N TTS FSS Sc TGS:G IN SITE RER NR N N r 8 \ RRÜRÜIS N eee ee, 3 2 — 2 72 Hr 2 RER eee eee. —— 8 IN IN Sn N N N J N \ N N REES ER! 7 % 25 ,, — ä — - —— 3 (SMITHSONIAN DEPOSIT.) Chap. Shelf UNITED STATES OF Lime ERICA. || AM NH WEN — — 0 N 0 N 05 ö f e \ ii 0 N N N 8 5 RR , \ N S N Ben Va} r m, N 8 BR = S N EN KR) 5 En ER N S 8 8 SA zn N 8 UK RE N x N N S n N x 3 I N tes nende R 3 8 8 Y N N IS s TER S A 105 950 * 7 7 75 i } Division of Birda 119% il 0 8 41¹ Bi en N p S S S S S S RU IKRURRUıOOUımıOıOıQOQOıOURUUU«—n: des Deutſchen Vereins zum chutze der Vogel begründet unter Redaction von E. v. Schle redigirt von Hofrath Prof. Dr. Liebe, Dr. Rey, Dr. Frenzel, Steuer⸗Inſpector Thiele. Elfter Band. Jahrgang 1886. Merſeburg, Gera und Halle a. S Im Selbſtverlage des Vereins. - & 119 le 1. Bereinsangelegenbeiten. An die Vereinsmitglieder Neu beigetretene Mitglieder Einladung zur Generalverſammlung Protokoll betreffend die Generalverſammlung Einladung zur Monatsverſammlung : Protokoll betreffend die Monatsverſammlungen Glück auf! Stimmen über 1 Vogelbild Zur Vogelſchutzfrage Eingegangene Geſchenke . 2. Größere Auf ſätze. Ornithologiſche Skizzen von K. Th. Liebe: IX. Der Zeimer (Turdus pilaris). Mit Buntbild. X. Die Weindroſſel (Turdus iliacus). Mit Buntbild XI. Die Zippdroſſel (Turdus musicus). Mit Buntbild 3. 81. 25. 52. 139. 140. 140. 164. Seite 163. 251 222. 310 3 49 219. 256 250. 306 Beobachtungen über den Herbſtzug der Vögel in der Umgegend von e für das Jahr 1885. Von Baurath Pietſch Beobachtungsnotizen aus dem vorigen Jahrhundert. Zuſammengeſtellt von P. ee 9 n Bemerkungen zu dem Artikel über Pratincola rubicola von H. Schacht. Verhinderung der Sterblichkeit unter den Graupapageien. Von A. v. Werther in Budapeſt . 15 Einzelnotizen aus meinem ornithologiſchen Taſchenbuch. Von F. Lindner I. Noch ein Wort von den Schwalben. Von G. Thienemann jun. Noch eine Erinnerung an den Mannsfelder See und ſeine Umgebung. Von 8. En Haus: und Rauchſchwalben. Von C. von Schlechtendal Beitrag zur Kenntniß der Miſteldroſſel. Von A. v. d. S. Die Epidemie unter den Silbermöven (Larus argentatus) auf den ofen Norbfeeinfeltn, Von Edmund Pfannenſchmid in Emden Hat der Vogel Zähne? Von Martin Bräß (Mit lch ien Der Wanderfalk (Falco peregrinus). Von H. Ochs Beobachtungen über den Frühjahrs- und Herbſtzug, ſowie Brutgeſchäfte der Vögel in Mittel⸗ ſchleſien für das Jahr 1885. Von A. Richter Von H. Ochs Das Abholzen der Uferwände in Beziehung zu unſerer Vogelwelt. Von Dr A. Schley Das Verſchwinden der Nachtigall. Von A. Grobe Ein Beitrag zu dem Artikel „Die Uebelthäter in der Vogelwelt“. Von A. Töpel . Baurath Pietſch an K. Th. Liebe. Briefliche Mittheilung. 153 37 41 52 55 60 66 67 71 , In Erbach bei Ulm im Donauthal vorkommende Vögel. Von Freifrau von Ulm: 1 Eugen von Boeck J. Von Wilh. Blafius 5 e Neue Paradiesvögel von Neu-Guinea. Von A. B. Meyer Mit Buntbild. Ornithologiſche Mittheilungen von Robert Freſenius Der Kloben. Von A. Schillbach Neue Geſichtspunkte betreffs Aurikelfraß. Von Major Ale N von 60 909005 Aus meiner Vogelſtube. Von A. Frenzel: 34. Pfäffchen . 5 5 5 : . 5 35. Volatinia jacarina . 0 36. Conurus leucotis | Die Kleinvögel auf der erſten Vogeltafel des Deutſchen Vereins m Su der Beglt, Bon K. Th. Liebe und M. Allihn N 5 Die ornithologiſche Ausſtellung zu Wien im Jahre 1886. Von A. v. Pel en Bekaſſinenjagd in Nordamerika. Aus dem Anglo-Amerikaniſchen des G. B. Grinnell 1 von Paul Leverkühn 5 5 Ornithologiſcher Rückblick auf den Winter 1885—86. Von Karl 9 2 Die Vogelwelt meines Gartens. Von Viet. Ritter von Tſchuſi zu Schmidhoffen Beobachtungen über den Frühjahrszug der Vögel in der Umgegend von Torgau für das Jahr 1886. Von Baurath Pietſch ; Ornithologiſche Mittheilungen aus der Umgegend von 9 Von Karl vl ban I. Frühjahrsbeobachtungen 0 II. Beobachtungen während der Brutzeit I im Mai ia Juni g Das Verſchwinden der Nachtigall in Roitzſch betreffend. Von Baurath Pietſch Die Tragödien der Neſter. Aus dem Amerikano-Engliſchen Se und mit Zuſätzen verfehen von Paul Leverfühn. 5 Geflügel- und Vogelausſtellung des e Vereins in 0 Von Major Alexander von Homeyer. 2 5 ; 5 R . 5 8 Einiges über unſere Krähen. Von Dr. F. Rudow Das Federkleid der Vögel. Von Martin Ne I. i II. (Mit Tertholzſchnitt) ; 3 ; \ 3 , 5 . a Der Stammbaum unſerer Vögel. Vortrag, gehalten im Verein „Torga“ zu Torgau von G. Scheidemantel Ornithologiſche Exkurſionen im Frühling 1886. 50050 1 ee I. II. III. 211. 256 286. Der Zug der Vögel im Frühjahr 1886. Von H. Schacht Beiträge zur Baſtardzucht. Von Hans von Bafedow. N A 0 Ein Rundgang durch meinen Garten an einem Juni-Morgen 1886. Von A. Richter Notizen aus Oftfriesland. Von E. Pfannenſchmid 5 \ . : Ornithologiſche Skizzen aus Argentinien. Von A. Goering. IV. (Mit Abbildung) Die Hautmuskeln der Vögel. Von F. Helm. I.. ; . 0 5 5 ; 19 Ornithologiſche Notizen. Von Dr. Ferd. Rudow Kuckuck und Kanarienvogel. Von Pfarrer C. Ilſe Etwas über Mehlwürmerzucht. Von Fürchtegott „ Melanocorypha tartarica, Pall. Von Ernſt Schauer Baſtardzüchtungen II. Von Dr. Franken 0 Neue Einführungen. Von A. Frenzel ; 0 5 Ein Ausflug nach Halberſtadt. Von Guſtav eee 1 3. Kleinere Mittheilungen. Frühlingsboten. Von H. Schacht 5 1 ; 3 5 5 . Akklimatiſition des Inambuhuhns. Von K. Th. Liebe . 9 . f N Seite Zei 83 85 88 93 94 100 101 304 105 141 144 158 165 175 178 228 181 187 202 205 206 223 232 322 264 268 269 279 284 295 337 303 315 317 335 343 344 346 Blutlausvertilger. Von K. Th. Liebe. Feinde der Höhlenbrüter. Von A. W. 5 Der Mauerläufer in Deutſchland. Von 5 Sripnn Staare. Von F. Öräßner . Vogelausſtellung Sperberfang. Von H. Sen ea »BuDE . : Ein auf der Straße 81 Kuckucksei. Von A. W. Sperber und Hermelin. Von F. Gräß nere. Raubwürger (L. excubitor). Von H. Schacht Weiße Bachſtelzen. Von Baurath Pietſch Die weiße Bachſtelze. Von K. Th. Liebe l Herr Dr. Meißner in Wanne an Baurath Pietſch . Sammetente. Von C. Krezſchmar 5 Der Tannenheher. Von Dr. Köpert 5 Ein Vogelzug von ungeheurer Ausdehnung. Von W. 5 Das Winterwetter. Von K. Th. Liebe ; Aufgefundener todter Goldadler. Von Baurath Pietſch Zur Schädlichkeit des Sperlings. Von H. Ochs Der März von 1886. Von Edm. Pfannenſchmid 5 Aus brieflichen Mittheilungen an K. Th. Liebe. Von H. Ochs Der Zeiſig als Jongleur. Von K. Th. Liebe - : Eingewöhnung von Goldhähnchen. Von Fr. Lindner . Seltenes Auftreten des Kuckucks. Von K. Th. Liebe Etwas vom Kanarienvogel. Von Dr. R. : . 5 i Ein Beiſpiel großer Zutraulichkeit der Amſel. Von Dr. Köpert Das Paarleben der Vögel. Von F. L. 5 } Albino vom Fitis. Von K. Th. Liebe Albino des Gartenſpötters. Von K. Th. Liebe Merkwürdige Erſcheinung. Von Dr. Karl Müller Cuculus-Ei neben 5 Lanius exeubitor-&iern. Von Ad. Walter Staar und Segler. Von Ad. Walter . Ein zahmer Waldkauz. Von C. H. i Anthus arboreus. Von F. Lindner, stück. 11601 Aus einem Brief an K. Th. Liebe. Von von Wangelin. Schädigung der Vogelwelt durch Hochwaſſer. Von C. Krezſchmar Einige kleinere Mittheilungen. Von Dr. F. Rudow Nachahmung der Wachtelrufe von einer Singdroſſel. Von W. an 19 Erlebniß einer jungen Schwalbe. Von H. Ahenwall . Ein zudringlicher Zeiſig. Von H. Schacht Kuckuck. Von Georg Barthell Kleinere Mittheilungen vom Harze. Von R. Gens Die Sumpffänger in der Umgebung von Gera. Von K. Th. hr Unverträglichfeit der Amſeln. Von H. Achenwall Junge von Gebirgsloris . - Das Seltenerwerden der Wachtel. Bon F. Does : Der Steinröthel in der Rheinpfalz. Von F. Öräßner . Der Kuckuck 5 ; ; : 5 Beobachtungen aus der oe Von Dr. Ferd. Rudow Ein kühner Hänfling. Von H. Schacht 5 Vom Nordharz. Von Dr. Ferd. Rudow 5 5 : Auffallendes Benehmen eines Schwalbenpaares. Von A. Fiſcher Seite 22 22 23 23 23 45 46 46 47 76 77 77 It U 78 78 103 103 103 137 160 161 184 185 214 214 215 215 215 215 216 216 216 217 217 217 247 248 249 249 249 279 281 282 282 304 304 305 305 305 347 347 a Abnormes Singdroſſelei. Von Lev. Anſteckung der Hühner durch Menſchen Anfrage. Von Hermann Kyſchky 4. Litterariſches. Zoologiſcher Garten (K. Th. Liebe) Kalender für Vogelliebhaber von Friedr. Arnold (K. Th. no Kalender für Vogelliebhaber von Friedr. Arnold (K. Th. Liebe) — 5. Eingegangene Geſchenke. S. 250. 306. 349. 6. Anzeigen. S. 23. 47. 79. 104. 138. 162 186. 218. 250. 282 06 350. Der Vorſtand Seite 348 349 349 47 249 306 des „Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt“ iſt zur Zeit zuſammengeſetz wie folgt: Ehrenvorſitzender: Herr Regierungs-Präſident von Dieſt in Merſeburg. Erſter Vorſitzender: Herr Forſtmeiſter von Wangelin in Merſeburg. Zweiter Vorſitzender: Herr Hofrath Profeſſor Dr. K. Th. Liebe in Gera. Erſter Schriftführer: Herr Steuerinſpector Thiele in Halle a. S. Zweiter Schriftführer: Herr Dr. Taſchenberg, Privatdocent a. d. Univ. in Halle a. S. Beiſitzer: Herr Landrath Graf von der Schulenburg-Angern in Cölleda. 75 77 77 Oberſt a. D. und Director des Provinzial-Muſeums von Borries in Halle a. S. Rittergutsbeſitzer Dr. Dieck in Zöſchen bei Merſeburg. Dr. Eugen Rey, Naturalienhändler in Leipzig. Hüttenchemiker Dr. Frenzel in Freiberg i. S. Oberförſter von Rieſenthal in Charlottenburg. Paſtor Max Allihn in Athenſtedt, Kreis Halberſtadt. Baron Eugen von Homeyer in Stolp i. Pommern. 0 fg ft Hi "il IN" | „hair 2 Ae n —_ — Q nr BET zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. e 1 an nn Redigirt von a e NL ; Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ d lten dafür di 5 ; ; le inentgr lich hoffen, Prof. Dr. Liebe, der finden koſtenfreie Aufnahme, n ann 1356 in Dr. Ney, Dr. Frenzel f ſoweit der Raum es geſtattet. anten des Vereins Herrn Kanzli 5 f 4 a Rohmer in Zeitz erbeten. 5 Str. „Inſp. Thiele. Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark XI. Jahrgang. Januar 1886. Nr. 1. Inhalt: Ein herzlich gemeintes, fröhliches Glückauf allen den geehrten Mitgliedern. — Vereinsangelegenheiten. An die geehrten Vereinsmitglieder. — Th. Th.: Glück auf! K. Th. Liebe: Ornithologiſche Skizzen: IX. Der Zeimer (Turdus pilaris) (mit Abbildung). Baurath Pietſch: Beobachtungen über den Herbſtzug der Vögel in der Umgegend von Torgau für das Jahr 1885. P. Leverkühn: Beobachtungsnotizen aus dem vorigen Jahrhundert. H. Ochs: Bemerkungen zu dem Artikel über Pratincola rubicola von H. Schacht. A. v. Werther: Verhinderung der Sterb⸗ lichkeit unter den Graupapageien. F. Lindner: Einzelnotizen aus meinem ornithologiſchen Taſchen⸗ buch. I. G. Thienemann jun.: Noch ein Wort von den Schwalben. — Kleinere Mitthei⸗ lungen: Frühlingsboten. Acclimatiſation des Inambuhuhns. Blutlausvertilger. Feinde der Höhlenbrüter. Der Mauerläufer in Deutſchland. Staare. Vogelausſtellungen. — Anzeigen. Ein ſierzlich gemeintes, fröhliches Glückauf allen den geehrten Mitgliedern. Ein Jahr iſt wieder dahingegangen! Eine lange Zeit gegenüber der Arbeit und Sorge um den Verein, eine kurze gegenüber den Prinzipien und Beſtrebungen 1 Be. Olpe des Vereins! Der Anfang des Jahres brachte keine ſonnigen Tage, und wenn wir damals auch die geehrten Mitglieder mit der Zuverſicht begrüßten, welche die Ueber⸗ zeugung von der Wahrheit der Vereinsprinzipien und von der Richtigkeit ſeines Strebens einflößen muß, ſo vermochten wir bei alledem damals nicht, die Sorge zu verheimlichen und die Bedenken zu verſchweigen, welche die harten Verluſte des inzwiſchen ſo groß gewordenen Vereins in uns erregen mußten. Das Jahr iſt vorüber, und wir haben Urſache aus vollem Herzen dem droben zu danken, der unſere gefiederten Schützlinge ebenſo wie uns ſelbſt geſchaffen hat und behütet. Die Zahl der Vereinsglieder hat ſich in ihrer Höhe erhalten und ſeine Wirkſamkeit durch die Monatsſchrift, wie durch die Verhandlungen auf den Verſammlungen und durch die Korreſpondenzen hat allenthalben Erfolge gehabt und von den verſchiedenſten Seiten her Anerkennung gefunden. I | Eine wichtige Erbſchaft des Vorjahres war im eben verfloſſenen Jahre die Herſtellung des großen Vogelbildes, welches Herr Profeſſor Göring unter Beirath einer Anzahl bewährter Ornithologen entworfen hatte. Dasſelbe ward vor Drei- vierteljahren auf Stein übertragen und zwar auf 60 Platten. Seit jener Zeit find zwei Schnellpreſſen unausgeſetzt mit dem Druck beſchäftigt, und hoffen wir, daß die Fertigſtellung bis April ermöglicht wird. Der begleitende Text iſt ebenfalls zum Druck fertig geſtellt. Bis jetzt hat der Verein für die Herſtellung des Bildes dritt⸗ halb tauſend Mark ausgegeben; weit größer iſt natürlich noch die Summe, die weiterhin noch dafür auszugeben iſt. Unter ſolchen Umſtänden hielten wir es für geboten, die Hefte unſerer Monatsſchrift nicht eher mit den, wie die geehrten Vereins⸗ mitglieder aus Thienemanns Berichten ſich erinnern, recht koſtſpieligen Buntbildern zu zieren, als bis wir überſehen konnten, daß die Einnahmen des Vereins ſich auf der gewünſchten notwendigen Höhe erhalten würden. Leider verzögerte ſich, als wir gegen Ende des Jahres unſere finanzielle Lage unter Berückſichtigung der oben er⸗ wähnten großen Ausgabe mit Befriedigung überblicken konnten, die Herſtellung der Buntbilder durch allerhand unvorhergeſehene und unvermeidliche Schwierigkeiten, ſo daß der Jahrgang 1885 nur zwei Schwarzbilder bringen konnte. Dafür werden nun gleich zu Anfang des Jahres 1886 vier Buntbilder beigegeben werden, — Ab— bildungen von unſeren vier Droſſelarten, welche Herr Mützel bei Herrn K. Th. Liebe nach prächtig gehaltenen lebenden Modellen gemalt und auf Stein gezeichnet hatte, und welche jetzt in der Offizin des Herrn Fiſcher durch Druck vervielfältigt werden. Es wird den Vereinsgenoſſen willkommen ſein, wenn ſie raſch hinter ein⸗ ander erſcheinende Portraits dieſer vier bei den Debatten um die Dohnenſtieg⸗ und Vogelherdfrage ſo oft genannten Krammetsvögel vergleichen können. So wollen wir heiteren Muthes in das neue Jahr eintreten. Möge das Wandbild ſo gut ausfallen, wie der Anfang und Fortgang der Arbeit es bis jetzt | 0 3 verſpricht und wie es den Wünſchen aller billig urtheilenden Menſchen entſprechen ſoll! Möge es in kurzer Friſt als eine Segensgabe, als ein Talismann für Vogel⸗ kenntniß und Vogelſchutz, hinüber wandern in die Volksſchule wie in das Familien⸗ zimmer! Und der Verein ſelbſt — mag er ſich kräftig weiter entwickeln und ſich mehren! Wenn jeder von uns daran denkt, daß, je größer unſere Zahl, wir um jo mehr leiſten können zum Beſten der Vogelwelt und zum Beſten der wahren Hu⸗ manität, dann kann es nicht fehlen, daß wir alle, ein Jeder in ſeinem Kreiſe, durch aufklärendes Geſpräch und belehrende Beweiſe Anhänger und Freunde gewinnen für unſeren Verein und ſeine idealen Zwecke. Der Vereins vorſtand. von Goldbeck. Vereinsangelegenheiten. Am 27. Februar findet im „Gaſthof zum Goldenen Arm“ zu Merſeburg Abends 7½ Uhr die erſte diesjährige Generalverſammlung d. D. V. z. Sch. d. V. ſtatt, in welcher Herr Profeſſor Dr. Brauns aus Halle die Güte haben wird, über ſeine Beobachtungen der Vogelwelt in Japan Vortrag zu halten. f Der Vereins vorſtand. von Goldbeck. An die geefirken Dereinsmifglieder. Durch ein Verſehen der Redaction iſt im Mitglieder⸗Verzeichniß Herr Major Alexander von Homeyer nicht unter den „außerordentlichen und korreſpondiren⸗ den“ Mitgliedern aufgeführt, ſondern unter den „ordentlichen“ an Vergl. Jahrg. 1884, S. 261. Wir bitten das ſpäte Erſcheinen dieſer Nummer freundlichſt entſchuldigen zu wollen: Die beigegebene Abbildung konnte nicht eher fertig geſtellt werden. Die Redaction. Glück auf! Zum Neuen Jahr ein friſch Beginnen, Wie wir's am Schwalbenpaar erſchaun, Das, zog es noch ſo weit von hinnen, Wir ſehn am neuen Neſte baun! Zum Neuen Jahr ein friſches Mahnen, Zu achten auf der Vögel Heer, u Das unter'm Himmel jeine Bahnen Noch zieht zu all' der Menſchen Lehr’!*) Zum Neuen Jahr ein friſches Singen, Dem welſchen Sport zu ſtetem Trutz. Zum Neuen Jahr ein friſch Gelingen: „Glück auf, du deutſcher Vogelſchutz!“ c Th. Th. Ornithologiſche Skizzen. Von K. Th. Liebe. IX. Der Zeimer (Turdus pilaris). (Mit Abbildung.) Innerhalb der Familie der Droſſelvögel nehmen die eigentlichen Droſſeln oder Walddroſſeln, die Arten des Geſchlechts Turdus, den hervorragendſten Platz ein hinſichtlich der Artenzahl ſowohl, als auch hinſichtlich der geographiſchen Ver⸗ breitung. Unſere Mutterſprache benennt alle vier bei uns einheimiſchen Arten mit | dem gemeinſchaftlichen Namen „Droſſeln“ oder auch mit dem halbſlaviſchen Namen „Krammetsvögel“, obwohl der zuletzt genannte Name in verſchiedenen Gegenden auch ſpeziell nur der einen Art Turdus pilaris zuerkannt wird. Letztere heißt in dem mittleren Deutſchland „Zeimer“, an vielen anderen Orten vom Lockruf „Schacker“ und „Schommer“, in neuerer Zeit vielerorts auch „Wachholderdroſſel.“ Dieſer Name dürfte, ſo bezeichnend er auch iſt, da der Zeimer gern Wachholderbeeren naſcht, offenbar ein gemachter Name ſein, denn er dringt erſt in neuerer Zeit aus den Büchern und aus der Schule in die lebende Volksſprache ein. In Oſtthüringen waren die Zeimer im Anfang dieſes Jahrhunderts bis zum Jahre 1832 nur als Durchzügler, als Beſucher der Vogelherde, bekannt und beliebt, nicht aber als Brutvögel. Gerade hierüber habe ich die ſorgfältigſten Unterſuchungen | angeftellt. Ich habe von 1861 ab lange Zeit hindurch nicht nur alle noch vor: handenen Tagebücher, Jagdberichte und Correſpondenzen verglichen, die ſich hierauf beziehen konnten, ſondern ich habe auch alle die alten Förſter und Forſtläufer, alle | die alten Herren eingehend befragt, welche ſich in ihrer Jugend eifrigit in Meiſen⸗ hütte und Dohnenſtieg, am Vogelherd und an der Tränke in ſcharfer Beobachtung der Vögel eingeübt hatten. Als Brutvögel find fie in Nordoſtthüringen erſt ſeit 1832 und in Südoſtthüringen ſeit 1853 eingewandert und haben als ſolche ſich ) Vergl. Matth. 6, 26. ER . . iel. Anst.von It. Al see, Cassel. (@r.Mützel gem. | 5 . Ar Der Zeimer, Turdus pilaris. Da hier jo vermehrt, daß fie jeit 15 Jahren an Häufigkeit kaum den Amſeln etwas nachſtehen. — Ob ſie im vorigen Jahrhundert oder früher in Oſtthüringen viel⸗ leicht auch ſchon einzeln oder zahlreicher gebrütet haben, darüber konnte ich nichts irgend Gewiſſes erkunden. Vater Bechſtein erwähnt nichts davon; Naumann berichtet ſpäter (1820), ſie brüte in Skandinavien, Sibirien, Rußland, Polen; Brehm, der Vater, erwähnt (1831), ſie niſteten hier und da in Deutſchland und hebt als beſonders merkwürdig einen neuen, ihm näher gelegenen Brutplatz bei Ahlsdorf unweit Herzberg hervor.“) Ich erwähne dieſe Umſtände um des willen, weil ſich neuerdings vielfache Debatten entſponnen haben, indem die einen Vogelkundigen in dieſem jetzt ſo häufig gewordenen Brüten des Zeimers in Deutſchland nur ein „Strohmern“, ein Ergebniß ſeiner Zigeunernatur ſehen und behaupten, er habe von je bald da bald dort in Deutſchland in größerer Zahl gebrütet oder gefehlt, während die anderen in dieſer Erſcheinung eine wirkliche „Einwanderung“ eines früher Deutſchland nicht angehöri⸗ gen Vogels erblicken.“) Ich denke, wir betheiligen uns bei dieſen wichtigen De: batten hier nicht weiter, denn es iſt gar ſchwer, ein Urtheil zu fällen, wo man ſich auf ornithologiſche Beobachtungen aus den zurückliegenden Jahrhunderten ſtützen muß. Meine Erfahrungen und Unterſuchungen beſchränken ſich auf Oſtthüringen und auf die kurze Zeit bis zurück zum Beginn dieſes Jahrhunderts, und es ſteht ihnen gegenüber der nicht wegzuleugnende Hang der Zeimer zu zigeunerhaftem Umhertreiben. Vielleicht bringt die Zukunft recht bald reicheres Beweismaterial für die eine oder die andere Anſicht, denn tüchtige Ornithologen widmen in neueſter Zeit auch der geſchichtlichen Seite der Ornithologie eindringende, mühſame Studien. Der Zeimer iſt unter unſeren europäischen Droſſelvögeln entſchieden der ge⸗ jelligite: Nicht bloß zur Strich und Zugzeit hält er ſich in ſtarken Flügen zuſammen, ſondern es niſten auch die Paare nicht gern einzeln, ſondern lieber in Kolonien beiſammen und namentlich ſind es die friſch eingewanderten, an ihrer geringen Menſchenſcheu leicht kenntlichen Paare, welche ſtarke Kolonien bilden. Solche neue Koloniſten, welche ihre nordiſche Heimath mit unſerer mitteldeutſchen vertauſchen ) Aus der Litteratur über dieſen Gegenſtand führe ich noch an: A. von Homeyer, „Die Wachholderdroſſel“ in Mitth. d. Ornith. V. in Wien 1885, p. 8, und E. F. von Homeyer, „Ueber Turdus pilaris“, daſelbſt 1885, p. 259, auch K. Th. Liebe, „Die Brutvögel Oſtthüringens“ p. 5 und in Cabanis Journ. f. Ornith. 1878 ꝛc. *) Als Beiſpiel für Zigeunervögel nenne ich die Kreuzſchnäbel, deren Horden plötzlich in unſern Wäldern erſcheinen und nach einem Aufenthalt von einem bis drei Jahren vollſtändig ver⸗ ſchwinden, um vielleicht in Sibirien eine ebenſo kurze Zeit zu domiciliren. Das Hausröthel da— gegen iſt ein in Einwanderung begriffener Vogel: es hat ſein Wohngebiet ſeit anderthalb hundert Jahren über die Alpen herüber ganz allmählig immer weiter nordwärts über Mitteldeutſchland, Norddeutſchland, dann über Holland und England, ſpäter auch über Irland und Schweden, zuletzt über die Orkneys ausgedehnt. . wollen, ſuchen ſich am liebſten ein vor zwei oder drei Jahren abgetriebenes Buſch⸗ holz mit einzelnen überſtehenden größeren Eichen und Fichten aus. Nach dem Vorhandenſein von Birken, in denen ſie im Norden niſten ſollen, fragen ſie bei uns gar nicht. Hier verſammeln ſie ſich ſchon im März oder April täglich früh Morgens, über Mittag und am Abend. Hier halten ſie in den Baumwipfeln eine Art Geſpräch, indem einzelne kurz schäck, schäck rufen, und die anderen von demſelben und von den benachbarten Bäumen aus antworten. Dann ſchieben die Männchen in das Geplauder eine Menge nicht ſehr lauter zirpender und ſchnarren⸗ der Laute ein, wie schirr oder skirr oder sirrr und ähnliche, und das iſt ihr aller- dings ſehr anſpruchsloſer Geſang. Sitzen noch eine Anzahl Vögel auf zu weit ab⸗ ſeits gelegenen Bäumen, ſo rufen die Führer des Haupttrupps dieſe mit einem hellen ſcharfen krrikrri heran. Droht eine Gefahr, jo wird das schack raſch vier bis ſieben Mal hervorgeſtoßen, und ebenſo geben die Führer dieſes Signal, wenn der Schwarm abzieht hinunter auf die Thalwieſe oder hinüber auf das Stoppel⸗ kleefeld. Hier in Wieſe und Kleefeld gehen ſie auf die Weide und ziehen wie die Staare, die ſich bei dieſer Thätigkeit oft genug zu ihnen geſellen, unter den ab⸗ geſtorbenen Grasblättern und unter dem jung ſproſſenden Grün Regenwürmer, Schnecken, Engerlinge und überhaupt allerhand Larven von Kerbthieren hervor, um ihren ſtets regen guten Appetit zu ſtillen. Werden ſie dabei geſtört, dann ſtreichen ſie einzeln tief am Boden hin dem nächſten Gehölz zu; weiden ſie aber mit Staaren zuſammen, dann ſtürmen ſie mit ihnen alle zugleich in die Höhe, fliegen eine kurze Strecke unter ihnen weiter und ſchwenken dann plötzlich, wie auf Kommando, aus der Staarenſchaar heraus irgend einem ſicheren Plätzchen in einer Baumgruppe zu. Auf dem Waldboden ſieht man ſie jetzt vor der Niſtzeit niemals. Später als unſere anderen Droſſelvögel, meiſt erſt nach Anfang und bis⸗ weilen ſogar nach Mitte Mai, ſchreiten dieſe Zeimer zum Niſten. Neben dem Stamm in dem Aſtquirl einer Fichte oder hart am Stamm im Stammausſchlag einer abgeäſtet geweſenen Eiche legen ſie ihren Bau an, der aus dürren Labkraut⸗ ſtengeln, Würzelchen, Hälmchen und ein wenig Moos aufgeführt iſt, ohne innen mit anderem, — oft ſogar ohne inwendig mit demſelben, aber feinerem Material ausgelegt zu ſein. Dafür iſt im ganzen Bau lehmige Erde eingeknetet und zwar um ſo mehr, je älter das niſtende Paar iſt, was man bei dem leichten Vergleich mit den Nachbarthieren an den theils dunkleren, theils lebhafteren Tönen aller Farben ihres Kleides erkennen kann. Bei extremer Entwicklung dieſes Bauſtyles, d. h. bei ganz alten Vögeln iſt das Neſt geradezu ein mit Würzelchen, Stengeln, und Grasblättern durchwebter Lehmbau, der in Wind und Wetter ausgezeichnet gut ſteht, weil die Vögel den Lehm vorher mit ihrem klebrigen Speichel durchfeuchtet haben. Dahinein legen ſie 5, auch nur 4 Eier, welche ſpangrün mit verwaſchenen mn braunröthlichen und graubräunlichen Punkten beſetzt, den Eiern der Amſeln ſehr ähnlich aber etwas kleiner ſind. Die Weibchen brüten ſehr feſt, und während der Zeit beſchränken die Männchen die Ausflüge auf die Weide auf das kleinſte Maaß. Ihre Anweſenheit iſt aber auch ſehr nothwendig, denn oft genug nahen Krähen und Nußhäher und fliegen lautlos ſpähend durchs Gehölz, oder es ziehen Buſſarde, Weſpenbuſſarde, Milane oder auch die den Thieren eigentlich ungefährlichen Blau⸗ fußfalken langſam gegen das Wäldchen heran. Sofort erhebt ſich ein betäubender Lärm, und ich muß den Muth bewundern, mit dem ſich die Männchen eingedenk, daß Einheit ſtark macht, auf die Feinde ſtürzen. Das ſchackert und ſchrillt durch— einander! Geſchloſſen vorgehend und die wunderbarſten Bogen beſchreibend, um⸗ toben ſie heldenhaft die um ſo viel beſſer bewehrten und ſtärkeren Räuber, ſuchen ihnen die Höhe abzugewinnen, ſtoßen auf ſie von oben nieder, bringen es auch wohl ſo weit, daß ſie ein Federchen ausrupfen. Verdrießlich ob ſolcher Störung ziehen die Räuber regelmäßig ab, — am langſamſten noch und am widerwilligſten die Nußhäher. Auf Sperber und Habichte habe ich die Vertheidiger ſolcher Brut- kolonien nie ſtoßen ſehen; dieſe ſowie einen Baumfalken, den ich in einer ſolchen Situation ſah, ſchrieen fie aus ſicherem, von dem brütenden Weibchen abſeits ge: legenem Verſteck in der Waldliſiere nur mit vorſichtiger Energie an. Wanderfalken hatte ich noch nicht Gelegenheit, in der Nähe ſolcher Anſiedelungen zu beobachten. Die Thurmfalken hingegen greifen ſie ſofort an, aber nicht ſo umſtändlich und in voller Zahl wie die anderen Räuber: meiſt nur zu dreien, vieren etwa.“) Dieſer Muth nimmt uns für die Zeimer ſehr ein, und zwar um ſo mehr, als ſie anderen ſchwächeren Vögeln gegenüber, im Gegenſatz zu den anderen Droſſeln (in der Ge⸗ fangenſchaft), außerordentlich friedfertig und geduldig ſind. Nachdem die Jungen ausgeflogen, ziehen ſie eine kurze Zeitlang mit den Alten von ihrem Heimathwäldchen aus täglich mehrmals zur Weide auf Wieſe und Feld. Nach wenig Tagen iſt oft die ganze Geſellſchaft verſchwunden, und mir gelang es dann nur ſelten, in der Nachbarſchaft einen Ort zu erforſchen, wo eben eine neue Kolonie eingezogen war, von der ich vermuthen konnte, daß ſie mit eben jener ausgewanderten identiſch ſei. Der Zeimer hat eben entſchieden eine etwas zigeuner⸗ hafte Natur. Indeß bleiben jene Kolonien auch oft in ihren Frühlingsrevieren wohnen, ohne daß man für dieſes ſo verſchiedene Verhalten irgend welche Urſache ausfindig machen könnte. In dieſem Falle ſchlagen ſich die Jungen erſter Brut zu Flügen zuſammen, die in der Nachbarſchaft umherſtreichen und ſich gern unter die weidenden Staare miſchen, während die Alten zur zweiten Brut ſchreiten — aber bei Weitem nicht alle. Wie es ſcheint machen ziemlich viele entgegen der ſonſtigen ) W. m. vergl. meinen Bericht in A. Brehm's „Gefangene Vögel“ II, 92. ae Gepflogenheit der Droſſelvögel nur eine Brut. Unter welchen Verhältniſſen dies aber geſchieht, ob bei Störung des zweiten Geleges, oder ob bei einjährigen Paaren, oder ob in Folge beſonderer Witterungs- und Ernährungsverhältniſſe, das vermag ich bis jetzt nicht anzugeben. In der bisher geſchilderten Weiſe verhalten ſich friſch eingewanderte Kolonien. — Dieſe ſelben Einwanderer und ihre Abkömmlinge verhalten ſich im nächſten und in den folgenden Jahren im Ganzen zwar ähnlich aber doch vielfach anders. Zus erſt wählen ſie andere Niſtreviere: ſie bevorzugen hohe Erlen am Rand eines Baches auf fettem Wieſengrund, deren Stammausſchlag trefflich zur Neſtanlage paßt, und wählen auch kleine höhere Feldgehölze, zumal wenn ſie in der Nähe von Wieſen⸗ plänen liegen. Wenn ein hübſcher breiter Wieſengrund in den Nadelwald hinein verläuft, dann erkieſen ſie auch wohl einmal den Rand reinen Nadelholzes, ſo ſehr ſie auch ſonſt Laubwald und gemiſchten Beſtand lieben. Sie ſind menſchenſcheuer als die friſcheingewanderten Vögel, wiſſen aber doch recht gut die wirklich gefähr⸗ deten Lokalitäten zu unterſcheiden, ſuchen mit Vorliebe Parkanlagen auf und wählen ſogar oft Obſtgärten zum Brutaufenthalt. — Sie paſſen ſich auch raſch unſerem Klima an und niſten früher im Jahre: anfang Mai und ende April. Ferner ſetzen ſie nun die Neſter höher, nicht bloß zweimannshoch, wie es die friſcheingewanderten gern thun, ſondern oft recht hoch, wenn auch noch ſtets unterhalb des Wipfels. Auch verwenden ſie im Durchſchnitt viel weniger Lehm zum Neſtbau; doch kann man das nur vermuthen, denn möglicher Weiſe fehlen eben die alten Pärchen, die ſich als Lehmkünſtler auszeichneten, in der neuen Kolonie. Vor allem aber bilden ſie neben ſtärkeren gern auch ſchwächere Kolonien von fünf bis zwei Paaren; auch niſten jetzt Paare vereinzelt, wenn auch in der Regel jo, daß fie in Rufweite anderer Paare oder Colonien bleiben. So ganz iſolirte Niſtpaare, daß ſie ſtunden⸗ weit in der Runde keine anderen zu Nachbarn gehabt hätten, habe ich bis jetzt nur ein einziges angetroffen. Die bei uns brütenden Zeimer ſtreichen außerhalb der Brutzeit in, wie es ſcheint, ziemlich weitem Gebiet umher, ſuchen von der Mauſerzeit im Auguſt ab auch gern Lehden mit Wachholderbüſchen und kahle Schläge mit Rothholder auf, von deren Beeren ſie naſchen. Eigentlichen Waldboden vermeiden ſie auch jetzt, und habe ich nie geſehen, daß ſie den Erdbeeren, welche freilich auch ſonſt alle Beeren⸗ und Fruchtfreſſer (mit Ausnahme der Schnecken) verabſcheuen, oder auch | den Heidelbeeren beſonders nachſtellen. Himbeeren und Brombeeren hingegen freſſen | fie, und ſpäterhin auch Weißdornfrüchte, Hagebutten und Roſenäpfelchen, Schnee | beeren und Beeren des wilden Weines, Johannisbeeren und Vogelbeeren. Je weiter | die Jahreszeit vorrückt, deſto mehr freſſen ſie Beeren, auch wenn dieſelben ganz vertrocknet ſind. Im zeitigen Frühjahr jedoch hungern ſie bei ſchlechtem Wetter Ba lieber, als daß ſie Beerenkoſt aufnähmen. — Sehr ſchwierig iſt es, die Zeit ihres Abzugs nach Süden zu beſtimmen, denn einmal macht ihre zigeuneriſche Lebens— weiſe die Beobachtung ſehr unſicher, und dann rücken ſehr regelmäßig vom October bis Anfang December die weit im Norden und Nordoſten wohnenden Zeimer auf dem Zug hier bei uns ein. — Uebrigens bin ich überzeugt, daß die bei uns hauſenden Zeimer auch den Winter bei uns bleiben, ſobald ſie ſich an künſtliche Futterplätze gewöhnen. Wenigſtens ſind einzelne kleine Flüge in weichen, milden Wintern die ganze Zeit über bei uns zu ſehen. Dann würden die Zeimer zu vollkommenen Gartenvögeln, wie es die Amſeln ja geworden ſind, und das wäre ein großer Vortheil. Von der Nützlichkeit will ich gar nicht ſprechen, obwohl auch ſie nicht zu mißachten wäre, denn die Zeimer ſuchen ſich ihre Nahruug im Frühjahr und Sommer bis in den Herbſt hinein nur auf Grasplätzen, auf dem Raſen der Wieſen, Feldränder und Obſtgärten und auf den Klee⸗ und Luzernefeldern, ſeltener auf Saatfeldern, und vertilgen jo eine ge- waltige Menge Ungeziefer. Im Wald ſieht man ſie nur ſelten auf dem Boden: während der Zeit des Neſtbaues und an Tagen bitterer Noth, wie ſie die rauhe Jahreszeit ab und zu mit ſich bringt. Und die Vögel brauchen viel Nahrung, — mehr noch wie die ähnlich ſich nährenden Staare. — Der eigentliche Gewinn würde aber nach meiner Ueberzeugung darin beſtehen, daß wir einen außerordentlich an: genehmen Geſellſchafter an unſer engeres Heim feſſeln würden. Das den Droſſeln eigenthümliche Gebahren prägt ſich bei keiner Art der Familie beſſer und ſchärfer aus wie bei den Zeimern. Sein Geſang will zwar nichts bedeuten, aber ſeine Farben ſind ſchöner und munterer als bei den Gattungsverwandten, und zwar differiren Männchen und Weibchen und Junge in der Färbung ſehr wenig, nur daß die beiden letzteren etwas ſtumpfere Farben tragen und im Sommer den braun⸗ grauen Oberſchnabel behalten, der bei den Männchen im Frühling und Sommer gelb wird. Die Haltung des Vogels iſt außerordentlich ſchmuck, zumal wenn er ſichert und ſich ganz aufrecht, mit vorgewölbter Bruſt und zur Seite genommenen Flügeln, militairiſch ſtramm hinſtellt, und ſekundenlang, ohne ſich zu rühren, die Umgegend abäugt. Auf dem Raſen hüpfen ſie mit wagerecht gehaltenem Körper ſehr gradlinig in ſchnellem Laufe eine kleinere oder größere, ungefähr meterlange Strecke vor, um dann plötzlich mit einem Nude ſtehen zu bleiben und aufrecht ge— ſtellt in der eben angegebenen Weiſe zu ſichern oder aber mit gebeugtem Körper und ſeitlich gewendetem Kopfe nach Würmern und Larven Umſchau zu halten. Das eine Auge überſieht dann den Raſen in unmittelbarer Nähe, während das andere dem Himmel und den Thalwänden zugekehrt, es ſofort gewahrt, wenn ein Feind in Sicht kommt. In hohes Gras gehen ſie nicht gern; ſind ſie aber darin, dann wiſſen ſie ſich trefflich zu verbergen, — dann laſſen ſie Einen im Vertrauen auf Se ihre gute Deckung bis auf wenige Schritte herankommen. Ihr Flug iſt zwar nicht ſchneller, aber beträchtlich gewandter als der ihrer Artgenoſſen. Am auffälligſten tritt das hervor in ihrem Verkehr mit den Raubvögeln, mögen ſie nun vom Habicht oder Sperber gejagt in Spiralen um die Bäume herum hinauf in die Gipfel und durch das dichte Geäſt hindurch oder in Zickzacklinien dicht über die der Deckung baaren Wieſenflächen dem Wald zu fliegen, oder mögen fie bei den ſchon oben ge⸗ ſchilderten Kämpfen die plumpen Buſſarde und Weihen ſchackernd und quirilirend aus ihrem Revier hinausbecomplimentiren. Auch die Jungen jagen ſich öfter ſpielend durch die Bäume und entwickeln dabei frühzeitig eine große Fertigkeit. Gleichwohl fällt doch ſo mancher junge Vogel dem Raubzeug zum Opfer. Alten Zeimern wird dies Geſchick nicht ſo oft, als den anderen Droſſelarten, wie man aus den Federhäufchen, welche die Raubvögel beim Rupfen ihrer Beute hinterlaſſen, ſchließen kann. — Am meiſten aber nimmt uns für dieſe Thiere ihre tiefgewurzelte Neigung zur Geſelligkeit ein. Während die anderen Droſſelvögel einzeln brüten und nur in der Strich- und Zugzeit ſich zu lockeren Geſellſchaften zuſammenthun, leben die Zeimer das ganze Jahr hindurch geſellig. Die Beobachtung einer niſten⸗ den Kolonie gewährt ein unbeſchreibliches Vergnügen. Und ſie laſſen ſich ſo leicht beobachten: Die aus nördlichen Ländern ſtammenden, neu eingewanderten ſind, namentlich im Anfang, gar nicht ſcheu, und die bei uns heimiſch gewordenen haben es ſehr ſchnell richtig aufgefaßt, ob fie in den Parkanlagen und Feldgehölzen ge⸗ fährdet oder gehegt ſind; in letzterem Falle legen ſie ihre Scheu bald hinreichend ab. Kommt eine Katze in ihr Revier, ſo erhebt ſich alsbald ein mächtiger Lärm, und es ſcheint faſt, als wüßten ſie, daß man ſie ſchützt, denn ſchackernd kommen ſie ſo nahe zu dem Unthier heran, als ſich mit ihrer Sicherheit vor ihm verträgt, und ſie fliehen dabei nicht vor dem Menſchen, der den blinzelnden Eindringling mit Stecken und Steinen verjagt. Möglich auch, daß Haß und Elternangſt der Katze gegenüber in der Bruſt der kleinen Helden bei ſolcher Gelegenheit weit mächtiger ſind, als die vorſichtige Scheu vor dem Menſchen. — Auch mit dem Schäfer und ſeiner Herde machen ſie ſich ſchnell gut bekannt und laufen vor ihm und ſeinen Schafen her, als wenn fie dazu gehörten. Die Eiſenbahnwärter, die entlang ihres Reviers die Strecke begehen, lernen ſie ſchnell als ganz ungefährliche Geſtalten von anderen Menſchenkindern unterſcheiden, wie ich mich in einem beſonderen Falle wiederholt überzeugen konnte: Wenn der Wärter auf dem Bahnkörper an den mit Neſtern beſetzten Erlen vorüberging, genirte das die Vögel gar nicht, — ging ich auf demſelben Wege vorüber, dann ſtrichen ſie ab, obgleich ich Gang und Haltung des Mannes gefliſſentlich annahm. Noch bliebe übrig, über die Fortpflanzung der Thiere zu berichten und über ihr Verhalten in der Gefangenſchaft. Doch verſpare ich dies auf jene Zeit, wo ich die übrigen Droſſeln ſchildern werde. Nur ſoviel will ich hier bemerken, daß fie gutmüthige Vögel ſind, die keinem anderen ebenſo ſtarken oder ſchwächeren Vogel etwas zu leide thun, — auch ſelbſt dann nicht, wenn ſie brüten, daß man ſie alſo ganz gut mit anderen kleineren Vögeln in einem großen Käfig halten kann. In Gefangenſchaft gerathen aber einzelne Individuen mit anderen ihresgleichen in Hader, welcher oft zu hitzigen und vernichtenden Kämpfen ausartet. Zwei in der Vogelſtube oder im Käfig aneinander gepaarte Individuen hingegen vertragen ſich ſehr gut und ſind beſtändig ganz zärtlich zu einander, — auch beim Futternapf, was die andern Droſſeln nicht thun, — auch nicht, wenn ſie Futter für die Jungen ſuchen. Unter ſolchen Umſtänden kann man ſich nicht zu ſehr wundern, daß die Zeimer gegen kleine Vögel ſehr geduldig und verträglich ſind. Leider werden von dieſen ſchönen Thieren eine unzählige Menge alljährlich im Ausland und auch bei uns noch auf dem Vogelherde gefangen oder in dem nicht genug zu verdammenden Dohnenſtieg todt gemartert. Bei uns gehören ſie geſetzlich allerdings zu dem jagdbaren Wild. Wenn fie von den Jagdberechtigten nur mittels Pulver und Blei erbeutet würden, ſo möchte das immer noch eher paſſiren, als der Maſſenmord mit dem großen Schlaggarn und in den Dohnen, denn dann würde die Decimirung eine weit weniger bedeutende ſein. Beobachtungen über den Herbſtzug der Vögel in der Umgegend von Torgau für das Jahr 1885. Von Baurath Pietſch. 1. Numenius arquatus, der große Brachvogel, wurde über dem großen Teich bei Torgau am 24. Auguſt in einem Fluge von 7 Stück beobachtet. Die Zug⸗ richtung war von Nordoſt nach Südweſt bei ſchwachem Nordwind. Am 26. Auguſt, abends 8 Uhr, zogen 3 Flüge von 5, 7 und 12 Stück ebenfalls von Nordoſt nach Südweſt bei ſchwachem Nordwind über den großen Teich. 2. Anser segetum, die Saatgans, traf in einem Fluge von 6 Stück am 25. September auf dem großen Teich ein. Der Hauptzug folgte am 29. September. In früheren Jahren pflegte der erſte Zug dieſer Vögel regelmäßig ſchon am 22. September hier einzutreffen. 3. Totanus glareola, der Bruchwaſſerläufer, wurde in einem Exemplar am 1. October in der Nähe des großen Teiches beobachtet. 4. Hirundo urbica, die Stadtſchwalbe, und 5. Hirundo rustica, die Rauchſchwalbe, verließen die hieſige Gegend am 1. October. Ihnen folgten indeß andere Flüge dieſer Vögel, welche offenbar in =. nördlicheren Breiten gehauſt hatten, bis zum 10. October, an welchem Tage die letzten Nachzügler beobachtet wurden. Die Schwalben pflegen etwa 14 Tage lang vor ihrem Abzuge nach dem Süden ſich allabendlich in großen Schaaren auf den reichen und dichten Rohrbeſtänden des großen Teiches niederzulaſſen, um dort die Nacht hindurch zu raſten. Unmittelbar vor dem Abendeinfall wurden ſie ſtets durch 6. Hypotriorchis aesalon, den Zwergfalken, angegriffen, welcher ſein Räuber⸗ geſchäft trotz Zwiedunkel ſo geſchickt durchzuführen verſtand, daß er faſt regelmäßig mindeſtens eine Schwalbe erbeutete. Mit der letzten Schwalbe war auch ihr ſteter Verfolger nach dem Süden gezogen. 7. Scolopax rusticola, die Waldſchnepfe, fand ich in einem Exemplar am 3. October, nachdem ſteife Nord- und Nordweſtwinde während 3 Tagen geweht hatten, bei Torgau vor. Der ſchöne Vogel hatte ſich während des Zuges an einem Telegraphendraht den linken Schulterknochen zerſchmettert. Am 20. October wurden 10 Exemplare gelegentlich einer Treibjagd im Revier Sitzenroda beobachtet. Der Wind wehte ſchon ſeit mehreren Tagen aus Nordoſt. 8. Nucifraga caryocatactes, der Tannenheher, ein hier ſeit langen Jahren nicht beobachteter, ſelbſt einem großen Theil des Forſtperſonals völlig unbekannter Vogel, traf während des Octobers in zahlreichen Schaaren hier ein. Am 3. October wurde in der Loßwiger Haide das erſte Exemplar erlegt. Am 7. October erhielt ich 5 Exemplare, außerdem dahin lautende Nachrichten aus der Annaburger Haide, dem Pflückauf, dem Falkenberger und dem Sitzenrodaer Revier, daß ſich dieſer ſeltene Gaſt auch dort zahlreich eingefunden und häufig in den Dohnen gefangen habe. Die Section von 5 Vögeln ergab faſt völlige Kropfleere, während die Magen nur Chitinreſte, herrührend von Käfern der Gattungen Geotrupes, Onthophagus und Carabus enthielten. Ob und beziehungsweiſe in welcher Verbindung dieſer Mageninhalt mit dem ſeltenen und überaus frühen Erſcheinen des Vogels ſteht, darüber enthalte ich mich vorläufig jedes Urtheils. Ueberaus intereſſant iſt mir aber geweſen, aus E. v. Homeyers Mittheilung in Nr. 11 dieſer Zeitſchrift zu ent⸗ nehmen, daß auch in der Gegend von Stolp der erſte Tannenheher am 3. October, alſo an demſelben Tage, an welchem hier bei Torgau der erſte erlegt wurde, an⸗ getroffen worden iſt. Das gleichzeitige Erſcheinen der Vögel in Stolp, Torgau und Zeitz, — am 5. October, wie die Lindner'ſche Notiz auf Seite 269 der Nummer 11 unſerer Monatsſchrift nachweiſt, iſt in hohem Grade merkwürdig und kaum erklärbar. Woher die Vögel gekommen ſind, konnte natürlich nicht ermittelt | werden. Ebenſowenig war mir wegen Mangels an Vergleichsobjecten feſtzuſtellen möglich, ob wir es hier mit dem gewöhnlichen Tannenheher oder mit Brehm's Nucifraga brachyrhynchus zu thun hatten. Uebrigens haben ſich noch vor 8 Tagen 113 = einzelne Exemplare des ſeltenen Gaſtes in den Wäldern der Umgegend von Torgau gezeigt. 9. Acredula caudata, die Schwanzmeiſe, wurde von Dr. Rey, Profeſſor Marſhall und mir am 17. October im hieſigen Glacis in zahlreichen Exemplaren auf dem Zuge beobachtet. 10. Schoenicola schoenielus, der Rohrammer, verließ uns am 18. October. 11. Fulica atra, das ſchwarze Waſſerhuhn, und | 12. Circus aeruginosus, die Sumpfweihe, zogen in der Nacht vom 30. zum 31. October von dannen. 13. Brachyotus palustris, die Sumpfohreule, war bis zum 3. November hier⸗ orts ziemlich zahlreich vertreten. 14. Podiceps cristatus, der Haubentaucher, trat die Reiſe nach dem Süden am 12. November an. Beobachtungsnotizen aus dem vorigen Jahrhundert. Zuſammengeſtellt von P. Leverkühn. Kürzlich fand ich in einem kleinen engliſchen Almanach über Naturwiſſen⸗ ſchaften, die folgenden ornithologiſchen Notizen, welche vielleicht einiges Intereſſe haben, da ſeit dem Wiener Ornithologen-Kongreß ſo viel Werth auf derartige Notizen gelegt wird. Dieſelben ſtammen von R. Marſham in Stratton Hall in der Nähe von Norwich, welcher mehr als 60 Jahre lang naturwiſſenſchaftlich be— obachtete. Größte Differenz Früheſter Späteſter beobachtet Termin. Termin. in Jahren von Tagen Droſſel ſingt 1735 Dez. 4. 1766 Febr. 13. 56 81 Nachtigall ſingt 1752 April 7. 1792 Mai 19. 59 42 Ziegenmelker ſchnurrt 1781 April 29. 1729 Juni 26. 46 58 Kukuk ruft 1752 eee, e 1167 Maar 7. 51 29 Ringeltaube ruckſt 1751 Dez. 27. 161 März 20. 47 83 Saatkrähe baut 1800 Febr. 2. 1757 März 14. 53 40 Junge Saatkrähen 1747 März 26. 1764 April 24. 52 29 Schwalben kommen 1736 März 30. 1797 April 26. 62 27 Fröſche und Kröten quaken 1750 Febr. 20. 1771 Mai 4. 57 73 Birken haben Blätter 1150, Fehr 1771 War 2 2 Ulmen. „ 5 1779 März 4. 1784 Mai 6. 47 63 Eichen „ 5 1750 März 31. 1799 Mai 20. 54 50 Buchen „ = 1779 April 5. 1771 Mai 10. 53 35 „ Bemerkungen zu dem Artikel über Pratincola rubicola von H. Schacht. u Von H. Ochs. Da ich mich ſeit meiner Jugend eingehend mit dem Studium der Vogelwelt befaßt und ſpeciell den Wieſenſchmätzer, Pratincola rubicola, ſtudirt habe, der bei uns gewöhnlich ſchwarzkehliger Schmätzer genannt wird, ſo will ich es hier nicht unterlaſſen, in Nachſtehendem auch aus meinen Erfahrungen zu berichten. Der Vogel erſcheint bei uns gewöhnlich im März, und ſo ſah ich in dieſem Jahre be⸗ reits das erſte Männchen ſchon am 8. genannten Monats. Er iſt hier am meiſten in den Niederungen heimiſch und ſind Raine mit Hecken zwiſchen Feldern ſein liebſter Aufenthalt. Von einem hervorragenden Buſche fliegt er dann gern auf die Felder, hüpft von Scholle zu Scholle Nahrung ſuchend, um dann wieder nach einem ſolchen zurückzukehren. Auch den Aufenthalt an den Ufern der Fulda, welche mit kleinen Weidenbüſchen beſäumt iſt, theilt er mit ſeinem nahen Verwandten, dem braunkehligen Schmätzer, Patincola rubetra. Während ſonſt der ſchwarzkehlige Schmätzer vorzugsweiſe die Raine zwiſchen Feldern bevorzugt, findet man den braun⸗ kehligen Schmätzer mehr in Wieſen, auch wohl an den Dämmen der Eiſenbahnen, wo er hauptſächlich die Telegraphendrähte als Sitzplatz benutzt. Von der erſtgenannten Art, auf welche ich mich zunächſt beſchränken werde, wohnten in dieſem und dem vergangenem Jahre auf einer Fläche von 5 Quadratkilo⸗ metern etwa 8 Paar, von denen ich jedesmal die Niſtplätze von 6 Stück ausfindig gemacht habe. Der Vogel niſtet hier nicht, wie ich mehrmals in ornithologiſchen Werken ſowohl als auch in oben genanntem Artikel Gelegenheit hatte zu leſen, Ende Mai oder Anfang Juni; dies iſt vielmehr hier die zweite Brut. Am 6. April des vorigen Jahres führte ich die Herren Oberſtabsarzt Dr. Kutter und Ad. Walter an ein Neſt, in welchem ſchon das dritte Ei lag und welches am 9. mit 6 Eiern vollſtändig belegt war; ein zweites fand ich am 14., ein drittes am 24. April mit vollſtändigem Gelege. Ein ſehr ſchönes Gelege nahm ich für meine Sammlung und ſchon 12 Tage ſpäter fand ich in nächſter Nähe das voll⸗ ſtändige Gelege wieder. Es ſchritt derſelbe Vogel, nachdem dieſe Jungen aus⸗ geflogen, zu einer dritten Brut, und fand ich am 7. Juli das vollſtändige Gelege mit ebenſo ſchönen, ſtark bekränzten Eiern vor, als in den erſten beiden. In dieſem Jahre 1885 fand ich das erſte vollſtändige Gelege am 16., das zweite am 17., das dritte am 23. und das vierte am 24. April vor, während ſein Verwandter, Saxicola oenanthe, der große Steinſchmätzer, gewöhnlich erſt Anfang, und der braunkehlige erſt Mitte Mai zur Brut ſchreitet. In ſämmtlichen 15 Neſtern des ſchwarzkehligen Schmätzers, welche ich inner⸗ — p — halb der letzten 2 Jahre unterſuchte, fanden ſich in 5 Stück 6, in 8 Stück 5 und in 2 Stück 4 Eier vor; ſtarke Gelege fielen ſowohl bei der erſten wie bei der zweiten Brut. Außerdem habe ich geſehen, wie ausgeflogene Junge noch Anfang September von den Alten gefüttert wurden; ob er, hiernach zu urtheilen, auch noch ein drittes Mal gebrütet hat, habe ich noch nicht feſtſtellen können. Die Neſter ſtehen meiſt ſehr verſteckt im trockenen Graſe kleiner Dornbüſche, namentlich Schlehen— büſche, und iſt mir wiederholt aufgefallen, daß der Vogel ſich den Niſtplatz gerade unter Dornen wählt. Das Loch zum Einſchlüpfen iſt nicht viel größer als ein Mäuſeloch, und bildet den Hauptbeſtandtheil der Unterlage und äußern Wand Moos, während die Auskleidung hauptſächlich in Federn beſteht. Wenn der Vogel nicht mehrere Bruten machte, könnte derſelbe ſeinen Beſtand wohl ſchwerlich erhalten, da er ſowohl als alle andern Vögel, welche auf der Erde brüten, verhältnißmäßig größern Gefahren ausgeſetzt iſt als andere. Wiederholt habe ich gefunden, daß Mäuſe ſich direkt durch das Neſt einen Weg gebahnt hatten; ebenſo ſind die Thiere durch Wieſel und andere Feinde gefährdet. Im Herbſt geht der Vogel, mehr Nahrung ſuchend, auf die Felder, und ſah ich am 13. October noch 2 dieſer Vögel. Wehlheiden b. Kaſſel. Verhinderung der Sterblichkeit unter den Graupapageien. Von A. v. Werther in Budapeſt. Die Liebhaberei für dieſe bedeutendſten Sprecher unter allen Repräſentanten des Vogelgeſchlechtes iſt eben ſo allgemein und berechtigt, als die Klage über die ungeheuer große Sterblichkeit unter den neu importirten jungen Graupapageien. Ich habe mich ſelbſt davon überzeugt, daß die weitaus meiſten der ſcheinbar vollkommen geſunden jungen Vögel Todeskandidaten ſind, während mir anderer— ſeits verſichert wurde, daß die alten im wilden Zuſtande importirten Graupapageien, welche wohl nur für zoologiſche Gärten geeignet ſind, der fatalen Seuche nicht unter— liegen. Letzterer Umſtand beſtimmt mich darauf hinzuweiſen, daß ſich die an der Weſtküſte Afrikas liegenden Faktoreien in dem Graupapagei einen Nebenartikel zu: legen könnten. Das Halten dieſer Vögel in ihrer Heimath iſt, namentlich wenn im Großen betrieben, kaum mit nennenswerthen Umſtänden verbunden, und unter dem Perſonal ließen ſich auch Leute finden, welche die Vögel gegen eine mäßige Extraentlohnung einigermaßen zähmen und im Sprechen unterrichten würden. Letzteres könnten ſpäter herangezogene, ältere gut ſprechende Papageien auch be— ſorgen. Es kämen ſodann nur jene Vögel partieenweiſe zum Verſandt, welche ſich bereits im widerſtandsfähigen Alter befänden. Dieſe wären ein ſtets geſuchter und gut bezahlter Artikel, und würden ſich ſelbſt größere Häuſer durchaus nichts ver⸗ fe geben, wenn fie die Zöglinge ihrer Faktoreien nicht alle ſogleich an Händler ab- geben, ſondern ſolche eventuell auch ſelbſt auf dem Lager halten würden. Stubengenoſſen aus dem Thierreich, namentlich Städtern, zugänglich zu machen, iſt immerhin ein gutes Werk. Geſtaltet ſich doch das moderne Leben immer nüchterner und da iſt es von unſchätzbarem Vortheil, mit der Natur durch ihre waldurſprüng⸗ lichen Repräſentanten in Fühlung und gemüthlichem Verkehr zu bleiben. Die Importeure würden ſich alſo ein kleines Verdienſt erwerben und nebenbei profitiren. Einzelnotizen aus meinem ornithologiſchen Taſchenbuch. Von F. Lindner. | J. Von mir beobachteter Name. Ankunfts⸗ Abzugs⸗ Beſondere Bemerkungen. N termin. 1. Luseinia minor, 28. 4. 1884. — Bei Leipzig beobachtet. Dort häu⸗ Nachtigall. figer Brutvogel. Ich fand unter anderen ein Neſt im Roſenthal un⸗ mittelbar am Wege, welches etwa 3½ Fuß hoch an einem Stamm gebaut war, von kleinen Zweigen getragen. Am 2. 8. 84 hörte ich noch ein (wahrſcheinlich junges) Männchen im Roſenthal ſingen. 2. Cyanecula sue- (5. 4. 83.) (27. 4. beim Geſehen: 1883 5. 4.; 6. 4.; 18. 4.; eica, Blaukehlchen. 21. 3. 84. Durchzug 21. 3. 84; 5. 4.; 27. 4. (). Mitte zuletzt Juni 1884 wurde im Roſenthal bei geſehen.) Leipzig ein Pärchen geſehen (von meinem Bruder u. Herrn stud. med. Pietſch, welcher bei Frankf. a. O. vielfach das Neſt gefunden und Eier geſammelt hat). Bis 22. 3. 85 habe ich noch keins in dieſem Jahre geſehen. 3. Dandalus rube- (21. 3. 85.) — Ein überwinterndes & ſingt 10. 2. cula, Rothkehl⸗ 84; 3. 6. 84 fanden wir im Zeitzer chen. Forſt in einem Reiſighaufen ein ganz abnormes Neſt: ganz aus Moos gebaut, inwendig mit den rothen Mooskolben ausgelegt, die ſonſt nur die Braunelle verwendet; 3½“ hoch; darin 7 ſtark bebrütete Eier (der ſelige Thienemann hat Neſt und Eier geſehn). | re J. 8. 10. 11. 12. 13. Name. ſchwanz. . Rutieilla tithys, Hausrothſchwanz. . Turdus merula, Amſel. Turdus pflaris, Wachholderdroſſel. Turd. musicus, Singdroſſel. „ Saxicola oenan- the, Stein⸗ ſchmätzer. Pratincola rube- tra, braunkehlig. Wieſenſchmätzer. Cinelus aquati- eus, Waſſerſtaar. Motacilla alba, weiße Bachſtelze. Mot. sulfurea, große gebe (graue) Bachſtelze. 17 Von mir beobachteter . Rutieilla phoeni- a 21.9. cura, Gartenroth- 84 Ankunfts⸗ Abzugs⸗ termin. 10. 10. 83 und 27. 10. 83. 10. 10. 84. 27. 3. 83. 22. 0. 84. 28. 3. 84. 26. 3. 85. (14. 3. 85 in Halle.) 2. 4. 84. 6. 9. 83. 9. 9. 84. — 15. 9. 83. 10. 9. 84. (27. u. 28 — 3. 83.) 10. 2. 84 — Beſondere Bemerlungen. Bei Leipzig häufig. Im Roſen⸗ thale ſtellen die Eichhörnchen den Jungen nach; bei Zeitz wird es immer ſeltener. Ueberall häufig und nicht verfolgt. Nur von Imkern nicht gern ge: ſehen. In Leipzig, Halle, Zeitz Stadtbe⸗ bewohnerin. Singt zum erſten⸗ male: 8. 2. 84; 7. 2. 85 (Ueber⸗ wintern meiftens). Bei ge ziemlich häufiger Brut- vogel. Neſter an der Erde, 5° hoch, na— mentlich in Faulbaum und Fichte, dann auch bis etwa 12“ hoch ge⸗ funden. Bei Leipzig ſehr häufiger Brutvogel. 1880 fand ich bei Roßla ein Neſt in einer Steinmauer a. d. Chauſſee, neben einem Neſt von Motac. alba. 1883 wurde bei Kloſter Poſa bei Zeitz ein Neſt in einer alten am Wege liegenden Blechröhre (Ofen⸗ rohr) gefunden. Brutvogel bei Zeitz. Im Herbſt auf dem Zuge ſehr häufig. Ich ſah ihn öfters b. Stolberg a. H. Nach Dr. Rey's und Dr. Graßhof's (Leipzig) Beobachtungen 1884 Brut⸗ vogel bei Connewitz bei Leipzig. Ueberwintert oft (82/83; 84/85), ſucht auf dem Eiſe nach Nahrung in Geſellſchaft von Finken und 5 Staaren: 30. 11. 85. Viele überwintern. Speciell bei Zeitz häufig. Brutvogel; bei Leipzig nicht häufig. 30. 11. 84 auf dem Eiſe nach Nahrung ſuchend. 2 V5 Von mir beobachteter 5 N Name. Ankunfts⸗ Abzugs⸗ Beſondere Bemerkungen. termin. 14. Anthus pratens., etw. S. 3. 83. — 1 Wieſenpieper. 15. Anth. arboreus, — — Bei Leipzig und Zeitz häufiger Brut⸗ Baumpieper. vogel. | (15 a) NB. Ein Ei, das ich an der Erde fand, hielt W. Thienemann für das des anth. campestris (212). 16. Accentor modu- 28. 3. 83. d. letzte auf Ueberwinternde Exemplare geſehen: laris. 21. 3. 84. d. Zuge: 5. und 6. 1. 84 1 Ex. bei Zeitz; 20. 3. 85. 2. 4. 84. 30. 11. 84 bei Halle (Neſt bis jetzt noch nie gefunden). 17. Regulus ignicap., — 8. 9. 84 ſah ich ein einzelnes durchziehendes feuerköpfiges Männchen in einem Garten in Goldhähnchen. Zeitz. 18. Reg. flavic. — — Gewöhnlicher Brutvogel im Zeitzer | Forſt. 19. Sylvia nisoria, — —_ 6. 6. 84 ein Neſt mit 5 Jungen bei Sperbergras⸗ Zeitz gefunden, bis dahin hier noch mücke. nie geſehen. 10. 6. und 11. 6. bei Leipzig an verſchiedenen Stellen als Brutvogel conſtatirt. 20. Sylv. hortensis, 21. 3. 841!? — Hat ſeit 83 an Häufigkeit bei Zeitz Gartengras⸗ (3. 5. 84.) abgenommen. 17. 5. 84 iſt der Neſt⸗ mücke. bau angefangen. 25. 6. 84 fand ich bei Leipzig 3 ganz abnorm hell ge: färbte Eier. 21. S. atricapilla, — — 3. 5. 84 Neſt mit 5 Eiern in einer Plattmönch. Fichte. 10. 5. 84 Neſt mit 1 Ei | in einem Faulbaum. Bei Leipzig häufig. 22. Sylvia cinerea, 26. 4. 84. — 84 häufiger als 83. Borngrasmücke. | 23. Sylvia eurruca, 22. 4. 84 — 7. 5. Eier. Häufig. Müllerchen. in Zeitz. 8 24. 4. 84 in Leipzig. | 24. Phyllopneuste 27. 4. 84. — Singt 3. 5. 84. Wird ſchnell zahm. sibilatrix. | 25. Ph. trochilus, Nach Herrn 25. 9. 84. Ich hielt ihn v. 18. 6.—5. 12. 81, Fitis. F. Wagner hier: 3. 4. 84 (2) Name. 26. Ph. rufa, Wei⸗ denlaubvogel. 27. Locustella nae- via, Heuſchrecken— rohrſänger. 28. Acrocephalus palustris, Sumpf⸗ rohrſänger. 29. A. arundinacea. 30. Hirundo urbica, Mehlſchwalbe. 31. Hir. rustica, Rauchſchwalbe. 32. Hir. riparia, Uferſchwalbe. 33. Museicapa gri- sola, grauer Flie⸗ genfänger. 34. Muse. luetuosa, Trauerfliegenf. 35. Bombyeilla gar- rula, Seiden⸗ ſchwanz. 36. Lanius excu- bitor, gr. grauer Würger. 37. L. minor, kleiner Grauwürger. 19 Von mir beobachteter Beſondere Bemerkungen. Ein Neſt mit 3 ganz kleinen Jungen (wohl 2 Tage alt) auf einem ½“ hohen Fichtenzweige am Wege gefunden. 9. 7. das Neſt und Jungen mit dem einen Alten (das andere war jedenfalls v. einem Raubthier gefreſſen) mitgenommen. Das Alte und ein Junges ent— wiſchten nach 14 Tagen; ein Junges ſtirbt bald 4. 10. 84, das andere auch am 19. 12. 84. Brutvogel bei Zeitz und Leipzig. ef. Monatsſchr. 1884, Nr. 10. 8. 6. 84 enthielt das Neſt am Teiche im Parke bei Zeitz einen jungen Kukuk. 3 St. in Halle, zuletzt 27. 10. 84 geſehen. In unſerem Garten niſtete ein Pär⸗ chen in einem horizontal aufge— hängten Topfe auf einem Apfel⸗ baum (1883). Ankunfts⸗ Abzugs⸗ termin. 15.—20. 3. (21. 9. 84.) 28. 6. 84. 84. 8. 10. 84. 22. 3. 85. Schwirrt z. — erſten male 14. 5. 84. — 12. 9. 84. (pal. ?) (17. 4. 84.) 13. 10. 84 bei Gera. 4. 4. 83. 29. 9.— 3. 4. 84. 21. 10. 26. 10. 84. 17. 4. 84. 55 9. 5. 84. 12. 9. 84. 23. 4. 84. — Bei Leipig Brutvogel (9. 6. 84). Im Winter 82/83 b. Zeitz geſehen (von mir nicht); im Januar 84 3 St. von Dr. Rey b. Leipzig geſ. Bei Zeitz, Eiſenberg, Leipzig 13. 10. 83 geſ. und 1. 2. 83 bei Leipzig. Iſt von einem Bekannten von mir stud. med. Friedrich im Zeitzer Forſt geſehen worden. Ich ſah ihn hier nie; wohl aber bei Eilenburg. Na Von mir beobachteter Name. Ankunfts⸗ Abzugs⸗ Beſondere Bemerkungen. termin. 38. L. collurio, 12. 5. 84. 9. 9. 84. Sehr häufig. Das erſte vollzählige Neuntöter. friſche Gelege fand ich am 25. 5. 84 etwa 12° hoch in einer Fichte; 6. 6. 84 noch unbebrütete Eier. 39. L. rufus, roth⸗ — — Bei Roßla häufig, bei Zeitz ſelten, köpfiger Würger. bei Leipzig nicht beobachtet. 6. 6. 84 fand ich bei Zeitz das Neſt mit kleinen Jungen in einer Zaun⸗ rebenhecke etwa 3½ —4“ hoch. 40. Troglodytes Standvogel. 23. 4. 84 fand ich im Roſenthal bei parvulus, Leipzig in der Spitze einer Zaunkönig. etwa 5’ hohen Fichte ein großes fertiges Neſt. Ferner fand ich im Roſenthal mehrere Neſter an Rüſter⸗ ſtämmen, in kleine Zweige an den Stamm gebaut; manche waren ganz aus Moos, manche nur aus dünnen Tannenreiſern und Laub gebaut. Das erſte Ei von ſieben 10. 6; das letzte 14. 6. 25. 6 fand ich ein Neſt, welches in Trichterform an die Decke einer Rehfütterung hängend gebaut war. Bei Leipzig häufig; bei Zeitz nicht eben häufig. 41. Parus major, Strichvogel. Die erſten völlig fügen Jungen Kohlmeiſe. fliegen aus: 24. 5. 42. Parus ater, Strichvogel. Wird bei Zeitz immer ſeltener. Mir Tannenmeiſe. fraß eine T. am 3. Tage ihrer Gefangenſchaft aus der Hand. 43. Parus cristatus, Strichvogel. Iſt im Zeitzer Forſte ſeltener Brut⸗ Haubenmeiſe. vogel. Ich habe ſie bis jetzt nur 2 mal beobachten können. Noch ein Wort von den Schwalben. Von G. Thienemann jun. Auf Veranlaſſung meines Vaters, des Paſtor em. G. Thienemann, erlaube | ich mir, im Anſchluß an die Mittheilung des Herrn Profeſſor Liebe über den Ab- | zug der Schwalben im Decemberheft dieſer Zeitſchrift, noch einen kleinen Beitrag | zu liefern. | In der hohen, überbauten, nur nach der Straße zu ſich ſchließenden Thor⸗ einfahrt unſerer Fabrik niſtete im vorigen Sommer ein Rauchſchwalbenpaar 3% NR. (Hirundo rustica), welches jedenfalls der vorjährigen Brut eines alljährlich im Nebengebäude niſtenden Paares entſtammte. War nun ſchon die erſte Brut etwas verſpätet, ſo war dies noch mehr der Fall bei der zweiten und letzten Brut. Es war am 28. September Vormittag, als die 5 flüggen Jungen ihren erſten Ausflug wagten und nicht weiter kamen, als bis auf den Draht der Telephon— leitung, in unmittelbarer Nähe des Thorweges. Hier balancirten ſie noch bei Ein— tritt der Dunkelheit ängſtlich herum, ſich immer dichter an einander kauernd, ohne den immer kläglicher tönenden Lockrufen der Alten nach dem Neſte hin zu folgen. Wurde nun ſchon die Luft immer kühler, ſo geſellten ſich dazu auch noch des Abends eiskalte Regenſchauer, ſo daß ich beim Nachhauſegehen unſeren Nachtaufſeher be— auftragte, ſich der Thierchen zu erbarmen, um ſie nicht am andern Morgen todt aufzufinden. Nach ſchon vollſtändigem Einbruch der Nacht beſtieg derſelbe eine Leiter, ſteckte ein Schwälbchen nach dem andern in ſeine Mütze und that ſie in eine dicht dabei liegende warme Kammer. Bei Tagesanbruch machten ſie ſofort kühnen Gebrauch von der ihnen gebotenen Freiheit und am nächſten Abend folgten ſie willig den Alten nach einer geſchützten Stelle in und neben dem Neſte. So habe ich dieſelben noch 14 Tage lang beobachtet. Mitte October zogen die beiden Alten und zwei der Jungen mit fort; die übrigen 3 Jungen ließen ſich noch über eine Woche lang blicken und haben ſich dann jedenfalls einem ſich zeigenden Zuge. von „Nachzüglern“ angeſchloſſen. Ob ſie wohl noch ihr fernes Reiſeziel erreicht haben? — Im weiteren Anſchluß an die nicht poſitive Behauptung des Herrn Profeſſor Liebe möchte ich noch bemerken, daß es hier auf unſerer Elbinſel wohl nicht an Nahrung für die Schwalben mangeln dürfte, und doch ſind deren hier recht wenig Magdeburg. Kleinere Mittheilungen. Frühlingsboten. Die erſten Staare erſchienen bereits am 22. Dec. v. J. wieder an ihren Brutkäſten, die freilich bis jetzt noch von Feldſperlingen beſetzt ſind, welche darin der Nachtruhe pflegen. Am zweiten Weihnachtstage zog ein großer Schwarm von Wachholderdroſſeln in nördlicher Richtung über unſer Waldgebirge hinweg. Am 3. Januar bemerkte ich den erſten Frühlingszug, wel— cher laut ſingend in gleicher Richtung vorüber flog. H. Schacht. Acelimatiſation des Inambuhuhns. Nach einer Mittheilung des Herrn W. B. Tezelmeyer in den „Mitth. des Orn.⸗V. in Wien“ haben die Verſuche, den zu den „ſchwanzloſen“, durch ſehr kurzen Schwanz gekennzeichneten, Crypturiden Egg gehörigen Inambu (Rhynchotus rubescens) als Jagdthier in Suſſex einzubürgern, glücklichen Erfolg gehabt. Dieſe an Größe unſern Haushühnern gleichkommenden Thiere, welche in ihrer ſüdamerikaniſchen Heimath die Pampasgrasflächen bewohnen, befinden ſich auf dem mit Buſchwald, Feld und Sumpf bedeckten Boden von Sufjer ſehr wohl und brüten ein- oder zweimal im Jahre auf 9 bis 15 Eiern, mit Vor⸗ liebe in Gerſten- oder Weizenfeldern oder am Rand von Buſchwald. K. Th. Liebe. Blutlausvertilger. Herr Palandt veröffentlicht in Nr. 2 des Hildesheimer Land- und Forſtwirthſchaftlichen Vereinsblattes eine Beobachtung, der zufolge die Stieglitze mit „wahrer Gier und unter freudevollen, immerwährenden Locktönen“ die Blutläuſe vertilgen. Nach meinen vieljährigen Beobachtungen kann ich nur beſtätigen, daß die Stieglitze ſehr gern die Blattläuſe von den Aepfel-⸗ und Trauben⸗ kirſchbäumen, von Schneeball⸗ und Pfaffenhutbüſchen ꝛc. ableſen, während der Hausſperling dies nie thut, ſondern nur die Larven der Schwebfliegen frißt, die zu den energiſchſten Blattlausfeinden gehören. Wie die Stieglitze verhalten ſich in dieſer Beziehung auch die Finken, wie ich das auch ſchon öfter mitgetheilt habe. Daß die Zeiſige es auch thun, dafür ſpricht ihr Betragen in der Gefangenſchaft; im Freien kann man es nicht leicht ſehen, da ſie ſich im Sommer nur auf den höchſten Tannen und Fichten ꝛc. herumtummeln. K. Th. Liebe. Feinde der Höhlenbrüter. Am 4. Mai 1885 fand ich in einer hohlen Eiche ungefähr 5 Fuß hoch ein Blaumeiſenneſt, auf dem der Vogel brütete. Als ich Mitte Juni wieder zu dieſem Baum kam, der 2 Löcher hatte, von denen das obere ins Neſt führte, das untere, dicht unter dem Neſt befindliche, Moos und trockenes Gras barg, bemerkte ich, daß das früher mit Moos feſt verſchloſſene untere Loch nur loſe zugedeckt war. Beim Andrücken des leis aufliegenden Mooſes kam aus der oberen Oeffnung eine Haſelmaus (Myoxus avellanarius) heraus, verſchwand jedoch wieder in derſelben, als ich mit der Hand nach ihr griff. Bei nochmaligem Aufdrücken aufs Moos mit der Hand kam ſie wieder zum Vorſchein und nun packte ich fie mit ſchnellem Griff im Nacken und nahm ſie mit. Das niedliche hübſchgefärbte Thier habe ich jetzt im Bauer, in welchem es augenblicklich ſeinen Winterſchlaf hält, alle 8 Tage jedoch einmal erwacht, um nach eingenommener Mahlzeit wieder auf 8 Tage zu erſtarren. Im Juli beſuchte ich den Baum zum dritten Mal und unterſuchte wieder das Moos im unteren Loch. Nach mehrmaligem Herumtaſten im Moos erſchien in der oberen Oeffnung eine Spitzmaus (Sorex vulgaris). Dies viel ſcheuere und vor ſichtigere Thier ſprang, ſobald ich's nur ganz aus der Oeffnung herausgebracht, von oben herab ins welke Laub am Boden und war darin ſo ſchnell verſchwunden, 2 daß ich nicht einmal einen Schlag mit meinem bereit gehaltenen Stock ausführen konnte. Da die Spitzmäuſe bekanntlich den Eiern und jungen Vögeln ſehr nach⸗ ſtellen und für die Haſelmaus, wie ich an der meinigen erfahren habe, friſche Vogel⸗ eier die größten Leckerbiſſen ſind, ſo kann man ſich denken, wie viele Bruten durch dieſe Thiere zerſtört werden. Glücklicherweiſe gehört die Haſelmaus nicht zu den häufig vorkommenden Thieren. A. W. Der Mauerlänfer in Deutſchland. Herr Dr. Schneider in Gleisweiler in der Rheinpfalz hat am 24. November 1885 eine Mauerklette (Alpenſpecht, Tichodr. mur.) geſchoſſen, welche die Wände des Badehotels abſuchte. Dieſer Herr ver⸗ ſichert zwar, daß er den Vogel bisher noch nicht beobachtet habe; es iſt aber die ganze Haard ebenſo wie die daran grenzenden Vogeſen mit ſteilen Felſenwänden ſo reichlich bedacht, daß die Mauerklette ſich recht gut in jedem Winter aus den höheren Alpenregionen dahinbegeben und dort Winterraſt abhalten kann. F. Gräßner. Staare. Am 3. Januar bemerkte ich in der Nähe von Dortmund über 300 Staare im Felde. F. Gräßner. Vogelausſtellung. Am 20.— 28. März vierte allgemeine ornithologiſche Aus- ſtellung der ornithologiſchen Vereine in Wien I, Parkring 12. Anmeldebogen ꝛc. von Herrn Regierungsrath Dr. Guſtav von Hayneck, Wien III, Marokkanergaſſe 3. Berichtigung. In der letzten Nummer iſt ein Schreibfehler ſtehen geblieben, den wir zu verbeſſern bitten. S. 292, Mitte, muß es ſtatt Blaukehlchen heißen Bleikehlchen. Anzeigen. Die bekannten hübſchen Linband-Decken für den Jahrgang der Mo— natsſchrift 1885, ſowie für die früheren, ſind innerhalb des deutſchen Poſtgebietes gegen Einſendung von 80 Pfg. durch Herrn Rendant Rohmer in Zeitz zu beziehen Bei größeren Entfernungen tritt der entſprechende Portozuſchlag ein. Denjenigen unter unſern Vereinsmitgliedern, welche frühere Jahrgänge unſerer Monatsſchrift zur Ergänzung ihrer neueren Jahrgänge zu erwerben wünſchen, geben wir die Nachricht, daß die Jahrgänge 1878 und 1879 zu je drei Mark, die Jahr⸗ gänge 1880, 1882, 1883 und 1884 zu je fünf Mark nebſt den eleganten Einband⸗ decken von unſerem Rendanten, Herrn Rohmer in Zeitz bezogen werden können. Gera. K. Th. Liebe. . Niſtkäſten“ nach den Angaben des Herrn Prof. Liebe hat der unterzeichnete Verein an⸗ fertigen laſſen, und giebt dieſelben zu folgenden Selbſtkoſtenpreiſen ab: für Staare à 40 Pfg., für Meiſen à 35 Pfg. Beſtellungen ſind zu richten an Herrn O. Schale, Torgau, ee | „Torga“, Verein für Geflügelzucht, Vogelſchutz und Vogelkunde in A ) Dieſelben find praktiſch, dauerhaft und gut gearbeitet und können daher nur empfohlen werden. Thiele, I. Schriftführer des Deutſchen Vereins z. Schutze der Vogelwelt. Niſtkäſten für Staare, Meiſen, Rothſchwänzchen, Fliegenſchnäpper u. dgl., genau nach Vor⸗ ſchrift im Auftrage des „Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt“ an⸗ gefertigt, empfiehlt billigſt Carl Schumann, Holzhandlung in Halle a. S. Anbringungs-Anleitung obigen Vereins gratis. Vereinen und größeren Ab⸗ nehmern Rabatt. Emballage wird nicht berechnet. Hans Mater in Ulm a. d. Donau, directer Import italien. Producte, liefert ausgewachſene ital. Legehühner und Hahnen 20 ſchwarze Dunkelfüßler ab Ulm , 2,20, franco , 2,50, bunte „ „ [dd 2,20, ” „ 2,50, bunte Gelbfüßler 175 % ,,,, reine bunte Gelbfüßler „ „„ „ 3,00, reine ſchwarze Lamotta „ „ 2 5 „ 3,00. Hundertweiſe billiger. Preisliſte poſtfrei. Auch Rieſengänſe, Enten, Perl⸗ und Truthühner. | In Aug. Schroeter's Verlag in Ilmenau iſt erſchienen und durch jede Buch⸗ handlung ſowie direct zu beziehen: Der Kanarienvogel von W. Böcker. Auch unter dem Specialtitel: Bei⸗ träge zur Kenntniß der Kanarien mit beſonderer Berückſichtigung der Zucht und Pflege der Harzer Edelroller. Elegant cartonnirt. 2 % Der Verfaſſer iſt, wie Dr. Carl Ruß ſagt, der hervorragendſte Kenner und Züchter von Kanarien, durch deſſen gediegene und bisher unübertroffene Abhand⸗ lungen in der „Gefiederten Welt“ die Kanarienzucht insbeſondere kräftig gefördert wurde; dies Urtheil überhebt mich jeder weiteren Anpreiſung des für Züchter, Liebhaber, Händler, Kanarienzüchter⸗Vereine u. ſ. w. geradezu unentbehrlichen Buches. Ilmenau. Aug. Schroeter's Verlag. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und | Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide find an Herrn Rendant son in Zeit zu R — Nebget ion Prof. Dr. K. Th. Liebe in Ban Druck von Ehrhardt Karras in Halle. (EZ N ) N III SS. g "ai 1700 0 D N \ 1 Im 0 Al P AL Mm DIN =>5 1 35 ER Ex N 8 des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. rener e ae 0 enge ne: Satte le —— . Vereins a ut Str.⸗Inſp. Thiele. 1 Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark XI. Jahrgang. Februar 1886. At. 2 Inhalt: Neu beigetretene Mitglieder. — F. Gräßmer: Noch eine Erinnerung an den ſalzigen Mannsfelder See und ſeine Umgebung. K. Th. Liebe: Ornithologiſche Skizzen: X. Die Weindroſſel (Turdus iliacus) (mit Abbildung). C. v. Schlechtendal: Haus: und Rauchſchwalben. A. v. d. S.: Beitrag zur Kenntniß der Miſteldroſſel. E. Pfannenſchmid: Die Epidemie unter den Silbermöven (Larus argentatus) auf den oſtfrieſiſchen Nordſeeinſeln. F. Lindner: Einzel⸗ notizen aus meinem ornithologiſchen Taſchenbuch. II. M. Bräß: Hat der Vogel Zähne? (mit Holzſchnitt). — Kleinere Mittheilungen: Sperberfang. Staare. Ein auf der Straße ge: fundenes Kukuksei. Sperber und Hermelin. — Litterariſches. — Anzeigen. Neu beigetretene Mitglieder. I. 1. Behörden und Vereine: Ornithologiſche Geſellſchaft in Thun (Schweiz). 2. Damen: Frau Betty Pietſch in Altenburg. 3. Herren: Königlicher Regierungs-Rath Droege in Merſeburg; Katafter-Kontoleur Freſenius in Klausthal; Director A. Gräßner in Dortmund; Kaufmann 3 lo Alfred Hoyer in Breslau; Kaufmann Fritz Marx in Leipzig; Bauunter⸗ nehmer Heinrich Ochs in Wehlheiden bei Kaſſel; Maurermeiſter M. Scheit— hauer in Gaumnitz bei Luckenau; Braumeiſter Rob. Sattler in Pforten bei Gera; A. von Werther in Budapeſt. Noch eine Erinnerung an den ſalzigen Mannsfelder See und ſeine Umgebung. Von F. Gräßner. Der ehrwürdige und von mir hochverehrte Neſtor unſerer 969 0 be⸗ deutendſten Ornithologen, Herr Paſtor em. Thienemann, wird mir hoffentlich ver⸗ zeihen, wenn ich, ihm gegenüber noch ein Grünſchnabel, mir erlaube, die Erinnerungen, welche ſein Aufſatz über den ſalzigen See in mir wie eine halbverklungene Sage erweckte, hiermit der Oeffentlichkeit zu übergeben, wofür ich freilich zu meiner Ent⸗ ſchuldigung leider nichts weiter anzuführen weiß, als daß ich an demſelben meine Jugendzeit bis zum Alter von 16 Jahren verlebte und mit allen Oertlichkeiten in der ganzen Umgegend ſo vertraut war, daß ich ſchon als unreifer Knabe nicht ſelten die Ehre genoß, Sammler und Forſcher verſchiedener naturgeſchichtlicher Ge⸗ biete auf ihren Excurſionen als Führer begleiten zu dürfen. Verwandtſchaftliche Verhältniſſe führten mich auch noch ſpäter im reiferen Mannesalter jedes Jahr wochenlang an die Ufer des Sees, und erſt in den letzten 20 Jahren habe ich ihn nur flüchtig als Touriſt beſucht, und da wiederum in Wahrheit beſtätigt gefunden, daß „die Welt iſt vollkommen überall, Wo der Menſch nicht hinkommt mit ſeiner Qual.“ Welche Fundgrube an reichen Schätzen aller Art der See und ſeine Ange in früheren Zeiten für den Naturforſcher ſein kounte, vermag nur der zu ahnen, der eben dort wohnte und mit Vertretern verſchiedener naturgeſchichtlicher Zweige | Verbindung erhielt. Nur zwei Fälle bitte ich als Beleg anführen zu dürfen. Pro⸗ feſſor Germar ſuchte vergeblich nach einem ſeltenen Vertreter aus dem Geſchlechte ö der Laufkäfer auf den, die ſüdlichen Ufer des Sees begränzenden Feldern. Durch Dr. Reil in Halle von dem negativen Reſultat in Kenntniß geſetzt, machte ich mich ſofort auf die Käferſuche und fand unter den Ranken der dort alljährlich gepflanzten | Kartoffeln nicht nur die geſuchte Species in großer Menge, ſondern erbeutete neben: | bei auch noch über 80 Todtenkopfsraupen an einem Tage. Von Bergrat Plümecke in Eisleben darauf aufmerkſam gemacht, daß in den Braunkohlen in der Nähe des Sees, zwiſchen Wansleben und Teutſchenthal, ſich Reſte von Bernſtein vorfinden | würden, hatte ich kaum Nachfrage bei einem mir bekannten Grubenbeſitzer darnach gehalten, als mir ein gut conſervirtes Stück dieſes Foſſils, ſo groß wie eine tüchtige | Mannesfauſt, das heute noch die Sammlung der Bergſchule in Eisleben ziert, ab⸗ | | | | 2 geliefert wurde. Die werthvollſten Ueberreſte vorweltlicher Thiere wurden mir centnerweiſe ins Haus gebracht, als ich den Wunſch nach denſelben ausſprach. Wie viel herrliche Schätze für den Paläontologen ſind wohl früher dort durch Unwiſſen— heit und Unverſtand unwiederbringlich verloren gegangen! Ein wahres Eldorado für den Ornithologen war in früheren Jahren aber weniger der ſalzige See ſelbſt, ſondern das waren vielmehr die ſogenannten Tümpel, welche ſich vom öſtlichen Ufer des Sees, von demſelben nur durch eine ſchmale Landzunge getrennt, bis zum Communalweg von Teutſchenthal nach Langenbogen erſtreckten und durch ſeichte, moraſtige Waſſerabflüſſe unter ſich und mit dem See in Verbindung ſtanden. Vermochte möglicher Weiſe der Anblick der unzähligen Waſſervögel,“) mit welchen der See regelmäßig zur Herbſtzeit, namentlich an feiner breiteſten Stelle zwiſchen Amsdorf und Rollsdorf, von einem Ufer bis zum andern oft ſo dicht beſetzt war, daß man unwillkürlich an die Umgebung der nordiſchen Vogelberge erinnert wurde, die Jagdluſt des Waidmannes und Forſchers auf das lebhafteſte zu erregen, jo war doch eine wirklich ausgeübte Jagd auf dem aus- gedehnten Waſſerbecken, ſelbſt mit Hülfe mehrerer, das Geflügel von allen Seiten einſchließenden Kähne, nur ausnahmsweiſe von einigem Erfolg gekrönt; und es konnte nur der mit ziemlicher Sicherheit auf eine reichere Ausbeute rechnen, der die Geduld beſaß, in den ausgebreiteten Rohrwäldern zwiſchen Amsdorf und Erde— born und an der ſogenannten Teufelsbrücke es ſtundenlang im ſchwankenden Kahne auszuhalten. Die Rohrdickichte beſtehen heute noch und haben keine ſo totale Veränderung ihres urſprünglichen Zuſtandes erfahren, wie die Tümpel; die Eiſenbahnanlage hat ſie gar nicht berührt, und nur die Sonntagsjäger unter den Badegäſten mögen ſie mehr beunruhigen als wünſchenswerth; — von den Tümpeln iſt leider faſt keine Spur mehr übrig geblieben, ſie ſind der Eiſenbahn zum Opfer gefallen; ihre Vernichtung iſt für den Beobachter und Jäger aber geradezu unerſetzlich. Es waren Hektaren große, tiefe, außerordentlich fiſchreiche Waſſerbecken, umgeben zum Theil von einem mannshohen, 20—30 m breiten Rohrdickicht, das wieder von einem undurchdring— lichen Weidengeflecht und Erlengeſtrüpp eingefaßt war, um welches ſich, wie ein Wall, das ſehr ſteile, auf der Südſeite mit hohem Gras bewachſene und mit alten Weiden und Pappeln dicht beſtandene, 9— 10 m hohe Ufer erhob. Das Ufer der *) In den Dörfern, die unmittelbar am See liegen, wird ſelbſtverſtändlich eine ſehr lohnende Entenzucht getrieben. Sobald die Mutter das Brutgeſchäft vollendet hat, führt fie ihre Jungen dem naſſen Elemente zu, verweilt mit ihnen Tag und Nacht auf demſelben bis zum Herbſt und ſucht höchſtens bei anhaltendem Unwetter einmal ein ſchützendes Obdach auf. In dieſem Falle begleiten die halb wild gewordenen Hausenten nicht ſelten Vertreter der wilden Arten Anas boschas, A. querquedula :c. ſelbſt bis in den Stall. Verſetzt man die auf dem See aufgewachſenen Haus- enten im flüggen Zuſiande dagegen nach einer waſſerarmen Gegend, jo magern ſie bei aller dar: gereichten Koſt bald ab und kehren durch die Luft nach ihrer Heimath zurück. en Nordſeite war ſandig und vom Waſſerſpiegel aus bis zum höchſten Punkt voll- ſtändig kahl. Die Tümpel waren bei dem ungebildeten Landvolk, namentlich ſeit 2 Jüng⸗ linge, die einzigen Söhne zweier armen Wittwen mit den hochtönenden Namen „Papſt und Schiller“, ihren Tod dort beim Durchbruch des Eiſes während des Schlitt⸗ ſchuhlaufens gefunden hatten, im buchſtäblichſten Sinne des Wortes verrufen; nie⸗ mand näherte ſich ihnen, wenn er nicht mußte, und ſelbſt bei der Feldarbeit in den heißeſten Sommertagen verzehrten die Schnitter nur in einzelnen Fällen ihr frugales Mahl unter dem kühlen Laubdach der mit weichem Grasteppich umgebenen Bäume. Vom Hochſommer ab fanden zur Abendzeit und beſonders bei Vollmond⸗ ſchein ſich häufig dort Jäger ein, um die nach den Haferfeldern ziehenden Enten zu erlegen.“) Mit Ausnahme des Lebens im Röhricht und auf dem Waſſer herrſchte hier Sonn: und Wochentag ſtets eine Todtenſtille; bis hierher drang kein Laut oder Ton vom Menſchengetriebe. Welcher Genuß für den Naturfreund, der hier vom hohen Ufer, alſo von einer wirklichen Vogelperſpective aus, geſchützt durch die zahl⸗ reichen Bäume und Sträucher, ungeſtört und unbemerkt das Leben der gefiederten Bewohner unter ſich vom nahen Ufer bis weit hinaus auf den offenen Waſſerſpiegel, beobachten konnte! Welches vielſtimmige Concert, das freilich nur den Ohren eines eingefleiſchten Vogeltobias melodiſch erſcheinen mochte, bekam er hier zu hören! Natürlich beſuchten die hier anſäſſigen Waſſervögel zu allen Tageszeiten auch den nahen See und fielen dann dem hinter einem Baume verborgenen Schützen leicht zum Opfer; umgekehrt ſtatteten die ſich auf dem See vorübergehend aufhaltenden Wandervögel auch den Tümpeln gelegentlich einen Beſuch ab. Welche ſeltenen Arten hier brüteten oder im Herbſt und Frühjahr zur Zugzeit erlegt wurden, will ich unberührt laſſen; berufenere Federn als die meinige haben ja über dieſen Gegenſtand zur Genüge berichtet, nur einen ſtreitigen Punkt ſei mir erlaubt, mit einigen Worten zu berühren. Wie mir im mündlichen Verkehr unſer unvergeßlicher Dr. Brehm und namentlich in den Zuſchriften aus der Zeit, wo er ſein Werk über „gefangene Vögel“ ſchrieb, mitteilte, bezweifeln Herr Dr. Rey und | verſchiedene andere hervorragende Oologen, daß Aegithalus pendulinus jemals in der Umgebung des ſalzigen Sees geniſtet habe. Ob ich als Knabe die Eier dieſer | Meiſenart in meiner Sammlung beſeſſen, vermag ich heute nicht mehr mit Be⸗ ſtimmtheit zu behaupten; die felteneren Arten wurden mir damals auf leicht erklär⸗ liche Weiſe von Kennern gegen Tauſch werthloſer, aber durch prachtvolle Farbe auf- fallender Exemplare leicht entführt. Als ich das elterliche Haus verließ, mußte bogen aus. Ihnen ſtanden auch Kähne zur Verfügung, die jedoch wenig benutzt wurden. *) Das Jagdrecht über die Tümpel übten die Pächter der Domänen zu Etzdorf und Langen⸗ | | | e ich auch alle meine Sammlungen im Stiche laſſen. Sie wurden ſofort nach meiner Abreiſe vernichtet, um die Sammelwuth während meines Ferienaufenthalts nicht von Neuem anzufachen. Erſt in ſpätern Jahren wurde mir die Unerſetzlichkeit eines Theils meines kleinen Kabinets klar. An Waghalſigkeit, die Eier von Aeg. pend. zu erbeuten, hat es weder mir, noch einem Altersgenoſſen gefehlt, nnd derſelbe (Fr. Eimecke) iſt auch im reiferen Alter ein Opfer ſeines Fürwitzes geworden, in- dem er zwiſchen den vorjährigen Rohrſtorzeln, die ihm bei ſeinem Eindringen in das Röhricht als Stütze für ſeine Füße dienten, verſank und ertrank. Man hat ihn — horribile dietu — ohne Sang und Klang, unmittelbar an der Unglücksſtelle, zwiſchen dem Ufer des Tümpels und dem Wege, der von Teutſchenthal nach dem Flegelsberge bei Rollsdorf führt, eingeſcharrt und nicht einmal durch einen einfachen Stein ſeinen Grabhügel gekennzeichnet. Neſter, auf deren Werth ich zuerſt von L. Reichenbach aufmerkſam gemacht wurde, habe ich bis zum Jahre 1852 beſeſſen und das letzte an den Oeconomen Herrn Haenert sen., vom Steinweg in Halle a. S., als Pendant zu einem Neſte von Meeistura caudata, das derſelbe auf einer Saal⸗ inſel in der Nähe von Ammendorf gefunden, geſchenkt. Mein Schwager war Cantor in Wansleben am ſalzigen See. Zu ſeinen Einkünften gehörte unter anderm der Ertrag aus dem Rohre der beiden größten, dem See am nächſten gelegenen Tümpel. Bekanntlich wird das Winterrohr mit einem ſcharfſchneidenden Werkzeug, das ähnlich wie ein Schrubber gehandhabt wird, abgeſtoßen, ſobald nach anhaltendem Froſtwetter das Eis ſicher einen Mann trägt. Trat nun dieſer Termin ein, ſo begleitete ich in der Regel den Mäher nach dem Eiſe, um nach jedem niedergeworfenen Schwaden die Vorderſeite der ſtehengeblie— benen Rohrwand auf Neſter zu unterſuchen; in ſpäteren Jahren ſammelte der „alte Teuſcher“, welcher die Rohrernte einheimſte, für ein kleines „Schnapsgeld“ alle Neſter, die für mich Intereſſe haben konnten. Naumann in Ziebigck, Burmeiſter u. a. haben durch mich einige dieſer Neſter erhalten. Eine Verwechſelung des Neſtes von Aeg. pend. mit den Neſtern einiger Rohrſänger ift gänzlich ausgeſchloſſen. Ich will aber die freundlichen Leſer nicht länger durch mein Geplauder er⸗ müden und bitte ergebenſt um Verzeihung, wenn ich durch die weitſchweifige Mit- theilung meiner Jugenderinnerungen ſeine Erwartung, neue, intereſſante Aufſchlüſſe über den Mannsfelder Salzſee zu erhalten, ganz und gar getäuſcht haben ſollte. Dortmund, 8. Januar 1886. a Ornithologiſche Skizzen. Von K. Th. Liebe. x: Die Weindroſſel (Turdus iliacus). (Mit Abbildung.) Es wird kaum einen Vogel geben, der in Deutſchland jo viele und jo ver- ſchiedene Namen hat, wie der Vogel der Ueberſchrift: Weindroſſel nennt man ihn in verſchiedenen Gegenden des Rheingebietes, wohl weil er gute reife Weinbeeren nicht für ſein ärmlichſtes Gericht hält, — Rothdroſſel von der roſtrothbräunlichen Farbe ſeiner Seiten, die bald ſtärker, bald ſchwächer vortritt, je nachdem der Vogel ſeine Flügel hält, — Pfeifer und Pfeifdroſſel, weil man ſie zum Locken auf dem Vogelherd verwandte, — Weißdroſſel wegen anderen Doſſelarten gegenüber wenig gelber Unterſeite, — Wiezel, Gixer, Bitter ꝛc. ꝛc. Es iſt dies die kleinſte unſerer Droſſeln und als Brutvogel die ſeltenſte. Sie bewohnt den höheren Norden: Nor— wegen und Schweden, das nördliche Rußland und Sibirien, Novaja-Semlja, Is⸗ land, ſogar noch Spitzbergen und andere Inſeln des nördlichen Eismeeres. Gleich⸗ wohl aber iſt ſie gegen kaltes, namentlich gegen naßkaltes Wetter ſehr empfindlich. Wenn die nach ihrer nordiſchen Heimath zurückwandernden Vögel bei uns von. ſolchem Wetter überraſcht werden, dann ſuchen ſie vor Zug geſchützte Bäume auf, ſitzen dort dicht gedrängt und ſtill, mit aufgeſträubtem Gefieder, und befinden ſich ſichtlich unbehaglich. In den dreißiger und vierziger Jahren konnte man im Orlagau bei Gelegenheit zweier ſchlimmer Nachwinter viele auf den quelligen ſchneefreien Stellen der Wieſen todt oder ſo matt finden, daß man ſie mit den Händen weg⸗ nehmen konnte. Auch in der Gefangenſchaft ſind ſie gegen Zug und Kälte empfind⸗ lich und überhaupt, wenn auch immer noch harte Vögel, doch weniger hart wie ihre Artverwandten, welche freilich in dieſer Beziehung auch ganz vorzüglich be⸗ anlagt ſind. Im Herbſt ziehen dieſe Vögel in ſtarken Zügen, von Norden und Nordoſten kommend bei uns durch, und zwar ziehen ſie, — es iſt dies ein Satz, den ich am Vogelherd unzählige Male gehört und auch recht umfänglich beſtätigt gefunden habe, — zu jeder Zeit des Tages und der Nacht. Ich habe ſie auf den Bäumen am Herd früh bei Sonnenaufgang ankommen ſehen, ermüdet und mit halb offenem Schnabel Luft ſchöpfend; ich habe ſie aber auch am Nachmittag und Vormittag ziehen ſehen und hören und habe ſie an ſtillem Spätabend noch hoch über den Wäldern hinziehen hören. Auf dem Herbſtzug halten ſie ſich bei uns nirgends lange auf und bevorzugen als Weideplätze Alleen von Vogelbeerbäumeu, hohe Hecken von Weißdornbüſchen mit noch anhängenden mehligen Früchten, auch Obſtgärten mit bequemer Beerenkoſt und ſogar größere Schläge mit übrig gebliebenen Preißel⸗ / { tee Fischer Cassel mr 1 / Artist. Amst.vor gem. Q Gebete Die Weindrossel, Turdus iliacus. Fam, vr 31 und Heidelbeeren; nur müſſen dieſelben hinreichend kahl ſein, denn in dichtem und geſchloſſenem Nadel hochwald ſcheinen fie ſich durchaus nicht wohl zu befinden. — Anders verhalten ſie ſich im Frühjahr auf dem Rückzug. Da haben ſie es gar nicht ſo eilig, ſondern machen gern Pauſen und zwar auf gewiſſen Stationen, die ſie immer wieder aufſuchen, und wo ein Flug, indem er durch Zuzug oft doppelt ſo ſtark wird, oft acht Tage und länger Raſt macht. Den Tag über befinden ſie ſich die meiſte Zeit auf der erwähnten Station, einem kleinen Feldgehölz mit einigen recht hohen Bäumen, einer derartigen Parkanlage, einer hohen Gruppe von Erlen und Waſſerpappeln in der Wieſenau, einem ähnlich beſchaffenen ſchmalen Vorſprung eines größeren Waldes. Von hier aus ziehen ſie auf die benachbarten Wieſen und Lehden auf die Weide, halten ſich aber dort nicht ſo eng beiſammen wie die Zeimer, ſondern zerſtreuen ſich laufend oder auf kurze Strecken fliegend, ſchnell über eine weite Fläche. Werden ſie aufgeſcheucht, dann erheben ſie ſich nicht alle oder doch wenigſtens zum größeren Theil zu gleicher Zeit, wie dies die Gewohnheit der Staare und Zeimer iſt, ſondern ſie fliegen in ganz kleinen Trupps auf die nächſtgelegenen Bäume und locken ſich erſt von dieſen mit ſchackerndem skerrr, skerrr, skerrr zu— ſammen. Bei drohender wirklicher Gefahr oder beim Heranlocken eines hoch vor— überziehenden Fluges rufen fie sihf, shäk, mit recht langgezogenem pfeifenden, ſchneidigen Ton und mit daraufſolgendem kurz ausgeſtoßenem shäk. Von der Weide kehren ſie wieder auf ihre Station zurück und unterhalten ſich hier auf das herrlichſte mit Geſchwätz und Geſang, wenn auch letzterer jetzt in der Zugzeit noch nicht ſehr laut iſt und namentlich meiſt aller Flötentöne entbehrt. Der Lärm, den ſie dabei machen, iſt wegen der in der Regel ſehr ſtarken Anzahl eines ſolchen Fluges ein ganz gewaltiger, in der ſtillen Abendſtunde ein faſt be⸗ täubender. Ueber Nacht aber bleiben ſie nicht auf den hohen Bäumen der Station, ſondern fliegen einer Waldliſiere zu, wo ſie ſich in einem niedrigen Dickicht, — gern z. B. in einem dichten etwa zehnjährigen Fichtenſchlag, ein ſicheres lauſchiges Nachtquartier ſuchen. Dringt man am ſpäten Abend in eine ſolche Dickung ein, dann verhalten ſich die Thiere, in die Aſtquirle gedrückt, ganz ruhig und fliegen erſt auf, wenn man unter lautem Holloh die Bäume ſchüttelt. — Nach vergnüglich abgehaltener Raſt verlaſſen ſie die Station und ſtreben weiter ihren nordiſchen Brutplätzen zu, — nicht ohne bis dahin noch verſchiedene altbekannte Reiſeherbergen aufzuſuchen. Sie nehmen ſich die Zeit und dürfen ſie ſich nehmen, denn vor Ende März kommen ſie nicht zum Niſten: — dort oben im Norden wird es gar ſpät wirthlich. Die Weindroſſeln niſten ebenſo weit nördlich als die nördlichſten Zeimer und noch weiter nach Norden zu in verkrüppelten Tundrawäldern von Birken und Kiefern. Es iſt dies eine wunderliche Erſcheinung, die ſich mit dem froſtigen Weſen nicht „ vereinigen will, welches die Weindroſſeln bei uns an den Tag legen. Ich habe oft im Frühjahr geſehen, daß die Weindroſſeln ſich ſtundenlang mit aufgeſträubten Federn an die Aeſte und Stämme ſchmiegten, wo die Zeimer in unmittelbarer Nachbarſchaft ſchlank und frank auf den Aſtſpitzen draußen ſtanden und ſich luſtig ſchackernd den rauhen Wind um den Schnabel blaſen ließen. Da verwundert es, daß der Zeimer bei uns als Brutvogel immer häufiger wird, während die Wein⸗ droſſel von vielen Ornithologen als deutſcher Brutvogel nicht aufgeführt wird. Letzteres iſt indeß nicht ganz richtig. Im Jahre 1868 fand ich Mitte Juni auf dem Rothen Berg bei Ronneburg in Oſtthüringen ein Weindroſſelneſt und einige Jahre ſpäter fand J. Kratzſch ein ſolches bei Gimmel unweit Schmölln.“) Der Rothe Berg iſt ein ziemlich felſiger und ſteiniger, dabei aber vielfach quelliger Hügel⸗ zug zwiſchen zwei waſſerreichen Thälchen, welcher gemiſcht mit Laubbuſchwald be⸗ ſtanden iſt. Dort ſtand das Neſt ganz niedrig, etwa zwei Spannen hoch über dem Boden auf einem Birkenſtumpf, wie ſolche ſich bei dem wenigjährigen Umtrieb der | Laubniederwaldkultur erzeugen. Es ſtand zwiſchen theils dürren, theils noch grünen Schößlingen auf einer angefaulten alten Schnittfläche des Stockes. Der untere Theil des Neſtes war ſehr ſolid aus feſtem eingeſpeichelten Lehm mit eingewickelten Grashälmchen und feinen Haidezweigen ausgeführt und ſaß recht breit auf der Unterlage auf. Nach oben ward die Wand des Neſtes dünner und beſtand aus reichlicheren Haidezweigen und Grasblättern mit weniger eingekneteter Lehmmaſſe. Das Innere war mit einigen feineren Hälmchen von Gras und Labkraut aus⸗ gekleidet und mit (durch Speichel) feſt anklebenden Lehm- und Kuhdüngerpartikeln beſtrichen. Der ganze Bau war ſo feſt angekittet, daß er ſpäter, als ich ihn weg⸗ nehmen wollte, zerbrach. In dem Neſt lagen fünf Eier ähnlich denen der Amſel, ganz ähnlich denen des Zeimers, aber weit kleiner. Das Neſt ſtand etwa 100 Schritt vom Rand des Wäldchens gegen die Wieſe, wo ein ſehr viel frequentirter Fußweg ſich hinzieht. Die Thiere waren vielleicht grade deshalb, vielleicht aber auch von Haus aus gar nicht ſcheu und ließen ſich aus nahem Hinterhalt recht gut beobachten. Das Männchen ſang ſchöner als ich, allerdings vor langer Zeit, ein ſolches in Gefangenſchaft hatte ſingen hören. (Das Modell zu der vorſtehenden Abbildung gehört zu einem Pärchen, welches ich erſt ſeit vorigem Herbſte beſitze, und welchem ich nächſtes Frühjahr Gelegenheit zum Niſten geben will.) Die Ge⸗ ſangsſtrophen begannen oder endigten mit hübſchen, nicht allzulauten Flötentönen, die einigermaßen an die Zippdroſſel erinnerten, und beſtanden ſonſt aus angenehmen, wenig lauten, klirrenden, leis pfeifenden, ſchnarrenden Tönen, die ſich mit dem leiſen ſtudirenden Geſang der Zippdroſſeln vor Beginn der eigentlichen Singperiode ) Näheres berichtete ich ſeiner Zeit in „den Brutvögeln Oſtihüringens“ in Canabis J. f. Ornith. Jan. 1878. — — — recht gut vergleichen laſſen. — Ich ließ die Eier unberührt, da ich dergleichen nicht ſammele, und weil mir viel daran lag, die Alten recht lange zu beobachten, und machte auch, nachdem die Jungen ausgeſchlüpft waren, noch zweimal Beſuche am Niſtplatz. Beim Atzen hörte ich die Jungen nicht ſchreien; indeß das kommt bei allen Vögeln vor, wenn die Alten recht reichliches Futter finden. Eine Abhaltung ließ mich erſt etwa 15 Tage nach ihrem Ausſchlüpfen wieder dahin gelangen, und war das Neſt leer und von Alten und Jungen Nichts zu ſehen. Da das Neſt ganz ungeſtört und reichlich voll Federhülſenſchuppen war, darf ich wohl annehmen, daß die Jungen glücklich davon gekommen ſind. — Seit jener Zeit habe ich in Oſtthüringen keine brütenden Weindroſſeln wieder geſehen. Es war eben eine Ausnahme, die ſich vielleicht durch die Annahme erklären läßt, daß die Droſſeln beide oder wenigſtens eine von ihnen, dort am Rothen Berg ein Plätzchen trafen, welches dem eigenen engeren Heim im Norden, wo ihre Wiege geſtanden, ſehr ähnlich war. Möglich auch, daß auf dem Zuge beide irgendwie Schaden gelitten, vielleicht ſich mit Vogel— leim die Schwungfedern einigermaßen untüchtig gemacht hatten, und ſie auf dieſe Weiſe ſo lange zum Dableiben genöthigt wurden, bis die Zeit zu ſpät wurde und ſie wegen vorgeſchrittener Eireife hier niſten mußten. Letztere Annahme hat am wenigſten für ſich, denn nicht ganz flugfähige Vögel ſind in der Regel nicht brüte— luſtig und legen lieber ihre Eier ſeitlich ab, als daß ſie zur Anlage eines Neſtes ſchritten. Unter allen unſeren Droſſelarten haben die Weindroſſeln den weichſten Flug und die ſanfteſte Bewegungsweiſe. Das Ruckweiſe der Droſſelbewegung liegt aller— dings als charakteriſtiſch ihrem Laufen, Hüpfen und Fliegen auch zu Grunde, aber es iſt beträchtlich abgemildert, nicht ſo ſtürmiſch und „auf den Schlag einexercirt“. Auch ihr Liebeswerben iſt nicht ſo ſtürmiſch und gebieteriſch drohend, ſondern mehr bittend: das Weibchen ſitzt auf dem niedrigen Aſt eines Buſches, und das Männchen rennt unter ihm mit bittendem Aufblick, etwas geſträubtem Rückengefieder und mit ſchirkendem shirrrh, kurzen Schrittes hüpfend auf und ab. — Doch hierauf werde ich ſpäter zurückkommen. — Für die Gefangenſchaft eignet ſich eben wegen des weniger ſtürmiſchen Weſens und wegen der geringern Größe die Weindroſſel inſofern beſſer, als ſie mit einem kleinen Raum fürlieb nimmt, ohne darin an der Schön— heit der Befiederung einzubüßen. Auch die weniger laute Stimme empfiehlt ſie für das Haus, ſowie der Umſtand, daß man ein Pärchen zuſammenthun kann; letzteres iſt ſehr zweckmäßig, weil ſie dadurch zu lebendigeren Bewegungen angeregt wird. Trotzdem ſieht man und ſah man auch früher dieſen Vogel ſelten in Gefangen⸗ ſchaft, obgleich er mit dem einfachen Droſſelfutter fürlieb nimmt; höchſtens wurde er früher einmal als Lockvogel für den Herd gehalten. Er und noch mehr der Zeimer machten früher die weit überwiegende Mehrheit der auf dem Herd und im on, 8 Stieg erbeuteten Krammetsvögel aus. In der Neuzeit ſcheint fich dies Verhältniß etwas verſchoben zu haben, indem die Weindroſſeln in dieſer Beziehung vorangehen, und neben den Zeimern noch weit mehr Singdroſſeln und Amſeln gefangen werden wie ehedem. Allerdings, — das wollen wir nicht verkennen, — ſind jetzt in vielen Provinzen und Ländern theils in Folge geſetzlicher Regelung, theils in Folge von Verordnungen dieſe Anſtalten zum Maſſenfang verboten, aber allenthalben iſt dies ja nicht der Fall in unſerem Vaterland, weil man glaubt, ein altes, geſchichtlich begründetes, jägeriſches Recht nicht einſeitig willkürlich aufheben zu dürfen. Gut — mögen darüber die Kenner der Geſetze und die geſetzgebenden Faktoren disputiren. Aber das Eine iſt unter allen Umſtänden zu erreichen, daß nämlich auf dem Wege der lokalen Verordnung, durch Uebereinkunft der betreffenden Intereſſenten und durch die moraliſchen Mittel des guten Beiſpiels und der Ueberzeugung wenigſtens die Dohnenſtiege aufhören. In dieſen werden die Vögel in Schlingen gefangen und auf eine meiſt grauſame Weiſe zum Tode gebracht, namentlich wenn die Schlinge nicht an der richtigen Stelle hinter dem Kopf gefaßt hat, oder wenn ein Bein, ein Flügel ſtatt des Halſes gefeſſelt wurde. Und wie viele andere Vögel laufen dabei mit unter, an deren Fang dem Jäger wenig oder gar nicht liegt! Wenn letzterer auch die Zippen und Amſeln als Sänger ſeines Waldes lieb hat und ſchonen möchte, — im Stieg kann er ſie nicht ſchonen, wenn er nicht die Schlingen ſo ſpät ſtellt, daß der Zug beinahe vorüber iſt. Da hängen in den Schlingen an manchem Abend mehr Rothkehlchen, Gimpel, Kernbeißer, Braunellen, Goldammern ꝛc. als eigentliche Krammetsvögel. Auf dem Herd kann man wenig⸗ ſtens alle Zippen und Amſeln und andere Singvögel, welche mit unter's Netz ge— rathen ſind, unbeſchädigt wieder freilaſſen, und werden die Vögel nicht gemartert. — Selbſtverſtändlich iſt damit aber nicht geſagt, daß wir dem Maſſenfang auf dem Herd das Wort reden. f Haus⸗ und Nauch⸗ Schwalben. Von C. von Schlechtendal. Die weit verbreitete Meinung, welche ſich in dem unbeſtimmt gefaßten Aus⸗ ſpruch äußert, daß ein Schwalben-Neſt am Hauſe Glück bringe, iſt nach meinem Dafürhalten nicht eine bloß auf Aberglauben begründete, ſondern hat eine gewiſſe Berechtigung unter Anderm inſofern, als die das Haus in nächſter Nähe ſtets um⸗ kreiſenden Schwalben die läſtigen Mücken und Fliegen fern halten; und wer die Wohlthat erfahren, daß ein Schwalben-Paar im Viehſtall niſtet, wird das Glück zu rühmen wiſſen, daß ſein Vieh in der Sommerzeit freier bleibt von der Plage, welche die Stallfliegen ihm bereiten. Es iſt um ſo mehr dabei immerhin von einem u as Glück zu reden, als durch Offenlaſſen der Fenſter, durch Anbringen von Brettchen an geeigneter Stelle und dergl. den Schwalben der Neſterbau wohl erleichtert, aber nicht mit Sicherheit abgefordert werden kann. Wenn die Schwalben nun einmal nicht kommen wollen, ſo bleiben ſie eben aus, ſo viele ihrer auch vorhanden ſind. In einem beſondern Falle werde ich es nie der Schwalbe vergeſſen, welche mir geradezu eine Retterin in der Noth wurde. In einem geräumigen Stalle auf dem Lande, etwa 100 Schritt vom Wohnhaus entfernt, ſtanden 3 Luxus-Pferde. Als ich mit dem Reitpferde an heißem Sommertage vom Ritt ins Feld heimkehrte, brachte ich eine in der Gegend nicht häufig vorkommende große Stechfliege mit heim. Sie hatte das Pferd unterwegs ſehr beunruhigt, dem lebhaften braven Thiere aber nichts weiter anhaben können. Beim Abſteigen vor dem Stall wurde das läſtige Inſekt verſcheucht, das Pferd durch die Thür raſch eingeführt und dieſe verſchloſſen. Nachdem ich ſelbſt mich nach dieſem heißen Ritt umgekleidet, begab ich mich wieder in den Stall, um mich nach der dem guten edlen Thier gewordenen Pflege umzuſehen. Was aber war geſchehen? Die Stechfliege war durchs offene Fenſter in den Stall eingeſchlüpft und hatte durch ihre Anweſenheit die Pferde in die größte Unruhe verſetzt. Der Kutſcher hatte den Bedienten zu Hülfe gerufen, dann, um bei Erlegung des Unthiers ſicher zu gehen, die Fenſter geſchloſſen, und beide jagten nun mit Beſen hinter ihm her, ohne es erwiſchen zu können. Die Pferde waren inzwiſchen durch das ſehr gefürchtete Inſekt und durch die Jagd nach ihm in eine hochgradige, recht bedenklich geſteigerte Aufregung gerathen, ſo daß ſie auf das Schlimmſte hätten Schaden nehmen können. Aber es hatte Niemand an unſere guten Schwalben gedacht, die auf einem unter der Decke befeſtigten Brettchen niſteten und den Stall von den gewöhnlichen Fliegen ſtets rein hielten. Die Fenſter wurden wieder geöffnet. Die Schwalben hatten vielleicht wegen des Schließens der Fenſter, — ſo ſchien es, — einen beſondern Vorgang geahnt und kehrten nun nach längerem Ausfluge ſofort heim. Nur ein einziger Umflug im Stall durch all' das Gewirre und den Lärm genügte ihnen, und ich ſah eine der Schwalben den Rieſen⸗ Unhold im Fluge wegſchnappen. Der Friede war damit hergeſtellt, die Kataſtrophe einfach beendigt. Dank der reizenden, kleinen, unerſchrockenen Stallgenoſſin war raſch und ſicher geſchehen, was den gewaltſamſten Anſtrengungen nicht gelungen war. Darum bietet es mir, der den lieben Thierchen gut iſt, einen beſonderen Reiz, den behaglichen Eindruck des Heimiſchen, des Sicherheits-Gefühls, wenn ich ſie gelegentlich beobachte, wie ſie, auf ihrem Draht oder dergl. ſitzend, ihr Liedchen ſingen. Düſſeldorf, im December 1885. Beitrag zur Kenntniß der Miſteldroſſel. Von A. v. d. S. Während die Miſteldroſſel, Turdus viscivorus, ſonſt nur vereinzelt in der Altmark zu niſten pflegt, hatten vor einigen Jahren viele Paare dort ihr Brut⸗ geſchäft vollendet. In Garten und Wald hörte man die lockenden und warnenden Töne der Alten, welche ihre Jungen fütterten. Es war die Zeit, wo der Waidmann wieder zur Büchſe greift, um dem Reh⸗ bock die Kugel kunſtgerecht auf's Blatt zu ſenden. Auch ich wollte, gedeckt durch einige Haſelſträucher, das Heraustreten der Rehe auf die vor mir liegende Wald⸗ blöße erwarten, als plötzlich von einer unfern ſtehenden Eiche ein Viseivorus mit lautem Geſchrei auf mich zuſchoß. Natürlich vermuthete ich die Jungen in der Nähe und entdeckte auch bald zwei von ihnen in den beſagten Sträuchern, während ſich die übrigen in der Krone der Eiche aufzuhalten ſchienen. In der Erwartung, die | Alten würden ihre Kinder fortloden und dieſe ſelbſt wegflattern, trat ich noch näher an die Büſche heran. Indeß jene ſchienen der Anſicht zu ſein, daß es beſſer wäre den Störenfried zu vertreiben; und ſo ſchoſſen ſie — denn mittlerweile hatte ſich eine zweite alte Droſſel eingefunden — mit angezogenen Flügeln auf mich herab, indem ſie immer erſt dicht vor oder über meinem Kopfe umdrehten, um zur Eiche | zurückzukehren und von da einen neuen Anlauf — ſ. v. v. — zu nehmen. Sobald ſie in meine Nähe kamen, ließen ſie dünnflüſſigen Koth fallen, wodurch, wie durch ihr immer dreiſteres Anſtürmen — ſchon mehrmals hatten ſie mit den Flügeln | mein Geficht gejtreift — ich veranlaßt wurde, zunächſt die Angreifer mit Arm und Gewehrlauf abzuwehren und ſchließlich von dem Droſſelangriff „geworfen“ den Rückzug anzutreten. Ein längeres Ausharren würde jedenfalls ebenſo intereſſant wie grauſam geweſen ſein. Noch eine kurze Strecke weit verfolgten mich die be⸗ ſorgten Eltern mit Geſchrei, dann kehrten ſie zu ihren braunäugigen Kindern zurück. ö Gewehrlauf, Joppe und Hut waren theilweiſe wie mit Kalk getüncht. Wenn ich auch annehme, daß dieſes Abgeben der Exkremente nur eine Folge elterlicher Angſt war, und ich möchte faſt ſagen, den Vögeln unbewußt geſchah, alſo nicht gleichſam als Waffe gebraucht wurde, ſo bleibt doch die Frage, ob damit nicht den Vögeln ein Schutzmittel gegen kleinere Raubthiere von der Natur ge⸗ geben ſei. Eine ganz ähnliche Erſcheinung haben wir, wenn junge, auf den Horſten beſchoſſene Reiher den überaus ſtinkenden Kropfinhalt auf den Schützen herabſpeien. Um Beantwortung dieſer Frage ſeitens Leſern dieſes Blattes, denen mehr Erfahrung zur Seite ſteht, ſei hiermit angelegentlichſt gebeten, | Beetzendorf i. d. A. „ Die Epidemie unter den Silbermöven (Larus argentatus) auf den oſtfrieſiſchen Nordſeeinſeln. Nach mehrjährigen Beobachtungen von Edmund Pfannenſchmid-Emden. Die Sterblichkeit der jungen Möven im Spätſommer, welche in dem einen Jahre ſporadiſch, in dem andern epidemiſch auftritt, in letzterem Falle dann ſeuchen— artig wüthet, hat in den Tagesblättern vielfach von ſich reden gemacht. Naumann und andern Ornithologen war dieſe Erkrankung bekannt; aus den kurzen Andeutungen des Altmeiſters der Wiſſenſchaft geht leider nicht hervor, ob die Sterblichkeit in gewiſſen Zeiten einen epidemiſchen Charakter gezeigt habe oder nicht. — Ferdinand Baron von Droſte, dieſer ſonſt jo ſcharfſichtige Beobachter, erwähnt in ſeinem Werke „die Vögel Borkum's“ die Sterblichkeit der jungen Möven nicht. Naumann beſchränkt ſich dyrauf, das Abſterben derſelben durch die läſſig werdende Fütterung der Alten zu erklären und glaubt in dem Federwechſel den Grund zu finden. Die Naumann'ſche Hypotheſe iſt nicht ganz ohne Berechtigung. Auch ich war früher dieſer Anſicht. Fortgeſetzte Beobachtungen und Vergleiche, unter Berückſichtigung der Er: nährungsweiſe der Brut, eröffneten mir aber ganz neue Geſichtspunkte und führten zu einer Diagnoſe, welche ſelbſt für die ſtrenge Wiſſenſchaft ein Intereſſe haben dürfte. In den Brutkolonien der Seeſchwalben und der Silbermöven läßt ſich all jährlich in den verſchiedenen Entwickelungsſtadien der Brut bis zum Verlaſſen des Neſtes eine beſtimmte Sterblichkeit nachweiſen. In günſtigen Jahren ſchätze ich die Abgänge auf 25 bis 331/, %, in ungünſtigen, bei der Silbermöve, auf 75%. Tritt die Seuche epidemiſch auf, dürften nur wenige Junge von der Silbermöve mit dem Leben davon kommen. Nach Zeitungsberichten ſollen verſchiedene Kadaver zur Section von anmejen: den Fremden auf Borkum und Langerog nach Leipzig und an andere Orte geſchickt worden ſein. Da man nur den Mageninhalt unterſucht haben kann und die in höchſter Fäulniß befindlichen gefäßreichen Theile, namentlich auch Blut und Gehirn ſchwerlich weitere Anhaltepunkte mehr geben konnten, ſo werden dieſe Unterſuchungen — wenn ſie überhaupt ſtattgefunden haben — zur Klärung der Sache ſchwerlich viel beigetragen haben. Vorab bemerke ich, daß mir wiederholt Möven, Larus canus und auch L. ridibundus, vorkamen, welche ohne irgend ein Anzeichen einer Verletzung an ſich zu tragen, todt auf dem Grünland des Watts lagen. Auch ſah ich in einigen Fällen welche todt aus der Luft ſtürzen, die ich dann aufheben konnte. Die Beſichtigung 38 dieſer Stücke ergab neben völliger Abmagerung, blutleere Gefäße, gebleichten Rachen und Zunge. Der Mageninhalt zeigte nichts Verdächtiges, die Schleimhäute waren nur wenig geröthet, der Darminhalt ſehr übelriechend, und trat die Verweſung ſehr raſch ein. Erkrankte junge Silbermöven, vollſtändig ausgewachſen, welche ich an den Brutorten mit den Händen ergriff und in einem Dutzend Exemplaren mit nach hier nahm, verſchlangen gierig friſches Fleiſch, zeigten großen Durſt und ver⸗ endeten ſämmtlich nach ein bis zwei Tagen. Bekannt waren mir mehrere Umſtände, welche mir den Weg zu weiteren Unterſuchungen anbahnten. Mit großem Erſtaunen hatte ich ſchon früher das plötzliche Abſterben der Garneele (Crangon vulgaris), die der Engländer ſehr be⸗ zeichnend „Sandsbrimps“ nennt, im Juli und Auguſt beobachtet. Zur Ebbezeit, bei Nordweſtwind, war der Dollart dann mit einer dicken Schicht dieſer abgeſtor⸗ benen Krebſe bedeckt. Die Fluth nahm ſie wieder auf; war der Wind günſtig, ſo führte er ſie in das Meer, auch wohl auf die Watten der Inſeln. Bekannt war mir, was jeder Fiſcher beſtätigt, daß die abgeſtorbenen Krebſe von den Wattvögeln, beziehentlich den Möven nicht angerührt werden. Ich beobachtete weiter, daß nur in denjenigen Jahren eine Maſſenvergiftung der Garneele (nicht zu verwechſeln mit der Granate, Palaemon serratus Fab., welche fälſchlich mit demſelben Namen bezeichnet wird) eintrat, wenn die Nordſee reich an Quallen (Medusa aurita und M. rhizostoma) war. Der Volksmund bezeichnet die Quallen als giftig; richtig iſt, daß eine Berührung der nackten Haut mit M. rhizostoma ein langandauerndes heftiges Brennen verurſacht und von den Badenden daher gefürchtet wird. Die Miesmuſchel (Mytilus edulis), zu den Zeiten gefangen, verurſacht nach dem Genuſſe bei kräftigen Naturen heftiges Magendrücken, bei ſchwächeren Erbrechen, wie ich das bei mir ſelbſt mehrfach feſtſtellen konnte. — Einen nicht ſo böſen Aus⸗ gang wie in Wilhelmshafen, nahm vor einigen Jahren eine durch Garneelen her⸗ beigeführte Vergiftung einer großen Anzahl Perſonen in hieſiger Stadt. Der Dr. med. und jetzige Sanitätsrath N. beſchäftigte ſich ſ. Z. eingehend mit dieſer Vergiftung, ohne der Sache auf den Grund zu kommen. Feſt ſteht, daß der Fall mit den Krebſen nicht genügend unterſucht worden iſt; ich bezweifle ſogar, daß in den maßgebenden Kreiſen die unter Crangon vul- garis vorkommende Epidemie überhaupt bekannt iſt. An den Stranden der Inſeln namentlich von Norderney findet man in den angegebenen Monaten die Quallen maſſenhaft angetrieben, mit der Ebbe gehen ſie wieder in das Meer, ſetzen ſich zwiſchen den Buhnen und den anklebenden Muſcheln feſt, löſen ſich in kleine Theilchen auf und dienen den mit der Fluth heraufkommenden gefräßigen Sandshrimps zur Nahrung. In den verweſenden Meduſen hat ſich aber ein Gift entwickelt, und dies ſcheint bei den Garnelen, Muſcheln u. a. m. raſch, bei den Vögeln langſam zu 2 39 — wirken. Alte Silbermöven ſcheinen es überſtehen zu können. Katzen, welche nach Granaten ſehr lüſtern ſind und welchen ich neben guter Fütterung vergiftete Gar— nelen reichte, krepirten nach vierzehn Tagen bis vier Wochen. Ich glaube daher vollen Grund zu haben, wenn ich die Epidemie unter den Silbermöven auf DVer- giftung durch das Seitens der Eltern dargereichte Futter zurückführe. Selbſtverſtändlich können meine Mittheilungen einen wiſſenſchaftlichen Werth vor der Hand nicht beanſpruchen. Aus meinen Beobachtungen habe ich nur prak— tiſche Folgerungen und Schlüſſe gezogen, welche aber einer wiſſenſchaftlichen Prüfung nicht unwerth erſcheinen dürften, und wozu ich die Veranlaſſung geboten haben möchte. eien aus meinem ornithologiſchen Taſchenbuch. Von F. Lindner. II. Von mir beobachteter Name. Ankunfts⸗ Abzugs⸗ Beſondere Bemerkungen. i termin. 44. Parus palustris, Strich vogel. Bei Zeitz häufig; ebenſo bei Leipzig. Sumpfmeiſe. Iſt in Sondershauſen allgemein beliebter Stubenvogel. 45. Par. coeruleus, Strichvogel. Hier häufig; niſtet gern in Mauer⸗ Blaumeiſe. löchern, die ſie künſtl. Niſtkäſten vorzieht. 46. Acredula cau- — — 1885 ſeltener als die vorigen Jahre. data, Schwanz⸗ Bauen ſchon in der erſten und meiſe. zweiten Woche des März im Zeitzer „Thiergarten“. 47. Sitta europaea, * — Hier nicht eben häufig. Singt Kleiber. 4. 4. 83 laut; niſtet in einem Stadt⸗ garten hier 1883. In der Ge⸗ fangenſchaft verträgt ſich mein K. in einem Käfig mit 3 Ortolanen ganz ſchön und lange: einen Aten tödtete er gleich anfangs als ſie zuſammen gebracht waren. 48. Certhia famil., — — Beharrt in ſeinem nicht grade ſtarken Baumläufer. Beſtand; erklettert u. a. große Fa⸗ | brikſchornſteine. 49. Alauda arven- Mitte — Meine von Thienemann ſtammende Februar. Lerche hat in Th.'s Voliere den sis, Feldlerche. Finkenſchlag nachgeahmt. Name. 50. Galerita erı- stata, Hauben⸗ lerche. 51. Emberiza hortul., Fettammer. 52. E. eitrinella, Goldammer. 53. Miliaria euro- paea, Gerſten⸗ ammer. 54. Schoenicola schoeniclus, Rohrammer. 55. Passer monta- nus, Baumſper⸗ ling. 56. P. domesticus, Hausſperling. 57. Pyrrhula europ., Dompfaff. 58. Serinus hortul., Girlitz. — 40 Von mir beobachteter Ankunfts⸗ termin. Standvogel. 29. 3. 83. — 21. 3. 84. Standvogel. (202. 840 CA. 25. 3. 84. Abzugs⸗ 22. 10. 84. Beſondere Bemerkungen. Die erſte ſingt, gepaart, 12. 2. 85. Ihr Beſtand ſcheint zu wachſen. Kommt bei Zeitz nicht vor. Nach Herrn stud. wed. Pietſch 1 8 läſſiger Angabe bei Frankf. a. häufig. Hier überall ſehr häufig. Ueber ein beſonders zahmes, frei ein- und ausfliegendes Exemplar will ich ſpäter ausführl. berichten. Viele überwintern hier; 23. 11. 84 ſah ich eine große Anzahl G. auf einem Baumgipfel in der „Haide“ bei Halle zuſammenſitzen, am 30.11. noch viel mehr. Im Winter 84/85 haben ſie wied erh. den Hof beſucht. Bei Zeitz nicht häufig; bei Leipzig ziemlich häufiger Brutvogel (bei Möckern). Hier gemein. Ich fand u. a. ein Neſt in einem Uferloch in einer Lehmwand am ſalzigen See bei Eisleben (21. 6. 84). Ich habe namentlich auf Kakerlake vigilirt. In Leipzig mehrere: am Floßplatz, Auguſtusplatz, Theater⸗ platz, Südſtadt u. ſ. w.; in Halle: alte Promenade und Poſtſtraße. Einen ganz weißen ſah ich in Thale a. H. In Zeitz einen theil⸗ weiſe weiß gefärbten. Im Peer Forſte ſeltener Brut⸗ vogel. 9 1882 niſteten die erſten 2 Paare in Brehms Garten, 1883 ſchon 8 bis 10 Paare bei Zeitz. 2. 2. 84 ſingt ein überwinterndes Männchen im Thiergarten bei Zeitz, die übrigen | Ende März zurück. Die Jungen fliegen aus 2. 6. 84. Der G. ſingt noch 10. 10. 84 bei Zeitz u. 22. 10. bei Halle. (Ein G.⸗M. paarte ſich, nach Herrn Wagners Angabe, hier mit einem Kanarienv. ab. erfolglos). Von mir beobachteter Name. Ankunfts- Abzugs⸗ Beſondere Bemerkungen. termin. 59. Spinus viridis, 12. 10. 84. bis 3. 4. 83. Niſtet (1883) im Zeitzer Forſt, Zeiſig. bis 27.4. ja in einem Stadtgarten in dem etwa 20° hohe Fichten ſtehen; ich ſah die eben ausgeflogenen Jungen; das Neſt konnte ich leider nicht finden. Es werden hier alljährlich ſehr viele gefangen. 60. Carduelis ele- — — Streichen im Winter in Erlen x. gans, Stieglitz. herum, kehren in großer Menge 2. 4. 83 zurück. Hier ziemlich häu⸗ figer Brutvogel. Hat der Vogel Zähne? Von Martin Bräß. Mancher von den geehrten Leſern dieſer Zeitſchrift wird vielleicht überraſcht ſein, daß ich mir erlaube, dem vorliegenden Aufſatze eine ſolch' elementare Frage voranzuſtellen — eine Frage an ein Kind. Und doch ſind die Fachgelehrten noch nicht einig, ob dieſe Frage mit Ja oder mit Nein zu beantworten. Es geht uns ja in vielen Dingen ſo: wir urtheilen nach genauer Prüfung eines Naturobjekts, einer Naturerſcheinung oftmals ganz anders, als bei der erſten flüchtigen Betrachtung. Allerdings hat der Vogel in ſeinem Schnabel keine Zähne und dadurch unter— ſcheidet er ſich eben weſentlich von der Klaſſe der Reptilien auf der einen und der der Säugethiere auf der andern Seite. Ja, die Natur hat ſehr weiſe gehandelt, daß ſie dem Vogel die Zähne verſagt hat, denn ſie würden den Kopf unnöthiger⸗ weiſe belaſten, welch' letzterer doch, auf dem langen Stiele des Halſes ſitzend, möglichſt leicht ſein muß. Und nicht nur unmittelbar würden die Zähne dazu beitragen, die Laſt des Kopfes zu erhöhen; ihr Vorhandenſein würde als Anſatz— punkte auch ſtärkere Kiefer erfordern, und, ſollten die Zähne ihrer Beſtimmung, die Nahrung zu zerkleinern und zu zermahlen, genügen, jo müßten auch die Beiß— muskeln eine viel größere Mächtigkeit erreichen, ſowie die knöchernen Verbindungen des Schädels mit dem Kieferapparat bei weitem kräftiger ſein; kurz, der ganze Bau des Kopfes würde um ein Bedeutendes an Gewicht gewinnen, er würde ſäugethierartig werden, und nun denke man ſich einen Schwan, einen Strauß mit dem Schädel eines ungefähr gleichgroßen Säugethiers auf dem ſchwachen Halſe — welche Unnatur! Zwar können die ſcharfen Ränder des hornigen Schnabels höchſt unvollkommen nur die Nahrung zerkleinern, zumal letztere von faſt allen Vögeln mit ungemeiner 4 l Haſt verſchlungen wird. Trotzdem aber bedarf der Vogel keiner weiteren Vor⸗ richtungen im Schnabel; die Speiſe wird an anderer Stelle zerkleinert. Es ift höchſt lehrreich zu beobachten, wie alle ſchweren Organe am Vogelkörper nach deſſen Mitte zu, alſo centripetal, gelegen ſind, um die Vorderextremitäten beim Fluge oder die langen Pendel der Beine und Füße beim Schreiten und Hüpfen möglichſt leicht beweglich zu machen. Die Muskeln z. B. liegen dicht dem Körper an und ſenden lange, feſte Sehnen nach den peripheriſchen Theilen; ſo iſt auch das Organ, welches die Zerkleinerung der Speiſe vollzieht, zu Gunſten von Hals und Kopf in dem Centrum des Vogels gelegen: es iſt der Magen, oder richtiger geſagt, es ſind die Mägen; denn der Vogel beſitzt am unteren Ende der Speiſeröhre einen drüſen⸗ reichen Vormagen von meiſt ovaler Form, auf welchen der größere, der eigent- liche Magen folgt. Das Secret, welches im Drüſenmagen abgeſondert wird, iſt von großer Schärfe und deshalb vorzüglich dazu geeignet, auch feſtere, härtere Sub⸗ ſtanzen in kurzer Zeit aufzulöſen. Ein großer Geier ſoll in 28 Stunden das Schulterblatt eines Rehes verdauen können, eine Arbeit, die ein mittelgroßer Hund trotz ſeiner Zähne nicht zu leiſten vermag; ſogar Eiſenſtückchen zeigen eine ver- änderte Form, nachdem ſie den Darmkanal eines Haushahns paſſirt haben. Der zweite Magen iſt mit Muskelwandungen verſehen und wird deshalb kurz als Muskelmagen bezeichnet. Dieſe Muskelwandungen ſind verſchieden ſtark je nach der Nahrung der Vögel: ſchwächer bei den Raubvögeln, kräftiger bei den Körner: freſſern. Im Magen der letzteren befinden ſich außerdem, von der hornigen Innen: wand gebildet, zwei Reibplatten, welche, gleich Mühlſteinen auf einander wirkend, vorzüglich geeignet ſind, die im Drüſenmagen chemiſch präparirten Nahrungsſtoffe nun auch ihrerſeits mechaniſch zu bearbeiten, ein Vorgang, der durch aufgenommene Sandkörnchen und Steinchen noch erleichtert wird. So gelangen wir zu dem Re⸗ ſultat, daß die Natur durch anderweitige Einrichtungen ausreichend dafür geſorgt hat, die dem Vogel fehlenden Zähne genügend zu erſetzen. Wir haben uns daran gewöhnt, in den Eigenſchaften eines Organismus“ welche uns höchſt zweckmäßig erſcheinen, Anpaſſungen an äußere Lebensverhältniſſe zu erkennen und wir glauben, in Obigem zur Genüge den Mangel der Zähne und deren wunderbaren Erſatz aus der Flugbewegung, dem Charakteriſtikum des Vogels zart 28oyrw, erklärt zu haben. Wir find aber zugleich in der glücklichen Lage, dem geneigten Leſer ad oculos zu demonſtriren, daß ſich dieſe für den Vogel jo | zweckmäßigen Eigenſchaften in Betreff der Zähne erſt im Laufe der Zeit heraus: gebildet haben. Denn der erſte Vogel, welchen wir in der Geſchichte unſrer Erde nachweiſen können, der Archaeopteryx lithographieus in dem lithographiſchen Schiefer von Solenhofen in Bayern, von welchem bis jetzt außer einzelnen Federn wei vollſtändige Exemplare gefunden worden ſind, beſitzt gezähnte Kiefer. Der no „Arehaeopteryx“, jagt C. Vogt, „it ein höchſt wichtiger Markſtein auf dem Wege, den die Klaſſe der Vögel verfolgt hat, um ſich mehr und mehr von den Reptililien und zwar den Dinoſauriern zu differenziren, aus denen ſie entſprungen“. In der That, wir können dieſes Thier, welches übrigens bereits ein echter Vogel iſt, nur dann verſtehen, wenn wir annehmen, daß die Vögel ſich progreſſiv aus gewiſſen Typen der Reptilien etwickelt haben; denn außer den Zähnen finden wir am Archaeopteryx noch viele andere Merkmale, welche den Reptilien zukommen. Der Hals, der Schultergürtel, namentlich aber die Vorderextremitäten mit den drei völlig ausgebildeten und mit vollkommenen Krallen verſehenen Zehen find reptilien— artig; desgleichen der eigenthümliche Schwanz, welcher durch eine Reihe von zwanzig länglichen Wirbeln gebildet wird. An jedem Wirbel, nicht wie beim heutigen Vogel nur an der Endplatte, ſitzen zwei Steuerfedern, die eine auf der linken, die andere auf der rechten Seite. Die ungefähr gleich langen Schwungfedern ſind am Rande des Ellenbogens befeſtigt. Das Schienbein war ſeiner ganzen Länge nach mit Federn bedeckt; ob der übrige Körper nackt oder befiedert geweſen, läßt ſich ſchwer mit Sicherheit feſtſtellen; doch ſcheinen ganz zarte Abdrücke feiner Federn für letztere Anſicht zu ſprechen. Wir werden nicht irren, wenn wir in dem ſoeben beſchriebenen Vogel einen höchſt mangelhaften Flieger vermuthen. Der amerikaniſche Paläontolog Marſh beſchreibt ferner Vögel aus der Kreide von Kanſas; dieſe bilden, um mich des Ausdrucks Vogts abermals zu bedienen, einen weiteren „Markſtein auf dem Wege“, den die Entwicklung des Vogels genommen: während der ganze Organismus völlig mit dem unſrer heutigen Vogelwelt über— einſtimmt, behalten die Kiefer doch noch ihre Zähne. Wir haben oben auf das Wechſelverhältniß aufmerkſam gemacht, in welchem Bezahnung und Magen ſtehen, und der Schluß, daß der Magen bei den genannten Vögeln der Vorzeit viel un: vollkommener geweſen ſein wird, als bei dem heutigen Vogel, muß als richtig erkannt werden, obgleich die Weichtheile natürlich nicht auf uns gekommen ſind. ‘Ex ungue leonem': dies gilt auch hier. Bei einer früheren Gelegenheit (ſ. Monatsſchr. 1885 S. 155) hat Verfaſſer ſchon auf das ganz allgemein geltende biologiſche Geſetz hingewieſen, daß jedes Individuum in ſeiner perſönlichen Entwicklung alle jene Stadien in Kürze durch— laufen muß, die ſeine Vorfahren in unendlicher Reihe von Jahren zurückgelegt haben. Wir ſind demnach zu der Erwartung berechtigt, bei der Unterſuchung des embryonalen Vogels Eigenthümlichkeiten zu finden, die in früheren Zeiten dem aus⸗ gewachſenen Thiere zukamen z. B., was uns hier ganz beſonders intereſſirt, Zähne. Bekannt iſt der ſogenannte „Eizahn“ des jungen Vogels. Es iſt dieſe Bildung jedoch ebenſo wenig ein Zahn als z. B. die Zähne der Würgerarten, welche nur eine zahnartige Verlängerung des oberen Schnabelrandes darſtellen. Es ſei , mir indeſſen geſtattet, den Eizahn des Vogels, der, ich wiederhole es nochmals, nicht das entfernteſte zu thun hat mit den Zähnen des Archaeopteryx, kurz zu be— ſchreiben. Er iſt ein wenig über der Spitze des Oberſchnabels gelegen und beim Hühnchen ſchon am ſechſten oder ſiebenten Brütungstage als ganz kleine Erhebung ſichtbar. Zumeiſt beſteht er aus Kalk. Durch Bildung neuer Hornzellen in der darunter befindlichen Schleimſchicht wird der Eizahn weiter in die Höhe geſchoben, ſodaß die Spitze deſſelben bald jenes Häutchen durchbricht, welches den Schnabel umhüllt und als Epitrichium bezeichnet wird. Achtzehn Tage mag das Hühnchen alt ſein, wenn der Eizahn ſeine definitive Geſtalt und Größe erhalten hat. Das ganze Gebilde gleicht einem Kugelabſchnitt (etwa einem Drittel der ganzen Kugel) mit aufgeſetzter ſehr ſcharfen Spitze, welch letztere ſchräg nach vorn und oben ge— richtet iſt und mit der Achſe des Schnabels einen Winkel von ungefähr 50 bildet (ſ. Fig. a). Wie Dr. Gardiner angiebt, wird der Eizahn im Jahre 1826 von a Schnabel des Hühnchens kurz vor dem Verlaſſen des Eies. b Längsſchnitt durch den Oberkiefer von Melopsittacus undulatus, um die Papillen auf dem Gaumen zu zeigen. William Yarrell zuerſt erwähnt, welcher auch den Zweck dieſes Gebildes, die Eiſchale zu durchbrechen, erkannte; ſeine Vermuthung, daß ſich Größe und Schärfe des Eizahns nach der Stärke der Schalen bei den verſchiedenen Vogelarten richte, bedarf noch der Beſtätigung. Kurz nach dem Verlaſſen des Eies geht der Eizahn, der ſeine Aufgabe nun erfüllt hat, zu Grunde. Es ſei übrigens noch erwähnt, daß Schlangen und Eidechſen, Krokodile und Schildkröten ebenfalls einen Eizahn beſitzen, der mit dem des Vogels verglichen werden kann. Wir müſſen aber jetzt unſere Aufmerkſamkeit denjenigen Gebilden des Vogel⸗ ſchnabels zuwenden, in welchen einige Forſcher die Zahnkeime der Vögel gefunden zu haben meinen. Für Unterſuchungen über dieſen Gegenſtand eignen ſich beſonders Papageiembryonen z. B. Melopsittacus undulatus, der Wellenpapagei. Fertigt man einen Längsſchnitt durch den Oberkiefer eines ſolchen Vogels, ſo zeigen ſich auf dem Gaumen ſehr deutlich eine Reihe kleinerer und größerer Papillen, die von vielen Blutgefäßen durchzogen find und in ihrem Innern feſtere Knoten bergen (ſ. Fig. b). Dieſe Bildungen, übrigens auch beim Hühnchen, wenn ſchon nicht jo deutlich wahr: zunehmen, find es, die von einigen Forſchern als Zahnkeime in Anſpruch genommen werden, eine Anſchauung, die in neueſter Zeit ihre Gegner gefunden hat. Die Akten über dieſe Unterſuchungen ſind noch nicht geſchloſſen, und deshalb möchte ich mich begnügen, dem Leſer ganz objectiv die Anſichten verſchiedener Gelehrten vorzuführen, welche über dieſen Gegenſtand gearbeitet haben, wobei ich mich der ſehr dankens⸗ werthen Zuſammenſtellung in der Diſſertation Dr. Gardiners aus Boſton bediene. Etienne Geoffroy Saint Hilaire war es, der im Jahre 1820 zuerſt in beiden Kiefern junger Papageien eine Reihe von Papillen entdeckte mit jenen Knoten im Innern, welche von Blutgefäßen und Nerven durchſetzt ſind und nach ſeiner Mei⸗ nung den Zahnkeimen der übrigen Wirbelthiere entſprächen. Im folgenden Jahre be— merkte Cuvier, daß ſich über den Papillen, dem Schmelz der Zähne zu vergleichen, eine Hornſchicht ausbreite. Blanchard findet hierauf, daß die Papillen aus Dentin beſtehen, der ſpäter reſorbirt werde und behauptet die Identität jener fraglichen Gebilde mit den Zähnen der Reptilien. Fraiße hingegen verwirft in einem Vor⸗ trage „Ueber Zähne bei Vögeln“ 1879 die Zahntheorie Blanchards vollſtändig, da nach ſeiner Ueberzeugung jene Papillen keine Spur von Dentin enthalten. Die Subſtanz, welche die Papillen umgiebt, zeigt zellige Struktur, und dies beweiſt, daß es ſich hier um Hornzellen, nicht aber um Dentinkanälchen handelt. Letzterer Anſchauung ſchließt ſich auch Gardiner an. „Die Cutis“, ſagt er, „bildet in dieſen Erhebungen zwar ein feſteres Gewebe wie anderswo, weiſt aber nirgends eine Spur von Knochen auf.“ So ſprechen die neuſten Unterſuchungen gegen die Meinung, daß der Vogel im embryonalen Leben noch jenen Charakterzug ſeiner Ahnen bewahrt habe, und wir haben demnach die Brücke, welche zu den Zähnen des Archaeopteryx führt, noch nicht gefunden. Ueber die Bedeutung jener räthſelhaften Erhebungen wiſſen wir aber nichts zu ſagen. Kleinere Mittheilungen. Sperberfang. Bekanntlich findet in den Dohnen, wenn die Schlingen den Sommer hindurch aufgeſtellt bleiben, mancher kleine Singvogel, welcher zufällig auf dem Bügel fußt, ein trauriges Ende. Daß aber darin auch einmal ein Sperber ſein Leben aushauchen kann, habe ich im vorigen Frühjahr erfahren, als mir ein befreundeter Forſtmann ein ganz friſches Sperbermännchen überreichte, das er beim zufälligen Paſſiren des Dohnenſtiegs dort hängen ſah. Das Thier war freilich todt, doch war bei ihm die Leichenſtarre noch nicht eingetreten. Gewiß hatte der Räuber im Dohnenſtiege, der einerſeits von einer dichten Feldhecke und andrerſeits von einem jungen Buchenausſchlage begrenzt iſt, einen Vogel verfolgt und war a a dabei zufällig mit dem Kopfe in die Schlinge gerathen. Daß er vielleicht den untern Bügel der Dohne ſich als Sitzplatz auserleſen, läßt ſich nicht wohl annehmen, weil einmal die Dohne frei ſchwebte, dann aber auch von ſo kleiner Form war, daß ſie dem Vogel zum Aufrechtſitzen nicht genügend Ruum geboten hätte. | In Nummer 10, Jahrgang X unſerer Zeitſchrift, theilt Herr Prof. Dr. Liebe mit, daß in früheren Zeiten in den Walddörfern häufig Sperber an mit Leim⸗ ruthen beſteckten Käfigen der Lockzeiſige gefangen ſeien und es ihm immer ſeltſam | geweſen, daß in der Regel der große Vogel durch die ſchwache Ruthe flugunfähig geworden ſei. Nach meinen Erfahrungen — und ich mache dieſe noch alle Jahre — erklärt ſich die Sache ſehr einfach. Es bleibt nämlich nicht, wie es bei kleinern Vögeln der Fall iſt, der Vogel an der Leimruthe, ſondern dieſe an dem Vogel kleben und zwar am Flügel desſelben, weil er, wenn er wild den Käfig umflattert, die Flügel ausbreitet. Sind ihm aber die Flügelfedern durch eine Leimruthe ge— feſſelt, ſo iſt er abſolut flugunfähig und ſtürzt auf den Erdboden herab. Es kann freilich auch vorkommen, daß ihm die Leimruthe an den Schwanz geräth, und er unbehindert damit abzieht. Auch der Raubwürger (L. exeubitor), der im Herbſt und Winter in den Dörfern Einkehr hält und gern auf eingebauerte Vögel ſtößt, wird häufig durch eine Leimruthe flugunfähig. Einſt fing ich an einer etwa hand⸗ langen Leimruthe, die ich an einem Fuchskadaver auf einem Baume angebracht hatte, eine Rabenkrähe (C. corone). Vater Brehm erzählt ſogar den Fang eines Uhus mit Leimruthen, welche freilich faſt die Stärke eines Fingers hatten. | H. Schacht. Staare. Geſtern, am 3. Februar, hörten wir das muntre Pfeifen der Staare und erblickten auf einer Linde in unſerm Garten vier Stück. Ueber Nacht haben wir wieder tiefen Winter bekommen und iſt Alles mit Schnee bedeckt. Die Thiere waren gewiß in großer Noth, bis ſie merkten daß hier doch gut zu leben iſt, denn es wird in Jena in Winterfütterung recht viel gethan. Ich habe den vier Staaren ganze Häufchen Ameiſenpuppen gegeben, die ſie ſich ſehr wohl haben ſchmecken ö laſſen. Die Thiere waren gar nicht ſcheu. — Man will hier ſchon im Dezember | einzelne dieſer Frühlingsboten beobachtet haben. Sollten ſich die Thiere vielleicht ſoweit akklimatiſirt haben, daß fie zu Standvögeln oder wenigſtens zu Strichvögln wurden, die nahezu Standvögel ſind? H. C. Jena. | Ein auf der Straße gefundenes Kukuksei. Als ich am 6. Mai 1885 das Dorf Wolfranger durchſchritt und das letzte Haus, die Kaltwaſſerheilanſtalt, erreicht hatte, erblickte ich gerade vor dieſem Haufe auf dem neben dem Straßendamm fort⸗ laufenden Fußwege vor mir ein Kukuksei, das kaum länger als eine Minute dort gelegen haben konnte, da der trockene Sand des Bodens an dem noch feuchten Ei | | ,, beim Aufnehmen hängen blieb. Der Kukuk hatte wohl das eben gelegte Ei in ein von ihm früher aufgeſuchtes, an der Mauer oder am Felſenabhang befindliches Rothkehlchenneſt, in das er ſich nicht ſetzen konnte, tragen wollen, war aber durch einen mir voraufſchreitenden Mann in ſeinem Vorhaben geſtört worden. In hieſiger Gegend benutzt nämlich der Kukuk faſt nur Rothkehlchenneſter für ſein Ei. A. W. Sperber und Hermelin. Vor etwa 3 Wochen beobachtete ich im Felde einen Kampf zwiſchen einem Hermelin und einem Sperber. Der Strauchritter verfolgte in ſolcher blinden Wuth ſein Opfer, daß ich mich bis auf etwa 15 Schritte nähern konnte, ehe er mich bemerkte. In dieſem Augenblicke hatte ihn aber das Hermelin, das ſich durch Biſſe nach den Fängen ſeiner zu entwehren ſuchte, am Fuß gefaßt und ſich ſo verbiſſen, daß es ſich 2—3 m durch die Luft tragen ließ, ehe es ſeinen Verfolger frei gab. In kurzer Entfernung ſetzte ſich auch darauf der Sperber, ein Zeichen, daß er ernſtlich verletzt worden war. Heute fand ich ihn, von den Raben ſchon zerfleiſcht, hinter einem Kornhaufen in der Nähe des Kampfortes. Der Fuß war unmittelbar über dem Ferſengelenk vollſtändig durchgebiſſen. Dortmund, den 3. Januar 1886. F. Gräßner. Litterariſches. Wieder liegt ein Jahrgang des „Zoologiſchen Garten“ abgeſchloſſen vor uns. Schon ſeit vielen Jahren eine unentbehrliche Fundgrube für den Biologen, hat ſich dieſe Zeitſchrift unter der ausgezeichneten Redaktion des ebenſo gelehrten wie praktiſchen Dr. F. C. Noll, Profeſſor am Gymnaſium zu Frankfurt a. M., immer mehr vervoll— kommnet. Gediegene Beobachtungen des Lebens der Thiere aller Klaſſen füllen neben Nachrichten aus den Zoologiſchen Gärten dieſe uns lieb gewordenen Blätter. — Für den Ornithologen bietet der vorliegende Jahrgang folgende größere und kleinere Aufſätze: Ueber den Jendayah-Sittich v. E. Rüdiger, über afrik. Straußenarten v. K. G. Henke, über Brutreſultate afrik. Strauße in Stuttgart v. J. Nill, über den weißwangigen Helmvogel und den Wiriwa in Gefangenſchaft v. G. Eismann, über den Buntſpecht v. H. Landois, über die Purpurſchwalbe, den Goldſänger, Grünſänger, Meiſenſänger, Heckenſänger, Wurmſänger, Baumläuferſänger und blauflügligen Buſchſänger v. H. Nehrling. K Th, Liebe Anzeigen, Ich bitte darum, mir zum Ankauf eines geſchoſſenen oder ſonſtwie verendeten Großtrappen zu verhelfen. Da derſelbe zum Skeletiren beſtimmt iſt, kommt es auf die Erhaltung der Weichtheile und Federn nicht an. | Gera in Reuß. Prof. Dr. K. Th. Liebe. Ich habe abzugeben 1 Wildentenerpel (Anas boschas), ſchneeweiß, große Seltenheit, den ich auch gegen 1 oder 2 gewöhnlich gefärbte A. boschas vertauſche; ferner einen 83er und einen 84er Goldfaſanhahn und 1,2 Italiener Enten. Thonwaarenfabrik Altenbach bei Wurzen. H. Hülsmann. ae Niſtkäſten“) nach den Angaben des Herrn Prof. Liebe hat der unterzeichnete Verein an⸗ fer laſſen, und giebt dieſelben zu folgenden Selbſtkoſtenpreiſ en abs für Staare à 40 Pfg., für Meiſen à 35 Pfg. Beſtellungen ſind zu richten an Herrn O. Schale, Torgau, Bückerſtraße. | | v» Berge‘, Verein für Geflügelzucht, Vogelſchutz und Vogelkunde in Torgau. ) Dieſelben ſind praktiſch, dauerhaft und gut gearbeitet und können daher nur empfohlen werden. Thiele, 5 I. Schriftführer des Deutſchen Vereins z. Schutze der Vogelwelt. Niſtkäſten für Staare, Meiſen, Rothſchwänzchen, Fliegenſchnäpper u. dgl., genau nach Vor⸗ ſchrift im Auftrage des „Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt“ an⸗ gefertigt, empfiehlt billigt Carl Schumann, Holzhandlung in Halle a. S. Anbringungs-Anleitung obigen Vereins gratis. Vereinen und größeren Ab- nehmern Rabatt. Emballage wird nicht berechnet. G. BODE, Leipzig, Handels- Menagerie und Goldfiſchhandlung Königsplatz 9 empfiehlt: Jamaicatroupiale St. 21 %; doppelte Gelbköpfe, zahm und ſprechend, St. 60 M; Naſenkakadus St. 14 % Salonkakadus St. 18 AM; große Gelbhauben⸗ kakadus St. 16 AM; Jaccos, Graupapageien St. 15 ; dito Lieder pfeifend und ſprechend, St. 100 755 200 0%; blauftirnige Amazonen St. 24 ; dito zahm und ſprechend, St. 36, 60, 100 ; Gelbnackenamazonen St. 65 .; Surinampapageien, ſchön im Gefieder, zahm und ſprechend, St. 36 %; Nymphenſittiche Paar 15 % Cactusſittiche P. 10 ; Goldſtirnſittiche P. 9 ,; Wellenſittiche P. 7,50 , gute Zuchtpaare 10 ; grauköpfige Inſeparables P. 10 ,; Gold- und Silber⸗ Faſanen 36 A; Carolinen-Enten P. 30 %,; oſtindiſche Nonpareils, ſog. Papagei⸗ Ama⸗ dinen P. 163 Javatäubchen P. 8 ; amerikan. Seidenſchwänze P. 9 %.; Sonnen: vögel P. 15 &,; geſtreifte Ammervögel P. 12 ,; weiße Reisvögel P. 18 ,; rothe Kardinäle, Männchen St. 9 , Weibchen St. 6 A; graue Kardinäle P. 10 Abe; japan. Mövchen P. 8 /; blaue Hüttenſänger P. 12 %; Spottdroſſel, Männchen, vorzüglicher Sänger, Wildfang, St. 18 ; Harzer Kanarienhähne St. 5, 6, 7,50% 10 bis 20 %,; hochrothe Tigerfinken P. 4 ,; St. Helena⸗Faſänchen P. 5 A: graue Reisvögel, Muscat⸗ und Bandfinken, Silberbecks, ſchwarz⸗ und weißköpfige und drei⸗ farbige Nonnen, Paradieswittwen je 1 P. 3,50 2 Orange- und Blutſchnabelweber P. 4,50 M; Ameiſeneier pr. kg 2 , pr. 100 ke 175 M,; Goldfiſche 100 Stück 10 und 15% Für lebende Ankunft garantire — Preisliſten gratis und franco! Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide ſind an Herrn e | e in Zeitz zu richten. Redaction: Prof. Dr. K. Th. Liebe in 0 Druck von Ehrhardt Karras in Halle. Ts = | Inn || D I. N N. S S NN & 2 , Z 2. ZN TE Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. eke 1 8 ion Redigirt von cn 200 ee - Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ und lten dafür die Monats⸗ ; : ſchrift unentgeltlich u. poſtfrel. Prof. Dr. 1 iebe, der finden koſtenfreie Aufnahme, Sablungen, en Ben 1770 Dr. Rey, Dr. Frenzel, ſoweit der Raum es geſtattet. anten des Vereins Herrn Kanzli 5 inte 3 Rohmer in Zeitz erbeten. Str.⸗Inſp. Thi ele. Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark XI. Jahrgang. März 1886. | Ur. 3. Inhalt: Vereins angelegenheiten: General⸗Verſammlung zu Merſeburg am 26. Febr. 1886. Neu beigetretene Mitglieder. II. — H. Ochs: Der Wanderfalk (Falco peregrinus). A. Richter: Beobachtungen über den Frühjahrs- und Herbſtzug, ſowie Brutgeſchäfte der Vögel in Mittelſchleſien für das Jahr 1885. Dr. A. Schleh: Das Abholzen der Uferwände in Beziehung zu unſerer Vogelwelt. B. Grobe: Das Verſchwinden der Nachtigall. A. Töpel: Ein Beitrag zu dem Artikel: Die Uebelthäter in der Vogelwelt. Baurath Pietſch an K. Th. Liebe. Freifrau von Ulm⸗Erbach: In Erbach bei Ulm im Donauthal vorkommende Vögel. — Kleinere Mit⸗ theilungen: Raubwürger (L. excubitor). Weiße Bachſtelzen. Die weiße Bachſtelze. Herr Dr. Meißner in Wanne an Herrn Baurath Pietſch. Sammetente. Der Tannenheher. Ein Vogelzug von ungeheuerer Ausdehnung. — Anzeigen. Vereinsangelegenheiten. General-Verſammlung zu Werſeburg am 26. Februar 1886. Die gut beſuchte Verſammlung wurde durch den Ehrenvorſitzenden Herrn Regierungs⸗Präſident von Dieſt eröffnet. Beim Rückblick auf das verfloſſene 5 o Vereinsjahr gedenkt derſelbe des ſchweren Verluſtes, den der Verein durch den Tod des verdienten Herrn P. W. Thienemann erlitten hat. Seine Kraft ſei ſchwer zu erſetzen und die Lücke, die ſein Tod geriſſen, nicht ganz wieder auszufüllen geweſen. Gleichwohl blühe der Verein, deſſen gutes Princip ſelbſt bei ſo ſchweren perſönlichen Verluſten in immer weitere Kreiſe ſiegend . was Redner aus eigner umfaſſender Erfahrung beſtätigte. Der an Thienemanns Stelle getretene erſte Vorſitzende, Herr Oberregierungs⸗ rath v. Goldbeck, war leider durch Amtsgeſchäfte verhindert zu erſcheinen. Durch ſeine Verſetzung nach Berlin iſt er genöthigt, ſein Vereinsamt niederzulegen. Die folgende Vorſtandswahl ergab folgendes Reſultat: Es wurden ein⸗ ſtimmig wiedergewählt: die Herren: Profeſſor Dr. Liebe-Gera zum zweiten Vorſitzenden, Steuerinſpektor Thiele-Halle zum erſten Schriftführer, Privatdozent Dr. Taſchenberg-Halle zum Stellvertreter des Letzteren; ebenſo auch die bis⸗ | herigen Beiſitzer. | Nach kurzer Debatte darüber, ob der neuzuwählende erſte Vorſitzende definitiv oder interim iſtiſch gewählt werden ſollte, entſchied man ſich auf Anrathen des Herrn Regierungspräſidenten v. Dieſt für erſteres. Auf ſeinen Vorſchlag wurde alsdann Herr Regierungsrath Kunze zu Merſeburg einſtimmig zum erſten Vor⸗ ſitzenden gewählt und ſogleich als ſolcher begrüßt. | Zur Geſchäftsordnung erhält hierauf der Steuerinſpektor Thiele-Halle das Wort. Derſelbe berichtet über die Kaſſenverhältniſſe des Vereins. Die detaillirte ö Rechnungslage, deren Richtigkeit durch zwei Herren aus der Verſammlung geprüft und beſtätigt wurde, ergab folgendes ſummariſches Reſultat: | Gefammt: Einnahme 5843,12 M, Gejammt- Ausgabe 5096,07 „ mithin Beltand . . . . . 747,05 l. | Auf die Anfrage des Herrn Reg.⸗Präſid. v. Dieft, ob jemand aus der Verſammlung das in Arbeit befindliche große mehrerwähnte Vogelbild aus eigner Anſchauung kenne, meldet ſich und referirt Herr stud. theol. Lindner aus Halle kurz darüber, indem er beſonders die Vorzüglichkeit des Bildes vor allen bisherigen derartigen Anſchauungsbildern rühmend hervorhebt. | Nach einigen weiteren geſchäftlichen Mittheilungen erhält ſodann Herr Prof. | Dr. Brauns aus Halle das Wort zu ſeinem Vortrag über Japan. Wir können hier über den höchſt feſſelnden, mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag leider nur ein kurzes Referat geben. Zur Illuſtrirung ſeiner Mittheilungen hatte der Herr Vortragende viele japaniſche Bilder, namentlich ornithologiſche Darſtellungen, ſowie plaſtiſche Kunſtleiſtungen der Japaner aus verſchiedenen Schulen und Jahr⸗ 51 hunderten nebſt einer Photographienſammlung mitgebracht. Dieſe Gegenſtände zirkulirten großentheils während des Vortrags. | Redner ſchildert die Japaner als intelligentes, gemüthliches Völkchen, welches ſich durch ſeine naive Naturfreundſchaft vortheilhaft vor anderen auszeichnet. Ihre Beziehung zu der Thierwelt ſei in vielen Fällen eine religiöſe. Daraus ſei die Schützung nnd Hegung gewiſſer Thiere zu erklären. Namentlich ſchützten die Japaner diejenigen Thiere, denen man ein hohes Alter vindicire z. B. einen Kranich (Grus leueochen), der nach ihrer Anſchauung 1000 Jahre alt werde, eine Sumpfſchild— kröte, die ſogar 10 000 Jahre lebe. (Die plaſtiſchen Darſtellungen dieſer Thiere, zumeiſt in Bronze, werden daher ſinnig zu Geburtstagsgeſchenken u. a. verwendet.) Was die Ornis Japans betreffe, ſo habe den Redner der Umſtand angenehm überraſcht, daß er bei ſeiner Ankunft daſelbſt, nicht nur kosmopolitiſche Vögel wie z. B. den Seeadler angetroffen habe, ſondern auch manchem alten guten Bekannten aus Deutſchland oder nahen Verwandten deſſelben begegnet ſei. So ſei dort ſehr häufig der Feldſperling (P. montanus), der dort, nicht wie bei uns, nur in Bäumen, ſondern hauptſächlich in Häuſern niſte; ferner das Rothkehlchen, welches in Japan mehr Gebirgsvogel iſt, die Feldlerche, die Elſter, die Rauch- und Hausſchwalbe, welch' letztere dort zu derſelben Zeit wie bei uns (ca. 8. Oktober) wegzieht; endlich u. a. der Kolkrabe (Corvus corax), deſſen Identität mit der deutſchen Art Redner in einer litterariſchen Fehde mit engliſchen Autoren ſiegreich vertreten hat. Der Kolkrabe ſpielt in der natürlichen Straßenpolizei die erſte Rolle. Er macht ſich, weil am häufigſten, um die Reinigung der engen Straßen z. B. Tokios am meiſten verdient; nächſt ihm eine kleine Weihe und dann von den Vierfüßlern, ähnlich wie in Konſtantinopel, die wilden Hunde. Als nahe verwandt mit deutſchen Spezies nennt Redner ferner Parus minor, unſerer Kohlmeiſe ſehr ähnlich, Salicaria cantans, die japaneſiſche Nachtigall, die aber in das Geſchlecht der Rohrſänger gehöre. Von dieſem Vogel erwähnt der Herr Vortragende einen eigenthümlichen Geſang, den die Salicaria nur dann hören läßt, wenn ſie von einem Zweig zu einem anderen ſich begeben will und der an unſere künſtlichen Nachtigallen (Waſſerpfeifen) erinnert. Ihr gewöhnlicher Geſang ſei total anders. Von den zuletzt genannten Vögeln zirkuliren äußerſt ſauber und mit minutiöſeſter Genauigkeit angefertigte Aquarell⸗ bilder des japaneſiſchen Univerſitätszeichners K. Hirauchi zu Tokio. Die Japaner halten auch Vögel in Käfigen z. B. Meiſen, Sonnenvögel ꝛc. Der beliebteſte Hofvogel iſt die reizende kleine Pekingente. — Von den wegziehenden Schwalben und ſchwarzen Tauben glauben die Japaner, ſie überwinterten auf der im fernſten Sudan gelegenen „Inſel des ewigen Lebens“, von der auch die Apfel⸗ ſinen kommen ſollen. Nach einigen Bemerkungen über Land und Leute Japans, 5 * ie namentlich über ihre Kunſt-Induſtrie und Lebensweiſe, ſchloß unter dem Beifall der Anweſenden der Redner ſeinen höchſt intereſſanten Vortrag. | Im Anſchluß an denſelben erzählt Herr Reg.⸗Präſident v. Dieſt von feinen Reiſen in Südeuropa und in Afrika. Die Eindrücke, welche die Natur der ſo gänzlich verſchiedenen Tropenwelt auf den deutſchen Naturfreund mache, ſeien großartig. Er wünſche Jedem einmal die weite Welt zu ſehen und die ſchöne Gottesnatur auch in fremder Pracht kennen zu lernen. Sodann erwähnt er noch verſchiedener Erfahrungen, die er im mündlichen Verkehr mit hochbegabten Japaneſen gemacht hat. Nach dieſen Bemerkungen fand für kurze Zeit ein zwangloſer Meinungsaus⸗ tauſch ſtatt. Leider mahnte die vorgerückte Zeit die auswärtigen Gäſte zum Auf⸗ bruch nach der Bahn und damit hatte die Verſammlung ihr officielles Ende erreicht. Thiele. Neu beigetretene Mitglieder. II. 1. Behörden und Vereine: Vogelſchutz-Verein in Greiz. 2. Damen: keine. 3. Herren: Ingenieur Paul Belſch in Camburg a/ S.; Brauerei-Director Felz in Döllnitz bei Halle a/ S.; Herausgeber der Geflügel⸗Börſe Freeſe in Leipzig; Profeſſor Dr. Freiherr K. v. Fritſch in Halle a/ S.; Dr. phil. F. Helm in Arnoldsgrün bei Schöneck / Voigtland; Geh. Miniſterial-Canzliſt W. Henne in Stuttgart; Fabrikbeſitzer Wilhelm Klapp in Halle a / S.; Dr. med. Köttnitz, pract. Arzt in Zeitz; Regierungs-Referendar Kramſta in Merſeburg; Ober: | ſtabs⸗Arzt Dr. Kutter in Caſſel; Holzhändler Franz Marcus in Dürren⸗ berg; Lieutenant a. D. Adolf Meyer in Gronau a/ Leine; Reſtaurateur Nürn⸗ ö berger in Merſeburg; Regierungs-Aſſeſſor Peglow in Erfurt; Königl. Eiſen⸗ ö bahn- Director Pohlmeyer in Dortmund; Gebrüder Reiche, Zoologiſche Großhandlung in Alfeld, Provinz Hannover; Regierungs-Rath Reichau in Merſeburg; Steuer-Rath Rißmann in Merſeburg; Buchhändler Max Steffenhagen in Merſeburg; Buchhalter Adolf Strauch in Unſeburg, Reg.⸗Bez. Magdeburg; C. Vorbrodt-Carpentier in Zürich. Der Wanderfalk (Falco peregrinus). Von H. Ochs. | Als vor längeren Jahren in Kaſſel der Taubenſport ſtärker als heute betrieben | wurde, fanden ſich die Hauptliebhaber der Hochflieger (Tümmler) in jeder Woche | an einem beſtimmten Abende zu einer gemüthlichen Kneipe in einem beſtimmten | Ei Lokale zuſammen, um die über ihre Lieblinge gemachten Erfahrungen auszutauschen. Saft an jedem derartigen Abende konnte man klagen hören: Der Wanderfalk kam, als ich meine Tauben kaum in der Luft hatte, und holte mir meinen beſten Täuber! oder: er ſtieß dazwiſchen, infolge deſſen die eine oder die andere Taube ſich verflog und erſt nach Tagen oder auch gar nicht wiederkehrte u. ſ. w. — Nicht ſelten ſah man am Tage aus einer Dachluke den Taubenliebhaber auslugen mit der Flinte in der Hand, um dem verfluchten Räuber beizukommen, was jedoch in keinem Falle gelungen iſt, da derſelbe in zu bedeutender Höhe oder in ſo raſchem Fluge ſeine Beute entführte, daß er unbehelligt entkam. Zu obiger Geſellſchaft gehörte auch mein Onkel Hentze, ein tüchtiger Jäger und Vogelkenner. Mit ihm hatte ich die Horſte der Wanderfalken beſucht und ihnen die Eier genommen. H. wurde nun von der Geſellſchaft erkoren, den Wanderfalken, welcher 2 ſtarke Stunden weit in nord⸗weſtlicher Richtung von meinem Hauſe, an einem ſteilen Felſen alljährlich ſeinen Standplatz nahm, zu ſchießen. Einer der Herren erwirkte ihm die Erlaubniß des dortigen Jagdpächters, wodurch er ermächtigt wurde, innerhalb einer Reihe von 14 Tagen auf demſelben jagen zu dürfen. Es wurde der Anfang des April hierzu gewählt, weil er dann gewöhnlich ausgelegt hatte. An einem Sonntagmorgen brachen wir dahin auf. Die Erfahrung hatte uns gelehrt, daß, wenn er einmal vom Horſtplatz abgeſtrichen ſei, er immer ſehr hoch in großen Bogenlinien ſchwalben⸗ artig den Felſen umfliegend und laut „Kjack“ ſchreiend, mit der Flinte nicht zu erreichen ſei. Daher nahm H. den Uhu mit, den er vor Tagesanbruch an geeigneter Stelle ausſetzen und dann in gedeckter Stellung der Ankunft des Falken entgegen⸗ ſehen wollte. Dort angekommen ſollten wir aber erfahren, daß dieſer, obwohl er ſeine Anweſenheit durch die wie getüncht ausſehenden Felſenvorſprünge und die friſchen Federn zerriſſener Vögel dokumentirt hatte, nicht hier brütete. Ich konnte mir dies dadurch erklären, daß der hieſige Conſervator Beckmann, wie er mir erzählt hatte, einen derartigen Vogel erhalten hatte, welcher auf einer benachbarten Krähenhütte geſchoſſen worden war. Der hatte wohl dieſem Paar angehört, und nun kehrte wohl der einzelne Ueberlebende zeitweiſe nur nach hier zurück. Jetzt galt es an einem andern Tage einem zweiten Paar beizukommen, welches in ſüd⸗weſtlicher Richtung 3½ Stunden von hier horſtete. Da wir hier indeß keine Erlaubniß zum Schießen hatten, wurde zum Mittel des Fanges geſchritten. H. brachte zur Jagd ein Tellereiſen und zwei ausgeblaſene, mit Ocker bemalte Hühner⸗ eier mit, als es dorthin abging. Am Felſen angekommen, flog das Weibchen in der oben beſchriebenen Weiſe ab und ſchreiend geſellte ſich ihm bald das Männchen zu. H. kletterte zur Niſtſtelle, nahm die 3 Eier vom nackten Geſtein, auf welchem ſich nur wenig Erde und loſe Steinchen befanden, an ſich und befeſtigte die mit⸗ gebrachten bemalten Eier mit Schellack auf der Falle, welche wieder durch Draht e ,, an einem über dem Niſtplatze befindlichen Hagedorn befeſtigt wurde. Verdeckt konnte | die Falle nur wenig werden, denn hatten wir auch bereits früher einmal im Taſchen⸗ | tuche Erde dahin gebracht, jo hatte der Regen dieſelbe wieder abgeſpült. Trotzdem verſucht der Falke ſtets, ſich eine Vertiefung zu kratzen. Nachdem H. abgeſtiegen, | gingen wir nach einer benachbarten Lichtung, von wo aus wir den Anflug beob: achten konnten. Nach Verlauf einer Viertelſtunde hing das Weibchen in der Falle, und befindet ſich noch heute ausgeſtopft in H's Sammlung. Das Männchen be: hauptete den Sommer über den Platz, wie ich ſpäter zu beobachten Gelegenheit ö hatte, und es horſtete im nächſten Jahre auf derſelben Stelle das neue Paar. Das | Weibchen, ein prächtiges altes Thier, wurde auf diejelbe Weiſe gefangen an einem | Morgen, an welchem es leicht ſchneite. Ich ließ es mir ausſtopfen und feine vier Eier ſind eine Zierde meiner Sammlung. Trotzdem kehrte das Männchen auch während des Sommers zurück, ſobald es einen Vogel erbeutet hatte, um ihn hier zu verzehren. Auch in dieſem Jahre ſtatteten wir dem Felſen einen Beſuch ab. Beide Alte flogen ab und wir fanden nur eine kleine durch das Kratzen entſtandene leere Vertiefung. Wir waren 8 Tage zu früh gekommen. Nach dieſer Zeit kehrten wir wieder nach dem Felſen zurück, das verhängnißvolle Tellereiſen und die bemalten Hühnereier (welche jedesmal durch neue erſetzt werden mußten, weil die alten beim Fange entzwei gingen) hatten wir mitgenommen. Diesmal jedoch lagen nur 2 ver⸗ | hältnißmäßig kleine Eier an dieſer Stelle, welche das Weibchen eben verlaſſen hatte. Wir glaubten, es werde noch 1 oder 2 Eier legen, deshalb legten wir an Stelle der ächten die bemalten, um nach 8 Tagen wieder nachzuſehen; aber der Vogel hatte, trotzdem er ſchreiend abflog, kein neues Ei hinzugelegt, dabei von dem einen Hühnerei die Waſſerfarbe abgeſeſſen und das andere zerdrückt. Einen weiteren Verſuch zum Fangen hatten wir nicht gemacht. Zu dem Eingangs erwähnten Felſen machten wir im nächſten Jahre eine Excurſion und fingen auch auf dieſelbe Weiſe das Weibchen. Auch hier befindet ſich über der Niſtſtelle ein Hagedorn. Hierauf iſt einige Jahre lang dort der Horſt | unbeſetzt geblieben. Erſt 1883 legte ein Paar ſeine Eier auf die nämliche Stelle. | Im Jahre 1884 zeigten ſich zwar auch die unverkennbaren Spuren jeiner Anweſen⸗ heit, doch horſtete es nicht. 1885 erhielt ich indeß 3 ſtarke ſchon etwa 8 Tage be⸗ brütete Eier am 6. April von demſelben Platze. Im Ganzen wurden von beiden Stellen 5 Eier erbeutet, und ſind wir dabei — 25 Stunden gelaufen. Welch großer Nutzen der Vogelwelt durch das Wegfangen der Alten und das Wegnehmen der Eier geleiſtet iſt, kann nur der ermeſſen, der die Schlachtbank eines Wanderfalken ſieht: Federn von Tauben, Lerchen, Droſſeln, Hähern, Wiedehopfen, Kiebitzen, Amſeln bedecken den Boden. Wenn dieſer Vogel täglich nach Brehm 12 kleinere Vögel verzehrt, wie viel braucht dann die ganze Familie zur Zeit, wo er o Junge hat? Da er ſeine Beute nur im Fluge, alſo alte Vögel fängt, muß natur⸗ gemäß deren Brut, falls ſolche vorhanden, zu Grunde gehen. Außer an dieſen beiden Felſen fand ich ihn horſtend an der Weidelsburg, Kreis Wolfhagen, an einem Ederfelſen im Jahre 1883, wo früher ein Uhu geniſtet hatte, ferner an der Milſeburg im Rhöngebirge, ſowie an einer Stelle des Inſel⸗ berges. In einem Zeitraum von 15 Jahren habe ich von obigen beiden Felſen etwa 18 Gelege von 2— 4 Eiern erhalten. Zu einer zweiten Brut find fie dort nie geſchritten. | Beobachtungen über den Frühjahrs⸗ und Herbſtzug, ſowie Brutgeſchäfte der Vögel in Mittelſchleſien, 3 Meilen ſüdlich von Breslau, für das Jahr 1885. Von A. Richter. Die von unſerem Mitgliede, Herrn Baurath Pietſch in Torgau, in Jahr⸗ gang 1885 Nr. 9 der Monatsſchrift gegebene intereſſante Zuſammenſtellung über den Frühjahrszug der Vögel veranlaßt auch mich, die meinerſeits gemachten Be- obachtungen der Monatsſchrift zur Verfügung zu ſtellen. Eine Vergleichung unſerer beiderſeitigen Beobachtungen über den Frühjahrszug wird mancherlei Ueberein⸗ ſtimmungen, aber auch mancherlei Verſchiedenheiten ergeben, was ja auch bei der durch die Entfernung der beiden Beobachtungsgebiete veranlaßten Verſchiedenheit von Wind und Wetter ganz natürlich iſt. Ich füge, da ich ſo ſpät erſt meine Be⸗ obachtungen niederſchreibe, gleich auch noch Einiges über den Abzug, ſowie über die Brutgeſchäfte der Vögel hinzu. 5 1. Sturnus vulgaris (Staar) traf am 20. Februar, früh, bei ſchwachem Oſtwinde ein; die Tage vorher hatten ſtarke ſüdliche Winde geweht. In hieſiger Gegend immer noch ein ſeltener Vogel, hat er dennoch in den letzten 3 Jahren, da wo man ihm Niſtkäſten aufhängt, ſich erfreulich zu vermehren angefangen. Aber man merkt es in mancher Beziehung, daß er noch im Einrichten begriffen iſt. Gerade beim Staar, der die Geſelligkeit ſo liebt, kann man dort, wo er völlig heimiſch iſt, beobachten, daß nicht nur in demſelben Garten, ſondern in demſelben Dorfe, ja in einer ganzen Gegend das Brutgeſchäft bei Allen fait zu derſelben Zeit beginnt und beendet iſt, alſo daß in 2 bis 3 Tagen Hunderte von jungen Staaren auf einmal ausfliegen und ſich zu großen Schaaren verbinden. Das war aber hier noch ganz und gar nicht der Fall. Ich hatte in meinem Garten 5 Staar⸗ käſten aufgehängt, welche auch ſämmtlich beſetzt wurden; aber das Ausfliegen der erſten Brut nahm über einen Monat in Anſpruch. Die erſten flogen aus am 26. Mai; die Jungen des zweiten Paares am 6. Juni; die dritten am 16. Juni; die no vierten am 23. Juni und die fünften am 27. Juni. Während diefer Zeit war das erſte Paar bereits in der zweiten Brut begriffen; die Jungen flogen am 8. Juli aus. Die übrigen Paare haben ſich mit der einen Brut begnügt. Der Grund dieſer Ungleichmäßigkeit iſt darin zu ſuchen, daß (mit Ausnahme des erſten Paares, welches bereits voriges Jahr mich mit ſeinem Beſuche beehrt hatte) die Staare zu Anfang des Frühjahrs, und als es Zeit war zu niſten, noch nicht wußten, wo ſie heimathsberechtigt und ortsangehörig waren, und darum ſo lange umherſchweiften, bis ſie wie zufällig die aufgehangenen Niſtkäſten fanden. Im nächſten Frühjahr | (aljo jetzt 1886) werden jedenfalls die 5 genannten Paare zu derſelben Zeit zu brüten anfangen. — Abgezogen ſind die Staare verhältnißmäßig zeitig. Die letzten waren zu ſehen am 15. October bei ſüdlichen Winden und e heiterem, war⸗ mem Wetter. 2. Fringilla coelebs (Buchfink) ſchlug zum erſten Male am 1. März bei Südweſtwind. Das Weibchen war erſt am 22. März zu ſehen. Mit dem Neftbau begann es am 17. April, nachdem es tags zuvor noch ſehr eifrig und haſtig auf allen Bäumen und Zweigen nach einem paſſenden Platz geſucht hatte. Am 19. April verließ es jedoch das halb vollendete Neſt ſchon wieder, weil Ligurinus chloris (der Grünling) ſo unliebenswürdig war, die beſten Fäden und feinſte Wolle aus dem Finkenneſt zu ziehen und zum eigenen Neſtbau zu verwenden. Aber ſchon am fol⸗ | genden Tage fing es mit neuem Eifer an auf dem benachbarten Baume zu bauen, in genau derſelben Aſtgabel, in welcher voriges Jahr das Neſt geſtanden hatte. Das Neſt wurde vollendet, aber von jungeu Vögeln habe ich nichts gemerkt; mög⸗ lich, daß eine Krähe, welche ich eines Morgens in der Nähe ſitzen ſah, die Jungen geholt hat. So wurde denn am 18. Mai wieder ein neues Neſt begonnen, und zwar an dem erſten Platze, und dort haben ſie auch glücklich ausgebrütet und Junge aufgezogen, welche am 22. Juni ausflogen. — Ueber den Herbſt⸗Abzug kann | ich nichts Gewiſſes jagen, da die Gegend bisher von Finken noch nicht leer gewor⸗ den iſt; es überwintern ſehr viele, auch Weibchen. ö 3. Motacilla alba (Bachſtelze) traf am 7. März bei kaltem Wetter mi | Weſtwind ein. — Am 27. September Abends gegen 6 Uhr beobachtete ich, aus | nördlicher Richtung kommend, einen Zug von einigen 30 Stück; fie ließen ſich auf | Häuſern und Bäumen nieder, jedenfalls um zu übernachten. Die Witterung war ſehr neblig und regneriſch. Schwacher Oſtwind. Sie haben ſich ca. 8 Tage noch | in meinem Beobachtungsgebiete (wenn auch nicht in ganz derſelben Anzahl) auf⸗ | gehalten. Die hieſigen Bachſtelzen ſchloſſen ſich ihnen jedoch nicht an; wenigſtens habe ich das Männchen, welches am 7. März ankam (genau erkenntlich an einem lahmen Fuße), noch am 19. October geſehen. | 4. Columba palumbus (Ringeltaube) wurde erſt am 18. März beobachtet, EN 5. Rutieilla tithys (Hausrothſchwanz) am 1. April, das Weibchen am 8. April. Das Männchen zum letzten Male geſehen am 17. October. 6. Dandalus rubecula (das Rothkehlchen) traf am 25. März bei Oſt⸗ wind hier ein. 7. Phyllopneuste trochilus (Fitislaubvogel) wurde am 3. April bei Süd⸗ oſtwind beobachtet. 8. Serinus hortulanus (Girlitz) traf am 9. April, Nachmittags, ein bei ſchwachem, warmem Südwinde; das Weibchen am 13. April bei kühlem Nord⸗Weſt. Am 18. Mai (alſo an demſelben Tage, an welchem — wie oben erwähnt — die Finken zu bauen begannen) begann das Weibchen mit dem Neſtbau, am 19. Juni flog die erſte Brut aus (die jungen Finken 3 Tage ſpäter!). Von der zweiten Brut habe ich nichts beobachten können, jedenfalls haben ſie nicht zum zweiten Male in demſelben Neſte gebrütet, was ich im vorigen Jahre beobachtete und in Jahrgang 1885 der Monatsſchrift pag. 53 berichtet habe. — Am 5. October habe ich den Girlitz zum letzten Male geſehen. 9. Sylvia eurruca (Zaungrasmücke) traf am 16. April früh ein und be⸗ gann am 28. April mit dem Neſtbau. Das Neſt wurde mit fabelhafter Schnellig⸗ keit gebaut, da die Vögel den größten Theil des vorjährigen Neſtes, welches in um: mittelbarer Nähe ſtand, benutzten. Am 16. Mai wurde das Neſt mit 6 Eiern bei Schneewetter, Sturm und Kälte verlaſſen, doch bereits am 18. Mai ein neues be⸗ gonnen, jedoch ſo ungewöhnlich hoch (in einem von wildem Wein überwachſenen Fliederbaume), daß ich keine Beobachtungen anſtellen konnte. Junge müſſen vor⸗ handen geweſen ſein, denn die Alten fütterten fleißig. Ein zweites Paar, welches im Nachbargarten die erſte Brut trotz der ungünſtigen Witterung glücklich auf: gebracht hatte (ſie hatten allerdings bereits am 24. April zu bauen angefangen), kam zur zweiten Brut in meinen Garten in ein von mir angelegtes künſtliches Dickicht, welches mit wildem Wein überlaufen war. Hier habe ich die Zeit des Eierlegens feſtgeſtellt; dieſelben wurden gelegt am 20., 21., 22., 23. und 25. Juni. — Am 8. September beobachtete ich die letzten Grasmücken. 10. Hirundo rustica (Rauchſchwalbe) traf in einzelnen Exemplaren am 14. April bei kühler Witterung und weſtlichen Winden ein, zahlreich erſchienen ſie am 16. April. Sie iſt hier fortgeſetzt in erfreulicher Zunahme begriffen, was man auch ſchon aus den vielen neuen Neſtern ſchließen kann, die allerwärts zu ſehen find. Anfang September Tage lang einige 40 junge Schwalben auf einem meiner Apfelbäume ſitzen zu ſehen, war ein herzerfreuender Anblick. — Der Herbſtabzug fand zu drei verſchiedenen Zeitpunkten ſtatt. In Breslau wurden am 10. September, bei Weſtwind und 7 R., Abends zwiſchen 5 und 6 Uhr, große Rauchſchwalben⸗ Züge beobachtet, welche von nördlicher nach ſüdlicher Richtung wanderten. Viele a übernachteten auf Bäumen und Sträuchern unweit der Oder. In meinem Beob⸗ achtungsgebiet, 3 Meilen ſüdlich von Breslau, war am 11. September, alſo Tags darauf, bei Südweſtwind und 12° R., eine bedeutende Abnahme der Schwalben zu | ſpüren; ſie haben ſich alſo wahrſcheinlich den obengenannten angeſchloſſen. Zu | Hunderten hatten fie ſchon die Tage vorher die Kirchthürme umkreiſt nud ſich ge⸗ | ſammelt. Eine große Anzahl jedoch, namentlich die Jungen der zweiten Brut und deren Eltern, blieb noch einige Tage länger, nämlich bis zum 17. September da. An dieſem Tage war bei Südwind eine Temperatur von 220 R. im Schatten; fie zogen alſo keineswegs aus Nahrungsmangel, ſondern von Wanderluſt getrieben hin⸗ weg. Die überaus prächtige Herbſtwitterung dauerte noch bis zum 24. September. Die letzten Schwalben habe ich am 13. October geſehen bei Südoſtwind und kühler, | feuchter Witterung. | 11. Cyanecula sueeica (Blaukehlchen) kam am 16. April bei Oftwind an und zeigte ſich am 10. October wieder auf dem Rückwege. | 12. Museicapa grisola (der graue Fliegenfänger) kam an am 24. April bei Nordwind und 199 R. An dieſem Tage ſtanden die Bäume hier bereits in voller Blüthe. Das Weibchen kam am 27. April bei Südoſtwind. Schon 2 Tage darauf wurde mit dem Neſtbau begonnen und zwar auf einem am Hauſe unterhalb der Dachrinne angebrachten, für Fliegenfänger oder Rothſchwänzchen beſtimmten Niſtkaſten. Der Bau ging ſehr ſchnell von ſtatten, da zumeiſt Moos von einem | nahe gelegenen Eishauſe verwendet wurde. Ich war erfreut, das Niſten des Fliegen: fängers endlich einmal ſo ganz in der Nähe beobachten zu können; denn nicht nur von unten d. h. vom Garten aus, ſondern auch aus den oberen Stubenfenſtern war g es ſehr bequem. Leider waren aber auch hier wieder einmal, wie ſo oft, die Sperlinge die Spielverderber und Störenfriede. Als ich nämlich an einem ſchönen Maienmorgen früh zur Thür hinaus in den Gatten trete, bemerke ich 2 zerſchlagene Eier auf den Treppenſtufen. Sofort ſtieg in mir der Gedanke auf: „Das ſind die Sperlinge geweſen.“ Ich ſehe hinauf, und richtig, da iſt auch ſo ein Vagabond | eben damit beſchäftigt, einen großen Strohhalm ins Innere des Niftfaftens hinein- zuziehen. Das Sperlingsweibchen ſaß auf der Dachrinne. Schnell eilte ich zurück, um das Teſchin zu holen und war auch ſo glücklich, mit wohlgezieltem Schuß das Männchen zu erlegen. Der Frevel alſo war gerächt; aber wo waren die Fliegen⸗ fänger hin? und war das Neſt noch unverſehrt? würden ſie es nun wohl gänzlich ö verlaſſen? Das Neſt war vom Niſtkaſten völlig verſchwunden. Nach längerem Suchen fand ich es im Weinſpalier hängen. Es war aber noch ziemlich wohl er⸗ halten, und darum wagte ich es und legte es wieder, ſo gut ich konnte, an die bis⸗ herige Stelle, hoffend, die Vögel würden es doch vielleicht noch einmal benutzen und | wiederkommen, denn im Garten ſah ich ſie noch. Nach etwa einer Viertelſtunde 2 oe fiel mir ein, daß es wohl zweckmäßiger jein dürfte, das Neſt anzuleimen, damit die Sperlinge bei einem erneuten Angriff nicht ſogleich im Stande wären, es wie— der herunterzureißen. Ich machte mir alſo einen großen Mehlkleiſter zurecht und ſtieg noch einmal zum Fenſter hinaus, um meinen Vorſatz auszuführen. Aber — o weh! — als ich eben die Hand ausſtrecke, um das Neſt nochmals herabzunehmen, fliegt das Weibchen vom Neſt auf; es hatte dasſelbe alſo bereits wieder eingenommen gehabt, was ich nicht im Geringſten geahnt hatte. So ſchnell ich konnte klebte ich nun das Neſt an und drückte es feſt, zweifelte aber natürlich ſtark daran, daß die Vögel demſelben noch treu bleiben würden. Zum Glück täuſchte ich mich. Schon nach einer halben Stunde hatte ich die Freude, das Weibchen wieder hinfliegen zu ſehen. Ich kann mir dieſe große Beharrlichkeit nur dadurch erklären, daß das Weibchen, welches eben mit dem Legen der Eier beſchäftigt war, nicht wußte, wo es hingehen ſollte und darum nothgedrungen das bisherige Neſt immer wieder auf: ſuchte. Das Männchen dagegen hatte die Störung ſehr übel genommen und war 2 Wochen lang ſpurlos verſchwunden, ſo daß ich ſchon glaubte, es ſei irgendwie verunglückt. Aber es kam doch wieder, als das Weibchen ausgebrütet hatte, half aber nur ſehr ſelten beim Füttern. Für das Weibchen war die Brütezeit eine böſe Zeit aus verſchiedenen Gründen. Einmal mußte es der Nahrung wegen das Neſt ſehr oft verlaſſen, was bei der kalten Witterung, welche ſich Mitte Mai einſtellte, oft lange Zeit geſchah und darum auch für die Brut nicht unbedenklich war; ſo— dann war es den fortwährenden Angriffen und Beunruhigungen der Sperlinge ausgeſetzt. Es iſt unglaublich, wie hartnäckig dieſelben grade jenen Niſtkaſten ein⸗ zunehmen ſuchten. Ich habe faſt täglich, ſo lange das Weibchen brütete, Sperlinge aus nächſter Nähe hinweggeſchoſſen; dieſelben riſſen immer ganze Stücke vom Neſt hinweg und zogen es hinunter in das Innere des Kaſtens. Hatte ich ein Paar vertrieben, ſo war auch ſchon wieder ein anderes da. Endlich piepte es im Neſte und das Weibchen fütterte fleißig. Aber es war nur ein einziger junger Vogel vorhanden; ein viertes Ei war unausgebrütet geblieben, wie ich mich ſpäter über— zeugte. Das Männchen hatte unterdeß einen neuen Platz zum Niſten ausgeſucht, auf einem Birnbaume, und obgleich der junge Fliegenfänger noch lange nicht ſelbſt— ſtändig war, begannnen ſie dennoch ſchon ein zweites Neſt zu bauen. Das geſchah am 9. Juni. Zwei Tage darauf riſſen die Sperlinge auch dies Neſt wieder zur Hälfte herunter. Hätte ich mich nicht ins Mittel gelegt, ſo wäre auch hier noch weiteres Unheil geſchehen. So aber brüteten ſie in dieſem zweiten Neſte verhält⸗ nißmäßig ungeſtört, und es kamen endlich 2 Junge zum Ausfliegen. Der oben⸗ genannte Vogel der erſten Brut jedoch war nicht ſo weit gekommen; er lag eines Morgens todt unten auf der Erde. Ob auch dies die Sperlinge verſchuldet hatten, weiß ich nicht. — Doch da höre ich wohl den oder jenen der verehrten Leſer fragen: De Aber warum gehſt Du denn dieſen nichtswürdigen Neſtverwüſtern und Friedens ſtörern, den Sperlingen, nicht ganz energiſch zu Leibe? Ich antworte darauf: Seit Jahresfriſt habe ich im Verein mit meinem Nachbar, deſſen Garten an den meinigen grenzt, über 500 (fünfhundert) Sperlinge geſchoſſen, ungerechnet die vielen, deren Neſter wir ausgenommen haben. Es iſt aber bisher kaum eine Abnahme zu ſpüren. Sobald wir einmal eine Woche nicht ſchießen, ſind wir wieder völlig von ihnen überfluthet. Im Intereſſe der Singvögel, welche ſehr zahlreich in meinem Garten brüteten, war es mir nach ſolchen Erfahrungen wohl nicht zu vers denken, wenn ich den ganzen Sommer über Sperlinge ſchoß; zum Glück habe ich bemerkt, daß die Singvögel (auch die Staare) ſich nicht im geringſten durch einen Teſchin⸗Schuß beunruhigen laſſen. Auch jetzt im Winter habe ich keinen Waffen. | ſtillſtand eintreten laſſen, denn ſonſt würden die Sperlinge ſicher den Futterplatz im Garten ausſchließlich für ſich behaupten. — Die letzten Fliegenfänger ſah ich im Herbſte am 14. September bei ſüdweſtlichen Winden und warmer Witterung. 13. Oriolus galbula (Pirol) wurde am 5. Mai bei Südwind zum erſten Male geſehen und gehört. 14. Hypolais salicaria (Gartenſpötter) kam am 6. Mai bei Weſtwind an; das Weibchen am 19. Mai, ebenfalls bei Weſtwind. Am 22. Mai begannen ö ſie das Neſt zu bauen. Der Abzug erfolgte in den letzten Tagen des Auguſt. 15. Cuculus canorus (Kufuf), den ich in früheren Jahren hier vermißt hatte, ſchrie am 27. Mai Abends 10 Uhr bei Vollmondſchein auf einer Pappel ſitzend etwa 20 Minuten lang. Vorher und nachher habe ich ihn nie bemerkt. 16. Budytes flavus (gelbe Schafſtelze) beobachtete ich am 8. Juni auf einer Landſtraße in mehreren Exemplaren. Sie haben alſo in hieſiger Gegend jedenfalls gebrütet. 17. Regulus ignicapillus (feuerköpfiges (Sommer-) Goldhähnchen) | wurde am 13. October bei Südoſtwind und 6°R. auf dem Herbitzuge beobachtet. Ein Schulknabe brachte mir ein Exemplar, welches er im Meiſenkaſten mit Hollun⸗ der⸗Beeren gefangen hatte. Ich ließ den Vogel — nicht um ihn zu behalten, ſon⸗ dern um ſein Betragen zu beobachten — auf einige Minuten in meine Vogelſtube. ö Dort blieb er aber mit ausgebreiteten Flügeln und ohne ſich zu rühren auf dem Fenſterbrett ſitzen, ließ ſich auch ohne Schwierigkeit wieder einfangen, worauf ich | ihm die Freiheit ſchenkte. Das Abholzen der Uferwände in Beziehung zu unſerer Vogelwelt. Von Dr. A. Schleh. Die Bekanntmachung der königl. Regierung zu Koblenz (Amtsblatt der königl. | Regierung zu Koblenz Nr. 4. S. 17), betreffend die Räumung und Inſtandhaltung a ee der Privatflüſſe, hat bei vielen Vogel- und Fiſchereifreunden Beſtürzung hervor: gerufen. § 2, Abſatz 2, heißt es unter Anderm, indem von der Räumungspflicht der Uferbeſitzer die Rede iſt — „dann aber auch die Inſtandhaltung der Ufer, durch Abſtechung der Anwüchſe, Abräumung der Bäume und Sträucher, Ab— böſchung und Befeſtigung der gefährdeten Theile u. ſ. w.“ — In der That könnten die Konſequenzen, welche eine ſtrickte Durchführung dieſer Verfügung nach ſich zu ziehen im Stande iſt, einem Liebhaber der Vogelwelt das Herz mit Sorgen erfüllen. Aber nicht nur die Freunde der Vögel würden bei einer ſolchen Behandlung der Ufer ängſtlich die Hände ſchützend über ihre Lieblinge breiten, ſondern auch die Fiſchereiberechtigten würden den Fiſchreichthum ihrer Gewäſſer ſchwinden ſehen und außerdem würde den Anwohnern der Flüſſe direkter Schaden erwachſen können. Als im Jahre 1880 die Werre, ein Nebenfluß der Weſer, große Wafler- maſſen aus dem Teutoburger Walde herabführte, waren es lediglich die nicht bewachſenen Ufer, welche unterſpült und fortgeriſſen wurden. Es erwuchſen den Uferbeſitzern dadurch erhebliche Koſten; ſie bepflanzten nun durchgängig die neu abgeböſchten Ufer mit Weiden, weil ſich dieſe Art der Bepflanzung am wieder— ſtandsfähigſten gezeigt hatte; auch von Seiten der Behörden wurde ein Theil des Ufers mit Weiden und Erlen feſtgelegt. Herr Profeſſor Dr. Liebe-Gera ſchreibt mir ebenfalls: „Auch ich habe geſehen, daß gerade gelegte, von allen Bäumen ent⸗ blößte Flüßchen und Bäche, wie z. B. die Orla unterhalb Neuſtadt, obgleich gut abnivellirt und gut geböſcht, doch in zwei Jahren in eine Reihe beckenförmige Tümpel aufgelöſt, wieder ihre alten Serpentinen zu bilden mit größtem Erfolg begonnen hatten.“ Alſo auch hier der augenſcheinliche Mißerfolg der Abholzung aller Sträucher und Bäume und der zu ſtarken Regulirung der Flüſſe. Wenn dieſelben auch nicht in ihrem urſprünglichen Zuſtande zu laſſen ſind und wenn eine verſtändige Regu— lirung große Vortheile für die Adjacenten mit ſich bringt, ſo wird auf der anderen Seite ein „zu viel“ ſicher nachtheilig wirken. Beſteht die Regulirung auch nur darin, daß wir alle Hinderniſſe, die dem Lauf des Waſſers entgegentreten, fort— räumen, ſo wird die Gewalt, mit welcher die Waſſermaſſen beim Anſchwellen der Flüſſe herabſtürzen, ſich erheblich ſteigern, und die Gefahr der Unterſpülung und des Fortſchwemmens der Ufer wachſen. Kommt nun noch hinzu, daß das Bett gerade gelegt wird, und alle Serpentinen ausgeſchaltet werden, ſo müſſen dieſelben Waſſermengen auf dem bedeutend abgekürzten Lauf viel ſchneller fließen und weiter abwärts die Gefahr des Uferabbrechens erhöhen, und wird eine derartige Regu—⸗ lirung außerdem nicht ſelten bei Eisgang an Stellen zu Ueberſchwemmungen Ber- anlaſſung geben, wo man früher dergleichen nicht kannte. Dazu kommt noch Eins: ein durch Serpentinen und durch das Wurzelwerk der Ufergebüſche im Lauf od gehemmtes Waſſer durchtränkt auch bei gewöhnlichem Waſſerſtand den Untergrund | der anliegenden Thalwieſen. Nach Geradlegung und nach Ausrottung des Ufer | gebüſches und der Uferbäume kann es das nicht mehr in dem Grade thun, und es können Wieſen, welche vorher üppigen Graswuchs zeigten, in der Zeit des Haupt⸗ wachsthums der Gräſer, im Mai, an Waſſermangel leiden, woraus eine dürftige Ernte reſultiren würde. Auch Prof. Liebe hat dies bei gewiſſen Regulirungen beſtätigt gefunden; er ſchreibt mir: „Die Verwüſtung des Wieſenbodens war nach zwei Jahren weit größer, als der Gewinn an Boden durch Ausfüllung der Serpen⸗ tinen geweſen war. Devaſtirung der Uferbäume und ⸗gebüſche hemmt die Fiſcherei⸗ erträgniſſe und macht die Grasnarbe zu trocken.“ Herr Prof. Liebe hat auch darin ſicher Recht, wenn er ein Zurückgehen der Fiſcherei mit der zu ſtarken Regulirung und Abholzung in Verbindung bringt. | Trotzdem wird von den modernen Fiſchereifreunden nicht ſelten ein vollſtändiges Ä Freilegen der Flußläufe befürwortet. Man ſollte doch nur an die Forelle denken, ö die in ſo vielen kleinen Flußläufen ſich wohl befindet, ſobald ihr beſchattete Tümpel mit überhängenden Baumwurzeln Gelegenheit geben, bei Tage lauſchige Schlupf⸗ winkel zu finden, die aber kahle Strecken, wo das Waſſer ohne Aufenthalt dahin⸗ eilt, möglichſt vermeidet. Außerdem werden auch andere kleine Fiſche, wie die Elritzen ꝛc. ſeltener werden, die den Edelfiſchen zur Nahrung dienen und ſich auch nur in Bächen und Flüſſen mit vielen, dem Waſſer etwas Stillſtand gebietenden | kleinen ſeeartigen Ausbuchtungen gern aufhalten. Genug, es wird bei einer über triebenen Regulirung der Fiſchreichthum abnehmen. Die Fiſchereibeſitzer, welche gegen die Ufergebüſche ſind, leitet dabei aber in der Regel ein anderes Motiv: fie kämpfen gegen den Eisvogel (Alcedo ispida) und gegen die Waſſeramſel (Cinelus aquaticus). Der Eisvogel kann allerdings | großen Schaden anrichten. Eine Stunde von meinem Wohnort iſt eine Karpfen- und Goldfiſchzucht eingerichtet. An den kleinen zur Zucht dienenden Teichen hat der mir befreundete Adminiſtrator 1884 ſechzig und 1885 dreißig Eisvögel geſchoſſen, und zwar verſicherte er mir, daß er eine große Anzahl geöffnet und ſtets bis 5 em lange Fiſchchen (Karpfen, Goldfiſche und Schleihen) als Kropfgehalt gefunden hätte. | Wo die Eisvögel in ſolcher Menge vorkommen und die Brutteiche plündern, wird | niemand dem Beſitzer zumuthen, daß er den Eisvogel ſeines prächtigen Gefieders wegen jchonen ſoll; wo letzterer aber ſelten it — und das iſt bei weitem der | häufigſte Fall, denn er liebt die Einſamkeit und lebt ftets in Unfrieden mit Seines- gleichen — wo er alſo vereinzelt an Flüſſen und Bächen umherſtreicht, und Brut⸗ teiche ihn nicht zum beſonders verderblichen Räuber ſtempeln, kann man ihn ruhig gewähren laſſen; noch dazu, da er durch die Vertilgung von der Fiſcherei ſchädlichen Kerbthieren, mit denen er ſeine Jungen zum großen Theil füttert, nützlich wird. e Ungerechtfertigt iſt deshalb die Aufforderung, den Eisvogel überall als den größten Fiſchräuber zu vertilgen und auszurotten. Eine ſolche finden wir wieder in Nr. 15 der deutſchen Landw.⸗Preſſe (1886, S. 89). In dieſem Fall hatte der Eisvogel großen Schaden an den Forellen-Teichen angerichtet und es wurden feinet- wegen die Büſche und Sträuche zum dritten und vierten Theil abgeſchlagen, damit er ſich in den aufgeſtellten Fangeiſen finge. Niemand wird dieſe Maßregel in einem derartigen ſpeciellen Fall ungerechtfertigt finden. Daran aber ein Aufgebot zur vollkommenen Vernichtung unſeres prächtigſten Vogels in der deutſchen Fiſch— zeitung und dem oben erwähnten Blatte zu knüpfen, das iſt unter keiner Bedingung zu vertheidigen. Es zeigt ſich da wieder die moderne Richtung der Gemüther: Krieg bis aufs Meſſer oder ein Erheben bis zum Himmel. Daß Thiere, die einem gelegentlich Schaden, auch großen Schaden, zufügen, auf der anderen Seite auch Nutzen bringen, wird todtgeſchwiegen und die Verſtimmung, über den erlittenen Schaden, die ſicher keinem Menſchen zu verübeln iſt, gewinnt die Oberhand und läßt uns nicht nur zu barbariſchen Maßregeln greifen, ſondern, was ſchlimmer iſt, dieſelben auch als allgemein nothwendig predigen. In dem angezogenen Artikel heißt es zum Schluß: „Es iſt nur zu bedauern, daß es noch immer Leute giebt, die den Eisvogel des ſchönen Gefieders wegen geſchützt wiſſen wollen. Sie gleichen denen, welche annehmen, ein Dieb, der ſchöne Kleider trägt, ſei nicht ſo gefährlich, wie ein zerlumpter. Die Waſſeramſel iſt nicht minder gefährlich, auch fie raubt ſo zu ſagen unſichtbar; hier iſt es wieder der Geſang, weshalb Schwärmer ihre Schonung ſehr befürworten. Sicher haben dieſe Leute keine Fiſchwaſſer; ſie können alſo den Schaden des Betheiligten mit Gemüthsruhe tragen.“ Vom Standpunkt der Aeſthetik aus wollen wir dieſen Satz nicht beleuchten, er trägt in betreff des Seins und Wirkens des Menſchen in der Natur die rein materielle Auffaſſung an der Stirn. (Auch ein Zeichen der Zeit.) Wollen wir nun zugeben, daß unter Umſtänden die Vertilgung des Eisvogels vollberechtigt ſein kann, ſo iſt die Gleichſtellung desſelben mit der Waſſeramſel ganz unberechtigt. Die Waſſeramſel läuft auf dem Grunde der Flüſſe entlang und kann auf dieſe Weiſe die ſchnell dahin ſchwimmenden, gewand in ihrem Element ſich bewegenden Fiſche nur gelegentlich erhaſchen. Die Unterſuchungen haben denn auch ergeben, daß die Thiere vorzugsweiſe Inſekten, in zweiter Linie werthloſe oder der Fiſchzucht geradezu ſchädliche Fiſche zur Nahrung wählen. E. v. Homeyer fand in einer Reihe von Magen der Waſſeramſeln keine Reſte von Fiſchen, deſto mehr von der ſchädlichen Waſſerwanze (Notonecta glauca). K. Müller fand ſelbſt im Winter überwiegend den Flohkrebs (Gammarus pulex), deſſen Geſchlecht wohl in den Meeren als Aaasvertilger von großem Nutzen ſein kann, der aber in unſeren Gewäſſern wohl nicht zu den beſonders nützlichen Thieren gezählt werden kann. > Ge Unter den von der Waſſeramſel verzehrten Fiſchen fand Dr. Glaſer Ellritzen (Phoxinus laevis), Ukeleie (Alburnus lueidus), Stichlinge (Gasterosteus acu- leatus), junge Bodenrenken (Coregonus fera), jungen Plötze (Leueiseus rutilus), junge Bleie und Blicken (Abranis Brama und Bjoerkna) u. a., alſo durchgängig Fiſche, die wir der Waſſeramſel ruhig gönnen können, außerdem fanden Profeſſor Metzger und andere eine größere Anzahl Groppen (Cottus gobio), die, abgeſehen von ihrer Vorliebe für Libellenlarven, jeden Fiſch, welchen ſie bewältigen können, verſchlingen, der Edelfiſcherei alſo gar nicht zum Vortheil gereichen. Sehen wir aber von der mehr als zweifelhaften Schädlichkeit der Waſſer⸗ ö amſel ab, — betrachten wir die Schädlichkeit beider Vögel ſogar als unter allen Umſtänden vorhanden: was wird ihr gegenüber durch das vollkommene Abholzen der Ufer erreicht? Am wenigſten würde ſich die Waſſeramſel daraus machen, welche ohnehin lieber auf Steinen umhertrippelt als auf Zweigen und Aeſten auf⸗ fußt. Dazu kommt, daß beide Vögel akkommodationsfähig ſind und Pfähle, Raſen⸗ büſchel, Erdklumpen ꝛc. ſtatt der Zweige und Steine zum Auffußen auswählen. Zur Anlage von Niſthöhlen ſind die Eisvögel überdies noch von vornherein geneigt, kahle und wurzelfreie Lehmufer, in denen ſie gut graben können, den durchwurzelten vorzuziehen. Unter Umſtänden würde ihnen die Vertilgung der Uferbäume ganz gut paſſen. Wollte man daher zur Verfolgung dieſer beiden vervehmten Kreaturen das Abtreiben der Flußufer empfehlen, ſo würde man ſeinen Zweck kaum damit erreichen und außerdem ſich in das eigene Fleiſch ſchneiden, wie wir oben gezeigt haben, denn auch die Fiſcherei würde einen ſchmäleren Gewinn abwerfen. Handelte es ſich nun bei dem Niederhauen und glatten Abböſchen nur darum, die Waſſer⸗ amſel und den Eisvogel zu vertreiben, ſo würde uns das zuletzt doch immer noch | nicht jo gewaltig echauffiren; viel mehr aber fällt für uns dabei ins Gewicht, daß | eine ganze Reihe von Vögeln vertrieben und geſchädigt wird, welchen wohl niemand nachſagen wird, daß ſie Schaden anrichten, deren Lebensweiſe vielmehr ſie den beſten Freunden des Landwirthes anreiht, auch wenn ſie ihn durch ihren lieblichen N Geſang und ihr munteres Gezwitſcher nicht das Herz erfreuten. Werden dieſen ö Thieren ihre Lieblingsplätze, die Büſche und Bäume der Fluß: und Bachufer, das Rohr und Schilf der Bachtümpel, der Teiche und Seen rückſichtslos genommen, ſo werden ſie keine paſſende Stätte zum Niſten finden; ſie werden ſolche unwirth⸗ liche Gegend meiden zum Schaden der Anwohner. Unter den hier in Betracht kommenden Vögeln ſind es vor allen eine Anzahl aus der artenreichen Familie der Sylvien: der Teichrohrſänger (Acrocephalus arundinaceus), die Waſſernachtigall | (Aer. turdoides), der Sumpfrohrſänger (Acer. palustris); dieſe drei niften aus ſchließlich in Rohr- und Weidendickicht, in welchem fie ſich auch Tag und Nacht aufhalten; nahe ſtehen der Uferſchilf- und Binſenrohrſänger (Calamoherpe phrag- 65 — mitis und aquatica), welche Binſen und Seggen zum Neſtbau lieben, der Schlag⸗ ſchwirl (Locustella fluviatilis), welcher gern zwiſchen Wurzeln von Sträuchern und Bäumen an Flußufern baut. Gern hält ſich auch, beſonders im Spätſommer, die Bach⸗ und Gebirgsſtelze (Motacilla alba und sul furea) an bewachſenen Ufern auf; auch der Rohrammer (Emberiza schoenielus) würde kahle Flüſſe meiden; ſelbſt das Schoßkind aller Menſchen, die Nachtigall (Luseinia minor), wird Gegenden, in welchen Bäche und Flüſſe ohne baum: und buſchbewachſene Ufer das Land durchziehen, den Rücken kehren. Dazu kommen noch eine Menge anderer Sing- vögel, welche, wenn auch nicht ausſchließlich, ſo doch mit Vorliebe im Ufergebüſch und in den hohen Uferbäumen niſten, wie Zaunkönige u. ſ. w. Endlich iſt auch noch zu betonen, daß ſehr viele unſerer Singvögel, welche zwar nicht am Waſſer niſten, doch dahin zur Tränke gehen und ſolche Plätze bevorzugen, wo der Bach ſich in durch ihr Gebüſch gut deckenden Serpentinen windet. — Sicher iſt die Ver: minderung unſeres Vogelbeſtandes in manchen Gegenden nicht in letzter Linie ſolchem Abtreiben der Fluß⸗ und Bachufer ebenſoſehr, wie dem Abtrieb der Feldgehölze zuzuſchreiben. Die eigentlichen Waſſervögel, welche kahle Waſſer überhaupt meiden, wollen wir hier ganz unberührt laſſen, obgleich jeder Jagdfreund das Fehlen der an- regenden Waſſerjagd bedauern wird. Man kann es dem Landwirth nicht oft genug wiederholen: alle die vorher— genannten Vögel erfreuen uns, wie ſchon geſagt, nicht nur durch ihr munteres Weſen und durch ihren unermüdlichen Geſang, ſondern werden auch durch Vertilgen von Käfern, Larven, Schmetterlingen, Raupen, Libellen ꝛc. dem Landwirth und den Fiſchereiinhabern direkt nützlich. Sie beugen mancher Viehplage vor und retten manche Kulturpflanze vor den verderblichen Fraß ihrer Feinde. Solange die Landwirthe nicht lernen ihre beſten Freunde, die Vögel, zu hegen und zu pflegen, ſo lange werden auch die Schädigungen durch ſchädliches Geſchmeiß nicht herab— gemindert werden. In den meiſten Fällen kann der Menſch dem Ungeziefer nicht beikommen, wohl aber wiſſen unſere Grasmücken, Lerchen u. a. dieſe winzigen Inſekten vortrefflich zu finden und zu vernichten. Es ſollten deshalb nicht nur die Ufer beflanzt, ſondern auch in kahlen großen Feldkomplexen Remiſen angelegt werden; auch ſollte man die vielen kahlen Eiſen⸗ bahnböſchungen, wie dies der Betriebsinſpektor der Gera-Eichichter Bahn ſeiner Zeit in ſo dankenswerther Weiſe ausgeführt hat, mit Buſchwerk bepflanzen. Uebrigens werden die oben angeführten Gründe gegen die Kahllegung der Bach⸗ und Flußufer der Königl. Regierung zu Koblenz ſicher nicht unbekannt ſein, und ich glaube nicht, daß wir ernſtlich beſorgen müſſen, die im Anfang angezogene Verordnung möchte nach dem Wortlaut ausgeführt werden. In der Hand ſachver— 6 5 ſtändiger Schauer und Techniker wird die Regulirung und das Abtreiben der Bäume und Büſche der Flußufer das Maß des Nöthigen und unbedingt Nutz bringenden nicht überſchreiten. So leſen wir z. B. in einer Bekanntmachung der Regierung zu Aachen, daß zum Schutze der Vögel die Hecken nur vom 15. Oktober bis 15. März beſchnitten werden dürfen, — — ein Zeichen, daß die Regierung dem Vogelſchutz ſympatiſch gegenüber ſteht. Wir können alſo ruhig der fraglichen Regierungsverfügung und ihrer Aus- | führung entgegenſehen; unſere Sänger werden fi) mit geringer Ausnahme nach wie vor auf dem ſchwankenden Rohr und den biegſamen Weiden wiegen. Das Verſchwinden der Nachtigall. | Von B. Grobe. N N Gleichwie ein unerklärliches Vermehren oder Verſchwinden beſtimmter Fiſch⸗ gattungen in dem oder jenen Gewäſſer bereits conſtatirt iſt, ſo ſcheint auch im Leben der Vogelwelt ein ähnliches Verhältniß mitunter zu Tage zu treten. In hieſiger Gegend — Roitzſch im Kreis Torgau — iſt in verſchiedenen Ortſchaften im verfloſſenen Frühjahre die Nachtigall zwar während ihres Zuges kurze Zeit erblickt worden, darauf jedoch gänzlich wieder verſchwunden. Faſt jeder | Ort hatte vordem im Garten oder Park ein Paar, häufiger noch mehrere Paare dieſer lieblichen Sänger aufzuweiſen; ſelbſt in den tiefen Waldungen hörte man an geeigneten Plätzen ihren melodiſchen Geſang. Das iſt nun anders geworden. Der Naturfreund fragt vergebens nach der Urſache dieſer beklagenswerthen Erſcheinung ö und bleibt im Dunkeln hierüber. Wurden früher vielleicht Neſter der Singvögel, wie dies anderweitig auch wohl geſchehen, durch Muthwillen und Unverſtand der Jugend zerſtört, ſo kann ein ſolcher Frevel gegenwärtig durchaus nicht vorausgeſetzt werden, weil eine ſtrenge Schuldisciplin in dieſer Hinſicht ungemein erfolgreich wirkt. Nachſtellungen der Nachtigallen durch Menſchen dürfte überhaupt faſt als ausgeſchloſſen zu betrachten ſein. In meinen ziemlich großen Gartenanlagen hatte ich vor einigen Jahren das Vergnügen, fünf Paare zu ſehen. Ich glaube, daß | ich nur durch den unausgeſetzten Schutz, welchen ich den Sängern verſchaffte, dieſe | Freude erlebte. Sobald ein Neſt aufgefunden worden war, wurde es von der Hand des aufmerkſamen Gärtners in vielen Fällen mit Reiſig dergeſtalt umgeben, daß Igel und Katze unmöglich zur Plünderung ſchreiten konnten. Mit größter Sorgfalt und manchem Zeitaufwand ließ ich die hier nicht ſelten vorkommenden rothrückigen Würger (Lanius collurio) überwachen und die zudringlichſten ihrer Art tödten. Ihre Mordluſt iſt bekanntlich eine unbegrenzte. Eier und Junge der Singvögel fallen ihnen zur Beute, auch Neſter bleiben in der Nähe ihrer Niſtplätze | De = nicht unverſehrt und werden oft zerriſſen. Trotz der angewandten Vorſicht gelang es nicht immer, eine jede Nachtigallenbrut zu ſichern; dann und wann ging eine ſolche verloren, was allerdings ein Nachtheil geweſen ſein möchte, da die jungen Nachtigallen ihre Geburtsſtätte wieder aufſuchen und ſich unweit derſelben, wenn das Terrain nicht zu ungünſtig iſt, anzuſiedeln pflegen. — Vielleicht erklärt ſich das Verſchwinden im vorliegenden Falle noch am erſten dadurch, daß zufälligerweiſe durch Stürme unſere Thiere auf der Reiſe nach dem wärmeren Afrika und Aſien ſämmtlich verunglückt find. Schwerlich kann ich mir aber denken, daß die Amſel (Turdus merula), welche ſich ſeit mehreren Jahren bei mir ſehr ſtark vermehrt hat, die Nachtigallen verdrängen könnte. Dreiſt iſt jene in der That, ſie kommt im Winter ſelbſt vor Wohnräume und nimmt allerhand ihr gebotene Nahrung, beſonders Fleiſch, mit vieler Begierde an. Man behauptete ja ſchon wiederholt, daß mit dem Einzuge dieſes Vogels, der ſicherlich eine Zierde des Gartens und Parks bildet, der Weggang der Nachtigallen in Verbindung ſtände. Auch ſcheint mir wenig glaubhaft, daß eine kleine, innerhalb kurzer Zeit auf dem nahen Felde und in den hieſigen Gärten eingerichtete Faſanerie, die übrigens an ſonſtigen hier in Betracht kommenden Stellen nicht exiſtirt, die Veranlaſſung zum Abzuge geweſen ſei. Schon die Sicherſtellung dieſer Faſanerie erfordert ein fortwährendes Weg⸗ fangen des Raubzeuges jeglicher Art, und iſt es daher unzuläſſig, anzunehmen, daß durch letzteres eine Störung der Singvögel verurſacht worden wäre. Es würde mir nun hochwillkommen ſein, von competenter Seite einen Auf⸗ ſchluß über die geſchilderte Calamität zu erhalten, zumal mir dadurch vielleicht Mittel und Wege angegeben werden könnten, meine Anlagen, welche Alles — dichte Bosquets ꝛc. — bieten, was die kleine Vogelwelt zu ihrem Gedeihen wünſchen muß, mit dem herrlichſten unſerer Sänger wieder zu bevölkern.“) Roitzſch bei Dommitzſch im Januar. Ein Beitrag zu dem Artikel: „Die Uebelthäter in der Vogelwelt“. = Von A. Töpel. Im Anſchluß an den von unſerm allverehrten erſten Redacteur Herrn Prof. Dr. Liebe, in Nummer J. des vorigen Jahrganges unſerer Monatsſchrift, gebrachten Artikel: „Die Uebelthäter in der Vogelwelt“, erlaube ich mir ganz ergebenſt, folgendes Erlebte darzulegen. Innerhalb meiner „vier Pfähle“ ſteht in unmittelbarer Nähe der in den Hof ) Alle Beiträge, welche zur Löſung dieſer und verwandter Fragen dienen, ſind höchſt willkommen, nur muß die Erörterung, um uns eines alten Wahrſpruchs zu bedienen, „collegialiſch in aller Freundſchaft und Liebe“ gejchehen. Die Redaktion. 6* ee Se laufenden Küche ein ſtattlicher Birnbaum, deſſen ſchöne Krone ſich im Frühjahre ſo dicht belaubt, daß ſie denjenigen Vögeln, welche ſich ein Kinderſtübchen im traulichen Dunkel ſchattender Blätter und Zweiglein anlegen, hierzu die beſte Ger legenheit bietet. Dieſe wird auch reichlich benutzt, denn alljährlich niſten hier Stiege litze, ſogar auf einem breiten Aſte graue Fliegenſchnäpper (Museicapa een | auch ſchon einigemale der Schelm, „Hausſpatz“ geheißen. Ein paar elegante, nette Stieglitze hatten zu meiner großen Freude aug wieder im Sommer 1883 ihr ſchmuckes kunſtvolles, weiches Wochenbettchen auf meinem Birnbaume fertig geſtellt, als ich in meinem Hofe einem Sperlingspaare das Neſt zerſtörte, welches ſich in einem Mauerloche ſeßhaft machen wollte. Dieſen Obdachloſen gefiel es nun ſich ebenfalls in beſagter Baumkrone und zwar in nächſter Nähe der Stieglitze anzuſiedeln. Nachdem der Rohbau des ſehr umfangreichen Sperlingsneſtes vollendet und für die zukünftigen Birnenknospen⸗, Salat-, Kirſchen⸗, | Stachelbeeren- ꝛc. Vertilger eine weiche, warme Neſtunterlage geſucht wurde, griffen die von dem Mein und Dein keinen Begriff habenden Sperlinge, einfach nach dem Eigenthum der Stieglitze und raubten dieſen ihr ſchönes Heim ſtückweiſe, ſo tapfer ſich dieſelben auch tagelang zur Wehr ſetzten. Die Stieglitze konnten noch ſo fleißig neues Niſtmaterial herbeiſchaffen, um die in ihrem Neſtchen entſtandenen Lücken auszufüllen, immer wurden ſie nach einem kurzen Kampfe von den ſtärkeren „Schelmenbrüdern“ verſcheucht, und da dieſe ſtets mehr vom Neſtchen erbeuteten, als die rechtmäßigen Beſitzer zu demſelben hinzutragen konnten, mußte dasſelbe endlich bis auf die Grundlage verſchwinden. Leider war ich ſo gutmüthig und zerſtörte den vollendeten Raubbau, welcher ziemlich hoch angelegt war, nicht gleich, ſondern erſt ſpäter und dies wurde die Urſache mit zu der ſchweren, mich und meine ganze Familie erregenden Uebelthat, welche die Sperlinge ſpäter ausführten. Die Stieglitze hatten nämlich, trotz ihres ſchweren Verluſtes, meine „vier Pfähle“ nicht verlaſſen, ſondern ſich, ohne diesmal von den Sperlingen geſtört zu werden, (wenigſtens iſt dies meinen Beobachtungen entgangen), an einer ent⸗ fernteren Stelle der umfangreichen Baumkrone angeſiedelt. Leider konnte ich 01 Stand des neuen Neſtchens in dem dichten Blattwerk nicht erforſchen. | Täglich, ſchon Morgens 6 Uhr, ſaß das ſangesluſtige Männchen gewöhnlich auf einer der Naſen der Scheunenfirſtgiebel, weniger auf dem Gipfel des Baumes, | Jah hinab in den baumreichen Garten und erfreute fein brütendes Weibchen, mich und meine Familie durch ſeine bekannte Sangesweiſe. ö Am 18. Juli ſollte ich endlich, leider unter ganz außergewöhnlichen Ber hä | niſſen, den Niſtplatz „meiner Stieglitze“ entdecken. | An dieſem Tage holte ich mittelft eines an langer Stange befindlichen Hakens, e ee, das Sperlingsneſt vom Baume herunter. Ich that dies deshalb, weil mir die Sperlinge, von denen ich im Hofe einen ſogenannten „Stab“ hatte, ſtets im Frühjahre die ſchönſten, edelſten Blüthenknospen zerſtörten. Der Baum trägt drei Sorten Birnen. Es beſaß das Sperlingsneſt an der Seite ein kleines Flugloch und enthielt vier ziemlich hellgefärbte Eier, von denen zwei bebrütet waren. Dieſe wohlbedachte Revanche für zerſtörte Knospen, und für das zerſtörte Neſtchen, ſollte den Tod der inzwiſchen erbrüteten Stieglitzkinderchen und die gänz⸗ liche Vertreibung der Eltern, ſeitens des Sperlingsneſt-Vaters, zur Folge haben. Kurze Zeit nachdem das Sperlingsneſt gefallen, ſaß ich am Fenſter, von welchem aus ich einen Theil des Birnbaums überſehen konnte, und bemerkte, wie ein dickköpfiger Spatz, unter zelotiſchem Geſchrei, im Kampfe mit meinen unſchul⸗ digen Stieglitzen lag. Die Kämpfenden ſtießen immer jo hart aneinander, daß buchſtäblich „die Federn ſtoben“. Bald waren es gelbe, bald graue. Wer ſtets der Sieger blieb iſt leicht zu errathen. Immer und immer wieder mußten die geängſteten Stieglitz eltern ſich auf den nächſten Baum und noch weiter zurückziehen, und der Sperling behauptete den Kampfplatz, einen kleinen, beſonders dichten Büſchel des Baumes gegenüber dem Fenſter. Wie ein Wüthender geberdete ſich der Sieger im kleinen Blätterhauſe. Bald ſtand er, den Kopf ſteif emporgereckt, aufrecht da, bald ſenkte er dieſen wiederholentlich und äußerſt ſchnell in die dunkelgrün glänzenden Blätter und hackte mit wahrem Ingrimm auf einen Gegenſtand. Ich hatte noch nie einen Sperling in ſolch blinder Raſerei beobachtet. Mir gingen beim Anblick dieſer er⸗ regten Creatur unwillkürlich die Uhland'ſchen Worte durch den Sinn: „Was er ſinnt, iſt Schrecken, Und was er blickt, iſt Wuth.“ Leidenſchaftlich, von Vater- und Mutterliebe getrieben, ſtürzten ſich die Ver⸗ triebenen nochmals auf den mit glühendem Haß Erfüllten. Er trieb fie mit kräf— tigen Schnabelhieben nochmals zurück. Sie konnten ihm mit ihren ſchwächeren Kräften ſeine Beute nicht entreißen. Nun hielt es mich nicht länger auf meinem Platze. Ich eilte hinaus, die Meinen folgten mir, und ich griff zur Leiter. Als ich mit derſelben unter dem Aſte anlangte, auf welchem der Wütherich geſeſſen, ſah ich ſogleich was derſelbe ſchon angerichtet hatte. Ein ſehr gut genährtes, an den Flügeln ſchon mit Gelb geziertes Stieglitzkindchen lag mit zerhackter Stirn todt auf der Erde. Nun hatte ich mit einemmale die Stelle des längſt geſuchten Neſtchens gefunden. Ich lehnte die Leiter an und da ſich dieſelbe zu kurz erwies, wurde eine zweite angebunden und vorſichtig der Aufſtieg bewerkſtelligt. Oben an- gekommen, ſah ich zunächſt ein zweites todtes Stieglitzchen am Neſtrande hängen, deſſen total zerhacktes Köpfchen mit Blut überſtrömt war. Alsdann bemerkte a ih im Neſte noch zwei Junge, durch Schnabelhiebe zwar verwundet, aber noch lebend. Mit ächter Unverſchämtheit ſaß indeſſen der Erzmörder auf des 1 | Dache und ſchrie aus Leibeskräften wie unfinnig. Kaum waren ich und die Meinen wieder in der Stube angelangt, als auch der ſtreitſüchtige Patron ſchon wieder auf dem Neſtrande ſaß und unbarmherzig | auf die zwei Verwundeten einhieb, dieſelben herauszog und ordentlich in die Höhe ſchleuderte. Daß der Lebensfaden derſelben bei ſolcher Mißhandlung ſchnell zerriß, läßt ſich leicht denken. Wir jagten zwar den böſen Geſellen öfters davon, und dann erſchienen die alten Stieglitze wieder und machten ſich am Neſtchen zu ſchaffen oder ſaßen eine Weile in unmittelbarer Nähe deſſelben, doch nur, um immer ö aufs Neue mit harten Stößen vom Sperling vertrieben zu werden. Bis zum | Abende währte der ungleiche Kampf. Die ſtille Nacht ſchied die Streiter und führte die Stieglitze von dannen. | | Am nächſten Morgen tobte der Sperling von Neuem. Die Stieglitze aber kehrten nicht wieder. Als ich die todten Vögelchen aus dem Neſte nehmen wollte, um den Sperling zu beruhigen und um dieſelben, wie die beiden vorigen, von | meinem Töchterchen begraben zu laſſen, fand ich das Neſt leer. Hatten fie die raſenden Spatzen, ehe ich aufgeſtanden war, fortgeſchleppt? Ich nahm das Neſtchen | ab. Es liegt vor mir. Sein Rand und Boden find von Stieglitzblut roth gefärbt. Am 23. Juli kehrten die vertriebenen Stieglitze noch einmal wieder, mußten aber ſofort, von den auf ſie zuſtürzenden Sperlingen vertrieben, den Baum, ja den | Hof räumen. Nach fünf Tagen hatten ſich aljo die heftigen Affekte der Sperlinge, beſonders des Männchens, noch nicht gelegt. Von da ab blieben die Stieglitze fort. | Wir wiſſen Alle, das Morden liegt nicht im Naturell des Sperlings, wie auch | nicht, wie z. B. Seite 16 Herr Profeſſor Dr. Liebe ſchreibt, in dem des Stein⸗ | röthels. „Es war alſo auch in dieſem Falle die Unthat nur eine Aeußerung eines ö auf das höchſte geſteigerten Zornes“, deſſen Urſache ich in der doppelten Zerſtörung und Beraubung des Sperlingsheimes finde. Vorſtehender Aufſatz bietet aber einen neuen Beweis, wie ſehr recht Herr Profeſſor Dr. Liebe hat, wenn er am Schluſſe ſeines oben angeführten Artikels behauptet: | „Jeder Vogelfreund, der zu ſehen verſteht draußen in Feld und Wald oder im Gehöft und in der Stube, hat derlei Unthaten verüben ſehen. Immer ſind es Ausnahmen, welche ſich durch die in der höheren Blutwärme und in dem raſcheren Stoffwechſel begründeten geſteigerten Erregbarkeit der Vögel erklären laſſen. Nicht aber ſind ſie eine angeerbte Gewohnheit und charakteriſirende Eigenthümlichkeit.“ | P. S. Im Sommer 1885 haben die Stieglitze in demſelben Baume unbehelligt geniſtet und gebrütet. Das Neſt ſteht heute noch feſt und unverſehrt in deſſen Spitze. Baurath Pietſch an K. Th. Liebe. Briefliche Mittheilung. Die geneigten Hörer beziehungsweiſe Leſer meines Vortrages über das Thema: „Was der verweg'ne Martial uns von den Vögeln erzählt“ in Nummer 11 der Monatsſchrift für das Jahr 1885 dürfte vielleicht intereſſiren, daß auch Goethe eine ganz vortreffliche Strophe im Schenkenbuch des welt- öftlihen Divans dem Sing— ſchwan gewidmet hat. Dieſelbe verdankt zweifellos dem auf Seite 264 der vor⸗ jährigen Monatsſchrift unter Nummer 29 mitgetheilten Xenion Martials ihre Ent: ſtehung. Sie lautet: Doch vom Singſchwan will man wiſſen, Daß er ſich zu Grabe läutet; Laß mich jedes Lied vermiſſen, Wenn es auf dein Ende deutet. Hierzu möchte ich noch bemerken, daß der Schwanengeſang von vielen Forſchern, welchen ich mich anſchließe, mit fernem Glockengeläut verglichen wird. Ferner hat Goethe der Nachtigall ein überaus ſchönes Epigramm gewidmet, welches unter den Gedichten: „Antiker Form ſich nähernd“ zu finden iſt und folgender: maßen lautet: Philomele. Dich hat Amor gewiß, o Sängerin, fütternd erzogen; Kindiſch reichte der Gott dir mit dem Pfeile die Koſt. So, durchdrungen von Gift die harmlos athmende Kehle, Trifft mit der Liebe Gewalt nun Philomele das Herz. Ich habe mich umſomehr verpflichtet erachtet, dies köſtliche Epigramm mit⸗ zutheilen, als ich mit der Behandlung Philomelas durch Martial mich in meinem Vortrage, wie aus der Bemerkung zu Nummer 33 auf Seite 266 der vorjährigen Monatsſchrift hervorgeht, ſehr wenig einverſtanden erklären mußte. Endlich führe ich an, daß ſich in dem Abdruck meines Vortrages zwei Druck— fehler vorfinden, deren nachträgliche Verbeſſerung mir ſehr erwünſcht ſein würde. Auf Seite 263, dritte Zeile von unten, muß nämlich ſtatt Numidiae „Numidieae“ und auf Seite 265, fünfzehnte Zeile von unten, ſtatt albata beſſer „alba“ ſtehen. In Erbach bei Ulm im Donauthal vorkommende Vögel. Beobachtet von Freifrau von Ulm⸗Erbach. | Sperlingsvögel (Passeres). Fichtenkreuzſchnabel, Loxia eurvirostra, ſehr ſelten und nur bei ſtrengem Winter; niſtet nicht hier. a a Dompfaffe, Pyrrhula vulgaris, ziemlich häufig; Standvogel. Edelfink, Fringilla eoelebs, jehr häufig; Standvogel. Bluthänfling, Cannabina sanguinea, häufig; Brutvogel. Erlenzeiſig, Chrysomitris spinus, ſelten; Brutvogel. | Stieglitz, Carduelis elegans, ſelten; Standvogel, ſonſt auch in großen Zügen durchziehend. | Hausſperling, Passer domesticus, gemein. Feldſperling, Passer montanus, ſehr zahlreich. Grünling, Ligurinus chloris, nicht ſehr häufig; Standvogel. Kirſchkernbeißer, Coccothraustes vulgaris, ſehr ſelten; Brutvogel. Grauammer, Miliaria europaea, häufig; Standvogel. | Goldammer, Emberiza eitrinella, ſehr häufig, beſonders in dieſem Jahr; Stand vogel. Gartenammer, Emberiza hortulana, ſelten. Rohrammer, Schoenicola schoeniclus, ſeltener Brutvogel. | Haubenlerchen, Galerita cristata, bemerkte ich erſt ſeit einigen Jahren hier, und ſcheinen ſie Standvögel zu werden. | Haidelerche, Lullula arborea, vereinzelt beim Durchzug. Feldlerche, Alauda arvensis, ſehr häufig; Niſtvogel. Rabenvögel (Coracirostres). Staar, Sturnus vulgaris, ſehr zahlreich und als nützlicher Vogel ſehr beliebt; Brutvogel. | Goldamſel, Oriolus galbula, ſehr ſeltener Brutvogel. Rabenkrähe, Corvus corone, ſehr häufiger Standvogel. Nebelkrähe, Corvus cornix, vereinzelt im Winter bemerkt. Saatkrähe, Corvus frugilegus, häufig durchziehend. Dohle, Lycos monedula, ſehr häufiger Standvogel. Nußknacker oder Tannenheher, Nucifraga caryocatactes, ſehr ſelten (zwei Mal | geihoffen). | Elſter, Piea caudata, ſehr zahlreicher Standvogel. Eichel⸗ oder Nußhäher, Garrulus glandarius, ſehr häufig; Standvogel. Raubvögel (Raptatores). Wanderfalke, Falco peregrinus, ziemlich häufiger Brutvogel. Baumfalke, Falco subbuteo, häufiger Brutvogel. Thurmfalke, Cenchreis tinnunculus, ſehr oft als Brutvogel zu treffen. Sperber, Accipiter nisus, ſehr häufiger Standvogel. Habicht, Astur palumbarius, ſehr häufiger Brutvogel. ee, Steinadler, Aquila fulva, ſehr ſelten: der letzte 1861 hier erlegt und 1872 einer geſehen. Seeadler, Haliaétus albieilla, ſehr ſeltener Gaſt: dieſen Winter in hieſiger Gegend einer geſehen. Fiſchadler, Pandion haliaétos, ſehr ſelten: 1858 einer geſchoſſen. Gabelweihe, Milvus regalis, häufiger Brutvogel. Rohrweihe, Circus rufus, ſelten: ein Exemplar erlegt. Mäuſebuſſard, Buteo vulgaris, ſehr oft Brutvogel. Steinkautz, Athene noctua, jetzt ſeltener, vor 1870 häufiger Standvogel. Uhu, Bubo maximus, ſehr ſelten: zwei erlegt, der letzte 1869. Waldeule, Otus vulgaris, häufiger Standvogel. Sumpfeule, Otus brachyotus, häufiger Standvogel. Zwergohreule, Scops Aldrovandi, Standvogel. Waldkautz, Syrnium aluco, häufiger Standvogel. Schleiereule, Strix flammea, ſelten: es niſten regelmäßig einige Paare in den Gerüſtlöchern der Ringmauern und Thürme. Sperrvögel (Hiantes). Rauchſchwalbe, Hirundo rustica, gewöhnlicher Brutvogel. Hausſchwalbe, Hirundo urbica, ſeltener Brutvogel. Uferſchwalbe, Hirundo riparia, ziemlich häufiger Brutvogel. Mauerſegler, Cypselus apus, ſog. Steuerle, ſehr zahlreich das Schloß e und in demſelben niſtend. Alpenſegler, Cypselus melba, ſehr ſelten und nicht niſtend: einmal bemerkt. Nachtſchwalbe, ſog. Ziegenmelker, Caprimulgus punctatus, ſelten. Singvögel (Oseines). Raubwürger, Lanius excubitor, nicht häufiger Standvogel. Schwarzſtirniger Würger, Lanius minor, als Brutvogel nicht häufig. Dorndreher, Lanius collurio, ſehr häufiger Brutvogel. Fliegenfänger, Museicapa grisola, ziemlich häufiger Brutvogel. ö Blaukehlchen, Cyanecula leucocyana, ſeltener Niſtvogel. Rothbrüſtchen, Rubecula sylvestris, häufiger Brutvogel. Hausrothſchwanz, Ruticilla tithys, ſeltener Brutvogel. Braunkehlchen, Pratincola rubetra, ſehr ſelten. Steinſchmätzer, Saxicola oenanthe, niſtet hier häufig. Miſteldroſſel, Turdus viscivorus, niſtet hier ſelten. Singdroſſel, Turdus musicus, häufiger Brutvogel. Krammetsvogel, Turdus pilaris, häufig auf dem Durchzug, wird aber hier nicht in Schlingen gefangen. EN e,, 2 Schwarzdroſſel, Merula vulgaris, ſehr häufiger Standvogel; niftet viel im Garten und iſt ſehr zutraulich. Gartengrasmücke, Sylvia hortensis, niſtet hier ſehr häufig. Klappergrasmücke, Sylvia curruca, ſehr oft Brutvogel. Schwarzplättchen, Sylvia atricapilla, niſtet hier ſehr häufig. Weidenlaubſänger, Phyllopneuste trochilus, ſeltener Brutvogel. ferſchilfſänger, Calamoherpe phragmitis, ſeltener Brutvogel. Zaunkönig, Troglodytes parvulus, häufiger Standvogel. Baumpieper, Anthus arboreus, niſtet hier häufig. Bachſtelze, Motaeilla alba, ſehr zahlreicher Brutvogel. | Bergſtelze, Motacilla sulphurea, nijtet ſelten an den Ufern der Donau. Braunelle, Accentor modularis, häufig; niſtet hier. Goldhähnchen, Regulus eristatus, häufiger Standvogel. Schwanzmeiſe, Acredula caudata, ſelten und nur im Winter hier. Kohlmeiſe, Parus major, ſehr häufiger Standvogel. Blaumeiſe, Parus coeruleus, ſehr ſelten; nur im Winter hier. Späher (Investigatores). Wiedehopf, Upupa epops, nicht ſeltener Brutvogel. Kleiber, Sitta caesia, ſehr oft Standvogel. Baumläufer, Certhia familiaris, häufig; Standvogel. Schwarzſpecht, Dryocopus martius, vereinzelt vorkommend. Buntſpecht, Picus major, ſehr oft; Standvogel. Kleinſpecht, Picus minor, ſehr häufiger Standvogel. Grünſpecht, Geeinus viridis, häufig; Standvogel. Wendehals, Jynx torquilla, nicht oft; Brutvogel. Eisvogel, Alcedo ispida, häufig an der Donau; Standvogel. Kukuk, Cuculus canorus, ſehr häufig. Girrvögel (Gyratores). Ringeltaube, Palumbus torquatus, ſehr häufig in Wald und Garten niſtend. Turteltaube, Turtur auritus, ſeltener Brutvogel. Scharrvögel (Rasores). Haſelhuhn, Tetrao bonasia, ſehr ſelten: vor einigen Jahren ward eins in nächſter Umgegend geſehen. Feldhuhn, Perdix einerea, recht zahlreich hier brütender Standvogel. Wachtel, Coturnix communis, leider rapid abnehmender Brutvogel. Stelzvögel (Grallatores). Triel, Oedienemus erepitans, ſehr ſelten geworden. ae Gold⸗Regenpfeifer, Charadrius pluvialis, ſehr ſelten. Fluß⸗Regenpfeifer, Aegialites minor, niſtet hier häufig. Kiebitz, Vanellus eristatus, ſehr häufig; doch niſtet er wenig in hieſiger Gegend, ſo daß es ſich nicht lohnt, die Eier zum Verſpeiſen zu ſuchen. Waldſchnepfe, Scolopax rusticola, auf dem Durchſtrich, doch abnehmend. Bekaſſine, Gallinago scolopaeina, ſehr häufig; brütet hier, vereinzelte Exemplare überwintern auch hier. Fledermausſchnepfe, Gallinago gallinula, nicht häufiger Brutvogel. Sandpfeifer, Actitis hypoleucos, ſehr häufiger Brutvogel. Brachvogel, Numenius arquatus, ſehr ſelten. Storch, Ciconia alba, allgemein verbreitet; ein Paar niſtet jedes Jahr auf dem Schloſſe. Im Donauthal größere Anſammlungen von jüngeren Störchen oder einzelne Störche männlichen Geſchlechts. Im Herbſt vor dem Wegzug ſammeln ſich hier größere Schaaren. Schwarzer Storch, Ciconia nigra, iſt einmal im Jahre 1885 in der Nachbarſchaft geſehen worden. Fiſchreiher, Ardea cinerea, Standvogel; Colonien von 40 —50 Horſten find ſtändig hier. Edelreiher, Ardea egretta, ſehr ſelten: im Jahre 1841 ein Exemplar geſchoſſen. Zwergrohrdommel, Ardetta minuta, im Jahre 1873 ein Exemplar geſchoſſen. Rohrdommel, Botaurus stellaris, ſehr ſelten: im Jahre 1878 die letzte erlegt. Waſſerralle, Rallus aquaticus, ſehr häufiger Brutvogel. Wieſenknarre, Crex pratensis, häufiger Brutvogel. Teichhuhn, Gallinula chloropus, ſehr zahlreicher Standvogel. Bläßhuhn, Fulica atra, häufiger Brutvogel. Bi. Zahnſchnäbler Lamellisrostres. Höcker⸗Schwan, Cygnus olor, ſehr ſeltener Strichvogel: Im Januar 1871 find 23 Stück geſehen worden, welche ſich mehrere Tage hier aufhielten. Dieſes Jahr am 31. Januar ſind 3 wilde Schwäne vorbeigeſtrichen, von denen einer in der Nähe, bei Ehingen, erlegt wurde. Graugans, Anser einereus, ſehr ſeltener Strichvogel: vor mehreren Jahren 1 Exem⸗ plar erlegt. Saatgans, Anser segetum, Strichvogel, der ſich faſt jeden ſtrengen Winter in größeren Schaaren hier aufhält. Im Winter 1879/1880 wurden 16 Stück erlegt. Heuer ſind größere Flüge in den erſten Februartagen nach Norden vorbeigezogen. Stockente, Anas boschas, ſtändig in größeren Schaaren hier. Vereinzelte Paare niſten an der Donau. Die größte Anzahl wurde im Winter 1881/1882 er⸗ legt: 294 Stück. le Schnatterente, A. strepera, ſelten auf dem Durchſtrich. Spießente, A. acuta, ſehr ſelten; nur im Winter. Pfeifente, A. Penelope, häufig im Winter. Knäckente, A. querquedula, ſelten auf dem Durchſtrich. Krickente, A. erecca, niſtet hier häufig. Löffelente, Spatula elypeata, ſehr ſelten. Weißäugige Ente, Fuligula nyroca, ſehr ſelten auf dem Durchſtrich. Schellente, Clangula glaueion, ziemlich ſelten: in dieſem Winter Aug erlegt. Zwergſäger, Mergus albellus, ſelten im Winter hier. Gänſeſäger, Mergus merganser, ſehr ſelten; nur bei ſtrengem Winter. Seeflieger (Longipennes). Flußſchwalbe, Sterna hirundo, häufig im Sommer, niſtet jedoch nicht hier. Lachmöve, Xema ridibundum, ſehr häufig. Taucher (Urinatores). Zwergſteißfuß, Podiceps minor, ſog. Taucherle, ſehr zahlreicher Standvogel. Polartaucher, Colymbus arcticus, ſehr ſelten: voriges Jahr ein Exemplar erlegt. Kleinere Mittheilungen. Raubwürger (L. excubitor). Als ich heute am Fenſter ſtand und das bewegliche Treiben auf meinem Futterplatze betrachtete, tauchte plötzlich in un- mittelbarer Nähe der Raubwürger auf und trug einen Vogel dicht über dem Erd— boden hinweg einer benachbarten Hecke zu. Ich ſtürmte ſchnell hinter ihm her mit einem reſoluten Stocke bewaffnet. Allein er hatte mich rechtzeitig bemerkt, flog etwa 50 Schritt weiter und ließ ſich am Fuße eines Baumes nieder. Jetzt ſuchte ich mich ihm verdeckt zu nähern und ſchleuderte den Stock mit aller Kraft gegen den Baum, um ihn durch den Schreck zum Fahrenlaſſen der Beute zu bewegen. Dies gelang auch. Am Baume lagen die Ueberreſte eines Sperlings, beſtehend | aus Bruſt, Bauch, Beinen und dem vollftändigen Schwanze. Daß ihm die Sperlinge jo leicht zur Beute fallen, liegt eben daran, weil fie ſich, ſobald er eine nachdrück⸗ | liche Verfolgung unternimmt, in Hecken und Reiſighaufen fo zu verſtecken ſuchen, daß ſie ihren Verfolger nicht mehr im Auge behalten. Auf dieſe Weiſe iſt es ihm immer ſehr bequem, ſie aus ihren Schlupfwinkeln höchſt unſanft herauszuzerren. Als hier vor einigen Jahren ein Arbeiter im Winter mit dem Zerkleinern eines Reiſighanfens beſchäftigt war, ſtürzte plötzlich ein Raubwürger auf einen Sperling herab, der unter dürren Fichtenreiſern Schutz ſuchte. Als der Würger ebenfalls unter die Reiſer ſchlüpſte, ſprang der Mann raſch hinzu und ergriff ihn mit der Hand über die er einen mächtigen Fauſthandſchuh gezogen hatte. H. Schacht. | I | Weiße Bachſtelzen. Am 26. Februar, Nachmittags 4 Uhr, habe ich bei zwei Grad Kälte vier Stück weiße Bachſtelzen beobachtet auf dem Dache eines Hauſes der Domäne Packiſch, Kreis Liebenwerda. Da dieſe Vögel während des ganzen Winters in Packiſch nicht geſehen worden ſind, ſo unterliegt keinem Zweifel, daß ſie zur Beobachtungszeit eben erſt eingetroffen waren. Die frühzeitige Ankunft dieſer Frühlingsboten iſt mit Rückſicht auf die anhaltende Kälte während des Februars immerhin eine ſeltene Erſcheinung. Baurath Pietſch. Die weiße Bachſtelze. Herr H. Ochs theilte mir brieflich mit, „daß am 10. Januar bei Kaſſel eine ganz geſunde unverletzte weiße Bachſtelze gefangen worden ſei, welche den einige Tage vorher ſtattgehabten Froſt von 17 — 180 R. überſtanden hatte. Der Fänger wollte dieſen Vogel wieder fliegen laſſen.“ — Nach meinen Erfahrungen bleiben nicht nur die Bergſtelzen, bei welchen dieſe Erſcheinung gewöhnlich iſt, ſondern auch die Bachſtelzen (M. alba) in Gemeinſchaften von 2 bis 3 Stück oder auch einzeln den ganzen Winter hindurch bei uns. Da ſie ſehr zeitig vom Zug heimkehren, werden ſie öfter von Nachwintern überraſcht und dann in große Noth gebracht. Gar oft nahm mein dem hieſigen Publikum ja hinreichend bekanntes Lazareth dergleichen Bachſtelzen auf, welche todt oder halbtodt oder wenigſtens ſchwer leidend mit der Hand aufgegriffen worden waren. Im kalten Zimmer kann man viele von dieſen kranken Thieren durch vorſichtig verabreichte Tropfen rothen Weines, das ausgedrückte Innere von Mehlwürmern und durch ſpäter in kleinen Doſen gereichtes Weichfutter retten, — nöthigenfalls, wenn ſie gar zu kraftlos ſind, indem man ihnen einen Mehlwurm in den geöffneten Schnabel hinein ausdrückt. Zweimal iſt mir's vorgekommen, daß ſolch ganz ſchlimme Patienten nach einigen Stunden ein Gewölle ausſpieen, welches aus unverdaulichen Stoffen beſtand und in die innere auskleidende abgeſtoßene Schleimhaut des Kropfes theil- weis eingewickelt war. Beide Patienten genaßen nach dieſer Abſtoßung ſchnell und vollſtändig, und konnten nach einigen Wochen ohne Sorge in's Freie entlaſſen werden. 8 K. Th. Liebe. Herr Dr. Meißner in Wanne an Herrn Baurath Pietſch. Bezugnehmend auf Ihren Artikel in Nummer 1 unſerer Monatsſchrift, erlaube ich mir die Mit— theilung, daß der Tannenheher auch hier, und zwar in den Gräflich Neſſelrode- ſchen Forſten (Kreis Recklinghauſen, Reg.⸗Bez. Münſter), zu Anfang Oktober 1885 in mehreren Exemplaren geſehen und erlegt worden iſt, von denen eins in meinen Beſitz kam. Sammetente. Am 24. November v. J. ſchoß Herr Gartenbeſitzer Zſchirnt in | Zittau an der Neiße ein einzeln ziehendes ausgefärbtes Männchen von der Sammet⸗ ente, Oidemia fusca, welches Herr Stadtrath Held daſelbſt ſeiner Sammlung einverleibte. C. Krezſchmar. mg Der Tannenheher. In Bezug auf das in unſerer „Monatsſchrift“ des Oefteren beſprochenen Erſcheinen des Tannenhehers (Corvus caryocatactes) in Mitteldeutſchland erlaube ich mir, wenn auch etwas verſpätet, die Mittheilung zu machen, daß im Oktober vorigen Jahres auch von Sr. Hoheit Prinz Moritz von Sachſen-Altenburg in der Umgebung von Ronneburg ein Tannenheher erlegt worden iſt. Der Vogel trieb ſich auf den Bäumen einer Obſtbaumallee herum und ſchien ſich u. a. von Mäuſen zu nähren, da er eine ſolche im Schnabel tragend beobachtet wurde. Se. Hoheit überwies den in unſerer Gegend ſonſt ſeltenen Vogel der Sammlung der hieſigen Naturforſchenden Geſellſchaft, die ſchon ſechs Tannenheher enthält. Leider iſt nur bei einigen Exemplaren eine Angabe über Zeit und Ort des Fanges gemacht: das eine Exemplar iſt erlegt im Oktober 1850 im Weſtkreiſe des Herzogthum Altenburg, das andere im Juli () 1867 im Oſtkreis. Was die Gründe betrifft, die den Tannenheher zu ſeiner Wanderung veranlaſſen, ſo ſpricht ſich A. Brehm (ſ. Brehms Thierleben, Vögel, 2. Bd.) deutlich dahin aus, daß einzig und allein das Mißrathen der Zirbelnüſſe den Tannenheher vom Norden nach dem Süden hin oder vom Gebirge in die Ebene hinabtreibt. Herr E. v. Homeyer be⸗ beſtreitet (ſ. Nr. 11, X. Jahrgang d. Zeitſchrift) die Stichhaltigkeit dieſes Grundes, ohne jedoch eine plauſible Erklärung für die räthſelhaften Wanderungen zu geben. Es würde jedenfalls die Sache nur gewinnen, wenn ein ſo gründlicher Beobachter wie Herr E. v. Homeyer auch ſeine Anſicht über dieſe Frage den Mitgliedern unſeres Vereins unterbreiten wollte. Altenburg (S. A.). Dr. Köpert. Ein Vogelzug von ungeheurer Ausdehnung hat am 27. Februar d. J. die Stadt Langenſalza paſſirt. Unzählbare Vogelſchaaren haben nach den über⸗ einſtimmenden Angaben zahlreicher Augenzeugen etwa um 10 Uhr Vormittag die Stadt erreicht und ſich in mäßiger Höhe über drei Stunden lang ohne Unter⸗ brechung bis Mittag, 12½ Uhr, zuweilen in einer Breite von 10 Minuten, von Nordoſten kommend zunächſt in ſüdweſtlicher Richtung und ſpäter direct nach Süden über die ganze Stadt weiter bewegt. Der Zug hat vorzugsweiſe oder ausſchließ⸗ lich aus Lerchen beſtanden, denn es haben ſich im Süden der Stadt nach und nach | zahlloſe Lerchen aus dem Zuge, jedenfalls in Folge von Erſchöpfung, in Gärten | und den angrenzenden Feldern im Schnee niedergelaſſen, ſodaß ſchließlich große Flächen mit dieſen Vögeln bedeckt geweſen ſind. Die Lerchen ſind jedenfalls durch das lange anhaltende Winterwetter zum Rückzuge gezwungen worden. Am Tage zuvor hatte erneuter ſtarker Schneefall in hieſiger Gegend ſtattgefunden, am Tage des Zuges war mäßige Kälte und trüber Himmel mit etwas Schneegeſtöber. Am Tage darauf ſtieg die Kälte bis zu 9 Grad und am folgenden bis zu 15 Grad. Ein derartiger Vogelzug iſt hier noch nie beobachtet worden und hat deshalb die ungewöhnliche Erſcheinung allgemeine Aufmerkſamkeit erregt. W. Hanke. RO Anzeigen, Geſucht gegen doppelten Einkaufspreis Jahrgang 1 der Monats— ſchrift. Paul Leverkühn, Klausthal. Die Jahrgänge 1879, 80, 81, 82, 83, 84, 85 der „Gefiederten Welt“, gut erhalten (wie neu) find für „ 25 zu verkaufen. Einzelner Jahrgang. # 4. Querfurt i. Th. | O. Toepelmann. Wichtig für Vogelfreunde! Chr. Lud. Brehm's Photographie, genau nach der Originalplatte aufgenommen, Großtrappen zu verhelfen. Da derſelbe zum Skeletiren beſtimmt iſt, kommt es auf die Erhaltung der Weichtheile und Federn nicht an. Gera in Reuß. Prof. Dr. K. Th. Liebe. In meinem Verlage iſt erſchienen: Die Größe und Farbe der Augen aller europäiſchen Vögel ſowie der in der paläarctiſchen Region vorkommenden Arten in ſyſtematiſcher Ordnung von Wilh. Meves. 8. broſch. Preis: 1 . Gegen Einſendung von 110 &. in Briefmarken erfolgt das Buch franco unter Kreuzband. Wilh. Schlüter in Halle a. S. Verlag der Creutz'ſchen Buch- und Muſikalienhandlung in Magdeburg: Lehrbuch der Stubenvogelpflege, Abrichtung und Zucht von Dr. Karl Ruß. Mit einer chromolithogr. Tafel und zahlreichen Holzſchnitten. Vollſtändig in 7—8 Lief. à 3 % — In allen Buchhandlungen einzuſehen. Naumaun, Joh. Fr., Ueber den Haushalt der nordiſchen Seevögel Europas, als Erläuterung zweier nach der Natur gemalten Anſichten von einem Theil der Inſel Sylt. Klein Quer⸗Folio in Mappen⸗Futteral. iſt billig zu verkaufen. Auskunft ertheilt C. Bartels in Jena. Verlag von L. Freeſe in Leipzig, Bayeriſche Str. 2. 1 2 Organ zur Vermittelung des Kauf- uud Tauſchverkehrs Geflügelbörſe, 11055 995 Geſlügelzüchtern, erſcheint jeden Donnerstag und iſt durch ſämmtliche Poſtanſtalten zum Preiſe von 75 Pfg. pro Quartal zu beziehen. Inſertionspreis 20 Pfg. pro Zeile. Inſerenten, welche jährlich 20 Zeilen annonciren, erhalten das Blatt gratis und franco. | Probe: Nummern gratis und franco. r 05 Zeitſchrift für Zucht und Pflege des Harzer der Kanarienzüchker, Kanarienvogels. Central-Organ der deutſchen Kanarienzüchter⸗Vereine. Halbjährlich 1 Mark. — Probe: Nummern gratis und franco. Kalender für Ranarienzüchker auf das Jahr 1886. Preis 60 Pfg. en Niſtkäſten“ nach den Angaben des Herrn Prof. Liebe hat der unterzeichnete Verein an⸗ fertigen laſſen, und giebt dieſelben zu folgenden Selbſtkoſtenpreif en ab: für Staare à 40 Pfg., für Meiſen à 35 Pfg. Beſtellungen ſind zu richten an Herrn O. Schale, Torgau, Bäderftraße, „Torga“, Verein für Geflügelzucht, Vogelſchutz und Vogelkunde in Torgau. ) Dieſelben find praktiſch, dauerhaft und gut gearbeitet und können daher nur empfohlen werden. Thiele, | I. Schriftführer des Deutſchen Vereins z. Schutze der Vogelwelt. H. E. Früſtauf in Schleusingen im Thur. Wald empfiehlt Miſtkäſten für Staare, Meiſen, Fliegenſchnäpper, Rothſchwänzchen und dergl. genau nach Vorſchrift des „Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt“ gefertigt. Preiscourante, ſowie Anleitung zur Anbringung der Kaſten, gratis. Beſtel⸗ lungen rechtzeikig. H. E. Frühauf. Niſtkäſten für Staare, Meiſen, Rothſchwänzchen, Fliegenſchnäpper u. dgl., genau nach Vor⸗ ſchrift im Auftrage des „Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt“ an⸗ gefertigt, empfiehlt billigſt Carl Schumann, Holzhandlung in Halle a. S. Anbringungs-Anleitung obigen Vereins gratis. Vereinen und größeren Ab⸗ nehmern Rabatt. Emballage wird nicht berechnet. Die Buchhandlung Friedrich Arnold in München (Specialität: Ornitho⸗ logiſche Literatur) hat ſtets auf Lager: ſämmtliche Schriften von Dr. Karl Ruß; ferner: Schlag, der Dompfaff 1 ; Lazarus, Sproſſer 1 % 50 §.; Arnold, die | Papageien 1 % 20 F.; Illuſtr. Kalender für Vogelliebhaber 1886, 1 %; Finſch, die Papageien, antiquariſch mit colorirten Abbildungen # 24 (completes Werk); Voelſchau, Hühnerbuch; Prütz, Taubenbuch; Oettel, Hühnerhof. Auch ornithologiſches Antiquariat. Kaufe gerne alle Schriften und Werke von Dr. Ruß, wenn ſolche ſehr gut er⸗ | halten ſind. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide ſind an Herrn Rendant 9 in Zeitz zu richten. Redaction: Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle. f | 5 7 Jen" SIR DS — I F 7 5 — EEENERUREN 2 — N SF FI ee = IE nass — — des : Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. | e on 1 Redigirt von Jahres = Beitrag von Tun? Mar b . Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ e e Prof Dr. Lirbe, der fuer Poflenfeete fand, unde Ben an Ben nie Dr. Rey, Dr. Frenzel, ſoweit der Raum es geſtattet. t s Verei errn Kanzli 5 11 671 1 an 11 pie 1 113 46 1 Str.⸗Inſp. Thiele. Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark XI. Jahrgang. pril 1886. Mr. 4. Inhalt: An die geehrten Vereinsmitglieder. — W. Blaſius: Eugen von Boeck. — A. B. Meyer: Neue Paradiesvögel von Neu⸗Guinea. (Mit Abbildung.) R. Freſenius: Orni⸗ thologiſche Miscellen. A. Schillbach: Der Kloben. A. v. Homeyer: Neue Geſichtspnnkte be- treffs Aurikelfraß. A. Frenzel: Aus meiner Vogelſtube. 34. Pfäffchen. 35. Volatinia Jacarina (der Jacarinafink). — Kleinere Mittheilungen: Das Winterwetter. Aufgefundener todter Goldadler. Zur Schädlichkeit des Sperlings. — Anzeigen. An die geehrten Vereinsmitglieder. Aus Anlaß der vielfachen Anfragen über den Stand und den Zeitpunkt der Vollendung des großen Vogelbildes wird Folgendes ergebenſt bemerkt: Die bedeutende Größe des Bildes, welches ca. 1,4 m lang und 1 m hoch iſt, macht dasſelbe ungeeignet zur Vervielfältigung im Ganzen. Es muß deshalb | in 4 Theile zerlegt werden, deren jeder einzeln hergeſtellt wird, und zwar theils 7 8 aus dem äußerlichen Grunde, weil fehlerfreie lithographiſche Steine in dem genannten | großen Format und in größerer Anzahl nur ſchwer zu beſchaffen find, und theils wegen einer Eigenſchaft des Papiers, nämlich der Dehnbarkeit. Die Zeichnung des Bildes auf dem lithographiſchen Stein geſchieht nun mit beſonderer lithographiſchen Kreide in der Weiſe, daß man ein Spiegelbild des Originals erhält, alſo mit Verwechſelung von rechts und links. Eine deutliche Anſchauung von der Lage der einzelnen Objecte auf dem Bilde in dieſem Zuſtande kann man ſich verſchaffen, wenn man ein Bild entweder im Spiegel oder gegen das Fenſter gehalten von der Rückſeite her betrachtet. | Von jedem Viertel des großen Bildes müſſen nun außer dem erſten Stein (Platte), auf welchem ſich die Conturen, gewiſſe Schattirungen und überhaupt ö Alles, was ſchwarz gedruckt werden ſoll, befindet, noch ſo viel weitere Platten an⸗ ö gefertigt werden, als Farben vorhanden ſind. Die Anzahl dieſer Farbenplatten pflegt aber die Zahl der ſichtbaren Farben in der Regel noch um einige zu über⸗ ö ſteigen, da manche Farben, welche dem Laien als einfache erſcheinen, in Wirklichkeit f zuſammengeſetzt ſind. | Bei unſerem großen Vogelbilde gehören nun zu jedem Viertel 13 verſchiedene Farbenplatten (zu einem ſogar 15); bleiben wir aber ſelbſt bei nur 13 ſtehen, ſo haben wir zuſammen 52 Platten. Bei der Auflage von 7000 Exemplaren giebt es daher 52 87000 = 364000 Drucke. Um dies zu bewältigen, braucht eine Schnell: preſſe bei täglich 10 ſtündiger Arbeitszeit ca. 240 Arbeitstage, alſo beinahe 9 Monate. Dazu kommt noch die Zeit, welche die Einrichtung der einzelnen Steine in der Maſchine in Anſpruch nimmt beim jedesmaligen Wechſel der Farbenplatten. Ein Umſtand muß noch hervorgehoben werden, der es erklärlich macht, warum die | Arbeitszeit nicht etwa dadurch abgekürzt werden kann, daß mit einer größeren ö Anzahl Maſchinen gleichzeitig gedruckt wird, obgleich dieſer Gedanke ſehr nahe zu liegen ſcheint. Die Reihenfolge, in welcher die verſchiedenen Farbenplatten hinter⸗ einander aufgedruckt werden müſſen, iſt nämlich keine willkürliche, ſondern eine ganz | beſtimmte und hängt im ſpeciellen Falle von dem Charakter des Driginalbildes ab. An den meiſten Stellen des Bildes ſind zugleich nicht nur eine, ſondern mehrere ö Farben vorhanden und eine verkehrte oder abweichende Reihenfolge des Aufdrucks g würde oft einen ganz anderen Farbeneffect geben, als beabſichtigt iſt. Es geht alſo ſchon im Allgemeinen nicht an, daß von den 7000 Exemplaren bei der einen Hälfte z. B. zuerſt blau gedruckt wird und nachher roth und bei der anderen Hälfte gleich— | zeitig zuerſt roth und hinterher blau; es muß vielmehr dieſelbe Ordnung auch im i Drucke beibehalten werden, welche für die Herftellung und Eintheilung der Farben- platten maßgebend geweſen iſt. Merſeburg, den 27. März 1886. Regierungsrath Kunze. Die demnächſt erſcheinende Mainummer enthält den begleitenden Text zu dem großen Vogelbild, welches im Mai zur Ausgabe gelangt. Für jedes Vereinsmitglied iſt ein, aber auch nur ein Bild reſervirt. Dasſelbe iſt zu erhalten (ohne Text) von unſerm Rendanten Herrn Rohmer in Zeitz gegen baare Einzahlung von 2½ Mark, wobei wir ergebenſt bitten, den etwaigen rückſtändigen Jahresbeitrag mit einzuſenden. Nichtmitglieder erhalten das Bild nebſt dem begleitenden Text für den Netto-Baarpreis von 4½ Mark von dem Buchhändler Herrn A. Huch in Zeitz. Beſchloſſen zu Zeitz am 29. April 1886. Der Vorſtand. Eugen von Boeck . Am 30. Januar 1886 ſtarb in Cochabamba nach eintägiger Krankheit an einem Choletine⸗Anfalle Profeſſor Eugen von Boeck, Director der Central-Schule von Bolivia, Mitglied des Permanenten Internationalen Ornithologiſchen Comités, eifriger Naturforſcher und hauptſächlich Ornithologe, der ſich ſeit mehr als drei Jahrzehnten um die naturwiſſenſchaftliche Erforſchung Süd-Amerikas ſehr verdient gemacht hat. Zu ſeinen erſten Veröffentlichungen gehören „Vorläufige Bemerkungen über die Ornis der Provinz Valdivia, in der Republik Chile“, welche er als damaliger Director des Lyceums in Valdivia am 20. September 1854 brieflich ſeinem Freunde, Pfarrer J. Jaeckel, ſandte (Naumannia 1855, S. 494 — 513). In den letzten Jahren waren durch den Verkehr mit dem vorübergehend in Cochabamba anſäſſigen Kaufmann Rudolf Krüger aus Braunſchweig, der auch den wiſſenſchaftlichen Nachlaß des Verſtorbenen ordnen wird, die ornithologiſchen Neigungen von neuem lebhaft angefacht. Zu verſchiedenen Malen wurden in dieſer Zeit Vogel⸗Sammlungen aus Bolivien mit intereſſanten biologiſchen Notizen von der Hand des Verſtorbenen dem Herzoglichen Naturhiſtoriſchen Muſeum in Braunſchweig übermittelt, deren wiſſen⸗ schaftliche Bearbeitung größtentheils noch bevorſteht. Seine ornithologiſchen Er- fahrungen faßte von Boeck 1884 zuſammen in der „Ornis des Thales von Cochabamba in Bolivia und der nächſten Umgebung“ (Mittheilungen des ornithologiſchen Vereins in Wien 1884, Nr. 7 und 11 und Sep.⸗Abdr. Wien 1884, 8.), die der Unterzeichnete nach den eingeſandten Sammlungen mit Anmerkungen verſehen konnte, ſowie auch zwei anderen neueren Veröffentlichungen: Ueber einen vermuthlich neuen Trompeter⸗ Vogel von Bolivia (P sophia cantatrix Boeck in litt.) und über einige Vögel von Cochabamba in Bolivia (Journal für Ornithologie, 1884 S. 203 und 1885 S. 416) briefliche Mittheilungen v. Bes zu Grunde liegen. — Das Ausſtopfen von Vögeln, auch für ſeine Freunde und Bekannten, betrieb er in ſeinen Mußeſtunden mit Liebe und Geſchick. Zuletzt arbeitete er an einer Ueberſetzung von Ladislas Taczanowski's neueſtem Werke: „Ornithologie du Pérou“, einer Veröffentlichung, die er mit größter Freude begrüßte und eifrigſt ſtudirte. Ueberhaupt ſuchte er die wiſſenſchaftlichen J eg Beſtrebungen ſeines neuen Heimathlandes möglichſt zu fördern, in ſelbſtloſer Auf- opferung. Dies haben auch ſeine neuen Landsleute bei ſeinem Tode voll und ganz anerkannt. Ganz Cochabamba gab für den Freund, Kollegen und Lehrer eine auf richtige Theilnahme kund und vielleicht nie hat Jemand dort ein fo ehrendes Be gräbniß gehabt, wie von Boeck. — Der Verſtorbene hatte auch Neigung und Be⸗ gabung für dichteriſche Thätigkeit. Ich erinnere an das Gedicht „Die Schwalbe“, welches in der Sommerfriſche bei Cochabamba zu Queruqueru am 7. November 1884 | entſtand und ſpäter in den Mittheilungen des Ornithologiſchen Vereins in Wien (1885 S. 33) veröffentlicht wurde. Da die Schluß-Verſe des anziehenden Gedichtes als auf v. Bes eigenes ruheloſes Leben und feine raſtloſe Thätigkeit paſſend an- geſehen werden können, laſſe ich es hier nochmals folgen: | Die Schwalbe. Hoch im kühn geſchwung'nen Bogen Kommt die Schwalbe angezogen, Schwarze Aeuglein blicken munter Ueber Berg und Thal hinunter, Wo ſie ſcharf nach Beute ſpäh'n. Auf in's Aetherblau ſie ſchwenkt ſich, Auf der Wogen Kamm ſie ſenkt ſich, Schießt in unbemeſſ'ner Eile Gleich dem abgeſchoſſ'nen Pfeile Ueber Flur und Wald dahin. In des Sommermittags Schwüle, In der Abenddämmrung Kühle Tanzt ſie ihren frohen Reigen, Bald im Auf, bald Niederſteigen, Nimmer ruht und raſtet ſie, Nur des Nachts in ſtiller Klauſe Birgt ſie ſich in ſich'rem Hauſe, Ruht ſich aus vom langen Fluge, Folgt dem mütterlichen Zuge, Wärmt die junge, ſüße Brut. Schimmernd nicht durch ihr Gefieder, Nicht berühmt durch ihre Lieder, In den Städten — in der Wildniß Iſt dem Menſchen ſie ein Bildniß Ruheloſer Thätigkeit. = 5 1 3 — Y E = D 2 > 8 N — ac — . — 0 — 3 O N Mrs 2 = = 1 „ . A = — 1 — 8 — 2 — 2 2 A: ao — joe) — Kronpr „ 8385 —— Der Verewigte hat nunmehr die wohlverdiente Ruhe gefunden nach raſtloſer Thätigkeit. Andere werden ſeine verdienſtvollen Arbeiten fortzuſetzen ſuchen. Friede ſeiner Aſche! Braunſchweig, den 17. April 1886. Wilh. Blaſius. Neue Paradiesvögel von Neu⸗Guinea. Von A. B. Meyer.“) (Mit Abbildung.) Trotzdem man bis vor Kurzem bereits etwa 30 Arten Paradiesvögel von Neu⸗Guinea kannte, welche Zahl ſich auf etwa 40 hebt, wenn man die auf den umliegenden Inſeln vorkommenden mit hinzu rechnet, ſo war doch die Annahme, daß noch eine große Reihe unbekannter Arten dort zu entdecken ſei, keine zu gewagte, weil man bis jetzt nur einen Theil der Küſtenſtriche explorirt hatte, während das ganze große Innere mit ſeinen ſich vielleicht bis über die Schneegrenze erhebenden Bergzügen und ſeinen ausgedehnten Hochplateaus noch völlig unbekannt war. Im Jahre 1884 unternahm ein eifriger Jäger und Sammler, der aus Fried- berg in Heſſen gebürtige Karl Hunſtein einen Vorſtoß auf das Owen Stanley Gebirge, welches dem ſüdöſtlichen Ausläufer Neu-Guineas wie ein Grat entlang zieht und ſich bis über 12000“ Höhe erhebt. Er erklomm dort ein von ihm Huf— eiſengebirge genanntes Plateau bis zu einer Höhe von 7— 8000“ und heimſte da⸗ ſelbſt ornithologiſche Schätze ein, welche durch Dr. Finſch' Vermittelung an das Dresdner Muſeum kamen, und unter welchen ſich etwa 20 neue Vogelarten be— fanden, dabei 5 neue Arten Paradiesvögel, zum Theil von wunderbarer Schönheit. Es bewahrheitete dieſe Sammlung gleich jene eingangs erwähnte Annahme der Ornithologen und dieſer Erfolg läßt mit Beſtimmtheit erwarten, daß die hohen und unzugänglichen Regionen Central-Neu⸗Guineas noch ganz andere ornithologiſche Merkwürdigkeiten bergen werden. Hoffentlich bleiben dieſe uns nicht zu lange mehr verborgen, ſo mühſelig und gefährlich die dazu erforderlichen Expeditionen gewiß ſein mögen. Auch Hunſtein hatte mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Der Aufenthalt in jenen Gebirgsregionen, wo fortwährende Niederſchläge das Sammeln von Vögeln ſehr erſchweren, das von Pflanzen faſt zur Unmöglichkeit machen, war ein äußerſt beſchwerlicher, ein Aufenthalt, welchen nur ein Mann von Stahl und Eiſen, der reich an Erfahrungen im Umgange mit den Eingeborenen, ein Mann von nicht ermüdendem Fleiß und von ungebrochener Energie, zugleich an Ent- *) Die folgende Mittheilung wurde auf unſeren Wunſch von dem Direktor des K. Zoologiſchen Muſeums in Dresden, dem bekannten Neu-Guinea-Reiſenden, Herrn Hofrath Dr. Meyer, für die Leſer unſerer Zeitſchrift verfaßt, wofür wir dem geehrten Herrn Verfaſſer beſonderen Dank wiſſen. Fr. 80 behrungen gewöhnt wie Karl Hunſtein, verſuchen und aushalten konnte. Fern von den ohnehin ſpärlichen Niederlaſſungen der zum Theil feindlich geſinnten Ein⸗ gebornen ſchlug er ſein Zelt in der Wildniß in über 5000“ Höhe auf, von wo er einen an 2000“ höheren Gebirgskamm zwiſchen dem Owen Stanley Berg und dem Obrée Berg der Karten, das genannte Hufeiſengebirge, faſt täglich erkletterte, i um in den Beſitz jener prachtvollen Paradiesvögel zu gelangen, deren Vorhanden⸗ | fein er aus dem Federſchmuck der Eingeborenen in Erfahrung gebrachte hatte. Die zwei ſchönſten dieſer Paradiesvögel hat Dr. Finſch als Huldigung für | den mächtigen Protector der Ornithologie, den Kronprinzen Rudolf von Oeſterreich, Paradisornis Rudolphi und Astrarchia Stephaniae genannt, und es ſind dieſe nebſt ſechs anderen neuen oder ſeltenen Paradiesvögeln in dem ſoeben erſchienenen 4. Hefte der Zeitſchrift für die geſammte Ornithologie pro 1885 abgebildet worden. Paradisornis Rudolphi hat merkwürdigerweiſe blaue Schmuckfedern dort, | wo die bekannten Paradisea minor und apoda fie gelb, Paradisea rubra und raggiana fie roth haben, und er zeichnet ſich außerdem durch zwei breite, ſehr ver⸗ längerte mittlere Schwanzfedern aus, welche an ihrem Ende je einen blauen Fleck, wie funkelnde Sterne tragen. Das Blau der Schmuckfedern und des Gefieders iſt von einer ſonſt in der geſammten Vogelwelt kaum oder höchſtens bei Irena⸗Arten annähernd erreichten Intenſität. Sehr merkwürdig iſt, daß dieſe intenſiven ſchönen Farben bei gewiſſer Beleuchtung, d. h. wenn das Licht in einem beſtimmten Winkel | einfällt, vollſtändig verſchwinden. Paradisornis Rudolphi wurde folgendermaßen von mir beſchrieben: Vorderkopf und Kopfſeiten, Hals und Mantel ſammetartig ſchwarz mit dunkel⸗ gelbgrünem Metallſchimmer nach hinten verlöſchend. Augenwimper lang, weiß, ſeidenartig. Hinter dem Auge ein nackter Fleck. Hinterkopf bis zum Nacken dunkel⸗ | kirſchbraun. Rücken grünlichblau mit ſchwarz untermiſcht. Flügel oben blau, nach vorn heller, die kleineren und mittleren Deckfedern hellblau und hellblau gerandet, wie auch die Tertiärſchwingen auf der Innenſeite; Innenfahnen der Schwingen | ſchwarz; Bruſtſchild langfederig, ſchwärzlich, in gewiſſem Lichte ſtreifig bläulich und | grünlich ſchillernd, gegen den Bauch zu eine unten ſcharf abgeſchnittene, breite, | blauere Querbinde bildend und an den Seiten in das Ultramarin der Schmuck- federn übergehend. Bauch glänzend ſammetſchwarz. Untere Flügeldecken bräunlich mit dunkelgrau untermiſcht. Axillaren außen bräunlich, innen blaugrün. Unter⸗ ſeite der Flügel ſchwarzgrau mit helleren Innenrändern an den Schwingen erſter Ordnung, mit bläulichen an denen zweiter. Die Schmuckfedern theilen ſich in zwei Partien, die größeren äußeren geſtreckt, etwas rigid, unterſeits ſchön ultramarin⸗ blau an der Baſis, allmälig ins Lilafarbene übergehend, oberſeits (i. e. Hinterſeite) glänzend braun, die Schäfte an der Baſis weiß, Endhälfte braun, untererſeits | | , überall hellbraun. Die kleineren inneren, zum Theil ſtark einwärts gekrümmten Schmuckfedern an der Baſis hellblau, in der Mitte ultramarin oder kobaltblan, gegen die Spitze zu ſchön grünlich hellblau. Als Deckfedern liegen auf den kleineren Schmuckfedern ſcharf abgeſchnittene, faſt 3 em lange, lebhaft kaſtanienbraune, welche wiederum von ſchwarzen kürzeren zum Theil überlagert ſind, die braunen ſtark gekrümmt. Der Schwanz oben blau, mit ſchmuzig grünlicher Baſis und heller ge- randet, unten einfarbig heller blau. Die zwei mittleren verlängerten Schwanz⸗ federn tragen an der Baſis breitere Fahnen am weißen Schafte, um die Gegend des Schwanzendes verſchwinden die Fahnen faſt ganz, um dann wieder allmälig bis zu einer Breite von ca. ½ em zuſammen anzuwachſen, die ſpatelförmige Spitze verbreitert ſich bis zu 7 mm; Farbe oben ſchwarz, ins Violette ſpielend, unten ſchwarz, an der Spitze mit leuchtend hellblauem Flecke; die Schäfte oben und unten ſchwarz. Schnabel gelblichweiß; Füße (in trockenem Zuſtande) horn⸗ bräunlich. Iris, nach Angabe von Hunſtein, braun. Totallänge des Männchens ca. 270 mm, Flügel 160 mm, Schwanz 80 mm, mittlere Federn 440 mm, Schnabel 38 mm, Länge der ſeitlichen Schmuckfedern 270 mm. Auf der Abbildung iſt Männchen und Weibchen dargeſtellt. Die nicht minder ſchöne Astrarchia Stephaniae iſt der bekannten Astrapia, der Paradieselſter, verwandt, übertrifft dieſelbe aber an Schönheit und Intenſität der Farbenpracht; die mittleren Schwanzfedern find rinnenartig zuſammengebogen und erglänzen in gewiſſem Lichte in einer herrlichen roſapurpur Farbe, die Federn des Kopfes und Halſes ſind lang und aufſtellbar, ſchillern in ſchwer zu definirenden Nüancen von Metallblau und Grün. Astrarchia Stephaniae wurde folgendermaßen von mir beſchrieben: Naſenfedern etwas vorwärts gerichtet, ſammetartig mit metalliſch grün und blau glänzenden Spitzen, Zügel mit anliegenden, nach vorwärts gerichteten Federn, breit glänzend grün, Umgebung der Augen ebenfalls metalliſch grün. Der übrige Kopf ein Gemiſch von metalliſch Grün, Blau, Violett und Purpurfarbe. Seitliche Kopffedern verlängert, ſammetſchwarz, von grün ins violett, kupfer- und bronzefarbene übergehend, Mantel und Oberrücken ſammetartig ſchwarz, mit grünlich-bronzefarbenem Schiller, Federn lang und loſe. Schwanzdecken ſchwarz. Flügel oben ſchwarz, Secundärſchwin⸗ gen auf den Außenfahnen, Tertiärſchwingen auf beiden Fahnen und Oberflügeldecken etwas bräunlich-violett glänzend; Flügel unten ſchwärzlich; Unterflügeldecken theilweiſe violett gerandet. Kinn, Kehle und Vorderhals metalliſch ſtahlgrün ſchillernd, die verdeckten Baſen der Federn bräunlich-ſchwarz, vor den breiten grünen Spitzen eine ſchmale blaue Binde; das ganze Halsſchild in gewiſſem Lichte blau, die ſeitlichen Kehlfedern abſtehend, verlängert. Eine faſt 2 em breite Bruſtbinde ſammetartig, a ſchillert bronzefarben, grünlich, blau und violett, und ift nach unten eingefaßt von einer 4 mm breiten Binde, welche kupferglänzend iſt. Bauch kupferbraun und grün ſchillernd, ſammetartig. Untere Schwanzdecken ſchwarz mit blauem Schimmer. Die Weichen und Axillaren wie die Oberſeite. Die Hoſen violettſchwarz. Schwanz | ſchwarz; die beiden mittleren langen, nach oben rinnenförmig zuſammengebogenen | Federn oben zart roſapurpurfarben metalliſch ſchillernd; die ſeitlichen kurzen, ſchwächer concaven, weniger; Schattenbinden wenig ausgeprägt. Baſisdrittel des Kieles der zwei mittleren Federn an der Oberſeite blendend weiß, ſonſt ſchwarz. ö Schnabel, Füße, Iris ſchwarz. Nur das Männchen wurde bis jetzt von dieſer Art erlegt. Es iſt 840 mm | lang, die Flügel 156 mm, der Schwanz 64 mm, der Schnabel 25 mm. Von den anderen auf dem Owen Stanley Gebirge von Hunſtein erbeuteten | Paradiesvögeln, ein Dutzend Arten im Ganzen, ſeien noch erwähnt je eine pracht⸗ volle Parotia- und Lophorhina-⸗Art, eine Drepanornis, ein Diphyllodes und ein Ä Amblyornis mit feuerrother Haube, lauter Vögel von ausgeſuchter Schönheit und | von jo barocken Formen, daß die ausſchweifendſte menſchliche Phantaſie den that: i ſächlich vorhandenen Schöpfungen der Natur nicht gleichkommen könnte. Ornithologiſche Miscellen. Von Robert Freſenius. Mit Zuſätzen von Paul Leverkühn. Ueberwintern des Thurmfalken, Cerehneis tinnuneulus (Boje) L. Im Winter 1852/53 ſchoß ich einen Thurmfalken bei Dortmund; 1861 im Januar bei ſtarker Kälte wurde in Limberg ein Thurmfalke auf einem Malzboden gefangen, | wohin er angeblich Sperlinge verfolgt hatte. [Wie mir Herr Cuſtos Braunftein erzählte, iſt in einem Garten in Hannover während eines ſtrengen Winters ein Thurmfalke beobachtet. Lev. “) Aquila chrysaötus (Briss) L. var. fulva L. Seltenes Vorkommen. Am 7. November 1843 wurde im Schloßgarten zu Berleburg i. W. ein Steinadler von 7“ 2“ Spannweite erlegt. Der kleinen Zuſammenſtellung in der Monatsſchrift 1884, Nr. 8, kann ich heute noch zwei Fälle hinzufügen: am 19. December 1884 wurde bei Grünhof bei Lauenburg ein Steinadler und am 28. October 1885 bei Hamborn in der Nähe Paderborn's ein ebenſolcher von 7“ 10“ Flügelweite geſchoſſen. Lev. *) Naumann (J, 327): Sehr ſelten ſieht man einen in gelinden Wintern. A, Strix flammea, L. erfroren. In dem kalten langen Winter 1879/80 wurden in der Umgegend Mühlhauſens i. Thür. eine große Menge Schleikreilen erfroren gefunden. Ankunft und Abzug von Cypselus apus. L. Die erſten Mauerſegler wurden geſehen: 3. Mai 1863 in Glatz, 27. April 1871 in Mühlhauſen, 2. Mai 1881 in Clausthal, — 3. Mai 1882, 7. Mai 1883, 25. Mai 1885 ebendort. Die letzten wurden geſehen: 8. Aug. 1880, 11. Aug. 1882, 12. Aug. 1884 in Clausthal. In Clausthal traf ich im Juni 1880 trotz des kalten naſſen Wetters eine Maſſe Schwalben, hauptſächlich Segler faſt an jedem Hauſe. Ich habe mich oft darüber gewundert, wie lange dieſe Vögel hungern, denn in der Zeit (Mitte Juni), wo ſie Junge hatten, regnete und nebelte es manchmal tagelang derart, daß man keine 50 m weit ſehen konnte. Die Vögel ließen ſich dann gar nicht ſehen; kam aber der geringſte Sonnenſchein, ſo waren ſie gleich mobil, ſchwärmten und ſchrieen bis in die Dunkelheit und waren äußerſt munter. Ungeziefer an Mehlſchwalben, Hirundo urbiea. L. Die Vogellaus⸗ fliege (Hippobosca avicularia) kann ſo überhand nehmen, daß die Mehlſchwalben beſonders bei kaltem Wetter, wenn das Futter knapp iſt, dann getödtet werden. So ſah ich in Altenau im Harz im naßkalten Sommer 1880 eine Schwalbe plötz⸗ lich zur Erde fallen und entdeckte, als ich ſie aufhob, daß ſie von 1 Laus⸗ fliegen ausgeſogen war. Ankunft und Abzug der Mehlſchwalben: 1. Mai 1863 in Glatz, 23. April 1879 in Mühlhauſen die erſten; 5. Septbr. 1843 in Berleburg, 25. Septbr. 1859 in Limburg, Abends 11 Uhr zogen die Schwalben ab, indem zu dieſer Zeit die im Neſt an meiner Wohnung befindlichen plötzlich aufbrachen und in die Höhe ſtiegen. Später am 2. October erſchien die Familie an meinem Hauſe plötzlich wieder und blieb noch 2 Nächte. Wahrſcheinlich iſt der heiße Herbſt Schuld daran geweſen, daß die Schwalben ſo lange blieben. 15. Septbr. 1863 in Glatz, 27. Septbr. 1874 in Mühlhauſen (8. October noch einige Nachzügler), 22. Septbr. 1878 ebenda, 18. Auguſt 1883 in Clausthal. In den 4 erſten Tagen des Septembers 1884, wo in Clausthal bis + 20% R. im Schatten und das Wetter herrlich war, ſah ich die letzten Schwalben, 12. Septbr. 1884 in Andreasberg, Sieberthal, Herzberg, am Vorharz. — Die Mehlſchwalbe iſt in Clausthal nur ſehr ſchwach vertreten. [1885 habe ich die Mehlſchwalben vom 3. Mai bis 26. Septbr. beobachtet in Clausthal. Lev.] Ankunft und Abzug von Hirundo rustica. L. 16. April 1860, 20. April 1863, 20. April 1864 in Glatz, — 6. April 1877, 6. April 1878, 22. April 1879 in Mühlhauſen, — 1. Mai 1881, 28. April 1882, 24. April 1883, 30. April 1884, 22. April 1885 in Clausthal die erſten geſehen; am 13. October 1874 ſah ich noch Rauchſchwalben in Mühlhauſen, das Wetter war aber auch herrlich. 24. October 2.00 1875 noch in Mühlhauſen, — 29. Auguſt 1883 in Clausthal einzelne Rauch⸗ | geſehen. 27. September 1885 einige Schwalben in Clausthal, — | October 1885 bei ſehr . Wetter ebenfalls noch ein Paar Rauch⸗ 1 0 geſehen. Spätes Brüten der Hirundo riparia. L. Ende Juli 1850 fand ich ein Neſt der Uferſchwalbe mit 3 friſchen Eiern in Attendorn in Weſtfalen (an der Bigge). g Vorkommen des Caprimulgus europaeus. L. Auf den Höhen von Berle⸗ burg, ca. 1500 — 2000“ überm Meer, trafen wir den Ziegenmelker ſehr häufig im | Haidekraut auf der Birkhühnerjagd an. Sturnus vulgaris. L., ſeine Schädlichkeit für Clausthal. Der ſeit ca. 20 Jahren in Clausthal eingeführte Staar findet wohl auf der Hochebene nicht genug Nahrung, um ſeine Jungen groß zu füttern, denn ich habe mehrere Male im Mai 1883 und 1884 beobachtet, wie er nackte junge Lerchen aus den Neſtern holte und zu ſeinem Niſtkaſten brachte. Eine Bekanntmachung dieſer Thatſache in ö einer landwirthſchaftlichen Zeitung rief eine Nichts beweiſende Entgegnung des | Profeſſors Dr. Landois in Münſter hervor. Garrulus glandarius. L., erfroren. Im Winter 1861 fand ich bei Glatz einen erfrorenen Eichelheher, der, mit untergeſtecktem Kopfe, erſtarrt war; überhaupt | haben in jenem Winter die Standvögel in Glatz ſehr gelitten. | Vorkommen des Nueifraga caryocatactes. In Preuß. Polen habe ich ſehr viel Nußknacker in den 60-er Jahren beobachtet und zwar zu allen Jahreszeiten. Vorkommen der Muscicapa albicollis. (L.) Temm. In Limburg erhielt ich im Herbſt 1857 einen ſchönen weißhalſigen Fliegenfänger, den ich ſonſt dort nie geſehen. | Des Parus maior L. ſehr frühe Brut. Ende Januar 1849 fand ein Förſter in der Nähe von Arfeld ein Neſt der Finkmeiſe mit Eiern. Jedenfalls iſt dies ausnehmend früh, wenn man auch dem ſehr frühen Frühling und gelinden Winter etwas Einfluß zurechnet. — Eine Kohlmeiſe ſtarb mir in Gefangenſchaft am Genuß eines bitteren Mandelkerns. ö Der Sylvia atricapilla (Scop.) L. lange Gefangenſchaft. 1873 erhielt ich einen „alten“ Plattmönch, den ich 1880 umzugshalber wieder abgab. Er ſang ſchön, war ein allerliebſter munterer Bogel und wurde bald zahm und zuthunlich. Ankunft des Turdus musicus L. In Clausthal — Meereshöhe ca. 550 m — hörte ich die Zippdroſſel ſchon am 3. März 1882 fingen. Kohlenoxydgasvergiftung. Im Jahre 1868 hatte ich in Schrimm, Preuß. Polen, einen Steinſchmätzer, der ſich ſehr gut hielt, trotzdem es mir an Ameiſen⸗ eiern und Mehlwürmern fehlte. Der Vogel ſtarb in Folge einer Kohlenoxydgas⸗ | vergiftung. In einem großen Gebauer hatte ich Finken, Motacillen, ja ſogar „ , 07 Sperlinge und eine Wachtel. Eines Morgens lagen alle Vögel, bis auf Spatz und Wachtel, todt am Boden. Die Sektion ergab Erſtickungstod reſp. Gehirnſchlag. In dem Zimmer hatte auch ein Mädchen geſchlafen, welches aber durch das doch wahrſcheinlich während der Nacht ausgeſtrömte Gas nicht behelligt worden war. Alauda arvensis L. in der Gefangenſchaft. Ich habe an meinen gefangenen Feldlerchen nicht viel Freude gehabt. Die Vögel wurden nie ordentlich zahm, aber ſehr leicht ſchmutzig. In Mühlhauſen kaufte ich mir eine Lerche, welche bei einem Schneider in der Stube herumlief und hübſch ſang. Im Bauer wurde das Thier wild und ungebärdig, ſang auch nicht mehr ſo gut. [Dagegen habe ich an einer (weiblichen) Lerche, die ich von 1880/1884 hatte, viel Freude gehabt. Das Thier konnte nicht ordentlich fliegen, da eine Krankheit ſtets die Flügelfedern ausfallen ließ; es war ſchon ziemlich alt, als ich es erhielt. Ein Paar Bauern fingen es im Juni 1880 im Getreide bei Hannover. Die Lerche gewöhnte ſich nach einem Jahr völlig ein, ſo daß ſie nicht mehr anfbluſterte. Reizend war es, wie ſie abends bei den letzten Strahlen der untergehenden Spätſommerſonne leiſe zwitſcherte und quinquilierte. Ihr Bauer ſtand oben auf einer Chiffonnière und abends pflegte ſie durch die Stäbe desſelben in das Zimmer zu blicken; oftmals ſchlief ſie jo, in Betrachtung über das Menſchenleben, ſtehend ein. Lev.] “) Vorkommen der Feldlerche im Clausthal. Im Juni 1880 beobachtete ich auf allen Wieſen (Getreide giebt es hier ja nicht) Lerchen, welche luſtig ſangen. Mitte Juli wurde das Gras gemäht, und ſeitdem waren alle Lerchen verſchwunden. Wahrſcheinlich haben ſie ſich, als auch von Körnern lebend, nach dem Flachlande hinab verzogen, wo ſie dann bis Eintritt des Winters bleiben. 1882 hörte ich am 2. März die erſte Lerche ſingen, 1883 am 13. Febr. und 1886 am 4. März bei hohem Schnee erſchien eine Lerche in einem Spatzenſchwarm, wahrſcheinlich bei einem Schneeſturm verflogen. Vorkommen der Emberiza eitrinella L. in Clausthal. Man findet auf dem Oberharz keine Goldammern im Winter; im Sommer nur da, wo aus— nahmsweiſe Hafer oder Gerſte gezogen wird. Vorkommen des Passer domesticus (Pall.) L. auf dem Oberharz. In Clausthal find die Hausſperlinge in den 40⸗er Jahren importiert; fie thun hier auch gar keinen Schaden, und nur in Folge der Mildthätigkeit der Menſcheit halten ſie den ſibiriſchen Winter hier oben aus. Sie ſind im Winter faſt die einzigen Vögel hier. [Ich ſah außer ſtreichenden Finken, am 4. März 1886 ein pinkendes Buch⸗ finkenmännchen; unter dem Spatzenſchwarm habe ich nie welche bemerkt. Lev.) In ) Ich kannte eine mit mir verwandte alte Dame in Zeitz, welche vor ihrem Fenſter im Laufbauer eine Lerche 19 Jahre lang pflegte. Die Lerche ſang noch im letzten Lebensjahr, wenn auch nur brockenweis. Rush. Liebe Bed der kleinen Bergſtadt Altenau — eine Stunde von hier — giebt es keinen Sper⸗ ling, obgleich man ſie ſchon oft dahin verpflanzt hat. Ebenſo fehlen ſie in Wilde⸗ mann, Buntenbock und in ſämmtlichen Vorwerken. Es iſt merkwürdig, daß ähnlich gelegene Orte, wo auch kein Getreide gezogene wird, Sperlinge haben, wie Lautenthal, Andreasberg ꝛc.; dort ſucht man fie aber zu vertilgen, da fie den Geſang der edlen Canarienvögel ſogleich verderben. 9 Ueberwintern der Fringilla coelebs. L. In dem milden Winter 1882 blieb ausnahmsweis ein Finken paar in Clausthal, das ich oft auf dem Marktplatz ſah. (Am 31. Jan. 1886 hörte ich da einen Finken rufen; am 1. Febr. 1886 waren in einem ſtreichenden Schwarm von Hänflingen mehrere Buchfinken zu ſehen; end⸗ | lich, wie ſchon bemerkt, rief heute, am 4. März bei 3 Fuß hohem Schnee und — 5% R. um Mittag, ein Männchen. Lev.) | Maſſenhaftes Vorkommen der Linaria alnorum. Chr. L. Br. 1862 erſchienen in Glatz fo viele Leinfinken, daß man 12 Stück für einen Silbergroſchen kaufte. Ueber 2 Jahr hielten die Thiere ſich gut in der Gefangenſchaft. | Schwarze Pyrrhula europaea Vieill. Im Jahre 1852 traf ich bei einem ö Eiſenbahninſpektor einen ganz ſchwarzen Gimpel. Derſelbe war ſchon 2 Jahre in Gefangenſchaft geweſen und änderte erſt, als er während der Mauſer über der Signal⸗ glocke des elektro magnetiſchen Telegraphen hing, plötzlich ſein Gefieder in ganz Schwarz; ſonſt war das Thier geſund. [Vergleiche dieſe Monatsſchrift 1880, p. 204. f Im Hannoverſchen Provinzial⸗-Muſeum iſt ein rabenſchwarzer Gimpel, welcher nebſt 4 anderen ſchon ſo im Neſte gefunden iſt. Näheres über ihn im nächſten Hefte von Cabanis Journal für Ornithologie. Lev. ö Des Vanellus cristatus L. Vorkommen. In den Jahren 1853 und ö 1854 traf ich auf der Waſſerſcheide des Weſterwaldes bei Würgendorf — in ö einer Höhe von ca. 1500“ — ſehr viele Kiebitze, die in einem Torfmoor niſteten. | Zug Grus einereus (Bechst.). Am 19. März 1882 in Clausthal Kraniche ö ziehend beobachtet. Spätes Bauen der Ciconia alba (Briss.) Bechst. Anfang Auguſt 1868 ö fand ich in einem Dorfe bei Schrimm noch neſtbauende Störche; dieſelben hatten den Horſt auf einem Roggenhaufen errichtet, verließen aber den Bau beim recht⸗ | zeitigen Abzug Mitte Auguft. | Familiäres Verhältniß des Storches zum Menſchen. In der Provinz Oſtpreußen lebte ein Jäger in einem einſamen Forſthauſe, wo in der Nähe ein Storch ſeinen Horſt auf einer Eiche gebaut hatte und jährlich dorthin zurückkehrte. Nach einigen Jahren wurde der Förſter verſetzt und die Wohnung blieb einige Zeit unbewohnt. Der Storch kommt zurück, findet ſeinen Nachbar nicht mehr, iſt einige W 05 2 Tage ſehr unruhig und zieht dann ins nächſte Dorf, um ſich andere Nachbarn zu ſuchen. Späte Ankunft des Storches. Am 17. April 1870 kehrten die Störche nach Schrimm zurück, alſo einen Monat ſpäter als ſonſt. Clausthal im März 1886. Der Kloben. Von A. Schillbach. In der ſehr intereſſanten Arbeit „über den Vogelfang im Mittelalter“ in der Novembernummer vorigen Jahres leſen wir den Satz: „Der Kloben iſt den Vogel— fängern von heute noch bekannt, obgleich er wohl ſchwerlich mehr irgendwo gebraucht wird.“ Es mag wohl ſein, daß der Kloben jetzt weniger als früher gebraucht wird, — iſt doch der Vogelfang überhaupt verboten —, und doch wird er, wie ich aus eigner Erfahrung weiß, auch heute noch im Thüringer Walde zum Fangen von Meiſen und Zeiſigen und anderen kleineren Vogelarten gern gebraucht. Da ſeine Conſtruction wohl wenig bekannt ſein dürfte, ſo möge hier eine kurze Beſchreibung folgen: Der Kloben beſteht in einem langen in zwei gleiche Theile geſpaltenen Holze, welches an dem einen Ende in einem Holzklotz befeſtigt iſt, ſo daß die beiden Theile hier feſt an einander anſchließen, während ſie am anderen Ende auseinander und wieder zuſammen geklappt werden können. Um ein zu weites Auseinander— klappen zu verhüten und zugleich ein raſches zweckentſprechendes Zuſammenklappen zu ermöglichen, iſt an dem Ende des einen Holztheiles ein Nagel befeſtigt, der auch durch das Ende des anderen Holztheiles locker geht. Dicht in der Nähe dieſes Nagels verbindet ein Bindfaden die beiden Theile und führt an der Seite des einen Holztheiles herab bis zu dem Klotze, durch mehrere Oeſen an das Holz heran— gehalten. Hier iſt er wiederum befeſtigt. Zieht man nun dieſe Schnur raſch an, ſo ſchließen ſich ſofort die beiden Holztheile zuſammen. Der Fänger ſelbſt ſitzt hinter einer mit Reiſig verhangenen Luke in der Hütte von Fichtenreiſig, ſo daß er von außen nicht geſehen werden, während er von innen heraus den Kloben, den er zum Fenſter hinaushält, beobachten kann. In der Nähe des Fenſters hängen einige Lockbögel oder man lockt ſelbſt mit Pfeife oder Mund. Nach kurzer Zeit kommen Meiſen, Zeiſige u. a. Vögel herbei, ſetzen ſich auf den Kloben; der Fänger hält dieſen feſt in ſeiner Hand, zieht die Schnur raſch an, und die Thierchen ſind gefangen, da die Krallen zwiſchen den beiden Holztheilen feſtgeklemmt ſind. Der Kloben wird in das Zimmer hereingezogen, die Vögel fortgenommen, und die Arbeit kann von Neuem beginnen. Bisweilen entkommt natürlich ein Vogel, wenn die Schnur nicht ſcharf angezogen iſt: eine Meiſe, wenn einmal entkommen, ſetzt Be, ſich nicht wieder auf einen Kloben, und poſſirlich iſt es zu beobachten, wie fie um denſelben herumfliegt, ihre Schweſtern mit beſtem Erfolg warnt, und die Fänger auszulachen ſcheint mit ihrem eigenthümlichen Schnurren. Ein Zeiſig dagegen ſetzt ſich immer wieder auf ihn. An einem Vormittag können mit einem Kloben ohne große Anſtrengungen ein Schock Vögel gefangen werden. Neue Geſichtspunkte betreffs Aurikelfraß. Von Major Alexander von Homeyer. Motto: Es mag ſich Feindliches ereignen, Du bleibe ruhig, bleibe ſtumm; Und wenn ſie Dir die Bewegung läugnen, Geh' ihnen vor der Naſ' herum. Goethe. Mit Bezug auf verſchiedene Erörterungen über den Aurikelfraß (ſiehe dieſe .N Monatsſchrift für deutſchen Vogelſchutz 1885 S. 162, 213—15, 283) bleibt immer | noch die Frage zu erörtern: „Wer iſt der Thäter der Blatt- und Blüthenbeſchädigung, die wir finden, wenn der Beſchädiger bereits wieder verſchwunden iſt.“ Die Frage läßt ſich mit den einfachen Worten: „Das iſt der Sperling geweſen!“ nicht abthun. Um ſie zu löſen, muß man ihr wirklich näher treten, und auf die Sache wiſſenſchaftlich eingehen, da es ſich hier um einen richterlichen Spruch handeln ſoll. | Bevor dies meinerjeits verſucht wird, mache ich darauf aufmerkſam, daß ich nicht ausgeſprochen habe, daß der Hausſperling ein nützlicher Vogel iſt, wohl aber 0 (1885 S. 215) geſagt habe: ö „Vielleicht iſt der Sperling doch nicht ganz ſo ſchädlich, wie Viele glauben!“ Da ich mich ſeit vielen Jahren (ſeit 1866) wiſſenſchaftlich mit Entomologie, | namentlich mit den Lepidopteren und deren Entwickelung, und zwar mit den Macros wie den Mieros beſchäftige, Jo erlaubte es meine Zeit nicht, mich mit der geſammten Ornithologie gleich viel zu beſchäftigen, wohl aber erlaubte es meine Zeit, mich gründlich mit einigen Lieblingsvögeln der europäiſchen Ornis zu beſchäftigen. Dazu gehört der Sperling (Passer domesticus), die Wachholderdroſſel (Turdus pilaris), | der Girlitz (Serinus luteolus), die Haubenlerche (Alauda ceristata), die Pieper (Anthus), die Felſendroſſeln (Petrocossyphus saxatilis und cyaneus), die beiden Nachtigallen (Luseinia vera und philomela), die Schwirrſänger (Locustella). — Von Neuem trat dazu der Kuckuck (Cuculus), die Bekaſſine (Telmatias gallinago) | ou mit ihrem Meckern, und die Spechte (Pieidae). — Dieſe wenigen Arten und einige Andere genügen mir vollkommen. Um nun auf die Aurikelfrage zu kommen ſo bieten ſich für ihre Löſung zwei Mittel: A. Genaue Beſichtigung der Wundränder der Blätter und B. Unterſuchung des Mageninhaltes der verdächtigen Vögel. A. Genaue Beſichtigung der Wundränder der Blätter. In Bezug auf den Blattfraß giebt es, wenn wir von einem Käferfraß, der jedoch meiſtens nur an Holzarten auftritt, jedenfalls aber für Aurikeln gänzlich bedeutungslos iſt, abſehen: „3 Kategorien“. 1. Zeigen ſich die Blattverletzungen als Ausſchnitte vom Blattrande bogig in die Blattfläche dringend und ihre Ränder ſelbſt ſehr regelmäßig feinzackig, wie man dies mit einer Loupe ſehr wohl controlliren kann, ſo iſt dies Raupenfraß, und zwar, wie aus meiner Mittheilung (S. 214) hervorgeht, in den meiſten Fällen Agrotis-Fraß. Bei dieſem Fraß findet ſich auf dem Boden unter und in der Nähe der Pflanze faſt ſtets Raupenkoth; auch ſieht der Mann von Fach namentlich auf entſprechend empfindlichen Boden die Nachtwandler-Wege der Raupen. Bei ſandigem Boden treten dieſe Wege ganz deutlich hervor. Ich bemerke hier ausdrücklich noch, daß die Agrotis-Raupen zur Zeit, wenn der Sperling feiner Nahrung nachgeht, nicht oben auf den Aurikelblättern oder Büthen ſitzen und freſſen, ſondern daß ſie zu dieſer (Tages-) Zeit in oder an der Erde unter oder in der Nähe der Futter- pflanzen unter Erdklößchen, unter welken Blättern ꝛc. ſchlummern. Die Agrotis- Raupen, die in mehr oder minder erwachſenen Zuſtande überwintern, gehen Tags nur im Winter bei verhältnißmäßig warmen Sonnenſchein (ſonniges Thauwetter), namentlich an ſonnigen Lehnen, Hohlwegen ꝛc. ausnahmsweiſe dem Fraß nach, während ſie im Frühling, Sommer und Herbſt Nachtfreſſer ſind. Eine alleinige Ausnahme davon macht eine ſehr gründliche und gute Ackerbeſtellung. Iſt nämlich bei Vorhandenſein vieler Agroten der zur Saat vorbereitete Acker völlig rein und unkrautfrei, dann natürlich wirkt bald der Futtermangel „der Hunger“, und die Agroten wandern auch bei Tage d. h. ſie ſuchen Futter. Hier ſind es dann die Saatkrähen (Corvus frugilegus), die Staare (Sturnus vulgaris), die Regenpfeifer (Charadrius auratus), die weiße Bachſtelze (Motacilla alba) und wie ich ſelbſt wiederholt, namentlich in der Nähe der Gehöfte beobachtet habe, die Sperlinge (Passer domesticus), und namentlich bei der Frühjahrsbeſtellung von Letzteren die Männchen, welche aufräumen, während die Keilhacken (Numenius arquatus) dieſe ſchädlichen Saatraupen auch aus der Erde ſelbſt hervorzuholen verſtehen. Ich kann noch berichten, da ich gezwungen bin, auf die Sache möglichſt detaillirt 8 einzugehen, daß die Agrotis-Raupen als ſehr ſtarke Freſſer gewiſſermaßen auch verſchwenderiſch freſſen, daß ſie oft ein Blatt nach der Stielwurzel zu von beiden Seiten benagen, auch den ſaftigen Stengel mit durchbeißen, nachdem er von beiden Seiten benagt iſt, ſo daß das Blatt mit ſeinem vorderen Theil ab- und auf den Boden fällt. In den warmen ſonnigen Wintertagen (namentlich im Februar bei Thauwetter) ziehen die Raupen derartig abgebiſſene Blätter, namentlich von Winter⸗ ſaat gern in die Winterruhlöcher, um gelegentlich davon im Intereſſe des Stoff- wechſels zu freſſen. Im Sommer bei der Fülle der Pflanzennahrung geſchieht dies | aber gewöhnlich nicht, da es den Raupen bequemer iſt, feſtſitzende Blätter zu be⸗ nagen. Ausnahmsweiſe ſah ich dies Fortſchleppen der Blätter zur Sommerszeit auf Flugſandboden (Mombach bei Mainz) bei Agrotis vestigialis, exclamationis | und segetum. Die Grasblätter ftedten vorn in den Ruhhöhlen, und ſah ein Theil | von ihnen aus dem Eingangsloche hervor. — Bei einem ſolchen Gierfraß der oft Finger langen Raupen kommt es denn auch oft genug vor, daß man nach ge⸗ ſchehenen Fraß, Morgens nach Tagesanbruch ganze Blatttheile auf dem Boden um die zerfreſſene Pflanze herum antrifft, wie das jedem wirklichen Lepidopterologen | hinlänglich bekannt iſt. 2. Un regelmäßiger Rand- und Blattflächen-Fraß. Die Wundränder | zeigen einen feinen durchſichtigen Saum, der ſich bald nach dem Fraß bräunt und | gleichzeitig zuſammenſchrumpft. Der Rand wird gebildet durch die den Wundrand | überragende Oberhaut der einen Blattſeite. In dieſem Falle waren Schnecken die Thäter, namentlich die Nacktſchnecken. Mit ihrer, mit außerordentlich zahlreichen und feinen, zu dichtſtehenden Querreihen geordneten Zähnen beſetzten, | ausgeſtreckten Reibeplatte (Zunge) faſſen fie irgend eine Stelle der Blattfläche oder | des Blattrandes an und reißen ihre Nahrung in den Mund hinein, wobei die | Oberhaut der anderen Blattſeite (namentlich zu ſehen bei dicken, fetten Blättern) weniger mitabgeriſſen wird, und als vorragender Saum ſtehen bleibt. — Iſt der | Fraß noch friſch, jo documentirt den Urheber auf der Pflanze oder in der Nähe | derfelben außerdem auch der zurückgelaſſene Schleim. Gerade bei Aurikeln | kommt Schneckenfraß häufig vor. Ich beſitze in Greifswald in meinem kleinen Garten ſchöne Aurikeln, und habe ich dort leider ſehr oft Schneckenfraß zu beklagen; | während die Agrotis-Raupen bei meinen Aurikeln nicht lange das freie Seele | haben, und in den Raupenzwinger wandern. \ Wie ſchädlich gerade die Schnecken den Aurikeln find, belehrte mich ein Fall | in Ober⸗Mützkow bei Herrn Rittergutsbeſitzer Helms, der als großer Blumenfreund | ein Warm: und Kalthaus hat. Man war mit dem Gärtner nicht zufrieden, die Pflanzen im Kalthauſe ſahen entſetzlich aus. Ich unterſuchte die Sache und fand | ich namentlich an Aurikeln großen Fraß vor. Bald ſagte ich: „Das find Schnecken!“ — — 97 u Drei Abende wurde nun im Kalthauſe mit Hülfe von Laternen Jagd auf die Schnecken gemacht (es waren die grauen Acker⸗Nacktſchnecken) und am erſten Abende einige 60 Thiere getödtet, die anderen Abende weniger. Nach 14 Tagen erhielt ich die briefliche Nachricht, daß nun alle Schnecken todt ſeien, und die Aurikeln und Cinerarien ſich wieder zu erholen anfingen. | 3. Die Wundränder find ſcharf und glattrandig, ſehr unregel: mäßig zerriſſen; dann ift es ein Vogel geweſen. Ich überſehe Morgens beim Ankleiden meinen kleinen Garten ſehr genau, da er unmittelbar vor dem Fenſter meiner Schlafſtube liegt. Ich gehöre zu den Frühaufſtehern. Beim An⸗ kleiden werfe ich gern einen Blick zum Grün des Gartens hinab, und oft ſehe ich Sperlinge oder einen Buchfinken (Fringilla coelebs), die ſich auf dem Boden zwiſchen den Pflanzen zu ſchaffen machen. Beſchädigung durch Zerbeißen reſp. Zerreißen meiner Aurikeln durch Vögel habe ich bis jetzt noch nicht beobachtet. So habe ich mir denn den Vogelfraß an den grünen Blättern anderer Pflanzen, an Kohl und Salat genau angeſehen, die ich meinen Stuben— vögeln vorſteckte. — Ich bezweifle nicht die Beobachtung des Herrn Profeſſor Dr. Liebe, daß ſeine Zimmervögel auch an die in den Käfig geſteckten Aurikeln gingen, aber Zimmer und Natur, „Zwang ung Freiheit“ ſind immerhin zwei ver⸗ ſchiedene Sachen. Zimmerbeobachtungen ſind recht hübſch, aber Beobachtungen in Gottes freier Natur ſind mir lieber. Die durch einen Vogel herbeigeführte Blattbeſchädigung iſt in erſter Linie durch große Unregelmäßigkeit gekennzeichnet; ferner zeigt ſich bei genauer Controle auch gewöhnlich das Eingreifen des Schnabels, namentlich auf der Unterſeite des Blattes. Die Vögel nagen (knappern) übrigens ſehr ver⸗ ſchieden. Am ſanfteſten thut es der Hänfling, der Kanarienvogel; lebhafter, heftiger der Stieglitz, der Zeiſig; ſehr rüde pflückend der Sperling, der Grünling. Alle aber ſcheinen darin übereinzuſtimmen, daß ſie nach kurzem Nagen (Knappern) ſchließ⸗ lich reißen, pflücken d. h. ein ganzes Stück abbeißen. Ich glaube, daß dies das Stück iſt, was vorher wiederholt mit dem Schnabel in raſcher Kaubewegung durch— drückt (gequetſcht) wurde. Nur bei ganz zarten Salatblättern kommen ſägeförmige Abnagungen vor. Wenn nun bei einem ſtärkeren Blatt nicht die ganze Wundſtelle aus dem Blatt ausreißt, ſo zeigen fich deutlich die Schnabelkniffe. — Auch bei den Vögeln kann es ähnlich, wie bei den Raupen vorkommen, daß Blattſtücke und Blüthentheile um die Pflanze herum auf dem Boden liegen. Beim Vogelfraß werden es mehr kleinere, ſehr unregelmäßige Blattſtücke ſein, beim Agrotisfraß mehr die ganzen Vorderſtücke der Blätter. ö | Die Herren, welche fich für die Sache ſpeciell intereſſiren, verweiſe ich auf N all' dieſe verſchiedenen Freßarten, und bitte ich ſie bei ferneren Beobachtungen die⸗ 8 n ſelben zu Rathe zu ziehen, denn mit einfachen Aburtheilungen iſt Nichts gethan. Auch gehören die Vergleiche mit anderen Vögeln nicht hierher, da jede Vogelart ihre eigene Manier und Weiſe hat. Ein Dompfaff, ein Wald⸗ huhn kann ſehr wohl etwas thun, was ein Sperling noch lange nicht zu thun braucht. | 4 Nun kommen wir zum zweiten Theil unſerer Forſchung: B. Unterſuchung des Mageninhaltes der verdächtigen Vögel. Die Sektion erntſcheidet ein für alle Mal, aber um fie der Wiſſenſchaft nutbaß zu machen, muß ſie ſehr exakt vorgenommen werden. Einfaches Aufſchneiden des Kropfes und des Magens nenne ich keine Sektion. Wolle man dies wohl beachten. Zu einer wiſſenſchaftlichen Sektion gehört mehr; es gehören dazu ſehr umfangreiche Kenntniſſe aus recht verſchiedenen Naturwiſſenſchaften, namentlich aus dem Gebiet der Pflanzenſamenkunde, und aus dem Gebiet der Entomologie (Raupen, Larven, Eier, Puppen). — Leicht iſt, darüber ins Klare zu kommen, ob der Mageninhalt animaliſch oder vegetabiliſch iſt, da Jod Stärkemehl, welches bekanntlich in dem hier in Rede ſtehenden Blattgrün enthalten iſt, „blau“, die animaliſchen Stoffe dagegen nicht färbt. — Unterſuche man die Mageninhaltmaſſe des Sperlings vorerſt | mit Jod. Die grünliche Maſſe rührt gewiß recht oft von jungen Gemüſen, von | Erbſen und zarten Blattſpitzen, auch wohl von dem vegetabiliſchen Inhalt des Raupenmagens her, — braucht aber nicht Pflanzenſtoff zu ſein, da die ö innere ſaftige Blut- und Fleiſchmaſſe der meiſten Raupen, jedenfalls aber bei g Agrotis ebenfalls grün und klar durchſichtig iſt. — In beiden Fällen find die Erſcheinungen ſehr ähnlich! — 2/; fingerlange, dicke Raupen findet man überdies nicht ſchwimmend im Spatzenmagen, höchſtens ein winziges Räupchen eingebettet. Dies letztere braucht auch nicht immer eine Wickler⸗ ö raupe zu ſein, wie es gewöhnlich heißt, es kann auch eine junge Agrote, eine | Hadena, eine Mamestra jein. — Nun aber wird der Spruch gefällt: „Der Sperling nimmt nur Vegetabilien, ein Räupchen nimmt er nur ganz | ausnahmsweiſe!“ — Ich gebe auf ſolche Unterſuchung Nichts, und möchte ich doch, daß man mit wiſſenſchaftlich nicht begründeten Urtheilen noch etwas zurückhielte. — Ich ſelbſt habe den Hausſperling ſeit Jahren ſtreng beobachtet, ihn auch anatomiſch unterſucht, und wer ſagt, daß der Sperling namentlich im Frühling keine Raupen nimmt, der hat nicht richtig beobachtet, oder aber, der Sperling hat je nach der ö Gegend verſchiedene Gewohnheiten. Die Raupen ſchluckt aber der Sperling nicht einfach hinunter, ſondern er zerhackt fie ebenſo, wie den Hintertheil des Maikäfers. Der Sperling iſt nicht nur ein Gourmand, ſondern auch ein Gourmet. Er zer⸗ hämmert oder zerdrückt die 1— 2 Zoll lange Raupe oder Larve, zieht fie wohlge⸗ — ne N fällig durch den Schnabel hin und her, und ſchlürft mit innigem Wohlbehagen den ſaftigen grünlichen Inhalt, und — dieſe grünlichen Safttheile ſind es, die uns neben jungen, ſaftigen Gemüſen, zarten Knoſpen und Blattſpitzen im Magen bei der Sektion als oft inniges Gemenge entgegen quellen. Die Harttheile der Raupe, der Kopf, die Mandibeln, die Füße, ſelbſt die Haut, läßt der Sperling als | ungenießbar fallen. Nur ganz kleine Räupchen werden gequetſcht und ganz ver: ſchluckt. — Die Freßmanier größerer Objekte habe ich namentlich im Frühling oft beobachtet. Der Sperling läßt ſich Zeit dabei des Wohlgeſchmackes und des Wohl⸗ behagens wegen, nicht aber, um die Thiere abſichtlich zu quälen. So ſchlecht von Charakter iſt der Sperling nicht; er ärgert auch ohne Abſicht die Staare auf der Raſenfläche nicht. Er lauert darauf, ob Nichts für ihn abfällt, etwa eine durch den Staar vom Boden hervorgezogene Larve oder Agrote. Nun kommen wir zu dem ſchwierigſten Theil der Sektion, zu dem Erkennen der Einzeltheile des Magen⸗Inhaltes. Dies erfordert ſehr vielſeitige Kenntniſſe. Es iſt dabei z. B. nicht ausreichend zu conſtatiren, ob dieſer oder jener Theil — einer Raupe — angehört, ſondern es muß, um zu nützen, auch die Art erkannt werden. Es giebt ſchädliche Raupen, aber auch ſolche, die für den Menſchen ganz indifferent ſind. In gleicher Weiſe ſchwierig würde auch die Controle betreffs Unkrautſamen ſein, wobei ich nicht nur an den Sperling, ſondern auch an die Sektion anderer Vögel denke. — Wer dächte nicht auch an den Eisvogel (Alcedo ispida) und an die Sektionsbefunde und die verſchiedenen Meinungen, die in früheren Zeiten laut wurden. Es war doch ſehr zu unterſcheiden, ob dieſer Vogel kleine dicht unter der Oberfläche ſpielende Weißfiſche „Schneiderchen“ fängt, oder kleine Forellen. — Jetzt unterſucht man zwar meiſt beſſer, aber gleiche Kappen, gleiche Rechte! Man erſieht, daß bei ſcheinbar ganz bekannten Dingen es in der Natur noch recht viel und überall zu erforſchen giebt, — und daran wollen wir Alle uns nach Möglichkeit betheiligen, der Eine auf dieſe Art, der Andere auf jene Art, — endlich werden wir das Rechte finden. Vor der Hand aber iſt Manches noch nicht ſpruchreif, und dazu gehört auch die Sperlingsfrage betreffs der Nahrung. Laßt uns weiter forſchen! — Zur Forſchung iſt Jeder berufen! — Laßt uns nicht irre machen durch das Machtwort Einzelner. Machtworte giebt es für die Natur nicht, die Natur ſelbſt iſt die Macht! Greifswald am 9. Februar 1886. — 100 — Aus meiner Vogelſtube. Von A. Frenzel. 34. Pfäffchen. | Ich verſprach, auf die Pfäffchen zurückzukommen (Monatsſchrift 1882, 250), und ich thue das mit Freuden, die Pfäffchen ſind doch gar zu liebe Vögelchen, die kleinen, ſchmucken, ſo hübſch ſingenden Thierchen haben meine ganze Zuneigung erworben und alle dünn- und dickſchnäbeligen Prachtfinken längſt verdrängt. Ja, | jo farbenprächtig find fie nicht, als die Prachtfinken, aber ein ſchmuckes Gefieder haben ſie doch, und jetzt, da ich immer mehr und mehr Arten kennen lernte, zeigten | ſich unter dieſen auch wirklich farbenſchöne Arten, denen ſelbſt ein metalliſcher Schimmer auf dem Rücken nicht fehlt. Die Prachtfinken ſingen ja gar nicht, und wie lieblich ſingen die Pfäffchen, und zwar alle Arten, mehr oder weniger ſchön. Nur zweierlei haben die, die meiſten Vogelſtuben bewohnenden, Prachtfinken voraus: Verträglichkeit und leichtere Beſtimmbarkeit der Weibchen. In einem Käfig hatte ich fünf Pfäffchen: drei Männchen und zwei Weibchen, ein Männchen fand ich nun eines Tages getödtet vor, der Oberkopf war blutig zerhackt, und rings um | die Schnabelwurzel zog ſich ein Blutſtreifen — Eiferſucht war vielleicht die Urſache dieſes Mordes; ſo etwas kommt bei den Prachtfinken nicht vor. Recht ärgerlich für den Züchter iſt die überaus ſchwere Beſtimmbarkeit der Weibchen, dieſe ſind ſich alle ſehr ähnlich, grau bis braun gefärbt, man kann ſie kaum von einander | unterſcheiden und an eine Artbeſtimmung iſt nicht zu denken. Nur dieſem Umſtand iſt es zuzuſchreiben, daß verhältnißmäßig wenig Pfäffchen gezüchtet werden; man | bekommt eben keine richtigen Paare von den Händlern, Weibchen wohl, aber Weibchen, die ſonſt einer Art angehören, nur nicht dem von dem Händler mit erhaltenen Männchen. Die Pfäffchen niſten leicht und gut, und ich behaupte ſogar, beſſer als die Prachtfinken. Sie ſind ächte Körnerfreſſer und füttern ſelbſt ihre Jungen mit Körnern, während die Prachtfinken dazu verſchiedene Zuthaten bedürfen. Die Pfäffchen ſind in Südamerika zu Hauſe. Es ſind kleine Vögelchen, aus⸗ gezeichnet durch ihren ſtarken Schnabel, die Mehrzahl durch einen weißen Fleck am Flügel. | In einer Reviſion der Arten der Finkengattung Spermophila (Sporophila) zählt Selater (Ibis 1871. 5) 35 Arten auf. Im Laufe der Zeit habe ich folgende Pfäffchen⸗Arten in meiner Vogelſtube gehabt: | 1. Sporophila intermedia, das blaugraue Pfäffchen. Ein vorzüglicher Sänger. Niſtete mit Erfolg. | 2. Sp. plumbea, das Graupfäffchen, niſtete gleichfalls mit Erfolg. 3. Sp. gutturalis, das Schwarzkäppchen. Von dieſer Art beſaß ich die meiſten — 101 — Exemplare, ohne eine Züchtung zu erreichen, wahrſcheinlich waren die zu— gegebenen Weibchen nicht der Art angehörig. Ein Exemplar war ungemein ängſtlich; ging ich an dem Käfig vorbei, ſo flatterte es angſtvoll umher, es iſt auch bald geſtorben vor lauter Angſt. Genau dieſelbe Erfahrung mußte ich mit einem Männchen Bläßchen machen. | 4, Sp. Euleri, das Rieſenpfäffchen. Von diejer Art hatte ich wohl ein richtiges Pärchen, doch niſteten die Vögel nicht; das Männchen hatte einen lahmen Fuß. 5. Sp. aurantia, das pomeranzgelbe Pfäffchen. Ein einzelnes Männchen, von Frl. Hagenbeck bezogen, ein prächtiges Thierchen, welches ſich ſchon über 5 Jahre in meiner Vogelſtube befindet; ein Weibchen kann ich nie erlangen. 6. Sp. albogularis, das Weißkehlchen. Von Frl. Hagenbeck wiederholt bezogen. Dieſe Art wurde von Herrn Dr. Franken gezüchtet, ſiehe Monatsſchrift 1885, 174. 7. Sp. lineola, das Bläßchen. Von Frl. Hagenbeck wiederholt bezogen. 8. Sp. collaria, das Erzpfäffchen. Ein richtiges Pärchen, doch ſtarb das Weibchen nach kurzer Zeit, es kam ſchon krank an. Von Gebr. Reiche bezogen. | 9. Sp. coerulescens, das Blaupfäffchen. Nach der Beſtimmung des Herrn Henke im Dresdener k. zoologiſchen Muſeum. Dieſe Art wurde noch nicht als bei uns eingeführt erwähnt. Von Frl. Hagenbeck bezogen. 10. Sp.? Ein ſchwarzes Pfäffchen, Rücken und Flügel olivengrün. Ich konnte dieſe Art nicht beſtimmen, leider wurde ich es viel zu ſpät gewahr, als der Vogel ſtarb, ſo daß ich nicht einmal nach dem Balg den Vogel feſtſtellen konnte. Von Frl. Hagenbeck. Eingeführt werden ferner: 1. das Schmuckpfäffchen, Sp. ornata, 2. das Wedelpfäffchen, Sp. flabellifer, im Vorjahre durch Fockelmann, 3. das Korallenſchnäbelchen, Sp. hypoleuca, ſelten, 4. das Kragenpfäffchen, Sp. leucopsis, ſelten, 5. Sp. superciliaris, im Beſitz des Prinzen Ferdinand von Sachſen-Coburg⸗ Gotha, ſiehe Monatsſchrift 1880, 142 und 1884, 296. Ich empfehle die drolligen, ſchmucken, anſpruchsloſen Pfäffchen nochmals allen Vogelfreunden, umſomehr, als auch der Preis ein billiger iſt, derſelbe beträgt 8 bis 12 Mk. für das Pärchen. 35. Volatinia jacarina. Der Jacarinafink. Mit dem vorerwähnten Pärchen Erzpfäffchen erhielt ich von den Herren Gebrüder Reiche einen kleinen ſchwarzen Vogel von der Größe der Pfäffchen, | Ri 0 . | | welcher indeſſen kein Pfäffchen war, da er ſtatt des Papageiſchnäbelchen ein ſpitzes Schnäbelchen zeigte. Ich kannte den Vogel nicht und erhielt auf Anfrage bei Herrn Henke in Dresden den Beſcheid, es ſei ein Jacarinafink. Die Färbung traf nun nicht völlig zu, allein die Beſtimmung iſt doch richtig, mein Exemplar iſt ein junges Männchen im Uebergangskleide. Der Vogel erſchien, als ich ihn erhielt, auf der Oberſeite braunſchwarz, an der Unterſeite grauweiß. Nach einiger Zeit wurde die Oberſeite, Flügel und Schwanz, ſtahlblau glänzend, während die Ober⸗ rückenfedern ſich braun ränderten; die ganze Unterſeite iſt aber auch heute noch | grauweiß geſprenkelt. Dieſes Grauweiß muß ſich mit zunehmendem Alter in Schwarz verwandeln. Einen weißen Fleck am Flügelbug kann man nur ſehen, | wenn man die Flügel ausſpreizt. | Das alte Männchen ift glänzend ſchwarz mit Achten Schiller. Daz | Weibchen ift auf der Oberſeite graubraun, an der Unterſeite grauweiß bis grau: gelblich; das junge Männchen gleicht anfänglich dem Weibchen in der Färbung. Mein Jacarinafink iſt ein angenehmes hübſches Vögelchen, allein es ſingt nicht, | und zeigt auch ſonſt keine beſonders werthvollen Eigenſchaften; es verhält ſich ruhig, | obwohl es noch lebhafter ift, als der den Käfig mitbewohnende ſchwarze Biſchof, | Goniaphea nigra; es ift anſpruchslos, begnügt ſich mit Körnerfutter und feine Verpflegung daher außerordentlich mühelos. So klein als der Vogel iſt, bethätigt er doch eine Liſt. Er fliegt nämlich auf den Boden des Käfigs, um dem ihm widerwärtigen Begaffen ſeitens neugieriger Menſchenaugen zu entgehen. Dann kann er in dem hochhängenden Käfig nicht mehr geſehen werden und da verweilt er ſo lange auf dem Käfigboden, bis er nicht mehr zu befürchten hat, angeſtaunt zu werden. ö Führen die Herren Gebrüder Reiche auch Weibchen des e ein, ſo würde ſich wohl die Sache intereſſanter geſtalten, denn dann wäre zu hoffen, daß | die Vögel zur erfolgreichen Brut ſchritten. Freilich hat ſchon Fräulein Hagenbeck in Hamburg den Ruhm hinweg, die Jacarinafinken zuerſt gezüchtet zu haben; ſie erzielte mehrere Bruten hinter einander, jedesmal mit zwei Jungen. (Gefiederte Welt 1884, 452 und 1885, 271.) | Der Jacarinifink ift ein Südamerikaner. Burmelſter und Andere haben über ſein Freileben Mittheilungen gemacht. Zwei Eier bilden ein Gelege. Die Vögel niſten gern in Kaffeeſträucher. Um Weihnachten bis Februar finde man die brütenden Vögel. Geſang werde nicht vernommen, trotzdem hielte man den Vogel gern in Käfigen und füttere ihn mit Kanarienſamen. Im Freien ſuche er feine Nahrung gleich den Ammern am Boden. In Braſilien ſei er unter dem Namen Jacarini Jedermann bekannt. | Der Vogel laſſe ſich auf kleine Bäume, namentlich Kaffeebäume nieder und — 103 — entfalte hier ein ſonderbares Treiben, indem er ſich von dem Aſte, auf dem er ſitze, gerade in die Höhe erhebe und ſich dann ſenkrecht herabfallen laſſe. Er thue dieſes viele Stunden hinter einander und laſſe dabei fortwährend ein Freudengeſchrei erſchallen. Das Ganze ſei nur ein Liebesſpiel, ausgeführt, um dem Weibchen zu gefallen. Wegen dieſes Gebahrens wird der Jacarini auch Springfink genannt. Kleinere Mittheilungen. Das Winterwetter. Obgleich in Thüringen vom 27. Dezember ab der Boden wieder mit Schnee bedeckt war und bedeckt blieb bis in die Märztage hinein und während dieſer Zeit auch bei hellem ſonnigen Wetter, welches oft genug eintrat, ſich kein wirkliches Thauwetter einſtellte, zogen im Februar doch Staare, Haide— lerchen und auch Feldlerchen in einzelnen Flügen und kleinen Geſellſchaften ein. Dieſelben haben in den erſten Märztagen furchtbar gelitten. Am 1. und 2. März Morgens 16 und 13 Grad Reaumur Kälte und darauf anhaltender Regen bald von ſcharfkantigen Eiskörnern bald von Waſſertröpfchen, welche beim Auffallen ſofort gefroren. Dieſe Regenſchauer von überkältetem Waſſer ſind namentlich ver- derblich, weil fie die Vögel mit Eis panzern und ihre Beweglichkeit hemmen. Durch ſie gingen vor zwei Jahren viele Rebhühner und Großtrappen zu Grunde. — Seit jenem Regen ſchneite es faſt unausgeſetzt bei 2 bis 3 Grad Kälte bis zum 9. März, an welchem heiteres Wetter folgte mit 16 bis 8 Grad kalten Morgen am 9. bis 11. März. Es verendeten, wie ich an eingebrachten Vogelleichen ſah und von zu: verläſſiger Seite hörte, Schwanzmeiſen, einzelne Amſelmännchen und verhältniß— mäßig viel Amſelweibchen, Blaumeiſen, Feldlerchen, Zwergtaucher und namentlich viel Staare: bis zu fünfzig Stück auf einem Haufen wurden letztere erſtarrt hinter Düngerhaufen auf den Feldern aufgehoben. K. Th. Liebe. Aufgefundener todter Goldadler. Am 24. Febr. iſt in der Nähe von Torgau ein friſch verendeter Goldadler, Ag. chrysaetus, aufgefunden worden. Da noch friſcher Fraß in ſeinem Schnabel vorhanden war und ein Schuß nicht nach— gewieſen werden konnte, ſcheint die Annahme gerechtfertigt, daß der Vogel einer Vergiftung durch Strychninköder erlegen iſt. Baurath Pietſch. Zur Schädlichkeit des Sperlings. Der Fiskus hatte als Beſitzer des Eich⸗ wäldchens, welches als Faſanerie benutzt wird, die benachbarten Feldjagden, wozu auch die der Gemeinde Bettenhauſen gehört, gepachtet. In den Pachtbedingungen hatte ſich dieſelbe zur Bedingung geſtellt, daß der Pächter der Landwirthſchaft ſchädliche Vögel nicht aufkommen laſſen ſollte. Der Oekonom Schw. hatte dem Faſanenmeiſter Sch. als Vertreter des Fiskus geſagt, die Sperlinge ſeien ſo arg an ſeine Frucht, er möge ſie ſchießen laſſen. Als dieſer es jedoch unterließ, läßt — 104 — Schw. durch die Ortsſchätzer den Schaden taxiren und verklagte den Fiskus; letzterer wurde denn auch verurtheilt, demſelben den etwa 1200 Mark betragenden Schaden zu erſetzen. — Das iſt ſchon vor einigen Jahren paſſirt, aber verbürgt. Kaſſel. H. Ochs. Anzeigen, Geſucht gegen doppelten Einkaufspreis Jahrgang 1 der Monats⸗ ſchrift. Paul Leverkühn, Klausthal. Gebr. Reiche in Alfeld, Provinz Hannover, haben gegenwärtig vorräthig und empfehlen: Zebrafinken Paar 8 , Diamantfinken P. 15 , Graue Reisvögel P. 3 % 50 &, Cubafinken, Goldkragen P. 15 %, Graue Kardinäle P. 10 %, Rothe Kardi⸗ näle, Männchen St. 8 , Sonnenvögel P. 10 , Spottdroſſel, Männchen St. 20 , ein weißer Sperling (Albino), Männchen 20 %, Gelbſchnäblige Blauelſtern St. 50 %, Schwarzſchnäblige Blauelſtern St. 50 %, Beos oder Meinate St. 30 , Kuhſtaare St. 5 , Nothflügelftaare St. 5 4, Boots- ſchwanz St. 8 K, Loris von den blauen Bergen P. 60 , Rothſtirnige Neu⸗ ſeeland⸗Sittiche P. 30 , Amerikaniſche Bergtauben P. 15 % Nur ſchön be⸗ fiederte, geſunde Vögel kommen zum Verſandt. Eine fingerzahme, etwa 2 jährige Zwergohreule (Scops carnioleca, ꝙ) hat abzugeben (Preis nach Uebereinkunft) Zeitz, Domaine. F. Lindner. H. E. Früſtauf in Schleusingen im Thur. Wald empfiehlt Niſtkäſten für Staare, Meiſen, Fliegenſchnäpper, Rothſchwänzchen und dergl. genau nach Vorſchrift des „Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt“ gefertigt. Preiscourante, ſowie Anleitung zur Anbringung der Kaſten, gratis. Beſtel⸗ lungen rechtzeitig. 9. E. Frühauf. Der Unterzeichnete würde zum größten Dank verpflichtet werden, wenn hm Vögel, welche in Legenoth geſtorben find, in friſchem Zuſtande (unfrankirt) zu gingen. Dr. O. Taſchenberg, Halle a. S., Hermannſtraße 2a. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide ſind an Herrn Rendant Rohmer in Zeitz zu richten. Redaction: Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle. 0 | I Il des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. e 105 un Redigirt von V Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ d lten dafür die Monats: Ä 2 5 i engel u poftftet, Prof. Dr 8 iebe, der finden koſtenfreie Aufnahme, nge Nein er 605 555 Dr. Ney, Dr. Frenzel, ſoweit der Raum es geſtattet. anten de ereins Herrn Kanzli 8 i 8 Rohmer in Zeitz erbeten. Str.⸗Inſp. Thiele. E XI. Jahrgang. Mai 1886. Nr. 5. Inhalt: Die Kleinvögel auf der erſten Vogeltafel des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt. — Kleinere Mittheilungen: Der März von 1886. — Anzeigen. Die Kleinvögel auf der erſten Vogeltafel des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt. In der General-Verſammlung des Vereins zum Schutze der Vogelwelt im Winter 1884 wurde von einem Mitgliede des Vorſtandes der allſeitig gebilligte Antrag geſtellt, der Verein möchte eine Bildertafel herſtellen laſſen, auf welcher unſere liebſten heimiſchen Kleinvögel abgebildet ſein ſollten, um durch dieſe Ver⸗ öffentlichung das Intereſſe für die Vogelwelt in Schule und Haus zu wecken und zu beleben. Die Ausführung des Beſchluſſes wurde dem damaligen Vorſitzenden Herrn Paſtor Thienemann in Zangenberg, die Anfertigung des Bildes Herrn Profeſſor Göring in Leipzig übertragen. Herr Paſtor Thienemann iſt inzwiſchen 9 — 106 — geſtorben, doch hat er nicht allein den Plan feſtſtellen, ſondern auch die Ausführung bis nahe zur Vollendung des Originals leiten können. In ſeinem Sinn arbeiteten nun weiter, wie ſie ſchon bis dahin mit ihm gearbeitet hatten, Herr Paſtor All ihn und Herr Profeſſor Liebe, und nun übergiebt der Verein die Tafel als ein ornitho- logiſches Teſtament ſeines verſtorbenen Vorſitzenden der Oeffentlichkeit. Es iſt von jeher Grundſatz des Vereins geweſen, daß vor allen Dingen das Intereſſe für die gefiederte Welt erweckt werden müſſe, und daß dies Intereſſe, richtig geleitet, von ſelbſt zum Schutze der Vögel führe. Mit der gegenwärtigen Ver⸗ öffentlichung wendet er ſich durch Vermittelung von Schule und Haus vornehmlich an die Jugend — nicht ſo ſehr darum, weil gerade von der Jugend die Vögel unſerer Heimat geſtört und geſchädigt werden, als vielmehr weil das Intereſſe, das er zu erwecken wünſcht, am beſten in jenen Jahren eingeflößt wird. Man hört von Erwachſenen ſo oft die Klage, daß ſie in der Jugend ſo wenig Gelegenheit gehabt hätten, ſich durch eigene Beobachtung mit der Vogelwelt vertraut zu machen, und daß ſpäter der naturkundliche Unterricht des Gymnaſiums oder Seminars — was in der Natur der Sache liegt — das Wünſchenswerte und eigentlich Nötige auch nicht geboten habe; in ſpätern Jahren erweiſt es ſich als ſchwierig, aus der flüch- tigen Begegnung mit dem Vogel ſich ein deutliches und bleibendes Bild zu ver⸗ ſchaffen. Wir hoffen, daß unſere Tafel in dieſer Beziehung von Nutzen ſein werde, und daß, wenn erſt das gemalte Bild eingeprägt iſt, die Beobachtung der Natur weſentlich erleichtert und vertieft werden könne. Die Zeichnungen ſind in der natürlichen Größe angefertigt, was um des Zweckes willen als Notwendigkeit erſchien, aber zugleich zur Folge hatte, daß die Auswahl der Spezies eine beſchränktere wurde und daß unter Vermeidung eines maleriſchen Arrangements und perſpektiviſchen Aufbaues ſämt⸗ liche Vögel in ein und dieſelbe Fläche geſtellt werden mußten. Die Nach- bildung darf als eine in Zeichnung und Farbe zuverläſſige angeſehen werden. Sie iſt das gewiſſenhafte Werk unſerer Vereinsmitglieder, des Herrn Profeſſor Göring in Leipzig und Herrn Th. Fiſcher in Kaſſel, denen nach Thienemanns Tod Herr Prof. Liebe und Herr A. Walter in Kaſſel vielfach mit Rat zur Seite ſtanden. Was beim Vogel beſonders intereſſiert, iſt ſeine eigenartige Indi⸗ vidualität, ſeine Haltung und Bewegung, ſein graziöſes, lebendiges und kluges Weſen, ſein Ruf, Ton, Geſang. Das erſtere wurde im Bilde durch eine charakte⸗ riſtiſche Haltung angedeutet, und das andere ſoll, ſoweit es durch einige wenige Worte möglich iſt, in nachfolgender Beſchreibung ergänzt werden. Im Uebrigen müſſen wir auf die einſchlägige Literatur verweiſen, aus welcher wir hervorheben: Brehm, Dr. A., Illuſtriertes Tierleben, Bd. 4 bis 6. Ruß, Dr. Karl, Einheimiſche Stubenvögel. — 107 — Müller, Adolf und Karl, Thiere der Heimat, Bd. 2. Gräßner, Fürchteg., Die Vögel Deutſchlands und ihre Eier. Bechſtein, Dr. J. M., Naturgeſchichte der Stubenvögel. Friderich, Naturgeſchichte der deutſchen Zimmer-, Haus: und Jagdvögel. Eine Fixierung des Geſanges mußten wir unterlaſſen, weil es unmöglich iſt, mit Noten und ſonſt vorhandenen Mitteln eine auch nur einigermaßen treffende Wiedergabe zu ſchaffen. Wir werden in Nachfolgendem zur Belebung des Ge: dächtniſſes daher nur wenige und keineswegs vollſtändige Bemerkungen machen können und müſſen auf die direkte Beobachtung und auf Erkundigungen bei Vogel⸗ kundigen verweiſen. Die Tafel ſoll dem Unterricht dienen, doch ſoll mit ihr der Schule keine neue Unterrichtslaſt auferlegt werden. Sie ſoll ein allzeit bereitſtehendes An⸗ ſchauungsmittel ſein. Wir wünſchen und bitten nur, daß man ſie nicht der Schonung halber aufrollt und in den Schrank ſtellt, ſondern feſt auf— geklebt im Schulraum bleibend aufhängt: die tägliche Betrachtung des Bildes und gelegentlich eine Verweiſung auf dasſelbe, das iſt es, was wir wünſchen. Der Unterricht kommt ja an zahlreichen Stellen auf dieſen Gegen⸗ ſtand zu ſprechen: Rotkehlchen und Amſel, Staar und Sperling, Droſſel, Lerche Kuckuck ꝛc. ſind alte Bekannte in der Schule. Sie erſcheinen dem Schulkind auf der Tafel als ſolche und neben ihnen noch eine Menge anderer Vögel. Wir meinen aber keineswegs, daß die auf der Tafel vorgeführten Arten ſämtlich in der Schuje auch in beſchreibender Form ausführlich durchgenommen werden müßten. Die Tafel bietet ja ſelbſt nur eine Auswahl. Je nach Gelegenheit, Gegend und Zeit wähle man auf der Tafel aus. Die im Regierungsbezirke Merſeburg z. B. amtlich eingeführten drei Leſe⸗ bücher, nämlich dasjenige von Dietlein, von Scharlach und Haupt, und das von Lüben und Nacke behandeln in ausführlicher oder gelegentlicher Beſprechung 38 Vögel, darunter 21 unſeres Bildes. Und zwar beſprechen Dietlein: Specht, Kuckuck, Eis⸗ vogel, Sperling, Staar, Schwalbe, Fink, Lerche, Nachtigall, Stieglitz, Bachſtelze, Kreuzſchnabel, Zaunkönig, Droſſel, Rotſchwänzchen und Wachtel; Scharlach und Haupt außer vielen der vorgenannten Arten: Wiedehopf und Goldhähnchen; Lüben und Nacke: Rotkehlchen, Zeiſig und Hänfling. Anderwärts iſt das Gebiet der Vogelwelt in da oder dort üblichen Leſebüchern ebenſo reichlich bedacht, wie denn auch bei Auswahl der Arten unſeres Bildes die meiſten der in Deutſchland ein- geführten Leſebücher zu Rate gezogen wurden. Somit giebt ſchon das Schul-Leſebuch genug Anlaß, unſer Bild zu benützen. — Aber auch der Anſchauungs⸗Unterricht, die Heimatkunde, die Naturkunde und der Geſang bieten Anlaß in eingehender und anſchaulicher Weiſe unſerer kleinen gefiederten Freunde zu gedenken. Bezüglich | 9* — 108 — der Form empfiehlt ſich für die Unterſtufe die fabelmäßige Darſtellung, die Schilderung des Vogels als beſeeltes Individuum, ſein Verhältnis zu andern Tieren oder zu dem Menſchen, zu Sommer und Winter, zu Wald und Feld. In der Mittelſtufe würden die Stellung des Vogels im Haushalte der Natur, die Eigen: tümlichkeiten ſeines Lebens, Nahrung, Neſtbau und Flugzeiten zu erörtern ſein, und in der Oberſtufe eine beſchreibende und einreihende Behandlung hinzukommen. Auch für das Haus empfehlen wir die Tafel aufziehen zu laſſen und aufzu⸗ hängen. Ein gutes, das Tierleben behandelndes Buch findet ſich ja in ſo vielen Familien und iſt, wo es fehlt, ſo leicht zu beſchaffen. Für das Haus bildet der Spaziergang die Lehrſtunde. Die Frage des Kindes wird von ſelbſt den Weg zeigen, der zu gehen iſt. Der geſehene und an Ort und Stelle möglichſt genau nach Farbe, Größe, Flug und Umgebung beſtimmte Vogel wird zu Haufe auf der Tafel auf geſucht. Bei einer abermaligen Begegnung wird feſtzuſtellen ſein, ob man ſich nicht geirrt hat, und zugleich wird nachgeleſen, was über den Vogel mitgeteilt wird. Man unternehme nicht zu viel auf einmal, ſondern konzentriere die Aufmerkſamkeit zunächſt auf einige Arten, die man durch fortgeſetzte Beobachtung in ihrer Eigenart möglichſt genau kennen zu lernen ſucht. Was wir wünſchen, ergiebt ſich dann ganz von ſelbſt, nämlich daß der liebgewonnene gefiederte Freund gehegt und nach Be⸗ darf geſchützt wird. Eine erhebliche Schwierigkeit bot die Auswahl der Namen für die einzelnen | Vogelarten. Man erwäge nur, daß dieſe Namen größtenteils dialektiſche find, und daß innerhalb Deutſchlands Grenzen jeder einzelne Vogel mindeſtens ein halbes | Dutzend gangbare Namen hat. Es ift daher notwendig, daß wir die einzelne Vogel⸗ art mit ihrem lateiniſchen Namen fixierten, und bedienten wir uns dabei des Namen⸗ verzeichniſſes von unſerm Mitglied, Herrn E. F. von Homeyer, da dies von dem | permanenten internationalen ornithologiſchen Komitee herausgegeben iſt. In der \ Volksſchule ſollen dieſe lateiniſchen Namen ſelbſtverſtändlich nicht berührt werden. Aus der Fülle der deutſchen Bezeichnungen wurden je zwei ausgewählt und zumeiſt eine, die in Norddeutſchland, und eine, die in Süddeutſchland möglichſt große Ver⸗ breitung hat. Dennoch werden Viele den ihnen geläufigen Namen vermiſſen. Wenn jedoch dies Verzeichnis dazu beitragen ſollte, aus dem Ueberfluß deutſcher Namen gewiſſe im Schriftgebrauche befindliche zu fixieren, ſo wäre dies von nicht zu unter⸗ ſchätzendem Vorteil. Es wurden in Nachſtehendem berückſichtigt: Aufenthalt, Benehmen, Stimme, Neſtbau, Gelege, Zugzeit, Feinde, Nahrung, Nutzen oder Schaden des Vogels. Eine genauere Beſchreibung des Eies mußte des Raummangels wegen unterlaſſen werden und konnte um ſo eher unterbleiben, da dies die Aufgabe eines beſondern Zweiges der Ornithologie iſt. — 109 — Nachſtehende Abkürzungen werden angewendet: F. - Familie; O. = Orb: nung; F. d. Wb. — Färbung des Weibchens; N. = Nutzen; Sch. = Schaden. Die dem Verzeichnis vorgedruckte Nummer bezieht ſich auf die Hilfskarte, von welcher aus der gewünſchte Vogel des Bildes leicht gefunden und beſtimmt werden kann. 1. Turdus musicus, Zippe, Singdroſſel. F.: Droſſeln; O.: Sänger. Die Farbe des Weibchens weicht nicht erheblich von der des Männchens ab. Die Singdroſſel bewohnt den Wald, gleichviel ob Nadel- oder Laubwald, wenn es nur daſelbſt Dickichte von jungem Holz und Waſſer giebt. Hier halten ſie ſich gern im dichten Gezweig auf, ſuchen die Nahrung auf dem Boden und kommen wenig ins Freie. Ihr Benehmen hat bei aller Beweglichkeit etwas bedächtiges und ſehr vor⸗ ſichtiges. Der Flug, der von Gebüſch zu Gebüſch, am Tage ſelten über freies Feld geht, hat einen flatternden, doch gewandten Charakter. Die Singdroſſel ge⸗ hört zu unſern beſten Waldſängern. Ihr flötender weithin ſchallender Ruf klingt menſchlich, d. h. ſo, als verbände der Vogel mit dem Rufe einen Inhalt. Sie ſingt von den höchſten Baumgipfeln herab viele melodiſche und an Abwechslung reiche Strophen. Um ſie zu erkennen, achte man z. B. auf den Ruf: „Tratü, trati — miligam, miligam — tixtixtixtix.“ Sie baut im Gebüſch oder auf den Bäumen der genannten Wälder, am liebſten 1,5 bis 1,7 Meter hoch, ihr kunſtvolles Neſt, das außen von Moos und Halmen oder Halmen und Wurzeln gebildet und in— wendig mit durch Speichel verkittetem Holzmull ausgeſtrichen iſt. Sie legt von Mitte März ab das erſte Mal 4 bis 6, das zweite Mal 3 bis 4 Eier. Unter ein⸗ ander ſind die Singdroſſeln verträglich, leben jedoch in der Brutzeit in einzelnen Paaren geſondert; im Herbſt vereinigen ſie ſich zu größeren Scharen, ziehen im Oktober ab und kehren Mitte März zurück. Ihre Feinde find Eichhörnchen, Haſel— mäuſe, Baummarder und die ſchädlichen Raubvögel. Sie freſſen hin und wieder unter anderen Beeren auch Weinbeeren, nähren ſich jedoch die meiſte Zeit ausſchließ— lich von kleinen Schnecken, Regenwürmern, Larven und Köfern, die ſie unter Laub und Moos hervorſuchen. 2. Sturnus vulgaris, Staar, Sprehe. F.: Staarvögel; O.: Krähenvögel. Die luſtige und geſellige Natur des Staars, ſein Talent im Pfeifen, ſowie im Nachahmen anderer Vögel, ſein Hausſtand und Familienleben ſind hinlänglich be— kannt. Das Weibchen hat dieſelbe Zeichnung und Färbung wie das Männchen, nur in ſtumpferen Farben. Der Staar niſtet mannshoch und weit darüber hinauf in hohlen Bäumen oder Niſtkäſten, ſelten in Fels⸗ oder Mauerlöchern, und liebt Gärten, Waldränder und Feldgehölze. In das aus Gras, Moos, Federn und der— gleichen beſtehende Neſt legt das Wb. von März ab zwei Gelege von 4—6 Eiern. Nach beendetem Brutgeſchäfte ſtreichen die Staare, oft auch Krähen- und Dohlen— ſchwärme begleiiend, in großen Völkern umher, kehren im Herbſt zum Teil in die — 110 — Heimat zurück und ziehen im Spätherbſte ab, um Anfang Februar wieder zu er- ſcheinen. Seine Feinde ſind Krähen, Elſtern und Nußhäher, die ſchädlichen Raub⸗ vögel, Katzen und Baummarder, ſowie bei Wohnungsnot die Segler. Im Herbſt gehen ſie den Beeren, auch den Weinbeeren, nach und im Sommer den Maulbeeren und Süßkirſchen; für gewöhnlich aber ſuchen ſie auf dem Erdboden allerhand Würmer und Kerbtiere und wiſſen auch die verborgenen mittels geſchickten Schnabel⸗ krätſchens ausfindig zu machen. 3. Cinelus aquaticus, Waſſerſtaar, Waſſeramſel. F.: Waſſerſchmätzer; O.: Fänger. Lebt an Bächen und Flüßchen mit klarem Waſſer, gern in der Nähe von Mühlen und Waſſerfällen, fliegt und taucht gewandt, läuft wie eine Bachſtelze und führt beim Sitzen eine eigentümlich knixende Bewegung aus. Sein Geſang iſt ein gewiſſes Schnalzen und Zwitſchern von metalliſch klingendem Tone. Er iſt ſehr mißtrauiſch und aufmerkſam Fremden gegenüber und unduldſam gegen ſeines Gleichen. Seine Jagdgebiete ſind ſcharf und in Entfernung von zwei Kilo⸗ metern in der Bachrichtung von einander abgegrenzt. F. d. Wb. oben lichter braun mit weniger breitem Weiß an der Kehle. Dicht an raſchfließenden Gewäſſern baut er in niedrigen Uferhöhlen, Mauerlöchern und Holzwinkeln aus Moos, Würzelchen, Gras und alten Blättern ein großes Neſt, in welches im März und Juni 6—4 Eier gelegt werden. Es ſind Standvögel, die nur in der frühen Jugend und des Winters bei Nahrungsmangel ſtreichen. Sie erleiden Nachſtellung von Sperber, Weihe, Eule, Iltis und Wieſel. Indem ſie ſich vorherrſchend von Schwimmkäfern, Libellen, Uferfliegen und den Kerfen, welche dem Fiſchlaich und den Fiſchlarven nachſtellen, ſowie von Eintagsfliegen, Waſſeraſſeln u. dgl. nähren, erweiſen ſie ſich als nützlich und der Schonung würdig, wogegen wenig in Betracht kommt, daß fie auch Kleine Fiſche fangen, und zwar um ſo weniger, als ſie nie an einer Stelle in größerer Menge auftreten. 4. Acrocephalus turdoides, Rohrdroſſel, Droſſelrohrſünger. F.: Sänger; O.: Sänger. Sie ſucht ihren Aufenthalt ausſchließlich da, wo nicht zu kleine Waſſerflächen mit mannshohen Schilfrohrbeſtänden ſind. Dort gleitet ſie mit großer Gewandheit durch das Schilfdickicht und verbirgt ſich dabei ſo geſchickt, daß man ihren Gang nur an den bewegten Schilfwedeln erkennen kann; wunderbar geſchickt klettert ſie an den ſenkrechten Stengeln auf und nieder. Sie läßt einen Geſang weit über das Waſſer hin erſchallen, deſſen knarrende Töne „Kärr Kärr Kärr, dorre dorre dorre, kai kai ki“ an das Quaken der Fröſche erinnern, und ſingt bei beginnender Dämmerung, den Tag über und in der Zeit nach ihrer Ankunft die hellen Mondnächte hindurch. Nur wegen dieſes nächtlichen Geſanges läßt ſich der Name Sumpfnachtigall rechtfertigen. F. d. W. etwas lichter. Das Neſt iſt ein höchſt künſtlich aus geſpaltenen Schilfblättern geflochtener tiefer Bau N e | und wird an möglichſt unzugänglicher Stelle innerhalb größerer Schilf- und Rohr⸗ felder an vier bis fünf Schilfhalme höchſt ſolid feſtgeſchlungen. Das Innere des Napfes iſt ſorgfältig mit feinen Wurzelfaſern durchwebt und mit zarten Grasriſpen, Weide ⸗ Wolle u. dgl. ausgefüttert und beherbergt Mitte Juni ein Gelege von 4—5 Eiern. Die Rohrdroſſeln ziehen ſchon im Auguſt fort und kommen erſt ſehr ſpät wieder. Ihr Hauptfeind iſt die Rohrweihe, desgleichen leidet ſie auch von Eingeweidewürmern und andern Schmarotzern. Durch Vertilgen von allerlei an das Waſſer gebundenen Kerbtieren, namentlich auch von Libellen und deren Puppen ereiſt ſie ſich nützlich. | 5. Hypolais salicaria, Gartenſpötter, Baſtardnachtigall. F.: Sänger; O.: Sänger. Sie bevorzugt als Aufenthalt warmgelegene Gärten und Laub— oder Buſchwälder. Der Geſang hat neben ſchönen flötenden ſcharfe und rauhe Töne, und ſind in dieſer Beziehung die einzelnen Individuen ſehr verſchieden begabt: neben ſchlechten Sängern giebt es ausgezeichnete, welche große Fertigkeit haben, fremde Strophen wie die des Feldhuhns, der Wachtel, der Grasmücken, Droſſeln, Schwalben und ſogar der Finken mit dem eigenen Geſange zu ver— ſchmelzen. F. d. Wb. unten blaſſer. Das Neſt befindet ſich ungefähr 1—2 m hoch in den Gabeln niedriger Bäume und wird aus Hälmchen, Baſtfaſern, weißer Birkenſchale, Wolle und Raupengeſpinnſt gewoben und mit feinem Gras ausgelegt. Man findet Ende Mai ein Gelege oon 6—9 Eiern. Den Jungen ſtellen vorzugs— weiſe die Katzen nach. Im Auguſt wegziehend kommt der Gartenſpötter erſt im April wieder. Seine Nahrung beſteht in allerlei Kerbtieren. 6. Luseinia minor, Nachtigall. F.: Erdſänger; O.: Sänger. F. d. Wb. weicht kaum ab. Die harmloſe und wenig vorſichtige Natur der Nachtigall bewirkt, daß ſie häufig ihren Feinden, den Katzen, Haſelmäuſen, Ratten, Wieſeln und be— ſonders den Menſchen, die ihnen, allen Verboten zum Trotz, nachſtellen, zum Opfer fällt. Sie bedarf und verdient mehr als jeder andere Vogel des ſorgſamſten Schutzes. Bei der Rückkehr im April kommen die Männchen einige Tage eher au als die Weibchen. Sie ziehen Nachts und einzeln. Die alten Niſtplätze in Zaub- und Buſchwald in der Nähe von fließendem und ſtehendem Waſſer werden wieder aufgeſucht — ſogar dieſelben Lieblingszweige wie im Vorjahre. Die Abgrenzung der Niſtgebiete giebt zu herrlichen Wettgeſängen wie zu hitzigen Kämpfen Anlaß. Das Neſt wird dicht über dem Boden im Gebüſch auf einer Unterlage von Laub tief napfförmig aus dürren Grasblättern, Haaren und Pflanzenwolle und zwar wenig ſorgfältig gebaut. Es erfolgt im Mai ein Gelege von 4—6 Eiern; nur wenn die erſte Brut verunglückt, folgt eine zweite. Abzug: im September; Nahrung: Inſekten aller Art, welche zeitweiſe auf dem Boden und unter altem Laube leben. 3 7. Ruticilla tithys, Hausrötel, Rotſterze, Rotſchwänzchen. F.: Erd⸗ ſänger; O.: Sänger. Unſer bekannter Hausfreund, deſſen emſiges und zuthuliches Weſen, hüpfender Flug, eifriges Schwanzwippen und beim Nahen einer Gefahr ſo ängſtlich ausgeſtoßenes „Fid, Fid, Fid⸗a, Fid⸗a“ jedermann bekannt ſein dürfte, iſt recht unſcheinbar gefärbt. Dem Weibchen und den Jungen fehlt das Schwarz an Kehle und Bruſt. Das Rotſchwänzchen baut mit Vorliebe an ſicheren Stellen der Gebäude auf Gebälk oder in Mauerlöchern, ferner auch in Spalten von Fels⸗ wänden oder Steinbrüchen ein feſtes dickwandiges napfförmiges Neſt aus Hälmchen, Haaren, Moos und Federn. Es legt zweimal je 5—6 Eier, zieht erſt Ende Oktober und ſpäter fort und kehrt ſehr zeitig zurück. Die Jungen fliegen zeitig aus und fallen dann leicht den Katzen zur Beute. Die Nahrung beſteht in fliegenden, laufenden und ſitzenden Inſekten. Nur ungern begiebt ſich das Hausrötel in be— laubtes Gezweig; gern fängt es vom Dachfirſt aus die vorüberfliegenden Kerbtiere im Flug. Indem es auch ab und zu eine Biene — doch meiſt Drohnen — er⸗ haſcht, fügt es dem Bienenzüchter einen unerheblichen Schaden zu. 8. Ruticilla phönicurus, Buſchrötel, Welſche Rotſterze. F.: Erd: ſänger; O.: Sänger. Es gleicht in ſeinem Weſen dem vorigen ſehr, nur daß es in den hohlen Bäumen der Obſtgärten, Weidenplantagen und Bachufer niſtet, beſtändig ſich im Gezweig umhertreibt, etwas ſpäter ankommt und früher fortzieht und im Herbſt ſich auch von Beeren nährt. Sein Lockton iſt ähnlich, ſein Geſang aber beſteht in einer kurzen anmutigeren Strophe. F. d. Wb.: Schwanz⸗ partie wie beim Männchen, ſonſt aber einfarbig grau; die Jungen braun und ſchwarz getüpfelt. | 9. Dandalus rubecula, Rotkehlchen, Rotkröpfchen. F.: Erdſänger; O.: Sänger. Dieſes bei unſerm Volk ſo beliebte Vögelchen zeigt bei aller Be⸗ weglichkeit doch eine Vorliebe, ſich in ſtattlicher Haltung zeitweiſe ruhig auf einen Zweig zu ſetzen. Es liebt Wälder und Baumgärten ohne Unterſchied der Holzarten. Sein Flug iſt im Freien hüpfend⸗ſchlangenförmig. Das Weibchen unterſcheidet ſich faſt gar nicht vom Männchen; die Jungen ſind braun und ſchwarz getüpfelt. Das Neſt iſt ſelten in Gärten zu finden, und wird im Wald auf dem Boden in Erdlöcher unter Heidekraut, Moos und Wurzeln eingebaut, beſteht aus Moos, Hälmchen und Federn und hat die Geſtalt eines Napfes, über welchem bisweilen ein kleines Moosdach gebaut iſt. Es finden zwei Bruten von 5—7 Eiern und zwar in ziemlich unregel⸗ mäßigen Friſten ſtatt. Sein Geſang iſt ganz eigenthümlich, von melancholiſchem Charakter, voll zarter perlender Strophen. Trotz dieſes wehmütig ſtimmenden Ge- ſanges iſt es aber recht biſſig und namentlich ſeines Gleichen gegenüber unver: träglich. Die Rotkehlchen ſtreifen im Herbſte langſam durchs Land und ziehen zuletzt ab, während einzelne ältere Vögel, den Kampf ums Daſein kämpfend, — 113 — Standvögel werden. Neben den räuberiſchen Vögeln ſtellen ihnen vorzugsweiſe Wieſel und Mäuſe, auch Ameiſen, Marder und Füchſe nach. Nahrung: Inſekten, im Herbſte auch Beeren. 10. Cyanecula leucocyana, Blaukehlchen. F.: Erdſänger; O.: Sänger. Der Aufenthalt dieſes anmutigen munter-kecken und doch vorſichtigen Vogels, deſſen Bewegungen an die der Bachſtelze erinnern, find Weidengeſtrüppe an Teich-, Bach- und Flußufern; auch die Sumpf- und Moorgegenden breiter Gebirgsrücken werden von ihm aufgeſucht. Sein bogenförmiger Flug iſt raſch und geht dicht am Boden dahin. Die Originaltöne ſeines Geſanges ſind ſchnurrende und pfeifende Laute, an die es, ſoweit es ſeine geringen Stimmmittel erlauben, in buntem Durch— einander die nachgeahmten Töne von Kiebitzen, Beccaſinen, Rallen und ſelbſt Fröſchen oder von Wald- und Feldſängern und -Schreiern anreiht. Zu der Brutzeit iſt es gegen ſeines Gleichen unverträglich. Das Weibchen hat ſtatt des blauen Vorhemdchens einen gelblich-weißen Fleck an Hals und Kehle mit dunklen Längs— flecken. Das Neſt wird im dichten Gebüſch am Boden unter Wurzeln aus dürren Halmen und Blättern gebaut und mit Pferdehaaren und Borſten ausgefüttert. Daſſelbe nimmt zwei Gelege von 6—4 Eiern auf. Im Herbſt ziehen ſie langſam nach Süden und kehren im Frühling, dem Laufe der Bäche folgend, ebenſo langſam zurück, indem die Männchen den Weibchen einige Tage vorauseilen. Wieſel, Waſſerratten und Iltiſſe ſtellen den Eiern wie den Jungen nach. Nahrung: In— ſekten und deren Larven, im Herbſt auch Beeren. 11. Sylvia atricapilla, Plattmönch, Schwarzplattel. F.: Sänger; O.: Sänger. Er gehört zu unſeren beſten Sängern; doch ſind die einzelnen Individuen, wie bei der Nachtigall und Droſſel, ſehr verſchieden beanlagt. Der Geſang, den manche jenem der Nachtigall naheſtellen, beſteht aus einem ſehr ab— wechſelnden angenehmen Piano, dem ein rein flötendes lautes Forte, der Ueberſchlag, folgt, das wie ein Marſch oder eine Fanfare klingt. Der Geſang vervollkommnet ſich im Laufe des Frühlings und wird bereichert durch Nachahmungen fremder Strophen, wie derjenigen der Schwarzamſel, des Pirols, des Finken, der Lerche u. ſ. w. Wb. und J. haben ſtatt der ſchwarzen eine braune Haube. Das Neſt wird in niedrigen Laub- und Fichtenwäldern, weniger häufig in Gärten, 1—2 m hoch in hohem, durch Dornſträucher ſicherer gemachten Gebüſch oder auf junge Fichten gebaut und beſteht aus Labkrautſtengeln, Pflanzenbaſt und Geſpinſt, in⸗ wendig aus feinem Gras und Haaren. Im April und Mai werden 5—6 Eier ausgebrütet; häufig folgt im Juli noch eine zweite Brut. Der Plattmönch zieht Mitte September ab, um Mitte April wiederzukehren. Seine Feinde ſind die Würger und alles kleine Raubzeug; ebenſo iſt anhaltende Näſſe der Brut gefährlich. — 114 — l Seine Nahrung beſteht in allerhand Kerbtieren, namentlich auch in glatten Raupen von Spannern, Wicklern u. dgl. 12. Sylvia hortensis, Großes Weißkehlchen, Gartengrasmücke. F.: Sänger; O.: Sänger. F. d. Wb. kaum unterſchieden. Die Gartengrasmücke iſt der vorigen in ihrem ganzen Benehmen nahe verwandt, ſucht jedoch eher die Gärten auf, hält ſich mehr auf höheren Bäumen und freier ſtehenden Büſchen auf und iſt alſo leichter zu beobachten. Sie iſt ein in allen Bewegungen mäßiges, dabei ſtets thätiges und gutmütiges Vögelchen, das, ſobald es im Frühling ankommt, ſeinen vortrefflichen, aus lauter flötenartigen ſanften, aber dabei doch lauten und ſehr abwechſelnden Tönen zuſammengeſetzten Geſang erſchallen läßt. Auch die Grasmücke gehört zu unſern beſten und fleißigſten Sängern. Sie bezieht außer niedrigem Laub- und Nadelwald auch Gemüſe⸗ und Obſtgärten als ihr Revier und baut ihr Neſt dann in Stachelbeer- und Roſenbüſche, niedrige Cy⸗ preſſen und fremdländiſche Nadelhölzer ½ — 2 Meter hoch. Die Brutzeit fällt Ende Mai; ſelten erfolgt bei ungeſtörter erſter Brut von 5—6 Eiern eine zweite. Das Neſt iſt ähnlich gebaut wie das des Schwarzplattels (No. 11), aber noch weniger dicht und noch weniger gut ausgekleidet. Die Nahrung iſt dieſelbe, und ebenſo ſind es die Feinde, nur daß die Brut der Gartengrasmücke noch mehr exponiert iſt und namentlich noch häufiger durch Störung von Seiten der Menſchen leidet. Sie ziehen Anfang September fort und kehren erſt Ende April, oft auch noch ſpäter zurück. 13. Sylvia garrula, Zaungrasmücke, Müllerchen. F.: Sänger; O.: Sänger. F. d. Wb. weicht nicht ab. Es iſt ein äußerſt lebhafter und beweg⸗ licher Geſell, der ſich in Buſchwerk und Hecken, Gärten und Rapsfeldern herum⸗ treibt, andere Vögel neckt und ſich mit ſeinesgleichen umherjagt. Unermüdlich läßt das Männchen ſeinen Geſang von Morgen bis gegen Abend hören. Später ſchweigt es während der Mittagszeit uud verſtummt um Johannis gänzlich. Der Geſang beſteht aus einem Piano von allerlei zwitſchernden und leiſe pfeifenden Tönen, welchen ein forte geſungener harter Triller als Ueberſchlag folgt. Letzterer, den man durch die ſchnell geſprochenen Silben „didli didli didli“ nachbildet, iſt mit dem Klappern einer Mühle verglichen worden und hat zu dem Namen Müllerchen Veranlaſſung gegeben. Das Müllerchen niſtet nahe über dem Boden in Dorn- und Stachelbeerbüſchen, Zäunen und Lauben und brütet in einem dem vorigen ähnlichen Neſte im Mai 4—6 Eier aus. Es zieht Mitte September fort und kommt Anfang Mai wieder. Während die Alten bei ihrem Aufenthalt in dornigem Geſtrüpp und bei ihrer großen Beweglichkeit von Feinden nur wenig zu leiden haben, ſind die Bruten um ſo mehr ausgeſetzt, denn die Müllerchen ſind in der Wahl des Niſtortes noch leichtſinniger als die Gartengrasmücken und bauen — 115 — ſo luftige und wenig feſte Neſter, daß die Witterung ſchon die Jungen und die Eier oft ſchädigt. Katzen, Würger, Wieſel und Igel ſind ihre ſchlimmſten Feinde, zu denen noch das andere kleine Raubzeug kommt. Die Nahrung iſt dieſelbe wie bei dem Plattmönch. 14. Troglodytes parvulus, Zaunkönig, Schneekönig. F.: Schlüpfer; O.: Sänger; F. d. Wb.: die Füße find gelber und die Federn ein wenig röt— licher. Wirres Geſträuch, Wurzelwerk an Bach- und Flußufern, zum Teil dürre Reiſighaufen, mit Dornen überſponnene Mauerruinen, kurz alle Gelegenheiten, welche kaum zugängliche Schluchten und Höhlen aufweiſen, werden vom Zaunkönige bevorzugt, beſonders ſolche, die in der Nähe von Bächen oder im dichten Walde gelegen ſind. Der Zaunkönig, von Natur äußerſt lebendig und ſtets guten Humors (das Sprichwort ſagt: Er freut ſich wie ein Schneekönig), bewegt ſich mit Vorliebe nahe am Boden; auch ſein ſchwerfälliger ſchnurrender Flug hält ſich in dieſer Höhe; nur in der Minnezeit ſetzt er ſich auf hohe Bäume und läßt unter poſſierlichen Komplimenten ſein Lied ertönen. Dasſelbe hat einige Aehnlichkeit mit dem des Kanarienvogels, und ſind auch die Töne etwa ſo kräftig wie bei dieſem. Der Zaunkönig baut in die Höhlung von Bäumen, Ufern, Mauern, Wurzeln, Holz⸗ klaftern, Waldhütten u. dgl., bald nahe über dem Boden, bald auch höher feſt— gefügte kugelige Neſter mit ſeitlichem Eingange. Als Material verwendet er feine Reiſer, weiches Laub, Hälmchen und Moos, inwendig Haare und Federn. Die Männchen bauen ſpielend außer dem Brutneſt auch Neſter für ſich allein. Zur Brut werden gegen Ende April oder ſpäter 10 — 16 verhältnismäßig große Eier gelegt. Die Alten hängen feſt an ihrer Heimat und bleiben auch im Winter bei uns, die Jungen ſtreichen im Herbſte ein wenig in der Nachbarſchaft umher. Der Zaunkönig hat als Feinde hauptſächlich Wieſel, Waſſerratten und Mäuſe. Er nährt ſich von kleinen verſteckten Kerbtieren, deren Puppen und Eiern und ſucht im Winter die Schlupfwinkel der Gehöfte ab. 15. Regulus cristatus, Gelbköpfiges Goldhähnchen. F.: Meiſen; O.: Fänger. F. d. Wb.: Das Gelb am Scheitel iſt etwas matter. Die Jungen ſind grüngrau gefärbt ohne gelbe Zeichnung. Das Goldhähnchen, ein ausſchließ⸗ licher Nadelwaldvogel und höchſt bewegliches und dabei harmloſes und gutmütiges Geſchöpfchen, hat einen ausgeſprochenen Hang zur Geſelligkeit. Man ſieht meiſt ein halbes Dutzend bei einander. Auch an Haubenmeiſen und Tannenmeiſen ſchließen ſie ſich an. Solch gemiſchte Geſellſchaft, wobei Baumläufer, Kleiber und ſelbſt Buntſpechte nicht fehlen, durchziehen im Winter täglich ihr kleines Gebiet. Nahrung ſuchend ſchwirren ſie auf einem Punkte bleibend vor einem Zweige oder hängen ſich wie die Meiſen an denſelben. Der Flug iſt ſchnurrend, auf weitere Entfernungen wellenförmig. Ihre Stimme iſt, der Größe des Körpes angemeſſen, — 116 — nur ſchwach und der Geſang befteht in einem mehr oder weniger leiſen Zirpen und Wispern. Die auf den Enden von hängenden Tannen- und Kiefernäſten gebauten Neſter ſind ſchwer zu finden; ſie bilden einen feſten kugeligen Bau, der aus Moos, Flechten, Geſpinnſt und Wildhaaren zuſammengefügt, mit zartem Moos und Pflanzenwolle ausgekleidet und mittelſt Inſektengeſpinnſt und Puppenhülſen ſehr gut befeſtigt wird. Es finden ſich im Mai und Juli zwei Gelege von 9—11 und 8—10 Eiern. Die älteren Vögel bleiben Jahre hindurch Standvögel in ihrem Gebiete, die jüngeren ſtreichen. Eichhörnchen, Baummarder und heftige Stürme werden der Brut gefährlich. Durch Vertilgen kleiner ſchädlicher Kerbtiere und deren Eier ſind ſie dem Forſte von großem Nutzen. 16. Certhia familiaris, Baumläufer, Baumhäckel. F.: Baumläufer; O.: Klettervögel. Es iſt zwar ein Klettervogel, doch von den Spechten weſentlich verſchieden, da er einen weichen dünnen Schnabel hat, der ſich zum Unterſuchen, nicht aber zum Bearbeiten der Rinde eignet, und da er auch der zweimal zwei— zehigen Kletterfüße entbehrt. Er erweiſt ſich, indem er alte Baumſtämme von unten nach oben abſucht und dabei ſchraubenförmig kletternd umkreiſt, als außer⸗ ordentlich behende und verſteht es trefflich, wenn er beunruhigt wird, ſich hinter Baumſtämmen geſchickt zu verbergen und unbemerkt wegfliegend zu verſchwinden. Der Baumläufer hat eine harmloſe, friedliche und geſellige Natur. Er fliegt ganz ähnlich wie die Meiſen, ungleich und ruckweiſe, und ungern über weitere freie Strecken. Der Geſang iſt eintönig und unbedeutend. Die Farbe des Weibchens iſt von der des Männchens nicht gut zu unterſcheiden. Das Neſt ſteht in Baum⸗ löchern, vornehmlich in hohem Walde, in Weide- und Obſtpflanzungen, aber auch in Mauerlöchern und in ausgefaulten Balken, und iſt locker aus Moos, Federn und Hälmchen zuſammengefügt. Der Baumläufer iſt Standvogel. Seine Nahrung beſteht aus Kerbtieren und deren Eiern. Als Feinde hat er das kleine Raubzeug zu fürchten, das ihm jedoch wenig ſchadet. Weit verderblicher werden bisweilen ſtrenge anhaltende Winter. 17. Sitta caesia, Kleiber, Blauſpecht. F.: Spechtmeiſen; O.: Klettervögel. Er iſt gleichfalls ein Klettervogel. Er übertrifft als gewandter Kletterer alle übrigen Vögel, welche nicht zu den Spechten ſelbſt gehören, — ja in mancher Beziehung ſogar dieſe ſelbſt, denn er umkreiſt ebenſogut kopfunterſt wie kopfoberſt die Baumſchäfte mit großer Schnelligkeit, klettert an wagerechten Aeſten ebenſoleicht oberhalb wie unterhalb und hängt ſich an dünne Zweige in verkehrter Stellung wie die Meiſen. Liſtig und außerordentlich lebhaft, iſt er doch nicht ſcheu. Man trifft ſelten mehrere Kleiber zuſammen, den einzelnen jedoch ſtets in Geſellſchaft von Meiſen, Goldhähnchen und Baumläufern. Sein ſchneller und gewandter Flug bewegt ſich in großen Bogenlinien ähnlich dem der Spechte. Sein Ruf beſteht Mi — neben zwitſchernden Tönen in ſchallenden hellen kurzen einfachen und Doppelpfiffen. Das Weibchen unterſcheidet ſich im Aeußern nicht. Sein Aufenthaltsort ſind Wälder, ſelten Alleen und Obſtplantagen. Hier baut er das Neſt in hochgelegenen Baum: löchern, auch in Staarkäſten, deren Oeffnung er mit eingeſpeicheltem Lehm bis auf die zuſagende Weite verengt, außen aus viel altem Laub, Gräſern und Wurzeln, innen aus Borſten und Federchen. Er ſtreicht im Herbſt und Winter in der weiteren Umgebung umher, läßt ſich aber durch einen Futterplatz oder reichliche Nahrung ſofort an einen kleinen Bezirk feſſeln. Die kleinen Raubvögel ſtellen ihm nach. Er iſt Inſektenfreſſer, nährt ſich aber auch von Lindennüßchen, Haſel⸗ und Buchnüſſen, die er in eine Spalte klemmt und aufmeißelt. Durch Vertilgen einer großen Menge forſtſchädlicher Kerbtiere, namentlich auch der ſchäd— lichen Gall- und Blattweſpen, wird er ſehr nützlich. Im Winter und Herbſt lebt er auch von öligen Sämereien. 18. Parus major, Finkmeiſe, Kohlmeiſe. F.: Meiſen; O.: Fänger. Die Kohlmeiſe darf als Vorbild der übrigen Meiſenarten gelten, die ſämtlich kleine, ungemein unruhige, gewandte, liſtige und mutige Vögel ſind und ſich durch eine große Neugier auszeichnen. Sie iſt ſtets in Bewegung und ſtets guten Mutes. Sie klettert gern, wenn auch nicht ſo gewandt wie die Kleiber und Baumläufer, an den Stämmen empor und hängt ſich in verkehrter Haltung oder aufrecht an die äußerſten Spitzen dünner Zweige. Jeden auffallenden Gegenſtand muß ſie genau beſehen und womöglich mit dem Schnabel unterſuchen, doch thut ſie dies immer mit liſtiger Vorſicht. Durch übele Erfahrung iſt ſie leicht gewitzigt; ſie ſetzt ſich nie zweimal derſelben Gefahr aus. Sie iſt in hohem Grade mutwillig, wird leicht jähzornig und dann auch wohl mordſüchtig. In der Gefangenſchaft tötet ſie kleinere, ſchwächere und kranke Vögel, um ihnen das Gehirn auszuhacken. Der Volksmund nennt die Kohlmeiſe das Frühlingsglöckchen, wegen ihres metalliſch klingenden Rufes: „Zittitu, Zittitu“, den ſie bereits ſchon an ſchönen Februartagen ertönen läßt. Ihr Lockruf iſt ein ſcharfes „Fink, Fink“ und ihr ſelten zu hörender Geſang ein leiſes Fideln. Ihr Flug iſt zufolge ihres kräftigen Baues und der verhältnißmäßig kleinen Flügel mit Anſtrengung verbunden und geſchieht ruckweiſe und hüpfend; dabei fliegt ſie aber immer noch beſſer, als die andern Meiſen. Ueber freie Strecken fliegt ſie nur in Geſellſchaft und nach langer Ueberlegung. Beim Weibchen fehlt der ſchwarze Streifen auf der gelben Unterſeite. Die Meiſen ſind meiſt Höhlenbrüter. Sie bauen ihre Neſter in Mauerlöcher, Baumhöhlen hohle Weidenköpfe und Niſtkäſten, in der Not auch in Erdlöcher und benutzen als Material Moos, Hälmchen, Tierhaare, Borſten und Federn. Die Kohlmeiſe hält ſich ebenſo gern in Gärten, Parkanlagen wie in Wäldern auf, wenn die Sperlinge ſie nicht vertreiben. Es finden jährlich zwei Bruten von 8—14 und „„ 5—8 Eiern ſtatt. Im Herbſt und Winter ſtreichen fie weit im Gebiete umher, laſſen ſich aber durch reichliche Nahrung und Futterplätze leicht zu einem bleibenden Stande bewegen. Außer den Wieſeln, Mardern und den kleineren Raubvögeln find auch die Sperlinge den Meiſen feind. Durch Vertilgen einer außerordentlichen Menge von Larven, Puppen und Eiern ſchädlicher Inſekten ſtiften ſie einen erheb⸗ lichen Nutzen. Auch ölige Sämereien dienen ab und zu zur Nahrung. Der früher geübte Maſſenfang der Meiſen iſt nicht zu dulden. 19. Parus caeruleus, Blaumeiſe. F.: Meiſen; O.: Fänger. Das Blau ändert in der F. d. W. etwas in Grau ab; bei den Jungen iſt das Gelb über⸗ wiegend und lebhaft. In der Lebensweiſe ſtimmt ſie mit der Kohlmeiſe überein, nur iſt ſie noch vorſichtiger und hat namentlich auf alles Raubzeug ſehr ſorgfältig Acht; durch ängſtliche Rufe macht ſie beim Streichen ſofort den ganzen Schwarm auf die Gefahr aufmerkſam. Ihrem wohlklingenden Rufe legt man in Süddeutſch⸗ land die Worte unter: „Hellblau iſt bayeriſch!“ Sie zieht den Laubwald entſchieden dem Nadelwald vor und bevorzugt Obſtbaumplantagen, niſtet auch am liebſten in hohlen Obſtbäumen, ſonſt auch gern in Niſtkäſten und Weidenköpfen. Das Gelege beſteht aus 6— 10 und 4—6 Eiern; die Zeit deſſelben fällt auf Juni und Ende Juli. 20. Parus ater, Tannenmeiſe, Schwarzmeiſe. F.: Meiſen; O.: Fänger. F. d. W. ein wenig düſterer. Dieſe kleine ſchlanke Meiſe ſcheint, ſo keck und beweglich ſie auch iſt, im Verhältniß zu den andern weniger klug und weniger liſtig zu ſein. Ihr Aufenthalt iſt dichter Nadelwald oder gemiſchter Beſtand. Sie hält ſich gern verborgen und fliegt wie alle Meiſen nur ungern über freie oder ſelbſt dünnbeſtandene Flächen. Die Gelege beſtehen aus 6—9 und 5— 7 Eiern. Sie fängt ſpäter als die Kohlmeiſe an zu ſtreichen — Mitte October — und bevorzugt dabei Nadelwälder, läßt ſich jedoch durch die Geſellſchaft der Verwandten auch zum Beſuche der Gärten und Laubwälder veranlaſſen. Zu ihren Feinden zählen nament⸗ lich auch Mäuſe, Wühlmäuſe und Haſelmäuſe. 21. Parus palustris, Graumeiſe, Nonnenmeiſe. F.: Meiſen; O.: Fänger. F. d. Wb.: Das Schwarz iſt weniger lebhaft und der Kinnfleck kleiner. Sie hält ſich am liebſten in Laubwald mit Gräben und vielfach naſſem Boden, aber auch in Obſtgärten und in den Ufergebüſchen der Wieſen auf, niſtet am liebſten in Weidenköpfen, nimmt aber auch in der Not mit Maulwurfs⸗ und Mauslöchern fürlieb. Daher ſind ihre Feinde dieſelben wie die der Tannenmeiſe. Sie iſt die luſtigſte und poſſierlichſte unter dem Meiſenvolke. Beſonders drollig geberden ſie ſich in der Paarungszeit, wenn ſie unter allerlei Geberden ſich verfolgen und gegen⸗ ſeitig füttern als wären ſie junge Vögel. Anfang Mai und im Juli erbrüten ſie je 812 Eier. Schon vom September an ſtreichen ſie durch Thalauen, durch Laubwälder und Gärten; den Uferbäumen folgend, ziehen ſie überhaupt auch jetzt 2.00 — naſſe Gegenden vor. Nur der Geſellſchaft zu Liebe fallen fie auch im Nadel⸗ wald ein. 22. Parus eristatus, Haubenmeiſe, Kuppmeiſe. F.: Meiſen; O.: Fänger. F. d. Wb.: Kürzere Haube und ſchmalere Streifen. Sie iſt in ihrem Benehmen am meiſten der Tannenmeiſe ähnlich. Ihr Aufenthalt iſt ausſchließlich der Nadel⸗ wald. Nur vorübergehend, wenn ſie von einer Nadelwaldparzelle zur anderen ſtreifen, berühren fie auch Laubgebüſch. Die erſte Brut von 8— 10 Eiern fällt in den April, die zweite von 6—8 Eiern in den Juni. Sie ſuchen ſich dazu paſſende Löcher in den Horſten der Raubvögel, in alten Eichhorn- und Krähenneſtern, be— nutzen Spechtlöcher und alte Reiſighaufen, und niſten lieber ſehr hoch als tief unten an der Erde. Vom September an beginnen ſie in größeren Geſellſchaften durch Nadelhölzer zu ſtreichen. 23. Acredula caudata, Schwanzmeiſe, Pfannenſtiel. F.: Meiſen; O.: Fänger. Die allerliebſten Turnkünſte, die ewige Unruhe und das bewegliche nnd luſtige Weſen laſſen trotz des langen Schwanzes die Schwanzmeiſe leicht als Meiſe erkennen; ſie iſt jedoch nicht mutwillig und bösartig wie die anderen. Im Fluge hüpft ſie gleichſam durch die Luft. Weitere Strecken zurückzulegen ſcheint ihr große Anſtrengung zu koſten; es pflegt dabei eine hinter der anderen herzu— fliegen. Höchſt bemerkenswert iſt ihr Neſt, das in eine Aſtgabel hinein in kugeliger Form mit einem oben ſeitlich befindlichen Schlupfloche künſtlich aus Baumflechten, Haaren und Geſpinſt gebaut, inwendig mit Federn gefüttert und außen in Farbe und Material der Umgebung angepaßt wird. Mitte April findet ſich ein Gelege von 7—15 Eiern, im Juni ein zweites ſchwächeres Gelege in einem kleineren, weniger ſchönen Neſte. Sie ſtreicht im Herbſt und Winter ſehr weit umher, meiſt in Geſellſchaften der eigenen Art, ſeltener in der anderer Meiſen und bevorzugt Laub⸗ wald und Parkanlagen, denen es nicht an Feuchtigkeit fehlt. Zu ihren Feinden zählen außer den Katzen namentlich auch Elſtern, Heher und Krähen. 24. Museicapa grisola, Grauer Fliegenfänger, Fliegenſchnäpper. F.: Fliegenfänger; O.: Fänger. Er iſt ein eifriger Jäger auf Fliegen, Mücken, Brem⸗ ſen, Libellen und Schmetterlinge. Von ſeinem Sitze aus fährt er in gewandter Wendung auf das fliegende Inſekt los, das er mit laut klappendem Schnabel fängt und zu ſeinem Sitzorte zurückträgt. Er vertilgt eine außerordentlich große Menge von Inſekten. Im ſpäteren Sommer frißt er auch Hollunder- und Johannis⸗ beeren gern. Nicht auf die Arbeitsbienen, ſondern nur auf die Drohnen macht er Jagd, wodurch er eher Nutzen als Schaden ſtiftet. Das Weib gleicht dem M. Die J. haben ein braungraues und weißgeflecktes Kleid. Er bevorzugt Gärten und Parkanlagen, läßt ſich aber auch gern in Höfen ſehen, wenn nur in deren Nähe Bäume wachſen. Das Neſt wird in offenen Baumhöhlen, in Stacket⸗ und — 120 — Balkenwinkeln, in verfallenen Staarkäſten und alten Schwalbenneſtern angelegt, aus Moos und Wurzeln erbaut und mit Haaren und Federn ausgekleidet. Nach⸗ dem im Juni 4—6 Eier ausgebrütet wurden, zieht der Fliegenſchnapper Anfang September weg, um erſt Ende April wiederzukehren. Seine Feinde ſind Katzen, Marder, Eulen, Ratten, Mäuſe, Haſelmäuſe und Elſtern. 25. Saxicola oenanthe, Steinſchmätzer, Steinklitſcher. F.: Erdſänger; O.: Sänger. Er meidet durchaus Bäume und Laubwerk: ſein Aufenthalt ſind trockne, ſteinige Hügel, zerklüftete felſige Wände, Steinbrüche; Schachtruten und Haufen von Feldſteinen ſind ſeine Schlupfwinkel. Auch einſames altes Mauerwerk liebt er, doch ſcheut er die Gegenwart von Menſchen keineswegs, ſondern gewöhnt ſich bei ſonſt gut zuſagendem Terrain vollſtändig an dieſelbe; vor Raubvögeln hat er eine entſetzliche Furcht. Sein Flug, der gewandt, ſchnell und ziemlich geradlinig iſt, geht in ganz flachen Bögen nahe über dem Boden hin. Stehend hält ſich der Steinſchmätzer ſtattlich aufrecht, und macht, ſobald ſeine Aufmerkſamkeit rege wird, tiefe Bücklinge. Auf der Erde hüpft er in ſehr ſchnellen Sprüngen vorwärts. Er iſt unverträglich gegen ſeines gleichen und zänkiſch anderen Vögeln gegenüber. Sein Geſang beſteht in einer unbedeutenden kurzen Strophe, doch iſt zu bemerken, daß er auch im Fliegen und des Nachts ſingt. Die Oberſeite des Weibchens iſt röt⸗ lich aſchghrau. Das aus feinen Wurzeln, Quecken, Gräſern, Wolle und Haaren gebaute Neſt ſteht in Mauer- und Felſenlöchern, Steinhaufen und Erdlöchern, bis⸗ weilen auch in Holzklaftern und enthält im Mai 5—7 Eier. Die Steinſchmätzer fangen ſchon im Auguſt an wegzuziehen und kehren ſpät im April zurück. Ihre Feinde ſind Hermeline, Wieſel, Iltiſe, Marder, Ratten und Mäuſe. Ihre Nahrung beſteht in Kerbtieren, die ſie entweder im Fluge fangen oder vom Boden aufleſen. 26. Motacilla alba, Bachſtelze, Wippſtert. F.: Stelzen; O.: Sänger. Das bewegliche und graziöſe Weſen der Bachſtelze iſt allgemein bekannt, um ſo mehr als ſie in ihrer zutraulichen Art die Nähe der Menſchen aufſucht. Sie läuft bei ziemlich wagerecht gehaltenem Körper ungemein ſchnell und wippt nach jeder Bewegung auf das Lebhafteſte mit dem Schwanze. Ihre Nahrung beſteht in Kerb⸗ tieren und deren Larven und in kleinen Würmern; ſie ſucht gern das flache Waſſer zwiſchen dem Steingeröll der Bäche und Flüſſe und trocken gelegte Schlammbänke, ebenſo gern aber auch Felder und Wieſen und ſogar Waldſchläge ab, und fängt ihre Beute gewandt fliegend in der Luft ebenſo ſicher, wie ſie dieſelbe aus dem ſeichten Waſſer herausfiſcht. Zutraulich laufen ſie dabei hinter dem ackernden Landmann drein, wie zwiſchen den Tieren der weidenden Herden herum. Sie fliegen ſehr leicht, meiſt in langen ſteigenden und ſinkenden Bögen und ſo gewandt, daß ſie, abgeſehen vom Baum⸗ und Wanderfalken, jeden Raubvogel unter zornigem Geſchrei neckend dicht umſchwärmen und ſo die übrigen Kleinvögel rechtzeitig vor — 121 — der Gefahr warnen. Das Weibchen hat eine kleinere ſchwarze Platte, unrein weiße Backen und ſchmalere weiße Säume an den Flügeln. Die Jungen ſehen mehr grau aus. Sie niſten in der Nähe, doch auch fern vom Waſſer in Brücken, Schoppenbalken, Holzklaftern, Weidenköpfen, Steinhaufen, Uferhöhlen und Aſtlöchern in mittlerer Höhe. Das Neſt wird aus Quecken, Wurzeln und Moos gebaut, mit Wolle und Haaren gefüttert und zweimal mit 5—8 und 4—6 Eiern belegt. Im Herbſt ſtreichen die Familien noch längere Zeit in ſchilfreichen Gegenden umher, ſcharen ſich zu immer größeren Geſellſchaften und ziehen endlich im Spätherbſte ab, um bereits im März wieder zu erſcheinen. Feinde ſind Katzen, Waſſerratten, Ratten, Mäuſe, die kleineren Marder und Raubvögel, ſowie auch die Milben. 27. Motacilla sulfurea, Bergſtelze, gelbe Bachſtelze. F.: Stelzen; O.: Sänger. Die Bergſtelze nährt fih von Libellen, Mücken, Waſſermotten und an deren Waſſerinſekten und deren Larven, welche klares friſches Waſſer bevorzugen. Daher hält ſie ſich ziemlich ausſchließlich an Flüßchen und Bächen der mittleren und höheren Gebirge auf. Die Kehle des Weibchens wird im hohen Alter ſchwarz. Das Neſt ſteht in geräumigen, aus Steinen oder Holz gebildeten Löchern und iſt aus Würzelchen und Reiſern erbaut und mit Wolle und Haaren gepolſtert. Im April werden 4—6 Eier bebrütet. Die Bergitelzen ſtreichen jpäter paarweiſe und in Familien weiter, ziehen im Spätherbſt, verzichten jedoch auch gern auf den Zug und werden im Winter treu aushaltende Standvögel an reichlich fließenden, im Winter eisfrei bleibenden Bächen. Ihre Feinde ſind Milben, Waſſerratten, Ratten, Wieſel und Iltiſe. 28. Budytes flavus, Schafſtelze, Wieſenſtelze. F.: Stelzen; O.: Sänger. Das Weibchen iſt auf dem Kopf und Rücken grau, an der Kehle und Unter⸗ ſeite weißlich. Die Schafſtelze iſt ein Vogel der Ebene und dort ebenſo ver⸗ breitet wie die weiße, und ſogar noch häufiger als dieſe. Doch ſcheut ſie die Nähe der Menſchen und hält ſich gern auf feuchten Wieſen mit einzelnen Büſchen, Bäumen und Gräben auf. An den Brüteplätzen ſind ſie zutraulicher, ſonſt über⸗ aus ſcheu, anderen Vögeln gegenüber ziemlich zänkiſch und unverträglich. Sie niſten auf der Erde an Gräben und in Bodenvertiefungen im Gras oder in der Sommer⸗ frucht. Das Neſt beſteht aus feinen Stengeln und Wurzeln, Pferdehaaren und verſchiedenen Flocken. Es finden ſich Mitte Mai 4—6 Eier. Sie ziehen ſchon gegen Ende Auguſt und kehren erſt Ende April wieder. Beim Zuge übernachten ſie gern in der Geſellſchaft von Staaren und Schwalben im Rohre größerer Teiche und verſammeln ſich zu außerordentlich großen Scharen. Ihre Feinde ſind Igel, Wieſel, Mäuſe und Sperber. Sie jagen Inſekten in der Luft, auf friſch geackerten Feldern und zwiſchen weidendem Vieh. 10 — 12 — 29. Anthus campestris, Brachſpitzlerche, Brachlerche. F.: Stelzen; O.: Sänger. Als Mittelglied zwiſchen den Stelzen und den Lerchen kennzeichnet dieſen Vogel eine ſpornartige Verlängerung des Nagels der Hinterzehe, die ſich auch bereits bei der Schafſtelze angedeutet vorfindet. Der Feldlerche ähnelt die Brachlerche darin, daß ſie offene Gegenden liebt, ihren Feinden durch ſchnellen ruck⸗ weiſe unterbrochenen Lauf zu entgehen ſucht und im flatternden Fluge ſingt. Der Geſang iſt freilich ſehr gering und eintönig. Sie iſt ein ſcheuer flüchtiger Vogel. Die Färbung des Weibchens weicht kaum merklich ab. Ihre Aufenthaltsorte ſind Triften, Brachländereien, Viehweiden und Waldblößen; und zwar vermeidet ſie höhere Gebirge und feuchtes Land vollſtändig und bewohnt nur trockenes hügeliges oder flaches Land, am liebſten wüſte Striche; dort niſtet ſie in Vertiefungen des Bodens, in Gras- und Heidekrautbüſchen, baut aus dürren Halmen ein weites napfförmiges Neſt und legt Ende Mai und ſpäter 5 Eier. Man trifft ſie nirgend ſehr häufig in Deutſchland. Ihr Wanderflug iſt ſchnell und leicht. Sie verlaſſen uns im September, nachdem ſchon im Auguſt der Strich begonnen hat, und kehren erſt Ende April wieder. Ihre Feinde ſind die mehr genannten kleinen Räuber unter den Haartieren und Vögeln. Ihre Nahrung beſteht in Inſekten, die vom Boden aufgeleſen werden, und in den kleinen Sämereien wildwachſender Pflanzen. 30. Alauda arvensis, Feldlerche, Lurk. F.: Lerchen; O.: Sänger. F. d. Wb. weicht nicht merklich ab, aber der Nagel der Hinterzehe iſt kürzer. Die Lerche iſt ein „unruhiger Geiſt“, den man ſelten ruhen ſieht. Sonſt ſehr geſellig, iſt ſie in der Niſtzeit unverträglich, wählt ein beſtimmtes Revier und duldet nicht, daß andere Lerchen ſich dort eindrängen. In der genannten Zeit kommt es zwiſchen den eiferſüchtigen Männchen zu Zweikämpfen, die ſie entweder nach Art der Hahnenkämpfe auf dem Boden oder auch flatternd in der Luft ausfechten. Die Lerche gehört zu unſeren beſten Fliegern; bald flattert ſie mit kurzen zitternden Schlägen in kleinem Kreis, bald ſchießt ſie in großen Bogenlinien dahin, bald ſteigt ſie mit den Flügeln wedelnd in Schraubenkreiſen empor, wobei ihr bekanntes trillerndes Lied erklingt. Auf der Erde läuft ſie ungemein behende, indem ſie von Zeit zu Zeit kurze Unterbrechungen macht, und ſich, um auszuruhen oder Umſchau zu halten, auf Steine oder Erdſchollen oder Kartoffeldämme ſtellt. Auf Zweige und Aſte ſetzt ſie ſich freiwillig nicht, was doch die Haidelerche thut, welche ganz ähnlich gebaute Füße hat. Beim Laufen über den lockern Ackerboden und den Raſen nutzt ihr der lange gerade Sporn an der Hinterzeh gar ſehr. Das Neſt ſteht in offener, baumfreier Gegend auf dem Boden, auf Feldern und auf Wieſen, meiſt hinter einer Scholle oder ſonſtigen Schutzwehr, und iſt aus Halmen und Würzelchen gebildet und mit Tierhaaren gefüttert. Im März und ſpäter werden 5 Eier gelegt; ein zweites Gelege von 3—4 Eiern findet ſich im Juni und Juli — 123 — und bisweilen noch im Auguſt ein drittes. Die Lerchen fangen im Spätſommer an zu ſtreichen; dabei ſchlagen ſie ſich zu immer größeren Völkern zuſammen und ziehen bei Eintritt winterlichen Wetters nach Süden, um ſchon Ende Februar und Anfang März wiederzukehren. Ihre Nahrung beſteht in Unkrautſämereien, und Kerbtieren, die vom Boden aufgeleſen werden, ſowie in zarten Blattſpitzen. Dachs und Wieſel, Igel und Scheermäuſe ſtellen den Eiern und Jungen, die kleineren ſchädlichen Raubvögel den Alten nach, — namentlich Sperber und Baumfalken. 31. Galerita eristata, Haubenlerche, Kothlerche. F.: Lerchen; O.: Sänger. Beim Weibchen iſt die Bruſt ſtärker gefleckt und die Haube kleiner. Sie iſt noch nicht überall in Deutſchland zu Hauſe, jedoch da, wo ſie vorkommt wie in Thüringen, Sachſen und Franken, und weiter oſtwärts, häufig zu finden. Von Haus aus Wüſtenvogel, ſucht ſie bei uns wüſte, trockene, kahle Flächen auf, um ſich wohl zu befinden, wie z. B. die Chauſſeen, Eiſenbahnkörper, Eiſenbahnperrons und trockene Felder. An den Menſchen gewöhnt ſie ſich dabei ſo, daß ſie ihm des Winters in den Straßen nur laufend ausweicht. Man findet ſie häufig in Geſell⸗ ſchaft von Sperlingen und Goldammern, jedoch nicht in derjenigen von Feldlerchen. Sie läuft ähnlich wie die Feldlerche und fliegt mit eigentümlich weichen und unregelmäßigen Flügelſchlägen. Ihr Geſang, den ſie im Frühling ſitzend oder fliegend anſtimmt, klingt herausfordernd und iſt abwechſelnder als der der Feld- lerche: das Schönſte im Geſang leiſten zwei Männchen, während ſie mit einander kämpfen. Dieſe Lerche niſtet auf dem Boden der Felder und Wieſen, auf Rainen, Gartenmauern und alten Dächern, baut ein Neſt ähnlich dem der Feldlerche und bebrütet im April 5, im Juni 3—4 Eier. Einige, namentlich die jüngeren, ſtreichen im Herbſt und ziehen etwas ſüdlicher; die älteren ſind Standvögel. Im Winter halten ſie ſich an die Ortſchaften. Ihre Nahrung beſteht in Kerbtieren, Unkraut⸗ ſämereien und Grasſpitzen; im Winter freſſen ſie auch Haferkörner, die ſie aus dem Dünger der Pferde herausſuchen. Zu ihren Feinden zählen Katzen, Wieſel, Hunde und Igel, welche der Brut ſchaden, Sperber und Baumfalken thun geringeren Schaden. | | | | 32. Emberiza miliaria, Grauammer, Gartenammer. F.: Ammern; O.: Dickſchnäbler. F. d. Wb. weicht nicht ab. In ebenen Gegenden, in denen Ge- treidefelder, Wieſen und Brüche vorherrſchen, iſt die Grauammer ſehr häufig und ſehr bekannt. Auf den Spitzen von Alleebäumen, auf den Telegraphenleitungen oder auch auf einem Pfahl, einem niederen Buſche ſitzend, laſſen ſie unermüdlich ihren trillernden Ruf: „Zitzitzit, Zirlarlrlr“ hören und begrüßen fo nicht allein den vorübergehenden Wanderer, ſondern auch den vorüberfahrenden Eiſenbahnzug. Sie iſt eine träge, doch unter ihres Gleichen wie gegen andere Vögel zänkiſche Geſellin. Der Flug iſt ſchwerfällig, doch immerhin leidlich ſchnell. Auf nähere | 10* — 124 — Entfernungen zieht ſie mit hängenden Füßen in ſchnurrendem Fluge dahin, bei weiten Entfernungen liebt ſie es ſehr hoch zu ſteigen. Wieſen zwiſchen Feldern und in deren Ermangelung Raps: und Kleefelder find außer der Brutzeit ihr Lieblingsaufenthalt. Sie baut auf der Erde oder höchſtens eine Hand hoch über derſelben auf Wieſen oder auch auf Raps⸗ und Getreidefelder ihr Neſt. Zweimal, im April und Juni, werden 4—5 Eier gelegt. Sie fangen ſchon im Auguſt an zu ſtreichen und ziehen erſt ſpät nach Süden ab; im Frühling kommen ſie zeitig, oft ſchon im Februar an, ſtreichen aber in hellen Haufen erſt lange umher, ehe ſie | fich häuslich niederlaſſen. Sie werden verfolgt von Baumfalken, Sperbern, Wiefeln, Hermelinen, Krähen und Elſtern. Ihre Nahrung beſteht in Kerbtieren und harten Unkrautſämereien, die ſie mit ihrem dicken Ammerſchnabel gut zu öffnen vermögen; | nur in Ermangelung anderer Nahrung gehen ſie auch an Getreidekörner. | 33. Emberiza eitrinella, Goldammer, Goldämmerling. F.: Ammern; O.: Dickſchnäbler. F. d. Wb. und der Jüngeren an den gelben Stellen mehr graulich⸗ | grün. Der Geſang des Aemmerlings wird durch die Strophe: „sit’siits'ift’sift’sift noch früh“ nicht ſchlecht nachgebildet. Geſellig und zutraulich ſcheut er die Nähe des Menſchen durchaus nicht, ſucht vielmehr im Winter deſſen Gaſtfreundſchaft auf, und verträgt ſich ſogar mit den Sperlingen. Man trifft ihn ebenſo im Gebirge, wie in der Ebene, in lichten Wäldern wie auf Feldern. Das Neſt ſteht auf dem Boden oder im niedrigen Geäſt, im Freien niedriger als in Gärten. Es wird aus groben Halmen, Ranken, Schilfblättern und Moos erbaut, inwendig mit Wolle | und Tierhaaren ausgekleidet und im März und April mit 5—6, im Juni mit 4—5, öfter auch noch im Auguſt und September mit 3—4 Eiern belegt. Nahrung und Feinde ſind dieſelben wie bei der vorigen Art. Es ſind Standvögel, welche während des Spätſommers ſich in größern Flügen zuſammenſchlagen und in nächſter Nähe der Heimat umhertreiben, wobei die Männchen ſich an Kampfſpielen ergötzen | und weidlich herum jagen. Später trennen fie ſich wieder, ſuchen die Futterplätze und im Winter die Gehöfte auf. 3) 34. Cannabina linota, Hänfling, Bluthänfling. F.: Finken; O.: Dickſchnäbler. Der Hänfling iſt ſo ziemlich überall zu finden, wo es größere Obſtgärten, Waldgehölze und Niederwaldränder giebt. Dem Weibchen fehlt das Rot, auch hat es ſtatt der rotbraunen eine mehr graue Färbung. Der Hänfling iſt ein immer fröhlicher Burſche, ſehr geſellig und ein zärtlich liebender Ehegatte. Die Pärchen ſind das ganze Jahr bei einander. Selbſt in der Brutzeit pflegen mehrere Pärchen geſellige Freundſchaft. Er iſt meiſt zutraulich, dann aber am | wenigſten, wenn ſich große Scharen von Vögeln geſammelt haben. Sein Flug bes | ſchreibt wogende Linien. Seinen Geſang, welcher mannigfaltig, mit hübſchen flötenden | Tönen untermiſcht und ſehr angenehm iſt, läßt er vom Februar bis Juli fleißig . — 125 — hören und zwar zumeiſt von einer freien Zweigſpitze aus im Sitzen, ſelten im Fliegen. Junge Männchen ſingen auch im Winter. Das Neſt ſteht in Dorn⸗ | ſträuchern, Stachelbeer⸗, Taxus⸗- und Fichtenbüſchen, ſowie in niedrigen Obſtbäumen und dergleichen 1 — 2½ M. hoch, iſt aus Wurzeln und Quecken erbaut und mit viel Tier⸗ und Pflanzenwolle ausgelegt. Ende April werden 5—6, ſpäter noch einmal 4—5 Eier gelegt. Sie verlaſſen auch im ſtrengen Winter ihre Heimat nie ganz, ſtreichen vielmehr in kleinen Völkern umher und laſſen ſich dabei von der Ergiebigkeit ihrer Weideplätze leiten, wobei ſich öfter auch die Völker zu größeren Schaaren zuſammen ſchlagen. Wenn möglich bleiben ſie Standvögel. Katzen, | Wieſel, kleine Raubvögel uud namentlich die Sperber ftellen ihnen nach. Sie ſchaden bisweilen unerheblich, wenn ſie die Samen von Salat, Rübſen, Raps, Kohl und Kraut freſſen, nützen jedoch weit mehr durch das Vertilgen öliger Sämereien von Unkräutern, wie Hädrich u. dgl. 35. Carduelis elegans, Stieglitz, Diſtelfink. F.: Finken; O.: Dickſchnäbler. F. d. Wb.: das Roth im Geſicht iſt kleiner und die Farben ſind ſtumpfer. Der Stieglitz erfreut ſich mit Recht großer Beliebtheit, nicht allein wegen ſeiner lebhaften Färbung und hübſchen Geſtalt, ſondern auch, weil er ein flinker, drolliger, kluger und gelehriger Vogel, ein guter und fleißiger Sänger, raſcher und gewandter Flieger und geſchickter Kletterer iſt. Nur als Fußgänger leiſtet er nicht viel. Sein Flug bewegt ſich in kurzen Bogenlinien. Der Lockruf gleicht ſeinem Namen „Stieglitz.“ Der Geſang der Männchen iſt luſtig, voll Temperament, abwechſelnd und wird fleißig vom Frühjahr bis in den Auguſt angeſtimmt. Der Stieglitz hält ſich mit Vorliebe in Obſtgärten, Baumalleen und Laubwäldern auf. Hier erbaut er auf den Gipfeln mittelhoher Bäume ſein aus Flechten und Moos gefilztes, mit Inſektengeſpinnſt durchwobenes und mit Diſtelwolle und Federn ausgekleidetes kunſt⸗ volles Neſt, das im Mai 4—6 Eier enthält. Sie ſtreichen, der Nahrung nach— gehend, im Herbſt im Land umher; im Winter ziehen ſie nur teilweiſe nach Süd⸗ europa und bleiben teilweiſe in kleineren Geſellſchaften zuſammenlebend in der Heimat zurück. Sie ſind nehmlich gegen Kälte weniger empfindlich, da ſie ſehr beweglich ſind und ihre Nahrung aus den Kapſeln hoher Stauden herausklauben, welche wegen ihrer Höhe nicht vom Schnee überdeckt werden. Der Diſtelfink naſcht bisweilen an Salat: oder Blumenpflanzenſamen, nährt ſich jedoch vorwiegend von dem Samen der Diſteln, Erlen, Birken, Kreuzkräuter, Lattiche und Cichorien, und dgl., auch von Inſekten. Ihre Feinde ſind Katzen und kleine Raubvögel. Bei ſeinem freien Stande wird das Neſt von den Stürmen leicht herabgeworfen. 36. Fringilla caelebs, Edelfink, Buchfink. F.: Finken; O.: Dickſchnäbler. Beim Weibchen iſt die Unterſeite, der Oberkopf bräunlichgrau. Die Jungen ſind dem Wb. ähnlich. Der Finke iſt von Alters her und zum Teil auch jetzt noch ein im — 126 — Volke hoch geſchätzter Schläger. Vor andern berühmt waren die Harzer- und Thüringerwald⸗Finken. Liebhaber unterſcheiden eine ganze Anzahl von Natur⸗ ſchlägen und überdies noch beſonders ſchöne, langaushaltende Kunſtſchläge, welch letztere von Haus aus jung aufgezogenen Finken vom Menſchen beigebracht, dann | aber von ſolchen Finken wieder und wieder jungen Finken gelehrt worden find. | Derzeit find in dem größern Teil Deutſchlands die gewöhnlichſten Schläger der „Würzgebühr“ und der „Reitſcheer.“ Der erſtere lautet wie: „Tittiti tu tu tu a ſchitzbier — zap“: Das Volk ſingt: „Fritz Fritz Fritz Fritz wollen zu Weine gehn." Die Varianten liegen zumeiſt in den letzten Silben. Gute Schläger werden immer | jeltener und wurden auch ſonſt teuer bezahlt. Von Charakter iſt der Fink kampf⸗ luſtig und jähzornig. Er duldet ſeines Gleichen nicht im eigenen Gebiete, und es fallen in der Paarungszeit ſich die Männchen grimmig an und verbeißen ſich in blinder Wut ſo ſehr, daß ſie mit der Hand ergriffen werden können. Uebrigens | iſt er nicht ſcheu, doch klug und behende. Der Flug iſt leicht, zierlich und ſchnell. Auf der Erde trippelt der Fink mit eigentümlich abgebrochenen Schrittchen. In Deutſchland iſt er überall zu finden: jeder Wald, der finſtere wie der lichte, jedes Feldgehölz, jeder Buſch, jede Baumgruppe, ſogar ein Gemüſegarten bietet ihm willkommenes Ouartier. Das Neſt, welches höchſt zierlich aus Moos und Flechten gefilzt, mit Geſpinnſt befeſtigt und mit Haaren, Wolle und Federn ausgefüttert wird, ſteht mannshoch und drüber in Aſtgabeln und auf breiten Aeſten der ver⸗ ſchiedenſten Bäume, auch in Spalieren. Die Finken niſten zweimal und legen 3—5 Eier. Im Herbſte ſchlagen fie ſich zu großen Flügen zuſammen, ſtreichen eine Zeitlang im Lande umher und ziehen endlich ab. Im Frühjahr treffen zeitig | in ſtarken Zügen die Männchen ein, erſt vierzehn Tage ſpäter die Weibchen. Aeltere Männchen und auch Weibchen überwintern bei uns. Durch Jutterplätze Ä laſſen fie ſich gern zum Dableiben bewegen und halten in der Kälte tapfer aus. | Nahrung und Feinde wie bei vorstehend genannten Finkenarten. | 37. Chrysomitris spinus, Zeiſig, Zeiler. F.: Finken; O.: Dickſchnäbler. | F. d. Wb.: Der Kehlfleck fehlt und das gelb iſt mehr weißlich und graulich. Da der Zeiſig hauptſächlich von dem Samen der Erlen, Birken und Nadelbäume lebt, jo nennt ihn das Volk bald Erlen- bald Birken- oder Fichtenzeiſig. Er iſt ein | munterer, beweglicher, feder und zutraulicher Vogel, der gewandt fliegt und klettert. Man findet ſtets größere Geſellſchaften bei einander; ein einzelner Vogel | lockt und ſucht fo lange, bis er Anschluß gefunden hat. Trotzdem iſt er jehr futterneidiſch. Er iſt ein zwar nicht bedeutender aber ſehr fleißiger Sänger; der Geſang beſteht aus einer Menge zwitſchernder Töne nebſt einem langgezogenen Schlußton. Sein Flug geht ſehr hoch; dabei verrät er ſich durch unabläſſiges Rufen. Das Neſt ſteht, ſchwer zu finden, hoch oben auf Nadelbäumen, zumeiſt in — 127 — alten, hohen Beſtänden, iſt aus Bartflechten, Moos und feinen Reiſerchen gefilzt, | mit Geſpinſt befeſtigt und innen mit Pflanzen- und Schafwolle ausgefüllt. Im Mai werden 5—6 Eier gelegt. Der Zeiſig iſt ein Strichvogel, der im Herbſt und Winter in großen Flügen Erlen⸗ und Birkenbeſtände beſucht. Seine Feinde find Baummarder, Baumfalken und Sperber. 38. Passer domesticus, Hausſperling, Spatz. F.: Finken; O.: Dick⸗ ſchnäbler. F. d. Wb.: Der Kehlfleck fehlt und die Oberſeite iſt mäuſegrau. Die Jungen gleichen dem Weibchen. Der Spatz iſt ein unliebenswürdiger, zänkiſcher, frecher und zugleich verſchmitzter Geſell, von Charakter ein rechter Lump und ohne alle Anmut, ein „Schelm und Dieb.“ Seine Bewegungen wie beſonders ſein Flug ſind ſeinem ſchweren und derben Bau entſprechend ſchwerfällig und ungeſchickt. Er iſt der unzertrennliche Begleiter der Anſiedelungen des Menſchen. Da, wo der Ackerbau eingezogen iſt, iſt auch der Sperling zu finden. Das aus Stroh, Federn und Lappen lüderlich zuſammengebaute Neſt ſteht, wenn möglich, in hochgelegenen Löchern oder Brettwinkeln. Der Spatz benutzt auch gern Tauben- oder Schwalben- neſter, aus welchen letzteren er die Bewohner vertreibt. Selten ſteht das Neſt frei auf Bäumen und dann in Geſtalt eines großen Wulſtes mit ſeitlichem Eingang. Er macht mindeſtens drei Bruten. Das erſte Gelege enthält 5—7 Eier, das letzte nur 4. Abgeſehen von den geſellſchaftlichen Ausflügen in die benachbarten Felder zur Zeit der Getreidereife find fie reine Standvögel. Sie leiden unter den Ber- folgungen von Sperbern, Eulen und Katzen, desgleichen durch Epilepſie und andere Krankheiten. Der Schaden, den ſie anrichten iſt da, wo man ihrer Vermehrung nicht von Zeit zu Zeit entgegentritt, nicht unerheblich. Sie ſchaden durch wähleriſche Gefräßigkeit in den reifenden Gerſten-, Weizen- und Haferfeldern, in den Ausſaaten der Gärten, in den Knoſpen der Obſt⸗Bäume während des zeitigen Frühjahres, in den Kirſchen⸗ und Weinpflanzungen während der Reife und durch Wegfangen vor— zugsweiſe nützlicher Inſekten. Nutzen gewähren ſie im Frühjahr, indem ſie hier und da ſchädliche Kerbtiere und Larven verzehren und die Jungen teilweis damit auffüttern. 39. Passer montanus, Feldſperling, Holzniſchel. F.: Finken; O.: Dick⸗ ſchnäbler. F. d. Wb.: nicht verſchieden. Er iſt ein Bewohner der Obſt- und Weidenpflanzungen und der Feldhölzer, von wo aus er die Felder beſucht. Im Winter ſucht auch er Unterſchlupf im Dorfe. Er hat nach Bau, Stimme und Benehmen Sperlingsnatur, iſt aber weder ſo ſchlau noch ſo unliebenswürdig, wie ſein Verwandter. Er baut fein Neſt in Baum- und Mauerlöcher und legt im April und ſpäter 5—6, und 3— 4 Eier. Im Uebrigen ſtimmt er mit dem vorigen überein, nur daß er weit mehr wie letzterer Inſekten frißt. 40. Serinus hortulanus, Girlitz, Hirngrille. F.: Finken; O.: Dick⸗ ſchnäbler. F. d. Wb.: weniger lebhaft gelb und auf der Bruſt mehr gefleckt. Er — 128 — kommt in ſüdlichen Ländern, auch in Süd⸗Deutſchland, ſeltener in Mitteldeutſchland vor und bewohnt Obſtgärten, Anlagen und kleine Gehölze der Fluß⸗ und Bachufer. Der Girlitz iſt ein niedliches, fröhliches und unruhiges Geſchöpf, welches in Flug, Bewegung und Geſang viel ähnliches vom Zeiſig und Hänfling hat. Der Lockton lautet „Girlitz“, wovon der Vogel den Namen hat; der Geſang iſt hell und fröhlich zwitſchernd. Er baut ſein Neſt auf die äußeren Enden ſtarker Zweige der Roß⸗ kaſtanie oder anderer Zierbäume in Finkenart und bringt es im Mai nur zu einem Gelege von meiſt 4 Eiern. Die Girlitze ſtreichen im Herbſt kurze Zeit in kleinen Familien, indem ſie Kraut- und Kohläcker ſowie mit Unkraut bewachſene Kompoſthaufen aufſuchen, ziehen dann fort und kehren Ende März oder Anfang April wieder. Katzen, Haſelmäuſe und Stürme ſchaden ihnen. Sie freſſen faſt ausſchließlich Unkrautſamen, dazu Inſekten und zartes Grün. 41. Ligurinus chloris, Grünfink, Zwunſch. F.: Finken; O.: Dick⸗ ſchnäbler. F. d. Wb. weniger lebhaft gelb. Der Grünfink iſt ein derber und etwas ſchwerfälliger Vogel, den man an Waldrändern und in Auen am meiſten antrifft. Beſonders gern hat er Pappeln und Kopfweiden, in deren dichtem Gezweig er übernachtet. Der Flug gleicht dem der übrigen Finken und iſt wogend auf weitere, ſchnurrend auf nähere Entfernungen. Der Geſang iſt unbedeutend und gekennzeichnet durch den Schlußton „Miau.“ Er baut ſein Neſt auf Weidenköpfe, | Pappeln und Eichenbüſche ꝛc. aus Wurzeln und Halmen und kleidet es inwendig mit Wolle und Pferdehaaren aus. Im April findet eine Brut von 5, ſpäter meiſt noch eine zweite von 3—5 Eiern ſtatt. Die Grünfinken ſtreichen in Geſellſchaft von Finken, Hänflingen u. a. im Herbſt langſam ſüdwärts und kehren im Frühjahr zeitig wieder. Die im Winter bei uns verweilenden ſind Gäſte aus dem Norden. Zu Feinden haben ſie Elſtern, Krähen und kleine Raubvögel. Sie richten einigen Schaden an, indem ſie Salat- und andere Sämereien freſſen, nähren ſich jedoch vorzugsweiſe von den mehligen und öligen Sämereien der Unkräuter und von zartem Grün. 42. Coccothraustes vulgaris, Kernbeißer, Kirſchfink. F.: Finken; O.: Dickſchnäbler. Das Weibchen trägt dieſelben Farben wie das Männchen, nur ſind ſie matter. Er gehört in Deutſchland nirgends zu den ſeltenen Vögeln, bewohnt aber mit Vorliebe Laubwälder und, wo er ungeſtört iſt, größere Gärten und hält ſich gern auf den oberſten Spitzen hoher Bäume auf. Er iſt nämlich, ſo plump auch ſeine Geſtalt ſein mag, ein ſcheuer und ſchlauer Vogel, hält ſich ſtattlich, und ſein Flug iſt, obwohl ſchwerfällig, doch ſchnell; ſein Geſang iſt von ſehr geringem Werte. Er niſtet in Laubwäldern und größeren Gärten und Plantagen, nicht im Nadelwalde, baut das anſehnlich breite Neſt in ſeiner Grundlage aus Reiſern, in ſeiner oberen Rundung aus Pflanzenſtengeln, Grasblättern, Schweinsborſten und ähnlichem — 129 — Material und ftellt es, je nachdem, 2—10 Meter hoch. Er iſt unverträglich gegen ſeines Gleichen und hält auf einen großen Niſtbezirk. Die Zahl der Eier iſt 3—5, und findet wohl nur eine Brut ſtatt. Um Anfang November wandert er und kehrt zwiſchen Mitte April und Mitte Juni zurück. Seine Feinde ſind Raubvögel, Baum⸗ marder und Schmarotzer. Da die Kernbeißer die Kerne der Kirſchen herausſchälen und aufknacken, gehören ſie bei ihrer großen Gefräßigkeit zur Zeit der Kirſchenreife in den Obſtgärten zu den verrufenen Gäſten und ſind nur durch Schußwaffen zu vertreiben. Durch Verfüttern von Käfern und Larven zur Brutzeit gewähren ſie auch Nutzen, der jedoch den angerichteten Schaden nicht ausgleicht. 43. Loxia cur virostra, Fichten ⸗Kreuzſchnabel, Grünitz. F.: Finken; O.: Dickſchnäbler. Je öfter das Männchen gemauſert hat, deſto prächtiger wird das Rot ſeines Gefieders. Das Jugendkleid iſt grauweiß und matt ſchwarz⸗ braun gefleckt; einmal gemauſerte Männchen haben Farben vom düſteren Olivengelb bis zum Rotgelb, zweimal gemauſerte vom hohen Gelbrot bis zum Zinnoberrot. Erſt mit der dritten Mauſer erſcheint das leuchtende Karminrot. Die Weibchen ſind gelbgrün gefärbt, wo die in den beſten Jahren ſtehenden Männchen rot ſind. Es ſind muntere, äußerſt geſellige aber dumme Vögel, die leicht zu überraſchen ſind und gefangen, ſich ſofort an den Menſchen gewöhnen. Sie hängen in Aufent⸗ halt und Lebensgewohnheiten ganz von dem Vorkommen ihrer Hauptnahrung, des Fichtenſamens ab. In Jahren, in welchen die Fichten viele Zapfen tragen, erſcheinen ſie über große Waldkomplexe hinweg in großen Zügen, um bei Futtermangel dann auf Jahre wieder zu verſchwinden. Sie freſſen in der Not Fichtenknoſpen, außerdem auch die Kerne der Ebereſche und Diſtelſamen. Auch mit der Brutzeit richten ſie ſich nach dem Vorkommen ihrer Nahrung. Sie niſten bei uns demnach ſehr gewöhnlich im December und Januar, auch ſelbſt zur Mauſerzeit. In großen Nadelwaldungen bauen ſie ihr warm gefüttertes Neſt auf den Aeſten der höchſten Fichten und Tannen unter ſchützenden dichten Zweigen. Das Gelege beſteht aus 3 Eiern. Der Geſang iſt nicht hervorragend, doch auch nicht unangenehm und hat ſogar Liebhaber und Kenner. Baummarder und nordiſche Raubvögel ſtellen ihnen nach. Sie ſtehen als Verwüſter der Nadelholzſamen und Verminderer des Anfluges in ſchlimmem Ruf. Da ſie jedoch nur dann häufig ſind, wenn ihr Futter in großer Menge vorhanden iſt, ſo ſieht der Schaden ſchlimmer aus, als er iſt. Sie gewähren im Gegenteil der Forſtkultur Nutzen, da ſie die überreichen Blüten⸗ knospen der Fichten, die durch ihre Entwickelung die Kraft des Baumes in Anſpruch nehmen und ſo ſeinem Wachstum hinderlich ſind, abbeißen und freſſen. 44. Pyrrhula europaea, Gimpel, Dompfaffe. F.: Finken; O.: Dick⸗ ſchnäbler. Das Wb. ſieht unten ſtatt rot, violettgrau; die Jungen ſehen grau aus. Daß man den Gimpel zum Vorbilde der Dummheit gemacht hat, rührt wohl — 130 — daher, daß er eingefangen nicht ſelten lieber verhungert, als daß er das ange⸗ botene Futter annimmt. Er iſt ſonſt verträglich, zutraulich, aber nicht dumm. Der Naturgeſang iſt leiſe und knarrend, der Lockton ein ſanftes Pfeifen; ſeine Begabung, Flötentöne ſchön nachzuahmen, iſt hervorragend. Seinen Aufenthalt bilden Nadelwälder, auch ſolche von gemiſchtem Beſtande, in denen ſich Partieen von Nadel-Unterholz finden. Ohne beſtimmte Zugrichtung ſtreifen die Gimpel im | Herbſt und Winter in größeren oder kleineren Geſellſchaften dem Süden zu. Die | bei uns überwinternden Gimpel find nordiſche Gäſte größerer Art. Das Neſt fteht in dichtem Buſchholz meiſt auf den Quirlen von mittelhohen Fichten etwa manns⸗ hoch, iſt aus Reiſerchen, Halmen, Moos und Haaren gebaut und birgt im Mai 4—6, im Juni nochmals 3 — 4 Eier. Wo ſie des Schutzes ſicher find, niſten fie | auch in Gärten. Kleineres Raubzeug, Eichhörnchen, Baummarder und Nußheher find ihre Feinde. Sie richten Schaden an, wenn fie im Winter die Knoſpen von Obſt⸗, namentlich von Aepfelbäumen freſſen, nützen jedoch auf der andern Seite wieder der Forſtkultur in derſelben Weiſe, wie der Kreuzſchnabel. 45. Hirundo rustica, Rauchſchwalbe, Stallſchwalbe. F.: Schwalben; O.; Spaltſchnäbler. Beim Weibchen, noch mehr bei den Jungen iſt das Rot an der Kehle blaſſer, der Glanz auf dem Rücken ſchwächer. Die Rauchſchwalbe iſt überall zu finden, wo Viehzucht getrieben wird, und Waſſer nicht allzu fern iſt. Sie iſt ein flinker, kühner, fröhlicher und zutraulicher Vogel, der allgemein geſchützt wird und dies auch wohl weiß. Ihre Füße eignen ſich zum gehen auf der Erde ſehr ſchlecht, zum ſitzen auf dünnen Zweigen, Drähten und ſcharfen Kanten ſchon etwas beſſer; ihre Flugwerkzeuge hingegen ſind von höchſter Vollkommenheit. Da die Schwalbe darauf angewieſen iſt, Inſekten ausſchließlich im Fluge zu fangen, ſo leidet fie bei naßkalter Witterung um jo mehr, als die immerwährende Kraft- anſtrengung des Fliegens reichliches Futter verlangt. Ihr Geſang iſt eine Strophe zuſammengeſetzt aus anmutigem Geſchwätz und Gezwitſcher, welches der Volksmund in dem Verſe: „Als ich Abſchied nahm, als ich Abſchied nahm, waren Kiſten und Kaſten ſchwerrr — als ich wiederkam, als ich wiederkam, war alles lerrr“ treffend nachbildet. Sie niſtet mit Vorliebe in Ställen, jedoch nur da, wo das Neſt ſich unter einer überſtehenden Fläche anbringen läßt. Das Neſt, welches aus mit Speichel gemiſchtem Lehm, Straßenkot und einigen eingelegten Haaren und Halmen gebaut und mit weichen Federn gefüttert wird, hat die Geſtalt des Viertels einer Kugel und iſt oben offen. Es finden zwei Bruten, im Mai von 5—6, und ſpäter von 4—5 Eiern ſtatt, welche, jenachdem das Futter in reichlicher Menge vorhanden iſt, 11—17 Tage währen: bei Futtermangel verläßt das Weibchen die Eier öfter und länger, um Futter zu ſuchen, was die Brut verzögert. Im Herbſt halten die Schwalben wochenlang Verſammlung und übernachten mit Staaren und Bachſtelzen / — 131 — zuſammen im Schilf, bis fie in ſehr ſtarken Flügen über Nacht abziehen. In Folge verſpäteter Brut bleiben viele bis in den Oktober hinein hier. Im Frühling erſcheinen erſt einzelne, die bei ungünſtigen Wetter auch wieder verſchwinden (eine Schwalbe macht noch keinen Sommer), dann erſt Ende April größere Züge. Am meiſten leiden ſie von ungünſtigem Wetter, wobei viele zu Grunde gehen, auch von Milben und Ungeziefer. Unter den Raubvögeln ſind nur der Merlin und Baum⸗ falk ſchnell genug, eine Schwalbe zu erhaſchen. Andere Raubvögel werden von den Schwalben mit Geſchrei verfolgt. Sie werden auf Bauernhöfen gern geduldet, nicht nur weil ſie durch Vertilgen von Fliegen und Mücken nützlich werden, ſondern vielorts auch, weil ſie Glück bringen oder Feuersbrünſte abhalten ſollen. Sie ſollen auch Bienen fangen; doch wird von den meiſten Beobachtern behauptet, daß ſie nicht die Arbeitsbiene ſondern nur die Drohne jagen. 46. Hirundo urbica, Mehlſchwalbe, Hausſchwalbe. F.: Schwalben; O.: Spaltſchnäbler. Sie unterſcheidet ſich von der vorigen Art durch den Mangel des rotbraunen Kehlfleckens und der langen tief gabelförmigen Schwanzfedern, ſowie durch den weißgefärbten Bürzel. Sie iſt ernſter, einfältiger und weniger zutraulich wie die Rauchſchwalbe, iſt weichlicher als dieſe und zieht daher früher fort und kehrt ſpäter wieder. Beide Arten leben bei einander, ohne ſich zu ſtören, aber auch ohne zuſammen zu halten. Der Geſang iſt ein klangloſes eintöniges Zwitſchern. Die Mehlſchwalbe baut an der Außenſeite der Häuſer ein oben ge- ſchloſſenes Neſt von halbkugeliger Form, das mit einem Flugloche verſehen und ſauberer, aber aus demſelben Material gearbeitet iſt wie das der Rauchſchwalbe. Im übrigen gilt von ihr das im vorigen Abſchnitte geſagte. 47. Cypselus apus, Mauerſegler (Mauerſchwalbe), Spyre. F.: Segler; O.: Spaltſchnäbler. Wb. und Junge ſind wenig abweichend. Die Mauerſegler ſind faſt ausſchließlich auf ihre Flügel angewieſen, da ſich ihre Füße weder zum Gehen, noch zum Sitzen, ſondern nur zum Anklammern eignen. Dem ent⸗ ſprechend haben ſie ihre Wohnungen in dem alten Gemäuer hoher Türme und Häuſer, auch in Felslöchern und hohlen Bäumen. Sie wählen Löcher, in denen vom Jahre vorher Niſtmaterial anderer Vögel liegt, da ſie ſolches nicht vom Boden aufleſen können. Um das gefundene Material zu ihrem Bedarf umzugeſtalten, überziehen ſie es mit Speichel. Im Juni werden 4 Eier bebrütet. Die Mauer⸗ ſegler weilen wenig länger als drei Monate bei uns, kommen Anfang Mai und verlaſſen uns bereits Anfang Auguſt. Sie ſind von unruhigem und ſtürmiſchem Charakter, unermüdliche Flieger und jagen teils unabſehbar hoch in den Lüften, teils bis in die Dämmerung hinein unter ſchrillendem Geſchrei durch die Straßen in der Nähe ihrer Wohnungen umher. Sie vertilgen große Mengen von Inſekten, Fliegen und Käfern, ſind ſehr nützlich und werden höchſtens dadurch ſchädlich, daß — 132 — ſie bei großer Wohnungsnot auch Staarenneſter occupieren. Da ſie unſere beſten Flieger ſind, ſind ihre ſchlimmſten Feinde außer den kleinen Eulen nur Spätfröfte und anhaltend naßkalte Nachwinter. 48. Upupa epops, Wiedehopf, Kothahn. F.: Hopfe; O.: Klettervögel. Sein Ruf „Hup! hup!“ hat zu dem lateiniſchen, deutſchen und griechiſchen Namen die Veranlaſſung gegeben. Das Weibchen und ebenſo die Jungen ſind matter gefärbt und haben einen kürzeren Schopf. Der Wiedehopf liebt Waldränder, Lehden und Wieſen, überhaupt ſolche Orte, die ihm Verſtecke im Laub und die Möglichkeit bieten, im Viehdünger nach Larven und Maden zu ſuchen. Er iſt ein ſtattlicher, ſchlauer, aber furchtſamer Vogel. Schon eine vorüberfliegende Schwalbe oder Taube erſchreckt ihn; beim Nahen eines Raubvogels wirft er ſich in wunderlicher Haltung mit ausgebreiteten Flügeln glatt auf dem Boden. Sein Geſang und Ruf geht über einige heißere und dumpfe Töne nicht hinaus. Seine Nahrung beſteht in Heuſchrecken, Grillen, Miſt- und Aaskäfern, Larven, Maden und Engerlingen, die er vom Boden auflieſt oder mit ſeinem langen weichen Schnabel aus der Erde hervorholt. Er niſtet in weiten Baumhöhlen, Felſen⸗, Mauer⸗ und Erdlöchern. Mulm und trockner Miſt bilden die Unterlage für die Eier. Schon beim Brüten über den im Mai gelegten 4—5 Eiern wird das Neſt durch das Weibchen ver- unreinigt; durch die Jungen, welche zuletzt tief in ihrem eigenen faulenden Kote ſitzen, wird das Neſt eine wahre Kloake. Die Alten und noch mehr die Jungen nehmen daher während der Brutzeit übelen Geruch an, ſind aber außerhalb der⸗ ſelben weder unreinlich noch übelriechend. Der Wiedehopf zieht Ende Auguſt familienweiſe langſam ſüdwärts nach Afrika und kommt Ende März paarweiſe zurück. Als Larven- und Inſektenfreſſer iſt er von Nutzen; Schaden richtet er gar nicht an. 49. Alcedo ispida, Eisvogel, Königsfiſcher. F.: Fiſcher; O.: Sitzfüßler. Die Farbe des Weibchen iſt mehr metalliſchgrün, da wo die des Männchen metalliſch⸗ blau iſt; die Jungen ſind ähnlich gefärbt aber etwas geſcheckt. Der Eisvogel iſt, wenn auch nicht von Geſtalt, ſo doch von Farbe einer unſerer ſchönſten Vögel, was beſonders bemerkbar iſt, wenn er bei Sonnenſchein dicht über dem Waſſer dahinfliegt. Sein Flug iſt ſchnell, ſchnurrend, aber nicht ausdauernd. Die kurzen Füße ſind weniger zum gehen als zum ſitzen eingerichtet. Auf ſeinen Lieblings⸗ plätzen am ſteiluferigen buſchigen Rande von klaren, nicht zu tiefen Gewäſſern, ſitzt er ſtundenlang ſtill, um, wenn er eine Beute erſpäht hat, ſich kopfüber ins Waſſer zu ſtürzen. Er iſt ein ſcheuer, zänkiſcher und einſiedeleriſcher Geſell. Außer zur Brut⸗ zeit ſieht man ſelten und nur im harten Winter mehrere beiſammen. Die Stimme vermag nur einen ſcharfen, ein- oder zweiſilbigen Ruf hervorzubringen. Zum Neſt⸗ bau gräbt er in ein ſteiles Lehmufer eine bis zu einem Meter tiefe Röhre, deren — 13 — hinteres Ende zu einem Keſſel erweitert wird. Das Niſtmaterial beſteht aus Fiſch⸗ gräten und Inſektenteilen, die das Weibchen unverdaut als Gewöll von ſich giebt, im Neſte ausbreitet und zur dürftigen Unterlage der 8—5 im ſpäten Mai gelegten weißen, kugeligen Eier macht. Im Gegenſatze zum Wiedehopf hält der Eisvogel ſein Neſt reinlich und trägt den Unrat des brütenden Weibchens und der Jungen weit weg. Vom Juli ab ſtreichen die Eisvögel langſam im Lande umher. Den Jungen ſtellen Iltiſſe und Ottern nach, den Alten werden lange ſchneereiche Winter verderb- lich. Weil ſie kleine Fiſche fangen, ſind ſie den Fiſchern verhaßt, jedoch überwiegt außerhalb der Fiſchbrutanſtalten ihr Nutzen den Schaden, da ſie Schwimmkäfer und ihre Larven, Libellen, Waſſeraſſeln und eine Menge dem Laich und der Brut der Fiſche ſchädlicher Waſſerinſekten — namentlich zur Zeit der Brut — verzehren. 50. Oriolus galbula, Pirol, Bülow, Goldamſel. F.: Pirole; O.: Krähenartige Vögel. Das Wb. und die J. find oben zeifiggrüu, unten gelblich- weiß und ſchwarz geſtrichelt; Schwanz und Flügelfedern olivengrün. Er bewohnt Laubwälder, große Gärten und Parkanlagen, denen es nicht an Waſſer fehlt, kommt als einer der am ſpäteſten eintreffenden Zugvögel erſt im Mai bei uns an und verläßt uns bereits im Auguſt wieder. Von Charakter iſt er ein ſcheuer, wilder und unruhiger Vogel, der ſich iu den dicken Kronen hoher Bäume zu verbergen liebt. Sein ſchöner flötenartiger Ruf läßt ſich einigermaßen durch die Silben: „Gidleo, gitatidlio, gipliagilplio“ wiedergeben, wozu noch ein häßlicher, krähender Lockruf kommt. Das deutliche i— o am Ende ſeiner Flötenſtrophe hat zu ſeinem Namen Bülow, Pirol und verſchiedenen Textunterlagen, die mit „Bier holen“ ſchließen, geführt. Der Pirol baut fein Neſt mit außerordentlicher Geſchick⸗ lichkeit, indem er in gemeinſamer Arbeit mit dem Weibchen aus Neſſelbaſt, halb⸗ dürren Gräſern, Faſern und Fäden einen Beutel mit oben eingezogenen Rändern webt, mit zwei breiten Schlingen in der wagerechten Gabel zweier Aeſte feſt auf- hängt und mit Federn und Wolle füttert. Im Juni werden 4—5 Eier gelegt. Raubtiere können dem Pirol oder dem Gelege kaum beikommen; doch können heftige Stürme ſchädlich werden. Der Pirol frißt mit Vorliebe das Fleiſch reifer Kirſchen, ſowie alles Beerenobſt, außerdem Raupen, Brachkäfer und andere große Kerbtiere. 51. Lanius collurio, Dorndreher, roter Neuntöter. F.: Würger; O.: Fänger. Das Wb. iſt auf dem Scheitel und Rücken rötlichbraun gefärbt und ſchwarz gewellt, unten an der Seite gelblich und ebenfalls etwas gewellt. Die Jungen gleichen dem Weibchen. Der Aufenthalt des Dorndrehers, der in Deutſch— land überall gefunden wird, iſt niederes Gehölz, Buſchwerk und Dornhecken zwiſchen Feldern, in großen Gärten und an Hohlwegen. Von dem nur halbhoch gewählten Sitzplatze aus geht der Flug zunächſt zur Erde hinab und ſteigt erſt in der Nähe des Zieles wieder empor. Er iſt zänkiſch und lebt mit allen um ihn wohnenden — 134 — Vögeln in beſtändigem Streite; dabei hat er aber ein ausgezeichnetes Talent mit ſeiner zwar kleinen und etwas belegten aber doch ſehr biegſamen Stimme den Ge⸗ ſang anderer Vögel, des Stieglitz, der Schwalbe, der Feldlerche, Grasmücke u. a. nachzuahmen und mit Beſtandtheilen des eigenen Geſanges zu verflechten. Er gehört deshalb zu unſeren beſten Sängern. Seine Nahrung beſteht in Bremſen, allerhand großen Käfern und anderen Kerbthieren, auch in jungen Mäuſen. Die Beute wird von ihm in der Nähe ſeiner gewöhnlichen Hochſitze auf Dornen geſpieſt. Manche ältere Dorndreher legen ſich darauf, die Neſter von Singvögeln zu plündern. Solche In⸗ dividuen ſind trotz ihres ſchönen Geſanges in Gärten nicht zu dulden. Das Neſt ſteht 1—3 Meter hoch in dichten hohen Laub- und auch in Fichtenbüſchen, iſt aus zarten Ranken von Hopfen und Brombeeren, Halmen, Moos, Wolle und Haaren gebaut und wird im Mai und Juni mit 4—6 Eiern belegt. Im Auguſt zieht der Dorndreher davon, um im Mai zurückzukehren. Er muß wohl unterſchieden werden von den übrigen Würgern, dem großen oder dem Raubwürger, der glücklicher Weiſe nicht ſehr häufig iſt, und dem rotköpfigen Würger, deſſen Verbreitungsbezirk kleiner iſt und mehr öſtlich liegt, denn dieſe beiden Arten find ſehr ſchädlich als Räuber junger und auch alter Vögel. Eine vierte Art, der Grauwürger, iſt unſchädlich und verdient daher und als zugleich guter Sänger ſorgfältige Schonung. — Der rote Neuntöter leidet Verfolgung vom großen Würger, dem Sperber, den kleinen Eulen und von den Katzen. 52. Picus major, Großer Buntſpecht, Rotſpecht. F.: Spechte; O.: Klettervögel. Beim Wb. iſt der Hinterkopf ſchwarz; die Jungen haben rote Scheitel. Der Buntſpecht iſt ein deutſcher Stand- und Strichvogel. Ihm nahe verwandt in Größe und Färbung ſind der Mittelſpecht, P. medius, Weißſpecht, P. leuconotus; und der viel kleinere Kleinſpecht, P. minor. Er lebt mit Vorliebe in großen Wäldern und zieht Nadelholz, beſonders Kiefernbeſtände, dem Laubholz vor. Es iſt ein höchſt merkwürdiger, kluger, munterer und ſchöner Vogel, der zu einem wahren Wohl⸗ thäter an den Wäldern wird, da er Maden, Larven und Käfer, beſonders den ſchädlichen Borkenkäfer aus morſchem Holze herauszumeißeln verſteht. Hierbei braucht er, indem er ſich mit den Krallen am Stamme einhakt und auf ſeinen ſtarken Schwanz ſtützt, den Schnabel als Spitzhammer und holt mit der überaus langen und vorn ſpitzen und widerhakigen Zunge die Beute heraus. Statt des Geſanges trommelt er mit dem Schnabel auf einem trockenen Aſt, wodurch ein weithinſchallender ſchnurrender Ton entſteht. Sein harter Flug bewegt ſich in großen Bogenlinien und iſt ausdauernd und fördernd. Zur Anlage des Neſtes wird ein zirkelrundes Loch in einen kernfaulen Baum gemeißelt; dasſelbe erweitert ſich im Innern zu einem geräumigen Keſſel. Auf die feinen Holzſpähne, welche den Boden bedecken, werden einige Halme und Federn zugefügt und darauf Ende März und April 5—6 Eier gelegt. Bis September bleiben die Familien beiſammen, dann trennen ſie ſich, und — 135 — die einzelnen Buntſpechte dehnen ihre Streifereien, gefolgt von Meiſen, Kleibern und Goldhähnchen gern bis in die Gärten und Alleen der Dörfer aus. Zwerg— falken werden im Winter den Alten, Sperber und allerhand kleines Raubzeug im Sommer den Jungen gefährlich. Bisweilen ſchlagen die Buntſpechte ſchlecht ver- wahrte Bienenſtöcke an; der Schaden, den ſie den Bäumen zufügen, iſt unerheblich. 53. Geeinus viridis, Grünſpecht, Grasſpecht. F.: Spechte; O.: Kletter⸗ vögel. Das Wb. hat einen breiteren ſchwarzen Fleck am Mundwinkel, die Jungen ſehen graulich und grün quergeſcheckt aus. Der Grünſpecht unterſcheidet ſich von den eben genannten Spechten vornehmlich dadurch, daß er kein ſo guter Holzarbeiter iſt als jene, ſeine Nahrung nicht ausſchließlich auf Bäumen ſondern ebenſo gut auf der Erde ſucht, zum Eingange in fein Neſt gern Aſtlöcher benutzt und auch nicht trommelt, wie der Buntſpecht. Sein Lockruf beſteht aus einer Reihe lauter klagender Töne, die, innerhalb einer Terz chromatiſch abſteigend, in immer ſchnellerer Folge ſich aneinanderreihen; das Volk ſagt, er rufe: „Weib, Weib, Weib, Weib“. Im April findet eine Brut von 6—8 Eiern ſtatt. Da ſich der Grünſpecht vorherrſchend von Ameiſen nährt, die er mit ſeiner langen klebrigen Zunge zufammen- ſtreicht, ſo richtet er auch einigen Schaden an, inſofern auch die Ameiſen teilweis nützliche Thiere ſind; doch überwiegt der Nutzen, den er durch Vertilgen forſtſchäd— licher Inſekten gewährt den Schaden bei Weitem. Trotz jener ſeiner Hauptnahrung bleibt er umherſtreichend im Herbſt lange bei uns, ehe er ſich zum Abzug nach Süden entſchließt. Oefter wird ein Teil von ſtrengerem Winterwetter überraſcht und geht dann ein, oft auch hält ein Teil bei einigermaßen günſtiger Witterung bei uns den Winter über aus. 54. Jynx torquilla, Wendehals, Otterwendel. F.: Spechte; O.: Kletter⸗ vögel. Das Weibchen unterſcheidet ſich nicht. Der Wendehals hat einen dem der Spechte ähnlichen Körperbau, braucht jedoch die Kletterfüße höchſtens zum Ankrallen, und den Spechtkopf nicht zum hämmern. Er hat die beſondere Eigentümlichkeit im Zorn oder in der Angſt unter ſchlangenartiger Windung des Halſes Grimaſſen zu machen, was zu ſeinem Namen Anlaß gab. Auch wenn er ſeinen einſilbigen Ruf ertönen läßt, wendet er den Hals hin und her. Der Ruf klingt wie ein oft wiederholtes „Waid“, daher ſagt der Bauer: „Der Specht ruft ſein Weib, es wird Sommer“. Er iſt ein Zugvogel, erſcheint Ende April, zieht ſchon im Auguſt wieder fort und hält ſich bei uns in Obſtgärten, Erlen⸗, Weiden⸗ und anderen Baum⸗ pflanzungen, auch in Laubwäldern wärmerer Lage auf und niſtet 2—7 Meter über dem Boden in nicht ſelbſtgemeißelten Höhlen, Spechtlöchern, Staarenkäſten und dergleichen. Nach Mitte Mai werden auf eine unordentliche Unterlage von wenig Wolle, Moos und Mulm 12—17 Eier gelegt. Kleine Raubvögel ſtellen ihm nach. Er frißt Ameiſen und vorzugsweiſe die in Bäumen lebenden Ameiſen, die weit eher — 136 — ſchädlich als nützlich ſind. Andere Kerbthiere frißt er nur, wenn er keine Ameiſen findet. | 55. Cuculus canorus, Kuckuck, Gauch, Gockel. F.: Kuckuckvögel; O.: Sitzfüßler. Wenn der junge Kuckuck die erſten Federn bekommt, ſieht er ſchiefer⸗ ſchwarz und weißlich geſchuppt aus, ſpäter geht dieſe Farbe ins Graue oder Bräunliche über. Die jungen Kuckucke, Männchen wie Weibchen, variieren in der Färbung vom Roſtrot mit ſchwarzen Querbinden bis zu einem tiefen Grau mit wenig oder keinem Rot. Allen gemeinſam ſind einzelne weiße Flecke im Genick. Das einjährige Weibchen iſt am ganzen Körper roſtbraun, unten weißlich mit braunen Querflecken, der Schwanz braun mit roſtroten Querbinden und weißen Spitzen. Sie gleichen in dieſem Kleide dem Turmfalken und werden auch im Volksglauben für dieſen gehalten. Die alten Weibchen gleichen den Männchen. Sein Aufenthalt iſt der Wald, gleichviel ob Nadelholz oder Laubholz, ob in der Ebene oder im Gebirge. Bald nach ſeiner Ankunft — „am 18. April kommt er, am 19. muß er kommen“ — erhebt er ſeinen Ruf bereits um Mitternacht, vermutlich, um das des Nachts ziehende Weibchen zu locken, und ſchweigt dann bis zum Morgen. Er hat zu Zeiten ein beſtimmtes Standrevier, in deſſen Grenzen er keinen zweiten duldet, iſt ſtürmiſch, wild, ſcheu, gewandt zwiſchen den Zweigen, aber ungeſchickt auf der Erde. Das Weibchen legt ſeine Eier in die Neſter der verſchiedenen Grasmücken, Zaunkönige, Bachſtelzen, Braunellen, Wieſenſchmätzer, Spitzlerchen und gelben Bachſtelzen, ſelten in die anderer Vögel. Meiſt legt es in ein Neſt nur eins ſeiner kleinen und höchſt verſchiedenartig gefärbten Eier. Zwiſchen dem Legen von je zwei Eiern vergehen acht Tage. Das Gelege eines Jahres geht nicht leicht über 4 Stück hinaus. Da ſich die Jungen ſehr langſam entwickeln, ſo ſtellen ihnen Katzen, Häher, Elſtern, Würger, Wieſel, Hermeline, Iltiſe, Marder, Haſelmäuſe u. a. mit Erfolg nach. Die Alten ziehen zeitig im Sommer wieder fort, die Jungen viel ſpäter und, wie die Alten, einzeln. Durch den jungen Kuckuck verkümmert das Gehecke der Stiefeltern oder geht ganz zu Grunde. Der Kuckuck gewährt dadurch beſonders Nutzen, daß er langhaarige Raupen frißt, welche von anderen Vögeln verſchmäht werden. 56. Coturnix dactylisonans, Wachtel. F.: Feldhühner; O.: Scharrvögel. Dem Wb. fehlen die rothbraunen und ſchwarzen Flecken an der Kehle. Die Jungen ſehen ihnen ähnlich, haben aber gelbe Ständerchen. Die Wachtel iſt in einzelnen Exemplaren in fruchtbaren Ebenen, beſonders in Weizenäckern häufig an⸗ zutreffen. Das Männchen iſt hitzig und ſtreitſüchtig, das Weibchen ſanfteren Charakters; beide ſind wenig ſcheu. Sie laufen leicht und behende und fliegen ſchnell, ruckweiſe und ſchnurrend, doch mit Anſtrengung. Wenn ſie in unabſehbaren Schaaren auf dem Zug jenſeit des Meeres ankommen, werfen ſie ſich erſchöpft nieder und werden in Maſſen gefangen (2. Moſe 16,13). Am Tage verbergen fie ſich bei uns im Korn oder ä —— — — —— — ——— — 137 — unter Feldgebüſchen, fallen, wenn aufgeſcheucht, bald wieder ein und gehen in der Dämmerung und des Nachts ihrer Nahrung nach. Dann ertönt auch der eigentümliche wohlbekannte Wachtelſchlag: „Pickwerwick“ den man durch die Worte: „Bück den Rück“ (ſiehe das bekannte Leſeſtück: Die Wachtel), „Bitt für mich“ (Maria) oder „Die eur hic“ nachahmt. Zur Anlage des Neſtes ſcharrt ſich das Weibchen eine kleine Vertiefung, füttert ſie mit ein paar Strohhälmchen und belegt ſie von Mitte April an mit 10-20 Eiern. Von Mitte Auguſt an ziehen die Wachteln, nachdem ſich die Familien getrennt haben, einzeln ab und treffen ebenſo auch einzeln wieder ein. Sie ſind überaus vielen Verfolgungen ausgeſetzt und würden bald ausgerottet ſein, wenn nicht die ſtarke Vermehrung den Schaden wieder ausgliche. Den Alten ſtellen Habichte, Sperber, Wieſel und Hermeline nach, den Eiern und Jungen ſind auch Hamſter, Scheermäuſe, ſowie Füchſe und Igel gefährlich. Was ſie am reifenden Weizen freſſen, iſt unerheblich und kommt nicht in Betracht gegenüber dem Nutzen, den ſie ſtiften, indem ſie allerhand ſchädliche Inſekten und Unkrautſamen verzehren. | 57. Crex pratensis, Wieſenſchnerz, Wachtelkönig. Den Beſchluß unferer Auswahl möge ein Vertreter der Ordnung der Reihervögel aus der Familie der Waſſerhühner bilden. Der Wachtelkönig iſt ſo genannt, weil er in Geſellſchaft von Wachteln angetroffen wird, etwas größer und auch ähnlich gefärbt iſt. Das Wb. iſt weniger lebhaft gefärbt; die Jungen haben kein Grau, ſondern ſind mehr roſtbraun. Der Wachtelkönig iſt ein netter Kerl, ſchlank, fein und drollig, aber ein ſchlechter Muſikant. Sein Geſang beſteht in einem eintönig fortgeſetzten lärmenden Krächzen: „Arp Scharp, Arp Scharp!“ Hierbei nimmt er eine Stellung ein, wie ein balzender Auerhahn. Er iſt ein flinker Läufer, ſein Flug iſt jedoch matt und wenig ausdauernd. Das Neſt wird in einer geſcharrten Vertiefung des trockenen Bodens angelegt und mit wenig Moos und Grashälmchen ausgeſtattet. Ende Juni findet man ein Gelege von 7— 12 Eiern. Der Wachtelkönig zieht und kommt mit den Wachteln. Dem Gelege ſchaden Füchſe, Wieſel, Hermeline, den alten ſtellen eigentlich nur die größeren Eulen nach. Sie freſſen auch bisweilen die Eier aus erdſtändigen Neſtern anderer Vögel und werden darum von manchem als Raubzeug behandelt; hauptſächlich jedoch leben fie von Schnecken, Regenwürmern und Kerb— thieren, die ſie vom Boden aufleſen, und nebenbei von Sämereien und zartem Grün. K. Th. Liebe. M. Allihn. Kleinere Mittheilungen. Der März von 1886. Heute am 16. März 20 C., Nordoſt, Nachmittags feiner Schnee. Heute Nachmittag zeigten ſich auf den Feldern große Flüge von Corvus corone. Anſcheinend rüſten ſie ſich zum Abſchied, gegen 6 Uhr Abends — 138 — zogen ſie ſüdöſtlich. — Erlegte Exemplare waren ſehr feiſt. — Auch der Fiſchreiher ſcheint ſich in die Umſtände zu finden. In der vergangenen Woche beobachtete ich, wie mehrere Reiher in aller Nähe die Aaltücker (Aalſtecher) im Auge hatten. Kaum waren die Leute weitergegangen, um an einer anderen Stelle einzuſchlagen, ſo waren auch die Reiher da; ſie hatten mehr Glück als die Tücker und hatten ſich bald voll gefreſſen. Nach einem recht beſchwerlichen Marſche pürſchte ich mich heran und erlegte ein ſehr ſchönes altes Männchen. Der Vogel war nicht feiſt, aber gut genährt. — Dahingegen ſind die eintreffenden Oſtſeeenten total abgemagert. Pfeif⸗ und Stockenten wurden vielfach mit den Händen ergriffen. Die Taucher haben keine Noth; auch die Möven, Brachvögel u. a. wiſſen ihr Futter zu finden. Emden. Edm. Pfannenſchmied. Anzeigen. Wichtig für Vogelfreunde! Chr. Lud. Brehm's Photographie, genau nach der Originalplatte 11 iſt zu beziehen durch C. Bartels in Jena. In meinem Verlage iſt erſchienen: Die Größe und Farbe der Augen aller europäiſchen Vögel ſowie der in der paläarctiſchen Region vorkommenden Arten in ſyſtematiſcher Ordnung von Wilh. Meves. 8. broſch. Preis: 1 | Gegen Einſendung von 1. 10 & in Briefmarken erfolgt das Buch franco unter Kreuzband. Wilh. Schlüter in Halle a. S. Die Buchhandlung Friedrich Arnold in München (Specialität: Ornitho⸗ logiſche Literatur) hat ſtets auf Lager: | ſämmtliche Schriften von Dr. Karl Ruß; ferner: Schlag, der Dompfaff 1 %; Lazarus, Sproſſer 1 , 50 &.; Arnold, die Papageien 1 % 20 /; Illuſtr. Kalender für Vogelliebhaber 1886, 1 %,; Finſch, die Papageien, antiquariſch mit colorirten Abbildungen , 24 (eompletes Werk); Voelſchau, Hühnerbuch; Prütz, Taubenbuch; Oettel, Hühnerhof. Auch ornithologiſches Antiquariat. Kaufe gerne alle Schriften und Werke von Dr. Ruß, wenn ſolche ſehr gut er- halten ſind. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide ſind an Herrn Rendant Rohmer in Zeitz zu richten. Redaction: Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Kalle. = Ws — == — — — = — — URN TI Ei JH "NN | f 0 N 75 2) 74 pl UNI 0 | Wee e SI . 5 5 1755 — 0 = | Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. e len an Redigirt von ahres⸗Beitrag von fünf Mar x i d ö itglie⸗ und erhalten dafür die Monats⸗ Prof. Dr. Liebe g e finden gg kae A den a e e Dr. N 1 F 1 ſoweit der Ra 8 geſtattet 6 x 5 145 r. Rey r. Frenze eit de um es geſtattet. danten des Vereins Herrn Kanzliſt 8 zel, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark Rohmer in Zeitz erbeten. Str.⸗Inſp. Thiele. XI. Jahrgang. Inhalt: An die geehrten Vereinsmitglieder. Neu beigetretene Mitglieder. III. — A. v. Pelzeln: Die ornithologiſche Ausſtellung zu Wien im Jahre 1886. Paul Leverkühn: Bekaſ⸗ ſinenjagd in Nord-Amerika. H. Burghard: Beobachtungen über die Nachtigall. F. Lindner: Einzelnotizen aus meinem ornithologiſchen Taſchenbuche. III. K. Krezſchmar: Ornithologiſcher Rückblick auf den Winter 1885 — 86. Kleinere Mittheilungen: Aus brieflichen Mittheilungen an K. Th. Liebe. Der Zeiſig als Jongleur. — Anzeigen. Juni ISS. Ur. 6. An die geefirten Vereinsmitglieder. Unter die „außerordentlichen und korreſpondirenden Mitglieder“ wurden auf: genommen die Herren Viktor Ritter von Tſchuſi zu Schmidhoffen, Oberregierungsrath von Goldbeck und Regierungsrath Kunze, unſer bisheriger erſter Vorſitzender, 11 — 140 — welcher durch ſeine plötzliche Verſetzung zu unſerem großen Leidweſen genöthigt wurde, ſein Amt als erſter Vorſitzender niederzulegen. K. Th. Liebe, Zweiter Vorſitzender. Diejenigen Vereinsmitglieder, welche noch eine beſondere Textausgabe zu dem großen Vogelbild wünſchen, können dieſelbe von Herrn Rendant Rohmer gegen Baareinzahlung von 50 & portofrei erhalten. Der Vorſtand. Herr Gensdarm Ständer in Benneckenſtein hat in Anerkennung ſeiner Ver⸗ dienſte um den Vogelſchutz im Verlauf des Jahres 1885 von dem Verein eine Gratifikation erhalten. Der Vorſtand. Vereins⸗Verſammlung in Eisleben am Sonnabend den 5. Juni er. Abends 7½ Uhr im „Hötel zum Mansfelder Hof“. Der Herr Profeſſor Dr. Marſhall wird einen Vortrag halten über „Deutſch— lands Vogelwelt im Laufe der Zeiten.“ Der Herr Gymnaſial-Director Prof. Dr. Gerhardt in Eisleben wird Vögel der Umgegend dieſer Stadt aus dem Naturalien⸗Kabinet des Gymnaſiums vorlegen. Herr Prof. Goering aus Leipzig hält Vortrag über ſeine Reiſen in Südamerika. Am 6. Juni Vorm. findet Excurſion | nach dem ſalzigen See ſtatt. Der Vorſtand. Neu beigetretene Mitglieder. III. 1. Behörden und Vereine: Thier- und Pflanzenſchutz-Verein für das Her⸗ zogthum Koburg in Koburg; Verein für Vogelzucht und Schutz in | München. 2. Damen: keine. 3. Herren: Waagemeiſter A. Ahlemann in Stöbnitz bei Mücheln; Königl. Amts⸗ richter Freiherr von Berg in Merſeburg; Tiſchlermeiſter Johann Deeg in | Regnitzloſau, Poſt Rehau, Oberfranken; Webereidireftor Franz Gräfe in Gera; Königl. Regierungs-Aſſeſſor von Herzberg in Oppeln; Aſſiſtent Dr. Juß in Stöbnitz bei Mücheln; Apotheker Max Kruel in Otterberg in der Rheinpfalz; Königl. Regierungs-Aſſeſſor Se. Erlaucht Graf zur Lippe in Oppeln; Vitus Redemann in Düſſeldorf; Bergwerks- und Rittergutsbeſitzer Lieutenant, Paul Riebeck in Halle a./ S.; Oberlehrer Dr. F. Rudow in | Perleberg; Hugh Turton in Hannover. . — 141 — Die ornithologiſche Ausftellung zu Wien im Jahre 1886. Von A. v. Pelzeln. Gleichwie in früheren Jahren möge es mir geſtattet ſein, auch in dieſem Jahre den Leſern der geſchätzten Monatsſchrift einen kurzen Bericht über die vierte vom ornithologiſchen Verein in Wien veranſtaltete Ausſtellung zu bieten. Dieſe Ausſtellung hat vom 20. bis 28. März incluſive in den Räumen der k. k. Gartenbaugeſellſchaft am Parkring ſtattgefunden und den Zwecken des Vereines entſprechend präparirte Vögel, Eier, Neſter und Skelete, lebende Sing-, Zier⸗ und Parkvögel, Hühner, Tauben und anderes Hausgeflügel, einſchlägige Produkte der Literatur und Kunſt, Vogelfutter, Käfige und andere Utenſilien, endlich Brut⸗ apparate umfaßt. In dem großen Mittelſaale gegenüber dem Eingang ſtanden hohe, mit Reiſig umkleidete Raubvogelkäfige, in welchen ſich vom Vereinspräſidenten Herrn von Bachofen ausgeſtellt ein weißköpfiger Geier, ein Stein- und ein See⸗ adler, von Herrn Schubaum in Marburg zwei Steinadler und von der k. k. Menagerie zu Schönbrunn ein auſtraliſcher Keilſchwanzadler (Uraötus audax) befanden. Vor dieſer Käfigreihe, in der Mittellinie, war ein Schrank angebracht, in welchem die vom Staat verliehenen und die vom Vereine beigeſtellten Medaillen, Ehrenbecher und ſonſtigen Preiſe zur Anſchauung kamen. Hierauf folgte eine große runde Voliere, vom Antwerpener zoologiſchen Garten eingeſendete Faſane enthaltend, Goldfaſane, Swinhoe-Fajane, Königsfaſane (Ph. Revesii), einen prachtvollen Pfauenfaſan (Polyplectron Chinquis) u. ſ. w. Zunächſt ſtand eine noch viel geräumigere Voliere mit einem blauen, einem weißen und einem ſchön geſcheckten Pfau. In zwei kleinen Anbauten waren Schwäne und, wenn auch nicht hierher gehörig, doch zierlich und amüſant, zwei zahme Rehe, ſämmtlich vom Thierhändler Herrn Günther, ausgeſtellt. Den Schluß der Mittellinie gegen den Eingang bildete eine hohe, aus Niſt⸗ käſtchen des Herrn Zeller zuſammengeſetzte Säule. An den Seitenwänden befand ſich links eine Reihe von Käfigen, die meiſten einheimiſchen Eulenarten enthaltend, Eigenthum des Herrn Hans Wilhelm, rechts totes Maſtgeflügel, ferner beiderſeits Käfige und andere Apparate. Der rechte Seitenſaal war zum größten Theil den Präparaten gewidmet. Gleich beim Eingang links ſtand die werthvolle Ausſtellung des Hofrath Claus, Profeſſor an der Wiener Univerſität. Dieſelbe enthielt zwei Skelete von Moa's (Dinornis), das Skelet eines Straußes, eines Caſuars, des ſeltenen Kahn⸗ ſchnabelſtorches (Balaeniceps), eines Kiwi (Apteryx), eines Nashornvogels und 11* — 142 — i f eines Pfefferfreſſers, ferner ausgeſtopft zwei Arten von Kiwi's und einen vor | kurzem ausgeſchlüpften Strauß. | Die Ausſtellung des Naturalienhändlers W. Fritſch in Prag brachte die, beſonders was Größe betrifft, verſchiedenſten Typen von Vogeleiern in anziehender Weiſe zur Anſchauung, wir fanden hier Abgüſſe der Eier von Aepyornis maximus, | des Apteryx und des Rieſenalks, ferner Eier von Strauß, Huhn und Kolibri; außerdem ein Skelet und einen ausgeſtopften Balg des Kiwi. Graf Johann Harrach hatte einen, von ihm dem böhmiſchen Muſeum ge— ſchenkten, auf einer ſeiner Domänen erlegten Baſtard von Birkhuhn und Faſan eingeſendet, — eine Seltenheit erſten Ranges, welche vom Profeſſor Dr. Anton Fritſch in den Mittheilungen des ornithologiſchen Vereins in Wien 1886 beſchrieben | und abgebildet worden ift. | Hierauf folgte die Serie von Vögeln der unteren Donau des Grafen Al léEon nach einer ganz eigenthümlichen Methode, mittelſt Einſpritzung, präparirt. Sie ſind großentheils ſehr ſchön, und ein weißköpfiger Geier im Dunenkleide iſt ein wahres Meiſterwerk. ö Eine Anzahl ausgeſtopfter Vögel, Bälge, Eier und Neſter wurde von Herrn Hanns von Kadich auf ſeiner Reiſe 1885 in der Herzegowina geſammelt. Das k. k. Reichsfinanzminiſterium hatte fünf und fünfzig Vogelbälge aus⸗ geſtellt, die in den Monaten Januar und Februar dieſes Jahres ebenfalls von | Herrn von Kadich in der Herzegowina geſammelt worden find. | Aus der Sammlung des ornithologiſchen Vereines in Wien befinden ſich hier ein großer Schreiadler, (Aquila elanga), Geſchenk des Grafen Zierotin, ein Edelreiher, der ſeltene Ibis Nippon aus Corea, dann ein höchſt merkwürdiger Pelekan, den Herr Alfred Hodeck am 24. Juni 1885 aus einer Schaar von zwanzig Stücken gleicher Art auf der Donau bei Siliſtria erlegt und der von Herrn Eduard Hodeck senior dem Verein zum Geſchenk gemacht wurde. Die genaue Unterſuchung ergab, daß es ein Exemplar des Pelecanus Sharpei Boe. ſei, der in Centralafrika heimiſch iſt, zuweilen den Küſten dieſes Erdtheils ſich nähert, aber niemals bisher nach Europa gekommen iſt. | Inmitten des Saales waren in vier Reihen ausgeftopfte, meiſt europäiſche Vögel, zum Theil in vorzüglicher Präparation ausgeſtellt; es mögen hierunter die Collectionen des k. k. Offiziertöchter-Inſtitutes, der Volksſchule zu Döbling bei | Wien, des Capitularprieſters im Stifte Rein in Steiermark Franz Sales Bauer, | und die Mornelle (Erwachſen, Embryo und Gelege) von Herrn Talsky eingejendet, hervorgehoben werden. | Wahrhaft künſtleriſch in Conception und Ausführung war das von Herrn Hodeck ausgeſtellte Präparat eines vom Schilf aus abſtoßenden Singſchwans. — — — — 143 — Kurz vor Schluß der Ausſtellung hatte noch Se. Excellenz Graf Wladimir Dzie— duſyski zwei prachtvolle, vortrefflich präparirte Laſur-Meiſen derſelben eingereiht. Die Stirnſeite des Saales wurde von der Ausſtellung lebender Vögel des Thierhändlers Günther eingenommen. Dieſelbe war reich an ſchönen Exemplaren und insbeſondere an vorzüglichen Papageien. Die rechte Längswand war Eierſammlungen gewidmet, welche einen der werthvollſten Theile der Ausſtellung bildeten. Es befand ſich darunter eine Aus— wahl aus der berühmten und ausgezeichneten Sammlung des verewigten Vorſtandes des deutſchen Vereins zum Schutz der Vogelwelt Paſtor Thienemann und reiche Collectionen der Herren Othmar Reiſe jun. und H. Fournes, welche die Eier ſämmtlicher, bisher in Deutſchland und Oeſterreich-Ungarn beobachteter Vögel nach dem Verzeichniß von Homeyer's und von Tſchuſi's enthielt, darunter jene des Bartgeiers (Gypaétus barbatus) aus Dalmatien, der Sperlingseule (Athene passerina), des Uralkauzes (Syrnium uralense), des Alpenmauerläufers (Ticho- droma muraria), des Nachtigallrohrſängers (Locustella luseinioides), Tamaristen- rohrſängers (Calamoherpe melanopogon), der blaſſen Droſſel (Turdus obsenrus), der ſchwarzkehligen Droſſel (Turdus atrigularis), des Spornpiepers (Corydalla Richardi), des Waldammers (Schoenicola rustica), des Zwergammers (Schoenicola pusilla), des Fauſthuhns (Syrrhaptes paradoxus), des Zwergſumpfhuhns (Galli— nula pygmaea), des Purpurhuhns (Porphyrio hyaeinthinus) u. |. w. Im rechten Seitengang waren lebende Hühner und Enten untergebracht. Wandte man ſich zur linken Seite des Saales, ſo gelangte man zuerſt in den Raum, der ſonſt von der Gartenbaugeſellſchaft als Wintergarten benutzt wird. In demſelben befand ſich die Ausſtellung lebender Hühner, welche diesmal durch Qualität und Quantität, durch Mannigfaltigkeit und Schönheit der Exemplare ganz Vorzüg— liches darbot. In der Mitte der Ausſtellungszeit wurden die Hühner durch die Tauben er— ſetzt, welche ebenfalls eine reiche und treffliche Auswahl ſchöner Raſſevögel zeigten. Der parallel laufende Seitenſaal war lebenden Sing- und Ziervögeln ein— geräumt; nur in der Mitte befanden ſich Ausſtellungen von Vogelfutter und ver— ſchiedene Utenſilien. Ganz vorzüglich war die vom zoologiſchen Garten zu Antwerpen eingeſendete große Zahl exotiſcher Vögel. In derſelben befanden ſich außer vielen Schmuckfinken Tangaras, Mainas, Trupiale, Laplata-Kuckucke, Nicobartauben, Dolchſtichtauben, auſtraliſche Schopftauben u. ſ. w. Vorzüglich war auch die Partie exotiſcher Vögel des Thierhändlers Herrn Strauß in Wien, welche ſchöne Papageien, einen Rieſeneisvogel (Dacelo gigantea) und Singvögel umfaßte. — 144 — Außerdem waren noch viele exotiſche Vögel, eine reiche Auswahl inländiſcher Singvögel, worunter vorzügliche Sänger und Arten, die nicht häufig gehalten werden, ſowie von Kanari's ebenfalls viele vorzügliche Sänger zu ſehen. Im linken Seitengang befanden ſich prachtvolle wilde Truthühner, ausgeſtellt | vom Herrn Grafen Breuner, der die Acclimatiſation dieſer ſchönen Vögel mit glänzendem Erfolge ins Werk geſetzt hat, — ferner deſſelben Ausſtellers intereſſante ö Königsfaſane und Ohrenfaſane (Crossoptilon), dann verſchiedenes Nutzgeflügel. Im erſten Stockwerke ſah man zuerſt rechts die ausgezeichnete Sammlung | lebender Webervögel des k. k. Hofopernſängers Herrn Fritz Schrödter. Es gewährte einen herrlichen Anblick, bei achtzig dieſer reizenden Vögel, welche | großentheils höchſt ſeltenen Arten angehören, ſich fröhlich zwiſchen den Tannen: zweigen herumtummeln zu ſehen. Von großem Intereſſe ſind auch die zahlreichen Neſter aus der Gruppe der Webervögel, welche in der Vogelſtube des Herrn Schrödter von den Thierchen an: gefertigt worden ſind. An der Mittelwand waren literariſche Erzeugniſſe aufgeſtellt, vorzüglich eine werthvolle Auswahl von Herrn Künaſt, k. k. Hof⸗ und Kammerbuchhändler Sr. k. k. Hoheit des Kronprinzen Erzherzog Rudolf (Wellishauſer'ſche Buchhandlung). Die linke Seitenwand nahm die große von Herrn Theodor von Hayek außer⸗ ordentlich ſchön ausgeführte Karte der Erde ein, auf welcher die Thätigkeit des internationalen permanenten ornithologiſchen Comite's graphiſch dargeſtellt iſt, ein Werk von eminenter Bedeutung, aus dem zu erſehen iſt, welche Ausbreitung und welche Erfolge das große Unternehmen der Beobachtungsſtationen bereits aufzu⸗ weiſen hat. Endlich befanden ſich in dieſem Saale noch mehrere Brutapparate, in welchen junge Hühnerchen vor den Augen des Publikums die Eierſchalen verließen. Bekaſſinenjagd in Nord⸗Amerika. Aus dem Anglo-Amerikaniſchen des G. B. Grinnell“) überſetzt von Paul Leverkühn. Die Wilſons-Bekaſſine iſt in Gewohnheiten und Aeußerem ihrer Verwandten, der Waldſchnepfe, ſehr unähnlich. Während die letztere ein ſchwer gebauter, dicker und unterſetzter Vogel iſt, ein ſtarkes Thier ſo zu ſagen, iſt die Wilſons-Bekaſſine eleganter und ſchlanker gebaut. Sie iſt auch viel kleiner; ſie wiegt nur ungefähr 4 Unzen. Dagegen iſt fie der Heerſchnepfe Europas (Gallinago scolopaeina L.) ſehr *) Aus „The Century“ XXVI 1883. p. 921 ff. — as ähnlich, von welcher fie nach der Anſicht der jetzigen Ornithologen nur eine Abart iſt (Gallinago media Wilsoni (Temm.) Ridg.). In der Länge gleicht fie ihrer ſchon erwähnten Couſine und mißt 9— 11 Zoll (engl.); der Scheitel iſt ſchwarz mit einem Mittelſtreifen von Créme-Farbe, der Nacken gefleckt mit braun und grau, der Rücken ſchwarz mit Abſtufungen zu röthlichbraun und lohfarbig. Von letzterer Farbe ſind die Längsſtreifen auf den inneren langen Schulterfedern. Der Schwanz iſt ſchwarz, weiß und kaſtanienbraun umrändert. Die Seiten ſind dunkel gewellt, Unterbruſt und Bauch weiß, Schnabel dunkel, Füße und Beine blaß grünlich.“) — Dieſe Art hat eine ſehr weite Verbreitung: auf dem ganzen Kontinent kann man ſie antreffen. Sie verlangt nur feuchte Nahrungsplätze und ſo iſt ſie an den Ufern und Sümpfen der weſtlichen Ebenen, ferner am Rande der Salzſeen des großen Centralplateaus der Felſengebirge, in den Marſchen und längs den Fluß— gründen Californiens, ſowohl im Oſten, wie im Niſſiſſippithal häufig zu finden. Für den Winter geht ſie in die Golfſtaaten, wo ſie zu der Zeit beſonders zahlreich iſt. Ihre nördliche Wanderung beginnt früh im Februar. Am Ende dieſes Monats hat ſie die Sümpfe Nord⸗Carolinas und zuweilen Virginiens erreicht; in Neu-Jerſey und Neu⸗Pork erſcheint fie Ende März oder Anfang April, obwohl der Tag ihrer Ankunft faſt ganz vom Wetter ſowie von der daraus folgenden Beſchaffenheit ihrer Futterplätze abhängt. Solange die Wieſen beeiſt ſind, iſt es nutzlos, nach Bekaſſinen auszuſchauen; aber ſobald der Froſt aus der Erde gezogen iſt, zumal wenn dem letzten Thauwetter ein milder, warmer Regen gefolgt iſt, kann der Jäger mit einiger Ausſicht auf Erfolg die kleinen Stellen feuchten Landes beſuchen oder die ausgedehnteren Sümpfe, wo eine Erfahrung aus früheren Jahren ihm ſagt, daß wahrſcheinlich dieſe Vögel anzutreffen ſind. Zu dieſer Zeit des Jahres laſſen ſie nicht lange auf ſich warten; aber die Plätze der weiterziehenden Sumpfſchnepfen werden ſogleich von ſpäteren Ankömmlingen ausgefüllt, welche ihrerſeits wieder durch andere erſetzt werden, ſodaß man Bekaſſinen in größerer oder geringerer Menge gewöhnlich bis nach Anfang Mai findet. — **) Dieſe Art brütet in der Regel nicht bei uns in irgend beträchtlicher Anzahl; die meiſten verbringen die Brutzeit nördlich der Vereinigten „Staaten“ Linie. Jedoch manche bringen ihre Brut im Staate Maine groß, ja man hat ihre Neſter in Connecticut, Neu⸗York, Pennſylvanien und ſogar noch weiter ſüdlich gefunden. Das Neſt wird auf einer kleinen Erhöhung in der Nähe feuchter Wieſen gebaut, | *) Man vergleiche hiermit die Beſchreibung unſerer Bekaſſine in Naumann „Naturgeſch. d. Vögel Deutſchlands“ Band 8 p. 311 ff. Leverkühn. *) Bei uns weilen die weiterziehenden Bekaſſinen von März bis Anfang April, nur bei ſchlechter Witterung dauert der Zug den ganzen April. Leverkühn. — Mb — oder zuweilen auf einer trockenen, wenn nur ein kleiner Bach in der Umgebung murmelt. Es iſt oft von unbedeutenderer Größe als das der Waldſchnepfe, kaum, N etwas mehr als eine Höhlung auf dem Boden und meiſt nur mit wenigen Grashalmen ausgefüttert. Vier punktirte Eier von gelblich-grünlicher Farbe, dicht mit Ihwärz lichem und dunkelem Gelb gefleckt, werden hier hineingelegt. Die Jungen verlaſſen | das Neſt, jobald ſie ausgebrütet ſind und folgen der Mutter, oder wie die Natur forſcher ſagen, ſie ſind Neſtflüchter. — Die Bekaſſine iſt vorzugsweiſe ein Vogel der offenen Felder; man findet ſie | jelten im Dickicht. Gelegentlich im Frühjahr, wenn ein ſpäter Schneefall ſtattfindet, nachdem die Vögel angekommen ſind, — ein Schneefall, welcher ihre nahrungſpendenden Wieſen einen oder zwei Tage bedeckt, findet man fie in Erlen: oder Weidenſümpfen in der Nähe ihrer gewöhnlichen Aufenthaltsorte, wo ſie den Schlamm bei den warmen Quellen, in deren Umgebung der Schnee geſchmolzen iſt, durchſuchen. So⸗ bald aber der Erdboden wieder frei iſt, verlaſſen ſie ſolche Plätze und kehren in das Freie zurück. Zuweilen auch, wenn ſie in den Moräſten zu anhaltend verfolgt werden, nehmen ſie in Wäldern oder ſelbſt in ſtaubigen und trockenen Kornfeldern eine Zuflucht, woſelbſt ſie aber nur einige Stunden bleiben. Die Lieblingsfutterplätze der Bekaſſine ſind friſche Wieſen, wo der Boden immer feucht und das Erdreich fruchtbar iſt. Man kann, wenn man auf eine Wieſe geht, ſagen, ob die Vögel kürzlich dageweſen ſind; denn auf den Viehwegen oder den Plätzen, wo die Schweine gewühlt haben, oder an der entblößten Seite eines Gebüſches, wo kein Gras wächſt, wird man in den Boden zahlreiche kleine Löcher eingebohrt finden, welche anzeigen, wo der Schnabel im Schlamme bei der Futterſuche eingedrungen iſt. Die Gegenwart von hohem Gras oder Schilfrohr kann bisweilen die Vögel von Sümpfen fern halten, zu denen ſie ſich in Schaaren verſammeln würden, wenn daſelbſt nicht eine ſolch üppige Vegetation wäre. Sie lieben es nicht, unter und neben dichtem Dickicht ſich niederzulaſſen, und man wird nicht leicht auf ſolchem Grund und Boden an ſie kommen. Es iſt daher üblich, zeitig im Frühjahr vor ihrer Ankunft ſolche Strecken niederzubrennen, und Plätze, welche ſie auf dieſe Weiſe geſäubert finden, ſind für die durchziehenden Vögel Lieb— lingsaufenthaltsorte. Gegenwärtig ſchießt man die Wilſons-Bekaſſine zu allen Jahreszeiten; fie hat keinen geſetzlichen Schutz. Die Folge ſolch unvernünftigen Mordens kann man deutlich an der verminderten Anzahl der Vögel ſehen, die jährlich unſere zugäng⸗ lichen Wieſen beſuchen. Wenn man im April oder Mai ein Weibchen ſchießt und ſezirt, ſo wird man Eier in einem hohen Grade von Entwickelung bei ihm vor— finden, die an Größe von einer Erbſe bis zu einem faſt fertigen Ei variiren. Manche — 147 — der Vögel ſind lange vorher gepaart, ehe ſie uns im Frühling verlaſſen. Man ſollte in dieſer Jahreszeit keinenfalls ſchießen, gerade weil ſie damit beſchäftigt ſind, ihre Jungen groß zu ziehen. Die Bekaſſinenjagd hat im Herbſt mehr Erfolg, als im Frühjahr. Zahlreicher als im Frühling erſcheinen dann die Bekaſſinen, weil zu dieſer Zeit ihre Futterplätze mehr eingeſchrumpft ſind, und ſie ſich auf die ſtets feuchten Wieſen concentriren, ebenſo wie auf die Weiher und Sümpfe, welche Ufer mit ſchwarzem Schlamm beſitzen, worin ſie ſehr gern herumbohren. Die Ausſicht, ſie zu finden, iſt um ſo größer, je größer die Fläche iſt, auf der ſie zerſtreut ſind. Das Hauptcorps der Bekaſſinen verläßt uns im November, aber einige wenige verlängern ihren Aufenthalt bis in den December, indem ſie ſo lange zau— dern, als ihre Futterplätze offen bleiben. Wie bei der Waldſchnepfe die Kälte in— direkt Grund ihres Abzuges iſt, ſo iſt die Unmöglichkeit, länger Futter zu finden, der unmittelbare Beweggrund, welcher ſie ſüdlich treibt. Auf den Laramie-Ebenen, wo im Winter die Temperatur zuweilen auf 40% und ſelbſt 30° F.“) fällt, find etliche Bekaſſinen den Winter durch anzutreffen, um gewiſſe warme nie zufrierende Quellen vereint. — Wenige unſerer Vögel ſind ſo arm an Lokalnamen als dieſer; denn er iſt allgemein unter dem Namen „engliſche“ (i. e. europäiſche) oder „Jack⸗ Bekaſſine“ bekannt. Jedoch entlang der Küſte von Neu-England haben ſie einen ſehr merkwürdigen Namen. Da dieſer Vogel ungefähr zur ſelben Zeit ankommt, wie die Schade ſtreicht und ſich auf Wieſen einſtellt entlang der Flüſſe, auf welchen man mit Netzen fiſcht, ſo jagen die Fiſcher, wenn ſie zur Nachtzeit ihre Schleppnetze ziehen, die Bekaſſinen von ihren Ruheplätzen auf und hören ihren ſcharfen Schrei, wenn ſie in der Dunkelheit davonfliegt. Weil ſie die Urſache dieſes Tones nicht kennen und wegen der Ideenverbindung gegenüber den Fiſchen nennen ſie den Urheber des Tones den „Schaden-Geiſt.“ Die Bekaſſine iſt ein wenig begabter Vogel, der auch nur wenig Gemüth beſitzt und bedauerlich ſchwankenden Charakter, im übrigen aber klüger und ſchlauer iſt, als man denkt. Jedenfalls iſt den Jägern zweierlei an ihr bekannt, nämlich daß ſie hohe Klugheit neben beklagenswerther Unentſchloſſenheit zeigt. Die meiſten Vögel, wenn ſie von der Erde auffliegen, ſcheinen eine beſtimmte Idee über die Richtung zu haben, in welcher ſie zu fliegen beabſichtigen, und dieſe Fluglinie halten ſie feſt; nur wenn ſie durch eine aufregende Erſcheinung aus ihrer Richtung getrieben werden, verlaſſen ſie dieſelbe. Nicht ſo die Bekaſſine! Sie fliegt von der Erde auf, indem ſie ihren ſonderbaren pfeifenden Schrei ausſtößt, ſchießt einige Ellen nach einer Richtung, verändert ihren Plan und ſchwenkt faſt im rechten Winkel von ihrem bisherigen Kurs ab. Dann ſcheint es, als ob ſie einen Fehler gemacht ) + 35/50 R. reſp. — 3/0 R. — 148 — hätte, ſie ändert nochmals ihre Richtung, dreht um im Zickzackfluge und fliegt quer über die Wieſe, bis ſie ſicher außer Schußweite iſt. Alsdann ſteigt ſie hoch in die Luft und ſchwebt dort eine Weile nach einem erſehnten Fleck ausſpähend, um ſich wieder niederzulaſſen, oder ſie ſenkt ſich in geradem Flug herab, den ſie beibehält, bis ihre Furcht vorüber, oder bis ſie zu einem ihr gefallenden Punkte gelangt iſt, wo ſie einfällt und mit eigenthümlichem Schwung ihrer Flügel ihre Fahrt beendigt.“) Das excentriſche Zickzackfliegen dieſer Art iſt für viele Jäger ſehr ver: wirrend, und einige, die auf andere Vögel vorzüglich ſchießen, ſcheinen niemals fähig zu werden, die Bewegungen dieſer Bekaſſine zu berechnen. Das Geheimniß, mit Erfolg dieſe Vögel zu treffen, beſteht, wie wir glauben, in der Schnelligkeit, d. h. darin, keine Zeit zu verlieren beim Verſuche, ihrem Fluge zu folgen, ſondern in dem Augenblicke den Hahn abzuziehen, wo die Flinte gerichtet iſt. Der be— ſondere Schrei, den ſie während des Zuges in kurzen Zwiſchenräumen ausſtößt, iſt zuweilen außerordentlich aufregend, hauptſächlich nachdem man mit beiden Läufen fehlgeſchoſſen hat. Was zuerſt gehört, nur wie ein Ausdruck der Furcht oder wie ein Warnungsruf für die Gefährten erſcheint, klingt dem getäuſchten Jäger wie Hohngeſchrei, wenn es ſchwächer und ſchwächer aus der Ferne zu ihm dringt. Die andere Eigenthümlichkeit, durch welche ſich die Bekaſſine auszeichnet, iſt die Unregelmäßigkeit und Excentricität ihrer Ankunft und ihres Bleibens während des Wanderns. Daß die Bekaſſinen unberechenbare Vögel ſind, wird allgemein von denen angenommen, die auf naſſen Wieſen jagen. Als Regel gilt es, daß mehr Verlaß auf ihr Kommen im Herbſt als im Frühling iſt. Aber ſelbſt im Herbſt kann man nicht darauf rechnen. Zuweilen kommen ſie einzeln oder wenige zur Zeit, und diejenigen, welche heute geſchoſſen ſind, werden morgen durch andere er— ſetzt, oder es können auch eine oder zwei Wochen vergehen, in denen kein einziger Vogel auf den Wieſen zu bemerken iſt, bis ſie plötzlich alle auf einmal in großen Mengen da ſind und darauf ebenſo vollſtändig als plötzlich wieder verſchwinden. Eine Gegend, welche abends eine reiche Jagd darbot, kann am anderen Morgen in der Dämmerung ohne jeden Erfolg abgeſucht werden. Daher iſt der glücklich zu nennen, der zahlreiche Bekaſſinen auf dem Zuge antrifft, und weiſe derjenige, der den Vortheil des gegenwärtigen Augenblicks ausnutzt. Der Rath „Carpe diem“ hat mehr Gültigkeit für die Bekaſſinenjagd, als für manche andere Beſchäftigung des Lebens. Man kann gelegentlich ſchon am letzten Auguſt eine Sumpfſchnepfe auf den Wieſen finden; aber erſt um Ende September beginnen die ziehenden Vögel in größerer Anzahl anzulangen. Dann ſind ſie in guter Leibesverfaſſung, oft ſehr fett, etwas träge, liegen gut vor dem Hund, wenn nur das Wetter darnach iſt. Die ange— ) Wir machen darauf aufmerkſam, daß der Verfaſſer hier nichts vom Meckern der Bekaſſine erwähnt. Der Ueberſetzer. ... ˙ —„—„-—- . ̃ —ͤt:QUÜ Ü. * — — 149 — nehmſte Zeit, ſie zu jagen, iſt während der warmen Tage des Oktober und November. Zu dieſer Zeit ſind die Vögel abgeneigt, ſich zu erheben, und pflegen zuzulaſſen, daß der Hund ganz nahe zu ihnen herankommt, bevor ſie auffliegen. An dunkeln, wolkenbedeckten Tagen andrerſeits, beſonders wenn der Wind heftig weht, bekommt man keine von ihnen aufs Korn, denn dann erheben ſie ſich 30 oder 40 Yards vor dem Jäger; die Flucht der erſten und ihr ſcharfes Geſchrei „skiep, skiep“ wird oft das Signal für jede andere Bekaſſine in der Wieſe, ſich zu erheben und 5 bis 10 Minuten umherzutaumeln, ehe ſie wieder einfällt. Bei ſolchem Wetter iſt die einzige Ausſicht, Beute zu erlangen, innerhalb Schußweite mit dem Winde zu arbeiten — eine der gewöhnlichen entgegengeſetzte Methode — und den Hund in der Nähe zu halten. Die Bekaſſine erhebt ſich ſtets gegen den Wind und ſie wird gezwun— gen, gegen den Schützen eine kleine Strecke zu fliegen, falls er ſich ihr mit dem Wind im Rücken nähert, — die einzige Gelegenheit, in guter Schußweite zu Schuß zu kommen. Wo die Vögel ſelten ſind, iſt ein guter Hund unſchätzbar, weil er dem Jäger die Mühe arbeitvoller Gänge erſpart. Aber es giebt auch Zeiten und Orte, wo ein Hund ſehr im Wege iſt. Da find z. B. in einigen unſerer weſtlichen Marſch— gegenden dieſe Vögel fo zahlreich, daß fie zu Dutzenden auf einmal auffliegen, und wo vielleicht für Stunden der Klang ihres meckernden (!) Schreis ununter— brochen zu hören iſt. Unter ſolchen Umſtänden iſt ein Hund nur zur Laſt, denn der Erdboden iſt ſo überſättigt von der Witterung ſo vieler Vögel, daß das arme Thier ganz verwirrt iſt, beim Hin- und Herlaufen beſtändig falſch ſteht und ſeines Herrn Zeit nutzlos hinbringt. Hier iſt der einzige Nutzen, den man vom Hunde hat, das Aufjagen des Wildes. Es giebt alte kluge Hunde, die unter ſolchen Um— ſtänden zum Herrn von ſelber zurückkommen, den ringsum auffliegenden Vögeln keine Aufmerkſamkeit ſchenken und nur den Beſitz der geſchoſſenen ſichern. Die Bekaſſine hat keine ſtarke Witterung für den Hund, und da ſie oft wenig gut liegt, ſo iſt ein Hund mit ungewöhnlich ſcharfer Naſe, der auch vorſichtig und ſicher iſt, zu dieſer Jagd erforderlich. Eine ſehr ſchwache Witterung muß ſchon ge— nügen, um ihn zum Stehenbleiben zu veranlaſſen, bis ſein Herr kommt, ſodann muß er vorſichtig weiter ſchleichen, bis er den Vogel, ſofern er hält, „ſtehen“ kann. Es giebt Tage, an denen die Bekaſſine geſtattet, daß der Hund bis auf wenige Zoll Entfernung herankommt, allein dies iſt mehr Ausnahme als Regel. Es it immer eine Bequemlichkeit, einen aufſuchenden Hund (retreaver*) bei der Bekaſſinenjagd bei ſich zu haben, denn ohne beträchtliche Uebung iſt es nicht leicht, die Stelle, wo der todte Vogel liegt, ſofort zu finden. Dieſes iſt beſonders ſchwer, wenn mehrere Vögel gleichzeitig auffliegen und man erſt den einen und dann den ) To retreave heißt aufjagen, muß hier aber wohl jo viel wie apportieren bedeuten. Der Ueberſetzer. — 150 — andern ſchießt. Man hat eine ungefähre Vorſtellung von der Richtung, wo der erſte niedergefallen iſt und iſt ſicher, daß der zweite dicht neben einem kleinen Grasbüſchel einfiel; aber wenn man die Augen, die bisher die lebenden Vögel aufmerkſam verfolgten, jetzt auf die Erde richtet, ſo kann man ſehr leicht in der Richtung irre werden. Man ſieht, daß ein Dutzend kleiner Grasbüſchel daſtehen, wo der zweite eingefallen iſt und jeder kann derjenige ſein, den man ſich merkte; was den erſten anbetrifft, ſo iſt jede Hoffnung verloren, ihn in einem Umkreis von 20 Yards zu finden. So kann man eine halbe Stunde werthvoller Zeit verlieren, indem man den todten Vogel ſucht. Uebung im Markieren und ein ſchnelles Auge befähigt uns nach und nach, unſere erlegten Vögel wiederzufinden. Als ein Kennzeichen zum Wiederfinden iſt immer etwas vorhanden: ein Bündel Gras, ein bischen zuſammen— gewehtes Reiſig, eine Blume, ein Blatt, ein Unkrautſtengel in der Nähe des Vogels, welcher irgend etwas anderem in der Umgebung ungleich ſieht. Dieſen Gegenſtand, was es auch ſei, muß man faſſen und ſich ſeiner in dem kurzen Augenblick Zeit, den man hat, erinnern. Natürlich gehen einige Vögel verloren, das iſt unvermeid— lich, aber es iſt wundervoll an ſich zu beobachten, wie durch Uebung das Gedächtniß und das Auge in dieſer Beziehung geſchult werden können. Die Bekaſſine ſcheint, obgleich oft ſehr vorſichtig, doch jener Verſchlagenheit gänzlich baar zu ſein, welche jo viele unſerer Jagdvögel auszeichnet. Wenn fie ver: wundet iſt, verſucht ſie ſelten, ſich zu verſtecken, ſondern läuft entweder in gerader Richtung fort, oder, wenn ſie nur am Flügel verletzt iſt, erhebt ſie ſich immer wie⸗ der in die Luft und ſtößt bei ihren Verſuchen zu fliegen ihr eigenartiges Angſt— geſchrei aus. Eine Seite der Bekaſſinenjagd iſt noch ſehr anziehend, nämlich die, daß man ſeinen Hund beſtändig in Sicht behält. Da kann man alle ſeine anmuthigen Be- wegungen ſehen, ſich an ſeinen klugen Anſtrengungen, die Vögel zu finden, er- freuen und bewundern, wie er ſie bezeichnet, ohne ſie aufzujagen. Es iſt be⸗ merkenswerth, daß mehr als die Hälfte des Vergnügens der Feldjagd darin beſteht, den Hund arbeiten zu ſehen, und dieſes kann man beſſer auf offenen Bekaſſinen— brüchen thun, als unter irgend welchen anderen Umſtänden. Allerdings iſt Be kaſſinenſuche gewöhnlich eine große Strapatze wegen der Beſchaffenheit des Erd— bodens: oft muß man im Waſſer oder in der Mudde bis an die Kniee waten, oder man iſt genöthigt, in einer ungewöhnlich weichen Marſchgegend ſeinen Weg ſo einzurichten, daß man von einem Grasbulten zum andern ſpringt, mit der Aus— ſicht, ab und zu von dieſen wenig feſten Feſtlandplätzen in den bodenloſen Schlick zu ſtolpern. Solche Art vorwärts zu kommen, erfordert einige Muskelübung und beſtändige Aufmerkſamkeit. Außerdem muß man beſtändig auf den Hund achten und auch unerwartete Vögel, an denen er vorüberſtreicht, ſchießen und aufſuchen. — 151 — Es iſt daher erforderlich, daß der Bekaſſinenjäger nicht viel Gewicht bei ſich hat. Seine Flinte muß leicht ſein, und ſeine Patronen müſſen nicht mehr enthalten als eine Unze Hagel Nr. 12, denn dieſer Vogel iſt ſchnell todt, und weil er ſo klein iſt und oft in einer beträchtlichen Entfernung aufſteigt, iſt es wichtig, daß ſo viel der geladenen Hagelkörner als möglich hinter ihm hergeſandt werden. „Reiher— ſtiefel“, die bis an die Hüften reichen, ſind natürlich nothwendig, und die Kleidung ſollte grau oder braun ſein, unſcheinbar auf jeden Fall. Die Plätze, wo die Be— kaſſine gefunden wird, werden auch von manchen Arten unſerer Enten beſucht. Die kleinen Gewäſſer und Buchten, welche bei ausgedehnten Bekaſſinen-Marſchen ſicher vorhanden ſind, bieten der blauen und grünflügeligen Krickente (Nettion erecea (Lin.) Kaup et Nettion earolinensis (Gm. ) Baird), der ſchwarzen Ente (Anas obscura (Lin.) Gm.), dem wilden Enterich (Anas boschas, Lin.), der Wald- (oder Braut-) Ente (Aix sponsa (Lin.) Boie) und dem Kahlkopf“) Nahrung. Es iſt deshalb rathſam für den Jäger, der ſolche Gründe beſuchen will, in ſeiner Taſche ein halbes Dutzend Patronen von 3½ Quentchen Pulver und 1 Unze Hagel Nr. 8 mitzunehmen, denn obgleich Nr. 12 wirkſam für Enten in kurzer Schußweite iſt, jo iſt es doch gut, auch für weiter reichende Schüſſe vorbereitet zu ſein. Die Mehrzahl der Jäger wird dem größeren Vogel, der Waldſchnepfe (Philo- hela minor (Gm.) Gray), den Vorzug vor der engliſchen Bekaſſine geben, bis auf einige abweichende Stimmen. Die Bekaſſinenjagd iſt wegen des Zickzackfluges des Vogels immer etwas Unzuverläſſiges; dagegen kann man immer mit einiger Sicherheit in der richtigen Jahreszeit auf Erfolg bei der Jagd der Waldſchnepfe rechnen, wenn die Bedingungen des Wetters und der Futterplätze günſtig find. Was die Zartheit des Geſchmackes anbetrifft, ſo iſt gar kein Unterſchied zwiſchen den beiden. Dafür aber, daß ſie ſo verwandte Vögel ſind, iſt der Unterſchied in Erſcheinung und Lebensgewohnheiten auffallend, und die Bekaſſine iſt ſicherlich viel fähiger ſich ſelbſt zu ſchützen, als ihr roſtfarbener Vetter. Beobachtungen über die Nachtigall mit Bezug auf den Artikel des Herrn B. Grobe in Nr. 3 der Monatsſchrift von H. Burghard. Seit länger denn 25 Jahren habe ich der Vogelwelt, ſowohl der freilebenden wie auch der gefangenen, insbeſondere jedoch den Nachtigallen meine volle Auf- merkſamkeit gewidmet. Weit entfernt bin ich, hiermit etwa meine Competenz dar— ) Mit dem Namen Kahlkopf bezeichnet der Amerikaner jedenfalls die im hohen Norden Amerikas brütende Brillenente, Ordemia perspieillata (Flemm.), denn dieſe trägt bei dunkelbrauner Färbung auf dem Scheitel einen weißen Fleck. K. Th. Liebe. — 152 — thun zu wollen, wohl aber bitte ich dieſes als eine Entſchuldigung gelten zu laſſen, wenn ich mir in dieſer Sache das Wort erlaube. So lange ich denken kann, haben im Schloßgarten zu Oldenburg i. Gr. Amſeln und Nachtigallen einträchtig beieinander gewohnt und ſoviel ich weiß, iſt es heute nicht anders. Da jedoch unter Umſtänden auch der ſtärkere Sproßer die ſchwächere Nachtigall verdrängen jol*), jo mag ſolches vielleicht auch bei der Amſel hier und da vorkommen. Dennoch möchte ich Herrn B. Grobe bitten, auf einen ſo ſchwachen Verdacht hin keinerlei Schritte gegen letztere zu unternehmen. Mehrfach habe ich das Verſchwinden der Nachtigall, wenn auch nicht aus ganzen Ortſchaften, ſo doch aus beſtimmten Anlagen oder Gärten beobachtet, in allen dieſen Fällen wurde die Urſache für mich wenigſtens klar, es war jedes Mal die feldernde Hauskatze. Wer ſich nicht ganz eingehend mit dem Treiben dieſes gefährlichen Nachtigall⸗ räubers befaßt hat, macht ſich ſchwerlich einen Begriff, mit welcher Lift und Ver⸗ ſchlagenheit die Katze zu Werke geht, und nur zu ſelten entgehen ihr ihre Opfer. In den meiſten Fällen fallen ihr die jungen Vögel ſowohl wie die alten zur Beute. Es iſt ein großer Irrthum, wenn man meint, daß die aus dem mit Dornen und Reiſig ſorgfältig geſchützten Neſt ausgeflogenen Jungen nunmehr ge— borgen wären. Leider verlaſſen die jungen Nachtigallen in der Regel viel zu früh, jedenfalls bei der geringſten Veranlaſſung, das Neſt und ſuchen ſich nun flatternd und humpelnd fortzuhelfen. Sobald dieſes früher oder ſpäter geſchieht, betragen ſich die Alten ganz beſonders aufgeregt und unaufhörlich erklingen ihre Locktöne. Dieſe unterſcheiden ſich jedoch von dem gewöhnlichen Lockton „Wid⸗gorr“ mehr und mehr, ſie ruft oft drei oder mehrere Mal ihr „Wid“ und hängt dann nur ganz kurz ihr „Gorr“ an. Die feldernde Katze iſt mit den Eigenthümlichkeiten und dem Gebahren der Vögel nur zu gut bekannt. Dieſes anhaltende Locken iſt für ſie das Signal, daß die Ernte eingeheimſt werden kann, und da ſie auch ein ſehr feines Gehör hat, entgeht ihr dasſelbe wohl nur in den ſeltenſten Fällen. Was weiter folgt, iſt wohl meiſtens ſehr einfach. Das Trauerſpiel wickelt ſich oft in der früheſten Morgenſtunde, jedoch auch zu jeder andern Tageszeit ab, und da die alten Nachtigallen ihre Jungen mit Hintanſetzung ihrer eigenen Sicherheit vertheidigen, ſo fallen ſie auch ſelbſt noch oft den Räubern zum Opfer. Leider ſind wohl nur die wenigſten Menſchen mit den Lock- und Angſtrufen *) Hier ſowohl wie vielleicht auch bei der Amſel darf man nicht außer Acht laſſen, daß beide Vögel ſo ziemlich dieſelbe Nahrung, Kerbthiere und dergleichen, unter altem Laub und Gras ſuchen, und daß derſelbe Weidegrund dann wohl ein, aber nicht zwei Paar jener Vögel ernähren kann. Ich behaupte nicht, daß es ſich ſo verhält, ſondern möchte nur die Möglichkeit andeuten, daß es ſich ſo verhalten könnte. K. Th. Liebe. * —— — r mwꝛj̃ ll! m TER — 153 — der Nachtigallen, oder der Vögel überhaupt genau bekannt, und ſo wird die Katze faſt nie in ihrem Treiben geſtört. Es iſt ein altes Sprichwort: „Erfahrung macht den Meiſter“; in unſerem Falle bewährt es ſich glänzend. Ein ſolcher erfahrener Nachtigallenräuber, welcher natürlich auch ſonſt keinen Vogel unbehelligt läßt, richtet unbeſchreiblichen Schaden an und iſt, zumal wenn er noch einige gleichgeſinnte Genoſſen hat, ſehr wohl im Stande, ein ganzes Dorf von Nachtigallen zu entvölkern. Es iſt nicht meine Abſicht, nun glauben machen zu wollen, daß die Katze in all und jedem Falle die Urſache des Verſchwindens dieſer edelſten Sänger ſein müſſe, ich gebe vielmehr gern zu, daß mancherlei andere zum Theil noch ganz unbekannte Verhältniſſe zuſammenwirken mögen, dieſe traurige Erſcheinung zu veranlaſſen; ſo können z. B. die Wieſel in den letzten Jahren ſich ſtark vermehrt haben, oder aber das Unterholz zu hoch geworden ſein. Die Annahme, daß ſämmtliche Nachtigallen eines Dorfes auf dem Zuge verloren gegangen wären, iſt nicht unmöglich, ſcheint mir aber doch ſchon etwas fern zu liegen. Auf jeden Fall würde ich rathen, einen Verſuch zu unternehmen, dieſe köſtlichen Sänger wieder ſeßhaft zu machen durch Ausſetzen eingefangener Pärchen; natürlich dürfte dieſes erſt geſchehen, nachdem der Wandertrieb ſich gelegt hat. Einzelnotizen aus meinem ornithologiſchen Taſchenbuch. Von F. Lindner. III. Von mir beobachteter Name. Ankunfts- Abzugs— Beſondere Bemerkungen. termin. 1. Luseinia minor, 24. 4. 85 10. 8. 85. Sonderbarerweiſe iſt die N. in Nachtigall. in Halle. Halle auf dem hochgelegenen, größtentheils von Gebäuden umgebenen alten Friedhof, der des ſonſt für die N. doch ſo unentbehrlichen Waſſers ermangelt, in mehreren Exem— plaren regelmäßiger Brut: vogel; häufig als ſolcher in den an der Saale gelegenen Gärten (eine Saalinſel heißt gradezu „Nachtigalleninſel“). 2, Cyanecula sue- von Herrn 20. u. 21. 8. eica, Blaukehlchen. F. Wagner 85. b. Zeitz 2. 4., v. mir erſt ſeit 6. 4. ge]. Name. 3. Dandalus rube- cula, Rothkehlchen. . Rutieilla phoeni- curus, Gartenroth— ſchwanz. . (6). Turdus me- rula, Amſel. * A 6. (8.) Turdus musi- eus, Singdroſſel. —1 . (9.) Saxicola oe- nanthe, Stein: ſchmätzer. „ Pratineola rubı- cola, Schwarzkehl⸗ chen. 0 9. (12.) Motae. alba, weiße Bachſtelze. 10. (13.) Mot. sulfu- rea, große gelbe (graue) Bachſtelze. 11. (16.) Accentor modularis, Brau⸗ nelle. 12. (17.) Regulus ignicapillus, feuer⸗ köpfiges Goldhähn⸗ chen. 13. (20.) Sylv. hor- tensis, Garten⸗ grasmücke. 14. (21.) S. atriea- pilla, Plattmönch. 15. (22.) S. einerea, Dorngrasmücke. — 154 Von mir beobachteter Ankunfts⸗ Abzugs termin. —— 1. 10. bis - 111.85, — 1. 7. und 9. 10. 85. Standvogel. 2. 4. 85. Zus (wie 84!) = Beſondere Bemerkungen. Mitte Sept. häufig in Kohlfeldern. Bis jetzt (1886 17. 2) habe ich ſie noch nicht ſingen hören (1885 da— gegen 7. 23. In einem hieſigen Stadtgarten niſteten dicht bei ein⸗ einander 2 Paare ohne ſich gegen- ſeitig zu ſtören und ohne die anderen Niſtvögel: Spötter, Finken und Grünlinge zu behelligen. Erſtes Gelege v. 4 Stück: 15. 4. 4. 4. 85 bei Croſſen ein Paar, 9. 4 bei Zeitz 2 Paare und 11. 4. ebendaſ. ein p an der Elſter geſehen. 20. 4. bei Leipzig. 19. 4. (nach Dr. Graß⸗ hoff in Leipzig). (29. 8.) Mehrere Exemplare ſind wieder nicht weggezogen. Iſt in ihrem Beſtande bei Zeitz zurückgegangen. Einige ziehen nicht fort. Singt noch 9. 8. nach Herrn Gro⸗ ſchupps⸗Leipzig Mittheilung. Am 29. 8. frißt ſie eifrig Birnen. | 1 | \ 1 | | i N | 20. Ficedula hypo- 8.5.84 — lais, Baſtardnachti⸗ in Leipzig, gall. 12. 5. 85 8 in Halle bei 5 0 R. 10. 5. 85 in Zeitz. 21. (28.) Calamo- ef. Monatsſchrift 1884 herpe palustris, No. 10. Sumpfrohrſänger. 22. (31.) Hirundo 3. 4. 85 — rustica, Rauch⸗ (F. Wagner ſchwalbe. in Zeitz), b 6. 4. 85 (ich). 23. (33.) Museicapa 4. 5. 85. = srisola, grauer Fliegenfänger. 24. (34.) M. luctuosa, 17. 4 Trauerfliegenfäng. 10. 85. 25. (35.) Bombyeilla — — . garrula, Seiden⸗ ſchwanz. 26. (36.) Lanius ex- 9. 5. 85 — eubitor, Raubwürg. b. Halle ein Pärchen. 27. (38.) L. collurio, 5. 5. 85 — Neuntöter. bei Halle. 155 Von mir beobachteter Name. Ankunfts⸗ Abzugs⸗ termin. 16. (23.) S. eurruca, 14. 4. 85 — Miüllerchen. bei Zeitz. IT. 24.) Phyllop- Den erſten 3 neuste sibilatrix, ſah u. hörte Waldlaubvogel. ich erſt 5. 5. 85. 18. (25.) Ph. trochi- 7. 4. 85. — lus, Fitis. 19. (26.) Ph. rufa, 22. 3. 85. 10. Weidenlaubvogel. 28. Parus caudatus, Schwanzmeiſe. 10. 85. Beſondere Bemerkungen. Scheint jetzt das ganze Elſterthal von Gera bis Leipzig zu bewohnen. Ich fand dieſes Jahr ein Neſt bei Croſſen. ., 7. bis 10. Vom 24. — 26. 7. hielt ſich ein Exemplar (wie ich glaube ein 2?) in einem Stadtgarten in Halle auf! Nach Mittheilung Dr. Graf: hoff's von Dr. Rey bei Leipz. geſehen (Jan. 86). Bei Nietleben bei Halle Brutvogel. (Standv. reſp. Strichv.) 30. 3 iſt das Neſt fertig. 12 Name. 29. Embeniza hortu- lana, Ortolan. 30. Fringilla serinus, Girlitz. 31. Oriolus galbula, Pirol. 32. Corvus corone. 33. Corvus dula. mone- 34. Nueifraga caryo- catactes, Tannen⸗ häher. 35. Cypselus apus, Mauerſegler. 36. Caprimulgus europaeus, Ziegenmelker. 37. Cuculus canorus, Kuckuck. 156 Von mir beobachteter der erſte ge⸗ ſchoſſen (nach r. Rey); bei Leipzig hörte r. Graßhoff den erſten 26. 4.; bei Halle ich den 2. 5. Ankunfts⸗ Abzugs— termin. 9. 4 — ſingt: — 529.008 27. 4. 85. 22. 8. 85. _ 14. 8. von m. Brüdern in Zeitz, 3. 9. von stud. med. Friedrich u. stud. theol. Thiene⸗ mann bei Zeitz beob⸗ achtet. 10. 4. 85 — wurde bei Taucha (i. S.) Beſondere Bemerkungen. Seit 5. 5. und dann öfter (als 1 mehrfach b. Nietleben b. Halle geſehen und gehört. Jetzt in Zeitz häufiger nuinnael Mehrere Neſter gef. 9. 4. fand ich in einem mit Haſen⸗, Reh⸗, Eichhörnchen- und Kalbs⸗ haaren fein ausgepolſterten Neſte das erſte Ei. Fernere Gelege: 10. 4. (friſch und ein anderes ſchon bebrütet) 15. 4. Mein zahmes Exemplar baut in der zweiten Hälfte des März und legt in der Nacht vom 16.17. 4. ein „taubes“ Ei ohne Kalkſchale. cf. No. 11 S. 269 dieſer Monats⸗ ſchrift (1885). In der ar von Leipzig (Zſchocher) Brutvogel. Name. 38. Picus martius, Schwarzſpecht. 39. Pieus medius, Mittl. Buntſpecht. 40. Astur nisus, Sperber. 41. Ciconia nigra, ſchwarzer Storch. 42. Totanus calidris, Rothſchenkel. 43. Totanus ochro- pus, Punktirter (grünfüßiger) Waſſerläufer. 44. Totanus glare- ola, Bruchwaſſer⸗ läufer. 45. Gallinago sco- lopaeina, Bekaſine. 46. Haematopus ostralegus, Auſternfiſcher? 157 Von mir beobachteter Ankunfts⸗ Abzugs— termin. 29. 3. 85. + 85. 21. 8. 85 bei Zeitz in meiner Gegenwart 1 Exemplar geſchoſſen. In der zweiten Hälfte des Sept. 85. 10. 4. 85 ein Paar b. Zeitz an d. Elſter geſeh. — — Beſondere Bemerkungen. Der erſte, den ich je ſah, flog 10. 10. 85 über Zeitz in den Richtungen von NO. nach SW. Im Zeitzer Forſt ſoll er nach zuverläſſigen Nachrichten in mehreren Paaren vorkommen. Ein Exempl. wurde bei Croſſen geſchoſſen. Bei Zeitz ſehr ſelten. (ef. jedoch Herrn Groſchupp's werthvolle Mit⸗ theilungen über die Spechte in den Auwäldern bei Leipzig!) 10. 4. 85 Gelege v. 5 unbebrüteten Eiern auf einer Eiche gefunden Bei Zeitz nicht grade häufig. Ende April oder Anfang Mai 1885 wurde ein Exemplar bei Zeitz ge— ſchoſſen. 3., 4., 5. 9. Dies Jahr (1885) beſonders häufig. Einmal ſah ich 8 Stück zuſammen. Einen Tot. calidr. oder glareola ſah ich Abends durch Untertauchen und Fortbewegen unter dem Waſſer vermeintlicher Verfolgung (ich hatte ihn plötzlich aufgeſchreckt, wie er wohl ſchon ſchlafend auf einem Bein am Sandufer ſtand) ſich entziehen!!! Iſt dies wohl ſchon beobachtet worden? 18.—22. 8. 85 glaube ich ihn an der Elſter beobachtet zu haben; doch bedarf dieſe Beobachtung erſt noch ſpäterer unzweifelhafter Beſtäti⸗ gung. Der fragliche Vogel war ſehr ſcheu und nur nach dem all⸗ gemeinen Farbeneindruck im Fluge ſchloß ich auf H. ostral. (Auch ſoll ein 2 geſchoſſen ſein??) — 158 — Von mir beobachteter N Name. Ankunfts- Abzugs— Beſondere Bemerkungen. termin. 47. Vanellus crista- 1.— 8. 3. 85. — 5 tus, Kibitz. 48. Charadrius flu- — — Fehlte in dieſem Jahre (85) viatilis, Flußregen⸗ bei Zeitz ſonderbarerweiſe pfeifer. | faft ganz. Ornithologiſcher Rückblick auf den Winter 1885 — 86 von Karl Kretſchmar. Nach einer Reihe von Jahren zeichnete ſich der vorige Winter wieder durch einen normalen Verlauf aus; von Ende Februar bis gegen Ende März ſank ſogar die Temperatur tageweiſe unter die in den erſten Wintermonaten notirten Kältegrade, und tagelang andauernde Nord- und Nordoſtwinde förderten die Anhäufung ge⸗ waltiger Schneemaſſen. Im Zittauer Gebirge hat der Schnee ſtellenweis 4 bis 6 Meter hoch gelegen. Auch die Hügellandſchaften und ebenen Theile der angren- zenden preußiſchen Oberlauſitz waren von derſelben ſtrengen Witterung heim⸗ geſucht. Daß auch unſere Vogelwelt hart mitgenommen wurde, iſt kein Wunder. Die Zugvögel blieben im ganzen ziemlich lange zurück und machten die übliche, daraus gefolgerte Prophezeiung eines milden Winters trotzdem nicht wahr. Hausſchwalben waren am 27. September noch in Maſſen vereinigt; die letzten Rauchſchwalben ſah ich am W. Oktober, genau vier Wochen ſpäter. Staare und Hausrothſchwänze wurden bis zum 20. Oktober bemerkt. In der Mitte des Oktobers erſchienen auch in der Zittauer Gegend ſtarke Züge von Nußhähern. Dieſe Vögel haben ſich nicht lange aufgehalten, ſondern zogen in ſüdöſtlicher Richtung weiter. Ich beobachtete am 11. October mehrere Exemplare, welche ich erſt für Eichelhäher hielt, da letztere um dieſe Zeit hier überall in großer Anzahl umherſtreichen. In größerer Nähe trat mir alsdann ihre dunkle Zeichnung deutlich vor Augen. Die Weindroſſeln waren gleichzeitig mit den Nußhähern erſchienen; in der Lauſitz ziehen ſie bloß im eiligen Fluge durch. Am 19. Oktober bereits ſah ich die erſte Haubenlerche mitten in der Stadt; das ſo zeitige Eintreffen dieſes Vogels lenkte meine Gedanken eher auf einen ſtrengen Winter hin. Die Haubenlerchen zeigten ſich von da an in immer wachſender Kopf: zahl auf den Plätzen und Straßen der inneren Stadttheile und Vorſtädte; ſo ſah ich an einem Tage 8 Stück dicht beiſammen. Der liebliche Sänger iſt überhaupt ein ſehr gewöhnlicher Standvogel in der ſüdlichen Lauſitz. Die Lagerplätze der zahl— — 159 — reichen Braunkohlenwerke bieten ihm im Sommer Lieblingspunkte für ſeinen Wohn⸗ ſitz. Im Allgemeinen überwindet die Haubenlerche auch das andauerndſte Froft- wetter. | In überaus großen Schaaren ftellte ſich um Mitte Oktober die Saatkrähe ein. Am 26. Oktober, Nachmittags ½'2 Uhr, beobachtete ich einen Zug von einigen 100 Stück, in der Richtung Oſt⸗Weſt über die Stadt Zittau ziehend. Die Vögel tummelten ſich eine Weile in Flugübungen um den Johannisthurm, und zwar in der Weiſe, daß die zuerſt fliegenden eine geraume Zeit warteten, bis von dem Centrum etwa 30—40 Stück heran waren, und nun eine ſolche Abtheilung vereint die ſchönſten Flugkreiſe ausführte. Die nächſten Abtheilungen des — wie ge: wöhnlich — äußerſt zerſtreut und ungeſchloſſen ziehenden Fluges wiederholten das Manöver der inzwiſchen weiter vorangeeilten Genoſſen. Dieſe Krähenart war heuer bis Ende März zu bemerken. Unter den Spechten machte ſich namentlich der Grünſpecht auffällig, welcher den ganzen Winter hindurch in mehr Exemplaren als ſonſt einzelne Baumgruppen und Gehölze in der Nähe der Stadt beſuchte. Im ſogenannten Burgrevier, welches viele alte Eichen aufzuweiſen hat, ſieht man dieſen ſchönen Specht öfters auf dem Strich. In den Dörfern klettert er zur Winterzeit beſonders an den Schindeldächern em— por, um etwa verborgene Kerfe hervorzuholen. Einen gleichen Fall erzählte mir ein Herr aus Bückendorf vom großen Buntſpecht (7). Die Raubvögel zogen wie ſtets, mit Ausnahme des Sperbers, welchen ich mehrmals im Weichbilde der Stadt entdeckte, die freie Gegend vor. Die Be— obachtung eines Wanderfalken im Januar iſt von den mir vorliegenden Notizen für dieſe Gruppe die wichtigſte. Dieſer Falk horſtet in dem ſandſteinreichen Lau— ſitzer Gebirge einzeln, z. B. auf dem Pferdeberge. Vor einigen Jahren hat man daſelbſt die Jungen ausgenommen. Mitte März wurde auf dem Hartauer Revier ein ausnehmend ſtarkes Weibchen des Uhu erlegt. Obwohl dieſe große Ohreule noch regelmäßig in einigen Gebirgsdiſtrikten horſtet, ſo könnte doch angeſichts der zunehmenden Beſchränkung ihres Wohngebietes meine Mittheilung von Intereſſe ſein. Die Rebhühner hatten hauptſächlich in der Zeit nach Weihnachten viel zu leiden. Bei heftigem Wind und ſtarken Schneewehen zogen ſie ſich auf den Fluren der Vorſtädte zuſammen, welche Dank ihrer tieferen Lage geſchützter ſind und mehr ſchneefreie Stellen bieten, als die ſich nach den Bergen zu erſtreckenden Feldmarken. Auch das auf einigen Revieren des Zittauer Stadtforſtes zahlreich vertretene Birkwild hat mit den im Gebirge in doppelter Stärke ſich einſtellenden Waile des Winters tapfer kämpfen müſſen. Die Meiſen, Baumläufer, Zaunkönige und Gold hähnchen ſchlugen ſich wacker durch; wenn nicht gerade anhaltender Rauchfroſt die Rinde der Bäume — 160 — umſchloſſen hält, ſo wiſſen ſich dieſe lieblichen Vögel ihren Zehnten zum Unterhalt ſchon zu verſchaffen. Als ſtändige Wintergäſte beobachtete ich diesmal: den Berg⸗ finken, Gimpel und Birkenzeiſig, hier Zetſcher genannt. In beſonders großer Anzahl waren die Gimpel erſchienen. Im Görlitzer Park z. B. hielten ſich den ganzen Winter hindurch größere Flüge zuſammen. Dort waren ſie meiſt in den von Birken, Akazien und Weißbuchen gebildeten Gehölzen zu ſehen, deren Samenfrüchte ihnen wohl zur Nahrung gedient haben. Der Birkenzeiſig iſt im ganzen ein ebenſo unbeſtimmter Wintergaſt wie der Seidenſchwanz. Da auch letzterer ſich in dieſem Winter in vielen Gegenden zeigte, ſo ſchloß man auf einen ſtrengen Winter im nördlichen Europa. Bedeutend geſchädigt wurden die Beſtände der im März zurückgekehrten Zug⸗ vögel durch den andauernden Froſt; namentlich ſind viele Staare umgekommen. Auf einer Dungſtätte wurden eines Morgens gegen 50 todte Staare gefunden. Von todt aufgefundenen Miſtel- und Wachholderdroſſeln iſt mir nichts bekannt ge⸗ worden. Die übrigen Zugvögel erſchienen im Durchſchnitt ein Paar Wochen ſpäter als gewöhnlich und entgingen ſo dem traurigen Looſe ihrer vorangeeilten Genoſſen. Kleinere Mittheilungen. Aus brieflichen Mittheilungen an K. Th. Liebe. In dem Aufſatze über den Wanderfalken in der Märznummer habe ich geſagt, daß derſelbe, nachdem ihm die Eier genommen ſeien, zu einer zweiten Brut nicht ſchreite. Seit den zwanzig und mehr Jahren, wo ich regelmäßig die Horſte zweier Paare beſuchte und ihnen die Eier nahm, hatte ich keine andere Erfahrung gemacht; in dieſem Jahre war es jedoch anders. Am 4. April hatte ich einem Paar ſeine vier Eier genommen; am 22. desſelben Monats hatte ein Bekannter von mir das Plateau des Berges, auf welchem ſich der Felſen befindet, beſtiegen, und er erzählte mir, daß der Vogel laut ſchreiend abgeflogen ſei. Hieraus mußte ich ſchließen, daß er zum zweiten Male gelegt habe, weil er ſonſt, wenn er ſich des Sommers, nachdem ihm die Eier genommen waren, noch dort aufhielt, ſtets ruhig abflog. Ich begab mich alſo nach dort und fand, daß er zu einer zweiten Brut geſchritten war und auf zwei Eiern brütete. Meine Angaben über Prat. rubicola fanden ſich dagegen in dieſem Jahre wieder beſtätigt und fand ich, daß der eine Vogel trotz des kalten Frühlings ſchon am 15. April ausgelegt hatte, ein zweiter am 18. und 5 Stück am 20. Obwohl das Suchen der Neſter außerordentlich mühſam iſt, ſo wollte ich meine früheren Angaben noch einmal kontroliren. — 161 — Wie übrigens der letzte kalte Winter geſchadet hat, dürfte aus folgender Notiz zu erſehen ſein, welche mir der hieſige Conſervator Beckmann gab. Darnach wurden bei ihm abgeliefert: Syrn. aluco 37 Stück, hiervon ¼ todt gefunden, die übrigen vor Mattigkeit Strix flammea 5 „ 7 „ 5 gefangen. Ath. noctua 7 „ 70 1 1 Buteo vulgaris 61 „ 15 8, ” Ich muß bemerken, daß ſämmtliche Eulenarten hier jelten find und daß der weitgrößte Theil derſelben des hohen Schnees wegen gar nicht gefunden ſein kann. H. Ochs. Der Zeiſig als Jongleur. Wie oft habe ich gehört und geleſen von der abſcheulichen Grauſamkeit, welche ſich darin offenbart, daß gewiſſe Menſchen die Zeiſige abrichten, ſich ihr Futter in einem Wägelchen heranzuziehen! — Wenn hier eine Thierquälerei vorliegt, dann iſt es unſere Pflicht, ſcharf gegen ſolches Gebahren vorzugehen. Zuvor aber müſſen wir unterſuchen, ob es wirklich eine Thierquälerei iſt. Zu dieſem Behufe empfehle ich folgendes Experiment, welches ich oft genug gemacht habe. | Wer einen Zeiſig befißt, der von Zeit zu Zeit ſeinen Käfig verlaſſen und einen freien Flug durch das Zimmer machen kann, der befindet ſich in der ge— eigneten Lage. Er wählt eine runde Pulverſchachtel von etwa zwei Zoll Durch— meſſer aus, wie ſolche die Apotheker verabreichen. In dem Deckel ſchneidet er ein konzentriſches kreisrundes Loch von einem Zoll Durchmeſſer aus und leimt dann den Deckel feſt auf. Durch den obern Rand der Schachtel bohrt er dann drei Löcher, zieht drei am Ende geknotete Fäden hindurch, die er dann zwei Zoll über dem Deckel zuſammenknüpft, und verbindet dieſen letzten Knoten mit einem über ſpannenlangen Schnürchen, an welchem nun die Schachtel hängt wie eine Wag— ſchale. Mit dieſem Schnürchen hängt man das mit Mohnſamen gefüllte Schächtelchen an einem Tannenzweig oder etwas Aehnlichem frei auf, ſo daß es etwa eine Spanne lang herabhängt. Sowie der Zeiſig die Schachtel von oben her ſieht, ſo daß er von ihrem Inhalt Kenntniß nehmen kann, iſt er auch ſofort dabei, dieſelbe an dem Faden emporzuziehen, indem er immer wieder tief hinabgreifend den Faden mit dem Schnabel packt, ſich aufrichtet und ihn mit dem Fuß feſthält. Eines Unterrichtes bedarf es gar nicht: höchſtens kann man anfänglich die Schachtel etwas kürzer hängen, damit einige Mißerfolge das Thier nicht abſchrecken. Von nun an frißt der Zeiſig lieber aus dieſer Schachtel, wie aus ſeinem bequemen Futternapf, den er doch jederzeit erreichen kann; man ſieht es ſeinem ganzen Betragen an, daß ihm das Aufziehen beſonderen Spaß macht. Er zieht das Schächtelchen auch herauf, wenn er keinen Hunger hat. — Verhält es ſich nun ſo bei einem Zeiſig, dem von — 162 — ſeinem Käfig aus zu Zeiten Freiflüge im Zimmer geſtattet ſind, ſo wird für einen auf den Aufenthalt im Käfig beſchränkten ein ſolcher Futterapparat geradezu eine . ein trefflicher Turnapparat und ein Mittel gegen die Langweile ſein. K. Th. Liebe. Druckfehlerberichtigung. In der Mainummer muß es heißen Seite 111 Zeile 20: 4—6 ſtatt 6—9 „5 „ 2: 620, 10-16 „ ee else me ee, was wir ergebenſt zu berichtigen bitten. Anzeigen. Meine neuen Verzeichniſſe: Nr. 97 über Colibri, und Nr. 98 ihre Sünge: thiere in Bälgen, in Spiritus, in Rohſkeletten und in Schädeln ſind erſchienen und ſtehen auf Wunſch portofrei und koſtenlos zu Dienſten. Wilh. Schlüter in Halle a. S. Hans Maier in Alm a. d. Donau, directer Import italien. Producte, liefert halberwachſene ital. Legehühner und Hähne: f bunte Dunkelfüßler ab Ulm % 1,20, franco % 1,40, ſchwarze „ 2 %%%ͤö»;«;«õ̃%½Üỹ¹' BRAD, bunte Gelbfüßler 1 e Adam 1,60, reinbunte Gelbfüßler gi DE 55 1 2100, reinſchwarze Lamotta 5 1 4200 Hundertweiſe billiger. Preisliſte poſtfrei. Auch Rieſengänſe, Enten, Berl: und Truthühner. Thierhandlung von Gebr. Reiche in Alfeld (Prov. Hannover). Gegenwärtig vorräthige ausländiſche Zier⸗ und Singvögel: en aß 1% ug gut eingewöhnt (ſeit März in unſerem Beſitz), geſund Dornaſtrilde 5 12 und in ſchoͤnem Gefieder. Nonpareils Männchen St. M 7; rothe Kardinäle Mech. St. M 9; graue Kardinäle m. roth. Haube P. % 12; Graue Reisvögel P. & 3,50; Bandfinken P. , 3,50 Silberſchnabel P. , 3, 50; ſchwarzköpf., weißköpf. und dreifarb. Nonnen P. , 3,50; Paradieswittwen, Atlasfinken, Feuerweber in Farbe kommend P. M 3,50; Kuhſtaare | (Molobrus pecoris) Mch. u. Weh. P. A 10; mexik. Blauelſtern 1 yucata- nicus) Mch. u. Weh. P. AM 80; amerik. Bergtauben Mch. u. Weh. P. , 20; Meinaten (Gracula religiosa) St. AM 30; Bootſchwanz (Graeula quiscalus) St. .M 8; Loris von den blauen Bergen P. / 50; große gelbhaubige Kakadus St. M. 25; amerik. Spottdroſſeln in Geſang St. M 30; Sonnenvögel P. M 12; Cubafinken P. 15; rothe Kolbenenten P. / 75. 0 Nur 3 1 Vögel kommen um m [3031 en Prof. Dr. K. Th. Biebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle. al 1 $ I des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. mine n 5 Redigirt von Jahres = Beitrag von fün ar . Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ und lten d : : : heit unentgeltlich u ee Hofrath Prof. Dr. Liebe, der finden koſtenfreie Aufnahme, e e er 11 1 15 Dr. Ney, Dr. Frenzel, ſoweit der Raum es geſtattet. u des Vereins Herrn Kanzli 2 intri trägt 1 Rohmer in Zeitz erbeten. SR ⸗Inſp. 5 e ee XI. Jahrgang. Juli 1886. i Nr. 7. Inhalt: An die geehrten Vereinsmitglieder. Monatsverſammlung zu Eisleben am 5. Mai 1886. — Victor Ritter von Tſchuſi: Die Vogelwelt meines Gartens. Baurath Pietſch: Beobachtungen über den Frühjahrszug der Vögel in der Umgegend von Torgau für das Jahr 1886. Karl Krezſchmar: Ornithologiſche Mittheilungen aus der Umgegend von Sprottau: I. Frühjahrs— beobachtungen. Baurath Pietſch: Das Verſchwinden der Nachtigall in Roitzſch betreffend. — Kleinere Mittheilungen: Eingewöhnung von Goldhähnchen. Seltenes Auftreten des Kuckucks. — Anzeigen. An die geehrten Vereinsmikglieiler. Der königliche Forſtmeiſter, Herr Jacobi von Wangelin in Merſeburg hat die Güte gehabt, die von Seiten des Vorſtandes bei Gelegenheit der Verſammlung in Eisleben berathene und ihm dann angetragene Wahl zum interimiſtiſchen Vor— ſitzenden bis zur nächſten Hauptverſammlung anzunehmen. K. Th. Liebe. 13 — 164 — Die Ausgabe des großen Vogelbildes hat begonnen. Die Mitglieder unſeres Vereins erhalten dasſelbe in einem Exemplar, ohne Text, gegen Baareinzahlung von 2½ W von unſerem Rendanten Herrn Rohmer in Zeitz, und einen Sonder— abdruck des Textes gegen Einzahlung von ½ / Nichtmitglieder erhalten das Bild nebſt Text für den Netto-Baarpreis von 4½ / von dem Buchhändler Herrn Huch in Zeitz. Der Vorſtand. Monatsverſammlung zu Eisleben am 5. Juni 1886. Der Herr Regierungspräſident von Dieſt aus Merſeburg, der nebſt dem Herrn Forſtmeiſter von Wangelin von da eingetroffen, eröffnete die ziemlich gut beſuchte Verſammlung, an der vor Allem viele Herren aus Leipzig theilnahmen und zu der die Vorſtandsmitglieder Thiele aus Halle und Dr. Rey aus Leipzig, ſowie u. a. auch die Herren Baurath Pietſch und Dr. Scheidemantel aus Torgau, Prof. Goering und Prof. Dr. Mar] hall aus Leipzig erſchienen waren. Zunächſt gedachte der Herr Vorſitzende der um den Verein jo hochverdienten Herren: Ne gierungsrath von Schlechtendal und Paſtor Thienemann, die beide demſelben zu früh entriſſen ſeien. An des Letzteren Thätigkeit mahne uns vor allem das nun | fertig vorliegende Vogelbild, welches von ihm ins Leben gerufen, von Herrn Prof. | Liebe unter Theilnahme des Herrn Paſtor Allihn nunmehr fertig geſtellt reſp. beſchrieben iſt. Von dem Bilde find 81 Exemplare an die Regierungen, Minifterien 2c. Deutſchlands mit dem Erſuchen abgeſandt, die Anſchaffung desſelben für Schulen und Lehranſtalten fördern zu wollen, auch den Ehrenmitgliedern des Vereins iſt ein Vogelbild überreicht worden. Hierauf erhielt der Herr Gymnaſial-Director Dr. | Gerhardt aus Eisleben das Wort. Derſelbe begrüßte die Verſammlung, auf die ornithologiſche Bedeutung der nahen Seen hinweiſend, an denen der berühmte Naumann, der Altmeiſter der deutſchen Ornithologen, beobachtet und geſammelt habe. Seine, des Herrn Redners, Pietät für denſelben habe ihn veranlaßt, eine Sammlung der Vögel, die im Mansfelder Kreiſe leben, für das Gymnaſium an— zulegen. Bei der Größe der Sammlung habe ſich eine Auswahl zur Vorlegung etwa bei heutiger Verſammlung nicht treffen laſſen. Mehrere Herren aus Leipzig ꝛe. hätten dieſelbe heute Nachmittag bereits beſichtigt. Schließlich fordert der Herr Dr. Gerhardt auf, das Andenken Na um anns durch Erheben von den Plätzen zu ehren. Der Herr Dr. Rey, von dem Vorſitzenden erſucht, berichtete hiernächſt über die von dem Herrn Gymnaſial-Director zuſammengeſtellte Vogelſammlung. Der⸗ | jelbe theilte mit, daß er zwar mit großen Erwartungen in Bezug auf dieſe Samm- lung hierher gekommen ſei, dieſe Erwartungen aber weit übertroffen wären. Von den meiſten Vögeln ſeien höchſt intereſſante Suiten zuſammengeſtellt, und dadurch ſei die Sammlung eine Fundgrube ſeltenſter Art geworden. Zudem ſeien die ein⸗ zelnen Exemplare ganz vorzüglich conſervirt. — 165 — Hierauf erhielt Herr Prof. Dr. Marſhall aus Leipzig das Wort zu ſeinem Vortrage „Deutſchlands Vogelwelt im Laufe der Zeiten“. Derſelbe hat verſprochen, hierüber ein beſonderes Referat zu liefern. Nach einem einleitenden Ueberblick der Entwickelungsgeſchichte überhaupt zeigte er, wie die Vogelwelt ſich an die klimatiſchen Perioden angepaßt habe. Reicher Beifall lohnte dem Redner. Der Herr Vorſitzende brachte ihm den Dank des Deutſchen Vereins z. Sch. d. Vogelwelt dar. Herr Prof. Goering ſprach demnächſt über das von ihm gemalte Vogelbild und die Entſtehung ſowie Herſtellung desſelben und ließ dann eine Schilderung ſeiner Reiſen in Südamerika unter Bezugnahme auf die von ihm ausgelegten zahlreichen landſchaftlichen Skizzen folgen. Auch ihm wurde reicher Beifall zutheil. \ Zum Schluß wies der Herr Vorſitzende auf die edlen Beſtrebungen des Ver: eins hin und forderte zu reicher Betheiligung an dem Spaziergange nach dem ſalzi— gen See auf, der für den nächſtfolgenden Tag geplant ſei. Dieſer Spaziergang fand unter Betheiligung der Herren von Merſeburg, Torgau, Leipzig und Halle ſtatt und erſtreckte ſich unter gütiger Führung des Herrn Prof. Dr. Größler, Vorſitzenden des Vogelſchutzvereins von Eisleben, von Ober— röblingen am See bis über das zu Wansleben gehörige Gaſthaus am See hinaus und nach dem daſelbſt ſüdöſtlich des Sees liegenden Teiche. Mancherlei Vögel wurden beobachtet, inſonderheit bot der letzterwähnte Teich mit ſeinen zahlreichen Entenarten, u. a. rufina und nyroca ein prächtiges ornithologiſches Bild. Einiger⸗ maßen ſteril war der Weg von dort nach dem Bahnhof Teutſchenthal, von wo die Geſellſchaft nach Oberröblingen zur Empfangnahme der Reiſeeffekten zurückkehren mußte. Nach einem einfachen, aber gut bereiteten Mittagseſſen hierſelbſt trennten ſich die Theilnehmer an der Excurſion in dem Bewußtſein froh verlebter Stunden und eilten in ihre Wohnorte zurück, neu geſtärkt zur Wiederaufnahme des gewohnten Berufes. Thiele. Die Vogelwelt meines Gartens. Von Vict. Ritter von Tſchuſi zu Schmidhoffen. „Es iſt für die Wiſſenſchaft von weit größerem Nutzen, ein kleines Gebiet ge: nau und ſorgfältig zu beobachten, als große Länderſtrecken flüchtig zu durch⸗ forſchen.“ F. A. L. Thienemann. Auch auf beſchränktem Raume läßt ſich Manches, unter günſtigen Verhält⸗ niſſen ſogar Vieles beobachten. Unzählige Male wurde ich an die vorangeſtellten Worte des berühmten Eierkundigen erinnert, wenn zur Zeit des Zuges dieſe oder jene ſeltene Art, nach der ich draußen oft vergeblich geſpäht, ſich plötzlich in meinem Garten zeigte, wenn Vertreter der Alpen- und Sumpfornis ſich daſelbſt einfanden. Die 13* — 166 — 5 günſtige Lage des Gartens und deſſen den Vögeln zuſagende Verhältniſſe tragen wohl das Meiſte dazu bei, daß er von den verſchiedenſten Arten zur Zugzeit beſucht wird. Mein Beſitz „Villa Tännenhof“ liegt im Salzburg'ſchen, in der Mitte der von der Salzach durchſtrömten Halleiner Thäler, ungefähr 441 m ü. M. Er ift circa 3 Hektare groß und hat viele Laub- und Nadelbäume und Gebüſche, welche letztere hauptſächlich eine beſondere Anziehung auf viele Wanderer ausüben. Vor dem Beſitze liegen, im Thale zerſtreut, einzelne Gehöfte, von den dazu gehörigen Felde und Wieſengründen umgeben. In der Thalmitte ſieht man an den Feld: und Wieſenrainen nur ab und zu vereinzelte Gebüſche, ſeltener einen höheren Baum, während an der rechten Seite ein mit Weidenſtauden bewachſener Material⸗ graben ſich längs der Bahn fortzieht und an der linken Feld, Wieſen und Wege von Gebüſchen und dazwiſchen ſtehenden höheren Bäumen begrenzt werden. Niedere Hügelzüge ſteigen hier allmählich empor. Bei ſanfter Neigung auf der Weſtſeite reichen Felder, bei ſtarker Wieſen bis beinahe zur Höhe der Hügelrücken; bei ſteilem Abfalle aber ſind ſie bewaldet oder mit Vorgehölz (Haſeln) bewachſen oder zeigen eine bald längere, bald kürzere Wandbildung. Hinter dem Garten, und in ge⸗ ringer Entfernung, fließt der aus dem Hinterſee kommende Almbach und ergießt ſich vor Hallein in die Salzach. Sein im Sommer häufig ausgetrocknetes Bett umgeben zu beiden Seiten niedere Auen. Außer Salzach und Alm durchfließt ein kleiner Bach das Thal, erſt der Richtung desſelben folgend, dann faſt unter einem rechten Winkel abbiegend, das Thal überquerend, um nach kurzem Laufe in die Salzach ſich zu ergießen. Dies iſt, mit flüchtigen Strichen gezeichnet, die nähere Umgebung meines Wohngebietes, welcher Schilderung ich einige allgemeine Angaben über den Vogel⸗ | zug noch beifügen will, da ich nicht daran zweifle, daß jelbe für Manchen von | Intereſſe jein werden, um jo mehr als jenem, entgegen dem Flachlande, durch die Natur die Wege vorgezeichnet ſind, auf denen er ſich bewegen muß. Die Zug: vögel kommen, mit ſehr wenigen Ausnahmen, im Frühjahr aus dem Nordweſten zu uns und ziehen nach Südoſten und umgekehrt im Herbſt. Dieſe abnorme Zug⸗ ö richtung hat ihren Grund in der Terraingeſtaltung. Das Halleiner, bez. Salzach— | thal erſtreckt ſich in einer Länge von 22 km in nordweſtlicher Richtung und mündet unfern Salzburg in das flache Land. Dies iſt die Ein- und Ausbruchsſtelle faſt für alle das Thal paſſirenden Zugvögel, da die beiden Seiten durch Vorberge | und dahinter liegendes höheres Gebirge eingeſchloſſen werden, während im Südoſten, | einer gigantischen Mauer gleich, das bis zu einer Höhe von 2—2400 m aufragende Sännengebirge das Thal abſperrt. Nur zwei enge, von hohen Felſen eingeſchloſſene Ausgänge liegen am Thalbeginn: rechts zwiſchen Sännen- und Hagengebirge der bei 2 Stunden lange Paß Lueg, den die Salzach durchſtrömt, und links das Lammer⸗ | thal. Erſterer vermittelt die Verbindung mit dem Pongau und Pinzgau und im — 167 — weiteren Verlaufe mit Steiermark und Tirol, letzteres mit dem Salzkammergute; beide Thalausgänge ſind aber wegen der ſich vorſchiebenden Berge aus der Ferne dem Auge unſichtbar, ſo daß das Thal vollkommen abgeſchloſſen erſcheint. Anſtatt, wie man glauben ſollte, die Zugvögel aus dem im SSO. gelegenen Paß Lueg zu empfangen, empfängt ſie das Halleiner-Thal, mit Ausnahme von verſchiedenen Raubvögeln, den Störchen und Reihern, die ich öfter von dorther ankommen ſah, man kann ſagen faſt ausſchließlich vom NW., alſo von der Thalmündung aus, wohin auch der Zug im Herbſte gerichtet iſt. Würde es ſich nur um Individuen handeln, die im Thale ſelbſt brüten, ſo wäre die abnormſcheinende Zugrichtung durch den einzigen offenen Thalausgang erklärt. Aber nur ein ſehr geringer Theil der hier erſcheinenden Zugvögel brütet daſelbſt; der größte Theil zieht weiter und manche Arten, die man alljährlich ſehen kann, pflanzen ſich im Lande überhaupt nicht fort. Ob nun die hier durchziehenden Vogelflüge durch den Paß Lueg oder, was mir weit wahrſcheinlicher, durch das Lammerthal ihren Weg nehmen, läßt ſich mit voller Beſtimmtheit gegenwärtig nicht ſagen, da es an korreſpondirenden Beobachtungen an den vorgenannten Thalausgängen leider noch fehlt. Im Nachſtehenden folgt die Liſte der bisher in meinem Garten beobachteten Arten: I. Ordn. Rapaces. Raubvögel. 1. Milvus regalis, auet. Rother Milan. Seltenheit. Den 7. April 1873 einer vorüberziehend. 2. Cenchreis tinnunculus, L. Thurmfalke. Kommt überhaupt nur ſpärlich, be— ſonders als Brutvogel, vor. Im Frühjahre ſieht man ihn zuweilen über dem Garten rüttelnd, oder auf einem in der Nähe der Gartenmauer ſtehen— den Nußbaume blockend. Zur Winterszeit beſuchen ab und zu vereinzelt durchziehende den Garten und halten dann auf einem hohen, die anderen Bäume überragenden Birnbaume kurze Raſt. 3. Falco subbuteo, L. Lerchenfalke. Erſcheint öfters, beſonders zur Brütezeit. 4. Falco peregrinus, Tunst. Wanderfalke. Ein Paar, das in den „Parmſteinen“ ſeinen Horſt hat, kreiſt, ſobald die Jungen flügge geworden, öfters über dem Garten; am Zuge faſt alljährlich einzelne. 5. Astur palumbarius, Linn. Habicht. Selten und nur vereinzelt im Durchzuge. 6. Aceipiter nisus, Linn. Sperber. Zu jeder Jahreszeit ſich zeigend, beſonders wenn die jungen Staare flügge geworden. Einer ſtieß einmal zur Winters- zeit auf einen zwiſchen dem Fenſter ſtehenden ausgeſtopften Mauerläufer. . Pandion Haliaétus, L. Fiſchadler. Nur einmal, den 14. Mai 1879, ein Exemplar über dem Garten nach dem Almbache, wo er einige Zeit rüttelte, aber bald, von Krähen beläſtigt, in nordweſtlicher Richtung abzog. —] 9. — 168 — . Archibuteo lagopus, Brünn. Rauchfußbuſſard. Nur einmal, den 10. Januar 1883, von mir geſehen. Buteo vulgaris, Bechst. Mäuſebuſſard. Im Frühjahre nicht ſelten und zu⸗ weilen auf dem beim Thurmfalken erwähnten Nußbaume blockend. . Circus eyaneus, L. Kornweihe. Nur einigemale am Frühjahrs-, ſeltener am Herbſtzuge geſehen. . Otus vulgaris, Flemm. Waldohreule. Ein einziges Mal traf ich ein Exemplar, das ſich an den Stamm einer Linde gedrückt hatte. II. Ordn. Fissirostres. Spaltſchnäbler. . Cypselus apus, L. Segler. Häufig; 2 Paare brüten gewöhnlich im Nachbar⸗ hauſe. Hirundo rustica, L. Rauchſchwalbe. Häufig, ohne jedoch im Haufe zu brüten Die Var. pagorum, Chr. L. Br. wurde einigemale beobachtet und in einem Exemplar auch erbeutet. Hirundo urbica, L. Stadtſchwalbe. Seltener. „Hirundo riparia, L. Uferſchwalbe. Nur in geringer Zahl am Durchzuge. III. Ordn. Insessores. Sitzfüßler. . Cuculus canorus, L. Kuckuck. Am Frühjahrszuge nur ſparſam, häufiger im Herbſte und meiſt in jungen Exemplaren. . Alcedo ispida, L. Eisvogel. Selten durchfliegend. . Coraeias garrula, L. Blauracke. Ueberhaupt ſehr ſelten. Den 14. Mai 1880 beobachtete mein Sohn Rudolf ein Exemplar. IV. Ordn. Coraces. Krähen. . Oriolus galbula, L. Goldamſel. Häufiger im Herbſt als im Frühjahre am Durchzuge. Pastor roseus, L. Roſenſtaar. Zweimal im Garten beobachtet und erlegt: 2 den 9. Juli 1871, & den 9.? 1883. . Sturnus vulgaris, L. Staar. Brutvogel im Garten in Niſtkäſtchen, hat aber ſeit einigen Jahren an Zahl abgenommen. . Pyrrhocorax alpinus, L. Alpendohle. Im zeitigen Frühjahr erſcheinen zeit: weiſe Flüge ſelbſt im Garten, wo ſie übrigens nur kurze Zeit verweilen. . Lycos monedula, L. Dohle. Fliegt nicht ſelten über den Garten und erſchien einigemale auch in demſelben. Corvus corone, L. Rabenkrähe. Sommer und Winter hindurch gemein. . Corvus cornix, L. Nebelkrähe. Sehr ſelten am Durchzuge erſcheinend. Corvus frugilegus, L. Saatkrähe. Nur während der Winterszeit und da häufig. I . Pica caudata, Boie. Elſter. Nur wenige Brutpaare in der Gegend, die haupt: ſächlich im Winter und zur Brütezeit im Garten erſcheinen und viele Bruten kleiner Vögel vernichten. „ Garrulus glandarius, L. Eichelheher. Am Durchzuge im Herbſt einzeln und familienweiſe, vereinzelt auch im Winter unter Gebüſchen im Garten. . Nucifraga caryocatactes, L. Tannenheher. Alljährlich bald ſeltener, bald häufiger zur Herbſtzeit auf den Haſelſtauden erſcheinend; im zeitlichen Früb- jahr, wiewohl ſeltener, einzeln oder paarweiſe. V. Ordn. Scansores. Klettervögel. . Geeinus viridis, L. Grünſpecht. . Geeinus canus, L. Grauſpecht. Beide Arten erſcheinen alljährlich zu den Zugzeiten, letzterer jedoch ſeltener. 2. Dryocopus martius, L. Schwarzſpecht. Nur einmal fiel ein Exemplar, der das Thal überquerte, zur Herbſtzeit auf dem höchſten Baume für einige Augenblicke ein. 33. Pieus major, L. Großer Buntſpecht. Erſcheint zur Herbſt-, ſeltener zur Winters— zeit alljährlich, meiſt zu beſtimmter Zeit, im Garten. . Pieus minor, L. Zwergſpecht. Nur am Durchzuge zu beiden Zugzeiten in be— ſchränkter Zahl. . Jynx torquilla, L. Wendehals. Alljährlich ziemlich häufig am Frühlings-, er ſelten am Herbſt⸗Durchzuge. Sitta caesia, Meyer. Spechtmeiſe. Nach vollendetem Brütegeſchäfte erſcheinen Alte und Junge im Garten. . Tiehodroma muraria, L. Alpenmauerläufer. Zweimal im Winter beobachtet: einmal an der Gartenmauer und einmal von meinem Sohne Rudolf von der Villa herabgeſchoſſen. . Certhia familiaris, L. Langzehiger Baumläufer. Zu beiden Zugzeiten, be⸗ ſonders im Herbſte, nicht ſelten. Upupa epops, L. Wiedehopf. Am Zuge im Frühjahr, ſelten im Herbſt. Vl. Ordn. Captores. Fänger. . Lanius excubitor, L. Raubwürger. Zur Winterszeit alljährlich in vereinzelten Exemplaren im Garten erſcheinend. . Lanius major, Cab. nec Pall. Einſpiegeliger Raubwürger. Einigemale zur Winterszeit geſchoſſen. . Lanius minor, Linn. Kleiner Grauwürger. Eine ſeltene Erſcheinung am Früh— jahrszuge. . Lanius rufus, Briss. Rothköpfiger Würger. Oefters am Frühjahrszuge, ſelten im Herbſte. 44, or = 60. — 170 — Lanius collurio, L. Rothrückiger Würger. War früher ſehr häufig, auch als Brutvogel in mehreren Brutpaaren vertreten. Seit ich ihn jedoch als regen Neſtplünderer kennen gelernt habe, dulde ich ihn im Intereſſe der übrigen Singvögel im Garten nicht. | . Museicapa grisola, L. Grauer Fliegenſchnäpper. Erſcheint zu beiden Zugzeiten. .Muscicapa parva, Bechst. Zwergfliegenfänger. Bisher nur am Herbſtzuge in jungen und alten Exemplaren mehrmals erſchienen. 47. Museicapa luctuosa, L. Schwarzrückiger Fliegenfänger. Am Frühjahrs- und Herbſtzuge, aber nicht häufig. . Accentor alpinus, Bechst. Alpenbraunelle. Erſchien nur einigemale gegen Ende des Winters. Accentor modularis, L. Heckenbraunelle. Zu beiden Zugzeiten, aber in ge⸗ ringer Zahl. „ Troglodytes parvulus, L. Zaunkönig. Vom Herbſt bis zum Frühjahr in einzelnen Exemplaren vertreten. ‚ Cinelus aquaticus, L. Bachamſel. Einigemale flog eine im Herbſte durch den Garten. . Poeeile palustris, L. Sumpfmeiſe. Vom Herbſt bis zum Frühjahr in einigen Exemplaren anweſend. . Parus ater, L. Tannenmeiſe. Am Frühjahrs- und Herbſtzuge überqueren Flüge das Thal und halten ſich dann kurze Zeit auf den Fichten und Lärchen auf. | . Parus eristatus, L. Haubenmeiſe. Die ſeltenſte Art, die nach vollendeten Brütegeſchäft, meiſt einzeln, im Garten auf kurze Zeit erſcheint. . Parus major, L. Kohlmeiſe. 5 . Parus coeruleus, L. Blaumeiſe. Beide erſcheinen außer der Brutzeit zahlreich im Garten. erſcheinen einzelne Flüge nicht ſelten im Garten, darunter auch die ſchwarz⸗ geſtreifte Var. rosea, Blyth. in allen Uebergängen zur rein weißköpfigen. Regulus cristatus, Koch. Gelbköpfiges Goldhähnchen. Häufig einzeln und familienweiſe am Zuge. . Regulus ignicapillus, Chr. L. Br. Feuerköpfiges Goldhähnchen. Zu beiden Zugzeiten, aber weit ſeltener; einmal im Sommer eine ganze Familie, Alte und Junge, beobachtet. VII. Ordn. Cantores. Sänger. Phyllopneuste sibilatrix, Beehst. Waldlaubvogel. Erſcheint unregelmäßig und nur in geringer Zahl zu beiden Zugzeiten. . Acredula caudata, L. Schwanzmeiſe. Vom Spätherbſt bis zum Frühling 61. 62. 69. 64. 65. 66. 67. 68. 69. — 171 — Phyllopneuste trochilus, L. Fitislaubvogel. Beide Arten ſind zur Zugzeit Phyllopneuste rufa, Lath. Weidenlaubvogel. | sehr Häufig. Phyllopneuste Bonellii, Vieill. Berglaubvogel. Erſcheint zu beiden Zugzeiten, häufiger jedoch im Herbſt. N Hypolais salicaria, Bp. Gartenſpötter. Am Frühjahrs- und Herbſtzuge, aber ziemlich ſelten. Acrocephalus palustris, Bechst. Sumpfrohrſänger. Am Frühjahrszuge ziemlich häufig, ſehr ſelten dagegen im Herbſt. Im Mai 1876 war er häufig und ſangen zuweilen 3—5 Männchen auf einmal im Garten. Acrocephalus arundinacea, Naum. Teichrohrſänger. Zu beiden Zugzeiten nicht ſelten. Acrocephalus turdoides, Meyer. Droſſelrohrſänger. Im Frühjahr und Herbit, aber ſelten am Durchzuge. Locustella naevia, Bodd. Heuſchreckenrohrſänger. Ziemlich ſelten, aber zu beiden Zugzeiten. Den 15. Mai 1884 hörte ich von meinem Zimmer aus 2 Männchen gleichzeitig im Garten ſchwirren. Locustella luscinioides, Sav. Nachtigallrohrſänger. Ein einziges Exemplar dieſer höchſt ſeltenen Art ſah ich den 1. Mai 1883 in einem Juniperus sabina in meinem Garten. . Calamoherpe phragmitis, Bechst. Schilfrohrſänger. Zu beiden Zugzeiten nicht ſelten. . Sylvia curruca, L. Zaungrasmücke. Häufig; gewöhnlich ein Brutpaar. Sylvia einerea, Lath. Dorngrasmücke. Gemein; meiſt 2—3 Brutpaare. Sylvia atricapilla, L. Schwarzköpfige Grasmücke. Am Frühjahrszuge ſparſam, im Herbſte, wenn die Hollunderbeeren reifen, ſehr zahlreich. . Sylvia hortensis, auet. Gartengrasmücke. Zu beiden Zugzeiten häufig; 1—2 Brutpaare. . Merula vulgaris, Leach. Kohlamſel. Den ganzen Winter hindurch in einigen Exemplaren, meiſtens Männchen; junge, noch unvermauſerte Vögel, ſtellen ſich öfters ſchon im Juli ein. . Merula torquata, Boie. Ringamſel. Nur im Frühjahr beobachtet, beſonders nach einem ſpäten, ſtarken Schneefall, der die ſchon an ihren Brutplätzen angelangten Ringamſeln oft in großer Menge zu Thal drängt. Nach dem bedeutenden Schneefalle in der Nacht vom 12. auf den 13. April erſchienen Hunderte in meinem Garten und blieben daſelbſt theilweiſe bis zum 15. In den Mittags- und Nachmittagsſtunden beſetzten ſie alle höheren Bäume und führten ein Concert aus, das man ſo vollzählig ſelbſt im Gebirge nicht zu hören bekommt. 77. 78. 29. I 80, „ Rutieilla tithys, L. Hausrothſchwänzchen. Häufig und zuweilen auch niftend; 8 — 82. 2m Turdus pilaris, L. Wachholderdroſſel. Zur Zugzeit öfters, vereinzelte auch im Winter. Turdus viseivorus, L. Miſteldroſſel. Erſcheint im Winter nur vereinzelt. 'urdus musicus, L. Singdroſſel. Zu beiden Zugzeiten nicht ſelten im Garten. Turdus iliacus, L. Weindroſſel. Nur ſelten auf dem Zuge erſcheinend. auch überwinternde traf ich vereinzelt an. Die graue Gebirgsform R. montana, Chr. L. Br. traf ich gleichfalls ln an. Ruticilla phoenieurus, L. Gartenrothſchwänzchen. Häufig, gewöhnlich in 2—3 Paaren brütend. Ich erlegte zum größten Theile im Garten eine ſehr in: tereſſante Suite mehr oder weniger hahnenfedriger Weibchen, über die ſich Näheres in v. Madaräsz, Zeitſchr. f. d. geſ. Orn. III, 1886 findet. . Luseinia minor, Chr. L. Br. Nachtigall. Erſcheint in geringer Zahl zu beiden Zugzeiten. J. Luseinia philomela, L. Sproſſer. Nur einmal am Herbſtzuge angetroffen. . Cyanecula leucocyanea, Chr. L. Br. Weißſterniges Blaukehlchen. Alljährlich, häufiger im Herbſte als im Frühjahre. . Dandalus rubecula, L. Rothkehlchen. Zu beiden Zugzeiten häufig. . Saxicola oenanthe, L. Grauer Steinſchmätzer. Im Frühjahr und Herbſt, aber nicht häufig. . Pratincola rubetra, L. Braunkehliger Wieſenſchmätzer. Kommt öfters, auch während der Brütezeit, in den Garten. . Pratineola rubicola, L. Schwarzkehliger Wieſenſchmätzer. Nur am Durchzuge und auch da ſehr ſelten. . Motacilla alba, L. Weiße Bachſtelze. Häufig. . Motaeilla sulphurea, Bechst. Gebirgsbachſtelze. Im Spätherbſt und zeitigen Frühjahr zuweilen im Garten. . Budytes flavus, L. Gelbe Schafſtelze. Erſcheint zur Herbſtzeit einzeln oder in Flügen, aber nicht häufig. . Anthus aquaticus, Bechst. Waſſerpieper. Im Spätherbſt, Winter und zeitigen Frühjahr nicht ſelten. . A. arboreus, Bechst. Baumpieper. Zu beiden Zugzeiten. . A. pratensis, IL. Wieſenpieper. Seltener und meiſt nur vereinzelt im Herbſte. 5. A. campestris, Bechst. Brachpieper. Nur vorüberziehend. . Galerita cristata, L. Haubenlerche. Sehr ſelten am Durchzuge im Herbſt. „Lullula arborea, L. Baumlerche. Im Herbſt einzeln oder in kleinen Flügen, aber ſelten. Alauda arvensis, L. Feldlerche. Zu beiden Zugzeiten, aber ſparſam. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. . 112. 113. 114. 115. 116. 117. 118. 119. — 173 — VIII. Ordn. Crassirostres. Dickſchnäbler. Miliaria europaea, Swains. Grauammer. Erſcheint zur Winterszeit, aber ſelten und nur in geringer Zahl. Emberiza eitrinella, L. Goldammer. Das ganze Jahr häufig; 2—3 Brutpaare. Emberiza hortulana, L. Gartenammer. Den 1. Mai 1879 ein Männchen erlegt. Sehoenicola schoeniclus, L. Rohrammer. Häufiger am Herbſt- als am Früh⸗ jahrszuge und dann meiſt im Spargelgarten. Passer montanus, L. Feldſperling. Nicht ſelten vom Herbſt bis Frühjahr. Passer domesticus, L. Hausſperling. Das ganze Jahr gemein, auch brütend. Fringilla coelebs, L. Buchfink. In 3 — 4 Paaren brütend; einzelne Männ- chen, ſeltener Weibchen, überwintern. Fringilla montifringilla, L. Bergfink. Den Winter über oft ſehr häufig, be— ſonders auf dem Futterplatze. Coceothraustes vulgaris, Pall. Kirſchkernbeißer. Wenn die Beeren von Sorbus aucuparia, L. im Garten zu reifen beginnen, erſcheinen alljährlich einzelne oder ganze Familien. Ligurinus chloris, L. Grünling. Nicht ſelten durch das ganze Jahr. Serinus hortulanus, Koch. Girlitz. Vom Frühjahr bis in den Spätherbſt, nicht ſelten, zuweilen auch brütend. Chrysomitris spinus, L. Erlenzeiſig. Zur Zugzeit nicht ſelten auf den Erlen. Carduelis elegans, Steph. Stieglitz. Zur Zugzeit, ſeltener im Sommer, einzeln oder in kleinen Flügen. Cannabina sanguinea, Landb. Bluthänfling. Sehr ſelten am Frühjahrs— zuge, häufiger im Spätherbſt und Winter. Linaria alnorum, Chr. L. Br. Nordiſcher Leinfink. Während 14 jähriger Be: obachtungszeit nur im November 1881 in kleinen Geſellſchaften angetroffen. Linaria rufescens, Schl. et Bp. Südlicher Leinfink. Alljährlich, ſehr ſelten im Frühjahr, häufiger, einzeln oder familienweiſe, im Spätherbſte. Pyrrhula major, Chr. L. Br. Nordiſcher Gimpel. Zur Winterszeit nicht ſelten auf den beerentragenden Sträuchern. Pyrrhula europaea, Vieill. Mitteleuropäiſcher Gimpel. Häufig zur Winters⸗ zeit. Nach dem Flüggewerden der Jungen erſcheinen dieſe einzeln im Garten. Loxia curvirostra, L. Fichtenkreuzſchnabel. Erſcheint im Sommer familien⸗ weiſe auf den Lärchenbäumen. — IX. Ordn. Columbae. Tauben. Columba palumbus, L. Ringeltaube. Oft am Durchzuge vorüberfliegend, ſelten im Garten. 120. 121 122, 123, 124, 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. + Totanus ochropus, L. Punktirter Waſſerläufer. — 174 — Columba oenas, L. Hohltaube. Nur vorüberfliegend. Turtur auritus, Ray. Turteltaube. Zu beiden Zugzeiten, aber ſelten. X. Ordn. Rasores. Scharrvögel. Starna einerea, L. Rebhuhn. Erſcheint zuweilen zur Winterszeit bei hohem 3. Schnee. a Coturnix dactylisonans, M. Wachtel. Vereinzelte Exemplare im Herbſte. XI. Ordn. Grallae. Stelzvögel. Oedienemus crepitans, L. Triel. Am Zuge vorüberfliegend. | Charadrius pluvialis, L. Goldregenpfeifer. Im Spätherbſt hört man zuwelleß | des Abends die Stimmen der vorüberziehenden. | 1 | Vanellus cristatus, M. et W. Kiebitz. Zu beiden Zugzeiten paſſiren Be | den Garten. * XII. Ordn. Grallatores. Reiherartige Vögel. 3 Ciconia alba, Bechst. Weißer Storch. Einzeln oder in kleinen Flügen über 4 den Garten ziehend, hauptſächlich im Herbſt. EB Ardea einerea, L. Grauer Reiher. Einzelne ziehen alljährlich vorüber. 4 Ardea purpurea, I. Purpurreiher. Nur einmal im Herbſt 2 Exemplare am Durchzuge geſehen. 1 Crex pratensis, Bechst. Wieſenralle. Ein einziges Mal im Garten angetroffen. XIII. Ordn. Scolopaces. Schnepfenvögel. | 1 Numenius arquatus, Cuv. Großer Brachvogel. Zu beiden Zugzeiten, aber ; ſehr ſelten, vorüberziehend. 7 Seolopax rusticola, L. Waldſchnepfe. Den 1. November 1880 lagen 3 Sr plare im Garten. | Gallinago seolopaeina, Bp. Bekaſſine. Nur den 25. December 1881 ein Erem- plar im Garten erlegt. 9 Totanus glareola, L. Bruchwaſſerläufer. Actitis hypoleueus, L. Flußuferläufer. Alle 3 Arten überfliegen auf ihrem Zuge den Garten; letztere brütet unfern des Gartens an der Alm in wenigen Paaren. XIV. Ordn. Anseres. Gänſeartige Vögel. Anas boschas, L. Stockente. Zieht im Spätherbſt öfters über den Garten. Anas querquedula, L. Knäckente. Zuweilen am Zuge vorüberfliegend. — 175 — 7 XV. Ordn. Laridae. Mövenartige Vögel. 139. Xema ridibundum, L. Lachmöve. Am Zuge über den Garten fliegend. Im ganzen Salzburgſchen wurden bisher 254 Arten beobachtet, mithin auf einem Raume von 7162 [I Km., entgegen dem von 3 Hektaren meines Gartens, nur um 115 mehr. Linz a/ D., im April 1886. agen über den Frühjahrszug der Vögel in der Umgegend von Torgau für das Jahr 1886 von Baurath Pietſch. . Turdus pilaris, die Wachholderdroſſel, trieb ſich in Flügen bis zu 15 Stück während des ganzen Winters im Glacis und am großen Teich herum. Niſt— kolonien dieſes Vogels ſind bisher in den Waldungen der hieſigen Gegend noch nicht entdeckt worden. ‚ Mergus merganser, der große Säger, traf in mehreren Exemplaren am 14. Februar auf der Elbe ober⸗ und unterhalb Torgau ein. Sechs erlegte Exem— plare, drei 6 und drei 2, habe ich unterſucht, worüber ich mir ſpezielle Mittheilung vorbehalte. Auf der überſchwemmten Feldmark Guben, 5 klm. von Torgau entfernt, zeigten ſich noch am 27. März große Schaaren dieſes ſchönen Vogels und zwar in Gemeinſchaft einzelner Exemplare von: . Clangula glaucion, der Schellente, ferner von . Mergus albellus, dem kleinen Säger, und . Anas acuta, der Spießente. 5. Mergus serrator, der mittlere Säger, wurde während derjelben Zeit in zwei Exemplaren beobachtet. Am 28. März waren die unter 2 bis 6 genannten nordiſchen Gäſte ver- ſchwunden. . Ardea einerea, der graue Reiher, wurde von mir am 14. Februar in drei Exemplaren auf der Feldmark Guben beobachtet. Er hat ſeitdem die dortige 4 Gegend nicht verlaſſen. 8. Motaeilla alba, die weiße Bachſtelze, ſah ich am 26. Februar, nachmittags © 4 Uhr auf dem Dache eines Zehnterhauſes der Domaine Packiſch, Kreis Liebenwerda, ſitzend in vier Exemplaren. Während des Winters war dieſer Vogel dort nicht beobachtet. Am 19. März zeigten ſich einige Pärchen in der Stadt Torgau und im Glacis, bei 50 Kälte. Der Hauptzug traf am 24. März bei Südweſtwind hier ein. 10. u . Anser segetum, die Saatgans, fiel in zwei Flügen von 14 bezw. 6 Stück am 18. März abends 6 Uhr bei Oſtwind und ſtarkem Froſt auf dem zugefrorenen 13. 14. 16. 17. 18. 19. 20. 244 22. — 176 — . Sturnus vulgaris, der Staar, wurde am 27. Februar in einem Exemplar im Garten des Herrn Bettega zu Torgau beobachtet; am 28. Februar ein Flug von 26 Stück. Am 21. März traf der Hauptzug bei 4° Wärme hier ein; am 23. März abends ſchwärmten große Schaaren über dem Rohr am großen Teich und fielen daſelbſt ein. Podiceps minor, der Zwergſteißfuß, wurde am 2. März bei ſtrenger Kälte und heftigem Oſtwinde auf dem Lande unterhalb Torgau mit der Hand ge— fangen. Athene noctua, der Steinkauz, wurde am 10. März erlegt. großen Teich ein. Der Abzug nach Norden erfolgte am 1. April bei Südweſt⸗ ſturm und leichtem Froſt. Pyrrhula europaea, der mitteleuropäiſche Gimpel, wurde in einem Fluge von 14 Stück im Torgauer Glacis am 3. März beobachtet. Am 18. März ſah ich ein Exemplar auf einer Hecke bei Dommitzſch. Fulica atra, das ſchwarze Waſſerhuhn, wurde am 18. März bei ſtarkem Froſt in einem Exemplar verendet auf dem ſchwarzen Graben gefunden. Am 24. März traf ich 40 Stück auf dem Waſſer am Rande des großen Teichs bei lauem Südweſtwinde. . Vanellus eristatus, der Kiebitz, zog in einem Fluge von 7 Stück am 19. März bei Froſt und ſtarkem Weſtwinde die Elbe ſtromabwärts. Lullula arborea, die Heidelerche, traf in einem Fluge von 16 Stück am 16. März ein. Am 20. März wurden zwei Flüge von ungefähr 20 Stück bei Froſt und tiefem Schnee auf der Feldmark Loswig beobachtet. Alauda arvensis, die Feldlerche, zeigte ſich in einzelnen Flügen am 18. und 23. März. Am 25. März ſteigt fie und ſingt. Fringilla coelebs, der Buchfink, Männchen und Weibchen find zahlreich einge⸗ troffen am 24. März. Ruticilla phoenicurus, das Gartenrothſchwänzchen, zeigt ſich am 24. März, wird jedoch erſt am 25. April ſingend angetroffen. Scolopax rusticola, die Waldſchnepfe. Ein Exemplar fand ich am 27. März auf der Suche im Pfluckuff, ferner zwei Stück am 31. März. Der Zug war ungewöhnlich ſchlecht. Jedenfalls werden viele dieſer ſchönen Vögel auf der Heimreiſe eingegangen ſein. Hirundo rustica, die Rauchſchwalbe, und Hirundo urbiea, die Stadtſchwalbe, zeigten ſich in einzelnen Exemplaren am 27. März. Der Hauptzug traf am 3. bis 5. April ein. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. — 177 — . Columba palumbus, die Ringeltaube, traf am 31. März ein, der Hauptzug folgte am 6. April bei kühlem Weſtwind und Regen. . Rallus aquaticus, die Waſſerralle. Ein Exemplar, welches ſich am Telegraphen— draht den Flügel zertrümmert hatte, wurde mir am 6. April überbracht. . Tetrao urogallus, der Auerhahn, balzte im Revier Elſterwerda, jedoch nicht anhaltend, am 9. April. . Tetrao tetrix, der Birkhahn, balzte ebenfalls am 9. April. Ebenſo läßt . Grus einereus, der graue Kranich, im Loben bei Elſterwerda lebhafte Balzrufe ertönen. Cuculus eanorus, der Kuckuck, wurde zuerſt am 19. April gehört. . Phyllopneuste trochilus, der Fitislaubvogel, wurde am 14. April im Pfluckuff ſingend beobachtet. . Luseinia minor, die Nachtigall, flötete am 23. April im Glacis ihr Hoch— zeitslied. Actitis hypoleueus, der Flußuferläufer, zeigt fi in zwei Exemplaren am Elb⸗ ufer bei Torgau am 24. April. . Miliaria europaea, der Grauammer, iſt ebenfalls am 24. April eingetroffen. Sylvia einerea, die Dorngrasmücke, ſingt am 25. April im Glacis. . Podiceps eristatus, der Haubentaucher, hat ſich am 25. April auf dem großen Teiche eingefunden. Acrocephalus turdoides, der Droſſelrohrſänger, ſchlägt am 26. April im Rohr des großen Teiches. 6. Museicapa luctuosa, der ſchwarzrückige Fliegenfänger, wird in dem Weidenge— ſträuch an der Elbe am 26. April bei Cunzwerda beobachtet. . Cypselus apus, der Mauerſegler, traf in einzelnen Exemplaren am 27. April bei lauem Südweſtwind ein. Der Hauptzug folgte erſt am 7. Mai, alſo ausnahmsweiſe ſpät. Oriolus galbula, die Goldamſel, ließ ſich am erſten Mai bei kaltem Wetter im Glacis hören. Ferner wurden beobachtet: Cocothraustes vulgaris, der Kirſchkernbeißer, bei ſtarkem Schneegeſtöber am 3. März. Jynx torquilla, der Wendehals, am 17. März im Glacis. Sylvia curruca, die Zaungrasmücke, am 17. März ſingend. Anthus pratensis, der Wieſenpieper, am 22. März im Pfluckuff. Sylvia atrieapilla, die ſchwarzköpfiche Grasmücke, fingend am 23. März. Pratincola rubetra, der braunkehlige Wieſenſchmätzer, am 25. April ſingend in der Nähe des großen Teichs. — 178 — 45. Saxicola oenanthe, der graue Steinſchmätzer, auf den Steinhaufen am Elb⸗ damm bei Cunzwerda, am 26. April. 46. Budytes flavus, die gelbe Schafſtelze, am 4. Mai. | 47. Museicapa grisola, der graue Fliegenſchnäpper, am 5. Mai auf dem Zuge in ca. 10 Exemplaren. 15 48. Sylvia hortensis, die Gartengrasmücke, am 6. Mai im Glacis ſingend. 49. Dandalus rubecula, das Rothkelchen, am 3. April im Glacis ſingend. Die Beobachtungen von Nr. 39 bis 49 ſind von unſerm Vereinsmitglied, Herrn Photographen Burghard, — einem bedeutenden Kenner und Nachahmer der Vogelſtimmen, ſowie glücklichen Singvogelzüchter von Kindesbeinen an, — gemacht und mir freundlichſt zur Verfügung geſtellt worden. Torgau, den 16. Mai 1886. Ornithologiſche Mittheilungen aus der Umgegend von Sprottau. Von Karl Krezſchmar. I. Frühjahrsbeobachtungen. Seit kurzem iſt es meine Aufgabe, während meiner Mußeſtunden die Ein⸗ tragung von Notizen über die heimathliche Vogelwelt inmitten des waldreichen, ebenen Landſtrichs, fortzuführen, welcher Schleſiens nordweſtliche Ecke bilden hilft. Für den Ornithologen von Fach verſpricht die Gegend um die Stadt Sprottau gleich auf den erſten Blick ein reicheres Feld für ſeine Thätigkeit, als das mit Naturſchönheiten ſo reich bedachte, aber durchſchnittlich eine ſpärliche Thierwelt auf— weiſende Lauſitzer Gebirge, welchem ich zuletzt drei Jahre hindurch meine Studien widmen konnte. Sprottau liegt an dem Einfluß des Flüßchens Sprotta in den Bober, welcher ſich in ſeinem ganzen Laufe durch die maleriſche Abwechſelung ſeiner Ufer vor vielen anderen Flüſſen auszeichnet. Zudem ſind ſeine Ufer ſtellen⸗ weiſe noch nicht in dem Maße regulirt wie die anderer Flüſſe, und haben ſpeciell in der Nähe unſeres Ortes faſt durchweg ſchöne Erlenpflanzungen und Weidichte, mit Weißbirke und Eiche gemiſcht, aufzuweiſen. Gerade dieſe Ufergebüſche, welche jetzt an vielen Strömen und Flüſſen behufs Regulirung des Waſſerlaufs abgeholzt werden,“) bieten den meiſten Arten unſerer Klein- und Singvögel ein willkomme⸗ nes Heim. Es gereichte mir zur großen Freude, bei meinen im April angeſtellten Be⸗ obachtungen eine Menge dieſer Vogelarten hier wahrzunehmen. Vor allen anderen werden die Flußheger der Sprotta im Bereich der Stadt, wo allerliebſte Anlagen *) Vgl. Nr. 3 dieſes Jahrgangs. — 179 — und zahlreiche Obſtgärten dicht angrenzen, von der Nachtigall gern bewohnt. Aus jedem Ufergebüſch, in den Geſträuchen der hier viel vorkommenden Ahlkirſche (Prunus Padus L.) mit ihren gelblichweißen Blüthentrauben, aus den Erlenbäumen, aus Gärten und Hainen hervor ertönt jetzt der Schlag der unvergleichlichen Sängerin. Welche Luſt für den Ornithologen, den immer verſchiedenen Ausdruck des Nachtigallenliedes belauſchen zu können, — die Töne der Freude und der Luſt, welche der Kehle dieſer anmuthigen Sängerin entſtrömen. Ebenſo häufig bewohnen die Weidichte der Gartenrothſchwanz (Rutieilla phoenicurus Lth.), ſowie der Meiden- und Fitis-Laubvogel (Phyllopneuste rufa auct. und Ph. trochilus Lth.). Auf den Promenaden geſellte ſich ſeit den Oſterfeiertagen die Zaungras— müde (S. eurruea Lth.) hinzu. Vielfach niſten im Bereich des Stadtbezirks bei dem Reichthum an Laubholz die Sumpf⸗, Kohl: und Blaumeiſe, ebenſo der hübſch gezeichnete Feldſperling Sogar einen Grünſpecht (Geeinus viridis L.) habe ich ſchon bemerkt. Der Wendehals (Jynx torquilla L.) läßt ſowohl hier, wie auch in den zahlreichen Aus gehölzen des Bobers überall ſeinen Paarungsruf ertönen. — Recht ſehr wunderte ich mich über die Beobachtungen eines Paares ſchwefelgelber Bachſtelzen (Motaeilla sulfurea Bechst.) an der Sprotta, wo ſie in einem Uferloche ihr Neſt zu haben ſcheinen. Wenigſtens beobachtete ich das Weibchen mehrmals im Graſe, wie es Halme und Pflänzchen auszupfte. Der Name Gebirgs-Bachſtelze iſt mit Rückſicht auf die Veränderungen der Brutplätze dieſer Art, welche ich ſeit ungefähr zehn Jahren wahrgenommen habe, hier zu Lande nicht mehr gerechtfertigt; denn wir leben hier im richtigen Flachlande. Der Verbreitungsbezirk dieſer Bachſtelze hat ſich ſeit dem genannten Zeitraum weſentlich ausgedehnt. Bei Görlitz z. B., wo ſie früher nie ſtändig vorkam, niſten jetzt regelmäßig einige Paare an einem Wehre der Neiße. Gloger ſagt in ſeiner „Naturgeſchichte der Vögel Europas“: „Bei ziemlich gleicher Verbreitung nach der geographiſchen Länge gehört dieſe Art einerſeits mehr dem Süden an, als die weiße Bachſtelze; andererſeits durchaus nur den Gebirgen und Höhenzügen.“ — Wenn nun in der Neuzeit ſo manche Vogelarten ihr Wohn⸗ gebiet ausdehnen und alte Behauptungen umſtoßen, ſo müſſen wir jedenfalls bei dieſer ſchönen Bachſtelze neben unſerer Verwunderung darüber ganz beſonders dem Gefühl der Freude Ausdruck geben. In den von ihr in größerer Zahl bewohnten Gebieten des Rieſen⸗, Iſer⸗ und Lauſitzer Gebirges hat, jo viel mir bekannt, eine Abnahme ihres Beſtandes nicht ſtattgefunden; ſomit dürfte nur eine allgemeinere Verbreitung dieſer Art anzunehmen ſein. Auch das Flachland bietet für den Ornithologen große Reize. Am dritten Sonntage meines Hierſeins ward mir Gelegenheit, dem Geſange vieler Haide— lerchen (Lullula arborea L.) zu lauſchen. Wo ausgedehnte Kiefern-Hochbeſtände 14 — 180 — mit Schlägen und Oedflächen abwechſeln, dort ſchlägt dieſe ausgezeichnete Lerchenart mit Vorliebe ihren Wohnſitz auf. Im Lauſitzer Gebirge hörte ich während des dreijährigen Zeitraumes meiner dortigen Beobachtungen nur einmal zur Frühjahrs⸗ zeit ihren Geſang; ich vermuthe, daß ſie dort nur vorübergehend vorkommt. Zwar behaupten Förſter und Waldarbeiter, daß ſie ſtändigen Aufenthalt daſelbſt nähme; doch glaube ich, es liegt dabei eine Verwechſelung mit dem Baumpieper vor, welcher in den Mittelgebirgen der Sudeten häufiger Brutvogel iſt. Sonſt hätte ich ſicher in ſo mancher mondhellen Sommernacht, in welcher ich ſtundenlang auf den Schlägen und an den Rändern der Holzungen umherwanderte, ihren Geſang hören müſſen. Erfreut war ich auch, den Ortolan (Emberiza hortulana L.) ale Bewohner der nächſten Umgebung unſerer Stadt zu entdecken, welcher im Gebirge gänzlich fehlt. Auf Obſtallee'n, in deren Nähe ſich Feldfluren mit zerſtreutem Gehölz und Raingebüſchen erſtrecken, hört man am eheſten die wohlklingende Strophe des Ortolanmännchens, deren letzter hinunter gezogener Ton ſtets voll und rein abgerundet nachklingt. Man hört ja hin und wieder auch Goldammermännchen, welche abweichend von der allgemeinen Geſangsart den letzten Ton ihrer Strophe analog dem Ortolan herabziehen; ein geübtes Ohr erkennt aber in Gegenden, wo beide Arten neben einander vorkommen, alsbald den Unterſchied heraus: der letzte Ton des Ortolans verhallt ſtets rund und wohlklingend, während der beim Gold— ammer in die Tiefe gezogene etwas greller und zirpend klingt. Eine auffallende Beobachtung machte ich am 2. Mai. Des Nachmittags ſah ich mehrere ſtarke Schaaren Grauammern (Miliaria europaea Sw.) von 20 bis 50 Stück Kopfzahl über unſere Fluren ſtreichen. Die Vögel zeigten ſich bei meiner wiederholten Annäherung ſehr ſcheu und waren allem Anſcheine nach nur auf dem Durchzug begriffen. Auf einer Allee von Zwergobſtbäumen raſteten ſie länger. Auch einzelne auf einer weiten Wieſe ſich ausbreitende Erlengruppen waren von einer Menge dieſer Vögel belebt, welche namentlich in den oberſten Kronen dicht zuſammen ſaßen und unabläſſig ihr kurzes, ſchnarrendes Lied zum beſten gaben. | Ab und zu flogen einer oder einige herab zu einem Bächlein, welches durch die Wiefe rieſelt. Im allgemeinen ging der Hauptzug in nur niedrigem Fluge über die Felder, und zwar, ſo viel ich glaube, in der Richtung Nordweſt-Südoſt. Der ſo ſpäte Termin für den Zug dieſer winterharten Vögel bleibt immerhin bemerkenswerth, obgleich mir Herr Profeſſor Dr. Liebe die Verſicherung giebt, daß er dieſe mir noch neue Thatſache ſchon ſeit Jahren erkannt hat. In hieſiger Gegend fiel mir heuer unter den Finken der ſogenannte Reit⸗ zugſchlag wiederholt auf, ſowohl unter den im Walde wie in den Gärten wohnenden. Recht häufig iſt der Grünling, ziemlich ſelten dagegen der Hänfling. Der Girlitz iſt ebenfalls lange nicht ſo häufig wie in der Lauſitz. Der Stieglitz — 181 — kommt einzeln vor, ebenſo der Kernbeißer, welchen ich im Mallmitzer Parke beobachtete. Die erſten Rauchſchwalben ſah ich am 4. April, die erſten Segler (Cyp— selus apus IIlig.) am 1. Mai. — In nächſter Nähe der Stadt liegt mitten in Laub⸗ und gemiſchtem Gehölz ein kleiner Teich, auf und an welchem als Brutvögel die Stockente (Anas boschas L.) und der Kiebitz (Vanellus eristatus Meyer) vorkommen. Die Stockenten beſuchen gern die ſelten ganz austrocknenden großen Lachen und Tümpel, welche der Bober in der Nähe der Stadt, ſowie an der Saganer Chauſſee bildet. — Eine öftere Erſcheinung in unſerem waldreichen Ge— biete iſt der Sperber; man ſieht den verwegenen Räuber im Umkreiſe eines jeden irgendwie umfänglichen Gehölzes dahinſtreichen. Weitere Mittheilungen behalte ich mir bis nach Ausflug der Bruten vor, und gedenke dann einen allgemeinen und ſpeciellen Ueberblick über die ornithologiſchen Verhältniſſe in unſerer Gegend zu geben. Sprottau, Anfang Mai 1886. Das Verſchwinden der Nachtigall in Roitzſch betreffend. Von Baurath Pietſch. Die Mittheilung des Herrn Rittergutsbeſitzers Grobe auf Roitzſch in Nr. 3 der diesjahrigen Monatsſchrift über das Verſchwinden der Nachtigall hat den, unter meinem Vorſitze arbeitenden Verein Torga veranlaßt, dieſe Angelegenheit in der letzten Verſammlung eingehend zu erörtern. Unſer Vereinsmitglied, Herr Photograph Burghard hielt über dieſe Frage einen längeren Vortrag, welcher darin gipfelte, daß der gefährlichſte Feind der Nachtigallenbrut die Hauskatze ſei und man daher alles aufbieten müſſe, dieſen ſchrecklichſten aller Singvögelräuber von ſolchen Park— anlagen, in welchen Nachtigallen hauſen, fernzuhalten. Dieſer Anſicht wurde all— gemein zugeſtimmt und dabei gleichzeitig betont, daß die Umhüllung der Sträucher, in welchen Nachtigallen Neſter gebaut haben, mit Dornen nur wenig Nutzen ver— ſchaffe, weil die Katze hauptſächlich den das Neſt verlaſſenden, noch nicht völlig flüggen Jungen nachzuſtellen pflege. | Inzwiſchen gab mir eine Dienftreife am 11. Mai dieſes Jahres Gelegenheit, die aufgeworfene Frage mit Herrn Grobe an Ort und Stelle zu beſprechen und das Lokale genau zu beſichtigen. Herr Grobe theilte mir mit, daß auch Herr von Homeyer die Schuld an dem Verſchwinden der Nachtigall den Hauskatzen zuſchreibe, während ſein ſehr intelligenter Gärtner und Jäger die Anſicht vertrete, daß die in Roitzſch zahlreich vorhandene Schleiereule, Strix flammea, als der eigentliche Uebel— — 182 — thäter zu erachten ſei. Während eines längeren Geſpräches mit dieſem Pfleger der Grobeſchen Flora und Fauna erfuhr ich, daß alle Katzen, welche ſich in den Anlagen ſehen ließen, unbarmherzig niedergeſchoſſen, alle Raubthiere auf das äußerſte ver⸗ folgt, die Schleiereulen dagegen ſorgfältig gepflegt und geſchützt würden. Der Gärtner will nun bemerkt haben, daß die Letzterwähnten in der Dämmerung ge— räuſchlos durch die Bosquets ſtreichen, mit ſicherem Griff die in dieſen ſchlummern⸗ den Vögel wegfangen und die noch nicht flüggen Jungen aus den Neſtern rauben. Im Geſpräch hierüber vertieft gelangten Herr Grobe, der Gärtner und ich bei Durchwanderung des ſchönen Parks an einen kleinen ſchilfdurchwachſenen Teich, in deſſen unmittelbarer Nähe noch in dieſem Frühjahr drei Nachtigallen geſchlagen hatten, aber nach einigen Tagen wieder ſpurlos verſchwunden waren. Dieſer Teich wurde ehedem zur Goldfiſchzucht benutzt. Da Herr Grobe aber mit beſonderer Neigung Faſanen züchtet, ſo hatte er für zweckmäßig erachtet, denſelben im Intereſſe dieſer Vögel verwildern und die Goldfiſche aus ihm entfernen zu laſſen. Geſprächs⸗ weiſe wurde mir mitgetheilt, daß ſich ſeit dieſer anderweiten Ausnutzung des Teiches eine Menge von — nach der Beſchreibung zu urtheilen, — Ringelnattern, tropi- donotus natrix, in und um denſelben angeſiedelt hätten und häufig geſehen worden ſei, daß einzelne Exemplare auf Sträuchern und Bäumen herumgekrochen wären. Nach dieſer Mittheilung war, für mich wenigſtens, die Frage nach der Ur⸗ ſache des Verſchwindens der Nachtigallen völlig gelöſt. Wenn auch Brehm in ſeinem Thierleben, erſte Auflage, über die Ringelnatter wörtlich anführt: „Kleine Wirbelthiere der beiden erſten Klaſſen nimmt ſie wohl nur in ſeltenen Ausnahmefällen zu ſich; an Gefangenen wenigſtens hat man beobachtet, daß ſie Mäuſe oder Vögel und deren Eier regelmäßig verſchmähen.“ ſo iſt dieſe Anſicht einerſeits keineswegs über allen Zweifel erhaben, während anderer⸗ ſeits ſchon der bloße Anblick einer Schlange alle Thiere höherer Gattung, welche nicht direct auf Schlangennahrung angewieſen ſind, in Schrecken zu verſetzen und zu verſcheuchen pflegt. 5 Um in dieſer Richtung völlig ins Klare zu kommen, habe ich mich mit dem | Königlichen Förſter, Herrn Lorenz zu Kreuz, Oberförſterei Annaburg und mit deſſen Amtsvorgänger dem Königlichen Hegemeiſter, Herrn Bertram, gegenwärtig auf Forſthaus Brucke ſeßhaft, deshalb in Verbindung geſetzt, weil der Garten und das Gehöft der Förſterei Kreuz eine ſolche Menge von Ringelnattern beherbergen, wie | kaum ein anderer Ort der Welt. Zur Begründung des Nachſatzes wird die An⸗ gabe genügen, daß gelegentlich der Ausräumung einer Düngergrube auf jenem Ge⸗ höft 100 Stück alte Weibchen der Ringelnatter gefunden und 56 Stück derſelben getödtet wurden; ſowie ferner, daß in dem alten, vor einigen Jahren abgebrochenen Förſterhauſe Keller, Kammern und theilweiſe auch die Stuben von dieſer Schlangen: — 183 — art, ſozuſagen, wimmelten, derartig zwar, daß die Hausbewohner alle Speiſen in beſonderen Gefäßen ſorgfältig verſchließen mußten, um ſie vor Beſudelung durch Nattern zu bewahren. Die Schlangen gelangten zumeiſt dadurch in das Innere der Wohnung, daß ſie an dem, den linken Hausgiebel umrankenden Spalierweinſtock in die Höhe kletterten, um demnächſt durch die Fenſter ins Haus zu ſchlüpfen, in deſſen Räumen ſie ihre Eier abzulegen pflegten. Die beiden genannten Forſtbeamten haben mithin ausgiebigſte Gelegenheit gehabt, das Verhalten der Ringelnatter zur Vogelwelt genau zu beobachten. Herr Hegemeiſter Bertram theilt mir nun mit, daß, während er in Kreuz wohnte, weder in dem dichten Weingerank am Hausgiebel, noch auf den Bäumen im Garten jemals ein Vogel geniſtet habe. Herr Förſter Lorenz hat dagegen während der letzten 18 Jahre nur einmal eine Bachſtelze in jenem Spalier- weinſtock ein Kuckucksei ausbrütend vorgefunden. Die ſchönen ſpaniſchen Race— hühner, welche dieſer Herr züchtet, ermannen ſich mitunter dazu, die Ringelnattern ſcheinbar anzugreifen, benehmen ſich dabei indeß ſo ungeſchickt, daß man ihren ver— zweifelten Sprüngen die Furcht vor den ihnen freilich unſchädlichen Kriechthieren anmerkt. a Nach alledem iſt wohl nicht daran zu zweifeln, daß hauptſächlich Ringel— nattern die Verſcheucher der Roitzſcher Nachtigallen ſind, und Schleiereulen an dem Fernbleiben der köſtlichen Sängerin von der früher geliebten Heimath höch— ſtens in zweiter Reihe“) die Schuld tragen. Uebrigens erzählte mir der Gärtner des Herrn Grobe noch, daß auch die giftige Kreuzotter, pelias berus, ſich eben nicht ſelten in den Parkanlagen ſehen laſſe. Iſt dies thatſächlich der Fall, dann erſcheint die Frage auch für jeden Andern völlig gelöſt. Denn von dieſer häßlichen Schlange ſteht zweifellos feſt, daß ſie ein Neſträuber erſten Ranges iſt. Mit der Zunahme der beiden beſprochenen Schlangenarten in der ganzen Gegend bis nach Dommitzſch hin ſteht alſo die immer weitere Verdrängung der lieblichen Sängerin in allernächſter Beziehung. Demnach kann nicht dringend genug ) Ich habe mich ſchon ſeit vielen Jahren mit der Unterſuchung von Eulengewöllen be: ſchäftigt, hauptſächlich um dadurch Kunde von der Gegenwart kleiner ſeltener Haarthiere zu er— halten, dann aber auch um die Nahrung der Eulenarten zu ſtudiren. Tauſende von Gewöllen ſind durch meine Hände gegangen. Die ſicher von Schleiereulen ſtammenden enthielten ſehr ſelten etwas Anderes als Mäuſe, Wühlmäuſe, Scheermäuſe, Spitzmäuſe, Maulwürfe, Haſelmäuſe. Nur an zwei Punkten fand ich öfters auch Sperlingsgebeine darin, und zwar nur während zweier mäuſearmen Frühjahre. Einmal auch fand ich die Reſte eines Goldammers. In meinem väterlichen Gehöfte wohnte und brütete eine Schleiereule friedlich neben Tauben in einem großen Taubenſchlag. — Ich glaube nicht, daß die Schleiereulen den Kleinvögeln viel ſchaden. Anders verhält es ſich mit den kleinen Eulen (Steinkäuzchen ꝛc.), obſchon auch ſie nicht beſondere Liebhaber von Feder— wildpret ſind. K. Th. Liebe. le empfohlen werden, mit allen Kräften auf die Vertilgung des widerlichen Schlangen: gezüchtes hinzuwirken. Torgau, den 17. Mai 1886. Kleinere Mittheilungen. Eingewöhnung vom Goldhähuchen. Zu denjenigen deutſchen Singvögeln, welche ſich am allerſchwierigſten im Käfig halten laſſen, gehören unbeſtritten die Goldhähnchen. Thatſächlich findet man ſie ſehr ſelten in der Gefangenſchaft. Als beſonders werthvolle Seltenheit wurde vor einigen Jahren erwähnt, daß es einem Wiener Vogelwirth — irre ich nicht, ſo war es unſer Vereinsmitglied Herr von Pel— zeln — gelungen war, unter anderen ſchwierigen Vögeln auch Goldhähnchen ein- zugewöhnen. Da mir dies nach mehreren fehlgeſchlagenen Verſuchen im vorigen Jahre geglückt iſt, ſo will ich meine Erfahrungen, die ſich aber nur auf das Winter— goldhähnchen beſchränken, für diejenigen, welche ſich für derlei ſchwierige Verſuche intereſſiren, hier niederlegen. Nie iſt es mir trotz aller Mühe, die ein Vogelwirth nur aufzubieten imſtande iſt, gelungen, ein einzelnes Goldhähnchen einzugewöhnen, oder, um den hierorts üblichen terminus technicus anzuwenden, „durchzubringen“. Einzelne Exemplare ſind nach einem oder mehreren Tagen geſtorben reſp. wegen bedenklicher Mattigkeit von mir wieder freigelaſſen. Die dauernde Eingewöhnung habe ich durch folgendes Verfahren erzielt: Ich erhielt die in nächſter Nähe der Wohnung in kurzer Zeit gefangenen beiden Gatten eines durchziehenden Paares. Der Vortheil dabei war ein doppelter, einmal daß die gefangenen Thierchen nicht durch langen Transport vom Fangort bis zur Vogelſtube zu leiden brauchten, und dann weiter, daß die befriedigte Sehnſucht nach ihresgleichen die ſehr an die Geſellſchaft gewöhnten Thierchen die Gefangenſchaft leichter ertragen ließ. Jeder von beiden Gatten freute ſich ſichtlich, den anderen immer bei ſich zu haben. Nun galt es, den kleinen Gäſten den neuen Aufenthalt möglichſt wohnlich und angenehm zu geſtalten. Der Käfig wurde mit Fichtenzweigen ausgeſtattet, namentlich die Drahtgitter damit durchwoben; halbtodte Fliegen und zerſchnittene Würmchen reizten den Appetit an und nachdem die Kleinen erſt einmal gekoſtet, bereitete ich ihnen folgendes Miſchfutter, welches den Uebergang von der natürlichen zur künſtlichen Nahrung vermittelte. Ich rieb Vogelbisquit etwa 20 %% ͤ Möhre 20% q vermengte das mit 20% Reiche'ſchem Univerſalfutter und verſetzte die ganze Miſchung mit 40% gemahlenem Weißwurm. Das Ganze ward durch Mohrrübenſaft und durch etwas nachhelfendes Beſpritzen mit Waſſer feuchtkrümlig und locker. Oben darauf wurden noch einige See ganz kleine oder zerſchnittene größere Mehlwürmer, Ameiſeneier, Fliegen und Mücken geſtreut und bald hatten ſich meine Pfleglinge, die dann in den Beſitz unſeres verehrten Vereinsmitgliedes Dr. Stimmel in Leipzig übergingen, an dies Miſchungsfutter gewöhnt. Bei ihrem neuen Wirth erhielten ſie zwar anders zu— ſammengeſetztes Futter, bei dem ſie ſich lange gut gehalten haben, doch wurde ihnen der Weißwurm, der für ſie in der Gefangenſchaft kaum entbehrlich iſt, nicht entzogen. Schließlich will ich noch erwähnen, daß es mir bis jetzt trotz eifriger Bemü— hungen nicht gelungen iſt, Sommergoldhähnchen (Reg. ignicapillus), die alljährlich hier Ende März reſp. Anfang April auf der Rückreiſe durchziehen und Mitte September wiederum abziehen, für die Gefangenſchaft zu erwerben und an gefange— nen Exemplaren Beobachtungen anzuſtellen, Sie ſind beim Fang vorſichtiger als ihre Vettern, werden ſich aber wohl ebenſo wie jene auf die angegebene Weiſe eingewöhnen laſſen. Fr. Lindner. Seltenes Auftreten des Kuckucks. In dieſem Frühjahr waren in Oft thüringen die Kuckucke eine ganz auffällig ſeltene Erſcheinung. Anderwärts in Mittel— deutſchland und auch in Süddeutſchland hat man dieſelbe Beobachtung gemacht, und in verſchiedenen Blättern las ich die ſehr poſitiv ausgeſprochene Erklärung: es giebt in dieſem Jahre keine langhaarigen Raupen auf den Waldbäumen, und zwar jedenfalls deshalb, weil der März mit ſeinen hohen Kältegraden dieſem Unge— ziefer verderblich geweſen iſt. — Dem iſt nun entgegenzuhalten, daß erſtens die überwinternden Kerbthiere durch den Fettkörper und andere beſondere Einrichtungen des Körpers außerordentlich gut gegen die zerſtörenden Einflüſſe der Kälte geſchützt ſind, wie jeder unbefangene Beobachter auch aus Erfahrung weiß. Kein Rauchreif vermag die Eier des Ringelſpinners zu tödten, keine Winterkälte vermag die jungen Raupen des Goldafters umzubringen, welche luftig genug in einem zuſammenge— zogenen Blatt an den Zweigſpitzen der Winterkälte trotzen, — und ähnlich verhält es ſich mit allen übrigen Raupen und Schmetterlingseiern. Zweitens aber iſt der Kuckuck keineswegs auf die langhaarigen Raupen allein angewieſen, wie man das ſo vielfach glaubt: er frißt glatte Raupen ebenſo gern und lieber wie jene und außerdem noch alle anderen größeren Kerbthiere, deren er ſich in den Wipfeln bemächtigen kann. Es iſt wohl nicht gut denkbar, daß durch Ichneumonen und andere Urſachen alle die verſchiedenartigen Kerbthierarten, von denen ſie ſich nähren, in dieſem Jahre in ihrem Beſtand jo arg gelitten haben ſollten, daß die Kuckucke ſo weite Striche vermeiden müßten, zumal da die verſchiedenen Inſektengenerationen zu verſchiedenen Zeiten auftreten. — Aber wie ſonſt zu erklären? — Da gilt es, viele Beobachtungen zu ſammeln und mit ihrer Hilfe einmal zu unterſuchen, wie weit geographiſch das ſeltene Auftreten des Kuckucks in dieſem Jahre reicht, und dann nach den Urſachen zu forſchen. K. Th. Liebe. — 186 — Anzeigen. Thierhandlung von Gebr. Reiche in Alfeld Prov. Hannover). Gegenwärtig vorräthige ausländische Zier⸗ und Singvögel: Clarinos von Mexiko, in Geſang, St. 50 %,; ein Paar Fringilla columbina P. 30 %; Baltimore-Oriols, in Pracht, Männchen St. 8 , Weibchen St. 4 c.; Mexik. Blauelſtern (Oyanocorax yucatanicus) P. 60 %; Beo St. 30 , Bootſchwanz St. 10 %.; Kuhſtaare, Männchen und Weibchen P. 10 %; Diamant⸗ finken, in Pracht, P. 18 9; Dornaſtrilde, in Pracht, P. 15 %; Zebrafinken, in Pracht, P. 8 ,; Nonpareils, in Pracht, Männchen St. 7 %, Weibchen St. 4 %; Bandfinken P. 2 .% 50 &; Sonnenvögel P. 12 %; Loris von den blauen Bergen, in Pracht, P. 50 %; Cuban. Bergtauben, Männchen u. Weibchen, P. 20 ; Spottdroſſeln St. 30 %; Graue Kardinäle P. 12 %; Rothe Kolben⸗ enten P. 75 4; einige Cubafinken (Goldſtirn) Männchen St. 6 M; Nur geſunde, ſchönbeſiederte Vögel kommen zum Verſand. Christiane Hagenbeck in Hamburg, St. Pauli hat vorräthig und empfiehlt: dunkelrothe, hellrothe, gelbbrüſtige und rothrückige Arara; rothhaubige, große und kleine gelbhaubige Ducorps- und Roſakakadu; Doppelgelbkopf-, Gelbnacken⸗, Surinamz, gemeine, Weißſtirn⸗, Müller-, Neuholländer-⸗, Weißſtirn⸗, Bortorico- und kleine Gelb- kopf-Amazone; Graupapagei; großen ſchwarzen Papagei. Rothbrüſtigen, Schwarzſchnabel- u. rothnackigen Alexanderſittich; Pflaumenkopf⸗, Mönchs-, Nandey-, Halbmond-, Halbwangen-, Kaktus-, Jendaya-, Blumen- und Braunohr-Wellenſittich. Sperlingspapageien, roth- und grauköpfige Inſeparables. Roſella-, Nymphen- und Schönſittiche. Purpur-Tangaren, Epauletten-, glänzende Kuhſtaare, Trupiale, Beos, Roth⸗ ſteiß⸗Bülbül, Tukane, Blauſchwarze Elſtern, Steißhühner. Rothe und graue Kardinäle, blaue Hüttenſänger, Diamant⸗-Zebrafinken, Dornaſtrilde, Kubafinken, Pfäffchen, Indigo, Nonpareils, ſchwarzköpfige und drei⸗ farbige Nonnen, Muscatvögel, Bronzemännchen, weiße, gelbbunte und braunbunte japan. Mövchen, Malabar-Faſänchen, weiße und graue Reisvögel, Tigerfinken, Silberfaſänchen, Bandfinken, kleinſte Elſterchen, Grauaſtrilde, Schmetterlingsfinken, Grisbleu-, Amarant-, Atlasfinken, Paradies- u. Dominicaner-Wittwen, Mozambique⸗ Zeiſige, Grau-Edelfinken, Gold-, kleine Orange- und Napoleons-Weber, Sperber⸗ und Tamburintäubchen. Friſche Thüring.-Wald⸗Ameiſenpuppen empfehle in guter, reiner Waare à Ltr. 90 &. Da ſolche ſchon ſeit einigen Jahren ſehr gern genommen werden, bitte ich um rechtzeitige Beſtellung, damit ich pünktlich liefern kann. Querfurt, im Mai 1886. O. Toepelmann. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide ſind an Herrn Rendant Nohmer in Zeitz zu richten. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle. N sy — des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. eee e a Redigirt von Jahres - Beitrag von fünf Mar 2 : Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ d erhalten dafür die Monats⸗ 3 85 2 entgeltlich n poſtſrei. Hofrath Prof. Dr. Liebe, der finden koſtenfreie Aufnahme, F 1 90 lie Dr. Ney, Dr. Frenzel, ſoweit der Raum es geſtattet. anten des Vereins Herrn Kanzliſt f 5 67 4 Rohmer in Zeitz erbeten. Str.⸗Inſp. Thiele. Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark XI. Jahrgang. Auguſt 1886. Ur. 8. Inhalt: P. Leverkühn: Die Tragödien der Neſter. A. v. Homeyer: Geflügel- und Vogelausſtellung des ornithologiſchen Vereins in Stralſund. Dr. F. Rudow: Einiges über unſere Krähen. Martin Bräß: Das Federkleid der Vögel. I. — Kleinere Mittheilungen: Etwas vom Kanarienvogel. Ein Beiſpiel großer Zutraulichkeit der Amſel. Das Paarleben der Vögel. Albino vom Fitis. Albino vom Gartenſpötter. Merkwürdige Erſcheinung. Ein Cuculus-Ei neben 5 Lanius excubitor-Eiern. Staar und Segler. Ein zahmer Waldkauz. Anthus arboreus. Aus einem Brief an K. Th. Liebe. Schädigung der Vogelwelt durch Hochwaſſer. — Anzeigen. Die Tragödien der Neſter. Aus dem Amerikano-Engliſchen“) überſetzt und mit Zuſätzen verſehen von Paul Leverkühn. Das Leben der Vögel, beſonders der ziehenden Singvögel, iſt eine Reihe von Abenteuern und eine beſtändige Flucht durch Gewäſſer und Gefilde. Sehr wenige *) The Century. Vol. 26. New Series 4. p. 681—7, August 1883. Lev. — 18 — von ihnen ſterben wahrſcheinlich eines natürlichen Todes oder verleben nur die Hälfte der ihnen zugewieſenen Tage. Der Zug zur Heimath iſt bei den Vögeln, wie bei den meiſten Thieren, ſehr ſtark; ich bin überzeugt, daß jeden Frühling eine große Zahl von denen, welche den Zug nach dem Süden überlebt haben, zu ihren alten Brutplätzen zurückkehren. — Ein Farmer aus Connecticut nahm mich an einem Apriltage unter ſeine Haus⸗ thür und zeigte mir ein Neſt, ſechs Stockwerk hoch, vom Phöbevogel (Sayornis fuseus. (Gm.) Baird)*). Dieſer Vogel war ohne Zweifel Jahr für Jahr wieder⸗ gekommen, und weil nur Platz für ein Neſt auf ſeinem Lieblingsſims war, hatte er jedes Frühjahr einen neuen Ueberbau über dem alten als Grundlage aufgeführt. Ich habe von einem weißen Rothkehlchen, einem Albino, gehört, welches mehrere Jahre nacheinander in der Vorſtadt von Maryland-City niſtete. Einen Singſperling (Zonotrichia melodia, Merrem)**) mit einem ſehr eigenthümlichen Geſange habe ich mehrere Jahre in meiner eigenen Wohnung gehört. Aber die Vögel leben nicht alle ſo lange, daß ſie zu ihren alten Brutſtätten zurückkehren können. Die Bobolinks (Dolichonyx oryzivorus (Linn.) Swain.) “ *) und Stärlinge überhaupt laufen Spießruthen vom Hudſon bis zur Savannah, und die Rothkehlchen und Lerchenſtärlinge (Sturnella magna (Linn.) Swain.) und andere Singvögel werden von den Buben und Sonntagsjägern in großer Anzahl geſchoſſen, ohne die Gefahr ſeitens der Habichte und Eulen zu erwähnen. Aber wie viele Ge— fahren umringen ſelbſt die Neſter der glücklich Heimkehrenden auch an den günſtigſten Niſtplätzen; die Hütten der erſten Anſiedler waren, als das Land noch von feindlichen Indianern durchſchwärmt wurde, nicht von ſolchen Gefahren umgeben. Die kleinen Haushaltungen der Vögel ſind nicht nur feindlichen Indianern in Geſtalt von Katzen und Sammlern ausgeſetzt, ſondern auch den mörderiſchen und blutgierigen Thieren, gegen die ſie keine andere Vertheidigung haben, als die des Verſteckens. Sie führen die dunkelſte Art von Pionierleben, ſelbſt in unſeren Parks und Obſtgärten und unter den Mauern unſerer Häuſer. Von der Zeit an, wo die Eier gelegt ſind, bis die Jungen ausgeflogen ſind, vergeht nicht ein Tag oder eine Nacht, in der die Ausſicht nicht groß wäre, das Neſt durch Zerſtörung oder Plünderung ſeines In— halts zu verlieren: in der Nacht durch Eulen, Stinkthiere, Sumpfottern (Nörze) und Waſchbären, am Tage durch Krähen, Häher, Eichhörnchen, Wieſel, Schlangen und Ratten. Man ſagt, die Kindheit des Menſchen iſt von Gefahren umſtellt, aber *) Ein Verwandter unſeres Fliegenſchnäppers von Weindroſſelgröße. Liebe. **) Ein Vogel von Finkengröße, welcher zu der Amerika eigenthümlichen Familie der Ammer⸗ finken gehört. Der Name drückt aus, daß ſie zwiſchen den Ammern und Finken ſtehen. Liebe. ka) Ein ſchwarz und braun gefärbter Vogel von Lerchengröße, welcher zu den Stärlingen gehört. Dieſe Familie theilt die Eigenſchaften unſerer Staare und Spitzlerchen und lebt ebenſoſehr von Kerbthieren wie von Sämereien. Liebe. — mM˙¹.t m... «˙r˙r˙tðUę.— ..... ˙— — 189 — die Kindheit des Vogels iſt in Gefahr gewiegt, ihr iſt die Gefahr als Kiſſen unter⸗ gelegt. Ein alter Anſiedler aus Michigan erzählte mir: ſeine erſten ſechs Kinder, welche ihm dort geboren wurden, ſtarben; Sumpffieber und das Zahnen nahmen ſie ſtets weg, wenn ſie ein gewiſſes Alter erreicht hatten. Aber andere Kinder wurden geboren, die Gegend wurde geſunder und ſpäter überſtanden die Kinder die kritiſche Periode; die nächſten ſechs Kinder blieben am Leben und wurden groß. Die Vögel würden ohne Zweifel auch ſechs Mal und zweimal ſechs Mal aus⸗ harren, wenn die warme Jahreszeit lange genug währte, und fie würden endlich ihre Familie aufziehen. Aber des Sommers Schwinden kommt plötzlich daher, und nur wenige Arten haben die Kraft und Ausdauer, einen dritten Verſuch zu machen. Meine Nachbarſchaft am Hudſon iſt vielleicht ausnahmsweiſe ungünſtig für Brutplätze der Vögel, — ein Umſtand, den wir der Fülle von Seekrähen (Corvus ossifragus, Wils.) und rothen Eichhörnchen zu danken haben; und die vergangene warme Jahreszeit ſcheint eine beſonders unglückliche ſelbſt für dieſe Gegend geweſen zu ſein, denn wenigſtens neun Neſter unter je zehn, welche ich während des Früh— lings und Sommers 1881 beobachtete, kamen um ihre Beſatzung. Das erſte Neſt, das ich bemerkte, war das eines Blauvogels (Sialia sialis (Linn.) Haldem) [Hüttenſängers]!*) in einem Eichhörnchen-Loch (ſehr unvernünftigerweiſe, wie ich ſchon damals dachte) in einem abgeſtorbenen Apfelbaum angelegt gegen Ende April, — ſeine Erbauer kamen, wie ich vermuthete, durch gewaltſamen Tod um. Das letzte Neſt, das ich bemerkte, war das eines Zweifarbenammer (Calamospiza bicolor, Fowno)**), im Auguſt gewandt in einer bemooſten Bank verborgen auf der Seite einer Landſtraße, welche am Rande eines Waldes hinlief, wo die ſtämmigen Fingerhut-Brombeeren in Fülle wuchſen — ſeine Inſaſſen wurden ungefähr halb erwachſen von irgend einem nächtlichen Spaziergänger oder Räuber bei Tageslicht ausgenommen. Alle, alle vom erſten bis zum letzten ſchien ein widerwärtiges Ver⸗ hängniß zu umſchweben. Es war eine Zeit der Unglücksfälle, der gewaltſamen Todesfälle, des Raubes und der Plünderung für dieſe gefiederten Gäſte. Damals konſtatirte ich zum erſten Male, daß die Baltimoretrupiale (Icterus galbula (Linn.) Coues) *) in ihren ſtarken Hängeneſtern nicht ſicher waren. Es kam zu dreimaligem Brüten in Apfelbäumen nur wenige Yards f) von meinem Haufe entfernt, woſelbſt während mehrerer vorhergehender Jahre die Vögel ohne Beläſtigung geniſtet hatten. Aber dieſes Mal wurden die Jungen alle vernichtet, als ſie ungefähr halb flügge waren. Ihr Gezwitſcher und Geſchwätz, welches am einen Tage noch ſo auffallend war, ) Siehe dieſe Monatsſchrift Jahrg. 1880, S. 224. Liebe. ) Ein finkengroßer Ammer mit vorzugsweiſe ſchwarz und weißer Färbung. Liebe. zk) Ein Vogel von Sperlingsgröße, zu den Stärlingen gehörig, von ſchwarzer und feurig gelber Färbung. Liebe. 7) 1 Yard = 0,914 m. 15* — 190 — hörte am nächſten Tage plötzlich auf. Die Neſter waren wahrſcheinlich des Nachts geplündert und zwar zweifellos von der kleinen rothen Todteneule (Scops asio (Linn.) Bp.), welche, wie ich weiß, ein freier Eingebürgerter dieſer Obſtgärten iſt und in tieferen Höhlungen der Bäume lebt. Die Eule konnte ſich oben auf dem Neſte niederlaſſen und leicht ihre mörderiſchen Fänge in den langen Beutel hernie— derſtrecken, die Jungen packen und mit ſich nehmen. Die Tragödie war bei einem der Neſter dadurch erhöht oder wenigſtens fühlbarer gemacht, daß eines der halb— flüggen Jungen, entweder in ſeinen Verſuchen zu entkommen oder gerade in den Klauen ſeines Feindes, ſich in eines der Pferdehaare verwickelt hatte, durch welche das Neſt auf dem Baumaſt gehalten wurde. Da hing es gequetſcht und todt, an ſeiner eigenen Wiege aufgeknüpft. [Auch unſer deutſcher Pirol (Oriolus galbula, Linn.) iſt trotz ſeiner luftigen Art zu bauen nicht vor befiederten Feinden ſicher. So wurde am 13. Juni 1860 | mein Freund Kühne in Murchin i. P. auf ein Pirolneſt durch das ängſtliche Schreien des Weibchens aufmerkſam. Indem er ſich nach der Richtung, aus der das Ge— | ſchrei kam, wendete, wurde er eine Nebelkrähe (Corvus cornix, Linn.) gewahr, welche im Begriff war, die Eier zu verzehren. Lev.] Das erwähnte Neſt war der Schauplatz von einer anderen kleinen Tragödie etwas ſpäter im Jahre. Im Auguſt ließ ſich ein Blauvogel, der ſeiner Neigung nachging, in Löchern und Spalten auszulugen, auf demſelben nieder und beaugen⸗ ſcheinigte vermuthlich das Innere; aber bei einer unglücklichen Bewegung verwickelte ſich ſein Flügel in dasſelbe fatale Roßhaar. Seine Anſtrengungen, ſich zu befreien, ſchienen ihn nur feſter zu binden. Und ſo kam er ums Leben; noch im September hing dort ſeine gedörrte und durch die Sonnenglut erhaltene Geſtalt, indem ſie mit ausgebreiteten Flügeln ein faſt ebenſo glänzendes Gefieder wie im Leben zeigte. Vor dem Eintritt der Civiliſation in dies Land baute der Baltimoretrupial wahrſcheinlich ein viel tieferes Neſt, als er jetzt zu thun pflegt. Wenn er jetzt in abſtehenden Bäumen und längs der Ränder der Wälder baut, ſo iſt ſein Neſt, wie ich beobachtet habe, lang und kürbißartig geformt; aber in Obſtgärten und in der Nähe von Wohnungen iſt es nur ein tiefer Kelch oder Beutel. Es nimmt an Tiefe ab im Verhältniß, wie die Gefahr ſich vermindert. Wahrſcheinlich wird eine Reihe von unglückbringenden Jahren, gleich dem gegenwärtigen, die Urſache ſein, es wieder zu verlängern und zwar über den Bereich der Eulenfänge oder des Häherſchnabels hinaus. Das erſte Neſt eines Singſperlings (Melospiza melodia, Wils.), welches ich letztes Jahr (1881) notirte, war in einem Feld unter einem Trum von einer Bohle, vom Erdboden ein Paar Zoll durch zwei Stangen erhoben. Es hatte ſeine volle Gelegezahl und entſandte wahrſcheinlich eine Brut junger Vögel, obſchon — gu on en — 191 — ich hierüber nicht unbedingt ausſagen kann, da ich verſäumte, es weiter zu beob— achten. Es war wohl geſichert und verſteckt und nicht leicht ſeitens eines ſeiner natürlichen Feinde zu erreichen, mit Ausnahme von Schlangen und Wieſeln. Allein verſtecken hilft oft wenig! Im Mali baute ein Singſperling, welcher augenscheinlich durch ſeinen Unſtern zu früh im Jahre gekommen war, ſein Neſt in einem dichten Geſtrüpp von wildem Geißblatt nach meinem Hauſe zu, in einer Höhe von 15 Fuß über der Erde. Vielleicht hatte er von ſeinem engliſchen Vetter gelernt, denn das Neſt war bewunderungswürdig angelegt, vor den Unwettern durch eine überhängende Dachrinne geſchützt und vor den Blicken der Menſchen durch einen dichten Schirm von Laub. Nur durch genaue Beobachtung des argwöhniſchen Vogels entdeckte ich, während er mit Futter im Schnabel in der Nähe weilte, ſeinen Wohnſitz. Die Brut iſt geſichert, dachte ich. Aber dem war nicht ſo! Das Neſt wurde Nachts zerſtört entweder durch eine Eule oder eine Ratte, welche beim Suchen nach einem Eingang in das Haus im Wein heraufgeklettert war. Das Weibchen ſchien ſich, nachdem es ungefähr eine Woche über ſein Unglück nachgedacht hatte, zu entſchließen, eine andere Art der Kriegskunſt zu probiren und allem Anſchein nach jedes Verſtecken zu verwerfen. Sie baute einige Yards vom Hauſe entfernt ein Neſt jenſeit des Fahrwegs auf einem ſanften Stück Raſen, wo weder Unkraut noch Gebüſch war, um ſeinen Platz bemerklich zu machen. Der Bau war vollendet und die Bebrütung hatte angefangen, ehe ich entdeckte, was da vorging. Gut, gut, ſagte ich zu dem Vogel, faſt zu meinen Füßen niederblickend, dies geht in der That in das andere Extrem; jetzt werden dich die Katzen holen! Der verzweifelte kleine Vogel ſaß da Tag für Tag und ſah aus wie ein braunes Blatt, das in das kurze, grüne Gras gedrückt ſchien. Als das Wetter heißer wurde, begann ſeine Lage, ſehr gefährlich zu werden. Es war nicht länger die Frage, die Eier warm zu halten, ſondern zu verhüten, daß ſie nicht geröſtet wurden. Die Sonne hatte kein Erbarmen mit ihm, der Vogel keuchte mitten am Tage. In ſolcher Noth ſetzt ſich der männliche Singſperling bekanntlich über das Weibchen und be: ſchattet es mit ſeinen Flügeln; doch in dieſem Falle war kein Sitzplatz vorhanden, falls das Männchen beabſichtigt hätte, einen Sonnenſchirm aus ſich zu machen. Ich dachte, in dieſer Richtung die Hand zu bieten und ſteckte einen belaubten Zweig neben das Neſt. Das war aber wahrſcheinlich eine unkluge Einmiſchung; es führte Unglück auf dieſe Stelle: das Neſt wurde zerſtört und das Weibchen gefangen. Ich habe es nie wieder geſehen. Während verſchiedener Sommer hatte ein Paar Königsvögel (Tyrannus ca- rolinensis (Linn.) Temm.)*) ungeſtört feine Brut in einem Apfelbaume großgezogen, ) Ein dem Fliegenſchnapper verwandter Vogel von der Größe einer Zippe von brauner und ſchwarzer Färbung mit orangerothem Scheitelfleck. — 192 — wenige Yards vom Hauſe entfernt. Aber während des gegenwärtigen Sommers | überkam auch ſie das Unglück. Das Neſt war fertig, die Eier gelegt und das Weibchen hatte gerade mit Brüten begonnen, als ich eines Morgens um Sonnen: aufgang laute Angſtſchreie hörte, welche aus dem Apfelbaum kamen. Als ich aus dem Fenſter ſah, erblickte ich eine Krähe, die ich als Fiſchkrähe kenne, auf dem Rande des Neſtes ſitzend und die Eier prüfend. Die alten Vögel, gewöhnlich ſo bereit zum Angriff, ſchienen von Kummer und Weh betäubt. Sie flatterten in der hoffnungsloſeſten und beſtürzteſten Weiſe umher, und es dauerte lange, bis ſie ſich | erholten und den Räuber angriffen. Die Krähe machte ſich mit aufgeworfenem, drehendem Kopfe ſchnell davon, als ich mich näherte, indeß die wüthenden Königs⸗ vögel ihr hart im Rücken waren. Das Paar zauderte in der Nähe ihres entweihten Neſtes ſtill und betrübt einige Tage; darauf verſchwanden ſie. — Die Fiſchkrähe fiſcht nur, wenn ſie alle Eier und jungen Vögel, die ſie finden kann, vertilgt hat. Sie iſt der verächtlichſte Dieb und Räuber unter unſern befiederten Geſchöpfen. Von Mai bis Auguft ift fie mit ebenflüggen Jungen förmlich vollgeſtopft. Es iſt ein Glück, daß ihr Gebiet jo begrenzt iſt! An Geſtalt iſt fie kleiner, als die ge wöhnliche Krähe (Corvus frugivorus, Bartr.) und iſt ein weit weniger edler und würdiger Vogel. Ihr Gekrächz iſt ſchwach und zart, eine Art von zerriſſenem und mißlungenem Krächzen, welches ſie zu dem ſchleichenden Dieb ſtempelt, der ſie in Wahrheit iſt. Dieſe Krähe iſt weiter im Süden häufig, aber in unſeren nördlichen Staaten nicht zu finden, ſo weit ich beobachtet habe, ausgenommen im Hudſonthale. In der letzten Brutperiode baute ein Paar von ihnen in einer norwegiſchen Sproſſen⸗Fichte, welche in einem dichten Komplex von Zierbäumen in der Nähe eines großen, unbewohnten Landhauſes ſtand. Sie hatten ſich in der Fülle niedergelaſſen. Der Wolf hatte ſich recht in der Herde feſtgeſetzt. Die vielen Vögel, Rothkehlchen, Droſſeln, Finken, Vireos und Phöbevögel, welche die Nachbarſchaft menſchlicher Wohnungen ſuchen, hauptſächlich diejenige der großen Landhäuſer mit ihren vielen Bäumen und parkgleichen Gründen — zu größerer Sicherheit für ihre Eier und Jungen — waren alle die leichten und paſſenden Opfer dieſer Räuber. Sie plünderten rechts und links und wurden nicht eher geſtört, bis ihre Jungen beinahe flügge waren, bis einige Knaben, die ſie ſich lange ſchon ausgeſucht hatten, das Neſt zerſtörten. [Nicht weit von Hannover entfernt iſt, rings durch die Leine umgeben, eine reizende Inſel gelegen, welche, durch einen doppelten Ring von Kopfweiden umſäumt und mit vielem Gebüſch beſtanden, in früheren Zeiten eine königliche Pferdewieſe bildete. Jedem Zutritt verſchloſſen bietet der Raum einer Anzahl von Vögeln eine ſehr angenehme Gelegenheit zum Niſten. Einige Pferderemiſen vertreten die Stellen der „menſchlichen Wohnungen“. Ich habe hier Eisvögel, Rohrſänger, Rothſchwänz⸗ chen, Finken, Ammern, Rothkehlchen, Feldſperlinge u. v. a. Vögel geſehen — aber auch — 193 — die Elſtern hatten dieſes Eldorado entdeckt: faſt kolonienartig ſiedelten ſie ſich an und 1883 zählte ich nicht weniger als zehn Neſter von ihnen. Wie ſehr ſie in der Brut wütheten, läßt ſich leicht denken! Ja ich ertappte ſie einmal ſogar (27. März 1884) in Geſellſchaft einer Rabenkrähe und zweier Buſſarde dabei, einem jungen Haſen den Garaus zu machen. Lev.) Die Singvögel bauen faſt alle niedrig; ihre Wiege ſteht nicht auf der Baum— ſpitze. Es find nur Raubvögel, welche die Gefahr von unten mehr fürchten, als die von oben, und dieſe ſuchen die höheren Zweige für ihre Neſter aus. Eine Linie, in einer Höhe von fünf Fuß vom Erdboden geſpannt, würde über mehr als die Hälfte aller Neſter laufen und eine ſolche von zehn Fuß über mehr als drei Viertel derſelben. Es iſt nur der Trupial und der Grünwaldſänger (Contopus virens, (Linn.) Cab.)*), die in der Regel höher gehen. Die Krähen und Blauhäher (Cyanoeitta cri- stata (Linn.) Strickl.) und andere Feinde der Vögel haben es gelernt, dieſen Gürtel gründlich zu durchforſchen. Aber die Blätter und die ſchützenden Farben der Neſter machen das Handwerk dieſer Räuber ebenſo ſehr, wie das der gewerbsmäßigen Eierſammler zu Schanden. Das Neſt des rothäugigen Vireo (Vireosylvia olivacea (Linn.) Bp.) iſt eines der künſtlichſten, die im Walde gebaut werden. Es iſt gerade über dem Punkte angelegt, wo das Auge beim Suchen innehält, namentlich an dem letzten Ende des niedrigſten Baumzweiges, gewöhnlich 4 bis 5 Fuß über dem Boden. Man blickt auf und nieder, ſenkt ſeine Augen und hebt ſie wieder — ohne Erfolg. Wenn eine Krähe oder ein anderer Räuber ſich auf dem Neſtzweige oder dicht darüber niederlaſſen wollte, ſo würde das Neſt durch große, gewöhnlich überhängende Blätter beſchirmt ſein. Der Neſtjäger, der am Fuße des Baumes ſteht und gerade vor ſich hin ſieht, würde es leicht entdecken, wäre es nicht durch ſeine ſanfte, neu— trale, graue Farbe geſchützt, die gänzlich mit der des Stammes und der Zweige ſich vermiſcht. In der That, es gibt, denke ich, kein Neſt in den Wäldern auf einem Baum, das ſo gut verborgen wäre! — Das letzte, welches ich ſah, hing an dem niedrigen Zweige eines Ahorns; es ſtreifte faſt die Schindeln eines nicht benutzten Heuſchobers in einem entfernten, gelichteten Stück Land in den weſtlichen Waldgegenden Amerikas. Ich ſah durch eine Spalte und erblickte die Alten, die beinahe flüggen Jungen fütternd, nur einige Zoll von meinem Geſicht entfernt — dennoch findet ein Kuhvogel (Molothrus ater (Bodd.) Gray.) dieſes Neſt und legt ſein Schmarotzer-Ei hinein. Ihre Kriegskunſt beſteht in dieſem, wie in anderen Fällen vermuthlich darin, die Bewegungen der Eltern zu beobachten. Man kann oft den alten Vogel ängſtlich die Bäume und Büſche nach einem geeigneten „Neſt⸗ platz“ durchſuchen ſehen; noch öfter, wie er auf einer guten Beobachtungsſtation ) Verwandter der berühmten nordamerikaniſchen Spottdroſſel. Liebe. — 194 — niedergelaſſen die Vögel beobachtet, die um ihn her ab- und zufliegen. Es unter⸗ liegt keinem Zweifel, daß in vielen Fällen der Kuhvogel für ſein unebenbürtiges Ei Raum in dem Neſte ſchafft, indem er des Beſitzers eigenes Ei aus dem Wege räumt. Eine Dame, die in der Vorſtadt einer öſtlichen Stadt lebte, hörte eines Morgens das Angſtgeſchrei eines Paares Hauszaunkönige (Troglodytes aedon, Vieill.), die ein Neſt in einem Geißblattbuſch nahe ihrer Thür hatten. Wie ſie aus dem Fenſter blickte, ſah ſie die kleine Komödie — Komödie von ihrem Standpunkt aus, aber ohne Zweifel ſchreckliche Tragödie von demjenigen der Zaunkönige aus: ein Kuhvogel mit einem Zaunkönigsei in ſeinem Schnabel rannte ſchnell des Wegs entlang, die beleidigten Zaunkönige hinter ſich, welche einen ordentlichen Aufzug machten, laut piepend, zankend und ſo heftig ſich geberdend, wie es eben nur dieſe kleinen beweglichen Vögel können. Der Kuhvogel war wahrſcheinlich überraſcht, gerade als er das Neſt entehrte, und die Zaunkönige ſagten ihm ihre Meinung über ihn. Jeder Kuhvogel wird auf Koſten zweier oder mehr Singvögel auferzogen. Für jeden einzelnen dieſer traurigen kleinen Fußgänger unter dem weidenden Rindvieh gehen zwei oder mehr amerikaniſche Sperlinge, Vireos oder Waldſänger (Dendroica Gm.) unter. Es iſt ein hoher Preis — zwei Sovereigns für einen Schilling; aber die Natur zaudert nicht, gelegentlich ſich auf dieſe Weiſe zu widerſprechen. Ich bemerkte letzten Frühling nur zwei Sängerneſter, eines vom ſchwarzkehligen Blauvogel (Sia- lia ?) und eines vom Rothſchwanzſchnapper (Setophaga ruticilla (Linn.) Swains) letzteres in einem Apfelbaum, wenige Yards von einem kleinen Land-Sommerhaus entfernt, wo ich manche Sommer müßig zubringe. Die lebhaften kleinen Vögel, die wie Pfeile hervorzubrechen und plötzlich aufzufliegen pflegten, erregten meine Aufmerk⸗ ſamkeit für eine Woche, bevor ich ihr Neſt entdecken konnte. Sie bauten es wahr— ſcheinlich in der Morgenfrühe, ehe ich auf der Bildfläche erſchien, weil ich fie nie- mals mit Baumaterial im Schnabel ſah. Aus ihren Bewegungen ſchloß ich, daß das Neſt in einem großen Ahorn ſaß, welcher in der Nähe ſtand. Ich erkletterte den Baum und forſchte gründlich nach, indem ich beſonders in die Aſtgabeln blickte, da ja die Autoritäten ſagen, dieſe Vögel brüteten in ſolchen. Allein ich konnte kein Neſt finden. In der That, wie kann Jemand durch Suchen ein ſolches Vogelneſt finden? Ich ſchoß über das Ziel weg. Das Neſt war mir näher, geradezu unter meiner Naſe; ich entdeckte es als mein Auge nicht etwa ſuchte, ſondern ganz gelegentlich umherſah. Der Vogel wollte ſich gerade darauf ſetzen, als ihn mein Blick traf. Das Neſt war an dem Ende eines langen, knorrigen, horizontalen Apfelbaumzweiges gebaut, aber ganz durch die Gruppirung der Blätter verdeckt. Es enthielt drei Eier, eins davon erwies ſich als unbefruchtet. Die beiden jungen Vögel wuchſen zuſehens und waren aus dem Neſte ſchon früh in der zweiten Woche entflogen; aber irgend ein Weſen fing den einen von ihnen in der erſten Nacht. Der — 195 — undere iſt wahrſcheinlich groß geworden, denn er war nach wenigen Tagen mit feinen Eltern aus der Nachbarſchaft verſchwunden. Das Neſt des Blauvogels war kaum einen Fuß über der Erde in einem kleinen Buſche, der in einem niedrigen dichten Walde von Schierlingstannen, Buchen und Ahorn ſtand — ein tiefes, maſſives, müh— ſam ausgearbeitetes Bauwerk, in welchem das brütende Weibchen verſank, bis nur Schnabel und Schwanz allein über dem Rande ſichtbar blieben. Es war ein neb— liger, kühler Tag, an dem ich zufällig das Neſt fand, und das Weibchen wußte inſtinktartig, daß es nicht vorſichtig wäre, ihre halbbebrüteten Eier unbedeckt auch nur für einen Augenblick zu verlaſſen. Als ich mich in der Nähe des Neſtes hin— ſetzte, wurde ſie ſehr unruhig und nachdem ſie vergeblich verſucht hatte, mich durch ihr plötzliches Hinunterfallen aus den Zweigen fortzuloden und ſich auf der Erde hinſchleppte, als ob ſie tödtlich verwundet wäre, näherte ſie ſich ſchüchtern und be— deckte halb zweifelhaft wieder ihre Eier, zwei Ellen entfernt von dem Platze, wo ich ſaß. Ich ſtörte ſie mehrere Male, um ihre Weiſe zu beobachten. Es war mir, als ob ſich etwas in ihren Blicken und Manieren zeigte, das an mich appelirte; ſie würde ihren Platz auf den Eiern bewahrt haben, bis meine ausgeſtreckte Hand nur wenige Fuß von ihr war. Endlich bedeckte ich die Höhlung des Neſtes mit einem trockenen Blatt; dieſes räumte ſie nicht mit ihrem Schnabel weg, ſondern ſtieß geſchickt mit ihrem Kopfe darunter und ſchüttelte es ſo auf die Erde. Mehrere von ihren ſympathiſirenden Nachbarn, herbeigeführt durch ihre Alarm— zeichen, kamen und hielten eine kleine Ausſchau nach dem Eindringling und flogen dann weg, aber das Männchen erſchien nicht auf der Bildfläche. Den Schluß dieſer Geſchichte kann ich nicht geben, da ich zu ſpät wieder hinging, als das Neſt natür— lich leer war. Jahre gingen vorüber, ohne daß ich das Neſt eines braunen Dreſchers (Har- porhynehus rufus (Linn.) Cab.) “) fand; es iſt kein Neſt, worauf man leicht bei Spaziergängen ſtößt; es iſt verborgen, wie das Gold des Geizhalſes, und mit Eiferſucht bewacht. Das Männchen ſtößt ſeinen reichen, triumphirenden Geſang vom höchſten Baum, den es finden kann, aus und fordert dich ordentlich heraus, nach ſeinen Schätzen in der Nähe zu ſuchen. Aber du wirſt ſie nicht finden! Das Neſt iſt irgendwo im Außenbereich ſeines Geſanges; es iſt niemals ſo unvernünftig, ſeinen Stand in deſſen Nähe einzunehmen. Ein Neſt von ihm, das ich letztes Früh— jahr fand, war 40 oder 50 Ruthen von dem Punkt entfernt, wo das Männchen ſich ſeinen herrlichen Recitationen hinzugeben pflegte. Es war in einem offenen Feld unter einem niedrigen Erd-Wachholder. Mein Hund ſcheuchte den brütenden Vogel auf, als ich nahe hinzuging. Man konnte das Neſt nur ſehen, wenn man *) Verwandter der berühmten nordamerikaniſchen Spottdroſſel. Liebe. = die Zweige aufhob und auseinanderbog. Alle Künſte des Verſteckens waren ſorg⸗ fältigt ſtudirt. Es war der letzte Platz, wohin man geſehen hätte, und wenn man dahin blickte, war nichts als der dichte grüne Umhang des niedrigen ausgebreiteten Wachholders ſichtbar. Wenn man ſich näherte, pflegte der Vogel ſeinen Platz zu behalten bis zu dem Augenblick, wo man die Zweige zu bewegen begann, dann pflegte er herauszufahren und, indem er gerade über den Boden hinſtrich, eine deut⸗ liche braune Linie an den nahen Zäunen und Büſchen hin zu beſchreiben. Ich erwartete zuverſichtlich, daß das Neſt Störungen entgehen würde, aber dem war nicht ſo! Seine Entdeckung durch mich und meinen Hund öffnete wahrſcheinlich die Thür des Unglücks; denn eines Tages, nicht viel ſpäter, als ich in dasſelbe hinein⸗ ſchaute, war es leer. Der prächtige Geſang des Männchens von ſeinem gewohnten Baume aus hatte aufgehört, und das Paar wurde nicht mehr in der Nachbarſchaft geſehen. [Bei einer zufälligen Abtrennung von einer kleinen Geſellſchaft in der Eilen- riede (Stadtforſt) bei Hannover hob ich einſt (1880) einen dichten wilden Brombeer⸗ zweig mitten im Dickicht auf. Von der Erde ſah ich ein Rothkehlchen fortſchlüpfen: bei genauem Nachſehen fand ich ſein Neſt, total durch den überhängenden Zweig, den ich vorſichtig wieder niederließ, verborgen. Es enthielt ſechs Eier. Nach 14 Tagen ging ich wieder hin, aber kein Vogel flog fort! Das Neſt war, obwohl ſo herrlich verſteckt, ſeines Inhalts beraubt, und der Attentäter, ein Menſch in dieſem Falle, hatte ſchamloſer Weiſe mit einem Stocke ein tiefes Loch durch das ganze Neſt geſtoßen! Lev. Der Phöbevogel iſt ein kluger Baumeiſter und erfreut ſich vielleicht einer ſo großen Sicherheit vor Gefahren, ſowohl für ſeine Perſon, als für ſein Neſt, wie kaum ein anderer Vogel. Sein beſcheidenes aſchgraues Kleid trägt die Farbe der Felſen, auf denen er baut, und das Moos, von dem er ſo freien Gebrauch macht, giebt ſeinem Neſte das Ausſehen eines Naturauswuchſes. So oft er aber in die Scheunen oder unter die Schuppen zum Bauen kommt, wie er es ſo häufig thut, wird das Moos vielmehr ſein Verräther. Zweifellos wird der Vogel mit der Zeit den Fingerzeig wahrnehmen und, wenn er an ſolchen Plätzen baut, das Moos fortlaſſen. Ich beobachtete nur zwei Neſter von ihm im vergangenen Frühling: eines in einer Scheune, welches keine Nachkommenſchaft erzielte, wahrſcheinlich wegen der Ratten, obgleich auch die kleine Eule der Verwüſter geweſen ſein kann; das andere in den Wäldern hat drei Junge entſandt. Dieſes letztere Neſt war ſehr reizend und erfindungsreich angelegt. Ich entdeckte es, als ich gerade in einer langen tiefen Waſſerſtrecke im Walde Waſſerlilien ſuchte. Ein großer Baum war am Rande des Waſſers herübergeweht und ſeine dicke Maſſe erſchien durch die in die Luft geſtreckten Wurzeln mit dem ſchwarzen torfartigen Erdboden, der die Zwiſchenräume — 197 — ausfüllte, wie das Fragment einer Mauer von einigen Fuß Höhe, die an der Ecke des ſchleichenden Waſſers ſich erhob. In einer Niſche dieſes Erdwalles und nur vom Waſſer aus ſichtbar und zugänglich hatte eine Phöbe ihr Neſt gebaut und Junge auf— gezogen. Ich ruderte mein Boot dorthin und kam Seite an Seite, ſo daß ich die Familie hätte an Bord nehmen können. Die beinahe flüggen Jungen ließen ſich durch meine Gegenwart gar nicht ſtören, wahrſcheinlich ſicher, daß ihnen von dieſer Seite keine Gefahr kommen könne. Es war kein geeigneter Platz für Sumpfottern, ſonſt wären die Vögel nicht ſo ſicher geweſen. — Ich beobachtete nur ein Neſt vom Grünwaldſänger (Pewee) (Contopus virens (Linn.) Cab.) und dieſes, wie ſo viele andere, hatte keine Nachkommenſchaft. Es war auf einem ſchmalen Baumaſt einer Platane befeſtigt, welche, ungefähr 40 Fuß hoch, neben der Landſtraße ſtand. Jeden Tag, faſt eine Woche hindurch, ſah ich den Vogel auf dem Neſte ſitzen. Dann eines Morgens war er nicht auf ſeinem Platze, und bei näherer Betrachtung zeigte ſich das Neſt als leer — ausgeraubt ohne Zweifel vom rothen Eichhörnchen, welche ſehr zahlreich in der Nachbarſchaft waren und jedes Neſt rein auszukehren ſchienen. Der Grünwaldſänger baut ein vorzügliches Neſt, geſtaltet, als ob es in eine Form gegoſſen wäre. Es iſt innen und außen gleich niedlich und künſtlich modellirt, gleichwie das Neſt des Kolibri (Trochilus colubris, Linn.) und des kleinen grauen Fliegen— fängers (? Haubentyranns, Myiarchus crinitus (Linn.) Cab.). Sein Material iſt widerſpenſtiger, als dasjenige dieſer letzteren Vögel, denn es ſind im erſteren Falle trockene Cedernzweige, die aber in eine ſo runde und kompakte Geſtalt geformt waren, als ob das Neſt vom allerplaſtiſchſten Material gefertigt wäre. In der That, das Neſt dieſes Vogels gleicht genau einem großen, von Flechten bedeckten, becherartig⸗-geſtal⸗ teten Auswuchs des Zweiges, auf dem es ſitzt. Während des Brütens ſcheint ſich das Weibchen auf ihm ſehr behaglich zu fühlen, während die meiſten anderen Vögel ſehr viel Laſt vom Brutgeſchäft zu haben ſcheinen. Es iſt eine Art von Martyrium, welches alle ihre Kraft und Ausdauer in Anſpruch nimmt. Sie haben einen feſten, ſtarren, entſchloſſenen Blick, ſie ſitzen in ihr Neſt hinuntergedrückt ſo bewegungslos, als ob ſie aus Gußeiſen wären. Aber von alledem bildet der Grünwaldſänger eine Ausnahme! Er iſt weit über den Rand ſeines Neſtes ſichtbar; ſeine Stellung iſt leicht und anmuthig; er bewegt ſeinen Kopf von einer Seite zur andern und ſcheint von allem, was um ihn her vorgeht, Notiz zu nehmen. Und wenn ſein Nachbar zu einem kleinen geſelligen Geplauder hereinkommen wollte, ſo würde er unzweifel— haft daran theilnehmen. In Wahrheit, er macht ſich aus dem, was den meiſten andern Vögeln eine in Anſpruch nehmende und wichtige Angelegenheit iſt, eine leichte und bequeme Arbeit. Wenn es nicht wie eine Unterhaltung bei ihm ausſieht, ſo ſieht es mindeſtens wie Muße und ruhige Betrachtung aus. Es giebt keinen Neſtbauer, der ſo viel von Krähen und Eichhörnchen und — 198 — anderen Feinden zu leiden hat, als die Walddroſſel (Hylocichla mustelina (Gm) Baird.) *). Sie baut jo offen und ohne Argwohn, als ob fie die ganze Welt für fo ehrlich hielte, wie ſie ſelbſt iſt. Ihr Lieblingsplatz iſt die Gabel eines Bäumchens, acht oder zehn Fuß über der Erde, wo das Neſt ein leichter Raub für jeden Neſt⸗ plünderer iſt. Sie ſchleicht nicht und verſteckt ſich nicht, wie der Katzenvogel (Galeo- scoptes carolinensis (Linn.) Cab., Verwandter der Spottdroſſeln), der braune Dreſcher, der Steinſchmätzer („chat“), oder der Cheewing (Pipilo erythroph- thalmus (Linn.) Vieill. *)) und ihr Neſt iſt nicht jo verborgen, wie die jener. Unſere Droſſeln ſind alle freie, offenherzige Vögel, nur der Veery und der Einſiedler (Hylocichla unalascae pallasii (Cab.) Ridgw.) bauen auf der Erde, wo ſie zum wenigſten den Krähen, Hähern und Eulen entgehen und eine beſſere Ausſicht haben, vom rothen Eichhörnchen überſehen zu werden, während die Wanderdroſſel (American Robin = Merula migratoria (Linn.) Sw. u. Rid.) den Schutz der Häuſer und Nebengebäude ſucht. Seit Jahren habe ich nicht ein Neſt von der Walddroſſel gefunden, das ſeinen Endzweck erreicht hätte. Letzten Sommer bemerkte ich nur zwei, augenſcheinlich beides zweite Verſuche, da die Jahreszeit ſchon ſehr vorgerückt war; beide gingen zu Grunde. In dem einen Falle, wo das Neſt auf einem Apfelbaumzweig angebracht war, welcher der Wohnung nahe ſtand, ſtreckte es ſich weit über die Landſtraße hin. Der Baum war nur 10 Fuß über letzterer, und das Neſt würde mit genauer Noth einem darunter fahren- den Fuder Heu entgangen ſein. Man konnte es leicht wegen ſeines Materials ent: decken: der Vogel hatte ein großes Stück Zeitungspapier in ſeinem Bau verwendet — ein gefährliches Material in den meiſten Fällen. Was auch ſonſt immer die Preſſe beſchützen mag, dieſes Blatt ſchützte das Neſt nicht vor Schaden. Es ſah das Ei und das nackte Junge, aber nicht das ausgeflogene Kleine. Eine mörderiſche Unthat wurde oberhalb der öffentlichen Landſtraße begangen, ob am hellen Tage oder unter dem Schutze der Finſterniß, weiß ich nicht. Das muntere rothe Eich⸗ hörnchen war zweifellos der Verbrecher. Im Winter 1883 fand ich bei Hannover in einer Höhe von 8 Fuß ungefähr in einem dünnen Eichbäumchen ein Pirolneſt, das ſo lange der Witterung getrotzt hatte. Zu meinem Erſtaunen entdeckte ich einen großen Fetzen des — alten hanno⸗ verſchen Geſangbuches darin, welches belauntlich eben abgeſchafft war. Hatte der Vogel mithelfen wollen? Lev.) Das andere Neſt war in einem Ahorn, einige Yards vor dem kleinen Land⸗ ſommerhaus, von dem wir ſchon geſprochen haben. Der erſte Verſuch in der Brut- zeit ar, wie ich vermuthe, fehlgeſchlagen und zwar an einem abgeſchiedenen Platze 0 Aehnlich e Zippdroſſel. Liebe. **) Sonſt Groundrobin (Grundröthel) genannt, ein Aminerfink. Liebe. — 199 — fern vom Hauſe. Folglich hatte ſich der Vogel ſchutzſuchend genähert. Das Männchen ſang in den Bäumen einige Tage, bevor ich das Glück hatte, das Neſt zu finden. Gerade an dem Morgen, an welchem ich glaube, daß es fertig geworden war, ſah ich ein rothes Eichhörnchen einen Baum unterſuchen, wenige Ellen vom Droſſelneſt: es wußte vermuthlich ebenſo gut wie ich, was der Geſang bedeute! Ich ſah das Innere des Neſtes nicht, denn es war faſt augenblicklich verlaſſen, nachdem das Weibchen wohl nur ein Ei gelegt hatte, und das war vom Eichhörnchen verzehrt. Wenn ich ein Vogel wäre, ſo würde ich dem Beiſpiel des Bobolink bezüglich des Neſtbaues folgen, da er es inmitten einer breiten Wieſe anlegt, wo kein Gras, keine Blume oder Baumwuchs von ihrer Umgebung abweichen und ſeinen Platz verrathen. Ich urtheile, daß der Bobolink den Gefahren, die ich beobachtet habe, wie wenige oder kein anderer entflieht. Ausgenommen, daß die Schnitter zu früh kommen (d. h. vor dem erſten Juli) oder daß ein (amerikaniſcher) Nörz (Putorius vison, Gapper) durch das Gras ſchnüffelt, was aber nicht häufig paſſirt — it er jo ſicher in dem großen, offenen Organismus der Natur, wie es über: . haupt nur ein Vogel ſein kann. Er wählt den ödeſten und einförmigſten Platz, den er finden kann, unter Gänſeblümchen oder Thymian oder Klee und legt ſeinen einfachen Bau inmitten hiervon auf dem Erdboden an. Seine Heimlich— keit fußt auf dem Geſetz, daß das Große das Kleine verbirgt, die Wüſte den Kieſel, die Myriade die Einheit! Leſer, du kannſt das Neſt wohl mal finden, wenn dein Lauf dich zufällig quer darüber führt und dein Auge hurtig genug iſt, den ſchweigenden, braunen Vogel zu bemerken, wie er behende fortfliegt; aber mache drei Schritt in verkehrter Richtung und all dein Suchen iſt vergeblich. Mein Freund und ich fanden eines Tages zufällig ein Neſt vom Bobolink und ver— loren es dann wieder eine Minute ſpäter. Ich bewegte mich einige Yards zurück, um über das Weibchen ſicher zu ſein, indem ich meinem Freunde auftrug, ſich nicht vom Flecke zu rühren. Als ich zurückkam, hatte er zwei Schritte gemacht, wie er ſagte (in Wirklichkeit waren es vier geweſen), und wir wandten eine halbe Stunde dran, das Neſt wiederzufinden, über die Gänſeblümchen gebeugt und nach dem ver— lorenen Faden ausſchauend. Wir geriethen in Verzweiflung und befühlten ſchließ— lich den Erdboden mit den Händen — aber ohne Erfolg! Ich merkte mir die Stelle durch einen Buſch und kam am nächſten Tage wieder. Ich bewegte mich nun, den Buſch als Centrum, um ihn in langſam größer werdenden Kreiſen, indem ich, wie ich dachte, faſt jeden Zoll des Bodens mit den Füßen bedeckte und mit aller meiner Sehkraft den Boden „ergriff“, bis meine Geduld erſchöpft war. Ich zweifelte an der Fähigkeit der Alten, das Neſt wiederzufinden und verſteckte mich in der Nähe und paßte auf. Nach langem Warten erſchien das Männchen mit Futter im Schnabel und fiel nieder, nachdem es ſich verſichert hatte, daß die „Küſte klar“ — 200 — war, in dasſelbe Gras, das ich mit meinen Füßen niedergetreten hatte. Ich fixirte eine einzelne Wieſenlilie und ging geraden Wegs auf die Stelle, beugte mich nieder und ſtierte lange und aufmerkſam in das Gras. Endlich unterſchied mein Auge das Neſt mit ſeinen Jungen von der Umgebung. Mein Fuß hatte ſie beim Suchen verfehlt, aber wie ſie meinem Auge entgangen waren, weiß ich nicht; wahrſchein⸗ lich nicht jo ſehr durch die Entfernung, als vielmehr dadurch, daß fie wirklich un- fihtbar waren. Das ſchwarz⸗graue und gelblich-braune trockene Gras und die Stoppeln des Wieſenbodens waren genau in der Farbe der halbflüggen Jungen copirt. Mehr als das! Sie faßten das Neſt ſo knapp und bildeten eine ſo feſte Maſſe, obgleich es ihrer fünf waren, daß ſie den Eindruck der Einheit wahrten — kein einzelner Kopf war deutlich ſichtbar; ſie waren eins und dieſes eine war ohne Geſtalt und beſondere Farbe. Dieſes Neſt gedieh, wie ſie es zweifelsohne gemeinig⸗ lich thun. Denn ungeachtet der gewaltigen Metzeleien ſeitens der ſüdlichen Jäger bei den Herbſt-Wanderungen der Vögel, ſcheint der Bobolink ſich zu behaupten und ſein Sang verſtummt in unſeren nördlichen Wieſen nicht.“) Vögel, für welche die Exiſtenzfrage eine ſo brennende iſt, ſcheinen fruchtbarer zu ſein, als diejenigen, deren Neſter und Junge weniger Gefahren ausgeſetzt ſind. Das Rothkehlchen, die Sperlinge, ““) die Waldſänger u. ſ. w. pflegen zweimal oder bis⸗ weilen dreimal Bruten in einer Saiſon groß zu ziehen oder wenigſtens den Verſuch zu machen. Dagegen haben die Königsvögel (Tyrannus dominicensis (Gm.) Reich. earolinensis (Lin.) Temm., verticalis, Say, vociferans (Gm.) Swains), der Trupial die Dompfaffen (Astragalinus tristis (L.) Cab***), psaltria (Say) Coues), der Cedern⸗ vogel (amerikanischer Seidenſchwanz, Ampelis cedrorum, Vieil), die Raubvögel und die Spechte, welch letztere in ſicherer Abgeſchiedenheit in den Baumſtämmen niſten, gewöhnlich nur eine Brut. Ich notirte drei Neſter des Cedernvogels im letzten Auguſt in einem einzeln gelegenen Obſtgarten, alle ergiebig, aber alle mit einem oder mehreren unfruchtbaren Eiern darin. Der Cedernvogel iſt der ſchweigſamſte unſerer Vögel; er hat nur einen einzigen ſchönen Ton, ſoweit ich es beobachtet habe, aber ſeine Art zu ſingen iſt bisweilen ſehr ausdrucksvoll. Kein mir bekannter Vogel iſt im Stande, ſo in der Stille ſchweigende Angſt auszudrücken, wie dieſer, wenn er auf dem Neſte ſitzt. Wenn du auf den Baum ſteigſt und dich ihm näherſt, ſträubt er ſeine Federn und ſeine Holle, reckt ſeinen Hals und wird das wahre Bild der Furcht. Andere *) Trotzdem das Neſt des Bobolink jo ſchwer zu finden, iſt der Preis eines Ei's bei den Naturalienhändlern in New-York nur 15 Cents. Lev. *) Es giebt in Nordamerika ca. 16 Arten „Sparrows“ (Sperlinge), die Gattungen Zono- trichia, Spizella, Melospiza. f Lev. ) Aehnlich unſerem Zeiſig. — 201 — Vögel wechſeln unter denſelben Umſtänden kaum ihren Geſichtsausdruck, bis ſie in der Luft umherflattern, wo fie durch ihre Stimme mehr Zorn als Angſt aus- drücken. Ich habe von dem rothen Eichhörnchen erzählt, daß es die Eier und jungen Vögel vernichtet. Ich glaube das Unheil, das es in dieſer Beziehung anrichtet, kann kaum überſchätzt werden. Faſt alle Vögel ſehen es als ihren Feind an, und greifen es an und ärgern es, wenn es an ihren Brutplätzen erſcheint. So habe ich die Waldſänger, Kuckuke (Coceyzus americanus (L.) Bp. erythrophthalmus (Wils.) Baird), Rothkehlchen und Walddroſſeln geſehen, wie ſie es mit ärger— licher Stimme und Geberden verfolgten. Wenn du wünſcheſt, daß die Vögel in deinen Obſtgärten und Hainen brüten und gedeihen, ſo tödte jedes rothe Eich— hörnchen, welches jenen Platz beunruhigt. | [Sentimentaler „Thierſchutz“ hat jüngſt in Hannover zu Gunſten des Eich— hörnchens ein Urtheil gefällt und dem dortigen Vogelſchutzverein große Schwierig— keiten in den Weg gelegt, die in der Stadtforſt ſehr zahlreichen Vogelfeinde einiger— maßen zu decimiren. Die Folgen werden ſich in der nächſten Brutſaiſon zeigen! Mir iſt ein Fall bekannt, wo ein kleines Wäldchen ſeiner ſämmtlichen Singvogel— neſter durch überaus viele Eichhörnchen in kurzer Zeit beraubt wurde. Lev.] Ferner muß zum Schutz der Vögel auch jedes Wieſel getödtet werden. Dieſes iſt ein ſchlauer Erzfeind der Vögel. Es klimmt auf jeden Baum mit großer Ge— wandtheit und Behendigkeit und unterſucht ihn nach Neſtern. So habe ich es ver— ſchiedene Male angetroffen. Eines Tages im vergangenen Sommer wurde meine Aufmerkſamkeit durch die ängſtlichen Töne von einem Paar braunen Dreſchern gefeſſelt, welche von einem Buſch zum andern flatterten, eine lange Strecke hin in einem entlegenen Felde. Jetzt ſah ich, was ſie ſo aufgeregt hatte — drei große rothe Wieſel oder Hermeline kamen mit Muße und halb ſpielend des Weges daher und unterſuchten jeden Baum in der Nähe. Sie hatten vermuthlich die Dreſcher be— raubt. Mit großer Leichtigkeit kamen ſie an den Bäumen herauf und glitten ſchlangenartig um die Hauptzweige. Beim Herabſteigen gingen ſie ſpiralförmig um den Stamm. — [Vorigen Sonntag früh — am 8. November — war ich auf dem Vogelfang mit Leimruthen mit einem alten Clausthaler. Er hatte mehrere Hänflinge und einen Stieglitz in der Wieſe als Lockvogel aufgeſtellt. Plötzlich erhob einer der „Hanneflinge“ ein ängſtliches Geſchrei: wir eilten hin und ſahen gerade noch, wie ein Wieſel ſich aus dem Staube machte, welches den Hänfling hatte fangen wollen. — Uebrigens will ich für diejenigen, welche bei dem Worte „Vogelfang“ ſchaudern, bemerken, daß die Art zu ſtellen, wie ſie hier noch und zwar in großer Heimlichkeit betrieben wird, ſo wenig Ertrag liefert, daß ſie durchaus unſchädlich genannt wer— — 202 — den darf. Wir ſahen an jenem Tage weit mehr als hundert Finken, Stieglitze, Hänflinge, Buchfinken 2c. und fingen in mehr als ſechs Stunden nur — drei Männchen für unſere Zimmer! | Lev.] Geflügel: und Vogelausſtellung des ornithologiſchen Vereins in Stralſund. Von Major Alexander von Homeyer. Dieſe Ausſtellung, zugleich zweite Verbandsausſtellung der vereinigten ornitho- logiſchen Vereine Pommerns und Mecklenburgs, fand in Stralſund in den freund— lichen Sälen und dem ſchattigen Garten des Elyſium vom 5.— 8. Juni ſtatt. Gleichzeitig feierte der Stralſunder ornithologiſche Verein ſein zehnjähriges Beſtehen. Der Herr Regierungspräſident von Pommer-Eſche beehrte in Begleitung des Herrn Kommandanten Oberſt von Siefart die Ausſtellung und folgten die Herren auch der Feſteinladung zum großen, höchſt ſplendiden ſogen. Preisrichter⸗ Souper. Unterzeichneter war als Preisrichter für die Abtheilung Nr. 4 berufen. Es dürfte angezeigt erſcheinen, über dieſe Abtheilung kurz zu berichten. Erwähnt ſei nur, daß die edlen Hühner ganz beſonders brillirten, Tauben zahlreich, und Enten und Gänſe mittelmäßig vertreten waren. Die Pecking-Enten werden in Pommern mehr und mehr beliebt.“) Die Abtheilung Nr. 4, alſo die Papageien, Sing- und Ziervögel u. ſ. w., zeigte einige 80 Papageien und Kakadu's, circa 300 kleine exotiſche Schmuckvögel, einige einheimiſche Singvögel, ſowohl Feinſchnäbler wie Körnerfreſſer, Wachteln, graufüßiges Rohrhuhn und einen Steinkauz (Athene noctua). Die Kanarien waren durch circa 20 — 25 Schläger vertreten. Man erſieht hieraus den Charakter dieſer Abtheilung der Ausſtellung, alſo ähnlich dem Charakter der meiſten provinziellen Ausſtellungen. — Wie überall, ſo auch in Stralſund, woſelbſt die Stubenvogel-Liebhaberei durchaus nicht ſchlummert (ich verweiſe z. B. auf den Herrn Dr. med. Pogge), thun die Beſitzer ihre Vögel nicht gern in die Ausſtellung — aus Furcht, daß ihre Lieblinge leiden möchten. Bei dem Fremdenverkehr, bei den vielen Neckereien durch Groß und Klein, bei der geſammten Unruhe, namentlich aber, was kaum zu ver- meiden, bei der ſtaubigen, dicken Luft können wir den Beſitzern nicht böſe ſein. — Das Verdienſt, daß ſo viele Vögel zur Ausſtellung kamen, fällt in erſter Linie dem Herrn Kaufmann Lehl (Stralſund) zu, der einen ſchwunghaften Vogelhandel ) Ueber dieſe Abtheilungen referirt Herr Paske ausführlich in der Stettiner ornitho⸗ logiſchen Zeitſchrift (Redacteur Herr Lehrer Röhl), die hiermit beſtens empfohlen ſein mag. 5 betreibt, und damit auch Liebhaberei bei den Herrſchaften auf dem Lande macht. Ihm fielen demnach auch viele Prämien zu. Auch während der Ausſtellung kamen immer noch von auswärts e an ihn Sendungen von Papageien und kleinen Exoten an. — So erfreulich dies Mehrmaterial auch war, ſo dürfte es ſich doch empfehlen, wenn dasſelbe früher (wenigſtens 2— 3 Tage) eintreffen würde, da die Wehen der Reiſe den Vögeln ſehr wohl anzuſehen waren. Namentlich herrſchte in einem großen Transportkäfig große Noth, woſelbſt die kleinen Exoten en masse zuſammen⸗ gepfropft waren, — es war trotz Schwammvorrichtung das Waſſer ausgegangen. Als durch Unterzeichneten ſofort Waſſer gegeben wurde, ſtürzte die ganze kleine Schaar auf den Labetrunk, dann ſteckten die meiſten den Kopf unter die Flügel, um zu ſchlafen. — Man wird mir zugeben, daß ein bereits dem Publikum ge— öffneter Ausſtellungsraum keine Ruhe- und durchaus keine Erholungsſtätte iſt. Dasſelbe galt von den Papageien. Faſt alle waren ſichtbar ſchläfrig, matt, welk. Die Papageien waren den Abend vorher zur Ausſtellung gebracht worden, während in dem Ausſtellungsſaal ſelbſt faſt noch während der ganzen Nacht bei Lampe und Licht gearbeitet wurde. Die Vögel waren marode, wie ich gleich zu den Herren Mitpreisrichtern ſagte, ſie hatten die Nacht nicht geſchlafen, und verſuchten dies den Vormittag und Nachmittag nachzuholen, was ihnen aber nicht gelingen wollte, da die Ausſtellung bereits Vormittag dem Publikum geöffnet war. — Auch das Prämiiren fand ſtatt in Anweſenheit des Publikums. Zu empfehlen iſt, daß das ganze Prämiirgeſchäft beendet iſt, wenn die Ausſtellung eröffnet wird. Das Publikum will in erſter Linie die prämiirten Thiere ſehen, und deshalb müſſen die Prämiir⸗Zettel mit I., II., III. Preis u. ſ. w. bereits an den Käfigen ſtecken. Ich verkenne die vielen Schwierigkeiten nicht, dies Alles auszuführen, um ſo mehr, als ſich im letzten Moment Alles zuſammendrängt, und deshalb möchte ich nicht, daß meine Erörterungen etwa als Vorwürfe angeſehen würden, aber wir alle dienen derſelben Sache, und wollen ſie im Intereſſe unſerer Lieblinge fördern. Dabei erwähne ich noch eines Umſtandes im Intereſſe der Herren Ausſteller: Es kommt ſo oft vor, daß im Catalog ein ausgeſtellter Vogel ſehr gelobt wird, daß z. B. ein Papagei in 5—8 Sprachen ſpricht, daß ein Dompfaff (Gimpel) 2— Lieder correct pfeift. Zuweilen iſt auch dabei geſagt „auf Commando!“ Ich habe mich einmal in Anclam, um als Preisrichter gerecht zu ſein, ſtundenlang mit einem Dompfaffen-Virtuoſen geplagt, — aber vergebens, er pfiff nicht. Bei ſolchen dreſſirten Vögeln müßte ſich der Beſitzer mit den Preisrichtern direkt in Verbindung ſetzen, d. h. an Ort und Stelle ſein, da ihm die Sache des Exami⸗ nirens leichter gelingt, als dem Fremden. Von Papageien intereſſirten namentlich zwei große Amazonen, ſogenannte 16 — 204 — doppelte Gelbköpfe. Es war Chrysotis Levaillanti und der ſchon in Roſtock prämiirte Ochrocephala (Gmel.). Beide haben den „rothen Flügelbug“, der bei dem dritten doppelten Gelbkopf (Chr. ochroptera) gelb iſt. Die beiden erſten Arten unterſcheiden ſich bei faſt gleicher Größe, gleichem Grün und ſonſtiger großer Aehnlichkeit durchſchlagend durch die Färbung des Schnabels und der Füße, die bei dem ſtark gelbköpfigen Levaillanti hell, bei Ochrocephala dunkel iſt. — Auch der ſchöne Pennants⸗Sittich (Platycercus Pennanti), der Königslori (Pl. scapu- latus), und die kleinen Conuren (eactorum und aureus) intereſſirten ſehr. Für den Ornithologen von Fach war von größtem Intereſſe ein Girlitz⸗— baſtard (von Girlitzmännchen und Canarien-Weibchen), eine Zucht des Herrn Zöllner in Stralſund. Das kleine, dickſchnäbelige, gelblichgrüne Thier erinnert in der Geſammtfärbung ſowohl an ſeinen Papa, wie an die wilden Stamm: Eltern der Mutter. An die vielen kleinen exotiſchen Körnerfreſſer (die bekannte Marktwaare) reiheten ſich auch die immer beliebter werdenden Feinſchnäbler, die Sonnenvögel (Leiotbrix luteus), die Blauhüttenſänger (Sialis), der Viehſtaar (Molobrus pecoris). Die Canarien ſtanden bei den Papageien, den kleinen Exoten, den Tauben und den vielfach krähenden kleinen Streithähnen im großen Ausſtellungsſaal, was natürlich das Abhören auf Geſang faſt unmöglich machte. Für Canarien ſollte immer ein Extra-Zimmer beſorgt werden. | | Die ausgeſtellten Käfige litten im Allgemeinen, woran fie faft immer leiden in Ausſtellungen wie in Privatquartieren: „bei großer Eleganz und ſonſtiger guter Einrichtung für Futter, Waſſer, Baden ſind ſie zu klein und nicht lang genug. Die meiſten Vögel wollen einen freien Sprung haben.“ — Das Gymnaſium zu Stralſund — gewiß ſehr zur Nachachtung — hatte im Intereſſe der Ausſtellung ſich mit einer großen Collection ausgeſtopfter Vögel be— theiligt, — auch fehlte der bekannte ſchleſiſche Künſtler, Herr Plaske (Landeck) nicht mit ſeinen vortrefflichen Vogel-Reliefbildern. Ein Herr Schell (Stettin) hatte Oelbilder von Vögeln eingeſchickt. Techniſch ausgeführt waren dieſelben gut, aber wir möchten zu beſſeren Vorlagen rathen, auch nicht zu ausgeſtopften Vögeln, die Natur ſelbſt liefert da das beſte Material. Die Litteratur war ſchwach vertreten. Aus einem der kleinen ausgelegten Büchlein (ohne Namen eines Autors) bereicherte ich ſehr mein Wiſſen. Ich erfuhr, daß der Orpheus-Sänger ſeinen Namen erhalten habe, weil er in Mitten ſeines Geſanges deutlich „orpheus“ rufe oder pfeife. Welch’ Märchen! Was doch noch, Alles geſchrieben wird! — Greifswald, den 12. Juni 1886. — 205 — Einiges über unſere Krähen. Von Dr. F. Rudow. Schon ſeit 4 Jahren find die Krähen und zwar vielleicht 30 Stück corone, wenige cornix und ein Dutzend monedula, die Gäſte in unſerm Schulhofe. Der: ſelbe iſt rings von hohen Bäumen umgeben, liegt neben großen Wieſen und alten Eichenanpflanzungen und wird von einem Flüßchen umſpült, in der Nähe befindet ſich eine Lohgerberei. Während des Sommers niſten die Krähen wohl theilweiſe in den benachbarten Eichen, aber keine beſucht den Schulhof, ſowie aber die Herbſtferien zu Ende ge— gangen ſind, ſtellen ſie ſich als Gäſte am beſtimmten Montage ein. Befinden ſich die Schüler im Hofe, dann halten einige Wache auf den Bäumen, von den andern iſt nichts zu ſehen, ſobald aber die Glocke das Zeichen gegeben hat, nach welchem die Schüler den Hof verlaſſen, dann iſt mit einem Male die ſchwarze Geſellſchaft da und ſucht ſchleunigſt die weggeworfenen Brotſtücken auf. Der Schuldiener hielt ſich Hühner, welche ebenſo eifrig das Brot zu erbeuten ſuchten, und da war es ein großer Spaß, die eiferſüchtigen Kämpfe zwiſchen Huhn und Krähe zu beobachten, wobei aber regelmäßig die Krähe das Brot erbeutete. Selbſt der Hahn wurde nicht weiter beachtet, wollte er aber Hausrecht gebrauchen, dann brachten ihn gleich einige Krähen zur Vernunft. Auch die Würde des Schuldieners wurde mißachtet, wenn er mit einem Stocke bewaffnet die ſchwarze Bande vertreiben wollte, denn wenn er vorn ſchlug und warf, wurden hinter ihm die beſten Stücken Brot weg— geholt, ſo daß der Mann alltäglich ſeine Noth wegen der Unverſchämtheit der Krähen klagte, nicht ahnend, daß ich nur meinen Spaß daran hatte. In den erſten Jahren waren die Vögel ſehr ſcheu und nahmen Reißaus, ſobald ſich eine Perſon am Fenſter blicken ließ, bald aber merkten ſie, daß an gewiſſen Fenſtern zu Zeiten ihnen wohlgeſinnte Leute zu finden waren. Ließ ich mich hinter den Scheiben blicken und machte Miene das Fenſter zu öffnen, um das angeſammelte Brot hin- auszuwerfen, dann kamen auf ein Signal der ſtets bereiten Wache alsbald die andern Schwarzen angeflogen, um noch während des Hinauswerfens die Brotſtücken aufzufangen und dieſelben an ſicherer Stelle zu verzehren. Die dreiſteren Dohlen aber blieben unter dem Fenſter ſitzen und warteten, bis ſie ohne Kampf ihren Antheil erhielten. An freien Nachmittagen und Sonntags war keine Krähe zu ſehen, ſo genau kannten ſie die Zeit, wo etwas zu holen war, und auch während der Ferien ſetzte ich vergeblich die Glocke in Bewegung, um ſie anzulocken, fie kamen nicht eher wie: der, als bis ſie die Schüler im Hofe geſehen hatten. So treiben ſie alljährlich ihr Weſen bis zum Eintritte milder Witterung, in dieſem Jahre genau bis der Froſt aufhörte, um mit einem Male zu verſchwinden. 16* — 206 — Nur einige Paare haben es ſich bequem gemacht und zum erſten Male in den be- nachbarten Eichen geniſtet, die Dohlen haben ſich Schornſteine und andere Niſtplätze gewählt, wo ſie oft Unbequemlichkeit verurſachen, wie Schornſteine verſtopfen, und holen ſich nach wie vor ihr Futter im Schulhofe. In Seehauſen treibt ſich auch ſchon ſeit Jahren eine Dohle umher, welche ehemals als Hausvogel gehalten, aber ſpäter herrenlos wurde. Dieſelbe kommt zu beſtimmten Zeiten an gewiſſe Fenſter, klopft an und ſchreit ſo lange, bis ſie von den Bewohnern ihr Futter erhalten hat. Sie verzehrt dies unbekümmert um die Zu⸗ ſchauer, läßt ſich aber nicht angreifen und fordert ungeſtüm ihr Recht, wenn ſie überſehen wird. Mit gewiſſen Hunden liegt ſie im Streite, hackt auf dieſe ein und ſucht ihnen eine leckere Beute abzujagen, aber mit ihresgleichen will ſie keine innige Gemeinſchaft haben. Leider hat ein ruchloſer Bube den allgemein beliebten Vogel in ſeinem Hofe erſchoſſen. Schade, daß ſolche Strolche nicht zur Rechenſchaft vor Gericht gezogen werden können! Das Federkleid der Vögel. Von Martin Bräß. I. Keine Klaſſe des Thierreichs zeigt einen jo ſcharf ausgeprägten Charakter, als die der Vögel; ja, dieſelbe würde unter den übrigen Lebeweſen eine durchaus iſolirte Stellung einnehmen, wenn nicht gewiſſe Vögel früherer Perioden die Ver⸗ wandtſchaft mit den Reptilien offenkundig zur Schau trügen. Welchen Grund hat dieſe ſtrenge Abgeſchloſſenheit der Vögel, welchen Grund die große Gleichmäßigkeit in der Organiſation der einzelnen dieſer Klaſſe an⸗ gehörigen Thiere? Die Natur hat in dem Vogel eine Flugmaſchine geſchaffen, einen Organismus, deſſen weſentlichſte Eigenthümlichkeit die Flugfähigkeit iſt, und um dieſen Zweck in höchſter Vollendung zu erreichen, hat fie alle Vögel — ſoweit dieſelben den eigentlichen Fliegern angehören — weſentlich nach einem Plane arbeiten müſſen. Die Flugfähigkeit beanſprucht eben eine ganz beſtimmte Organi⸗ ſation faſt aller Theile des Vogelleibes, wie Verfaſſer in einem früheren Aufſatze (vergl. Monatsſchr. 1885 pag. 228 ff.) nachzuweiſen verſucht hat, und jo erklärt es ſich, daß trotz der großen Zahl an Arten, welche in die Klaſſe der Vögel gehören, dennoch die Mannigfaltigkeit der typiſchen Eigenſchaften eine nur geringe ſein kann, ein Umſtand, welcher natürlich die Klaſſifikation bedeutend erſchweren muß. Zwar giebt es auch unter den Säugethieren einige, welche mit einem Mechanismus aus⸗ geſtattet ſind, der gleichfalls eine Bewegung durch die Lüfte ermöglicht, wie wir —— — —— — —½ . ä —⁰³ͤrT,ĩ ß — 207 — ihn z. B. in der Flughaut der Fledermäuſe kennen; aber die Bewegung der letzteren iſt kein Flug: bei ihnen dürfen wir nur von einem Flattern reden; ein freier, eleganter, reißend ſchneller, ausdauernder Flug wird nur von dem Vogel geübt. Im engſten Zuſammenhange mit der Flugbewegung ſteht die Thatſache, daß jeder Vogel mit Federn bedeckt iſt, eine Eigenſchaft, welche zugleich ausſchließlich dem Vogel allein zukommt. Nur wenige Theile ſeines Körpers entbehren faſt ſtets der Federbekleidung: der Schnabel und die Zehen. Doch auch letztere beſitzen bis— weilen eine dichte, ſammetartige Befiederung, wie die Zehen des Waldkauzes und anderer Eulen, oder ſie tragen Federn, welche den Fächerfedern der vorderen Ex— tremitäten entſprechen. Zahlreiche domeſticirte Tauben- und Hühnerarten zeigen dieſes Verhältniß, — eine Abnormität, welche gelegentlich auch bei andern domeſti— cirten Vögeln auftritt; iſt fie doch ſogar an dem Kanarienvogel beobachtet worden. Ferner iſt in der Mehrzahl der Fälle der Lauf, ſeltener der Hals wie bei den meiſten Geiern, oder der Bauch wie der der Strauße, nackt; auch bleiben die Haut— auswüchſe an Kopf und Hals, z. B. unſeres Haushuhnes, kahl. Eine faſt unbe— fiederte Stelle iſt endlich der ſogenannte „Brutfleck“ der brütenden Vögel, welcher ſich auf Bauch und Unterbruſt befindet. An dieſer Stelle, wo alſo die Federn, ein ungemein ſchlechter Wärmeleiter, fehlen, vermag der Vogel ſeine eigne Körper— wärme unmittelbar dem Ei, welches er bebrütet, mitzutheilen. Der äußere Anblick eines Vogels giebt leicht Veranlaſſung zu der Meinung, die Federbekleidung breite ſich ununterbrochen und gleichmäßig über die geſammte Körperhaut aus; dies iſt nur der Fall bei einigen wenigen Schwimmvögeln, wie dem Königstaucher (Aptenodytes patagonica Forst.), welcher zu der Familie der Pinguine gehört; vielmehr ſind die Konturfedern in Reihen angeordnet, welche man als „Federfluren“ (Pterylae) bezeichnet; zwiſchen dieſen befiederten Feldern befinden ſich, ebenſo regelmäßig vertheilt, kahle oder nur mit ſchwachen Dunen beſetzte Stellen, ſogenannte „Raine“ (Apteria). Jeder gerupfte Vogel läßt deut- lich dieſe Verhältniſſe erkennen. Man unterſcheidet eine Unter-, Lenden-, Schulter⸗, Rücken⸗, Flügelflur ꝛc., einen Unter-, Rückgrat⸗, Rumpfſeiten⸗, Seitenhalsrain ꝛc. Die Form und Vertheilung dieſer Felder iſt bei den verſchiedenen Gruppen der Vögel eine durchaus verſchiedene und kann daher von der Syſtematik verwerthet werden. In ſeinem „Syſtem der Pterylographie“ behandelt Chr. Ludwig Nitzſch dieſen höchſt intereſſanten Gegenſtand ſehr ausführlich und giebt eine große Zahl inſtructiver Abbildungen. Wir ſagten, jeder Vogel beſitzt Federn und fügten hinzu, daß dieſes Merk— mal zugleich ein ſolches iſt, welches allein der Klaſſe der Vögel zukommt. Angeſichts deſſen könnte man leicht zu der Meinung gelangen, die Feder ſei ein Gebilde, welches ganz eigenartig und ganz iſolirt daſtehe. Wir werden unten die Entwid- — 208 — lung der Feder beſprechen und die Ueberzeugung gewinnen, daß dieſelbe die größte Uebereinſtimmung zeigt mit der Entwicklung der Hornſchuppen reſp. des Hornzapfens bei den Reptilien und der des Haares bei den Säugethieren; aber ſelbſt völlig aus: gebildete Federn beſitzen bisweilen eine ſolche Aehnlichkeit mit den genannten Gebilden des Säugethierkleides einerſeits und der Reptilienhaut andererſeits, daß der geneigte Leſer mit Sicherheit die ihm vorgelegte Feder das eine Mal als Schuppe eines Rep⸗ tils, das andere Mal als Haar, wie wir es gewöhnt find auf der Haut des Säuge⸗ thiers zu ſehen, bezeichnen wird. Die Pinguine z. B. zeigen an gewiſſen Stellen ihres Körpers Federn, welche durchaus ſchuppenartig geformt ſind. Derartige „Schuppenfedern“ tragen ſie namentlich auf den Flügeln, die nicht mehr zum Fliegen tauglich ſind, wohl aber ſehr geſchickte Ruder für die Bewegung im Waſſer darſtellen. Ganz beſonders zeigt der vordere Rand des Flügels, mit welchem der Vogel das Waſſer durchſchneidet, dieſe Schuppen faſt in derſelben Form, wie ſie die Haut unſrer Schlangen beſitzt, vielleicht mit dem einzigen unbedeutenden Unter— ſchiede nur, daß der Rand jener Federſchuppen in ganz verſchwindend kleine Faſern ſich auflöſt. Hier haben wir alſo ein ausgezeichnetes Beiſpiel für den Uebergang von Feder in Schuppe. — Ebenſo wenig giebt es eine feſte Grenze zwiſchen Feder und Haar; oder darf man nicht jene ſonderbaren Gebilde an der Bruſt der Trut⸗ hühner, an dem Halſe des Ibis mit demſelben Rechte Haare nennen, mit welchem ein Anderer ſie als eigenthümlich modificirte Federn bezeichnet? Derartige „Faden— federn“, allerdings bei weitem dünner und weicher als die ſoeben angeführten, finden ſich in großer Menge auf dem ganzen Körper des Vogels zwiſchen und unter den Dunen. Kurz, wir gelangen ſchon jetzt zu dem Schluſſe, daß zwiſchen Schuppe, Feder und Haar ein wirklich durchgreifender Unterſchied nicht exiſtirt. erſcheinen in der Form von kleinen Erhebungen auf derſelben die erſten An⸗ deutungen des Federkleides. Die Haut des embryonalen Vogels erhält hierdurch ein warziges Ausſehen; die ſcheinbaren Warzen werden in der Wiſſenſchaft mit dem Ausdrucke Papillen belegt. Sie ſind die Urſprungsſtätte der kleinen unſchein⸗ baren Embryonalfedern, welche ausſchließlich Dunenfedern darſtellen. Mit dem Namen Dunen oder Flaumfedern (plumae) bezeichnet man alle jene Feder⸗ gebilde mit ſchlaffem Schafte und ſchlaffer Fahne, deren Aeſte der Häkchen ent⸗ behrende Strahlen tragen (vergl. weiter unten), während man die meiſt größeren Federn mit einem ſteifen Schafte und feſt zuſammenhängender Fahne mit dem Namen Konturfedern (pennae) belegt hat. Der ausgebildete Vogel beſitzt beide Federformen, neben den Dunen, die dem Körper direct anzuliegen pflegen, auch Conturfedern, welche die äußere Geſtalt des Vogels, ſeine Conturen, weſentlich Jeder Vogel zeigt anfangs als Embryo eine nackte Haut; aber gar bald — 209 — bedingen. Der Vogelembryo wird, wie gejagt, nur von Dunen bekleidet; jedoch gleichen dieſe nicht den Dunen des ausgewachſenen Thieres, find vielmehr haar— ähnliche Gebilde, ſodaß das dem Ei entſchlüpfende Junge — wenn der Ausdruck erlaubt iſt — ein „ruppiges“ Ausſehen zur Schau trägt. Um ein allgemeines Verſtändniß der Entwicklung der Feder zu gewinnen, iſt es erforderlich, auf den Bau der Embryonaldune etwas näher einzugehen. Per— nitza war es, der zuerſt die Verhältniſſe der Federentwicklung genau erkannte und in einem Aufſatze: „Bau und Entwicklung des Erſtlingsgefieders, be— obachtet am Hühnchen“ (Sitzungsber. der Kaiſerlichen Akademie d. Wiſſenſch. zu Wien 63. Band, II. Abtheil. 16. März 1871) die gewonnenen Reſultate nieder⸗ legte, welche durch die wenig ſpäter veröffentlichten, aber unabhängig von jener Arbeit Pernitzas ausgeführten Unterſuchungen Th. Studers: „Die Entwick— lung der Federn“, Bern 1873 vollſtändig beſtätigt wurden. Beide Arbeiten veranſchaulichen durch Abbildungen die in Rede ſtehenden Verhältniſſe, und Jeder, der eine genauere Einſicht in unſern Gegenſtand gewinnen will, muß auf die citirten Abhandlungen verwieſen werden. Uns kommt es hier nur darauf an, den Entwicklungsgang der Feder im allgemeinen darzuſtellen. Die Embryonaldune nimmt unſer Intereſſe zunächſt als ſogenannte „Pinſel— dune“ in Anſpruch. Rings um die Hauptpapille hat ſich ein Hornbelag gebildet, welchen wir unmittelbar mit dem Hornzapfen der Reptilien identificiren könnten, wenn nicht die obere Spitze desſelben ungeſchloſſen wäre. Oben iſt alſo der kurze Horncylinder offen, und ſein oberer Rand iſt mehr oder weniger tief in Zaſern oder Faſern zerſchlitzt. Der Cylinder ſelbſt iſt die Spule; ihr unteres Ende ſteckt in der Haut. Unterſuchen wir die Spule mikroſkopiſch, jo finden wir ſehr ein— fache Verhältniſſe, nichts anderes als abgeplattete Hornzellen von langer Geſtalt; ein gleiches zeigt uns der Hornzapfen des Reptils. Der Bau der oben als Zaſern oder Faſern bezeichneten Gebilde weicht nur inſofern ab, als die Mitte lufthaltige Zellen einnehmen; in der Peripherie begegnen wir den gleichen gemeinen Hornzellen. Wir haben die embryonale Pinſeldune als ein bereits fertiges Gebilde dar— geſtellt, müſſen daher jetzt die Frage zu beantworten ſuchen: welchem Umſtande verdankt dieſe Federform ihre eigenthümlich pinſelartige Geſtalt? Auf der Papille nimmt, wir ſahen es, die Feder ihren Urſprung. Die obere Partie der Papille iſt nun nicht eben, ſondern ſie zeigt Längsfurchen oder - riefen, gleich den cannelirten joniſchen Säulen, wie ſie in unſern Kirchen und Sälen Verwendung finden. Wenn wir alſo durch den oberen Theil einer ſolchen Papille einen Querſchnitt legen, ſo erhalten wir eine Kreisfläche mit einer gewiſſen Anzahl von Einkerbungen an der Peripherie; dem unteren Theile der Papille fehlt aber dieſe Cannelirung: er iſt einfach glatt. In jeder Furche des oberen Papillentheils — 210 — modellirt ſich nun ein Pinſelſtrahl, während die Spule ſich dort bildet, wo die Papille nicht mehr cannelirt iſt, d. h. im Umkreis ihres unteren Theiles. Mit der Zeit verengert ſich die untere Oeffnung der neugebildeten Spule mehr und mehr, ihre Ränder drücken auf die Bindegewebsmaſſe der Papille; infolgedeſſen verödet dieſe, ſie vertrocknet, und bildet das Häutchen, welches wir als Seele zu bezeichnen uns gewöhnt haben. Die ſogenannte Seele der Federn iſt alſo, um es nochmals zu wiederholen, nichts anderes als die vertrocknete Papille. Sie ſtellt trotz ihres eigenthümlichen Namens ein durchaus lebloſes Gebilde dar, wie denn die ganze Feder todt, d. h. aus dem Stoffwechſel des Thieres ausgeſchaltet iſt. Wir haben die Pinſeldune in ihrer einfachſten und normalen Art als Horn: cylinder kennen gelernt. Durch eine geringe Modification nun verändert ſich die Geſtalt dieſer Embryonaldune völlig. Die Spule zwar bleibt ein einfacher Horn: — VE EN cylinder; aber das Gleichgewicht, die Gleichwerthigkeit der einzelnen Pinſelſtrahlen erfährt eine Störung, indem ein Strahl (oder zwei gegenüberſtehende) an Mächtig⸗ keit alle anderen bei weitem übertrifft. Dieſer Hauptſtrahl begnügt ſich nun aber mit dieſem einen Vorzug nicht; er zieht alle die kleineren auf ſich hinüber, ſo daß dieſe auf dem Hauptſtrahl, den wir als „Schaft“ zu bezeichnen pflegen, ihren Urſprung zu nehmen ſcheinen. Der eine Hauptſtrahl trägt alſo ſämmtliche Neben⸗ ſtrahlen. Natürlich iſt der Grund dieſes eigenthümlichen Verhältniſſes in der Art der Furchenanlage, in der beſondern Cannelirung der Papille zu ſuchen. Eine tiefe Längsfurche durchzieht ſie, und von dieſer Hauptfurche gehen unter ſpitzem Winkel nach oben Nebenfurchen ab. Die Geſtalt der zukünftigen Feder iſt durch die Furchenanlage der Papille bedingt. Bei den Konturfedern iſt es in der Regel nur ein Strahl, welcher ſich vor allen anderen an Größe auszeichnet. Er iſt am unteren Ende von gleichgroßem Querſchnitt wie die Spule, ſodaß er das ganze Lumen der letzteren auszufüllen in der Lage iſt; im übrigen aber iſt er, um es nochmals zu wiederholen, nur ein Strahl gleich den andern, die auf ihm ſitzen, morphologiſch ihnen ebenbürtig. In andern Fällen trägt die Federſpule zwei Hauptſchäfte, welche entweder gleich groß werden, wie bei den Straußen oder Caſuaren, oder aber in der Weiſe unter ein⸗ ander verſchieden ſind, daß der hintere, d. h. der dem Leibe des Vogels unmittelbar anliegende Schaft bei weitem der kleinere, der weniger ausgebildete iſt; er heißt der „Afterſchaft“. Dieſer Fall iſt der häufigere. Viele Hahnenfedern können als Beiſpiel dienen: ſie zeigen auf einer Spule zwei Schäfte ſitzend, einen größeren und einen kleineren. Solche Feder iſt einer Papille entſprungen, welche auf zwei gegenüberſtehenden Seiten je eine Hauptfurche beſaß, eine größere und tiefere und eine kleinere und ſeichtere. Die Nebenſtrahlen, welche dem Schafte aufligen, verbinden ſich zu der ſoge— — 211 — nannten „Fahne“, einer Fläche, welche infolge beſonderer ſofort zu beſprechender Einrichtungen einen ziemlich feſten Zuſammenhang ihrer einzelnen Theile beſitzt. Sämmtliche dem Fliegen dienende Federn, die Schwingen, zeigen einen ſolchen Bau. Der Vogel bedarf eben einer feſten Fläche, um auf die Luft zu drücken. Federn, deren Fahnenſtrahlen keinen feſten Schluß darſtellen — die Paradiesvögel zeigen derartige Federformen am Schwanz und den Armſchwingen — find für die Flug: bewegung nicht geeignet. Mit Hülfe der kleinſten und feinſten Vorrichtungen hat es die Natur verſtanden, eine feſte, widerſtandleiſtende Flugfläche zu ſchaffen. Die Nebenſtrahlen, welche genau jo gebaut ſind wie der Schaft — peripheriſche Hornzellen und lufthaltige Axen— zellen — tragen abermals Nebenſtrahlen (Nebenſtrahlen 2. Ordnung). Letztere liegen zum Theil übereinander, kreuzen und verketten ſich; ſie gleichen nämlich in ihrem Bau ganz dem Schafte und den Nebenſtrahlen 1. Ordnung, aber einige hornige Rindenzellen haben ſich in mikroſkopiſche Haken umgewandelt, die über die Strahlen 2. Ordnung, welche dem benachbarten Nebenſtrahl 1. Ordnung anſitzen, übergreifen. Der ſchon hierdurch bewirkte Zuſammenhang wird aber noch durch den Umſtand er— höht, daß die Nebenſtrahlen 2. Ordnung auch kleine Leiſten beſitzen, hinter welchen jene eben beſprochenen Haken eingreifen; hierdurch wird ein Abgleiten der letzteren unmöglich gemacht. Schon ein mäßiges Vergrößerungsglas läßt dieſen intereſſanten Bau genügend erkennen. Wir ſagen, die ganze Feder iſt gleich der „Seele“ ein todtes Gebilde; ſie hängt nur noch in der Haut; die Feder zeigt infolge deſſen kein Wachsthum. Und wenn wir ſehen, daß dennoch manche Veränderungen mit dem Federkleide vor ſich gehen, ſo ſind dieſelben mit Sicherheit wohl nur zurückzuführen auf Ab— nutzung der Feder, auf Ausbleichen der Farbe unter dem Einfluſſe von Luft und Licht und auf die Mauſerung. Allerdings ſcheint auch eine Verfärbung der Feder bisweilen ſtattzufinden, wenigſtens weiſt eine ganze Reihe von Thatſachen auf ſolch einen Vorgang hin, wenn wir auch nicht in der Lage ſind, zu erkennen, auf welchem Wege die Verfärbung vor ſich gehen dürfte. Der männliche Hänfling bekommt im Frühling ſein Hochzeitskleid, welches in einem ſchönen rothen Anfluge auf den Federn der Bruſt beſteht. Es iſt conſtatirt worden, daß bei dieſer Ver— änderung eine Mauſerung nicht ſtattfindet. Vielleicht iſt es das Secret der Bürzel— drüſe, welches dieſe rothe Färbung zu jener Zeit veranlaßt, wenigſtens verleiht es den Pelekanen, Flamingos und verſchiedenen Möven die roſige Farbe ihres Kleides.“) Auch bei der Veränderung des Jugendkleides ſpielt gewiß neben der Vermauſerung ) Anders bei dem Großtrappen: Die roſige Färbung der Dunen des Männchens im Früh: jahr kann auf dieſe Weiſe nicht erklärt werden. K. Th. Liebe. — 212 — die Verfärbung der Federn eine Hauptrolle. Es iſt ſehr erwünſcht, bald über dieſen dunkeln Punkt in der Entwicklung der Feder Aufſchluß zu erhalten, und es würde eine dankenswerthe⸗ Aufgabe fein, exacte Beobachtungen über die Veränderung des Gefieders anzuſtellen. Auch in Gefangenſchaft gehaltene Vögel dürften werth— volle Beobachtungsobjekte nach dieſer Hinſicht abgeben, obgleich feſtzuſtehen ſcheint, daß die veränderte Ernährung nicht ohne Einfluß iſt auf die Farbe; Kreuzſchnäbel, Hakengimpel, dieſe prächtigen nordiſchen Vögel, welche ſich durch ein eigenthümliches Johannisbeerroth, namentlich der Bruſt, auszeichnen, verlieren in der Gefangenſchaft nach der erſten Mauſerung für immer dieſe Färbung; ſie erhalten dann ein wenig anſprechendes gelbliches Kleid. Hier kann wohl nur die durchaus veränderte Nah— rung, der ſich die Thiere im Käfige anbequemen müſſen, als Urſache dieſer für den Vogelliebhaber unangenehmen Metamorphoſe angerufen werden.“) Auch die theilweiſe Abnutzung der Federn kann eine große Veränderung in der Färbung des Gefieders hervorrufen, und zwar wird durch dieſen Vorgang nicht immer eine Verringerung der Schönheit, oft vielmehr eine Erhöhung derſelben er— zielt; es iſt ja klar, daß, ſobald die unſcheinbar gefärbten dachziegel- oder fächer⸗ artig übereinanderliegenden Ränder der Federn abgerieben ſind, nun die meiſt leb— hafter gezeichneten Mittelſtellen zum Vorſchein kommen. Nicht exacte Beobachter werden dann von einem Verfärben ſprechen, während doch der Vogel ſchon längſt das neue Kleid, allerdings verborgen, mit ſich herumgetragen hat. Das Ausbleichen des Gefieders iſt eine Thatſache, die keiner Erläuterung bedarf: es kommt viel häufiger vor, als ein Nachdunkeln der Federn. Ein Federwechſel findet zu allen Zeiten ſtatt, ſobald die Federn durch Licht, Luft, Feuchtigkeit, Staub ꝛc. unbrauchbar geworden ſind. Er ſteigert ſich jedoch im hohen Maße im Spätſommer nach Beendigung des Brutgeſchäfts; auch im Früh⸗ jahr tritt ein, wenn auch nicht ſo weitgehender, Federwechſel ein. Man pflegt dieſen Vorgang als Herbſt- und Frühjahrsmauſer zu bezeichnen. Bei den verſchiedenen Vögeln iſt die Schnelligkeit, mit der ſich die Erneuerung der Kleides vollzieht, eine ſehr verſchiedene: einige verlieren die Federn der Flügel und des Schwanzes ſo rapid, daß die Vögel unfähig werden für den Flug, und viele unſerer kleinen Sänger werden dann eine Beute ihrer Feinde; bei anderen Vögeln greift ) Die vielen einſchlägigen Verſuche, die ich längere Zeit hindurch durchgeführt habe, haben mich belehrt, daß neben den veränderten Nahrungsverhältniſſen die Hauptrolle ſpielen Mangel an Bewegung in weiten Räumen, an gehöriger Belichtung und an friſcher kalter Luft. Konſequent mit reifen Fichtenzapfen, Fichtenſamen und immer friſchen Fichtenäſten verſorgt ändern die Kreuz ſchnäbel bei der nächſten Mauſer ihr Gefieder vollſtändig in Gelb ſtatt Roth, wenn ſie nicht frei fliegen und ſich in friſcher Luft und Licht baden können; im letzterem Fall ändert nur ein Theil der rothen Federn ſeine Farbe bei der nächſten Mauſer um. Bis zur zweiten Mauſer dehnten meine Verſuche ſich nicht aus. K. Th. Liebe. — 213 — die Mauſer gar nicht weſentlich in das Leben ein, da ſie ganz allmählich vor ſich geht und mehrere Jahre verſtreichen, ehe der Wechſel ſämmtlicher Federn eingetreten iſt. Mag aber die Mauſer ſchnell oder langſam von ſtatten gehen, immer fallen die beiden ſich entſprechenden Federn (3. B. die drei Schwungfedern des linken und die des rechten Flügels) gleichzeitig aus und erneuern ſich in derſelben Weiſe. Alle Konturfedern, ausgenommen die Schwungfedern des Flügels und die Steuerfedern des Schwanzes, ſind mit eigenen Muskeln ausgeſtattet; meiſt ſind es 4 Muskeln, die von verſchiedener Seite her an die Feder herantreten und ſo im Stande ſind, dieſe nach verſchiedener Richtung zu bewegen. Namentlich ſtark ſind nach Helm („Ueber die Hautmuskeln der Vögel“, Naumburg 1881) die in Rede ſtehenden Muskeln an denjenigen Körperſtellen, welche eines beſonderen größeren Hautmuskels entbehren, deren Federn aber häufig aufgerichtet werden; ſo läßt ſich dieſe Erſcheinung ſehr gut beobachten an den Federn der Stirn und des Vorder— hauptes bei den Sperlingsvögeln. Die Dunenfedern beſitzen keine ſelbſtändigen Muskeln. Man darf nicht meinen, dieſe Ausſtattung der Haut mit beſonderen Muskeln zur Bewegung der Federn ſei ein ausſchließliches Merkmal der Vogelhaut; auch an das Haar des Säugethiers treten kleine Muskeln heran, welche die Aufgabe haben, eine Bewegung des Haares, ein Aufrichten desſelben, zu ermöglichen. Bei dieſer Gelegenheit können wir nicht umhin, eines negativen Merkmals zu gedenken, welches allerdings nur der Vogelhaut eigen iſt: des gänzlichen Mangels an Schweiß- und Talgdrüſen. Dieſelben werden aber durch die ſogenannte „Bürzeldrüſe“, eine große Drüſe von herzförmiger Geſtalt, die ſich über den Schwanzwirbeln befindet, erſetzt. Das reichliche ſchmierige Secret dieſes Organes benutzt der Vogel zum Ein— ölen ſeines Gefieders: er drückt die Flüſſigkeit mittels des Schnabels aus der Drüſe und fettet hierauf die Federn ein, indem er ſie einzeln durch den Schnabel zieht. Die Schwimmvögel, denen bei ihrem Aufenthalt im Waſſer ein ſorgfältiges Befetten des Gefieders ganz beſonders nöthig iſt, beſitzen durchgängig eine ſehr große und ſehr viel Fett abſondernde Drüſe, auch wird von ihnen die Thätigkeit des Einölens ſehr häufig vollzogen. Ganz beſonderes Intereſſe gewährt der Bau und die Anordnung derjenigen Federn, welche für die Flugbewegung in Betracht kommen. Sie ſind ſämmtlich Konturfedern, wie wir ſie oben beſchrieben, mit ſteifem Schafte und feſt zuſammen⸗ hängender Fahne; doch betheiligen ſich von den Konturfedern nur diejenigen am Fluge, welche den Vordergliedmaßen und dem Schwanze anſitzen: die Schwung— und Steuerfedern, während man die den übrigen Körper bedeckenden Kontur: federn mit dem Namen Deckfedern belegt. — 214 — Kleinere Mittheilungen. „Etwas vom Kanarienvogel.“ Saß ich da vor einiger Zeit in der Wohn⸗ tube der Frau Wittwe Sch. hier, im Begriff, ein Recept zu ſchreiben, als plötz⸗ lich ein mehrmaliges, lautes Pfeifen meine Aufmerkſamkeit erregte. — „Welcher Junge pfeift denn hier?“ fragte ich. „„Ja, Herr Doktor, das iſt ja unſer Vogel“, antwortete Frau Sch. „Ihr Vogel“, entgegnete ich, „ſeit wann haben Sie denn einen Papagei?“ „„Einen Papagei haben wir nicht, daß iſt unſer Kanarien⸗ vogel“, ſprach fie lächelnd. Nun entdeckte ich denn hinter der halbgeöffneten Thür in einem Winkel das gelb⸗grüne Vögelchen. Es ließ ſich gar nicht ſtören, fünf- bis ſechsmal nach einander ſeine ſchnell ſich folgenden, hellen und kräftigen Pfeiftöne hören zu laſſen. Dann folgten einige gewöhnliche Triller- und Kanarienſtrophen und aufs neue pfiff der kleine Vogel, wie man ſagt, mit ſo 'nem richtigen Avec, als wollte er einen Signalpfiff geben: lang — kurz, — T. Frau Sch. erklärte mir nun, daß neben ihr ein Schuhmacher wohne, welcher ſeine Jungen, wenn ſie in der Nähe ſpielten, durch einen lauten Pfiff zu ſich ins Haus zu rufen pflege. Er öffnet das Fenſter, wenn er pfeift, oder ſtellt ſich in die offene Hausthür, ſo daß es weit hin⸗ ſchallt, und der Kanarienvogel hat Gelegenheit, dies Pfeifen täglich zu wiederholten Malen zu hören. Ganz genau nun hat der Vogel dieſe Töne nachzuahmen ver⸗ ſtanden; wunderbar bleibt nur dabei, daß das kleine Thier im Stande iſt, die Töne mit ſolcher Kraft und ſo laut von ſich zu geben, und zugleich mit ſolchem Ausdruck, daß man vermeint, ein Menſch pfeife in der Nähe. Dieſes Nachahmen verſchiedener Töne beim Kanarienvogel iſt ja an und für ſich nichts beſonderes, leider zu oft, wie allgemein bekannt, vermiſcht und verunreinigt er ſeine guten Strophen mit allerhand unedlem Gezwitſcher und Geräuſch. — Allein dieſe ausdrucksvolle Wiedergabe menſch⸗ licher Töne, wie man ſie ſonſt nur beim Papagei kennt, frappirte mich derart, daß ich glaubte, dieſe meine Beobachtung als den Leſer intereſſirend hier mittheilen zu dürfen. M., im Juni 1886. Dr. R. Ein Beiſpiel großer Zutraulichkeit der Amſel hatte ich Mitte April zu beobachten Gelegenheit. Der Exercierplatz der hieſigen Garniſon, der auf drei Seiten von Kaſernementsgebäuden umgeben iſt, wird auf der vierten Seite von einer kleinen Baumanpflanzung umſäumt. Auf einer ziemlich freiſtehenden Fichte hatte ein Amſelpaar ſein Neſt erbaut und auch glücklich drei Junge aufgebracht. Wenn man die Störungen bedenkt, die durch den regen Verkehr der Soldaten, die Kommando⸗ rufe, ja ſelbſt durch das Schießen mit Platzpatronen veranlaßt werden, und denen die Thierchen Trotz boten, ſo iſt dies gewiß ein bemerkenswerthes Beiſpiel der Zutraulichkeit der Amſel. Altenburg, Juni 1886. Dr. Koepert. — 215 — Das Paarleben der Vögel. Bei mehreren unſerer heimiſchen Fringilliden (und zwar bei Stieglitz, Hänfling und Grünling) habe ich mehrfach beobachtet, daß während der Brutzeit ſich regelmäßig drei alte Vögel bei dem Neſte aufhielten und auch bei gemeinſchaftlichen Ausflügen ſich verträglich zuſammenhielten. Leider konnte ich bisher noch nicht conſtatiren, ob es zwei Männchen und ein Weib— chen oder zwei Weibchen und ein Männchen waren. Sollte hier vielleicht ausnahms— weiſe Polygamie oder gar Polyandrie ſtattfinden? Ich bitte die Leſer dieſer Monats⸗ ſchrift, die etwa auch derartige Beobachtungen gemacht haben, alle über dieſe Fra— gen geſammelten Erfahrungen bekannt zu machen. F. L. Am 21. Juni 1886 ward in Schlöben bei Roda ein prächtiger Albino vom Fitis (Phyllopneuste trochilus) geſchoſſen. Derſelbe, ein unlängſt erſt ausgeflogener junger Vogel, war vollſtändig weiß von Farbe und war nur auf den äußeren Fahnen der Schwungfedern ganz ſchwach und an den Kopfſeiten (hinter den Mundwinkeln) ſtärker kanariengelb überflogen. Der Seidenglanz des blendend weißen Gefieders und der ganz zarte, hauchartige, gelbe Ueberflug machten prächtigen Eindruck. Die Augen waren leider nicht mehr vorhanden. K. Th. Liebe. — Vor zwei Jahren ward hier, in einem Garten Gera’s, unter einem ſonſt normalen Gelege des Gartenſpötters (Hypolais salicaria) ein vollkommener Albino geboren. Derſelbe hatte ein rein weißes Gefieder und hellrothe Augen. Das Thierchen flog mit den Geſchwiſtern aus, war aber offenbar etwas ſchwach und litt augenſcheinlich unter dem Einfluß der hellen Sonnenſtrahlen. Nachdem die übrigen Jungen von den Alten abgeſchlagen worden waren und den Garten verlaſſen hatten, blieb der Albino zurück und ward von den Eltern gefüttert. Der Gartenbeſitzer, welcher augenſcheinlich in dem Thierchen einen werthvollen Schatz gewonnen zu haben glaubte, hing dasſelbe, da es ſich, geblendet durch das Sonnen— licht ruhig fangen ließ, um es vor Katzen zu ſichern, in einem Bauer unter einem ſchattigen Baum auf und ließ es von den Alten weiter füttern. Bald genug ging es den Weg allen Fleiſches und war verloren. K. Ih. Liebe. Merkwürdige Erſcheinung. Ein Goldammerneſt mit 4 kahlen Jungen war derart von dem Schleim der braunen Schnecke überzogen, daß die Kleinen kaum noch ſichtbar waren. Eine nähere Unterſuchung ergab, daß die Vögelchen abgelutſcht waren. Im Boden des Neſtes war ein Loch, durch welches die Schnecke (vielleicht auch mehrere) den Weg genommen hatte, denn der Schleim war auch hier fihtbar. Ich habe zu wiederholten Malen Neſter gefunden, welche von ſolchem Schleim überzogen waren, mehrmals auch die Schnecke ſelbſt in dem Neſte. Der Goldammer hatte handhoch über dem Boden in dichtes Gebüſch gebaut. Alsfeld. D. Karl Müller. — 216 — Freund Sachſe, Baumeiſter in Altenkirchen, ſchreibt mir heute, daß er ein Cuculus-Ei neben 5 Lanius excubitor-Eiern gefunden und genommen habe. — Das iſt doch merkwürdig! A d. Walter. Staar und Segler. Daß ein Staar 7 Cier legt, iſt gewiß ſelten; bisher fand ich nur höchſtens 6 im Neſte, letztere Anzahl jedoch häufig. Aber nicht nur die Anzahl der Eier erregte meine Verwunderung, ſondern auch das Neſt ſelbſt. Herr Schreinermeiſter Th. Müller hier, der an ſeinem Hauſe Staarenkäſten befeſtigt hat, in welchen Staare niſten, ließ am 1. Juni in meiner Wohnung, da ich aus⸗ gegangen war, die Beſtellung zurück, ich möchte ſobald als möglich nach feiner. Wohnung kommen, er hätte mir etwas Merkwürdiges zu zeigen. Bei meinem Er⸗ cheinen öffnete Hr. Müller den Deckel eines vom Haufe abgehobenen und im Corri⸗ dor auf einen Stuhl geſtellten Staarenkaſtens und ich ſah nun in dem Kaſten einen Segler (Thurmſchwalbe), Cypselus apus, feſt auf dem Neſt ſitzen. Außerhalb des Neſtes in der einen Ecke des tiefen Kaſtens — alſo neben dem Neſt — lagen 3 ſtark bebrütete Staareneier, in der anderen Ecke 1 ſolches. Sie waren vom Segler aus dem Neſt geſtoßen. Als Herr Müller den Vogel vom Neſte hob, zeigten ſich darin 2 Eier des Seglers, ein wenig angebrütet, ferner 2 ſtark bebrütete Staaren- eier und ein lebender junger, einige Stunden alter Staar; außerdem noch die bei den Schalenhälften des erbrüteten Eies. Der Staar hatte alſo zuerſt gelegt und zwar 7 Eier, dann ca. 10 Tage auf den Eiern gebrütet und war am 11. Tage durch den aufdringlichen Segler vertrieben worden. Da der Segler die Staaren— eier aus dem tiefen Kaſten nicht herausbringen, auch nicht alle 7 Eier wegen Raum⸗ mangels aus dem Neſte drängen konnte, denn 3 fielen immer wieder ins Neſt zu— rück, ſo mußte er ſeine eigenen Eier zu den Staareneiern legen und alle 5 Eier bebrüten. So war denn am 1. Juni das erſte Staarenjunge ausgeſchlüpft. — Als der Cypselus wieder aufs Neſt geſetzt wurde, blieb er ruhig und feſt ſitzen, trotz— | dem der Deckel offen gelaſſen und der Kaſten im Zimmer herumgetragen wurde. Ad. Walter. Ein zahmer Waldkanz. Seit Jahren beſitze ich einen zahmen Waldkauz (Syrnium alueo), der ſich frei in der Stube bewegen darf. Häufig ſchon hatte derſelbe Tag und Nacht bei offenem Fenſter zugebracht, ohne zu entfliehen, bis ihm doch endlich einmal der Gedanke kam, ſich die Außenwelt einmal anzuſehen. Als Kauz am Abend gefüttert werden ſollte, war er verſchwunden. Alles Suchen und Rufen war vergebens, ſo daß die Zeitung zu Hülfe genommen werden mußte. Auf die Annonce hin ging die Nachricht ein, daß ſich unſer Kauz in einem Garten der kachbarſchaft niedergelaſſen habe. Natürlich wurden nun ſofort Anſtalten getroffen, Kauz wiederzuholen, was auch ohne die geringſte Mühe ausgeführt werden konnte, da er die größte Freude bezeugte, ſeine Herrſchaft wiederzuſehen. Ohne abzuwarten, — 217 — bis er heruntergeholt wurde, kam er von ſelbſt herab und flog der Reihe nach den Mitgliedern der Familie auf die Schulter, um ſie zu liebkoſen. Gewiß ein ſeltener Beweis von Treue und Anhänglichkeit. C. H. Anthus arboreus. Auf einem Ausflug nach der „Haide“ ſcheuchte ich aus dem Graſe des Laubwaldes einen jungen Vogel auf, den ich dann in einem Buſche mit der Hand fing. Es war ein junger Baumpieper. Bei näherer Betrachtung bemerkte ich zu meiner Ueberraſchung, daß an beiden Füßen die dritte und vierte (mittlere und äußere Vorder-) Zehe von der Wurzel bis zur Krallenſpitze vollſtändig zuſammengewachſen waren, doch ſo, daß man beide noch einzeln erkennen konnte. Das Gelenk zwiſchen Lauf und Mittelſchenkel war krankhaft an— geſchwollen und verſagte den Dienſt. Am anderen Tage ſtarb das Thierchen, welches ſchon vollſtändig flügge war. Es wird in meiner Sammlung conſervirt. Halle, den 27. Juni 1886. F. Lindner, stud. theol. Aus einem Brief an K. Th. Liebe. Beim Zerſtören eines Horſtes von Milvus regalis (rother Milan, Gabelweihe) hat mein Bruder, Kgl. Amtsförſter in Barlohe unweit Rendsburg, Gelegenheit gehabt, das Menu dieſes Vogels, welches er für einen noch nicht flugbaren Sprößling aufgetiſcht hatte, zu ermitteln. Es beſtand in mehreren bis 25 em langen Braſſen (Abramis brama), einer Plötze (Rothfeder) und einer Schleie, ferner in Reſten eines Numenius (Brachvogel), einer Lachmöve (L. rid.) einem Rebhuhn, einer Taube, einer alten und mehrerer junger Zippdroſſeln und Amſeln. Die letzteren waren ſo gut gerupft, daß ſie ohne Be— denken in einer Bratpfanne Verwendung finden konnten. Man ſieht, daß der braune Milan recht ſchädlich iſt. Neu war mir, daß er auch mit ſo gutem Erfolg dem Fiſchfang obliegt. von Wangelin. Schädigung der Vogelwelt durch Hochwaſſer. Infolge anhaltender, wolken— bruchartiger Regengüſſe im Hirſchberger Thale hatte der Bober, der bedeutendſte Nebenfluß der Oder auf ihrer linken Seite, am 21. Juni und den folgenden Tagen eine Waſſerhöhe erreicht, welche die ſchlimmſten Erwartungen rechtfertigte. Unſere Stadtau erreichte das Hochwaſſer in der Nacht vom Dienſtag zum Mittwoch, den 23. d. M., und gewann Vormittags 10 Uhr ſeinen Höhepunkt mit 12 Fuß 5 Zoll Pegelfläche. Die ganze Landſchaft entlang des Fluſſes glich einem braungelben See, aus deſſen Fluthen nur die höchſten Bäume etwas hervorragten. Leider hat die Hochfluth — abgeſehen von dem bedeutenden Schaden für die Landwirthſchaft — unſere Vogelwelt hart geſchädigt. Zahlreiche Neſter mit der halb flüggen Brut ſind vernichtet und von den reißenden Wellen fortgetrieben worden. Beſonders gingen viele Bruten des grauen Fliegenfängers zu Grunde, welcher gewöhnlich erſt um Anfang Juni zum Neſtbau ſchreitet. So erzählten mir Augenzeugen von 3 Neſtern dieſer Vögel, welche von den Wellen entführt und — rührend anzu— — 218 — ſchauen — von den alten Vögeln unter ängſtlichen Tönen begleitet wurden. Die zahlreichen Weidichte und ſchönen Ufergebüſche des Bobers und der Sprotta ge⸗ währen namentlich unſeren Erdniſtern gute Brutplätze. Zum Glück ſind die Nachtigallen zum größten Theil flügge; dagegen dürfte der Beſtand der Dorn— Grasmücke noch gelitten haben. Jedenfalls werde ich nach Verlauf des Waſſers eingehende Notizen über den Beſtand der vorhandenen Arten ſammeln und namentlich dabei berückſichtigen, ob mehr Alte oder Junge vorhanden ſind; denn auch viele der erſteren dürften des Nachts vom Hochwaſſer überraſcht und vernichtet worden fein. Sprottau, den 25. Juni 1886. C. Krezſchmar. Anzeigen. Diejenigen Vereinsmitglieder, welche noch eine beſondere Textausgabe zu dem großen Vogelbild wünſchen, können dieſelbe von Herrn Rendant Rohmer gegen Baareinzahlung von 50 3 portofrei erhalten. Der Vorſtand. Denjenigen unter unſern Vereinsmitgliedern, welche frühere Jahrgänge unſerer Monatsſchrift zur Ergänzung ihrer neueren Jahrgänge zu erwerben wünſchen, geben wir die Nachricht, daß die Jahrgänge 1878 und 1879 zu je drei Mark, die Jahr⸗ gänge 1880, 1882, 1883 und 1884 zu je fünf Mark nebſt den eleganten Einband⸗ decken von unſerem Rendanten, Herrn Rohmer in Zeitz bezogen werden können. Gera. K. Th. Liebe. Die Jahrgänge 1876, 1877 und 1881 werden zu hohem Preiſe zu kaufen geſucht durch Rendant Rohmer. | Gera, d. 19. Juli 1886. K. Th. Liebe. Ich habe abzugeben ein- und zweijährige Hohltauben (C. oenas), ein⸗ zwei⸗ und dreijährige Zippdroſſeln (T. musicus) eigner Züchtung, Weindroſſeln, Stein⸗ ſperlinge (Petronia). | | Gera. K. Th. Liebe. Friſche Thüring.⸗Wald⸗Ameiſenpuppen empfehle in guter, reiner Waare à Ltr. 90 5. Da ſolche ſchon ſeit einigen Jahren ſehr gern genommen werden, bitte ich um rechtzeitige Beſtellung, damit ich pünktlich liefern kann. | Querfurt, im Mai 1886. O. Toepelmann. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide ſind an Herrn Rendant Rohmer in Zeitz zu richten. | TTT Druck von Ehrhardt Karras in Halle. — = TG - 5 . —_SS ant Innrain gte, W 0 Aula Sn EN TTT S I IIIIIIIIISSRNNETNENNNUNISNSENNS 01095 g des fa Fun Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von Jahres - Beitrag von fünf Mark und erhalten dafür die Monats⸗ ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. Zahlungen werden an den Ren⸗ Hofrath Prof. Dr. Liebe, Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ der finden koſtenfreie Aufnahme, ſoweit der Raum es geftattet. Dr. Ney, Dr. Frenzel, Str.⸗Inſp. Thiele. September 1886. danten des Vereins Herrn Kanzliſt Rohmer in Zeitz erbeten. XI. Jahrgang. Ur. 9. Inhalt: Vereinsangelegenheiten. Stimmen über unſer Vogelbild. Neu beigetretene Mit- glieder IV. — Martin Bräß: Das Federkleid der Vögel. II. (Mit Abbildung.) K. Krezſchmar: Ornithologiſche Mittheilungen aus der Umgegend von Sprottau, II. Beobachtungen während der Brutzeit im Mai und Juni. G. Scheidemantel: Der Stammbaum unſerer Vögel. P. Lever— kühn: Ornithologiſche Excurſion im Frühling 1886 von Klausthal nach Kiel. IJ. — Kleinere Mittheilungen: Einige kleinere Mittheilungen. Nachahmung der Wachtelrufe von einer Sing— droſſel. Erlebniß einer jungen Schwalbe. Ein zudringlicher Zeiſig. Vorkommen des Kuckucks in den Kieferwaldungen um Nürnberg. — Litterariſches. — Eingegangene Geſchenke. — Berich— tigung. — Anzeigen. Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark Vereinsangelegenheiten. Am Sonnabend den 25. und Sonntag den 26. September er. wird die Monats⸗Verſammlung des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt in Dresden ſtattfinden. Programm umſtehend. 17 — 220 — Programm. Sonnabend den 25. September Vorm. ca. 11 Uhr Empfang der Gäſte bei Helbig a. d. Elbe, im weißen Saal. Nachm.: Beſichtigung des Zoologiſchen Gartens unter Führung ſeines Direktors Herrn Schöpf. (Entree für Mitglieder 30 Pfg.) Abends 7½ Uhr: Verſammlung im Saale des Reſtaurant Außendorf, große | Brüdergaſſe. 1. Bericht des Vereinspräſidenten Kgl. Forſtmeiſters Jacobi von Wangelin aus Merſeburg über Entwickelung des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt. 2. Vortrag des Herrn Cand. d. höheren Schulamts Martin Bräß aus Grimma über Organiſation des Vogels für den Flug. 3. Mittheilungen des Herrn Prof. Goering aus Leipzig über das große Vogel— bild des Vereins, welches zur Vorlage gelangt. 4. Vorlage hervorragend intereſſanter Vögel durch Herrn Dr. Rey aus Leipzig. Nach der Sitzung findet gemeinſchaftliches Abendeſſen ſtatt. Sonntag den 26. September: Exkurſion nach Moritzburg, deren Beginn in der Verſammlung am 25. Sept. Abends feſtgeſtellt werden ſoll. Die Einführung von Gäſten iſt geſtattet. Der Vereins- Vorſtand. Stimmen über unſer Vogelbild. Der Vorſtand unſeres Vereines hat im Intereſſe einer möglichſt ſchnellen Verbreitung der erſten Wandtafel unſerer deutſchen Vögel, ſowohl den vier Ehren- mitgliedern unſeres Vereines, nämlich Sr. Kaiſerlichen Hoheit dem Kronprinzen des Deutſchen Reiches und von Preußen, Sr. Kaiſerlichen Hoheit dem Kronprinzen Rudolf von Oeſterreich, Sr. Hoheit dem regierenden Herzog von Coburg-Gotha und Sr. Durchlaucht dem regierenden Fürſten Heinrich-Reuß zu Gera, als auch den ſämmtlichen Regierungen der nichtpreußiſchen Staaten und den Königl. Preußi⸗ ſchen Bezirksregierungen je ein Exemplar des Vogelbildes nebſt Conturbogen und erläuterndem Text mit der Bitte überſandt, die Anſchaffung der Tafel im Intereſſe des edlen Strebens des Vereins zu empfehlen. Es ſind im Ganzen 82 Bilder zur Verſendung gelangt. Auf die von dem Ehrenpräſidenten unſeres Vereins, Herrn Regierungs-Präſi⸗ denten von Dieſt zu Merſeburg erlaſſenen bezüglichen Anſchreiben, haben ſowohl die vier hohen Ehrenmitglieder als auch die überwiegende Mehrzahl der Regierungen nicht allein dankend geantwortet, ſondern dabei auch mitgetheilt, daß das Bild den Schulen zur Anſchaffung warm empfohlen worden ſei. | Um etwaigen mißliebigen Beurtheilungen, denen jo leicht kein Werk, und jei es auch das beſte, ſich zu entziehen vermag, zu begegnen, wollen wir den Vereins⸗ — 221 — mitgliedern eine Reihe von Urtheilen über das Bild mittheilen, welche zum Theil in den eingelaufenen Dankesſchreiben enthalten ſind. Zunächſt aber möge hier die Antwort Sr. Kaiſerlichen Hoheit des Kronprinzen des Deutſchen Reiches im Wortlaute eine Stelle finden: „Ew. Hochwohlgeboren beehre ich mich ganz ergebenſt zu benachrichtigen, daß Se. Kaiſerliche und Königliche Hoheit der Kronprinz das von dem Deutſchen Vereine zum Schutze der Vogelwelt herausgegebene Bild mit großem Intereſſe entgegengenommen und mich beauftragt hat, Ew. Hochwohlgeb. für die freundliche Einſendung desſelben, unter dem Hinzufügen beſtens zu danken, daß Se. Kaiſer— liche Hoheit dem Vereine ſeine vollſte Theilnahme entgegenbringt. Neues Palais, Wildpark den 15. Juni 1886. gez. von Keſſel. Aus dem geheimen Kabinet Sr. Hoheit des Herzogs von Coburg-Gotha iſt folgende Antwort eingegangen: Ew. Hochwohlgeboren, ſowie dem verehrlichen Deutſchen Vereine zum Schutze der Vogelwelt beehre ich mich im höchſten Auftrage für die liebenswürdige und hochintereſſante Einſendung den verbindlichſten Dank Sr. Hoheit des Herzogs auszuſprechen. Se. Hoheit findet das Bild und die Erläuterungen vorzüglich und wird nicht nur als Ehrenmitglied des Vereines, ſondern auch in warmer Ueberzeugung von dem Nutzen der Wandtafel die Verbreitung derſelben gern und nach Möglichkeit empfehlen. gez. Dr. Tempeltey. Die Königl. Regierung zu Magdeburg ſagt in einer an die Kreisſchulinſpectoren ihres Departements gerichteten Verfügung, daß das Bild eine hervorragend gute Darſtellung der Vögel in genauer Naturgröße, Färbung und Stellung biete und deshalb ganz beſonders geeignet ſei, der großen Unkenntniß zu ſteuern, welche noch in vielen Kreiſen der Bevölkerung in Bezug auf unſere Vogelwelt herrſche. Die Königl. Regierung zu Frankfurt empfiehlt die Anſchaffung des Bildes mit folgenden Worten: Der Verein hat 57 unſerer liebſten heimiſchen Kleinvögel auf der Tafel in natürlicher Größe zur Darſtellung bringen laſſen. Die Nachbildung darf in Zeichnung und Farbe als zuverläſſig angeſehen werden und gewährt eine ſo an— muthige und lehrreiche Veranſchaulichung, daß ſie dem Zwecke, für die Vogelwelt, zumal im Kreiſe der Schuljugend, das Intereſſe zu wecken, welches von ſelbſt zu dem allerſeits zu erſtrebenden Schutze derſelben führt, auf möglichſt vollkommene Weiſe entſpricht. Das Fürſtl. Schwarzburg-Rudolſtädtiſche Miniſterium hat die Anſchaffung des Bildes für die Volksſchulen im Hinblicke auf die meiſterhafte Darſtellung der Abbildungen und die feſſelnde und anregende Beſchreibung empfohlen. Kir no Der Königl. Bairiſche Bezirkspräſident zu Landshut theilt in einem längeren Schreiben mit, daß die Bildertafel bei allen Sachkundigen, welche hiervon Einſicht genommen hätten, ungetheilten Beifall gefunden habe. Es ſei anerkannt worden, daß die Abbildungen dieſer Vögel, welche ſämmtlich auch in Niederbaiern vorkämen, ſich durch die Naturwahrheit in Geſtalt, Größe, Stellung und Blick vortheilhaft vor ähnlichen bildlichen Darſtellungen auszeichneten. Insbeſondere ſei auch die Farbengebung bei dem Gefieder der Vögel als ſehr gelungen bezeichnet worden. Nur im Einzelnen ſei bei dem Wachtelkönig (Crex pratensis) das nach den dortigen Wahrnehmungen zu helle Braun und bei dem Gartenſpötter (Hipolais icterina) das zu auffallende Gelb erinnert worden. Wenn die Farben ebenſo haltbar ſeien, d. h. nicht allzu ſchnell verblichen, als das Geſammtcolorit friſch ſei und das Auge erfreue, dann ſei durch die Herausgabe der in Ausſicht geſtellten Tafeln für den naturwiſſenſchaftlichen Unterricht ein um ſo brauchbareres Lehrmittel geſchaffen als der Preis pro Tafel zu 4,50 % nicht zu hoch begriffen fei. Zum Schluß möge noch das Schreiben eines unſerer außerordentlichen Mit— glieder, des Cuſtos des K. K. Zool. Hofcabinets zu Wien von Pelzeln hier eine Stelle finden: Für die trefflich ausgeführte Wandtafel ſpreche ich Ihnen meinen wärmſten Dank aus. Der Verein hat durch dieſes ſchwierige Unternehmen ſehr viel geleiſtet und dem Studium der Vogelwelt großen Nutzen gebracht. In Folge der warmen Empfehlungen, welche dem Bilde von ſo vielen Seiten, namentlich aber auch ſeitens der Behörden zu theil geworden, ſind erfreulicher Weiſe bereits zahlreiche Beſtellungen auf dasſelbe eingegangen. Möchte das Bild bald in möglichſt großer Anzahl ſeinen Weg finden in Schule und Haus und dazu beitragen bei Groß und Klein das wahre Intereſſe für unſere lieblichen Sänger zu erwecken und aufrecht zu erhalten. Merſeburg, den 8. Sept. 1886. v. Wangelin. Neu beigetretene Mitglieder. IV. 1. Behörden und Vereine: Verein für Geflügelzucht in Spremberg. 2. Damen: keine. 3. Herren: Hans von Baſedow, Theater-Director in Weimar; Oskar Betz— hold, Königl. Forſtmeiſter in Merſeburg; F. von Brieſen in Goslar a. H.; Adolph Dehne, Kaufmann und Premier-Lieut. in Halle a. S.; A. Ehmcke, Landrichter in Berlin; Gottlob Eiſengräber in Halle a. S.; Dr. med. Erler, pract. Arzt in Wernigerode a. H.; Max Rud. Fiſcher, stud. med. in Kiel; Victor Frank, Forſtadjunkt in Titſchendorf bei Wurzbach; Karl Hoffmeiſter, — 223 — Kaufmann in Halle a. S.; Karl Hennicke in Leipzig; Ludwig, Beſitzer der Engel⸗Apotheke in Halle a. S.; Menſing, Paſtor in Moringen; F. Menzel, Gymnaſiaſt in Helmſtedt; Paul Mulertt, Kaufmann in Halle a. S.; Pfeffer, Königl. Lieutenant in Halle a. S.; Hermann Rein, Forſt-Aſſiſtent in Wurzbach im Frankenwald; Heinrich Schraepel, Forſtaſſiſtent und Lieutenant der Reſerve in Rodacherbrunn bei Wurzbach i. Frankenwald; W. Seemann, Lehrer in Osnabrück; Walther Simon, Kaufmann in Eisleben; Guſtav Steckner, Kaufmann und Lieutenant in Halle a. S.; Daniel Vorländer, stud. rer. nat. in Kiel; Jacobi von Wangelin, Lieutenant und Amtsvor— ſteher in Groß-Jena bei Naumburg a. S.; Welcker, Bürgermeiſter in Eisleben; Clemens Weller, Hofphotograph in Kopenhagen; C. W. Willecke, Gym— naſiaſt in Helmſtedt. Das Federkleid der Vögel. Von Martin Bräß. II. Linker Krähenflügel (von unten geſehen, ½ natürl. Größe.) H Humerus, R Radius, U Ulna, CC’ die beiden Handwurzelknochen, Me Mittelhandknochen, P“ P“ P- die drei Finger, A Afterflügel, L Lenkfeder. Wir wollen verſuchen, Bau und Anordnung der Federn des Flügels darzuſtellen. Wir werden hierbei ſowohl eine Beſchreibung des Vogelflügels im Allgemeinen geben, als auch zur Illuſtration der in Rede ſtehenden Verhältniſſe einen Specialfall herausgreifen. Die Anordnung der Schwanzfedern und die Be— deutung derſelben für den Flug darf ich hier übergehen, da ich auf den Artikel „der Ausbildung des Flügels beigeordnete Anpaſſungen ꝛc.“ (Monatsſchrift 1885 S. 230 —232) verweiſen kann: — 224 — welcher von radius (Speiche) und ulna (Elle) gebildet wird, und der eigenthümlich gebauten Hand. Der Flügel der Nebelkrähe (Corvus cornix), welcher uns im beſonderen beſchäftigen ſoll, zeigt folgende Maße: Oberarm: 66 mm, Vorderarm: 80 mm, Hand: 74 mm. Der Vorderarm übertrifft bei faſt allen Vögeln den Oberarm an Länge. Das Verhältniß beider Glieder iſt ungefähr 5:6 oder 4:5 oder auch, wie in dem vorſtehenden Falle, ca. 3:4. Nur bei unſern Gänſen und Enten habe ich eine gleiche Länge von Ober- und Vorderarm gefunden, ja beim Schwan iſt erſterer ſogar bedeutend größer, während die Schwalben den größten Unterarm beſitzen. Der Oberarm der Mauerſchwalbe iſt 13 mm lang, während der Vorderarm 20, mm an Länge erreicht; hier iſt alſo das Verhältniß von 2:3 noch überſchritten. Dieſe Differenz in der Bildung des Flügels bei den ver⸗ ſchiedenen Vögeln muß einen großen Unterſchied in der Art des Fluges bedingen, obgleich wir noch weit entfernt ſind, die Folgen hiervon im Speciellen nachzuweiſen. Die Hand iſt auf zwei Handwurzelknochen, ein verlängertes Mittelhandſtück und drei Finger reducirt. Der kleinſte derſelben, der Daumen, trägt den ſogenannten Lenkfittich oder Afterflügel; er beſteht aus 3 bis 4 ſehr ſteifen Federn, die infolge der ziemlich freien Beweglichkeit des Daumens eine ganz beſtimmte und von der Stellung des übrigen größeren Flügeltheils unabhängige Lage einnehmen können. Infolge deſſen wird durch ſie der Flug bis zu einem beſtimmten Grade dirigirt, allerdings, wie mir ſcheint, nicht in dem Maße, wie man immer geneigt iſt an⸗ zunehmen. | Im Zuſtande der Ruhe hat die Extremität folgende Lage: der Oberarm ift nach hinten gerichtet; dieſem ungefähr parallel legt ſich nach vorn der Unterarm an und die Hand biegt dann wieder nach hinten um. Die Ausbreitung des Flügels geſchieht auf eine ſehr einfache und ſinnreiche Weiſe: der radius verſchiebt ſich gegen die ulna; während dieſe von dem Leibe des Thieres ſich zu entfernen ſtrebt, wird jener adducirt (angezogen). Hierdurch öffnet ſich nicht nur der Winkel oder das Gelenk zwiſchen Vorderarm und Hand, ſondern auch dasjenige zwiſchen Vorder- und Oberarm. Der geneigte Leſer kann ſich an jedem beliebigen von den oberen Deck— federn ein wenig entblößten Flügel den intereſſanten Mechanismus unmittelbar zur Anſchauung bringen. Was nun die Befiederung des Flügels anlangt, ſo unterſcheidet man nach der Dreitheilung des Skeletts auch drei Regionen: 1. Der Deckfittich wird getragen von der die Muskeln umkleidenden Haut des Oberarms; er beſteht aus den ſogenannten Schulterfedern und liegt unmittelbar dem Rumpfe des Vogels an. | 2. Hierauf folgen die Schwungfedern 2. Ordnung oder Fächerfedern, Der Flügel beſteht aus dem verhältnißmäßig kurzen Oberarm, dem Unterarm, | | | — 225 — die auf der Elle des Unterarms liegen. Gegen den Oberarm hin nehmen dieſelben an Größe ab. Ihre Zahl variirt ſehr: der Pelekan hat 25, die Krähen nur 10 Schwungfedern 2. Ordnung, Falken in der Regel 12, Finken 8. Prechtl weiſt nach, daß bei gleicher Breite der Fächerfedern ſich die Zahl der letzteren wie die abſolute Länge des Vorderarms verhält. Dieſe beträgt für den Adler 210 mm, für eine beſtimmte Geierart 342 mm. Jener beſitzt 12, dieſe 19—20 Fächerfedern, ſodaß dieſe Zahlen mit erſteren eine richtige Proportion bilden: | 21027842, 12 19,5. | 3. Konſtant in der Zahl find die Federn der Hand oder die Schwung— federn 1. Ordnung, auch kurzweg Schwungfedern oder Schwingen genannt. Es finden ſich deren wohl bei jedem Vogel 10. Damit nun auch der Theil der Flügelfläche, wo die Spulen aller dieſer Federn ſich befinden, der Luft einen gehörigen Widerſtand leiſten kann, iſt dieſe Gegend mit kürzeren, aber ziemlich ſteifen in Reihen dachziegelartig übereinander liegenden Federn bedeckt. Sämmtliche Federn des Flügels ſind gebogen, ſo daß der Flügel eine eigenthümliche muldenartige Form erhält. Drückt der Vogel mit dem Flügel gegen die Luft, ſo wird dieſe Mulde aufgehoben; der Flügel ſtellt eine ganz gerade Fläche dar und iſt in dieſem Zuſtande in der Lage, der Luft den größten Widerſtand zu leiſten. Zugleich aber zeigen die Federn noch eine zweite Krümmung nach innen, da zugleich ein Druck nach hinten beim Flügelſchlage ausgeübt wird, infolge deſſen ſich der Vogel in der Richtung nach vorn bewegt. Die äußeren Federn haben eine ganz ſchmale, aber ſehr feſte Fahne auf der äußeren Seite, eine breitere und lockere auf der inneren Seite, welch' letztere wieder bedeckt wird von der ſteifen äußeren Fahne der folgenden Feder. Bei den Federn, welche dem Körper des Thieres angenähert ſind, iſt die Differenz der beiden Seiten der Fahne nicht ſo bedeutend. Durch dieſe Einrichtung wird der Flügel ein äußerſt widerſtands⸗ fähiges Organ. Beim Niederſchlagen ſchließen ſich die Fahnen auf das innigſte an einander an; die Luft wird zuſammengedrückt. Beim Heben des Flügels hin- gegen lockert ſich jene Verbindung, und die Luft ſtreicht zwiſchen den Federn leicht durch. Die für die Flugbewegung wichtigſten Federn ſind die Schwingen der Hand. Sie wollen mir zum Schluß einer etwas eingehenderen Betrachtung unter⸗ ziehen. Die Zahl der Schwungfedern iſt, wie ſchon angeführt, conſtant 10. Die äußerſte derſelben, die ſogenannte „Lenkfeder“, nimmt ihren Urſprung auf dem zweiten Gliede des großen Fingers. Hierauf folgen zwei Federn, welche dem erſten Gliede desſelben Fingers aufſitzen. Die nächſte Schwinge, von außen gerechnet alſo die vierte, wird von dem kleinen Finger getragen. Die ſechs inneren Schwung⸗ federn endlich liegen auf den Knochen der Mittelhand. Folgende Tabelle zeigt die — 226 — Winkel, welchen die einzelnen Federn der Schwinge mit den Knochen der Mittel⸗ hand und den Fingergliedern bilden, denen ſie aufſitzen. (Nebelkrähe) 10. Schwungfeder 51° 5. Schwungfeder 29° 9. 1 460 4. 5 250 8. 1 420 3, 6 200 7. 5 370 2. 1 120 6. - 330 1 0 60. Hierbei iſt der Flügel eben im Begriff, den Niederſchlag auszuführen. Die Tabelle lehrt, wie nach außen jener Winkel continuirlich kleiner wird, d. h. die Richtung der äußerſten Federn fällt beinahe zuſammen mit der Stellung der Finger⸗ glieder. Natürlich muß auch dieſes Verhältniß von dem höchſten Einfluſſe auf die Art des Fluges ſein, und muß von Jedem, der die Mechanik der Flugbewegung eingehend ſtudiren will, ſorgfältig berückſichtigt werden. Wir ſind heute weiter davon entfernt, einen klaren Einblick in den Mechanismus des Fliegens zu beſitzen, als wir ſchon viel früher es zu ſein meinten, und nur allmählich bricht ſich die Ueberzeugung Bahn, daß wir erſt dann den Flug anfangen werden zu verſtehen, wenn wir uns der mühſamen Arbeit werden unterzogen haben, das Flugorgan ſelbſt auf das genaueſte zu analyſiren. Nichts hierbei iſt unwichtig oder bedeutungslos. Man hat ſich bemüht Flugorgane künſtlich herzuſtellen; wir werden, dies iſt meine Ueberzeugung, nicht eher hierbei zu einem allſeitig befriedigenden Reſultate ge⸗ langen, ehe wir nicht die Mechanik des Fluges bei den Vögeln in allen Einzel⸗ heiten begriffen haben. Folgende Angaben ſollen nun in dem geneigten Leſer das Bewußtſein davon lebendig machen, wie vielerlei Thatſachen, wie complicirte Ver⸗ hältniſſe berückſichtigt werden müſſen, ehe wir hoffen dürfen, jenes Ziel annähernd zu erreichen. Viele Flügel zeigen eine eigenthümliche Form der Schwungfedern. Letztere ſind nämlich, wie man ſich ausdrückt, an der Spitze „ausgeſchnitten“, d. h. während an dem unteren Theile des Schaftes die Fahne eine beträchtliche Breite zeigt, wird ſie nach dem vorderen Theile der Feder zu plötzlich auffallend ſchmal. Derartig ausgeſtattete Flügel hat man „Ruderflügel“ genannt; ſie ſollen — den Grund bin ich nicht imſtande einzuſehen — beim Fluge einen langſamen und ruhigen Flügelſchlag geſtatten. Die meiſten großen Vögel beſitzen ſolche Ruderflügel: Krähen, Weihen, Adler, Buſſarde, Geier, Taubenhabichte, Sperber, Eulen u. v. a. Fliegt z. B. eine Krähe über unſern Häuptern durch die Lüfte, jo kann man dies „Aus⸗ geſchnittenſein“ der Schwingen deutlich daran erkennen, daß die Spitzen der Federn nicht mehr imſtande ſind, eine zuſammenhängende Fläche zu bilden. Ich glaube allerdings auch, daß dieſer Eigenthümlichkeit, da ſie ſich bei ſo vielen Vögeln regel⸗ mäßig vorfindet, eine große Bedeutung beizulegen ſein wird, bin mir aber über — 227 — das dadurch erreichte Ziel völlig unklar. Die Länge des Ausſchnittes iſt an der ſchmalen äußeren Fahne meiſt eine andere als an der breiten, inneren; auch zeigen keineswegs alle Schwingen eines Ruderflügels dieſe Verſchmälerung der Fahne. Die folgende Tabelle, welche zugleich die Länge der einzelnen Schwingen an dem Krähenflügel angiebt, ſoll die angedeuteten Verhältniſſe darlegen. Länge Länge des Ausſchnittes in mm.: | a) am ſchmalen: bh) am breiten Bart: Lenkfittich 82 ohne Ausſchnitt ohne Ausſchnitt 1. Schwungfeder 137 | ohne Ausschnitt 71 2 5 224 155 117 3 1 260 152 127 4. 6 8 135 120 5. 5 273 1 99 6 1 260 74 Ausſchn. fehlt faſt völlig 7 5 228 | ohne Ausschnitt ohne Ausſchnitt 8 1 208 desgl. desgl. 9 1 200 desgl. desgl. 10. 1 194 desgl. desgl. Die längſte Schwungfeder iſt hier die 5., bei anderen Vögeln die 4., wohl auch die 3., nie die 1. und 2. Der größte Ausſchnitt befindet ſich an dem ſchmalen Bart der 2. Schwinge. Die Zahl der eigentlichen Ruderfedern d. h. derjenigen Schwingen, welche auf beiden Fahnen einen Ausſchnitt zeigen, beträgt nach vor— ſtehender Tabelle bei den Krähen 5; dasſelbe gilt von Weihe, Mäuſebuſſard u. a., Adler und Seeadler haben 6, der graue und weißköpfige Geier 7, der Kondor endlich hat 8 Ruderfedern (nach Prechtl). Wir ſehen, mit der Größe des Vogels nimmt die Zahl der Ruderfedern zu. Diejenigen Flügel, denen der beſchriebene Ausſchnitt der Schwingen fehlt, hat man — ob mit Recht, vermag ich nicht zu beurtheilen — Stoß- oder Schnell- flügel [von „ſchnellen“ — franz. lancer] genannt. Alle Vögel, welche mit ſolchen Flügeln ausgeſtattet find, führen einen ſchnelleren und heftigeren Flügelſchlag aus als die ſoeben namhaft gemachten. Ob aber dieſe Eigenthümlichkeit lediglich her— vorgerufen wird durch den in Rede ſtehenden Unterſchied der Schwingen, wage ich nicht zu entſcheiden. Vögel mit Schnellflügeln ſind alle kleineren bis herab zum Kolibri; doch gehören auch mittelgroße Vögel hierher: die Tauben, Seeſchwalben, die Thurm⸗, Baum⸗, Wanderfalken u. v. a. Selbſt große Vögel, wie die Saatgans, zeigen bisweilen Schnellflügel. Endlich giebt es auch Uebergänge vom Ruder- zum Schnellflügel. Während der rauchfüßige Buſſard (Archibuteo lagopus) und der — 228 — täujebuffard (Buteo vulgaris) echte Ruderflügel mit 5 Ruderfedern beſitzen, weiſt der Flügel des Weſpenbuſſards (Pernis apivorus) deren nur 3 auf und mäßen ſich ſomit ſchon ungemein dem eigentlichen Schnellflügel. Es hieße die Grenzen dieſer Arbeit überſchreiten, wollten wir auf die übrigen Eigenthümlichkeiten der Schwungfedern eingehen z. B. Breite der einzelnen Fahnen ıc., die natürlich alle berückſichtigt werden müſſen, wenn es ſich darum handelt, das Geheimniß des Flugmechanismus zu erforſchen. Wir wollen zugleich mit dieſer Be— trachtung der Flügelfedern den Schluß unſrer Darſtellung machen, da wir in Betreff vieler anderer Eigenſchaften des Federkleides, z. B. Bau des Schwanzes, Färbung des Gefieders, Federhauben auf dem Kopfe ꝛc. auf frühere in dieſer Monatsſchrift erſchienene Aufſätze verweiſen können. Ornithologiſche Mittheilungen aus der Umgegend von Sprottau. Von Karl Krezſchmar. II. Beobachtungen während der Brutzeit im Mai und Juni. Auf die ſchönen warmen Tage im letzten Drittel des April folgte ein durch— ſchnittlich kalter Lenzmonat, welcher den Bruten unſerer Vögel eben nicht günſtig zu werden verſprach. Trotzdem iſt im Durchſchnitt alles glücklich ausgekommen; auch von Herrn Profeſſor Dr. Liebe hörte ich zu meiner Freude, daß es in der Gegend von Gera ebenſo geweſen ſei. Im Anſchluß an meine Beobachtungen im zeitigen Früh⸗ jahr will ich zuvörderſt über die Ankunft unſerer Spätlinge unter den Zugvögeln in dieſem Jahre berichten. Die erſten Exemplare der Hausſchwalbe (H. urbica L.) gewahrte ich am Nachmittag des 6. Mai in Sprottiſchdorf. Tags darauf ſah ich in unſeren Promenaden den erſten grauen Fliegenfänger (M. grisola L.). Am 14. Mai kamen an und ließen ihre Rufe und Lieder ertönen: Gartenſänger (H. salicaria Bp.), Garten-Grasmücke (S. hortensis Bechst) und Pirol. Zwei Tage ſpäter, am 16. Mai, ſah ich ein Paar Neuntödter (L. collurio L.) und hörte im Laubgehölz der Boberfluren in der Nähe des Dorfes Boberwitz öfter den ſchwirrenden Geſang des Wald-Laubvogels (Phyllopn. sibilatrix Bechst.). Erſt am 23. Mai hörte ich aller Orten den lieblichen Geſang der Dorn-Grasmücke (S. einerea Lth.). Dank den hier noch zahlreich vorhandenen Raingebüſchen und Feldhecken giebt es bei uns ſehr viele Dorn-Grasmücken, während ſie in vielen anderen Gegenden, wo dergleichen Strauchwerk radical ausgerottet wird, mehr und mehr an Zahl abnehmen.“) Umſomehr befremdet mich das überaus ſpärliche Auf⸗ treten des Blut hänflings (Cannabina sanguinea Landb.); deſſen Geſang ich ) tr. Liebe, Prof. Dr., die Brutvögel Oſtthüringens. S. 21. — 229 — hier überhaupt noch nicht gehört habe. Ich habe bei meinen vielen kleineren Streif— zügen durch das Stadtgebiet und mehreren größeren Ausflügen über die Feld— marken bis jetzt im ganzen erſt 10 bis 15 Hänflinge geſehen. Herr Profeſſor Dr. Liebe bat mich, namentlich auf die Dauer der Brutzeit zu achten. Das iſt geſchehen, jo weit es meine Zeit erlaubte. Im Durchſchnitt flogen hier die jungen Vögel etwa 14 Tage ſpäter aus, als bei normalen Witte⸗ rungsverhältniſſen. Erſt am 30. Mai waren die jungen Staare flügge und do— minirten von da an einige Tage über alle anderen gefiederten Kehlen mit ihrem unabläſſigen Geſchrei nach Atzung; die Alten flogen, emſig Futter holend, ab und zu. Von den heimiſchen Droſſelarten ſcheint es mir, als ob die Zippe (J. musicus L.) den höchſten Beſtand aufzuweiſen hätte; Zeimer und Amſeln ſind nur hin und wieder vorhanden. Das ſchöne Buſchröthel (Ruticilla phoenicurus Lth.) iſt in der Sprottauer Gegend ſehr gewöhnlich. Ich habe bei einzelnen Männchen dieſer Species die wiederholte Beobachtung gemacht, daß ſie ſich — beſonders gegen Abend — analog dem Hausröthel die Firſten von Dächern und Scheunen als Lieblingsplatz wählten und von da aus ihre anmuthige Strophe zum Beſten geben. Der Fall erſcheint — mit Rückſicht auf die Behauptung eines höheren Begriffsvermögens der Vögel — immerhin beachtenswerth, indem man annehmen könnte, daß das Buſchröthel dieſe Angewohnheit vielleicht ſeinem Vetter abgeſehen hat und alsbald nachahmte. Am 23. Mai Vormittags beobachtete ich in der Glogauer Vorſtadt wiederum zwei Buſchröthelmännchen an einer Scheune; eins machte ſich in dem die Dachſparren überziehenden Mooſe zu ſchaffen, das andere ſchlüpfte in eine Luke der Scheune. Ich habe dieſe ſchönen Vögel ehedem nie ſo unmittelbar die Nähe des Menſchen aufſuchen ſehen. Die Jungen dieſer Vögel ſind überall gut gediehen; den Geſang der Alten hörte ich am 19. Juni das letzte Mal. Auch die bei uns häufigen Nachtigallen haben ſich erfreulich vermehrt. Jetzt iſt die Schlagzeit der alten Vögel als beendigt zu betrachten; zu Pfingſten ſchlugen ſie noch anhaltend. Alle 4 deutſchen Laubvögel ſind im Gebiete vertreten; am häufigſten hört man die Strophe des Weiden- und Fitis-Laubvogels (Ph. rufa und trochilus L.). Daß erſterer auch die reinen Laubhölzer und Anlagen bewohnt, und in ſo großer Zahl, war für mich bemerkenswerth. Auch unſere vier bekannten Grasmückenarten beſitzt unſere Gegend in den Verhältniſſen entſprechender Kopf— zahl. Den Plattmönch hörte ich nur in dem ſogenannten Nonnenbuſch, einem ſchönen gemiſchten Gehölz auf der weſtlichen Seite der Loberau. Junge Zaun— Grasmücken waren in den letzten Tagen überall zu bemerken. Am häufigſten erſcheinen hier die Dorn-Grasmücken, nicht minder häufig, aber nur ſtellenweiſe, die Garten⸗Grasmücken. Im Ufergebüſch und Weidicht der Sprotta beobachtete ich ſeit dem 17. Juni regelmäßig einen Teichſänger (A. arundinaceus Gm.). — 230 — Da Schilfrohr in der Nähe nicht vorhanden iſt, ſo beſtätigt dieſe Beobachtung wiederum das Anpaſſungsvermögen vieler Vogelarten an Oertlichkeiten, wo ſolche ehedem fehlten. Junge der weißen Bachſtelze ſah ich am 6. Juni an verſchiedenen Stellen. Der Bergſtelze (M. sulphurea Bechst.) bin ich im ganzen in drei Paaren be⸗ gegnet, wovon eins auf das Gebiet des Bobers und zwei auf das der Sprotta kommen. Jedenfalls niſten an einigen Mühlen, an welchen ich noch nicht vorüber gekommen bin, auch noch einige Paare. Von der Gattung Pieper (Anthus) konnte { ich bis jetzt nur die Spitzlerche (A. arboreus Bechst.) als nicht ſeltene Be: wohnerin der Haideblößen, wie namentlich der Feldhölzer des Boberthales notiren. Eigentlich hätte ich nicht gedacht, daß dieſe Vögel auch mit ſo trockenen Strichen vorliebnehmen; wie traulich klingt ihre ſanfte Weiſe dem Wanderer entgegen, wenn ſie auf dem flugſandreichen Wald- und Wieſenboden dahinſchreiten, auf dem die in mancher Gegend ſehr ſeltene, lila blühende Kronwicke (Coronilla varia L.) als Charakterpflanze ganze Strecken überzieht, wo der lichtgelbe Mauerpfeffer (Sedum acre L.) maſſenhaft ſein Daſein friſtet, während zahlreiche Exemplare des um Mitte Juni aufblühenden Natterkopfs (Echium vulgare L.) mit ihrem zarten Blau ſo ſinnig dazwiſchen lugen. Zahlreicher Nachkommenſchaft hatte ſich in dieſem Jahre die Haubenlerche (Galerida cristata L.) zu erfreuen. Dieſer freundliche Sänger zählt hier zu den gewöhnlichſten Vögeln. Intereſſant iſt das Vorkommen von Grau-, Gold- und Gartenammern dicht neben einander. Die letztgenannte Art iſt ſtellenweiſe gerade ſo häuſig wie der Goldammer. Am 14. Juni ſah ich zwei Goldammerweibchen Niſtmaterial ſammeln, ein Zeichen, daß dieſelben zur zweiten Brut ſchritten. Jetzt einiges von unſeren finkenartigen Vögeln. Am 11. April ſah ich in den hübſchen Anlagen unfern unſeres Schießhauſes ein Finkenneſt, in der Ver⸗ aſtung einer Akazie nur etwas über einen Meter vom Boden aus gebaut. Das Weibchen ſaß darin und flog bei meinem Nahen ab. Die folgenden kalten Tage mochten die Vögel zur Aufgabe des Brutgeſchäfts genöthigt haben; denn bereits nach Verlauf einer Woche ſtand das Neſt vereinſamt, doch unverſehrt da, und wurde auch im Verlaufe der nächſten Wochen nicht wieder bezogen, ſo daß ich im Verein mit einem hieſigen Lehrer den kunſtvollen Bau als paſſendes Anſchauungsunterrichts— Mittel wegholte. Sonſt ſind die Buchfinken im allgemeinen gut gediehen. Ein Gleiches war — wie faſt ſtets — bei der erſten Brut der Haus- und Feld— ſperlinge der Fall; erſtere rüſteten ſchon vor einigen Wochen auf die zweite Brut zu, während die Feldſperlinge in hellen Haufen ihr Vernichtungswerk auf den Ge— treidefeldern beginnen. Der Girlitz (Serinus L. hortulanus Koch) iſt hier doch häufiger, als es mein erſter Bericht beſagt. Nicht allein die ſtädtiſchen Promenaden — 231 — und Anlagen, ſondern auch alle größeren Obſtgärten und Baumgruppen der Dörfer beſitzen ihn in großer Anzahl. Im Gegenſatz zum Hänfling muß der Grünfink (Ligurinus chloris L.) als ein ſehr häufiger Bewohner des Gebietes bezeichnet werden. Vor allem findet man ihn in ſtarker Kopfzahl in den Augehölzen des Bobers. Der Stieglitz bewohnt vielleicht in größerer Anzahl, als ich es bis jetzt ermitteln konnte, unſere Gegend. Da dieſe munteren Vögel ſich im Frühjahr namentlich viel in den oberſten Kronen alter Bäume zu ſchaffen machen, an denen es bei uns nicht mangelt, ſo überſieht man ſie gewiß oft genug. Am 17. Juni ſah ich 2 Stück, dann wieder einen, fröhlich lockend, am 27. Juli im Sprottathale und zuletzt ein Paar in der Nähe des Bahnhofs am 4. Juli. Von den heimiſchen Meiſenarten fand ich die Blaumeiſe verhältnißmäßig am häufigſten. Ihre Brut flog 10 bis 14 Tage ſpäter aus wie in anderen Jahren bei normaler Witterung. Am 6. Juni ſah ich viele alte Blaumeiſen und entdeckte 2 Neſter mit noch nicht flüggen Jungen. Beide Neſter waren über mannshoch in Hainbuchenſtämmen angelegt. Am 14. Juni ſah ich die erſten flüggen Jungen. Die hübſche Sumpfmeiſe (P. palustris L.) iſt in hieſiger Gegend ebenfalls nicht ſelten zu nennen und bevorzugt die Erlenpflanzungen der Flußthäler als Wohnort. Am 20. Juni ſah ich eine kleine Familie dieſer Art herumſtreichen. Recht wenig wurde ich von der Kohlmeiſe (P. major L.) gewahr; vielleicht iſt fie als Brut— vogel ſeltener als die beiden vorigen Arten. Der Kleiber (S. europaea L.) iſt bei dem Reichthum an Laubwald öfter zu bemerken; am 6. Juni beobachtete ich im Nonnenbuſch eine ganze Familie, wie ſie in den ſchönen Eichenbeſtänden ihrer Kletterkunſt oblag. Recht häufig iſt erfreulicher Weiſe der Pirol, welcher in ebenen Strichen überhaupt reichlicher vertreten iſt als im Hügellande und Vorgebirge. Beachtenswerth erſchien mir die Beobachtung des graurückigen Fliegenfängers (Muscicapa obscura Br.) im Nonnenbuſch. Ich neige wie Herr H. Schacht“) der Anſicht zu, daß dieſer Vogel als ſelbſtändige Art und nicht als Kleid des ein— jährigen Männchens oder als Herbſtkleid vom Trauer-Fliegenfänger (M. luctuosa Temm.) zu betrachten iſt. Gleich obigem Beobachter habe auch ich, und zwar in der Lauſitz, wahrgenommen, daß der Trauer-Fliegenfänger in den erſten Maitagen zahlreich durchzog, im Sommer jedoch immer nur die heller gefärbte Art geſehen, welche R. Tobias (1849) als Brutvogel der Lauſitz anführt. Intereſſant war für mich weiterhin das Vorkommen des Grauſpechts (Gecinus canus Gm.), welchen in Freiheit zu beobachten ich noch nirgends Ge— legenheit gefunden hatte. Der Grauſpecht liebt namentlich die Auwälder und lichten Beſtände ebener Gegenden. Sein Ruf kommt dem des Grünſpechts an *) Cfr. „Aus dem Vogelleben der Heimat“. S. 148149. — 232 — Stärke und Klarheit des Tones nicht ganz gleich. — Von Raubvögeln traf ich nächſt dem Sperber nur den Thurmfalken (Cerchneis tinnunculus L.) an, und zwar als öftere Erſcheinung. In die eigentliche, eine Meile von hier ſich aus⸗ breitende Haide bin ich in der letzten Zeit noch nicht gekommen; dort wird noch manche andere Art vertreten ſein. — Außer der nicht zu häufigen Ringeltaube (C. palumbus L.) traf ich in dieſem Frühjahre viele Paare Turteltauben (C. turtur L.) an. Dieſe ſchönen Tauben bewohnen hier die waſſerreichen Augehölze des Bobers am liebſten; zur Mittagszeit wählen ſie ſich gewöhnlich dichte, niedrige Erlenpflanzungen zu Ruheplätzen, aus denen ich ſie mehrfach aufſcheuchte. Hiermit will ich vor der Hand den heutigen Bericht abſchließen und gedenke verſchiedene, dabei noch nicht berührte Punkte in die bevorſtehende ſtille Beobachtungs⸗ Periode des Vogellebens einzuflechten. Sprottau, Anfang Juli 1886. Der Stammbaum unſerer Vögel. Vortrag, gehalten im Verein „Torga“ zu Torgau von G. Scheidemantel. Meine Herren! Sie werden ohne Zweifel Kenntniß haben von den neueſten wichtigen Entdeckungen über die Fortpflanzung der Schnabelthiere, d. h. jener merk⸗ würdigen Thiere der auſtraliſchen Fauna, die ihren Namen der ſchnabelartigen Beſchaffenheit ihrer Kiefer verdanken. Bisher nahm man an, daß dieſelben ſich durch lebendige Junge fortpflanzen, und ſtellte fie daher zu den Säugethieren, ob- gleich ihnen die Bruſtwarzen fehlen (doch ſind unter der Haut liegende Milchdrüſen vorhanden). Die an Ort und Stelle vorgenommenen Unterſuchungen von Haacke und Caldwell haben aber nun unzweifelhaft die ſchon von Lamarck behauptete That⸗ ſache feſtgeſtellt, daß die Schnabelthiere kalkſchalige Eier legen (die ſie allerdings nicht ausbrüten), und ſomit muß man den Schnabelthieren eine Zwiſchenſtellung zwiſchen den Säugethieren und den Vögeln umſomehr anweiſen, als ſie mit der letzt⸗ genannten Wirbelthierklaſſe auch in einigen anderen weſentlichen Merkmalen überein⸗ ſtimmen. Während ſo die ſtrenge Scheidewand, die man früher zwiſchen den beiden erſten Wirbelthierklaſſen aufrichten zu müſſen glaubte, erſt jetzt definitiv beſeitigt worden iſt, hat man ſchon viel früher auf eine ſcharfe Abgrenzung der Vögel von den Reptilien verzichten müſſen, ja einige Funde in den verſteinerungführenden Schichten des Jura- und Kreidegebirges haben zu der Behauptung geführt, daß die Vögel nur als eine höher entwickelte Ordnung der Reptilien anzuſehen ſind. Unſerem Gefühl wird es freilich ſchwer, ſich mit dem Gedanken, daß zwiſchen den leichtbe⸗ — 233 — ſchwingten Luftbewohnern und den an die Erde gebannten unheimlichen Kriech— thieren eine Verwandtſchaft beſtehen ſolle, vertraut zu machen, jedoch kann ſich die exakte Naturforſchung an ſolche äſthetiſche Bedenken nicht kehren. Ich führe zunächſt die weſentlichſten anatomiſchen Uebereinſtimmungen der heutigen Vögel und Reptilien kurz auf. Jedes Schulkind lernt, daß die 3 erſten Wirbelthierklaſſen zeitlebens Lungenathmer ſind, während die Amphibien (Lurche), wenigſtens im Jugendzuſtande, durch Kiemen athmen. Wir fügen hinzu, daß der Embryo der Lungenathmer von der ſogenannten Schafhaut (Amnion) umgeben iſt, während dieſes Merkmal den beiden letzten Wirbelthierklaſſen fehlt; ein Hauptgrund für die Trennung der früher in einer Klaſſe vereinigten Reptilien und Amphibien. Die Geſchlechtstheile der Reptilien ſtimmen mit denen der Vögel ſehr nahe überein und bei beiden Thierklaſſen wird die Verbindung von Ober- und Unterkiefer durch das ſogenannte Quadratbein hergeſtellt, während bei den Säugethieren der Unter— kiefer direkt mit dem Schädel durch Gelenke verbunden iſt. An den Vogeltypus erinnern ferner die ſchnabelartigen, zahnloſen Kiefer der Schildkröten (die übrigen Reptilien beſitzen zwar Zähne, dieſelben dienen ihnen aber nur zum Feſthalten und nie zum Zerkleinern der Nahrung, der Mangel dieſes Hilfsmittels der Verdauung wird, ebenſo wie bei den Vögeln, durch eine geſteigerte Verdauungsfähigkeit des Magens erſetzt) und die bei einigen Reptilien vorkommende Nickhaut. Was die äußeren Merkmale anlangt, ſo ſcheinen auf den erſten Blick die Geſtaltung der Gliedmaßen und die Bedeckung der Haut die größte Verſchiedenheit zu zeigen. Der letztgenannte Unterſcheidungsgrund iſt aber hinfällig geworden, ſeit Gegenbaur u. A. gezeigt haben, daß die ſogenannten Federkeime am Vogelembryo vollkommen den Schuppen und ähnlichen Hautgebilden der Reptilien in ihrer Entwicklung gleich— werthig, die Vogelfedern alſo als weiter fortgebildete Reptilienſchuppen zu betrachten ſind. Die Hintergliedmaßen zeigen noch bei den heutigen Vögeln und Reptilien in ihrem anatomiſchen Bau große Uebereinſtimmung und die Kluft, welche hinſichtlich der Bildung der Vordergliedmaßen zu beſtehen ſcheint, iſt durch die Paläontologie überbrückt worden, welche uns belehrt, daß in der ſogenannten Sekundärzeit (dem Mittelalter) der Erde flugbegabte Eidechſen (Saurier) gelebt haben. Zu den älteſten Funden dieſer Art gehört die Gattung Pterodaetylus oder die Flugeidechſe mit — abgeſehen von den bezahnten Kiefern — vogelähnlichem Kopfe, deren größte Repräſentanten ca. 20 Fuß geklaftert haben. Ihr Flugorgan aber hatte mit denen der Vögel keine Aehnlichkeit, ſondern beſtand in einer Flug⸗ haut. Man kann ſie alſo als Vorläufer unſerer Fledermäuſe betrachten, nur daß bei den Flugſauriern nicht wie bei unſeren Flatterthieren die 4 Finger außer dem Daumen, ſondern allein der fünfte ſogenannte kleine Finger abnormal verlängert — 234 — war und zur Ausſpannung der Flughaut diente, ſowie daß dieſe wahrſcheinlich die Hintergliedmaßen nicht erreichte. Eine größere Vogelähnlichkeit zeigt der innere Bau einer Gruppe der Dino- saurier, Eidechſen, die ihren Namen („Schreckeidechſen“) der rieſigen Größe ver⸗ danken, die einige Vertreter dieſer Gruppe zeigen. Die größte unter ihnen, das größte Thier, welches das Feſtland jemals getragen hat, war 80 — 100 Fuß lang und 30 Fuß hoch. Die Aehnlichkeit zeigt ſich beſonders in der Bildung der Hinter⸗ beine, der Füße und des Beckens, ferner waren die Knochen zum Theil pneumatiſch und zeigten ſich Anfänge einer Verwachſung der Wirbelſäule. Ein Flugorgan be- ſaß keins dieſer Thiere, einige ſcheinen ſich ſprungartig fortbewegt zu haben, wie die Känguruhs, worauf beſonders die außerordentliche Verkürzung der Vorderglied- maßen hindeutet, eine Art der Fortbewegung, die als der erſte ſchüchterne Verſuch, von dem Reiche der Luft Beſitz zu nehmen, gedeutet werden kann und die ſich bei dem 10 Fuß hohen Laosaurus recht eigenthümlich ausgenommen haben muß. Ein anderes Thier der Gruppe, der nur fußhohe Campsognathus, gleicht in Kopf und Hals — wieder von den bezahnten Kiefern abgeſehen — vollſtändig einer Gans. Von unſeren heutigen Vögeln dürften ihnen die Floſſentaucher am nächſten ſtehen. Wenn nun bei den erwähnten Thieren die Vogelähnlichkeit ſchon in einigen Organen unzweifelhaft auftritt, ſo können ſie doch nur als die unterſten Sproſſen einer Stufenleiter angeſehen werden, die im allmählichen Uebergange von irgend— welchen Reptilien der Vorzeit zu unſeren heutigen Vögeln empor führt und deren Mittelſproſſen bis vor einem Vierteljahrhundert als verloren galten. Da machte im Jahre 1861 der Arzt Häberlein im Solnhofer lithographiſchen Schiefer — nach— dem ſchon vorher Abdrücke von Vogelfedern gefunden worden waren — einen Fund, der die Lücke in unverhoffter Weiſe ausfüllte. Es war der Abdruck der hinteren Körperhälfte eines mit Vogelfedern und Vogelflügeln verſehenen Thieres, dem man den Gattungsnamen Archaeopteryx, d. i. Urvogel, und den Artnamen lithographi- cus, nach ſeinem Fundorte, gab. Leider wurde der Fund dem Vaterlande nicht erhalten, ſondern ging für 14000 Mark in das britiſche Muſeum zu London über. Im Jahre 1877 fand der Sohn Häberleins ein zweites, zwar etwas kleineres, aber beſſer erhaltenes Exemplar, das außerdem den erſten Fund in glücklicher Weiſe ergänzte, da gerade die vorderen Körpertheile beſonders deutlich und in natürlicher Lage ausgeprägt waren. Dem Geheimrath Dr. Werner Siemens in Berlin ge⸗ bührt das Verdienſt, dieſen Fund dem Vaterlande erhalten zu haben; durch ſeine Vermittlung wurde die Platte von der preußiſchen Regierung für 20000 Mark angekauft und bildet jetzt eine Zierde des Berliner Muſeums. Die Frage, ob der Archaeopteryx als ein echter Vogel im heutigen Sinne des Wortes oder als ein Reptil anzuſehen iſt, oder ob man ihm eine Zwiſchen⸗ — 235 — ſtellung zwiſchen dieſen beiden Wirbelthierklaſſen anweiſen ſoll, iſt vielfach erörtert und verſchiedenartig beantwortet worden. Ich möchte mich der letzten Anſicht an- ſchließen, da der Bau des — wenn auch ſchon ſehr vogelähnlichen — „Urvogels“ noch in mancher Hinſicht den Charakter der Reptilien, und zwar ſogar ziemlich tief ſtehender Reptilien, zeigt.) Dies gilt beſonders von der Wirbelſäule, deren Knochen noch den ſogenannten bikonkaven, nur den niederen Wirbelthieren eigenthümlichen, Typus repräſentieren. Auch das aus ca. 20 Wirbeln beſtehende Schwanzſkelet iſt ganz reptilienartig und die Schwanzfedern ſind nicht fächerförmig angeordnet, ſondern ſtehen in zwei Reihen, je ein Paar an jedem Wirbel, ſodaß ſich der Schwanz wie eine große lang nachſchleppende Feder ausgenommen haben mag. Obgleich das Flugorgan im äußeren und inneren Bau ſich dem der heutigen Vögel ſehr nahe anſchließt, auch die Federn ſchon auf der höheren Stufe der „Kontur: federn“ ſtehen, iſt doch jedenfalls die Flugfertigkeit des Thieres nur ſehr unvoll⸗ kommen geweſen, da in dem Skelet gerade die Theile, an welchem ſonſt die kräftigen Flugmuskeln ſitzen, ſehr ſchwach entwickelt ſind. Das Bruſtbein iſt weder auf der Londoner, noch auf der Berliner Platte ſichtbar und jedenfalls im Innern der Verſteinerungsmaſſe verſteckt; man ſchließt aber aus der Beſchaffenheit und Lage der Rippen, daß es jedenfalls ſehr klein und mit nur ſchwach entwickeltem Bruſtbeinkamm verſehen geweſen iſt. Dagegen ſind das Gabelbein und die ſoge— nannten Rabenſchnabelbeine vorhanden. Die hinteren Extremitäten gleichen völlig denen der heutigen Vögel und ſind, wie bei Hühnern und Falken, bis auf das Fußgelenk hinab befiedert. Der Fuß hat 4 mit ſtarken Krallen verſehene Zehen, von denen 3 nach vorn und eine nach hinten gerichtet iſt. Außerdem zeigt die Berliner Platte Federſpuren am Halſe; dieſelben waren vermuthlich, wie bei einigen Geiern, kranzartig geſtellt. Wahrſcheinlich war auch der übrige Körper befiedert, dieſe Federn aber zu zart, um ſich in der ſchlammartigen Verſteinerungsmaſſe aus⸗ prägen zu können. Aus dem Vorigen dürfte hervorgehen, daß die oben erwähnte Stufenleiter immer noch eine große Lücke zwiſchen den Archaeopteryx und den heutigen Vögeln aufweiſt. Auch dieſe ſollte bis zu einem gewiſſen Grade ausgefüllt werden. In den an Verſteinerungen überreichen Kreidegebirgen von Kanſas und Colorado wurden durch Prof. Marſh ſeit 1870 in großer Menge Knochenüberreſte von Vögeln ge— funden, welche, weil ihre Kiefer mit (wirklichen) Zähnen beſetzt ſind, Odontornithes, d. i. Zahnvögel genannt wurden. Man hat aus dieſen Funden ziemlich vollſtändige ) Die Beſchreibung des Archaeopteryx und der amerikaniſchen Zahnvögel, ſowie die Skizze „der Stammbaum der Vögel“ iſt der Abhandlung: „Ueber die Vorfahren der heutigen Vögel“ von Prof. Dr. R. Wiedersheim in Freiburg i. Br. entnommen. S. Humboldt, Monats: ſchrift für die geſammten Naturwiſſenſchaften, Juni 1885. 18 — 236 — Skelete zuſammenſtellen können. Der Bau der Zahnvögel (die natürlich nicht mit den heutigen Zahnſchnäblern zu verwechſeln ſind) ſtimmt im Weſentlichen mit dem jetzt lebender Vögel überein, wenn auch einige Merkmale noch den Reptiliencharakter zeigen. Beſonders erinnert der Kopf und die auffällige Kleinheit des Gehirns an die Kriechthiere. Uebrigens zerfallen die Zahnvögel in die zwei ſcharf getrennten Gattungen Hesperornis und Ichthyornis. Der Hesperornis — der Name jol wahrſcheinlich „abendländiſcher Vogel“ bedeuten — ſteht den heutigen Straußen am nächſten, wie ſich beſonders in der Bildung des Beckens und dem Mangel des Bruſtbeinkamms zeigt. Die auffällige Verkümmerung der Vordergliedmaßen iſt ein Beweis für das Fehlen des Flugorgans: nur der Oberarm iſt vorhanden und war wahrſcheinlich — wie etwa bei den auſtraliſchen Kiwis — unter dem Gefieder verſteckt. Um ſo kräftiger ſind die Hintergliedmaßen ausgebildet; die 4 nach vorn gerichteten Zehen bildeten ohne Zweifel einen Ruderfuß wie bei unſeren Tauchern, deren Lebensweiſe dieſer Strauß wohl auch geführt haben mag. Beim Schwimmen und Tauchen unterſtützte ihn vermuthlich, der nicht ſeitlich, wie bei unſeren Vögeln, ſondern in einer ſenkrechten Ebene (von oben nach unten) drehbare Schwanz. Das in die Länge geſtreckte Skelet des Vogels mißt 6 Fuß, indeſſen wird ſeine Höhe in natürlicher Stellung nicht viel über 3 Fuß betragen haben. Der Ichthyornis, d. i. Fiſchvogel, war nur von Taubengröße und weicht auch ſonſt von dem vorigen weſentlich ab, ja man könnte ſagen, er bildet den Gegenſatz zu dieſem, da er von der Natur nur mit ſchwachen Gehwerkzeugen, aber mit einem um ſo trefflicheren Flugorgan ausgeſtattet war. Auch der ſtark entwickelte Bruſt⸗ beinkamm kennzeichnen ihn als vorzüglichen Flieger, etwa gleich unſeren See— ſchwalben, mit denen er auch ſonſt einige Merkmale gemeinſam hat. | Von dem Federkleide beider Gattungen find nur ſchwache Spuren vorhanden; doch nimmt man an, daß der Hesperornis ein Dunenkleid, der Ichthyornis aber Konturfedern gehabt hat. So beachtenswerthe Stützen die Auffindung des Archaeopteryx und die Odontornithes auch für die Theorie ſind, daß die heutigen Vögel durch allmähliche Fortentwickelung aus gewiſſen Reptilien entſtanden ſeien, ſo können wir uns doch nicht verhehlen, daß unſere Stufenleiter immer noch ſehr beträchtliche Lücken auf- weiſt. Es iſt zwar zu erwarten, daß noch manche Lücke durch zukünftige Funde ausgefüllt werden wird, jedoch müſſen wir auf die Hoffnung, jemals in den Beſitz einer vollſtändigen Ahnentafel der Vögel zu kommen, verzichten; denn von den—⸗ jenigen Thieren, welche die Erde in früheren Perioden getragen hat, iſt jedenfalls nur ein ſehr kleiner Bruchtheil als Petrefakt der Nachwelt erhalten worden. Hat man doch in dem bunten Sandſtein von Conecticut ſogenannte „Vogelfährten“, in Wirklichkeit Abdrücke von Reptilienfüßen, gefunden und aus dieſen gegen 60 aus⸗ — 237 — geſtorbene Reptilienarten beſtimmt, von denen ſonſt das Geſtein bisher auch nicht den geringſten Ueberreſt zu Tage geliefert hat. Dies fällt umſomehr ins Gewicht, als die Erhaltung einer in weichen Schlamm eingedrückten thieriſchen Fährte, bei der Erhärtung des Schlamms, als beſonderer Glücksumſtand anzuſehen iſt. Eine weitere Stütze erhält unſere Theorie durch den Satz, daß jedes Thier im Embryonalzuſtand in raſcher Aufeinanderfolge die weſentlichſten Entwicklungs— ſtufen wieder durchläuft, welche ſeine Ahnen in unermeßlichen Zeiträumen zurück— gelegt haben. In der That gleicht nämlich der Vogelembryo in einem gewiſſen Studium der Brutzeit vollkommen einem vierfüßigen langgeſchwänzten Reptil (noch früher einem kiemenbegabten Fiſch). Für denjenigen, welcher Stellung zu der Frage nach der Berechtigung jener Theorie nehmen will, wirft ſich nothwendig die Frage auf: Iſt wirklich der thieriſche Organismus ſo biegſam, daß er ſo weſentliche Veränderungen im Laufe der Zeiten hat erleiden können, und welche äußeren Einflüſſe ſind bei ſolchen Veränderungen wirkſam geweſen? Hinſichtlich der erſten Frage will ich nur auf die große Mannig faltigkeit der Taubenraſſen hinweiſen, die ohne Zweifel ſämmtlich aus der wilden Stammart Columba livia (Felſentaube) durch künſtliche Züchtung hervorgegangen ſind. In der Gärtnerei iſt die Kunſt, neue Spielarten zu erzeugen, ſchon ſo weit gediehen, daß man Beſtellungen auf Pflanzenvarietäten annimmt, denen erſt gewiſſe vorgeſchriebene Eigenthümlichkeiten angezüchtet werden ſollen. Bei dieſen Züchtungs— verſuchen kommt die Thatſache zu ſtatten, daß durch Kreuzung zweier in gleichem Sinne abändernder Individuen Nachkommen entſtehen, welche die Varietäten ihrer Eltern gewöhnlich in verſtärktem Maße zeigen. Aber nicht nur den Menſchen, ſondern auch die Natur ſehen wir — gewiſſermaßen unbewußt — als Züchter auftreten. Jeder Botaniker weiß, daß eine Pflanzenart oft nicht unweſentlich verändert er— ſcheint, jenachdem ſie im Waſſer oder auf dem Lande, im Schatten oder in der Sonne, auf Bergen oder im Thal wächſt. Eine Pflanze oder ein Thier, das in ein verändertes Klima verſetzt wird, paßt ſich entweder dieſen Veränderungen durch Umbildung gewiſſer Organe an, oder — geht zu Grunde. Ferner iſt es eine wohl unbeſtrittene Thatſache, daß ein Organ ſich um ſo kräftiger ausbildet, je mehr es gebraucht wird, ein überflüſſig gewordenes Organ aber verkümmert. Ein eklatanter Beweis für die letzte Behauptung iſt bei den Haustauben die Verkümmerung der Bürzeldrüſe, welche für ſie entbehrlich geworden iſt, ſeit der Menſch ihnen Obdach und Schutz gegen Näſſe gewährt. Derartige Betrachtungen veranlaßten zuerſt Lamarck die Theorie von der Veränderlichkeit der Art aufzuſtellen, eine Theorie, die durch Darwin ihre wiſſenſchaftliche Begründung erhielt. Während Lamarck als Grund der Veränderungen die Lebensgewohnheiten anſieht, begründet Darwin die— ſelben durch die Noth oder, nach ſeiner Bezeichnung, den „Kampf ums Daſein“. 18* — 238 — Wenn ein Landmann einen Acker dicht mit Samen verſchiedener Art beſtreute, ſo würde der Acker nicht alle daraus hervorgehenden Pflanzen ernähren können, ſondern müßte gewiſſermaßen eine Auswahl treffen und würde ſelbſtverſtändlich diejenigen Pflanzen bevorzugen, die eben für den Boden am beſten paſſen. Eine ſolche „natürliche Zuchtwahl“ muß nun im Großen die Natur fortwährend ausüben; denn wenn alle die unzähligen Lebenskeime ungehindert zur Entwicklung gelangten, ſo würde bald Feſtland, Waſſer und Luft vollſtändig beſetzt und kein Raum mehr für neue Generationen vorhanden ſein. Zur Auswahl kommen nun nach Darwin diejenigen Weſen, welche den Kampf ums Daſein am beſten ausfechten, d. h. ſich den jeweiligen Lebensbedingungen am beſten anpaſſen können. Leider kann ich auf dieſe intereſſante Frage hier nicht tiefer eingehen, möchte aber den Gegenſatz zwiſchen Lamarck an folgendem Beiſpiel klar machen: Die Giraffe, welche ſich von Baumblättern nährt, hat einen langen Hals. Lamarck ſagt nun: „Da die Giraffe ſich immer nach den Bäumen empor gereckt hat, iſt ihr Hals im Laufe der Zeiten immer länger geworden“. Darwin ſagt dagegen: „Eine mit längerem Halſe begabte Spielart der Giraffe iſt zu irgend einer Zeit (etwa der Dürre) gegen ihre Kameraden begünſtigt geweſen, iſt daher im Kampfe ums Daſein erhalten geblieben und hat ihre Eigenſchaft durch Vererbung auf die Nachkommen potenziert. Ferner will ich darauf hinweiſen, daß die bekannte Schutz⸗ farbentheorie ſich nach Darwin ſehr einfach erklärt: Ein Thier, das von jeiner Umgebung abſticht, wird von ſeinen Feinden leichter geſehen, hat alſo weniger Ausſicht, im Kampfe ums Daſein erhalten zu bleiben, als ein Thier, das die Farbe ſeiner Umgebung hat. Schließlich wäre noch die Frage zu erörtern: „Sind die auf der Erdoberfläche im Laufe der Zeiten eingetretenen Veränderungen bedeutend genug, um ihnen die Urſache der in Rede ſtehenden Fortentwickelung ſuchen zu können?“ Zur Beant: wortung dieſer Frage müſſen wir einen kurzen Blick auf die Entwickelungsgeſchichte der Erde werfen. Die heutige Naturforſchung nimmt als unzweifelhaft an, daß die Erde früher eine feurig-flüſſige Kugel (noch früher ein flüſſiger Gasball) ge⸗ weſen iſt, welche durch fortgeſetzte Ausſtrahlung in den eiſigkalten Weltenraum ſich ſoweit abgekühlt hat, daß ihre äußere Rinde zu einer feſten Maſſe erſtarrt iſt. Die erſten feſten Maſſen mögen als Schollen auf der ſonſt noch flüſſigen Oberfläche herumgeſchwommen ſein, ſich vergrößert und mit anderen vereinigt haben, bis eine kontinuierliche feſte Schale entſtanden iſt, jedenfalls noch oft von dem flüſſigen In⸗ halt durchbrochen. Infolge weiterer Abkühlung hat ſich die eingeſchloſſene Flüſſig⸗ keit von der Schale zurückgezogen und durch das Nachſinken derſelben ſind Ver⸗ tiefungen — die Meeresbecken — und Faltungen — die Gebirge — entſtanden. (Man kann ſich dieſe Vorgänge klar machen, wenn man einen aufgeblaſenen ö | | — 239 — Kautſchuckball in geſchmolzenes Wachs taucht und nach Erſtarrung der Maſſe die Luft langſam ausſtrömen läßt). Jene feſte Erdoberfläche war anfangs mit einer trüben unwirthlichen Atmoſphäre von Waſſerdampf und Kohlenſäure bedeckt, durch welche wahrſcheinlich die Sonnenſtrahlen nicht durchzudringen vermochten und in welcher kein Landthier exiſtieren konnte. Die erſten Thiere konnten alſo, — nach⸗ dem ein Theil des Waſſerdampfes ſich in flüſſiger Form niedergeſchlagen hatte —, nur Waſſerthiere fein, was auch durch die Paläontologie beſtätigt wird. Deſto reichlicher war das Feſtland mit Pflanzen bedeckt, meiſtens rieſenhaften Farnen und Schachtelhalmen, welche die Atmoſphäre für das Auftreten der Landthiere vor— bereiteten, indem ſie ihr nach und nach die Kohlenſäure entzogen und ſomit gleich— zeitig für die Nachwelt ein unermeßliches Reſervoir von Kohlenſtoff (Steinkohle) aufſpeicherten. Die Beſitznahme des nunmehr zugänglich gewordenen Feſtlandes wird natürlich von denjenigen Waſſerthieren zuerſt verſucht worden ſein, die für einen zeitweiligen Aufenthalt auf dem Trockenen am beſten organiſiert geweſen ſind; durch Vererbung und Potenzierung dieſer Organiſation iſt das Entſtehen der erſten Landthiere zu erklären. Das treibende Motiv war jedenfalls das Beſtreben, die Speiſekarte (durch Pflanzenkoſt) zu erweitern, oder den überlegenen Feinden zu entgehen, alſo wieder — „der Kampf ums Daſein“. In ähnlicher Weiſe iſt auch der Uebergang von der Erde zur Luft zu erklären. Die erſten Luftthiere waren Inſekten. Das Jagen nach ſolchen wird gewiſſe Reptilien zu ungeſchicktem Hüpfen veranlaßt haben, eine Bewegung, die ſchon oben als der erſte ſchüchterne Verſuch, ſich in die Luft zu ſchwingen, bezeichnet wurde. Durch unausgeſetzte Uebung und durch Vererbung jener Bewegungsart hat ſich dann im Laufe der Zeit der Orga— nismus immer mehr der Flugbewegung angepaßt. Hier iſt noch einem Einwande zu begegnen, der von Gegnern der Theorie häufig gebraucht wird, um dieſelbe lächerlich zu machen: Selbſtverſtändlich fällt es auch dem eingefleiſchteſten Darwinianer nicht ein, zu behaupten, daß ein Reptil, wenn es ſich die nöthige Mühe giebt, es mit der Zeit dahin bringen könnte, daß es Federn und Flügel bekommt; vielmehr nimmt man für eine ſolche Umwandlung eine unabſehbare Reihe von Generationen und einen unermeßlichen Zeitraum in Anſpruch. Solche Zeiträume können aber auch ohne Bedenken zugeſtanden werden. J. Klein berechnet das Alter der feſten Erdrinde aus Gründen, deren Erörterung hier zu weit führen würde, auf 2 Milliarden Jahre, und wenn auch dieſe Be— rechnung nur auf ſchwachen Füßen ſteht, ſo zeigt ſie doch, daß das Alter der Erde ein ungeheuer großes iſt und jedenfalls unvergleichbar mehr beträgt als — nach früherer Annahme — ca. 6000 Jahre. Für ein ſehr hohes Alter der Erde ſprechen auch unwiderleglich die geologiſchen Forſchungen. Man kann alſo für die Ent⸗ wickelung des Vogels aus einem Reptil dreiſt einen Zeitraum von Hunderttauſenden a. oder Millionen von Jahren in Anſpruch nehmen und ſomit dürfte die letzte Frage nun auch im bejahenden Sinne beantwortet ſein. Wenn ich bisher die Fortent⸗ wicklung des Vogels aus dem Reptil mit einer Stufenleiter verglichen habe, fo ſollte damit nur das allmähliche Aufſteigen vom Niederen zum Höheren gekenn⸗ zeichnet werden. In Wirklichkeit gleicht ſie vielmehr einem ſich in mannigfaltige Aeſte und Zweige theilenden Baume und hieraus rechtfertigt ſich auch die Wahl des dieſem Vortrage vorgeſetzten Themas. Nachſtehende Skizze ſoll ein ungefähres Bild dieſes Stammbaums geben. | Heutige Flugvögel. 7 Ichthyornis ! | Zwiſchenformen „/ mit Umbildung Heutige Laufvögel U des Schwanzes ER Archasopteryx x Heſperornis Zwiſchenform Allmähl. Entw. des Gefieders N Flugſaurier * Saurierartige Vorfahren (beſchuppt) 2 aurier aha Urform Stammbaum der Vögel. Man ſieht, daß von den untergegangenen Theilen des Baumes erſt wenige Stammesglieder wieder ausgegraben ſind; auch die Wurzel iſt noch in der Erde verborgen, — oder verloren gegangen. Der Stamm gliedert ſich in zwei Haupt⸗ äſte, deren Zweige auch zum Theil ſchon abgeſtorben ſind. Der eine von den Aeſten, der in den heutigen Laufvögeln gipfelt, ſcheint ebenfalls dem Abſterben anheimgefallen zu ſein. In der That iſt die Zahl der ſtraußenartigen Vögel in raſcher Abnahme begriffen und ſpätere Generationen werden dieſe Thiere auf die große Verluſtliſte des Thierreichs zu ſchreiben haben, inſoweit nicht der Menſch ſie, als Hausthiere (afrikaniſcher Strauß), vor dieſem Schickſal bewahrt. Dieſe Ver⸗ luſtliſte weiſt ja auch ſchon Namen auf, deren Träger noch der hiſtoriſchen Zeit angehört haben. Ich erinnere nur an die rieſenhaften Moas (Dinornis giganteus) auf Neuſeeland, deren Schenkel die Dicke von Pferdeſchenkeln erreichten und deren Eier, von denen eins noch ziemlich wohlerhalten aufgefunden worden iſt, den In⸗ halt von 3—4 Straußeneiern aufnehmen konnten. Noch größer (= 5—6 Straußen⸗ eiern) ſind aufgefundene Eier eines Rieſenvogel auf Madagaskar (Aepyornis ma- — 241 — ximus), der erſt vor wenigen Jahrhunderten ausgeſtorben iſt und der nach Marco Polos Bericht die Geſtalt eines rieſenhaften Adlers gehabt hat; er hätte alſo unſeren Malern zum Urbild des ſagenhaften Vogel Rock aus tauſend und eine Nacht oder des Vogel Greif dienen können. Wir ſehen hieraus, daß nicht die Maſſigkeit der Formen und die Fülle der Kraft vor dem Untergange im Kampfe ums Daſein ſchützt. Unter den heutigen Vögeln ſind es gerade die relativ kleinſten, welche man als die höchſt organiſierten und ſomit die Vögel der Zukunft anſieht, nämlich die Neſthocker. Die Grenzen eines im engen Rahmen gehaltenen Vortrages geſtatten natürlich nur ein flüchtiges Eingehen auf viele reichhaltige Theorieen. Doch hoffe ich ein, wenn auch nur ſkizzenhaftes Bild von dem Walten der Natur gegeben zu haben, wie ſie, im ewigen Wechſel Formen vernichtend und neue erſchaffend, nie Sprünge macht, ſondern in fortlaufender Stufenfolge zu immer größerer Vollkommenheit ſtrebt Ornithologiſche Exkurſionen im Frühling 1886.) | Von Clausthal nach Kiel. Von Paul Leverkühn. I. Motto: Laßt mich nur in meinem Sattel gelten! Bleibt in euren Hütten, euren Zelten! Und ſo reit' ich froh in alle Ferne, Ueber meiner Mütze nur die Sterne. Goethe, Weſt⸗öſtlicher Divan. Am 26. März verließ ich Clausthal, woſelbſt ſich meine Erwartungen hin— ſichtlich Beobachtung einiger ſeltener Vögel nur zum kleinſten Theile erfüllt hatten. Als ich ungefähr ein Jahr früher den Oberharz aufſuchte, hoffte ich Tannenhäher, Auerhahn, Waldſchnepfe, Kreuzſchnabel und Zeiſig, womöglich gar den Uhu brü— tend beobachten zu können; allein, wenn auch die genannten Vögel bis auf den letzten bruthaft am Harze ſind, ſo iſt doch das Auffinden ihrer Neſter ungemein ſchwierig. Tannenhäher (N. caryocatactes Linn.) wurden im April und Oktober beobachtet und geſchoſſen — in der Zeit aber wo die Berge und Thäler mit Schnee mehrere Fuß hoch bedeckt ſind, und wo es faſt unmöglich iſt, im Wipfel einer Tanne einen Horſt zu erkennen, entdeckte mein Auge keinen dieſer zur Brut⸗ zeit ſo verſteckt lebenden Vögel. Den Auerhahn durfte ich wenigſtens balzen ſehen ) Die geringen Reſultate der diesjährigen Exkurſionen beabſichtigte ich, in kurzen Notizen im Jahresbericht des Ausſchuſſes für Beobachtungsſtationen der Vögel Deutſchlands pro 1886 zum Abdruck zu bringen. Doch forderte mich Herr Profeſſor Dr. Liebe auf, dieſelben auch für die Monatsſchrift in beſonderer Weiſe zu bearbeiten. Lev. — 242 — und hören — ein Neſt mit acht Eiern wurde Ende Mai am Fuße des Brockens gefunden, als ich gerade auf einer Exkurſion in die Ebene begriffen war. Später⸗ hin entſchlüpften dieſem Gelege Junge. — Die Waldſchnepfe (Sc. rusticula *) L.) brütet gewiß in den bruchigen Wäldern und haidebewachſenen Torfmooren des Brockens. Der Zug beginnt ſehr ſpät dort; ſo wurden 1885 am 25. April die erſten beiden Langſchnäbel auf Torfhaus — gefehlt, während beiſpielsweiſe im Grauhöfer Holz nahe bei Goslar bereits Anfang März einige geſchoſſen waren. Es iſt wahrſcheinlich, daß für Torfhaus gar kein „Zug“ vorliegt, ſondern daß die Schnepfen ſich dort um die genannte Zeit zum Brüten anſchicken. Das Neſt in jener urwaldartigen Gegend zu finden, hält ſehr ſchwer. Das „Bruch“, von Wild— ſchweinen bevölkert, wird von den Forſtleuten ſelbſt höchſt ſelten aufgeſucht, und die Torfgegend am Brocken, fortlaufend „ſchwimmendes Land“, kann überhaupt nicht betreten werden. Selbſt der Aufenthalt in der Bruchgegend, wo ich einen ganzen Tag nahe der Achtermannshöhe mein Glück verſuchte, iſt unter Umſtänden gefährlich, zumal die Wege höchſt unzuverläſſiger Natur ſind. Dafür bieten ſich dem einſamen Naturfreunde oft Ausblicke und Fernſichten, die noch in keinem Bädecker verzeichnet ſtehen! — Kreuzſchnäbel (L. curvirostra L.) habe ich häufiger geſehen, aber ihre Brutſtätte nicht gefunden. Ein Forſtaufſeher erzählte mir einen Fall, wo er am Bruchberge im Dezember 1883 mehrere Neſter gefunden. — Mit dem Zeiſig ging es mir ähnlich ſchlecht, und der Uhu (B. maximus Sibb.) brütet, ſoweit ich in Erfahrung gebracht, gar nicht mehr auf dem Oberharze.**) Ein Horſt ſoll vor mehreren Jahren bei Lautenthal zerſtört ſein. Einer Zeitungs⸗ notiz zufolge iſt im April 1884 bei Neinſtedt im Harz ein Horſt mit 3 Jungen gefunden — doch habe ich nichts näheres darüber vernommen. Was die Claus⸗ thaler und Zellerfelder Förſter unter „Uhus“ verſtanden, waren gewöhnlich Waldkäuze. Nachdem ich am 20. und 23. März herrliche Kranichzüge über Clausthal hatte ziehen ſehen, entſchloß ich mich, ebenfalls die Berge zu verlaſſen, und meine ornithologiſchen Freunde in der Ebene aufzuſuchen, um mit ihnen in Feld und Wald umherzuſtreifen. Die erſte kleine Tour fand am 6. April von Hannover aus ſtatt nach den ſumpfigen Haideſtrecken in der Umgegend von Seelze, einem kleinen Orte unweit meiner Vaterſtadt. Hier wurde am 26. März 1885 eine brütende Wildgans (A. einereus (Briss.) Meyer) auf ſechs Eiern gefunden, unter denen ein Doppelei ſich befand. Am Rande eines kleinen Föhren⸗Kampes war um *) Heißt es rusticola (wie agricola) oder rusticula (Diminutiv⸗Form von rusticus)? Wenn erſteres richtig, müßte es dann nicht genauer ruricola heißen? Lev. **) Herr Oberförſter Stolze in Altenbrak konſtatierte im Jahre 1883 das Vorkommen eines Uhus im Bodethal. Vgl. Journal für Ornithol. 1885 S. 252. Lev. — 243 — jene Zeit ein Kolkrabenhorſt (C. corax Linn.), den ich nicht ſtörte. Ich hoffte, daß die zwei Jungen großgekommen wären, und daß das Paar den Horſt wieder bezogen hätte. Aber dem war nicht ſo. Die Raben mußten es übel genommen haben, daß ich einige Minuten ihre Kinder betrachtet hatte, denn keine Spur von ihnen war dieſes Jahr zu finden. Ein rother Milan (Milvus regalis Cuv.) hatte Beſitz vom Horſt ergriffen.“) Einige Meilen weiter, bei Kloſter Marienſee, nicht weit von Neuſtadt am Rübenberge, iſt ſpäterhin von einem meiner Freunde ein Kolkrabenhorſt mit Jungen gefunden: ſicherlich von demſelben Paare bewohnt, welches ich im Vorjahr beobachtete. Auf dieſer Exkurſion ſah ich den erſten weißen Storch (Ciconia alba (Briss.) Bechst.) in dieſem Jahr, der etwas ſchwer⸗ fällig über das Moor flog. Am 10. April ſuchte ich die Reiherkolonie (A. einerea L.) und Faſanerie bei dem Gute Reden unweit Rethen auf. Seit dem Ende der 70er Jahre bin ich oft dort geweſen und habe das Treiben der Reiher beobachtet, welche leider von Jahr zu Jahr an Zahl abnehmen. Heuer fand ich nur 16 beſetzte Horſte, von denen die Weibchen abflogen; alſo hatten ſie ſchon gelegt. Glücklicherweiſe ſind die Horſte auf den Enden dünner Aeſte in ſo gewaltig hohen Eichen angelegt, daß das Ausnehmen der Eier und Jungen faſt eine Unmöglichkeit iſt. (Dennoch hat vor etlichen Jahren ein nicht mehr jugendlicher Kletterer eines Eierſammlers aus Hannover hier das Wageſtück vollbracht und — zwei Eier im Werthe von 6 Groſchen mit Lebensgefahr erbeutet!) In früheren Jahren war, wie dieſes häufig der Fall iſt, die Reiherkolonie mit einer Saatkrähenkolonie (C. frugilegus Linn.) vereinigt. Allein die letzteren ſind durch fortwährendes Schießen und Ausſtöckeln der Neſter derartig vertrieben, daß ſich keine mehr in dem früheren „Krähenholz“ ſehen läßt. Natürlich ſind die Reiher durch die lebhaften Scenen, welche ſich in ihrem Brutgebiet abſpielten, außerdem aber durch das Abſchießen ſehr ſcheu geworden und haben zum Theil wohl andere Jagdgründe aufgeſucht. So fand ich am 14. April 1884 im Kirchröder Thiergarten bei Hannover eine ganz neue Kolonie, aus etwa 8 — 10 Horſten beſtehend, welche verhältnißmäßig recht niedrig, 30 bis 40° hoch, angelegt waren. Gleich am Tage meiner Entdeckung fand ich einen todten weiblichen Reiher im Neſt liegen und im Dickicht eine Schießhütte — alſo blühte hier den vertriebenen Fiſchern auch kein Glück! (Beiläufig be⸗ merke ich, daß ein Horſt ſechs Eier enthielt.) Später fand ich zu meiner Freude rei () mit Jungen beſetzte Neſter — dennoch kam 1885 kein Reiher zum Thier: rten wieder! Ich bin überzeugt, daß dieſe „Kolonie“ von der Redener Mutter⸗ Yonie ausgegangen war, da die letztere die einzige weit und breit bei Hannover FFF \ *) Während des Druckes dieſer Arbeit erfuhr ich, daß der Milan einem Buſſard hat weichen 1 welch' letzterer in dem Rabenhorſt gebrütet hat. Lev. \ \ \ \ | — 244 — iſt. Vor über 50 Jahren ſollen viele 100 Fiſchreiher daſelbſt gehorſtet haben. Tempi passati! Die Faſanerie dagegen, auf das ſorgfältigſte von Seiner Excellenz dem a Oberjägermeiſter von Reden gepflegt, gedeiht vortrefflich. Jährlich werden eine bedeutende Anzahl junger Tannen zugepflanzt, ſo daß das Faſanengebiet von Jahr zu Jahr zunimmt. Zuweilen verfliegen ſich einzelne Faſanen, auch gelte Hennen. So fand mein Freund Guſtav Hirſch etwa 5 Stunden von Hannover, aber in faſt entgegengeſetzter Richtung von Reden, ein Faſanenſpulei, das nur Weißes enthielt. Herr Oberſtabsarzt Dr. Kutter in Caſſel war ſo freundlich, dieſes wunderbare Ei, welches wir für das eines Rebhuhns angeſprochen hatten, zu identificieren. Auch hier kann die betreffende Faſanenhenne nur aus der Redener Faſanerie geflüchtet ſein, da in weiter Umgebung keine andere Faſanenzucht beſteht. Herr Oberjäger⸗ meiſter von Reden hat mir gütigſt in Ausſicht geſtellt, ſeine während eines Zeit⸗ raumes von mehr als einem halben Jahrhundert gemachten ornithologiſchen Be⸗ obachtungen aufzuzeichnen und zu übergeben, wofür ich ſchon im Voraus ganz be⸗ ſonders dankbar bin, zumal Herr von Reden in den verſchiedenſten Gegenden Deutſchlands gejagt und ſtets auf das Aufmerkſamſte die Natur beobachtet hat. Nur kurze Zeit verweilte ich in Bückeburg, um die prachtvoll eingerichteten Geflügelhöfe und Faſanerien Seiner Durchlaucht des Prinzen Hermann zu Schaumburg⸗Lippe — unſeres Vereinsmitgliedes — einmal wieder in Augenſchein zu nehmen. Ueber dieſe Anlagen hoffe ich ſpäter einmal ausführlich den ver- ehrten Leſern der Monatsſchrift berichten zu dürfen. Ein Elſterneſt in Reden in einer ſehr geringen Höhe enthielt am 10. April noch keine Eier, dagegen fand ich drei Tage ſpäter in meiner „Elſtern-Kolonie“, von der ich in den „Neſttragödien“ berichtet, einige beſetzte Horſte. Ein Neſt ent⸗ hielt 4, eines 2 und eines 1 Ei — ſämmtliche Neſter ſaßen ſehr niedrig, aber ob dieſe Elſter die kurzſchwänzige des Herrn Vicar Clemens Meiſtermann in Kloppen⸗ burg*) geweſen, kann ich nicht entſcheiden. Seit mehreren Jahren beobachte ich die bei Hannover brütenden Elſtern und fand, daß die Höhe ihres Neſtes variiert — denn dieſelben Elſtern brüten unzweifelhaft auf jener Leineinſel ſeit Jahren. Am 18. April beſuchte ich Herrn Lieutenant Mejer in Gronau a/ Leine, Mitglied unſeres Vereins, welcher im Cab. Journ. f. Ornith. eine vortreffliche Lokalfauna publiciert hat und ein lebhaftes Intereſſe für die Vogelwelt hegt Leider war der genannte Herr durch Unwohlſein außer Stande, längere Erkurfionn zu unternehmen, und ſo beſchränkten wir uns auf die nähere Umgegend des lio— *) Vgl. Cab. Journ. f. Ornithol. 1886 S. 118. Oe. r — — —ů — . — — — 245 — lichen Gronau. Die dort häufigen Rabenkrähen (C. corone L.) ſaßen ſchon auf ihren vollen Gelegen, die wir von 3—6 Stück ſtark fanden. Auf einer Kopfweide hatte eine Wildente (Anas boschas L.) voriges Jahr ihre Jungen erbrütet. Auch dieſes Jahr hatten ſie denſelben Baum bezogen, viele hundert Schritt vom Waſſer entfernt. Einige Tage vorher waren 6 Eier im Neſt geweſen: leider aber in— zwiſchen einem menſchlichen Raubthier in die Hände gefallen, welcher ein Ei hatte liegen laſſen, gewiß „damit die Ente nachlegte“. Dieſes Ei hatten die Krähen ſofort angepickt. Nachdem ich mich von meinem freundlichen Wirthe verabſchiedet hatte, reiſte ich nach Braunſchweig, einer gütigen Einladung des Herrn Oberamtmann Nehrkorn in Riddagshauſen folgend. Die überaus reiche Eierſammlung !), welche ſchon häufig in der Litteratur rühmend erwähnt iſt, zählt jetzt über 3000 Species, jede in 6—12 Exemplaren vertreten. Gelege können nicht geſammelt werden, dagegen wird auf möglichſt abweichende Formen und Farben derſelben Art Gewicht gelegt. Am 22. April rief der Kuckuk zum erſten Male dort; eine Krähe (C. corone) ſtrich von ihrem Horſt und ein Paar Schwanzmeiſen waren mit ihrem luftigen Neſt an einem dicken Pappelzweige im Riddagshäuſer Park beſchäftigt. — Am folgenden Tage ſollte die erſte größere ornithologiſche Exkurſion gemacht werden. Wir fuhren zu dem ſog. Campſtieg, einem großen Eichen- und Buchenwalde, in welchem der Schreiadler (Aquila naevia (Briss.) Wolf) in früheren Jahren häu— figer brütend angetroffen worden iſt. Ihn zu ſehen hatten wir nicht das Glück; dafür trafen wir eine große Menge Buſſarde und Gabelweihen (M. regalis Cuv.), welche beide ihre vollzähligen Gelege bebrüteten. Ein Hühnerhabicht, der auf einer mächtigen Buche ſeinen Horſt hatte, ließ ſich durch Anſchlagen an den Baum nicht zum Abſtieben bewegen. Da es geregnet hatte und der zum Theil moosbewachſene Stamm glitſchig war, verſuchte ich nicht, ihn zu erklettern. Sehr dicht bei einem Horſtbaume des Mauſers war ein alter Milan-Horſt, von dem kein Vogel abſtrich. Erſt als der Kletterer dem Neſt ſehr nahe war, verließ dasselbe ein Waldkauz (S. aluco (Savi) L.), welcher dort auf einem Ei geſeſſen hatte. Wir fanden ein Paar Wien: ſchen damit beſchäftigt, dieſen Baum zu erſteigen, welche uns aber Platz machen mußten. So wäre dies Ei ohnehin verloren geweſen! — Am Nachmittage unter— nahmen wir eine kleine Bootfahrt auf dem größten der weithin bekannten Riddags— häuſer Teiche, dem ſog. Schapenbruch-Teich. Hier brüten eine riefige Menge läßhühner (Fulica atra. L.), von denen wir zwei Neſter mit 13* ) und 9 Eiern *) Es iſt dieſes die größte, dermalen bekannte bologiſche Sammlung der Welt. Die . Inſtitution in Waſhington beſitzt nur 2500 Species. Lev. **) Richtiger 12 Eier, denn nachdem das Weibchen das dreizehnte Ei gelegt hatte, war leſeres vom Männchen [gewiß aus Aberglauben] aus dem Neſt geworfen; es lag unmittelbar nein demſelben im Waſſer. Lev. \ \ er fanden. Die durchſchnittliche Größe von 110 Eiern dieſes Vogels ift 50,8: 34,9 mm.; das abſolut größte Ei weiſt die Maaße auf 57, 1: 39,0 mm, die kleinſten Eier die von 49,0: 35,2 und von 51,3: 32,0 mm. Ein“) Rohrweih (C. aeruginosus, (Lacép) L.) ſchwebte über einer größeren Rohrparthie; die Taucherarten (Podiceps eristatus (Linn.), rubricollis (Gm.) und minor (Gm.)) zeigten ſich in nicht unbeträcht⸗ licher Anzahl, und Enten verſchiedener Species wurden beobachtet. Da zogen ſechs Pfeifenten (Anas penelope Linn.) behenden Fluges durch die Luft, ihren nördlichen Brutſtätten zuſtrebend. Viele Moorenten (F. nyroca (Steph.) Güldenst.), Stockenten und einzelne Knäckenten (A. querquedula Linn.) trieben ſich auf den Teichen umher, ohne große Scheu zu zeigen. Fünf Tage ſpäter fanden wir, eine große Menge Bläſſen⸗ Neſter mit 1—13 Eiern, auch 2 Schwimmneſter des Rothhalstauchers (P. rubricollis) mit 3 und 4 Eiern. Dagegen hatte der große Haubentaucher (P. eristatus) noch nicht gelegt. Das Suchen der Bläſſen- und Tauchernefter iſt vom Kahne aus un: möglich; ich machte es (wie dort ſchon mancher vor mir gethan!) daher einfach ſo, daß ich in das nicht allzutiefe Waſſer ſtieg und alle Pulten abſuchte, die Röhrichte durchſtöberte und mich an tiefen Stellen vom Boot ins Schlepptau nehmen ließ. — Am 26. April fand eine neue größere Tour nach dem Elm ſtatt. Wir fuhren nach Schöppenſtedt mit der Bahn und durchquerten das kleine Gebirge bis nach Königslutter hin, von wo uns Abends die Bahn wieder heimführte. Außer einigen Krähen⸗ und Buſſardhorſten, ſowie einer Unzahl Singdroſſelneſtern, welche die jüngeren Theilnehmer der Exkurſion entdeckten, wurde durch Zufall ein ſeltener Fund gemacht. Herr Oberamtmann Nehrkorn hatte außer ſeinen Söhnen mehrere Gymnaſiaſten zur Theilnahme an der Tour aufgefordert, ſo daß wir in Summa elf Mann waren. In einer langen Linie zogen wir langſam über eine kleine, mit jungen Buchen bewachſene Anhöhe, als dicht bei mir der Ruf erſchallte: ein Reb⸗ huhnneſt! Ich ſtürzte hin: es war ein Neſt der Waldſchnepfe (Sc. rusticula), welche unmittelbar vor den Füßen des Finders abgeſtrichen war. Die 4 Eier lagen in der bekannten Anordnung, die Südpole zu einander gekehrt, in einem einfachen Neſt aus altem Buchenlaub und Gräſern, von dem höchſtens die Hälfte vom Vogel herbeigetragen war. Das „Neſt“ befand ſich unweit einer jungen Buche; im übrigen durch nichts Auffallendes in der Umgegend ausgezeichnet. Zum Theil beſtand es aus der natürlichen Bedeckung des Bodens, und war ein wenig zu einer Mulde geformt. Die Eier hatten die typiſche Farbe, wie ſie in der erſten Ab⸗ bildung unter den 4 Schnepfeneiern in Bädeker's Eierwerk dargeſtellt iſt. Die Maaße der Eier waren folgende: 41,2: 32,4 mm 41,1: 33,0 mm 43,6: 33,0 41,0: 32,7 „ 756 *) Es iſt wohl richtiger der Weih als die Weihe zu ſchreiben! Vergl. Schillers: Im de: biet der Lüfte, König iſt der Weih. Le. — 247 — Sie waren ein klein wenig bebrütet. Daß dieſer Hauptfund im Triumph heim⸗ gebracht wurde, nimmt wohl kaum Wunder, zumal die Schnepfe gewiß nicht ihre durch den Beſuch von elf Menſchenkindern entweihte Brutſtätte wieder bezogen hätte. (Vgl. Naumann, Nat. d. Vög. Deutſch., Band VIII S. 393). Schon früher iſt im Riddagshäuſer Gebiet von einer Frau beim Kibitzeierſuchen ein Waldſchnepfen⸗ neſt gefunden, wie auch Herr Cuſtos Braunſtein einſt dicht bei Hannover (genauer bei Misburg) zu einem ſolchen geführt wurde. In Braunſchweig führte mich Herr Prof. Dr. W. Blaſius, in dem ſehr ſchönen zoologiſchen Muſeum umher, deſſen ornithologiſche Abtheilung ja in weiteſten Kreiſen bekannt iſt. Hier ſah ich die herrlichen Edelfalken, an welchen vor nicht langer Zeit Dreſſer aus London und Hart Merriam aus den U. S. ſtudiert haben. Herr Dr. R. Blaſius ließ mich einen Einblick in die großartige Organiſation der Beobachtungsſtationen werfen, an welchen als Mitarbeiter auch viele unſerer Vereinsmitglieder betheiligt ſind. Voller Dank für die großen Freundlichkeiteu, welche mir in Braunſchweig und Riddags— hauſen erwieſen waren, nahm ich Abſchied, um die Erinnerung an höchſt inter: eſſant verlebte Tage reicher. Auf der Rückreiſe ſprach ich im Hämelerwalde vor, den ich von Han— nover aus früher häufiger aufgeſucht hatte. Zu unſerer Verwunderung (ich hatte mich dort mit meinem Freunde Kühne aus Anclam getroffen) ſtrichen wenig Buſſarde und Milane von den Horſten ab, trotzdem wir mit den Gläſern einige Dunenfedern, das ſicherſte Zeichen für einen beſetzten Horſt, hängen ſahen. Das Räthſel löſte ſich jchnel: am Tage vorher war ein Sammler dageweſen, deſſen Spuren noch viel deutlicher die mit Spechtlöchern verſehenen Bäume trugen. Sie waren meiſtens aufgemeißelt. Ein Milanhorſt enthielt zwei Zwergeier, die mir gewünſchtes Material zu einer ſpäteren Arbeit über dergleichen Abnormitäten boten. Sie waren von ziemlich gleicher Größe, enthielten Dotter und hatten auch eine normal feſte Schale. Allerdings würden ſie niemals für Gabelweiheneier ge— halten ſein von einem, der nicht beim „Nehmen“ zugegen geweſen wäre. Vom ſchwarzen Milan (Milvus ater (Cuv.) Gm.) entdeckten wir keine Spur, obwohl er wahrſcheinlich in dem großen Walde brütet. Herr Oberamtmann Nehrkorn fand ihn im Campſtieg ebenfalls horſtend. Mein Freund Kühne beobachtete ihn im Hämelerwalde vor einigen Jahren zur Herbſtzeit. Kleinere Mittheilungen. Einige kleinere Mittheilungen. Im vorigen Herbſte waren auch in der Umgegend von Perleberg die Tannenhäher ſtark vertreten, ſo daß ich im Ganzen 8 Stück für die Sammlung bekam. Ich erhielt ſie theils aus der Priegnitz, theils — 248 — von Seehauſen Altmark, einen von Eckartsberga in Thüringen und einige aus Litthauen. Der Stadtförſter in Seehauſen behauptet, die Vögel ſchon oft geſehen zu haben, ſogar in jedem Herbſte, was aber wohl Irrthum ſein dürfte. Die meiſten erhaltenen Stücke waren im Dohnenſtiege gefangen. Von anderen Seltenheiten habe ich bekommen einen weiblichen ſchwarzen Storch, Ciconia nigra, erlegt bei Lenzen a. d. Elbe, — Ardetta minuta (Zwerg⸗ reiher), welche auf den Elbteichen niſtete, — Numenins arquatus (Brachvogel), im vorigen Sommer in der Nähe des Gutes Birkholz niſtend, in dieſem Frühjahre bei Hochwaſſer erbeutet, — Anser segetum (Saatgans), ein ſchönes Weibchen, bei Karſtädt geſchoſſen und Colymbus areticus (Polartaucher), bei e 1 im November auf der Elbe geſchoſſen. Der harte Winter hat auch hier manche Opfer gefordert, und wurden mir eine Menge Vögel verhungert eingeliefert, welche meiſt dem Wandertriebe folgend noch zu früh hier angekommen waren. Am 25. Januar wurde ein Staar todt aufgefunden, der Tags vorher bei leichtem Froſte im Sonnenſchein fröhlich ſang, im Magen war nichts von Speiſe vorhanden. Am 8. März bei nur 40 Kälte fand ich einen Zaunkönig ermattet, Befund wie vorher, — ebenſo am 10. März ein & von Fringilla caelebs (Edel- fink) bei 7%. — Bei ſtarkem Schneetreiben kamen 2 Athene noctua (Steinkäuzchen) um, desgleichen eine Otus vulg. (Ohreule), ein Cerchneis tinnuuculus (Thurmfalk) und ſogar ein junges ? von Ardea einerea (Grauer Reiher), letztere beiden am 15. März während des letzten derben Schneefalles. Der Falke wurde in einem Hofe mit der Hand ergriffen, war aber ſchon zu ſchwach, um Nahrung anzunehmen; den Reiher fand man am Rande eines zugefrornen Sumpfes ſteif gefroren. Er hatte nur wenig Flüſſigkeit im Magen und in den Eingeweiden. Außerdem bekam ich noch 4 Saatkrähen zu derſelben Zeit, welche in Gärten innerhalb der Stadt gefunden waren, wohin ſie ſonſt niemals kommen. Perleberg. Dr. F. Rudow. Nachahmung der Wachtelrufe von einer Singdroſſel. Im Hardtwald in unmittelbarer Nähe der Stadt hatte ich Gelegenheit eine Singdroſſel (Turdus musicus) zu hören, die in gewiſſen größern Zwiſchenräumen ein- oder zweimal, nie häufiger wiederholt, ganz deutlich den Wachtelruf nachahmte. Derſelbe war höchſtens inſofern in's Droſſelartige überſetzt, als er nicht ſo hohl klang wie bei Coturnix dactylisonans. Bei ihrem jetzigen Standort kann die Singdroſſel unmöglich dieſe Strophe aufgenommen haben; es muß dies auf dem Zuge oder im Neſte, falls dasſelbe in einer andern Gegend ſtand, geſchehen ſein. Ich erinnere mich nicht bei den Biologen über dieſes beſondere Nachahmungstalent von T. musicus ſchon Etwas geleſen zu haben, auch habe ich ſelbſt zum erſten Mal einen derartigen Fall beobachtet. 6 W. Ludwig jun. — 249 — Erlebniß einer jungen Schwalbe. Am 4. Auguſt hörte ich in dem Ofen eines in der erſten Etage belegenen Zimmers ein Geräuſch, ähnlich dem Krabbeln einer Maus; nachdem die Ofenthür geöffnet worden, kam nach einiger Zeit eine noch nicht ausgefärbte junge Schwalbe zum Vorſchein, die die weite Reiſe durch den ſehr hohen Schornſtein und die verſchiedenen Züge des Ofens ganz munter überſtanden hatte, glücklicher Weiſe war Ofen und Eſſe ſeit langem nicht in Be⸗ nutzung. Ein eigenthümliches Unglück bei der Inſectenjagd! H. Achenwall. Ein zudringlicher Zeiſig. Meine Vogelſtube enthält nach der Oſtſeite ein Fenſter, deſſen einer Flügel durch ein von außen vorgeſtelltes ſtarkes Drahtgitter geſchloſſen iſt. Im Frühlinge befanden ſich auf der Stube neben verſchiedenen In— ſaſſen auch zwei Zeiſigpärchen. Da bemerkte ich am 3. Mai früh am Morgen außen am Gitter ein fremdes Zeiſigmännchen, welches ſich alle mögliche Mühe gab, um zu den Gefangenen zu gelangen. Fortwährend ſtieg es an den Sproſſen auf und ab, vertrieb, Flügel und Schwanz ausbreitend, mit heißerem „Rätſch“ alle innen zufällig an das Fenſter fliegenden Bewohner, ſelbſt Gimpel, Kanarien und Bergfinken. Nur wenn einmal ein Zeiſigweibchen am Gitter fußte, dann ſprach der kleine Wildling „die zärtlichſte Sprache“ und begann ſogar dasſelbe zu füttern. Da ich aber an zwei Männchen auf dem Zimmer genug hatte, auch glaubte, der Fremdling habe gewiß ſchon im nahen Walde eine brütende Gattin und ſei nur gekommen, um gelegentlich mit dem eingebauerten Weibchen zu liebeln, ſo beobachtete ich ihn nicht weiter. Gegen Mittag ſah ich ihn noch am Gitter umherfliegen, dann war er verſchwunden. Aber wie erſtaunte ich, als ich gegen 3 Uhr meine Vogel— ſtube betrat und nun, ſtatt zwei Zeiſigmännchen, ihrer drei darin ihr Weſen trieben, von denen der neue Eindringling ſich durch Kühnheit beſonders hervorthat. Der Vogel hatte eine etwa fingerbreite horizontale Spalte zwiſchen Gitter und Fenſter⸗ rahmen aufgefunden und ſich hindurchgezwäugt. Von innen konnte er nicht wieder heraus kommen, weil der Holzrahmen des Drahtgitters ſo glatt iſt, daß ſich kein Vogel mit den Füßen daran halten kann. Auf eine leichtere und bequemere Weiſe werde ich ſobald nicht wieder in den Beſitz eines Zeiſigs gelangen. H. Schacht. In Bezug auf Ihre Notiz im Juliheft unſ. Monatsſchrift erlaube ich mir die ergebenſte Bemerkung, daß in den ausgedehnten Kieferwaldungen um Nürnberg der Kuckuck in dieſem Jahr durchaus nicht ſeltener war, als in früheren. Ich hörte ihn im Juni während der Rehbockbürſche mindeſtens ebenſo häufig als ſonſt. Georg Barthell. Litterariſches. Wir machen auf den Kalender für Vogelliebhaber von Friedr. Arnold aufmerkſam, der in dieſer Zeit für das Jahr 1887 erſcheint. Wie voriges Jahr (ſ. unſere Monatsſchrift 1885, S. 271) werden wir auch dieſes Jahr den trefflichen Kalender in einer der nächſten Nummern ausführlicher beſprechen. K. Th. Liebe. — 250 — Als Geſchenke ſind eingezogen: | W. Blaſius, Beiträge zur Kenntniß der Vogelwelt von Celebes, I und II, von dem Herrn Verfaſſer. | VIII. Jahresbericht (1883) des Ausſchuſſes für Beobachtungsſtationen der Vögel Deutſchlands. W. Böcker, der Kanarienvogel von Herrn A. Schröter. Berichtigung. In meiner letzten Mittheilung Seite 181 dieſes Jahrganges Zeile 4 v. u. muß es heißen: Herr Alexander von Homeyer. Es wird um Korrektur dieſes Verſehens gebeten. Baurath Pietſch. Anzeigen. Der „Illuſtrirte Kalender für Vogelliebhaber und Geflügelzüchter“ 1887 III. Jahrgang. Herausgegeben von Friedrich Arnold. Mit ca. 50 Illuſtrationen. Preis 1 Mark. Erſcheint Anfang September 1886. Ich erlaube mir, anf die Beſprechung deſſelben im Jahrgang 1885 diefer Zeitſchrift Seite 271 hinzuweiſen. Die Auflage dieſes ſo außerordentlich beliebten, hocheleganten Jahrbuches wurde 1885 und 1886 vergriffen, ſo daß ich mich in beiden Jahren zu einem Nachdrucke veranlaßt ſah. Indeß iſt dieſes Verfahren ein ſo koſtſpieliges, daß ich mich nun nicht mehr hierzu entſchließen kann. Ich bitte daher dringend alle Beſtellungen baldmöglichſt an mich gelangen zu laſſen und hoffe, recht viele der verehrten Mitglieder des „Deutſchen Vereines zum Schutze der Vogelwelt“ als Ab- nehmer dieſes jeden Freund der gefiederten Welt entzückenden Kalenders zu finden. München, Bayerſtr. 4. Friedrich Arnold, Buchhändler. Diesjährige gedörrte prima Wald-⸗Ameiſeneier in ſchöner, weißer, reiner Waare empfehle / Kilo 2 , bei Poſten 1 % 50 &. (Ltr. 75 9). Querfurt, im Mai 1886. O. Toepelmann. Mit unſerm Transporte von Auſtralien empfingen wir einige Seltenheiten und geſtatten uns, Ihnen ſolche wie folgt zu offeriren: Po&s (Prosthemadera Novae Zelandiae) geſund und gut auf Futter à Paar , 60; Flötenvögel à Stück , 45; 2 Rieſenfiſcher (Langhing Jackesses) à St. 50; 1 P. Rallus macquariensis, neu! „4. 150; junge Königslori a St. , 25; Buntſittiche a P. , 40; Roſellas a P. , 30; Penanties a P. , 30; Naſen-Kakadus a St. & 25; große gelbhaub. Kakadus a St. , 20; Erzpfäffchen aus Amerika à P. % 25; Goldflügelſpechte a St. AM. 15. — Convenirend ſehen gefl. Auftrag gern entgegen. Hochachtend Alfeld in Hannover. Gebr. Reiche. Die Oraſikwaarenfabrik von C. H. Heiland in Halle a. 8. liefert eomplette Hühnerhöfe ganz aus Eiſen und Draht, Garten- u. Zimmer: Bplieren in Holz: und Eiſengeſtell in jeder Form, Drahtgeflechte und Gewebe für Geflügelzucht jeder Gattung, Wildzäune, Gartenbeet⸗ u. Parkeinfaſſungen zu ſoliden Preiſen. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle. > L aner I Bon ce Il LAS IN ; | 10/0 S Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. e a 8 Redigirt von Jahres⸗Beitrag von fün ar R Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ und erhalten dafür die Monats⸗ ö 5 a rtf unentgeltlich u. poſtfrei. Hofrath Prof Dr. Liebe, der finden koſtenfreie Aufnahme, Zahlungen werden an den Ren⸗ Dr. Rey, Dr. Frenzel, ſoweit der Raum es geſtattet. danten des Vereins Herrn Kanzliſt Rohmer in Zeitz erbeten. XI. Jahrgang. f Oetober 1886. Ur. 10. Str.⸗Inſp. Thiele. i Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark Inhalt: Vereinsangelegenheiten. Monatsverſammlung zu Dresden am 25. Sept. 1886 Programm für die Verſammlung des „D. V. z. Sch. d. Vogelwelt“ in Torgau. — Paul Lever— kühn: Ornithologiſche Excurſion im Frühling 1886 von Klausthal nach Kiel (Fortſetzung) H. Schacht: Der Zug der Vögel im Frühjahr 1886. Hans von Baſedow: Beiträge zur Baſtard— zucht. A. Richter: Ein Rundgang durch meinen Garten an einem Juni-Morgen 1886. E. Pfannen: ſchmid: Notizen aus Oſtfriesland. — Kleinere Mittheilungen: Kleine Mittheilungen vom Harze. Die Sumpfſänger in der Umgebung von Gera. Unverträglichkeit der Amſeln. Junge von Gebirgsloris. — Anzeigen. Vereinsangelegenheiten. Unſer langjähriges Mitglied, Herr Baurath Pietſch in Torgau, iſt in Anerkennung ſeiner Verdienſte um den Verein und deſſen Ziele zum außerordent— lichen Mitglied ernannt worden. Der Vorſtand. 19 „ ; Monatsverſammlung zu Dresden am 25. September 1886. An derſelben nahmen leider trotz der umfänglichſten Veröffentlichung in den Zeitungen, trotz langer Artikel in etwa 22 Zeitungen des Sachſenlandes, die der Director des zoologiſchen Gartens zu Dresden, unſer Mitglied, Herr Schöpf, er: laſſen, nur etwa 30 Perſonen theil, Beweis genug, daß die Beſtrebungen des Vereins gerade im Königreich Sachſen und zwar in der Hauptſtadt noch ein bisher wenig geklärtes Feld finden. Aus Dresden waren u. A. der genannte überaus rührige Herr Director, ſowie der als hervorragender Ornithologe bekannte Cuſtos des naturwiſſenſchaftlichen Muſeums, Herr Henke, ſowie der wegen ſeiner hohen Lebensſtellung beſonders zu erwähnende Herr Polizei-Präſident Schwauß erſchienen. Von den Vorſtandsmitgliedern waren anweſend: Herr Forſtmeiſter Jacobi von Wangelin, Herr Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe und der Unterzeichnete. Am Abend erſchien Herr Dr. Frenzel, nicht minder nahm das neuernannte außer⸗ ordentliche Mitglied, Herr Baurath Pietſch aus Torgau, regen Antheil an den Zuſammenkünften und der Sitzung. Am Vormittag wurden die auswärtigen Be⸗ ſucher vom Herrn Director Schöpf zum Theil am Bahnhofe, dann aber im Saale des bekannten, ſchön an der Elbe liegenden Helbig'ſchen Reſtaurants empfangen und bald brach man auf, um unter der ſachkundigen Führung des Herrn Henke das zoologiſche Muſeum, inſonderheit die geradezu einzigen Neſter- und Vogelſamm⸗ lungen deſſelben zu beſichtigen. Von hier fuhr die Geſellſchaft nach dem zoologiſchen Garten, woſelbſt nach eingenommenem einfachen aber guten Mittagsmahl die Be⸗ ſichtigung und Beſprechung der Thiere unter Führung des Herrn Directors Schöpf ſtattfand. Die herrliche Pflege und Haltung der Thiere, die zum Theil neuen Vogelhäuſer fanden die allgemeine ungeſchmälerte Anerkennung und Bewunderung der Anweſenden. Selbſtverſtändlich wurden nicht allein die Vögel, ſondern faſt alle Thiere des ausgedehnten Gartens von den die Natur und ihre Erzeugniſſe überhaupt liebenden und beobachtenden Vogelkundigen eingehenderer Betrachtung unterzogen. Um 8 Uhr fand dann im Außendorfer'ſchen Reſtaurant die Ver⸗ ſammlung ſtatt. Der Herr Vorſitzende von Wangelin eröffnete dieſelbe und legitimirte den Verein, indem er eine kurze Ueberſicht der Entwicklung deſſelben lieferte. Für die geehrten Leſer dieſes vorliegenden Berichtes, welche ſpäter dem Vereine zugetreten ſind, möchte eine gedrängte Recapitulation der Ueberſicht nicht unintereſſant ſein: Am 6. Januar 1875 hatten ſich einige Freunde der Vogelwelt in Halle a. S. verſammelt, um über die Bildung eines Vereins zu berathen, welcher die Förderung der Vogelkunde, ſowie Pflege und Zucht der Haus- und Zimmervögel ſich zur Auf— gabe machen ſollte. — 253 — Dieſer Verein nannte ſich Verein für Vogelkunde und Vogelſchutz zu Halle a. S. Sein erſter Vorſitzender war Regierungsrath von Schlechtendal zu Merſeburg. Bei der am 2. Juni 1875 ſtattfindenden Generalverſammlung wurden neue Statuten feſtgeſtellt und der Verein nahm ſeinem Umfange und ſeiner Thätigkeitsrichtung gemäß den Namen an: „Sächſiſch-Thüringiſcher Verein für Vogelkunde und Vogelſchutz zu Halle a. S.“ Am Schluſſe des erſten Jahres des Beſtehens zählte der Verein 230 Mitglieder! In der Generalverſammlung vom 4. Januar 1876 wurde der noch heute thätige 1. Schriftführer Thiele gewählt. Am Schluſſe dieſes Jahres hatte der Verein 461 Mitglieder. Am 1. Februar 1878 nahm er ſeiner größeren Verbreitung wegen den Namen „Deutſcher Verein zum Schutze der Vogelwelt“ an und wies 753 Mit- glieder nach. Im Jahre 1879 führte die Mitgliedliſte als Ehrenmitglied Se. Durd- laucht den Fürſten Heinrich Reuß zu Gera und 772 Mitglieder auf. Am Schluſſe des Jahres 1880 war die Mitgliederzahl bereits auf 920 gewachſen. Das Jahr 1881 brachte dem Verein einen ſchweren Verluſt, indem der Begründer deſſelben und Vorſitzende Regierungsrath von Schlechtendal am 24. Mai verſtarb. An ſeine Stelle trat der Paſtor W. Thienemann. Der Januar 1882 enthält einen Glanzpunkt in der Entwickelungsgeſchichte des Vereins, indem Se. Rail. und Königl. Hoheit der Kronprinz des Deutſchen Reichs und von Preußen gnädigſt geruht haben, die ihm angetragene Ehrenmitgliedſchaft anzunehmen. Am Ende dieſes Jahres wies die Mitgliedliſte die ſtattliche Zahl von 1059 Mitgliedern auf. Im Jahre 1883 wuchs dieſe Zahl auf 1112 an. Außerdem haben die Ehrenmitgliedſchaft noch an— genommen: ä Se. K. K. Hoheit der Kronprinz Rudolf von Oeſterreich und Se. Hoheit Herzog Ernſt von Sachſen-Coburg-Gotha. Am Schluſſe des Jahres 1884 wurde der überaus thätige und verdienſtvolle Präſi⸗ dent Thienemann dem Vereine plötzlich durch den Tod entriſſen. In der Mit- gliedliſte 1885 (December) werden 1118 Mitglieder aufgeführt, worunter 113 Be⸗ hörden und Vereine und 32 Damen. Heute zählt der Verein über 1200 Mitglieder. Mit dem Wunſche, daß die edlen Ziele des Vereins demſelben immer noch weitere Kreiſe erſchließen möchten, beendete der Herr Vorſitzende die Mittheilung und ertheilte Herrn Cand. paed. Martin Bräß aus Grimma das Wort zu dem Vortrage über „Die Organiſation des Vogels für den Flug“. Der Herr Bor: tragende ging von der Anſicht aus, daß der Vogel unter allen Thieren am meiſten von Alters her ſich die Sympathieen der Menſchen erworben habe. Eine Reihe von angenehmen und liebenswürdigen Eigenſchaften des Vogels, der herrliche Geſang, 19* — 254 — das prachtvolle Gefieder, das liebliche Familienleben, vor allem aber die freie, ſchnelle, leichte, anmuthige Bewegung des Vogels erhalten das Intereſſe des Menſchen an der Vogelwelt rege. Im Verlaufe des Vortrages ſuchte Herr Bräß an einer ſehr großen Reihe von Eigenthümlichkeiten in dem inneren Bau des Vogelkörpers ſowohl, wie in deſſen äußerer Geſtaltung Anpaſſungen an die Flug⸗ bewegung zu konſtatiren. Vogelſkelette und Skizzen an der Wandtafel lieferten dabei genügende Anſchauungsobjekte. Die ſtarre Wirbelſäule des Vogels, dem die bewegliche Lendenregion des Vierfüßlers fehlt, muß Vorder- und Hinterende des Körpers in ganz beſtimmte Richtung zu einander ſetzen. Die Ablenkung in der Horizontalen nach links und rechts kommt faſt ausſchließlich dem eigentlichen Flug: organ, dem Flügel, zu. In ununterbrochener Weiſe betheilige ſich hierbei der Hals und der Schwanz, während dieſem letzteren die Aufgabe obliegt, die Ablenkung in der Vertikalen zu vermitteln. Einfache Kreideſtriche gaben ein klares Bild von der Funktion dieſer Bewegungsorgane. In der Geſtalt des Kopfes erkannte der Herr Vortragende eine fernere Anpaſſung an den Flug. Mit ſeinem ſpitzen Geſichtsſchädel iſt der Kopf vorzüglich dazu geeignet, leicht die Luft zu durchſchneiden. Möglichſt leicht muß der Kopf ſein, um den langen Hals nicht zu beſchweren: eine Folge hiervon iſt der Mangel der Zähne, an Stelle derer der Muskelmagen die Zer⸗ kleinerung der Speiſe bewirkt. Nur am Vogelauge hat die Natur nicht geſpart. | Das Auge faſt aller Vögel ift verhältnißmäßig ſehr groß, da der Vogel beim Fluge eines möglichſt ſcharfen Geſichts bedarf. . Auch an anderen Organen des Vogelleibes hat die Natur geſpart. So hat ſie den Vögeln einen ſehr kurzen Dickdarm verliehen, der ſeinen Beſitzer beim Flug, der ſchwierigſten Bewegung, die es überhaupt giebt, nicht beſonders beſchweren darf. Selbſt in der Thatſache, daß der Vogel Eier legt, erkennen wir die Anpaſſung an den Flug. Wie viel unvortheilhafter müßte es für einen Flieger ſein, die Jungen bis zu ihrer völligen Entwickelung mit ſich herumzutragen? Die Folge des Eier⸗ legens aber iſt das offene Becken der Vögel, ein geſchloſſenes würde dem Durchtritt des Eies Schwierigkeiten in den Weg legen. Eine Ausnahme hiervon macht aller⸗ dings der Strauß mit ſeinem ſäugethierartigen Becken; aber ſo unglaublich es auch klingen mag, ſo legt doch der Strauß, ſeiner Größe angemeſſen, die kleinſten Vogel⸗ eier, die in der Lage ſind das Becken unverletzt zu paſſiren. Ein geſchloſſenes Becken aber iſt für ein Landthier, für einen ſchweren Läufer wie den Strauß eine Naturnothwendigkeit. Weitere Anpaſſungen an den Flug zeigen die eigenthümlich gebauten Rippen, das Bruſtbein mit feinem hohen Kamme, ferner die Luftſäcke ꝛc. Die Pneumaticität der Knochen erleichert das Gerichs des Vogelſkelets. Die Be⸗ deutung aller der genannten Einrichtungen unterzog der Herr Vortragende einer genauen Unterſuchung. Mit dem Wunſche ſchloß er, daß ſein Vortrag ein Scherflein — 255 — dazu beigetragen haben möge, in uns allen das Gefühl zu wecken, überall in der organiſſchen Welt Anpaſſungen an äußere Verhältniſſe und damit die Harmonie in allen Gliedern der Schöpfung zu erkennen. Reicher Beifall lohnte den Herrn Vortragenden. — Da Herr Prof. Göring am Erſcheinen verhindert war, ſo übernahm Herr Hofrath Liebe die Mittheilungen über das große Vogelbild des Vereins, welches den Sitzungsſaal zierte. Derſelbe berichtete über die (unſern Mitgliedern bekannte) Entſtehung dieſes allgemein mit Freuden begrüßten und in ſeiner Korrektheit bis jetzt durchaus unübertroffenen Bildwerks und wies nach, daß durch ausgeſtopfte Vögel der Zweck der Vogelkunde nur bedingt zu erreichen ſei, da dieſelben zu theuer ſeien, einen Maſſenmord der Vögel zur Vorausſetzung hätten und des Mottenfraßes und anderer Uebelſtände wegen zu vergänglich ſeien. Er führte aus, daß namentlich die Jugend zur genauen Kenntniß unſrer heimiſchen Vogelwelt angeleitet werden müſſe, und daß demgemäß das große Bild in erſter Linie für dieſe beſtimmt ſei. Daraus habe ſich die päda⸗ gogiſche Nothwendigkeit ergeben, nicht nur die einzelnen Vögel genau in Lebens— größe und in den ihnen eigenen ſtumpfen, wenn auch keineswegs unſchönen Fär— bungen darzuſtellen, ſondern auch dabei alles Beiwerk ſorgfältig zu vermeiden, welches die Aufmerkſamkeit des jugendlichen Beſchauers abziehen und die Reinheit der von ihm aufzunehmenden Anſchauungen trüben könnte. Daher die unausweich— liche Nothwendigkeit, bei der Herſtellung des Bildes von Hintergrund und Vorder— grund und jeder ſchmückenden Nebenausſtattung, alſo von jeder irgendwie perſpek— tiviſchen Darſtellung abzuſehen, und die Vögel ſämmtlich in einer Ebene und in ihren gewöhnlichſten Haltungen zu zeichnen. Schließlich forderte der Redner die Vereinsmitglieder auf, an ihrem Theile zur möglichſten Verbreitung des Bildes beizutragen. Auch ihm wurde allſeitig Beifall gezollt. Hiernächſt ſchloß der Vorſitzende die Verſammlung, da der letzte Punkt der Tagesordnung wegen Krankheit des Herrn Dr. Rey in Leipzig ausfallen mußte. Noch länger blieben die Mitglieder des Vereins beieinander in fröhlichem Meinungs— austauſch und auch in Beſprechung von Vereinsangelegenheiten, inſonderheit freuten ſich die Vorſtandsmitglieder, nach reichlicher Thätigkeit während der letzten Monate und zahlloſen Briefwechſeln auch einmal mündlich über das Wohl und Wehe des Vereins berathen zu können. Der 26. September galt einem ornithologiſchen Ausfluge nach Moritzburg, jenem hochintereſſanten Jagdrevier mit ſeinen See'n und Weihern, ſeinen Faſane— rieen und Thierparks. Die reichbelebten See'n boten der Beobachtungsobjekte, beſtehend aus mancherlei Entenarten, viel des Intereſſanten, vor Allem aber hatten die Theilnehmer an der Excurſion unter der zuverläſſigen und unvergleichlich ge— ſchickten Führung des Herrn Directors Schöpf, an den ornithologiſchen Mittheilungen — 256 — des auf allen bezüglichen Gebieten unzweifelhaft ſicheren und bewanderten Herrn Henke ſo viel Freude, daß dieſer Tag den Theilnehmern unvergeßlich bleiben wird. Er bot den Vorſtandsmitgliedern für die mancherlei Sorgen und Mühen der Vereinsleitung eine vollkommene Entſchädigung, — da gelegentlich des Spazier— ganges mancherlei Entſchlüſſe für die Vereinszukunft reiften, deren Beſprechung und Förderung auf brieflichem Wege ſchwierig, wenn nicht unmöglich, gelegentlich einer Sitzung aber wenig anregend bleiben. Zudem erweckte das Beiſammenleben der Herren des Vorſtandes bei jedem Einzelnen neue Luſt und neue Freude an der Thätigkeit für den ſo herrlich erblühten und erſprießlich wirkenden „Deutſchen Verein zum Schutze der Vogelwelt“. Thiele. Programm für die Verſammlung des „Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt“ in Torgau. Sonnabend und Sonntag den 23. und 24. Oktober 1886. 23. Oktober. 1. Vorm. 10 Uhr: Begrüßung der Gäſte auf dem Bahnhofe. 2. Mittags ½ 2 Uhr: gemeinſchaftliches Mittageſſen im „Goldenen Anker“. Preis des Couverts M 2. 3. Abends 7½ u Uhr im „Tivoli“: Große Verſammlung. 4. Nach Beendigung der Verſammlung: Feſteſſen im „Tivoli“, bei welchem die Einführung von Gäften geſtattet iſt. Preis des Couverts / 1,50. 24. Oktober. 5. Vormittags: Ornithologiſche Excurſion nach dem „Großen Teich“. An beiden Tagen werden von Vereinsmitgliedern ſelbſtgezüchtetes Ge— flügel und Singvögel im Vereinslokale (Tivoli) ausgeſtellt werden. Bemerkung: Beſtellungen auf Couverts zum Mittag- und Feſteſſen ſind bis zum 21. Oktober an den Schriftführer Curt Jacob einzuſenden. Ornithologiſche Exkurſionen im Frühling 1886. Von Clausthal nach Kiel. Von Paul Leverkühn. (Fortſetzung.) Nach kurzer Raſt in Hannover ging am anderen Tage früh die Reiſe weiter auf der Altenbeekener Bahn nach der Station Bergheim, von wo ich in 2 Stun: den die Externſteine erreichte. Hier hatte im Vorjahr ſich ein Wanderfalk (F. peregrinus (L.) Tunst.) häuslich niedergelaſſen, und ihn zu beobachten, war — 257 — Zweck dieſer Tour. Wie mir Herr Lehrer Schacht aus Feldrom mitgetheilt hatte, war auch in dieſem Frühjahr der Falk erſchienen. Als ich mich der kleinen An— bhöhe näherte, auf welcher die impoſanten Felſen ſtehen, flog glatten Fluges der Wanderfalke rechter Hand niedrig über das Gehölz hin, ſodaß ich die Farben unter— ſcheiden konnte. Der Niſtfelſen lag etwas abſeits im Walde; es war derſelbe, wo 1.885 der Falk ſeine Jungen erbrütet hatte. Als ich mich nahe bei dem Felſen befand, erſchien wieder der Falk und rüttelte in bedeutender Höhe, verſchwand aber ſchnell darauf. Er ließ ſich, ſo lange ich da war, nicht wieder blicken. Da von einer Stelle der dem Thal zugewandten Seite des Felſens viel Geſtieper | herabgekommen zu ſein ſchien, ließ ich einige Leitern zuſammenbinden, um mich an einem Tau von oben dann an der Felswand herabzulaſſen und mich durch Schwenkungen der Felsaushöhlung, in der ich die Eier vermuthete, zu nähern und ſo die koſtbare Beute zu bekommen. Als ich oben auf dem Felſen ſtand, und ſoeben die Stricke gebracht wurden, erſchien freundlicherweiſe unten Herr Schacht, den ich von meinem Kommen benachrichtigt hatte; ich ſtellte mich in der ſonder— baren Höhe vor und erfuhr, daß ich den Horſt an der verkehrten Stelle ſuchte. Derſelbe befand ſich nämlich dieſes Jahr etwas tiefer in einer Felshöhle, die vor mehreren Jahren ein Thurmfalk bewohnt hatte. In der That ſtrich das Weib— chen, als wir unter dem wahren Horſtplatz in die Hände klatſchten, ſchnell von der bezeichneten Stelle ab. Die Leitern erwieſen ſich als zwar lang genug, allein das Neſt war doch unerreichbar. Die Felsparthie, in der es ſaß, war nämlich ſtark einwärts gezogen, ſo daß die drei Leitern, beim Neſt angelegt, jeder Stütze auf der Zwiſchenſtrecke baar, ohnfehlbar gebrochen wären. Allein einige Meter von der Höhlung entfernt war eine kleine Felsparthie nach auswärts gebogen und auf ihr konnten die Leitern angelegt werden. Ich ſtieg herauf und ſah von der höchſten Stufe rechts in einer Entfernung von 1½ m die 4 herrlich rothen Eier liegen, die als Unterlage ſehr wenig Neſtmaterial, vielleicht noch Reſte vom Thurm⸗ falkenhorſt, hatten. Ich hätte zwar mit einem Catcher die Eier „fangen“ können, immerhin unter ziemlicher Gefahr, aber Herr Schacht, dem ich für ſeine Freund— lichkeit, mir den Horſt gezeigt zu haben, ſehr verpflichtet war, reflektierte auf junge Wanderfalken, und ſo dampfte ich wieder nach Haus ohne Beute, doch mit dem befriedigenden Bewußtſein, den Wanderfalken in natura geſehen zu haben.“) 8 II. Tags darauf fuhr ich nach Kiel, woſelbſt mich gleich morgens in der Frühe die ſchönen Lachmöven (X. ridib. (Leach) L.) in ihrem prachtvollen Hochzeits⸗ ) Inzwiſchen erfuhr ich von Herrn Schacht, daß der Falke ſeine Brutſtelle verlaſſen hat, wahrſcheinlich durch einen Marder ſeiner Eier beraubt (ſo auch im Vorjahre). Lev. — 258 — kleide ſich über dem Waſſer der Kieler Bucht ſchwingend, hoch erfreuten. Nach einigen kleineren Ausflügen, z. B. nach der Feſtung Friedrichsort, deren Schanz—⸗ wälle von ſehr vielen gelben Bachſtelzen (B. flavus) belebt werden, nach dem Knooper Wald, einem hübſchen Feldholz, reich von Vögeln belebt, nach Schön⸗ kirchen auf dem jenſeitigen Ufer der Kieler Bucht — ging ich am 15. Mai von Laboe, der Endſtation für die in der Bucht fahrenden Dampfer, auf der öſtlichen Seite gelegen, am Oſtſeeſtrande aufwärts, woſelbſt eine Mövenkolonie ſein ſollte. In der ſogenannten Colberger Heide traf ich ein ſehr reiches Vogelleben an; faſt lauter Arten, die zu beobachten ich bis dahin keine Gelegenheit gehabt hatte. Die Kiebitze liefen eilig in den ſumpfigen Wieſen umher, während die Luft vom Geſchrei der Rothſchenkel (T. calidris (Bechst.) L.) und Regenpfeifer (Aeg. (Boie) cantianus (Lath.) et hiaticula (L.)) erfüllt war. Als ich mich näherte, erhob ſich die Kiebitzſchaar und, wie man ſich denken wird, nicht ohne ihre Angſt um ihre Brut in den heilloſeſten Tönen kundzugeben. Am Abend fand ich zwei Neſter des Rothbeins oder wie ihn der einſame Bewohner der Haide, der Schäfer in Heid Kath nannte, des „Tüt“ mit 3 und 4 Eiern. Auch eine T. alpina (L.) (Strandläuferart) ſah ich zum erſten Male. Am andern Morgen (ich übernachtete in der Kathe — d. h. Hütte, vgl. Köthe) ſtreifte ich ſchon vor 5 Uhr in der Wieſe umher. Ich gewahrte jetzt viele Alpenſtrandläufer, die ſehr furchtlos mich nahe herankommen ließen. Dieſer Eigenſchaft verdanken ſie wohl den hier üblichen Namen „Dumme“. Schon am Tage vorher hatte ich längs eines Deiches ein langes Kiesfeld bemerkt, auf dem viele Regenpfeifer umherliefen. Als ich dorthin meine Schritte lenkte und über eine kleine Brücke gegangen war, unter welcher ein Schwalbenpaar (H. rustica L.) ſein Neſt hatte, flog dicht vor mir ein Seeregenpfeifer auf. Was ihn ſolange beim Brutplatz hielt, weiß ich nicht! Außer dieſem Fall habe ich nie Regenpfeifer ſo nahe beim Neſt geſehen. Das ſeine fand ich jchnell: es war genau 15 Schritt von der Kiesſtelle entfernt im Raſen') oder beſſer auf der Weide — denn aller „Raſen“ dient dort Kühen und Schafen zur Nahrung —, es enthielt 2 Eier. Auf jenem Kiesfeld entdeckte ich nach langem Suchen noch zwei „Neſter“, wenn anders die Eierplätze der Regen⸗ pfeifer im Kies ſo genannt werden dürfen. Eine kleine Vertiefung im Dünen⸗ ſande enthielt 3—400 ganz kleine Steine, offenbar zum Theil vom Vogel zus *) Daß ſowohl Aeg. cantianus, wie hiaticula unter Umſtänden auf dem Marſchboden im Grünen niſten, hat ſchon Ferd. Baron Droſte-Hülshoff (Vogelleben der Nordſeeinſel Borkum S. 155) und Herr Gymnaſiallehrer Rohweder feſtgeſtellt (vgl. Homeyer, Reiſe nach Helgoland S. 71); an der letzteitierten Stelle fügt Herr v. Homeyer hinzu: „Die Neſter des Aeg. hiaticula findet man auf Rügen ſtets im Raſen, ſeltener anders“. Naumann beſtritt ſeiner Zeit ein ſolches Vorkommen lebhaft, auch auf Boie's Beobachtungen ſich ſtützend (vgl. Naum., d. V. D. Band VII S. 206 und 221). Lev. — 259 — ſammengetragen, auf denen 4 Eier des Sandregenpfeifers (Aeg. hiaticula) lagen. Die größten der Steinchen wogen 35 — 40 Centigramm. Ohne jene Unterlage von kleinen Steinen lagen die 3 Eier des Seeregenpfeifers (Aeg. cantianus) frei auf dem puren Sande. Es waren dort gewiß noch viele Neſter, aber mein Auge verſtand es noch nicht, die kleinen den Steinen ungemein ähnlichen Eier von der gleichartigen Umgebung zu unterſcheiden. Hier ſah ich auch die erſte kleine Seeſchwalbe (St. minuta (L.)), die mir ſpäterhin noch viel begegnete. Sie ſchien ſich noch nicht gepaart oder wenigſtens zum Eierlegen gerüſtet zu haben. Als ich den benachbarten Deich erſtieg, erblickte ich 4 wunderbar ſchöne Brandenten (J. cornuta (Flemming) Gm.) welche friedfertig ſich am Meeresrande zu thun mach— ten. Sie werden in der Colberger Heide nicht ſo fürſorglich mit künſtlichen Brut- ſtätten angelockt wie auf Sylt, ſondern müſſen ſich zu ihren Bruthöhlen Fuchsbaue, Kaninchenrohre ꝛc. aufſuchen. Man zeigte mir einen Bau, aus dem im Winter 1885 ein Fuchs ausgegraben war, und welcher von der Ente bewohnt ſein ſollte. Spuren entdeckte ich nicht. Dennoch grub ich zwei Röhren auf, deren eine am Ende eine Art Neſthöhle (ohne Eier) mit wenig Geniſt beherbergte. (Als ich ſpäter auch andere Röhren dieſes Baues aufgrub, fand ich nichts mehr.) Dafür ſah ich ſchon aus weiter Ferne ein großes weißes Ei aus dem duftigen Graſe mir ent— gegenleuchten, nahe bei einem kleinen Waſſergraben. Es war ein ganz friſches Brandentenei; man findet dort häufiger ſolche „verlegte“ Eier, welche die Heide— bewohner mit Vergnügen zu dem Nationalgericht, „den Klößen“, verwenden. Dieſes Exemplar war befruchtet und noch von keiner Krähe angehackt, obwohl der einzeln ſtehende Dornbuſch, welcher den einförmigen Charakter des Weidelandes etwas unterbrach, ein Neſt der Rabenkrähe barg. Dieſe hatte erſt zwei Eier gelegt, obgleich ſie ſchon lange die Gegend bewohnte, wie mir der Schäfer erzählte. Ich erwartete natürlich, Junge zu finden. Die Eier waren ſehr auffallend an Größe und Farbe verſchieden; das eine geſtreckt und grünlich-weiß, faſt farblos und ohne Flecken, das andere kugelig und dunkelſchmutziggrün. — Beim Rückmarſch zur Heidkathe flog dicht vor mir, 30 Schritt vom Hauſe entfernt, ein Alpenſtrand— läufer auf, deſſen ſehr verſtecktes Neſt ich durch dieſen Umſtand fand. Sonſt wäre es mir gewiß entgangen: eine kleine Vertiefung in einer Graspulte, in deren Grunde die 4 dem Boden ähnlich gefärbten Eier lagen. Die Halme rings um die Neſtmulde waren nach Art einiger Entenneſter ſchön zuſammengewölbt: in der That, ein reizender Anblick! Während ich mir mit dem Neſt zu thun machte, ſtand der kleine zierliche Strandläufer kaum 20 Schritt entfernt, keck (oder beſorgt?) mir zuſehend. Einen ängſtlichen Ton hörte ich nicht von ihm, wie auch ſpäter bei einer anderen Ex— kurſion, als ich ein Junges haſchte, die Mutter mich ſchweigend beobachtete. — Die Erkundigungen nach der „Möveninſel“ führten zu keinem Reſultat; denn der — 260 — fragliche See hatte zwar eine ſolche, allein dieſelbe ſollte erſt von Möven be- zogen werden und war in Hoffnung darauf ſchon mit jenem vielverſprechenden Namen belegt. Als ich zu dem See ſchlenderte, hörte ich, über eine Acker gehend, keine Kiebitze mehr ſchreien (Gott ſei Dank, dachte ich!), fand aber doch zwiſchen zwei Feldern auf einer etwas mit Raſen bewachſenen Stelle ein Neſt mit 4 Eiern, über die ich beinahe geſtolpert wäre. Im entſcheidenden Augenblicke erſt gewahrte ich fie. Ich ging weiter und hörte auch nachher keinen Kiebitz rufen. — Die be— regte Inſel war wirklich von einigen Lachmöven belebt, und ein Paar halbwilde Schwäne (C. olor (L.) Gm.) durchfurchten die Waſſerfläche. | Es waren gewiß Abkömmlinge der Neumühlener Kolonie, zu welcher ich am 19. meine Schritte lenkte. Seit vielen Jahren brüten hier in der Mündung der Swentine eine beträchtliche Anzahl von Schwänen, die man „zahm“ nicht mehr nennen darf. Denn ſie fliegen unter Umſtänden weit ins Meer hinaus und ihre Bruten ziehen ſie ſozuſagen in der Wildniß groß. Mit einem kleinen Boote fuhr ich die Swentine aufwärts und fand gar bald ein Weibchen auf ſeinem großen Neſtthrone. Es ließ ſich nicht durch meine Gegenwart ſtören, auch das wacht— habende Männchen griff mich nicht an. Anders beim folgenden Neſt! Schon auf eine größere Entfernung kam das Männchen angeſchoſſen, ſtoßweiſe ſchwimmend, ſo daß ſich an ſeiner Bruſt, wie am Bug eines Schiffes, das Waſſer ſchäumend aufkräuſelte. Der Schwan hatte die Flügel ſchön gewölbt und den Hals zwiſchen ſie weit zurückgebogen, ſo daß der Schnabel auf dem Halſe ruhte. Er umſchwamm den Kahn und ſcheute ſich nicht vor den Riemenſchlägen. Als ich auf etwa 9 Schritt ſeiner brütenden Gattin nahe war, kam er bis an den Rand der Jolle und ſchlug mit einem Flügel in dieſelbe. Die alſo beſchützte Gemahlin ſah dem Schauſpiel ruhig zu. Da ich fürchtete, durch einige Leute am Ufer geſtört zu werden, concentrierte ich mich rückwärts, noch 30 Riemenſchläge von dem erregten Schwane begleitet. Einen Ton gab er während dieſer Scene nicht von ſich. — Weiter den Fluß hinauf erneuerten ſich dieſe Auftritte mit anderen Paaren, aber bei Weitem nicht ſo heftig. Wenigſtens 8 Schwäne im Ganzen ſchienen ungepaart zu ſein. Am Abend fuhr ich mit einem Herrn, der mit zu den Beſitzern der Mühle (der größten in Deutſchland) und der Schwäne zählt, nochmals den Fluß hinauf. Diesmal kamen wir näher an die Neſter und zwar zuerſt zu demjenigen, deſſen männlicher Inhaber mich am Morgen ſo wüthend angegriffen hatte. Das Weibchen ſtand einen Moment von den 6 Eiern auf, indeß der Schwan beſtändig mit den mächtigen weißen Flügeln in unſer Boot ſchlug. Dem anderen Neſt, deſſen Schwan bei unſerer Annäherung von einer Abendexkurſion ſchnell heran⸗ geſchwommen kam, konnten wir nicht ſo nahe kommen, ſo daß uns nichts anderes übrig blieb, als mit den langen Riemen dicht neben der „Schwanin“ ins Waſſer ö | | | | — 261 — zu ſchlagen. Da erhob ſie ſich ziſchend und mit den großen Schwimmfüßen auf die 5 oder 6 Eier tretend (wir konnten uns nicht hoch genug ſtellen, um ganz in das Neſt hinein ſehen zu können). Zuweilen glitt der Fuß zwiſchen den Eiern durch, die dann auseinander rollten. Das Thier ringelte den Hals und ſchien ihn aufzublähen und die Halsfedern kräuſeln zu können. Noch während unſeres Beiſeins ſetzten ſich beide Weibchen wieder auf die Eier. Ich bin überzeugt, daß ein kräftiger Mann nicht ohne Kampf und Mühe dieſen muthigen Vögeln ihr Ge— lege entwenden könnte, zumal wenn beide Alten attaquierten. Nicht ſehr weit von Neumühlen liegt in ſehr lieblicher Umgebung das Kirch— dorf Schönkirchen, in welchem der einzige Ornithologe Kiels zur Zeit wohnt. Seit Boie's Zeiten ſcheint in Kiel und Umgebung ſonſt Niemand wieder ſich lebhaft für die Vogelwelt intereſſiert zu haben. Boie dagegen hört man hier zuweilen noch nennen. Herr Profeſſor Dr. Moebius hatte die Freundlichkeit, mich an Herrn Ingenieur Wieſe zu empfehlen. Der genannte Herr, welcher ein lebhaftes Intereſſe für die Natur beſitzt, erzählte mir, daß unlängſt ein Storch ſein Gelege von 4 Eiern aus unbekannten Gründen aus dem Neſt geworfen habe, von denen eines, auf friſch gepflügtes Ackerland gefallen, heil geblieben war. Nunmehr hatte das— ſelbe Paar wieder 4 Eier. Ein anderes Storchneſt daſelbſt wird ſeit mehreren Jahren nur von der Störchin bezogen, welche auch einzelne Eier gelegt hat. Aber dieſe ſind ſtets von fremden Störchen über Bord geworfen, wobei es an heftigen Kämpfen nicht gefehlt hat. Als Herr Wieſe und ich am 19. in dem benachbarten Buchenwald ſpatzierten, hörten wir den erſten Pirol. Nicht weit von Schönkirchen haben in einer ziemlich großen Sandkuhle eine bedeutende Anzahl Uferſchwalben (C. riparia (L.)) ihre Brutſtätten angelegt. Obwohl faſt alljährlich der über⸗ hängende Theil der Grube, in welchem vornehmlich die kunſtvollen Neſtröhren angebracht ſind, infolge der Abgrabungen in der Tiefe einſtürzt und eine Maſſe von Neſtern, Jungen, Eiern und alten Vögeln mit ſich fortreißt, graben die Schwalben unermüdlich ziemlich an derſelben Stelle jahraus jahrein ihre wunder: vollen Gänge. Während am 14. die Röhren mir zum kleinſten Theile vollendet ſchienen, waren am 19. einige ſchon mit den einfachen Neſtern verſehen, eine ent- hielt auch ſchon ein Ei, am 28. endlich hatten die Sandſchwalben ihre vollen Ge— lege, nämlich 4 Eier (5 iſt doch wohl nicht das regelmäßige !); da ich den unter: irdiſchen Brutraum des Vogels durch Autopſie kennen lernen wollte, grub ich unter großer Anſtrengung etliche Röhren auf; unter großer Anſtrengung, — da ich mich in dem lockeren Sande nicht halten konnte und die künſtlich gegrabenen Tritte ſich ſchnell verſchütteten. Mit dem Aufgraben einer Röhre beſchäftigt, fühlte ich etwas Lebendiges unter meinen Fingern: es war ein arbeitendes Weibchen, welches ich leider in ſeiner zukünftigen Wochenſtube begraben hatte! Als ſpäterhin die — 262 — meiſten Neſterchen beſetzt waren, fand ich viele, die bei regulärer Länge und durch kein Hinderniß, wie etwa einen Stein, eine harte Geſteinsſchicht u. ſ. w. an ihrer Fortſetzung und Vollendung zum Neſtraum gehemmt, „im Sande verliefen“ — in des Wortes wahreſter Bedeutung. Sollte die Uferſchwalbe auch Spiel: oder Schlaf⸗ röhren ſich herſtellen, wie etwa der Zaunkönig ſich Extraneſter geſtattet? — Zwei Neſter fand ich mit je drei Eingängen, ebenfalls eine mir unerklärliche Erſcheinung. Zum Theil waren die Neſtröhren in beſtimmten Geſtein-Schichten angelegt, jo daß drüber und drunter, in einer anderen Schicht, eine undurchbohrte Fläche ſich zeigte, zum Theil aber war dieſes nicht der Fall, und die Neſter im weichſten Sand und härteſten Geröll dicht beieinander. Das Sumpfvogelgetriebe der Colberger Heide zu beobachten, machte ich mich am 22. ſchon wieder auf den Weg, außerdem auch vom Wunſche beſeelt, das freie, offene, weite Meer zu ſehen, welches ſich erſt bei Bad Stein in ſeiner er- habenen Schönheit zeigt. — Natürlich hatte der Schäfer, bei dem ich kampiert, in⸗ zwiſchen allerlei „entdeckt“; ſo erzählte er mir, daß aus einem Kiebitzneſt drei Junge gelaufen ſeien, während ein faules Ei am Ort verblieben wäre. Dieſes Ei bebrüte der Vogel weiter und ſchreie ängſtlich, wenn man ſich dem vormaligen Neſtplatz nähere. In der That lamentierte ein Vanellus gar ſehr, als mir der Mann das Neſt zeigte und ich ſtehe nicht an, die Wahrheit dieſes Hiſtörchen zu glauben. Am Außendeich, nicht ſehr weit vom Meer, in der Hutung, fand ich zwei Neſter vom Seeregenpfeifer (Aeg. catianus), welche 2 und 3 Eier enthielten. Das letztere Gelege nahm ich mit; bei der Präparation zeigte ſich, daß nur zwei der Eier bebrütet waren. Nicht ſehr weit vom Deich iſt eine kleine ſumpfige Stelle, die man aber mit Waſſerſtiefeln getroſt durchwaten kann. Dorthin ſchienen etliche Rothſchenkel ihre Junge in Sicherheit gebracht zu haben, wie ich aus ihren hochgradig ängſtlichen Tü- oder Tjü⸗Rufen entnahm. An Stelle ihrer fand ich, durch das plötzliche Auffliegen eines kleinen Vogels aufmerkſam geworden, das Neſt eines Rohr⸗ ammer (Sch. schoenielus (Bp.) L.), welches, auf der Erde ſtehend, von wenig⸗ ſtens 1½ Fuß hohen Gräſern umwachſen und beſchirmt war. Eines der 5 Eier zeigte ein ſehr von den übrigen abweichendes Kolorit, da ſeine Grundfarbe grün⸗ lich war — bei den anderen röthlich — und da ihm größere Flecken faſt mangelten. In der Form ſtimmte es mit ihnen überein. Auch den Kiesplatz ſuchte ich wieder auf. Inzwiſchen hatten ſich die Zwergſeeſchwalben (St. minuta) zum Brüten an⸗ geſchickt, doch waren ſie ſehr ſcheu und zeigten ſich mir nur in großer Entfernung. Ich fand in dem bloßen Sande nur zwei Neſter mit einem und zwei Eiern. Von hier aus beſuchte ich eine größere, etwas landeinwärts gelegene Viehweide, etwa / Stunden von der Küſte entfernt. Mitten im Grünen ſchrie ein Sandregenpfeifer trüi, trüi oder wie Rohweder den „Geſang verdeutſcht“ t'ly a t'ly a t'ly a tly a — 263 — ty a t'ly a tly a tlya immer ſchneller werdend und ſchließlich in tüjünger tü- jünger tüjünger übergehend. Ich wunderte mich, ſo fern vom Meere ſein Neſt mit 3 Eiern zu finden, erfuhr aber ſpäter, daß auch der weil. P. Müller in Deetz büll dergleichen erlebt habe. Nicht weit von dieſer Stelle lief ein kleiner Alpen⸗ ſtrandläufer (Tr. alpina) im Graſe; ich fing ihn trotz ſeines ſchnellen Laufes. Die Mutter, welche kaum ein trior ausgeſtoßen hatte, poſtierte ſich ſofort auf der Erde, gar nicht weit von mir, und beobachtete mich von der Seite. Sie wartete ruhig das Geſchick ihres Kindes ab, ohne ſich — wie ich erwartete — im Raſen zu wälzen, oder auf andere Weiſe meine Aufmerkſamkeit abzulenken. Nach einigen Minuten ſetzte ich das Dunenjunge vor mir ins Gras. Es ſteuerte ſofort auf die Mama zu, welche, als ich das kleine Geſchöpf niederſetzte, ſich reckte, ſonſt aber ihren einmal gewählten Platz beibehielt. In der Mitte des Weges verlor das Junge den Kurs und lief ſeitwärts: da eilte die Mutter auf daſſelbe zu und trabte munter mit ihm weiter! Einige Tage ſpäter wurde an der oben beſchriebenen ſumpfigen Stelle ein Löffelentenneſt (Sp. elyp. (Boie) L.) mit 11 Eiern gefunden, in welches ein un: geſchlachtes Rind ſeine plumpen Füße geſetzt hatte, ſodaß nur 6 Eier heil blieben. Die Unglücksſtätte beſah ich ſpäter, wo ich auch die Eierreſte noch vor— fand. — Wenn ich mir nach meinen wenigen Beſuchen in der Colberger Heide ſchon ein Urtheil geſtatten darf, jo iſt das numeriſche Verhältniß der beiden Regen: pfeifer ein ziemlich gleiches. Ich habe von beiden Arten egal viel Neſter gefunden und gleich viel geſehen und gehört. Auffallend ſcharf iſt die Grenze ihres Vor— kommens in jener Gegend. Nahe bei dem Badeort Stein wird man keinen zu Geſichte bekommen; ſobald man aber einen, vor etlichen Jahren aufgeführten Deich paſſiert hat und ſeinen Blick auf das mit Gräben durchzogene, ebene Weideland, die Marſch und Heide, ſchweifen läßt, wird man bald die zierlichen Geſtalten ge— wahr werden. — Bei Berichten über inländiſche wie exotiſche Vogeleier findet man gewöhnlich außer Angabe des Gewichts der entleerten Schale die Maße angegeben. Bei Sumpf: und Schwimmvögeln kann man dieſe letzteren ohne Gefahr für die Brut in der freien Natur nehmen. Auf dieſe Weiſe können wir ein wiſſen⸗ ſchaftliches Reſultat gewinnen ohne Zerſtörung der Weſen, welche wir beobachten wollen. (Gewichtsmeſſungen des vollen Eies habe ich bisher draußen noch nicht vorgenommen wegen der Umſtändlichkeit und der Unſicherheit, etwas bebrütete Eier zu unterſuchen; doch läßt ſich vielleicht auch hierfür ein Modus finden.) In der Größe variieren die Eier von cantianus etwas weniger, als die von hiaticula; doch ſind bei beiden Arten die Differenzen nur gering. — 264 — Aeg. cantianus: Aeg. hiaticula: Durchſchnit von 18 gemeſſenen Eiern: 32,4: 23,1 mm 35,8: 25,2 mm Maximum: 34,3: 24,1 (reſp. 33: 24,2) 35,6: 25,8 (reſp. 33,2: 26,1) Minimum: 29,1: 22,1 mm 31,1: 24,0 (reſp. 34: 23,9) Totanus calidris: Tringa alpina: Durchſchnitt von 15 gemeſſenen Eiern: | 45,2: 30,7 mm 34,2 : 24,1 mm Maximum: 47,1: 30,1 (reſp. 45,1: 30,7) 36,1: 25,3 (reſp. 34,7: 25,5) Minimum: 4,13: 29,9 (reſp. 44: 29,4) 33: 24,4 (reſp. 34,2: 23). Vanellus eristatus: Durchſchnitt von 24 gemeſſenen Eiern: 64,2: 32,8 mm Maximum: 46,1: 30,2 (reſp. 46: 34,1) Minimum: 43,2: 31,2 (reſp. 48: 30, 2). (Fortſ. folgt.) Der Zug der Vögel im Frühjahr 1886. Von H. Schacht. Das letzte Ende trägt die Laſt, jagt ein altes Sprüchwort. Der letzte Theil des Winters, die drei erſten Märzwochen, war für unſere Vogelwelt eine äußerſt ſchwere und verhängnißvolle Zeit und viele gefiederte Wintergäſte, die ſich bisher redlich durchgeſchlagen, und in deren Herzen ſchon die erſten Lenz- und Liebesgefühle keimten, fielen ſchließlich der unerbittlichen Noth und dem bitteren Nahrungsmangel zum Opfer. „Der lang andauernde Winter“, — ſo ſchrieb mir mein Freund, der Präparator E. aus Detmold — „hat fürchterlich unter der Vogelwelt aufgeräumt; noch nie ſind mir ſo viele Vogelleichen gebracht worden, als in letzter Zeit; es waren: Buſſarde, Waldkäuze, Schleiereulen, Staare, Berg- und Buch— finken, alle abgezehrt bis auf Haut und Knochen.“ — Mir ſelbſt wurden Amſeln, Häher, Finken und Kohlmeiſen eingeliefert, die theils erſchöpft, theils bereits verendet auf dem Schnee gefunden wurden. Die den ganzen Winter hindurch meinen Futterplatz beſuchenden Blau- und Sumpfmeiſen waren bald nach dem Eintritt des tiefen Schnees verſchwunden und haben ſich nicht wieder eingeſtellt. Waldohreulen und Waldkäuze, die, vom Hunger gepeinigt, ins Innere der Häuſer flogen, wurden ergriffen und getödtet, und andere, die ſchon in der erſten Dämmerung vor den Fenſtern der Dörfler erſchienen, erbarmungslos niedergeſchoſſen. Rabenkrähen hatten alle Scheu abgelegt und hockten betrübt auf den Niſtſtätten umher, bis das tödtliche Blei ihrem Leben ein Ziel ſetzte. Ein Buſſard, der einigemal auf dem Hofe eines Forſtbeamten erſchien, um an einem dort liegenden „ Fuchscadaver ſeinen bellenden Magen zu beſchwichtigen, wurde bald erbarmungslos niedergedonnert. Ueberall, wohin man ſah und hörte, hielt der Tod in der Vogel— welt ſeine reiche Ernte. Daß angeſichts dieſer betrübenden Erſcheinungen tiefe Trauer das Herz jedes Vogelfreundes durchzog, brauche ich gewiß nicht zu ver— ſichern, wenn einem Jeden auch der tröſtende Gedanke blieb: Nicht nur unter unſern lieben Sängern, nein auch unter ihren gefiederten Feinden — Hähern, Rabenkrähen, Elſtern, Raubwürgern und Eulen — hat der Tod furchtbar aufge— räumt, ſo daß die enſtandenen Lücken leichter wieder ausgefüllt werden können. Trotz der grimmigen Kälte, mit welcher der erſte März auftrat und trotz des fürchterlichen Schneetreibens, welches am zweiten Tage herrſchte, erſchien bereits am dritten ein Flug von 15 Stück Feldlerchen (Al. arvensis), die lautlockend im niedrigen Fluge nach Norden zogen. Am andern Tage bemerkte ich einen Flug von gleicher Stärke, der aber nach Süden zog. Ob hier ein ſogenannter Rückzug vor ſich ging, kann ich mit Beſtimmtheit nicht behaupten, ich glaube vielmehr, daß der Flug futterſuchend über den öden Gefilden dahinirrte. Am 6. März ſah ich den erſten Saatkrähen-Zug, der ſich bei N.⸗W.⸗Wind in nördlicher Richtung fortbewegte. Auch am 7. März erſchien abermals bei N.⸗W.⸗ Wind ein ſtarker Zug, der ebenfalls die nördliche Richtung einhielt. Am 11. und 14. März, als der Wind aus Oſten kam, ſah ich zwei Züge von Nebelkrähen (C. cornix), von denen der erſte in nördlicher, der zweite in nord— weſtlicher Richtung zog. Am 17. März erſchienen am Nachmittage von Süden kommend und nach N.-D. ziehend mehrere Ketten von Wildgänſen (A. segetum), bei uns Schlackergänſe genannt, weil bei ihrem Zug Schlackerwetter, d. h. Regen mit Schnee vermiſcht, eintritt. „Es ſchlackerwettert!“ läßt Grabbe ſeinen Varus in der Hermannsſchlacht ausrufen. Am 18. März, als der Wind noch morgens ſcharf aus Oſten blies und das Thermometer noch 3 Kältegrade aufzeigte, war die Luft plötzlich angefüllt von ziehenden Feldlerchen, deren Zahl nur nach Tauſenden geſchätzt werden konnte. Der Zug währte von 8 bis 9 Uhr morgens. Dazwiſchen erſchienen Hohltauben, Staare, Nebelkrähen und Miſteldroſſeln. Alles drängte und eilte unabläſſig nordwärts und ſteuerte anſcheinend in den eiſigen Winter hinein. Die Wanderer ſchienen aber zu wiſſen, daß ohne Zweifel der Frühling auch hier in kurzer Zeit einkehren müſſe, denn wie die Wetterberichte meldeten, war bereits am Fuße der Alpen das erſehnte Thauwetter eingetreten. Schon am nächſten Tage (19. März) ſtand der Wind in S.⸗O., das Thermo— meter zeigte gegen 8 Uhr morgens noch 2 Grad Kälte, aber um Mittag erſchien bereits die erſte Braunelle am Futterplatze und die erſte weiße Stelze ſchwang — 266 — ſich lockend auf das Hausdach, von dem die Sonne den Schnee bereits hinweg⸗ geleckt hatte. Endlich am 20. März trat mit dem Anfange des Kalenderfrühlings auch der wahre Lenz ein, der Wind ſtand in S.-W., und ein warmer Regen ergoß ſich auf die ſchneebedeckten Gefilde. Am 21. März waren Rothkehlchen und Hausrothſchwanz angelangt, von den Gebirgshaiden herüber erklang der Geſang der Miſteldroſſel, die Schwarz: amſel ſang beim Hauſe, und luſtiger Finkenſchlag und Meiſenruf durchtönte den Baumhof. Sehr ſtark war der Zug wieder am 23. März bei S.⸗W.⸗Wind. Schon früh bei Tagesanbruch ließ eine Singdroſſel im nahen Fichtenwalde ihren hellen Jubelruf erſchallen. Bis gegen 11 Uhr morgens zogen Buſſarde, Gabelweihen, Lerchen, Finken, Sing- und Wachholderdroſſeln, Ringeltauben, Kiebitze, Dohlen und Geſellſchaftskrähen. Nicht weit von meinem Hauſe ließ ſich auf einem etwas erhöht liegenden Acker ein Zug von Geſellſchaftskrähen und Dohlen nieder, die durch ihr Geſchrei alle vorüberreiſenden Flüge derſelben Art anlockten, wodurch der Scharm im Laufe einer Stunde ſo ungeheuer anſchwoll, daß er nach Tauſenden zählte. Von dieſem Schwarme zweigten ſich indeß nach und nach wieder einzelne Flüge ab, die ihre Reiſeroute lärmend von neuem aufnahmen, während der erſte Schwarm zurückblieb, hier zwei Tage Raſt machte und des Abends in einem neben meinem Hauſe liegenden Fichtenwgalde Nachtruhe hielt. Am 24. März gingen verſchiedene Flüge von Nebelkrähen, Geſellſchafts— krähen und Dohlen vorüber; um Mittag kreiſte ein Pärchen des kleinen Baum- falken (F. subbuteo) über meinem Haufe und ein Hühnerhabicht (F. palum- barius) eilte raſchen Fluges nach Norden. Sehr ſchwach war der Zug am 25. März, wo nur einzelne Nebelkrähen vorüberſteuerten. Um Mittag drangen aus den Lüften Kranichrufe, und bald zog ein Flug von 80 Theilnehmern über unſere Berge dahin. Am 26. März erſchienen wieder nur einzelne Nebelkrähen, dagegen war der kleine Weidenzeiſig (Ph. rufa) angelangt und ein Grünling (L. chloris) erſchien ſingend am alten Brutplatze. Am 27. März zogen bis Mittag nur einzelne Nebelkrähen, dann zog ein Ringeltaubenflug, der 20 Stück ſtark war, nach Norden, und der erſte Stieglitz ſang auf der Spitze ſeines vorjährigen Neſtbaumes. Am 29. März rückten von Süden kommend die erſten Zeiſige wieder ein und mehrere Hohltauben ſchwärme zogen um Mittag nordwärts. Am 8. April war in meinem Nachbarhauſe die erſte Rauchſchwalbe (H. rustica) angelangt, wohingegen ſich auf meiner Tenne erſt am 23. April das PUR“ — 267 — alte Neſtpaar einfand. Die Rauchſchwalben müſſen in der Winterherberge oder auf der Reiſe ſehr gelitten haben, denn man findet in dieſem Jahre viele leer⸗ ſtehende Neſter. Am 12. April ſah ich eine einzelne Kornweihe (C. cyaneus) gegen Mittag nach Norden ſteuern. Am 12. April waren Hecken und Zäune belebt von gelbſcheiteligen Gold— hähnchen (R. cristatus). Es iſt auffallend, daß dieſe Thierchen auf der Reife gern in niederem Buſchwerk ihrer Nahrung nachgehen, während ihnen ſonſt der grüne Nadelwald den liebſten Aufenthalt bietet. Am 14. April bemerkte ich den erſten Steinſchmätzer (S. oenanthe). Am 17. April ſah ich mehrere Flüge von Weindroſſeln (T. iliacus) nach Norden ziehen. Am 18. April ließ früh am Morgen der graurückige Fliegenfänger (M. museipeta) am alten Brutplatze ſein einfaches Lied erſchallen. Am 19. April hatte ſich der Kuckuck eingeſtellt. Am 20. April zogen mehrere Flüge von Wachholderdroſſeln nach Norden. Am 21. April ſang der Fitis (Ph. trochilus), und auch der Wendehals ließ ſich vernehmen. Am 22. April traf ich auf hochliegenden Grasplätzen große Schaaren von reiſenden Wieſenpiepern (A. pratensis). Die hieſigen waren längſt in der Brut begriffen. Am 23. April vernahm ich den Geſang des Mönchs (S. atricapilla) am alten Neſtplatze. Als ich am 24. April abends gegen 11 Uhr auf eine mit t lichtem Gebüſch bedeckte Hochfläche trat, erhob ſich plötzlich mit rauſchendem Flügelſchlage eine Schaar von Weindroſſeln, die ſich hier zur Nachtruhe niedergelaſſen, obgleich ſich einige Hundert Schritte weiter am Bergeshange ein dichter Fichtenbeſtand vorfand. An demſelben Tage rief die erſte Turteltaube am Brutorte. Am 26. April hörte ich den Baumpieper (A. arboreus) fingen. Falco peregrinus brütete. Am 27. April war der Wieſenſchmätzer (8. rubetra) angelangt. Am 28. April ſang das Müllerchen (S. curruca) im Garten. Erſt am 3. Mai ſtellte ſich die Dorngrasmücke (S. einerea) am Brut⸗ platze ein, während die Gebirgsſtelze (M. sulphurea) ſchon ausgeflogene Junge hatte. Am 5. Mai erſchienen Hausſchwalbe (H. urbiea) und Segler. Am 8. Mai war der Würger (L. collurio) angelangt. Als ich am 9. Mai eine Bergwieſe betrat, ſah ich ein Pärchen Schildamſ 5 (T. torquatus), die aller Wahrſcheinlichkeit nach noch auf der Reiſe begriffen waren. | 20 — 268 — Am 10. Mai ſang im Baumhofe der Spottvogel (8. hypolais). Ein Vogel, der Strauchſchmätzer (S. rubicola), der noch im vorigen Jahre an einer meinem Haufe gegenüber liegenden, mit jungen Fichten und Haide⸗ kraut beſtandenen Bergwand, etwa 1300 Fuß über dem Meere, in vier Pärchen zu finden war, fehlt in dieſem Jahre gänzlich. Von den ſonſt an und neben meinem Haufe in Brutkäſten niſtenden Vögeln fehlen in dieſem Sommer: der ge— fleckte Fliegenfänger (M. grisola), der graurückige Fliegenfänger (M. museipeta), die Blaumeiſe (P. coeruleus), die Tannenmeiſe (P. ater) und der Gartenrothſchwanz (R. phoenicurus). Daß auch Cuc. canorus hier im Teutoburger Walde in ſteter Abnahme begriffen iſt, muß leider zugeſtanden werden. Welches aber die Urſachen ſein mögen, daß Vögel, denen, wenigſtens bei uns, von Seiten des Menſchen durchaus nicht nachgeſtellt wird, von Jahr zu Jahr ſeltener und weniger werden, wird ſich ſchwer feſtſtellen laſſen. Beiträge zur Baſtardzucht. Von Hans von Baſedow. Obgleich ich ein entſchiedener Gegner von Baſtardzuchten und abgeſagter Feind aller künſtlichen Färbungen und ſonſtiger Veränderungen bei Vögeln bin, — denn meiner Anſicht nach iſt das Kleid, die Geſtalt, die die Natur dem Vogel gegeben, die einzig ſchöne und richtige; ohne Grund hat ein Rebhuhn, eine Lerche ihr erd— farbenes, ein Kolibri fein buntſchimmerndes Kleid nicht“) — beſchäftigte ich mich doch einmal eine Zeit hindurch mit derartigen Verſuchen, um zu erforſchen, wie weit eigentlich die Fortpflanzungsfähigkeit der Baſtarde geht, und ob es möglich iſt, von Baſtarden wiederum Baſtarde zu erzeugen. Auch wollte ich dadurch er— fahren, wie weit ſich auf dieſe Weiſe ein Vogel verändern könne. Es ſei vorausgeſchickt: Vor Allem nehme man zur Baſtardzucht nur geſunde, kräftige Vögel und gebe dieſen gutes, hitzigmachendes Futter, Körnerfreſſern ent— ſchieden Ameiſeneier und Mehlwürmer. Wollen ſie dieſelben nicht nehmen, ſo ent⸗ ziehe man ihnen zeitweilig das Körnerfutter und gebe ihnen ſtatt deſſen ausge— backene, in Waſſer erweichte und gut ausgedrückte Semmel (das Beſte iſt allerdings, man nimmt ſolche Thiere gar nicht zur Zucht) und halte Männchen und Weibchen getrennt, bis die Zeit herangekommen. Größte Ruhe, möglichſt weniges und ſtets unbemerktes Beobachten ift Bedingung. Man entferne das Männchen ſofort, nad): dem die erſten Eier gelegt ſind, und hänge es ſo auf, daß es das Weibchen hören und ſehen kann. ) Darwin, Kampf um's Daſein. — 269 — Meine unter Beobachtung obiger Maßregeln gelungenen Züchtungen ſind folgende: Im Jahre 1883 zog ich von einem kräftigen Dompfaffmännchen, das ſich bereits ca. 1 Jahr in Gefangenſchaft befand, und einem Kanarienweibchen aus zwei Gelegen von 11 Eiern 5 Junge, die noch jetzt am Leben ſind. Ihre Färbung iſt graugrünlich mit etwas rothgelblichem Anflug, ungefähr wie die eines längere Zeit in Gefangenſchaft geweſenen Kreuzſchnabels, mit weißen Binden. Ihr Geſang läßt ſich am eheſten mit dem eines Hänflings vergleichen, doch klingen die Touren eines vorzüglichen Kanarienvogels durch, da die Jungen zum Theil von dieſem ge— lernt haben. — Eins von denſelben paarte ſich wiederum mit einem Kanarien— weibchen, welches auch legte, — leider waren die Eier taub. In demſelben Jahre erhielt ich von Indigofinkmännchen und Kanarienweibchen ein Gelege von 4 Eiern, von denen zwei aufgebracht wurden. Die Färbung der Jungen ſpielte in das Grünlich-blaue. Sie wurden beide gute Sänger, ihr Geſang erinnerte mich lebhaft an den der Girlitze. Gepaart haben ſie ſich leider nicht.“) In Folge Raummangels ſperrte ich in einem 1 Meter langen, 1 Meter breiten und 85 em hohen Bauer ein Singdroſſelweibchen, ein Steinröthelpärchen (M. saxatilis) und ein Spottdroſſelmännchen (Mimus polyglottus) zu einander. Zu meinem Er⸗ ſtaunen paarten ſich die Spott- und die Singdroſſel mit einander. Sie begannen auch zu bauen lich ſorgte ſofort für die Entfernung der übrigen Inſaſſen), einen weiteren Erfolg habe ich aber leider nicht zu verzeichnen. Im Allgemeinen kann man ſagen, daß bei Körnerfreſſern Baſtardzüchtungen leicht gelingen, bei Weichfreſſern dagegen ſind ſie ungleich ſchwerer. Hieran knüpfe ich die Bemerkung, daß ich im Jahre 1883 elf Stück rothe Kanarienvögel gezogen habe. Später fütterte ich dieſelben nicht mehr mit Cayenne, worauf ſie bald ihr gelbes Kleid wieder anlegten. Augenblicklich bin ich damit beſchäftigt, zu verſuchen, wie weit der Einfluß der Cayennefütterung auf weiße Reisvögel geht, und was für Nuancen bei den verſchiedenen Baſtardierungen dabei herauskommen. Ich behalte mir vor, ſeinerzeit Näheres darüber zu berichten. Ein Nundgang durch meinen Garten an einem Juni⸗Morgen 1886. Bon A. Richter. Es iſt ein kühler und trüber Morgen heute. Die große Hitze der letzten Tage iſt durch mehrere Gewitter nicht unweſentlich abgekühlt worden, die ſchmach—⸗ *) Ueber gleiche Züchtungserfolge hat ſchon Brehm berichtet. 20* — 270 — tenden Fluren hat ein erquickender Regen erfriſcht und es fällt bei ſchwachem Nord: Oſt-Wind ein feiner Sprühregen. Die Sonne ſteht längſt ſchon am Himmel, iſt aber noch durch Wolken verdeckt; die Vogelwelt iſt mehrere Stunden bereits wieder lebendig und thätig. Um 3 Uhr ſchon, als ich zum erſtem Male das Fenſter öffnete, um Umſchau zu halten, ließ ſich der Hausrothſchwanz (KR. tithys) ver: nehmen und begannen einige Rauchſchwal ben (H. rustica) auf einem nahe gelegenen Apfelbaume zu zwitſchern; ſonſt war bis auf einige Unken, die aus einem hinter dem Garten gelegenen Waſſertümpel ihre eigenthümlichen Töne die ganze Nacht hindurch hören laſſen, Alles noch ſtill. Jetzt aber iſt es 7 Uhr geworden; ich | habe mein Frühſtück eingenommen und mache, ehe ich in meine Studirſtube gehe, erſt noch einen Rundgang durch den Garten um zu ſehen, ob meine Lieblinge auch Alle wohlauf ſind und um ihren Morgengruß zu empfangen. Ich lade die ver— ehrten Leſer ein, im Geiſte mit mir zu gehen, da ich ihnen Mancherlei zu zeigen und zu erzählen habe. Intereſſe und Verſtändniß für die Vogelwelt darf ich glücklicher Weiſe bei den Leſern vorausſetzen, was ja leider in unſerer Zeit ſo vielen Menſchen mangelt. Ich kenne perſönlich Niemanden in Schleſien und der Oberlauſitz, welcher die Vogelwelt wirklich kennt, und auch nur ſehr Wenige, welche ein wirkliches Intereſſe dafür haben. Woher ſollte es aber auch kommen? Wenn die Jugend nicht ſchon dafür begeiſtert wird und Auge und Ohr aufthun lernt, — im Alter kommt es dann wohl kaum von ſelbſt. Unterricht in der Vogelkunde wird ja nur äußerſt wenig in den Schulen ertheilt, und wo es im Anſchluß an's Leſebuch und die vorhandenen, meiſt miſerablen, Abbildungen geſchieht, da iſt er ſehr mangelhaft und unpraktiſch, weil eben der Lehrer ſelbſt die Vögel nicht kennt. Was in Afrika und Amerika und Auſtralien vorgeht und was dort zu finden iſt, das wiſſen Viele vortrefflich, aber den Vogel, der über den Weg fliegt oder der den ganzen Sommer über unter dem Fenſter ſingt, kennt man nicht. Möchte das große Vogelbild in Schulen und Familien bald rechte Verbreitung finden, dann wird dem Uebelſtande gewiß um Einiges abgeholfen werden. Ich meinerſeits habe es für die meiner Aufſicht unterſtellten Schulen ſogleich angeſchafft, erwarte aber vorläufig nur geringen Erfolg. Doch nun zur Sache. Ich trete auf der Südſeite des Hauſes zur Thür hinaus, ſteige wenige Stufen in den Garten hinunter, kann aber auf der letzten Stufe ſchon ſtehen bleiben, um das Girlitz- (Serinus hortulanus) Neſt zu beobachten. Dasſelbe ſteht diesmal etwa in doppelter Manneshöhe, in einem Bohnenbaum (Cytisus), in nächſter Nähe des Hauſes, neben der Plumpe. Es ſind ſeit ca. 8 Tagen Junge vorhanden und die Alten füttern fleißig. Eben kommt das Weibchen geflogen und ſetzt ſich auf das Neſt. Da wird es lebendig im Neſt; etwa z kleine nackte Hälſe richten ſich zitternd auf, man kann deutlich die aufgeſperrten Schnäbel ſehen und hört auch — 271 — Ihon ziemlich laut das Schreien. Es werden Scheinbar gleich mehrere auf einmal abgeſpeiſt, nicht, wie es bei den Inſektenfreſſern geſchieht, nur eins auf einmal. Daher währt die Fütterung wohl ½ bis ¼ Minute. Jetzt fliegt das Weibchen wieder fort und kommt ganz dicht in meine Nähe ohne die geringſte Furcht auf den Sandgang geflogen und ſucht eifrig Sämereien, auch Grünes; namentlich lieben fie Capsella bursa pastoris (Hirtentäſchelkraut). Es nimmt anſcheinend den ganzen Schnabel erſt voll, weicht es auf und zerdrückt es und fliegt dann wieder zum Neſt, wo bereits das Männchen ſeiner Vaterpflicht obliegt. Vor drei Jahren noch waren die Girlitze zur Brutzeit ſehr ängſtlich und ſcheu; da hätte ich nimmer in der Nähe des Neſtes ſtehen und die Brut beobachten dürfen; keins der alten Vögel würde gewagt haben die Jungen zu füttern, ſondern ſie würden mich fort— während ängſtlich angepiept haben. Der Angſt- und Warnungsruf des Gierlitz gleicht nämlich täuſchend dem Piepen des Kanarienvogels. Doch von Furcht iſt jetzt keine Rede mehr bei den Vögeln; ſie kennen mich ſehr wohl und wiſſen, daß ich ihnen nichts thue. Ihre zunehmende Zutraulichkeit zeigt ſich wohl auch darin, daß ſie das Neſt jetzt ſo nahe am Hauſe gebaut haben. Hundert Mal des Tages wird darunter hinweggelaufen; das Plumpen an der unmittelbar unter dem Neſt ge- legenen Plumpe verurſacht Unruhe, es wird in der Nähe gewaſchen und geſcheuert, Teppiche werden ausgeklopft, — aber das Alles ſtört die Vögel nicht. — Dieſes Jahr kam das Gierlitz -G am 6. April hier an, das 2 einige Tage ſpäter. Am 2. Mai begann das ? das Neſt zu bauen; in ca. 8 Tagen werden die Jungen ausfliegen, ſodaß alſo die Zeit von Beginn des Neſtbaues bis zum Ausfliegen der erſten Brut 6 Wochen beträgt. — Am Morgen des 6. Mai mußte der weitere Aus⸗ bau des Neſtes infolge eines eigenthümlichen Zufalls einige Stunden ausgeſetzt werden. Es hatte nämlich an dieſem Morgen ſo ſtark geſchneit, daß Bäume und Sträucher, welche bereits völlig belaubt waren, die Schneelaſt kaum ertragen konnten. Als bei höher ſteigender Sonne der Schnee zu ſchmelzen anfing und zum Theil ſich zuſammenballte und zur Erde fiel, war ein fauſtgroßer Schneeball mitten in das genannte Neſtchen gefallen. Das brachte die Vögel in große Verlegenheit. Immer und immerwieder kam das ? mit Niſtſtoff geflogen und pickte an dem Schneeball herum, war aber natürlich nicht im Stande ihn zu entfernen, bis er allmählich durch das Neſt hindurchgetropft war, worauf am Nachmittage desſelben Tages der Bau ſeinen ungeſtörten Fortgang nahm. Nachts ſitzt jetzt das Weibchen mit aus⸗ gebreiteten Flügeln auf den Jungen und wärmt ſie, während das Männchen in den dicht herabhängenden Zweigen einer nahen Akazie übernachtet. Ein anderes G aus dem Nachbargarten, welches ebenfalls jene Gelegenheit benutzen möchte, wird ſtets vertrieben. Den Geſang läßt der Girlitz jetzt Anfang Juni noch ziemlich fleißig hören, wie er denn überhaupt bis in den Herbſt hinein ſich dadurch vor 1 — — — 272 — manchen andern Singvögeln auszeichnet. Er ſingt übrigens, und beſonders in der Paarungszeit, auch gerne im Fluge und ſucht ſich auf dieſe Weiſe dem 2 an: genehm zu machen. Ich verlaſſe nun meinen Standpunkt, von dem aus ich das Girlitzneſt beob⸗ achtete, gehe wenige Schritte weiter an der Gartenmauer entlang und gelange zum Bachſtelzenneſt (M. alba), welches ſich in genannter Mauer befindet. Mein Garten wird nämlich nach Oſten hin von einem Waſſertümpel (oder, wie die Schleſier ſagen, von einer „Luſche“) begrenzt. Zwiſchen dieſem Tümpel und ———— — ũ — — — ——— Garten ſteht eine Mauer, welche infolge ihrer Baufälligkeit den Vögeln vortreff⸗ liche Schlupfwinkel gewährt. Bisher wurden die Mauerſpalten allerdings aus⸗ ſchließlich von Feldſperlingen (P. montanus) bewohnt; voriges Jahr brü— | tete etwa 4 Paar daſelbſt. Seit ich aber den Hausſperlingen (P. domesticus) gründlich zu Leibe gehe und wohl auch die Feldſperlinge nicht liebenswürdig be— handelt habe, hat ſich das Blatt gewendet. Die Feldſperlinge ſind ſeit vorigem Herbſte aus meiner Umgebung verſchwunden, und die viel liebenswürdigeren Bach— ſtelzen haben ſogleich die leer gewordenen Quartiere bezogen. Ihr Neſt ſteht etwa 1 Fuß hoch über dem Waſſerſpiegel (alſo auf der Außenſeite des Gartens), tief in einer Mauerſpalte. Sie brüten jetzt bereits zum zweiten Mal, aber nicht | in derſelben Höhlung, in der das erſte Neſt ftand, ſondern etwa 2 Meter davon entfernt. Der Standort des 2. Neſtes iſt durch einen kleinen aus der Mauer her⸗ auswachſenden Fliederſtrauch vortrefflich geſchützt. Am 19. Mai flog die erſte Brut aus, und es war höchſt anmuthig anzuſchauen wie die kleinen grauen Geſchöpfe | mit dem Schwanze wippend auf der Mauer hin und her liefen und alsdann im | Gebüſch über der Mauer ſitzend von den Alten fich füttern ließen. Sie find auch jetzt, faſt 3 Wochen nach dem Ausfliegen, noch öfters zu ſehen und haben bereits recht gute Uebung im Fliegen erlangt. Vor wenigen Tagen erſt ſaßen 3 Stück auf meinem Hauſe und ſonnten und putzten ſich. — Am 23. März, Vormittags, bei Nord⸗Wind, hellem Sonnenſchein und T1 R., beobachtete ich für dieſes Jahr die erſten Bachſtelzen in meinem Garten; außerdem ſah ich an demſelben Tage, Mittags ½ 1 Uhr, 10 Stück von Süden kommend nach nördlicher Richtung weiter fliegen. — Da ich beim Bachſtelzenneſt heute nichts weiter beobachten kann (das ? brütet und das & treibt ſich, wer weiß wo herum?), jo wende ich mich um und trete unter das im Wipfel eines Fliederſtrauches befindlichen Neſt des Gartenſängers (Hypolais salicaria). Ich verhalte mich ganz ſtill um das brütende Weibchen nicht zu ſtören; aber es hat mein Nahen bereits gemerkt und ſteckt neugierig den Kopf über den Neſtrand hervor, zieht ihn aber ſogleich wieder zurück, als es mich erblickt. Nun iſt nur noch der Schnabel zu ſehen, der aus dem Neſte hervorragt und auf der anderen Seite die äußerſte Schwanzſpitze. Das Neſt — 273 — iſt — wie jedes Neſt des Gartenlaubvogels — mit zarter Birkenrinde durchwebt und gehört zu den künſtlichſten die überhaupt von unſeren einheimiſchen Vögeln gebaut werden. Das g hat heute ſchon fleißig geſungen und iſt gegenwärtig eifrig auf der Inſektenjagd. Durch den Lockruf tek-terü, tro-i giebt es jedoch dem Y öfters von ſeinem Naheſein Kunde. — Die Ankunft erfolgte im Frühjahr am 11. Mai bei Weſtwind, die des ? am 19. Mai bei Südwind und P21; R. Der Neſtbau begann am 21. Mai. Genannter Vogel iſt hier allenthalben ziemlich häufig; doch hat jedes Pärchen ſein beſtimmt abgegrenztes Revier, in welches ſich ein anderes nicht hineinwagen darf. So gab es auch in dieſem Frühjahr erſt einige harte Kämpfe, ehe mein Pärchen ſeinen alten Sitz behaupten dürfte. Zum Theil wurde dieſer Streit allerdings durch Geſang ausgefochten, d. h. ein Männ⸗ chen ſuchte das andere in der Sangeskunde zu überbieten, bis ſchließlich der Neben— buhler mit energiſchen Schnabelhieben zum Garten hinaus beſorgt wurde. Zu den nützlichſten Vögeln meines Gartens darf ich die liebliche, ſtets beweg— liche und fröhliche Zaun- oder Klappergrasmücke (S. curruca) zählen; zu deren Neſtchen gelange ich nunmehr auf meinem weiteren Rundgange. Es ſteht genau an derſelben Stelle, wo es ſchon ſeit Jahren ſteht, nämlich in einem dicht— belaubten, allein ſtehenden Spiräen⸗Strauch. Ich ſehe hinein in das Neſt, — es iſt leer, nur ein Ei liegt noch darin; es iſt unausgebrütet geblieben. Zahlreiche im Neſt ſichtbare Federhülſenſchuppen laſſen jedoch leicht erkennen, daß Junge im Neſt geweſen find und auch glücklich davongekommen ſein müſſen. Und ſo iſt es auch: vor 5 Tagen ſind 4 junge Vögelchen ausgeflogen. Sie konnten, als ſie das Neſt verließen, noch ganz und gar nicht fliegen, hatten auch noch ganz kurze Schwänzchen, aber das Klettern und Hüpfen ging ſchon ganz prächtig, und jetzt folgen ſie den Alten bereits in ſicherem Fluge von einem Strauch und Baum zum andern. Eben treiben ſie ſich auf einem Pflaumenbaum umher und werden von den Alten gefüttert. Ich trete ſo nahe als möglich, um ſie beobachten zu können. Die jungen Vögel ſind bereits ähnlich gefärbt wie die Alten, faſt möchte ich ſagen: noch ſchöner; ſie haben eine reinweiße Kehle und weißen Unterkörper, während bei den alten Vögeln die weiße Farbe ſchon ſehr ins Graue überzugehen anfängt. Die alten Vögel ſind in Bezug auf ihr Geſchlecht ſchwer von einander zu unterſcheiden, namentlich wenn man jeden einzeln ſieht. Vergleiche ich jedoch beide, wenn ich ſie vor mir ſehe, ſo dient mir immer der etwas dunkler gefärbte Kopf als Kennzeichen des Männchens. — Die Alten füttern unermüdlich, aber die kleine hungrige Ge— ſellſchaft kann nicht genug bekommen; mit zitternden Flügeln und lautem Geſchrei flattern ſie den Alten ſtets ſchon ein Stück entgegen. Bald bringen dieſelben eine kleine nackte Raupe, — manchmal wohl auch gleich zwei auf einmal, — dann einen kleinen Nachtfalter, überhaupt Kerbthiere jeglicher Art. Jetzt wird Jagd ge: — 274 — macht auf eine große Schmeißfliege; dieſelbe will ſich nicht bändigen laſſen, ſondern entwiſcht noch einmal und kommt an mir vorübergeflogen, der eine Vogel hinterher und zwar ſo dicht an meinem Kopfe vorbei, daß ich den durch den Flügelſchlag verurſachten Luftzug deutlich fühle. Der Flüchtling wird gefangen und ſogleich den hungernden Jungen gebracht. Durchſchnittlich alle zwei Minuten, wie ich genau feſtſtelle, kommen die Alten mit Futter. Beſonders nützlich erweiſen ſich mir die genannten Vögel auch dadurch, daß ſie häufig damit beſchäftigt ſind die Roſen⸗ bäumchen von den ſo läſtigen Blattläuſen zu ſäubern. — Als ich mich eben weiter wenden will, werde ich durch eine plötzliche Unruhe der beiden alten Vögel, wie durch lautes tek, tek und tak, tak bewogen noch einen Augenblick zu verweilen. | Ein anderes Zaungrasmückenpaar (wahrſcheinlich vorjährige Junge), welches ſich erſt ſeit den letzten Tagen des Mai ebenfalls bei mir im Garten befindet und auch bereits ein Neſt gebaut und Eier gelegt hat, iſt den erſtgenannten Vögeln plötzlich in den Weg gekommen. Das darf natürlich nicht geduldet werden und es entbrennt ein intereſſanter Streit, bis die Störenfriede in ihr eigenes Revier zurückdrängt ſind. Nicht lange aber wird es dauern, dann ſind die 2 Pärchen ſich wiederum im Wege; zu ungezählten Malen jagen fie ſich täglich im Garten umher. Es iſt über⸗ haupt merkwürdig, daß das ſo ſpät erſt erſcheinende 2. Pärchen es fertig gebracht hat, auch ſich im Garten Heimathsrecht zu erſtreiten und ein Neſt zu bauen. Das Neſt des letztgenannten Paares ſteht nämlich nur 15 Schritte entfernt von dem obengenannten Neſt. Doch iſt mir der Grund ihres Sieges klar. Als das 2. Paar ankam, brütete das erſte und hatte keine Zeit, ſich auf lange Fehde einzulaſſen, war auch — da ein Vogel ja immer auf dem Neſt ſaß — den beiden neuen Ankömm⸗ lingen gegenüber zu ſchwach. — Was die Frühjahrsankunft anbelangt, ſo beobachtete ich die erſten Zaungrasmücken am 19. April, Vormittags 9 Uhr, bei Oſtwind. Um 8 Uhr hatte ich meinen Garten genau durchſucht, da ich die Ankunft der Vögel zu jener Zeit beſtimmt erwartete, jedoch noch nichts bemerken können; aber eine Stunde ſpäter ſchon hörte ich den bekannten trillernden Geſang des Vogels zu mir ins Zimmer dringen und konnte auch bald bemerken, wie er luſtig im Gebüſch hin und her ſchlüpfte und die alten Plätze aufſuchte. Am 24. April begann der Neſtbau; aber merkwürdiger Weiſe konnte ich kein Weibchen mit dabei beſchäftigt ſehen. Ich habe halbe Stunden lang in der Nähe mich verborgen gehalten und zugeſchaut, das Weibchen war nicht zu ſehen. Da, zwei Tage ſpäter, als das Neſt ſchon ziemlich vollendet war, war auf einmal auch das 2 dabei; doch ſchon am nächſten Tage, am 27. April, wurde ein neues Neſt begonnen und zwar an dem obengenannten altgewohnten Platze, in welchem auch die Vögel glücklich ausbrüteten. Ein großer Theil des vom & allein erbauten erſten Neſtes wurde beim Bau des neuen Neſtes mit verwandt, die Ueberreſte jenes erſten Neſtes ſind jetzt noch im Gebüſch vor⸗ — 275 — handen. Die fünf Eier wurden gelegt am 5., 6., 7., 8. und 9. Mai in den frühen Morgenſtunden. Die Brutzeit dauerte vom 10. bis 21. Mai (am 9. Mai brüteten die Vögel beſtimmt noch nicht), alſo nur 12 Tage; am 22. Mai früh waren die jungen Vögel ausſchlüpft. In der 2. Hälfte des Mai herrſchte überaus heiße und trockene Witterung, die wohl das Brutgeſchäft etwas beſchleunigt haben mag. Die jungen Vögel flogen am 2. Juni aus; ſie haben alſo ungefähr ebenſolange im Neſt geſeſſen, als die Eier bebrütet worden waren. — Das obengenannte 2. Pärchen erſchien erſt am 28. Mai bei mir und begann am 29. Mai, ebenfalls in einem Spiräen⸗Strauche, mit dem Neſtbau. Die Eier wurden gelegt am 2., 3., 4., 5. und 6. Juni. Hierbei erſcheint mir beſonders erwähnenswerth, daß dieſe Eier nicht, wie dies wohl gewöhnlich geſchieht, des Nachts oder früh, ſondern Nachmittags ge— legt wurden. Vom 4. und 5. Ei wenigſtens weiß ich beſtimmt, daß ſie Nachmittags zwiſchen 1 und 3 Uhr gelegt wurden. — Ich werfe nun noch einen flüchtigen Blick hinein ins leere Neſt und ſehe, daß es mit Pferdehaaren und Schweinsborſten aus— gelegt iſt. Ich habe mir je ein Neſt — wie ich überzeugt bin von demſelben Paare — vom vorigen Jahr und von 1884 aufgehoben, von denen letzteres ebenfalls mit Pferdehaaren und Schweinsborſten, erſteres dagegen faſt nur mit feinen Würzel— chen ausgelegt iſt. Daraus iſt erſichtlich, daß zuweilen eben dieſelben Vögel beim Bau des Neſtes ſich Abweichungen geſtatten, je nachdem eben die eine oder andere Art des Niſtmaterials ihnen bequem zugänglich iſt oder nicht. Als ich nun weiter gehe, werde ich alsbald mit einiger Betrübniß erfüllt; ich komme nämlich an einem Roſenbäumchen vorüber, welches ich vorigen Sommer okulirt hatte und welches in dieſem Frühjahre prächtig angekommen war. Der neue Trieb hängt nun heute abgebrochen am Bäumchen herunter und beginnt be— reits zu verwelken, iſt alſo unrettbar verloren. Wer mag hier der Uebelthäter ge— weſen ſein? Rutieilla phoenicura (der Gartenrothſchwanz), der eben, als ob er ein böſes Gewiſſen hätte, an mir vorüberſchießt und im dichten Gebüſch ſich verbirgt? Oder Muscicapa grisola (der graue Fliegenfänger)? Beide lieben es wenig— ſtens ſehr die Pfähle der Roſenbäumchen als Warten zu benutzen, von denen aus ſie die Beute erſpähen und jagen. Ich habe letzteren im Verdacht; doch kann ich nicht böſe auf ihn ſein, da ich ſelbſt an dem Mißgeſchick ſchuld bin: ich hätte dem Bäumchen einen größeren Pfahl geben und den jungen Trieb anbinden ſollen. Nun, ein andermal. — Tſchwies, tſchwies, — klingt's jetzt über mir: ja, das iſt er, der gute Freund Roſenbrecher; er hat eben von einer anderen Warte aus, die ich ihm unter meinem Fenſter in der Nähe der Weinſtöcke eigens zu dieſem Zwecke angebracht habe, einige Schmeißfliegen — im Herbſt arge Weinbeerenzerſtörer — hinweggefangen und bringt eine dem brütenden Weibchen. Er macht alſo den an— — 276 — gerichteten Schaden nach Kräften gleich wieder gut und darum wird ihm Pardon gewährt. Das Neſt ſteht in den aus dem Stamme herausgewachſenen Zweigen eines ganz alten, halb dürren Apfelbaumes, der eigentlich längſt ſchon dem Feuer⸗ tode hätte geweiht werden können, den ich aber der Vögel wegen immer noch ſtehen ließ. — Die Ankunft des grauen Fliegenfängers erfolgte in dieſem Frühjahre am 9. Mai. Der Neſtbau begann langſam am 20. Mai, wurde aber vom 22. Mai an ſehr beſchleunigt und bald vollendet, indem ein zu dieſer Zeit leer gewordenes Neſt des Buchfinken (F. coelebs) zum großen Theil als Niſtmaterial verwandt und hinweggetragen wurde. Dort, auf dem benachbarten Birnbaume, iſt die Ruine des Finkenneſtes noch zu ſehen. Die jungen Finken ſind bereits am 21. Mai glücklich ausgeflogen, werden aber immer noch gefüttert. Eben trippelt das alte & in meiner Nähe auf dem Gartenwege einher, verfolgt von einem ſehr um Futter quälenden Jungen, welches ſich durch ſeine Färbung bereits ebenfalls als ein & kennzeichnet. Ich werfe den Vögeln einige Semmelkrumen und Ameiſen⸗ eier hin und trete ein Paar Schritte zurück. Der Alte holt ſogleich ein Stückchen Semmel und bemüht ſich dasſelbe dem ſich ſehr ungeſchickt ſtellenden Sohne, welcher fortwährend dabei kreiſcht und mit den Flügeln zittert, in den Schnabel zu ſtecken. Nun, laß dich nur großziehen und füttern, gar lange währt die Freundſchaft und Elternliebe nicht. Wagſt du nächſtes Frühjahr dich hier im Garten zu zeigen (wo⸗ fern du nicht etwa im Magen irgend eines Italieners ein unwürdiges Grab ge— funden haſt), dann wehe! — mit wuchtigen Schnabelhieben wirſt du ohne Zweifel aus deiner urſprünglichen Heimath vertrieben werden! Ehe ich meinen Rundgang beende, muß ich nun auch noch den Staaren einige Aufmerkſamkeit ſchenken. Dieſelben ſind auch dieſes Jahr wieder in ver⸗ ſtärkter Anzahl zurückgekehrt. Vor 4 Jahren gab es im ganzen Dorfe und Um: gegend nicht ein einziges Paar, und jetzt brüten ſchon einige 20 Paar im Dorfe; das iſt doch gewiß ein erfreulicher Erfolg. Sie ſind nunmehr völlig heimiſch hier, und in meinem Garten natürlich ganz beſonders, denn dieſer war ja die Verſuchs- und Ausgangsſtation für fie. Einige Paar haben bereits ihre Jungen glücklich bis zum Ausfliegen gebracht, andere füttern fleißig, noch andere brüten gar noch: eine rechte Gleichmäßigkeit iſt noch nicht erzielt (vgl. meine Bemerkungen hierüber in Nr. 3 dieſer Monatsſchrift S. 55). — Die Frühjahrs⸗ ankunft der Staare erfolgte dieſes Jahr ſehr ſpät. Vom 5. Februar bis 4. März herrſchte bei fortwährender öſtlicher und nördlicher Luftſtrömung andauernd ſtrenge Kälte, welche am 1. und 2. März bis — 15 und — 16 R. ſich ſteigerte. Natürlich war unter ſolchen Umſtänden — zumal auch Felder und Fluren mit hoher Schnee- decke bedeckt waren — an die Ankunft irgend welcher Vögel nicht zu denken. Am — —— N —— —— FF.. — — ͤ DEZE — — 277 — 6. März endlich trat Süd⸗Wind ein; Temperatur um den Gefrierpunkt. An dieſem Tage zeigte ſich früh gegen 8 Uhr der erſte Staar. Doch ſchon am nächſten Tage wieder begann eine neue Kälte⸗-Periode (am 14. März — 10 R.), welche bis zum 19. März dauerte. In dieſer Zeit war von Staaren nichts zu ſpüren. (Vielleicht dürfte hier einmal ein Rückzug angenommen werden?) Endlich am 20. März, bei eintretendem Thauwetter, erſchienen ſie in einigen Exemplaren, und am 24. März bei S⸗O.⸗Wind, hellem Sonnenſchein und lauer Frühlingswitterung war die Mehr— zahl angekommen. Von der Dachrinne des Nachbarhauſes aus verhöhnt mich fortgeſetzt mit un— verſchämtem Geſchrei ein Sperling (P. domesticus). Er weiß es genau, daß ich ihm dort nichts anhaben kann. Daß er mich aber kennt, iſt gewiß; denn ſobald ich ſtehen bleibe oder auch nur flüchtig hinblicke, iſt er verſchwunden, um ſogleich wieder aus ſicherem Verſteck hervorkommen und ſeinen Geſang von neuem zu erheben. Dieſe böſe Rotte hat mir nicht nur dieſes Frühjahr ſchon wieder aller: hand Schaden im Garten angerichtet, ſondern — man ſolle es kaum glauben — auch im verfloſſenen Winter. Hier ſtehe ich eben vor vier Stachelbeerſträuchern, welche noch jetzt im Juni faſt kahl daſtehen, denn die Sperlinge haben den Winter über in den Mittagsſtunden ſtets darauf geſeſſen und ſämmtliche Blüthen und Knoſpen abgebiſſen. Es iſt unmöglich, daß dieſe Sträucher auch nur eine einzige Beere tragen werden. Nun iſt mein Rundgang beendet. Es iſt Alles beſichtigt worden. Ich ſchaue nur noch flüchtig zu einem Paare Rauchſchwalben (H. rustica) empor, die bei mir im Hauſe niſten und zu dem ſtets offenen Bodenfenſter luſtig zwitſchernd aus⸗ und einfliegen. Die erſten kamen am 9. April bei Südwind an; vollzählig waren ſie jedoch erſt Ende April vorhanden. Um den nahen Kirchthurm kreiſen zwei Paar Mauerſegler (Cyps. apus), die wegen der ebenfalls auf dem Thurm niſtenden Schleiereulen (St. flammea) Jahre lang gefehlt haben und erſt dieſes Jahr wieder erſchienen find und einen Brutverſuch zu machen ſcheinen. Auch einige Hausſchwalben (H. urbica) machen ſich dieſes Jahr be— merklich, welche bisher hier noch nie als Brutvögel von mir beobachtet wurden. Der Grund ihres früheren Fehlens iſt mir jetzt klar geworden. Sie haben nämlich allerdings faſt alljährlich verſucht am Kuhſtalle des Dominiums ihre Neſter zu bauen, wurden aber regelmäßig von nichtsnutzigen Buben, welche ihnen die Neſter durch Steinwürfe zerſtörten, am Brüten verhindert. Da ich nun dahinter gekommen bin und ſtrenges Gericht gehalten habe, find die diesjährigen Ankömmlinge ungeſtört, geblieben und brüten. Auch ein Kuckuck (C. canorus) hat ſich dieſes Jahr endlich einmal in — 278 — der Gegend angeſiedelt und läßt im nahen herrſchaftlichen Parke fleißig ſeinen Ruf erklingen. | | Ich habe den Garten verlaffen und befinde mich wieder in meiner Stube. Als ich eben das Fenſter ſchließen will, dringt aus der Ferne ein zwar bekannter, doch in hieſiger Gegend im Sommer nur ſelten gehörter Lockruf an mein Ohr: der Ruf der Blaumeiſe (P. coeruleus). Er ſcheint aus dem Nachbargarten zu kommen. Vermittelſt des Glaſes entdecke ich auch bald eine ganze Menge der genannten Vögel. Sie kommen näher. Jetzt ſind die erſten ſchon auf meinem großen Birn⸗ baum; da muß ich noch einmal hinaus, denn Blaumeiſen habe ich im Sommer noch nie in meinem Garten gehabt. Unter beſtändigem Rufen und Locken ſtreichen ſie weiter und kommen endlich ſämmtlich auf einen Apfelbaum, auf dem ſich in letzterer Zeit viel ſchädliche Raupen bemerklich gemacht haben. Ich kann ſie aus nächſter Nähe beobachten. Was iſt das für ein Leben, für ein Klettern, Turnen, Hüpfen und Fliegen! Wie wird da in kurzer Zeit unter den Raupen gründlich aufgeräumt! Es giebt kaum einen poſſirlicheren, entzückenderen Anblick als ſolch eine Blaumeiſenfamilie. Ich zähle 8 Stück, 2 Alte und 6 Junge, welche letztere ſich fleißig füttern laſſen. Lange kann ich dem intereſſanten Schauſpiele zuſehen. Da auf einmal — ein Warnungsruf! — Ein jäher Schrecken ergreift die ganze Geſellſchaft. Faſt erſchrecke ich ſelbſt mit, da ich noch nichts Außergewöhnliches be— merkt hatte. Doch da kommt auch ſchon der Störenfried in Geſtalt einer Elſter (Pica caudata) über den Garten geflogen, laut rufend und liſtig nach Beute ſpähend. Das Vorkommen dieſes Vogels iſt hier ein ſo außergewöhnliches, daß ich wirklich im höchſten Grade erſtaunt bin, ihn auf einmal vor mir zu ſehen. Ich habe that⸗ ſächlich ſeit 5 Jahren noch nie eine Elſter hier wahrgenommen. In früheren Jahren ſoll fie hier allerdings Brutvogel geweſen fein, doch hat der Strehlener Thierſchutz— verein, welcher Schußprämien für Elſtern zahlt, jedenfalls ihre faſt völlige Aus⸗ rottung bewirkt. (Ich habe bald eingehende Erkundigungen über die Elſter ein⸗ gezogen und folgende Ausſagen der Leute beſtätigt gefunden: Es brütet ein Elſter⸗ paar in einem ½ Stunde vor dem Dorfe gelegenen kleinen Gebüſch. Jeden Morgen gegen 7 Uhr kommt eine Elſter in einen Garten des Dorfes und holt ſich aus einem auf einem Birnbaum frei erbauten Sperlingsneſte einen jungen Sper⸗ ling. — Die Elſtern haben ausgebrütet, ſind aber ſpäter nebſt Jungen todtgeſchoſſen worden.) Hiermit ſchließe ich für heute meine Beobachtungen und ſchriftlichen Erinne⸗ rungen an jenen Junimorgen. Aus Schleſien werde ich vorausſichtlich nun über— haupt nichts mehr in der Monatsſchrift zu berichten Gelegenheit haben, da ich — wenn die Vögel im Herbſte wandern werden — auch ſelbſt wandern und ziehen werde, nämlich hin in die Ober-Lauſitz, in ſchöne wald: und waſſerreiche Gegend, — 279 — | wo ich neue und reichhaltigere Beobachtungen zu machen hoffentlich bald in der Lage ſein werde. Großburg, Reg.-Bez. Breslau, Sommer 1886. Notizen aus Oſtfriesland. Von E. Pfannenſchmid. Die Störche, Rauchſchwalben und Mehlſchwalben trafen dieſes Jahr unregel— mäßig und in geringer Kopfzahl für unſere Gegend ein. Die Störche, die Oſtfriesland um reichlich vier Wochen ſpäter als andere Gegenden verlaſſen, ſcheinen auf dem Herbſtzuge vielfach verunglückt zu ſein. So weit mir bisher aus der Umgegend bekannt geworden iſt, und mir ſelbſt Gelegenheit wurde, den Beſtand feſtzuſtellen, ergab ſich ein höchſt trauriges Reſultat. In meinem Revier kehrten nur vier Stück zurück — einzelne, nicht gepaarte Vögel. Die Ankunft fiel in die letzten Tage des April. Die Horſte ſtehen verlaſſen; einen neuen Zuzug habe ich nicht beobachtet. Die erſten Schwalben beobachtete ich am 3. April; ich befand mich am Watt, um den Vogelzug zu beobachten. Es war etwa 10 Uhr morgens, als eine Rauch- ſchwalbe ſüdweſtlich dicht über dem Waſſerſpiegel heranſtürmte und ſogleich hinter dem Deich Jagd auf Mücken machte; kurze Zeit nachher kam eine Stadtſchwalbe. Ein weiterer Zuzug in den nächſten Tagen erfolgte nicht. Erſt gegen den 20. April trafen mehrere ein, aber mehr als die Hälfte ſcheint umgekommen zu ſein. Der Kuckuck, hier ſehr gemein, theilt mit dem Storch das gleiche Schickſal. Ende Mai beobachtete ich den erſten Ankömmling; in meinem Revier, wo ich für gewöhnlich 25 bis 30 Kuckucke zähle, finde ich nur drei Stück. Es iſt mir bis hierher nicht ein Ei eingeliefert worden. | Zum Schluß erwähne ich das Verſchwinden der Sumpfohreule (Brachyotus palustris). Die Maſſeneinwanderung dieſer Eule beſprach ich in der „Gefiederten Welt“ Jahrgang 1883/84. In den genannten Jahren — es waren Mäuſejahre — erhielt ich über 100 Eier eingeliefert. Sie hat unſere Gegend verlaſſen: nur einige Pärchen ſind noch anzutreffen. Ein Gelege wurde mir nicht zugeſtellt. Emden im Juni 1886. Kleinere Mittheilungen. Kleinere Mittheilungen vom Harze. Seit Mitte Auguſt haben wir auf dem Oberharze eine ſelten vorkommende hohe Temperatur, faſt ohne alle Nieder— ſchläge und äußerſt wenig Gewitter gehabt. Es war ein ſchöner Sommer für die — 280 — ſogenannten Luftſchnapper und alle für dieſe Leute eingerichteten Wohnungen, Förſtereien, außer Betrieb geſetzte Zechenhäuſer, auch die ſtets mehr Mode werdenden Luftkurorte, ſtark beſetzt und hierdurch der ſonſt öde Oberharz ſtark belebt. Man traf überall Menſchen, aber, was den Naturfreund mehr intereſſirt, ſehr wenig Thiere. Ich bin jeden Tag, in Wald und Wieſen, (Feldbau exiſtirt hier oben nicht) ſpazieren gegangen, habe aber ſehr wenig Vögel und, außer zwei Eichhörnchen, kein wildes Thier geſehen, nicht einmal die ſonſt meiſtens vorkommende Mus her- eynius (Harzmaus). Ob der abnorm kalte, unfreundliche Vorſommer daran Schuld iſt, weiß ich nicht und bitte deshalb in dieſem Blatte um gefällige freundliche Mit⸗ theilung. Der ſonſt hier ſehr gepflegte Staar war auch ſchwach vertreten, beſonders aber Steinſchwalben (Cypselus) ſelten. Haus- und Rauchſchwalben ſehr vereinzelt. Seit Ende Juli ſah ich keine Rauchſchwalbe mehr und; die beiden andern jetzt noch ſehr vereinzelt. Droſſel und Kuckuck habe ich gar nicht gehört. Ebenſo ſchwach ſind die Finken vertreten und die Lerchen nehmen immer mehr ab. Der einzige fliegende Gaſt iſt zur Zeit eine Familie Reiher (A. einerea), vier Stück, welche aus der Ebene eingewandert ſind und unſere Fiſchteiche plündern. Wenn unſere 62 meiſt große Teiche auf dem Harzplateau alle mit Fiſchen beſetzt und gut gefüttert würden, würden wir mehr Reiher und andere Waſſervögel haben, ſo aber wird die Fiſchzucht nur auf wenige Teiche ausgedehnt und nicht entſprechend gefüttert. Natürliche Nahrung reicht nicht aus, da die Teiche alle durch Regen⸗ waſſer geſpeiſt werden. Um mir im Zimmer das zu erſetzen, was ich außerhalb vermiſſe, habe ich mir einen großen Vogelbauer und ein Aquarium angeſchafft. Außerdem halte ich noch eine gute Nachtigall und einen feinen Harzer Kanarienvogel, ſogenannten Roller, letzteren aber ſeparat, damit er durch die Finken nicht verdorben wird. In dem großen Vogelbauer befinden ſich Staare, Kreuzſchnäbel, verſchiedene Finken, auch Ausländer, Rothkelchen, Meiſen und Pieper im beſten Einverſtändniß, welches noch dadurch erhöht wird, daß das Innere des Bauers ſtets mit grünen Tannenzweigen ausgeſteckt wird, wodurch unliebſame Berührungen noch mehr ver— mieden werden. Die Nachtigall, welche ſtets munter und geſund und gut befiedert iſt, füttere ich mit feingehacktem Fleiſch, gekochtem Ei, Kartoffel, nebſt getrockneten Ameiſeneiern und Eintagsfliegen, wovon der Kanarienvogel auch täglich etwas bekommt und der Reſt, ſtark vermiſcht mit Weizenkleie, den Inſaſſen des großen Bauers gereicht wird. Die Mehlwurmzucht habe ich abgeſchafft. Ich fand nicht, daß durch das Füttern des Mehlwurms meine Vögel beſſer, wohl aber, daß die in den Kiſten entwickelten Motten meinen Kleidern und Polſtermöbeln ſehr ſchädlich waren. Mein Kanarienvogel ſingt, in Folge des guten Fütterns, das ganze Jahr, ſelbſt während der Mauſer. — 231 — Leider muß ich meinen guten Vogelbeſtand nun eingehen laſſen, da ich im nächſten Winter nach Süddeutſchland ziehen will. Sollte ein aufmerkſamer Vogel— freund darauf reflektiren, ſo würde ich alles gegen mäßige Entſchädigung abtreten. Klausthal. R. Freſenius. Die Sumpfſänger (Calamoherpe palustris) in der Umgebung von Gera haben ſich von Jahr zu Jahr gemehrt, nachdem hier vor zwanzig und einigen Jahren das erſte Paar bemerkt worden war. Heuer brüteten zwei Pärchen unweit der Stadt in einem ganz kleinen, etwa 15 Schritt langen uud ſehr ſchmalen Ufer: weidigt an der Elſter. Das eine Männchen war ein Sangeskünſtler, deſſen meiſter— haften Vorträgen ich oft am ſpäten Abend lauſchte. Er verflocht in ſeinen Geſang die Stimmen folgender neunzehn Vögel, die ich während des Verhörens einem Be— gleiter diktirte, um ganz ſicher zu gehen: Hausſperling, Gartenſänger (Hypol. salic.), Finkmeiſe (P. major), Stallſchwalbe, Feldlerche, Bergſtelze (Lockruf), Bachſtelze (die ſchwatzenden Unterhaltungsrufe), Feldſperling (der aus den verſchieden modulirten Lockrufen zuſammengeſetzte Frühjahrsgeſang), Mehlſchwalbe (H. urbica) (Lockruf), Hänfling (der gewöhnliche Beginn ſeines Schlages), Zaunkönig (faſt den ganzen Schlag), Sandläufer (Calidris arenaria), Stieglitz (das „Ziddelwit“ und auch andere Touren), Zeiſig (die Schlußparthie ſeiner Strophe), Fink (den Regenruf „frriht“ ſehr laut), Nachtigall (die gezogenen immer lauter werdenden Pfeiftöne von derſelben Tonhöhe), Gartengrasmücke, Dorngrasmücke, Zwunſch (Ligurinus chloris) (den Miauruf). — Eine halbe Stunde thalabwärts von Gera hatte ſich am Burgholdſtein wieder eine Kolonie von 7 Paaren etablirt. Hier brachte ein Sumpfſänger in ſeinem lieblichen Geſang ganz täuſchend und zwar mit beſonderer Vorliebe, das heißt recht oft, den gewöhnlichen Rebhühnerruf vor. K. Th. Liebe. Unverträglichkeit der Amſeln. In dieſem Frühjahr befand ſich in unſerm Garten in einem Taxusbuſche ein Amſelneſt; ca. 5 Schritt davon hatten Hänflinge in einer Epheu- und 15 Schritt weiter ein anderes Paar Hänflinge in einer wilden Wein⸗Hecke ihr Heim aufgeſchlagen. Da bemerkte ich eines Tages das Amſel— weibchen am Neſt der Hänflinge im Epheu und fand beim Nachſehen die ange— brüteten 5 Eier theils herausgeworfen, theils zerdrückt im Neſt. Zwei Tage ſpäter kam ich früh hinzu, wie diesmal das Amſelmännchen, verfolgt von den ängſtlich ſchreienden Hänflingen, ſich an dem zweiten Neſt zu ſchaffen machte; ich verjagte die Amſel und fand bald das Hänflingweibchen wieder brütend auf ſeinem Neſt; doch ſchon am Abend deſſelben Tages war auch das zweite Neſt den Amſeln zum Opfer gefallen: die Eier lagen zerdrückt darin. Es iſt dies ein neuer Beweis, wie wenig verträglich die Amſeln mit andern Vögeln während der Brutzeit leben. Beobachtete ich doch kürzlich noch ein anderes Amſelmännchen, deſſen Junge, aus⸗ geflogen, im Gebüſch gefüttert wurden, wie es mit geſträubtem Gefieder unter — 282 — lautem Geſchrei eine ihm doch immer noch beträchtlich an Größe überlegene Zwerg⸗ huhnglucke angriff, die mit ihren Kücken in die Nähe der jungen Amſeln gekommen war. Der Kampf der ſchwarzen Amſeln mit der weißen Henne ſah überaus komiſch aus, endete aber damit, daß die Glucke ihre Küchlein ſchleunigſt aus der gefährlichen Nachbarſchaft lockte. | H. Achenwall. Von den eben mitgetheilten ſehr intereſſanten Erſcheinungen laſſen ſich die erſten nur dadurch erklären, daß das Amſelweibchen im höchſten Grad bruthitzig war und die Hänflingeier bebrüten wollte, was deren Untergang zur Folge haben mußte. Ganz ähnliche Vorgänge habe ich öfter erlebt, — auch bei Hausthieren, bei Truthühnern und Enten. Im zweiten Fall fürchteten die Amſeln für ihre Jungen; die Henne hätte es mit den jungen Amſeln nicht anders gemacht, falls deren Aeltern abweſend waren. K. Th. Liebe. Junge von Gebirgsloris. Herr H. Diel, Chirurg in Bern, hat von Gebirgsloris drei Junge gezogen, von denen aber zwei geſtorben ſind. Schweiz. C. f. Orn. X., 39. Anzeigen. Jahrgang 1876 unſerer Monatsſchrift wird zu hohem Preiſe zu kaufen geſucht durch Paul Leverkühn, Hildesheim. Zu hohen Preiſen geſucht: E. F. von Homeyer, Syltematifche Ueberſicht der vögel Pommerns, mit Rück⸗ ſicht auf den allgemeinen Charakter des Landes u. ſ. w. Anclam 1837. 80 nebſt Anhang dazu 1841. 86. 5 und: Monatsſchrift, Jahrgang I nebſt den früher erſchienenen fliegenden Blättern, herausgegeben vom Verein. Abzugeben: Döbel's Jägerpractica. Dritte (1783) oder vierte (1828) Aufl. Hildesheim. Paul Leverkühn. Selbſtgezüchtete jap. Mövchen habe ſtets zu billigſtem Preis abzugeben. Nehme auch alle Arten Prachtfinken dagegen in Tanſch. Johann Deeg, Regnitzloſau (Poſt Rehau) Oberfranken. Anfrage. Wer züchtet verkäufliche Schildmövchen⸗Tauben mit fein weißen Flügelbinden, prima Qualität; und wie theuer a Paar? Um gefällige Ant⸗ wort bittet F. Schlag, Steinbach-Hallenberg i. Th. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide ſind an Herrn Rendant Rohmer in Zeitz zu richten. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle. De — 10 ö p — — ——— — . ——— ESS ID e I A [| KENN des 8 f Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Sabre + Beltrag bon fünf Mart 1 R Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ ee de a, In del, e de dune one. mer an del erbeten Str.⸗Inſp. Thiele. „ AT XI. Zahrgang. f November 1888. Ur. Il. Inhalt: Zur Vogelſchutzfrage. — A. Goering: Ornithologiſche Skizzen aus Argentinien IV. (Mit Abbildung.) Paul Leverkühn: Ornithologiſche Excurſionen im Frühling 1886 von Klaus— thal nach Kiel (2. Fortſetzung). F. Helm: Die Hautmuskeln der Vögel J. A. Frenzel: Aus meiner Vogelſtube: 36. Conurus leucotis (der Weißohrſittich). Dr. Ferd. Rudow: Ornithologiſche Notizen. — Kleinere Mittheilungen: Das Seltenerwerden der Wachtel. Der Steinröthel in der Rheinpfalz. Der Kuckuck. Beobachtungen aus der Vogelwelt. Ein kühner Hänfling. — Litte— rariſches. — Eingegangene Geſchenke. — Anzeigen. Zur Vogelſchutzfrage. Jüngſt hat das Reichsgericht das hochwichtige Erkenntniß abgegeben, daß „Gartenbeſitzer berechtigt ſind, Katzen, welche in die Gärten eindringen und daſelbſt den Singvögeln und anderem Geflügel nachſtellen, als Raubthiere zu behandeln und zu tödten“. Bei Ausübung dieſer Berechtigung darf der betreffende Gartenbeſitzer die polizeilichen Vorſchriften nicht außer Acht laſſen, welche ſich auf das „Schießen 21 „ 284 — in den Gärten“, auf das „Schießen in der Nähe der Wohnungen“, auf das „Schießen | in feuergefährlicher Nachbarfchaft“ ꝛc. beziehen, und welche in den verſchiedenen | Gauen unſeres Vaterlands verſchieden find. Unter Umſtänden ift man zum Tödten einer Katze zwar berechtigt, nicht aber zu einem Schuß auf dieſelbe. K. Th. Liebe. Ornithologiſche Skizzen aus Argentinien. Von A. Goering. IV. (Mit Abbildung.) Bevor wir unſere Excurſion in der Cordillera wieder aufnehmen, geſtatte ich mir, eine Scenerie aus den ſchon mehrfach erwähnten Sumpfgegenden, welche ſich | ſüdlich von Mendoza befinden, im Bilde vorzuführen. Dieſelbe giebt, wie ich glaube, | mit einem Male eine deutlichere Vorſtellung der Landſchaft und des in derſelben befindlichen Thierlebens, als eine lange Beſchreibung, und brauche ich wohl nur noch, zugleich auf die frühern Artikel zurückweiſend, einige erläuternde Om hinzuzufügen. Beim Anblide bieſes Bildes wird wohl mancher Leſer Luft eie in dieſer Gegend zu jagen und ſeine Sammlung zu bereichern. Er darf indeß nicht | erwarten, daß ein jo zahlreiches Vogelleben dort immer herrſcht; ja manchmal find | diejenigen Theile der weitausgedehnten Sümpfe, welche wir von der trockenen Ebene aus leicht erreichen können, von nur ſehr wenigen Vögeln belebt, die unſer beſonderes | ornithologiſches Intereſſe erregen. Aber der große Zuzug der Vögel ſcheint von der ſogenannten Trockenzeit abzuhängen: wenn die vielen nichtſtändigen Lagunen der Steppe wegen Regenmangels austrocknen, dann ſind ihre Bewohner gezwungen, die ſtändigen Lagunen aufzuſuchen. Eine ähnliche Erſcheinung fand ich ſpäter auf meinen Reiſen in Venezuela, wo der See von Valencia während der Trockenzeit eine Art Station für viele Vögel aus den Llanos zu bilden ſchien. Ich habe mehrfach erwähnt, wie groß die Schwierigkeiten des Jagens gerade in den Sümpfen von San Carlos ſind. Trotz | der großartigen Ausdehnung find doch keine ſolchen Waſſerflächen vorhanden, auf denen eine Fahrt im Boote möglich wäre, und wäre dies auch der Fall, ſo fehlte immer das Boot dazu. Und je weiter man eindringt, deſto trügeriſcher wird der Grund; oft glaubt man ſich eine weite Strecke vorwärts bewegen zu können, da ſinkt man plötzlich bis an die Bruſt und noch weiter hinein in den dampfenden Sumpf. Mit großer Mühe nur vermag man ſich wieder herauszuarbeiten. Und, wohl gerade wie bei uns, haben die ſogenannten „guten“ Vögel immer die un⸗ | zugänglichſten Stellen aufgeſucht. Es gehört alſo, ganz abgeſehen von den unzähligen -UHTUNJUOOLY "BZOPUIM ZUTMAOLT Op Ur unser m NEN, , 7 al NINE Ss Si 0 1 A wu Sl | Iilll | una jun | ä — e — 285 — Blutegeln und Mosquitos, große Anſtrengung und Ausdauer dazu, dort erfolgreich für die Sammlung zu jagen. Wie ſchon erwähnt, ſind hier die Enten in vielen Arten und in großen Maſſen vertreten und find beſonders folgende hervorzuheben: Bernicla antartica, Dendro- eygna fulva, Carina moschata, Dendrocygna viduata, Dafila spinicauda, Dafila babamensis, Querquedula flavirostris, Pterocyanea platalea, Anas brasiliensis, Mareca chiloensis, Anas peposaca, Querquedula maculirostris und andere mehr. Auch der ſogenannte Ganso, Cygnus coscoroba, iſt nicht ſelten, jedoch von mir nur zu 3—5 Exemplaren zuſammen geſehen. So groß wie unſre Hausgans und rein weiß, fällt dieſer Vogel ſehr in die Augen und iſt, ſcheinbar nicht ſo ſcheu wie der ſchwarzhalſige Schwan, leichter zu ſchießen als dieſer. Wir freuten uns, als wir lange gedarbt hatten, beide Arten erlegt zu haben, um uns am Abend eine ordentliche Mahlzeit daraus zu bereiten. Als aber die Körper über dem Feuer zu braten begannen, verbreitete ſich ein ſo widerlicher Geruch um uns, daß wir ſie weit von uns wegwerfen mußten, und uns nachher nichts Anderes übrig blieb, als hungrig ſchlafen zu gehen. In dieſen Lagunen finden ſich natürlich auch mancherlei ſchnepfenartige Vögel, welche zur Belebung des Ganzen viel beitragen; beſonders die Strand- und Waſſer— läufer, welche zum Theil in größern Geſellſchaften vorkommen, fallen, wie bei uns, durch ihr lebhaftes Weſen auf. Von dieſen kommen hier vor: Rhinchaea Hilarii, Tringa dorsalis, Totanus melanoleucus, Totanus flavipes, Scolopax frenata; letztere, nur einzeln aber nicht ſelten, lebt ganz nach Art unſerer Sumpfſchnepfen. Von Schilfhühnern bemerkte ich Gallinula galeata, Fulica armillata, Fulica leucoptera; die andern in Südamerika vorkommenden Arten beobachtete ich im Paranagebiete. | In dem dieſe Sümpfe umgebenden Buſchlande in der Richtung nach San Luis und weiter nach Norden lebt einzeln ein merkwürdiger Vogel, welcher hier die Stelle von Dicholophus eristatus in Braſilien vertritt und von Hartlaub Dicholophus Burmeisteri genannt worden iſt; er iſt nicht ganz ſo groß wie der Braſilianer und nicht wie dieſer fahlgelb, ſondern dunkelbraun von Farbe. Ich ſah den ſchönen Vogel, welcher in ſeiner äußern Erſcheinung einige Aehnlichkeit mit dem Schlangengeier (Secretär) hat, in den Wäldern von San Luis in ſehr weiter Entfernung, aufrecht gehend, ungemein ſchnell im Gebüſch verſchwinden. Von den Eingeborenen wurde mir erzählt, daß eine kleine Straußenart zuweilen ſich ſehen laſſe; wenn dies der Fall, ſo iſt es wahrſcheinlich Rhea Darwini, welche von Darwin viel weiter ſüdlich beobachtet wurde. Das häufige Vorkommen des Nandu, Rhea americana, habe ich ſchon früher erwähnt, und es ſei hier nur noch bemerkt, daß ſeine Eier wegen der Größe und wegen des vorzüglichen Geſchmackes 21* — 286 — ſehr beliebt ſind. In Uruguay ſah ich auf einer Eſtanzia die Pfähle einer Um⸗ zäunung, wohl an hundert, mit den Eierſchalen des Straußen gekrönt. Man hält den Strauß dort vielfach, auch in Argentinien, als Hausthier, und in neuerer Zeit ſind Verſuche gemacht worden, dieſe Art mit dem afrikaniſchen Strauße zu kreuzen, um durch Veredelung der Raſſe werthvollere Federn für den Handel zu erzielen, was auch ſchon mit Erfolg gekrönt worden iſt. Zur weiteren Erläuterung des beigegebenen Bildes ſei noch bemerkt, daß die dargeſtellte Scenerie nur einen ganz kleinen Theil dieſer Sümpfe und Lagunen bildet. Große Strecken beſtehen theilweiſe auch nur aus ſumpfigen Flüſſen ohne leuchtende Waſſerſpiegel; auch erhebt ſich hier und da ein Höhenzug oder Hügel (Medano) mitten aus dem Sumpfe, welcher, trocken, dieſelbe Vegetation trägt, wie die die Sümpfe umgebende Buſchlandſchaft. Der Blick iſt von Südoſt nach Nord⸗ weſt gerichtet und in nicht ganz weiter Ferne erheben ſich ſchon die erſten Ausläufer der Cordilleren, während der Hintergrund rechts von der Mendoziniſchen Ebene ge⸗ bildet wird, und als Abſchluß ſteigt weiter links ein Theil der Cordilleren mit ihren Schneehäuptern empor, welche uns für einen ſpätern Artikel weiteren Stoff bieten ſollen Ornithologiſche Exkurſionen im Frühling 1886. Von Clausthal nach Kiel. Von Paul Leverkühn. (2. Fortſetzung.) Schon längſt brannte ich vor Begierde, eine jener immenſen Mövencolonien | zu ſehen, welche in Holſtein durchaus nicht jelten find. Meine Nachforſchungen (unter andern auch bei den Delikateſſenhändlern, welche natürlich ihre Quellen ver⸗ ſchwiegen!) ergaben ſchließlich ein gutes Reſultat. Auf dem Molf-See, wenige | Kilometer von Kiel, war in der That eine Möveninſel, wie ich ſie bisher nur aus | Reiſebeſchreibungen kannte. Die kleine Inſel, etwa 50 Schritt lang und 20 breit, mitten in dem ziemlich kleinen See gelegen, ſchien mir mit unzähligen weißen Punkten beſäet, als ich ſie von einer Anhöhe aus einiger Entfernung zuerſt ge⸗ wahrte. Ein Blick durchs Glas genügte, um in jedem Flecke eine prächtig weiße Lachmöve (L. ridib.) zu erkennen. Als ich mich dem See näherte, freute ich mich an den ſchönen, eleganten Flugbewegungen der Vögel, welche ſich durch meine Nähe | nicht ſtören ließen. Sobald ich aber im Boot, welches mir ein Bewohner des Dorfes Molfſee bereitwillig zur Verfügung ſtellte, dem Eiland näher kam, erhoben ſich unter hundertſtimmigem Geſchrei die Möven, prachtvoll ſich von dem blauen | Himmel abhebend. Vollends grandios wurde das Getümmel in der Luft, als ich | landete, und auch die letzten Weibchen ſich in die Lüfte erhoben. Wahrhaft ohren — 287 — betäubend war das Gekrächz, paralyſiert durch den wunderbar ſchönen Anblick! Der kleine, mit Gras bewachſene Hügel, an deſſen Rande hin und wieder etwas Rohr ſteht, war von den Neſtern thatſächlich bedeckt: im Raſen, auf den vorhandenen Pulten, am Uferrande im Kies, in einem Röhrichthaufen — überall Neſt an Neſt! Wollte man keine Eier zertreten, ſo mußte man die Augen auf den Boden heften; wollte man die Vögel betrachten, ſo mußte man ſtillſtehen. Zum großen Theil enthielten die Neſter 1, 2, 3 Junge, viele auch Eier von eins bis vier an der Zahl, von denen natürlich die meiſten angepickt waren. Manches Junge arbeitete ſich gerade aus den Schalen. Nicht weniger als 3 Spuleier fand ich, die mir um ſo mehr willkommen waren, als ich beachſichtige, über ſolche Vorkommniſſe ſpäter⸗ hin das mir Bekannte zuſammenzuſtellen.“) Zwei dieſer Eier, von eigenartiger, ſchmutzig brauner Farbe am Oberende, faſt weiß am entgegengeſetzten, lagen in einem Neſt und enthielten Gelbes. — Ich brauche wohl kaum hervorzuheben, daß die verſchiedenartigſten Farben in den Gelegen vertreten waren: vom tiefſten Braun zum lichteſten Grün und Gelb; Varietäten verſchiedenſter Art, weiß und blau, gefleckt und ungefleckt, mit und ohne Schalenflecken, einige mit Protuberanzen **) u. dgl. m. Der Durchſchnitt von 56 gemeſſenen Eiern: 52,1: 37,6 mm Das größte Ei: 58: 38 mm (reſp. 54: 42 mm) Das kleinſte (normale) Ei: 46: 35 mm (reſp. 50: 34 mm) Die Spuleiermaße ſind: 30: 23, Ei ohne Gelbes | 3058346. an 43 0 Eier mit Gelbem. Ich bemerkte, daß die gleich einer weißen Wolke über mir ſchwebenden Möven — es mochten an 4000 ſein — ſtets eine gewiſſe gemeinſame Richtung beim Fliegen innehielten; etwa 10—50 hatten denſelben Kurs und wichen anderen Trupps geſchickt aus. Kein Vogel flog etwa gegen einen anderen! Es war ein wirres Durcheinander und doch geregelt. Als ich bei den Neſtern mir zu ſchaffen machte, flogen etliche Weibchen dicht an meinem Kopf vorbei, ohne mich zu berühren oder auch — zu beſchmutzen. Zwei Tage ſpäter, am 29. Mai, ſuchte ich das oſtholſteinſche Seengebiet auf. Ich fuhr nach Plön und fand kaum 1000 Schritt von der Station entfernt im ſog. Schlöh-See eine Seeſchwalbenkolonie. Das Glück wollte es, daß ich den *) Ich benutze dieſe Gelegenheit zu der Bitte an den Leſer, mir vorkommenden Falls Spul— eier gütigſt zu überlaſſen reſp. zur Anſicht zuzuſenden. Zu beliebigen Gegendienſten werde ich gern bereit ſein. (Adr.: Kiel.) Lev. **) Unter Protuberanzen verſtehe ich die kleinen kalkigen Erhöhungen der Eiſchale, welche am typiſchſten bei den Haubentauchereiern vorkommen; „Schwammſchicht“ nach Landois. Lev. — 288 — Pächter des Sees traf, welchem allein die Erlaubniß zuſteht, die kleinen vogel⸗ bewohnten Inſeln zu betreten und welchem auch die wenigen Boote am See gehörten. Keine der Seeſchwalben (St. fluviatilis (L.) N.) war auf der Inſel, ſoweit ich vom Ufer aus ſehen konnte; alle ſchwebten in beträchtlicher Höhe, beſtändig ihr kri-ääh kri-ääh rufend. Wir landeten an einer der Inſeln, welche im ganzen etwa 30 Nefter mit 3, 2 auch 4 Eiern (ein Gelege) barg. Die Neſter waren am Rande der kleinen Inſel auf dem Kies, nur einige im Raſen. Auch ein Kiebitz (V. erist.) hatte ſich dieſen Platz zur Brutſtelle auserkoren; ſein Neſt mit 4 Eiern fand ich wohl, doch war weit und breit kein Vogel dazu zu ſehen. Gern wäre ich länger auf dem | See geblieben, um die ſchönen Segler der Lüfte zu beobachten, aber meinem Boot⸗ führer fehlte die Zeit. So wanderte ich bald wieder am See entlang, betrachtete Lachmöven, welche hinter einem Pfluge einhergingen, um jeden Wurm haſtig zu verſchlingen, und war bald am Behler-See, in welchem keine Inſeln liegen; au, ſeinen Ufern ſchienen auch keine intereſſanteren Vogelarten ihr Domizil aufgeſchlagen zu haben. Dagegen befindet ſich in der Fortſetzung des Sees, einem kleineren | Waſſerbaſſin, dem Langer See, wieder eine Möveninſel. Der Pächter desſelben, welcher ein Betreten der Inſel, geſchweige denn Sammeln der Eier ſtreng ver— | boten hat, fuhr mich freundlicherweiſe hinüber. Die Inſel war viel größer als jene im Molf⸗See, etwa 500 Schritt in der Länge, und hat drei Zipfel, deren einer | auf ſeiner äußerſten Ecke etwa 100 Lachmöven paſſenden Brutplatz bietet. Der langgeſtreckteſte der Ausläufer war ganz ohne Neſter, während auf dem am wenig⸗ ſten vorſpringenden Ende zahlreich die Flußſeeſchwalben (St. fluviat.) vertreten waren. Dem Pächter der Inſel war es wohl bekannt, daß die Vögel nur ganz beſtimmte Gegenden des Eilands zum Brüten ſich auswählten; ſo ſei es, ſagte er, ſeit Alters her geweſen. — Als wir ausſtiegen, trabten uns 5 Rinder und einige 20 Schafe entgegen, ſichtlich über unſeren Beſuch erfreut. Die Luft war erfüllt vom Geſchrei der Seeſchwalben und Möven; auch etliche Kiebitze, Regenpfeifer und ein Paar Alpenſtrandläufer ließen ſich ſehen und hören. Einen hervorragenden Platz im Vogelkonzert nahm natürlich der Rothſchenkel ein, deſſen ruckweiſer Flug, ſtets zuerſt auf ſolchen Dorados in die Augen fällt. Das Vieh ſchien die Neſter zu reſpektieren, ich fand nur eines von Totanus calidris, welches offenbar ein Schaf zertreten hatte. Auch turnten die Thiere ganz geſchickt über die Eier weg, — denn ſie folgten uns auf Schritt und Tritt — oft ſo dicht daran, daß ich um ſie beſorgt war. Die Seeſchwalben hatten ihre Neſter ſämmtlich im Raſen, nicht eines war an dem kleinen Strande zu finden. Sie enthielten 2, 3 und 4 Eier (ein Ge⸗ lege). Wenigſtens 35—40 Neſter zählte ich. Zwanzig Schritte weiter lagen die Mövengelege in den gefälligen Neſtern, theils im Grünen, theils am Ufer; eines inmitten eines Brenneſſeldickichts. Nur ein Junges fanden wir! Auch waren die | F — 289 — Eier ſcheinbar wenig bebrütet, keines angepickt und hatten alle ſozuſagen eine geſunde Farbe d. h. das normale Kolorit; kein Blau und Weiß, keine Protuberanzen, keine abnorme Form war zu ſehen. Warum in dieſer Kolonie die Möven noch nicht jo weit mit dem Brutgeſchäft vorgerückt waren, wie ihre Schweſtern im Molf-See, iſt mir unerfindlich; warum ſie keine monſtröſen Eier gelegt — ſehr erklärlich! Es war ja das erſte Gelege, das ihnen ihr Beſchützer ruhig gelaſſen hatte, da er den hohen Werth der Möven für ſeine Aecker und den geringen Werth ihrer Eier längſt erkannt hatte. Nachdem ich durch den Holm, einen prachtvollen Buchenwald längs des Diek— See's gegangen war und im „Badeorte“ Gremsmühlen übernachtet hatte, ging ich am andern Morgen nach der kurzen Fahrt nach Plön per Bahn, zum Parnaß, einem kleinen Berge, der ſich vom griechiſchen Muſenberge nur durch ſeine ab— weichende Schreibweiſe (mit ß) unterſcheidet. Von ſeinem Gipfel hat man eine prachtvolle Ausſicht über die Stadt Plön zu den See'n ringsum, ſodaß man ver— ſucht iſt, in das Wort Baggeſen's „Plön ſei einer der ſchönſten Flecken der Erde“ einzuſtimmen. Ich bemerkte mit dem Krimſtecher auf dem Trammer See etliche Vögel; dieſen nachzuſpüren nahm ich ein Boot, fuhr durch den Dreck- und Trent- See und hatte nun von unten den Blick auf den hübſchen Parnaß. Auf einer Inſel fand ich ein Wildentenneſt (A. boschas), deſſen Inhalt, etliche Schalenreſte, auf ein glückliches Auskommen der Jungen ſchließen ließ. Ueber dieſer, wie einer zweiten Wieſe, riefen viele Tüten (Tot. calidris), die ſtändigen Bewohner jeder grünen, vom Waſſer umgebenen Stelle. Auf der Inſel Nr. 2, auf welcher etwa 10 verwilderte Schafe umhergallopierten, waren einige Seeſchwalben, deren heiſeres melancholiſches kri-ääh kıi-ääh durch das ängſtliche Schreien eines Kiebitzes unter⸗ brochen wurde. Ich fand zwei Kiebitzneſter mit 3 und 4 Eiern und konſtatierte abermals, daß die alten Kiebitze nicht in Sehweite ihres Neſtes waren. Mehr aus Pedanterie, denn in der Hoffnung einen Fund zu thun, lief ich zum Schluß ein kleines Inſelchen an, welches gerade 6 Schritt lang war und das, mit Schilf um— geben, mit Gras bewachſen war. Wirklich war es bewohnt: auf der höchſten Stelle hatte eine Seeſchwalbe ihre 3 Eier in den Raſen gelegt. Ich blieb nahe dem Inſelchen eine Zeit lang liegen und beobachtetete den einen der Alten, welcher, in großer Höhe ſchwebend, mit rechtwinklig gebogenem Halſe den Störer ſeiner Be— ſitzung betrachtete. Für den Nachmittag hatte ich mir einen Beſuch des großen Plöner Sees auf— geſpart, von deſſen Vogelleben, zumal auf den „nichtzubetretenden“ Inſeln ich ver: ſchiedentlich hatte reden hören. Es gelang mir, den rechten Mann ausfindig zu machen, welcher Befugniß hat, einen Theil der Inſeln zu betreten. Seit einiger Zeit hat man den Waſſerſtand im Großen Plöner See um 5 Fuß erniedrigt, und — 290 — dadurch ſind eine Menge kleiner Inſeln neu entſtanden, die natürlich ſofort mit Pflanzen bedeckt und von Vögeln in Beſitz genommen wurden. Ziemlich nahe dem Lande, ungefähr in der Mitte der nördlichen Seite des Sees, erſtreckt ſich ein großes „Warder“, welches einer ſehr großen Anzahl von Flußſeeſchwalben zum Brutplatz dient. In früheren Jahren find hier ſyſtematiſch die Eier ſolange ge ſammelt bis ſich zwei in den Neſtern fanden, die man dann ungeſtört ausbrüten ließ. Jetzt geſchieht dieſes nicht mehr, und den Vögeln bleibt ihr erſtes Gelege. Dennoch hat ſich, wie mein Gewährsmann berichtet, die Zahl der Vögel vermindert; dieſelbe Erſcheinung, nur in ſehr verſtärktem Maße, wurde auf den Möveninſeln (nahe der Stadt Plön) beobachtet, wie man mir ſagte, infolge der Einwanderung von Ratten. Auf dem von Seeſchwalben bewohnten Eilande dagegen kamen Ratten gar nicht oder höchſt ſelten vor.“) — Nur eine kleine Strecke am weſtlichen Strande haben die Vögel jahraus jahrein beſetzt, woſelbſt ſie ihre Neſter ſämmtlich im Kies, nahe dem Waſſer (keines im Raſen!) angelegt hatten. Gewiß iſt es nicht zu gering taxirt, wenn ich die Zahl der Vögel mit 5—600 angebe. So ſchwer eine ſolche Schätzung auch iſt, ſo gewährt doch die vorhandene Zahl der Niſtſtätten einen gewiſſen Anhalt. Letztere waren mit 2 und 3, ſelten einem Ei belegt, und zwar, ebenſo wie auf der Möveninſel im Langer-See, mit wenig differierenden oder gar abnormen Eiern. Nur ein bläuliches Ei ohne Flecken fand ich im Kies ohne Neſtunterlage. Als ein Zeichen der Geſundheit der Vögel betrachtete ich den Umſtand, daß neben zwei nor⸗ malgroßen Eiern ein Doppelei lag, deſſen Größe (50,3: 35,2 mm) gewaltig von den übrigen beiden differierte (39: 29,2 und 39,9: 31 mm). Die Eier eines Ge- leges weichen hinſichtlich der Größe nicht ſonderlich ab. Durchſchnitt von 98 gemeſſenen Eiern: 42: 30,3 mm Maximum: 45: 31, mm (reſp. 44: 33) Minimum: 39,3: 29,2 mm (reſp. 41: 29). Die Inſel war außer von den Seeſchwalben, einer Anzahl Schafen, auch von einer Rabenkrähe (C. corone) bewohnt, welche in einem faſt undurchdringlichen Dornbuſch ihre zwei Jungen großfütterte. — Während der Fahrt ſah ich zahlreiche Stockenten, Reiherenten, Moorenten ꝛc. (A. boschas, Ful. eristata, nyroca) auch ſchon eine Wildgans (A. einereus), welche vornehmlich im weſtlichen Theile des Sees auf dem Terrain des Grafen Brockdorff-Ahlefeldt zu Aſcheberg brütet. Als wir uns einer ziemlich großen Inſel inmitten des Sees näherten, hatte ich die große Freude, ein Paar Gänſe mit Jungen zu ſehen. Die Alte wurde von 5 Kleinen *) Die Möglichkeit, daß infolge des Schongeſetzes, durch welches de facto ein Einſammeln von Möven⸗ und Seeſchwalbeneiern unmöglich gemacht iſt, die Eierſammelei rückſichts⸗ und regel⸗ los auf dieſer Inſel betrieben wird — wie es auf den nordfrieſiſchen Inſeln zum Theil der Fall iſt — bleibt gänzlich ausgeſchloſſen, da die Aufficht eine ſehr ſtrenge iſt und der aufpaſſende Land⸗ mann, zugleich Pächter der Inſel, die Eier ſehr gering ſchätzt. Lev. — 291 — begleitet, welche zum Theil auf dem Rücken der Mutter ſaßen. Der Vater der Familie ſchwamm in einiger Entfernung: ein allerliebſtes Genrebild! Bei unſerer Landung verließen große Entenſchwärme die Inſel; außer den genannten Arten auch Schellenten (Clang. glaucion) und gewiß noch manche andere, die zu iden— tificieren ich noch nicht im Stande war. Bei dem Geräuſch unſerer Schritte brach ein großer Vogel auf der anderen Seite des Eilandes mit lauten ank ank auf, dem bald ein zweiter folgte. Es waren Gänſe, die in weitem Umkreis ſpäterhin die Inſel umſchwammen. Letztere war förmlich vom Koth (einem vorzüglichen Guano!) und den Federn der gerade in der Mauſer befindlichen Wildgänſe bedeckt. Natürlich war ſie ein Brutplatz dieſes Vogels. Wir fanden auch 8 Neſter mit Schalenreſten, letztere zu ſehr kleinen Stückchen zerbrochen, und zur Hälfte mit faulen, liegengebliebenen, heilen Eiern verſehen. Mitten auf der Inſel lag ein fünftes „verlegtes“ Ei. Am Strande konnte man die Plätze genau erkennen, wo je eine Gänſefamilie geſeſſen: in einem Halbkreiſe von ungefähr 3—4 Fuß Durchmeſſer waren 5 oder 6 kleinere und 2 größere Kothklumpen aufgeſchichtet, ein Zeichen, daß die Sieſta (oder Nacht— ruhe?) der Gänſe lange gedauert hatte. Eine ziemliche Anzahl Seeſchwalben be— völkerte die Luft; ihre Neſter ſtanden wieder alle im Kies, keines im Grünen! Natürlich fehlten Rothſchenkel, Kiebitze und Regenpfeifer auch nicht. Dagegen habe ich die kleine Seeſchwalbe (Sterna minuta) nicht auf den Inſeln brütend gefunden, nur eine im Fluge während des Segelns beobachtet. Auf dieſer abgelegenen Scholle hat ſich im Vorjahr eine Uferſchwalbengeſellſchaft häuslich eingerichtet, welche dort auf das ungeſtörteſte ihre Brut großgezogen hat, wie mir mein Begleiter erzählte — dieſes Jahr war aber keine wiedergekommen. Auch auf dieſer Inſel ſaß ein Krähenneſt, deſſen Junge dasſelbe aber ſchon verlaſſen hatten. — Da ich die berühmten Gänſewerder, woſelbſt an 70 Paare brüten ſollten, auf der Weſtſeite des Sees gerne beſuchen wollte, fragte ich bei dem Beſitzer um Erlaub— niß an. Mit der größten Bereitwilligkeit gewährte mir Herr Graf Brockdorff meine Bitte, ja fuhr von dem idylliſch gelegenen Schloſſe Aſcheberg aus ſelbſt mit mir zu den einzelnen Inſeln, um mir einige Neſter zu zeigen. Die Gänſe brüten hier ſehr ungeſtört; es iſt verboten, ſich den Inſeln auf mehr als 100 Schritt mit dem Boote zu nähern und ein Betreten derſelben iſt bei ſehr hoher Strafe verboten. Einem Eierſammler iſt die Uebertretung dieſes Verbots vor einigen Jahren ſehr koſt⸗ und zeitſpielig zu ſtehen gekommen! — In dieſem Jahre war ſeit Anfang März bis zu dem Tage, wo ich die Ehre hatte, die Inſeln beaugenſcheinigen zu dürfen (am 5. Juni), kein Menſch auf denſelben geweſen; nicht einmal der Fiſcher aus Aſcheberg. — Die größte der Inſeln barg eine Menge Gänſeneſter, in denen 1, 2, einmal ſogar 3 Eier lagen, faule natürlich. Sie differirten ſehr in der Größe. Durchſchnitt von 14 Eiern: 84,7: 58 mm. Max.: 92:55 reſp. 89:62. Min.: — 292 — 81:54. Der Koth der Vögel hat eine ſehr üppige Vegetation hervorſprießen laſſen; zum größten Theil find es leider große Brenneſſeln (Urt. dioica L.), welche uns oft bis an die Arme reichten. Tief unten in dieſem Urwald, auf dem Erd⸗ boden, brüten die Enten mit Vorliebe. — Eine große Anzahl Gänſe konnten wir auf dem See beobachten, welche gründelnd ihre Nahrung ſuchen. Sie waren zum Theil zu großen Geſellſchaften, bis zu 30 Stück, vereinigt. — Die Jagd auf die während der Brutzeit ſo vorzüglich geſchonten Gänſe findet ungefähr um Johannis ſtatt, da dann die Mauſer der Alten ziemlich beendet iſt, und die Jungen ihr Dunenkleid mit dem ordentlichen Gefieder vertauſcht haben. Da die große Jagd etwas anders auf dem Plöner See gehandhabt wird, als ſie von Naumann beſchrieben iſt (Nat. d. V. D. Bd. 11 S. 270 ff.), ſei es geſtattet, die⸗ jelbe kurz zu beſchreiben. Die zahlreichen Schützen vertheilen ſich auf der Landſeite, von wo ſie, mit Reiherſtiefeln verſehen, im Schilf Deckung ſuchen, auf den Inſeln und in Booten, die auf der einen Seite des Sees in der Nähe des Landes bleiben. Von der gegenüberliegenden Seite aus wird getrieben und zwar ebenfalls von Kähnen aus, da die bedeutende Tiefe des Sees ein Waten im Waſſer zur Unmöglichkeit macht. Alle Schiffer der Umgegend müſſen heran, da die Waſſerfläche eine ſehr große iſt; auch bringen ſich viele der geladenen Gäſte Boote mit. Morgens nach dem obligaten Jagdfrühſtück beginnt das Treiben; langſam rückt die treibende Linie vor; langſam nähern ſich die Gänſefamilien den Schützen. Endlich kann man an den geringen Bewegungen des Schilfes heranſchwimmende Gänſe erkennen, und ſofort beginnt das Feuern. Oft werden 60 —70 an einem Tage erlegt, von denen jeder der Treiber und Fiſcher eine erhält.“) — Zum Schluß fuhren wir zu einer Möveninſel, deren Bewohner uns mit lauten Gekrächz empfingen. Da die Brenneſſeln die ganze Inſel beherrſchten, ſo war den Lachmöven nur ein ſehr kleiner Theil unmittelbar am Geſtade zum Anlegen der Neſter geblieben. Hier ſaßen die Jungen dicht neben einander, manche ſoeben den Eiern entſchlüpft. Die Zahl der Möven betrug mehrere Hunderte. Auch ſie erfreuen ſich vorzüglichen Schutzes. Aus dem Neſſeldickicht flogen zwei Moorenten (Fulig. nyroca) auf, höchſtwahrſcheinlich von ihren Neſtern. Als wir um eine Ecke der Inſel bogen, ſahen wir zahlreiche Haubentaucher (Pod. erist.), von denen einige ſoeben ihre Neſter verließen. Sie mußten dem kolonienweiſen Brüten der Möven viel Geſchmack abgewonnen haben, denn fie hatten es nachgeahmt.“ “) Nicht weniger als 10 Neſter waren auf den erſten Blick zu ſehen! Sie ſtanden alle dicht beim *) Ich hoffe, durch eingezogene Erkundigungen dieſen Bericht über die Jagd ſpäter noch vervollſtändigen zu können. Lev. ) Von einem kolonienweiſen Brüten der Taucher finde ich in den mir zur Verfügung ſtehenden ornithologiſchen Werken nichts angegeben. Lev. — 293 — Ufer im Waſſer, welches hier höchſtens einen halben Fuß tief war. Bis auf eines waren alle in der Eile von den flüchtenden Vögeln mit Waſſerpflanzen bedeckt. Als der Fiſcherei ſchädlich, ſollten die „Feuerhähne“ etwas im Zaume gehalten werden; daher nahmen wir ihnen dieſes ihr erſtes Gelege. Daſſelbe beſtand einmal aus zwei, ſechsmal aus vier und dreimal aus fünf Eiern. In einem Neſt lag erſt ein Ei, wie auch neben einem Neſt mit vier Eiern ein hellblaues Ei im klaren Waſſer lag. Dieſe ſämmtlichen Eier waren friſch oder ganz wenig bebrütet. Durchſchnitt von 41 Eiern: 57,4: 36,9 mm Max.: 60: 38 (reſp. 58,3: 38,8) Min.: 51,6: 38,2 (reſp. 58,9; 34,1). Auch ein Waſſerhuhn (Fulica atra L.) befand ſich in dem „Taucherdorf“; ſein Neſt enthielt 7 ſcheinbar ſtark bebrütete Eier. Aus großer Ferne beobachteten uns die Haubentaucher; welche Enttäuſchung erwartete ſie! — Halb mit Schlamm bedeckt lag endlich noch ein Ei der Tafelente (Ful. ferina (Steph.) L.) auf dieſem vogel⸗ reichen Werder. — Nachdem ich mich auf dem Schloß vom Herrn Grafen Brockdorff, dem ich für ſeine große Freundlichkeit außerordentlich dankbar war, verabſchiedet, wanderte ich längs des Plöner Sees wieder zum Schlöh-See, deſſen Inſeln ich beim erſten Beſuch noch nicht alle kennen gelernt hatte. Auf demſelben herrſchte ein lebhaftes Getriebe: Kiebitze, Regenpfeifer und beſonders Rothſchenkel muſicierten, von dem monotonen Geſchrei mehrer hundert Seeſchwalben begleitet. Nur ein hellgrünes Ei mit drei verwaſchenen Schalenflecken nahm ich von letzterer mit. Neſter waren die Hülle und Fülle zu finden; ja in der Dämmerung mußte ich behutſam auftreten, um keine Eier zu verletzen. Als ich ſo über das Werder ging, erſchrak ich förmlich über das heftige Geräuſch, welches eine unmittelbar vor meinen Füßen aufſtehende Moorente durch ihren harten, kurzen Flügelſchlag, verbunden mit einem ſchnarrenden Tone aus der Kehle, hervorrief. Dicht über dem Waſſerſpiegel flog ſie fort, ſodaß ihr Flügelſchlag oft das Waſſer berührte. In ihr Element eingefallen, verhielt ſie ſich in der Folgezeit ganz ſtill. Das ſchöne Neſt enthielt einen kuppelartigen Ober— bau aus zuſammen- und über einandergebogenen Grashalmen. Das Gelege, 8 Eier, war wohl noch nicht vollzählich, da Dunen abſolut nicht vorhanden waren. Soweit ich ſehen konnte, variierten dieſe prachtvollen, glänzenden, dunkelgelbbraunen, mit einem ſchwach grünlichen Anflug geſchmückten Eier gar nicht. — Sehr zufrieden mit dem Erfolge meines „Trip's“ kehrte ich nach Kiel zurück, von wo aus ich vor der Pfingſtwoche nur noch einmal nach Schönkirchen ging. Hier hatten Herr Ingenieur Wieſe und ich das Glück ‚Blaufehlchen (Cyanec. leueoe. Chr. L. Br.) am Brutplatz zu beobachten. Dicht hinter dem Dorfe, welches inmitten — 294 — von Aeckern, ſämmtlich mit Knicks“) umgeben, liegt, iſt ein kleiner ſumpfiger Platz, welcher allerhöchſtens einem Sumpfhuhn zum Aufenthalt dienen könnte. Etliche Rohr⸗ ſänger ſchnarrten vergnüglich in der Nähe (Aeroceph. arundinacea N.). Auf ein: mal ſchlug ein fremdartiger Ton tack, tack (wie ihn Naumann überſetzt) an unſer Ohr; er kam von einem Blaukehlchenmännchen, welches, mit einer großen gelblichen Libelle im Schnabel, auf einem Zweig eines Knicks ſitzend, uns beobachtete. Seine Bewegungen erinnerten durchaus an die des Rothkehlchens. Sofort lagen wir auf der Erde, um mit bewaffnetem Auge den durchaus nicht ſcheuen Vogel genauer zu betrachten. Nicht ſehr unruhig, ſprang das gewandte Vögelchen doch oft von Aſt zu Aſt, ſcheinbar uns ſtets viſierend. Zuweilen flog es in das dichte Geſtrüpp nieder, kam bald wieder zum Vorſchein, ſtets die Waſſerjungfer im Schnabel. Bald zeigte ſich auch das weniger farbenprächtige Weibchen, welches in ſeinem Betragen nicht ſonderlich vom Männchen abwich. Gewiß hatten ſie in dem unent⸗ wirrbaren ſumpfigen Gebüſch, zwiſchen einem der zahlreichen Strünke, ihr Neſt mit großen Jungen! 1885 find bei Schrevenborn, nicht weit von Schönkirchen, ebenfalls im Sommer häufiger Blaukehlchen beobachtet worden. — Das Männchen entſprach in Farbe und Haltung vollſtändig dem ſchönen Bilde, welches Naumann in ſeinen Nach⸗ trägen auf Tafel 364 Fig. 1 giebt. — An dieſer Stelle kann ich nicht unterlaſſen, darauf hinzuweiſen, welch großen, großen Genuß es gewährt, von einer Exkurſion heimgekehrt, beim lieben Naumann über die geſehenen Arten nachzuleſen; findet man doch faſt alles auf das genaueſte ſo, wie man es ſelbſt geſehen — und wie viel noch außerdem, was dem weit ungeübteren Beobachter entgangen iſt! Erſt, wenn man in dieſer Weiſe häufiger gearbeitet hat, wird es einem klar, einen welch immenſen Scharfblick unſer erſter Ornithologe beſeſſen, welch herrliche Beobachtungs- und Schilderungsgabe ihm zu ſtatten gekommen! — Letztere Betrachtung ſtellte ich des öfteren auch auf der letzten der diesjährigen Frühjahrstouren, nach den nordfrieſiſchen Inſeln, an; war es doch gleichſam ein claſſiſcher Ort (wenigſtens für Vogelfreunde), den ich betreten ſollte, daher las ich fleißig die ſchöne Schilderung, welche Naumann ſeinerzeit von ſeiner Reiſe entworfen hat“), und alles, alles fand ich jo — nur nicht die großen Zahlen der Brutvögel; doch davon ſpäter! ) Die Knicks und ihre reiche Avifauna zu ſtudieren, muß ich auf kommenden Frühling verſchieben, da dieſes Jahr alle freie Zeit durch Exkurſionen in die Seen- und Sumpfgebiete abſorbiert wurde. Lev. **) „Iſis“ von Oken, Jahrgang 1819. 2. S. 1845 ff. — 295 — Die Hautmuskeln der Vögel. Von F. Helm. | I. Wie ſchon Bräß in feiner Abhandlung über das Federkleid der Vögel in dieſer Monatsſchrift erwähnt hat, breiten ſich die Konturfedern, von einigen Aus— nahmen abgeſehen, nicht gleichmäßig über den ganzen Vogelkörper aus, ſondern ſie treten an beſtimmten Körperſtellen in größeren Gruppen — in Geſtalt von Feder— fluren — auf, die von einander durch federloſe oder nur mit Dunen beſetzte Stellen — Federraine — getrennt ſind. Je nach den Körpertheilen, an welchen dieſe Fluren und Raine auftreten, hat fie Nitz ſch in feiner Pterylographie mit den Namen Unter-, Lenden-, Schulter-, Rücken⸗, Flügel, Ober⸗ und Unterſchenkel⸗, After⸗ und Bürzeldrüſenflur und die Raine Unter-, Rumpfſeiten-, Rückgratrain ꝛc. benannt, wie ja auch in der ſchon citirten Abhandlung erörtert wurde. Um nun den Vögeln, welche ihr Gefieder, ſowohl der Reinigung und Einölung wegen, als auch um verſchiedenen Effekten Ausdruck zu verleihen, oft ſträuben, dieſen Act zu ermöglichen, haben ſich beſondere Muskeln differenzirt, welche, weil ſie die äußere Haut und die in ihr ſteckenden Federn bewegen, als Hautmuskeln bezeichnet werden. In der nun folgenden Abhandlung ſollen dieſelben, wie ich ſie bei meinen Unter⸗ ſuchungen von Vögeln aus verſchiedenen Ordnungen gefunden habe, näher ge— ſchildert werden. Im Allgemeinen kann man ſämmtliche Hautmuskeln der Vögel in 2 große Gruppen eintheilen, nämlich in ſolche, welche zur Bewegung der einzelnen Federn dienen und ſolche, welche dieſe Function für ganze Fluren oder Theile derſelben übernehmen. Betrachten wir jetzt die erſte Gruppe näher. A. Muskeln, welche ſich an einzelnen Federn inſeriren. Alle Konturfedern, mit Ausnahme der Schwung⸗- und Steuerfedern, ſind mit dieſen Muskeln ausgerüſtet, von denen jeder ſich zwiſchen 2 benachbarten Federn ausſpannt. In der Regel inſeriren ſich, wie auch Nitzſch ſchon in ſeiner Pterylo— graphie erwähnt, 4 Muskeln an die einzelne Feder. Je nach der gegenſeitigen Stellung derſelben in den Fluren bilden dieſe Muskeln bald Quadrate, bald Recht— ecke oder Rhomben. Steigt ihre Zahl auf 6, ſo bilden die neu hinzukommenden in jedem Viereck eine Diagonale. Dieſer Fall tritt ein bei einigen Schwimmvögeln: bei der Eisente (Harelda glacialis) an den Federn des hintern Theils der Rüden: flur, bei der Schellente (Clangula glaucion) und dem großen Säger (Mergus merganser) an denjenigen der Schulterflur und bei letzterem außerdem noch am Unterhals an den Federn der Rücken⸗ und Unterflur, bei dem Haushuhn (6. — 296 — domesticus) auf der Mitte des Rückens, bei dem Hirtenvogel (Palamedea chavaria) an den Federn, welche den vorderen Theil der Bruſt und den Oberſchenkel bekleiden, bei der Haus- und Lachtaube (Col. domestica und risoria) am Rücken und Mittelhals und bei manchen Singvögeln ebenfalls am Mittelhals. Seltener als mit 6 ſind die Konturfedern mit 5 Muskeln verſehen, nämlich nur diejenigen, welche am Rande der Strecke ſtehen, innerhalb derer 6 an jede Feder ſich inſeriren. Die Faſern dieſer Muskeln liegen in der Regel dicht neben einander und bilden förmliche Muskelſtränge; nur bei dem Wachtelkönig (Crex pratensis) und dem Hirtenvogel (Palamedea chavaria) fand ich ein anderes Verhalten. Bei einem alten Exemplar der zuerſt genannten Gattung divergirten am hintern Theil des Rumpfſeitenraines die Faſern derjenigen Muskeln, welche ſich an die dort befindlichen Dunen inſerirten, ſtark bogenförmig, ſo daß man auf den erſten Blick glauben konnte, eine förmliche Muskelſcheide vor ſich zu haben. Bei dem Hirtenvogel, bei welchem die zwiſchen den Konturfedern auftretenden Dunen durchgängig mit beſonderen Muskeln verſehen ſind, war ein ähnliches Verhalten, wenn auch nicht in ſo ausgeprägtem Maße, zu beobachten. Abgeſehen von dieſen beiden eben namhaft gemachten Fällen fehlten bei allen von mir unterſuchten Vögeln den Dunen beſondere Muskeln. Was nun die Ausbildung dieſer zur Bewegung der einzelnen Federn dienenden Muskeln anbetrifft, ſo ſcheinen ſie je nach der Größe und Häufigkeit der Bewegung der Federn bald ſtärker, bald ſchwächer entwickelt zu ſein. Relativ am ſtärkſten fand ich ſie an denjenigen Körperſtellen, welche mit keinem beſonders differenzirten Hautmuskel ausgeſtattet waren, deren Federn aber häufig aufgerichtet werden, ſo namentlich an den Federn der Stirn und des Vorderhaupts der Gangvögel (Passeres). Außerdem ſcheint auch das Alter nicht ganz ohne Einfluß zu ſein, denn bei jüngeren Vögeln waren ſie meiſt ſchwächer als bei älteren ausgebildet. Die Wirkung dieſer Muskeln wird in dem Sträuben und Niederlegen der Konturfedern beſtehen; ſie werden ſich demnach wohl gleichzeitig mit denjenigen Haut⸗ muskeln, welche der andern Gruppe angehören, contrahiren und auf dieſe Weiſe die letzteren unterſtützen. B. Muskeln, welche ſich an Fluren oder Theile derſelben anheften. Dieſelben zeigen bei den einzelnen Vogelordnungen größere Unterſchiede in Bezug auf ihre Ausbildung als die eben geſchilderten. Ihre Anzahl beträgt 15. Doch bei keiner Ordnung kommen fie alle zur Entwickelung; die Schwimmvpögel (Natatores) beſitzen deren 10, ebenſo die Hühnervögel (Rasores), die Sumpfvögel (Grallatores) 11, die Tauben (Columbinae) 9, die Klettervögel (Scansores) 7, die Gangvögel (Passeres) 6 und die Raubvögel (Raptatores) 8. So verſchieden auch ihre Anzahl bei den einzelnen Ordnungen ſein mag, bei allen ſind die vor⸗ — 297 — kommenden nach 2 Principien angeordnet. Die nach dem einen angelegten Muskeln verlaufen in der Art, daß ſie entweder ganz oder z. T. von den Federfluren, zu deren Bewegung ſie dienen, bedeckt werden oder wenigſtens an die Seite derſelben zu liegen kommen; außerdem find ſie ſtets mit der fie bedeckenden Haut durch Binde— gewebe verbunden. Die nach dem andern Princip verlaufenden inſeriren ſich ent— weder nur an das eine Ende oder an die Seite der Flur und würden, falls ſie ſich zuſammenzögen, wohl kaum die Federn derſelben zum Sträuben bringen, wenn nicht folgende Einrichtung getroffen wäre. Schon Nitzſch macht in ſeinem ſchon mehrmals genannten Buche bei Beſchreibung der Fluren der Schwimmvögel darauf aufmerkſam, daß alle Konturfedern, die Schwung: und Steuerfedern abermals ausgenommen, nicht ſenkrecht in der Haut, ſondern unter einem bald ſpitzeren, bald ſtumpferen Winkel, deſſen beide Schenkel nach hinten laufen, ſtecken. Zieht man daneben noch in Betracht, daß die hier in Frage kommenden Hautmuskeln faſt ohne Ausnahme von der Inſertionsſtelle an der Flur nach hinten ſich erſtrecken und meiſt an das andere Ende der betreffenden Flur ſich ein Muskel anſetzt, welcher in entgegengeſetzter Richtung, d. h. von der Inſertionsſtelle aus nach vorne läuft, ſo wird man leicht zu der Ueberzeugung kommen, daß auch dieſen Muskeln ein Sträuben des Gefieders möglich iſt. Bevor ich zur Beſchreibung der einzelnen Muskeln übergehe, halte ich es für nothwendig, über die Benennung derſelben einige Worte zu ſagen. Ich habe die im Folgenden zu beſchreibenden Hautmuskeln, ſo weit es möglich war, mit Namen derjenigen Forſcher belegt, welche ſchon vor mir Hautmuskeln beſchrieben haben. Es kommen demnach Namen von Weidemann, Tiedemann, D' Alton und Owen in Betracht. Der erſte giebt bei der Schilderung der Muskulatur des Schwans auch eine Beſchreibung der bei dieſem Vogel vorkommenden Hautmuskeln und zählt deren 4 auf, nämlich: den Halshautmuskel (Subeutaneus colli), „ Zeckigen Kehlhautmuskel (Triangularis juguli), „ Bruſthautmuskel (Subeutaneus thoracieus), und „ Bauchhautmuskel (Subeutaneus abdominalis). Tiedemann beſchreibt 5 allen Vögeln zukommende Hautmuskeln, 4 nennt er wie ſein Vorgänger Wiedemann und benutzt auch für deren Schilderung Wort für Wort die Beſchreibung deſſelben; als 5. führt er den Stirn- und Hinterhaupts- muskel (Musculus frontalis et oceipitalis) an. Auch D' Alton macht 5 Hautmuskeln namhaft und benennt 4 derſelben wie Wiedemann, dem 5. legt er gar keinen be⸗ ſonderen Namen bei. Unter den neueren Anatomen iſt es namentlich Owen, welcher in ſeiner „Comparative Anatomie and Physiology of Vertebrates“ eine aus⸗ — 298 — führliche Schilderung der Hautmuskeln des Kiwis (Apteryx australis) giebt. Er zählt bei dieſem Vogel 9 Hautmuskeln auf. Bei der nun folgenden Beſchreibung der einzelnen Hautmuskeln werde ich, falls mehrere Forſcher in Betracht kommen, den Namen, welchen der Erſte einem Muskel gegeben hat, an die erſte Stelle, die Bezeichnung hingegen des Andern an die zweite Stelle ſetzen. 1. Der Halshautmuskel (Constrictor colli Owen). Er ſetzt ſich bei allen Vögeln aus 2 über einander liegenden und nach ver— ſchiedenen Richtungen verlaufenden Schichten zuſammen, welche entweder gleichmächtig entwickelt ſind oder, was ſeltener eintritt, von denen nur eine hauptſächlich zur Ausbildung kommt. Das Letztere iſt der Fall bei den Schwimm- und Hühnervögeln (Natatores und Rasores), dem Hirtenvogel (Palamedea) und den Raubvögeln (Raptatores); das Erſtere bei allen übrigen. Diejenige Lage, welche überall auf⸗ tritt und welche die älteren Anatomen als den eigentlichen Halshautmuskel (Sub- cutaneus colli) bezeichneten, entſpringt immer von einem Skelettſtück, bei den Schwimmvögeln und dem Hirtenvogel von der Querleiſte des Hinterhauptes, bei den Klettervögeln (Scansores) von derſelben Leiſte des Schläfenbeins, bei den Sumpfvögeln (Grallatores), Hühnervögeln (Rasores), Tauben (Columbinae), Gang⸗ (Passeres) und Raubvögeln (Raptatores) in der Nähe der äußeren Ohröffnung vom Rande der Orbitalhöhle. Sehr merkwürdig iſt ihre Urſprungsweiſe bei dem Mauerſegler (Cypselus apus), bei ihm kommt dieſer Muskel in Geſtalt einer Schnur von dem vorderen Ende des Stirnbeins (Os frontale), läuft in einer riemenförmigen Ausbuchtung des Augenhöhlenrandes nach hinten bis zur äußeren Ohröffnung, um dann ſich wie bei den übrigen Gangvögeln zu verhalten. Ebenſo verſchieden als die Urſprungsweiſe iſt auch der Verlauf dieſer Muskelſchicht bei den einzelnen Vogel⸗ ordnungen. Verhältnißmäßig am einfachſten geſtaltet ſich derſelbe bei den Schwimm⸗ und Hühnervögeln, dem Hirtenvogel und den Tauben; der Muskel läuft bei ihnen, mehr oder minder an Breite zunehmend, nach hinten und endigt, mit Ausnahme der Tauben, bei welchen er ſich an eine fascies des großen Bruſtmuskels (Musculus pectoralis major) inſerirt, an dem unteren Theile des Gabelknochens (Furecula). Bei den Schwimmvögeln verlaufen die Faſern am Oberhals unter der Rücken- und Unterflur, am Unterhals hauptſächlich unter der letzteren; bei den Hühnern auf der vorderen Halshälfte unter der ſehr entwickelten Rückenflur und dem Halsſeitenrain, auf der hinteren Hälfte unter der ebenfalls ſehr entwickelten Unterflurhälfte und dem ſich zwiſchen beiden Hälften einſchiebenden Unterrain. Aehnlich iſt der Verlauf auch bei den Tauben. Bei den Sumpf- und Raubvbögeln erſtrecken ſich ſeine Faſern auf der vorderen Halshälfte unter die Rückenflur und bei letzteren auch unter den — 299 — Halsſeitenrain; dann verläuft aber bei den Sumpfvögeln ein Theil der Faſern in Geſtalt eines ſchmalen, bandförmigen Muskels an der Außenſeite der Rückenflur, durch Bindegewebe mit derſelben verbunden, nach hinten und endigt am Hinterhals. Der andere Theil läuft, wie bei den Raubvögeln der ganze Muskel, ebenfalls als bandförmiger Muskel unter dem äußeren Theile der Unterflurhälfte auf jeder Seite hin und endigt zum größten Theile an der Grenze zwiſchen Hals und Bruſt an derſelben, ein kleiner Theil der Faſern wendet ſich der Schulterflur zu und verliert ſich dort, mit Ausnahme einiger Faſern, welche ſehnig werden und ſich mit dem N Spanner der vorderen Flughaut (Tensor eutis brachialis anterioris) vereinigen. Noch complicirter iſt ſein Verlauf bei den Kletter- und Gangvögeln. Am Halſe kommt er im Allgemeinen unter dieſelben Fluren zu liegen wie bei den Sumpf— vögeln, ein Theil endigt bei den Gangvögeln auch an der Unter- und Schulterflur, bei den Klettervögeln nur an der letzteren, einige Faſern vereinigen ſich bei beiden auch mit dem Spanner der vorderen Flughaut. Derjenige Theil der Faſern aber, welcher bei der zum Vergleich herbeigezogenen Ordnung zwiſchen Hals und Bruſt an der Rückenflur endigt, differenzirt ſich bei den in Rede ſtehenden Ordnungen von dieſer Stelle aus zu einem ſchmalen, bandförmigen Muskel, welcher auf jeder Körperſeite an der Außenſeite der Rückenflur feſt mit ihr verbunden nach hinten verläuft und am Schambein (Os ilium) endigt. Die zweite Schicht des Halshautmuskels, welche direct der Haut aufliegt und von keinem Skeletſtücke entſpringt, bildet bald eine förmliche Muskelſcheide (Schwimm⸗ und Sumpfvögel, Hühner, Tauben, Kletter- und Singvögel und Sumpfohreule), die wie bei dem Wachtelkönig und manchen Hühnern ſich faſt unter der ganzen Halshaut ausdehnt, bei den übrigen eben angeführten Vogelordnungen aber meiſt nur unter der des Oberhalſes ſich verbreitet; bald beſteht dieſe Schicht aus einer Anzahl am Oberhals verlaufender Faſern (Hirtenvogel, Buſſard und Kanincheneule (Athene cunicularia)). Die Faſern dieſes Muskels, mögen fie iſolirt verlaufen oder eine Scheide bilden, ſind ſtets mit der ſie bedeckenden Haut feſt verbunden; daſſelbe iſt auch bei dem andern Theil des Halshautmuskels, bei dem Subeutaneus colli, ausgenommen eine kleine Strecke an der Urſprungs- und (falls er ſich an ein Skeletſtück inſerirt) Inſertionsſtelle, der Fall. In Folge der verſchiedenen Aus— breitung übt der Halshautmuskel bei den verſchiedenen Vogelordnungen auch ver- ſchiedene Functionen aus; bei allen wird er das Halsgefieder ſträuben, bei den mit einem Kropf verſehenen Vögeln bei der Entleerung deſſelben mit thätig ſein, falls der Kopf fixirt iſt und bei den Spechten und Gangvögeln auch die Haut des Rückens falten. 22 — 300 — 2. Der Kehlhautmuskel (Triangularis juguli Wiedemann) kommt nach den Ergebniffen meiner Unterſuchungen nur bei den Schwimm-, Sumpf: und Hühnervögeln, den Tauben und dem Hirtenvogel vor und entſpringt bald mit 1 bald mit 2 Köpfen vom Unterkiefer. Das Erſtere iſt der Fall bei der Eis⸗ und Schellente, dem Hirtenvogel und den Hühnern, das Letztere ebenfalls bei einigen Schwimmvögeln (Hausgans, Hausente, großer Säger), den Tauben und Sumpfvögeln. Im erſteren Falle liegt die Urſprungsſtelle bei den in Betracht kommenden Schwimmvögeln an der Innenfläche desjenigen Theils des Unterkiefers, welcher die größte Höhe erreicht und dem Os dentale und angulare entſpricht, bei dem Hirtenvogel und den Hühnern am Rande des hinteren Fortſatzes des Unter⸗ kiefers. Der zweite Theil des Muskels entſpringt bei den übrigen Schwimmvögeln von der gleichen Stelle des Unterkiefers wie bei den Hühnervögeln der ganze Muskel, bei den Tauben von der Außenfläche dieſes Knochens. Diejenigen Faſern, welche bei der Eis- und Schellente den ganzen Muskel, bei den übrigen namhaft gemachten Schwimmvögeln den Haupttheil repräſentiren, verbinden ſich gleich hinter der Urſprungsſtelle mit der Körperhaut, laufen in faſt wagrechter Richtung der Mittellinie des Kinns zu und bilden dort eine Naht oder endigen an einer Sehne. Derjenige Muskel, welcher von dem hintern Fortſatz des Unterkiefers oder, wie bei den Tauben, von der Außenfläche des zuletzt genannten Knochens ſeinen Urſprung nimmt, und bei den Hühnern den ganzen Kehlhautmuskel darſtellt, hat eine band⸗ förmige Geſtalt; ſeine Faſern laufen ſchief nach vorn ebenfalls der Mittellinie des Kinns zu und gehen bei den Tauben gleich nach ihrer Urſprungsſtelle, bei den Uebrigen in der Nähe dieſer Linie, etwas breiter werdend, eine innige Verbindung mit der Haut ein. In Folge der ungleichen Entwickelung bei den verſchiedenen Vögeln wird er auch bald eine größere bald kleinere Strecke der Haut, welche ſich zwiſchen den beiden Unterkieferhälften ausſpannt, halten und die in ihr ſteckenden Federn ſträuben. 3. Der Hinterhalshautmuskel (Dermo-transversalis Owen). Ich fand ihn nur bei dem Eisſeetaucher (Colymbus glacialis), den Sumpfs, Hühner: und Raubvögeln; bei allen, mit Ausnahme der Hühnervögel, ſtellt er einen ſchmalen, bandförmigen Muskel dar, welcher ſtets von dem ſchrägen Fortſatz eines Halswirbels (bei dem Eisſeetaucher von dem Fortſatz des 8., bei der Sumpfohreule des 4., bei der Kanincheneule und dem Buſſard des 5. Halswirbels (vom Kopfe an gezählt) entſpringt, nach hinten verläuft und ſich an denjenigen Theil der Rückenflur inſerirt, welche den Unterhals bedeckt. Bei den Hühnervögeln (Haus— huhn und Pampashuhn (Nothura maculosa)) erreicht er hingegen eine mächtigere Ausbildung; bei dem letzteren Vogel ſetzt er ſich aus 8 Muskelbündeln, in der ſchon „ — beſchriebenen Weiſe von dem 4. bis 11., bei dem Haushuhn aus 4, von dem 7. bis 11. Halswirbel entſpringend, zuſammen, zeigt aber ſonſt das gleiche Verhalten, nur daß in Folge der mächtigeren Entwickelung auch die Inſertionsſtelle eine größere iſt und bei dem Pompashuhn ſich auf die 2 unterſten Drittel des ganzen Hinterhalſes erſtreckt. Er zieht, falls er ſich contrahirt, den eben näher bezeichneten Theil der Halshaut nach vorne und ſpannt vielleicht auch denjenigen Theil, welcher dem Vorderrücken aufliegt. 4. Der Bruſthautmuskel (Subeutaneus thoracicus Wiedemann). Kommt bei allen Vogelordnungen, namentlich kräftig entwickelt bei den Sumpf— und Hühnervögeln, vor. Bei den Schwimmvögeln, Tauben, Gangvögeln und dem Buſſard (B. vulgaris) nimmt er ſeinen Urſprung von der Sehne, mittelſt deren ſich der große Bruſtmuskel (Musculus pectoralis major) an die Leiſte des Ober⸗ armkopfes anſetzt, bei den Sumpf- und Klettervögeln von der Leiſte dieſes Knochens ſelbſt, ebenſo ein Theil deſſelben bei dem Pampashuhn, während die andere Hälfte von dem Schulterblatt (Scapula) kommt. Bei dem Haushuhn und den Eulen endlich entſpringt die eine Hälfte von der Sehne des großen Bruſtmuskels, die andere bei dem erſteren Vogel von der Sehne, mittelſt deren der Musculus suprascapularis ſich an den unteren Höcker des Oberarmes anſetzt, bei den Eulen von dem Musculus biceps. Von ſeiner Urſprungsſtelle aus läuft der Muskel, bald ohne weitere Ver— änderungen zu erfahren, bald etwas breiter werdend, meiſt mit der ihn bedeckenden Haut und, falls er neben die Unterflur zu liegen kommt, auch mit dieſer verbunden, nach hinten, um ſich an den äußeren Theil des Unterfluraſtes (bei den meiſten Schwimmvögeln, Sumpfvögeln, Hühnervögeln, bei der Kronentaube, den Kletter-, Gang: und Raubvögeln) oder, wo dieſer Aſt fehlt, an den ihm entſprechenden Theil der Flur ſelbſt anzuſetzen (Tauben und Mauerſegler). Seine Function be— ſteht darin, die Bruſthaut zu falten und die dort befindlichen Federn der Unterflur zu ſträuben. Aus meiner Vogelſtube. Von A. Frenzel. 36. Conurus leucotis. Der Weißohrſittich. Der Weißohrſittich war früher eine Seltenheit. Wohl als beſondere Merk— würdigkeit bemerkt Dr. Ruß in ſeinem „Handbuch“ J, 223: „Herr Fabrikbeſitzer Engeler in Stettin hat ein herrliches Exemplar“. Das war im Jahre 1878, ſpäter kam aber dieſer hübſche Papagei vielfach auf den Markt und ſchließlich jo maſſen⸗ haft, daß man den Vogel auf der kleinſten Ausſtellung finden und um einen billigen * — 302 — Preis kaufen konnte. Der Preis ging auf 10—12 Mark für das Pärchen herab, während Dr. Ruß in ſeinen „Fremdländiſchen Stubenvögeln“ III, 285, noch 1881 ſchreibt: „Der Preis ſteht zwiſchen 100—150 Mark für das Paar“. Ich kaufte mir zwei Pärchen. Dem einen Paare waren die Flügel ſtark verſchnitten; ein Exemplar dieſer auf ſolche Weiſe verunſtalteten Vögel ging zu Grunde. Das Flügelverſchneiden iſt ein gräßlicher Unſinn und man ſollte ohne Weiteres dem Händler derartige Vögel beanſtanden, vielleicht würde man dann das Flügelverſchneiden ſchließlich unterlaſſen. Ich ließ anfänglich die Vögel freifliegen, doch ſah ich mich gezwungen, ſie in | einem Käfig unterzubringen, da fie durch Zernagen von Holz und Löcherbohren, in die Lehmwand ihrer Papageien-Natur allzu. freien Lauf ließen. Man jagt den Weißohrſittichen nach, daß ſie durch Schreien unangenehm werden könnten, doch habe ich bezüglich dieſes Punktes niemals zu klagen gehabt, meine Sittiche ſind durchaus keine Schreier, ſie ſind nie zu laut geworden. Auch ſonſt ſind es hübſche Vögel; ſie zeigen angenehme Färbung und eine für Stubenvögel recht paſſende | Größe. Als Körnerfreſſer verlangen fie wenig Abwartung, ihr Futter beſteht in rohem Hafer, Glanz und Weißhirſe, täglich bekommen ſie außerdem etwas Frucht. | Freifliegend nehmen die Sittiche oft ein gründliches Bad, im Käfige thun fie das nicht. Aus letzterem zu entfliehen, gewährt ihnen ein Hauptvergnügen; es hält ſchwer, ſie wieder einzufangen, namentlich der eine Vogel hat einen reißenden Flug: er fliegt mit der Schnelligkeit einer Schwalbe durch das Zimmer, und dann iſt er auch ſchlau genug, im Zimmer ſich irgendwo zu verſtecken und ſtill zu verhalten. Zahm ſind indeſſen die Vögel nicht geworden; ſteht man vor dem Käfig, ſo klettern ſie alle drei in eine Ecke und ſtecken hier die Köpfe zuſammen; gebe ich ihnen einen Niſtkaſten in den Käfig, ſo verſtecken ſie ſich hierin, um nicht wieder zum Vorſchein zu kommen, ſo lange man im Zimmer weilt. Einen Hauptfehler haben die Vögel: Männchen und Weibchen ſind gleich gefärbt und wohl auch gleich in der Größe. Ich habe keine Ahnung, welchen Geſchlechts meine drei Exemplare ſind und das iſt für einen Züchter ſehr bitter. Trotzdem die Weißohrſittiche nun wohl in alle Vogelſtuben ihren Einzug ge⸗ halten haben, ſo hat man bislang doch nichts von einer Züchtung gehört und geleſen. Ein Züchter, der glücklicherweiſe ein richtiges Pärchen erhält, könnte ja wohl ein gutes Zuchtreſultat erzielen, und zwar ohne große Mühe ſeinerſeits, mehr durch Zufall — ſo wie das z. B. mit den Halbmondſittichen der Fall war. Ein werthes Mitglied unſeres Vereins, Herr Dr. Stocker in Balsthal, hat ſogar viele Weißohr⸗ ſittiche angekauft, vielleicht kann uns von dieſer Seite aus über glückliche Züchtung berichtet werden. | Die Heimat von Con. leucotis ift Brafilien. Prinz zu Neuwied fand | fütterten. In Geſellſchaft von 10—20 Stück fallen fie aus den Waldungen in die Felder ein und richten hier im Mais Schaden an. Burmeiſter nennt dieſen Sittich den zierlichſten und eleganteſten aller Perekitos. In den „Vogelbildern aus fernen Zonen“ findet ſich Tafel 28, Fig. 8 eine hübſche Abbildung. — 303 — die Vögel hier zahlreich und häufig längs der Oſtküſte, er ſah ſie oft auf den Bäumen am Waldrande, wie ſie ihre ſchon ausgewachſenen Jungen aus dem Kropfe Ornithologiſche Notizen. Von Dr. Ferd. Rudow in Perleberg. 1. Von der Geſellſchaft der Spitzlerchen (Anthus) iſt mir noch kein Glied hier begegnet; erſt in einiger Entfernung vom ſtädtiſchen Gebiete nach Mecklenburg zu und hinter der Elbe bei Langen findet ſich das eine oder andere ſehr vereinzelt, ſo daß ich nicht im Stande bin nähere Angaben zu machen. 2. Der Triel (Oedienemus crepitans) kommt an den Ufern des Rudoner Sees bei Langen vor, meiſt aber nur in einigen Pärchen. Das Neſt fand ſich voriges Jahr im nicht allzu weichen Sumpfboden wenige Schritte vom See entfernt verſteckt zwiſchen Schilf- und Binſenbüſcheln auf einer kleinen Erhöhung; es beſtand nur aus einer niedergetretenen Mulde. Die 3 Jungen verließen das Neſt ſchon wenige Tage nach dem Ausbrüten. Die Vögel ſind ſehr ſchlau, ſchwer zu erlegen und laufen meiſt ſehr ſchnell in dem Binſendickicht umher, ehe ſie ſich zum Fluge erheben. Vor Regenwetter laſſen ſie laute Töne vernehmen. (1 Ex. in meiner Sammlung.) 3. Der ſchwarze Storch (Ciconia nigra) niſtete vor 8 Jahren hier im Stadtforſte auf einer hohen Kiefer in der Nähe eines Torfbruches. Das Neſt war von unten wenig ſichtbar und auch nur wenig Leuten bekannt. Nachdem es 4 Jahre hinter einander bewohnt worden war, blieben plötzlich die Störche aus und ſind nicht wieder gekommen. Dagegen finden ſich Neſter in den Wäldern der Silge an der Elbe und bei dem Dorfe Groß-Wootz bei Langen, wo man öfter im Herbſt 8 Stück Störche beobachtet hat. Der Vogel iſt äußerſt ſcheu und läßt den Beobachter nicht näher als 500 Schritt herankommen. Seine Gefräßigkeit iſt groß und konnte man ihn täglich mehrmals mit pfundſchweren Fiſchen beladen ſehen. Seine Fuß— ſpuren im Flußſande waren immer ſichtbar, aber niemals der Vogel ſelbſt bei ſeiner Thätigkeit. Selbſt Abends bäumte er bei Annährung zum Neſte nicht auf, ſo lange er ſich beobachtet wähnte. Mein Exemplar iſt erlegt an der Elbe beim Abzug, als die Bewohner eines Neſtes auf einer Waldwieſe ſich niedergelaſſen hatten, wo man ihnen auf Schußweite angekommen war. — 304 — Außerdem beobachtete ich in Betreff des Kuckucks auch hier, daß nur ganz wenig Vögel in der ganzen Priegnitz, theilweiſen Altmark, und in Meklenburg, vorhan- den. Hier gab es vielhaarige Raupen, Liparis dispar, salieis, aceris und andere, ſodaß alſo Futtermangel bei uns kein Grund geweſen ſein kann für die Selten⸗ heit des Kuckucks. Während ich andere Jahre in beſtimmten Revieren 10—12 Stück hörte, waren in dieſem Sommer nur 2 Stück vorhanden. Kleinere Mittheilungen. Das Seltenerwerden der Wachtel. Bemerkenswerth ſcheint mir das rapide Verſchwinden der Wachtel aus hieſiger Gegend. In dieſem Jahre hörte ich während des ganzen Sommers eine einzige Wachtel, wo man noch vor 4 bis 5 Jahren viele ſchlagen hören konnte. Sogar die ſchlichten Landleute, die ſich bei uns, zu ihrem Schaden, wenig um die Vogelwelt kümmern, bemerken die von Jahr zu Jahr ſich ſteigernde Abnahme und fragen nach der Urſache. Ich möchte an die geehrten Vereinsmitglieder die Frage ſtellen, ob auch anderwärts derartige Beobachtungen gemacht wurden, und was man über die Urſache denkt. Regnitz-Loſau. nn In Oſtthüringen nimmt der Beſtand der Wachteln ſowie auch der der Wachtel— könige (Crex pr.), wie ich ſchon in den „Brutvögeln Oſtthüringens“ im Januar 1878 darlegte, ſchon ſeit vielen Jahren ab, was um ſo auffälliger iſt, als hier die Feld⸗ und Wieſenflächen ſich ſeit eben dieſer Zeit auf Koſten der Waldflächen immer gemehrt haben. Ich konnte damals, und kann noch heute keine andere Urſache dieſer Erſcheinung für wirkſam halten als die Maſſenvertilgung der Thiere auf ihrem Zuge. Daß aber noch andere Urſachen mitwirken, iſt nicht bloß möglich ſondern ſogar wahrſcheinlich, und wäre eine Ausſprache über dieſen Punkt von kompetenten Vereinsmitgliedern ſehr wünſchens- und dankenswerth. K. Th. Liebe. Der Steinröthel in der Rheinpfalz. Am 3. Auguſt entdeckte ich auf meinen Herumſtreifereien bei den Teufelsfelſen (die Spitze des Teufelsberges, mehr als 600 m über dem Meer gelegen) einen Steinröthel. Ohne Fernrohr konnte ich nicht erkennen, ob es ein Männchen oder Weibchen war. Am 5. Aug. war ich wieder oben und fand den Vogel von neuem; es war ein Männchen. Ein Weibchen habe ich nicht zu Geſicht bekommen. Für meine alten Knochen iſt das Herumklettern auf den und um die haushohen Felſen ein gefährliches Ding, ſonſt würde es mir wahrſcheinlich auch gelungen ſein, das Weibchen ausfindig zu machen. Ich bin überzeugt, daß ein Paar dort geniſtet hat. Junge ſcheinen ſie nicht erzielt zu haben, was bei den zahlreichen Füchſen, Mardern und anderem Raubzeug, das hier ſeinen Sitz hat, nicht zu verwundern — 305 — iſt. Ende Auguſt habe ich das Männchen nochmals bemerkt. Unſere Forſtaufſeher ſind leider gewöhnliche Dorfbewohner, alſo vollſtändig unwiſſende Laien in der Vogelkunde, ſo daß man an ihnen nicht den geringſten Halt hat. Gleisweiler i. d. Pf. F. Gräßner. Der Kuckuck. Bezugnehmend auf Ihre Vene ee im Julihefte unſerer Zeit⸗ ſchrift erlaube ich mir die Bemerkung, daß in hieſiger Gegend der Kuckuck in dieſem Jahre auch nicht ſeltener aufgetreten iſt als in frühern Jahren. Faſt glaube ich ihn auf meinen Spaziergängen häufiger gehört zu haben als ſonſt. Regnitz⸗Loſau. J. Deeg. Beobachtungen aus der Vogelwelt. Im Vorſommer beim Neſtbau bot ſich ein merkwürdiges Schauſpiel dar. In einem Garten baute ein Pärchen Fringilla chloris ſein Neſt in einen Kirſchbaum. So wie es halb vollendet war, kam ein Stieglitz und ſtahl das Niſtmaterial, womit er ſelbſt baute. Als die Grün— finken trotzdem fortbauten und ſich mit der Vollendung des Neſtes beeilten, zerſtörte der Räuber bei Abweſenheit der Beſitzer das Neſt und warf das Material zur Erde. Nach noch einigen vergeblichen Verſuchen, den Bau von neuem zu beginnen, ließen endlich die Finken davon ab und ſuchten ſich fern von dem Störenfried ein neues Heim. Ebenſo erging es einem Hänflingspaare in einer benachbarten Hecke. Im Hofe meiner Wohnung ſind einige Staarkäſten aufgehängt, welche in jedem Frühling in Beſitz genommen werden. Kaum aber iſt die erſte Brut in einem Kaſten ausgeflogen, als ſich, nun ſchon ſeit 4 Jahren, ein Paar Thurmſchwalben einſtellt, welches ſich in den Beſitz des Kaſtens ſetzt. Daß die Staare nicht gutwillig aus ihrem Hauſe weichen, ſteht feſt, aber die Schwalben ſetzen ihnen ſo lange mit den Schnäbeln unter Geſchrei zu, bis die rechtmäßigen Beſitzer, trotz der Unter— ſtützung, die ihnen von anderen Staaren geleiſtet wird, den Kampf aufgeben. Die ſonſt ſo ſcheuen Schwalben haben ſich an die Menſchen im Laufe der Jahre gewöhnt, daß fie ruhig aus- und einfliegen, wenn auch jemand zum Fenſter hinaus⸗ ſieht, welches nur einige Armlängen vom Kaften entfernt ift.*) Perleberg. Dr. Ferd. Rudow. Ein kühner Hänfling. Vor meiner Hausthür brütete im vorigen Sommer eine Hänflingsmutter in einer niederen Hainbuchenhecke. Um einen Blick in das Neſt zu werfen, rüttelte ich an dem Buſche, um den Vogel zum Verlaſſen des Neſtes zu bewegen, aber vergeblich. Jetzt bog ich vorſichtig die Zweige auseinander und ſtreckte dem Vogel behutſam den Zeigefinger entgegen. Hierdurch gereizt, richtete *) In Oſtthüringen haben fie ſich längſt an die Staarkäſten und den Menſchen gewöhnt. Uebrigens iſt ihre Waffe nicht der Schnabel, ſondern das Füßchen, welches mit außerordentlich kräftigen Klauen bewehrt iſt. Sie legen ſich im Kaſten auf den Rücken und zerfetzen mit den ſcharfgekrümmten Klauen den Staaren die 9 1 und Geſichtshaut, oft ſo, daß die Wunden tödtlich ſind. eh Liebe, — 306 — er ſich im Neſte auf, breitete die Flügel aus und ſuchte mit tapferen Schnabelhieben den unliebſamen Finger von ſeiner Behauſung abzuwehren. Natürlich mußte ich ſolcher Kühnheit gegenüber vorläufig von weiteren Beläſtigungen Abſtand nehmen. Später habe ich in Gegenwart von Freunden dasſelbe Verfahren wiederholt, aber immer mit gleichem Erfolge. H. Schacht. Litterariſches. Der diesjährige „Kalender für Vogelliebhaber“ von Friedrich Arnold 1 reiht fich feinen Vorgängern in der würdigſten Weiſe an. Die den Almanach begleitenden Notizen für Beobachter und Züchter, Garten- und Fiſchereibeſitzer ſind, wie dies ſelbſt⸗ verſtändlich iſt, dieſelben geblieben. Dagegen find an die Stelle der genealogiſchen Aufzählungen recht brauchbare praktiſche Winke für Inſekten⸗ und Pflanzenſammler getreten. Der umfängliche Anhang des Almanachs enthält trefflich geſchriebene Miscellen und Vogelbilder, aus deren bunten Reihe wir hervorheben: „Die Kreuzſchnäbel“ von Gebr. Müller, „Der Kuckuck“, „Die Wachtel“ ꝛc. von F. Arnold, „Das Eingewöhnen der einheimiſchen kerbthierfreſſenden Sänger“ von A. Freiherr von Stengl, „Der große Weidenzeiſig“ von Gebr. Müller ꝛc. Dieſem folgen gute kleine Aufſätze über das Hausgeflügel, allerliebſte Poeſieen von Felix Dahn und E. von Deſtouches, Bücheranzeigen mit kritiſchen Bemerkungen und endlich, wie bisher, ein Verzeichniß der Geflügelzüchter⸗ und Vogelliebhaber-Vereine. — Wir empfehlen dieſen eben fo billigen wie zweckmäßig eingerichteten und belehrenden Kalender allen unſeren Mitgliedern und Leſern. K. Th. Liebe. Als Geſchenke ſind eingegangen: Viktor Ritter von Tſchuſi zu Schmidhoffen, Beiträge zur Geſchichte der Ornithologie in Oeſterreich-Ungarn, von dem Herrn Verfaſſer. Friedrich Arnold, Illuſtrirter Kalender, 1887, von dem Herrn Herausgeber. | Anzeigen, G. Bode, Leipzig, empfiehlt: Roſakakadus Stck. 14 %; doppelte Gelbköpfe Stck. 60 %,; Amazonenpapageien, zahm, an⸗ fangend zu ſprechen, Stck. 25 u. 30 %, gut ſprechende Stck. 45, 60, 80 %; Graupapa⸗ geien, friſch eingeführt, Stck. 20 %,; ſprechend und pfeifend, eingewöhnt, Stck. 100 A; Lieder pfeifend 150 — 200%; gelbe Wellenſittiche P. 40 %,; Roſenpapageichen P. 50% Wellenſittiche, Goldſtirnſittiche P. 10%. Preisliſten über Vögel, Wild, Menageriethiere, Geflügel, ethnographiſche Sachen, Mumien auf Wunſch gratis u. franko! Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie auch Beſtellungen auf letztere beide ſind an 1 Rendant Rohmer i in Zeitz zu richten. 5 Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle. Se _ NASE AN IN e 6 IN | e ae — 2 N p NE IHN 3 I S NIINIREAIIIIIIIIIISIS N SERERTTSTETTTSSTEETTESSESSSEEE ESTER EN — — 5 == te des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. aun eee e dee 9 ie 555 Liebe Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ e , MATERIE Tome er a en gehauen. ohm 7 ede Str. 3 nfp. Thiele. ; Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. XI. Jahrgang. December 1886. Ur. 12. Inhalt: Monatsverſammlung in Torgau am 23. October 1886. Neu beigetretene Mit: glieder V. — K. Th. Liebe: Ornithologiſche Skizzen: XI. Die Zippdroſſel (P. musicus). (Mit Abbildung.) C. Ilſe: Kuckuck und Kanarienvogel. F. Gräßner: Etwas über Mehlwürmerzucht. Paul Leverkühn: Ornithologiſche Exkurſionen im Frühling 1886. III. Reiſe nach Sylt. Ernſt Schauer: Melanocorypha tartarica, Pall. F. Helm: Die Hautmuskeln der Vögel II. Dr. Franken: Baſtardzüchtungen II. A. Frenzel: Neue Einführungen. Guſt. Thienemann jun.: Ein Ausflug nach Halberſtadt. — Kleinere Mittheilungen: Vom Nordharz. Auffallendes Benehmen eines Schwalbenpaares. Abnormes Singdroſſelei. Anſteckung der Hühner durch Men— ſchen. Anfrage. — Eingegangene Geſchenke. — Anzeigen. — Regiſter. Monatsverſammlung in Torgau am 23. October 1886. Zum dritten Male tagte der „Deutſche Verein“ am 23. und 24. October in Torgau. Der dortige „Verein für Hebung der Geflügelzucht, Vogelſchutz und Vogelkunde“ hatte ſich nicht nehmen laſſen, durch umfängliche Veranſtaltungen die Verſammlung vorzubereiten. Nach Empfang der von auswärts kommenden Gäſte 23 — 308 — durch den Vorſitzenden der „Torga“, Herrn Baurath Pietſch, vereinigte im „Hötel zum goldenen Anker“ ein gemeinſchaftliches Mittageſſen die fremden Gäſte mit einer Anzahl von Mitgliedern des Torgau'er Vereins. Abends um 8 Uhr fand im „Tivoli“ die Verſammlung ſtatt. Der große Saal, welcher von dem ſehr zahlreich erſchienenen Publikum bis auf den letzten Platz gefüllt wurde, war mit ornithologiſchen Gegenſtänden anſprechend decorirt. Die hinter dem Vorſtandgtiſche ſich öffnende Bühne ſtellte eine von verſchiedenen Arten von Waſſergeflügel belebte Waſſerlandſchaft dar. Der Vorſitzende, Herr Forſtmeiſter Jacobi von Wangelin, eröffnete die Verſammlung und beauftragte zunächſt an Stelle des leider dienſtlich behinderten Vereins-Schriftführers, Herrn Steuer-Inſpector Hauptmann Thiele, den Unterzeichneten mit der Führung des Protokolls. Die Ziele des Vereins — S AA AA aB ˙ —— —A— ‚—— ——— brauchten, ſo führte der Herr Vorſitzende ferner aus, in Torgau nicht mehr be⸗ | kannt gegeben zu werden, da dieſelben hier bereits eine Heimſtätte gefunden hätten; er freue ſich aber mittheilen zu können, daß auch anderwärts der Verein guten | Fortgang und eine weitere gedeihliche Entwickelung erfahren habe. Der Verein zähle jetzt nach wiederum mehr als 100 Neuaufnahmen, ungefähr 12— 1300 Mit⸗ glieder, welche Summe bisher noch nie erreicht wurde. Damit ſeien auch die Be- klemmungen und Beſorgniſſe, welche nach Thienemanns Tode Platz gegriffen hätten, widerlegt. In gleicher Weiſe ſeien auch die Sorgen und Zweifel über den Abſatz des Vogelbildes gehoben worden. Die an ſämmtliche Königliche Regierungen ver⸗ ſandten Probeexemplare hätten ebenſo viele Empfehlungen zur Folge gehabt, und ſei dann auch der Abſatz ein entſprechender geweſen. An einem der letzten Tage beſtellte allein die Königliche Regierung in Poſen neunhundert Exemplare auf einmal. Nur von den für die Mitglieder reſervirten Vorräthen iſt bis jetzt erſt der vierte Theil bezogen worden. Herr Hofrath Profeſſor Dr. Liebe hielt hierauf den zugeſagten Vortrag über „die nothwendige gegenſeitige Ergänzung der Beobachtungen an frei und gefangen lebenden Vögeln“. Nicht durch einen ſtreng wiſſenſchaftlichen Vortrag, ſondern durch eine harmloſe Plauderei ſollte der Zuhörer die wiſſenſchaftliche Seite des Vogelhaltens kennen lernen. Wer Vögel hält, ſo führte der Herr Vortragende aus, muß ſie gut halten, muß ſie ſo halten, wie es der Vogel in der Freiheit gewöhnt iſt. Der beſte Beweis, daß dies geſchieht, iſt, wenn dieſer in der Ge⸗ fangenſchaft zur Brut ſchreitet. Die Beobachtungen, welche dann bei den gefangen lebenden Vögeln gemacht werden, ergänzen unſere Kenntniſſe und geben oft Anlaß, das, was wir zuerſt in der Vogelſtube geſehen haben, nunmehr auch im Freien zu bemerken. So hat der Herr Redner den Balztanz der Goldammer, den das Männchen aufführt, wenn es ſich zeitig im Frühjahre um das Weibchen bewirbt, zuerſt in ſeiner Vogelſtube beobachtet, und ſo auch den Hochzeitsreigen des Kiebitz, — 309 — welcher bis jetzt wohl kaum genau beobachtet, ſicher aber nicht ausführlich be— ſchrieben worden iſt. Von großem biologiſch-phyſiologiſchen Intereſſe ſind auch die Erfahrungen, welche bei Gelegenheit der Aufzucht und Fütterung der Jungen an der Haubenlerche, an der Amſel, dem Steinröthel und der Zippdroſſel gemacht worden find. Der Herr Vortragende beabſichtigt dieſe hochintereſſanten und neuen Mittheilungen den Mitgliedern in der Monatsſchrift ausführlich bekannt zu geben. Reicher Beifall lohnte den Herrn Vortragenden. Darauf ergriff Herr Bau— rath Pietſch das Wort zu einem längern Vortrag über „die Sippe der Säger, Mergi“. Unter Vorzeigung von Bälgen und Eiern der drei Arten (Mergus mer- ganser, M. serrator, und M. albellus) beſchrieb der Herr Redner die Unterſchiede der einzelnen Arten und ſchilderte ihr nach Geſchlecht, Alter und Jahreszeit ver— ſchiedenes Federkleid. Ebenſo theilte er hochintereſſante Beobachtungen über die mit der Mauſer verbundene Veränderung des Federkleides mit und ſchloß den durch reichen Beifall belohnten Vortrag mit einem Epigramm des Altmeiſters Göthe. Der vollſtändige Vortrag wird übrigens in einer der nächſten Nummern der „Monatsſchrift“ abgedruckt werden. | Eine Interpellation des Herrn H. Burghard- Torgau über die Aufzucht der Rothkehlchen und Steinröthel beantwortete Herr Hofrath Liebe in ausführlicher Weiſe. Da der von Herrn Dr. Rey⸗Leipzig in Ausſicht geſtellte Vortrag leider ausfallen mußte, ſo ſchloß gegen 10 Uhr der Herr Vorſitzende die Verſammlung mit Dank gegen den Verein „Torga“ für die dem „Deutſchen Verein“ wiederum erwieſene Gaſtfreundſchaft. Ein zahlreich beſuchtes Feſteſſen, gewürzt durch mannich— fache Toaſte, hielt die Theilnehmer noch lange zuſammen. Von auswärtigen Gäſten betheiligten ſich außer den bereits genannten beiden Herren Vorſitzenden an der Verſammlung: die rühmlichſt bekannten Ornithologen Herren Henke aus Dresden, Dr. Rey aus Leipzig, O. Wolſchke aus Annaberg ſi / S., Schlüter jun. aus Halle und andere liebe Gäſte. Der Vormittag des nächſten Tages galt einem ornitho— logiſchen Ausflug nach dem nahen, in der vorigen Woche abgefiſchten „großen Teiche“, welcher zu Beobachtungen von Ardea einerea, Anser segetum, mehrerer Arten von Larus, Anas, Fulica atra, Schoenicola schoenielus und anderer Zug- vögel reichliche Gelegenheit bot und mit einem Frühſtück im Entenfang endete. Bis zum Abgang der Nachmittags- und Abendzüge vereinigte noch ein Diner beim Herrn Baurath Pietſch die auswärtigen Gäſte mit mehreren Mitgliedern der „Torga“. Allen Theilnehmern der October-Verſammlung mögen die ſo ungetrübt und ſchön verlaufenen Stunden zu Torgau in angenehmer, freundlicher Erinnerung bleiben. Auf hoffentlich fröhliches Wiederſehen in Torgau im October 1887! Torgau. Curt Jacob, Schriftführer der „Torga“. 23* ** Neu beigetretene Mitglieder. V. 1. Behörden und Vereine: Naturwiſſenſchaftlicher Verein in Sanger— hauſen; Thierſchutz-Verein in Braunſchweig. 2. Damen: Fräulein A. Hoppe-Seyler in Strieſen bei Dresden; Fräulein Eliſe Peyer in Dresden; Frau Gräfin von Reichenbach-Zeſſel in Dresden; Fräulein A. L. Thienemann in Dresden. 3. Herren: Conſervator Bieber in Remſtädt bei Gotha; Regierungs-Aſſeſſor Dettmer in Arnsberg; Vilh. Ellingſen in Kopenhagen; Regierungs-Rath Fuhrmann in Merſeburg; Redacteur Alwin Jügelt in Auma; Karwin, Königl. Magazin⸗Rendant und Premier⸗Lieutenant a. D. in Stendal; W. 9- Nitzſche, Königl. Oberförſter in Mittelhöhe i / Voigtl; Julius Stölzner, Revierförſter in Wenigen⸗Auma bei Auma; Emil Werner in Kiel; Oskar Wolſchke, Privatier in Annaberg i / S.; Aſſiſtent Dr. Ernſt Zimmermann in Gera. Ornithologiſche Skizzen. 5 Von K. Th. Liebe. XI. Die Zippdroſſel (T. musicus). (Mit Abbildung.) „Welch' wunderliche Haltung des Kopfes!“ höre ich im Geiſt das und jenes Vereinsmitglied ausrufen, wenn es die beiliegende Abbildung ſieht. Und es möchte allerdings faſt ſcheinen, als ob derjenigen Haltung der Zippdroſſel gegenüber, wie | fie das große, für die Schulen beſtimmte Vogeltableau des Vereins wiedergiebt, die Haltung des Vogels auf unſerm Bilde nicht die jo eigentlich natürliche ſei. Dem iſt aber nicht ſo: alle Droſſeln, und nicht am wenigſten die Zippdroſſeln | lieben es, ſekundenlang lauſchend und äugend den Kopf fo zu halten, wie es unjer Vereinsmitglied, Herr G. Mützel, mit gewohnter Meiſterſchaft nach dem lebenden Modell getreu wiedergegeben hat. Namentlich zeigen ſie dieſe Haltung als eine ſehr gewöhnliche, wenn ſie auf dem Boden der Nahrung nachgehen; aber auch auf den Gipfeln der Bäume kann man ſie beobachten und ſogar während des Geſanges in den Pauſen zwiſchen den einzelnen Strophen. Als Sängerin müſſen wir die Zippdroſſel unter unſeren deutſchen Wald⸗ droſſelarten oben anſtellen, denn ſie iſt die fleißigſte unter ihnen, welche früh von dem Augenblick an, wo die Sonnenſcheibe den Horizont berührt, bis weit in den Morgen hinein, und ſpäter wieder, wo die Sonne ſich tiefer ſtellt, bis zu der Zeit, wo ſchon die dunkeln Abendſchatten über die Waldblößen hinhuſchen, ihren Schlag - Cassel, 9 Mtitzel IE. Artist Anstvon Ih. Fische Die Zippdrossel, Turdus musicus. — 311 — ertönen laßt, und dabei beginnt ſie zeitig im Frühjahr, ſobald die Leberblümchen ihre blauen Sterne öffnen, um erſt ſpät im Sommer aufzuhören. Zudem zeichnet ſich ihr Schlag durch ſeinen weichen Wohllaut und durch ſeinen größeren Reich— thum an Abwechſlung aus. Zwar fehlen ihm die tiefen flötenden Töne der Amſel, dafür flicht der Vogel aber auch nicht ſo hohe, quietſchende Töne in ſein Lied ein wie ſeine ſchwarzröckige Verwandte. Der Schlag wird übrigens mit jedem Jahre, welches der Vogel zurücklegt, beſſer, volltöniger und mannichfaltiger. Früher glaubte man an den durch die Wortbilder „David“ und „Lillebob“ wiedergegebenen Touren die älteren Individuen erkennen zu können; es iſt dies aber ein ganz un- zuverläſſiges Merkmal. Jung aufgezogene Zippdroſſeln beginnen ſchon zeitig im Spätherbſt erſt leiſe und dann immer lauter zu ſingen; und zwar zeigen ſich die meiſten als vorzüglich gut, einige andere wieder als weniger gut oder geradezu als ſchlecht angelegte Sänger; im Verlauf des Frühjahrs und Sommers ſchlagen viele von den guten Anfängern um und werden Schläger, die nicht mehr anzu— zuhören ſind, während die übrigen ſich immer mehr vervollkommnen und zwar auch ohne ausreichende Gelegenheit zu haben, von anderer Seite her Gutes hinzuzu— lernen. Haben aber gut veranlagte, junge Zippdroſſeln Gelegenheit, öfter andere, gut ſingende Vögel oder auch Menſchen zu hören, die mit leidlicher Virtuoſität ein luſtiges Lied pfeifen, ſo iſt das von beſtem Einfluß auf die Entwicklung ihrer Fähigkeiten. Selbſtverſtändlich meine ich damit nicht das Abrichten zum Recitieren einer vorgepfiffenen Melodie oder auch einiger Strophen aus dem Geſang anderer Vögel, denn das iſt, — abgeſehen vom Abrichten eines gelehrigen Gimpels, — bei allen Vögeln mehr oder weniger geſchmacklos, ſondern nur die Beeinfluſſung der Tonfarbe und die Verbeſſerung der eignen Strophen. Dabei gewährt es ein be— ſonderes Vergnügen zu ſehen, mit welcher Spannung und mit welcher Hingabe die jungen Zippen den neuen Tönen lauſchen: ſie ſprechen auf das deutlichſte ihren Geſchmack an der Muſik aus. Man ſieht ihnen dabei auch an, daß ſie eine luſtige Melodie, ein Reiterſtückchen ete. den getragenen Weiſen vorziehen. Bei freudiger Erregung durch heitre Muſik taktiren ſie leidenſchaftlich mit dem Schwanze. Dieſe Geſangestugenden zuſammen mit der geringen Größe der Zippdroſſeln waren Urſache, daß ich bei meinen langjährigen Züchtungsverſuchen mit Droſſel— arten überhaupt jene deutſche Art nie vernachläſſigte. Ich habe über dieſe Yüch- tungsverſuche wiederholt berichtet, ſo z. B. Zoolog. Garten 1870 p. 20 und 1871 p. 373 und in Brehms „Gefangnen Vögeln“ II, 109 ꝛc. Viele Jahre hindurch war „der Liebe Mühen verloren“. Ich hatte mehr: mals Amſeln ſo durchaus ſchmuck und geſund, wie ſie nicht ſchöner gedacht werden konnten, und dabei ſo zahm, daß ich das Weibchen von den Eiern abheben und wieder auf das Neſt ſetzen konnte, ohne daß es ſcheu wurde. Immer bauten ſie „ gute Neſter, legten 5 bis 6 befruchtete Eier, brüteten glücklich aus, und am 2. bis höchſtens 4. Tag nach dem Ausſchlüpfen ſtarben die Jungen an Berdauungsindis- poſition. So war es bei den Amſeln, ſo war es bei den andern Droſſelarten, bei den Zippdroſſeln auch. — Meine Freunde, mit denen ich wegen dieſer Uebel⸗ ſtände korreſpondierte, riethen das und jenes; mein viel zu früh heimgegangener Freund Albin Schöpf meinte, ich füttere zu gut; die meiſten mutmaßten, ich füttere zu wenig gut, — mindeſtens nicht das gerade für die ganz jungen Amſeln oder Zeimer oder Zippdroſſeln geeignete Futter. Ich änderte am Futter und änderte wieder, — ſuchte durch Beobachtung an freilebenden Thieren dahinter zu kommen, welche beſonderen Larven und Kerbthiere die Alten für die Jungen auf⸗ laſen und probierte von Neuem. Alles umſonſt. Da führten mich einige Beobachtungen ganz zufällig auf die richtige Fährte. Ich hatte bemerkt, daß ganz junge grünfüßige Waſſerhühner, junge Bläßhühner, junge Taucher, — allerdings ſämmtlich Neſtflüchter, welche ſofort nach dem Aus⸗ ſchlüpfen ſelbſt freſſen und ſich von den Alten höchſtens das Futter vorlegen laſſen, — mit Begierde ſchwarzen Schlamm freſſen (Vgl. auch dieſe Zeitſchr. 1884, p. 61), und erinnerte mich der ſchon von Vater Bechſtein und dann auch von mir ge— machten Wahrnehmung, daß die Ammerarten ſtatt gewöhnlichen groben Sandes lieber ſchwarze Erde naſchen. Menſchen bekommt das Erdeeſſen ſchlecht, wie die in Südamerika beweiſen, aber dem Menſchen würden auch Kieſelſteinchen ſchlecht bekommen, wenn er ſie im Verhältniß von derſelben Größe verzehrte wie irgend ein von vorherrſchend vegetabiliſcher Koſt ſich ernährender Vogel. Ich beſchloß Erde zu bieten und machte meine Verſuche zuerſt vor vier Jahren an einem Paar Marderdroſſeln, da ich gerade damals, müde der vieljährigen fruchtloſen Verſuche, kein recht geeignetes Pärchen irgend einer einheimiſchen Droſſelart zur Verfügung hatte. Die Marderdroſſeln (Turd. mustelinus) bewohnen die mit gemäßigtem Klima ausgeſtatteten Staaten Nordamerikas und erſetzen dort ſo zu ſagen unſre Zippdroſſel, — wenigſtens ſtehen ſie ihr in der Größe, in Manieren und Lebens⸗ weiſe, in der dunkelbraunen Farbe der Augen und in der ganzen Färbung des Gefieders ſehr nahe, nur daß das lichte Braun der Oberſeite bei ihnen einen gol⸗ digen Schimmer hat. Der Geſang iſt freilich nicht weit her. — Mit einem, aller⸗ dings ſehr ſchönen Pärchen ſolcher Vögel machte ich meinen Verſuch. Ich gab ihnen ein einfenſtriges, kleines Dachſtübchen zum Aufenthalt, brachte darin einige Tannen und auf ihnen alte, künſtlich ausgebeſſerte Zippdroſſelneſter an, und wartete das Weitere ab. Nach kurzer Zeit paarten ſich die Vögel, und das Weibchen legte das erſte Ei auf den Boden. Nachdem ich letzteres aber in das eine Neſt gelegt hatte, nahm das Marderdroſſelweibchen dieſes an, legte die übrigen 3 Eier zu dem erſten und brütete das Ganze richtig aus. Nun ſtellte ich neben dem gewöhnlichen — 313 — Futter den Alten eine Schüſſel ſchwach feuchter Erde hin, in welche friſche Ameiſen puppen eingemengt waren, und ich ſah mit Genugthuung, daß das Weibchen dieſe für die Jungen annahm und eifrigſt die Biſſen in der Schüſſel prä- parierte, d. h. zerdrückte und dabei reichlich mit Erde miſchte. Ich hatte früher ſchon ganze Generationen von Steinrötheln (Monticola saxatilis) gezüchtet: da präparierten die Alten die Biſſen für die Jungen mit dem gewöhnlichen Sand, der den Fußboden bedeckte, und das bekam den Jungen prächtig, ſo daß ich eine ganze Reihe von Jahren hintereinander je eine Brut von Steinrötheln groß werden ſah. Die Amſeln und Droſſeln hingegen, welche die Biſſen für die zarten eben ausgeſchlüpften Jungen ſo mit Sand präpariert hatten, ſchädigten damit jedesmal die Brut und letztere ſtarb, wie erwähnt, regelmäßig am 1. bis 4. Tag. — Nun aber, bei der Erdfütterung, gediehen die jungen Marderdroſſeln vor züglich. Im nächſten Jahre hatte ich für geſund und naturgemäß aufgezogne Zipp— droſſeln geſorgt, um nun mit ihnen den Verſuch zu machen. — Die freilebenden Zippdroſſeln errichten einen wirklichen Kunſtbau für ihre Brut. Das Neſt ſteht in der norddeutſchen Ebene, wie Naumann hervorhebt, vorwiegend in dichtem Laub— unterholz, auf Weidenſtümpen und in hohen Dornſträuchern, — in dem mittel— deutſchen, an reinem Laubwald ſehr armen Hügel- und Bergland hingegen, wie ich konſtatieren muß, vorwiegend etwas über mannshoch auf jungen Fichten, unterhalb des Gipfels am Stamm auf einem Aſtquirl. Es iſt recht dünnwandig und ſieht daher luftig und hinfällig aus; das iſt aber nur Schein, denn die Künſtlerin heftet die Grundlage des Neſtes, Moos und Reiſerchen, mit klebrigem Speichel ſo feſt an die Aeſte des Neſtbaumes und verfilzt mit Hülfe jenes Stoffes Moos und einige Blättchen und Hälmchen zu einer ſo feſten Wand, daß das Neſt ſogar den nachfolgenden Winter noch recht gut überdauert. Den Boden und die ganze innere Wand kleidet das Weibchen zuletzt aus mit einem zu feſter, wetterſtändiger Pappe erhärtenden Brei von klargekautem faulen Holz und Speichel. Stunden weit fliegen die Thiere nach paſſendem, faulen Holz, und kann man im Wald vielorts die Spuren ſehen, wo ſie ſolches Holz geſucht und verſucht haben. — In der Gefangen— ſchaft erbauen die ſämmtlichen Droſſeln ſowohl, wie die Amſeln ganz gern ein Neſt, falls ſie leidlich paſſendes Material haben, heften auch dasſelbe an paſſenden Plätzen und mit Speichel hinreichend feſt auf, aber die eigentümliche Auskleidung des Neſtes bringen ſie nicht zu ſtande. Man mag den Amſeln, Zeimern ꝛc. noch ſoviele Näpfchen mit mehr und minder feuchten verſchiedenen Thonen und Lehmen, und den Zippdroſſeln noch ſo ſchönes, faules Holz vorſetzen, — ſie probieren, tragen wohl auch Bröckchen zu Neſte, aber kommen nicht dazu, das Neſt irgendwie aus— zukleiden. Die in den Gärten wohnenden, freilebenden Amſeln haben die Aus⸗ — 314 — kleidung des Neſtes mit eingeſpeicheltem Lehm auch mehr oder weniger aufgegeben, wie ich das ſchon früher berichtet habe (Unſere Monatsſchr. 1885, p. 151). In Anbetracht dieſer Umſtände holte ich für meine Zippdroſſeln zwei alte Neſter aus dem Walde, welche ich mit Hilfe des Leimtiegels und von Nadel und Zwirn wieder ausbeſſerte, und befeſtigte ſie in einem kleinen, einfenſtrigen, nach innen vergitterten Gelaß, an welchem eine ſtark begangene Treppe unmittelbar vorüberführte, — das eine auf einer Tanne, das andere zwiſchen zwei Ziegelſteinen am Fußboden. Letzteres that ich nur deshalb, weil alle Droſſeln, auch die frei⸗ | lebenden, in der Bedrängniß ihre Eier gern auf den Fußboden legen. Nun brachte | ich die Zipp droſſeln hinein, nachdem ich fie etwa acht Tage vorher in einem jehr | großen Bauer einander vorgeſtellt und an einander gewöhnt hatte. Das Weibchen legte alsbald Eier und zwar in das Neſt am Boden. Ich fing das Männchen aus Vorſicht heraus, und hatte infolge der vielen, ſchlechten Erfahrung ſo wenig Ver⸗ trauen, daß ich die Eier dieſes Geleges wegnahm und durch andre Eier erſetzte, welche ein Marderdroſſelweibchen von einem wirklich angepaarten Amſelmännchen empfangen und auf dem Fußboden abgelegt hatte, ohne zu brüten. Ich wollte wiſſen, ob die ſo ungleichen Vögel befruchtete Eier hätten. Das Zippdroſſelweibchen ſaß auf den fremden Eiern feſt, brachte aber nichts heraus, da ſie taub waren. Nun ließ ich das Männchen wieder frei; das Paar ſchritt zur zweiten Brut, brachte ein Gelege von vier Eiern und das Weibchen brütete wieder. Da das Männchen das Weibchen im Brutgeſchäft nicht ſtörte, ſondern pflegte und fütterte, fing ich es nicht wieder ein, ſondern ließ ihm die Freiheit. Noch ehe die Jungen ausſchlüpften, ſetzte ich einen großen Napf mit Futter hinein: feuchte Erde mit Ameiſen⸗ puppen und Eigelee gemiſcht. Die Alten fraßen ihr gewöhnliches Futter weiter, fütterten aber die Jungen nur mit ſolchen Biſſen, welche ſie in dem Erd⸗ napf geſammelt und präpariert hatten. Die Jungen wuchſen zu untadel— haften Thieren heran, leben heute noch, und das eine zeichnete ſich bald dutch ſeinen ausgezeichnet ſchönen Geſang aus. Im folgenden Jahre (1885) war durch Zufall das erſte Gelege dieſer beiden Zippdroſſeln, welche wieder in demſelben Vogelzimmerchen wohnten, verunglückt. Sodann aber wiederholte ſich ſonſt Alles in derſelben Weiſe wie im Vorjahr, und war der Erfolg genau derſelbe. Nur hatte meine Frau diesmal zwei geflochtne Weidenkörbchen von genau paſſender Größe, dünn mit zartem Heu ausgenäht und als Neſter geboten, welche die Thiere auch dankbarlichſt acceptierten. — In dieſem Jahre (1886) wurden beide Alte im Frühjahr zum dritten Mal zuſammengethan. Auch jetzt wurden kleine Weidenkörbchen, welche mit einer dünnen Lage Heu recht gleichmäßig ausgenäht waren und in der Größe dem Neſte der freilebenden Vögel vollkommen entſprachen, auf Tannen befeſtigt. Das alte Männ⸗ | | — 315 — chen, obſchon ganz geſund, paarte ſich nicht, und infolge deſſen legte das Weibchen ein taubes Gelege und brütete vergeblich. Da nahm ich das, wie oben erwähnt, ſo ſchön ſingende, zweijährige Männchen aus der erſten Brut, und warf es ſtatt des alten Männchens ein. Die Thiere paarten ſich alsbald und brachten drei Junge aus, welche ſie beide gemeinſchaftlich fütterten, unbekümmert natürlich um die dicht dabei⸗ ſtehenden Zuſchauer, an welche ſie ja von Jugend auf gewöhnt waren. Beide fütterten in den erſten fünf Tagen nur aus dem Napf mit Erde, Ameiſenpuppen, Eigelee und ſüßen Quark, welche Stoffe ſie jedesmal tüchtig mit feuchter Erde mengten. Später dann nahmen ſie es mit der Auswahl nicht mehr ſo genau, präparierten auch nicht ſo ſorgfältig mit Erde, und fütterten auch Mehlwürmer, Kelleraſſeln, Heupferde, kleine Regenwürmer und allerhand Inſekten. Die Jungen gediehen ſo prächtig, daß ſie beim Ausfliegen, abgeſehen von dem kürzeren Stutzſchwänzchen, ziemlich genau die Größe der Alten hatten. — Diesmal ließ ich die ganze Familie beiſammen. Die Alte legte von Neuem und brütete, und oft genug ſaßen die Jungen des erſten Geleges alle drei auf dem Neſtrand und beobachteten neugierig die Mutter bei ihrem Brut— geſchäft. Eine eiferſüchtige Vertreibung derſelben oder auch nur Zwiſtigkeiten kamen nicht vor. Noch lieblicher aber ward das Bild nach dem Ausſchlüpfen des anderen Geleges, denn jetzt fütterte die ganze Familie, Alte wie Junge erſten Ge— leges, die neue Brut mit ſeelenvergnügter Hingabe. Dieſe Einigkeit that aber auch not, denn mit dem Platz war es nunmehr zu Ende bei der ſtarken Vermehrung meiner Zippdroſſelfamilie während der drei Jahre. Erſt bei Eintritt der Mauſer kam es jetzt vor kurzem zu kleinen Zänkereien, die aber bis jetzt noch nicht in eigentliche Beißereien ausgeartet ſind, ſondern es bei ärgerlichem Schnabelgeklapper bewenden ließen. Die Zippdroſſel iſt ſo oft beſchrieben und beſungen worden, daß ich nicht nötig habe mich weiter über ihre Eigenſchaften auszulaſſen, zumal da eine treffliche Abbildung beiliegt, und ſie überdies auf unſerem großen Vogelbild abkontrefeit und kurz beſchrieben iſt. Was ich aber hier von ihr erzählte, daß ſie ſich in der Ge— fangenſchaft jo leicht fortpflanzt und dabei eine Menge lieber Charakter- ſeiten entwickelt, und daß die Jungen ſo trefflich gedeihen und ſich wieder fortpflanzen, das iſt wohl neu, und verdient erzählt zu werden. Kuckuck und Kanarienvogel. Vom Pfarrer C. Ilſe. Am 20. Juni erhielt ich durch einen Hütejungen meines Dorfes einen jungen, noch nicht flüggen Kuckuck, den derſelbe nach ſeiner Angabe dem Neſte einer gelben — 316 — Bachftelze*) auf einer Wieſe entnommen hatte. Ich nahm den Kuckuck an, um ihn ſo lange aufzufüttern, bis er ſich ſelbſt forthelfen könnte, und ſetzte ihn des⸗ halb in einen leeren Bauer. Eingeweichte Semmel und kleine gelbe Raupen, die ich an einem Strauche in reichlicher Menge vorfand, mundeten ihm als Koſt vor: trefflich. Als er nach einigen Tagen in ſeinem engen Bauer ſehr unruhig wurde, gab ich ihm in einem leeren Giebelzimmer größere Freiheit, wo er es ſich auf Fenſterbrett und Sitzſtangen bald wohl ſein ließ. Dies letztere Zimmer aber diente zugleich auch einem zahmen Kanarienvogelmännchen zum Aufenthalt, das in dem: ſelben frei umherflog. Sobald nun der junge Kuckuck anfing, ſich in ſeiner neuen Wohnung behaglich zu fühlen und die Anweſenheit ſeines Stubengenoſſen bemerkte, begann er alsbald, dieſen um Nahrung zu bitten, indem er, ſo oft erſterer in ſeine Nähe kam, den Schnabel aufſperrte und wiſperte. Der Kanarienvogel aber traute anfänglich dem großen Geſellen nicht und betrachtete ihn nur neugierig aus der Ferne. Als ich jedoch einige Stunden ſpäter wieder heraufkam, den Kuckuck zu füttern, ſah ich zu meinem großen Erſtaunen beide Vögel friedlich einander gegen: über auf einer Stange ſitzen und den Kanarienvogel eifrig damit bemüht, den nach Nahrung ſchreienden Kuckuck zu füttern. Es ſah ganz allerliebſt aus, wie der Kanarienvogel dem ſo viel größeren Kuckuck einen Biſſen nach dem anderen auf die Zunge legte, indem er dabei mit ſeinem kleinen Köpfchen wohl zur Hälfte in dem großen und breiten Schnabel des Kuckucks verſchwand. Natürlich fütterte er ihn mit demſelben Futter, das ihm ſelbſt geboten war: Hanf, Sommerrübſen und auf: geweichter Semmel; dazu aber nahm er, wie ich genau geſehen zu haben glaube, auch einmal eine der gelben Raupen, mit denen ich ſelbſt den Kuckuck zu füttern pflegte. Und ſeit dieſem Tage kannte der Kanarienvogel gar kein anderes Intereſſe mehr, als ſich der Pflege ſeines ihm plötzlich geſchenkten Pflegekindes zu widmen. Es war rührend anzuſehen, mit welcher Aufopferung er den ganzen Tag Nahrung für den Kuckuck ſuchte, und doch fand er bei dieſem wenig Dank, vielmehr mußte er ſich ſtets vorſehen, daß er nicht von dieſem, der mit dem, was er ihm brachte, nie zufrieden war, einen Schnabelhieb erhielt. So bot der Kanarienvogel ein Bild hingebender Liebe, der Kuckuck dagegen zeigte den nackteſten Egoismus. Selbſtver⸗ ſtändlich überließ ich es dem Kanarienvogel nicht allein, den allezeit hungrigen Ge⸗ ſellen ſatt zu machen, ſondern half ihm dabei. Und dann gab es wieder ganz reizende Scenen, wenn der für eine Weile geſättigte Kuckuck ſich weigerte, von dem Kanarienvogel Futter anzunehmen. Dann ſaß dieſer vor ihm, pickte an ſeinen Schnabel, bat ihn in allerliebſt fragendem Gezwitſcher, er möge doch ſeinen Schnabel öffnen, flog ihm auf die Schulter, was dieſer ſich gern gefallen ließ, zauſte ihn an *) Jedesfalls der Schafſtelze (Budytes flavus). D. Red. — 317 — den Federn, kurzum verſuchte ihn auf alle Weiſe zur Erfüllung ſeines Wunſches zu bewegen. Oft fand ich beide Vögel auch, wenn ich hinaufkam, vertraulich neben einander ſitzen. Allmählig aber erkaltete das Verhältniß zwiſchen beiden, als der Kuckuck aus einem ihm vorgeſetzten Näpfchen allein freſſen lernte und ſich nicht mehr von dem Kanarienvogel füttern laſſen wollte. Doch ſuchte dieſer noch lange das Freundſchaftsverhältniß zu bewahren, indem er immer die Nähe des Kuckucks ſuchte und ihm überall hin nachflog. Mir gegenüber wurde der Kuckuck von Tag zu Tage ſcheuer, blieb zuletzt nur ſelten mehr auf meinem Finger ſitzen, hackte auf meine Hand los, wenn ich ihm Raupen bot, und reagirte auch gar nicht mehr auf meinen Nahrung verheißenden Pfiff. Darum ſchenkte ich ihm eines ſchönen Tages, nachdem ich ihn ca. 14 Tage gefangen gehalten, die Freiheit, da ich ſicher hoffen durfte, daß er ſich bereits ſelbſtändig durch die Welt helfen könnte. Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört und geſehen. Mein Kanarienvogel trauerte anfangs ganz offenbar über den Verluſt ſeines Stubengenoſſen, doch wurde er bald dadurch getröſtet, daß ich ihm einen zweiten Kanarienvogel zur Geſellſchaft gab. Etwas über Mehlwürmerzucht. Von Fürchtegott Gräßner. Jeder Vogelwirth kennt die Unentbehrlichkeit der Mehlwürmer zur Pflege und Zucht ſeiner Lieblinge; deshalb wollen die Leſer dieſer Zeitſchrift verzeihen, wenn ich, ermuthigt von dem liebenswürdigen Herausgeber derſelben, mir erlaube, meine langjährigen Erfahrungen in dieſer Beziehung, die ich vor längerer Zeit bereits in einer Geflügelzeitung niederlegte, und die in Folge deſſen durch vielfache Mittheilungen und Rathſchläge bereichert wurden, hier noch einmal auszuſprechen. Dabei habe ich den doppelten Zweck im Auge, dem Unerfahrenen die Mittel und Wege anzugeben, wie er von den zur Zucht beſtimmten Mehlwürmern einen möglichſt hohen Procent— ſatz, und zugleich wie er für alle Monate im Jahre, alſo auch für den Spätſommer, eine beliebige Menge ausgewachſener Würmer), d. h. zur Verpuppung reife Larven, zu erzielen vermag. Betrachten wir zunächſt die zur Mehlwürmerzucht unentbehrlichen Utenſilien. Zu ihnen gehören vor allen Dingen eine Anzahl den verſchiedenen Lebens- ſtadien der Mehlwürmer entſprechender Kiſten: *) Um jedem Mißverſtändniß vorzubeugen, ſei bemerkt, daß unter Mehlwürmern die Larven des Mehlkäfers, Penebrio molitor, zu verſtehen find. Allen etwaigen Anfragen von vorn herein zu begegnen, geſtatte ich mir noch die Bemerkung, daß ich ſeit langer Zeit keine Mehlwürmer mehr züchte. — 318 — 1) zur Aufnahme der Käfer, um die Eier abzulegen, 2) zur Aufzucht der Larven, 3) zur Verpuppung der ausgewachſenen Larven, 4) zur Aufbewahrung der zum Verfüttern beſtimmten Larven, 5) zur Aufnahme des durchgeſiebten Inhalts aus den Kiſten ad 1 bis 3. Alle Kiſten müſſen gut verfugt, ſprung- und aſtfrei und im Deckel mit einer handgroßen Oeffnung verſehen ſein, die durch ein feines Sieb (ſo fein, daß ſelbſt die kleinſte Larve nicht durchſchlüpfen kann) verſchloſſen wird. Mit Ausnahme ad 1 und ad 5 empfiehlt es ſich, alle Wände derſelben inwendig mit Leimwaſſer, das mit feinſtem Sand ſo lange verſetzt wird, bis es einen flüſſigen Brei bildet, mehr⸗ mals zu beſtreichen, um den Larven das Durchbrechen der Wände, namentlich in den Winkeln, zu vertreiben. Unbedingt nothwendig iſt es aber, auf der Innenſeite, 2—3 em unterhalb des Randes, in alle 4 Wände und ſenkrecht zu denſelben Streifen von 4—5 cm breitem Spiegelglas jo einzufalzen, daß dieſelben einen ununterbrochenen Rahmen um die ganze Kiſtenöffnung bilden und das Entſchlüpfen der Larven und Käfer verhindern. Vortheilhaft iſt es ferner, Kiſte ad 3 einen Boden von fein durchlöchertem Zinkblech und darunter einen gut anſchließenden Unterſatz zu geben, ſo daß zwiſchen Boden und Unterſatz wenigſtens 1 em hoher Zwiſchenraum bleibt, um den Unrath der Larven aufzunehmen und die Kiſte möglichſt trocken zu erhalten. Den verſchiedenen Zwecken muß auch die Größe der einzelnen Kiſten entſprechen. Für 1 Liter Käfer, um die Eier derſelben und die ausgefallenen Larven bis zur 3. Häutung aufzunehmen, genügt eine Kiſte von 60 em Länge, 30 em Breite und 40 em Tiefe im Lichten; ebenſo eine Kiſte für 2—3 Liter halb ausgewachſener Würmer (ad 2) und für 11/,—2 Liter zur Verpuppung reifer Larven (ad 3); kleiner, namentlich flacher, kann ad 4 ſein; je größer dagegen ad 5, deſto beſſer. Es iſt nothwendig, alle Mehlwurmkiſten, mit Ausnahme ad 5, nahe bei der Hand zu haben, um ſie jeden freien Augenblick inſpiciren zu können. Damit dieſelben nun nicht gar zu ſehr das Arbeitszimmer verunzierten, habe ich ſie in feſten Buchen⸗ brettern aufgeſtellt und mit einem grünen Vorhang verhüllt. Kiſte ad 5 kann auf dem Boden oder in einem andern trockenen Raume aufbewahrt werden. Es ver- urſacht die Anſchaffung einer hinlänglichen Anzahl geeigneter Kiſten allerdings eine empfindliche Ausgabe, ſie verzinſt ſich aber bereits nach 2 Jahren reichlich. Töpfe, Kruken und dergleichen Gefäße ſind zur Aufbewahrung und Aufzucht von Mehl⸗ würmern aus verſchiedenen Gründen, die wir an dieſer Stelle nicht erörtern wollen, gänzlich zu verwerfen. Zum Durchſieben des Inhalts der Kiſten ſind 2 Drahtſiebe eiſorderlich, ein feineres (Mehlſieb) und ein gröberes (Getreideſieb), deſſen Durchmeſſer etwas kleiner ſein muß, ſo daß es ſich in das erſtere einſchieben läßt. | — 319 — Unentbehrlich find ferner 5 Weißblechdurchſchläge, die etagenförmig jo über- einander geſtellt werden können, daß zwiſchen ihnen ein möglichſt großer Zwiſchen— raum bleibt, deren Ränder aber jo feſt an einander ſchließen müſſen, daß kein Mehl⸗ wurm entweichen kann. Die Größe der Löcher und die Tiefe jedes Durchſchlages nehmen nach unten hin ſtufenartig etwas ab. Die Löcher des oberſten dürfen keinem ausgewachſenen, zur Verpuppung reifen Mehlwurm den Durchgang geſtatten; die Löcher des 4. dürfen nur ſo weit ſein, daß ſich kein Mehlwurm hindurch zwingen kann, der die erſte Häutung überſtanden hat. Die Größenverhältniſſe der Löcher in der II. und III. Etage ergeben ſich nach dem Vorſtehenden von ſelbſt. Die V. Etage bleibt undurchlöchert. Die Ränder der Löcher dürfen keine Riſſe und ſcharfe Kanten beſitzen. Ein Durchmeſſer von 20 em und eine Tiefe von mindeſtens 15 em wird für den oberſten Durchſchlag genügen. Schließlich ſetze man ſich in Beſitz eines hinlänglichen Vorraths alter Lappen von Flanell, Filz, weichem Leder (Fenſterleder), wollener Strümpfe und dickem Löſch— papier, prüfe aber genau, ob dieſe Stoffe nicht bereits mit den Eiern oder Larven des Speckkäfers, der Kleider⸗ oder Pelzmotte und anderer ſchmarotzenden Kerfe beſetzt ſind; ebenſo muß man Häckſel, Haferſpreu, Weizenkleie, Gerſtenſchrot und etwas Staubmehl ſtets zur Verfügung haben. Da wir uns jetzt im Monat Auguſt, alſo in der Jahreszeit befinden, in welcher der Mehlkäfer, ſich ſelbſt in ſeiner Ent⸗ wickelung überlaſſen, hauptſächlich in ſeinem letzten Lebensſtadium, als Käfer, auftritt, wollen wir annehmen, wir begännen unſre Mehlwürmerzucht mit dieſem Stadium. Um die Käfer aus der Kiſte, in welcher die Verpuppung ſtattfand, maſſenhaft abzufangen, bediene man ſich eines irdenen oder porzellanenen, 10—15 em tiefen Gefäßes (auch des unterſten, undurchlöcherten Durchſchlags) mit ſteilen Wänden, deſſen Boden mit etwas fein geriebener Mohrrübe (gelbe Wurzel, Wurzel, Daucus cCarota) oder mit Bier angefeuchtetem Schwarzbrod belegt und das dann in einer Kiſtenecke vorſichtig ſo tief eingeſenkt wird, daß ſein oberer Rand ein wenig unter das Niveau des Kiſteninhalts zu liegen kommt. Nach wenigen Stunden wird das Gefäß mit Käfern angefüllt ſein. Es wird dann vorſichtig aus ſeiner Vertiefung gehoben, in Kiſte ad 1 entleert und wieder an ſeine frühere Stelle verſenkt. So fährt man fort, bis keine oder nur noch wenige Käfer in der Verpuppungskiſte an⸗ getroffen werden. Die Kiſte, welche zur Aufnahme der abgefangenen Käfer beſtimmt iſt, darf vor allen übrigen Kiſten an keinem zu heißen, noch weniger aber an einem feuchten oder ſehr kühlen Orte aufbewahrt werden. Wird ſie z. B. der trockenen Ofenhitze ununterbrochen ausgeſetzt, ſo gehen die Käfer maſſenhaft zu Grunde, ohne ihre Eier vollſtändig abgelegt zu haben, auch vertrocknen die letzteren; an feuchten Orten werden die unteren Schichten ſchimmelig und moderig, und ihr Inhalt verdirbt gänzlich. — 320 — Allen Kiſten, vorzugsweiſe aber der Käferkiſte, gebe man als Grundlage eine 8-10 m hohe Schicht von Haferſpreu und Häckſel, dieſelbe belege man mit einer doppelten Lage von Flanelllappen, wollenen Strümpfen oder Filz, bringe über dieſe eine 5—6 em hohe Schicht von Weizenkleie, vermiſcht mit etwas Gerſtenſchrot und Staubmehl, laſſe wiederum eine Lage der genannten wollenen Stoffe und auf dieſe eine Schicht der Futterſtoffe folgen und fahre jo fort, bis die Kiſte (2—3 em unter⸗ halb des Glasſtreifens) gefüllt iſt. Sollten die Futterſtoffe die obere Lage bilden, ſo bedecke man dieſelbe mit alter Pappe oder dickem Löſchpapier. Namentlich bei heißem, trockenem Wetter verſehe man täglich dieſe Decke mit kleinen Portionen fein geriebener Mohrrübe oder angefeuchteten Schwarzbrodes, gebe aber niemals mehr als aufgezehrt wird, und hüte ſich, den Inhalt der Kiſte zu beunruhigen und die feuchten Futterſtoffe in tiefere Lagen gelangen zu laſſen. Sobald die Käfer größtentheils abgeſtorben ſind und bei naßkalter Witterung unterlaſſe man den Zuſatz der feuchten Nahrungsſtoffe. Nach 6—8 Wochen wird das Niveau des Kiſteninhalts um ſo bedeutender ſinken, je zahlreicher und größer die entwickelten Larven ſind. Man entferne die obere Decke, welche als Unterlage für die feuchten Futterſtoffe diente und fülle von Zeit zu Zeit die Kiſte mit Weizenkleie, Gerſtenſchrot und Staubmehl ſo weit an, daß das urſprüngliche Niveau wieder erreicht wird. Erſt nach 4 Monaten darf die Kiſte auf ihren Inhalt unterſucht werden. Man breitet zu dieſem Zwecke ein großes viereckiges Leder aus, ſetzt in die Mitte deſſelben die in einander geſchachtelten Siebe und bringt den Inhalt der Kiſte nach und nach in das obere, grobe Sieb. Die wollenen Lappen u. dergl. werden bis zuletzt in der Kiſte gelaſſen. Mit geringen Ausnahmen werden alle Larven, nach⸗ dem man ſie durch Pochen und Rütteln an den Wänden des Siebes und Umrühren des Inhalts noch beunruhigt hat, in das untere Sieb fallen. Damit aber weder eine Larve, noch ein Ei verloren geht, wird der Rückſtand im groben Sieb, wie der Staub, welcher durch das feine Sieb gerieſelt iſt, in Kiſte ad 5 geſchüttet. Die in dem untern Siebe angeſammelten Larven werden von Zeit zu Zeit in die Durch⸗ ſchläge geſchüttet; hier ſieben ſie ſich durch und ſortiren ſich von ſelbſt nach ihrer Größe. Derſelben entſprechend, werden ſie ſofort in verſchiedenen Kiſten untergebracht. Zuletzt werden die wollenen Stoffe in das Sieb geworfen, von den an ihnen an- haftenden Larven befreit und vorläufig wieder in die leere Kiſte zurückbefördert, um von Neuem gebraucht zu werden. Kiſte ad 5 bekommt keine beſonderen Nahrungsſtoffe und wollene Zwiſchen⸗ lagen. Nachdem ſie bis oben angefüllt iſt, ſtellt man ſie längere Zeit an einen warmen Ort, verſenkt ein flaches, hohles, mit feuchten Tuchlappen und geſchabter Mohrrübe angefülltes Gefäß bis an den Rand in ihren Inhalt, um die ſich in ihr — 321 — befindlichen Larven und Käfer anzulocken und abzufangen und überläßt ſpäter ihren Inhalt den Hühnern. Wie die Käferkiſte werden auch die Behälter für die Larven behandelt. Um das Wachsthum derſelben zu beſchleunigen und vorzugsweiſe um die zum Verfüttern beſtimmten recht ſpeckfett zu machen, belege man die obere Decke, außer den genannten Stoffen, noch mit kleinen Stückchen gekochten oder gebratenen Fleiſches oder Fiſches und feinen Scheibchen der Kohlrübe (Erdkohlrabi) oder weißer Rübe, aber reiche auch hier niemals mehr, als täglich aufgezehrt wird und verhüte gleichfalls, daß dieſe Stoffe in größerer Menge nach unten ſinken, hier vermodern und die Kiſte muffig und mulſterig machen. Wenigſtens alle 4— 5 Monate muß jede Larvenkiſte einmal gereinigt, ihr Inhalt durchgeſiebt und ſortirt werden.“) Nur auf dieſe Weiſe iſt es möglich, für jede Jahreszeit ausgewachſene Würmer zur Verfütterung zu er— zielen. Dazu muß man auch die Temperatur mit zur Hülfe nehmen. Bei ſorg⸗ fältiger Pflege und mit Hülfe eines gleichmäßig erwärmten Zimmers iſt es recht gut möglich, in 14—15 Monaten 2 Generationen zu erziehen. Die Erfahrung lehrt am beſten, in welchem Abſtande von der Wärmequelle die Larvenkiſten ſtehen müſſen, um genannten Zweck zu erreichen. Wie man während der kalten Jahreszeit durch künſtliche Wärme die Entwickelung der Larven fördern kann, jo hat man es um⸗ gekehrt in ſeiner Gewalt, dieſelbe zu hemmen, indem man die Kiſten an kühle, trockene Orte bringt und die Larven recht mager, d. h. nur mit Spreu und Häckfel füttert. Ohne Nachtheil kann eine Larve, welche die 2. Häutung überſtanden hat, eine Kälte von 20% aushalten und unglaublich lange hungern. Die Kiſten, welche die ausgewachſenen, zur Verpuppung beſtimmten Larven aufnehmen ſollen, dürfen nur mit trockenen Futterſtoffen verſehen werden. Sie be- dürfen vor allen übrigen der größten Ruhe. Sollte ſich ein Schmarotzer (Speckkäfer, Kornwurm u. dergl.) in eine der Kiſten eingeniſtet haben, ſo thut man beſten, den Inhalt derſelben ſofort auszuſieben und die Rückſtände den Hühnern zur Verfügung zu ſtellen. Bei ſorgſamer Pflege (Ruhe laſſen! die Kiſten vor zu großer, trockener Hitze und Feuchtigkeit im Innern ſchützen!) können mit einem Liter ausgewachſener Mehl- würmer in einem Jahre leicht 15—20 Liter erzielt werden. In 12 verſchiedenen Kiſten, die mir zur Verfügung ſtanden, habe ich jährlich über 150 Liter Würmer gezogen und zur Mauſerzeit meine zahlreichen Vögel ausſchließlich nur mit den— ſelben gefüttert. ) Alle Rückſtände kommen gleichfalls in Kiſte ad 5. — 322 — Ornithologiſche Exkurſionen im Frühling 1886. Von Paul Leverkühn. III. Reiſe nach Sylt. | Es möchte wohl überflüſſig ſcheinen, eine wenn auch kurze Reiſebeſchreibung eines Terrains zu machen, welches erſt vor kurzem von einem unſerer älteſten und hervorragendſten Ornithologen behandelt iſt,“) aber ich hoffe, daß grade den Leſern der citirten Schrift es angenehm iſt, einmal wieder etwas von dem dortigen Vogel— leben zu hören, zumal ja gewiſſe Aenderungen in einem Zeitraume von ſechs Jahren immerhin ſchon vorkommen. Natürlich verweiſe ich in erſter Linie auf Herrn von Homeyer's Arbeit und würde mich freuen, wenn ich dann und wann einige Er- gänzungen dazu geben könnte. — Schon bevor ich nach Kiel ging, hatte mich Herr Dr. R. Blaſius auf die ornithologiſchen Pfingſttouren des Herrn Gymnaſialoberlehrers Profeſſor Rohweder in Huſum aufmerkſam gemacht und ſpäter war Herr Prof. Dr. Moebius ſo freundlich, mich an den genannten Herrn zu empfehlen, ſodaß mein Schmerz groß war, als mir Herr Prof. Rohweder auf meinen erſten Brief ſchrieb, die Schiffsverbindung mit den nordfrieſiſchen Inſeln und Halligen ſei dieſe Pfingſten zu ungünſtig, um eine Tour machen zu können. Glücklicherweiſe geſtalteten ſich ſpäter die Verhältniſſe beſſer, und am 8. Juni reiſte ich nach Huſum, wo ich bei Herrn Prof. Rohweder die allerfreund— lichſte Aufnahme fand. Am andern Morgen 4 Uhr ging unſer Raddampfer „Weſterland“ in See. An der Küſte, bald hinter der Deich-Schleuſe, zeigte ſich das erſte Vogelbild der Nordſee: im Schlick wanderten mehrere Fiſchreiher (A. einerea L.); viele Auſternfiſcher (Haemat. ostralegus L.) und über 50 Alpenſtrandläufer, ſowie die nirgend fehlenden Kiebitze und Rothſchenkel gingen ihrer Nahrung nach. Während der Fahrt bemerkten wir etliche Meerſeeſchwalben (St. argentata (L.) N.) und Silbermöven (L. argent. Bruenn.) welch letztere die Charaktervögel der Nordſee ſind, während der Oſtſeeküſte die Lachmöve eigenthümlich iſt. Unſer Schiff wartete die Fluth nahe bei Föhr ab, ſodaß ich Gelegenheit hatte, auch dieſe Inſel im Vor⸗ übergehen kennen zu lernen. — Herr Prof. Rohweder begrüßt alle nordfrieſiſchen Inſeln und Halligen“) als alte Bekannte, da er ſich an vierzig Mal auf denſelben auf⸗ gehalten und ſie durchſtöbert hat. — ) Reiſe nach Helgoland, den Nordſeeinſeln Sylt, Lyſt ze. von E. F. von Homeyer. Frank⸗ furt a. M. Verlag von Mahlau und Waldſchmidt. 1880. Nebſt einem Verzeichniß der Vögel der nordfrieſiſchen Inſeln von Rohweder. Außer dieſer und der citierten Naumann'ſchen Arbeit über die Avifaung der Inſel Sylt find mir bekannt: Rafn, Verz. derjenigen Vögel, welche brütend auf der Inſel Sylt, im Herz. Schleswig vorkommen. Naumannia 1857, S. 125-128. Grunack und Thiele, die Sommervögel der Inſel Sylt. Ornith. Centralbl. 1878, S. 153 — 55. *+) Hallig, nach Adelung mit Halde oder Hügel identiſch, iſt alles am Meere gelegene Land, — 323 — Vom Dampfer aus in einem Boot ans Land geſetzt, beſahen wir den hart am Seeſtrand gelegenen Badeort Wyck und gingen über Wrixum, Nieblum, Borgum, vorbei an den alten Kirchen St. Nicolai und St. Johannes zur Vogelkoje. In Borgum hielten wir uns einige Zeit bei dem Lehrer Kertelheim auf, in deſſen kleinem Naturalienkabinet ein Nachtreiher“) (Nyeticorax griseus (Steph.) Striekl.), im Mai 1876 bei Nieblum mit unentwickeltem Eierſtock geſchoſſen, ein ſchmal⸗ ſchnäbeliger Waſſertreter “) (Phalaropus hyperboreus (Brin.) Linn.), im Sep⸗ tember 1874 erlegt, und ein nordiſcher Larventaucher !*) (Mormon fratercula (Ill). Temm.) im Winter 1875 erbeutet, beſondere Beachtung verdienen. Ueber die nordfrieſiſchen Entenkojen werden wir uns in einer beſonderen Arbeit in dieſer Monatsſchrift ausführlicher verbreiten, unterſtützt durch Herrn Rohweder, welcher auf feinen häufigen Nordſee-Reiſen ſehr genaue Erkundigungen über die Fangeinrichtungen, Ergebniſſe des Fanges, Lockvögel u. ſ. w. eingezogen hat. Auferdem glauben wir ſpäter mehr bringen zu können, da ein einmaliger Beſuch einer Koje nicht zu völliger Kenntnißnahme hinreicht, und wir hoffen, durch Herrn Rohweder's gütige Vermittelung im September nächſten Jahres die Kojen in Thätigkeit ſtudiren zu können. In einem der Dörfer Föhrs bemerkten wir ein Storchneſt, deren es auf dieſer Inſel im Ganzen 4 nach Rohweder's Mittheilung giebt. Auf dem Rückweg nach Wyk durch die ſandige ſonnenbeſchienene Geeſt, welche vollſtändig den gleichen Charakter wie auf dem Feſtland zeigt, zeigten ſich einzelne Grauammern (Miliaria europaea [C. L. Br.] Swains); in dem genannten Badeort ſah ich eine Haus— ſchwalbe (H. urbiea L.), welche ſparſamer als ihre Schweſter, die Naud)- ſchwalbe (H. rustica L.), auf den Inſeln brütet. — Auf der Fahrt nach Sylt, bei welcher unſer Schiff des Fahrwaſſers wegen erſt eine gute Strecke weiter nordwärts fahren mußte, vorbei an dem Hafenplatz Munckmarſch, ſah ich die erſten Brandenten über das Waſſer fliegen, ſtets das kleinere Weibchen voran, während die Silbermöven ihre erſten Repräſentanten erſt ſchickten, als wir gelandet hatten. das von der Fluth ganz oder zum Theil überſchwemmt wird; einerlei ob es mit dem Feſtlande zuſammenhängt oder von demſelben getrennt iſt, wie die 15 Halligen im engeren Sinne, welche in der Nordſee zwiſchen 540 27“ und 550 4“ n. B. liegen. (Frei nach Weichelt.) e ) Weitere Fälle des Vorkommens dieſes Reihers auf der jütiſchen Halbinſel find: im Mai 1821 ein Exemplar in Neumünſter (Holſtein), ein zweites unweit Ripen (Jütland) (Boie, Beiträge; Iſis 1822 S. 775); ein drittes im Juni 1863 bei Deetzbüll (Schleswig) (Rohweder, Bemerkungen zur Schleswig⸗Holſteinſchen Ornithologie S. 121). Lev. **) Anfang Oktober 1874 trieb eine kleine Geſellſchaft dieſes Vogels nach wochenlang ſchönem Wetter mehrere Tage ihr anmuthiges Spiel bei der Hallig Langenees. (Rohweder, Vögel Schles— wig⸗Holſteins S. 13.) Lev. *) 1872/73 ein Exemplar viele Wochen bei und auf der Hallig Südfall. (Rohweder ebend. S. 22.) Lev. 24 — 324 — Früh am andern Morgen ſegelten wir mit einem Frachtſchiff, zum Theil durchkreuzend, nach dem Dörfchen Liſt, im Norden der Inſel, vorbei an den mövenbelebten Dünen⸗ ketten, vorbei an der Sturmmöven⸗Colonie, deren Bewohner als weiße Flocken auf dem blauen Himmel ſich abhoben. Auf dieſer Fahrt wie ſpäterhin auf unſeren Dünenſpaziergängen begleitete uns Herr Stein, welchem für 5 Wochen die Aufſicht über die Brutcolonien, zumal die der kaspiſchen Seeſchwalbe, übertragen iſt. Herr Rohweder kannte ihn ſchon länger und erfuhr ſchon unterwegs von ihm, daß der Stand der Silbermövencolonie dieſes Jahr ein guter zu nennen ſei. Herr Stein beſitzt ein warmes Herz für ſeine Schützlinge, großes Intereſſe für das Naturleben, welches ſich ihm auf ſeinen einſamen Wanderungen offenbart, und Energie genug, um das ſehr beſchwerliche Werk der Aufſicht Tag und Nacht mit friſchem Muthe auszuüben — man darf ein Aufblühen der Strandvogelbrutplätze hoffen, ſolange das unvernünftige Möven-Schon (1) -Geſetz, auf deſſen Verkehrtheiten u. a. Herr v. Homeyer a. a. O. nachdrücklich hinweiſt, durch eine ſo vortreffliche Aufſicht in etwas paralyſirt wird ). Gleich um Mittag begannen wir mit den Dünenſpaziergängen! Der erſte führte uns an einem jener kleinen grünen Hügel vorbei, welche mit 20 und mehr Erdflecken beſät ſind, die auf den erſten Blick vom Regen zerwaſchene Maulwurfs⸗ hügel zu ſein ſcheinen. Das ſind die Oeffnungsſtellen der künſtlichen Brandenten⸗ bauten, deren jeder Liſter wenigſtens eine beſitzt. 4 Eier pflegt man den Enten zur Ausbrütung zu laſſen; die Dunen werden in Liſt wenig beachtet. In der Um⸗ gebung des Dorfes breitet ſich eine zum größten Theil aus fruchtbaren Wieſen beſtehende Ebene aus, die mit dem leichten Grün des kurzen Raſens und den klaren Spiegeln eingeſchloſſener Waſſerbaſſins zu den im Oſten gelegenen Dünen einen lieblichen Kontraſt bildet. Dieſes iſt der Haupttummelplatz der „Bergenten“, „der weiß, roth und ſchwarz gezeichneten Blumen, in den grünen Teppich geſtickt“. Nicht weit davon in nördlicher Richtung hat ſich eine große Schaar Seeſchwalben — ob hirundo oder macrura, muß noch conſtatirt werden — in dieſem Jahre angeſiedelt. Mehrere Hundert der prächtigen Vögel flogen in bedeutender Höhe über uns, ängſtlich beſorgt wegen ihrer Brut. Zum größten Theile ſaßen die kunſt⸗ loſen Neſter in der Raſendecke, einzeln im Seetang und bloßen Sande. Die Eier, *) Im Mai dürfen nach dem neuen Geſetz keine Möven- und Seeſchwalbeneier geſammelt werden; da die genannten Vögel aber auf Sylt gewöhnlich Ende Mai mit Legen anfangen, wurde es unmöglich, auf geſetzlichem Wege Eier zu ſammeln. Natürlich fiel damit die zweckmäßige Schonung, welche die nur des erſten Geleges beraubten Vögel in früheren Jahren erfuhren, weg, und rückſichtslos wurde mitgenommen, was zu kriegen war; etwas ſcheinen die Vögel wieder an Zahl zuzunehmen, dennoch muß man mit Homeyer wünſchen, daß bald eine veränderte, auf die vielen Thatſachen begründete Geſetzgebung eintritt, das einzige Mittel zur Erhaltung der berühmten Liſter Vogelwelt. (Vergl. Rohweder § 6 des Geſetzes über die Schonzeit des Wildes. Zool. Garten. Jahrgang XVIII ©. 98 und 94!) Lev. — 325 — meiſt 3 an Zahl, waren zum Theil bebrütet; nur ein Neſt enthielt Junge. In einem Neſt lagen 4 Eier; ein anderes barg neben 2 ſchon angepickten Seeſchwalben⸗ eiern ein hochbebrütetes Ei von Charadrius eantianus. Es wäre intereſſant ge: weſen, feſtzuſtellen, ob die Schwalben den Regenpfeifer gefüttert und großgezogen haben. Viele Auſternfiſcher (Haemat. ostralegus L.), unermüdlich ihr „cadit cadit cadit cadit tyt tyt tyt tyt“ (immer ſchneller) vortragend, durchkreuzten weniger hoch als die Seeſchwalben die Luft. Auch ſie hatten an dieſer Stelle viele Neſter mit 1—4 Eiern. Eine kleine Düne war einer Anzahl von Zwerg— ſeeſchwalben (Xema minutum Pall.) ein erwünſchter Brüteplatz; auch zwiſchen den Neſtern ihrer größeren Verwandten lag manches Gelege im Sande ohne eine Spur von Neſtunterlage; genau wie die der Auſternfiſcher. Einzelne Sand- und Seeregenpfeifer ließen ihre melancholiſchen Stimmen vernehmen, nicht weniger um ihre Eier beſorgt. Diesmal fand ich mehrere Gelege von Char. cantianus in den Boden eingedrückt, wie dieſes von P. Müller beſchrieben iſt. Nur langſam rückten wir vor; bot ſich doch immerwährend ein neues intereſſantes Vogelbild, deſſen Be— trachtung zumal für mich, der ich dieſe Herrlichkeiten zuerſt ſah, einen unbeſchreib— lichen Reiz gewährte. In dem ſeichten Waſſer am Königshafen ſchwammen Eider— enten (S. molissima [Leach.] L.), die als ſchwarze Punkte auf dem dunklen Meere mir ſchon auf der Segelfahrt von meinem kundigen Reiſebegleiter gezeigt waren. Es mochten wohl ſolche Vögel ſein, die ihr Brutgeſchäft für dieſe Saiſon aufgegeben hatten; denn ihre Neſter ſind, obwohl durch die Unſcheinbarkeit des brütenden Vogels ſehr verborgen, doch vielen Feinden in Geſtalt von Menſchen und Möven ausgeſetzt. Trifft man zufällig auf ein Eiderentenneſt, ſodaß man wider ſeinen Willen das brütende Weibchen aufjagt, welches nunmehr ſeine Eier nicht mehr mit den ſchwarzbraunen Dunen verdecken kann, ſo darf man beſtimmt darauf rechnen, daß eine der Silbermöven, welche im nördlichen Theile Sylt's alle Dünen bevölkern, die Eier gewahr wird und — verzehrt. Ja, die feſt auf dem Gelege ſitzenden Vögel find nicht einmal vor ihren gefiederten Feinden ſicher! Stein er: zählte, daß er beobachtet, wie Möven vereinigt eine Eiderente vom Neſt gejagt hätten, um die leckeren Eier zu verſpeiſen. Während unſeres Aufenthalts in den Dünen fanden wir wenigſtens 8— 10 Neſter, die Schalenfragmente oder andere Spuren von gewaltſamer Zerſtörung aufwieſen — wieder einmal ein Beitrag zu dem umfangreichen Kapitel der „Tragödien der Neſter“. Nach einer längeren Wanderung am Watt erſtiegen wir einen kleinen Dünen⸗ wall, und ich ſah zum erſten Male den herrlichen Anblick einer Brutgeſellſchaft Silbermöven, welche uns mit dem wunderbaren „ha ha ha“ empfingen. Mochte auch mein gütiger Führer, welcher ſeit Decennien „ſeinen Nordſeevögeln“ Beſuche ab- ſtattet, trauernd die vielen Tauſende von Möven, welche Naumann noch 1819 — 326 — brütend fand, vermiſſen, für mich bildeten die Hunderte ſchon einen Anblick, welcher für den enthuſiasmirten Vogelfreund nie ſeinen Reiz verlieren kann. Hier darf man ſagen: eine Beſchreibung leiſtet nichts, komm und ſiehe! „Sieh' wie die ſchlankgeformten und fluggewandten Vögel über den Spitzen der Dünen ſich tummeln, entweder mit ruhig majeſtätiſchem Fluge dahinſchwebend oder in ſchnellen und | ſchönen Wendungen nach einander jagend und ſich nedend, wie fie einzeln und paarweiſe in ruhiger Beſchaulichkeit alle Gipfel und Abhänge beſetzt halten, wie ihr makelloſes Gefieder mit dem reinſten Weiß und dem zarteſten Blau aus den dunkelbewachſenen Thälern hervorleuchtet!“ Als wir die Dünenhöhe erreicht, war die Luft ſchon von den Möven erfüllt; die Weibchen hatten die Neſter verlaſſen, da ſie die ſchon ſo leicht zu findenden Brutſtätten nicht durch ihr Auffliegen dem Menſchen, ihrem Feinde, ſofort verrathen wollten. Es klang mir vom erſten Augen⸗ blick an, wo ich den höchſt eigenartigen Ruf hörte, ſtets ſo, als ob die ſchönen Vögel nicht „ha ha ha“, ſondern „pack pack pack dich“ riefen — ein zu berechtigter Wunſch! „Denn die friſchen, noch nicht verwehten Spuren im Sande, die zwiſchen den Halmbüſcheln befindlichen leeren Neſter, deren Rundung die eierraubende Hand zerſtört hatte, das zerſchlagene Ei, deſſen Dotter, mit feinen Blutgefäßen umſponnen, dem Räuber nicht vom beginnenden und hier ſo ruchlos zerſtörten Leben erzählte, ſondern ihm höchſtens einen frieſiſchen Fluch entlockte, weil das eben gefundene Ge⸗ lege nicht für die Küche taugte — alles dies ſind Umſtände genug, um die Aufregung und Angſt der Vögel zu erklären“).“ Man darf dabei aber nicht etwa an die Kund⸗ gebungen der Furcht und Sorge denken, wie man ſie bei Buchfinken oder Kiebitzen gewohnt iſt: nein, der Silbermöven Thun und Treiben beherrſcht eine gewiſſe vornehme Ruhe und Würde, welche ſie auch nicht verläßt, wenn ſie ihr Liebſtes, ihre Brut, in Gefahr ſehen. Der ruhig ſchwebende Mövenſchwarm ſtimmt un⸗ willkürlich melancholiſch, wenn man bedenkt, daß dieſe Thiere, welche ihre Nach⸗ kommen ſo wenig, faſt gar nicht ſchützen können, mit unwandelbarer Treue Brut auf Brut großzuziehen verſuchen, bis ſchließlich die Natur nicht mehr ihrem Willen gehorcht, und ſie, kinderlos, in dem weiten Ocean nur für ſich Nahrung zu ſuchen verdammt ſind. — Doch nicht allzu ſchwarzſeheriſch! Gerade dieſen Frühling hatte Herr Rohweder die Freude, conſtatieren zu können, daß weit, weit mehr Silbermöven volle Gelege (3 Eier) hatten, als in den Vorjahren. Viele hundert Neſter fanden wir, vielleicht während der Tage, die wir buchſtäblich in den Dünen verlebten, über 1000. Aber wenn auch ein Theil der Neſter, beſonders in der Nähe der Arbeitsſtätten der Pflanzer — deren Aufſeher allerdings ebenfalls aus⸗ drücklich angewieſen iſt, ſeine Leute zu bewachen und Eierausnehmen zu verhüten — *) Nach Rohweder. — 327 — ihres Inhalts beraubt waren, ſo zeigte doch weitaus der größte Theil einen be— friedigenden Anblick. Auch fanden wir gar keine Abnormitäten in Farbe oder Ge— ftalt (auch unter den Seeſchwalbeneiern war nur ein fledenlojes hellblaues ge— weſen), ſodaß auch in dieſer Beziehung „Geſundheit und Wohlſtand“ zu herrſchen ſchien. Sehr beachtenswerth ſcheint mir der folgende Satz aus Rohweders orni— thologiſchem Tagebuch: „Die Möven haben nicht bloß eine äſthetiſche Bedeutung, ſondern ſie können, wenigſtens bei rationeller und vernünftiger Behandlung, für die Bewohner der Gegend einen großen ökonomiſchen Werth haben und, was noch höher anzuſchlagen iſt, im Laufe der Zeit durch ihre kalkhaltigen Excremente in den Dünen einer befeſtigenden Vegetation die Exiſtenzbedingung ſchaffen und ſo zur Erhaltung eines Landes beitragen, das nicht nur einer Anzahl von Menſchen eine liebe Heimat iſt, ſondern auch für das gegenüberliegende Feſtland einen ſtarken Schutzwall gegen die andrängenden Fluten bildet.“) In einem von Möven bewohnten Theile flatterte unmittelbar vor unſeren Füßen eine Eiderente auf, mit ihrem gelblichen Roth ihr Gelege von 2 (!) Eiern beſchmutzend. Wir deckten Dunen darüber, damit kein Räuber ihre Brut zerſtöre. In einem Eider⸗ entenneſt lagen 3 faule Eier, ſorgfältig unter Dunen verborgen. In einem anderen Theile der Inſel bemerkte Rohweder's Falkenauge vom Kammeiner Dünenhöhe unten im Thal in der ſchwärzlichen Haide ein brütendes Eiderentenweibchen. Bis auf ca. 5 Schritt kam ich ihm nahe, umkreiſte es, ohne daß es ſich bewegte und be— wunderte die Geduld des Vogels, auf den heißen Dunen nmitten der heißen Dünen von der brennenden Sonne beſchienen die Eier zu bewachen; nur auf ein halbes Stündchen verläßt der Brutvogel ſeine Eier: ſonſt kann man ihn Tag und Nacht auf dem Neſte finden. Wir ſtörten ihn natürlich nicht. — Ueber die Dünen ging es weiter zum erſten der beiden Leuchtthürme auf dem ſog. Ellenbogen, einer langen Halbinſel auf dem Nordende Sylts; nach kurzer Raſt eilten wir zum Glanz— punkt der Anifauna der Inſel; der Kolonie der kaspiſchen Seeſchwalbe (Sterna caspia (L.) Pall)! Schon in einer Entfernung von ungefähr 200 Schritt vor ihrem Brutplatz auf einem Dünenkamm gehend, der nur von wenigen Möven be: wohnt war, ſahen wir nun die Rieſenſeeſchwalben ſich von den Neſtern erheben und uns ſcheu in ziemlicher Höhe entgegenfliegen; erſt eine, dann zwei, bis ſchließ— lich alle vorhandenen über uns ſchwebten. Die Zählung ergab ca. 35 Paar, während wir die Neſter, alle dicht bei einander in einem Umkreis von 160 Schritt, nur mit 24 Eiern in Summa belegt fanden. Sämmtliche Eier lagen in dem bloßen Sand, ohne Anlehnung an einzelne vorhandene Strandpflanzen. Etwa 8 Neſter enthielten zwei Eier, und das iſt als ein ſehr erfreuliches Faktum anzuſehen; *) Man vergleiche in dem vortrefflichen, ſchon citierten Buche Weigelts die Stellen über die Bedeutung der Dünen z. B. Seite 47, 111 u. ſ. w. Lev. — 328 — bewies es doch, daß die Schützer der Kolonie, darunter auch die Leuchtthurmwächter, das Ausnehmen verhindert hatten. Durnford fand am 3. Juni 1874 25 Paar Vögel in zwei kleinen Kolonien dicht bei einander. Ein Dutzend Neſter enthielt mit Ausnahme zweier, je ein Ei. Herr von Homeyer und Herr Rohweder fanden 1880 20—22 Eier, jedes ein „Gelege“ bildend und zwar am 12. Juni. Hoffen wir nicht, daß es einem Eierſammler gelungen iſt, nach dem 10. Juni, an welchem Tage ich dort war, die Seeſchwalben zu berauben! Viele Eier waren von dem Feuerwärter mit großen römiſchen Zahlen (mit Blauſtift) bezeichnet, um ſie damit etwaigen Eierſammlern als ſtark angebrütet zu bezeichnen. Bekanntlich iſt dieſe einzige Kolonie der Sterna caspia in Deutſchland — und vielleicht die einzige „Kolonie“ Europas, da beiſpielsweiſe in Norwegen dieſe Seeſchwalben ſtets ver⸗ einzelt brütend gefunden werden — von Naumann i. J. 1819 wiſſenſchaftlich entdeckt; dermalen fand er 5—600 Stück in nächſter Nähe einer Kolonie kentſcher See⸗ ſchwalben von mehreren Tauſenden. Letztere brüten nicht mehr auf Sylt! Als ob ſie uns einen Beweis ihrer Exiſtenz geben wollten, erſchienen etwa 30 Stück auf und über dem Meer, nicht weit von der Kolonie der caspia. Wie die Ein⸗ gebornen ſagen, ſind ſie auf Hochzeitsreiſen — denn ſie kommen öfters; in Wahr⸗ heit kommen ſie auf Trauerexpeditionen, da ihre Brut auf der unbewohnten Hallig Jordſand von jedem beliebigen Schiffer als ſein Eigenthum angeſehen und auf das rückſichtsloſeſte mitgenommen wird. — Naumann ſchoß damals 24 Stück kas⸗ piſche Seeſchwalben, von denen 18 vom Meere verſchlungen wurden; er bekam von dem Beſitzer einige 30 Eier, — mehr als jetzt überhaupt zu finden ſind!! — Jeder, der den Ellenbogen ſeiner Ornis wegen aufſucht, ſollte nach ſeinem Beſuch Nau⸗ manns ornithologiſche Bemerkungen und Beobachtungen?) leſen! Unweit des weſtlichen Leuchtthurms lag die kleine Leiche eines Bergfinks (Fringilla montifringilla L.) gedörrt im Sande, eines jener tauſende von kleinen und großen Vögeln, welche wie die Motten in das Licht fliegen und ihren Tod finden. — Schaaren von jungen Eiderenten, 40— 70 Stück auf einmal, ſahen wir mehr⸗ fach auf dem Rückweg vom Nordſtrande aus auf dem Meere ſchwimmen. — Am folgenden Tag wurde der Sturmmövenkolonie (Larus canus L.), ſüdlich von Liſt ein Beſuch abgeſtattet. Zu Naumann's Zeiten gab es ſolcher Brutplätze mehrere, jetzt noch einen, während ganz vereinzelt Sturmmöven hier und da im Dünen⸗ gebirge zwiſchen den Silbermöven niſten. Doch vertragen fie ſich mit jenen ſehr ſchlecht; jede Silbermöve, welche es wagt, das Niſtterrain ihrer kleinen Kollegin zu berühren, wird ſogleich aus dem Felde geſchlagen. Sie brüten etwas früher als ) Okens Iſis 1819 p. 18451861. — 329 — die Silbermöven. Faſt alle Gelege waren angepickt, doch fanden wir noch keine Junge. In einem Neſt lagen 5 Eier faſt an derſelben Stelle, wo im Vorjahre ebenſo viele ein Neſt gefüllt hatten. Dieſe waren unzweifelhaft von zwei Weibchen gelegt, während die Gelege der kaspiſchen Seeſchwalbe, welche 3 Eier enthalten, von einem weiblichen Vogel herrühren. Gar nicht ſelten hat der Gensdarm Stein ſo viele gefunden — natürlich nur als erſte Gelege. — Auch Silbermöven legen bisweilen gemeinſam in ein Neſt; Stein wußte eines mit ſechs Eiern, das er aber nicht wiederfinden konnte. Schweigſam und in den erhabenen Anblick vertieft ſaßen Herr Rohweder und ich lange Zeit auf einer Dünenkuppe, von wo ein weiter Ausblick auf eine Reihe von Dünenthälern möglich war. Hunderte, und vielleicht tauſende von Silbermöven waren in den Thälern vertheilt; hier ſaß eine Anzahl ruhig auf ihren Neſtern, dott ſchwärmten etliche, die Luft mit ihrem wunderbaren Gelächter hahaha erfüllend. Welche Gefühle mußten meinen Gönner bewegen, wenn er auf „ſeine Nordſee— vögel“ ſah, deren Schutz er nun ſeit 20 Jahren jahraus jahrein den Syltern ge— predigt, deren Brutſtätten er auf alle erdenkliche Weiſe geſchützt, deren Neſter er nie beraubt hat! Gewiß, dieſem Manne gebührt reicher, reicher Dank; ohne ſeine thätige, uneigennützige Pflege wären vielleicht heute viele Dünenthäler ihres ſchönſten Schmuckes entkleidet, und in Deutſchland gäbe es keine kaspiſchen See⸗ ſchwalben mehr! Auf der Spitze einer in den Königshafen hineingehenden Landzunge, Odde d. h. Spitze benannt, niſtet eine beträchtliche Anzahl Zwergſeeſchwalben. Sie wer⸗ den von den Inſulanern, welche überhaupt die Vögel kennen, Sterna minuta, ebenſo wie die kaspiſchen Sterna caspia genannt, da die Leute von den Orni⸗ thologen ſtets dieſe Namen gehört, ſie ſelbſt aber ihnen keine Trivialnamen gegeben haben. Natürlich finden auch Verdrehungen ſtatt, ſo ſprach ein Mann vom „Stern der Minute“ — gewiß ohne zu wiſſen, was dieſer myſtiſche Ausdruck bedeute! Auf dem nackten Sande waren immerhin 40—50 volle Gelege zu finden, aber die friſchen Spuren von Menſchen, welche bald rechts, bald links abbogen, zeigten zu gut, daß auch dieſe winzigen Seeſchwalbeneier Liebhaber finden. Sterna minuta. Haematopus ostralegus. Durchſchnitt von 30 Eiern: 32,8: 24,1 mm Von 23 Eiern: 55,6: 40,4 mm Max. 35: 24,1 (reſp. 32,1: 25,2) 61:40 (reſp. 53: 47,2) Min. 29,9: 23,9 (reſp. 32,2: 22) 52,1: 38,2. Die Rückfahrt von Liſt nach Munkmarſch abſolvierten wir in einem Wagen, ſodaß ich die Dünen noch einmal vom Watt aus bequem betrachten konnte. Vom rothen Kliff aus ſahen wir drei Schwärme Eiderenten, zuſammen über 100 Stück. Auch ein Goldregenpfeifer (Charadrius pluvialis L.) zeigte ſich als Charakter⸗ — 330 — vogel der öden Heidegegend um Kämpen. Mitten in der kurzen Heide ſaß ein Lerchenneſt mit 3 Jungen, ebenfalls für dieſe Gegend charakteriſtiſch. Im Norden der Inſel findet man anſtatt ihrer den Wieſenpieper (Anthus pratensis (Bechst.) L.) ſehr zahlreich an. I Dienſtlich verhindert, mußte mein hochgeſchätzter Reiſebegleiter am 13. zurück nach Huſum; ich verabſchiedete mich einſtweilen und fuhr nach Hoyer, um von dort via Tondern zu den an der Weſtküſte Schleswigs gelegenen Seen zu ge: langen. Herr Dr. Fries in Tondern gab mir Ratſchläge über die zweckmäßigſte Einrichtung der Tour und ſo machte ich mich von Tondern weiter nach Aventoft, einem kleinen Dorfe am gleichnamigen See, auf. In Hoyer zählte ich über zehn, in Tondern einige Neſter vom weißen Storch, welcher überall in Schleswig ſehr häufig iſt. — Gleich nach meiner Ankunft in Aventoft ging ich wieder „an Bord“, diesmal allerdings nur eines kleinen Flachbootes um jenſeits des See's, auf den ſumpfigen Wieſen Geiskopfuferſchnepfen (Limosa aegocephala (Briss) Bechst.) zu beobachten. Gar bald bemerkte ich vom Kahn aus, als wir in einem Kanal zwiſchen zwei Wieſen fuhren, mehrere Limoſen, für welche mein Bootführer gar keinen Namen zu ſagen mußte. Sie ſchienen Junge im Raſen verborgen zu haben, dem ängſtlichen Jodel⸗Geſchrei nach zu urtheilen. Vier bis acht Vögel ſah ich wohl gleichzeitig, doch ſtets nur über einer ſumpfigen Wieſe; ſobald ich einige Kanäle überſprang und in ein von ſchwarzen Seeſchwalben (Hydrochelidon nigra. Boie) belebtes Röhricht vordrang, hörten die Angſtrufe der Uferſchnepfen ſofort auf. Ich hatte das Glück noch ein Neſt der Limoſe zu finden; es enthielt ein recht kleines (50: 35,5 mm) faules Ei. Das Neſt erinnerte ſehr an das des Roth: ſchenkels, inmitten der Wieſen auf dem Erdboden befindlich, noch dazu durch die umſtehenden Halme etwas verdeckt. Es muß ſehr ſchwer zu finden ſein, wenn man darauf ausgeht, es zu ſuchen. — Von der Gegend bei Aventoft an bis in die Gegend von Fahretoft in ſüdlicher Richtung iſt das ganze Land, welches einſt vom Meer bedeckt war und ſpäter große Seen aufwies, mit Kanälen durchzogen, ähnlich wie im Spreewalde. Man ſieht in den grünen Wieſen vieler Arten rothe Segel hinziehen — ein höchſt eigenartiger Anblick! Zum Theil iſt das Land mit Rohrdickichten bedeckt, welche vielen Sumpfweihen zum Schlupfwinkel und Brutplatz dienen. Zur Herbſtzeit treten dieſe Rohrfelder, welche ſtellenweiſe eine ſehr große Fläche einnehmen, unter Waſſer, wie auch die weit ausgedehnten Wieſen. — Am 14. früh 6 Uhr ſaß ich mit meinem ſchweigſamen Fährmann ſchon wieder in dem ſchwarzen Boot und fuhr über den nicht ſehr großen Aventofter See in das Kanalgebiet, wo ſehr viele „Beeker“ brüten ſollten. In der That zeigten ſich balde ſchwarze Seeſchwalben, ſtets paarweiſe, nur einmal drei Paare beiſammen. Ihr melancholiſches Geſchrei und die düſtere Farbe ihres Kleides — 331 — ſtimmten ſehr gut zu der monotonen und ernſten Gegend, die ſie bewohnen. Ueber die Neſter gab mir mein Schiffer eine eigenthümliche Auskunft: wenn 14 Tage ſpäter die Aventofter, Alt und Jung, in die Rohrfelder zögen und ſchnitten, dann fingen die Blaubeeker an, auf einigen umgeknickten Rohrſtengeln ihre Eier zu legen. Daß dieſe Mittheilung irrthümlich war, erfuhr ich ſpäter. Wir fanden allerdings nur zwei Neſter, jedes friſche Eier (1 und 2) enthaltend; ſie ſchwammen auf dem Waſſer an einer Stelle des Kanals, wo etliche Schilf- und Rohrſtengel vom Winde niedergelegt waren. Die Eier werden von den Anwohnern verſpeiſt „je kleiner, um ſo beſſer“ — wie mein Bootsmann ſagte! — Ueber einem ausgedehnten Rohr⸗ felde ſchwebten vier Weihen gleichzeitig; wir gingen ſofort ihnen nach und be— merkten uns die Stellen, wo zwei von ihnen einfielen; die beiden anderen flogen weit weg. Allein wie von der Erde verſchwunden ſchienen ſie zu ſein, denn trotz langen Suchens an den markierten Plätzen entdeckten wir weder Neſter noch Vögel. Späterhin fand ich ein Neſt des Rohrweih mit Schalenfragmenten, während mein Begleiter ein anderes ohne ſolche fand. Das letztere, ein 1¼ Fuß hoher Bau aus Rohrſtengeln ſtand ganz auf dem Trockenen, möglich daß die Umgebung zur Zeit, als Junge im Horſt ſaßen, noch von Waſſer bedeckt war. — Inzwiſchen hatten wir uns dem Gotteskoog⸗See genähert, welcher für den Ornithologen von hohem Intereſſe iſt. Brütet doch auf den beiden Halligen des⸗ ſelben die Lachmeerſchwalbe (Sterna anglica (L.) Mont.) deren Brutplätze in Deutſchland leicht zu zählen ſind“). Herr Rohweder hatte früher einmal einem Sammler dieſen Platz verrathen, der den freundlichen Rath nicht beſſer zu be⸗ nutzen verſtand, als den Brutplatz rein zu ſäubern — von Eiern natürlich! Nicht eines ließ er den ſeltenen und gar nicht ſehr zahlreichen Seeſchwalben! Leider war es dieſes Jahr nicht viel beſſer! — Schon in einiger Entfernung von den beiden Koppehalligen, die einigen Pferden als Weide dienen, ſah ich recht hoch über dem See die ſchönen ſchwarzköpfigen Vögel, ungefähr 20 an Zahl, fliegen. Ich glaubte fie ſchrien in Sorge um ihre Brut: allein auf der Weſter-⸗Kopperhallig fand ich ſo viele leere Neſter, daß meine Beſorgniß groß wurde. Ein einziges Neſt, daß ſich durch ſeine Größe von denen der Flußſeeſchwalbe unterſchied, enthielt ein Ei mit einem großen Loche auf der Oberſeite: wahrſcheinlich von Krähen angefreſſen, dachte ich. Allein mein Bootsmann ſagte, Krähen kommen hier nur Winters vor; der Beſchreibung nach meinte er Nebelkrähen (Corvus comix L.). Eine Schaar Kampfhähne (Machetes pugnax (Cuv.) L.) Männchen und Weibchen, in den pracht— vollſten Farben, tummelte ſich am Rande der Hallig. Ich ließ meinen Begleiter durch mein großes Fernglas die Vögel beſehen, worauf er kopfſchüttelnd ſagte: in ) cf. Ornithol. Centralbl. 1877 p. 164 und 1878 p. 12. Lev. 25 — 332 — der Nähe ſähen ſie nicht ſo ſchön aus; er ſchien dem langen Rohr optiſche Täuſchungen zuzumuthen. In der Hoffnung, auf der Oſterkopperhallig die nahe Kolonie der anglica zu finden, ließ ich ſchnell herüberfahren nach einer ſehr gründ- lichen Durchſuchung der Weſterhallig. Allein hier wurde keine Hoffnung erfüllt, da hier überhaupt keine Lach-Meerſchwalbenneſter waren, keine beſetzten und keine ausgenommenen. Nun war es mir erklärlich, warum die „Möven“ — der Collek⸗ tiv⸗Name für die meiſten Vertreter der Gattungen Larus und Sterna — mit trauerndem Hähähä über ihrer Inſel ſchwebten; war ihnen doch alles alles ge⸗ nommen, worauf ſie ihre Hoffnungen geſetzt hatten! Man braucht hier nicht an einen „wiſſenſchaftlichen Sammler“ zu denken — von einem ſolchen würde der Schiffer wohl auch etwas gewußt haben — da die Halligbeſitzer, welche ihre weiden⸗ den Roſſe dann und wann beſuchen, ferner die vielen Fiſcher, welche die Kanäle mit ihren republikaniſchen Segeln durchfahren, jedes Ei als ihr Eigenthum be⸗ trachten, beſtimmt in der Küche verwendet zu werden! — Somit wundert es mich, daß wir überhaupt noch Neſter auf den Halligen fanden. Eine kleine Schaar Flußſeeſchwalben (Stérna fluviatilis (L.) N.) hatte die Geſellſchaft ihrer größeren Verwandten aufgeſucht und bewohnte die Oſterkopperhallig. Ein Neſt mit 4 Eiern und etwa 10—15 mit 3 und 2 Eier notierte ich. Auch ein Kampfhahn hatte hier ſein Neſt; in einem kleinen Graspulten lagen in einem artigen Neſte die vier fein⸗ ſchaligen grünlichen Eier. Etliche Alpenſtrandläufer liefen im Schlick am Ufer, dieſesmal ohne ihre Begleiter, Kibitz und Rothſchenkel. Ein Strandläufer verließ dicht vor mir ſein Neſt, welches auch darauf hinwies, daß ſein erſtes Gelege einen Liebhaber gefunden hatte. Es enthielt 3 Eier, ein zweites 4, weitere Neſter waren nicht auf den Halligen. Auf unſerer Segelfahrt kamen wir wieder an. einer von Limoſen bewohnten Wieſe vorbei. Wir ſtiegen aus und legten uns ins Gras, um die Vögel zu be— obachten. Nach etwa viertelſtündigem Warten, während deſſen die Uferſchnepfen in großen Kreiſen ſtets in Sehweite über uns geflogen waren, ſahen wir, wie eine in das Gras einfiel, indeß die andere ihre Flugkünſte fortſetzte. Da das Gras noch nicht ſehr hoch war, konnte man den großen Vogel deutlich in der Wieſe un⸗ her laufen ſehen. Er ſchien ſich von uns zu entfernen. Wir merkten uns ſo gut als möglich die Stelle und eilten hin — aber was kann nicht während der Zeit, in der zwei Menſchen 150 Schritte machen, ein Trupp kleiner behender Ufer⸗ ſchnepfen für Strecken zurücklegen, zumal wenn ihm ſtets von den beſorgten Eltern die Richtung ihrer Feinde zugerufen wird? Wir fanden natürlich nicht! Nun lagerten wir uns an der vorhin bemerkten Stelle und paßten auf die alten Vögel. Nach wenigen Minuten fiel die eine Limoſe wieder ein und lief ziemlich ſchnell in eine uns entgegengeſetzte Richtung. Mit meinem großen Fernrohr glaubte ich eine — 333 — Bewegung der Grashalme um den eilenden Vogel wahrzunehmen, die nicht von ihm ſelbſt herrühren konnte; mit bloßem Auge machte mein Begleiter dieſelbe Be⸗ obachtung, und ſo war es wahrſcheinlich, daß die Jungen von dem einen Alten in Eile fortgeführt wurden, während der andere Vogel durch ſeine Flugkünſte unſere Aufmerkſamkeit zu erregen beabſichtigte. Noch einige Male wiederholten mir den Verſuch, genau mit demſelben Erfolg! — Man braucht dergleichen nur einmal ge— ſehen, man braucht die Angſtrufe der Lachmöven, Seeſchwalben und Rothſchenkel bei ihrem Neſt nur einmal gehört zu haben, um zu lachen über diejenigen, welche ſagen: der Vogel beſäße keine Liebe zu ſeinen Nachkommen, weder zum Ei noch zu den Jungen! Unter den kleinen Brücken, welche wir paſſierten, ſaßen gewöhnlich zwei bis drei Rauch⸗Schwalbenneſter (Hirundo rustica. L.), deren eines ich unterſuchte und darin Eier vorfand. Meine Reiſeroute ging nach Deetzbüll, woſelbſt ich den Lehrer P. Müller aufſuchen wollte, deſſen Pubikationen im Zoologiſchen Garten“) über die Avifauna der dortigen Gegend mir bekannt waren, und an welchen mich Herr Rohweder empfohlen hatte. Leider erfuhr ich am Ort, daß dieſer Vogelkundige vor einigen Wochen geſtorben und ſeine Sammlung ſchon fort ſei. — So machte ich mich denn allein auf den Weg nach dem Botſchlotter See, indem ich einen Beſuch des Marien- koogs aufgab. In Maasbül traf ich einen Fiſcher, der T Müller oftmals gefahren hatte und mir manches Intereſſante erzählte. Die Gegend, ſchon oben ſkizziert, bietet ſehr vielen Sumpfvögeln erwünſchte Niſtgelegenheit. Eine überſchwemmte Wieſe, welche aber in letzter Zeit ausgetrocknet war, barg eine zahlreiche Kolonie der ſchwarzen Seeſchwalben, welche hier Blau-Bäcker genannt werden; wenigſtens 40 Neſter, jedes mit 3 hoch bebrüteten, oft ſchon angepickten Eiern, ſaßen in dem Wieſengrund auf Pulten; alſo eine gänzlich andere Niſtweiſe, als ich fie am Aven- tofter See kennen gelernt hatte. Auf einer feuchten Wieſe tummelten ſich einige „Brußhühner“ (Machetes pugnax) welche, nachträglich bemerkt, auf dem Gotteskoog⸗ See Sturker heißen. Auch eine Flußſeeſchwalbenkolonie war auf einer der Wieſen, ziemlich weit ab vom See, nur den Kanälen nahe; natürlich figurierten ſie unter dem vielſagenden Namen „Möven“. Intereſſant war es mir, zu erfahren, wie eine Benennung für einen Naturgegenſtand entſtehen kann. Wie die Aventofter *) 1. Die Vögel am Strande des Marienkooges. — Zool. G. 1873, S. 287295. 2. Die Vogelſchaaren an der Weſtküſte Schleswigs, beſonders im Marienkoog. — 1874. S. 104 —6. . Enthält das volle Gelege des Seeregenpfeifers Aegialites cantianus 3 oder 4 Eier? — ee, e 310. 311, a N . Verzeichniß der im ſüdweſtlichen Theile des Kreiſes Tondern vorkommenden Vögel nebſt einigen Bemerkungen. — 1874. S. 287296. Lev. 25* aD) „> — 334 — hatten auch die Maasbüller keinen Namen für die Uferſchnepfen gehabt, ſondern ſich mit „großer Tüt, langſchnäbliger Tüt“ beholfen. Durch F Müller aufmerkſam gemacht, adoptierten ſie deſſen Bezeichnung, und jetzt heißen die Limoſen „Schrei⸗ vögel“ (Müll.). Gelbe Bachſtelzen „Gelbvögel, Gelbbäcker“ (Budytes flavus (Cuy) L.) wippten auf den Wieſen, während aus dem benachbarten Rohr der knäternde Geſang der „Riedvögel oder Reidbäcker“ (Acrocephalus arundinaceus N.) erſchallte. Einige Sandregenpfeifer „Steinbäcker“, Tringen „Kleibäder” *), Kiebitze und „Rothe beine“ vervollſtändigten das Vogelgemälde der Sumpfwieſen. Dagegen belebten die Rohrfelder „Bläßkater“ (Fulica atra) und „Waterheuner“, worunter Gallinula chloropus zu verſtehen iſt. Ein Rohrweih, „Falk“ von meinem Gewährsmann bes titelt, ſchwebte über dem Schilf, aus deſſen verborgenſten Tiefen der mir bis dahin unbekannte Ruf des Rieddommel (Bot. stellaris) ſchallte. Während der Fahrt in den Kanälen hatte ich noch öfters das Vergnügen, den „friefiihen Bullen“ brüllen zu | hören. Eine halbe Stunde, pflichtſchuldigſt auf deſſen Neſtſuche verwandt, hatte natür⸗ | lich trotz der Waſſerſtiefeln nur naſſe Füße zur Folge. Mein Bootsmann hatte ſchon | zwei Nefter der Rohrdommel gefunden; das eine vor mehreren Jahren wanderte in die Sammlung Müllers, das andere, 1885 entdeckt, erhielt ein Seminarlehrer in Tondern. Bei der Suche nach dem Neſte dieſer rara avis fand ich ein „Bläß⸗ kater“⸗Neſt mit 5 hochbebrüteten Eiern; aus einer ſehr moraſtigen Wieſe, die mich | an das „ſchwimmende Land“ des Steinhuder Meeres erinnerte, ſtoben zwei Bek⸗ kaſſinen auf, vielleicht auch von ihren Brutſtätten. Auf dem Botſchlotter See, der ſehr ſtark mit Schilf zugewachſen iſt, zeigten ſich ein Paar Rothhals-„Düker“; | Enten wurde ich nicht gewahr. | Von Fahretoft, am Südende des See's gelegen, reifte ich über Bredſtedt nach Huſum, wo ich noch einen Tag die Gaſtfreundſchaft des gütigen Herrn Rohweder genießen durfte. Abends brachte mich der Dampfwagen nach Kiel zurück. — Ich hatte eine ſehr ſchöne Reiſe hinter mir, welche nur durch die Freundlich⸗ keit des Herrn Rohweder einen ſo günſtigen Verlauf nehmen konnte. Sei es mir geſtattet, auch an dieſer Stelle ihm, wie meinen anderen hochverehrten Gönnern und Freunden in Kiel, Schönkirchen, Aſcheberg, Feldrom, Riddagshauſen, Braun⸗ ſchweig, Reden, Bückeburg und Gronau meinen aufrichtigſten und herzlichſten Dank abzuſtatten für die große Bereitwilligkeit und Freundlichkeit, mit der ſie meine Be⸗ ſtrebungen unterſtützten und meine Wünſche erfüllten! — Kiel, den 2. Juli. ) Klei iſt ſoviel wie Mudde, Schlamm, der Alpenſtrandläufer iſt wohl deshalb jo genannt, weil er mit ſeinem langen Schnabel im Schlamm nach Nahrung ſucht. Lev. — 335 — Melanocorypha tartarica, Pall. Von Ernſt Schauer. Es war am 1. Febr. nachmittags 4 Uhr (die Jahreszahl thut nichts zur Sache), als bei dem Dorfe Radwance, 3 Meilen ſüdlich von dem Städtchen Sokal am Fluſſe Bug im nordöſtlichen Galizien von einer von der Wildſchweinsjagd zurückkehrenden Geſellſchaft eine tartariſche Lerche zufällig erlegt wurde. Der Vogel, emſig Nahrung ſuchend, wurde angetroffen in einem Fahrgeleiſe, das über ſandige Felder zwiſchen ausgedehnten Föhrenwäldern führt, und mochte auf dem Schneefelde dem Auge größer erſcheinen, als er in der That war. Die Herren in den vorderen Schlitten feuerten ihre Gewehre ab, wie ſie gerade geladen waren. Nach jedem Schuſſe erhob ſich der Vogel, der ſich nicht verſcheuchen ließ, um nur einige Schritte weiter zu fliegen, bis er endlich von 3 ſtarken Rehſchroten getroffen und dabei überdies von gefrorenen Schneeſtückchen verletzt wurde. Ich befand mich in einem der letzten Schlitten, deren nahe an 20 ſchon bei den erſten Schüſſen halt machten, nicht ſowohl aus Neugierde, was wohl da vorne geſchehen, als vielmehr darum, weil der erſte Schlitten ſtehen blieb und die folgenden das Fahrgeleiſe nicht leicht verlaſſen konnten. Gern hätte ich die ent— ſprechende Schrotnummer gegeben, die ja doch der Sammler jederzeit bei ſich führt. Als ich den lerchengrauen Vogel in die Hand nahm, fiel mir zuerſt auf, daß die Unterſeite der Flügel, und das, was dieſelben, wenn ſie zuſammengelegt, zunächſt bedecken, kohlſchwarz war, und bemerkte ich bei dem Auseinanderſchieben der grauen Bekleidung, daß er ein ganz ſchwarzes Unterkleid trug. Alſo keine Frage, kein Zweifel, daß ich die wohlbekannte tartariſche Lerche vor Augen hatte; aber ein Fingerdruck auf den Schädel, auf das Bruſtbein, deutete unfehlbar auf einen alten Vogel. Das machte mich auf dem ganzen, noch 2 Meilen weiten Nachhauſeweg unruhig, und mit Ungeduld erwartete ich den lichten Morgen. Bei dem Ausſtopfen zeigte es ſich, daß ich ein altes, ſehr altes Weibchen vor mir hatte. Nach Naumann gemeſſen, betrug die Länge 8“, die Flugweite 13“. Im Magen fand ich abgerundete, ſphäroidiſche, zum Theil recht durchſichtige, große Quarzkörner, manche von brauner Farbe, andere weiß, wie ſie in dieſer Gegend nicht vorkommen. Ferner fanden ſich im Magen kleine Samenkörner verſchiedener Pflanzen, von denen ich mit Sicherheit nur die der Oenothera biennis und die des Scleranthus annuus erkannte. Es thut mir jetzt leid, daß ich die ſämmtlichen Samen nicht angebaut habe. Es iſt das erſte Beiſpiel, daß der Vogel im Lande bemerkt und erlegt wurde, wobei noch zu erinnern iſt, daß er ganz allein, nicht in irgend einer Geſellſchaft angetroffen wurde. Wie ſchon gejagt, erſcheint dieſe Tartarin oder Kirghiſin oberfläch⸗ — 336 — lich betrachtet am Rücken, Pürzel, Schwanz, Flügeln, Kopf kaum dunkler als eine | Feldlerche, jedoch am Kopfe, an der Bruſt, an beiden Seiten des Unterhalſes können | die grauen Federränder das ſchwarze Untergewand nicht vollkommen verbergen. Schaut man eine einzelne Feder genau an, ſo kann man leicht erkennen, daß die Stellen, wo die grauen Endſpitzen abfallen ſollen, bereits durch Einſchnürungen angedeutet ſind, und die Abſtoßung an einigen Punkten ſich auch ſchon vollzogen hat, was man ja bei allen Vögeln, die in dieſer Weiſe umfärben, beobachten kann, wenn man dazu den rechten Augenblick trifft. Nach dem Ausſtopfen jedoch, bei welcher Arbeit mehrere der zum Abſtoßen vorbereiteten Endſpitzen abfielen, mußte das | liebe Thierchen erſt recht, wie ein altenburger Skatiſt jagen würde, Farbe bekennen. Was ich von dieſen Vögeln in den Kabineten geſehen oder mir ſonſt durch die | Hände gegangen ift, war freilich alles ſchwarz. Das erfte Kleid mag grau, meinet⸗ wegen auch Grau in Grau ſein, doch keines iſt zu uns gekommen. | Hier in Galizien, namentlich in dem öſtlichen Theile, laſſen ſich alle Winter Schneelerchen und Schneeammern ſehen, die immer geſellig mit einander kommen und gewöhnlich an Straßen und Wegen gern ihren Aufenthalt nehmen; oft bin ich bei großer Kälte und Schneeſturm an Schwärmen dieſer zutraulichen Vögel vorüber⸗ gefahren ohne ſie zu beunruhigen, weil ich die Fingerſpitzen nicht erkälten wollte, oder den aufgeſchlagenen, wärmenden Pelzkragen nicht mit dem eiskalten Flinten⸗ kolben vertauſchen mochte. Aber, frage ich, iſt es jemals einem Ornithologen eingefallen in der tartariſchen ſibiriſchen Steppenkälte bei undurchdringlichen Schneemaſſen kleine, graue Vöglein zu ſuchen? Der Sommer, wenn dieſe Teufelchen ſchwarz ſind, mag kaum dem Reiſenden, ſelbſt dem Einheimiſchen ein genehmes Plätzchen gewähren zum Präpariren eines Balges und zu dem Schreiben einiger Worte und Ziffern! Und ſo mußte erſt eine tartariſche Lerche nach Galizien kommen, uns ohne Lerchengeſang berichten, und dieſe höchſt beachtenswerthe Botſchaft noch mit dem Leben bezahlen, daß in ihrem Heimathslande in den unwirthlichen Steppen bei kalten, ſchneidenden Schnee- und Eisſtürmen graue Winterpelze an der Tagesordnung ſind. Daß dieſe Steppenbewohner ſich in dieſem ihren Elemente recht glücklich fühlen und wohlbefinden, kann man ſchon, beiläufig geſagt, an den ihnen verwandten Schneelerchen und Schneeammern beobachten, die ſich um ſo munterer und luſtiger geberden, je mehr es ſtürmt und ſchneiet. Und die tartariſchen Lerchen, kann man von ihnen wohl eine andere Vor⸗ ſtellung, ein anderes Bild haben? Legen fie doch, wenn der geliebte Schnee ver- ſchwindet, Trauerkleider an. Pieniaki bei Brody. — 337 — Die Hautmuskeln der Vögel. Von F. Helm. II. Der Rückenhautmuskel (Dermo-spinalis Owen). Ich unterſuchte denſelben nur bei den Schwimmvögeln näher, fand ihn aber auch beim Wachtelkönig (Crex pratensis), bei der Sumpfſchnepfe (Gallinago scolo- pacina) und beim Strandläufer (Tringa), wo er namentlich bei dem letzteren eine mächtige Entwickelung erreichte, vor. Seine Faſern entſpringen bei der erſt ge— nannten Vogelordnung, nicht wie Owen vom Kiwi angiebt, von den Fortſätzen der 3 vorderen Rückenwirbel, ſondern von der Mitte desjenigen Theils des Rückgrat— rains, welcher dem Vorderrücken und Hinterhals aufliegt, laufen dann unter der Rückenflurhälfte und dem Rumpfſeitenrain hin und endigen an dem äußeren, d. h. dem Rücken zu gelegenen Theil der Unterflur, theilweiſe über die Faſern des Subeutaneus colli ſich lagernd. Auf ſeinem Verlaufe mit der Körperhaut feſt durch Bindegewebe verbunden, iſt dieſer Muskel im Stande, den ihn bedeckenden Theil zu falten und die in ihr ſteckenden Federn zu ſträuben. 6. Der Hinterrückenhautmuskel (Dermo-iliacus Owen). Dieſer Muskel, welcher mit Ausnahme der Gang- und Klettervögel allen übrigen Ordnungen zukommt, nimmt in den häufigſten Fällen ſeinen Urſprung von einem der oberen Fortſätze der letzten Bruſtwirbel, ſeltener von dem vorderen Theile des Darmbeines (Os ilium), nämlich nur bei der Schellente, den von mir unterſuchten Raubvögeln und einigen Sumpfvögeln, zeigt aber dann, was ſeinen Verlauf und die Inſertion anbetrifft, nicht immer das gleiche Verhalten. Bei den Schwimmvögeln, der Haus- und Lachtaube, dem Hirtenvogel und den Raubvögeln iſt er ſchmal und bandförmig, läuft, feſt mit der Haut verbunden, unter der Rücken⸗ flur und dem Rumpfſeitenrain (Schwimmvögel, Haus- und Lachtaube) oder nur unter dem letzteren (Raubvögel) dem hinteren Ende der Schulterflur zu, um ſich dort neben dem Spanner der hinteren Flughaut (Tensor eutis brachialis posterioris) zu inſeriren. Bei den Sumpf: und Hühnervögeln hingegen differenziren ſich ſeine Faſern kurz nach der Urſprungsſtelle in 2 nach verſchiedenen Richtungen verlaufende Partien, die eine geht in inniger Verbindung mit der Körperhaut neben der Rückenflur nach vorn und endigt, indem die Faſern mehr oder minder divergiren, zur Hälfte an der Außenſeite der Rückenflur, zur Hälfte an dem anliegenden Theil des Rumpfſeitenraines. Der andere Theil, ebenfalls feſt mit der Körperhaut ver— bunden, wendet ſich bogenförmig dem Ende der Schulterflur zu und inſerirt ſich dort neben dem Spanner der hinteren Flughaut. Bei der Kronentaube (Goura coronata) endlich läuft der Muskel auf jeder Körperſeite unter der Rückenflurhälfte — 338 — und auch eine Strecke lang unter dem Rumpfſeitenrain nach vorn, und verliert ſich auf dem Mittelrücken, theils an dem eben genannten Rain und der Flur, theils auch an der Innenſeite der Schulterflur. An erſter Stelle faltet dieſer Muskel die Haut, unter der er verläuft — um ſträubt dadurch die in ihr ftedenden Federn, ſodann wird er vielleicht auch die Federn der Schulterflur in Folge ihrer ſchon näher bezeichneten Stellung in geringem Maße aufrichten und endlich, da die eben genannte Flur bis an den hintern Rand der Flughaut reicht, auch zum Spannen der letzteren beitragen. 7. Der Spanner der hinteren Flughaut (Tensor eutis brachialis posterioris Magnus, Dermo — costalis Owen). Er zeigt, was ſeine Urſprungsweiſe anbetrifft, bei den verſchiedenen Vogel⸗ ordnungen nicht immer daſſelbe Verhalten. Bei der Haus: und Lachtaube, der Eisente, dem Naroſentaucher und einigen Eulen entſpringt er mit 3, bei dem Großen Säger, dem Strandläufer, den Hühnervögeln, der Kronentaube, den Rabenarten mit Ausnahme des Eichelhähers (Garr. glandarius) mit 2 Köpfen, bei dem Hirtenvögel, den Kletter- und Singvögeln mit 1., während er bei dem Mäuſebuſſard von 4 Rippen ſeinen Anfang nimmt. In der Regel ſind es die unterſten Rippen, von denen er entſpringt und zwar geſchieht dies meiſtens in der Nähe der Abgangsſtelle des ſchiefen Fortſatzes (Processus uneinatus). Sein weiteres Verhalten weiſt bei allen Vögeln große Übereinſtimmung auf, die getrennt ent⸗ ſpringenden Köpfe vereinigen ſich bald zu einem bandartigen Muskel — welche Geſtalt er auch bei den Kletter- und Singvögeln beſitzt — der dem Rande der hinteren Flughaut entlang dem unteren Ende der Schulterflur zuläuft und ſich daran mit dem größten Theil ſeiner Faſern inſerirt, der übrige Theil wird ſehnig und verbreitet ſich am Rande desjenigen Theils der hinteren Flughaut, welcher außerhalb der oben genannten Flur liegt. Da ſeine Faſern mit dem Rande der Flughaut feſt verbunden ſind, ſo iſt er im Stande, dieſelbe im ausgeſpannten Zuſtande zu falten, wahrſcheinlich auch die Federn der Schulterflur zu ſträuben. 8. Der Bauchhautmuskel (Subeutaneus abdominalis Wiedemann). Ich fand denſelben bei allen von mir unterſuchten Vögeln ſtets von dem Schambein (Os pubis) ſeinen Urſprung nehmend. Er ſtellt, abgeſehen von den Sumpfvögeln, bei denen er kurz nach ſeiner Urſprungsſtelle ſich in eine Anzahl Muskelbündel theilt, ein Muskelband dar, welches gewöhnlich an, ſeltner unter der Außenſeite der Unterflur nach vorn verläuft und ſich entweder an den untern Rand des Unterfluraſtes ausſchließlich (Schwimmvögel, Hühnervögel, Kronentaube, Klettervögel, Raben und Raubvögel) oder in Ermanglung deſſelben an die Flur ſelbſt (Tauben) oder endlich theils an die Flur, theils an den Aſt inſerirt (Sumpf⸗ — 339 — vögel und die übrigen Gangvögel). In der Regel iſt er nur loſe mit der ihn bedeckenden Haut, ſoweit er aber unter oder neben die Unterflur zu liegen kommt, feſt mit derſelben verbunden und dadurch befähigt, die Federn des Aſtes dieſer Flur und die auf ihr befindlichen ſelbſt zu ſträuben. 9. Der Seitenhalshautmuskel (Dermo — furcularis Owen). Wie der vorige findet ſich auch er bei allen Vögeln vor, nimmt ſeinen Urſprung ſtets von dem Gabelknochen (Furcula) und ſtellt bald einen bandförmigen Muskel dar, welcher auf ſeinem Verlaufe etwas an Breite zunimmt (Schwimm⸗ und Hühnervögel, Haus: und Lachtaube, Klettervögel und einige Gangvögel), bald differenziren ſich ſeine Faſern kurz nach der Urſprungsſtelle in eine Anzahl iſolirt verlaufender Muskelbündel (Sumpfvögel, Hirtenvogel, Kronentaube, Raben, Mauer: ſegler und Raubvögel). In dem einen wie andern Falle aber läuft er entweder direct oder dem Gabelknochen entlang dem Rücken zu und inſerirt ſich, je nach ſeiner Beſchaffenheit, an einen größeren oder kleineren Theil derjenigen Strecke der Rückenflur, welche dem Vorderrücken und Hinterhals aufliegt. Mit der be⸗ deckenden Haut iſt er bald loſe (Raub⸗, Gang⸗, Kletter- und Sumpfvögel), bald feſt verbunden (Tauben, Hühner und Schwimmvögel). Contrahirt er ſich, jo wird er die Haut des Rückens und Halſes ſpannen, vielleicht auch den Theil, an welchem er endigt, falten und die in ihr befindlichen Federn ſträuben. 10. Den Vorderhalshautmuskel (Musculus fureulo — cephalieus) beſitzen die Sumpfvögel, Tauben, Kletter-, Sing⸗ und Raubvögel. Am häufigſten entſpringt er von dem Gabelknochen, nur bei den Sumpf- und einigen Singvögeln (Staar (Sturnus vulgaris), Singdroſſel (Turdus musieus) kommt er von dem Ligament, welches ſich zwiſchen dem Bruſtbein (Sternum) und dem genannten Knochen ausſpannt, bei der Kanincheneule, bei der die beiden Hälften dieſes Skelett: ſtückes wenig entwickelt ſind und nicht zur Vereinigung gelangen, von dem Ligament, das ſich zwiſchen dieſem Knochen und dem Rabenbein (Os coracoid.) ausbreitet und bei dem grauen Fliegenfänger (Muscicapa grisola) endlich von dem Kamm des Bruſtbeins (Crista sterni). Nach vorne verlaufend, geht er bei den Sumpf- und Klettervögeln, dem Mauerſegler und den Rabenarten, indem er neben die Faſern des Subeutaneus colli zu liegen kommt und etwas breiter wird, in der Halsmitte eine mehr oder minder große Strecke mit dem innern Theil der Unterflurhälfte eine innige Ver⸗ bindung ein, nimmt bei der Loslöſung ſeine urſprüngliche bandförmige Geſtalt wieder an und endet an dem Körper des Zungenbeins (Sumpf- und Klettervögel) oder wie bei dem Eichelheher und Edelfinken (Fringilla coelebs) am obern Kehl⸗ kopf. Bei den eigentlichen Singvögeln verbindet ſich der Muskel gleich nach ſeinem — 340 — Urſprung eng mit der Unterflurhälfte, zeigt aber dann daſſelbe Verhalten wie oben geſchildert. Bei den mit einem Kropf ausgeſtatteten Vögeln erleidet er eine Modi⸗ fication; bei den Tauben und dem Buſſard läuft er auf jeder Seite unter dem Kropf dem vordern Ende des Gabelknochens zu, dann erſt wendet er ſich nach vorne und geht bei den zuerſt genannten Vögeln an Breite zunehmend eine innige Verbindung mit dem innern Theil der Unterflurhälfte ein. Von der Theilſtelle derſelben aus laufen die Faſern dann, die 2te Schicht des Halshautmuskels über⸗ ſtreichend, unter der ungetheilten Unterflur zum obern Halstheil, löſen ſich dann los und differenziren ſich auf jeder Seite zu 2 ſchmalen Muskeln, von denen der eine am Zungenbein unmittelbar vor der Abgangsſtelle der Hörner, der andre an der Haut der Mundhöhle endigt. Unter der Haut, welche beim Buſſard den Kropf bedeckt, gruppiren ſich die Faſern dieſes Muskels in eine Anzahl iſolirt verlaufender Bündel, welche von der Theilſtelle der Unterflur ebenſo wie bei den Eulen (bei welchen der Muskel bis dahin bandförmig war) unter die Unterflur und einen Theil des Halsſeitenrains zu liegen kommen, unterhalb der Kehle auf jeder Seite ſich zu einem ſchmalen Muskel vereinigen und ſich beim Buſſard an den obern Kehlkopf, bei der Höhleneule an den Körper des Zungenbeins anheften. Die Verbindung mit der ihn bedeckenden Haut iſt beim erſteren vom Gabelknochen an, bei den Eulen von der Theilſtelle der Unterflurhälfte an eine innige. Dieſer Muskel ſcheint den Halshautmuskel zu unterſtützen und vielleicht bei der Entleerung des Kropfes und Fütterung der Jungen aus dieſem Organe eine Rolle zu ſpielen. 11. Der Stirnhautmuskel (Musculus frontalis Tiedemann). Er entſpringt bei den Hühnern und der Kronentaube, bei denen ich ihn nur fand, von dem am höchſten liegenden Theil des Augenhöhlenrandes und beſteht aus einer Anzahl von Muskelbündeln, welche mit Sehnenfaſern vermengt ſind, bei den Hühnern ſchief nach hinten verlaufen und ſich an die Haut des Scheitels inſeriren, bei der Kronentaube hingegen ſich der Haut, welche die Federn des Schopfes trägt, zuwenden und an derſelben endigen. Contrahirt ſich dieſer Muskel, ſo richtet er bei der eben genannten Taube die Schopffedern auf, tritt er in die Ruhelage zurück, ſo legen ſich die Federn nieder; bei den Hühnern faltet er die Haut von der Stirn bis zum Scheitel und ſträubt die Federn derſelben, ſpannt außerdem vielleicht auch noch die Haut, welche das Hinterhaupt bedeckt. 12. Der Hinterhauptshautmuskel (Musculus oceipitalis Tiedemann). Ich fand ihn nur bei den Tauben und namentlich ſtark bei der Lachtaube entwickelt, wo er auf beiden Seiten des Kopfes von dem mittlern Theil der Querleiſte des Hinterhauptbeines entſpringt, nach vorne läuft und ſich an die Haut, welche dem Scheitel aufliegt, inſerirt. Er iſt demnach im Stande, die — 341 — Stirn⸗ und Vorderhauptshaut zu ſpannen, die Scheitelhaut und vielleicht auch denjenigen Theil, welcher dem Hinterhaupt aufliegt zu falten — die Federn des Werkopfes zu ſträubeu. 13. Der Schulterhautmuskel (Musculus humero — spinalis). Es iſt einer von denjenigen Hautmuskeln, welche ſich nur zwiſchen 2 Stellen der äußeren Körperhaut ausſpannen; es geſchieht dies nehmlich bei dem Wachtel— könig und der Bekaſſine zwiſchen den einander zugekehrten Seiten der Rücken- und Schulterflur, bei dem Strandläufer außerdem noch zwiſchen der zuerſt genannten und der Oberſchenkelflur. Bei dem Roth⸗ und Grünſpecht (Picus major u. viridis), bei welchen dieſer Muskel auch vorkommt und 2 Schulterfluren auftreten, repräſentirt er eine breite Muskellage, welche ſich ſowohl zwiſchen der Rückenflur und der ihr zugekehrten Seite der äußeren als auch dem untern Theil der inneren Schulterflur ausſpannt. Da dieſer Muskel mit der ihn bedeckenden Haut feſt verbunden iſt, wird er den Theil zwiſchen der Rücken- und nn falten und vielleicht auch die letztere der erſteren nähern. 14. Der Nebenflügelhautmuskel (Musculus pteronaeus). Kommt nur bei den Schwimmvögeln vor und ſpannt ſich zwiſchen den beiden Nebenflügeln (Parapterum und Hypopterum) aus. Mit der Haut feſt verbunden iſt er, falls er ſich contrahirt, im Stande, die Federn, welche die beiden Neben— flügel bilden und unter einem ſehr ſpitzen Muskel in der Haut ſtecken, von einander zu entfernen. 15. Den Lendenhautmuskel (Musculus gastro — lumbalis). fand ich nur beim Haushuhn vor; er ſtellte in der Regel eine ſich zwiſchen dem obern Ende der Lendenflur und der untern Hälfte des Unterfluraſtes ausſpannende ſchwach entwickelte Muskellage dar; manchmal liefen auch einige Faſern an den hinter dem Aſte gelegenen Theil der Unterflur ſelbſt. Seine Faſern lagen dicht neben einander, waren feſt mit der Haut verbunden und werden, wenn ſie ſich zuſammenziehen, dieſelben falten und zugleich die Haut der Bruſt und des Ober— ſchenkels ſpannen. Rückblick. Nachdem die ſpecielle Schilderung der Hautmuskeln beendet iſt, wird es ge— rathen ſein, die ſich daraus ergebenden Reſultate kurz zuſammen zu faſſen. Bei allen von mir unterſuchten Vögeln treten beſonders differenzirte Haut— muskeln nur an einzelnen Fluren auf, nehmlich nur an der Rückenflur, der Unter: flur, der Schulter- und Flügelflur, hingegen fehlen fie faſt immer der Oberſchenkel— flur und ſtets der Unterſchenkelflur, der After- und Bürzeldrüſenflur und auch dem größten Theil der Schwanzflur. Doch treten nicht immer an denſelben Fluren — 342 — dieſelben Muskeln bei den verſchiedenen Vogelordnungen auf, ſondern es koumt vor, baß bei den Mitgliedern einer Ordnung ein einziger Muskel unter einer Strecke der Haut ſich ausbreitet, während bei einer andern Ordnung unter derſelben Strecke 2 oder mehrere geſonderte Muskeln auftreten. Am auffälligſten iſt dieſe Erſcheinung an der Rückenflur. Bei den Kletter- und Gangvögeln läuft ein Zweig des Halshautmuskels (und zwar des Subeutaneus colli) an der Seite der eben genannten Flur nach hinten bis zum Anfang der Beckenregion; bei den andern Ordnungen aber erſtrecken ſich die Faſern des in Rede ſtehenden Muskels nur unter denjenigen Theil der Rückenflur, welcher hauptſächlich an der obern Hälfte des Halſes verläuft. Dagegen inſerirt ſich der Hinterhalshautmuskel (Dermo — trans- versalis) an die Rückenflur da, wo dieſe der unteren Hälfte des Halſes aufliegt. Die zuletzt angeführten Muskeln übernehmen demnach mehr oder weniger die Functionen des fehlenden Zweiges des Halshautmuskels. Wie ſchon an andrer Stelle erwähnt wurde, ſind diejenigen Muskeln, welche an die einzelnen Federn ſich inſeriren, am kräftigſten an den Körperſtellen entwickelt an welchen die Federn oft aufgerichtet werden. Aehnlich iſt es auch bei den Muskeln, welche an Fluren ſich inſeriren. Es zeigen die Vögel, welche ihr Gefieder am häufigſten zu reinigen haben, nicht nur die größte Anzahl beſonders differenzirter Hautmuskeln, ſondern auch eine mächtige Entwicklung derſelben. Beſonders iſt dies der Fall bei dem Hinterhals- und dem Bruſthautmuskel der Hühnervögel. Während dieſelben in der Regel ſchmal ſind und mit einem Kopfe entſpringen, kommen ſie ſowohl bei dem Pampashuhn als auch bei dem Haushuhn in ganz andrer Weiſe zur Ausbildung. Der erſtere entſpringt bei dem zuerſt genannten Vogel mit 8, bei dem letzteren mit 4 Köpfen und außerdem iſt jeder einzelne Theil relativ viel mächtiger entwickelt als bei den übrigen Vögeln. Daſſelbe läßt ſich auch vom Bruſthautmuskel ſagen; er entſpringt bei beiden namhaft gemachten Hühnervögeln mit 2 Köpfen und repräſentirt kein ſchmales Band, jundern eine breite Muskellage. Doch nicht nur das Sträuben des Gefieders, ſondern auch andre Factoren der Lebensweiſe ſcheinen auf die Ausbildung der Hautmuskeln nicht ohne Einfluß zu ſein. Namentlich iſt es, wie ſchon bei der ſpeciellen Schilderung derſelben gelegentlich betont wurde, das Fehlen oder Auftreten des Kropfes oder der ſehr erweiterungsfähigen Speiſeröhre, das auf die Form und den Verlauf des einen oder anderen Muskels nicht ohne Wirkung zu bleiben ſcheint. Bei den Schwimm⸗, Hühnervögeln und Tauben wird dadurch hauptſächlich der Halshautmuskel in Mitleidenſchaft gezogen. Er endigt bei dieſen Gruppen nicht wie bei den Sumpf⸗ vögeln z. T. an der Unter- und z. T. an der Schulterflur, obgleich die Unterflur bei den Arten der genannten Ordnungen faſt genau daſſelbe Verhalten als bei den letzteren zeigt, ſondern inſerirt ſich an den Gabelknochen, ſo daß es ihnen — 343 möglich wird, bei der Contraction auf den Kropf einzuwirken. Noch deutlicher tritt der Einfluß, welchen dieſes Organ unter Umſtänden auf die Ausbildung der Hautmuskeln ausüben kann, bei den von mir unterſuchten Raubvögeln, den Eulen und Buſſarden hervor. Wie ſchon bei der ſpeciellen Schilderung der Hautmuskeln erörtert wurde, zeigt der Vorderhalshautmuskel (Musculus fureulo — cephalicus) bei den letzteren ein ganz andres Verhalten als bei den Eulen. Seine Faſern gruppiren ſich, ſoweit ſie unter der Haut, welche dem Kropfe auflliegt, verlaufen, in eine Anzahl iſolirt liegender Muskelbündel, die, wenn ſie ſich contrahiren, die Haut halten und zugleich auf den Kropf einen Druck ausüben. Natürlich wird von den Factoren, welche die Ausbildung der Hautmuskeln bedingen, bald der eine, bald der andre mehr in den Vordergrund treten, oder ſie werden ſich gegenſeitig ergänzen. Das Letztere iſt der Fall bei den Schwimm-, Sumpf- und vor Allem bei den Hühnervögeln, indem bei ihnen ſpwohl die Fluren eine ſehr kräftige Ausbildung beſitzen, als auch die Vögel ſehr oft genöthigt ſind, ihr Gefieder zu reinigen. Die natürliche Folge iſt in der That eine anſehnliche Entwicklung der Hautmuskulatur. Baſtardzüchtungen. Von Dr. Franken. II.“) Mit den in Ausſicht geſtellten Baſtarden von Ringelaſtrild-Männchen und Ceresaſtrild-Weibchen iſt es vorerſt nichts geweſen, weil ich den Hahn in Folge Todes eines Bruthahnes für eine Ringelaſtrildhenne nöthig hatte. Dafür habe ich aber inzwiſchen zwei neue höchſt intereſſante Baſtarde erzielt, nämlich von einem Gürtelgrasfinkhahne mit einem dunkeln japaneſiſchen Mövchen und von einem gleichen Hahne mit einem Zebrafink⸗ Weibchen. Erſterer Baſtard iſt in ſeinem Jugendkleide alsbald als Abkömmling eines Gürtelgrasfinken zu erkennen. Er iſt nämlich einfarbig graubräunlich, um eine Nuance dunkler, als bei vollblütigen Gürtelgrasfinken; das Lätzchen am Halſe als kleiner grauſchwarzer Fleck angedeutet; der Schnabel ſchwarz. Bei der Verfärbung geht das ganze Kleid allmählich in ein dunkles Kaffeebraun über, das Lätzchen an der Kehle wird ſo groß wie beim Vater und tiefſchwarz. Zu gleicher Zeit verbreitet ſich dieſes Schwarz rings um den Schnabel bis zur Stirn. Bürzel und Schwanz— federn erſcheinen ebenfalls total ſchwarz, nur am Unterbauch bleibt reſp. erſcheint *) Vergl. dieſe Monatsſchr. 1885. S. 200. a eine etwas hellere ins gelbbräunliche ziehende Färbung. Die Beine werden jetzt röthlich, doch nicht ganz ſo hell wie beim Gürtelgrasfinken, während ſie vorher einen grauröthlichen Anflug hatten. Repräſentirt dieſer Baſtard in ſeinem ganzen 1 Habitus den Ge ſo erkennt man bei dem anderen alsbald die Abſtammung vom Zebrafinken, trotz⸗ dem daß oder vielleicht gerade weil die Mutter ein Zebrafink war. Mit einem Worte, das Junge iſt ein Zebrafink, der ſich durch nichts vom ächten unterſcheidet, als daß die Schwanzdecken der weißen Binden entbehren und ebenſo das Geſicht des ſchwarzen Streifchens. Der Hinterrücken iſt ſchön ſchwarz, die Bürzelfedern dagegen weiß, Füße röthlich, Schnabel ſchwarz. Die Verfärbung beginnt ziemlich frühe, etwa um die 3. Woche und erſcheint da zuerſt das ſchwarze Lätzchen des Vaters und kurz darauf die hellbraunen Backen und Seiten des Zebra-Männchens, woraus zu ſchließen iſt, daß dieſes, leider einzige Exemplar, ein Hahn iſt. Die Intenſität in der Farbe wird aber nicht ſo erreicht wie beim Zebrafinken, ſondern die ganze Zeichnung iſt wie in einen Schleier gehüllt; auch ſind vorerſt die weißen Flecken in dem braunen Seitenfelde nur durch hellere Stellen angezeigt. Ebenſo erringt der Schnabel in der Verfärbung nur eine kirſchrothe Färbung auch mit einem ſchwärzlichen Hauche. Möglicherweiſe findet bei einer ſpäteren Vermauſerung eine ſtärkere Färbung ſtatt. Während aber die Bruſt im Farbentone des Zebra⸗ finken erſcheint, iſt der Bauch dunkler, ins Bräunliche des Gürtelgrasfinken ſpielend; tief ſchwarz, wenn auch nicht ſo ausgebreitet wie beim Vater, ſind dagegen die beiden vom Unterrücken ſich herabziehenden Gürtelbogen. Als Curioſum will ich noch anfügen, daß ich von einem Paar Zebrafinken folgende Brutreſultate erzielte. Am 23. Ju 1885 3 Junge; 2. Sept. 4 3 11. Det. 5 J. 20. Nop. 3 J.; 31, Dez. J. „ 19. Febr. 1836 > J 0. April, 15. Mai eie un Alle 9 10 und wohl. In 5 folgenden Brut ſtarb der Hahn durch einen Unglücksfall, als die Jungen etwa 8 Tage alt waren, trotzdem brachte die Henne noch 3 Stück aus dem Neſte, am 29. Juli. Alles in Allem 41 Stück in 13 Monaten. Neue Einführungen. Von A. Frenzel. Nachdem ſoeben die Mittheilungen über den Weißohrſittich zum Druck beförder waren, wurde ganz unerwartet ein naher Verwandter des Sittichs, der Prinz Lucians Keilſchwanzſittich, Conurus Luciani, zum Kaufe ausgeboten und zwar zu einem außerordentlich niedrigen Preiſe, nämlich zu 15 Mark das Pärchen. Dieſer Sittich iſt noch nie eingeführt worden und ſoll nach Finſch überhaupt eine ſeltne Art ſein, — 345 — welche Deville am Amazonenſtrom entdeckte. Beide Geſchlechter ſind gleichgefärbt nach einer Bemerkung des Herrn v. Pelzeln in Wien. Die „Vogelbilder aus fernen Zonen“, Taf. 28, Fig. 6, geben eine hübſche Abbildung. Der ſeltne und ſchöne Keilſchwanzſittich wurde nicht durch den Vogelhandel auf den Markt gebracht, ſondern it in einer beträchtlichen Kopfzahl mitgebracht worden von einem Herrn Hauſchick, welcher Schriftſetzer in der Colonie Blumenau in Braſilien war. Vgl. Ruß: Ge⸗ fiederte Welt, 1886, 458. In neueſter Zeit haben die Herren Gebrüder Reiche in Alfeld intereſſante und ſeltne Vögel auf den Markt gebracht. Zunächſt den Pos oder Tui, Prosthemadera Novae Seelandiae, wegen der kugelig eingerollten Federbüſchel zu beiden Seiten des Halſes auch Pfarr- oder Predigervogel genannt. Die Färbung dieſes Vogels iſt vorherrſchend glänzend ſtahlgrün, die Länge beträgt 30 ew. Alle Reiſenden rühmen übereinſtimmend den Pos als einen der beſten Sänger Oceaniens. Der Vogel iſt außerordentlich lebendig und anziehend, ein vorzüglicher Flugkünſtler. Kein Vogel der Wälder Neuſeelands zieht die Aufmerkſamkeit der Fremden mehr auf ſich als er. Der Tui iſt Weichfreſſer, ſeine Nahrung beſteht in der Freiheit in Kerbthieren, Früchten und Beeren. Nach den Angaben der Herren Gebr. Reiche ſind die eingeführten Poss geſund und gut auf Futter. Vgl. Brehms Thierleben II. Aufl., Bd. 5, 562, woſelbſt auch eine Abbildung in Holzſchnitt. Nach Brehm empfiehlt ſich der Vogel allen Thierfreunden durch ſeine vorzüglichen Eigenſchaften: Schönheit und liebenswürdiges Betragen, Geſang und leichte Zähmbarkeit. Gebr. Reiche empfehlen ferner als neue Einführung ein Paar Rallus macqua- riensis, außerdem zwei Rieſenfiſcher, Paralcyon gigas. Beides Vögel für Thier⸗ parke und zoologiſche Gärten. Die Rieſenfiſcher, Jäger- oder Lachlieſte, jene über⸗ aus drolligen Kerle, ſieht man häufig in zoologiſchen Gärten. Der Rieſenfiſcher iſt kein Fiſcher, d. h. er verzehrt keine Fiſche, wohl aber iſt er ein nützlicher Vogel, welcher Mäuſe, Eidechſen, Schlangen und dergleichen Gelichter als Nahrung wählt und iſt deshalb in den Augen der auftraliihen Buſchleute ein geheiligter Vogel. Brehm ſchreibt ausführlich über den Jägerlieſt in ſeinem Thierleben, II. Aufl. Bd. 4, 307. Wer über größere Räumlichkeiten verfügt, kann ſich einen Jägerlieſt im Zimmer halten. Daß man dieſes ſchon gethan hat, beweiſt uns ein Aufſatz von Emil Linden im ornithologiſchen Centralblatt 1876, 44. Auch nach Linden iſt der Jägerlieſt ein ſehr angenehmer und unterhaltender Vogel. Seltenheiten erſten Ranges bieten uns aber die Herren Gebrüder Reiche in den Papagei⸗Amandinen: Erythrura psittacea und E. trichroa dar. Reichenbach bildet auf Tafel XI ſeiner ausländiſchen Singvögel die Erythrura-Arten ab. Herr⸗ liche, prachtvolle Vögel!! Von dieſen Rothſchwänzen iſt bisher E. prasina ſelten und E. psittacea äußerſt ſelten eingeführt worden, E. trichroa und die beiden Arten — 346 — Stummelſchwänze E. Amblynura Peali und A. cyanovirens noch nie. Der drei⸗ farbige Scharlachſchwanz, E. trichroa, iſt auf der Inſel Ualan im Karolinen⸗Archipel zu Hauſe und ſoll nach v. Kittlitz, der ihn 1835 beſchrieb, weniger ſelten ſein, als er ſeiner Schlauheit und verſteckten Lebensweiſe wegen erſcheint. E. psittacea, die eigentliche Papagei-Amandine, lebt auf Neu⸗-Caledonien und iſt noch ſchöner in der Färbung als E. trichroa. Unſer geſchätztes Mitglied, Herr Wiener, hat dieſe Art bereits gezüchtet. Die noch nicht eingeführten Stummelſchwänze leben auf den Schiffer⸗ inſeln im Samoa-Archipel, auch fie können zufolge der überaus thätigen und umſichtigen Geſchäftsleitung der Herren Gebr. Reiche früher oder ſpäter einmal unſre Vogelſtuben ſchmücken. Ein Ausflug nach Halberſtadt. Von Guſtav Thienemann jun. Welch' einen ſeltenen Schatz bergen doch die Säle über den alten Kreuzgängen des ehemaligen Burchhardti⸗Kloſters zu Halberſtadt! Welch' gewaltig reger Sammel⸗ geiſt hat hier geſchaffen in der verdienſtvollen Perſon des Herrn Oberamtmann Heine! Hier kann man in verhältnißmäßig kurzer Zeit die geſammte Vogelwelt in muſterhaft ausgeſtopften Exemplaren vereinigt überſehen! Zu ſehr intereſſanten Vergleichen bieten ſich hier die verſchiedenſten Arten und Abarten des Inlandes gegenüber denen des Auslandes dar. Ich erwähne nur die Eulenarten, und namentlich die Tag-Raubvögel, unter denen die vielen prächtigen Adler aus den fernſten Ländern ihre ehrenvolle Stellung würdig einnehmen. Welch' herrlichen Anblick bieten die buntſchillernden Tropenbewohner, von den vielen ſchmetterlings⸗ artigen Kolibris an, bis zum rieſigen Strauß! Und wie viele könnten noch zur Schau ſtehen, wenn nur der nöthige Raum vorhanden wäre; 7000 Stück ſind wohlgeordnet aufgeſtellt, weitere 6000 liegen in den Käſten, wie mir der Herr Oberamtmann bei meinem neulichen Beſuche ſelbſt verſicherte. Ich genoß die Ehre ſeiner perſönlichen Führung, was ich um ſo dankbarer anerkenne, als gerade die Ernte in vollſtem Gange war, an der er ſich trotz der 78 Jahre noch rege betheiligte. — Schon einmal, — es war bereits vor 33 Jahren, — durfte ich als Schüler in Badersleben dieſe berühmte Sammlung beſichtigen, und zwar in Geſellſchaft des damaligen ornithologiſchen Vereins, worunter auch mein Vater war, unter der Leitung des trefflichen Naumann und unter ſpecieller Führung des Herrn Oberamtmann Heine und ſeiner Herren Söhne. Noch ſehe im Geiſte den „alten Naumann“ vor mir, wie er in der vorhergehenden Sitzung Vortrag hielt „über die Zwitter in der Vogelwelt“, von denen wir auch nachher auf dem genannten — 347 — Kloſtergute ein intereſſantes Exemplar, das eines Gimpels, in Augenſchein nahmen. Auch jetzt zeigte mir der Herr Oberamtmann dasſelbe, welches auf der einen Seite die Farbe des Männchens, auf der andern die des Weibchens trägt. Wohl Mancher der geehrten Leſer wird Halberſtadt um dieſer Sammlung willen ſchon beſucht haben; wer ſie aber noch nicht kennt und nur einigermaaßen Lieb— haber iſt oder werden möchte, dem rathe ich, einen Ausflug dahin zu machen, und ſei es von einer Harztour aus, was ſich auch ganz gut vereinigen läßt. Die neue Aus— gabe eines Katalogs iſt ſeit längerer Zeit in Arbeit und dürfte Anfang nächſten Jahres vollendet ſein. Der bisherige Katalog nebſt Beſchreibung umfaßt 5 Bände; es würde die letztere alſo jetzt in Wegfall kommen. Magdeburg-Werder, im Auguſt 1886. Kleinere Mittheilungen. Vom Nordharz. Während meines Aufenthaltes im Nordharz fiel mir die Armuth an Vögeln auf: ſelbſt Krähen fehlten faſt gänzlich, und in den Wäldern waren außer Eichelhehern und einigen Droſſeln keine andern Vögel zu entdecken. Dagegen zeigten ſich in den von Menſchen belebten Wäldern und Gärten Finken, Bachſtelzen und vor allen Meiſen ſehr zahm und ſo zutraulich, daß ſie auf den Frühſtückstiſch geflogen kamen und ſich füttern ließen. Die Meiſen hackten ohne weiteres an der Butter herum, um fortgeſcheucht ſehr bald wiederzukommen. Ich habe ſtundenlang dem Treiben zugeſehen und meine herzliche Freude gehabt. Auf dem Balkon meiner Sommerwohnung verkehrten zwei Bachſtelzen, welche die Fliegen vor unſeren Augen wegfingen, ohne ſich an uns Bewohner zu kehren. Während der Nacht hatte die eine auf einem Stuhle unter dem Tuche meiner Frau zugebracht, und es war ein allerliebſter Anblick, als das kluge Köpfchen aus den Falten her— ausblickte. Perleberg. Dr. Ferd. Rudow. Auffallendes Benehmen eines Schwalbenßaares. Die beiden Etagen des Hauſes, in welchem ich wohne, haben nach dem Hofe hinaus je einen offenen Gang. An einem der Tragbalken des Ganges von der erſten Etage pflegt man einen Borſtbeſen ſo aufzuhängen, daß die Borſten nach oben gerichtet ſind. An einem Julitage d. J. hörte ich ein ſo intenſives Geſchrei einer Schwalbe, daß ich glaubte, das Thierchen befinde ſich unter den Krallen einer Katze, und hinauseilte, um es, wenn möglich, zu befreien. Da ſagte mir meine Tochter, die Schwalbe pflege ſchon ſeit einigen Tagen in die Borſten beſagten Beſens zu kriechen und dann ſo auf— fallend zu ſchreien. In der That ſaß die Schwalbe mit empor geſtreckten Flügeln 26 — 348 — und ſich ſchüttelnd und drehend zwiſchen den Borſten und ſchrie wie beſeſſen, während der Gemahl auf dem Gangbalken ſaß und das Geſchrei nur dann und wann zwitſchernd beantwortete. So ſind beide Schwalben bis zum Wegzug mehrere Male des Tages gekommen; die eine beluſtigte ſich zwiſchen den Borſten und die andere ſah zu oder hielt Wache. Ich kann aber nicht ſagen, ob ſie abgewechſelt haben, da ich Männchen und Weibchen nicht unterſcheiden konnte. Auch konnte man das Schauſpiel nur genießen, wenn man hinter dem vor dem Glasfenſter der Gang⸗ thür gezogenen Tüllvorhang verborgen blieb, weil das Pärchen ſofort entfloh, ſobald ſich Jemand blicken ließ. Ich muß noch bemerken, daß das Geſchrei in den Borſten nur einige Tage lang ſo überlaut war und daß es nach und nach in leiſes Zwitſchern überging; ja zuletzt ſaß der Vogel ganz ſtill und lautlos ca. 5 Minuten lang an der gewohnten Stelle und flog dann fort. Nach meinem Dafürhalten hat die Schwalbe in dem Beſen vielleicht ein Inſtrument entdeckt, durch welches es ſich von dem Ungeziefer befreien konnte, daher das Freudengeſchrei! Pößneck. A. Fiſcher. Anmerk. d. Red. Vielleicht ſpielt bei dieſem auffälligen Benehmen der Schwalbe auch die noch nicht befriedigte Bruthitze eine Rolle mit. K. Th. Liebe. Abnormes Singdroſſelei. Mein Freund Fritz Roſe, unſer Vereinsmitglied, ſchrieb mir unterm 5. Juli: „Ich habe hier (in Hannover) ein höchſt intereſſantes Ei in der Seelhorſt (einem Walde vor genannter Stadt) in einem Neſt von Turdus musicus gefunden. Das Neſt habe ich mitgenommen. Die Größe und Form des Ei's iſt ungefähr die eines Dompfaffenei's; es iſt blau gefärbt mit rothbraunen Flecken, beſonders am Südpol iſt ein ſehr großer Fleck. Es kann dies Ei entweder ein Spulei von der Singdroſſel ſein, doch iſt dann die abnorme Färbung (die Flecken) zu beachten, oder ein blaues Kuckucksei. Hierfür ſpricht die Stärke der Eiſchale. Das Ei war faul; ſonſtige Eier oder Spuren von ausgeflogenen Jungen waren nicht im Neſte.“ Ein Kuckucksei wird es nun wohl keinenfalls ſein, aber ein Singdroſſelſpulei wäre möglich. Der betr. Wald iſt ſehr beſucht, zumal von der eierſammelnden Schuljugend, ſodaß es möglich iſt, jenes Neſt ſei von einem „Sammler“ zum Reſervoir benutzt. Ich fand voriges Jahr hoch oben in einem Rabenkrähenneſt ein — Grauammerei (Emberiza miliaria), deſſen Herkunft mir natürlich räthſelhaft war. Schließlich erfuhr ich von einem Hütejungen, daß er dieſes Ei dorthin in Sicherheit vor ſeinen Kollegen gebracht habe. In derſelben Lokalität (Leinhauſen bei Hannover) fanden mein Freund Creyat und ich vor mehreren Jahren in einem Krähenneſt, das wir 8 Tage vorher ſeiner Jungen be— raubt hatten, um dieſelben zu „Jacob's“ heranzubilden, ein Gelege von 6 Eiern des Thurmfalken (Cerchneis tinnunculus) — auch dieſe Eier waren von einem Bauernbuben dorthin „in Sicherheit gebracht“. — Lev. — 349 — Anſteckung der Hühner durch Menſchen. In den Mitth. des Ornith. V. in Wien iſt eine Mittheilung des Herrn Prof. Nocard abgedruckt, welche ſehr be— achtenswerth iſt und deshalb auch hier Erwähnung verdient: Es wurde nämlich die Anſteckung der Hühner eines Pachthofes durch einen ſchwindſüchtigen Menſchen nachgewieſen, dem man wegen ſeines kränklichen Zuſtandes die leichte Arbeit der Ueberwachung des Hühnerhofes überwieſen hatte. Der Nachweis einer ſolchen An— ſteckung iſt ſeit Prof. Kochs großer Entdeckung leicht und iſt für dieſen Fall voll— ſtändig erbracht. Anfrage. Wer von den geehrten Vereinsmitgliedern würde wol Unterzeichnetem die Methode mittheilen können, wie man Kaulbarſche (Acerina cernua) röſtet und ſchrotet, damit man ſie als Vogelfutter verwenden kann? Anklam. Hermann Kyſchky. Als Geſchenle ſind eingegangen: Dr. O. Finſch in Bremen: Ueber die von Frau Amalie Dietrich in Auſtralien ge— ſammelten Vögel. Otto Finsch, Ph. D., C. M. Z. S.: On a new Species of Finch from the Feejee Islands. O. Finsch, Ph. D., C. M. Z. S.: On a new Species of Starling. Dr. O. Finſch: Ueber eine Vögelſammlung aus Südweſtgrönland. Dr. O. Finſch: Mein dritter Beitrag zur Vögelkunde Grönlands. Dr. O. Finſch: Ueber Vögel der Südſee. Sämmtliche Werke Geſchenk des Herrn Verfaſſers. Viktor Ritter von Tſchuſi zu Schmidhoffen: Der rothkehlige Pieper und ſein erſtes Vorkommen im Salzburgiſchen. Viktor Ritter von Tſchuſi zu Schmidhoffen: Bemerkungen über den Geſang des Tannenhehers. Viktor Ritter von Tſchuſi zu Schmidhoffen: Androgynie bei Rutieilla phoeni- cura. Sämmtliche Schriften Geſchenk des Herrn Verfaſſers. Anzeigen. Thierhandlung von Gebr. Reiche in Alfeld (Prov. Hannover) offerirt einige ſoeben eingetroffene Seltenheiten: die eigentliche Papagei⸗Amandine (Spermestes psittacea) und die dreifarbige Papagei⸗Amandine (Spermestes trichroa). Von dieſen Seltenheiten erſten Ranges ſind nur einige Paare vorräthig und bitten wir geſchätzte Liebhaber um gefl. umgehenden Auftrag. Ferner ſind noch vorräthig: St. Helena-Faſänchen; Poés oder Predigervögel, gut eingewöhnt, ſehr intereſſant; amerik. Spottdroſſeln, eingewöhnte Vögel; Blauheher; Flötenvögel; mexik. Blauheher; Beos; Wellenſittiche und Naſicus— Kakadus. 10 eh | | Ich wünſche einen lebenden Uhn (Bubo maximus), der ſchon einen Monat in meinem Beſitz iſt, zu verkaufen (für 20 Mark) oder zu vertauſchen gegen ſchön ausgeſtopfte Raubvögel. Gratiano Vallon in Udine. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle. Accentor alpinus 170. — modularis 18. 74. 154. 170. Aceipiter nisus 72. 157. 167. Acredula caudata 13. 39. 74. 1.19 170. Acrocephalus arundinaceus 19. 64. 170. 229. 294. 334. — palustris 19. 64. 170. — turdoides 64. 110. 170. 177. Actitis hypoleucus 174. 177. Aegialites cantianus 258. 259. 262. 263. — hiatieula 258. 259. 263. — minor 75. Aegithalus pendulinus 28. Aepyornis maximus 240. Aix sponsa 151. Alauda arvensis 39. 72. 91. 122. 112. 116. 265. Alcedo ispida 62. 74. 99. 132. 168. Alpenbraunelle 170. Alpendohle 168. Alpenmauerläufer 169. Alpenſegler 73. Alpenſpecht 23. Alpenſtrandläufer 259. 263. 322. Amblyornis 88. Ampelis cedrorum 200. Amfel 17. 67. 154. 214. 229. 266. 281. Anas acuta 76. 175. — boschas 27. 75. 174. 181. 243. 245. 289. 290. brasiliensis 285. crecca 76. clypeata 263. nyrocea 165. — Penelope 76. NRNegiſter. (Jahrgang 1886.) Anas peposaca 285. — querquedula 27. 76. 174. 245. — rufina 165. — strepera 76. Anser einereus 75. 242. 290. 291. — segetum 11. 75. 176. 265. Anthus 303. — aquaticus 172. — arboreus 18. 74. 172. 217. 230. 267. — campestris 18. 122. 172. — pratensis 18. 172. 177. 267. 329. Aptenodytes patagonicus 207. Apteryx australis 298. Aquila chrysaetus 88. 103. — — var. fulva 73. 88. — naevia 245. Archaeopteryx lithographieus 42. 234. Archibuteo lagopus 168. 227. Ardea egretta 75. — einerea 75. 174. 175. 243. 322. — purpurea 174. Ardetta minuta 75. Astrarchia Stephaniae 86. Astragalinus tristis 200. Aſtrild 343. Astur nisus 157. — palumbarius 72. 167. 266. Athene cunieularia 299. — noctua 73. 161. 176. 248. Auerhahn 177. 241. Auſternfiſcher 157. 322. 325. Bachamſel 170. Bachſtelze 56. 65. 77. 120. 272 347. Bachſtelze, gelbe 17. 121. 154. 172, 178. 129. 230. 258. 22. —, weiße 17. 56. 65. 73. 77. 95. 120. 154. 172.175. 230. 265. Baltimoretrupial 189. Baſtardnachtigall 111. 155. Baſtard von Birkhahn uud Fa⸗ ſan 142. Baumfalk 72, 266. Baumhäckel 116. Baumläufer 39. 74. 116. 159. 169. Baumlerche 172. Baumpieper 18. 74. , . 267. Baumſperling 40. Beker 330. Bekaſſine 75. 144. 157. 174. Bergfink 160. 173. Berglaubvogel 171. Bergſtelze 74. 121. 174. 230. Bernicla antarctica 285. Beutelmeife 28. Binſenrohrſänger 64. Birkenzeiſig 160. Birkwild 159. 177. Bitter 30. Bläßhuhn 75. 101. 245. Bläßchen 101. Bläßkater 334. Blaukehlchen 16. 58. 73. 113. 153. 172. 293. 294. Blauhäher 193. Blaumeiſe 22. 39. 74. 118. 170. 231. 278. 5 Blaupfäffchen 101. Blauracke 168. Blaufpecht 116. Blauvogel 189, Bluthänfling 72. 124. 173. 228. Bobolink 188. 199. Bombyeilla garrula 19. 155. Botauris stellaris 75. 334. Brachlerche 122. Brachſpitzlerche 122. 172. Brachvogel 11. 75. 174. Brachyotus palustris 13. 279. Brandente 259. 323. 324. Braunelle 18. 74. 154. 170. 265. Braunkehl. Schmätzer 14. 17. 73. Bruchwaſſerläufer 11. 157. 174. Brußhuhn 333. Bubo maximus 73. 242. Buchfink 56. 97. 125. 173. 176. 276. Budytes flavus 60. 121. 172. 178. 258. 316 334. Bülow 133. Buntſpecht, großer 74. 134. 169. —, mittler 157. Buſſard 266, 299. 301. —, rauchfüßiger 227. Buſchrötel 112. 229. Buteo vulgaris 73. 161. 168. 228. 301. Calamoherpe aquatica 64. 65. — palustris 155. 281. — phragmitis 64. 74. 171. Calamospiza bicolor 189. Cannabina linota 124. — sanguinea 72, 173. 228. Caprimulgus europaeus 90. 156. — punctatus 73. 90. Carduelis elegans 40. 72. 125. 173. Carina moschata 285. Cedernvogel 200. Cerchneis tinnuneulus 72. 88. 167. 332. 348. Certhia familiaris 39. 116. 169. Charadrius auratus 95. — cCantianus 325. — fluviatilis 157. — pluvialis 75. 174. 329. Cheewing 198. Chrysomitris spinus 72. 173. Chrysotis Levaillanti 204. — ochrocephala 204. — ochroptera 204. 126. Ciconia alba 75. 92. 174. 240. — nigra 75. 157. 248. 303. Cinclus aquaticus 17. 62. 110. 170. Circus aeruginosus 13. 246. —- cyaneus 168. 267. — rufus 73. Clangula glaucion 76. 175. 291. 295. Coccothraustes vulgaris 72. 128. 179. 197. Coceyzus americanus 201. — erythrophthalmus 201. Columba domestica 296. — livia 237. — oenas 174. — palumbus 56. 173. 177. 232. — risoria 296. — turtur 174. 232. Colymbus areticus 76. — glaecialis 300. Contopus virens 193. 197. Conurus leucotis 301. — Luciani 344. Coracias garrula 168. Corvus caryocatactes 72. — corax 51. 249. — cornix 226. 265. 331. — corone 46. 72. 137. 156. 168. 205. 245. 290. — frugilegus 72. 95. 168. 243. — frugivorus 192. — monedula 156. 205. — ossifragus 189. Coturnix communis 74. 136. — dactylisonans 136. 174. 248. Cotyle riparia 261. Crangon vulgaris 38. Crex pratensis 75. 137. 296. 304. 337. Cuculus canorus 60. 74. 136. 156. 168. 177. 216. 2 77 Cyanecula leucocyana 73. 113. 172 293. — suecica 16. 58. 153. Cyanoeitta cristata 193. Cygnus olor 75. 260. — coscoroba 285. Cypselus 280. — apus 75. 89. 131. 156. 168 177. 180. 216. 277. 298. 305. — melba 73. 12. 168. 190. 224. 174. Dafila bahamensis 285. — spinicauda 285. Dandalus rubecula 16. 57. 73. 112. 154. 172, 178. Dendrocygna viduata 285. Dendroica 194. Dicholophus Burmeisteri 285. — cristatus 285. Dinornis giganteus 240. Dinoſaurier 234. Diphyllodes 88. Diſtelfink 125. Dohle 72. 156. 168. Dolichonyx oryzivorus 188. Dompfaff 40. 72. 129. 200. 203. 269. Dorndreher 73. 133. Dorngrasmücke 18. 154. 171. 177. 218. 228. 229. 267. Drepanornis 88. Dreſcher, brauner 195. 201. Droſſeln 4. 13. Droſſelrohrſänger 110. 171.177. Dryocopus martius 74. 169. Edelfink 72. 125. Edelreiher 75. Eichelhäher 72. 90. 169. 338. Eichhörnchen 201. Eiderente 325. 327. Einſiedler 198. Eisente 295. Eisſeetaucher 300. Eisvogel 62. 99. 132. 168. Eizahn 43. Elſter 51. 72. 169. 244. 278. Emberiza citrinella 40. 72. 91. 124. 172. — hortulana 40. 72. 156. 172. 173. 180. — miliaria 123. 172. 348. — schoenielus 65. 72. Enten 28. Erlenzeiſig 72. 173. Erythrura 345. Erzpfäffchen 101. Falco peregrinus 52. 72. 167. 256. 267. — palumbarius 266 etc. — subbuteo 72. 167. 266. Feldhuhn 74. Feldlerche 39. 40. 72. 91. 122. 172. 176. 265. 266. Feldſperling 51. 72. 127. 173. 272. Felſentaube 237. Fettammer 40. Ficedula hypolais 155. Fichtenkreuzſchnabel 71.129.173. Fink 92. 180. Finkmeiſe 90. 117. Fiſchadler 73. 167. Fiſchkrähe 192. Fiſchreiher 75. 138. 322. Fiſchvogel 236. Fitis 18. 57. 155. 171. 177. 17.99 219.229. 267. Fledermausſchnepfe 75. Fliegenfänger, grauer 19. 58. N 119. 155. 170. 228. 275. 339. — graurückiger 177. 231. 267. —, ſchwarzrückiger 170. 177. —, weißhalſiger 90. Fliegenſchnäpper 119. 178. Flohkrebs 63. Flußregenpfeifer 75. 158. Flußuferläufer 174. 177. Flußſchwalbe 76. Flußſeeſchwalbe 232. 288. 290. Fringilla chloris 305. — coelebs 56. 72. 92. 97. 125. 173. 176. 276. — montifringilla 173. 328. — serinus 156. Fringilliden 215. Fulica atra 13. 75. 293. 334. Fuligula cristata 290. — ferina 293. — nyroca 76. 290. 292. Gabelweihe 73. 217. 245. 266. Gänſeſäger 76. Gaiskopfuferſchnepfe 330. Galeoscoptes carolinensis 198. 72. 123. Galerita cristata 40. 172. 230. Gallinula chloropus 75. Gallinago media Wilsoni 145. — gallinula 75. — scolopacina 144. 157. 174. 337. Gallus domesticus 296. 300. Gans 291. Ganso 285. 176. 245. — 352 — Garrulus glandarius 72. 90. 169. 338. 339. Gartenammer 72. 173. 230. Gartengrasmücke 18. 74. 114. eee ee e 229: Gartenrothſchwanz 17. 154. 172. 176. 179. 275. Gartenſänger 272. Gartenſpötter 60. 111.171. 215. Gauch 136. Gebirgslori 282. Gebirgsſtelze 65. 172. 267. Geeinus viridis 74. 135. 169. 179. — Canus 160. 231. Gerſtenammer 40. Geſellſchaftskrähe 266. Gimpel 92. 129. 160. 173. 203. 347. —, mitteleuropäiſcher 73. 176. —, ſchwarzer 92. Girlitz 40. 57. 127. 156. 173. 180. 230. 270. Gixer 30. Gockel 136. Goldadler 103. Goldammer 40. 72. 91. 124. 173. 215. 230. Goldamſel 72. 133. 168. 177. Goldhähnchen 18. 159. 184. —, feuerköpfiges 18. 60. 154. 170. —, gelbköpfiges 18. 115. 170. 267. g Goldregenpfeifer 75. 174. Goura coronata 3. 37. Grasmücke, ſchwarzköpfige 17. 177: Grasſpecht 135. Grauammer 72. 123. 173. 177. 180. 230. 323. 348. Graugans 75. Graumeiſe 118. Graupapagei 15. Graupfäffchen 100. Grauſpecht 169. 231. Grauwürger, großer 19. 169. —, kleiner 19. 169. Großtrappe 211. Grünfink 128. 231. Grünitz 129. Grünling 72. 97. 173. 180. 266. 305. 329. Grünſpecht 74. 135. 159. 169. 179. 341. Grünwaldſänger 193. 196. Grus einerea 92. 177. — leucochen 51. Gürtelgrasfink 343. Habicht 72. 167. Haematopus ostralegus 157. 322. 325. Haidelerche 72. 176. 179. Hänfling 92. 124. 180. 305. Haliaetus albicilla 73. Harelda glacialis 295. Harporhynchus rufus 195. Haſelhuhn 74. Hajelmaus 22. Haubenlerche 40. 72. 123. 158. 172. 230. Haubenmeiſe 20. 119. 170. Haubentaucher 13. 177. 264. 292. Haubentyrann 197. Hausente 300. Hausgans 300. Haushuhn 296. 300. Hausröthel — Hausrothſchwanz 17. 7. 79. 112, l 270. Hausſchwalbe 19. 34. 73. 131. e Hausſperling 22. 40. 68. 72. 91. 94,127. 119.272: Haustaube 296. 300. Hauszaunkönig 194. Heckenbraunelle 170. Heerſchnepfe 144. Hermelin 47. Hesperornis 236. Heuſchreckenrohrſänger 19. 171. Hirngrille 127. Hirtenvogel 296. 299. 300. Hirundo riparia 19. 73. 90. 168. 261. — rustica 11. 19. 21. 972.89. 130. 155. 168. 176. 258. 266. 270. 277. 323. — urbiea 11. 19. 73. 89. 131. 168. 146. 228 Du 270: 323. 333. Höckerſchwan 75. Hohltaube 174. 265. Holzniſchel 127. Hühner 349. Hühnerhabicht 245. 266. Hüttenſänger 189. Hydrochelidon nigra 330. Hylocichla mustelina 198. — Unalascae Pallasii 198. Hypolais salicaria 60. 111. 171. 215. 228. 268. 272. Hypotriorchis aesalon 12. Jacarinafink 101. Jägerlieſt 345. Ichthyornis 236. Icterus galbula 189. Inambuhuhn 21. Indigofink 269. Jynx torquilla 74. 135. 169. 00 1719: Kampfhahn 331. 333. Kanarienvogel 97. 214. 269. 315. Kanincheneule 299. 5 Katzenvogel 198. Keilhaken 95. Keilſchwanzſittich 344. Kernbeißer 128. Kiebitz 75. 92. 158. 174. 176. 181, 2892 294 293 22. Kirſchfink 128. Kirſchkernbeißer 72. 173. 177. Kiwi 298. Klappergrasmücke 74. 273. Kleibäcker 334. Kleiber 39. 74. 116. 231. Kleinſpecht 74. Knäckente 76. 174. 245. Königsfiſcher 132. Königstaucher 207. Königsvogel 191. 200. Kohlamſel 171. Kohlmeiſe 20. 90. 117. 170. 231. Kolibri 197. Kolkrabe 51. 243. Kornweihe 168. 267. Kothhahn 132. Kothlerche 123. Krähen 205. 245. —, nordamerikaniſche 192. Krammetsvögel 4. 73. Kranich 177. 266. —, japaniſcher 51. Kreuzſchnabel 212. 242. Kriekente 76. Kronentaube 301. 337. Kuckuck 13. 46. 60. 74. 136. 156. 353 — 168. 177. 185. 201. 249. 267. 277. 304. 305. 315. „ amerik 201, Kuhvogel 193. Kuppmeiſe 119. Lachlieſt 345. Lachmeerſchwalbe 331. Lachmöve 76. 174. 257. 286. 287. Lachtaube 296. Lanius collurio 20. 66. 73. 133. 155. 170. 228. 267. — excubitor 19. 46. 73. 155. 169. 216. — minor 19. 73. 169. — rufus 20. 169. Larus argentatus 37. 322. — canus 37. 328. — ridibundus ſ. Xema. Larventaucher 323. Laubvogel, ſchwirrender 18. Leinfink 92. 173. Lerche 78. 330. —, tatariſche 335. Lerchenfalk 167. Lerchenſtärling 188. Ligurinus chloris 72. 128. 173. 221. 266. Limosa aegocephala 330. 332. Linaria alnorum 92. 173. — rufescens 173. Locustella fluviatilis 65. — luscinioides 171. — naevia 19 171. Löffelente 76. 263. Lophorhina 88. Loxia curvirostra 71. 129. 173. 242. — chloris ſ. Ligurinus. Lullula arborea 72. 172. 176. 179. Lurk 122. Luscinia minor 16. 65. 153 7 170% — philomela 172° Lycos monedula 72. 168. Machetes pugnax 331. 333, Marderdroſſel 312. Mareca chiloensis 285. Mäuſebuſſard 73. 168. 228. Mauerklette 23. Mauerläufer 23. Mauerſegler = Mauerſchwalbe 111. 83. 89. 131. 156. 177. 277. 298. 301. Meeistura caudata 29. Medusa aurita 38. — rhyzostoma 38. Mehlwurmzucht 317. Mehlſchwalbe 19. 89. 131. Meerſeeſchwalbe 322. Meife 93. 159. 347. Melanocorypha tartarica 335. Melopsittacus undulatus 44. Melospiza melodia 190. Mergus albellus 76. 175. — merganser 76. 175. 295. — serrator 175. Merula migratoria 198. — torquata 171. — vulgaris 73. 171. Milan 167. 217. 243. —, roter 167. —, ſchwarzer 247. Miliaria europaea 40. 72. 177. 180. 323. Milvus ater 247. — regalis 167. 217. 243. Mimus polyglottus 269. Miſteldroſſel 36. 73. 160.172. 266. Moa 240. Mönch 267. Mövchen, japaniſches 343. Möve 138. 333. Molothrus ater 193. 194. Monticola saxatilis 269. Moorente 245. 290. 292. Mormon fratercula 323. Motacilla alba 17. 56. 65. 74. 120. 154. 172. 175. 272. — sulfurea 17. 65. 74. 121. 154. 172. 179. 230. 267. Müllerchen 18. 114. 155. 269. Muscicapa albicollis 90. — grisola 19. 58. 68. 73. 119. 155. 170. 178. 228. 275. 339. — museipeta 267. — luetuosa 19. 155. 170. 177. — obscura 231. — Parva 170. Myiarchus crinitus 197. Myoxus avellanarius 22. Nachtigall 13. 16. 65. 66. 71. 111. 151. 153. 172. 177.181. 218. 229. Nachtigall, japanische 51. Nachtigallenrohrſänger 171. Nandu 285. Nachtſchwalbe 73. Nebelkrähe 72. 168. 190. 224. 226. 285 831. Nettion carolinensis 151. — exeèecca 151. Neuntöter 20. 133. 155. 228. Nonnenmeiſe 118. Nothura maculosa 300. Notonecta glauca 63. Nucifraga brachyrhynchus 12. — caryocatactes 12. 72. 90. 156. 169. 241. Numenius arquatus 11. 75. 174. Nußhäher — Nußknacker 72. 158. Nycticorax griseus 323. 95. Odontornithes 235. Oedienemus crepitans 74. 174. 303. Oidemia fusca 77. — perspicillata 151. Oriolus galbula 60. 72. 133. 156. 168. 177. 190. Ortolan 156. 180. Otterwendel 135. Otus brachyotus 13. 73. 279. 299. 300. — vulgaris 73. 168. Palamedea chavaria 296. Palumbus torquatus 74. Pampashuhn 300. Pandion haliaetus 73. 167. Papagei 203. Paradiesvogel 85. Paradisea apoda 86. — minor 86. — raggiana 86. — rubra 86. Paradisornis Rudolphi 86 Paralcyon gigas 345. Parotia 88. Parus ater 20. 118. 170. — caudatus 155. — coeruleus 39. 118. 170. 278. — cristatus 20. 119. 170. — major 20.74. 90. 117.170. 231. — minor 51. — palustris 39. 118. 231. 90. Phyllopneuste rufa 354 Passer domesticus 40. 72. 91. 1230. e 210 — montanus 40. 51. 72. Io. re Pastor roseus 168. Pekingente 51. 202. Pelecanus Sharpei 142. Perdix cinerea 74. Pernis apivorus 228. Pewee 197. 127. Pfäffchen 100. Pfannenſtiel 119. Pfeifdroſſel 30. Pfeifente 138. Pfeifer 30. Phalaropus hyperboreus Philohela minor 151. Philomele 71. Phöbevogel 188. 196. 323. 19. 176. 229. 266. — sibilatrix 18. 155. — trochilus 18 57. 177. 215. 229 267 — Bonellii 170. Pica caudata 169. Picus major 74. 134. 169. martius 157. medius 74. 157. 246. minor 169. viridis 341. Pipilo erythrophthalmus Pirol 60. 133. 156. 190. 228, 28% Plattmönch 18. 90. 113. 2296267 Podiceps cristatus 246. 292. — minor 76. 176, 245. — rubricollis 246. Pos 345. Poecile palustris 170. Polartaucher 76. Pratincola rubetra 14. 17. 73. 172. 177 267. — rubicola 14. 154. 160. 172. 268. Predigervogel 345. 171. 18. 341. 198. 198. 154. 13. 177. Prosthemadera Novae Seeland- jae 345. Pterocyanea platalea 285. Purpurreiher 174. Pyrrhocorax alpinus 168. Pyrrhula europaea 40. 72. 92. 129 ee 176. — malon ad. Quallen 38. Querquedula flavirostris 285. — maculirostris 285. Rabenkrähe 46. 72. 156. 168.290. Rallus aquaticus 75. 176. — macquariensis 345. Raubwürger 46. 73. 76. 155. 169. Rauchfußbuſſard 168. Rauchſchwalbe 11. 19. 34. 57. 73. 130. 155. 168. 176. 181. 266. 323. Rebhuhn 159. 174. Regenpfeifer 95. 258. 291. 293. 325. Regulus cristatus 115. 170. 267. — flavieapillus 18. 74. — ignicapillus 18. 60. 154. 170. 185. Reidbäcker 334. Reiher 138. 174. 175. 243. Reiherente 290. ’ Rhea Darwinii 285. — americana 285. Rhynchotus rubescens 22. Rieddommel 334. Rieſenfiſcher 345. Rieſenpfäffchen 101. Ringamſel 171. Ringeltaube 13. 56. 94. 173. 177. 266. Rohrammer 13. 40. 65. 173. 262. Rohrdommel 75. Rohrdroſſel 110. Rohrſänger 29. 294. Rohrweihe 73. 246. Roſenſtaar 168. Rothdroſſel 30. Rothhalstaucher 246. Rothkehlchen = Rothbrüſtchen⸗ = Rothkröpfchen 16. 51. 57. 112. 154. 172. 178. 196. 200. 266. Rothſchenkel 157. 258. 291. 293. 322: Rothſchwänzchen 17. 112. 154. 112. #10. 119. 210% >09: Rothſchwanzſchnapper 194. Rothſpecht 134. 341. Rothſterze, wälſche 112. Rutieilla phoenieurus 17. 112. 154. 172. 176. 179. 229. 275. — tithys fr, 57.116.172, 270. Saatgans 11. 75. 176. 227. Saatkrähe 13. 72. 95. 159. 168. 243. 265. Säger, großer 175. 295. 309. —, kleiner 175. Salicaria cantans 51. Sandpfeifer 75. Sandregenpfeifer 258. 259. Sammetente 77. Saxicola oenanthe 17. 73. 120. 154. 172. 178. 267. Sayornis fuscus 188. Schacker 4. Schafſtelze 60. 121. 178. 316. Schellente 76. 175. 291. 295. Schildamſel 267. Schilfrohrſänger 171. Schlagſchwirl 65. Schleiereule 73. 89. 181. 277. Schmätzer, ſchwarzkehliger 14. Schoenicola schoenielus 13. 40. 12.01.12. 2062. Schonzeit 324. Schnatterente 76. Schneekönig 115. Schommer 4. Schreiadler 245. Schwalbe 13. 20. 34. 51. 84. 176. 249. 258. 279. 347 Schwan 260. 5 Schwanzmeiſe 13. 39. 74. 149. 155. 170. Schwarzamjel= Schwarzdroſſel 74. 266. Schwarzkehlchen 154. Schwarzmeiſe 118. Schwarzkäppchen = Schwarz ⸗ plattel 74. 100. 113. Schwarzſpecht 74. 157. 169. Schwirl 73. Scolopax rusticola 12. 75. 174. 176. 242. 246. — frenata 285. Scops asio 190. — Aldrovandi 73. Seeadler 51. 73. Seekrähe 189. Seeregenpfeifer 258. 262. 203. Seeſchwalbe 37. 288. — — 355 Seeſchwalbe, kaspiſche 324. 327. —, ſchwarze 330. Segler 69.168.181. 216.267.305. Seidenſchwanz 19. 155. Serinus hortulanus 40. 57. 127 112, 230. 20. Setophaga ruticilla 194. Steinbäcker 334. Sialia sialis 189. Silbermöve 37. 322. 323. 326. 329. Singdroſſel 17. 73. 109. 154. 172. 248. 269. 339. 348. Singſchwan 71. Singſperling 188. 190. Sitta caesia 74. 116. 169. — europaea 39. 231. Somateria molissima 325 Sommergoldhähnchen 185. Sorex vulgaris 22. Spatula elypeata 76. 268. Spatz 127. Spechtmeiſe 169. Sperber 45. 47. 72. 157. 159.167. Sperbergrasmücke 18. Sperling 59. 94. 95.97.03. 277. —, amerikaniſcher 200. Spießente 76. 175. Spinus viridis 40. Spitzlerche 230. 303. Spitzmaus 22. Sporophila-Arten 100. 101. Spottdroſſel 269. Spottvogel 268. Sprehe 109. Sproſſer 172. Spyre 131. Staar 21. 23. 46. 55. 72. 90. 176. 216. 229. 265. 277. 305. 339. 109. 158. 160. 168. Stadtſchwalbe 11. 168. 176. Stallſchwalbe 130. Starna einerea 174. Steinadler 73. 88. Steinkauz 73. 176. 248. Steinklitſcher 120. Steinröthel 17. 269. 304. Steinſchmätzer 17. 73. 90. 120. 154 172, 118. Sterna anglica 331. — argentata 322. — caspia 327. — fluviatilis 288. 332. Sterna minuta 259. 262.291.329. Stieglitz 22. 40. 68. 72. 97. 125. 173. 231. 266. 305. Stockente 75. 138. 174. 181. Storch, weißer 75. 92. 93. 174 219. 323 9 — ſchwarzer 57. 157. 248. 303. Strandläufer 337. Strauchſchmätzer 268. Strix flammea 73. 89. 180. 1207. Sturmmöve 328. Sturnella magna 188. Sturnus vulgaris 55.,72. 90. 95. 109.. 168. 176. 339. Sumpfmeife 39. 170. 231. Sumpfohreule 13. 73. 279. 299. 300. Sumpfrohrſänger 19. 64. 155. 171. Sumpfſänger 281. Sumpfſchnepfe 337. Sumpfweihe 13. 330. Sylvia atricapilla 18. 74. 90. 113.5154. 174, 77. 267. Eimnerea 18. 154, 174 177. 221. 26%. — Curruca 18. 57.974.155. 171. 111.12 %26702173. — garrula 114. — hortensis 18. 77. 114. 154. als 1218225: — hypolais 268. — nisoria 18. Syrnium aluco 73. 161.216. 245. 161. Tadorna cornuta 259. Tafelente 293. Tannenhäher 12. 73. 77. 78. 156. 169. 241. 247. Tannenmeiſe 20. 118. 170. Taucher 76. 138. Teichhuhn 75. Teichrohrſänger 19. 64. 171. 229. Tetrao bonasia 74. — tetrix 177. — urogallus 177. Thurmfalk 72. 88. 167. 232. 348. Thurmſchwalbe 167. 216. 305. Tichodroma muraria 23. 169. Todteneule 190. Totanus calidris 157. 258. 264. 288. 289. Totanus flavipes 285. — glareola 11. 157. 174. — melanoleucus 285. — ochropus 157. 174. Trauerfliegenfänger 19. 155. Triel 173. 303. Tringa alpina 137. 258. 263. 264. — dorsalis 285. Trochilus colubris 197. Troglodytes aedon 194. — parvulus 20. 74. 115. 170. Trupial 200. Tui 345. Tüte 289. Turdus iliacus 30. 172. 26°. — merula 17. 67. 154. migratorius 198. — musieus 17. 73. 90. 109. 154. 172. 229. 248. 310. 339. — mustelinus 312. torquatus 267. viseivorus 36. 73. 172. Turteltaube 74. 174. 232. 267. Waſſernachtigall 64. Turtur auritus 74. 174. Tyrannus carolinensis 191. 200. — dominicensis 200. — verticealis 200. — voeiferans 200. Uferrohrſänger 64. Uferſchilfſänger 64. 74. Uferſchwalbe 19. 73. 90. 168. 261. 262. Uhu 46. 73. 159. 242. Upupa epops 74. 132. 169. Urvogel 234. Vanellus eristatus 75. 92. 158. 174. 176. 181. 264. 289. Vireo, rothäugiger 193. Vireosylvia olivacea 193. Vögel, deren Stammbaum 240. Vogel, abendländiſcher 236. Vogelausſtellung 23. pilaris 4. 17. 73. 172. 175. 356 Vogelzug 78. Vogelzähne 43. Volatinia jacarina 101. Wachholderdroſſel 4. 17. 21 160. 172. 175. 198. 267. Wachtel 74. 136. 174. 248. 304 Wachtelkönig 137. 296. 304. 337. Walddroſſel 4. 198. 201. Waldeule 73. Waldkauz 73. 216. 245. Waldlaubvogel 155. 170. 228. Waldohreule 168. Waldſänger 194. 200. Waldſchnepfe 12. 75. 174. 176. 242. 246. —, amerikaniſche 151. Wanderdroſſel 198 Wanderfalk 52. 72. 159. 160. 167. 256. Waſſeramſel 62. 110. Waſſerhuhn 293. —, ſchwarzes 13. 176. Waſſerläufer 157. 174. Waſſerpieper 172. Waſſerralle 75. 177. Waſſerſtaar 17. 110. Waſſertreter 323. Waſſerwanze 63. Waterheuner 334. Weidenlaubvogel - Weidenzeiſig 19. 73. 155. 171. 179. 229. 266. Weihe 51. Weindroſſel 30. 158. 172. 267. Weißdroſſel 30. Weißkehlchen 101. 114. Weißohrſittich 301. Wendehals 74. 135. 169. 177. 179. 267. Weſpenbuſſard 228. Wiedehopf 74. 132. 169. Wieſenpieper 18. 172. 177. 267. 330. Wieſenſchmätzer 14. 172. 267. —, ſchwarzkehliger 172. —, braunkehliger 17. 172. 177. Wieſenſchnerz = Wieſenralle — Wieſenknarre 137. 174. Wieſenſtelze 121. Wiezel 30. Wildente 27. 75. 245. 289. 290. Wildgans 242. 265. 290. 291 Wilſonsbekaſſine 144. Winterwetter 103. Wippſtert 120. Würger, großer grauer 19. 46. 76. —, kleiner grauer 19. —, rothköpfiger 20. 169. —, rothrückiger 66. 170. 267. —, ſchwarzſtirniger 73. Nema ridibundum 37. 76. 175. 257. 286. 287. — minutum 325. Zaungrasmücke 57. 114. 171. 177.229. 218: Zaunkönig 20. 74. 115. 159. 170. Zebrafink 343. 344. Zeimer 4. 229. Zeiſig 22. 40. 94. 126. 161. 249. Zetſcher 160. Ziegenmelker 13. 73. 90. 156. Zippdroſſel 90. 109. 310. Zippe 109. 229. 310. Zonotrichia melodica 188. Zweifarbenammer 189. Zwergfalke 12. Zwergfliegenfänger 170. Zwergohreule 73. Zwergrohrdommel 75. Zwergſäger 76. Zwergſeeſchwalbe 259. 262. 325. Zwergſpecht 169. Zwergſteißfuß 76. 176. Zwunſch 128. un) Na And 0 ME * BER 8 — 15 N Nenn er Pol BA N 1 {er 0 e J S Sr NEIN 8 * IS“ I N N RR x SET ya A iS S n S 8 * Ser * NT Sn IN SS \ * TE Ei 0 HALS 6 1 N A ; R g N \ N N ee EN * ; ) | 5 . 5 7 N IN D n n N