark. Coſtenoble, Hermann, Verlagsbuchhändler in Jena. Cramer, Richard, Procuriſt in Leipzig. Crüger, Geh. und Oberregierungsrath in Merſeburg. Crux, F. A., in Düſſeldorf. Dr. Cuno, Juſtizrath in Wittenberg. Czekaj, Karl, Lehrer für Mittelſchulen und höhere Mädchenſchulen in Lyck i. Oſtpr. Oberſtaatsanwalt in Königs⸗ berg i. Pr. N loſau (Oberfranken). . Debe3, E., in Leipzig. Dehne, Adolf, Kaufmann und Premier: Lieutenant in Halle a. S. Delling, Forſtgehilfe in Belgershain i. ©. . Dettmer, Regierungs⸗-Aſſeſſor in Merſeburg. . Dr. Dieck, G., Rittergutsbeſitzer in Zöſchen b. Merſeburg. von Dieckhoff, Heinrich, stud. in Naum⸗ burg a. S. Dieckmann, Wilh., Domainenpächter in Altenrode b. Drübeck a. H. Dr Diederich, Franz, in Leipzig. von Dieſt, Königl. Regierungspräſident in Merſeburg. . Dies, Landgerichtsrath in Berlin. Dietze, Königl. Amtsrath auf Neu-Beeſen b. Alsleben a. S. Diſſe, H., Lehrer in Oerlinghauſen i. Lippe. Dittmann, Auguſt, Gaſtwirth in Arnolds— dorf b. Ziegenhals. Dobel, L. E., Rechtsanwalt in Mainburg (Niederbayern). 2. von Doetinchem de Rande, Ritterguts⸗ beſitzer und Lieutenant auf Loepitz b. Merſeburg. . Domde, Garniſon⸗Auditeur in Graudenz. Dombrowski, Guſtav, Kaufmann in Königsberg i. Pr. . Mr. Dreier, Emil, Kgl. däniſcher Conſul in Chicago. Dröge, Königl. Regierungsrath a. D. in Merſeburg. Dr. Dümke, prakt. Arzt in Walſchleben b. Erfurt. Dumrath, H., Königl. Ober-Regierungs⸗ rath a. D. in Berlin. . Eberius, Fr., Mühlenbeſitzer und Amts— vorſteher in Döllnitz. Ebersbach, Karl, Zeichenlehrer in Ernſt— thal i. S. | Ebert, H. Fr., Director in Hamm i. Weſtf. | Ebert, Rudolf, Steinbruch-Beſitzer in Wurzen i. S. | Eckardt, B., Lehrer in Domsdorf b. Elſter⸗ werda. . Eckardt, Edmund, Kaufmann in Berlin. .Eckerbuſch, Julius, Procuriſt und Haupt: | kaſſirer der National-Bank für Deutſchland in Berlin. Ehmcke, A., Landrichter in Berlin. Elſner, G., Director in Groß-Roſenburg b. Barby. Fiedler, Otto, 382. 383. 384. 385. 386. 387. 388. 389. 390. 391. 392. Ellrich, Ludwig, Holzbildhauer in Leipzig. 393. Emicke, E., Rentier und Kreisverordneter in Dorf Alsleben. Emmerling, A., Pfarrer in Witzleben b. Stadtilm. Freiherr von Ende, Rittergutsbeſitzer und Schloßhauptmann auf Alt-⸗Jeßnitz b. Jeßnitz i. A. . Engelmann, W., Kaufmann in Trieſt. Engelsmann, Theodor, Zuckerfabrik— Director in Badersleben (Prov. Sachſen). Baron von Erlanger, Karl, in Frank⸗ furt a. M. Dr. med. Erler, prakt. Arzt in Wernigerode. . Ermen, Adolf, Kaufm. in Puerto Cabello. . Ernefti, Banquier in Zeitz. . Ernft, Director in Wulferſtedt b. Neu: wegersleben. Fähndrich, Amtsrichter a. D. in Eiſenach (vom 1. April 1891 ab in Freiburg i. Br.). Fahr, Oberſteuer⸗Controleur in Wittenberg. Feige, E., Apotheker in Eisleben. Ferber, Walther, Commerzienrath in Gera. . Se. Hohheit Prinz Ferdinand von Sachſen-Coburg⸗Gotha, Fürſt von Bulgarien in Sophia. Premier-Lieutenant in Löbejün. Fiedler, Edmund, Amtsanwalt in Eſſen a. Ruhr. Fiedler, Kaufmann und Stadtrath in Freiberg i. S. Fiedler, Albin, Beſitzer des Gutes Rieſen⸗ burg b. Annaberg i. S. Dr. O. Finſch in Delmenhorſt b. Bremen. Fiſcher, Theodor, Verlagsbuchhändler in Caſſel. Fiſcher, Lehrer in Merſeburg. Fiſcher, Amand, Director der Ackerbau- ſchule in Badersleben (Prov. Sachſen). Fleig, J. G., Conſervator in Hornburg i. Baden. Fleiſcher, Erich, in Eiſenberg (S. A.). Flintzer, Richard, cand. med. in Jena. Flöricke, Curt, stud. rer. nat. in Marburg. Forſtreuter, Wilh., in Oſchersleben. Frank, Karl, Weinhändler in Merſeburg. Frank, E., Amtmann in Artern. Frank, Victor, Forſt-Adjunkt in Titſchen⸗ dorf b. Wurzbach. Dr. Francke, G. A., in Halle a. S. Dr. Francken in Baden-Baden. Dr. Franz, Sanitätsrath in Herzberg. Franz, H., Lehrer in Saalfeld. Fürſtenberg, — 10 Freeſe, Richard, Polizei-Diätar in Berlin. 395. Dr. Frenzel, A., Königl. Hütten⸗Chemiker in Freiberg i. S. . Freſenius, Robert, Kataſter-Controleur in Alfeld a. d. Leine. Frey, Emil, Kaufmann in Forſt i. L. Freytag, O., Rechtsanwalt in Leipzig. . Dr. Frick, Karl, Sanitätsrath in Burg b. Magdeburg. . Dr. Frick, Paul, prakt. Arzt in Cottbus. Friderich, L. G., Aquarellmaler in Stutt- gart. Friedrich, Herm., cand. med. in Zeitz. Friedrichs, Ferd., Glaswaarenfabrikant in Stützerbach i. Thür. Friſchemeier, G., Förſter in Nieſe bei Riſchenau i. Lippe. Fritſch, Bernhard, Kaufmann in Merſeburg. Dr. Freiherr K. von Fritſch, Profeſſor in Halle a. S. Fritzemeyer, E., Präceptor in Horn i. Lippe. Frühauf, Karl, Kaufmann in Schleuſingen. Fürbringer, Walther, Kaufmann in Gera. . Dr. Max Fürbringer, ord. Profeſſor an der Univerſität in Jena. Wilhelm, Kaufmann in Ballenſtedt. Fuhrmann, Regierungsrath in Cöslin. Gabler, Präſident der Königl. General: Commiſſion a. D. und Wirkl. Geh. Ober: Regierungsrath in Merſeburg. Gäbler, Lehrer in Merſeburg. Gain, F., Hauptmann und Ritterguts⸗ beſitzer in Friedrichshof. Gänſehals, Ernſt, in Belgershain i. S. Gärtner, Balduin, Lehrer in Altenburg. Alfons, Graf von Geldern-Egmont in München. Genſichen, R., Prediger in Dechſel bei Landsberg a. d. Warte. Gericke, Valentin, Gutsbeſitzer in Baders— leben (Prov. Sachſen). Giebelhauſen, Oskar, Rittergutspächter in Burkartshain b. Wurzen. 2. Dr. von Gikycki, a. o. Profeſſor an der Univerſität in Berlin. Glaß, Hauptlehrer in Merſeburg. Freiherr Otto von Glenck, Beſitzer der Saline Schweizerhalle in Schweizerhalle b. Baſel. . Onau, E., Gymnaſiallehrer in Sanger⸗ hauſen. 426. 427. 428. 429. Gneiſt, Fr., Amtsvorſteher in Domnitz. Göring, A, Profeſſor in Leipzig. von Götz, Rittmeiſter a. D. und Ritter⸗ gutsbeſitzer in Niemtſch b. Senftenberg. Götze, Richard, Kaufmann in Charlotten⸗ burg. von Goldbeck, Geh. Ober-Regierungsrath in Berlin. . Öoltermann, C., Muſiklehrer in Hamburg. Goltſch, Karl, Rentier in Leipzig. Golle, Rügold, Kaufmann in Gera. Gräf, Hilmar, Rentier in Berlin. Gräfe, Franz, Weberei-Director in Gera. Grämer, Max, Haupt: Zollamts- Affiitent in Hamburg. Dr. Gräßner, Director in Marburg. Grau, Johannes, Gymnaſiaſt in Königs⸗ berg i. Pr. Grebe, C., Großherzoglich Sächſ. Forſt— candidat in Eberswalde. Greiner, Wilhelm, Glaswaarenfabrikant in Stützerbach i. Thür. Gremſe, Rittergutspächter in Luthersborn. Greuter⸗Engel, F., in Baſel. Grimm, Heinrich, Oberförſter a. D. in Zeitz. . Örimmeißen, E., in Straßburg i. E. Grobe, B., Rittergutsbeſitzer in Roitzſch. Grobe, Karl Auguſt, Buchbindermeiſter in Altenburg. Groening, Hauptmann im Pionier-Bat. von Rauch in Stettin. Groke, Th., Fabrikbeſitzer in Merſeburg. . Dr. Groſche, prakt. Arzt in Dürrenberg. Groſchupp, Richard, Kaufmann, Prä— parator und Händler zoolog. Objecte ꝛc. in Leipzig. Groß, Moritz, Präparator in Gera. Große, Julius, Kaufmann in Oſchersleben. Grün, Weinhändler in Halle a. S. Grumbrecht, Adolf, Gymnaſiaſt in Claus⸗ thal a. H. 5. Grunack, A., Geh. Regiſtrator, Bibliothekar und Plankammer-Inſpector beim Reichs⸗ Eiſenbahn⸗Amt in Berlin. Gudera, Karl, Zoologiſche Großhandlung in Wien. Gulielmo, J., Apotheker in Landau a. Iſar. Gunkel, E., Kollaborator am Seminar in Sondershauſen. Günther, Gutsbeſitzer in Deutleben. . Gürth, Otto, Brauereibeſitzer in Weißenfels. Gutzſchhahn, Robert jun., Fabrikbeſitzer in Groitzſch. A . Dr. med. Hachtmann, . Heiland, Haack, F., Hof⸗Photograph in Jena. . Dr. Haake, H., prakt. Arzt in Leipzig. Haaſe, Arnold, Forſtbefliſſener in Wen: nigſen (Deiſter). Haas, Richard, stud. med. in Heidelberg. . Haaje, Louis, Realſchullehrer in Gera. Haberland, Oberamtmann zu Haus Zeitz b. Alsleben a. S. prakt. Arzt in Weißenfels. . Häder, E., Lehrer in Eisleben. . Hagemann, Amtsgerichtsrath in Erfurt. „Hanke, F. W., Amtsgerichts⸗Secretair in Langenſalza. in Wiederſtedt b. Hettſtedt. „von Hardt, Richard, Majoratsherr auf | Wonzowo in Berlin. . Haritz, Johann, Oberlehrer in Henhart (Oberöſterreich). 75. Harmann, A., Buchhändler in Meſchede. 76. Dr. Hartenſtein, Oberlehrer am Gymna— ſium in Schleiz. Dr. Hartert, Ernſt, in Frankfurt a. M. Hartwich, F., stud. med. in Marburg. . Dr. med. Haſſe, prakt. Arzt in Nordhauſen. . Dr. Guſtav von Hayek, Regierungsrath in Wien. Hecker, Heinrich Ferdinand, Fabrikbeſitzer in Görlitz. 2. Hecker, F., Fabrikbeſitzer in Gröningen (Kr. Oſchersleben). 3. Hedemann, R., Königl. Landgerichts-Rath in Berlin. . Hedler, W., Lehrer in Frankleben. von Heeringen, Alfr., Hauptm. u. Comp.⸗ Chef im 136. Inf.⸗Regt. in Dieuze i. Lothr. Hegner, Bürgermeiſter in Welſch-Billig b. Trier. . Heidenreich, Emil, Königl. Ober-Finanz⸗ rath in Dresden. Heidenreich, Karl, Stadtgutsbeſitzer in Wurzen. Drahtwaaren- Fabrikant in Halle a. S. Heine, F., Kloſtergutspächt. i. Hadmersleben. Heinicke, Albert, Lehrer in Oberheldrungen b. Heldrungen. Heinicke, S., Banquier in Freiberg i. S. Heinrich, Königl. Baurath in Mogilno. Heinrich, Richard, Kaufmann in Berlin. . Heije, F., Oberförſter in Schloß Stern⸗ berg b. Alverdiſſen i. Lippe. 11 2. Freiherr von Hardenberg, Kammerjunker | | . Heife, Lehrer in Pröſen b. Elſterwerda. . Held, G., Rentier in Ermsleben. . Hellerer, Joſeph, Lehrer in München. von Helldorff, Carl, Landrath a. D. und Rittergutsbeſitzer auf Baumersroda. von Helldorff, Otto, Königl. Kammer⸗ herr und Rittergutsbeſitzer auf Bedra. von Helldorff, Major a. D. auf St. Ulrich. . Helm, Karl, in Graumnitz b. Mügeln-⸗Oſchatz. . Dr. phil. Helm, F, in Dresden. Hendel, O., Buchhändler in Halle a. S. Henke, K. G., Muſeumsbeſitzer in Dresden. Henkel, R., Xylograph in Leipzig. Hennicke, Karl R., cand. med. in Leipzig. . Hennig, Eduard, Amtsrichter a. D. in Leipzig. Hentſch, Regierungs- und Baurath, Dir. des Königl. Eiſenbahn-Betriebs-Amtes zu Crefeld. . Henze, Gutsbeſitzer und Amtsvorſteher in Trebitz. . Herbit, F., Maſchinen-Fabrikant in Halle a. S. Herfurth, Robert, Kaufmann in Dresden. Herfurth, Rudolf, in Hainichen i. S. . Hering, Mar, Lehrer in Zeitz. . Hering, Ewald, stud. med. in Prag. . Herrling, Wilhelm, Rentier in Zeitz. . Herrmann, Arthur, Fabrik. in Oſchatz i. S. Herrmann, Emil, Kaufmann in Berlin. . Hermann, Th., Muſterzeichner in Leipzig. . Se. Durchl. Fürſt Hermann von Hohen— lohe-Langenburg zu Langenburg in Württemberg. . Se. Durchlaucht Prinz Hermann von Schaumburg-Lippe in Bückeburg. . Hertel, Paſtor emer. in Albertinenhof b. Kaſekow. Hertwig, Otto, Lieutenant und Ritterguts— beſitzer auf Gotha b. Eilenburg. . Hertwig, W., Rittmeiſter der Reſ. und Rittergutspächter in Goſeck b. Weißenfels. . Hertwig, Rittmeiſter a. D. auf Reinharz b. Schmiedeberg. . Hertwig, Karl, Bankbeamter in Görlitz. . Dr. Hertzberg, Guſt., Prof. in Halle a. S. . Dr. Hertzberg, Eduard W., prakt. Arzt in Halle a. S. Heß, Wilh. Curt, Gymnaſiaſt in Gera— Untermhaus. Heſſe, Franz, Thierarzt in Düſſeldorf. . Heffe, Hugo, Droguiſt in Hof a. S. Heym, Th., Bürgerſchullehrer in Wurzen. Heyne, A., Rentier in Naumburg a. S. 534. Hilker, Konrad, Lehrer in Schlangen bei 567. Lippſpringe. 535. Hiller, Herm., Dr. phil. in Freiberg i. S. 568. 536. Hiller, Robert, Bürgerſchullehrer in Roß- 569. wein i. S. 570. 537. Hintze, Herm., Rentier in Neuwarp i. P. 571. 538. Hochheim, Hugo, Gutsbeſitzer in Schafſtädt. 572. 539. Hocke, H., Maler in Berlin. 540. Höpfner, M., Seminar-Oberlehrer in 573. Grimma. 574. 541. Höppner, Karl Otto, Lehrer in Wieſa 575. b. Annaberg. 542. Dr. Hoffmann, Jul., Verlagsbuchhändler 576 in Stuttgart. 543. Hoffmann, Guſtav, Kaufmann in Königs- 577 berg i. Pr. 578 544. Hoffmeiſter, Karl, Kaufm. in Halle a. S. 579 545. Hollandt, W., Rechtsanwalt und Notar 580 in Braunſchweig. 546. Holzmann, Pfarrrer in Proſigk b. Cöthen. 581 547. Freiherr Georg von Holzſchuher in Tübingen. 582 548. Holzweißig, L., Fabrikant in Eilenburg. 583 549. Alexander von Homeyer, Major in Greifswald. 584 550. Honigmann, Thierarzt in Deſſau. 585 551. Honrath, Ed. G., Königl. Hofkunſthändler, 586 Vorſitzender des Berliner entomologiſchen 587 Vereins in Berlin. 588 552. Hopfe, Hauptmann in Marienwerder. 589 553. Horn, Poſtdirector und Hauptmann a. D. 590 in Hattingen a. d. Ruhr. 591 554. Horn, Franz, ſtädtiſcher Volksſchullehrer in Berlin. 592 555. Hoſtmann, W., Großherzogl. Sächſ. Bau— rath in Hannover. 593 556. Hotze, Karl, Lehrer in Zeitz. 594 557. Hoyer, Alfred, Kaufmann in Breslau. 558. Huch, Alfred, Buchhändler in Zeitz. 595 559. Huch, Immanuel, Buchhändler in Zeitz. 596 560. Dr. Huethe, Ober-Stabsarzt I. Kl. und Marineſtationsarzt der Oſtſee in Kiel. 597. 561. Hüfler, Emil, Dr. med. in Leipzig. 598 562. Hülsmann, H., Thonwaarenfabrikant in Altenbach b. Wurzen. 599 563. Hummerich, Lehrer in Bellenberg bei Horn. 600 564. Hundt, Albin, Privatmann in Gangloff— ſömmern. 601 565. Huntemüller, Königl. Regie ugs und 602 Baurath in Gr. Lichterfelde. 603 566. Huth, Heinrich, Fabrikant in ns b. | 604 Halle a. S. — 12 Jahn, Th., Forſt-Aſſeſſor und Lieutenant Kabitzſch, Emil, Rittergutsbeſitzer in Alten⸗ Kaden, Knopfmacher in Freiberg i. S. 8 Kästner, Auguſt, 5. Dr. A Kai von Kalitſch, Königl. Ober-Forſtmeiſter in Kampe, Kampferſeck, Kamſtieß, F., Eiſenbahn⸗Kanzlei⸗Aſſiſtent Kannewurf, F., Karras, E., Buchdruckereibeſ. in Halle a. S. Kaſſelt, Hermann, Gaſtgeber in Leipzig. Kaßner, General-Director der Stadt-Feuer⸗ Hutſchmann, Aug., Kaufmann (Firma: Claus & Hutſchmann) in Caſſel. Jacob, Ober-Steuer-Inſpector in Liegnitz. Jacob, Kurt, Buchhändler in . Jacobi, Arnold, in Leipzig. Jacobs, Robert, Kaufmann in Rostock Jaeger, Geheimer Ober-Regierungsrath in Berlin. Dr. Jaeger, Apotheker in Halle a. S. Jänicke, Karl, Dr. med. in Leipzig. Jaentzſch, L., Königl. Ober-Amtmann in Sachſenburg. d. Reſ. in Heinrichsruh b. Schleiz. Jaentzſch, Rittergutspächter in Gebeſee. Jahr, Moritz, Eiſengießereibeſitzer in Gera. Janke, Felix, in Leipzig. a „Idmann, Göſta, cand. med. in Fammers⸗ fors (Finland). Jentzſch, Franz, Lehrer in Dreiskau bei Rötha i. S. Ilſe, Carl, Pfarrer in Politzig (Kr. Meſeritz). Jochmus, R. J., Amtsgerichts-Rath in Lüneburg. John, Paul, Rector in Berggießhübel. Jordan, Rittergutsbeſitzer in Oppin. „Jordan, W., Rentier in Halle a. S. Joſephy, G., cand. phil. in Liegnitz. . Suel, Commerzienrath in Wurzen. Jügelt, Albin, Redacteur in Auma. . Süngfen, H., Rittergutsbeſitzer in Weimar. Junghans, K., Oberlehrer an der Real: ſchule in Caſſel. hain b. Trebſen. Gerichts-Secretair in Oberaula (Reg.-Bez. Kaſſel). Geolog in Sues (Egypten). Magdeburg. Kamlah, Kurt, stud. jur. in Hannover. Friedrich, Hotel „du Nord“ in Hannover. J. Jun., Zimmermeiſter in München. a in Königsberg i. Pr. Rath in Weimar. Societät d. Herzogth. Sachſen in Merſeburg. Mille, luer, Kohlſchütter, 1 . Kauffmann, Julius, Director in Mel— ſungen. . Kaufmann, G. A., Oberlehrer in Frei— berg i. S. Kauſch, Karl, Kaufmann in Ottweiler. Kayſer, H., Redacteur in Kaiſerslautern. Kegel, G. R., Klempnermſtr. in Halle a. S. . Keil, Amtsvorſteher in Straußfurt. Keller, Theodor, Kaufmann in Gera. 2. Kenzler, Oberförſter in Altſchölle bei Wieſenburg. Kerber, Büreau⸗Aſſiſtent in Poſen. von Keſſel, Hauptmann und Comp.⸗Chef im Inf. Regiment Nr. 72 in Torgau. Keſſel, Rudolf, Rentier in Halle a. S. Piefer, Julius, Bürgermeiſter a. D. in Saarbrücken. A., Lehrer in Hohenſtein-Ernſt— thal i. S Dr. Kirſchſtein, Regierungs-Rath in Merſe⸗ burg. Karl, Privatier in Auleben bei Heringen. Klawieter, Adolf, Rentier in Anclam. Kleckl, Oberſt v. d. Armee in Pillau i. Oſtpr. Klein, Malermeiſter in Wurzen. . Kleinide, C. G., Rentier in Weißenfels. Klinkhardt, Felix, Fabrikbeſ. in Wurzen. Kloß, Friedrich, Buchdruckereifactor in Leipzig⸗Anger. Kluge, Königl. Oberförſter in Elſterwerda. Knapp, W. G., Buchhändler in Halle a. S. Dr. Knauer, Titus, Gutsbeſitzer in Gröbers b. Halle a. S. Knauthe, K., prakt. Landwirth in Schlau: pitz (Kr. Reichenbach i. Schleſien). Koch, Küſter in Lieme b. Lemgo i. Lippe. Köhler, Hugo, Commerzienrath in Alten⸗ burg. Köhler, Paul, Lehrer in Grüna i. S. Köllermeyer, B., Lehrer in Frommhauſen b. Berlebeck i. Lippe. Dr. Otto Köpert, Realgymnaſiallehrer in Altenburg. Köpp, A., Ober⸗Inſpector der „Equitable“, Lebens⸗Verſicherungs⸗-Geſellſchaft der ver⸗ einigten Staaten zu New⸗Nork i. Hannover. Köppen, F., Apotheker in Rudolſtadt. 7. Kör bel, Albert, Lehrer in Zeitz. Dr. med. Köttnitz, Albin, prakt. Arzt in Zeitz. Starſiedel b. Lützen. 640. 641. 642. 643. 668. 669. R., Rittergutspächter in 670. Kühnſcherf, Emil, Fabrikant in Dresden. 671. Kramer, Karl Rudolf, 2. Krauſe, Krauſe, Ernſt, Gaſthofsbeſitzer in Deuben Kemer, Keonbiegel Coklenbuſch, K., Fabrik⸗ Dr. Kohlſchütter, Profeſſor in Halle a. S. Koller, Bernhard, Schulleiter in Unterach (Ober-Oeſterreich). Koller, Otto, Lehrer in Lohnsburg (Ober— Oeſterreich). Korb, Max, Lehrer und Präſident des Vorſtandes der Sächſiſchen Thierſchutz⸗ Vereine in Meißen. . Kop3, Stadtrath in Merfeburg, 5. Koſeck, Fritz, Lehrer in Buch b. Tangerhütte. „Kospoth, R., cand. theol. in Magdeburg. von Kraatz⸗Koſchlau, Oberſt und Com- mandeur des Oſtpreuß. Dragoner-Regts. Nr. 10 in Allenſtein i. Oſtpr. Bildhauer und Stukateur in Leipzig⸗Reudnitz. Krancher, Oskar, Dr. phil. in geipzig. a Di Kraske, Profeſſor in Freiburg i. Br. Krauß, Bruno, Bürgerſchul⸗Lehrer in Altenburg. Kgl. Forſt⸗Aufſeher in Gramzow. b. Wurzen. Dr. Kremp, Herzoglicher Director der land— wirthſchaftlichen Schule Marienberg zu Helmſtedt. Kretſchmann, M., Buchhändler in Magde— burg. Krezſchmar, K., Buchhändler in Dresden. Krieger, Moritz, Hotelbeſitzer in Greußen. . von Krogh, Königlicher . in Merſeburg. Vicar, in Zywiec i. Galizien. beſitzer in Sömmerda. „von Kroſigk, Oberſt-Lieutenant und Com⸗ mandeur des Württembergiſchen Dragoner— Regts. Nr. 26. in Ulm. Krügel, Friedrich, in Leipzig. Krüger, C., Fabrik⸗Director in Stöbnitz. . Krüger, Heinrich, Thiermaler in Roſſitten (Kur. Nehrung). Kühn, J. E., Lehrer in Gladitz b. Luckenau. . Dr. Kühn, Julius, Geh. Regierungs-Rath, Profeſſor und Director des landwirthſchaft— lichen Inſtituts in Halle a. S. . Küpfer, Karl, Secretair der Bundeskanzlei in Bern. Kuckuck, Chr., Director des zoologiſchen Gartens in Hannover. Kuhfuß, Kgl. Kreisſecretair in Merſeburg. Kuntze, Guſtav, Fabrikbeſitzer in Halle a. S. 2. Kuntze, O., Ober-Bürgermſtr. in Plauen i. V. Kuntze, W., Director in Körbisdorf. . Kunze, Geh. Finanz-Rath in Berlin. . Kupfer, H., Ziegeleibeſitzer in Deuben bei 712. Limberger, Otto, Buchhändl. in St. Gallen. 713. Lindau, C., Forſt-Aufſeher in Sonnen⸗ . Dr. Kutter, Ober⸗Stabsarzt in Kaſſel. Kyſchky, Herm., Kaufmann in Anclam. Lack, Cl., Lehrer in Burkartshain b. Wurzen. Lackowitz, G., Kaufmann in Berlin. Dr. med. Lammers, Julius, in Kiel. Lampert, Gottfried, Gutsbeſitzer in Nieder- 7 Landauer, Robert, Apotheker in Würzburg. . Landmann, Rittergutsbeſitzer und Amtsz 7 Lange, Oskar, Redacteur in Groß-Lichter⸗ Langer, Richard, Kaufmann in Deſſau. Langerhaus, Ernſt, cand. med. in Leip⸗ Langheinz, C., Zahnarzt in Darmſtadt Laſchinsky, Buchdruckereibeſitzer in Leipzig. Leege, Otto, Lehrer, Nordſee-⸗Inſel Juiſt. Leege, Förſter in Finkenborn b. Hameln. Lebe, E. O., Beſitzer einer lithographiſchen Lechla, Guſtav, in Wachwitzhöhe b. Dresden. Lehmann, Heinrich, Banquier in Halle a. S. Lehmköſter, F., Lehrer in Ahaus. Lehn, Prediger in Ellidshöj Prieſtegaard. Leibnitz, Oskar, Kaufmann in Berlin. Dr. Leimbach, Profeſſor, Realſchul⸗Director Leimbach, Erſter Seminarlehrer in Uſingen. . Se. Excell. Herr von Leipziger, Herzogl. Lenzen, Director der Militärbrieftauben⸗ Leo, Richard, Kaufmann in Leipzig. Leo, Thaſſilo, Ober-Secretair am Reichs: Leonhardi, Erich, Zollinſpector und Ober: Leopold, Bergwerks- und Salinen-Director . 2epp, Hans, Bankbeamter in Berlin. v. Leſtow, Georg, in Berlin. Leuſchner, Königl. Geh. Bergrath a. D., Leutzſch, Guſtav, Beſitzer einer artiſtiſchen Leverkühn, Paul, cand. med. in München. 1 Wurzen. grünberg b. Frankenhauſen. vorſteher in Pirkau b. Theißen. felde. zig⸗Reudnitz. Anſtalt in Gera. in Arnſtadt. Staatsminiſter in Altenburg. Anſtalt des deutſchen Reiches in Cöln. gericht in Leipzig. Reviſor in Leipzig. in Halle a. S. Dber-Berg: und Hütten⸗Director der Mans⸗ feld'ſchen Gewerkſchaft in Eisleben. Anſtalt in Gera. 4 . Zewing, W., Lehrer in Herten b. Reckling⸗ hauſen. 711. Dr. Liebe, K. Th., Hofrath, Prof. in Gera. The Rev. H. A. Macpherſon in berg i. H. zur Linde, Königl. Oberförſter in Gramzow. Lindenborn, Ludwig, Dr. med. in Fürth i. Odenwalde. 16. Lindner, Friedrich, Lehrer in Zeitz. 7. Lindner, Fr., Predigtamts⸗Cand. in Zeitz. Link, Joh. And., Apotheker in Burgpreppach i. Unterfranken. Linke, Königl. Major a. D. in Schöneberg b. Berlin. Linneweber, Lehrer in Aſemiſſen b. Oer⸗ linghauſen. Se. Erlaucht Graf zur Lippe, Georg, Regierungsrath in Wiesbaden. . Lochner, Ober-Maſchinenmeiſter in Erfurt. Löblich, P., Fabrikant und Kaufmann in Gera. 4. Löbus, C., Lehrer in Zeitz. Loew, Königl. Oberförſter in Panten bei Liegnitz. 6. Löwe, Ernſt, Referendar in Berlin. 7. Baron von Löwis of Menar, Oskar, auf Meiershof b. Wenden (Lievland). Lucas, Königl. Baurath in Dellitzſch. . Se. Excellenz Freiherr von Lucius, Ball: hauſen, Dr., Kgl. Staatsminiſter, Miniſter für Landwirthſchaft, Domainen und Forſten a. D. in Berlin. Lucius, Geh. Commerzienrath in Erfurt. Lücke, A., Königl. Amtsrath auf Domaine Borſchütz b. Mühlberg. Lücke, Lieutenant und Domainenpächter in Packiſch (Kr. Liebenwerda). . Dr. Lüdicke, Sanitätsrath in Halle a. S. Lüdicke, Rechtsanwalt in Naumburg a. S. „Ludwig, E., Kaufmann in Dürrenberg. z. Ludwig, W. jun., in Karlsruhe i. B. „Freiherr von Lützow, General-Major und Commandeur der 59. Infanterie» Brigade in Saarburg i. Elf. Lüttich, Erdm., Holzhändler in Halle a. S. Lüttich, Königl. Amtsrath in Wendelſtein. Lufft, Paul, Ingenieur in Eßlingen. Luge, Guſtav, Vorſitzender des Vereins Section für Thier- und Vogelſchutz in Sonneberg. Carlisle (England). Mädler, Hermann, cand. med. in Leipzig. . de Maes, E., in Marburg. Dr. Maercker, Profeſſor und Geh. Reg. Rath in Halle a. S. Mahlow, Otto, Kaufmann in Torgau. Maier, Hans, Kaufmann in Ulm a. D. . Majeswfi, O., Goldarbeiter in Berlin. Maly, Franz, Schulleiter in Loibichl (Ober— Oeſterreich). Mangelsdorff, Paul, Landſchafts⸗ reſp. 7 Thiermaler in Pankow b. Berlin. . Manide, Georg, Rent. in Leipzig⸗Eutritzſch. Marcus, Franz, Holzhändler in Dürrenberg. . Marhold, Emil, Schiedswardein in Frei: berg i. S. . Marks, Lehrer in Raßberg b. Zeitz. Marquardt, F. E., Kaufmann in Berlin. Dr. Marſhall, Profeſſor in Leipzig. Marth, Paul, Kaufmann in Arnswalde. Martienßen, Albert, Kaufm. in Hamburg. . Marx, Fritz, Kaufmann in Leipzig. Mattheſius, G., Lehrer in Zeitz. Mayer, Th., Fabrikant in Merſeburg. Mayer u. Co., Buchhandlung in Wien. Meier, Adolph, Kgl. Ober⸗Regierungsrath in Köln a. Rh. Dr. Meiſner, prakt. Arzt in Wanne in Weſtphalen. Meißner, Fr., in Coburg. . Mendte, E., Königl. Oberförſter in Püchau b. Wurzen. . Menjing, Paſtor in Wojshauſen b. Mei: 7 nerſen (Prov. Hannover). . Menzel, F., stud. forest. in Eberswalde. Merbach, Königl. Ober-Bergrath in Frei: berg i. S. 0. Merck, C. E., cand. phil. in Kiel. 71. Meyer, Eduard, Präſident des Oberlandes— gerichts in Celle und Mitglied des Herren— hauſes, in Celle. Meyer, A., in Stötterlingenburg b. Oſter— wieck a. H. Meyer, W., Lehrer in Detmold. Meyner, M., Buchdrudereibef. in Delitzſch. . Michel, Julius, Bürgerſchullehrer in Boden- bach i. Böhmen. ). Michelſen, E., Director der Landwirth— ſchaftsſchule in Hildesheim. . von Minckwitz, Königl. Förſter in Benne⸗ witz b. Wurzen. Mitſcherlich, Friedr. Aug., Stadtrath in Eilenburg. Dr. Moeckel in Leipzig. . Dr. Möller, Rud., prakt. Arzt in Rudol⸗ ſtadt. . Möller, Heinr., Thierhändler in Hamburg. . Möring, Th., Lehrer in Hiddeſen b. Detmold. . Mösmang, Jul., Lehrer in München. Mösmang, Max, Lehrer in München. Mootz, Premier-Lieutenant im Inf.⸗Regt. von Wittich (Heſſen) Nr. 83 in Kaſſel, z. Z. in Arolſen. Se. Hoh heit Prinz Moritz von Sachien- Altenburg in Altenburg. . Dr. Karl Moſer, Profeſſor am Staats⸗ gymnaſium in Trieſt. Freiherr von Müffling, Königl. Land— rath in Erfurt. Müller, Bürgermeiſter in Arendſee. . Müller, Adolph, Oberförſter in Krofdorf b. Gießen. . Müller, Karl, Dekan in Alsfeld i. Ober— heſſen. 792. Müller, Herm., Gymnaſial⸗Lehrer in Gera. 802. 803. 804. 805. Nehrkorn, A., Oberamtmann in Riddags— 811. 812. „von Neumann, Legationsrath a. D. . Müller, Königlicher Oberforſtmeiſter in Merſeburg. Dr. Müller, Bruno, Stabsarzt in Dresden. 5. Dr. Müller, Rittergutsbeſitzer in Schönau b. Leipzig. . Dr. Müller, Auguſt, Director des Nat.: Inſt. „Linnaea“ in Berlin. . Müller, Rudolf, Inſtrumentenmacher in Leipzig. Müller, Richard, Malermeiſter in Leipzig. Münch, Rudolf, Fabrikant in Hof. Mützel, G., zoolog. Maler in Berlin. Mußhoff, Eugen, Geh. exped. Secretair im Miniſterium der öffentlichen Arbeiten in Berlin. Nagel, Karl jun., Fabrikant in Trotha. Nagel, F., Apotheker in Pritzwalk in Brandenburg. Nagel, H., Brauereibeſitzer in Glauchau. Nebel, Kurt, Architekt in Leipzig. hauſen i. Braunſchweig. . Dr. Nehrling, H., in Milwaukee (Nord— amerika, Wisc., U. S. A.). . Dr. Neubaur, Königl. Regierungs-Aſſeſſor auf Kroſigk. und Rittergutsbeſitzer in Gerbſtedt. Newie, Fritz, Gutsbeſitzer in Badersleben (Prov. Sachſen). Dr. Nicolai, Sanitätsrath in Greußen. Niebuhr, Fr., in London. Niemeyer, vn Nobbe, Oltrogge, Oſtrowsky, Ottemeier, Fr., — 16 Niederdeppe, W., Lehrer in Iſtrup bei Blomberg. Max, Verlagsbuchhändler in Halle a. S. Nirrnheim, Georg, Kaufm. in Magdeburg. „iche, H., Profeſſor der Zoologie in Tharandt. Nitſche, W. H., Kgl. Oberförſter in Mittel⸗ höhe b. Pauſa i. V. Ober-Regierungsrath und Director des Königl. Bezirks-Verwaltungs— Gerichts in Erfurt. . Dr. Noll, Profeſſor, Oberlehrer am Gym— naſium in Frankfurt a. M. Oberländer, Hermann, Angermühle Gera. Oberländer, Rudolf, Banquier in Gera. Oehme, Emil, Kaufm. in Crimmitzſchau i. S. . Demler, Departem.⸗Thierarzt i. Merſeburg. . Demler, Regierungs-Canzliſt in Kaſſel. . Dettler, F., Brauereibeſitzer in Weißenfels. Ochs, Heinrich, Schreinermeiſter in Wehl— heiden b. Kaſſel. Ohneſorge, Fritz, Bürgerſchul-Director in Sebnitz i. S. von Oldershauſen, Otto, Referendar in Altona. Karl Theodor, Kaufmann in Bielefeld. van Oordt, Marinus, stud. med. in Mar: burg. Opitz, P., Dr. Phil. in Erfurt. Oſt, Karl, Eiſenbahn-Beamter in Hamburg. Oſtendorff, Königl. Oberförſter a. D. in Osnabrück. C., in Berlin. Lehrer in Helpup b. Oer— linghauſen. Otto, Robert, Hof-Apotheker in Gera. Otto, Rittergutsbeſ. in Gladitz b. Luckenau. its, P. . Baarmann, Emil, Procuriſt in Wurzen. . von Padberg, Ober-Regierungsrath in cand. jur. in Dresden-Altſtadt. Frankfurt a. O. . Baech, Pfarrer in Budſin (Kr. Kolmar i. Poſen). . Dr. Pagé, prakt. Arzt in Cottbus. Palliſch, C., Ingenieur in Erlach (Nieder⸗ Oeſterreich). Pantelé, Paul, Forſt-Aufſeher in Ellers⸗ hauſen b. Dransfeld. 5. von Pappenheim, Oberſt-Lieutenant und Commandeur des 1. Garde-Ulanen-Regts. in Potsdam. 846. 847. 848. 849. 850. 851. 852. 853. 854. 855. — 2. Porthöff e Dr. Pr N a Karl, Conſervator zu . in . Se. Excell. Dr. Radde, 4 ruſſiſcher Staatsrath und Director des Parrot, Carl, cand. med. in München. Paulſtich, Daniel, Realſchullehr. i. Hanau. Pedretti, Lorenzo, cand. med. in Leipzig⸗ Reudnitz. Peglow, Regierungs-Aſſeſſor in Erfurt. von Pelzeln, Auguſt, Cuſtos am k. k. zoolog. Hofcabinet in Wien. Baron von Pentz auf Schloß Brandis. Perzina, E., in Wien. Peters, Lieutenant in Stolpe b. Anclam. Peuckert, Rudolf, Kaufmann in Droyßig. Pezold jun., Juwelier und Goldarbeiter in Zeitz. 5. Pfannenſchmid, Edmund, Kaufmann in Emden. . Pfautſch, Herm., Kaufmann in Merſeburg. Pfeffer, Königl. Lieutenant in Halle a. S. Pfeil, Albert, Buchhalter in Camburg a. S. Pfretzſchner, Jul., Maler in Plauen i. V. Philippi, Königl. Erſter Staatsanwalt in Neu⸗Ruppin. Pietſch, Königl. Baurath in Torgau. Pinkert, Ernſt, Beſitzer des zoologiſchen Gartens in Leipzig. Pirl, Königl. Kreisthierarzt in Wittenberg. Plathner, H., Königl. Geh. Regierungs⸗ Rath in Warmbrunn b. Hirſchberg. Pleißner, Arthur, Kartonfabrikant in Altenburg. . Blinde, cand. rer. nat. in Marburg i. Hell. . Bogge, Dr. med. in Stralſund. Pohlmeyer, V., Kgl. Eiſenbahn⸗Director in Dortmund. . Dr. phil. Polack, P., Realgymnaſiallehrer in Gera. Popp, Rittergutsbeſitzer in Ammelgoßwitz b. Belgern. Kaufmann in Berlin. in Camburg a. S. der Lauſitz. Protz, Königl. Zahlmeiſter in a 76. Puhlemann, Karl, Lehrer in Freien⸗ walde a. O. „von Rabenau, Oberſtlieutenant a. D. zu Rietſchen (Oberlauſitz) (vom 1. April 7 ab zu Eulau b. Naumburg a. S.). Guſtav, Kaiſerl. Muſeums in Tiflis. . Radefeld, Adolf, Gutsbeſitzer in Droyßig. Ranft, Oswald, Kaufmann in Leipzig. Ranſch, Karl, Kaufmann in Magdeburg. Raßmus, F. E., Ingenieur in Magdeburg. Rathmann, Otto, Lehrer in Maßnitz b. Zeitz. „von Rauchhaupt, Königl. Landrath und Rittergutsbeſitzer auf Storckwitz. . Raufenberger, J., Reallehrer in Hanau. . Raumwald, M., Lehrer in Halle a. S. Redemann, Vitus, in Düſſeldorf. Dr. Reger, Königl. Ober⸗Stabs⸗ und Regi⸗ ments⸗Arzt des Magdeburgiſchen Füſilier⸗ Regiments Nr. 36 in Halle a. S. Rehfeld, Louis, Kaufmann in Leipzig. von Reichenau, Königl. Forſtmeiſter in Merſeburg. Reiche, Gebr., Zoologiſche Großhandlung in Alfeld a. d. Leine. Rein, Hermann, Forſt⸗Aſſiſtent und Lieut. d. Reſ. in Schleiz. Reinhold, A., Gutsbeſitzer in Mülſen St. Micheln b. Zwickau. . Dr. Reinhold, W., in Chicago. Reinhold, Oscar, Kaufmann in Leipzig. Reiß, G., Vogelhändler in Berlin. Reißbach, Kaiſerlicher Poſt-Director in Weißenfels. Dr. Reiſer, Karl Aug., Lehrer in München. Reiſer, Othmar, Cuſtos am Landes⸗Muſeum zu Serajevo (Bosnien, Oeſterreich). Reußner, Amtsvorſteher in Eisdorf. Reußner, Fr., Gutsbeſitzer in Sylbitz. . Dr. Rey, Eugen, Naturaliſt in Leipzig. Richter, Arthur, Paſtor in Jänkendorf b. Niesky (Oberlauſitzm). von Richter, Kgl. Landrath in Weißenfels. Richter, Franz L., Kaufmann in Gera. Richter, Julius, Maurermeiſter in Leipzig. Riep, Ottomar, Pfarrer in Sachſenburg b. Heldrungen. von Rieſenthal, Oberförſter in Char: lottenburg. Rindfleiſch, Georg, Dr. med. in Göttingen. Ritter, Guſtav Chriſtian, Cantor in Kanna⸗ wurf b. Kindelbrück. Ritter, Siegmund, Referendar in Zabern i. Elſaß. Rode, Lehrer in Hameln.“ . Dr. Rode, prakt. Arzt in Norderney. Röbbecke, Ernſt, in Annaberg (Erzgeb.). . bon Röder, Hauptmann a. D. in Deſſau. von Röder, Rittergutsbeſ. in Hoym i. A. Graf von Röder, E., in Breslau. . Römer, fürſtlicher Förſter in Heidelbeck b. Langenholzhauſen. 17 919. 920. 921. 222. 923. 924. 925. 926. 927. 928. DI 930. 931. 932. 933. 934. 935. 936. 937. 938. 939. 940. 941. 942. 943. 944. 945. 946. 947. 948. 949. — Rörig, Rudolf, Königl. Eiſenbahn-Betriebs⸗ Secretair in Berlin. Rörig, Georg, cand. agr. in Erfurt. Rogge, Kreiscommunal⸗Kaſſen⸗Rendant in Khritz (Oſtpriegnitz). Rohland, Rittergutsbeſitzer in Etzoldshayn b. Reuden. Rohleder, J. O., Inhaber einer Vogel— handlung in Leipzig-Gohlis. Rohmer, Moritz, Meldeamts-Aſſiſtent in Zeitz. von Rohr Wahlen Jürgaß, Rittmeiſter und Esc.⸗Chef im 2. Pomm. Ulanen⸗Regt. Nr. 9 in Demin. Dr. Rohweder, J., Profeſſor, Gymnaſial⸗ Oberlehrer in Huſum. von Rohr-Tramnitz, Hauptmann a. D. in Tramnitz b. Wuſterhauſen. Roſe, Landesbau-Inſpector in Weißen⸗ fels. Roſe, Fritz, Forſtakademiker in Eberswalde. Roßner, Hermann, Commerzienrath und Stadtrath in Zeitz. Roth, Betriebs-Inſpector in Gera. Roth, Georg, Gerichts-Aſſeſſor in Erfurt. Dr. Rothe, Ober⸗Stabs⸗ und Regiments⸗ Arzt des Grenadier-Regiments Friedrich II. (3. Oſtpreuß. Nr. 4) in Allenſtein. Ritter von Rothermann, Daniel, Fabrik: beſitzer in Hirm (Ungarn). Rückert, Bruno, Fabrikbeſ. in Leipzig. Rudloff, G., Rittergutsbeſitzer in Wörm⸗ litz b. Halle a. S. Dr. Rudow, Ferd., Oberlehrer in Perle— berg. Rüffer, Karl, in Flensburg. Ruick, Ober-Bürgermeifter in Gera. Dr. Karl Ruß, Schriftſteller in Berlin. Rutz⸗Hefti, J., Präſident des ornitholog. Vereins von Glarus und Umgegend in Glarus. Sachſe, General-Inſp. in Merſeburg. Sachſe, C., Baumeiſter in Altenkirchen (Weſterwald). Samplebe, W., Thierarzt in Schöppenſtedt. Sattler, Robert, Braumeiſter in Gera— Pforten. Säuberlich, Kgl. Amtsrath in Gerlebock b. Gröbzig. Sauer, G., Grubenbeſ. in Weißenfels. Sauerzape, Albert, in Dresden. Schacht, Heinrich, Lehrer in Belfort bei Detmold. troleur in Leipzig. . Dr. Schäff, Ernſt, Aſſiſtent am Zoolog. Inſtitut der Kgl. Hochſchule in Berlin. landwirthſchaftlichen Schaper, H., Rentier in Halberſtadt. Schäper, Ernſt, Rentier in Birkenfelde b. Retkowo i. Poſen. . Schäper, Max, Ober-Amtmann in Roßla a. Harz. Scharf, H., Rittergutsbeſitzer in Dürren— berg. Scheele, Major u. Abtheilungs-Comman⸗ deur im Feld⸗Art.⸗Rgt. General-Feldzeug⸗ meiſter (Brandenburgiſchen) Nr. 18 in Frankfurt a. O. Scheibe, H L., Fabrikant in Gera. 8. Scheibe, Paul, Fabrikant in Gera. . Dr. Scheidemantel, Gymnaſial-Lehrer in Torgau. Scheithauer, M., Architekt und Maurer: meiſter in Gaumnitz b. Luckenau. Scheitlin, Buchhändler in St. Gallen. Schellig, Paul, Kaufm. in Gera. Schele, W., Königl. Oberamtmann in Schladebach, Station Kötſchau. Schierenberg, G. A. B., Rentner in Frankfurt a. M. Schieß, Friedrich in Magdeburg. Schillbach, A., Diakonus in Buttſtädt i. Thür. 7. Schilling, Heinrich, Lehrer an der land— wirthſchaftl. Kreisſchule in Wurzen. Schillings, C. H., in Gürzenich b. Düren. . Schirmer, F., Rittergutsbeſitzer in Neu: haus b. Delitzſch. Schladebach, Gutsbeſ. in Beiderſee. Schlag F., Cantor a. D. in Steinbach⸗ Hallenberg. 2. von Schlechtendal, C., Hauptmann a. D. in Düſſeldorf. von Schlechtendal, D., in Halle a. S. Schlegel, Richard, Lehrer in Gersdorf, Bez. Zwickau. Dr. Schleh, A., Lehrer an der Landwirth— ſchaftsſchule in Herford. Schlemm, Oec.⸗Inſpector in Neundorf b. Beeſenſtedt. Schlieckmann, Juſtizrath in Halle a. S. Schlömilch, Bankdirector in Leipzig. Schlüter, Wilhelm, Naturalienhändler in Halle a. S. Schmale, F., Director in Leipzig. 18 . Dr. Schade, Hermann, Ober-Steuer⸗Con⸗ 981. 990. So 992. 993. 994. 995. 996. 997. 998. 999 1000. 1001 1002. 1003. 1004. 1005. 1006. 1007. 1008. 1009. 1010. 1011. 1012. Schmeißer E., Rittergutspächter in Gang⸗ loffſömmern. . Dr. Schmid, Ferdinand, Amtsrichter in Großrudeſtedt. Schmidt, Kgl. Oeconomie-Commiſſions⸗ rath in Hildburghauſen. Schmidt, Otto, Fabrikant in Zeitz. Schmidt, P., Redacteur der Frankfurter Oder-Zeitung in Frankfurt a. O. . Schmidt, Ludwig, cand. rer. nat. in Mar⸗ burg. Schmidt, Richard, Gutsbeſitzer und Ge- meindevorſteher in Droyßig. . Schmöfel, Pfarrer in Roſſitten (Kuriſche Nehrung). Dr. med. Schmorl, Aſſiſtent am patho- logiſchen Inſtitut d. Univerſität in Leipzig. Dr. Schneider, Profeſſor in Gera. Schneider, G., Großherzogl. Sächſ. Land⸗ kammerrath in Zeitz. Schneider, Emil, Kaufm. in Berlin. Schneider, Guſt., Commiſſions-Rath in Baſel. Schneider, Bernhard, Leipzig. Schneider, Felix, Architect in Leipzig. Schnorr v. Carolsfeld, H., Kaufmann in Leipzig. Schoch, Otto, Oeconom in Halle a. S. Schönbrodt, Gutsbeſ., Osmünde. Schönert, G., Dampfmühlendirector in Wurzen. Schönian, Kgl. Ober-Regierungsrath in Kaſſel. cand. theol. in Schöpf, A., Director d. Zoolog. Gartens in Dresden. Schöpffer, Hubert, Kgl. Oberförſter in Sitzenroda. Schramm, O., Kaufmann in Trotha. Schraepel, Heinrich, Forſt-Aſſiſtent und Lieut. der Reſerve in Saalburg b. Schleiz. Dr. Schreyer, pract. Arzt in Halle a. S. Schröcker, Kgl. Bergrath in Halle a. S. Schröder, Auguſt, Buchbinder in Schöt⸗ mar i. Lippe. Dr. Schröder, Curt, Apotheker in Dres⸗ den⸗Neuſtadt. Schröder, Kgl. Lotterie-Einnehmer in Merſeburg. Dr. Schröder, Rector d. Realgymnaſium in Naumburg a. S. Schröder, Gerh., Gymnaſiaſt i. Hannover. Dr. Schröder, Max, Apotheker in Gera. 1013. 1014. 1015. 1016. 1017. 1018. 1019. 1020. 1021. 1022. 1023. 1024. 1025. 1026. 1027. 1028. 1029. 1030. 1031. 1032. 1033. 1034. 1035. 1036. 1037. 1038. 1039. 1040. 1041. 1042. 1043. 1044. 1045. — Schubert, Buchhalter in Freiberg i. S. Schuch, General-Major und Commandeur der 17. Infant.⸗Brigade in Glogau. Graf von der Schulenburg-Beetzen⸗ dorf in Beetzendorf. Graf von der Schulenburg-Angern, Kgl. Landrath in Cölleda. Graf von der Schulenburg-Heßler in Vitzenburg. | Schulenburg, A., Amtmann in Werder b. Merſeburg. Schulter, Herm., Lehrer in Cöthen. Schultz, Adolphus, Apothekenbeſitzer in Finſterwalde. Dr. Schultz, Oscar, Gymn.⸗Lehrer in Altenburg. Schultze, Robert, Bierbrauereibeſitzer in Halle a. S. Schulze, Heinrich, Kaufm. in Merſeburg. Schulz, O., Kgl. Forſt⸗Aufſeher in Grünau i. d. Mark. Schulze, Guſtav, Lehrer in Mittenwalde, Kr. Teltow. Schulze, Hermann, Inhaber einer Zool. Handlung in Altenburg. Schulze, Wilhelm, Kaufmann in Berlin. Schulze, R., Dr. phil. in Leipzig. Schumann, Gotth., Spinnereibeſitzer in Crimmitzſchau i. S. Dr. Schumann, pract. Arzt in Zeitz. Schwanitz, Bauwerkmſtr. in Dürrenberg. Schwarzbach, E., Förſter in Ermlitz b. Schkeuditz. Graf von Schweinitz auf Alaunwerk Schwemſal. Schweißguth, Apotheker in Darmſtadt. Schwetſchke, Lieut. und Buchhändler in Halle a. S. Scarisbrick, Louis, in Hanau. Seemann, W., Lehrer in Osnabrück. Seick, Auguſt, Reſtaurateur in Graudenz. Dr. Seidel, in Braunſchweig. Semmel, Ernſt, Rittergutsbeſ. auf Schloß Berga b. Berga a. d. E. von Seydewitz, Kgl. Ober-Regierungs⸗ rath in Liegnitz. Seyffert, F., stud. forest. in Helmſtedt. Siegel, Hermann, jun., Kgl. Oberamtmann und Prem.⸗Lieut. a. D. in Freyburg a. U. Freiherr von Siegroth, Oberſtlieutenant a. D. in Berlin. Dr. Simroth, H., Oberlehrer in Leipzig Gohlis. 19 1046. 1047. 1048. 1049. 1050. 1051. 1079. Singer, G. A., Gutsbeſ. in Weißenfels. Skalweit, Kgl. Regierungs- und Bau⸗ rath in Magdeburg. Msr. Louis van der Snickt, Bruxelles. Solger, Kgl. Ober-Verwaltungsgerichts— Rath in Berlin. Graf zu Solms-Baruth auf Golßen. Sommerbrodt, Lieuten. im Feldartillerie— Rgt. v. Klauſewitz (Nr. 21) in Neuſtadt (D. S.). . Sonnenthal, Erich, in Berlin. . Sorge, H. O., Fabrikant (Firma Schütz) in Leipzig. 54. Spielberg, G., Amtmann in Helbra b. Eisleben. Staake, A., Forſtmann in Waidmanns⸗ heil b. Wurzen. . Staffelftein, Mühlenbeſ. in Weſenitz. Stahlſchmidt, Landgerichtsrath in Halle. Stacy Trampton Stallart auf Alte⸗ Burg b. Groß-Berkel. . Stalmann, Oscar Kaufm. in Gera. . Stammann, Franz G. aus Hamburg, 3. Zt. in München. Stang, Albert, Kaufm. in Gera. Dr. Staritz, prakt. Arzt in Freyburg a. U. Staubeſand, Kgl. Oberförſter in Hohen— bucko b. Schlieben. . Stedner, Guſtav, Kaufm. und Prem.⸗ Lieut. d. Reſerve iu Halle a. S. Steffenhagen, Max, Buchhändler in Merſeburg. . Dr. Stein, R., Ob.⸗Bergrath in Halle a. S. Freiherr von Stein, Hauptmann und Comp.⸗Chef im 72. Inf.⸗Rgt. in Torgau. Steinacker, Albert, in Sangerhauſen. Steinbach, Juſtiz⸗Rath in Roßla a. H. Steinbach, Amtsgerichs-Rath in Lützen. . Steinert, Eduard, Ober-Steuer-Con— troleur in Leipzig. . Steinert, Guſtav, Architect in Leipzig. Steinkamp, W., Poſtſecretär in Soeſt. Stellrecht, E., Landgerichts-Schreiber in Stuttgart „Stenz, Mich., in Düſſeldorf. Dr. Stimmel in Leipzig. röckel, Ober-Landeskultur-Gerichts— Rath in Berlin. . Dr. Stöckenius, J. ordentl. Lehrer an der höheren Bürgerſchule iu Charlotten— burg. Stölzner, Jul., Revierförſter in Wenigen— Auma bei Auma. 1080. 1081. 1082. 1083. 1084. 1085. 1086. 1087. 1088. 1089. 1090. 1091. 1092. 1093. 1094. 1095. 1096. 1097. 1098. 1099. 1100. 1101. 1102. 1103. 1104. 1105. 1106. 1107. 1108. 1109. 1110. Stoot, (Prov. Hannover). Stollberg, Fr., Buchhändler in Merſe— burg. Strauch, Adolf, Buchhalter in Unſeburg (Reg.⸗Bez. Magdeburg). Strauß, Heinrich, Kgl. Forſt-Referendar in Großalsleben in Anh. Stroh, Hofrath, Schriftführer u. Kaſſirer des Württembergiſchen Thierſchutzvereins in Stuttgart. von Stuckrad, Hauptm a. D. in Köſen. Sturm, Julius, Prof. und Geh. Kirchen: Rath, Paſtor emer. in Köſtritz. Stutzer, Theodor, Apotheker in Taucha b. Leipzig. Suchetet, Propriétaire in Rouen (Frank⸗ reich). Sültzner, Karl, burg a. S. Freiherr von der Tann, Gener.⸗Lieutn. z. D. in Augsburg. Dr. Taſchenberg, Otto, außerord. Pro— feſſor der Zoologie in Halle a. S. Teichmüller, W., Buchdruckereibeſ. in Eilenburg. Dr. Teichmüller, Bernh., Reg.-Referen⸗ dar in Erfurt. Teuthorn, Robert. in Leipzig-Eutritzſch. Thalmann, Reinh., Fabrikant in Pößneck. von Tiedemann, Major a. D. auf See⸗ heim (Bez. Poſen). Thiele, Ober-Zoll-Inſpector ſtadt i. O.⸗Schleſ. Thiele, Guſtav, Beſitzer des Bades Wittekind in Giebichenſtein (Bez. Halle). Thiele, G., Director in Körbisdorf. Thiele, Julius, in Glauchau. Thiele, H., Maurermeiſter in Cöpenick. Thienemann, G., Paſtor emer., in Kötſchenbroda. Thienemann, J., Predigtamts-Candidat in Leipzig. Thienemann, Th., Paſtor in Pehritzſch bei Jeſewitz. Thienemann L., burg a. S. 5 Thienen, H., in Berlin. Thorweſt. Guſtav, Kaufm. in Cönnern. Thurmann, Kgl. Baurath in Wittenberg. Timpe, H., Malermeiſter in Salder (Braunſchweig). Tismar, F., Bank⸗ Regiſtrator i in Berlin. iu Neu⸗ Rentier in Naum⸗ Reinhard, Kaufm. in Salzgitter Reſtaurateur in Naum⸗ 1141. 12 1113. 1114. 1115. 1116. arme 1118. 1119. 1120. 1121 1122. 1123. 1124. 1125. 1126. 41272 1128. 1129. 1130. 1130. 1132. 1133. 1134. 1135. 1136. 1137. 1138. 1139. 1140. 1141. 1142. 1143. Tittel, Lehrer, Vorſitzender des ornith. Central⸗Vereins für Sachſen und Thü⸗ ringen in Halle a. S. ö Tölle, Frdr. jun., Kaufm. in Greußen. Töpel, Albert, Kantor in Büchel bei Griefſtedt. Töpelmann, Oscar, Kaufm. in Querfurt. Töpfer, Fritz, Zimmermeiſter u. Stadt⸗ verordneter in Köſen. Tornau, Rechtsanwalt und Notar in Bitterfeld. 8 von Treſchow, Arthur, Major a. D. in Weſtend bei Charlottenburg. Dr. Tröndlin, II. Bürgermeiſter in Leipzig. von Trotha, E., Kgl. Generalmajor a. D. in Schkopau. von Trott zu Solz, Kgl. Landrath in Höchſt a. M. Victor Ritter von Tſchuſi, zu Schmid⸗ hoffen, Linz a. d. Donau (oder Villa Tännenhof b. Hallein i. Salzburg!. Tummler, Max, in Laucha a. U. Trump, A., Forſt-Aſſiſtent in Rohrbach b. Mosbach i. Schwarzw. von Tſchudi, Iwan in St. Gallen. Tuma, J., Maler in Altenbach b. Wurzen. Mr. Turton, Hugh, in London. Uhlich, Mühlenbeſ. in Merſeburg. Dr. Ulrici, G., Archidiaconus in Coburg. Underborg, Auguſt, in Hamburg. Unger, Paſtor in Coſſebau b. Seehauſen. Ungewiter, Domänenpächter in Gr. Kühren b. Reuhaus. Ungewitter, Juſtus, Leipzig. Urban, L., Architect und Maurermeiſter in Berlin. Dr. von Vaemewych, pract. Arzt in Eiſennach. Vallon, Graziano, (Italien). Vallentin, Lehrer in Großenaſpe in Schleswig⸗Holſtein. Vögler, stud. rer. nat. in Leipzig. Völkel, A. H., Kaufmann in Gera. Voigtlaender-Tetzner, R., Ritterguts⸗ beſitzer auf Roitzſch b. Wurzen. Voigtmann, G., Wurzen. Volk, J., Thiermaler in were i. B. Vorbrodt-Carpentier, C., in Zürich. Voß, Georg, Finanz⸗Rath in Gera. stud. theol. in Director in Udine Lehrer in Nemt bei 2 5 f x 5 . ’ 2 & 2 #2 29 > Freiherr Weinhold, Weiße, Hermann, 2 — 21 — von Wacquant-Geozelles, Staats, Sophienhof b. Grupenhagen (Kr. Hameln). . Wagenführ, C., Lehrer in Halberſtadt. Wahl, Karl, Herausgeber der Allg. deut— ſchen Geflügel-Zeitung ꝛc. in Leipzig. . Waizenegger, Oberſtlieutenant a. D. in Magdeburg. . Dr. von Waldhauſen, B., Regierungs⸗ Referendar in Wiesbaden. Walkhoff, F., Civil⸗Ingenieur in Magde— burg. Walter, Waldemar, Kaufmann in Berlin. Walter, Ad., Maler in Kaſſel. Walther, Theodor, Kaufm. in Kötzſchen⸗ broda. Wandrey, Alfred, Inſpector in Buchwitz (Kr. Breslau) von Wangelin, Jacobi, Königl. Forſt— meiſter in Merſeburg. von Wangelin, Lieut. und Amtsvor⸗ ſteher in Groß⸗Jena b. Naumburg a. ©. von Wangelin, Jacobi, Kgl. Oberförſter in Tornau bei Düben. Wanke, Otto, Malermeiſter in Halle a. S. 58. Warlich, Adolf, Lehrer in Gunsleben (Prov. Sachſen). Weber, Aug., Gutsbeſ. in Steuden. . Weber, R., stud. med. in Leipzig. Weber, Pfarrer i. Branderoda b. Mücheln. von Wedell, Kgl. Landrath in Eisleben. . von Wedell, Miniſter d. Königl. Hauſes in Berlin. a von Wegener⸗Linker, Kammerherr in Serkowitz, Poſtſt. Rade⸗ beul b. Dresden. Wehmeyer, Dber-Amtmann in Königs⸗ berg i. Pr. Weidlich, Otto, Kgl. Landrath u. Ritter⸗ gutsbeſitzer in Merſeburg. Weigenthaler, Adolf, Bezirksthierarzt in Starnberg i. Oberbayern. Paſtor in Petersrode bei Roitzſch. Weißflog, Eugen, Kaufmann in Gera. Weiske, A., Dr. jur., Amtsrichter in Chemnitz. Büreauvorſteher in Halle a. S. Dr. med. Weißker, Clemens, in Gera. . Welder, Bürgermeiſter in Eisleben. Weller, Clemens, Hof-Photograph in Kopenhagen. 5. Wenck, Alfred, Kaufm. in Torgau. 1176. 177. 1178. 1179. 1180. 1181. 1182. 1183. 1184. 1185. 1186. 1187. 1188. 1189. 1190. e 1192. 1193. 1194. 1195. 1196. 1197. 1198. 1199. 1200. 1201. 1202. 1203. 1204. 1205. 1206. 1207. 1208. 1209. Wendenburg, H., Gutsbeſ. in Beeſenſtedt. Wendler, Kgl. Reg.⸗Rath in Merſeburg. Wendt, Großherzogl. Forſtpraktikant in Karlsruhe i. B. Werner, A., Immobilien-Agent in Darm⸗ ſtadt. Dr. Werner, Bruno, in Grimma i. S. Werner, Emil, in Linz a. D. 1 von Werther, A., in Graz. Dr. Weſſel in Horn i. Lippe. Weßner, Paul, stud. phil. in Obercams⸗ dorf b. Jena. Wetzel, Pfarrer in Grüningen b. Greußen. Wiebke, Paul, in Hamburg. Dr. Wiepken als Director des Groß— herzogl. Muſeums in Oldenburg. Wiersdorff, Walther, Zuckerfabrikbeſ. in Wegeleben (Reg.-Bez. Magdeburg). Wieſand, Kgl. Landrath auf Zwethau bei Torgau. Wieſe, H. F., Ingenieur in Schönkirchen b Kiel, Wigand, Otto, Photograph in Zeitz. Wilbers, H., Lehrer in Nemden bei Wiſſingen (Kr. Osnabrück). Wilckens, Th., Großherzogl. Ober-Ein⸗ nehmer in Schwetzingen b. Heidelberg. Dr. Wildt, Eugen, Director der agri— cult.⸗chem. Verſuchsſtation in Poſen. Wilke, F., Kommerzienrath in Guben. Wilke, Theodor, in Guben. Willms, Max, in Würzburg. Winckler, Fr., Kgl. Landrath in Zeitz. Winckler, Rudolf, Rittergutsbeſitzer in Salſitz b. Zeitz. Winke, Ewald, Kaufm. in Gera. Wirth, Ferd., Herausgeber der Schweizer Blätter für Ornithologie in Zug. von Wißmann, Premier-Lieutenant und Adjutant im Brandenb. Jäger-Bataillon Nr. 3 in Lübben. 8 Wißmann, H., in Detmold. von Witte, Rittmeiſter a. D. u. Ritter⸗ gutsbeſ. auf Ragow b. Beeskow. Wölfel, Rechtsanwalt in Merſeburg. Dr. Wolff, Geheimer Medicinal-Rath in Merſeburg. Wolff, R., Mechaniker und Optiker in Delitzſch. von Wolffersdorff, E., Oberſt-Lieut. a. D. in Sondershauſen. von Wolffersdorff, Fürſtlicher Hof— jägermeiſter in Sondershauſen. 1210. 1211. 1212, 1213. 1214. 1215. 1216. 1217. 1218. 1219. 1220. 1221. Wolf, I Verſ.⸗Comm. in Merſeburg. Wolſchke, O., Privatier i. Annaberg i. S. Woltersdorff, L., in Chicago. Woytaſch, Erſter Staats-Anwalt Kiel. Wülker, Lehrer in Leopoldsthal b. Horn i. Lippe. Wünſche, Ernſt, Waldwärter in Schmilka b. Schandau. Würth, L., Kaufm. in Würzburg. von Wulffen, Rittergutsbeſ. in Wiederau b. Uebigau. Zech, Leonhard, Lehrer an der Ober— Realſchule zu Halberſtadt. Zehe, H., Kgl. Oeconomierath in Wengels— dorf b. Corbetha. Zeitz, Hermann, Gutsbeſ. in Knapendorf b. Merſeburg. Zeyß, Auguſt, Mihla. in Lehrer in Lauterbach bei 22 1222. 1223. 1224. 1225. 12255. 1227. 1228. 1229. 1230. 1231. 1232. von Ziegler und Klipphauſen, Wolf, stud. theol. in Wunſtorf (Pr. Hannover). Ziemer, Ewald, auf Klein⸗-Reichow bei Podewils (Prov. Pommern). 2 | Ziller, Agathon, Cantor in Etzleben bei } Heldrungen. * von Zimmermann, Max, Kgl. Amts⸗ rath in Benkendorf b. Delitz a. B. Zimmermann, Curt, Rittergutsbeſ. auf Niſchwitz b. Wurzen. Zimmermann, A., Lieut. und Ritter⸗ gutsbeſ. in Salzmünde. von Zimmermann, Hauptmann in der 9. Gendarmerie-Brigade in Schleswig. Zimmermann, Rudolf. Bezirks-Siechen⸗ haus⸗Inſpector in Taucha bei Leipzig. Dr. Zimmermann, Ernſt, Hilfsgeologe in Berlin. Zöllner, Max, Kaufmann in Graudenz. Zſchimmer, Inſpector in Halle a. S. * 1. 0 — UV RN N „ © 4 * n 9 0 4 9 7 N > en Us: > ui R / j f U * — — IN 1 U — N N W / \ f f 3 N NEN { 2 \ f \ r 3 e = AN, - a — 8 PEN FR ke - . N r 8 ei. 8 N E E N N 2 4 1 \ 1 1 — * 7 7 eT * 3 5 * 8 0 — 8 N 5 N ss IR > 2 } 78 | Sr u 6 ; N N — 7 8 9 — 7 89 0 5 4 888 N 8 f 7 f / 1 A * 8 1 7 2 7 > \ 1 4 1 8 UN N ' were SE — N uw 5 >73 . 322 m eee > - * > Ä DD I 4 FIN INA PATE NR S guy! * N 2 . | v e . 9 11 : A u SUISSE JE M Es vv 8 N 5 8 e * Io Yu * „ess 1 6 j vo = 0 SLH Y r ww eee 1 N vn \ 4 3 SN Y 9 VUNSUSST Yu \ Ya A N) v w un * EN Vu er 8 we e v N N 2 N Sees 2 N > un As Mee — wu TERN vor 5 v vuv vv un, Ko Wi NN A VE. ae v * 325 535 2 esse “u ON Y 9 vu Mu wu nr v 2 Nee 585 6 ER: NASLAA a AanNAN."\FW Ar Nm | SIERT ER ARA . Aare 8 N N 41 * j T / / 5 9385 AR Tu ai \ 4 N \ . N. N J a 6 5 Y 2 5 180 5 1 A 7 4 ! er! | 75 95 * n 5 W 22 N Nen . N m Dann \ A, N AN { } / a Fl I \ ' } | | AR N N 1 8 ! ( . 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